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German Pages 1640 [1710] Year 2019
Assmann ⁄ Pötzsch ⁄ Uwe H. Schneider Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz · Kommentar
Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz Kommentar herausgegeben von
Professor Dr. Heinz-Dieter Assmann, LL.M. em. Universitätsprofessor, Universität Tübingen Rechtsanwalt und Of Counsel, Stuttgart
Dr. Thorsten Pötzsch Exekutivdirektor, Bundesanstalt für Finanzdienstleisungsaufsicht, Frankfurt am Main
Professor Dr. Dr. h.c. Uwe H. Schneider em. Universitätsprofessor, Direktor des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens, Universität Mainz Of Counsel, Frankfurt am Main
3. neu bearbeitete Auflage
2020
Bearbeiter Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann, LL.M. (Philadelphia) em. Universitätsprofessor, Eberhard Karls Universität Tübingen, Rechtsanwalt und Of Counsel, Stuttgart Dr. Doris Döhmel  Regierungsdirektorin, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Frankfurt am Main Dr. Daniela Favoccia Rechtsanwältin, Frankfurt am Main Dr. Hartmut Krause, Dipl.-Kfm., LL.M. (Southern Methodist University) Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main, Attorney at Law (New York) Dr. Andreas Meyer Rechtsanwalt, Syndikusrechtsanwalt, Frankfurt am Main Dr. Thorsten Pötzsch Exekutivdirektor, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Frankfurt am Main
 Die
Dr. Joachim Rosengarten, LL.M. (University of California at Berkeley) Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Prof. Dr. Dr. h.c. Uwe H. Schneider em. Universitätsprofessor, Technische Universität Darmstadt, Direktor des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Of Counsel, Frankfurt am Main Dr. Oliver Seiler, LL.M. (Cornell University) Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Dr. Klaus-Dieter Stephan Rechtsanwalt, Frankfurt am Main Prof. Dr. Dirk Uwer, LL.M. (Northumbria University Newcastle), Mag.rer.publ. Rechtsanwalt, Düsseldorf, Honorarprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Dr. Ralf van Ermingen-Marbach Rechtsanwalt, München
Autorin gibt in ihren Kommentierungen ihre persönliche Meinung wieder.
Zitierempfehlung: Bearbeiter in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider (Hrsg.), WpÜG, 3. Aufl. 2020, § … Rz. …
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-40081-1 ©2020 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Die bisherigen Auflagen des vorliegenden Kommentars zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz haben die volle Anerkennung der Rechtsprechung, der Beratungspraxis und der Wissenschaft gewonnen. Dem damit verbundenen herausfordernden Anspruch bleibt auch die nun vorliegende dritte Auflage treu. Ziel ist erneut eine umfassende Kommentierung des WpÜG in seiner aktuell geltenden Fassung. Dazu gehört auch eine Kommentierung der praxisrelevanten WpÜG-Angebotsverordnung. Die Kommentierungen wollen richtungsweisend für die Rechtsprechung, die Beratungspraxis, die Diskussion im Schrifttum sowie für Forschung und Lehre sein und insbesondere auch künftige Entwicklungen der Übernahmepraxis und des deutschen und europäischen Übernahmerechts mitgestalten. Mit Blick hierauf erfolgt durch die Kommentierungen eine sorgfältige Analyse der praktischen Sachverhalte, möglicher Gestaltungsstrategien, der Rechtsprechung, der aufsichtlichen Verwaltungspraxis und der rechtspolitischen Diskussion. Um auch weiterhin das Vertrauen der Praxis zu gewinnen, sind Vollständigkeit und Ausgewogenheit Voraussetzung und Ansporn, aber auch eine klare Positionierung dort, wo an der Anwendbarkeit des Gesetzes gearbeitet wird und die Weiterbildung des Rechts erforderlich ist. Dafür stehen die zwölf Experten, die an dieser Auflage mitgearbeitet haben. Gegenüber der Vorauflage haben sich die Zuständigkeiten für die Kommentierungen nochmals geändert und hinzugekommen sind Prof. Dirk Uwer, LL.M., Rechtsanwalt in Düsseldorf, und Dr. Ralf van Ermingen-Marbach, Rechtsanwalt in München. Damit wurde der Kreis der Bearbeiter aufs Neue ergänzt durch breite Erfahrung in der Praxis und Ausgewogenheit, Sachkenntnis und kluge Vorausschau in der Wissenschaft. Die Neuauflage berücksichtigt alle seit der zweiten Auflage vorgenommenen Gesetzesänderungen, insbesondere durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie sowie durch das 1. und 2. FiMaNoG. Der Kommentar befindet sich auf dem Stand von Oktober 2019. Hinweise, Anregungen und Kritik sind wie schon in den Vorauflagen den Herausgebern, Autoren und dem Verlag stets willkommen (gerne per E-Mail an [email protected]). Die Herausgeber und Autoren sind Herrn Dr. Bastian Schoppe und Frau Ass. iur. Stefanie Hörpel – die zudem das Stichwortverzeichnis sorgsam betreut hat – zu großem Dank verpflichtet. Sie haben die Fertigstellung der dritten Auflage des Kommentars mit großer Umsicht vorangetrieben. Tübingen, Frankfurt am Main und Mainz, im Oktober 2019 Heinz-Dieter Assmann
Thorsten Pötzsch
Uwe H. Schneider
VII
Bearbeiterverzeichnis Assmann
§§ 10, 12, 14, 23, 26, 28, 34, 68 WpÜG
Döhmel
§§ 4–9, 48–58, 66, 67 WpÜG
Favoccia
§§ 1, 2, 18, 19, 29, 30, 32 WpÜG
Krause
§§ 13, 22, 31 WpÜG, §§ 3–7 WpÜG-AngVO
Krause/Pötzsch
§§ 27, 35 WpÜG
Meyer
§§ 11, 11a, 15, 17, 33b WpÜG, Anh. zu § 33b, § 33c WpÜG, § 2 WpÜG-AngVO
Pötzsch
Einleitung WpÜG, § 1 WpÜG-AngVO
Rosengarten
§§ 24, 25, 36, 59 WpÜG
Seiler
§§ 16, 20, 21, 37, 39a–39c WpÜG, §§ 8–13 WpÜG-AngVO
Stephan
§§ 3, 33, 33a, 33d, 38, 39 WpÜG
Uwer
§§ 40–47 WpÜG
Uwer/van Ermingen-Marbach
§§ 60–65 WpÜG
VIII
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Allgemeines Schrifttumsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften §1 §2 §3
Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47 65 110
Abschnitt 2 Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht §4 §5 §6 §7 §8 §9
Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruchsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland . Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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137 153 162 169 175 185
Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots . . . . . . . . . . Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europäischer Pass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung für die Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzierung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . . Untersagung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . Unzulässigkeit der öffentlichen Aufforderung zur Abgabe von Angeboten . . . . Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs . Zuteilung bei einem Teilangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkurrierende Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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203 247 289 299 330 376 396 405 434 437 554 568 582 604
Abschnitt 3 Angebote zum Erwerb von Wertpapieren § 10 § 11 § 11a § 12 § 13 § 14 § 15 § 16 § 17 § 18 § 19 § 20 § 21 § 22
IX
Inhaltsverzeichnis Seite
§ 23 § 24 § 25 § 26 § 27 § 28
Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots . . Grenzüberschreitende Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters . . . . . . . . . . Sperrfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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644 660 678 681 688 739
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747 757 819 890 899 1011 1033 1054 1071 1080 1088
Abschnitt 4 Übernahmeangebote § 29 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 30 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung § 31 Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 32 Unzulässigkeit von Teilangeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . § 33 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft . . . . . . . . § 33a Europäisches Verhinderungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . § 33b Europäische Durchbrechungsregel . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang zu § 33b: Lagebericht, Konzernlagebericht . . . . . . . . . . . § 33c Vorbehalt der Gegenseitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 33d Verbot der Gewährung ungerechtfertigter Leistungen . . . . § 34 Anwendung der Vorschriften des Abschnitts 3 . . . . . . . . .
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Abschnitt 5 Pflichtangebote § 35 § 36 § 37 § 38 § 39
Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots . . . . . Nichtberücksichtigung von Stimmrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruch auf Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung der Vorschriften des Abschnitts 3 und 4 . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 1093 . . . . . . . 1186 . . . . . . . 1196 . . . . . . . 1231 . . . . . . . 1234
Abschnitt 5a Ausschluss, Andienungsrecht § 39a Ausschluss der übrigen Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1249 § 39b Ausschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1298 § 39c Andienungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1312
Abschnitt 6 Verfahren § 40 § 41 § 42 § 43 X
Ermittlungsbefugnisse der Bundesanstalt Widerspruchsverfahren . . . . . . . . . . . Sofortige Vollziehbarkeit . . . . . . . . . . Bekanntgabe und Zustellung . . . . . . . .
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1325 1342 1354 1357
Inhaltsverzeichnis Seite
§ 44 § 45 § 46 § 47
Veröffentlichungsrecht der Bundesanstalt Mitteilungen an die Bundesanstalt . . . . Zwangsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebühren und Auslagen . . . . . . . . . . .
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1361 1366 1368 1372
Statthaftigkeit, Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufschiebende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anordnung der sofortigen Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . Frist und Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligte am Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwaltszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerdeentscheidung; Vorlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geltung von Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozessordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1377 1397 1403 1414 1418 1421 1423 1425 1428 1437
Abschnitt 7 Rechtsmittel § 48 § 49 § 50 § 51 § 52 § 53 § 54 § 55 § 56 § 57 § 58
. . . . . . . . . . . . . 1443
Abschnitt 8 Sanktionen § 59 § 60 § 61 § 62 § 63 § 64 § 65
Rechtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bußgeldvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständige Verwaltungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit des Oberlandesgerichts im gerichtlichen Verfahren Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . Wiederaufnahme gegen Bußgeldbescheid . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtliche Entscheidung bei der Vollstreckung . . . . . . . . . .
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1447 1458 1468 1469 1471 1471 1472
Abschnitt 9 Gerichtliche Zuständigkeit; Übergangsregelungen § 66 § 67 § 68
Gerichte für Wertpapiererwerbs- und Übernahmesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1473 Senat für Wertpapiererwerbs- und Übernahmesachen beim Oberlandesgericht . . . . . 1479 Übergangsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1481
WpÜG-Angebotsverordnung Abschnitt 1 Anwendungsbereich §1
Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1485 XI
Inhaltsverzeichnis
Abschnitt 2 Inhalt der Angebotsunterlage Seite
§2
Ergänzende Angaben der Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487
Abschnitt 3 Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten §3 §4 §5 §6 §7
Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berücksichtigung von Vorerwerben . . . . . . . Berücksichtigung inländischer Börsenkurse . . Berücksichtigung ausländischer Börsenkurse . Bestimmung des Wertes der Gegenleistung . .
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1507 1509 1520 1534 1538
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1547 1551 1574 1576 1576 1578
Abschnitt 4 Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots §8 §9 § 10 § 11 § 12 § 12a
Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . Befreiungstatbestände . . . . . . . . . . . . Antragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . Prüfung der Vollständigkeit des Antrags . Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . .
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Abschnitt 5 Schlussvorschrift § 13
Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1579
Textanhang Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WpÜG-Beiratsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WpÜG-Gebührenverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WpÜG-Beaufsichtigungsmitteilungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1581 1594 1595 1597 1598 1599
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1601
XII
Allgemeines Schrifttumsverzeichnis Ausführliche Schrifttumshinweise finden Sie auch zu Beginn der Kommentierungen. Aller/Düring/Schmaltz Adolff/Meister/Randell/ Stephan Angerer/Geibel/Süßmann (Hrsg.) Apfelbacher/Barthelmess/ Buhl/von Dryander Assmann/Schlitt/von KoppColomb (Hrsg.) Assmann/Uwe H. Schneider/ Mülbert (Hrsg.) Assmann/Schütze (Hrsg.) Assmann/Wallach/Zetzsche (Hrsg.)
Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff. Public Company Takeovers in Germany, 2002
Baumbach/Hopt Baums/Thoma/Verse (Hrsg.) Bechtold/Bosch Beck’sches Handbuch der AG Beck’scher BilanzKommentar Beck’sches M&A-Handbuch Brandt/Domgörgen (Hrsg.)
Handelsgesetzbuch, 38. Aufl. 2018 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Loseblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), 9. Aufl. 2018 hrsg. von Drinhausen/Eckstein, 3. Aufl. 2018
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 3. Aufl. 2017 German Takeover Law, 2002 Wertpapierprospektgesetz, Vermögensanlagengesetz, 3. Aufl. 2017 Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2019 Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl. 2015 Kapitalanlagegesetzbuch, 2019
Buck-Heeb
Handelsbilanz, Steuerbilanz – §§ 238 bis 339, 342 bis 342e HGB, hrsg. von Grottel/Schmidt/Schubert/Winkeljohann, 11. Aufl. 2018 hrsg. von Meyer-Sparenberg/Jäckle, 2017 Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2017 Kapitalmarktrecht, 10. Aufl. 2019
Claussen
Bank- und Börsenrecht, 5. Aufl. 2014
Ehricke/Ekkenga/Oechsler Emmerich/Habersack Erman Eyermann
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2003 Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019 Bürgerliches Gesetzbuch, 15. Aufl. 2017 Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019
Fleischer (Hrsg.) Fleischer/Kalss Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht Frankfurter Kommentar zum WpPG und zur EU-ProspektVO Frankfurter Kommentar zum WpÜG Fuchs (Hrsg.)
Handbuch des Vorstandsrechts, 2006 Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmerecht, 2002 hrsg. von Jaeger/Pohlmann/Schroeder, Loseblatt
Gericke/Wiedmer Geßler/Hefermehl/Eckhardt/ Kropff Göhler
Übernahmeverordnung (UEV), 2011 Aktiengesetz, 1973 ff.
hrsg. von Berrar/Schnorbus/Meyer/Müller/Wolf/Singhof, 2. Aufl. 2017 hrsg. von Haarmann/Schüppen, 3. Aufl. 2008 Wertpapierhandelsgesetz, 2. Aufl. 2016
Ordnungswidrigkeitengesetz, 17. Aufl. 2017
XIII
Allgemeines Schrifttumsverzeichnis
Groß Großkommentar zum AktG
Kapitalmarktrecht, 6. Aufl. 2016 hrsg. von Hopt/Wiedemann, 4. Aufl. 1992 ff., 5. Aufl. 2014 ff.
Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.) Habersack/Verse Heidel (Hrsg.) Höhn/Lang/Roelli (Hrsg.) Hölters (Hrsg.) Hopt
Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019
Hopt/Wymeersch Hüffer/Koch
Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019 Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2014 Öffentliche Übernahmen, 2011 Handbuch Unternehmenskauf, 9. Aufl. 2019 Europäisches Übernahmerecht – Eine rechtsvergleichende, rechtsdogmatische und rechtspolitische Untersuchung, 2013 European Takeovers: Law and Practice, London u.a. 1992 Aktiengesetz, 13. Aufl. 2018
Immenga/Mestmäcker (Hrsg.)
Wettbewerbsrecht, Band 2: GWB, 5. Aufl. 2014
Just/Voß/Ritz/Becker (Hrsg.) Just/Voß/Ritz/Zeising (Hrsg.)
Wertpapierhandelsgesetz, 2015 Wertpapierprospektgesetz, 2009
Kämmerer/Veil Kallmeyer Karlsruher Kommentar zum OWiG Kölner Kommentar zum AktG Kölner Kommentar zum WpHG Kölner Kommentar zum WpÜG Kopp/Schenke Klöhn (Hrsg.) Krause Krieger/Uwe H. Schneider (Hrsg.) Kümpel/Mülbert/Früh/ Seyfried
Übernahme- und Kapitalmarktrecht in der Reformdiskussion, 2013 Umwandlungsgesetz, 6. Aufl. 2017 hrsg. von Mitsch, 5. Aufl. 2018
Langenbucher Lenenbach
Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2018 Kapitalmarktrecht und kapitalmarktrelevantes Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2010 Umwandlungsgesetz, hrsg. von Bayer/J. Vetter, 6. Aufl. 2019 SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015
Lutter Lutter/Hommelhoff/ Teichmann (Hrsg.) Lutter/Krieger/Verse Marsch-Barner/Schäfer (Hrsg.) Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.) Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts
XIV
hrsg. von Zöllner/Noack, 3. Aufl. 2004 ff. hrsg. von Hirte/Möllers, 2. Aufl. 2014 hrsg. von Hirte/von Bülow, 2. Aufl. 2010 Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Aufl. 2019 Marktmissbrauchsverordnung, 2018 Das obligatorische Übernahmeangebot, 1996 Handbuch Managerhaftung, 3. Aufl. 2017 Bank- und Kapitalmarktrecht, hrsg. von Mülbert/Früh/Seyfried, 5. Aufl. 2019
Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Aufl. 2014 Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl. 2017 10 Jahre WpÜG, 2011 hrsg. von Schüppen/Schaub, 3. Aufl. 2018 Band 4: Aktiengesellschaft, hrsg. von Hoffmann-Becking, 4. Aufl. 2015
Allgemeines Schrifttumsverzeichnis
Münchener Kommentar zum AktG/WpÜG Münchener Kommentar zum Bilanzrecht
Band 6: §§ 329–410, WpÜG, Österreichisches Übernahmerecht, hrsg. von Goette/Habersack, 4. Aufl. 2017 hrsg. von Hennrichs/Kleindiek/Watrin, Loseblatt
Obermayer/Funke-Kaiser (Hrsg.)
Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl. 2018
Palandt Paschos/Fleischer (Hrsg.) Pötzsch
Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Aufl. 2019 Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017 Das neue Übernahmerecht, 2002
von Rosen/Seifert (Hrsg.)
Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999
Sachs (Hrsg.) Schäfer/Hamann (Hrsg.) Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) K. Schmidt/Lutter (Hrsg.) Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.) Scholz
Grundgesetz, 8. Aufl. 2018 Kapitalmarktgesetze, Loseblatt Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017
Schwark/Zimmer (Hrsg.) Semler/Stengel (Hrsg.) Semler/Volhard (Hrsg.) Semler/Volhard/Reichert (Hrsg.) Sodan/Ziekow (Hrsg.) Spindler/Stilz (Hrsg.) Steinmeyer (Hrsg.)
Aktiengesetz, 3. Aufl. 2015 Verwaltungsgerichtsordnung, Loseblatt GmbH-Gesetz, 12. Aufl. 2018 (Bd. I), 11. Aufl. 2014 (Bd. II), 11. Aufl. 2015 (Bd. III) Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010 Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2017 Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, 2001 (Bd. 1), 2003 (Bd. 2) Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 4. Aufl. 2018 Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018 Aktiengsetz, 4. Aufl. 2019 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 4. Aufl. 2019
Thaeter/Brandi (Hrsg.)
Öffentliche Übernahmen, 2003
Veil (Hrsg.) Veil/Drinkuth (Hrsg.)
Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2010 Reformbedarf im Übernahmerecht, 2010
Zschocke/Schuster (Hrsg.)
Bad Homburger Handbuch zum Übernahmerecht, 2003
XV
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABl. EG ABl. EU Abs. ABS AbwMechG AcP ADR a.E. AEUV a.F. AG AGB AGBG AIF AIFM AktG Alt. AngVO Anh. Anm. AnSVG AnwendV AO Art. ARUG Aufl.
anderer Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft(en) Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Asset Backed Securities Abwicklungsmechanismusgesetz Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) American Depositary Receipts am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Alternative Investment Fund Alternative Investment Fund Manager Aktiengesetz Alternative Angebotsverordnung Anhang Anmerkung Anlegerschutzverbesserungsgesetz Anwendbarkeitsverordnung Abgabenordnung Artikel Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie Auflage
BaFin BAG BAKred BAnz. BausparkG BAVers BayOblG BB Bbl. Bd. BDSG Begr. BEHG BEHV-FINMA BetrAVG BetrVG BfDI BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BHO BilMoG
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bundesanzeiger Gesetz über Bausparkassen Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bundesblatt Band Bundesdatenschutzgesetz Begründung Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel Börsenverordnung-FINMA Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsverfassungsgesetz Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeshaushaltsordnung Bilanzrechtmodernisierungsgesetz XVII
Abkürzungsverzeichnis
BKR BlgNR BMJV BMWi BörsG BörsZulVO BRAO BR-Drucks. BSK BStBl. BT-Drucks. BuB BVerfG BVerfGE BVerfGK BWG
Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Börsengesetz Börsenzulassungs-Verordnung Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrats-Drucksache Börsensachverständigenkommission Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bankrecht und Bankpraxis (Zeitschrift) Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundeswahlgesetz
CC CFL cic CSR
City Code on Takeovers and Mergers Corporate Finance Law (Zeitschrift) culpa in contrahendo Corporate Social Responsibility
DAI DAV DB DBAG DBW DCGK DepotG DiskE Diss. DJT DNotZ DRS DRSC DSAnpUG-EU DSGVO DStR DSW DZWiR
Deutsches Aktieninstitut Deutscher Anwaltverein Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Börse AG Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex Depotgesetz Diskussionsentwurf Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notar-Zeitschrift Deutscher Rechnungslegungs Standard Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU Datenschutz-Grundverordnung Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
E EBA ECFR Eds. EFG EGAktG ESMA EStG EU EuGH EuGVVO
Entwurf European Banking Authority European Company and Financial Law Review (Zeitschrift) Editors Entscheidungen der Finanzgerichte Einführungsgesetz zum Aktiengesetz European Securities And Markets Authority Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Euro-Einführungsgesetz European Warrant Exchange
EuroEG EUWAX XVIII
Abkürzungsverzeichnis
EuZW EWiR EWIV EWR EWS EZB
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Europäische Zentralbank
f., ff. FamFG FAZ FB FFG FinDAG FinfraG FINMA FKVO FMA FMStBG FMStFG Fn. FrankfKomm. FRUG FS FusG
folgende, fortfolgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanz Betrieb (Zeitschrift) Finanzmarktförderungsgesetz Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Finanzmarktinfrastrukturgesetz (Schweiz) Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Fusionskontrollverordnung Finanzmarktaufsichtsbehörde (Österreich) Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz Fußnote Frankfurter Kommentar Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz Festschrift Fusionsgesetz
GATS GenG GesAusG GesRZ GG G/H/E/K GmbH GmbHR GMBl. GoB GPR grds. Großkomm. GVG GWB GWR
General Agreement on Trade and Services Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Gesellschafter-Ausschlussgesetz (Österreich) Der Gesellschafter – Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht Grundgesetz Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Gemeinsames Ministerialblatt Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht grundsätzlich Großkommentar Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Beck’sche Zeitschrift zum gesamten Wirtschaftsrecht
Hdb. HGB h.L. h.M. Hrsg. HRV HV HypBankG
Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber Handelsregisterverfügung Hauptversammlung Hypothekenbankgesetz
IAS IASB i.d.F.
International Accounting Standards International Accounting Standards Board in der Fassung XIX
Abkürzungsverzeichnis
i.d.R. IDW i.E. i.e.S. IFG IFRS InsO InvG IRG ISIN IStR i.V.m.
in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer im Ergebnis im engeren Sinne Informationsfreiheitsgesetz International Financial Reporting Standards Insolvenzordnung Investmentgesetz Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen International Securities Identification Number Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) in Verbindung mit
JR JZ
Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristenzeitung
K&R KAGB KAGG KapAEG KapErhG KapInHaG KapMuG KG KGaA KMG KölnKomm. Komm. KonTraG KoR KostO KStG KuMaKV
Kommunikation & Recht (Zeitschrift) Kapitalanlagegesetzbuch Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz Kapitalerhöhungsgesetz Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kapitalmarktgesetz (Österreich) Kölner Kommentar Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Kostenordnung Körperschaftsteuergesetz Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation Kreditwesengesetz
KWG LAG LG lit. LMK LPartG LuftNaSiG
Landesarbeitsgericht Landgericht litera Lindenmaier-Möhring kommentierte BGH-Rechtsprechung Lebenspartnerschaftsgesetz Gesetz zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung
MAC MaKonV MAR MDR MiFID
Material Adverse Change Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation Market Abuse Regulation; Marktmissbrauchsverordnung Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Markets in Financial Instruments Directive; Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente Markets in Financial Instruments Regulation; Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente Million(en) Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer
MiFIR Mio. MittRhNotK XX
Abkürzungsverzeichnis
MMVO MoU Mrd. MünchHdb. AG MünchKomm. m.w.N.
Marktmissbrauchsverordnung (siehe auch MAR) Memorandum of Understanding Milliarde(n) Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4: Aktiengesellschaft Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen
NaStraG NewCo n.F. NJW NJW-RR Nr. NVersZ NZA NZG
Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung New Company neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
OECD OFD oHG OLG OWiG
Organisation for Economic Cooperation and Development Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PartGG PSD II
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Payment Service Directive II; Zweite Zahlungsdiensterichtlinie
R RefE RefG RegE Repo RG RGZ RIW RL RNotZ Rpfl. Rspr. RWNM Rz.
Richtlinie Referentenentwurf Reformgesetz Regierungsentwurf Repurchase operation; Rückkaufvereinbarung Reichsgericht Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie Rheinische Notar-Zeitschrift Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rechtsprechung Regelwerk Neuer Markt Randzahl
S. SE SEAG SEC SpruchG SPV StBerG StGB StückAG StuW
Seite Societas Europaea SE-Ausführungsgesetz Securities Exchange Commission Spruchverfahrensgesetz Special Purpose Vehicle Steuerbereinigungsgesetz Strafgesetzbuch Stückaktiengesetz Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)
Takeover Code TranspRLDVO TransPuG
City Code on Takeovers and Mergers Transparenzrichtlinie-Durchführungsverordnung Transparenz- und Publizitätsgesetz XXI
Abkürzungsverzeichnis
TUG TVöD Tz. TzBfG
Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz Tarifvertrag öffentlicher Dienstag Textziffer Teilzeit- und Befristungsgesetz
u.a. ÜbernRLUG ÜbG ÜbRÄG UEV UKlaG UMAG
unter anderem Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz Übernahmegesetz (Österreich) Übernahmerechts-Änderungsgesetz Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote Unterlassungsklagengesetz Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts Umwandlungsbereinigungsgesetz Umwandlungsgesetz Umwandlungsgesetz-Änderungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Umsatzsteuergesetz unter Umständen
UmwBerG UmwG UmwGÄndG UmwStG UStG u.U. VAG VBlBW Verk/BekuaÄndG VerkProspG VermAnlG VermVerkProspV VermbG VersorgW VersR VG VGH vgl. VGR VO VVaG VVG VW VWAP VwGO VwKostG VwVfG VwVG VwZG
Versicherungsaufsichtsgesetz Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Gesetz zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der Zivilprozessordnung, des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung Verkaufsprospektgesetz Vermögensanlagengesetz Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung Vermögensbeteiligungsgesetz Versorgungswirtschaft (Zeitschrift) Versicherungsrecht (Zeitschrift) Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Wissenschaftliche Vereinigung für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Verordnung Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Versicherungsvertragsgesetz Versicherungswirtschaft (Zeitschrift) Volume Weighted Average Price Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungskostengesetz Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz
wbl WG WiB WiKG wistra WKN WM WpAV WPg
Wirtschaftsrechtliche Blätter (Zeitschrift) Wechselgesetz Wirtschaftliche Beratung (Zeitschrift) Wirtschaftskriminalitätsgesetz Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wertpapierkennnummer Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Wertpapierhandelsanzeigeverordnung Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
XXII
Abkürzungsverzeichnis
WpHG WPK WPO WpPG WpÜG WpÜG-AngVO WpÜG-AnwendVO WpÜG-BeiratsVO WpÜG-GebVO WuB WuW
Wertpapierhandelsgesetz Wirtschaftsprüferkammer Wirtschaftsprüferordnung Wertpapierprospektgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG-Angebotsverordnung WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung WpÜG-Beiratsverordnung WpÜG-Gebührenverordnung Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht (Zeitschrift) Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift)
ZAP ZBB ZEV ZfB ZfbF ZfgK ZGR ZHR Ziff. ZIP ZNotP ZPO ZRP ZUR ZZP
Zeitschrift für die Anwaltspraxis Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für die Notarpraxis Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Umweltrecht Zeitschrift für Zivilprozess
XXIII
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3822) Zuletzt geändert durch Art. 9 des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693).
Einleitung A. Wirtschaftlicher Hintergrund und systematische Einordnung des WpÜG . . . . . I. Wirtschaftlicher Hintergrund . . . . . . . . II. Systematische Einordnung . . . . . . . . . . B. Entwicklung der Regulierung von Übernahmen in Deutschland: Von den Leitsätzen für Unternehmensübernahmen zum WpÜG . . . . . . . . . . I. Leitsätze für Unternehmensübernahmen . II. Übernahmekodex . . . . . . . . . . . . . . . III. Entstehung des WpÜG . . . . . . . . . . . . 1. Expertenkommission „Unternehmensübernahmen“ . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskussions- und Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen . 3. Parlamentarisches Verfahren . . . . . . . C. Übersicht über das WpÜG und die auf Grund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen . . . . . . . . . . . . . . . I. Das WpÜG als Bestandteil eines Artikelgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ziel des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . III. Aufbau und Inhalt des Gesetzes . . . . . . IV. Die Rechtsverordnungen . . . . . . . . . .
. . .
1 5 14
. . . .
17 17 19 24
.
24
. .
26 29
. .
33
. . . .
33 35 37 47
. . . .
D. Änderungen des WpÜG und der WpÜGRechtsverordnungen und praktische Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Änderungen des WpÜG . . . . . . . . . . . II. Änderungen der WpÜG-Rechtsverordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Praktische Erfahrungen mit dem WpÜG .
. .
54 55
. .
78 91
E. Europäische Rahmenbedingungen für Unternehmensübernahmen: Die Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historische Entwicklung bis zur Verabschiedung der Übernahmerichtlinie . . . . . . . . 1. Vom Pennington-Bericht 1974 bis zum vorläufigen Scheitern 2001 . . . . . . . . . 2. Vom Winter-Bericht 2002 bis zur Verabschiedung 2004 . . . . . . . . . . . . II. Die Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . 1. Inhalt der Übernahmerichtlinie . . . . . . 2. Änderungen der Übernahmerichtlinie . . 3. Umsetzungsbericht der Europäischen Kommission und Revision . . . . . . . . . 4. Rolle von CESR bzw. der Nachfolgeorganisation ESMA . . . . . . . . . . . . . III. Umsetzung in deutsches Recht . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94 94 94 101 116 116 143 145 146 148 148 160
A. Schrifttum zum WpÜG: I. Aufsätze: Aha, Rechtsschutz der Zielgesellschaft bei mangelhaften Übernahmeangeboten, AG 2002, 160; Albach, Das neue Übernahmegesetz, ZfB 2002, 449; Altmeppen, Neutralitätspflicht und Pflichtangebot nach dem neuen Übernahmerecht, ZIP 2001, 1073; Assmann, Übernahmeangebote im Gefüge des Kapitalmarktrechts, insbesondere im Lichte des Insiderrechts, der Ad hoc-Publizität und des Manipulationsverbots, ZGR 2002, 697; Assmann, Erwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz aus der Sicht der Bietergesellschaft, AG 2002, 114; Assmann, Die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG, AG 2002, 153; Assmann, Unternehmenszusammenschlüsse und Kapitalmarktrecht, ZHR 172 (2008), 635; Bachmann, Kapitalmarktrechtliche Probleme bei der Zusammenführung von Unternehmen, ZHR 172 (2008), 597; Baudisch, Nochmals: Neutralitätspflicht des Vorstands und Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung im Übernahmerecht, AG 2001, 251; Baum, „Öffentlichkeit“ eines Erwerbsangebots als Anwendungsvoraussetzung des Übernahmerechts – Eine rechtsvergleichende Analyse, AG 2003, 144; Baums, Low Balling, Creeping in und deutsches Übernahmerecht, ZIP 2010, 2374; Baums/Stöcker, Rückerwerb eigener Aktien und WpÜG, in FS Wiedemann, 2002, S. 703; Bayer, Vorsorge- und präventive Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmen, ZGR 2002, 588; Behnke, Erste praktische Erfahrungen mit dem Ausschluss ausländischer Anteilsinhaber nach § 24 WpÜG, WM 2002, 2229; Berding, Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Grundsätze im Übernahmerecht, WM 2002, 1149; Berger/Filgut, Material-Adverse-Change-Klauseln in Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten, WM 2005, 253; Bicker/Parameswaran, Die Angemessenheit der Gegenleistung nach dem WpÜG im Falle negativer Abweichung des Unternehmenswerts vom Börsenkurs, ZIP 2007, 1787; Blättchen, Neue Erkenntnisse zu börsennotierten Unternehmensübernahmen, in FS Wegen 2015, S. 119;
Pötzsch
1
Einl. Einleitung Böckmann/Kießling, Möglichkeiten der BaFin zur Beendigung von Übernahmeschlachten nach dem WpÜG, DB 2007, 1796; Böttcher/Krömker, Das Risiko von Pflichtangeboten nach WpÜG bei fusionskontrollrechtlicher Anmeldepflicht, DB 2003, 1831; Bork, Zur Einbeziehung von Paketerwerben in die Erfolgsquote nach § 39a III 3 WpÜG, NZG 2011, 650; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Angeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), AG 2016, 597; Bredow/Liebscher, Befreiung vom Pflichtangebot nach dem WpÜG bei Selbstverpflichtung zur Durchführung eines Squeeze-out, DB 2003, 1368; Büscher, Zur Verfassungswidrigkeit der Anwendung des WpÜG auf den öffentlichen Erwerb eigener Aktien, ZBB 2006, 107; Bungert/Leyendecker-Langner, Die Neuregelung des Delisting, ZIP 2016, 49; Bungert/Meyer, Übernahmerechtlicher Squeeze out nur bei 95 %-Anteilsbesitz des Bieters bis Ablauf der Annahmefrist – Kurzkommentar zum BGH Urteil vom 18.12.2012 – II ZR 198/11 (KG), EWiR 2013, 189; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Cahn, Verwaltungsbefugnisse der BaFin im Übernahmerecht und Rechtsschutz Betroffener, ZHR 167 (2003), 262; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb 2002, 277; Cascante, „12 Years a Rave?“ – Schlüsseltransaktionen im deutschen Übernahmerecht von 2002 bis 2013, FS Wegen, 2015, 175; Dauernheim/Schörnig, Verwaltungsrechtsweg für Anspruch nach IFG gegen BaFin auf Einsicht in Übernahmeangebot („Deutsche Bank AG/Deutsche Postbank AG“), EWiR 2013, 283; Deilmann, Aktienrechtlicher versus übernahmerechtlicher Squeezeout, NZG 2007, 721; Deutscher Anwaltverein – Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RefE des BMF für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, NZG 2001, 420; Deutscher Anwaltverein – Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RegE Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZIP 2001, 1736, auch abgedruckt in NZG 2001, 1003; Diekmann, Acting in Concert: Absprachen zur Besetzung des Aufsichtsrats – Besprechung des BGH-Urteils vom 18.9.2006, DStR 2007, 445; Dimke/Heiser, Neutralitätspflicht, Übernahmegesetz und Richtlinienvorschlag 2000, NZG 2001, 241; Drygala, Die neue deutsche Übernahmeskepsis und ihre Auswirkungen auf die Vorstandspflichten nach § 33 WpÜG, ZIP 2001, 1861; Ekkenga, § 33 WpÜG: Neutralitätsgebot oder Grundsatz der Abwehrbereitschaft, in FS Kümpel, 2003, S. 95; Ekkenga/Hofschroer, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DStR 2002, 724 (Teil I), 768 (Teil II); Fabritius, Erfahrungen aus der Praxis, in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, S. 45; von Falkenhausen, Übernahmeprophylaxe – Die Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft, NZG 2007, 97; von Falkenhausen, Das nachgeholte Pflichtangebot, NZG 2010, 1213; Fleischer, Zum Begriff des öffentlichen Angebots im Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz, ZIP 2001, 1653; Fleischer, Das neue Recht des Squeeze out, ZGR 2002, 757; Fleischer, Konkurrenzangebote und Due Diligence, ZIP 2002, 651; Fleischer, Schnittmengen des WpÜG mit benachbarten Rechtsgebieten – eine Problemskizze, NZG 2002, 545; Fleischer, Zum Sondervotum einzelner Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder bei Stellungnahmen nach § 27 WpÜG, DB 2007, 95; Fleischer, Zur rechtlichen Bedeutung der Fairness Opinion im deutschen Aktien- und Übernahmerecht, ZIP 2011, 201; Fleischer/Körber, Der Rückerwerb eigener Aktien und das Wertpapierwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2001, 2589; Friedl, Die Haftung des Vorstands und Aufsichtsrats für eine fehlerhafte Stellungnahme gemäß § 27 Abs. 1 WpÜG, NZG 2004, 448; Gätsch/Schäfer, Abgestimmtes Verhalten nach § 22 II WpHG und § 30 II WpÜG in der Fassung des Risikobegrenzungsgesetzes, NZG 2008, 846; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52; Goslar, Keine Stimmrechtzurechnung nur schuldrechtlicher Aktienerwerbsoptionen bei übernahmerechtlichem Squeeze out („Effectenspiegel/Deutsche Bank AG“), EWiR 2013, 497; Götz, Nochmals: Neutralitätspflicht des Vorstands und Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung im Übernahmerecht, AG 2001, 254; Grabbe/Fett, Pflichtangebot im Zuge von Verschmelzungen? Zugleich ein Beitrag zur Schnittstelle von Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht, NZG 2003, 755; Grobys, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, NZA 2002, 1; Grunewald, Europäisierung des Übernahmerechts, AG 2001, 288; Grunewald, Die neue Squeeze-outRegelung, ZIP 2002, 18; Grunewald, Die Vereinbarkeit der Angemessenheitsvermutung von § 39a III 3 WpÜG mit höherrangigem Recht, NZG 2009, 332; Habersack, Reformbedarf im Übernahmerecht!, ZHR 166 (2002), 619; Habersack, Auf der Suche nach dem gerechten Preis – Überlegungen zu § 31 WpÜG, ZIP 2003, 1123; Habersack, Beteiligungstransparenz adieu?, AG 2008, 817; Hahn, Übernahmerecht und internationales Privatrecht, RIW 2002, 741; Halm, „Squeeze Out“ heute und morgen: Eine Bestandsaufnahme nach dem künftigen Übernahmerecht, NZG 2000, 1162; Hamann, Die Angebotsunterlage nach dem WpÜG – ein praxisorientierter Überblick, ZIP 2001, 2249; Harbarth, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, ZIP 2002, 321; Harbarth, Die Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats zur Gegenleistung bei Übernahmeangeboten, ZIP 2004, 3; Harbarth, Euopäische Durchbrechungsregel im deutschen Übernahmerecht, ZGR 2007, 37; Hasselbach, Verfahrensfragen des übernahmerechtlichen Squeeze out, BB 2010, 2842; Hasselbach/Hoffmann, Die Sanierungsbefreiung nach § 37 WpÜG bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen, DB 2009, 327; Hasselbach/Peters, Entwicklung des Übernahmerechts 2016/2017: aktuelle Themen des Rechts der börsennotierten Unternehmen, einschließlich der Auseinandersetzung mit sog. „Activist Shareholders“, BB 2017, 1347; Heidel/Lochner, Der übernahmerechtliche Squeeze- und Sell-out gemäß §§ 39a ff. WpÜG, Der Konzern 2006, 653; von Hein, Grundfragen des europäischen Übernahmekollisionsrechts, AG 2001, 213; Hippeli, Genehmigung von Auslandsdirektinvestitionen seitens chinesischer Staatskonzerne, AG 2014, 267; Hippeli/Hofmann, Die Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft nach § 27 WpÜG in der Anwendungspraxis der BaFin, NZG 2015, 850; Hippeli/Klepsch, No, not yet or never? – zur Reichweite der Bindungswirkung von negativen Absichtserklärungen im Übernahmerecht, WM 2016, 1205; Hip-
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Einleitung
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peli/Schmiady, Übernahmerechtliche Aspekte der Unternehmensnachfolge bei börsennotierten Familienunternehmen, ZIP 2015, 705; Hirte, Verteidigung gegen Übernahmeangebote und Rechtsschutz des Aktionärs gegen die Verteidigung, ZGR 2002, 623; Hörmann/Feldhaus, Die Angemessenheitsvermutung des übernahmerechtlichen Squeeze out, BB 2008, 2134; Hoffmann-Becking, Subjektive öffentliche Rechte im Recht der Unternehmensübernahmen, in Freundesgabe Erichsen, 2005, S. 47; Holzborn, Ausschluss ausländischer Aktionäre nach § 24 WpÜG, BKR 2002, 67; Holzborn/Israel, Einflüsse wettbewerbsrechtlicher Regelungen auf das Übernahmerecht, BKR 2002, 982; Hommelhoff/Witt, Bemerkungen zum deutschen Übernahmegesetz nach dem Scheitern der Richtlinie, RIW 2001, 561; Hommelhoff/Witt, Konzernunternehmen im Recht der Pflichtangebote nach deutschem WpÜG, in FS Nobel, 2005, S. 125; Hopt, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, in FS Lutter, 2000, S. 1361; Hopt, Zum Hintergrund der 13. Richtlinie über Übernahmeangebote und zur Lage und Diskussion in Deutschland, in Kramer/Schumacher (Hrsg.), Beiträge zum Unternehmensrecht, 2001, S. 62; Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz – Gemeinsamer Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie und Diskussionsentwurf des Übernahmegesetzes –, in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Hopt, Übernahmen, Geheimhaltung und Interessenkonflikte: Probleme für Vorstände, Aufsichtsräte und Banken, ZGR 2002, 333; Houben, Die Gestaltung des Pflichtangebots unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes und der effizienten Allokation der Unternehmenskontrolle, WM 2000, 1873; Ihrig, Rechtsschutz Drittbetroffener im Übernahmerecht, ZHR 167 (2003), 315; Johannsen-Roth/Goslar, Rechtliche Rahmenbedingungen für Übernahmeprämien bei Misch- oder Tauschangeboten im Lichte von § 255 Abs. 2 Satz 1 AktG und § 57 AktG, AG 2007, 573; Johannsen-Roth/Illert, Paketerwerbe und öffentliche Übernahmeangebote im Lichte des neuen übernahmerechtlichen Squeeze out nach § 39a WpÜG, ZIP 2006, 2157; Josenhans, Das neue Übernahmekollisionsrecht, ZBB 2006, 269; Kainer, Binnenmarktrechtliche Grenzen des Übernahmerechts, ZHR 168 (2004), 542; Kallmeyer, Neutralitätspflicht des Vorstands und Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung im Übernahmerecht, AG 2000, 553; Kiem, Der Hauptversammlungsentscheid zur Legitimation von Abwehrmaßnahmen nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2000, 1509; Kiepsch/Kiesewetter, Befreiung vom Pflichtangebot beim Erwerb zur Sanierung, BB 2007, 1403; Kiesewetter, Befreiung vom Pflichtangebotsverfahren bei anschließendem Squeeze Out?, ZIP 2003, 1638; Kiesewetter, Praxisrelevante Aspekte der Finanzierungssicherstellung bei öffentlichen Übernahmen, CFL 2011, 284; Kirchner, Managementpflichten bei „feindlichen“ Übernahmeangeboten, WM 2000, 1821; Kleindiek, Funktion und Geltungsanspruch des Pflichtangebots nach dem WpÜG – Kapitalmarktrecht – Konzernrecht – Umwandlungsrecht, ZGR 2002, 546; Klemm/Reinhardt, Verbesserungspotenziale im deutschen Übernahmerecht, NZG 2007, 281; Klemm/ Reinhardt, Vorbereitungshandlungen für eine erfolgreiche Übernahmeverteidigung, NZG 2010, 1006; Knott, Freiheit, die ich meine: Abwehr von Übernahmeangeboten nach Umsetzung der EU-Richtlinie, NZG 2006, 849; Klepsch/Hippeli, Update Delisting, RdF 2016, 194; Koch, J., Der Erwerb eigener Aktien – kein Fall des WpÜG, NZG 2003, 61; Koch, R., Unzulänglichkeiten im Übernahmerecht? Das Verhinderungsverbot aus institutionenökonomischer Perspektive, WM 2010, 1155; Koch, R., Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot, ZIP 2008, 1260; Kocher, Die Sanierungsbefreiung vom Pflichtangebot, ZInsO 2010, 2125; Körber, Der Rückerwerb eigener Aktien und das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2001, 2589; Körner, Die Neuregelung der Übernahmekontrolle nach deutschem und europäischem Recht – insbesondere zur Neutralitätspflicht des Vorstandes, DB 2001, 367; Kort, Rechte und Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei Übernahmeversuchen, in FS Lutter, 2000, S. 1421; Kossmann, Bewertungspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat nach § 27 WpÜG unter Berücksichtigung von IDW ES 8, NZG 2011, 46; Kossmann/Horz, Außerbörslicher Paketerwerb und befreiendes Übernahmeangebot nach § 35 III WpÜG, NZG 2006, 481; Krause, Zum richterlichen Anspruch der Aktionäre auf angemessene Gegenleistung bei Übernahme und Pflichtangeboten, AG 2014, 833; Krause, Die geplante Takeover-Richtlinie der Europäischen Union mit Ausblick auf das geplante deutsche Übernahmegesetz, NZG 2000, 905; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Krause, Das deutsche Übernahmegesetz vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie, ZGR 2002, 500; Krause, Prophylaxe gegen feindliche Übernahmeangebote, AG 2002, 133; Krause, Die Abwehr feindlicher Übernahmeangebote auf der Grundlage von Ermächtigungsbeschlüssen der Hauptversammlung, BB 2002, 1053; Krause, Zwei Jahre Praxis mit dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, NJW 2004, 3681; Krieger, Das neue Übernahmegesetz: Preisfindung beim Übernahmeangebot und Neutralitätspflicht des Vorstands der Zielgesellschaft, in Henze/Hoffmann-Becking (Hrsg.), RWS Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289; Krieger, Squeeze-out nach neuem Recht: Überblick und Zweifelsfragen, BB 2002, 53; Land, Das neue deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Anmerkungen zum Regierungsentwurf, DB 2001, 1707; Land/Hasselbach, Das neue deutsche Übernahmegesetz – Einführung und kritische Anmerkungen zum Diskussionsentwurf des BMF, DB 2000, 1747; Lebherz, Publizitätspflichten bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen, WM 2010, 154; Lenz, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz in der Praxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, NJW 2003, 2073; Lenz/Behnke, Das WpÜG im Praxistest, BKR 2003, 43; Lenz/Linke, Die Handhabung des WpÜG in der aufsichtsrechtlichen Praxis, AG 2002, 361; Lenz/Linke, Rückkauf eigener Aktien nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, AG 2002, 420; Letzel, Das Pflichtangebot nach dem Übernahmekodex – mit Vorausschau auf das Pflichtangebot nach dem ÜbG, NZG 2001, 260; Letzel, Das Pflichtangebot nach dem WpÜG, BKR 2002, 293; Leyendecker-Langner, Die Stellungnahme nach § 27 WpÜG bei Interessenkonflikten von Organmitgliedern, NZG, 2016, 1213; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Liekefett, Bie-
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Einl. Einleitung tergleichbehandlung bei öffentlichen Übernahmeangeboten, AG 2005, 802; Maier-Reimer, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, ZHR 165 (2001), 258; Meilicke/Meilicke, Die PostbankÜbernahme durch die Deutsche Bank – eine Gestaltung zur Vermeidung von Pflichtangeboten nach § 35 WpÜG?, ZIP 2010, 558; Meyer/Kiesewetter, Rechtliche Rahmenbedingungen des Beteiligungsaufbaus im Vorfeld von Unternehmensübernahmen, WM 2009, 340; Merkner/Sustmann, BGH schließt zivilrechtliche Ansprüche von Aktionären bei unterlassenem Pflichtangebot aus, NZG 2013, 1087; Meyer/Lipsky, Suspensiveffekt des Antrags gem. §§ 36, 37 WpÜG, NZG 2009, 1092; Möller, Rechtsmittel und Sanktionen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, AG 2002, 170; Möller, Das Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren nach dem WpÜG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsstellung Dritter, ZHR 167 (2003), 301; Möller/Pötzsch, Das neue Übernahmerecht – Der Regierungsentwurf vom 11.7.2001, ZIP 2001, 1256; Möllers, Verfahren, Pflichten und Haftung, insbesondere der Banken, bei Übernahmeangeboten, ZGR 2002, 664; Moosmayer, Straf- und bußgeldrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, wistra 2004, 401; Mülbert, Übernahmerecht zwischen Kapitalmarktrecht und Aktien(konzern)recht – die konzeptionelle Schwachstelle des RegE WpÜG, ZIP 2001, 1221; Mülbert/Birke, Das übernahmerechtliche Behinderungsverbot – Die angemessene Rolle der Verwaltung einer Zielgesellschaft in einer feindlichen Übernahme –, WM 2001, 705; Nagel, Der übernahmerechtliche Squeeze-out bei Schwellenwerterreichung durch Nacherwerbe jenseits der (weiteren) Annahmefrist, AG 2009, 393; Oechsler, Der RegE zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Regelungsbedarf auf der Zielgeraden!, NZG 2001, 817; Oechsler, Rechtsgeschäftliche Anwendungsprobleme bei öffentlichen Übernahmeangeboten, ZIP 2003, 1330; Ott, Der übernahmerechtliche Squeeze-out gem. §§ 39a ff. WpÜG, WM 2008, 384; Paefgen, Die Gleichbehandlung beim Aktienrückerwerb im Schnittfeld von Gesellschafts- und Übernahmerecht, ZIP 2002, 1509; Paefgen, Zum Zwangsausschluss im neuen Übernahmerecht, WM 2007, 765; Paschos/Klaaßen, Delisting ohne Hauptversammlung und Kaufangebot – der Rückzug von der Börse nach der Frosta-Entscheidung des BGH, AG 2014, 33; Paul, Pflichtangebot nach § 35 WpÜG – Ein nicht verzichtbares Recht der Minderheitsaktionäre, DB 2008, 2125; Peters, Rechte und Pflichten des Vorstands einer börsennotierten Zielgesellschaft bei Unternehmens- und Beteiligungskäufen sowie öffentlichen Übernahmeangeboten, in Birk/Pöllath/Saenger (Hrsg.), Forum Unternehmenskauf, 2004, S. 93; Pluskat, Rückerwerb eigener Aktien nach WpÜG – auch offiziell kein Anwendungsfall mehr, NZG 2006, 731; Pötzsch/Möller, Das künftige Übernahmerecht, WM-Sonderbeil. 2/2000; Pohlmann, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft im Wertpapiererwerbs- und Übernahmeverfahren, ZGR 2007, 1; Posdziech, Zur Rechtsnatur der Angemessenheitsvermutung beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out, WM 2010, 787; von Riegen, Verwaltungsrechtsschutz Dritter im WpÜG, Der Konzern 2003, 583; Riehmer/Schröder, Der Entwurf des Übernahmegesetzes im Lichte von Vodafone/Mannesmann, NZG 2000, 820; Riehmer/Schröder, Praktische Aspekte bei der Planung, Durchführung und Abwicklung eines Übernahmeangebots, BB-Beil. 5/2001; Rodewald/Siems, Der Preis ist heiß – Zur Angemessenheit der Gegenleistung bei Übernahmeangeboten, ZIP 2002, 926; Rühland, Die Abfindung von aus der Aktiengesellschaft ausgeschlossenen Minderheitsaktionären – Ein Diskussionsbeitrag zum Entwurf des Übernahmegesetzes vom Bundesministerium der Finanzen vom 29.6.2000 –, WM 2000, 1884; Rühland, Der squeeze-out nach dem RefE zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vom 12.3.2001, NZG 2001, 448; Sailer, Offenlegung von „Change of Control-Klauseln“ im Jahresabschluss, AG 2006, 913; Santelmann, Notwendige Mindesterwerbsschwellen bei Übernahmeangeboten, AG 2002, 497; Schiessl, Fairness Opinions im Übernahme- und Gesellschaftsrecht, ZGR 2003, 815; Schlitt/Ries/Becker, Der Ausschluss der übrigen Aktionäre gem. §§ 39a, 39b WpÜG, NZG 2008, 700; Schmidt/Prigge/Suckel, Erste Erfahrungen mit dem Übernahmegesetz, ZBB 2003, 460; Schmidtbleicher, Das „neue“ Acting in concert – ein Fall für den EuGH?, AG 2008, 73; Schneider, Uwe H., Die Zielgesellschaft nach Abgabe eines Übernahme- oder Pflichtangebots, AG 2002, 125; Schneider, Uwe H./Burgard, Übernahmeangebote und Konzerngründung – Zum Verhältnis von Übernahmerecht, Gesellschaftsrecht und Konzernrecht, DB 2001, 963; Schnorbus, Drittklagen im Übernahmeverfahren, ZHR 166 (2002), 72; Schnorbus, Rückerwerb eigener Aktien und Übernahmerecht, ZGR 2003, 59; Schnorbus, Rechtsschutz im Übernahmeverfahren, WM 2003, 616 (Teil I), 657 (Teil II); Schockenhoff/Wagner, Zum Begriff des „acting in concert“ – Das Verhältnis zwischen den §§ 2 V und 30 II WpÜG und die Auswirkungen der geplanten Änderungen durch das Risikobegrenzungsgesetz, NZG 2008, 361; Scholz, Das Übernahme- und Pflichtangebot bei der KGaA, NZG 2006, 445; Schüppen, Übernahmegesetz ante portas!, WPg 2001, 958; Schulz, WpÜG: Angaben zur Finanzierung eines Angebots und zu den erwarteten Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse beim Bieter, M&A-Review 2002, 559; Schulz, Unternehmensübernahmen – Festsetzung der Gegenleistung, M&A-Review 2003, 114 (Teil 1), 161 (Teil 2); Seibt, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, DB 2002, 529; Seibt, Übernahmerecht: Update 2010/2011, CFL 2011, 213; Seibt/Heiser, Regelungskonkurrenz zwischen dem neuen Übernahmegesetz und dem Umwandlungsrecht, ZHR 165 (2001), 466; Seibt/Heiser, Der neue Vorschlag einer EU-Übernahmerichtlinie und das deutsche Übernahmerecht, ZIP 2002, 2193; Seibt/Kulenkamp, CFIUS-Verfahren und Folgen für M&A-Transaktionen mit Beteiligung deutscher Unternehmen – und als Modell für die Weiterentwicklung des deutschen Außenwirtschaftsrechts, ZIP 2017, 1345; Sieger/Hasselbach, Der Ausschluss von Minderheitsaktionären nach den neuen §§ 327a ff. AktG, ZGR 2002, 120; Singhof/Weber, Bestätigung der Finanzierungsmaßnahmen und Barabfindungsgewährleistung nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, WM 2002, 1158; Steinmeyer/Santelmann, Zur Widerleglichkeit der Angemessenheitsvermutung beim übernahmerechtlichen Squeeze out, BB 2009, 674; Stephan, Angebotsaktualisierung, AG 2003, 551; Strenger, Das deutsche Übernahmegesetz – Ausgewogenheit zwischen Unternehmens- und
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Einleitung
Einl.
Anlegerinteressen als Pflichtprogramm, WM 2000, 952; Strunk/Behnke, Die Aufsichtstätigkeit der BaFin nach dem WpÜG im Jahr 2003, in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, S. 81; Strunk/Linke, Erfahrungen mit dem Übernahmerecht aus Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 1; Strunk/Salomon/Holst, Aktuelle Entwicklungen im Übernahmerecht, in Veil, Übernahmerecht in der Praxis, 2009, S. 1; Süßmann, Anwendung des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien?, AG 2002, 424; Süßmann, Anwendungsprobleme des WpÜG, WM 2003, 1453; Süßmann, Die Unwiderleglichkeit der Abfindungshöhe beim übernahmerechtlichen Squeeze-out, NZG 2009, 980; Technau, Übernahmerechtliche Austrittsrechte in Verschmelzungsfällen, AG 2002, 260; Thaeter/Barth, RefE eines Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, NZG 2001, 545; Thoma, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Überblick, NZG 2002, 105; Thümmel, Haftungsrisiken von Vorständen und Aufsichtsräten bei der Abwehr von Übernahmeversuchen, DB 2000, 461; von Thunen, Aktientausch nur für ausgewählte Aktionäre?, NZG 2008, 925; Traugott/Grün, Finanzielle Anreize für Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften bei Private Equity-Transaktionen, AG 2007, 761; Tröger, Unternehmensübernahmen im deutschen Recht, DZWIR 2002, 353 (Teil I), 397 (Teil II); Tröger, Deutsches und europäisches Übernahmerecht, in Dörner/Menold/Pfitzer/Oser (Hrsg.), Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Prüfung, 2. Aufl. 2003, S. 135; Tuttlies/Bredow, Berücksichtigung einer Earn-out-Abrede im nachfolgenden Pflichtangebot, BB 2008, 911; Vaupel, Die Haftung der Banken für die Richtigkeit der Angebotsunterlage bei Umtauschangeboten nach dem WpÜG, WM 2002, 1170; Veranneman/Gärtner, Grenzüberschreitende Tauschangebote nach WpÜG, AG 2009, 648; Verse, Neues zum Rechtsschutz der Aktionäre im Übernahmerecht, Der Konzern 2015, 1; Verse, Übergang von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle – ein Fall für das Pflichtangebot?, NZG 2009, 1331; Vetter, E., Squeeze-out in Deutschland, ZIP 2000, 1817; Vetter, E., Squeeze-out nur durch Hauptversammlungsbeschluss?, DB 2001, 743; Vetter, E., Squeeze out: Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre aus der Aktiengesellschaft nach den §§ 327a – 327f AktG, AG 2002, 176; Wackerbarth, Von golden shares und poison pills: Waffengleichheit bei internationalen Übernahmeangeboten, WM 2001, 1741; Wagner, Zur Rechtsstellung Dritter nach dem WpÜG, NZG 2003, 718; Wasse, Der Eintritt auflösender Bedingungen vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage bei Erwerbs- und Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, WM 2013, 871; Weber/Meckback, Finanzielle Differenzgeschäfte – Ein legaler Weg zum „Anschleichen“ an die Zielgesellschaft bei Übernahmen?, BB 2008, 2022; Weber-Rey/Schütz, Zum Verhältnis von Übernahmerecht und Umwandlungsrecht, AG 2001, 325; Weiler/Meyer, Abgestimmtes Verhalten gemäß § 30 WpÜG: Neue Ansätze der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht?, NZG 2003, 909; Weisner, Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Unternehmensübernahmen, ZRP 2000, 520; Wiesbrock/Zens, Die WpÜG-Pflichten bei der Nachfolge in börsennotierte Aktiengesellschaften, ZEV 2006, 137; Wiese/Demisch, Unternehmensführung bei feindlichen Übernahmeangeboten, DB 2001, 849; Wilsing/Ogorek, Die Angemessenheitsvermutung beim übernahmerechtlichen Squeeze Out, GWR 2009, 211; Winner, Die Zielgesellschaft in der freundlichen Übernahme, WM 2002, 39; Winter/Harbarth, Verhaltenspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, ZIP 2002, 1; Witt, Regelmäßige „Wasserstandsmeldungen!“ – unverzichtbarer Bestandteil des künftigen Übernahmegesetzes, NZG 2000, 809; Witt, Die Änderungen der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach §§ 21 ff. WpHG durch das geplante Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, AG 2001, 233; Witte, Diskussionsentwurf zur Regelung von Unternehmensübernahmen: Abwehrmöglichkeiten des Vorstands der Zielgesellschaft, BB 2000, 2161; Zietsch/Holzborn, Freibrief für pflichtangebotsfreie Unternehmensübernahmen?, WM 2001, 1753; Zillmer, Public to Private-Transaktionen in Deutschland. Eine empirische Analyse öffentlicher Übernahmeangebote, Finanz Betrieb 2002, 490; Zimmer, Aufsicht bei grenzüberschreitenden Übernahmen, ZGR 2002, 731; Zinser, Der Entwurf eines Übernahmegesetzes, ZIP 2001, 363; Zinser, Der RefE eines „Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen“ vom 12.3.2001, NZG 2001, 391; Zinser, Das neue Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 1.1.2002, WM 2002, 15; Zschocke, Europapolitische Mission: Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DB 2002, 79. II. Kommentare: Angerer/Geibel/Süßmann (Hrsg.), Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), 3. Aufl. 2017; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander (Hrsg.), German Takeover Law – A Commentary, 2002; Baums/ Thoma/Verse (Hrsg.), WpÜG, Loseblatt-Kommentar, 11. Lfg., Stand: August 2016; von Bülow/Hirte (Hrsg.), Kölner Kommentar zum WpÜG, 2. Aufl. 2010; Ehricke/Ekkenga/Oechsler, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2003; Haarmann/Schüppen (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zum WpÜG, 3. Aufl. 2008; Heidel (Hrsg.), Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2014; Goette/Habersack (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 6 (mit WpÜG-Kommentierung), 4. Aufl. 2017; Schäfer/Hamann (Hrsg.), Kapitalmarktgesetze, Loseblatt-Kommentar, 7. Lfg., Stand: Januar 2013, Schwark/Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010; Steinmeyer, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 4. Aufl. 2019. III. Handbücher und Monographien: Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, 2002; Bartelt, § 23 WpÜG – Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots, 2003; Barthel, Die Beschwerde gegen aufsichtsrechtliche Verfügungen nach dem WpÜG, 2004; Beckmann/Kersting/Mielke, Das neue Übernahmerecht, 2003; Bimberg, Unternehmensübernahmen und Erwerbsangebote in Deutschland – Eine empirische Analyse, 2009; Blättchen/Wegen, Übernahmen börsennotierter Unternehmen, 2003; Bröcker/Weisner, Übernahmeangebote – Praktikerhinweise und Empfehlungen für Bieter und Zielgesellschaften sowie ihre Berater, 2003; Etz-
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Einl. Einleitung bach, Die Regelung öffentlicher Übernahmeangebote – Unter besonderer Berücksichtigung der vorgeschlagenen 13. EU-Richtlinie zu Übernahmeangeboten und des Übernahmekodex, 2002; Fleischer/Kalss, Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002; Hens, Vorstandspflichten bei feindlichen Übernahmeangeboten, 2004; Hirte (Hrsg.), Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Gesetzestexte, Quellen, Materialien, 2002; Hopt, Europäisches Übernahmerecht – Eine rechtsvergleichende, rechtsdogmatische und rechtspolitische Untersuchung, 2013; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen in Übernahmeauseinandersetzungen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2005; Jünemann, Die angemessene Gegenleistung nach § 31 Abs. 1 WpÜG im Lichte des Verfassungsrechts, 2008; Kämmerer/Veil (Hrsg.), Übernahme- und Kapitalmarktrecht in der Reformdiskussion, 2013; Kiesewetter, Internationales Übernahmerecht, 2006; Koch R., Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien, 2006; Kubalek, Die Stellungnahme der Zielgesellschaft zu öffentlichen Angeboten nach dem WpÜG, 2006; Mai, Aktionärsschutz und Minderheitenschutz bei der Abwehr unkoordinierter Übernahmen börsennotierter Aktiengesellschaften, 2004; Mühle, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – im Schnittfeld zwischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht unter besonderer Berücksichtigung des ökonomischen Rahmenbezugs, 2002; Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG: Entwicklungsstand – Praktische Erfahrungen – Reformbedarf – Perspektiven, ZHR-Beiheft 76, 2011; Müller-Stewens/Kunisch/Binder (Hrsg.), Mergers & Acquisitions, 2. Aufl. 2016; Nörr/Stiefenhofer, Takeover Law in Germany – A Handbook and Practitioner’s Guide, 2003; von Nussbaum, Die Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft eines Übernahmeangebotes, 2003; Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017; Paul, Die Relevanz des Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetzes (WpÜG) für Verschmelzungen und Spaltungen unter Beteiligung der Zielgesellschaft – Zugleich ein Beitrag zum Schnittbereich von Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht, 2007; Pittroff, Die Zurechnung von Stimmrechten gemäß § 30 WpÜG, 2003; Pötzsch, Das neue Übernahmerecht – Texte, Materialien, Erläuterungen, 2002; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl. 2010; Rasner, Die Pflichten der Zielgesellschaft bei unfreundlichen Übernahmeangeboten nach dem neuen deutschen WpÜG, 2005; Santelmann, Angebotsunterlagenhaftung – Die Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen bei öffentlichen Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten nach § 12 WpÜG im Kontext konkurrierender Anspruchsgrundlagen und im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen, 2003; Schmieder, Verhaltenspflichten des Aufsichtsrats bei Vorliegen eines feindlichen Übernahmeangebots, 2008; Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, 2001 (Bd. 1), 2003 (Bd. 2); Stohlmeier, German Public Takeover Law, 2002; Thaeter/Brandi (Hrsg.), Öffentliche Übernahmen – Recht und Praxis der Übernahme börsennotierter Unternehmen, 2003; Zech, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft in Bezug auf Abwehrmaßnahmen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2003; Zschocke/Schuster, S. (Hrsg.), Bad Homburger Handbuch zum Übernahmerecht, 2003. B. Schrifttum zum deutschen Übernahmerecht vor Erlass des WpÜG: Adams, Höchststimmrechte, Mehrfachstimmrechte und sonstige wundersame Hindernisse auf dem Markt für Unternehmenskontrolle, AG 1990, 63; Assmann, Verhaltensregeln für freiwillige öffentliche Übernahmeangebote – Der Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission, AG 1995, 563; Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer, Übernahmeangebote, ZGR Sonderheft 9, 1990; Baumann, Der neue Verhaltenskodex für Unternehmensübernahmen sorgt für größere Transparenz am Kapitalmarkt, WM 1996, 901; Baums, Vorschlag eines Gesetzes zu öffentlichen Übernahmeangeboten, ZIP 1997, 1310; Baums, Notwendigkeit und Grundzüge einer gesetzlichen Übernahmeregelung, in von Rosen/Seifert (Hrsg.), Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999, S. 165; Benner-Heinacher, Mindeststandards für Übernahmeregeln in Deutschland, DB 1997, 2521; Börsensachverständigenkommission, Standpunkte zur künftigen Regelung von Unternehmensübernahmen, 1999; Busch, Die Notwendigkeit der spezialgesetzlichen Regelung von öffentlichen Übernahmeangeboten in Deutschland, 1996; Daum, Die unkoordinierte Übernahme einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, 1993; Diekmann, Hinweise zur Anwendung des Übernahmekodexes der Börsensachverständigenkommission, WM 1997, 897; Ebenroth/Daum, Die Kompetenzen des Vorstandes einer Aktiengesellschaft bei der Durchführung und Abwehr unkoordinierter Übernahmen, DB 1991, 1105 (Teil I), 1157 (Teil II); Etzbach, Die Regelung öffentlicher Übernahmeangebote – Unter besonderer Berücksichtigung der vorgeschlagenen 13. EU-Richtlinie zu Übernahmeangeboten und des Übernahmekodex, 2002; Frank, Rahmenbedingungen von Unternehmensübernahmen in Deutschland, 1993; Groß, Übernahmekodex für öffentliche Übernahmeangebote: Anerkennung und Rolle des begleitenden Wertpapierdienstleistungsunternehmens, DB 1996, 1909; Hauschka/Roth, Übernahmeangebote und deren Abwehr im deutschen Recht, AG 1988, 181; Hecker, Regulierung von Unternehmensübernahmen und Konzernrecht, 2000; Heile, City Code und Übernahmekodex – eine Rechtsvergleichung, 2001; Herkenroth, Konzernierungsprozesse im Schnittfeld von Konzernrecht und Übernahmerecht, 1994; Hommelhoff, Konzerneingangs-Schutz durch Takeover-Recht?, in FS Semler, 1993, S. 455; Hopt, Präventivmaßnahmen zur Abwehr von Übernahme- und Beteiligungsversuchen, in WM-Festgabe Heinsius, 1991, S. 22; Hopt, Aktionärskreis und Vorstandsneutralität, ZGR 1993, 534; Hopt, Europäisches und deutsches Übernahmerecht, ZHR 161 (1997), 368; Hopt, Auf dem Weg zu einem deutschen Übernahmegesetz, in FS Zöllner, 1998, S. 253; Horn, Internationale Unternehmenszusammenschlüsse, ZIP 2000, 473; Immenga/Noll, Feindliche Übernahmeangebote aus wettbewerbspolitischer Sicht, 1990; Kallmeyer, Zur Diskussion gestellt: Der Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission, AG 1996, 169; Kallmeyer, Die Mängel des Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission, ZHR 161 (1997), 435; Kallmeyer, Pflichtangebote nach dem Übernahmekodex und dem neuen Vorschlag 1997 einer Takeover-Richtlinie, ZIP 1997, 2147; Kirchner, Neutralitäts- und Stillhaltepflicht
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des Vorstands der Zielgesellschaft im Übernahmerecht, AG 1999, 481; Kirchner, Szenarien einer „feindlichen“ Unternehmensübernahme: Alternative rechtliche Regelungen im Anwendungstest, BB 2000, 105; Kirchner/Ehricke, Funktionsdefizite des Übernahmekodex bei der Börsensachverständigenkommission, AG 1998, 105; Klein, Abwehrmöglichkeiten gegen feindliche Übernahmen in Deutschland, NJW 1997, 2085; Knoll, Die Übernahme von Kapitalgesellschaften, 1992; Krause, Das obligatorische Übernahmeangebot. Eine juristische und ökonomische Analyse, 1996; Krause, Zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei Übernahmeangeboten und Beteiligungserwerb, WM 1996, 845 (Teil I), 893 (Teil II); Krause, Zur „Pool- und Frontenbildung“ im Übernahmekampf und zur Organzuständigkeit für Abwehrmaßnahmen gegen „feindliche“ Übernahmeangebote, AG 2000, 217; Kreutzer (Hrsg.), Öffentliche Übernahmeangebote, 1992; Letzel, Das Pflichtangebot nach dem Übernahmekodex – mit Vorausschau auf das Pflichtangebot nach dem ÜbG, NZG 2001, 260; Loehr, Der neue Verhaltenkodex für Unternehmensübernahmen in der praktischen Umsetzung – Eine Zwischenbilanz, WM 1997, 1374; Loehr, Der freiwillige Übernahmekodex, in von Rosen/Seifert (Hrsg.), Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999, S. 149; Merkt, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, ZHR 165 (2001), 224; Mertens, Förderung von, Schutz vor, Zwang zu Übernahmeangeboten?, AG 1990, 252; Michalski, Abwehrmechanismen gegen unfreundliche Übernahmeangebote („unfriendly takeovers“) nach deutschem Aktienrecht, AG 1997, 152; Neye, Der neue Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission, ZIP 1995, 1464; Otto, Übernahmeversuche bei Aktiengesellschaften und Strategien der Abwehr, DB-Beil. 12/1988; Paefgen, Alle Macht dem Management, AG 1991, 41; Peltzer, Hostile Takeovers in der Bundesrepublik Deutschland?, ZIP 1989, 69; Pietzke, Das zwingende Übernahmeangebot bei Erwerb einer Kontrollmehrheit, in FS Fikentscher, 1998, S. 601; Reul, Die Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei privaten Kontrolltransaktionen – eine juristische und ökonomische Analyse, 1991; Riehmer/Schröder, Praktische Aspekte bei der Planung, Durchführung und Abwicklung eines Übernahmeangebots, BB-Beil. 5/2001; Röhricht, Feindliche Übernahmeangebote, 1992; von Rosen/Seifert (Hrsg.), Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999; Schander, Abwehrstrategien gegen feindliche Übernahmen und ihre Zulässigkeit im Lichte der Aktienrechtsreform, BB 1997, 1801; Schander, Selbstregulierung versus Kodifizierung – Versuch einer Standortbestimmung des deutschen Übernahmerechts, NZG 1998, 799; Schander, Der Rückkauf eigener Aktien nach KonTraG und Einsatzpotenziale bei Übernahmetransaktionen, ZIP 1998, 2087; Schander/Posten, Zu den Organpflichten bei Unternehmensübernahmen, ZIP 1997, 1534; Schanz, Feindliche Übernahmen und Strategien der Verteidigung, NZG 2000, 337; Schilling, Takeover, Treupflicht & Shareholder Value, BB 1997, 1909; Schuster, G., Der neue Vorschlag für eine EG-Takeover-Richtlinie und seine Auswirkungen auf den Übernahmekodex, EuZW 1997, 237; Schuster, S./Zschocke, Übernahmerecht/Takeover Law, 1996; Thoma, Der neue Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission, ZIP 1996, 1725; Thümmel, Haftungsrisiken von Vorständen und Aufsichtsräten bei der Abwehr von Übernahmeversuchen, DB 2000, 461; Übernahmekommission, Anmerkungen zum Übernahmekodex, 1996; Übernahmekommission, Drei Jahre Übernahmekodex, 1999; Weisgerber, Der Übernahmekodex in der Praxis, ZHR 161 (1997), 421; Werner, Probleme „feindlicher“ Übernahmeangebote im Aktienrecht, 1989; Wirth/ Weiler, Änderung des Übernahmekodex ab 1.1.1998: Das erweiterte Pflichtangebot, DB 1998, 117. Witt, Übernahmen von Aktiengesellschaften und Transparenz der Beteiligungsverhältnisse, 1998; Wolf, Konzerneingangsschutz bei Übernahmeangeboten, AG 1998, 212. C. Schrifttum zur europäischen Übernahmerichtlinie und zu deren Umsetzung in deutsches Recht: Arnold, Entschädigung von Mehrstimmrechten bei Übernahmen, BB 2003, 267; Arnold, Mehrstimmrechte und stimmrechtslose Vorzugsaktien in der Übernahmerichtlinie, Der Konzern 2003, 173; Arnold, Die neue konzernweite Stimmrechtszurechnung gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr 1 WpÜG – eine neue Dimension der Zurechnung im Konzern, AG 2006, 567; Austmann/Mennicke, Übernahmerechtlicher Squeeze-out und Sell-out, NZG 2004, 846; Basaldua, Der Vorschlag für eine 13. Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über öffentliche Übernahmeangebote, in Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer (Hrsg.), Übernahmeangebote, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 157; Baums, Übernahmeregeln in der Europäischen Gemeinschaft, ZIP 1989, 1376; Baums/Cahn (Hrsg.), Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie in Europa, 2006; Beckmann, Der Richtlinienvorschlag betreffend Übernahmeangebote auf dem Weg zu einer europäischen Rechtsangleichung, DB 1995, 2407; Behrens, Rechtspolitische Grundsatzfragen zu einer Europäischen Regelung für Übernahmeangebote, ZGR 1975, 433; Berger, Unternehmensübernahmen in Europa. Der geänderte Vorschlag für eine EG-Takeover-Richtlinie im Vergleich mit nationalen Übernahmeregelungen, ZIP 1991, 1644; Bess, Eine europäische Regelung für Übernahmeangebote. Kritische Bemerkungen zum Entwurf eines Richtlinienvorschlags über „Übernahmeangebote und andere Angebote“, AG 1976, 169 (Teil I), 206 (Teil II); Böckli/Davies/Ferran/Ferrarini/Garcia/Hopt/Pietrancosta/Pistor/Skog/Soltysinski/Winter/Wymeersch, Response to the European Commission’s Report on the Application on the Takeover Bids Directive, Cambridge Legal Studies Research Paper 5/2014, Januar 2014; Brüls, Minderheitenschutz nach der TakeOver-Richtlinie, RIW 2000, 889; Buck, Übernahmeangebote – Probleme des aktuellen Richtlinienvorschlages der EG, in Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler 1997, S. 157; Clarke, The Takeover Directive – A Meaningful Contribution to Stakeholders Rights in Europe?, ICCLR 2013, 80; Dauner-Lieb, Das Tauziehen um die Übernahmerichtlinie – eine Momentaufnahme, DStR 2003, 555; Dauner-Lieb/Lamandini, Der neue Kommissionsvorschlag einer EU-Übernahmerichtlinie – Stellungnahme der Gutachter des EU-Parlaments, BB 2003, 265; Dauner-Lieb/Lamandini, Der neue Kommissionsvorschlag einer Übernahmerichtlinie und das Europäische Parlament, Der Konzern 2003, 168; Deutscher Anwaltverein – Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Diskussionsentwurf eines
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Einl. Einleitung Gesetzes zur Umsetzung der Übernahmerichtlinie, NZG 2006, 217; Diekmann, Änderungen im Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz anlässlich der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht, NJW 2007, 17; Dimke/Heiser, Neutralitätspflicht, Übernahmegesetz und Richtlinienvorschlag 2000; NZG 2001, 241; Doralt/Nowotny/Schauer (Hrsg.), Takeover-Recht. Rechtsvergleichende Berichte, Entwurf der 13. EG-Richtlinie 1996 und österreichischer Ministerialentwurf 1997, 1997; Edwards, The Directive on Takeover Bids – Not Worth the Paper It’s Written on?, ECFR 2004, 416; Enriques, The Mandatory Bid Rule in the Take-over Directive: Harmonization Without Foundation?, ECFR 2004, 440; Etzbach, Die Regelung öffentlicher Übernahmeangebote – Unter besonderer Berücksichtigung der vorgeschlagenen 13. EU-Richtlinie zu Übernahmeangeboten und des Übernahmekodex, 2002; Friedl, Die Stellung des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft bei Abgabe eines Übernahmeangebots nach neuem Übernahmerecht unter Berücksichtigung des Regierungsentwurfs zum Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, NZG 2006, 422; Fuchs, Die Implementierung der 13. (Übernahme-)Richtlinie: Umsetzungspflichten und Umsetzungsoptionen aus der Sicht des deutschen Rechts, in Baums/Cahn (Hrsg.), Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie in Europa, 2006, S. 110; Glade/Haak/Hellich, Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht, Der Konzern, 2004, 455 (Teil I), 515 (Teil II); Grundmann, Die rechtliche Verfassung des Marktes für Unternehmenskontrolle nach Verabschiedung der Übernahmerichtlinie, NZG 2005, 122; Grunewald, Was bringt der Vorschlag einer 13. EG-Richtlinie über Übernahmeangebote für das deutsche Recht?, WM 1989, 1233; Grunewald, Der geänderte Vorschlag einer 13. 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WpÜG, Der Konzern 2006, 653; von Hein, Grundfragen des europäischen Übernahmekollisionsrechts, AG 2001, 213; Hirte, The Takeover Directive – a Mini-Directive on the Structure of the Corporation: Is it a Trojan Horse?, ECFR 2005, 1; Holzborn/Peschke, Europäische Neutralitätspflicht und Übernahme Squeeze-Out – Die Implementierung der Übernahmerichtlinie im WpÜG, BKR 2007, 101; Hommelhoff, Konzerneingangs-Schutz durch Takeover-Recht?, in FS Semler, 1993, S. 455; Hommelhoff/Kleindiek, Takeover-Richtlinie und europäisches Konzernrecht, AG 1990, 106; Hopt, Übernahmeangebote im europäischen Recht, in FS Rittner, 1991, S. 187; Hopt, European Takeover Regulation: Barriers to and Problems of Harmonizing Takeover Law in the European Community, in Hopt/Wymeersch (Hrsg.), European Takeovers – Law and Practice, 1992, S. 165; Hopt, Europäisches und deutsches Übernahmerecht, ZHR 161 (1997), 368; Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz, in FS Zöllner, 1998, S. 253; Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz – Gemeinsamer Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie und Diskussionsentwurf des Übernahmegesetzes –, in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Hopt, Zum Hintergrund der 13. Richtlinie über Übernahmeangebote und zur Lage und Diskussion in Deutschland, in Kramer/Schumacher (Hrsg.), Beiträge zum Unternehmensrecht, 2001, S. 62; Hopt, Feindliche Übernahmen, Protektionismus, One share one vote?, EuZW 2007, 257; Hopt/Mülbert/Kumpan, Reformbedarf im Übernahmerecht, AG 2005, 109; Josenhans, Das neue Übernahmekollisionsrecht, ZBB 2006, 269; Kallmeyer, Pflichtangebote nach dem Übernahmekodex und dem neuen Vorschlag 1997 einer Takeover-Richtlinie, ZIP 1997, 2147; Kallmeyer, Zum neuen Kommissionsvorschlag für eine Übernahmerichtlinie, DB 2002, 2695; van Kann/Just, Der Regierungsentwurf zur Umsetzung der europäischen Übernahmerichtlinie, DStR 2006, 328; Kersting, Die Reziprozitätsregel im europäischen Übernahmerecht und ihre Anwendung auf Gesellschaften aus Drittstaaten, EuZW 2007, 528, Kiesewetter, Der Sitz der Zielgesellschaft als Anknüpfungspunkt für die Anwendung des WpÜG n.F., RIW 2006, 518; Kiesewetter, Internationales Übernahmerecht, 2006; Kindler/Horstmann, Die EU-Übernahmerichtlinie – Ein „europäischer“ Kompromiss, DStR 2004, 866; Knott, Freiheit, die ich meine: Abwehr von Übernahmeangeboten nach Umsetzung der EU-Richtlinie, NZG 2006, 849; Körner, Die Neuregelung der Übernahmekontrolle nach deutschem und europäischem Recht – insbesondere zur Neutralitätspflicht des Vorstandes, DB 2001, 367; Krause, Der revidierte Vorschlag einer TakeoverRichtlinie (1996), AG 1996, 209; Krause, Die geplante Takeover-Richtlinie der Europäischen Union mit Ausblick auf das geplante deutsche Übernahmegesetz, NZG 2000, 905; Krause, Von „goldenen Aktien“, dem VW-Gesetz und der Übernahmerichtlinie, NJW 2002, 2747; Krause, Das deutsche Übernahmegesetz vor dem Hintergrund der EURichtlinie, ZGR 2002, 500; Krause, Der Kommissionsvorschlag für die Revitalisierung der EU-Übernahmerichtlinie, BB 2002, 2341; Krause, Die EU-Übernahmerichtlinie – Anpassungsbedarf im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2004, 113; Lanfermann/Maul, EU-Übernahmerichtlinie: Aufstellung und Prüfung des Lageberichts, BB 2004, 1517; Lehne, Die 13. Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote – gescheitert, aber dennoch richtungsweisend für das künftige Europäische Übernahmerecht, in Hirte (Hrsg.), WpÜG, 2002, S. 33; Lehne/Haak, Das Ringen um die Übernahmerichtlinie aus der Sicht des Europäischen Parlaments, Der Konzern 2003, 163; Liekefett, Die EU-Übernahmerichtlinie aus ökonomischer Perspektive, RIW 2004, 824; Loritz/Wagner, Das „Zwangsübernahmeangebot“ der EG-Takeover-Richtlinie aus verfassungsrechtlicher Sicht, WM 1991, 709; Lyner/Parmentier, Vermögensverwaltung, Übernahmerecht im Gefolge der EU-Übernahmerichtlinie (Bericht über den Bankrechtstag am 23.6.2006 in Zürich), WM 2006, 1470; Maul, Die EU-Übernahmerichtlinie – ausgewählte Fragen, NZG 2005, 151; Maul/Muffat-Jeandet, Die EU-Übernahmerichtlinie – Inhalt und Umsetzung
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Einleitung
Einl.
in nationales Recht, AG 2004, 221 (Teil I), 306 (Teil II); Mayer, Der neue Vorschlag einer Takeover-Richtlinie – Überlegungen zur Umsetzung in das nationale Recht, ZIP 1997, 2141; Meister, Zur Umsetzung der europäischen Übernahmerichtlinie in das deutsche Übernahmerecht, in Kohler/Obermüller/Wiltig (Hrsg.), Kapitalmarkt – Recht und Praxis, Gedächtnisschrift Bosch, 2006, S. 117; Merkt/Binder, Änderungen im Übernahmerecht nach Umsetzung der EG-Übernahmerichtlinie: Das deutsche Umsetzungsgesetz und verbleibende Problemfelder, BB 2006, 1285; Mertens, Förderung von, Schutz vor, Zwang zu Übernahmeangeboten?, AG 1990, 252; Meyer, Änderungen im WpÜG durch die Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie, WM 2006, 1135; Monti, Vorschlag für eine Richtlinie über Übernahmeangebote, in von Rosen/Seifert (Hrsg.), Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999, S. 15; Mülbert, Die Zielgesellschaft im Vorschlag 1997 einer Takeover-Richtlinie – zwei folgenreiche Eingriffe ins deutsche Aktienrecht, IStR 1999, 83; Mülbert, Umsetzungsfragen der Übernahmerichtlinie – ein erheblicher Änderungsbedarf bei den heutigen Vorschriften des WpÜG, NZG 2004, 633; Nelle, Stimmrechtszurechnung und Pflichtangebot nach Umsetzung der Übernahmerichtlinie, ZIP 2006, 2057; Neye, Der neue Vorschlag der Kommission für eine dreizehnte Richtlinie über Übernahmeangebote, DB 1996, 1121; Neye, Der Vorschlag 1997 einer Takeover-Richtlinie, ZIP 1997, 2172; Neye, Der gemeinsame Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Übernahmerecht, AG 2000, 289; Neye, Die EUÜbernahmerichtlinie auf der Zielgeraden, ZIP 2001, 1120; Neye, Der Vorschlag 2002 einer Takeover-Richtlinie, NZG 2002, 1144; Niessen, Zur Regelung der öffentlichen Übernahmeangebote durch die Europäische Gemeinschaft, in Kreuzer (Hrsg.), Öffentliche Übernahmeangebote, 1992, S. 35; Peglow, Die EU-Übernahmerichtlinie, GPR 2006, 37; Peltzer, Übernahmeangebote nach künftigem Europa-Recht und dessen Umsetzung in deutsches Recht, in Assmann/Basaldua/Bozenhardt/Peltzer (Hrsg.), Übernahmeangebote, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 179; Peltzer, Der Kommissionsentwurf für eine 13. Richtlinie über Übernahmeangebote vom 7.2.1996, AG 1997, 145; Pötzsch/Möller, Das künftige Übernahmerecht, WM-Sonderbeil. 2/2000; Richter, Chancen für eine Übernahmeregelung in Europa: Das künftige Gemeinschaftsrecht im Vergleich mit dem britischen „City Code on Takeovers and Mergers“, 1997; Röhrich, Gleichbehandlungspflicht bei Kontrollakquisitionen: Eine Analyse der dreizehnten EG-Richtlinie aus ökonomischer Sicht, RIW 1993, 93; Roos, Der neue Vorschlag für eine EG-Übernahme-Richtlinie, WM 1996, 2177; Rühland, Der übernahmerechtliche Squeeze-out im Regierungsentwurf des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes, NZG 2006, 401; Sandberger, Teilübernahmeangebote und Zwangsübernahmeangebote im Europäischen Take-overRecht, DZWIR 1993, 319; Sassenrath, Entwicklung und Reform des Europäischen Übernahmerechts, in Reimer u.a. 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Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, BB 1989, 1489; Tröger, Deutsches und europäisches Übernahmerecht, in Dörner/Menold/ Pfitzer/Oser (Hrsg.), Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Prüfung, 2. Aufl. 2003, S. 135; Weber, Der Geänderte Vorschlag der Kommission für eine Takeover-Richtlinie vom 10.11.1997, EuZW 1998, 464; Wiesner, Europäisches Unternehmensrecht, ZIP 2000, 1792; Wiesner, Protektionismus oder Marktöffnung? – Zur Übernahmerichtlinie zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab, ZIP 2002, 208; Wiesner, Binnenmarkt und Wettbewerb bleiben auf der Strecke – zum Kommissionsvorschlag für eine neue Übernahmerichtlinie, ZIP 2002, 1967; Wiesner, Die neue Übernahmerichtlinie und die Folgen, ZIP 2004, 343; Witt, Der neue Vorschlag für eine EG-Richtlinie über Übernahmeangebote, EWS 1998, 318; Wolf, Konzerneingangsschutz bei Übernahmeangeboten, AG 1998, 212; Zinser, Der geänderte Vorschlag einer Takeover-Richtlinie vom 10.11.1997, EWS 1999, 133; Zinser, Entwicklungen zu einem europäischen Übernahmerecht, ZRP 2003, 78; Zinser, Ein neuer Anlauf: der jüngste Vorschlag einer Übernahmerichtline vom 2.10.2002, EuZW 2003, 10. D. Schrifttum zum ausländischen Recht und rechtsvergleichendes Schrifttum: Albrecht, Das Übernahmerecht des U. S.-amerikanischen Williams Act, 2008; Baum, Der Markt für Unternehmen und die Regelung von öffentlichen Übernahmeangeboten in Japan, AG 1996, 399; Baum, Aktienbezogene Erwerbsrechte und Übernahmerecht in rechtsvergleichender Sicht, in Basedow/Drobnig/Ellger/Hopt/Kötz/Kulms/Mestmäcker (Hrsg.), Aufbruch nach Europa – 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht, 2001, S. 229; Baum, „Öffentlichkeit“ eines Erwerbsangebots als Anwendungsvoraussetzung des Übernahmerechts – Eine rechtsvergleichende Analyse, AG 2003, 144; Baums/ Cahn (Hrsg.), Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie in Europa, 2006; Beckmann, Übernahmeangebote in Europa, 1995; Berger, Unternehmensübernahmen in Europa, ZIP 1991, 1644; Breinl, Das öffentliche Übernahmeangebot im Kapitalmarktrecht der Schweiz: Modell für Österreich?, 1997; Diemer/Hasselbach, Öffentliche Übernahmeangebote in Italien, NZG 2000, 824; Diregger/Winner, Deutsches und österreichisches Übernahmerecht aus Anlegersicht, WM 2002, 1583; Doralt, Übernahme, Verschmelzung, Konzern und der City Code, GesZR 2000, 197; Doralt/Nowotny/Schauer (Hrsg.), Takeover-Recht. Rechtsvergleichende Berichte, Entwurf der 13. EG-Richtlinie 1996 und österreichischer Ministerialentwurf 1997, 1997; Foerster/Dejmek, Die neuesten Entwicklungen des schwe-
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Einl. Einleitung dischen Aktien- und Übernahmerechts in einer nationalen und europäischen Perspektive, ZvglRWiss 2002, 309; Gampenrieder/Behrendt, Unternehmensübernahmen in der Energiewirtschaft in Deutschland, Österreich und Italien – eine rechtsvergleichende Perspektive, VersorgW 2003, 53; Gilson/Black, The Law and Finance of Corporate Acquisitions, 2. Aufl. 1995; Goette/Habersack (Hrsg.; für die Hinweise zur Rechtslage in Österreich unter Mitwirkung von Kalss), Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 6 (mit Kommentierung des österreichischen Übernahmerechts), 3. Aufl. 2011; Gordon, Das neue deutsche „Anti“-Übernahmegesetz aus amerikanischer Perspektive, AG 2002, 670; Heinle, City Code und Übernahmekodex – eine Rechtsvergleichung, 2001; Helmis, Regulierung von Unternehmensübernahmen in den USA, RIW 2001, 825; Herkenroth, Konzernierungsprozesse im Schnittfeld von Konzernrecht und Übernahmerecht, 1994; Hommelhoff/Hopt/Lutter (Hrsg.), Konzernrecht und Kapitalmarktrecht, 2001; Hopt, Europäisches Übernahmerecht – Eine rechtsvergleichende, rechtsdogmatische und rechtspolitische Untersuchung, 2013; Hopt, Feindliche Übernahmen, Protektionismus, One share one vote?, EuZW 2007, 257; Hopt/ Wymeersch (Hrsg.), European Takeovers – Law and Practice, 1992; Immenga, Öffentliche Übernahmeangebote (Take over bids). Eine rechtsvergleichende Untersuchung der Regelungsprobleme, SAG 1975, 89; Karollus/Geist, Das österreichische Übernahmegesetz – (k)ein Papiertiger?! – eine Fallstudie, NZG 2000, 1145; Klein/Stucki, Öffentliches Übernahmeangebot (OPA/OPE) in Frankreich, RIW 2001, 488; Knoll, Die Übernahme von Kapitalgesellschaften. Unter besonderer Berücksichtigung des Schutzes von Minderheitsaktionären nach amerikanischem, englischem und deutschem Recht, 1992; Kreuzer (Hrsg.), Öffentliche Übernahmeangebote, 1992; Malevannyy, Unternehmensübernahmen – eine rechtsvergleichende Untersuchung des deutschen und russischen Rechts und der EU-Übernahmerichtlinie, 2010; Maul/Muffat-Jeandet/Simon (Hrsg.), Takeover bids in Europe, 2008; Meier-Schatz, Die neue Börsenrechtsordnung der Schweiz – Ein Überblick, ZBB 1997, 325; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 1992; Merkt, „Creeping in“ aus internationaler Sicht, NZG 2011, 561; Nobel, Das Schweizerische Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG), WM 1996, 100; Nobel/Drenckhan, Ein deutscher und europäischer Blick auf Unternehmensübernahmen in der Schweiz, WM 2006, 1129; Nyström/Ohlsson/Sjöman/Skog, The Swedish Takeover Code: an annotated commentary, 2017; Richter, Chancen für eine Übernahmeregelung in Europa: Das künftige Gemeinschaftsrecht im Vergleich mit dem britischen „City Code on Takeovers and Mergers“, 1997; Rojo, Das öffentliche Übernahmeangebot im spanischen Recht, AG 1994, 16; von Rosen/Seifert (Hrsg.), Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999; Roth/Zinser, Österreichisches Übernahmegesetz vom 1.1.1999: Musterregelung für das deutsche Recht?, EWS 2000, 233; von Rüden, Das französische Übernahmerecht – System, Praxis und Anregungen für Deutschland, 2005; Santelmann, Angebotsunterlagenhaftung – Die Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen bei öffentlichen Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten nach § 12 WpÜG im Kontext konkurrierender Anspruchsgrundlagen und im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen, 2003; Scamuffa, Öffentliche Übernahmeangebote – eine rechtsvergleichende Untersuchung des deutschen und italienischen Übernahmerechts vor dem Hintergrund der europäischen Übernahmerichtlinie, 2009; Schäfer/Eichner, Abwehrmöglichkeiten des Vorstands von börsennotierten Aktiengesellschaften bei feindlichen Übernahmeversuchen – ein Rechtsvergleich zwischen Deutschland und den USA, NZG 2003, 150; Schöpperle, Disharmonien zwischen deutschem und französischem Wertpapiererwerbs- und Übernahmerecht, 2008; Schmid, Öffentliche Übernahmeangebote in Italien, AG 1999, 402; Schmidt, Anlegerschutz und die rechtliche Regelung von Übernahmeangeboten, in E. Boettcher u.a. (Hrsg.), Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie, Bd. 6, 1987, S. 180; Schoen, The French Stock Exchange, 1995; Strotmann, Feindliche Unternehmensübernahmen in den USA, 1994; Wagner, Standstill Agreements bei feindlichen Übernahmen nach US-amerikanischem und deutschem Recht, 1999; Weimar/Breuer, International verwendete Strategien der Abwehr feindlicher Übernahmeversuche im Spiegel des deutschen Aktienrechts, BB 1991, 2309; Winner, Die Zielgesellschaft in der freundlichen Übernahme, 2002; Wymeersch, Übernahmeangebote und Pflichtangebote, ZGR 2002, 520; Zinser, Unternehmensübernahmen in Europa und den USA, RIW 1999, 844; Zinser, Übernahmeangebote (takeover bids) im englischen und deutschen Recht, 2000; Zinser, Pflichtangebotsregelungen in europäischen Staaten, NZG 2000, 573; Zinser, Der britische City Code on Takeovers and Mergers in der Fassung vom 9.3.2001, RIW 2001, 481; Zwissler, Übernahmerecht in Österreich, AG 1999, 411. E. Schrifttum zur ökonomischen Analyse: Bebchuk, Toward Undistorted Choice and Equal Treatment in Corporate Takeovers, 98 Harvard Law Review, 1985, S. 1693; Black, The First International Merger Wave (and the Fifth and Last U.S. Wave), 54 University of Miami Law Review, 2000, S. 799; Coffee/Lowenstein/Rose-Ackermann (Hrsg.), Knights, Raiders and Targets. 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The Impact of the Hostile Takeover, 1988, S. 314; Jensen, Takeovers: Their Causes and Consequences, 2 Journal of Economic Perspectives, 1988, S. 21; Koch, R., Unzulänglichkeiten im Übernahmerecht? Das Verhinderungsverbot aus institutionenökonomischer Perspektive, WM 2010, 1155; Krause, Das obligatorische
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Rz. 4 Einl.
Übernahmeangebot, 1996; Lehn/Poulsen, Free Cash Flow and Stockholder Gains in Going Private Transactions, 44 Journal of Finance, 1989, S. 771; Liekefett, Die EU-Übernahmerichtlinie aus ökonomischer Perspektive, RIW 2004, 824; Liekefett, Das Übernahmegesetz (WpÜG) aus ökonomischer Perspektive, in Birk/Pöllath/Saenger (Hrsg.), Forum Unternehmenskauf, 2004, S. 21; Loss/Seligman, Securities Regulation, 3rd ed., Supplement 2001; Manne, Mergers and the Market for Corporate Control, 73 Journal of Political Economy, 1965, S. 110; Mühle, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002; Mülbert/Birke, Das übernahmerechtliche Behinderungsverbot – Die angemessene Rolle der Verwaltung einer Zielgesellschaft in einer feindlichen Übernahme, WM 2001, 705; Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Übernahmerechts, 1993; Reul, Die Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei privaten Kontrolltransaktionen – eine juristische und ökonomische Analyse, 1991; Röhrich, Gleichbehandlungspflicht bei Kontrollakquisitionen: Eine Analyse der dreizehnten EG-Richtlinie aus ökonomischer Sicht, RIW 1993, 93; Romano, A Guide to Takeovers: Theory, Evidence and Regulation, in Hopt/Wymeersch (Hrsg.), European Takeovers – Law and Practice, 1992, S. 3; Rühland, Das „Level Playing Field“ im europäischen Übernahmerecht – eine ökonomische Analyse der Durchbruchsregel (Art. 11 ÜRL-E), NZG 2003, 1150; Schwartze, Europäische Regelungen für Unternehmensübernahmen – eine kapitalmarktorientierte Betrachtung, in Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Übernahmerechts, 1993, S. 264; Semler in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Bd. 1, 2001, § 1; Stein, Takeover Threats and Managerial Myopia, 96 Journal of Political Economy, 1988, S. 61.
A. Wirtschaftlicher Hintergrund und systematische Einordnung des WpÜG Die Finanzmärkte sind unübersehbar einem anhaltenden tief greifenden Strukturwandel unterworfen1. Mitursächlich hierfür sind die technologischen Veränderungen, insbesondere im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie. Märkte wachsen zusammen; nationale Grenzen spielen eine immer geringere Rolle bei der wirtschaftlichen Betätigung von Unternehmen. In Europa ist mit der Wirtschafts- und Währungsunion und der Einführung des Euro ein weiterer Faktor hinzugetreten.
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In Deutschland wird diese Entwicklung darüber hinaus durch eine wachsende Markttiefe des nationa- 2 len Kapitalmarkts begünstigt2. Steht dem Börsenhandel ein bedeutender Teil des gezeichneten Kapitals zur Verfügung, ist es für einen potentiellen Übernehmer leichter, Beteiligungen an einem Unternehmen aufzubauen. Medienwirksame Fälle wie die Übernahme der Mannesmann AG durch die britische Vodafone AirTouch plc im Winter 1999/2000 oder der Hochtief AG durch die spanische ACS, Actividades de Construcción y Servicios, S.A., im Winter 2010/2011 haben diese Entwicklung auch der breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt. Fusionen und Übernahmen haben für die betroffenen Unternehmen, Aktionäre und Arbeitnehmer so- 3 wie für die Wirtschaftsregionen regelmäßig erhebliche Folgen. Einer erfolgreichen Übernahme folgen häufig Umstrukturierungen beim übernommenen Unternehmen mit weit reichenden Konsequenzen für das Management, die Arbeitnehmer und die Aktionäre, insbesondere im Hinblick auf die geschäftspolitische Ausrichtung des Unternehmens und die Werthaltigkeit der Unternehmensanteile. Vor diesem Hintergrund sind allgemein anerkannte und praktikable Rahmenbedingungen für Unternehmensübernahmen, aber auch für andere öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, unerlässlich. In Deutschland ist ein solcher Rechtsrahmen mit dem Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20.12.20013, des1 Empirische Untersuchungen z.B. bei Black, 54 University of Miami Law Review, 2000, S. 799; siehe ferner Bericht der Hochrangigen Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über die Abwicklung von Übernahmeangeboten vom 10.1.2002, Anhang 5, S. 88 ff. (im Internet abrufbar unter http://ec.europa.eu/internal_ market/company/docs/takeoverbids/2002-01-hlg-report_de.pdf); Europäische Kommission, Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen, Europäische Wirtschaft Beiheft A „Wirtschaftsanalysen Nr. 2 – Februar 1999 – Fusionen und Übernahmen“; instruktiver Überblick über frühere Untersuchungen bei Romano in Hopt/Wymeersch, European Takeovers, S. 3 ff. Zum deutschen M&A-Markt siehe M&A-Review 2/2011, 49 (Jahresrückblick 2010), 2/2010, 53 (Jahresrückblick 2009), 2/2009, 47 (Jahresrückblick 2008). Speziell zu internationalen Akquisitionen im Zeitraum Januar 2004 bis September 2006 siehe M&A Review 1/2007, S. 14. 2 Angaben zu Übernahmen in Deutschland seit Inkrafttreten des WpÜG am 1.1.2002 finden sich auf der Website der BaFin (www.bafin.de) und in den dort auch verfügbaren Jahresberichten der BaFin seit 2002 (näher unten Rz. 91); Angaben zu Angebotsverfahren nach dem Übernahmekodex in den Jahren 1995 bis 2001 in Bad Homburger Hdb. Übernahmerecht, Anhang 3. 3 BGBl. I 2001, 3822.
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Einl. Rz. 4 Einleitung sen Herzstück das seit 1.1.2002 geltende Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) bildet, geschaffen worden.
I. Wirtschaftlicher Hintergrund 5
In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die ökonomische Analyse des Übernahmerechts seit Jahrzehnten fester Bestandteil der wissenschaftlichen Diskussion4. Demgegenüber wird diese Diskussion in Deutschland erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit geführt5; hierbei wird stark auf die amerikanischen Ansätze zurückgegriffen. Im Wesentlichen lassen sich folgende Hauptrichtungen unterscheiden6:
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Nach dem von Manne7 begründeten und insbesondere von Easterbrook und Fischel8 und anderen Vertretern der Chicago School of Law and Economics9 weiterentwickelten Konzept besteht ein Markt für Unternehmenskontrolle. Grundprämisse dieses Konzepts ist die Annahme, dass die Effizienz des Managements und der Unternehmenserfolg in den Aktienkursen eines Unternehmens reflektiert wird. Danach signalisiert ein unterdurchschnittlicher Börsenkurs eine ineffiziente Unternehmensleitung. Dies lockt – so die Vertreter dieses Konzepts – leistungsfähigere Management-Teams an, die den Aktionären ein Übernahmeangebot unterbreiten, das alte Management-Team ersetzen und an den Kurssteigerungen der übernommenen Aktien verdienen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise gegenüber einer Fusion liegt darin, dass eine Zustimmung des abzulösenden Management-Teams oder eine Zusammenarbeit mit diesem nicht erforderlich ist10. Gegen dieses Konzept einer Disziplinierung des Managements durch den Markt wird allerdings eingewandt, ein Zusammenhang zwischen Ineffizienz des Managements und Börsenwert des Unternehmens sei empirisch nicht hinreichend nachgewiesen, da häufig auch rentable Unternehmen Ziel von Übernahmen würden – was den Tatsachen entspricht11. Zudem sei auch nicht plausibel, warum Außenstehende zuerst von der ineffektiven Verwendung der Unternehmensressourcen erfahren; nahe liegender sei es, dass non executive directors bzw. Aufsichtsräte bereits vor einem Übernahmeangebot intervenieren12.
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Eine Weiterentwicklung der vorgenannten Ansicht, die sich jedoch auch dem Kreis der sog. ManagerTheorien zuordnen lässt, stellt die von Jensen13 begründete „free cash flow“-Theorie dar. Ziel von Übernahmen werden danach auch erfolgreiche Unternehmen, die über überschüssige liquide Mittel 4 Aus der umfangreichen amerikanischen Literatur: Manne, 73 Journal of Political Economy, 1965, S. 110 ff.; Easterbrook/Fischel, 91 Yale Law Journal, 1982, S. 698 ff.; Bebchuk, 98 Harvard Law Review, 1985, S. 1693 ff.; Gilson, The Law and Finance of Corporate Acquisitions, 1986, S. 441 ff.; Hermann/Lowenstein in Coffee/Lowenstein/Rose-Ackermann, Knights, Raiders & Targets, S. 211 ff.; Stein, 96 Journal of Political Economy, 1988, S. 61 ff.; Zusammenstellung des Schrifttums bei Loss/Seligman, Securities Regulation, 3rd ed., Supplement 2001, S. 161 ff. 5 Vgl. etwa Immenga/Noll, Feindliche Übernahmeangebote; Reul, Gleichbehandlung; Hahn, Die feindliche Übernahme von Aktiengesellschaften; Herkenroth, Konzernierungsprozesse; Krause, Übernahmeangebot; Hecker, Regulierung von Unternehmensübernahmen und Konzernrecht. 6 Überblick über die verschiedenen Strömungen etwa bei Romano in Hopt/Wymeersch, European Takeovers, S. 3, 4 ff.; Krause, Übernahmeangebot, S. 93 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 61 ff.; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 33 ff.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 11 ff.; Liekefett, RIW 2004, 824 ff. (mit Analyse der EU-Übernahmerichtlinie); zu den möglichen Beweggründen für Übernahmen siehe auch Semler in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 1 Rz. 42 ff. 7 Manne, 73 Journal of Political Economy, 1965, S. 110 ff. 8 Easterbrook/Fischel, 91 Yale Law Journal, 1982, S. 698 ff. 9 Zusammenfassung über die Entwicklung der Chicago School of Law and Economics bei Reul, Gleichbehandlung, S. 111 ff. 10 Siehe zum Ganzen aus dem deutschen Schrifttum Krause, Übernahmeangebot, S. 94 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 61 ff. 11 Reul, Gleichbehandlung, S. 132 f.; 154 ff.; Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 318 f.; Krause, Übernahmeangebot, S. 95 ff.; vgl. auch Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 16. 12 Krause, Übernahmeangebot, S. 95 f. 13 Jensen in Coffee/Lowenstein/Rose-Ackermann (Hrsg.), Knights, Raiders & Targets, S. 314, 335; Jensen, 2 Journal of Economic Perspectives, 1988, S. 21, 28.
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verfügen, diese jedoch nicht an die Aktionäre ausschütten, weil die verantwortlichen Manager dazu tendieren, die Mittel suboptimal zur Vergrößerung der eigenen Machtfülle für Akquisitionen einzusetzen14. Diese These kann erklären, warum nicht nur schlecht gehende, sondern auch gut gehende Unternehmen übernommen werden; sie wird zudem durch Studien gestützt, nach denen nicht ausgeschütteter cash flow maßgeblich für die untersuchten Übernahmen war15. Allerdings unterstellt sie eine ineffiziente Verwendung der liquiden Mittel durch unrentable Akquisitionen, ohne dies beweisen zu können16. Ebenfalls dem Gedanken einer Werterhöhung verpflichtet ist die Auffassung, wesentliches Ziel von Un- 8 ternehmensübernahmen sei die Gewinnung von Synergien17. Danach ist das neue Unternehmensgebilde für den Bieter mehr wert als die Summe der Einzelteile. Denkbar sind operative Synergien, z.B. in den Bereichen Produktion, Vertrieb und Unternehmensleitung, und finanzielle Synergien, etwa durch Verstetigung des Einkommensstroms aufgrund diversifizierter Tätigkeitsfelder und besserer Finanzierungsmöglichkeiten18. Ob sich diese Auffassung durch empirische Untersuchungen hinreichend belegen lässt, ist allerdings umstritten19; nicht zu verkennen ist jedenfalls, dass sich in der Praxis zahlreiche Übernahmen wohlstandsvernichtend auswirken. Während den vorgenannten Auffassungen der Gedanke der Werterhöhung durch Übernahmen zu- 9 grunde liegt, gehen andere Auffassungen davon aus, dass Übernahmen keine neuen Werte schaffen, sondern nur bestehende Werte verschieben. Danach erfolgen Übernahmen insbesondere zum Zwecke der Ausbeutung der Zielgesellschaft durch den Bieter, was sich zu Lasten der in der Gesellschaft verbliebenen Minderheitsaktionäre auswirkt. Hier droht entweder eine Zerschlagung der Zielgesellschaft und Veräußerung der einzelnen Unternehmensteile („harte“ Ausbeutung) oder ein verdeckter Vermögensabfluss unter dem Deckmantel gewöhnlicher Verkehrsgeschäfte, beispielsweise durch Zahlung von Konzernumlagen oder Lieferung zu Konzernverrechnungspreisen („weiche“ Ausbeutung)20. Gestützt wird diese These von empirischen Untersuchungen in den Vereinigten Staaten von Amerika, nach denen die Börsenkurse von Zielgesellschaften nach Übernahmen sinken21. Als weitere Verlustträger werden teilweise auch die Fremdkapitalgeber, die Arbeitnehmer oder der Fiskus durch Geltendmachung steuerlicher Verlustvorträge genannt; Nachweisbarkeit und theoretische Grundlage dieser Auffassungen werden jedoch überwiegend in Frage gestellt22. Ebenfalls von einer bloßen Wertverschiebung geht die Auffassung aus, die die Möglichkeit des Bieters zur Erpressung der Aktionäre der Zielgesellschaft akzentuiert. Ziel des Bieters ist es danach, die Aktionäre durch ein öffentliches Übernahmeangebot unter Verkaufsdruck zu setzen und so die Kontrolle über die Gesellschaft unter Wert zu erlangen. Als Druckmittel kommen insbesondere kurze Annahmefristen, Zuteilungen nach dem Prioritätsprinzip und aufeinander folgende Teilangebote mit gestaffelten Angebotskonditionen (front-end loading) in Betracht23. Hier nutzt der Bieter den Umstand aus, dass die Aktionäre sich untereinander nicht koordinieren und auf die kollektive Ablehnung des An14 Hierzu aus dem deutschen Schrifttum Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 328 f.; Reul, Gleichbehandlung, S. 182 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 66 ff. 15 Lehn/Poulsen, 44 Journal of Finance, 1989, S. 771 ff. 16 Reul, Gleichbehandlung, S. 182 ff.; Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 17. 17 Gilson, The Law and Finance of Corporate Acquisitions, 1986, S. 441, 444; Bebchuk, 98 Harvard Law Review, 1985, S. 1693, 1700 f. 18 Hierzu aus dem deutschen Schrifttum Krause, Übernahmeangebot, S. 99 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 70 ff.; Semler in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 1 Rz. 78 ff. 19 Grundsätzlich bejahend Mülbert/Birke, WM 2001, 705, 707; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 104 ff.; Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 14; kritisch Reul, Gleichbehandlung, S. 179; Krause, Übernahmeangebot, S. 100 ff.; Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, Einführung Rz. 32; vgl. hierzu auch Romano in Hopt/Wymeersch, European Takeovers, S. 3, 7 ff. 20 Siehe zum Ganzen Reul, Gleichbehandlung, S. 197 ff.; Krause, Übernahmeangebot, S. 105 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 73 ff.; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 36. 21 Vgl. Reul, Gleichbehandlung, S. 200 ff.; Krause, Übernahmeangebot, S. 106 f., jeweils m.w.N. 22 Näher Romano in Hopt/Wymeersch, European Takeovers, S. 3, 13 ff.; Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 334 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 81 ff.; Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 19, 23 ff. 23 Grundlegend Bebchuk, 98 Harvard Law Review, 1985, S. 1693.
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Einl. Rz. 10 Einleitung gebots verständigen können und daher im Zweifel auf Grund der hieraus resultierenden Unsicherheit über die künftigen Machtverhältnisse in der Gesellschaft sich für die Annahme des Angebots entscheiden werden, auch wenn deren Konditionen nicht den realen Wert der Gesellschaft widerspiegeln (sog. Gefangenendilemma, siehe hierzu auch § 16 WpÜG Rz. 34 f.)24. Diesen in der Tat bestehenden Gefahren kann durch entsprechende Regelungen, insbesondere der Festlegung von (Mindest-)Annahmefristen, einer Nachfrist bei erfolgreichen Übernahmeangeboten, dem Gleichbehandlungsgebot aller Angebotsadressaten und dem Verbot von Teilangeboten bei Übernahmen wirksam entgegengewirkt werden – sämtlich Regelungen, die das WpÜG vorsieht (§ 16 Abs. 1 und 2, § 3 Abs. 1, § 32 WpÜG). 11
Ein dritter Erklärungsansatz geht weder von Werterhöhungen noch -verschiebungen aus, sondern stellt den Gedanken der Wertrealisierung in den Vordergrund. Danach suchen Bieter gezielt nach vom Markt unterbewerteten Unternehmen und erwerben diese aufgrund ihres Informationsvorsprungs unter ihrem wirklichen Wert. Dabei wird die Unterbewertung teilweise darauf zurückgeführt, dass langfristige Unternehmensplanungen von den Kapitalmärkten aufgrund deren Kurzsichtigkeit nicht hinreichend gewürdigt werden25. Diesen Informationstheorien wird jedoch entgegengehalten, dass ihre Prämisse, Kapitalmärkte seien informationsineffizient, unzutreffend sei. Auch werden sie durch empirische Studien widerlegt, nach denen Zielgesellschaften im Anschluss an Übernahmeangebote ihre Kursgewinne wieder verlieren26.
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Ein weiterer Erklärungsansatz verzichtet schließlich auf wertbezogene Erklärungsversuche und stellt das Eigeninteresse und Beurteilungsvermögen der Manager in den Vordergrund (sog. Manager-Theorien). Danach ist Auslöser von Unternehmensübernahmen der Wunsch der Manager nach Schaffung eines möglichst großen Unternehmens (empire building), mit dem typischerweise ein höheres Gehalt, größeres Prestige und eine geringere Gefahr, selbst übernommen und entlassen zu werden, korrespondieren. In die gleiche Kategorie fallen Fehleinschätzungen des Managements im Hinblick auf den Wert der Zielgesellschaft oder die Fähigkeit, das erworbene Unternehmen ebenfalls führen zu können (Hybris-Theorie). Für diese Theorien lassen sich zahlreiche Studien anführen, nach denen sich Übernahmen wohlstandsvernichtend ausgewirkt haben; allerdings ist hier auch gegenteiliges Datenmaterial vorhanden27.
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Der Gesetzgeber hat zu den unterschiedlichen Auffassungen nicht ausdrücklich Stellung bezogen. Allerdings hat er durch mehrere Regelungen der Gefahr einer Erpressung der Aktionäre der Zielgesellschaft durch Übernahmen entgegengewirkt (siehe oben Rz. 10). Im Übrigen war eine Festlegung nicht erforderlich und wäre rechtspolitisch angesichts der Tatsache, dass sich für nahezu jede der Auffassungen in der Praxis Beispiele finden lassen, auch nicht sinnvoll gewesen. Stattdessen wird in der Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das WpÜG Unternehmensübernahmen weder fördern noch verhindern soll und der Grundgedanke eines fairen Verfahrens hervorgehoben28.
II. Systematische Einordnung 14
Das WpÜG ist ein wichtiger Baustein des deutschen Kapitalmarktrechts. Sein Anwendungsbereich beschränkt sich auf Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§§ 1, 2 Abs. 3 WpÜG). Geregelt wer24 Siehe zum Ganzen Krause, Übernahmeangebot, S. 107 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 85 ff. 25 Siehe zum Ganzen aus dem deutschen Schrifttum Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 333; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 64 f.; Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 26 f., jeweils m.w.N. 26 Näher Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 333; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 90 ff.; Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 26 f., jeweils m.w.N. 27 Siehe zum Ganzen aus dem deutschen Schrifttum Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 330 f.; Krause, Übernahmeangebot, S. 103 ff.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 65, 66 ff. (dort Einordnung der Hybris-Theorie als Unterfall der Informationstheorien); Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 28 ff. 28 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 28.
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den öffentliche Angebote (§ 2 Abs. 1 WpÜG) und damit marktbezogene Angebotsverfahren. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben wird von einer Aufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), überwacht, die ihre Aufgaben und Befugnisse nicht im Interesse der Wertpapierinhaber, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnimmt (§ 4 Abs. 2 WpÜG) – eine für kapitalmarktrechtliche Normen typische Konstruktion (siehe näher § 4 WpÜG Rz. 25). In Übereinstimmung hiermit verweist auch die Begründung des Regierungsentwurfs auf den kapitalmarktrechtlichen Funktionenschutz und die mit dem Gesetz beabsichtigte Stärkung des Finanzplatzes Deutschland29. Nicht zu verkennen ist jedoch, dass das WpÜG zugleich zahlreiche Berührungspunkte zu anderen 15 Rechtsmaterien, namentlich dem Aktien-, Konzern-, Umwandlungs- und Kartellrecht, aufweist30. An der Schnittstelle zum Aktien(konzern-)recht liegen insbesondere das in §§ 33 ff. WpÜG verankerte Verhinderungsverbot des Vorstands bei Übernahmeangeboten (siehe hierzu § 33 WpÜG Rz. 46 ff.) und das Pflichtangebot nach § 35 WpÜG (siehe hierzu § 35 WpÜG Rz. 31 ff.). Bei anderen Rechtsmaterien, beispielsweise dem Umwandlungsrecht, stellt sich die Frage einer sachgerechten Abgrenzung des Anwendungsbereichs zum Übernahmerecht (siehe hierzu § 35 WpÜG Rz. 133 ff.). Aus dem Kartellrecht wiederum ergeben sich komplizierte Abstimmungsfragen zwischen zusammenschlussrechtlichen Regelungen und dem übernahmerechtlichen Pflichtangebot (siehe § 18 WpÜG Rz. 39 ff., § 39 WpÜG Rz. 18 ff.). Auch innerhalb des Kapitalmarktrechts besteht Abstimmungsbedarf31. Dies betrifft beispielsweise das Verhältnis von Vorgaben des WpÜG zur Ad hoc-Publizität gemäß Art. 17 MarktmissbrauchsVO (ehemals § 15 WpHG) (siehe § 10 WpÜG Rz. 82 ff., § 35 WpÜG Rz. 182 f.), zur Prospekthaftung (siehe § 12 WpÜG Rz. 68, § 27 WpÜG Rz. 144 f.), zum Insiderrecht (siehe § 10 WpÜG Rz. 4, § 35 WpÜG Rz. 238 ff.), zu den wertpapierhandelsrechtlichen Mitteilungspflichten (siehe § 35 WpÜG Rz. 184) und zum Verbot der Marktmanipulation (siehe § 3 WpÜG Rz. 61 f.).
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B. Entwicklung der Regulierung von Übernahmen in Deutschland: Von den Leitsätzen für Unternehmensübernahmen zum WpÜG I. Leitsätze für Unternehmensübernahmen Erste Bestrebungen zur Regulierung von Unternehmensübernahmen in Deutschland erfolgten 1979 17 durch die „Leitsätze für öffentliche freiwillige Kauf- und Umtauschangebote bzw. Aufforderungen zur Abgabe derartiger Angebote in amtlich notierten oder im geregelten Freiverkehr gehandelten Aktien bzw. Erwerbsrechten“32. Veröffentlicht wurden diese Leitsätze von der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen (BSK), einem Gremium, das die Bundesregierung in Kapitalmarkt- und Börsenfragen seit 1968 berät und dem Vertreter der Anlegerschutzverbände, Kreditinstitute, Versicherungen, Investmentgesellschaften, Börsen, Industrie, Deutschen Bundesbank, Wissenschaft und des Länderarbeitskreises für Börsen- und Wertpapierfragen angehören. Die Leitsätze enthielten einige allgemeine Grundsätze, insbesondere zur Gleichbehandlung von Aktionären, sowie Regelungen zur Vorbereitung, zum Inhalt und zur Durchführung von Angeboten. Vorgesehen waren jedoch weder ein Pflichtangebot beim Erwerb der Kontrolle über eine Gesellschaft noch Regelungen zu Abwehrmaßnahmen im Übernahmefall. Die – ohnehin nur fragmentarischen – Leitsätze hatten den Charakter freiwilliger Verhaltensregeln. Eine formelle Anerkennung der Leitsätze war nicht vorgesehen; Verstöße waren nicht sanktionsbewehrt. Auch bestand keine Institution zur Überwachung der Einhaltung der Leitsätze. Vor allem aber
29 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 30 Vgl. hierzu Herkenroth, Konzernierungsprozesse; Hecker, Regulierung von Unternehmensübernahmen und Konzernrecht; Mülbert, ZIP 2001, 1221; Uwe H. Schneider/Burgard, DB 2001, 963; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 23; Fleischer, NZG 2002, 545; Berding, WM 2002, 1149. 31 Vgl. hierzu Assmann, ZGR 2002, 697; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 14; Assmann, ZHR 172 (2008), 635, 641, 643 ff.; Bachmann, ZHR 172 (2008), 597, 600 f., 614 ff. 32 Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 197.
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Einl. Rz. 18 Einleitung mangelte es an einer praktischen Bewährungsprobe33, so dass die Leitsätze kaum Bedeutung erlangt haben.
II. Übernahmekodex 19
Abgelöst wurden die Leitsätze am 1.10.1995 durch einen ebenfalls von der BSK erarbeiteten Übernahmekodex34, der mit Wirkung zum 1.1.1998 modifiziert wurde35. Die Regelungsdichte des Kodex war erheblich höher als diejenige der Leitsätze. In 24 Artikeln enthielt der Kodex eingehende Regelungen, die eine Gleichbehandlung der Aktionäre im Übernahmefall sowie ein transparentes Verfahren sicherstellen sollten. Darüber hinaus sah der Kodex ein Pflichtangebot zu Gunsten der Minderheitsaktionäre vor (näher § 35 WpÜG Rz. 10 ff.) und enthielt Verhaltensregeln für das Management der Zielgesellschaft während des Angebotsverfahrens (näher § 33 WpÜG Rz. 17).
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Beibehalten wurde das Grundkonzept einer freiwilligen Regelung36. Um eine stärkere Akzeptanz des Kodex am Kapitalmarkt zu erreichen, wurden jedoch zahlreiche börsennotierte Unternehmen aufgefordert, die Regelungen freiwillig anzuerkennen. Flankierend hierzu wurden erstmals Elemente einer Kontrolle und Sanktion eingeführt. So wurde mit der Übernahmekommission eine Institution geschaffen, der es oblag, die Einhaltung des Kodex zu überwachen und erforderlichenfalls auf Grundlage der in der Praxis gewonnenen Erfahrungen den Kodex weiterzuentwickeln. Zugleich ermächtigte der Kodex die Geschäftsstelle der Übernahmekommission, bei Zuwiderhandlungen gegen den Kodex Stellungnahmen zu veröffentlichen. Dahinter stand die Überlegung, dass die mit einer solchen Stellungnahme verbundene negative Öffentlichkeitswirkung Unternehmen von einem Verstoß gegen den Kodex abhalten würde (Prangerwirkung als Sanktion).
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Vor diesem Hintergrund wurde 1997 ein von der Fraktion der SPD in den Bundestag eingebrachter Entwurf eines Übernahmegesetzes37, der sich maßgeblich auf Vorarbeiten von Theodor Baums38 stützte, mit der Begründung abgelehnt, vor einer gesetzlichen Regelung seien zunächst die Erfahrungen mit dem Übernahmekodex als Modell einer freiwilligen Selbstkontrolle abzuwarten.
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In der Folgezeit stellt sich jedoch heraus, dass eine nicht unerhebliche Zahl börsennotierter Gesellschaften nicht bereit war, ihr Verhalten am Kapitalmarkt den Regeln des Kodex zu unterwerfen39. Auch der Umstand, dass ab Anfang 1998 die Anerkennung des Kodex Voraussetzung für die Aufnahme in den DAX, SMAX und den Neuen Markt wurde40, änderte hieran wenig, weil die in diesen Indices bereits aufgenommenen Unternehmen von der Regelung nicht erfasst wurden. Der Übernahmekodex wurde somit nicht in gleichem Umfang zur Kapitalmarktusance wie Selbstregulierungen in anderen Ländern, etwa der City Code on Takeovers and Mergers im Vereinigten Königreich. Schließlich emp-
33 Assmann, AG 1995, 563; Neye, ZIP 1995, 1464; Heinle, City Code und Übernahmekodex, S. 45 f.; Fleischer/ Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 43. 34 Der Übernahmekodex in der Fassung vom 1.10.1995 ist abgedruckt in AG 1995, 572, und ZIP 1995, 1467. Zu dem Kodex Neye, ZIP 1995, 1464; Assmann, AG 1995, 563; Baumann, WM 1996, 901; Groß, DB 1996, 1909; Kallmeyer, AG 1996, 169; Thoma, ZIP 1996, 1725; Schuster, S./Zschocke, Übernahmerecht/Takeover Law, S. 23; Kallmeyer, ZHR 161 (1997), 435; Loehr, WM 1997, 1374; Diekmann, WM 1997, 897; Weisgerber, ZHR 161 (1997), 421; Hopt in FS Zöllner, 1998, S. 253, 263 ff.; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 43 ff. 35 Der Übernahmekodex in der Fassung vom 1.1.1998 ist abgedruckt in AG 1998, 133, und NZG 2000, 390. Hierzu Kallmeyer, ZIP 1997, 2147; Hopt in FS Zöllner, 1998, S. 253, 263 ff.; Wirth/Weiler, DB 1998, 117; Kirchner/ Ehricke, AG 1998, 105; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 46 f.; zur Änderung der Pflichtangebotsregelung in der Neufassung des Übernahmekodex siehe auch § 35 WpÜG Rz. 12. 36 Die Einleitung des Kodex bezeichnete diesen als eine „Empfehlung von Verhaltensnormen für die an freiwilligen öffentlichen Übernahmeangeboten beteiligten Parteien“. 37 BT-Drucks. 13/8164. 38 Baums, ZIP 1997, 1310; kritisch zu dem Entwurf Hopt in FS Zöllner, 1998, S. 253, 267 ff. 39 Bis zum 11.4.2001 hatten von den damals 1016 börsennotierten inländischen Unternehmen lediglich 755 Gesellschaften, darunter 86 Unternehmen des DAX 100, den Kodex anerkannt; vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 29. 40 Vgl. Zinser, Übernahmeangebote (takeover bids) im englischen und deutschen Recht, S. 176.
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Rz. 27 Einl.
fahl auch die BSK im Februar 1999 dem Gesetzgeber, die allgemeine Verbindlichkeit von Übernahmeregeln durch ein Gesetz herzustellen41. Am 19.12.2001 beschloss die BSK, angesichts des unmittelbar bevorstehenden Inkrafttretens des WpÜG zum 1.1.2002 den Kodex nur noch auf bis zum 31.12.2001 veröffentlichte Angebote zum Erwerb von Wertpapieren und Übernahmeangebote sowie auf Kontrollerwerbe, die bis zu diesem Zeitpunkt vollzogen waren, anzuwenden. Am 4.3.2002 setzte die BSK den Kodex mit sofortiger Wirkung endgültig außer Kraft.
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III. Entstehung des WpÜG 1. Expertenkommission „Unternehmensübernahmen“ Vor dem Hintergrund der mit dem Kodex gewonnenen Erfahrungen, angesichts der wachsenden Bedeutung von Unternehmensübernahmen und unter dem Eindruck der Übernahme der Mannesmann AG durch die britische Gesellschaft Vodafone AirTouch plc im Winter 1999/2000 berief die Bundesregierung im Frühjahr 2000 eine Expertenkommission ein, der Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, den Gewerkschaften, dem für die Erarbeitung des Gesetzentwurfs federführenden Bundesministerium der Finanzen sowie dem Bundesministerium der Justiz und dem Ministerium für Wirtschaft und Technologie angehörten. Aufgabe des Gremiums war es, die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung in Deutschland zu untersuchen und Vorschläge für eine künftige gesetzliche Regelung zu erarbeiten.
24
In ihrer abschließenden Sitzung am 17.5.2000 riet die Expertenkommission, zügig ein Übernahmegesetz zu verabschieden, und schlug zehn Eckpunkte für ein Übernahmegesetz42 vor, die zentrale Bereiche einer künftigen gesetzlichen Regelung betrafen (Anwendungsbereich, Regelung von Pflichtangeboten, Bestimmung der Art und Höhe der Gegenleistung, Unterrichtung der Aktionäre und Arbeitnehmer der Zielgesellschaft, Verhalten des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft in Übernahmesituationen, zügiges Verfahren, Aufsicht, Sanktionen und Squeeze-out).
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2. Diskussions- und Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen Kurz nach den abschließenden Empfehlungen der Expertenkommission wurde auf europäischer Ebene am 19.6.2000 im Ministerrat ein Gemeinsamer Standpunkt für eine 13. Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote verabschiedet, dessen Grundlage eine unter deutscher Präsidentschaft am 21.6.1999 erzielte politische Einigung war (näher unten Rz. 97).
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Auf der Basis dieses Gemeinsamen Standpunktes und der Empfehlungen der Expertenkommission 27 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen am 29.6.2000 einen Diskussionsentwurf43 zu dem Gesetz, der erhebliche Beachtung in der Öffentlichkeit fand. Der Entwurf war als vorweggenommene Transformation der Übernahmerichtlinie konzipiert, orientierte sich daher eng an den Vorgaben des Gemeinsamen Standpunktes und enthielt bereits ein sehr ausdifferenziertes Regelwerk. Zu dem Entwurf gingen von den betroffenen Kreisen weit mehr als 700 Anregungen ein. Dabei wurde von der breiten Mehrheit der Betroffenen kritisiert, der Anwendungsbereich des Gesetzes sei zu eng, da nur Übernahmeangebote und Pflichtangebote erfasst würden, nicht jedoch sämtliche öffentlichen Angebote zum Erwerb von Wertpapieren. Darüber hinaus war Gegenstand heftiger Kontroversen die in dem Entwurf vorgesehene weitgehende Verpflichtung des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft, Abwehrmaßnahmen während eines Übernahmeangebots zu unterlassen (Verhinderungs41 Standpunkte der BSK zur künftigen Regelung von Unternehmensübernahmen, 1999, S. 9. 42 Abgedruckt bei Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 37 f. und Pötzsch, Übernahmerecht, S. 338 ff. 43 Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 237. Überblick über den Diskussionsentwurf bei Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 13; Land/Hasselbach, DB 2000, 1747; Riehmer/ Schröder, NZG 2000, 820; ausführliche Stellungnahmen zu dem gesamten Entwurf bei Hopt in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Stellungnahme der BSK vom 19.7.2000. Zu Einzelfragen Halm, NZG 2000, 1162; Kallmeyer, AG 2000, 553; Kiem, ZIP 2000, 1509; Rühland, WM 2000, 1884; Strenger, WM 2000, 952; E. Vetter, ZIP 2000, 1817; Witt, NZG 2000, 809; Witte, BB 2000, 2161; Dimke/Heiser, NZG 2001, 241.
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Einl. Rz. 27 Einleitung verbot, auch Neutralitätspflicht genannt, hierzu § 33 WpÜG Rz. 19 f.). Zu dem Entwurf fand am 25.7.2000 eine Anhörung im Bundesministerium der Finanzen statt. 28
Am 12.3.2001 legte das Bundesministerium der Finanzen einen zweiten Entwurf des Gesetzes als Referentenentwurf44 vor. Der erheblich überarbeitete Entwurf berücksichtigte zahlreiche Anregungen. Insbesondere wurden – dem Wunsch der Praxis folgend – der Anwendungsbereich des Gesetzes erheblich erweitert und nunmehr sämtliche öffentlichen Erwerbsangebote dem Gesetz unterworfen. Nahezu unverändert blieb demgegenüber – abgesehen von redaktionellen Änderungen – die Regelung zum Verhinderungsverbot (näher § 33 WpÜG Rz. 21). Zum Referentenentwurf erfolgte am 2.4.2001 ebenfalls eine Anhörung im Bundesministerium der Finanzen. 3. Parlamentarisches Verfahren
29
Am 4.7.2001 scheiterten im Europäischen Parlament die Bemühungen um eine europäische Übernahmerichtlinie (näher unten Rz. 100). Damit war klar, dass auf absehbare Zeit nicht mit europäischen Vorgaben zur Regelung von Unternehmensübernahmen zu rechnen sein würde. Nur wenige Tage später, am 11.7.2001, verabschiedete die Bundesregierung den Regierungsentwurf45. Der Entwurf entsprach in wesentlichen Teilen dem Referentenentwurf46, wies jedoch eine vollkommen neu gestaltete Regelung zum Verhinderungsverbot auf, mit der die Handlungsspielräume des Vorstands der Zielgesellschaft während eines Übernahmeangebots erheblich erweitert und zudem erstmals die Möglichkeit geschaffen wurde, den Vorstand einer Zielgesellschaft präventiv durch einen Hauptversammlungsbeschluss (Vorratsbeschluss) zu Abwehrmaßnahmen zu ermächtigen (näher § 33 WpÜG Rz. 22).
30
In seiner Stellungnahme vom 27.9.200147 zu dem Gesetzentwurf bat der Bundesrat die Bundesregierung insbesondere darum, die Regelung zum Verhinderungsverbot zu überprüfen, und legte hierzu mehrere Änderungsvorschläge vor. In ihrer Gegenäußerung vom 10.10.200148 sagte die Bundesregierung im Wesentlichen49 eine Überprüfung dieser Vorschläge im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu. Änderungsvorschläge des Bundesrats zu anderen weniger gewichtigen Einzelfragen wurden teilweise befürwortet, teilweise abgelehnt.
31
Bereits am 11.10.2001 überwies der Deutsche Bundestag die Gesetzesvorlage an den federführenden Finanzausschuss, der am 18.10.2001 eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchführte50. Im Anschluss hieran erfolgten intensive Beratungen im Finanzausschuss, die am 14.11.2001 abgeschlossen wurden. Im Mittelpunkt der Beratungen stand erneut die Regelung zum Verhinderungsverbot. Abschließend empfahl der Finanzausschuss, Abwehrmaßnahmen noch weiter zu erleichtern51. Konkret schlug er vor, die Voraussetzungen für Vorratsbeschlüsse abzusenken und zudem dem Vorstand einer Zielgesellschaft die Möglichkeit zu eröffnen, Abwehrmaßnahmen während eines laufenden Übernahmeangebots allein mit Zustimmung des Aufsichtsrats durchzuführen (näher § 33 WpÜG Rz. 23 f.).
44 Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 374. Überblick über den Referentenentwurf bei Liebscher, ZIP 2001, 853; Thaeter/Bath, NZG 2001, 545; Zinser, NZG 2001, 391; siehe auch die Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses zum RefE, NZG 2001, 420. Zu Einzelfragen Oechsler, NZG 2001, 817; Riehmer/Schröder, BB-Beil. 5/2001; Rühland, NZG 2001, 448; E. Vetter, DB 2001, 743; Wiese/ Demisch, DB 2001, 849. 45 BT-Drucks. 14/7034, S. 7; Überblick über den Regierungsentwurf bei Land, DB 2001, 1707; siehe auch die Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses zum RegE, ZIP 2001, 1736. 46 Überblick über die wesentlichen Änderungen des Regierungsentwurfs gegenüber dem Referentenentwurf bei Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256. 47 BT-Drucks. 14/7034, S. 84; Zusammenfassung der Petiten des Bundesrats im Bericht des BT-Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7477, S. 48. 48 BT-Drucks. 14/7090, S. 1. 49 Abgelehnt wurde der Vorschlag des Bundesrats zur Aufnahme einer gesetzlichen Regelung in das WpÜG, nach der Vorratsbeschlüsse der Hauptversammlung den Vorstand nicht zu vermögensmindernden Maßnahmen ermächtigen dürfen. 50 Der Bericht des BT-Finanzausschusses enthält eine Auflistung der zu der Anhörung eingeladenen Institutionen, Sachverständigen, Verbände und Unternehmensvertreter, BT-Drucks. 14/7477, S. 48 f. 51 BT-Drucks. 14/7477, S. 25 f., 53.
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Rz. 34 Einl.
Am 15.11.2001 verabschiedete der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung den Gesetzentwurf mit 32 den vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Änderungen. Der Bundesrat machte von seiner Möglichkeit, gegen das Gesetz Einspruch einzulegen, keinen Gebrauch. Nach Durchführung einiger redaktioneller Bereinigungen im Wege eines Berichtigungsverfahrens nach Verabschiedung52 erfolgte die Verkündung im Bundesgesetzblatt am 22.12.200153. Das Gesetz trat in seinen wesentlichen Teilen54 zeitgleich mit vier Rechtsverordnungen (WpÜG-Angebotsverordnung, WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung, WpÜG-Beiratsverordnung und WpÜG-Gebührenverordnung) des Bundesministeriums der Finanzen am 1.1.2002 in Kraft. Im Jahr 2006 traten eine weitere Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen (WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung) und eine Rechtsverordnung der BaFin (WpÜG-Beaufsichtigungsmitteilungsverordnung) hinzu. Zu den Rechtsverordnungen siehe unten Rz. 47 ff.
C. Übersicht über das WpÜG und die auf Grund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen I. Das WpÜG als Bestandteil eines Artikelgesetzes Am 1.1.2002 trat das „Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen“ in Kraft55. Dieses Gesetz war als Artikelgesetz konzipiert, dessen Herzstück in Art. 1 das WpÜG bildete. Die übrigen Artikel enthielten im Wesentlichen Änderungen bereits bestehender Gesetze, insbesondere des Wertpapierhandelsgesetzes (Art. 2)56, des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Art. 3), des Auslandinvestment-Gesetzes (Art. 4), des Gesetzes über das Kreditwesen (Art. 5), des Verkaufsprospektgesetzes (Art. 6) und der VerkaufsprospektVerordnung (Art. 10)57.
33
Neben dem in Art. 1 enthaltenen WpÜG sind auf Grund ihrer besonderen Bedeutung für die Praxis 34 die in Art. 7 des Artikelgesetzes enthaltenen Änderungen des Aktiengesetzes hervorzuheben. Die dort eingeführten Regelungen (§§ 327a ff. AktG) ermöglichten erstmals unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausschluss von Minderheitsaktionären (Squeeze-out)58. Auch wenn die Regelungen zum Squeeze-out politisch das Pendant zu der im WpÜG enthaltenen Verpflichtung darstellen, bei Erlangung der Kontrolle ein Pflichtangebot an alle Aktionäre abzugeben, hat der Gesetzgeber die Regelung letztlich59 und zu Recht60 nicht auf börsenzugelassene Gesellschaften beschränkt oder ein vorangegangenes Verfahren nach dem WpÜG gefordert. Die sinnvolle Ergänzung durch ein spezifisch übernahmerechtliches Ausschlussverfahren erfolgte im Jahre 2006 in Umsetzung der Übernahmerichtlinie (§§ 39a, 39b WpÜG; näher § 39a WpÜG Rz. 7 ff.). Die Praxis hatte gezeigt, dass ein schneller und kostengünstiger Ausschluss der Minderheitsaktionäre infolge Anfechtung der Hauptversammlungsbeschlüsse bzw. Spruchverfahren über die Abfindungshöhe für den Bieter kaum zu erreichen war. Der 52 Hierzu Pötzsch, Übernahmerecht, S. 170. 53 BGBl. I 2001, 3822. 54 Die im WpÜG enthaltenen Ermächtigungen des Bundesministeriums der Finanzen zum Erlass von Rechtsverordnungen traten bereits am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Hierdurch wurde ein zeitgleiches Inkrafttreten des WpÜG und der Rechtsverordnungen ermöglicht. 55 BGBl. I 2001, 3822. 56 Hierzu Witt, AG 2001, 233. 57 Überblick über die Art. 2 bis 12 bei Pötzsch, Übernahmerecht, S. 57 f. 58 Überblick über die Regelungen zum Squeeze-out bei Fleischer, ZGR 2002, 757; Grunewald, ZIP 2002, 18; Krieger, BB 2002, 53; Pötzsch, Übernahmerecht, S. 53 ff.; Sieger/Hasselbach, ZGR 2002, 121; E. Vetter, AG 2002, 176; Grunewald in MünchKomm. AktG, Vor § 327a AktG Rz. 1 ff. 59 Im Regierungsentwurf (§ 327b Abs. 1 Satz 3 AktG-RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 24, 72) war ursprünglich noch eine Regelung vorgesehen, nach der bei einem dem Squeeze-out vorausgegangenen Barangebot nach dem WpÜG, das von 90 % der Adressaten angenommen wurde, die dort gewährte Gegenleistung im Rahmen einer unwiderleglichen Vermutung als angemessenes Angebot für einen Squeeze-out angesehen wurde. Angesichts verfassungsrechtlicher Bedenken ist die Regelung im parlamentarischen Verfahren auf Grund der Beschlussempfehlung des BT-Finanzausschusses jedoch entfallen, vgl. BT-Drucks. 14/7477, S. 42, 54. 60 Näher Pötzsch, Übernahmerecht, S. 55.
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Einl. Rz. 34 Einleitung neue Squeeze-out, der nur in den Fällen eines vorherigen Übernahme- bzw. Pflichtangebots eingreift, ist daher als Ausschlussverfahren vor dem Landgericht Frankfurt a.M. konzipiert. Die Angemessenheit der Abfindung wird vermutet, sofern sie der Angebotsleistung entspricht und der Bieter auf Grund des Angebots Aktien in Höhe von mindestens 90 Prozent des vom Angebot betroffenen Grundkapitals erworben hat (näher zur gesetzgeberischen Zwecksetzung § 39a WpÜG Rz. 5 f.).
II. Ziel des Gesetzes 35
Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs61 ist es das Ziel des WpÜG, Rahmenbedingungen bei Unternehmensübernahmen und anderen öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren in Deutschland zu schaffen, die den Anforderungen der Globalisierung und der Finanzmärkte angemessen Rechnung tragen, und hierdurch den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Deutschland auch im internationalen Wettbewerb weiter stärken.
36
Durch das WpÜG sollen insbesondere Leitlinien für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren geschaffen werden, ohne Unternehmensübernahmen zu fördern oder zu verhindern. Darüber hinaus sollen die Information und Transparenz für die betroffenen Wertpapierinhaber und Arbeitnehmer verbessert und die rechtliche Stellung62 von Minderheitsaktionären bei Unternehmensübernahmen gestärkt werden. Auch soll sich das WpÜG an international üblichen Standards orientieren63.
III. Aufbau und Inhalt des Gesetzes 37
Das WpÜG weist nicht nur in seiner Kurzbezeichnung, sondern auch in seinem Aufbau Parallelen zum Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) auf. Wie das WpHG enthält das WpÜG zunächst einen Abschnitt 1 (§§ 1–3 WpÜG) mit allgemeinen Vorschriften. Neben dem Anwendungsbereich (§ 1 WpÜG) werden dort zentrale Gesetzesbegriffe definiert (§ 2 WpÜG) und einige allgemein geltende Grundsätze (§ 3 WpÜG) aufgestellt.
38
Wie im WpHG folgen im Abschnitt 2 (§§ 4–9 WpÜG) aufsichtsrechtliche Vorschriften über die BaFin. Neben den Aufgaben und Befugnissen der BaFin (§ 4 WpÜG) sind dort die Organisation und die Aufgaben des Beirats (§ 5 WpÜG) und des Widerspruchsausschusses (§ 6 WpÜG) bei der BaFin geregelt. Dem Beirat kommt die Aufgabe zu, bei der Aufsicht mitzuwirken. Der Widerspruchsausschuss entscheidet über Widersprüche gegen bestimmte, besonders bedeutsame Anordnungen der BaFin. Die weiteren Vorschriften enthalten Vorgaben zur aufsichtlichen Zusammenarbeit im Inland (§ 7 WpÜG) und Ausland (§ 8 WpÜG) sowie Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht der mit der Aufsicht betrauten Personen (§ 9 WpÜG), die sich an den Parallelnormen der §§ 6 bis 8 WpHG orientieren. Zur aufsichtlichen Praxis seit Inkrafttreten des WpÜG siehe Rz. 91 ff.
39
Die folgenden drei Abschnitte enthalten weitgehend „materiellrechtliche“ Vorgaben zu öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren (Abschnitt 3), zu freiwilligen Übernahmeangeboten (Abschnitt 4) und zu Pflichtangeboten (Abschnitt 5). Hierbei wird das auch aus dem Umwandlungsgesetz bekannte Baukastenprinzip verwandt. Abschnitt 3 enthält zunächst allgemeine Vorgaben, die bei jedem öffentlichen Angebot gelten. Für Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle über eine Zielgesellschaft gerichtet sind, d.h. für Übernahmeangebote, gelten neben dem Abschnitt 3 zusätzlich die besonderen Regeln des Abschnitts 4 (§ 34 WpÜG). Auf Pflichtangebote finden schließlich sowohl die Abschnitte 3 und 4 als auch der Abschnitt 5 Anwendung (§ 39 WpÜG).
40
Im Abschnitt 3 (§§ 10–28 WpÜG) sind bestimmte Grundregeln für öffentliche Angebote festgelegt. Diese betreffen den Inhalt und die Rechtsnatur von Angeboten (§§ 11, 17, 18 und 25 WpÜG), die Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen (§ 12 WpÜG) und die Finanzierung von Angeboten (§ 13 WpÜG). Hinzu treten Publizitätspflichten, die während des Angebotsverfahrens vom Bieter (§§ 10, 14 61 BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 62 Die Stärkung der rechtlichen Stellung von Aktionären ist nicht gleichbedeutend mit der Einräumung von Individualansprüchen; siehe hierzu § 35 WpÜG Rz. 32, 250 ff.; ferner Krause, NJW 2004, 3681, 3686 f. 63 BT-Drucks. 14/7034, S. 28.
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Einleitung
Rz. 44 Einl.
und 23 WpÜG) sowie vom Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft (§ 27 WpÜG) zu erfüllen sind. Geregelt werden zudem die Annahmefrist (§ 16 WpÜG) sowie bestimmte Einzelaspekte von Angeboten, namentlich Teilangebote (§ 19 WpÜG), die Behandlung von Handelsbeständen (§ 20 WpÜG), Angebotsänderungen (§ 21 WpÜG), konkurrierende (§ 22 WpÜG) und grenzüberschreitende Angebote (§ 24 WpÜG). Die Regelungen werden ergänzt durch aufsichtliche Spezialbefugnisse der BaFin, mit denen die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben sichergestellt (§§ 15, 26 WpÜG) und Missstände bei Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit Angeboten verhindert werden sollen (§ 28 WpÜG). Angebotsunterlagen über europäische Angebote (§ 2 Abs. 1a WpÜG) für Wertpapiere, die auch in Deutschland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, werden dabei ohne zusätzliches Billigungsverfahren bei der BaFin anerkannt, sofern sie bereits von der zuständigen Aufsichtsstelle eines anderen EWR-Staats gebilligt wurden (§ 11a WpÜG, „Europäischer Pass“). Abschnitt 4 (§§ 29–34 WpÜG) enthält Sondervorschriften für Übernahmeangebote. Nach Definiti- 41 on der für diesen Abschnitt maßgeblichen Begriffe des Übernahmeangebots und der Kontrolle (§ 29 WpÜG) sowie der Festlegung bestimmter Zurechnungstatbestände (§ 30 WpÜG) werden Vorgaben über die Art und Höhe der bei Übernahmeangeboten zu gewährenden Gegenleistung (§ 31 WpÜG) und die Verpflichtung zum Vollangebot (§ 32 WpÜG) getroffen. Es folgen Bestimmungen zur Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft bei Übernahmeangeboten (§§ 33–33c WpÜG). Im Zentrum steht § 33 WpÜG, der dem Vorstand der Zielgesellschaft solche Handlungen untersagt, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, umgekehrt aber einige bedeutsame Ausnahmen zulässt (Verhinderungsverbot). Die in Umsetzung der Übernahmerichtlinie eingeführten §§ 33a und 33b WpÜG ermöglichen der Zielgesellschaft von dieser Regelung per Statut abzuweichen und stattdessen für das (übernahmefreundlichere) europäische Verhinderungsverbot (§ 33a) bzw. die europäische Durchbrechungsregel (§ 33b WpÜG) zu optieren; letztere schließt bestimmte Abwehrmechanismen in der Übernahmesituation aus. Der ebenfalls auf die Übernahmerichtlinie zurückgehende § 33c WpÜG knüpft an Satzungsbestimmungen nach §§ 33a, 33b WpÜG an und ermächtigt die Zielgesellschaft deren Geltung davon abhängig zu machen, dass auch der Bieter oder ein ihn beherrschendes Unternehmen entsprechenden Regelungen unterliegt. § 33d WpÜG richtet sich an den Bieter und mit ihm gemeinsam handelnde Personen und verbietet die Gewährung ungerechtfertigter Leistungen an die Verwaltungsmitglieder der Zielgesellschaft. Abschnitt 5 (§§ 35–39 WpÜG) befasst sich mit dem Pflichtangebot. Ein solches Angebot ist bei Er- 42 langung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft abzugeben und ermöglicht Minderheitsaktionären im Falle von Unternehmensübernahmen, denen kein freiwilliges öffentliches Angebot vorausgegangen ist, ihre Beteiligung zu einem angemessenen Preis zu veräußern (§ 35 WpÜG). Bei der Berechnung des für die Kontrolle maßgeblichen Stimmrechtsanteils können in bestimmten Fällen Stimmrechte unberücksichtigt bleiben (§ 36 WpÜG). Unter bestimmten Voraussetzungen kann die BaFin einen Bieter von dem Erfordernis eines Pflichtangebots befreien (§ 37 WpÜG i.V.m. §§ 8 ff. WpÜG-Angebotsverordnung). Kommt ein Bieter seiner Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots nicht nach, ist die Gegenleistung zu verzinsen (§ 38 WpÜG). Abschnitt 5a (§§ 39a–39c WpÜG) regelt als Pendant zum Pflichtangebot den Squeeze-out (§§ 39a, 39b WpÜG) sowie den Sell-out (§ 39c WpÜG). Der Squeeze-out gewährt dem Bieter unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, die nach einem Übernahme- bzw. Pflichtangebot in der Gesellschaft verbleibende Aktionärsminderheit auszuschließen (§ 39a WpÜG). Der Ausschluss erfolgt auf Antrag durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt a.M. (§ 39b WpÜG). Den Minderheitsaktionären wird spiegelbildlich hierzu das Recht eingeräumt, das vorangegangene Angebot noch drei Monate nach Ablauf der Annahmefrist anzunehmen (§ 39c WpÜG). Abschnitt 6 (§§ 40–47 WpÜG) enthält verfahrensrechtliche Bestimmungen. Diese betreffen u.a. Ermittlungsbefugnisse (§ 40 WpÜG) und Zwangsmittel (§ 46 WpÜG) der BaFin sowie die Bekanntgabe, Zustellung und Veröffentlichung von Verfügungen (§§ 43 f. WpÜG). Geregelt werden ferner das Widerspruchsverfahren (§ 41 WpÜG) und die Kosten (§ 47 WpÜG i.V.m. §§ 1 ff. WpÜG-Gebührenverordnung).
43
Abschnitt 7 (§§ 48–58 WpÜG) widmet sich dem Rechtsmittelverfahren. Die dort enthaltenen Vorschriften (insbes. §§ 49 ff. WpÜG) sind in weiten Teilen den Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nachgebildet. Sie dienen vornehmlich der Beschleunigung des
44
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Einl. Rz. 44 Einleitung Rechtswegs unter Wahrung des Verfassungsgebots des effektiven Rechtsschutzes. Im Übrigen sind im Rechtsmittelverfahren die Vorschriften des GVG und der ZPO anwendbar (§ 58 WpÜG). 45
Abschnitt 8 (§§ 59–65 WpÜG) befasst sich mit Sanktionen. Bei Verstößen gegen Vorgaben des WpÜG drohen neben einem Rechtsverlust (§ 59 WpÜG) Geldbußen bei juristischen Personen bis zu einer Höhe von 10 Mio. Euro bzw. 5 % des Gesamtumsatzes des vorausgegangenen Geschäftsjahres (§ 60 Abs. 4 WpÜG) bzw. bei natürlichen Personen bis zu einer Höhe von 5 Mio. Euro (§ 60 Abs. 3 WpÜG). Über diese Beträge hinaus kann eine Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden (§ 60 Abs. 5 WpÜG). Die übrigen Vorschriften betreffen behördliche und gerichtliche Zuständigkeiten.
46
Abschnitt 9 (§§ 66–68 WpÜG) enthält Sonderregelungen zur gerichtlichen Zuständigkeit bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (§ 66 WpÜG) und zur Gerichtsverfassung (§ 67 WpÜG) sowie Übergangsregelungen (§ 68 WpÜG).
IV. Die Rechtsverordnungen 47
Zeitgleich mit dem WpÜG traten am 1.1.2002 vier am 27.12.2001 verabschiedete Rechtsverordnungen des Bundesministeriums der Finanzen in Kraft, in denen einzelne Bereiche des WpÜG einer eingehenden Regelung unterworfen wurden:
48
– Die Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots (WpÜG-Angebotsverordnung)64.
49
– Die Verordnung über die Zusammensetzung und das Verfahren des Widerspruchsausschusses bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung)65.
50
– Die Verordnung über die Zusammensetzung, die Bestellung der Mitglieder und das Verfahren des Beirats bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (WpÜG-Beiratsverordnung)66.
51
– Die Verordnung über Gebühren nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜGGebührenverordnung)67. Auf der Grundlage der durch Art. 1 Nr. 2 des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes (vgl. Rz. 148 ff.) eingefügten Ermächtigungstatbestände in § 1 Abs. 4, 5 wurden 2006 zwei weitere Rechtsverordnungen erlassen:
52
– Die Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen über die Anwendbarkeit von Vorschriften betreffend Angebote im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung)68.
53
– Die Verordnung der BaFin über den Zeitpunkt sowie den Inhalt und die Form der Mitteilung und der Veröffentlichung der Entscheidung einer Zielgesellschaft nach § 1 Abs. 5 Satz 1 und 2 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG-Beaufsichtigungsmitteilungsverordnung)69.
64 BGBl. I 2001, 4263; zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 8.7.2019 (BGBl. I 2019, 1002); siehe hierzu Rz. 80 ff., Kommentierung ab S. 1485. 65 BGBl. I 2001, 4261; zuletzt geändert durch Art. 1 der Änderungsverordnung vom 26.6.2003 (BGBl. I 2003, 1006); siehe hierzu Rz. 86, Text im Anhang S. 1597. 66 BGBl. I 2001, 4259; zuletzt geändert durch Art. 195 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.8.2015 (BGBl. I 2015, 1474); siehe hierzu Rz. 90, Text im Anhang S. 1594. 67 BGBl. I 2001, 4267; zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 7.8.2013 (BGBl. I 2013, 3154); siehe hierzu Rz. 87 f., Text im Anhang S. 1595. 68 BGBl. I 2006, 1698, Text im Anhang S. 1598. 69 BGBl. I 2006, 2266, Text im Anhang S. 1599.
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Einleitung
Rz. 60 Einl.
D. Änderungen des WpÜG und der WpÜG-Rechtsverordnungen und praktische Erfahrungen Seit ihrem Inkrafttreten sind das WpÜG und die auf Grund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen teilweise mehrfach geändert worden. Die wohl bedeutendsten Änderungen erfuhr das WpÜG durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz im Jahr 2006; näher hierzu und zu den europarechtlichen Vorgaben unten Rz. 94 ff. Die übrigen Änderungen sind nachfolgend dargestellt.
54
I. Änderungen des WpÜG Durch Art. 3 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung zur Ersetzung von Zinssätzen vom 5.4.200270 wurde mit Wirkung zum 12.4.2002 die Bezugnahme in § 38 WpÜG auf den relevanten Basiszinssatz um einen Verweis auf den neuen § 247 BGB ergänzt.
55
Durch Art. 1 §§ 1, 4 des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22.4.200271 wurden die Bundesaufsichtsämter für den Wertpapierhandel (BAWe), für das Kreditwesen (BAKred) und für das Versicherungswesen (BAVers) mit Wirkung zum 1.5.2002 in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zusammengeführt und die den einzelnen Aufsichtsämtern obliegenden Aufgaben auf die BaFin übertragen. Seit diesem Zeitpunkt obliegt die Aufsicht nach dem WpÜG und den korrespondierenden Rechtsverordnungen nicht mehr dem BAWe, sondern der BaFin. Durch die Erste Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 29.4.200272 erfolgten zeitgleich entsprechende Änderungen der Bezeichnung der Aufsichtsbehörde in den jeweiligen Normen des WpÜG und den auf Grund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen.
56
Durch das Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten vom 23.7.200273 ist der Lokalisationszwang der Rechtsanwälte auf Ebene der Oberlandesgerichte mit Wirkung zum 1.8.2002 entfallen. Hierdurch wurde die bis dahin in § 66 Abs. 4 WpÜG enthaltene Sonderregelung zur Lokalisation obsolet und durch Art. 15 des o.g. Gesetzes aufgehoben.
57
Durch Art. 71 der Achten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25.11.200374 wurde auf Grund der Zusammenlegung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für Arbeit der entsprechende Verweis in § 5 Abs. 1 Satz 7 WpÜG mit Wirkung zum 28.11.2003 an die Neubezeichnung („Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit“) angepasst; die Änderung wurde mit der erneuten Trennung der Ministerien durch Art. 101 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.200675 mit Wirkung zum 8.11.2006 wieder rückgängig gemacht.
58
Das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.9.200576 hat u.a. das Erfordernis einer Hinterlegung der Aktien für die Teilnahme an einer Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts (§ 123 Abs. 2 und 3 AktG) als gesetzliches Regelmodell beseitigt. Dementsprechend ist mit Wirkung zum 1.11.2005 die in § 16 Abs. 4 Satz 3 WpÜG enthaltene Bezugnahme auf die Hinterlegungsfristen entfallen; Gleiches gilt für die Bezugnahme auf Gegenanträge in § 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG (Art. 2 Abs. 3 UMAG).
59
Das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 5.1.200777, das in seinen wesentlichen Teilen am 60 20.1.2007 in Kraft getreten ist, führte neben einer marginalen Änderung in § 16 Abs. 4 Satz 3 WpÜG (als Folge der Ersetzung der Monatsfrist zur Einberufung einer Hauptversammlung nach § 123 Abs. 1 AktG durch eine 30-tägige Frist) auch zu erheblichen Änderungen der Zurechnungsvorschrift des § 22 WpHG, die allerdings im Rahmen der Revision der Transparenzrichtlinie wieder auf den Prüf70 71 72 73 74 75 76 77
BGBl. I 2002, 1250. BGBl. I 2002, 1310. BGBl. I 2002, 1495. BGBl. I 2002, 2850. BGBl. I 2003, 2304. BGBl. I 2006, 2407. BGBl. I 2005, 2802. BGBl. I 2007, 10.
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Einl. Rz. 60 Einleitung stand gestellt wird. Als Folge hieraus wurde ebenfalls die Parallelregelung in § 30 WpÜG geändert. Die Zurechnungstatbestände in § 30 Abs. 1 Nr. 1 und 6 WpÜG wurden modifiziert, indem eine im Zuge der Umsetzung der Übernahmerichtlinie erfolgte erweiterte Zurechnung bei Konzerngesellschaften nach Nr. 1 wieder rückgängig gemacht und die Zurechnung nach Nr. 6 ausdrücklich auf den Fall einer nicht weisungsgebundenen Bevollmächtigung der Stimmrechtsausübung erstreckt wurde. Darüber hinaus wurden zwei neue Absätze 3 und 4 angefügt. § 30 Abs. 3 WpÜG regelt, wann ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Tochterunternehmen des Bieters im Sinne des § 2 Abs. 6 WpÜG anzusehen ist und daher eine Zurechnung der Stimmrechte erfolgt, § 30 Abs. 4 WpÜG ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen, Einzelheiten zur Frage der Unabhängigkeit eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens vom Bieter festzulegen. 61
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft vom 26.3.200778 ist das Erfordernis der Zulassung von Rechtsanwälten bei Gericht (mit Ausnahme der zum BGH) zum 1.6.2007 weggefallen. Als Folge dieser Änderung wurde durch Art. 7 Abs. 13 dieses Gesetzes die Regelung des Anwaltszwangs in § 53 WpÜG geändert und der dort enthaltene Verweis auf die Zulassung eines Rechtsanwalts bei einem deutschen Gericht gestrichen.
62
Das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16.7.200779 hat die beiden gesetzlichen Marktsegmente „amtlicher Markt“ und „geregelter Markt“ im Börsengesetz mit Wirkung zum 1.11.2007 durch das Segment „regulierter Markt“ ersetzt; dementsprechend wurde die Bezugnahme auf diese Segmente in der Definition des „organisierten Marktes“ in § 2 Abs. 7 WpÜG geändert.
63
Durch Art. 3a des Investmentänderungsgesetzes vom 21.12.200780 wurde die Zurechnungsvorschrift des § 30 WpÜG erneut geändert und die Sonderregelung für Wertpapierdienstleistungsunternehmen in § 30 Abs. 3 Satz 1 WpÜG modifiziert, um sie der Regelung in § 22 Abs. 3 Satz 1 WpHG anzupassen; die Änderung trat zum 28.12.2007 in Kraft.
64
Eine weitere Änderung des § 30 WpÜG erfolgte durch das Risikobegrenzungsgesetz vom 12.8.200881 mit Wirkung zum 19.8.2008. Nach intensiver politischer Diskussion wurde der Anwendungsbereich des acting in concert, das zu einer Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führt, vergrößert (näher § 30 WpÜG Rz. 169 ff.). Weitere Änderungen betrafen Übergangsregelungen in § 68 Abs. 3 und Abs. 4 WpÜG.
65
Das FGG-Reformgesetz vom 17.12.200882 hat das familiengerichtliche Verfahren und das FGG-Verfahren mit Wirkung zum 1.9.2009 von Grund auf neu geregelt. Dies führte zu Änderungen der Vorschriften zum übernahmerechtlichen Squeeze-out. Die Regelung des § 39a Abs. 5 Satz 2 WpÜG ist entfallen (die Zuordnung des Verfahrens zu den Handelssachen ergibt sich nun aus § 95 Abs. 2 Nr. 2 GVG). In § 39b WpÜG erfolgten Änderungen, die redaktionelle Anpassungen an die geänderten Gesetzesbezeichnungen im FGG-Bereich enthielten, die die Neuregelung des Beschwerderechts im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) widerspiegelten (§ 39b Abs. 1 und 3 WpÜG) und die kostenrechtlichen Vorschriften an das geänderte Rechtsmittelsystem des FamFG anpassten (§ 39b Abs. 6 WpÜG).
66
Durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung vom 18.4.200983 wurde ein besonderes Prüfverfahren im Falle des Erwerbs von gebietsansässigen Unternehmen durch Erwerber aus Ländern außerhalb des Gemeinschaftsgebiets und der Europäischen Freihandelsassoziation mit Wirkung zum 24.4.2009 eingeführt. Dabei wurde durch Art. 3 dieses Gesetzes die Vorschrift des § 7 Abs. 1 WpÜG über die Zusammenarbeit der BaFin mit Aufsichtsbehörden im Inland ergänzt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie einbezogen. Zugleich wurde der Kreis der Adressaten eines zulässigen Informationsaustausches nach § 9 Abs. 1 WpÜG um dieses Ministerium erweitert.
78 79 80 81 82 83
24
BGBl. I 2007, 358. BGBl. I 2007, 1330. BGBl. I 2007, 3089. BGBl. I 2008, 1666. BGBl. I 2008, 2586. BGBl. I 2009, 770.
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Rz. 74 Einl.
Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 30.7.200984 hat die Vorschriften über die Einberufung einer Hauptversammlung in § 16 Abs. 4 WpÜG geändert; eine hiermit zusammenhängende Übergangsregelung wurde in § 68 Abs. 5 WpÜG angefügt. Das Gesetz ist zum 1.9.2009 in Kraft getreten. Das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5.4.201185 hat mit Wirkung zum 1.2.2012 die wertpapierhandelsrechtlichen Vorschriften zur Beteiligungstransparenz durch Modifikation des § 25 WpHG und Schaffung eines neuen § 25a WpHG erheblich verschärft, um zu verhindern, dass große Stimmrechtspositionen aufgebaut werden können, ohne dass die BaFin oder der Markt darüber frühzeitig Kenntnis erlangen. Gemäß Art. 2 des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes sind Angaben über die nach §§ 25 und 25a WpHG (jetzt: §§ 38, 39 WpHG – 2. FiMaNoG) mitteilungspflichtigen Finanz- und sonstigen Instrumente jetzt auch in die sogenannten Wasserstandsmeldungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG aufzunehmen; nach Art. 4 des Gesetzes hat aufgrund einer Änderung des § 2 Nr. 5 WpÜG-Angebotsverordnung nunmehr auch die Angebotsunterlage des Bieters die entsprechenden Informationen zu enthalten. Durch Art. 25 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.7.201386 wurden die Kostenregelungen des bisherigen § 39b Abs. 6 WpÜG in das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) übernommen. Der neu in § 39b Abs. 6 WpÜG eingefügte Satz 2 schließt eine Überbürdung der Gerichtskosten in der ersten Instanz auf den Antragsgegner aus. Dies entspricht inhaltlich dem bisherigen Satz 7. Durch die Ausweitung der Formulierung in Abs. 1 auf alle nachfolgenden Absätze wurde sichergestellt, dass auch die Regelungen in Abs. 6 Vorrang vor den Regelungen des FamFG haben. Durch das Gesetz zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 7.8.201387 wurden Begrifflichkeiten des § 47 WpÜG geändert. Art. 5 des Kleinanlegerschutzgesetzes vom 3.7.201588 hat mit Wirkung zum 10.7.2015 ohne Änderung der materiellen Rechtslage klargestellt, dass für die Beurteilung der Mitteilungspflicht nach § 33 WpHG (neu, ehemals § 21 WpHG) allein das Eigentum an Aktien entscheidend ist. Bei Aktien, die dem Meldepflichtigen nicht gehören, kommt eine Mitteilungspflicht bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Stimmrechtszurechnung in Betracht. Art. 5 des Kleinanlegerschutzgesetzes stellte den seit jeher bestehenden Gleichlauf der Parallelregelungen der §§ 29, 30 WpÜG und §§ 33, 34 WpHG (neu, ehemals §§ 21, 22 WpHG) her. Die Zehnte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.8.201589 führte auf Grund der Änderung der Bezeichnung zweier Bundesministerien zu rein redaktionellen Änderungen der §§ 5, 7 und 9 WpÜG. Art. 10 des Abwicklungsmechanismusgesetzes vom 2.11.201590 erweiterte mit Wirkung zum 6.11.2015 die bisher nur eingeschränkte Anwendbarkeit der in der Abgabenordnung enthaltenen Auskunfts-, Vorlage-, Amtshilfe und Anzeigepflichten gegenüber Steuerbehörden auf die BaFin dahingehend, dass diese nun für sämtliche Steuerstrafverfahren gelten. Bislang galten die in der Abgabenordnung normierten behördlichen Informationspflichten gegen Steuerbehörden für die BaFin nur sehr begrenzt. Art. 10 des Abwicklungsmechanismusgesetzes vollzog die Änderungen zu § 9 Abs. 5 KWG (Art. 2 Nr. 7 Abwicklungsmechanismusgesetz) für das WpÜG nach. Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom 20.11.201591 hat mit Wirkung zum 26.11.2015 die Vorschriften der §§ 29, 30 und 59 WpÜG geändert. Die Ergänzung des § 29 Abs. 2 WpÜG führte zu einer Erleichterung für Anleger in Sondervermögen, welche keine Spezialsondervermögen sind und deren Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen. Ohne eine entsprechende Regelung müssten Kapitalanlagegesellschaften den Anlegern solcher Vermögen letztlich taggenau den Bestand aller Aktien in Zielgesellschaften mitteilen, um zu verhin84 85 86 87 88 89 90 91
BGBl. I 2009, 2479. BGBl. I 2011, 538. BGBl. I 2013, 2586. BGBl. I 2013, 3154. BGBl. I 2015, 1114. BGBl. I 2015, 1474. BGBl. I 2015, 1864. BGBl. I 2015, 2029.
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Einl. Rz. 74 Einleitung
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dern, dass Anleger unwissentlich die Kontrolle erlangen. Diese Regelung war vorher in § 94 Abs. 2 Satz 3 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) enthalten. Die Neufassung des § 30 Abs. 3 bis 7 WpÜG vollzog die im Wertpapierhandelsgesetz erfolgte Einführung der bisher in § 94 Abs. 2 bis 5 KAGB enthaltenen Regelungen der Tochterunternehmenseigenschaft bei Kapitalverwaltungsgesellschaften und EU-Verwaltungsgesellschaften für das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz nach. Im Rahmen der Anpassung der Systematik an den § 35 WpHG (neu, ehemals § 22a WpHG) wurde § 30 Abs. 5 WpÜG dahingehend geändert, dass die bislang im Übernahmerecht auf den Bereich des § 94 Abs. 4 KAGB begrenzte Drittstaatenregelung nunmehr auch auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen ausgedehnt wird. Nach der Änderung des § 59 WpÜG erstreckt sich der Rechtsverlust auf alle Zurechnungstatbestände des § 30 WpÜG. Die weiteren Anpassungen waren redaktioneller Natur, auch um Änderungen im Wertpapierhandelsgesetz für das Übernahmerecht nachzuvollziehen. Das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.201692 setzte Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes auf Grund der Geltung der Marktmissbrauchsverordnung um. Dies führte mit Wirkung zum 2.7.2016 zu sprachlichen Anpassungen im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz. Das Gesetz zur Aktualisierung der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 18.7.201693 sah mit Wirkung zum 1.10.2021 den Wegfall des § 47 WpÜG vor. Grund dafür war die Konzentration von allgemeinen gebührenrechtlichen Regelungen im Bundegebührengesetz und die grundsätzliche Bündelung fachgesetzlicher Gebührentatbestände in Besonderen Gebührenverordnungen im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bundesministerien. Die wesentliche Änderung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes vom 23.6.201794 betraf die Bußgeldnorm des § 60 WpÜG. Der Bußgeldrahmen für Verstöße gegen das Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz wurde deutlich angehoben (siehe hierzu Rz. 45) und an den wertpapierhandelsrechtlichen Bußgeldtatbestand bei Verstößen gegen das Transparenzgebot angeglichen. Die weiteren Änderungen waren redaktioneller Natur, die sich aus der Neunummerierung des Wertpapierhandelsgesetzes ergaben. Das Gesetz ist zum 3.1.2018 in Kraft getreten.
II. Änderungen der WpÜG-Rechtsverordnungen 78
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Die WpÜG-Angebotsverordnung, die WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung, die WpÜGGebührenverordnung und die WpÜG-Beiratsverordnung95 wurden sämtlich durch die Erste Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz modifiziert; hierbei wurden jedoch nur Bezeichnungen geändert, materielle Änderungen erfolgten nicht (siehe hierzu oben Rz. 56). Die WpÜG-Angebotsverordnung wurde zudem durch Art. 4 des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes vom 28.10.200496 geändert, das eine Prospektpflicht für nicht in Wertpapieren verbriefte Vermögensanlagen des sog. Grauen Kapitalmarkts eingeführt hat (§§ 8f ff. Verkaufsprospektgesetz a.F.). Hierdurch wurde eine Ergänzung der in § 2 Nr. 2 WpÜG enthaltenen Bezugnahme auf das Verkaufsprospektgesetz erforderlich. Mit dem Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 22.6.200597 wurde die entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt und ein neues Wertpapierprospektgesetz (WpPG) geschaffen. Hieraus resultierten erneut Folgeänderungen in der WpÜG-Angebotsverordnung, um sicherzustellen, dass eine Angebotsunterlage nach WpÜG die gleichen Informationen enthält wie ein Prospekt nach dem WpPG. Daher wurde durch Art. 6 Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz § 2 Nr. 2 WpÜG-Angebotsverordnung neu gefasst und durch eine neue Nr. 2a mit Wirkung zum 1.7.2005 ergänzt. Das Verkaufsprospektgesetz wurde durch Art. 2 des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittlerund Vermögensanlagenrechts vom 6.12.201198 aufgehoben. Dies erforderte in Art. 17 dieses Gesetzes 92 93 94 95 96 97 98
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BGBl. I 2016, 1514. BGBl. I 2016, 1666. BGBl. I 2017, 1693. Die Verordnungen sind abgedruckt im Textanhang S. 1581 ff. BGBl. I 2004, 2630. BGBl. I 2005, 1698. BGBl. I 2011, 2481.
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Rz. 89 Einl.
die Änderung der Verweise in § 2 Nr. 2a WpÜG-Angebotsverordnung auf das Verkaufsprospektgesetz und die Verkaufsprospektverordnung in Verweise auf das mit Art. 1 dieses Gesetzes erlassene Vermögensanlagengesetz und die Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung. Weitere Änderungen der WpÜG-Angebotsverordnung erfolgten durch das Übernahmerichtlinie- 81 Umsetzungsgesetz vom 8.7.200699 mit Wirkung zum 14.7.2006. Aufgenommen wurde das Erfordernis, in die Angebotsunterlage auch Angaben über die mit der Zielgesellschaft handelnden gemeinsamen Personen aufzunehmen sowie Angaben über das Verhältnis der gemeinsam handelnden Personen zu Bieter oder Zielgesellschaft zu machen, sofern es sich bei den gemeinsam handelnden Personen um Gesellschaften handelt (§ 2 Nr. 1 WpÜG-Angebotsverordnung). Neu hinzu getreten ist auch die Verpflichtung, die Berechnungsmethoden für eine Entschädigung als Folge der Anwendung der Europäischen Durchbrechungsregel nach § 33b WpÜG und eine Begründung ihrer Angemessenheit in die Angebotsunterlage aufzunehmen (§ 2 Nr. 3a WpÜG-Angebotsverordnung); Gleiches gilt für die Verpflichtung zu Angaben zum Gerichtsstand betreffend die sich aus der Annahme des Angebots ergebenden Verträge (§ 2 Nr. 12 WpÜG-Angebotsverordnung). Zudem wurde die Referenzperiode für die Berücksichtigung von Vorerwerben bei der Bestimmung der Gegenleistung von drei auf sechs Monate verlängert (§ 4 Satz 1 WpÜG-Angebotsverordnung). Korrespondierend mit der letztgenannten Änderung wurde durch die Verordnung zur Änderung der WpÜG-Angebotsverordnung vom 17.7.2006100 mit Wirkung zum 25.7.2006 die Verpflichtung zu Offenlegung von Vorerwerben in der Angebotsunterlage (§ 2 Nr. 7 WpÜG-Angebotsverordnung) ebenfalls von drei auf sechs Monate erweitert. Zu den Änderungen der WpÜG-Angebotsverordnung durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz siehe oben Rz. 68.
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Die Anpassungen der WpÜG-Angebotsverordnung durch das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts101 vom 6.12.2011 beruhten auf der Aufhebung des Verkaufsprospektgesetzes und dem Inkrafttreten des Vermögensanlagengesetzes.
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Das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie (siehe hierzu Rz. 74) bewirkte durch die neue Delisting-Regelung im modifizierten § 39 BörsG eine Änderung der WpÜG-Angebotsverordnung. Die Angebotsunterlage muss nunmehr Angaben zu dem bevorstehenden Antrag der Zielgesellschaft auf einen Widerruf der Zulassung der betroffenen Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt enthalten.
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Die Angebotsverordnung erfuhr durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (siehe hierzu Rz. 77) auf Grund der Änderungen im Wertpapierhandelsgesetz sprachliche Anpassungen. Für den maßgeblichen Zeitraum nach § 5 WpÜG-Angebotsverordnung sowie nach § 39 Abs. 3 BörsG wurde eine Übergangsvorschrift eingeführt. Weitere redaktionelle Änderungen erfolgten in § 2 WpÜG-Angebotsverordnung durch das Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen.
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Mit der Verordnung zur Änderung der WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung vom 26.6.2003102 erfolgten technische Änderungen der Regelungen zur Mitwirkung der ehrenamtlichen Beisitzer (§ 3 WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung) mit Wirkung zum 1.7.2003.
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Die Erste Verordnung zur Änderung der WpÜG-Gebührenverordnung vom 27.7.2005103 enthielt Änderungen der in dieser Verordnung enthaltenen Gebührentatbestände mit Wirkung zum 18.8.2005.
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Änderungen der WpÜG-Gebührenverordnung durch das Gesetz zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes (siehe hierzu oben Rz. 70) betrafen Begriffsanpassungen und die Aufnahme eines Verweises auf das Bundesgebührengesetz.
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Das Gesetz zur Aktualisierung der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes (siehe hierzu oben Rz. 76) sah die Aufhebung der WpÜG-Gebührenverordnung mit Wirkung zum 1.10.2021 vor.
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99 100 101 102 103
BGBl. I 2006, 1426. BGBl. I 2006, 1697. BGBl. I 2001, 2481. BGBl. I 2003, 1006. BGBl. I 2005, 2417.
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Lediglich eine Änderung der Bezeichnungen in der WpÜG-Beiratsverordnung bewirkten die Achte, Neunte und Zehnte Zuständigkeitsanpassungsverordnung (siehe hierzu oben Rz. 58 und 72).
III. Praktische Erfahrungen mit dem WpÜG 91
In den Jahren 2002 bis 2017 gestattete die BaFin insgesamt 480 Angebote und damit durchschnittlich 30 Angebote pro Jahr104. 2009 wirkte sich die Finanzkrise auch im Übernahmemarkt aus. Die Zahl der jährlichen Angebote ging im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte zurück (2008: 39 Angebote; 2009: 18 Angebote). Des Weiteren wurden in dem Zeitraum von 2002 bis 2017 insgesamt 2269 Anträge auf Befreiung vom Pflichtangebot oder auf Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nach §§ 36 und 37 WpÜG gestellt, die somit zahlenmäßig den größten Teil der Aufsichtstätigkeit einnahmen. In den Jahren 2016 und 2017 wurden, basierend auf dem modifizierten § 39 BörsG, sieben Delisting-Erwerbsangebote abgegeben.105
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Vor diesem Hintergrund hat das WpÜG durch die Verwaltungspraxis106 und die Rechtsprechung107 deutlich an Konturen gewonnen. Zahlreiche Einzelfragen sind mittlerweile von der BaFin entschieden bzw. vor Gericht geklärt worden. Hierzu gehört namentlich die von der BaFin – zu Recht – bejahte grundsätzliche Anwendbarkeit des WpÜG auf Kontrollerwerbe, bei denen nicht die Stammaktien, sondern nur die stimmrechtslosen Vorzugsaktien der Zielgesellschaft zum Börsenhandel zugelassen sind (näher § 1 WpÜG Rz. 36), und auf Verschmelzungen, die zu einem Kontrollerwerb bei einer börsenzugelassenen Zielgesellschaft führen (näher § 35 WpÜG Rz. 139). Erhebliche praktische Bedeutung erlangte auch die Änderung der Verwaltungspraxis der BaFin im Jahr 2006 dahingehend, dass sie künftig von der Anwendung des WpÜG auf öffentliche Rückkaufsangebote der Zielgesellschaft absehe (näher § 2 WpÜG Rz. 41 f.)108. Nach Einführung des Delisting-Erwerbsangebots durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie109 hat die BaFin diese Verwaltungspraxis jedoch eingeschränkt. Danach kann die Zielgesellschaft ausnahmsweise ein Angebot nach dem WpÜG für ihre eigenen Aktien abgeben, nämlich wenn sie selbst ein Delisting-Erwerbsangebot abgeben möchte110. Des Weiteren entwickelte die BaFin ein Merkblatt hinsichtlich ihrer Anforderungen an den Zusammenhang zwischen Übernahmeangebot und Kontrollerlangung für eine Befreiung vom Pflichtangebot (näher § 35 WpÜG Rz. 276 ff.) und gab damit für die Marktteilnehmer eine wichtige Richtschnur 104 Vgl. für eine detaillierte Aufschlüsselung sowie weitere statistische Angaben die BaFin-Jahresberichte 2002 ff., jeweils unter dem Punkt „Unternehmensübernahmen“; siehe ferner die Datenbanken und Statistiken auf der Website der BaFin (www.bafin.de). 105 Vgl. BaFin-Jahresberichte 2016 und 2017, jeweils unter dem Punkt „Unternehmensübernahmen“. 106 Siehe hierzu auch BaFin Jahresbericht 2003 ff. Überblick über die Praxis seit Inkrafttreten des WpÜG bei Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 1; Krause, NJW 2004, 3681; Fabritius in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, S. 45; Strunk/Behnke in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, S. 81; Lenz, NJW 2003, 2073; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43; Schmidt/Prigge/Suckel, ZBB 2003, 460; Lenz/Linke, AG 2002, 361. 107 Vgl. insbesondere OLG Frankfurt a.M. v. 22.4.2003 – WpÜG-OWi 3/02, ZIP 2003, 2117 = NZG 2003, 638; OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 1/03 – ProSiebenSat.1 I, NZG 2003, 729 = AG 2003, 516; OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 2/03 – Wella I, NZG 2003, 829 = AG 2003, 515; OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03 – Wella II, NZG 2003, 1120 = AG 2003, 513; OLG Frankfurt a.M. v. 25.8.2003 – WpÜG 5 und 8/03 – Pixelpark I, ZIP 2003, 1977 = AG 2004, 36; OLG Frankfurt a.M. v. 9.10.2003 – WpÜG 3/03 – ProSiebenSat.1 II, NZG 2004, 243; OLG Frankfurt a.M. v. 9.10.2003 – WpÜG 2/02 – Berliner Effektengesellschaft, NZG 2004, 240; OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a – Pixelpark II, DB 2004, 1718 = AG 2004, 617; OLG Frankfurt a.M. v. 14.11.2006 – 5 U 158/05, NZG 2007, 553; LG München I v. 3.1.2003 – 5 HK O 22225/02 – GAP, BKR 2003, 810; LG München I v. 14.8.2003 – 5 HK O 13413/03 – HVB Real Estate, ZIP 2004, 167; BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03, DB 2004, 1305 = AG 2004, 607. Einen jährlichen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Übernahmerecht bietet Weber, NJW 2004, 28, 37 (für 2003); NJW 2004, 3674, 3680 (für 2004); NJW 2005, 3682, 3689 (für 2005); NJW 2006, 3685, 3689 ff. (für 2006); NJW 2007, 3688, 3694 f. (für 2007); NJW 2009, 33, 37 (für 2008); NJW 2010, 274, 278 f. (für 2009); NJW 2011, 273, 278 (für 2010). 108 Vgl. Schreiben der BaFin vom 9.8.2006. 109 Bundesgesetzblatt 2015 Teil I Nr. 46, 25.11.2015, S. 2029. 110 BaFin Jahresbericht 2017, S. 147.
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Einleitung
Rz. 93 Einl.
vor111. Der BGH konkretisierte in seiner viel beachteten Entscheidung vom 18.9.2006 („WMF“) den Tatbestand der Zurechnung von Stimmrechten bei abgestimmten Verhaltensweisen (sog. acting in concert), in dessen Folge der Gesetzgeber die Vorschrift des § 30 Abs. 2 neu fasste (näher § 30 WpÜG Rz. 168 f.)112. In seiner Entscheidung vom 11.6.2013 („BKN“)113 entschied der BGH, dass die Aktionäre einer Zielgesellschaft keinen Anspruch auf eine Gegenleistung haben, wenn ein Kontrollerwerber entgegen § 35 Abs. 2 WpÜG kein Pflichtangebot veröffentlicht. Demgegenüber hat der BGH in der Entscheidung zum Übernahmeangebot der Deutsche Bank AG an die Aktionäre der Postbank AG vom 29.7.2014114 für den Fall, dass die vom Bieter im Rahmen eines Übernahmeangebots nach § 29 Abs. 1 WpÜG vorgesehene Gegenleistung nicht angemessen im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist, den Aktionären, die das Übernahmeangebot angenommen haben, einen Anspruch gegen den Bieter auf Zahlung der angemessenen Gegenleistung zuerkannt. Am 7.11.2017115 entschied der BGH schließlich entgegen der Verwaltungspraxis der BaFin116, dass bei der Ermittlung der angemessenen Gegenleistung für ein Übernahmeangebot grundsätzlich auch die vom Bieter für den abgeleiteten Erwerb von Wandelschuldverschreibungen gezahlten Preise zu berücksichtigen sind. In seinem Urteil vom 25.9.2018117 nahm der BGH erneut zu den Voraussetzungen für eine Zurechnung von Stimmrechten bei abgestimmtem Verhalten (sog. acting in concert) Stellung. Er entschied, wiederum entgegen der Verwaltungspraxis der BaFin, dass das Vorliegen eines Einzelfalls in § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpHG a.F. (sog. Einzelfallausnahme) formal zu bestimmen ist. Hierdurch klärte der BGH eine seit längerem bestehende Streitfrage, die er bisher offengelassen hatte. Wegen der nahezu wortgleichen Regelung in § 30 Abs. 2 WpÜG ist die Entscheidung des BGH auch für das Übernahmerecht relevant. Die Oberlandesgerichte sicherten die Praxistauglichkeit des übernahmerechtlichen Squeeze-out, indem sie entschieden, dass – wenn überhaupt – eine Widerlegung der Angemessenheitsvermutung für die Abfindung nur unter hohen Voraussetzungen in Betracht kommt (näher § 39a WpÜG Rz. 83 ff.)118. Hinsichtlich des Verfahrensrechts des WpÜG hat sich gezeigt, dass die vom Gesetzgeber intendierte restriktive Linie in Bezug auf die Beteiligung von Aktionären am aufsichtlichen Verfahren vor der BaFin von der Rechtsprechung nachvollzogen wird (näher § 37 Rz. 95 f.)119. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich das WpÜG in der Praxis bewährt hat120. Ob Gleiches auch be- 93 züglich der gesetzlichen Regelung sog. feindlicher Übernahmen gilt, die gegen den Willen des Managements der Zielgesellschaft erfolgen, wurde vor einiger Zeit in Zweifel gezogen. Im Kern betrifft die Kritik die seit einigen Jahren vermehrt auftretenden sog. schleichenden Übernahmen. Bei diesen wird durch besondere Gestaltung des Erwerbs- bzw. Angebotsvorgangs eine Kontrollbeteiligung verdeckt bzw. zu den Bieter begünstigenden, aber die Schutzziele des Pflichtangebots unterlaufenden Konditionen aufgebaut121. Der Gesetzgeber hat hierauf bereits durch eine Verschärfung der Meldepflichten im Rahmen des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes reagiert (siehe bereits oben Rz. 68). Die rechtspolitische Diskussion ist allerdings nicht verstummt122.
111 Merkblatt – Auslegung des § 35 Abs. 3 WpÜG durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 12.7.2007. Abrufbar auf der Website der BaFin (www.bafin.de). 112 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, AG 2006, 883. Siehe hierzu auch Goette, DStR 2006, 2132, 2137 f. 113 BGH v. 11.6.2013 – II ZR 80/12, NZG 2013, 939 = AG 2013, 634. 114 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, NZG 2014, 985 = AG 2014, 662. 115 BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16, NZG 2018, 106. 116 BaFin Jahresbericht 2014, S. 233. 117 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05. 118 OLG Frankfurt a.M. v. 9.12.2008 – WpÜG 2/08, AG 2009, 86. Die Widerleglichkeit der Vermutung gänzlich ablehnend OLG Stuttgart v. 5.5.2009 – 20 W 13/08, AG 2009, 707. Anders dagegen noch das LG Frankfurt a.M. v. 5.8.2008 – 3-5 O 15/08, AG 2008, 790. 119 Vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 8.1.2018 – WpÜG 1/17. 120 Positive Einschätzung auch bei von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 9, 40; aus der Praxis des Investmentbanking Leithner in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 302; Lenz/Linke, AG 2002, 361; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43; Krause, NJW 2004, 3681, 3688; kritisch demgegenüber (allerdings kurz nach Inkrafttreten des WpÜG) Habersack, ZHR 166 (2002), 619. 121 Vgl. insbesondere das Vorgehen der Schaeffler-Gruppe in Bezug auf Continental AG (2008) sowie der Grupo ACS hinsichtlich Hochtief (2010/2011). 122 So hatten am 27.10.2010 das Land Nordrhein-Westfalen im Bundesrat (vgl. BR-Drucks. 584/2/10) und die SPD-Fraktion im Bundestag (vgl. BT-Drucks. 17/3481) jeweils einen – gescheiterten – Antrag zur Änderung
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Einl. Rz. 94 Einleitung
E. Europäische Rahmenbedingungen für Unternehmensübernahmen: Die Übernahmerichtlinie I. Historische Entwicklung bis zur Verabschiedung der Übernahmerichtlinie 1. Vom Pennington-Bericht 1974 bis zum vorläufigen Scheitern 2001 94
Die Bemühungen, europaweit einheitliche Rahmenbedingungen für Unternehmensübernahmen zu schaffen, reichen bis in das Jahr 1974 zurück. Den Ausgangspunkt bildet der im Auftrag der Europäischen Kommission von dem britischen Professor Robert Pennington erstellte Bericht über „Übernahmeangebote und andere Angebote“123. Der Bericht enthielt einen Entwurf für eine Übernahmerichtlinie, der sich stark an dem britischen City Code on Takeovers and Mergers aus dem Jahr 1968 orientierte. In den im Anschluss an den Bericht erfolgenden Diskussionen stellte sich jedoch heraus, dass ein Regelungsbedürfnis von den Mitgliedstaaten angesichts der geringen Anzahl und Bedeutung von Übernahmen überwiegend verneint wurde, so dass die Kommission von der Vorlage eines Richtlinienentwurfs zunächst Abstand nahm. Stattdessen beschränkte sie sich darauf, eine die Mitgliedstaaten nicht bindende Empfehlung zu „europäischen Wohlverhaltensregeln für Wertpapiertransaktionen“124 zu verabschieden und dort auf den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre und das Erfordernis der Markttransparenz bei Kontrollerwerben hinzuweisen125.
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1985 bekundete die Kommission erstmals formell im Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarktes ihre Absicht, eine Richtlinie über Übernahmeangebote vorzulegen126. 1987 folgte der Vorentwurf der Richtlinie127, 1989 ein erster Vorschlag für eine Dreizehnte Richtlinie über Übernahmeangebote128 und 1990 ein überarbeiteter Richtlinienvorschlag129. Alle Vorschläge wiesen eine erhebliche Regulierungsdichte auf, was bei zahlreichen Mitgliedstaaten zu negativen Reaktionen führte. Darüber hinaus wurde wiederum grundsätzlich das Erfordernis einer Richtlinie in Frage gestellt. Auch in Deutschland stießen die Entwürfe auf Ablehnung, vor allem im Hinblick auf das in Art. 4 vorgesehene Pflichtangebot, das angesichts der konzernrechtlichen Regelungen (§§ 311 ff. AktG) als überflüssig und unverhältnismäßig angesehen wurde (näher § 35 WpÜG Rz. 18, 42 ff.). Da sich bei den Beratungen im Rat abzeichnete, dass die erforderliche qualifizierte Mehrheit nicht zustande kommen würde, wurden die Verhandlungen im Juni 1991 ausgesetzt.
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Am 8.2.1996 veröffentlichte die Kommission erneut einen überarbeiteten Richtlinienentwurf130. Nachdem der Wirtschafts- und Sozialausschuss131 eine befürwortende Stellungnahme abgegeben und das Europäische Parlament132 den Entwurf zwar grundsätzlich begrüßt, aber zahlreiche Änderungen
131 132
des WpÜG eingebracht, der nach dem Willen der Urheber das „Creeping in“ unter bestimmten Voraussetzungen erschweren bzw. verhindern sollte. Sog. Pennington-Entwurf, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 831; hierzu Behrens, ZGR 1975, 433, und Bess, AG 1976, 169 (Teil I) und 206 (Teil II). Empfehlung der Kommission vom 25.7.1977, ABl. EG Nr. L 212 v. 20.8.1977, S. 37. Vgl. die Nrn. 3. (allgemeiner Grundsatz) sowie 17. und 18. (Einzelregelungen) der Empfehlung; dazu Reul, Gleichbehandlung, S. 6 f. Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Europäischen Rat – Vollendung des Binnenmarktes –, KOM (85) 310 endg., EG-Dok. 7674/85; abgedruckt als BR-Drucks. 289/85, siehe dort 85 B, S. 34 Rz. 139. EG-Kom.-Dok. XV/63/87-DE rev. 1; dazu Hauschka/Roth, AG 1988, 181, 184. ABl. EG Nr. C 64 v. 14.3.1989, S. 8; auch abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 935. Hierzu u.a. Baums, ZIP 1989, 1376; Grunewald, WM 1989, 1233; Stoll, BB 1989, 1489; Hommelhoff/Kleindiek, AG 1990, 106; Mertens, AG 1990, 252; Hopt in FS Rittner, 1991, S. 187, 195 ff.; Peltzer in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 179, 180 ff., dort auch mit einer Gegenüberstellung des PenningtonEntwurfs, des Vorentwurfs und des Entwurfs von 1989. ABl. EG Nr. C 240 v. 26.9.1990, S. 7; auch abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 946. Hierzu u.a. Grunewald, WM 1991, 1361; Krause, Übernahmeangebot, S. 29 ff. ABl. EG Nr. C 162 v. 6.6.1996, S. 5; auch abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 977. Hierzu u.a. Krause, AG 1996, 209; Neye, DB 1996, 1121; Roos, WM 1996, 2117; Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 379 ff.; Peltzer, AG 1997, 145. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 12.6.1996, ABl. EG Nr. C 295 v. 7.10.1996, S. 1. Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 26.6.1997, ABl. EG Nr. C 222 v. 21.7.1997, S. 20.
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123 124 125 126 127 128
129 130
Einleitung
Rz. 98 Einl.
vorgeschlagen hatte, legte die Kommission am 10.11.1997 unter Berücksichtigung eines Großteils der Änderungswünsche einen Geänderten Vorschlag für eine Dreizehnte Richtlinie133 vor. Im Gegensatz zu den bisherigen Entwürfen sahen die neuen Vorschläge nur noch eine „Rahmenrichtlinie“134 vor, die sich auf einige grundsätzliche Bestimmungen und eine begrenzte Anzahl allgemeiner Anforderungen beschränkte, die im jeweiligen nationalen Recht konkretisiert werden sollten. Den Mitgliedstaaten wurde ein weiter Handlungsspielraum bei Umsetzung der Richtlinienvorgaben eingeräumt. Unter anderem wurde ihnen ermöglicht, statt eines Pflichtangebots auch „andere geeignete und mindestens gleichwertige Vorkehrungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre“ vorzusehen (Art. 3 Abs. 1). Die letztgenannte Regelung zielte auf das deutsche Konzernrecht ab und sollte Deutschland dazu bewegen, der Verabschiedung der Richtlinie zuzustimmen. Nach intensiven, sehr kontroversen Beratungen 1998 und in der ersten Jahreshälfte 1999 wurde am 97 21.6.1999 unter deutscher Ratspräsidentschaft eine politische Einigung erzielt, der mit einjähriger Verzögerung135 die Verabschiedung eines Gemeinsamen Standpunktes136 durch den Ministerrat am 19.6.2000 nachfolgte. Kernbestandteil des weiterhin als Rahmenrichtlinie konzipierten Gemeinsamen Standpunktes war zum einen das Pflichtangebot (Art. 5), wobei die Bestimmung der Kontrollschwelle den Mitgliedstaaten überlassen wurde. Nicht mehr enthalten war die Möglichkeit alternativer Schutzvorschriften, nachdem unter deutscher Ratspräsidentschaft die Forderung nach einer dauerhaften Anerkennung des deutschen Konzernrechts als einer gleichwertigen Alternative zum Pflichtangebot fallen gelassen worden war (näher § 35 WpÜG Rz. 18, 42 ff.). Zum anderen sah der Gemeinsame Standpunkt eine – häufig als Neutralitätspflicht (besser: Vereitelungsverbot) bezeichnete – weitgehende Verpflichtung des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans einer Zielgesellschaft vor, Abwehrmaßnahmen während eines Übernahmeangebots zu unterlassen (Art. 9). Danach waren grundsätzlich nur solche Abwehrmaßnahmen zulässig, zu denen die Hauptversammlung die oben genannten Organe während des Angebotsverfahrens ermächtigt hatte. Eine Ausnahme bestand nur für die Suche nach einem konkurrierenden Bieter und für die Durchführung von Kapitalerhöhungen unter Wahrung des Bezugsrechts, sofern der zu Grunde liegende Hauptversammlungsbeschluss innerhalb der letzten 18 Monate vor Beginn der Annahmefrist des Angebots gefasst wurde. Sämtliche früheren Richtlinienentwürfe hatten ebenfalls ein Vereitelungsverbot, wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung, vorgesehen. An die Verabschiedung des Gemeinsamen Standpunktes schloss sich eine Diskussion im Europäi- 98 schen Parlament an, das im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens nach Art. 251 EG-Vertrag (entspricht im Wesentlichen dem heutigen ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV) zu beteiligen war. Die Diskussion wurde maßgeblich beeinflusst von dem Berichterstatter des federführenden Ausschusses für Recht und Binnenmarkt, dem deutschen Abgeordneten Klaus-Heiner Lehne. Sie entzündete sich vor allem an dem Vereitelungsverbot und erfolgte – nicht nur in Deutschland – unter dem noch frischen Eindruck der Übernahme der Mannesmann AG durch die britische Vodafone AirTouch plc im Winter 1999/2000. Da das Vereitelungsverbot nur bestimmte Abwehrmaßnahmen erfasste, während teilweise in der EU verbreitete andere Übernahmehemmnisse, wie z.B. Höchst- und Mehrstimmrechte sowie golden shares (hierzu unten Rz. 110 ff.), unangetastet blieben, und die Regelung zudem nur auf EU-Unternehmen Anwendung finden konnte, wurde ein fehlendes level playing field innerhalb der EU und im Verhältnis zu Drittstaaten, insbesondere den Vereinigten Staaten von Amerika, beanstandet. Weitere Kritikpunkte betrafen u.a. die aus Sicht des Europäischen Parlaments unzureichende Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen sowie die fehlende Harmonisierung im 133 ABl. EG Nr. C 378 v. 13.12.1997, S. 10; auch abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 983. Hierzu u.a. Habersack/Mayer, ZIP 1997, 2141; Hopt in FS Zöllner, 1998, S. 253, 255 ff.; Weber, EuZW 1998, 464; Witt, EWS 1998, 318; Monti in von Rosen/Seifert, Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 15; Mülbert, IStR 1999, 83. 134 Kritisch zu dem Konzept einer Rahmenrichtlinie Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 380 f. und Roos, WM 1996, 2177, 2187 f. 135 Hintergrund für die Verzögerung war ein Streit zwischen dem Vereinigten Königreich und Spanien über die zuständige Aufsichtsbehörde bei Unternehmensübernahmen von Gesellschaften mit Sitz in Gibraltar, vgl. hierzu Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 5; Neye, ZIP 2001, 1120, 1121. 136 ABl. EG Nr. C 23 v. 24.1.2001, S. 1; auch abgedruckt bei Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 32 ff. und Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 995 ff. Hierzu eingehend Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 4 ff., siehe ferner Hopt in FS Koppensteiner, 2001, S. 61, 63 ff.; Krause, NZG 2000, 905; Neye, AG 2000, 289 f.; Pötzsch, Übernahmerecht, S. 60.
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Einl. Rz. 98 Einleitung Hinblick auf die Möglichkeit des Ausschlusses von Minderheitsaktionären (Squeeze-out). Auf Grundlage des Berichts des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt beschloss das Europäische Parlament daher in Zweiter Lesung am 13.12.2000 15 teilweise sehr weit gehende Abänderungen des Gemeinsamen Standpunktes137. Diese sahen unter anderem erheblich weitere Spielräume des Managements einer Zielgesellschaft bei Abwehrmaßnahmen, eine stärkere Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen und eine Regelung zum Squeeze-out vor. Insbesondere die erstgenannte Forderung hatte sich mittlerweile auch die Bundesregierung zu eigen gemacht. 99
Da der Rat nicht bereit war, alle Abänderungen des Europäischen Parlaments zu billigen, war gemäß Art. 251 Abs. 3 Satz 2 EG-Vertrag (vgl. Art. 294 Abs. 8 lit. b) AEUV) der Vermittlungsausschuss einzuberufen. In den nun stattfindenden Verhandlungen zwischen Mitgliedern des Rates und des Europäischen Parlaments, die unter Beteiligung der Kommission erfolgten, konnte zu zahlreichen Themen eine Einigung erzielt werden; hoch umstritten blieb allerdings weiterhin das Vereitelungsverbot. Durch taktische Winkelzüge138 gelang es, in der entscheidenden letzten Sitzung des Vermittlungsausschusses die Zahl der Kritiker des Vereitelungsverbots gering zu halten, und am 6.6.2001 mehrheitlich einen Kompromiss139 zu verabschieden. Dieser sah vor, das Vereitelungsverbot im Wesentlichen unverändert beizubehalten und nur für die Fortsetzung bereits eingeschlagener Unternehmensstrategien zu lockern. Im Übrigen wurden die Informationsrechte der Arbeitnehmer, wie vom Europäischen Parlament gefordert, gestärkt. Zudem sagte die Kommission zu, eine Gruppe von Gesellschaftsrechtsexperten einzusetzen, die sich mit der Problematik des Squeeze-out, der Gleichbehandlung der Aktionäre unter Berücksichtigung von Höchst- und Mehrstimmrechten und golden shares sowie der Bestimmung der Gegenleistung bei Pflichtangeboten befassen sollte.
100
Zur Annahme der Richtlinie bedurfte es gemäß Art. 251 Abs. 5 Satz 1 EG-Vertrag (vgl. Art. 294 Abs. 13 Satz 1 AEUV) nunmehr noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates zu dem Kompromiss. Die Aussprache im Europäischen Parlament am 3.7.2001 offenbarte, dass die Auffassungen zum Vereitelungsverbot unverändert auseinander gingen. In der Abstimmung am 4.7.2001 wurde die erforderliche Mehrheit nicht erreicht: Die Richtlinie scheiterte mit der denkbar knappsten Stimmenzahl von 273:273 bei 22 Enthaltungen140. Damit votierte das Europäische Parlament erstmals in seiner Geschichte gegen einen im Vermittlungsverfahren gefundenen Kompromiss. 2. Vom Winter-Bericht 2002 bis zur Verabschiedung 2004
101
Trotz des erneuten Scheiterns der Bemühungen um eine Übernahmerichtlinie hielt die Kommission weiterhin an ihrem Ziel fest, eine Richtlinie zu erlassen. Wie bereits während des Vermittlungsverfahrens angekündigt, beauftragte sie umgehend eine „Hochrangige Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts“ unter Vorsitz des niederländischen Gesellschaftsrechtlers Jaap Winter (sog. Winter-Kommission141) damit, die erforderlichen Rahmenbedingungen für europäische Unternehmensübernahmen zu untersuchen.
102
Am 10.1.2002 legte die Winter-Kommission ihren Bericht über die Abwicklung von Unternehmensübernahmen142 vor, in dem sie eingehend zu dem Erfordernis eines level playing field, zur Bestimmung der Gegenleistung bei Pflichtangeboten sowie zur Einführung einer Squeeze-out-Regelung Stellung nahm. 137 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments, ABl. EG Nr. C 232 v. 17.8.2001, S. 168; auch abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 1015. 138 Hierzu Lehne in Hirte (Hrsg.), WpÜG, S. 33, 34 f.; Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 35. 139 Abgedruckt bei Pötzsch, Übernahmerecht, S. 342, und in ZIP 2001, 1120 m. Anm. Neye. 140 Hierzu Lehne in Hirte (Hrsg.), WpÜG, S. 33, 34 f.; Zinser, WM 2002, 15; Krause, Börsen-Zeitung v. 10.7.2001, S. 10. 141 Weitere Mitglieder der Expertengruppe waren: Jan Schans Christensen (Dänemark), José Maria Garrido Garcia (Spanien), Klaus J. Hopt (Deutschland), Jonathan Rickford (Vereinigtes Königreich), Guido Rossi (Italien) und Joëlle Simon (Frankreich). 142 Abrufbar im Internet unter http://ec.europa.eu/internal_market/company/docs/takeoverbids/2002-01-hlg-re port_de.pdf. Abdruck der Zusammenfassung der Ausführungen und Empfehlungen der Expertengruppe bei Pötzsch, Übernahmerecht, S. 358 ff.
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Einleitung
Rz. 108 Einl.
Die Winter-Kommission war der Auffassung, zur Schaffung eines level playing field bei Unternehmensübernahmen seien zwei Grundsätze essenziell. Zum einen müsse die Entscheidung über die Annahme eines Übernahmeangebots bei den Aktionären verbleiben. Danach seien Abwehrmaßnahmen des Managements einer Zielgesellschaft nur zulässig, wenn sie auf Grundlage einer Ermächtigung der Hauptversammlung erfolgten, die erst nach Ankündigung des Angebots erteilt worden sei. Vorratsbeschlüsse böten keine hinreichende Grundlage143. Insoweit bestätigte der Vorschlag das bislang in den Richtlinienentwürfen enthaltene Vereitelungsverbot – und verschärfte dieses gegenüber dem zuletzt diskutierten Richtlinienvorschlag noch, der zumindest eine Ausnahme für die Durchführung von Kapitalerhöhungen unter Wahrung des Bezugsrechts auf der Basis eines Hauptversammlungsbeschlusses vorgesehen hatte, sofern der Beschluss innerhalb der letzten 18 Monate vor Beginn der Annahmefrist des Angebots gefasst worden war.
103
Zum anderen müssten, so die Winter-Kommission, Kontrollrechte an einem Unternehmen und Un- 104 ternehmensrisiko, das durch Gesellschaftsanteile vermittelt werde, die ein uneingeschränktes Recht auf Beteiligung an den Unternehmensgewinnen oder am Liquidationserlös vermittelten (sog. risikotragendes Kapital), korrespondieren (Proportionalitätsprinzip). Der hier zum Ausdruck kommende Gedanke „one share, one vote“ sei in zweifacher Hinsicht bei Übernahmen zu verwirklichen: Erstens sollten bei der Entscheidung der Hauptversammlung über Abwehrmaßnahmen Höchst- und Mehrstimmrechte wirkungslos werden und Vorzugsaktien und Genussrechte ein Stimmrecht erhalten. Zweitens solle es einem Bieter, der auf Grund des Angebots eine bestimmte Schwelle erreiche, die maximal 75 % des risikotragenden Kapitals betragen dürfe, ermöglicht werden, in der Satzung der Zielgesellschaft verankerte Regelungen, die der Ausübung der Kontrolle durch den Bieter in Höhe seines risikotragenden Kapitals entgegenstünden, z.B. Stimmrechtsbeschränkungen oder Mehrstimmrechte, ohne Entschädigungspflicht außer Kraft zu setzen (Durchgriffsregel, auch Durchbruchsregel genannt)144. Nicht erfasst werden von der Regelung sollten – sofern gemeinschaftsrechtlich zulässig – golden shares, die den Grundsätzen des öffentlichen Rechts unterlägen, d.h. deren Basis eine gesetzliche Grundlage sei145. Die Winter-Kommission empfahl darüber hinaus, börsennotierte Gesellschaften zu verpflichten, ihre 105 Kapital- und Kontrollstrukturen regelmäßig in konsolidierter Form offen zu legen146. In Bezug auf Pflichtangebote regte die Winter-Kommission u.a. an, eine Regelung einzuführen, nach der der Preis der anzubietenden Gegenleistung sich grundsätzlich nach dem höchsten Preis bestimme, den der Bieter innerhalb eines von den Mitgliedstaaten festzulegenden Zeitraums zwischen sechs und zwölf Monaten für den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft bezahlt habe147.
106
Schließlich empfahl die Winter-Kommission, eine Regelung in die Richtlinie aufzunehmen, die einen Ausschluss von Minderheitsaktionären nach einem Übernahmeangebot ermögliche. Die für einen solchen Squeeze-out maßgebliche Schwelle solle zwischen 90 und 95 % des Grundkapitals betragen. Als Alternative käme in Betracht, einen Squeeze-out für den Fall einer Annahme des vorausgegangenen Übernahmeangebots durch Aktionäre, die mindestens 90 % des Aktienkapitals halten, das Gegenstand des Angebots war, zu ermöglichen. Das Ausschlussrecht solle flankiert werden durch ein Austrittsrecht der Minderheitsaktionäre, sofern ein Großaktionär die für den Squeeze-out maßgebliche Schwelle erreicht habe (Sell-out)148.
107
Am 2.10.2002 legte die Kommission einen neuen Richtlinienvorschlag149 vor. Dieser übernahm in weiten Bereichen Anregungen der Winter-Kommission, etwa hinsichtlich der Gegenleistung bei
108
143 144 145 146 147 148 149
Näher Winter-Bericht, S. 22 ff., 30 ff. Näher Winter-Bericht, S. 24 f., 32 ff. Näher Winter-Bericht, S. 38 f. Näher Winter-Bericht, S. 28 f. Näher Winter-Bericht, S. 58 ff. Näher Winter-Bericht, S. 70 ff. ABl. EG Nr. C 45 E v. 25.2.2003, S. 1, auch abgedruckt als BR-Drucks. 800/02 und in ZIP 2002, 1863; hierzu Krause, BB 2002, 2341; Kallmeyer, DB 2002, 2695; Neye, NZG 2002, 1144; Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193; Wiesner, ZIP 2002, 1967; Arnold, BB 2003, 267; Lehne/Haak, Der Konzern 2003, 163; Dauner-Lieb/Lamandini, BB 2003, 265; Dauner-Lieb/Lamandini, Der Konzern 2003, 168; Zinser, EuZW 2003, 10; Zinser, ZRP 2002, 78.
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Einl. Rz. 108 Einleitung Pflichtangeboten (Art. 5), der Verpflichtung zur periodischen Offenlegung von Kapital- und Kontrollstrukturen (Art. 10) sowie der Einführung eines Squeeze-out (Art. 14) und Sell-out (Art. 15). 109
Auch im Hinblick auf die im Winter-Bericht behandelte Problematik des level playing field folgte der Entwurf den Empfehlungen – jedenfalls im Ansatz: So enthielt der Entwurf (wiederum) ein weit gehendes Vereitelungsverbot (Art. 9). Auch das vorgeschlagene Proportionalitätsprinzip und die Durchgriffsregel fanden ihren Niederschlag in dem Entwurf (Art. 11 Abs. 2 bis 4): Danach war vorgesehen, dass bei Übernahmeangeboten in der Satzung verankerte oder vertraglich zwischen der Zielgesellschaft und Wertpapierinhabern oder Wertpapierinhabern untereinander vereinbarte Übertragungsbeschränkungen nicht gegenüber dem Bieter gelten. Zudem wurden in der Satzung verankerte oder vertraglich zwischen der Zielgesellschaft und Wertpapierinhabern oder Wertpapierinhabern untereinander vereinbarte Stimmrechtsbeschränkungen bei der Entscheidung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft über Abwehrmaßnahmen für wirkungslos erklärt. Schließlich war vorgesehen, dass gegenüber Bietern, die nach einem Angebot über eine Beteiligung verfügen, die eine Satzungsänderung ermöglicht, die oben genannten Übertragungs- und Stimmrechtsbeschränkungen sowie Rechte von Gesellschaftern zur Ernennung und Abberufung von Mitgliedern der Geschäftsleitung in der ersten Hauptversammlung nach Angebotsschluss keine Wirkung entfalten.
110
Der Entwurf blieb bei der Verwirklichung des level playing field jedoch auf halber Strecke stehen: Gerade die in Skandinavien und Frankreich weit verbreiteten Doppel- und Mehrstimmrechte wurden von den Regelungen des Art. 11 nicht erfasst. Begründet wurde die überraschende legislatorische Enthaltsamkeit in diesem Bereich mit verfassungsrechtlichen Problemen im Falle einer Aufhebung solcher Rechte und mit dem nicht nachvollziehbaren Hinweis, ihre übernahmeverhindernde Wirkung sei nicht bewiesen150, was im Widerspruch zu den eindeutigen Aussagen des von der Kommission selbst initiierten Winter-Berichts stand151. Tatsächlich ging es der Kommission wohl eher darum, eine qualifizierte Mehrheit in den Mitgliedstaaten zu gewinnen, um die Richtlinie – ggf. auch gegen den Willen Deutschlands – verabschieden lassen zu können152.
111
In Deutschland wurde der vorgelegte Entwurf von der Bundesregierung ablehnend aufgenommen153, was nicht weiter überraschte, da er erneut das Ziel verfehlte, einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Ablehnung des neuen Entwurfs stieß auf breite Zustimmung154. Bei den Ratsverhandlungen in Brüssel zeigte sich bald, dass auch andere Mitgliedstaaten nicht unerhebliche Bedenken gegen den Entwurf hatten. Bestätigt wurden diese Bedenken durch ein im Auftrag des Europäischen Parlaments erstelltes Gutachten der Professoren Barbara Dauner-Lieb und Marco Lamandini vom 9.12.2002, in dem diese die Einbeziehung von Mehrstimmrechten in die Regelungen zur Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen forderten155.
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Bei den folgenden Verhandlungen im Rat und in Diskussionen mit dem Europäischen Parlament zeichnete sich jedoch ab, dass keine der bis dahin angedachten möglichen Lösungen (u.a. Einbeziehung von Mehrstimmrechten in die Durchgriffsregel, Lockerung des Vereitelungsverbots, komplette Streichung der Regelungen über das Vereitelungsverbot und die Durchgriffsregel) die für eine Verabschiedung erforderliche Unterstützung fand. In dieser Situation schlug die italienische Ratspräsidentschaft einen Kompromiss vor, der auf Überlegungen der vorhergehenden portugiesischen Ratspräsidentschaft zurückging. Dieser sah vor, Mehrstimmrechte156 in die Richtlinienregelungen einzubeziehen und deren Inhabern nur ein einfaches Stimmrecht bei der Entscheidung der Hauptversammlung über 150 151 152 153 154
Begründung der Kommission zu Artikel 11 des Entwurfs; ABl. EG Nr. C 45 E v. 25.2.2003, S. 1, 7. Winter-Bericht, S. 85. Neye, NZG 2002, 1144, 1145. Vgl. Presseerklärung Nr. 507 der Bundesregierung vom 2.10.2002. Vgl. Gemeinsame Stellungnahme des Bundesverbandes der deutschen Industrie, des Bundesverbandes deutscher Banken, der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände, des deutschen Industrie- und Handelstages und des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft für Fragen des Übernahmerechts zum Kommissionsvorschlag für eine neue Übernahmerichtlinie vom 26.11.2002; Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 4.12.2002. Siehe ferner Wiesner, ZIP 2002, 208; Wiesner, ZIP 2002, 1967. 155 Dauner-Lieb/Lamandini, Gutachten Nr. 5.1; Dauner-Lieb/Lamandini, BB 2003, 265, 267; ebenso Arnold, Der Konzern 2003, 173, 174 ff. 156 Nicht jedoch Doppelstimmrechte in der Ausgestaltung nach französischem Recht: Dort entsteht das Doppelstimmrecht nach Ablauf einer bestimmten Mindesthaltefrist bei sämtlichen ausgegebenen Aktien; es besteht
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Einleitung
Rz. 118 Einl.
Abwehrmaßnahmen sowie – wenn ein Bieter nach einem Angebot über mindestens 75 % des stimmberechtigten Kapitals verfügte – in der ersten Hauptversammlung nach Angebotsschluss zuzugestehen. Zugleich wurde das Außerkraftsetzen vertraglich vereinbarter Stimmrechts- und Übertragungsbeschränkungen auf nach Annahme der Richtlinie geschlossene Vereinbarungen beschränkt. Hinzu trat ein zweistufiges Optionsmodell: Dieses sah ein Wahlrecht der Mitgliedstaaten vor, von der Umsetzung des Vereitelungsverbots und der Durchgriffsregel abzusehen (opt out). Mitgliedstaaten, die von diesem Recht Gebrauch machten, mussten jedoch den Gesellschaften mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet die Möglichkeit eröffnen, sich den Beschränkungen der Richtlinie durch Hauptversammlungsbeschluss mit satzungsändernder Mehrheit individuell zu unterwerfen und sich ggf. von diesen Beschränkungen auch wieder zu lösen (opt in). Der Vorschlag stieß sowohl bei den Mitgliedstaaten als auch im Europäischen Parlament auf positive 113 Resonanz, wurde jedoch von der Kommission als unakzeptabel zurückgewiesen. Dennoch erzielte der Ministerrat am 27.11.2003 mit 14 Stimmen bei Enthaltung Spaniens, das sachfremde Zugeständnisse beim Europäischen Patent forderte, eine politische Einigung über die Richtlinie auf Basis des italienischen Vorschlags. Da diese Einigung ohne Gegenstimme erfolgte, war klar, dass eine Zustimmung der Kommission zu dem geänderten Richtlinienentwurf nicht mehr erforderlich sein würde (Art. 250 Abs. 1 EG-Vertrag; vgl. Art. 293 Abs. 1 AEUV). Am 16.12.2003 nahm das Europäische Parlament auf Empfehlung des federführenden Ausschusses für Recht und Binnenmarkt mit 321 zu 219 Stimmen bei 9 Enthaltungen den Richtlinienvorschlag mit den im Ministerrat konsentierten Änderungen an.
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Die formelle Verabschiedung durch den Ministerrat erfolgte am 30.3.2004; die Entscheidung erging einstimmig. Am 20.5.2004 trat die Richtlinie in Kraft157.
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II. Die Übernahmerichtlinie 1. Inhalt der Übernahmerichtlinie Ziel der Übernahmerichtlinie ist es, eine flexible Rahmenregelung (Erwägungsgründe 6, 26) zu schaffen, die dem Schutz der Interessen der Aktionäre bei Übernahmeangeboten und Kontrollerwerben158 dient (Erwägungsgrund 2). Ferner soll durch die Festlegung von Mindestvorgaben bei der Abwicklung von Übernahmeangeboten gemeinschaftsweit Klarheit und Transparenz geschaffen werden (Erwägungsgründe 3, 25).
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Der Anwendungsbereich der Übernahmerichtlinie erfasst gemäß Art. 1 Abs. 1 Übernahme- und Pflichtangebote (nicht: einfache Erwerbsangebote) für Wertpapiere von Zielgesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen. Voraussetzung ist, dass die Wertpapiere dieser Gesellschaften ganz oder zum Teil zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie159 in mindestens einem Mitgliedstaat zugelassen sind. Vom Anwendungsbereich nicht erfasst werden gemäß Art. 1 Abs. 2 und 3 Angebote auf von Investmentfondsgesellschaften und Zentralbanken ausgegebene Wertpapiere.
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Art. 2 enthält Begriffsbestimmungen. Definiert werden die Begriffe „(Übernahme-)Angebot“ (Art. 2 Abs. 1 lit. a)), „Zielgesellschaft“ (Art. 2 Abs. 1 lit. b)), „Bieter“ (Art. 2 Abs. 1 lit. c)), „gemeinsam handelnde Personen“ (Art. 2 Abs. 1 lit. d)), Abs. 2), „Wertpapier“ (Art. 2 Abs. 1 lit. e)), „Wertpapier mit Mehrfachstimmrecht“ (Art. 2 Abs. 1 lit. g)) und „Parteien des Angebots“ (Art. 2 Abs. 1 lit. f)). Beson-
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daher keine „gesonderte und eigene Gattung“ im Sinne der Definition von „Wertpapieren mit Mehrfachstimmrechten“ nach Art. 2 Abs. 1 lit. g) Übernahmerichtlinie. 157 Art. 22 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12. 158 Der in Erwägungsgrund 2 verwendete Begriff des Kontrollwechsels ist insofern missverständlich, als die Übernahmerichtlinie auch den Fall der erstmaligen Kontrollerlangung erfasst und für beide Fallgruppen ein Pflichtangebot statuiert, vgl. Art. 5 Abs. 1. 159 Richtlinie 93/22/EWG des Rates über Wertpapierdienstleistungen vom 10.5.1993, ABl. EG Nr. L 141 v. 11.6.1993, S. 27, zuletzt geändert durch Art. 27 der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2002, ABl. EG Nr. L 35 v. 11.2.2003, S. 1.
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Einl. Rz. 118 Einleitung ders herauszuheben ist die Definition der Wertpapiere: Hierunter werden „übertragbare Wertpapiere, die Stimmrechte in der Gesellschaft verleihen“, d.h. stimmberechtigte Aktien, verstanden. 119
Im Anschluss hieran folgen in Art. 3 einige „allgemeine Grundsätze“. Zu diesen gehören die Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 lit. a)), das Transparenzprinzip (Art. 3 Abs. 1 lit. b)), die Verpflichtung des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans der Zielgesellschaft auf das Gesellschaftsinteresse und das Verbot, den Aktionären die Möglichkeit vorzuenthalten, Angebote selbst zu beurteilen (Art. 3 Abs. 1 lit. c)), die Vermeidung von Marktverzerrungen (Art. 3 Abs. 1 lit. d)), die Sicherstellung der Finanzierung (Art. 3 Abs. 1 lit. e)) und der Grundsatz, dass Zielgesellschaften durch Übernahmeangebote nicht unangemessen lang in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden sollen (Art. 3 Abs. 1 lit. f)). Die Mitgliedstaaten werden ferner ausdrücklich ermächtigt, über die Mindestvorgaben der Richtlinie hinausgehend zusätzliche Bedingungen und strengere Bestimmungen im nationalen Recht vorzusehen (Art. 3 Abs. 2 lit. b)).
120
Art. 4 enthält Regelungen zur Aufsicht und zum anwendbaren Recht bei Übernahmen mit grenzüberschreitendem Bezug. Aufsichtsstelle kann danach eine Behörde oder eine staatlich anerkannte private Einrichtung sein (Art. 4 Abs. 1). Für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs zuständig ist grundsätzlich die Aufsichtsstelle in dem Mitgliedstaat, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz hat, wenn deren Aktien dort an einem geregelten Markt zum Handel zugelassen sind (Art. 4 Abs. 2 lit. a)). Sind die Aktien nicht im Mitgliedstaat des Sitzes der Gesellschaft, aber in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten zugelassen, ist die Aufsichtsstelle zuständig, in deren Land die Aktien (zuerst) zugelassen wurden (Art. 4 Abs. 2 lit. b)). Bei gleichzeitiger Zulassung in mehreren Mitgliedstaaten hat die Gesellschaft am ersten Handelstag die zuständige Aufsichtsstelle zu bestimmen; für Altfälle gilt eine Sonderregelung (Art. 4 Abs. 2 lit. c)). Für die Fälle, in denen die Aktien nicht in dem Mitgliedstaat des Sitzes der Zielgesellschaft zugelassen sind (Art. 4 Abs. 2 lit. b) und c)), enthält die Richtlinie auch Vorgaben zum anwendbaren Recht. Danach gilt für Fragen betreffend die Gegenleistung, insbesondere den Preis, und das Angebotsverfahren das Recht des Mitgliedstaates der zuständigen Aufsichtsstelle. Für Fragen der Unterrichtung der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft und für gesellschaftsrechtliche Fragen, insbesondere betreffend die Kontrollschwelle, für von der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots abweichende Regelungen und für die Bedingungen, unter denen Abwehrmaßnahmen getroffen werden können, gelten die Vorschriften des Sitzmitgliedstaates der Zielgesellschaft (Art. 4 Abs. 2 lit. e)); siehe zum Ganzen näher § 1 WpÜG Rz. 9 ff. Weitere Regelungen in Art. 4 betreffen einzelne Aspekte aufsichtlicher Tätigkeit, namentlich Fragen des Berufsgeheimnisses (Art. 4 Abs. 3), der Zusammenarbeit der Aufsichtsstellen (Art. 4 Abs. 4), deren Befugnisse (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1) sowie das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren (Art. 4 Abs. 6).
121
Dem Ziel, eine flexible Rahmenregelung zu schaffen (siehe oben Rz. 116), trägt Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 Rechnung: Danach wird den Mitgliedstaaten ermöglicht, von den Richtlinienvorgaben abzuweichen, sofern dabei die allgemeinen Grundsätze des Art. 3 Abs. 1 eingehalten werden. Zulässig ist hier sowohl der Erlass entsprechender Ausnahmevorschriften als auch die Ermächtigung der Aufsichtsstellen, solche Ausnahmen zuzulassen.
122
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 verpflichtet die Mitgliedstaaten, im Falle des unmittelbaren oder mittelbaren Erwerbs der Kontrolle über eine Gesellschaft ein Pflichtangebot vorzusehen. Bestehende kontrollierende Beteiligungen lösen kein Pflichtangebot aus (Erwägungsgrund 10). Die Bestimmung der Kontrollschwelle und die Art der Berechnung der Stimmrechtsanteile bleiben gemäß Art. 5 Abs. 3 dem Mitgliedstaat überlassen, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz hat. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 hat das Angebot als Vollangebot zu einem angemessenen Preis zu erfolgen. Art. 5 Abs. 4 und 5 enthalten detaillierte Vorgaben hinsichtlich Art und Höhe der vom Bieter zu erbringenden Gegenleistung. Danach hat der angebotene Preis grundsätzlich mindestens dem höchsten Preis zu entsprechen, den der Bieter oder gemeinsam mit ihm handelnde Personen während eines Zeitraums von mindestens sechs und höchstens zwölf Monaten (nach Wahl der Mitgliedstaaten) vor dem Angebot für die Aktien der Zielgesellschaft gezahlt haben. Als Gegenleistung können grundsätzlich liquide, an einem geregelten Markt in der EU zugelassene Aktien, eine Geldleistung oder eine Kombination aus beidem angeboten werden; die Mitgliedstaaten können jedoch vorschreiben, dass stets eine Geldleistung angeboten werden muss. Nach Art. 5 Abs. 6 können die Mitgliedstaaten zusätzlich zum Pflichtangebot weitere Schutzmechanismen zugunsten der Aktionäre vorsehen. Ein Pflichtangebot ist gemäß Art. 5 Abs. 2 entbehrlich, wenn die Kontrolle auf Grund eines freiwilligen Übernahmeangebots erlangt wurde, das 36
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Einleitung
Rz. 129 Einl.
„im Einklang mit der Richtlinie“ allen Aktionären für alle ihre Aktien unterbreitet worden ist (näher zum Ganzen § 35 WpÜG Rz. 18 ff.). Art. 6 und 8 schreiben umfangreiche Informationspflichten vor und regeln die Bekanntmachung des Angebots. Die maßgeblichen Eckpfeiler sind: Pflicht zur unverzüglichen Bekanntmachung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (Art. 6 Abs. 1), Erstellung und Bekanntmachung einer Angebotsunterlage, deren Inhalt von der Richtlinie detailliert vorgegeben wird und im Komitologieverfahren nach Art. 18 Abs. 2 (siehe hierzu auch unten Rz. 139) noch weiter konkretisiert werden kann (Art. 6 Abs. 2 bis 4), und Sicherstellung EU-weiter Markttransparenz und -integrität bei der Bekanntmachung (Art. 8). Besonders hervorgehoben wird dabei die Verpflichtung, auch die Arbeitnehmervertreter oder – in Ermangelung solcher Vertreter – unmittelbar die Arbeitnehmer sowohl der Ziel- als auch der Bietergesellschaft zu unterrichten (Art. 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 3, Art. 8 Abs. 2).
123
Nach Art. 7 Abs. 1 beträgt die Annahmefrist für Angebote grundsätzlich zwischen 2 und 10 Wochen. Mitgliedstaaten können die Frist verlängern, sofern der Bieter seine Absicht zur Schließung des Angebots 2 Wochen vor Ablauf der Frist bekannt gibt. Weitere Ausnahmen sind nach Art. 7 Abs. 2 möglich.
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Art. 9 enthält das während der Richtlinienverhandlungen hochumstrittene Vereitelungsverbot. Gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 muss das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft, das über die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots informiert worden ist, die vorherige und zu diesem Zweck erteilte Ermächtigung der Hauptversammlung einholen, bevor es Maßnahmen ergreift, durch die das Angebot vereitelt werden könnte. Unter Leitungs- und Verwaltungsorgan ist hier gemäß Art. 9 Abs. 6 der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu verstehen. Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 legt Beginn und Ende des Vereitelungsverbots fest. Gemäß Art. 9 Abs. 4 können Mitgliedstaaten Vorschriften vorsehen, die die kurzfristige Einberufung einer Hauptversammlung zur Entscheidung über Abwehrmaßnahmen ermöglichen; dabei darf die Ladungsfrist zwei Wochen nicht unterschreiten.
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Das Vereitelungsverbot wird von zwei Ausnahmen durchbrochen. Zulässig ist gemäß Art. 9 Abs. 2 Un- 126 terabs. 1 die Suche nach einem konkurrierenden Angebot. Aus einem Umkehrschluss zu Art. 9 Abs. 3 ergibt sich, dass zudem Maßnahmen zulässig sind, die innerhalb des „normalen Geschäftsverlaufs“ der Gesellschaft liegen, wenn sie der Umsetzung von Entscheidungen dienen, die vor Beginn der Geltung des Vereitelungsverbots gefasst wurden und noch nicht oder nicht vollständig umgesetzt worden sind (näher zum Ganzen § 33 WpÜG Rz. 25 ff.) Das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft hat gemäß Art. 9 Abs. 5 zu dem Angebot eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu erstellen, zu veröffentlichen, und den Arbeitnehmervertretern bzw. Arbeitnehmern zu übermitteln. In der Stellungnahme ist u.a. auch auf die Auswirkungen des Angebots auf die Interessen der Gesellschaft, insbesondere der Beschäftigung, und auf die strategische Planung des Bieters für die Zielgesellschaft und die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und Standorte einzugehen (näher § 27 WpÜG Rz. 21 ff.).
127
Art. 10 ordnet die Offenlegung von Übernahmehindernissen an. Um die Vorschriften über den freien Aktienhandel und die freie Stimmrechtsausübung in ihrer Wirkung zu stärken, haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 10 Abs. 1 und 2 sicherzustellen, dass börsennotierte Gesellschaften im Lagebericht offen legen, welche Strukturen und Mechanismen der Übernahme und Ausübung der Kontrolle entgegenstehen können. Nach Art. 10 Abs. 3 hat das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan einer Gesellschaft, deren stimmberechtigte Aktien auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Hauptversammlung einen erläuternden Bericht zu den im Lagebericht darzustellenden Strukturen und Mechanismen vorzulegen (näher § 33 WpÜG Rz. 37 ff.).
128
Art. 11 enthält die Durchgriffsregel. Zwei Phasen sind hier zu unterscheiden. Die erste Phase ist 129 grundsätzlich mit der Annahmefrist identisch. In diesem Zeitraum sind satzungsmäßige Beschränkungen der Übertragung von Wertpapieren gegenüber dem Bieter unwirksam. Gleiches gilt für Übertragungsbeschränkungen, die auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Zielgesellschaft und Aktionären oder zwischen Aktionären der Zielgesellschaft zurückgehen, sofern diese Vereinbarungen nach Annahme der Richtlinie geschlossen worden sind (Art. 11 Abs. 2). Weiterhin entfalten Stimmrechtsbeschränkungen in einer über Abwehrmaßnahmen beschließenden Hauptversammlung keine Wirkung, sofern sie in der Satzung der Zielgesellschaft verankert sind oder auf nach Annahme der Pötzsch
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Einl. Rz. 129 Einleitung Richtlinie geschlossene vertragliche Vereinbarungen zwischen der Zielgesellschaft und Aktionären oder zwischen Aktionären der Zielgesellschaft zurückgehen (Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2). Eine Durchbrechung erfolgt nicht, wenn für die Einschränkung des Stimmrechts besondere finanzielle Vorteile gewährt werden (Art. 11 Abs. 6). Schließlich gewähren Mehrstimmrechtsaktien auf einer Hauptversammlung, die über Abwehrmaßnahmen beschließt, nur eine Stimme (Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 3). 130
Die zweite Phase beginnt, wenn der Bieter nach Abschluss des Angebots über 75 % des stimmberechtigten Kapitals der Zielgesellschaft verfügt. In diesem Fall finden die vorstehend genannten satzungsmäßigen oder vertraglichen Übertragungs- und Stimmrechtsbeschränkungen sowie satzungsmäßige Entsendungsrechte auf der ersten Hauptversammlung nach Abschluss des Angebots, die der Bieter einberuft, keine Anwendung. Auch Mehrstimmrechtsaktien gewähren dort nur eine Stimme (Art. 11 Abs. 4).
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Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass die Inhaber der von der Durchgriffsregel betroffenen Rechte für ihren Verlust angemessen entschädigt werden (Art. 11 Abs. 5).
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Gemäß Art. 11 Abs. 7 gilt die Durchgriffsregel nicht für Wertpapiere, die von einem Mitgliedstaat gehalten werden und ihm besondere Rechte einräumen (golden shares), sofern diese Rechte mit dem EGVertrag vereinbar sind. Sie gilt ferner nicht für Sonderrechte, die nach einzelstaatlichem Recht gewährt werden und mit dem EG-Vertrag vereinbar sind (näher zur Durchgriffsregel § 33b WpÜG Rz. 1 ff.)
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Art. 12 enthält das in der Schlussphase der Richtlinienverhandlungen eingeführte Optionsmodell. Hiernach sind die Mitgliedstaaten berechtigt, von der Umsetzung des Vereitelungsverbots und der Durchgriffsregel abzusehen (opt out, Art. 12 Abs. 1). Mitgliedstaaten, die von diesem Recht Gebrauch machen, müssen den Gesellschaften mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet jedoch die Möglichkeit eröffnen, sich den Beschränkungen der Richtlinie durch Hauptversammlungsbeschluss mit satzungsändernder Mehrheit individuell zu unterwerfen und von diesen auch wieder zu lösen (opt in, Art. 12 Abs. 2). Neben dem opt out für die Mitgliedstaaten und dem individuellen opt in für die betroffenen Gesellschaften enthält das Optionsmodell eine Regelung zur Gewährleistung der Gegenseitigkeit (näher zum Ganzen § 33 WpÜG Rz. 35 f.).
134
Art. 13 verpflichtet die Mitgliedstaaten, Einzelregelungen zur Hinfälligkeit von Angeboten, zu Angebotsänderungen, konkurrierenden Angeboten, zur Publizität von Angebotsergebnissen, zur Unwiderruflichkeit von Angeboten und zu Bedingungen zu schaffen, überlässt die konkrete Ausgestaltung dieser Regelungen aber den Mitgliedstaaten.
135
Art. 14 stellt klar, dass die Übernahmerichtlinie die Vorschriften über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter der Bieter- und Zielgesellschaft und mitbestimmungsrechtliche Regelungen unberührt lässt.
136
Art. 15 regelt den Ausschluss von Minderheitsaktionären im Anschluss an die Übernahme einer börsenzugelassenen Gesellschaft. Ein solcher Squeeze-out ist innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf der Annahmefrist möglich, wenn der Bieter mindestens 90 % (Mitgliedstaaten können den Schwellenwert auf bis zu 95 % anheben) des stimmberechtigten Kapitals erworben hat oder er Aktien erworben hat, die mindestens 90 % des stimmberechtigten Kapitals entsprechen, das Gegenstand des Angebots war (Art. 15 Abs. 2, 4). Für die Art und Höhe der zu gewährenden Abfindung gelten besondere Vorgaben (Art. 15 Abs. 5).
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Flankiert wird die vorgenannte Regelung durch ein Andienungsrecht (Sell-out) der Minderheitsaktionäre in Art. 16. Danach können die Aktionäre im Anschluss an ein Übernahme- oder Pflichtangebot unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen ein Squeeze-out durch den Bieter möglich wäre, von diesem den Erwerb ihrer Aktien zu einem angemessenen Preis verlangen, der den Konditionen bei einem Squeeze-out entspricht.
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Art. 17 enthält die mittlerweile bei Richtlinien übliche Sanktionsklausel.
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Art. 18 überweist technische Durchführungsbestimmungen zu der Richtlinie in ein Komitologieverfahren160 (zur Reform des Verfahrens siehe unten Rz. 143). Der Anwendungsbereich der Vorschrift
160 Siehe hierzu Wiesner, ZIP 2004, 343, 348.
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Einleitung
Rz. 145 Einl.
ist auf Durchführungsbestimmungen zum Inhalt der Angebotsunterlage beschränkt, da nur Art. 6 Abs. 4 auf Art. 18 verweist. Nach Art. 19 wird ein Kontaktausschuss eingesetzt, der die einheitliche Anwendung der Richtlinie gewährleisten und die Kommission erforderlichenfalls im Hinblick auf Änderungen und Ergänzungen der Richtlinie beraten soll.
140
Art. 20 enthält eine Revisionsklausel, nach der die Kommission 5 Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist die Richtlinie auf Grundlage der bei ihrer Anwendung gewonnenen Erfahrungen überprüft und erforderlichenfalls Änderungen vorschlägt.
141
Art. 21 bis 23 enthalten technische Vorschriften zum Inkrafttreten der Richtlinie (20.5.2004), zur Umsetzungsfrist (20.5.2006) und zum Normadressaten (Mitgliedstaaten).
142
2. Änderungen der Übernahmerichtlinie Das durch die Reform des Komitologieverfahrens im Jahre 2006 eingeführte sog. Regelungsverfahren mit Kontrolle161 wurde per Verordnung (EG) Nr. 219/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.3.2009162 auf die Erarbeitung von Durchführungsvorschriften zum Inhalt der Angebotsunterlage erstreckt, was zu Änderungen des Art. 6 Abs. 4 sowie des Art. 18 Abs. 2 führte. Durch das Regelungsverfahren mit Kontrolle wurden dem Europäischen Parlament erstmals Mitspracherechte im Zusammenhang mit dem Erlass von Durchführungsbestimmungen eingeräumt. Die Verordnung bewirkte außerdem die Streichung des Art. 18 Abs. 3, der eine zeitliche Befristung der Übertragung der Durchführungsbefugnisse an die Kommission vorsah.
143
Die Abwicklungsrichtlinie163 schließt eine Anwendung des Art. 5 (Schutz der Minderheitsaktionäre, Pflichtangebot und angemessener Preis) aus, sofern auf die in der Abwicklungsrichtlinie vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen zurückgegriffen wird.
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3. Umsetzungsbericht der Europäischen Kommission und Revision Die Kommission veröffentlichte im Februar 2007 einen Bericht über die Umsetzung der Übernahme- 145 richtlinie in nationales Recht164. Der Bericht gibt zunächst eine knappe Übersicht über den Stand der Umsetzung. Hiernach hatten nur sieben Mitgliedstaaten die Übernahmerichtlinie fristgerecht (bis zum 20.5.2006) umgesetzt165. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts waren es 17 Mitgliedstaaten166. Zum anderen wird dargestellt, inwiefern die Mitgliedstaaten die ihnen eingeräumten (Umsetzungs-)Spielräume genutzt haben. Der Bericht unterscheidet dabei zwischen der Implementierung von Bestimmungen, die auf die Erleichterung von grenzüberschreitenden Übernahmen abzielen167, und einer solchen von Vorschriften betreffend den Minderheitenschutz168. In ersterer Hinsicht stellt die Kommission fest, dass das strenge Verhinderungsverbot (Art. 9), für das die Richtlinie ein opt out für die Mitgliedstaaten vorsieht, nur von 18 Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt wurde bzw. eine Umsetzung geplant sei169. Dabei handelt es sich – mit einer Aus161 Vgl. Beschluss Nr. 2006/512/EG: Beschluss des Rates vom 17.7.2006 zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl. EG Nr. L v. 22.7.2006, S. 11–13. 162 Verordnung zur Anpassung einiger Rechtsakte, für die das Verfahren des Artikels 251 des Vertrags gilt, an den Beschluss 1999/468/EG des Rates in Bezug auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle – Anpassung an das Regelungsverfahren mit Kontrolle – Zweiter Teil, ABl. Nr. L 87 v. 31.3.2009, S. 109. 163 Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.5.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen; ABl. Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12. 164 Commission Staff Working Document: Report on the implementation of the Directive on Takeover Bids, Brussels, 21.2.2007, SEC (2007) 268. 165 S. 4 des Reports. 166 S. 4, Annex 1 (S. 12) des Reports. 167 S. 4 ff. des Reports. 168 S. 9 ff. des Reports. 169 S. 6 f., Annex 1 (S. 12) des Reports.
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Einl. Rz. 145 Einleitung nahme (Malta) – sämtlich um Mitgliedstaaten, deren Rechtsordnung bereits zuvor ein derartiges bzw. ähnlich strenges Verhinderungsverbot kannte. Für die – ebenfalls zur Disposition der Mitgliedstaaten gestellte – Implementierung der übernahmefreundlichen Durchgriffsregel (Art. 11) entschieden sich nur die Baltischen Staaten170. Die Reziprozitätsregelung (Art. 12 Abs. 3) übernahmen 14 Mitgliedstaaten, darunter fünf Mitgliedstaaten, in denen zuvor ein uneingeschränktes Verhinderungsverbot galt171. Die Kommission sieht vor diesem Hintergrund die Erreichung des von der Richtlinie angestrebten Ziels einer Förderung von grenzüberschreitenden Unternehmensübernahmen in Europa in Frage gestellt172. Mit der Nichtumsetzung von Verhinderungsverbot und Durchgriffsregel stünde deren Einführung im Belieben der Unternehmen, denen im Falle des opt out der Mitgliedstaaten die Möglichkeit eines opt in hinsichtlich dieser Bestimmungen gewährt werden muss (Art. 12 Abs. 2). Zustimmungserfordernisse derjenigen, deren Rechte „durchbrochen“ werden sollen, sowie hohe Konsensquoren könnten aber verhindern, dass entsprechende Unternehmensbeschlüsse gefasst werden173. Die Reziprozitätsregelung eröffne den Unternehmen zudem eine weitere Möglichkeit, das Verhinderungsverbot und/oder die Durchgriffsregel nicht anzuwenden174. Auch die den Minderheitenschutz betreffenden Bestimmungen wurden sehr unterschiedlich umgesetzt. Die Schwellen für ein Pflichtangebot (Art. 5 Abs. 2), deren genaue Festsetzung den nationalen Gesetzgebern überantwortet ist, variieren in den Mitgliedstaaten zwischen 25 % und 66 % der Stimmrechte175. Die meisten Mitgliedstaaten haben die Schwelle bei 30 % angesetzt176. In vielen Rechtsordnungen sind überdies teils weit reichende gesetzliche Ausnahmen vom Pflichtangebot vorgesehen. Oftmals wird auch den Aufsichtsbehörden die Befugnis eingeräumt, unter bestimmten Bedingungen von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots zu befreien177. Die Kommission bewertet die Ausnahmen von der Pflichtangebotsregel unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Minderheitenschutzes ebenfalls kritisch178. Im Lichte dieser Ergebnisse hatte die Kommission sogar eine Vorverlegung der ursprünglich für 2011 avisierten Revision der Übernahmerichtlinie erwogen, wovon sie letztlich indes Abstand nahm. Nach Art. 20 musste die Übernahmerichtlinie fünf Jahre nach dem Ablauf der Umsetzungsfrist (20.5.2006) evaluiert und, wenn die Evaluierung Revisionsbedarf erkennen ließ, auch überarbeitet werden. In die Evaluierung sind gemäß Art. 20 Abs. 1 Satz 2 auch Kontrollstrukturen und Übernahmehindernisse einzubeziehen, welche die Übernahmerichtlinie nicht erfasst. Der Evaluierungsauftrag richtet sich damit auf das gesamte Übernahmerecht auch in seinen bisher nicht harmonisierten Teilen179. Im Jahr 2011 vergab die Kommission zur Einleitung des Evaluierungsprozesses einen Studienauftrag180. Am 28.6.2012 hat die Europäische Kommission ihren Bericht über die Evaluierung veröffentlicht181. Sie stellt darin fest, dass die Übernahmerichtlinie keine strukturellen Defizite in der Anwendung des harmonisierten Rechts in den Mitgliedstaaten erkennen lässt182. Jedoch seien die in der Richtlinie enthaltenen freiwilligen Regeln von den Mitgliedstaaten nicht in dem von der Kommission erhofften Maß 170 171 172 173 174 175 176 177 178
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S. 7 f., Annex 1 (S. 12) des Reports. S. 8 f., Annex 1 (S. 12) des Reports. S. 10 f. des Reports. S. 8 des Reports. S. 9 des Reports. S. 9, Annex 2 (S. 13 f.) des Reports. S. 9, Annex 2 (S. 13 f.) des Reports. Siehe 10 Annex 3 (S. 15 ff.) des Reports. S. 10 des Reports. Zu den unterschiedlich angesetzten Schwellen für den Squeeze-out (Art. 15) und den Sellout (Art. 16) siehe Annex 4 (S. 18) des Reports. Dies hebt Hopt in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 42, 43 hervor. Studie der von der Kommission beauftragten Anwaltskanzlei Marccus Partners in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Europäische Politische Studien vom Juni 2012, abrufbar unter https://publications.euro pa.eu/en/publication-detail/-/publication/67501b75-7583-4b0d-a551-33051d8e27c1#p_portal2012flexpaper_ WAR_portal2012portlet_INSTANCE_A37mcJYPrfjK (Text nur in englischer Sprache verfügbar); die Studie beruht auf einer Umfrage bei Marktteilnehmern und Aufsichtsbehörden auf der Grundlage eines umfangreichen Fragebogens. Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, COM2012 347 (endgültig) (https://eur-lex.europa.eu/legal-con tent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52012DC0347&from=EN). Bericht der Kommission, Abschnitt 6.
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Rz. 147 Einl.
umgesetzt worden183. Die Kommission zieht daraus den Schluss, dass nicht eine Überarbeitung des Richtlinientexts selbst, sondern eine Präzisierung der bestehenden Richtlinienbestimmungen in einzelnen Punkten angezeigt wäre184. Eine Vereinheitlichung durch Leitlinien unterhalb des Regelungsniveaus der Richtlinie beabsichtigt die Kommission für das acting in concert im Jahr 2013185, bei dem die von der Kommission festgestellte Divergenz der nationalen Anwendung allerdings maßgeblich durch die unterschiedlichen Gesellschaftsrechtsordnungen in den Mitgliedstaaten bestimmt wird. Empfehlungen der Kommission stellt der Bericht auch zur Frage des befreienden Pflichtangebots (§ 35 Abs. 3 WpÜG) in Aussicht186; im Übrigen setzt die Kommission in den wenigen weiteren noch nicht zu ihrer vollen Zufriedenheit harmonisierten Bereichen zunächst auf weitere Untersuchungen187. 4. Rolle von CESR bzw. der Nachfolgeorganisation ESMA Das im Juni 2001 eingerichtete Committee of European Securities Regulators (CESR)188 stellte ein 146 mit hochrangigen Vertretern der nationalen Aufsichtsbehörden der EU besetztes unabhängiges Gremium dar und übte eine Doppelfunktion aus: Zum einen beriet es die Kommission hinsichtlich der Erstellung von technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards (Komitologieverfahren). Im Bereich der Übernahmerichtlinie ist damit die Erarbeitung von Durchführungsbestimmungen zum Inhalt der Angebotsunterlage (Art. 6 Abs. 4) angesprochen, die bislang unterblieb. Zum anderen wirkte es auf eine EU-weit einheitliche Aufsichtspraxis hin. In diesem Zusammenhang richtete CESR im Mai 2007 ein Netzwerk zwischen Vertretern der für Übernahmeangebote zuständigen Aufsichtsbehörden (takeover bid network) ein, das deren Meinungs- und Erfahrungsaustausch dient. Das Netzwerk trifft sich regelmäßig und bespricht neben Fragen der angemessenen Gegenleistung, des acting in concert, der Anwendung und Auslegung der Squeeze-out- und Sell-out-Bestimmungen sowie der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch Übernahmefälle im Einzelnen189. Im Übrigen unterstützte das Netzwerk die Kommission bei der Ausarbeitung einer Checkliste, in der die von den Mitgliedstaaten an die Kommission zwecks Revision der Übernahmerichtlinie zu übermittelnden Informationen aufgeführt werden (vgl. Art. 20)190. Zum 1.1.2011 ging CESR in der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA als sei- 147 ner Rechtsnachfolgerin auf191. Die ESMA kann gemäß Art. 1 Abs. 3 Satz 2 der maßgeblichen Verordnung geeignete Maßnahmen im Zusammenhang mit Fragen bezüglich Übernahmeangeboten ergreifen. Der ESMA werden zwar weiter reichende Befugnisse als CESR zugestanden. Diese betreffen allerdings nur die in Art. 1 Abs. 2 der Verordnung genannten Rechtsakte, zu denen – anders als noch nach dem Kommissionsvorschlag192 – nicht die Übernahmerichtlinie zählt. Das Übernahmenetzwerk (Rz. 146) besteht fort.
183 Bericht der Kommission, Abschnitt 7. 184 Bericht der Kommission, Abschnitt 21, 22. 185 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, COM 2012 740/2 (https://ec.europa.eu/transparency/reg doc/rep/1/2012/DE/1-2012-740-DE-F1-1.Pdf). 186 Bericht der Kommission, Abschnitt 25. 187 Bericht der Kommission, Abschnitt 21 ff. 188 Vgl. Beschluss Nr. 2001/527/EG der Kommission vom 6.6.2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden, ABl. Nr. L 191 v. 13.7.2001, S. 43 sowie dessen Ersetzung durch den Beschluss Nr. 2009/77/EG der Kommission vom 23.1.2009 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden, ABl. Nr. L 25 v. 29.1.2009, S. 18, der die Befugnisse des CESR konkretisiert und erweitert. 189 Vgl. CESR Annual Report 2007 ff., abrufbar unter www.esma.europa.eu. 190 Siehe CESR Annual Report 2008 und 2009 sowie das Dokument European Commission’s checklist on Article 20 of the Directive, DG MARKT F2/ET D(2008) 74062 v. 16.2.2008. 191 Vgl. Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission, ABl. Nr. L 331 v. 15.12.2010, S. 84. 192 Vgl. Vorschlag KOM(2009) 503 vom 23.9.2009 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde.
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Einl. Rz. 148 Einleitung
III. Umsetzung in deutsches Recht 1. Überblick 148
Die Übernahmerichtlinie war bis spätestens 20.5.2006 in nationales Recht umzusetzen (Art. 21 Abs. 1). Eine Generalrevision des WpÜG war insoweit nicht erforderlich. Da dieses auf Basis des damals aktuellen Gemeinsamen Standpunktes bereits als vorweggenommene Transformation einer möglichen künftigen Übernahmerichtlinie konzipiert worden war (siehe oben Rz. 27), handelte es sich bei Kernbestimmungen der Übernahmerichtlinie bereits um lex lata193. Dies galt insbesondere für die in Art. 3 der Richtlinie normierten allgemeinen Grundsätze des Übernahmerechts (vgl. §§ 3, 13 und 27 Abs. 1 WpÜG) sowie das in Art. 5 der Richtlinie geregelte Pflichtangebot (vgl. § 30 Abs. 1 WpÜG). Die verbleibenden erforderlichen Anpassungen194 erfolgten durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote vom 8.7.2006, das am 14.7.2006 in Kraft trat195. Ausgangspunkt des Gesetzgebungsverfahrens bildete ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.12.2005196, der in leicht geänderter Fassung am 15.2.2006 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde197. Der Regierungsentwurf wurde dem Finanzausschuss zur Federführung überwiesen und am 19.5.2006 mit den vom Finanzausschuss empfohlenen Änderungen durch den Deutschen Bundestag verabschiedet198. Das Gesetz verfolgt grundsätzlich das Konzept einer „Eins zu Eins“-Umsetzung der Übernahmerichtlinie. Es handelt sich um ein Artikelgesetz, das vor allem Änderungen des WpÜG (Art. 1), daneben aber auch der WpÜG-Angebotsverordnung (Art. 7), des Handelsgesetzbuches (Art. 4) und des Aktiengesetzes (Art. 6) in sich vereint. Die wichtigsten Änderungen sind nachfolgend kurz dargestellt199.
149
Eine tiefgreifende Modifikation erfuhr das WpÜG hinsichtlich seines Anwendungsbereichs (§ 1 WpÜG) und damit der – hieran anknüpfenden – Überwachungszuständigkeit der BaFin (vgl. § 4 WpÜG) bei Übernahme- und Pflichtangeboten mit grenzüberschreitenden Bezug (nicht dagegen bei einfachen Erwerbsangeboten, vgl. oben Rz. 117). In Umsetzung von Art. 4 Abs. 2 der Übernahmerichtlinie unterliegen nunmehr einerseits Angebote an die Aktionäre deutscher Zielgesellschaften, deren Wertpapiere nicht in Deutschland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, nur noch in Bezug auf gesellschaftsrechtliche und dem Gesellschaftsrecht verwandte Fragen (Unterrichtung der Arbeitnehmer, Kontrollschwelle beim Pflichtangebot und Ausnahmen von demselben, Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen) dem WpÜG und der Beaufsichtigung der BaFin. Umgekehrt sind auf Übernahme- und Pflichtangebote von Zielgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat und Börsenzulassung in Deutschland die Regeln des WpÜG über das Angebotsverfahren und die Gegenleistung anzuwenden und ist deren Einhaltung von der BaFin zu überwachen. Im Falle mehrfacher Börsenzulassung sind grundsätzlich die angebotsbezogenen Regelungen des Staats der Erstzulassung maßgeblich, näher § 1 WpÜG Rz. 10 ff. Die je-
193 Vgl. auch van Kann/Just, DStR 2006, 328, ebd. 194 Hierzu Krause, BB 2004, 113; Wiesner, ZIP 2004, 343; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221 (Teil I) und 306 (Teil II); Lanfermann/Maul, BB 2004, 1517; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866; Mülbert, NZG 2004, 633; Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 455 (Teil I) und 515 (Teil II); Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846; Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109; Seibt/Heiser, ZGR 2005, 200; Maul, NZG 2005, 151; auf der Basis des Richtlinienentwurfs der Kommission vom 2.10.2002 zuvor schon Krause, BB 2002, 2341; Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193. 195 BGBl. I 2006, 1426. 196 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 19.12.2005. 197 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz), BT-Drucks. 16/1003 v. 17.3.2006. 198 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss), BT-Drucks. 16/1541 v. 18.5.2006. 199 Im Übrigen sei auf die jeweilige Einzelkommentierung verwiesen.
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Einleitung
Rz. 155 Einl.
weils anwendbaren Vorschriften hat der Gesetzgeber in der WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung konkretisiert200. Der daneben verbleibende Anwendungsbereich des aufgrund Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie eingefügten § 11a WpÜG („Europäischer Pass“) ist umstritten. Nach der Vorschrift bedürfen Angebotsunterlagen über europäische Angebote (§ 2 Abs. 1a WpÜG), die auch in Deutschland gehandelte Wertpapiere betreffen, keiner (zusätzlichen) Billigung durch die BaFin, sofern sie bereits von der zuständigen Aufsichtsstelle eines anderen EWR-Staats gebilligt wurden. Näher hierzu siehe § 11a WpÜG Rz. 11 ff.
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In Bezug auf das Pflichtangebot war in erster Linie eine Änderung der Regelung zur Gegenleistung er- 151 forderlich. Nach Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 der Übernahmerichtlinie muss der anzubietende Preis grundsätzlich Vorerwerbe des Bieters während eines Zeitraums von mindestens sechs und höchstens zwölf Monaten vor dem Angebot berücksichtigen. Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 3 der Übernahmerichtlinie bestimmt, dass eine Geldleistung zumindest wahlweise anzubieten ist, wenn der Bieter während dieses von den Mitgliedstaaten festgelegten Zeitraums bis zum Ablauf der Annahmefrist mindestens 5 % der Stimmrechte an der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung erworben hat. Mit Blick hierauf wurden die in § 4 Satz 1 WpÜG-Angebotsverordnung und § 31 Abs. 3 WpÜG geregelten Referenzperioden von drei auf sechs Monate verlängert. § 31 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG wurde gestrichen, wonach bereits der einprozentige Parallelerwerb zu einem zwingendem Barangebot führte. Die geänderten Fristvorgaben gelten – über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehend – richtigerweise nicht nur für Pflicht-, sondern auch für Übernahmeangebote. Hiermit wird dem im WpÜG verankerten Gleichlauf von Übernahme- und Pflichtangeboten Rechnung getragen (hierzu § 35 WpÜG Rz. 9). Des Weiteren wurden die Vorgaben zum Inhalt der Angebotsunterlage modifiziert. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG wurde entsprechend Art. 6 Abs. 3 lit. i)) der Übernahmerichtlinie neu gefasst, wonach eine Vielzahl von Angaben zu den Absichten des Bieters bezüglich der künftigen Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft sowie ggf. der Bietergesellschaft offen zu legen ist. § 2 Nr. 1 WpÜG-Angebotsverordnung wurde im Hinblick auf Art. 6 Abs. 3 lit. m)) der Übernahmerichtlinie dahingehend ergänzt, dass nunmehr auch Angaben über die mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnden Personen in die Angebotsunterlage aufzunehmen sind. Sofern es sich bei den gemeinsam mit dem Bieter oder Zielgesellschaft handelnden Personen um Gesellschaften handelt, ist zudem deren Verhältnis zum Bieter und – soweit bekannt – zur Zielgesellschaft anzugeben.
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Überdies wurden die Regeln über die Bekanntgabe überarbeitet. § 14 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG wurde inso- 153 weit geändert, als anstelle der Veröffentlichung der Angebotsunterlage bzw. der diesbezüglichen Hinweisbekanntmachung in einem überregionalen Börsenpflichtblatt die Veröffentlichung im Bundesanzeiger getreten ist. Die Änderung war zwar nicht zwingend durch die Richtlinie geboten. Sie stellt aber eine sinnvolle vorweggenommene Ergänzung des am 1.1.2007 vollständig in Kraft getretenen Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) dar. In Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Übernahmerichtlinie wurde § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG neu gefasst: die Veröffentlichung der Angebotsentscheidung erfolgt ab sofort per Bekanntgabe im Internet sowie kumulativ (anstatt wahlweise) über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem nach Nr. 2. An die Richtlinienvorgaben angepasst wurden auch die Informationspflichten gegenüber den Arbeitnehmer(vertreter)n im Hinblick auf die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Übernahmeangebots und die Angebotsunterlage201. In Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 3 der Übernahmerichtlinie schreiben nunmehr § 10 Abs. 5, § 14 Abs. 4 WpÜG eine Unterrichtung nicht nur der Arbeitnehmer(vertreter) der Zielgesellschaft, sondern auch der Bietergesellschaft vor, wobei jede Seite ihre eigenen Arbeitnehmer(vertreter) zu informieren hat202. Siehe näher § 10 WpÜG Rz. 74 bzw. § 14 WpÜG Rz. 49 f.
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Im Hinblick auf das in Art. 9 der Übernahmerichtlinie verankerte Vereitelungsverbot und die Durchgriffsregel nach Art. 11 der Übernahmerichtlinie machte die Bundesrepublik Deutschland
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200 Kritisch hierzu Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1287. 201 Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 232 f.; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 872. 202 Zutreffend Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 232 f.; unklar Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 872.
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Einl. Rz. 155 Einleitung von dem opt out gemäß Art. 12 Abs. 1 Gebrauch. Nach Art. 12 Abs. 2 war daher den deutschen Gesellschaften ein opt in im Hinblick auf das Vereitelungsverbot bzw. die Durchgriffsregel einzuräumen. Das WpÜG setzt diese Vorgaben in Gestalt der §§ 33a und 33b WpÜG um. Zugleich entschied sich der Gesetzgeber für die Übernahme der – ins Belieben der Mitgliedstaaten gestellte – Reziprozitätsregel nach Art. 12 Abs. 3 (vgl. § 33c WpÜG). 156
Die in Art. 10 Abs. 1, 2 der Übernahmerichtlinie angeordnete Verpflichtung zur Offenlegung von Übernahmehindernissen im Lage- bzw. Konzernlagebericht börsennotierter Gesellschaften war ohne deutsches Vorbild und erforderte die Einfügung der § 289 Abs. 4, § 315 Abs. 4 in das HGB. Die Vorgabe in Art. 10 Abs. 3 der Übernahmerichtlinie, wonach das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Jahreshauptversammlung der Aktionäre einen erläuternden Bericht zu den in Abs. 1 genannten Punkten vorzulegen habe, wurde in Form des § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG a.F. umgesetzt. Hiernach hat der Aufsichtsrat in seinem schriftlichen Bericht an die Hauptversammlung auch die Angaben nach § 289 Abs. 4, § 315 Abs. 4 HGB zu erläutern. Später wurde diese Pflicht auf den Vorstand übertragen203; sie findet sich nunmehr in § 176 Abs. 1 Satz 1 AktG i.V.m. § 124a Satz 1 Nr. 3 AktG204.
157
Die in Art. 15 der Übernahmerichtlinie enthaltene Regelung zum Squeeze-out wurde in Form des § 39a in das WpÜG übernommen. Der ebenfalls neu eingefügte § 39b WpÜG regelt Einzelheiten des Ausschlussverfahrens, für das die Richtlinie keine Vorgaben enthält. Die Neuregelung steht im starken Kontrast zu den §§ 327a ff. AktG205, die zusammen mit dem WpÜG eingeführt wurden (hierzu oben Rz. 34). Der Ausschluss erfolgt auf Antrag und per Beschluss durch das Landgericht Frankfurt am Main. In Umsetzung von Art. 15 Abs. 5 der Übernahmerichtlinie wird zudem nach § 39 Abs. 3 Satz 3 WpÜG vermutet, dass die im Rahmen des Übernahme- oder Pflichtangebots gewährte Gegenleistung eine angemessene Abfindung darstellt, wenn der Bieter auf Grund des Angebots Aktien in Höhe von mindestens 90 Prozent des vom Angebot betroffenen Grundkapitals erworben hat206. Die §§ 327a ff. AktG wurden zweckmäßigerweise beibehalten207, was möglich war, weil die Richtlinie die Beibehaltung abweichender nationaler Regelungen zum Squeeze-out gestattet (vgl. Erwägungsgrund 24 Satz 4 der Übernahmerichtlinie).
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Das in Art. 16 der Übernahmerichtlinie vorgesehenen Recht der Minderheitsaktionäre, ihre Aktien dem Bieter im Anschluss an ein Übernahme- oder Pflichtangebot anzudienen (Sell-out), erforderte die Einfügung des § 39c WpÜG. Eine bloße Modifikation der in § 16 Abs. 2 WpÜG verankerten sog. Zaunkönigregelung kam nicht in Betracht. Hiernach wird bei einem erfolgreichen Übernahmeangebot denjenigen Aktionären, die das Angebot nicht angenommen haben, eine zweiwöchige Nachfrist eingeräumt. Allerdings ist diese Regelung vollkommen anders ausgestaltet als der Sell-out nach der Übernahmerichtlinie. Sie ist zudem auch nicht als Pendant zu einem möglichen Squeeze-out konzipiert, sondern versucht, die den Kleinaktionären fehlende Möglichkeit einer koordinierten Vorgehensweise (sog. Gefangenendilemma, siehe auch § 16 WpÜG Rz. 34 f.) zu kompensieren. 203 Vgl. die Streichung des Verweises auf die §§ 289 Abs. 4, 315 Abs. 4 HGB in § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG a.F. und dessen Einfügung in § 120 Abs. 3 Satz 2 AktG a.F. durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes. 204 Vgl. Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG). Es handelt sich hierbei um eine Pflicht zur Zugänglichmachung des Berichts durch Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft alsbald nach Einberufung der Hauptversammlung. Zur Frage, ob der Bericht auch von der Einberufung an in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszulegen ist und welche Angaben er insoweit umfasst, Kiefner, NZG 2010, 692; im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2012 ist die Klarstellung geplant, dass eine solche Pflicht nicht (mehr) besteht. Zu den sich bei der Umsetzung ergebenden zahlreichen Einzelfragen siehe Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2196 ff.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 307 ff.; Lanfermann/Maul, BB 2004, 1517; Krause, BB 2004, 113, 116; Glade/Haak/Hellich; Der Konzern 2004, 455, 459 ff.; Seibt/Heiser, ZGR 2005, 200, 236 ff. 205 Näher Krause, BB 2004, 113, 118 f.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 315 ff.; Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846 ff.; Seibt/Heiser, ZGR 2005, 200, 239 ff.; siehe ferner Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109, 115 ff.; auf Basis des Kommissionsvorschlags vom 2.10.2002 zuvor schon Krause, BB 2002, 2341, 2345 f.; Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2200 ff.; Neye, NZG 2002, 1144, 1145. 206 Zur Frage, ob es sich hierbei um eine unwiderlegliche Angemessenheitsvermutung handelt, zusf. Posdziech, WM 2010, 787 ff. 207 Den Dualismus zwischen aktien- und übernahmerechtlichem Squeeze-Out bewerten kritisch Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1289 sowie Schüppen, BB 2006, 165, 166.
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Rz. 160 Einl.
Im Zusammenhang mit Art. 4 Abs. 5 der Übernahmerichtlinie wurden die Eingriffsrechte der BaFin 159 gemäß § 40 Abs. 1 und 2 WpÜG um ein Auskunftsrecht gegenüber jedermann und ein Recht zum Betreten von Geschäftsräumen erweitert. 2. Resümee Die deutsche Umsetzungslösung konzentriert sich auf eine „Eins zu Eins“-Umsetzung der Richtlinie und schöpft die Spielräume im Sinne einer weitgehenden Beibehaltung der Rechtslage aus. Der behutsame Reformansatz wurde teilweise kritisiert208. So wurde insbesondere beanstandet, dass sich der Gesetzgeber für eine Fortgeltung des – durch weit reichende Ausnahmen erheblich relativierten – Verhinderungsverbots nach § 33 WpÜG und gegen eine zwingende Anwendung des strengeren EUNeutralitätsgebots bzw. der Durchbruchsregel entschieden habe (opt out)209. Wie in der Regierungsbegründung zutreffend ausgeführt, wird auf diesem Weg indes eine Benachteiligung deutscher gegenüber ausländischen Unternehmen vermieden210. Bereits damals war absehbar, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten von dem opt out hinsichtlich der genannten EU-Bestimmungen Gebrauch machen würde, um ihre strengeren Abwehrmechanismen beizubehalten211. Auch insoweit zeigt sich daher, dass ein Abbau nationaler Übernahmehürden realiter nur vor dem Hintergrund der Erzielung eines entsprechenden Kompromisses auf europäischer Ebene, also der Schaffung eines level playing field auch im Hinblick auf Verteidigungsmöglichkeiten europäischer Unternehmen zu erwarten ist. Im Ergebnis sollten die unterbliebenen Änderungen nicht den Blick davon ablenken, dass mit der Richtlinientransformation erhebliche Verbesserungen der Rechtslage verbunden waren. Diese reichen von der entschiedenen Stärkung der Rechtssicherheit im Falle grenzüberschreitenden Übernahmen aufgrund Neuregelung des Anwendungsbereichs212 über die hinzugewonnene Transparenz für Markt und Anleger insbesondere auch hinsichtlich Übernahmehindernisse213 bis hin zur Einführung eines gegenüber §§ 327a ff. AktG für den Bieter praktikableren Ausschlussrechts in Gestalt der §§ 39a, 39b WpÜG214.
208 Vgl. etwa die Kritik bei Schüppen, BB 2006, 165, 166, 171. A.A. van Kann/Just, DStR 2006, 328, 333. 209 An der praktischen Bedeutung der Durchbruchsregel allerdings zweifelnd van Kann/Just, DStR 2006, 328, 331. 210 BT-Drucks. 16/1003, S. 13 f. 211 Siehe Bericht der Kommission, Abschnitt 7 und 19, wonach lediglich drei Mitgliedstaaten die Durchbrechungsregel umgesetzt haben; dazu Hirte/Heinrich in KölnKomm. WpÜG, Einleitung Rz. 69a. 212 Vgl. auch Diekmann, NJW 2007, 17, 21; Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1292. 213 Ebenso van Kann/Just, DStR 2006, 328, 333. 214 Vgl. auch van Kann/Just, DStR 2006, 328, 333.
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Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften
§ 1 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. (2) Auf Übernahme- und Pflichtangebote zum Erwerb von Aktien einer Zielgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1, deren stimmberechtigte Aktien nicht im Inland, jedoch in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, ist dieses Gesetz nur anzuwenden, soweit es die Kontrolle, die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots und hiervon abweichende Regelungen, die Unterrichtung der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft oder des Bieters, Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft, durch die der Erfolg eines Angebots verhindert werden könnte, oder andere gesellschaftsrechtliche Fragen regelt. (3) Auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 ist dieses Gesetz vorbehaltlich § 11a nur unter folgenden Voraussetzungen anzuwenden: 1. es handelt sich um ein europäisches Angebot zum Erwerb stimmberechtigter Wertpapiere, und 2. a) die stimmberechtigten Wertpapiere sind nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen, oder b) die stimmberechtigten Wertpapiere sind sowohl im Inland als auch in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, jedoch nicht in dem Staat, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz hat, zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen, und aa) die Zulassung erfolgte zuerst zum Handel an einem organisierten Markt im Inland, oder bb) die Zulassungen erfolgten gleichzeitig, und die Zielgesellschaft hat sich für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) als zuständige Aufsichtsbehörde entschieden. Liegen die in Satz 1 genannten Voraussetzungen vor, ist dieses Gesetz nur anzuwenden, soweit es Fragen der Gegenleistung, des Inhalts der Angebotsunterlage und des Angebotsverfahrens regelt. (4) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen darüber, in welchem Umfang Vorschriften dieses Gesetzes in den Fällen des Absatzes 2 und des Absatzes 3 anwendbar sind, zu erlassen. (5) Eine Zielgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2, deren stimmberechtigte Wertpapiere gleichzeitig im Inland und in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, jedoch nicht in dem Staat, in dem sie ihrer Sitz hat, zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen worden sind, hat zu entscheiden, welche der betroffenen Aufsichtsstellen für die Beaufsichtigung eines europäischen Angebots zum Erwerb stimmberechtigter Wertpapiere zuständig sein soll. Sie hat ihre Entscheidung der Bundesanstalt mitzuteilen und zu veröffentlichen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über den Zeitpunkt sowie Inhalt und Form der Mitteilung und der Veröffentlichung nach Satz 2 zu erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. A. I. II. III. IV.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsgegenstand und Normzweck . Entstehung der Vorschrift . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1 1 7 9 15
B. Inlandsgesellschaft mit Börsenzulassung in Deutschland (§ 1 Abs. 1 WpÜG) . . . . I. Angebot zum Erwerb von Wertpapieren . . II. Ausgabe der Wertpapiere von einer Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . .
. .
23 23
.
28
.
31
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§ 1 Anwendungsbereich 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Teilweise Zulassung von Wertpapieren . . C. Inlandsgesellschaft mit ausschließlicher Börsenzulassung in einem anderen EWR-Staat (§ 1 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . D. EWR-Gesellschaft mit Börsenzulassung in Deutschland (§ 1 Abs. 3 WpÜG) . . . . . E. Verordnungsermächtigung zur Anwendbarkeit des Gesetzes in den Fällen der Absätze 2 und 3 (§ 1 Abs. 4 WpÜG) . . . . .
31 34
38 44
F. Wahl der Aufsichtsstelle bei Mehrfachzulassung außerhalb des Sitzstaats (§ 1 Abs. 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . G. Freiwillige Unterstellung öffentlicher Angebote unter das WpÜG? . . . . . . . . . H. Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung der Anwendbarkeit des Gesetzes . . . . . . . . . J. Internationales Gesellschafts- und Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 55 57 58
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Deutsches und europäisches Übernahmekollisionsrecht im Spannungsfeld zwischen internationalem Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2008; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb 2002, 277; Diekmann, Änderungen im Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz anlässlich der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht, NJW 2007, 17; Ekkenga/Hofschroer, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (Teil I), DStR 2002, 724; Fischer, Rechtsfragen grenzüberschreitender Übernahmeangebote, 2008; Fleischer, Zum Begriff des öffentlichen Angebots im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZIP 2001, 1653; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52; Hahn, Übernahmerecht und Internationales Privatrecht, RIW 2002, 741; Harrer/Müller, Die Renaissance des Freiverkehrs – Eine aktuelle Analyse mit internationalem Vergleich, WM 2006, 653; von Hein, Grundfragen des europäischen Übernahmekollisionsrechts, AG 2001, 213; von Hein, Zur Kodifikation des europäischen Übernahmekollisionsrechts, ZGR 2005, 528; Hilmer, Die Übernahmerichtlinie und ihre Umsetzung in das deutsche Recht. 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Anwendungsbereich
Rz. 4 § 1
v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09, jurisPR-StrafR 17/2010 Anm. 3; Tröger, Unternehmensübernahmen im deutschen Recht (Teil I), DZWiR 2002, 353; Tröger, Deutsches und europäisches Übernahmerecht, in Dörner/Menold/Pfitzer/Oser (Hrsg.), Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Prüfung, 2003, S. 135; Veranneman/ Gärtner, Grenzüberschreitende Tauschangebote nach WpÜG, AG 2009, 648; Weber, Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2006, NJW 2006, 3685; Wecker, Die Beaufsichtigung öffentlicher Wertpapiererwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote. Zuständigkeit, Befugnisse und Sanktionen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2008; Winkelmann, Aufsicht und anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Unternehmensübernahmen. Zur Harmonisierung des europäischen Übernahmekollisionsrechts, 2008; Wymeersch, Übernahmeangebote und Pflichtangebote, ZGR 2002, 520; Zimmer, Aufsicht bei grenzüberschreitenden Übernahmen, ZGR 2002, 731; Zschocke, Europapolitische Mission: Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DB 2002, 79.
A. Überblick I. Regelungsgegenstand und Normzweck § 1 WpÜG regelt in erster Linie den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes. Daneben regelt die 1 Vorschrift auch den internationalen Anwendungsbereich und ist insofern eine sog. „einseitige Kollisionsnorm“, da es ausschließlich um die Anwendbarkeit des deutschen Rechts geht1. Sie ist im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1, 1a, 2, 3, 7 und 8 WpÜG zu lesen, in denen die in § 1 WpÜG verwandten Begriffe („Angebot“, „Europäisches Angebot“, „Wertpapiere“, „Zielgesellschaft“, „organisierter Markt“ sowie der „Europäische Wirtschaftsraum“ als Bestandteil des Begriffs des „organisierten Marktes“) definiert werden. § 1 Abs. 1 WpÜG setzt diese Begriffe zueinander in Bezug. Zugleich statuiert die Vorschrift mit dem Erfordernis der Zulassung der von einem Angebot betroffenen Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt eine nicht in § 2 WpÜG enthaltene eigenständige Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gesetzes. § 1 Abs. 1 WpÜG hat daher trotz der eingehenden Regelungen in § 2 WpÜG erhebliche eigenständige Bedeutung2. Nach § 1 Abs. 1 WpÜG gilt das Gesetz für Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer 2 Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Die Absätze 2 und 3 schränken den Anwendungsbereich wiederum für die Fälle ein, in denen die Zielgesellschaft zwar ihren Sitz in Deutschland hat, ihre stimmberechtigen Aktien aber ausschließlich in einem oder mehreren anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, oder die Zielgesellschaft ihren Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat3. Absatz 4 enthält eine Verordnungsermächtigung, aufgrund derer Regelungen über die anwendbaren Vorschriften im Rahmen der Absätze 2 und 3 getroffen werden können. Davon wurde mit Erlass der WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung Gebrauch gemacht (hierzu unten Rz. 40 f., 47, 50). Absatz 5 statuiert die Pflicht einer Zielgesellschaft zur Entscheidung über die zuständige Aufsichtsstelle, falls ihre Wertpapiere sowohl im Inland als auch in einem anderen EWRStaat, in dem sie nicht ihren Sitz hat, zugelassen sind. Neben der Festlegung des Anwendungsbereichs enthält § 1 WpÜG zugleich eine bündige Zusammenfassung des Regelungsprogramms des Gesetzes, die dem Rechtsanwender den Einstieg in das Gesetz erleichtert4.
3
Der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes folgt nicht aus § 1 WpÜG, sondern ergibt sich 4 aus den jeweiligen Einzelvorschriften des Gesetzes5. Normadressaten sind primär der Bieter, die Zielgesellschaft und die BaFin. Hinzu treten auf Seiten des Bieters die für die Angebotsunterlage und die 1 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 66; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 9; Wecker, Die Beaufsichtigung öffentlicher Wertpapiererwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote, 2008, S. 68. 2 Zutreffend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 2; a.A. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 1, der jedoch in Rz. 3 von einem eigenständigen Regelungsgehalt des § 1 WpÜG in Bezug auf den internationalen Anwendungsbereich spricht. 3 Kritisch zur Regelungstechnik Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 7. 4 Ähnlich Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 6 („einführende Erläuterung“). 5 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 23; ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 1.
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§ 1 Rz. 4 Anwendungsbereich Finanzierungsbestätigung Verantwortlichen (§ 11 Abs. 3, § 13 WpÜG). Auf Seiten der Zielgesellschaft sind zudem deren Organe und Arbeitnehmervertretungen (§§ 27, 33 WpÜG) zu nennen. Demgegenüber richtet sich das WpÜG nur im Ausnahmefall (§ 12 WpÜG) an die Angebotsadressaten, was im Wesentlichen auf die kapitalmarktrechtliche Konzeption des Gesetzes zurückzuführen ist (hierzu Einl. Rz. 14 ff.; zu § 35 WpÜG dort Rz. 31 ff.). 5
Ebenfalls nicht geregelt in § 1 WpÜG ist der zeitliche Anwendungsbereich des WpÜG. Nach Art. 12 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20.12.20016 ist das WpÜG am 1.1.2002 in Kraft getreten. § 68 WpÜG enthält Übergangsregelungen. Diese sind mittlerweile zeitlich überholt.
6
Zur Anwendbarkeit des WpÜG auf umwandlungsrechtliche Vorgänge siehe § 35 WpÜG Rz. 133 ff. Auf die Tätigkeit von Investmentaktiengesellschaften ist das WpÜG unanwendbar (§ 99 Abs. 5 InvG).
II. Entstehung der Vorschrift 7
Die Anwendbarkeit des Übernahmekodex (hierzu Einl. Rz. 19 ff. war an die Voraussetzung geknüpft, dass die Beteiligten gegenüber der Übernahmekommission erklärten, dass sie die Vorschriften als für sie maßgeblich anerkennen. Der Anwendungsbereich beschränkte sich auf öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren von Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland. Zudem waren ausschließlich solche Wertpapiere erfasst, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen und mit Stimmrechten ausgestattet waren (für stimmrechtslose Vorzugsaktien galt der Kodex analog). Der Anwendungsbereich des Übernahmekodex war allerdings insoweit weiter, als auch Wertpapiere einbezogen waren, die ausschließlich im Freiverkehr an einer inländischen Börse gehandelt wurden.
8
Der Anwendungsbereich des Gesetzes beschränkte sich im DiskE (§§ 1, 2 Abs. 3) noch auf Übernahme- und Pflichtangebote. Im RefE (§§ 1, 2 Abs. 1) wurde der Anwendungsbereich auf sämtliche Erwerbsangebote erweitert (näher Einl. Rz. 27 f.). Im anschließenden parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren erfolgten keine weiteren Modifikationen des Anwendungsbereichs. Die im Zuge der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie7 zum 14.7.2006 eingefügten Absätze 2 bis 5 regeln den Anwendungsbereich des Gesetzes bei grenzüberschreitenden Sachverhalten8. Die Vorschriften entsprechen den unionsrechtlichen Vorgaben9.
III. EU-Übernahmerichtlinie 9
Der Anwendungsbereich der Übernahmerichtlinie10 erfasst gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 lit. a) Übernahme- und Pflichtangebote, nicht jedoch einfache Erwerbsangebote, für Wertpapiere von Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen. Voraussetzung ist, dass alle oder ein Teil dieser Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie11 in mindestens einem Mitgliedstaat zugelassen sind. Wertpapiere werden in Art. 2 Abs. 1 lit. e) definiert als „übertragbare Wertpapiere, die Stimmrechte in einer Gesellschaft verleihen“. Aus6 BGBl. I 2001, 3822. 7 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 8.7.2006, BGBl. I 2006, 1426. 8 Zur Umsetzung der Übernahmerichtlinie in deutsches Recht vgl. Diekmann, NJW 2007, 17, 18 f.; Holzborn/ Peschke, BKR 2007, 101 ff.; Josenhans, ZBB 2006, 269 ff.; Meixner, ZAP Fach 8, 417 f.; Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1287; Meyer, WM 2006, 1135, 1136 ff.; Seibt/Heiser, AG 2006, 301 ff. 9 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 22. 10 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12. 11 Richtlinie 93/22/EWG des Rates über Wertpapierdienstleistungen vom 10.5.1993, ABl. EG Nr. L 141 v. 11.6.1993, S. 27, aufgehoben durch Art. 69 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004, ABl. EG Nr. L 145 v. 30.4.2004, S. 1.
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Anwendungsbereich
Rz. 12 § 1
drücklich ausgenommen vom Anwendungsbereich werden gemäß Art. 1 Abs. 2 und 3 Angebote auf von Investmentfondsgesellschaften und Zentralbanken ausgegebene Wertpapiere. Von einer Zielgesellschaft abgegebene Angebote zum Erwerb eigener Wertpapiere unterfallen ebenfalls nicht der Übernahmerichtlinie, da die Angebotsdefinition des Art. 2 Abs. 1 lit. a) diese ausdrücklich ausnimmt. Für Übernahmen mit grenzüberschreitendem Bezug, bei denen die Wertpapiere der Zielgesellschaft nicht in dem Mitgliedstaat zum Börsenhandel zugelassen sind, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat12, enthält Art. 4 Abs. 2 eine komplexe Regelung zur Zuständigkeit der Aufsichtsstellen und zum anwendbaren Recht, die – vereinfacht formuliert – nach dem Grundsatz „Angebotsverfahren ist Marktrecht, Gesellschaftsrecht ist Heimatrecht“13 verfährt und somit zu einer gespaltenen Rechtsanwendung führt.
10
Im Einzelnen sieht Art. 4 Abs. 2 Folgendes vor14: Für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs ist 11 grundsätzlich die Aufsichtsstelle in dem Mitgliedstaat zuständig, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz15 hat, wenn deren Wertpapiere dort an einem geregelten Markt zum Handel zugelassen sind (Art. 4 Abs. 2 lit. a)). Sind die Wertpapiere nicht im Mitgliedstaat des Sitzes der Zielgesellschaft zugelassen, ist die Aufsichtsstelle des Mitgliedstaates zuständig, in dem die Wertpapiere zugelassen sind; bei Zulassung in mehreren Mitgliedstaaten ist entscheidend, wo die Wertpapiere zuerst zugelassen wurden (Art. 4 Abs. 2 lit. b)). Bei gleichzeitiger Zulassung in mehreren Mitgliedstaaten hat die Gesellschaft am ersten Handelstag die zuständige Aufsichtsstelle zu bestimmen. Bestand bei Ablauf der Umsetzungsfrist16 der Übernahmerichtlinie bereits eine Mehrfachzulassung, die gleichzeitig erfolgte, mussten die Aufsichtsbehörden innerhalb von vier Wochen gemeinsam festlegen, wer zuständig ist; unterblieb die Festlegung, hatte die Zielgesellschaft zu entscheiden, wer zuständig sein soll (Art. 4 Abs. 2 lit. c))17. Für die Fälle, in denen die Wertpapiere nicht in dem Mitgliedstaat des Sitzes der Zielgesellschaft zugelassen sind (Art. 4 Abs. 2 lit. b) und c)), enthält die Übernahmerichtlinie auch Vorgaben zum anwendbaren Recht18. Danach gilt für Fragen betreffend die Gegenleistung, insbesondere für den Preis, und das Angebotsverfahren (einschließlich der Unterrichtung über die Entscheidung zur Angebotsabgabe, des Inhalts der Angebotsunterlage und der Bekannt12 Beispiele ausländischer Gesellschaften, deren Aktien (ausschließlich) an einer Börse in Deutschland zum Handel zugelassen sind: Airbus SE (Sitz: Niederlande), Diebold Nixdorf DL 1,25 (Sitz: USA), Fabasoft AG (Sitz: Österreich), S&T AG (Sitz: Österreich), Logwin AG (Sitz: Luxemburg), RTL Group (Sitz: Luxemburg), Stabilus S.A. (Sitz: Luxemburg). Beispiele von Gesellschaften mit Sitz in Deutschland, deren Aktien ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat zum Börsenhandel zugelassen sind: Probiodrug AG (Zulassung an Euronext Amsterdam, Sitz: Halle (Saale)), Noxxon Pharma AG (Zulassung an Euronext Growth Paris, Sitz: Berlin); vgl. Börsenzeitung v. 27.11.2018, „Börsengänge deutscher Unternehmen im Ausland“, abrufbar unter https://www.boersen-zei tung.de/index.php?li=1&artid=2018228807&titel=Boersengaenge-deutscher-Unternehmen-im-Ausland. 13 Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 10 f.; im Anschluss hieran auch Baums/Rieder in Baums/Thoma/ Verse, Einleitung 2.7. 14 Hierzu Krause, BB 2004, 113, 117; Mülbert, NZG 2004, 633, 637 ff.; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 867 f.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 227 ff.; Siems, ECFR 2004, 458, 469 ff.; Seibt/Heiser, ZGR 2005, 200, 204 ff.; Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109 ff.; von Hein, ZGR 2005, 528 ff.; van Kann/Just, DStR 2006, 328 f.; Maul, NZG 2005, 151, 157 f.; Schüppen, BB 2006, 165, 169 f.; zu der im Wesentlichen identischen Regelung im Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 19.6.2000 schon zuvor Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 10 f.; Krause, NZG 2000, 905, 907; von Hein, AG 2001, 213, 214 ff.; Zimmer, ZGR 2002, 731, 736 ff. 15 Der Sitzbegriff ist in der Übernahmerichtlinie nicht definiert, wird jedoch aufgrund der unterschiedlichen sprachlichen Fassungen unterschiedlich verstanden. Für Satzungssitz Graßl in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 5 Rz. 50; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 51; Hoffmann in Münchener Hdb. GesR, 4. Aufl., Band 6, § 63 Rz. 7; für effektiven Verwaltungssitz hingegen Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 17 ff. 16 Gemäß Art. 21 Abs. 1 war dies der 20.5.2006. 17 Obwohl aus dem Wortlaut dieser Regelung nicht erkennbar, wird man angesichts des Art. 4 Abs. 2 zu Grunde liegenden Regelungskonzeptes für ihre Anwendung zu fordern haben, dass Wertpapiere der Zielgesellschaft nicht im Mitgliedstaat des Sitzes der Zielgesellschaft zugelassen sind; hierzu auch Krause, BB 2002, 2341, 2344. 18 Liegen Sitz der Zielgesellschaft und Börsenzulassung im selben Mitgliedstaat, ist – ohne dass dies ausdrücklich in der Übernahmerichtlinie bestimmt wird – auch dessen Recht anwendbar; vgl. Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 11; von Hein, AG 2001, 213, 214 f.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 228; Mülbert, NZG 2004, 633, 637.
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12
§ 1 Rz. 12 Anwendungsbereich machung des Angebots) das Recht des Mitgliedstaates der zuständigen Aufsichtsstelle. Für Fragen der Unterrichtung der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft, für gesellschaftsrechtliche Fragen, insbesondere betreffend die Kontrollschwelle, für von der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots abweichende Regelungen und für die Bedingungen, unter denen Abwehrmaßnahmen getroffen werden können, gelten die Vorschriften des Sitzmitgliedstaates der Zielgesellschaft (Art. 4 Abs. 2 lit. e)). 13
Die Übernahmerichtlinie war nach Art. 21 Abs. 1 bis zum 20.5.2006 von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Im Hinblick auf den oben Rz. 9 dargestellten Anwendungsbereich bestand in Deutschland kein Umsetzungsbedarf. Zwar erfasst das WpÜG auch einfache Erwerbsangebote sowie nach der früheren Praxis der BaFin den Fall der Identität von Bieter und Zielgesellschaft, der beim Erwerb eigener Aktien (hierzu und zur nach Inkrafttreten des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes insoweit geänderten Verwaltungspraxis § 2 WpÜG Rz. 38 ff.) relevant wird, und geht insoweit über den Anwendungsbereich der Übernahmerichtlinie hinaus. Jedoch sind diese Abweichungen europarechtlich unproblematisch (siehe § 2 WpÜG Rz. 9)19. Das Erfordernis der Zulassung der Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt i.S.d. Übernahmerichtlinie entspricht dem in § 1 WpÜG enthaltenen Erfordernis der Zulassung an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 7, 8 WpÜG; es hätte klargestellt werden können, dass bereits die Zulassung eines Teils der Wertpapiere für die Anwendbarkeit des Gesetzes ausreichend ist. Die Wertpapierdefinition erfasst stimmberechtigte Aktien; diese sind auch nach dem WpÜG zwingend Gegenstand eines (von der Übernahmerichtlinie nur geregelten) Übernahme- bzw. Pflichtangebots (siehe zum Pflichtangebot § 35 WpÜG Rz. 28 und 220 ff., die dortigen Ausführungen gelten entsprechend für Übernahmeangebote). Dass – wie nach dem WpÜG (siehe § 32 WpÜG Rz. 8) – darüber hinaus auch stimmrechtslose Vorzugsaktien erfasst werden können, stellt Erwägungsgrund 11 Satz 2 Übernahmerichtlinie ausdrücklich klar20.
14
Umsetzungsbedarf bestand dagegen bei den oben Rz. 10 f. dargestellten Sachverhalten des Fehlens einer Börsenzulassung im Sitzmitgliedstaat der Zielgesellschaft21. Der Anwendungsbereich des Gesetzes und die Überwachungszuständigkeit der BaFin bei Übernahme- und Pflichtangeboten, nicht jedoch bei einfachen Erwerbsangeboten22, war anzupassen. Für Übernahme- und Pflichtangebote an die Aktionäre deutscher Zielgesellschaften, deren Aktien ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, war vorzusehen, dass das WpÜG und die Beaufsichtigung durch die BaFin nur in Bezug auf die Unterrichtung der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft, gesellschaftsrechtliche Fragen, die Kontrollschwelle beim Pflichtangebot und Ausnahmen von demselben sowie die Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen gelten. Umgekehrt war auch vorzusehen, dass auf Übernahme- und Pflichtangebote von Zielgesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, deren Aktien nicht zum Handel an einem organisierten Markt in diesem Mitgliedstaat, aber in Deutschland zugelassen sind, die Regeln des WpÜG über die Gegenleistung und das Angebotsverfahren anzuwenden sind und deren Einhaltung von der BaFin zu überwachen ist. Für beide Fälle waren zudem die oben Rz. 11 dargestellten Vorgaben zu Mehrfachzulassungen umzusetzen. Die Umsetzung ist in § 1 Abs. 2 bis 5 WpÜG erfolgt (hierzu unten Rz. 51 ff.).
IV. Kritik 15
Kritisiert worden ist, dass § 1 WpÜG allein ohne sachliche Aussagekraft sei23. Hieran ist richtig, dass zum näheren Verständnis der Norm ein Rückgriff auf die Definitionen des § 2 WpÜG erforderlich ist. Dies ist aber kein Nachteil der Regelung. § 1 WpÜG verschafft dem Rechtsanwender einen ersten
19 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 4 hält die Erstreckung auf einfache Erwerbsangebote ebenfalls für europarechtskonform, doch stelle dies eine unnötige Überregulierung dar. 20 Der Erwägungsgrund betrifft nur Pflichtangebote. Dass Gleiches für Übernahmeangebote gilt, legt jedoch die in Art. 5 Abs. 2 Übernahmerichtlinie zum Ausdruck kommende Wertung nahe. 21 Siehe hierzu auch die oben in Rz. 11 Fn. 14 aufgeführte Literatur. 22 Dies wird übersehen im Formulierungsvorschlag einer Neuregelung von Mülbert, NZG 2004, 633, 639. 23 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 1; siehe auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 1.
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Anwendungsbereich
Rz. 18 § 1
Überblick über das Regelungsprogramm des WpÜG24. Die Alternativen eines vollständigen Verzichts auf § 1 WpÜG und einer entsprechenden Ergänzung der Definitionen des § 2 WpÜG25 oder eines stark erweiterten § 1 WpÜG verbessern kaum die Lesbarkeit des Gesetzes. Abgesehen hiervon hat § 1 WpÜG, nicht zuletzt durch die Regelungen zum internationalen Anwendungsbereich, auch erhebliche eigenständige Bedeutung (siehe oben Rz. 1)26. Teilweise ist darauf hingewiesen worden, die Bezugnahme auf Angebote in § 1 WpÜG sei zu eng bzw. irreführend und zirkulär27. Insbesondere würde bei genauer Lesart des § 1 WpÜG das WpÜG nicht auf Pflichtangebote anwendbar sein. Deren Auslöser sei ein Kontrollerwerb, der aber – sofern er nicht in Form eines öffentlichen Angebots erfolge – nicht von § 1 WpÜG erfasst werde. Ein Rückgriff auf § 2 Abs. 1 WpÜG, der Pflichtangebote erwähnt, sei nicht möglich, da die Vorschrift die Anwendbarkeit des Gesetzes voraussetze. Gegen diese Ansicht spricht zunächst, dass das Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, was auch von denjenigen anerkannt wird, die die (ausschließliche) Bezugnahme auf Angebote kritisieren. Wenn man hingegen bei der Auslegung des § 1 WpÜG den Willen des Gesetzgebers28 und die in zentralen Vorschriften des WpÜG (hier § 2 Abs. 1, §§ 35 ff. WpÜG) zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen berücksichtigt29, gelangt man zwanglos zum zutreffenden Ergebnis.
16
Vielfach wird ferner der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes, der sich auf Zielgesellschaften 17 beschränkt, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, als zu eng beanstandet. Der organisierte Markt umfasst im Inland nur den – bis zur Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie als amtlicher bzw. geregelter Markt bezeichneten – regulierten Markt (§ 2 Abs. 7 WpÜG). Wünschenswert sei eine Einbeziehung auch des Freiverkehrs (§ 48 BörsG)30. Teilweise wird darüber hinausgehend auch eine Anwendung des WpÜG auf Gesellschaften ohne jeden Bezug zum Kapitalmarkt (börsenferne Gesellschaften) gefordert31. Begründet wird dies im Wesentlichen mit dem Schutzbedürfnis der Anleger bzw. bei börsenfernen Gesellschaften der außenstehenden Aktionäre. Mit Blick auf das Pflichtangebot wird insbesondere auf das Erfordernis eines auch für börsenferne Gesellschaften geltenden einheitlichen Konzerneingangsschutzes und – hiermit zusammenhängend – den verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz verweisen. Dieser Kritik ist nicht zu folgen32. Der Gesetzgeber hat bei Schaffung des WpÜG bewusst ein Son- 18 derrecht für solche Märkte geschaffen, die bestimmten Mindeststandards im Hinblick auf Organisation und Überwachung genügen33. Die im WpÜG erfolgte Abgrenzung ist sowohl gesellschaftsrecht24 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 1 Fn. 1 hält die Formulierung des § 1 WpÜG zu diesem Zweck für ungeeignet. 25 In diese Richtung gehend Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 1. 26 Vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 6. 27 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 5 ff.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 1. 28 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 29 f. 29 Zu dieser Methodik (allerdings Bezug nehmend auf die allgemeinen Grundsätze des § 3 WpÜG) Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 70 f. 30 Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1227 f.; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 394; zuvor schon Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 375 f.; Tröger, DZWiR 2002, 353, 355; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 280; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 8; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 27; sofern die Wertpapiere der Zielgesellschaft mit ihrer Zustimmung in den Freiverkehr einbezogen wurden auch Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 60; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 49 f., 73 (für Übernahme- und Pflichtangebote). 31 Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1227 f.; zuvor schon Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 375; für Anwendbarkeit der Pflichtangebotsregelungen Tröger, DZWiR 2002, 353, 355; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 74 ff.; wohl auch Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 725; für grundsätzliche Geltung und Ausschlussmöglichkeit durch Satzung Mühle, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 463 f. 32 Gegen Erstreckung des Anwendungsbereichs auf den Freiverkehr auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 53; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 41; gegen Erstreckung auf börsenferne Gesellschaften auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 8; Kleindiek, ZGR 2002, 546, 557 ff., 563 (zum Pflichtangebot). 33 Den kapitalmarktrechtlichen Ansatz der Regelungen in diesem Zusammenhang betonend auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 8; Kleindiek, ZGR 2002, 546, 557 ff., 563 (zum Pflichtangebot).
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§ 1 Rz. 18 Anwendungsbereich lich (§ 3 Abs. 2 AktG) als auch kapitalmarktrechtlich §§ 26, 33 ff. WpHG) anerkannt und zudem auch in Art. 1 Abs. 1 Übernahmerichtlinie angelegt. Die fehlende Einbeziehung des Freiverkehrs trägt dem Umstand Rechnung, dass es gerade dem Wesen des Freiverkehrs entspricht, dass dort eben nicht das gleiche hohe Schutzniveau wie an organisierten Märkten herrscht. Gerade das regulatorische Gefälle34 grenzt den Freiverkehr von organisierten Märkten ab; aus diesem Grund kann auch nicht der Anlegerschutz als tragendes Argument herangezogen werden. Hinzu treten strukturelle Unterschiede wie das Fehlen eines förmlichen Zulassungsverfahrens und die privatrechtliche Organisation, die erhebliche Spielräume bei der Ausgestaltung des Marktes ermöglicht. Gegen die Erstreckung insbesondere der Pflichtangebotsregeln auf börsenferne Gesellschaften spricht, dass deren Aktionäre ganz anders als Anleger börsennotierter Gesellschaften durch entsprechende Vertragsgestaltung Vorsorge für den Fall des Kontrollwechsels treffen können und dies häufig auch tun. Auch der Hinweis auf das Erfordernis eines einheitlichen Konzerneingangsschutzes überzeugt nicht, da das Pflichtangebot kapitalmarktrechtlich, nicht konzernrechtlich zu verankern ist (näher § 35 WpÜG Rz. 31 ff.). Vor diesem Hintergrund ist auch ein verfassungsrechtliches Gebot der Einbeziehung des Freiverkehrs oder börsenferner Gesellschaften in den Anwendungsbereich des WpÜG nicht erkennbar35. 19
Von einigen Stimmen in der Literatur wurde der internationale Anwendungsbereich einerseits als zu eng, anderseits als zu weit angesehen: zu eng deshalb, weil das WpÜG nicht Sachverhalte erfasste, bei denen Aktien ausländischer Gesellschaften ausschließlich oder in erheblichem Umfang an einem inländischen organisierten Markt gehandelt werden36; die Anwendbarkeit des WpÜG scheiterte hier am Merkmal der Zielgesellschaft (§ 2 Abs. 3 WpÜG a.F.). Zu weit deshalb, weil das WpÜG auch anwendbar war, wenn Aktien inländischer Zielgesellschaften ausschließlich an ausländischen organisierten Märkten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehandelt wurden37. Nach Umsetzung der Übernahmerichtlinie ist diese Kritik jedenfalls im Hinblick auf den EWR obsolet geworden, da eine Neuregelung dieser Fälle entsprechend den in Art. 4 Abs. 2 Übernahmerichtlinie vorgegebenen Grundsätzen (hierzu oben Rz. 10 f., 14 und unten Rz. 38 ff.) erfolgte.
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Gleichwohl werden auch die in Umsetzung der Übernahmerichtlinie eingefügten Vorschriften des § 1 Abs. 2 bis 5 WpÜG beanstandet38: So sei der Anwendungsbereich des WpÜG insofern zu weit, als die Beschränkungen von § 1 Abs. 2 WpÜG nicht bei einfachen Erwerbsangeboten gelten und auch nicht für den Fall, dass die zugelassenen Aktien nicht stimmberechtigt sind. Hingegen verenge die Regelung in § 1 Abs. 3 WpÜG die Anwendbarkeit deutschen Rechts zu sehr, indem es ausgeschlossen werde, wenn die nur im Inland zugelassenen Aktien nicht stimmberechtigt seien oder das WpÜG nach § 1 Abs. 1 WpÜG auf Nicht-EWR-Gesellschaften von vornherein keine Anwendung finde.
21
Hingewiesen werden soll hier nur darauf, dass die Beschränkung auf inländische Zielgesellschaften im Ansatz positive Kompetenzkonflikte, die Einbeziehung ausländischer Märkte negative Kompetenzkonflikte mit anderen Rechtsordnungen vermeidet. Allerdings wäre es in der Tat wünschenswert gewesen, das WpÜG auf im Inland zugelassene Gesellschaften aus Drittstaaten hinsichtlich des Marktrechts zu erstrecken. Umgekehrt wäre es konsequenter und sinnvoll gewesen, die Beschränkungen des § 1 Abs. 2 34 Siehe dazu BVerfG v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, BB 2012, 2010, 2012. 35 Genauso wenig wie umgekehrt das Delisting von Verfassungs wegen das Angebot einer Barabfindung gebietet, vgl. BVerfG v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, BB 2012, 2010 ff. Siehe aber nunmehr aber die börsenrechtliche Abfindungsregelung in § 39 BörsenG. 36 von Hein, AG 2001, 213, 231 f.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 14 (kritisch nur noch hinsichtlich Gesellschaften aus Nicht-EWR-Staaten); Land, DB 2001, 1707, 1708; Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1229; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 398 f.; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 725 mit Fn. 12; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 280; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 11; Baums/Hecker in Baums/ Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 16, 51, 77; teilweise wird hier das zusätzliche Erfordernis aufgestellt, dass in dem Sitzstaat des Unternehmens keine oder jedenfalls keine dem WpÜG entsprechenden Übernahmeregeln bestehen. Den vom Gesetzgeber festgelegten Anwendungsbereich dagegen begrüßend Zschocke, DB 2002, 79, 80; zu Recht auf das Fehlen praktizierbarer Alternativen in Bezug auf Nicht-EWR-Staaten verweisend auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 9. 37 Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1228 f.; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 725 mit Fn. 12; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 280; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 10; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 15, 50; das Regelungskonzept dagegen begrüßend von Hein, AG 2001, 213, 231 f.; wohl auch Hahn, RIW 2002, 741, 743. 38 Hierzu ausführlich Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 14 ff.
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Anwendungsbereich
Rz. 24 § 1
WpÜG jedenfalls auch bei einfachen Erwerbsangeboten und in den Fällen anzuwenden, in denen die Aktien der Zielgesellschaft (gleich ob stimmberechtigt oder nicht) nur im Ausland zugelassen sind. Es ist nicht ersichtlich, warum bei diesen Fällen deutsches Übernahmerecht neben dem Übernahmerecht des Zulassungsstaates gelten soll. Der Beschränkung in § 1 Abs. 3 WpÜG auf stimmberechtigte Wertpapiere ist hingegen zuzustimmen. Sie mag zwar im Einzelfall unbefriedigend sein, die Vorgaben aus der Übernahmerichtlinie gehen aber nicht weiter, so dass es an einer entsprechenden Regelungsbefugnis des deutschen Gesetzgebers für die ausländischen Gesellschaften fehlt. Im Übrigen zeigt der Rechtsvergleich, dass international einheitliche Regeln, nach denen sich der Anwendungsbereich übernahmerechtlicher Regularien bestimmt, bis zum Erlass der Übernahmerichtlinie nicht bestanden haben39 und eine befriedigende Lösung sich letztlich nur im Wege der Harmonisierung finden lässt40. Das gilt auch heute noch. Die Einführung eines Systems der gespaltenen Rechtsanwendung in § 1 Abs. 2 und 3 WpÜG hat zur Folge, dass die Interaktion von deutschem und ausländischem Recht sorgfältig zu prüfen ist, gerade auch im Hinblick auf die inhaltlich teils divergierenden Übernahmegesetze41.
22
B. Inlandsgesellschaft mit Börsenzulassung in Deutschland (§ 1 Abs. 1 WpÜG) I. Angebot zum Erwerb von Wertpapieren Nach § 1 Abs. 1 Halbsatz 1 WpÜG findet das WpÜG Anwendung auf „Angebote zum Erwerb von 23 Wertpapieren“. § 2 Abs. 1 WpÜG enthält eine Legaldefinition des Begriffs des Angebots (näher § 2 WpÜG Rz. 5 ff.). Es muss sich daher jedenfalls um ein Angebot handeln, das öffentlich erfolgt42. Das Gesetz kennt drei Arten von Angeboten: einfache Erwerbsangebote, Übernahmeangebote und Pflichtangebote. Zur Anwendbarkeit des Gesetzes auf Angebote zum Erwerb eigener Aktien siehe § 2 WpÜG Rz. 38 ff. Ob der Bieter mit dem Erwerb die Kontrollmehrheit anstrebt, ist für den sachlichen Anwendungsbereich nicht von Bedeutung43. Bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des Gesetzes sind sowohl dessen Sinn und Zweck als auch die in einzelnen Regelungen des WpÜG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen zu berücksichtigen44. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die einzelnen Normen in einem Gesamtzusammenhang stehen, was gerade auch für § 1 WpÜG gilt, der eine bündige Zusammenfassung des Regelungsprogramms des WpÜG enthält. Berücksichtigt man diese Grundsätze, zeigt sich, dass das tatsächliche Vorliegen eines Angebots nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit des WpÜG ist, sondern der Anwendungsbereich weiter gefasst ist und darüber hinausgehend auch Sachverhalte im Zusammenhang mit (potenziellen) Angeboten erfasst45: So verpflichtet § 10 Abs. 1 39 Überblick über die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte bei Ryngaert, ECFR 2007, 434, 438 ff.; Wymeersch, ZGR 2002, 520, 525 ff.; Holzborn, BKR 2002, 67, 69 f., 72 ff.; Siems, ECFR 2004, 458, 461 ff.; hierzu auch Zimmer, ZGR 2002, 731, 732 ff. 40 Ebenso Zimmer, ZGR 2002, 731, 748, 753; Tröger in Dörner/Menold/Pfitzer/Oser, S. 135, 145. 41 So führt z.B. ein vorgeschaltetes freiwilliges Übernahmeangebot nicht nach allen Rechtsordnungen immer dazu, dass ein Pflichtangebot nicht mehr erforderlich ist. Während es nach der Verwaltungspraxis der BaFin ausreicht, dass ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen dem Kontrollerwerb und dem freiwilligen Übernahmeangebot besteht (siehe Merkblatt BaFin vom 12.7.2007 zur Auslegung von § 35 Abs. 3 WpÜG), ist nach anderen Rechtsordnungen erforderlich, dass Kontrolle konkret aufgrund des freiwilligen Übernahmeangebots erworben wurde (so etwa nach niederländischem Recht). 42 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 2; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 20; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 7; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 1 WpÜG Rz. 2. 43 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 28; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 7. 44 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 5; ebenfalls zu dieser Methodik (allerdings Bezug nehmend auf die allgemeinen Grundsätze des § 3 WpÜG) Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz, S. 70 f. 45 Hierzu Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 8 f., 16; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 24. Zu weitgehend Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 5, § 2 WpÜG Rz. 104 (ernsthafte Überlegungen, ein Angebot abzugeben, sollen genügen); siehe hierzu auch die Kommentierung zu § 2 WpÜG Rz. 113.
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24
§ 1 Rz. 24 Anwendungsbereich WpÜG den Bieter, bei einfachen Erwerbsangeboten und Übernahmeangeboten bereits seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zu veröffentlichen; die tatsächliche Abgabe des Angebots erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. § 17 WpÜG untersagt eine öffentliche invitatio ad offerendum, obwohl diese selbst kein Angebot i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG ist. Bei Pflichtangeboten ist die Abgabe des Angebots Rechtsfolge des Kontrollerwerbs (hierzu schon oben Rz. 16), der bereits eine Veröffentlichungspflicht gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auslöst. Aus §§ 36 und 37 WpÜG ergibt sich, dass das Gesetz sogar dann Anwendung findet, wenn ein Kontrollerwerb auf Grund der Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nicht vorliegt und somit gar kein Angebot abzugeben ist oder die BaFin den (potenziellen) Bieter von der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots befreit. Dass die Formulierung des § 1 WpÜG nicht all diese Fälle berücksichtigen kann, liegt auf der Hand und ist wohl kaum als ein Mangel der Norm anzusehen. 25
Das Angebot muss auf den Erwerb von Wertpapieren gerichtet sein. Zum Begriff des Erwerbs siehe § 2 WpÜG Rz. 18 ff.
26
§ 2 Abs. 2 WpÜG enthält eine Legaldefinition des Begriffs der Wertpapiere; siehe hierzu § 2 WpÜG Rz. 46 ff.
27
§ 1 Abs. 1 Halbsatz 1 WpÜG gibt keine Antwort auf die Frage, ob der Bieter sein Angebot auf einzelne Arten von Wertpapieren i.S.d. § 2 Abs. 2 WpÜG beschränken, nach Wertpapiergattungen differenzieren, oder das Angebot als Teilangebot ausgestalten kann. Bei Beantwortung dieser Fragen sind die Vorschriften der § 3 Abs. 1, § 19 und § 32 WpÜG heranzuziehen. Hier gilt Folgendes: Mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung ist der Bieter grundsätzlich frei, bei seinem Angebot zwischen verschiedenen Arten von Wertpapieren i.S.d. § 2 Abs. 2 WpÜG zu differenzieren, also beispielsweise ein Angebot nur zum Erwerb von Aktien oder von Wandelschuldverschreibungen abzugeben. Nach § 3 Abs. 1 WpÜG stets unzulässig sind jedoch Differenzierungen zwischen Wertpapieren, die derselben Gattung46 angehören. Dagegen können Inhaber verschiedener Wertpapiergattungen, z.B. Stamm- und Vorzugsaktionäre oder Inhaber von Wandelschuldverschreibungen verschiedener Serien, grundsätzlich unterschiedlich behandelt werden. Teilangebote sind grundsätzlich zulässig, jedoch hat hier gemäß § 19 WpÜG eine Zuteilung pro rata zu erfolgen. Für Übernahme- und Pflichtangebote sieht § 32 WpÜG (i.V.m. § 39 WpÜG) jedoch eine Pflicht zum Erwerb aller Aktien vor (siehe auch § 32 WpÜG Rz. 4 ff.). Insoweit enthält § 32 WpÜG sowohl eine Ausnahme von der Möglichkeit zur Abgabe von Teilangeboten als auch der Möglichkeit, zwischen Inhabern unterschiedlicher Aktiengattungen zu differenzieren.
II. Ausgabe der Wertpapiere von einer Zielgesellschaft 28
§ 1 Abs. 1 Halbsatz 2 WpÜG verlangt, dass die Wertpapiere, auf die sich das Angebot bezieht, „von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden“. § 2 Abs. 3 WpÜG enthält eine Legaldefinition des Begriffs der Zielgesellschaft. Danach muss es sich bei der Gesellschaft um eine AG oder KGaA mit Sitz im Inland oder um eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums handeln (hierzu § 2 WpÜG Rz. 57 ff.). Keine Anwendung findet das WpÜG daher auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von Gesellschaften mit Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums emittiert wurden, auch wenn die betreffenden Wertpapiere überwiegend oder ausschließlich zum Handel an einem organisierten Markt in Deutschland zugelassen sind (zur Kritik hieran siehe oben Rz. 19 ff., zu den Vorgaben der Übernahmerichtlinie Rz. 10 f., 14)47. Unerheblich ist demgegenüber der (Wohn-)Sitz oder die Rechtsform des Bieters (hierzu § 2 WpÜG Rz. 78 ff.) oder der Adressaten des Angebots48.
46 Nach § 11 Satz 2 AktG bilden Aktien mit gleichen Rechten eine Gattung. Entsprechendes gilt für die anderen in § 2 Abs. 2 WpÜG genannten Wertpapiere. Zu den unterschiedlichen Aktiengattungen siehe Hüffer/Koch, § 11 AktG Rz. 3 ff. 47 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 30; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 36. 48 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 126.
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Anwendungsbereich
Rz. 30 § 1
Das Erfordernis der Ausgabe von einer Zielgesellschaft nimmt generell Bezug auf „Wertpapiere“, 29 ohne zwischen den verschiedenen in § 2 Abs. 2 WpÜG aufgeführten Wertpapieren zu differenzieren. Ist dies bei den in Nr. 1 aufgeführten Aktien als gesetzgeberischem Grundfall unproblematisch, stellt sich die Frage, wie dieses Merkmal bei den anderen in § 2 Abs. 2 WpÜG aufgeführten Wertpapieren aufzufassen ist. Eine am Wortlaut orientierte Auslegung würde dazu führen, dass solche Wertpapiere, die Aktien einer Zielgesellschaft vertreten (beispielsweise Depositary Receipts) oder die den Erwerb von Aktien einer Zielgesellschaft zum Gegenstand haben (beispielsweise Wandelanleihen), aber von Dritten emittiert werden, nicht dem Anwendungsbereich des WpÜG unterfallen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn deren Emittent im Einzelfall eine inländische AG oder KGaA oder eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums wäre und so die Kriterien einer Zielgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 3 WpÜG erfüllen würde. Eine derartige Sichtweise würde allerdings nicht nur zu unvertretbaren Zufallsergebnissen führen, sondern auch den systematischen Zusammenhang zum Begriff der Zielgesellschaft verkennen. Der Gesetzgeber ist ersichtlich von dem Leitbild eines Angebots auf Aktien deutscher Zielgesellschaften ausgegangen (alle anderen in § 2 Abs. 2 WpÜG genannten Wertpapiere nehmen auf Aktien Bezug) und wollte sämtliche Angebote, die unmittelbar oder mittelbar deren Aktien betreffen, regeln. Daher sind auch von Dritten emittierte Wertpapiere in den Anwendungsbereich des WpÜG einzubeziehen, sofern diese Wertpapiere Aktien einer Zielgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 3 WpÜG vertreten oder den Erwerb dieser Aktien zum Gegenstand haben49. Erfasst sind darüber hinaus nur die Aktien bzw. Rechte auf Aktien der Zielgesellschaft selbst, nicht dagegen Rechte auf Aktien einer anderen Aktiengesellschaft50. Umstritten ist die Behandlung von Wertpapieren, deren Ausgabe erst nach der Veröffentlichung ei- 30 nes Angebots während der Annahmefrist erfolgt. Die Frage, ob den Bieter eine Pflicht zum Erwerb auch dieser Wertpapiere trifft51, stellt sich grundsätzlich bei allen Angeboten52 und hinsichtlich aller Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 WpÜG. Praktische Bedeutung gewinnt sie jedoch vor allem bei Übernahme- und Pflichtangeboten, sofern die Zielgesellschaft junge Aktien auf Grund einer Kapitalerhöhung, etwa durch Ausnutzung genehmigten Kapitals oder Ausübung von Wandlungs- bzw. Optionsrechten, ausgibt. Gegen eine Verpflichtung zur Einbeziehung spricht das Interesse des Bieters, bei Abgabe des Angebots – auch im Hinblick auf die Finanzierung (§ 13 WpÜG) – den genauen Umfang seiner Verpflichtungen zu kennen. Für eine Verpflichtung spricht allerdings der Wortlaut des § 1 WpÜG („Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die … ausgegeben wurden“), da das Angebot bis zum Ablauf der Annahmefrist angenommen werden kann und die betreffenden Wertpapiere bis zu diesem Zeitpunkt ausgegeben worden sind. Hinzu tritt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Wertpapierinhaber gemäß § 3 Abs. 1 WpÜG, der während des gesamten Angebotsverfahrens gilt. Bei Übernahme- und Pflichtangeboten verbietet zudem § 32 WpÜG (i.V.m. § 39 WpÜG) die Abgabe von Teilangeboten, um sämtlichen Aktionären die Möglichkeit einer Veräußerung ihrer Aktien zu eröffnen. Schließlich ist auch kaum einsichtig, warum Aktionäre junger Aktien anders behandelt werden sollten als Aktionäre, die ihre Aktien nach Angebotsabgabe während der Annahmefrist über die Börse erworben haben (hierzu § 32 WpÜG Rz. 11 und § 35 WpÜG Rz. 224 f.).
49 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 42; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 45; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 32 (sofern die Emission auf das Betreiben der Zielgesellschaft zurückgeht); zweifelnd Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 67 (mit unzutreffendem Verweis auf Versteegen); offen gelassen bei Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. 50 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 31. 51 Für eine solche Verpflichtung Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 19 ff.; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 16; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 6; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 15); Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 7; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12; wohl auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 39 WpÜG Rz. 28 ff.; dagegen Geibel in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 39 f.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 34 ff., 38; Baums/ Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 47, 70. 52 Bei einfachen Erwerbsangeboten in der Form von Teilangeboten stellt sich die Frage, ob die Wertpapiere pro rata berücksichtigt werden müssen.
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§ 1 Rz. 31 Anwendungsbereich
III. Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt 1. Grundlagen 31
§ 1 Abs. 1 Halbsatz 3 WpÜG verlangt, dass die Wertpapiere, auf die sich das Angebot bezieht, „zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind“. § 2 Abs. 7 WpÜG enthält eine Legaldefinition des „organisierten Marktes“ (siehe § 2 WpÜG Rz. 130 ff.). Organisierter Markt ist im Inland der regulierte Markt (§§ 32 ff. BörsG), nicht aber der Freiverkehr (§ 48 BörsG). Ausländische organisierte Märkte sind sämtliche geregelten Märkte im Sinne der europäischen Finanzmarktrichtlinie in den anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums, der in § 2 Abs. 8 WpÜG definiert ist (näher zum Ganzen § 2 WpÜG Rz. 139 ff.).
32
Die Wertpapiere müssen zum Handel zugelassen sein. Dies ist der Fall, wenn die Erlaubnis für den Handel mit den Papieren an dem entsprechenden Markt erteilt worden ist53. Zur Frage des Zeitpunktes, zu dem eine Zulassung vorliegen muss, und zum Wegfall einer Zulassung siehe § 2 WpÜG Rz. 131. Angesichts der eindeutigen Gesetzesformulierung und der historischen Auslegung54 ist unerheblich, ob die Wertpapiere nach erfolgter Zulassung auch tatsächlich an diesem Markt gehandelt werden, so lange nicht die Zulassung nach § 38 Abs. 4 BörsG erlischt55; hierzu und zur Frage der Einordnung des zum 4.6.2003 eingestellten Neuen Marktes sowie vergleichbarer Märkte siehe § 2 WpÜG Rz. 133 ff. Ebenfalls zugelassen i.S.d. § 1 WpÜG sind gemäß § 33 BörsG auf Antrag eines Handelsteilnehmers oder von Amts wegen in den regulierten Markt einbezogene Wertpapiere56.
33
Dem Bieter steht es frei, Angebote zu kombinieren, d.h. Angebote zum Erwerb zugelassener Wertpapiere mit Angeboten zum Erwerb nicht zugelassener Wertpapiere zu verbinden (Beispiel: Angebot zum Erwerb börsenzugelassener Aktien und nicht börsenzugelassener Wandelanleihen). Sofern hier nicht einer der unter Rz. 37 genannten Fälle vorliegt, in dem von einem einheitlichen Angebot auszugehen ist, unterliegt jedoch nur das Angebot zum Erwerb zugelassener Wertpapiere dem WpÜG57. Auch die Prüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin nach §§ 14 f. WpÜG beschränkt sich auf dieses Angebot58; regelmäßig wird ohnehin zur Vermeidung von Missverständnissen die Erstellung zweier getrennter Angebotsunterlagen angezeigt sein. Wird in einer einheitlichen Angebotsunterlage der Eindruck erweckt, diese unterfalle in vollem Umfang dem WpÜG und sei vollumfänglich von der BaFin in dem hierfür vorgesehenen Verfahren nach dem Gesetz überprüft worden, kann die BaFin die Angebotsunterlage beanstanden; hier gelten die unten Rz. 56 dargestellten Grundsätze. 2. Teilweise Zulassung von Wertpapieren
34
Fraglich ist die Anwendbarkeit des WpÜG, wenn nur ein Teil der Wertpapiere der Zielgesellschaft zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen ist. Die Zulassung kann sich auf einen Teil gattungsgleicher Wertpapiere beschränken (Beispiel 1: Zulassung nur eines Teils der Stammaktien59, vgl. § 7 BörsZulV). Möglich ist aber auch, dass von unterschiedlichen Wertpapiergattungen nur eine zugelassen wird (Beispiel 2: Zulassung nur der Stammaktien, nicht aber der stimmrechtslosen Vorzugsaktien; Beispiel 3: Zulassung nur der stimmrechtslosen Vorzugsaktien, nicht aber der Stammaktien). Hier gilt Folgendes:
53 54 55 56 57
Zur Zulassung Heidelbach in Schwark/Zimmer, § 32 BörsG Rz. 17. Vgl. Begr. RegE zu § 2 Abs. 7 WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 35. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 60; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 30. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 27. Im Grundsatz auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 17 f., jedoch ohne die in Rz. 31 genannten Ausnahmen; für uneingeschränkte Anwendbarkeit des WpÜG bei Angeboten auf zugelassene und nicht zugelassene Aktien Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 75 ff.; für teilweise Erstreckung des Anwendungsbereichs des WpÜG Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 47 a.E. 58 Wenig überzeugend Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG: Grundsätzlich keine Prüfung (Rz. 18, 52), jedoch Prüfungspflicht, sofern der Bieter im Angebot auf Vereinbarkeit mit §§ 3, 10 ff. WpÜG hinweist (Rz. 20, 54, 79). 59 Die Börsenzulassung führt nicht zur Gattungsverschiedenheit, da sie sich nicht auf die aus den Aktien resultierenden Mitgliedschaftsrechte auswirkt, vgl. § 11 Satz 2 AktG.
58
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Anwendungsbereich
Rz. 37 § 1
Beschränkt sich ein Erwerbsangebot auf nicht zugelassene60 Wertpapiere (im Beispiel 1: diejenigen Stammaktien, die nicht zugelassen sind; im Beispiel 2: Vorzugsaktien, im Beispiel 3: Stammaktien), unterliegt dieses Angebot nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes, da die Wertpapiere die Gegenstand des Angebots sind, nicht „zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen“ sind61. Daher sind hier auch § 19 und § 32 WpÜG unanwendbar62 (siehe § 32 WpÜG Rz. 11 ff.)63.
35
Erlangt der Bieter durch ein Angebot, das sich auf nicht zugelassene Aktien beschränkt, die Kontrolle über die Zielgesellschaft (möglich im Beispiel 1 und 3), hat er ein Pflichtangebot abzugeben (siehe hierzu auch § 32 WpÜG Rz. 11 ff.)64. Gleiches gilt, wenn die Kontrolle durch Paketerwerb erlangt wurde; für den im Beispiel 3 genannten Fall hat dies die BaFin auch bereits entschieden65. Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist hier eröffnet, da die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt wurde, deren Aktien zumindest teilweise zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Die befreiende Wirkung des § 35 Abs. 3 WpÜG greift nicht ein, da die Kontrolle nicht auf Grund eines Übernahmeangebotes im Sinne der §§ 29 ff. WpÜG in dem dafür nach §§ 10 ff. WpÜG vorgesehenen Verfahren erlangt wurde66 (siehe auch § 35 WpÜG Rz. 271). Zu den in das Pflichtangebot einzubeziehenden Wertpapieren, insbesondere zur Frage der Einbeziehung nicht börsenzugelassener Aktien, siehe § 35 WpÜG Rz. 220 ff.
36
Erstreckt ein Bieter das Angebot sowohl auf zugelassene als auch auf nicht zugelassene Wertpapie- 37 re, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass hier zwei unterschiedliche Angebote vorliegen, von denen nur das Angebot zum Erwerb der börsenzugelassenen Wertpapiere den Regeln des WpÜG unterliegt67 (Beispiel: Angebot zum Erwerb börsenzugelassener Aktien und nicht börsenzugelassener Wandelanleihen). Anderes gilt allerdings, sofern es sich bei den Wertpapieren um solche gleicher Gattung handelt (Beispiel 1). Hier lässt sich aus § 3 Abs. 1 WpÜG ableiten, dass sofern der Anwendungsbereich des Gesetzes einmal eröffnet ist, von einem einheitlichen Angebot auszugehen ist, in dem eine Differenzierung zwischen Inhabern gattungsgleicher Wertpapiere untersagt ist68. Gleiches gilt für Angebote zum Erwerb gattungsverschiedener Aktien (Beispiele 2 und 3), die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind; für ein einheitliches Angebot spricht hier die Verpflichtung zum Vollangebot an alle Aktionäre gemäß § 32 WpÜG69. 60 Nicht zugelassen im Sinne des WpÜG sind die Wertpapiere auch dann, wenn sie ausschließlich an einem Markt außerhalb des EWR zugelassen sind, vgl. § 2 Abs. 7, 8 WpÜG. 61 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 71 f. (mit Kritik in Rz. 73 ff.); Ekkenga in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 5; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 32 f. (aber Rz. 34); Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 34; Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 302 f.; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 30, der dies jedoch für rechtspolitisch nicht unbedingt einleuchtend hält. Für Geltung bei Angeboten, die auf Kontrollerwerb gerichtet sind, § 32 WpÜG Rz. 11; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 10a; noch anders Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 41: Anwendbarkeit bei teilweiser Zulassung gattungsgleicher Aktien. 62 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 27; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 41. 63 Anders jedoch bei einem Angebot, das sich auf börsennotierte Aktien bezieht (siehe § 32 WpÜG Rz. 12 f.). 64 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 70, 81 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 40; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 32, 62; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 36; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 31; wohl auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 10a. 65 Pflichtangebot P7S1 Holding/ProSiebenSat.1 Media vom 16.10.2003; das Angebot hat sich nach Auffassung der BaFin auch auf die nicht börsenzugelassenen Stammaktien zu erstrecken, hierzu näher § 35 WpÜG Rz. 221. 66 Ebenso Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 81. 67 Ebenso im Ansatz Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 17, jedoch ohne die nachfolgend im Text genannten Ausnahmen; für uneingeschränkte Anwendbarkeit des WpÜG bei Angeboten auf zugelassene und nicht zugelassene Aktien Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 75 ff.; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 35; für teilweise Erstreckung des Anwendungsbereichs des WpÜG Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 47 a.E. 68 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 76 ff. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 35; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 33. 69 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 83; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 35; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 33.
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59
§ 1 Rz. 38 Anwendungsbereich
C. Inlandsgesellschaft mit ausschließlicher Börsenzulassung in einem anderen EWR-Staat (§ 1 Abs. 2 WpÜG) 38
§ 1 Abs. 2 WpÜG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 2 lit. e) i.V.m. lit. b) Übernahmerichtlinie und beschränkt den Anwendungsbereich des Gesetzes für Zielgesellschaften i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG (Sitz im Inland), deren stimmberechtigte Aktien nicht im Inland, jedoch in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Ausgenommen von der Regelung sind einfache Erwerbsangebote70.
39
§ 1 Abs. 2 WpÜG ist nur in dem Fall anwendbar, dass die stimmberechtigten Aktien der Zielgesellschaft ausschließlich im EWR-Ausland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind71. Die Beschränkungen gelten also nicht, wenn etwa die stimmrechtslosen Vorzugsaktien im Ausland börsennotiert sind, die Stammaktien dagegen in Deutschland oder überhaupt nicht zum Börsenhandel zugelassen sind72. Demgegenüber ist § 1 Abs. 2 WpÜG einschlägig, falls in Deutschland nur die Vorzugsaktien, in einem EWR-Staat jedoch alle Stammaktien börsenzugelassen sind73. Werden sämtliche Wertpapiere ausschließlich in Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums gehandelt, ist das WpÜG gemäß § 1 Abs. 1 WpÜG nicht anwendbar74.
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Liegen die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 WpÜG vor, so sind nur die Vorschriften des Gesetzes anzuwenden, die die Kontrolle, die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots und hiervon abweichenden Regelungen, die Unterrichtung der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft oder des Bieters, Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft, durch die der Erfolg eines Angebots verhindert werden könnte, oder andere gesellschaftsrechtliche Fragen regeln. Welche Vorschriften dies namentlich sind, wird durch § 1 WpÜG der aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 1 Abs. 4 WpÜG vom Bundesministerium der Finanzen am 17.7.2006 erlassenen WpÜG-AnwendbarkeitsVO (Text im Anhang S. 1738) konkretisiert. Hiernach sind die §§ 1 bis 9, 29, 30, 33 bis 33d, 34, 35 (teilweise), 36 bis 39c und 40 bis 68 WpÜG anwendbar.
41
Der Normenkatalog von § 1 AnwendbarkeitsVO ist im Hinblick auf § 1 Abs. 2 WpÜG inkonsistent. So ist nicht jede der aufgeführten Normen als ausschließlich gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. § 3 WpÜG enthält etwa auch Regelungen, die sich auf Inhalt und Verfahren des Angebots beziehen (Gleichbehandlung, Transparenz, rasche Durchführung, keine Marktverzerrungen)75. Gleichermaßen verweisen §§ 34 und 39 WpÜG auf Vorschriften, die neben gesellschaftsrechtlichen auch Regelungen über die Gegenleistung sowie das Angebotsverfahren treffen (z.B. § 18 WpÜG zu Bedingungen)76. Demgegenüber ist § 1 WpÜG-AnwendbarkeitsVO insofern unvollständig, als teilweise gesellschaftsrechtlich zu qualifizierende Vorschriften nicht erfasst werden77.
42
Im Ergebnis müssen diejenigen Vorschriften, die nicht die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 WpÜG erfüllen und damit nicht von der Verordnungsermächtigung gedeckt sind, unangewendet bleiben bzw. entsprechend dem Regelungszweck ausgelegt werden78. So ist etwa die Anwendung von § 38 WpÜG auf dessen Nr. 2 beschränkt79 und sind die Bußgeldregeln in § 60 WpÜG nur soweit anwendbar als es
70 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 16; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 48. 71 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 98; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 36. 72 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 31; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 97 f. 73 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 37; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 97 f. 74 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 98; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 37; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 5. 75 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 53. 76 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 32; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 53; kritisch auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 103 f.; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 39. 77 Siehe hierzu Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 102, 105 (§ 3 Abs. 3, § 16 Abs. 4, § 20 WpÜG); Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 38 (§ 20 WpÜG); Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 54 (§ 32 WpÜG); Josenhans, ZBB 2006, 269, 280 (§ 3 Abs. 3, § 16, § 27 WpÜG). 78 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 54. 79 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 1067.
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Anwendungsbereich
Rz. 45 § 1
um die Verletztung von gesellschaftsrechtlich einzuordnenden Vorschriften geht80. Im Hinblick auf Bestimmungen, die § 1 Abs. 2 WpÜG unterfallen, aber nicht in § 1 WpÜG-AnwendbarkeitsVO aufgeführt sind, ist jene Regelung als nicht abschließend zu betrachten81. Die praktische Relevanz der Regelung ist weiterhin gering, auch wenn es mittlerweile einige Gesellschaften mit Sitz in Deutschland gibt, deren stimmberechtigten Aktien nicht in Deutschland, sondern ausschließlich in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums zum Börsenhandel zugelassen sind82.
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D. EWR-Gesellschaft mit Börsenzulassung in Deutschland (§ 1 Abs. 3 WpÜG) § 1 Abs. 3 WpÜG regelt den Anwendungsbereich des WpÜG für Zielgesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG (Sitz in einem anderen EWR-Staat), indem bestimmte Vorschriften für anwendbar erklärt werden, falls die stimmberechtigten Wertpapiere (zumindest auch) im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind und keine Zulassung im EWR-Heimatstaat gegeben ist83. Hiermit werden die Vorgaben von Art. 4 Abs. 2 lit. e) i.V.m. lit. b) und c) Übernahmerichtlinie umgesetzt. Liegt der Sitz der Gesellschaft außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, ist das Gesetz nicht anwendbar84.
44
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG muss es sich um ein europäisches Angebot zum Erwerb stimmberechtigter Wertpapiere handeln. Dies ist nach der ebenfalls im Zuge der Umsetzung der Übernahmerichtlinie eingefügten Legaldefinition des § 2 Abs. 1a WpÜG ein Angebot, das nach dem Recht des Sitzstaats der Zielgesellschaft als Angebot i.S.d. Art. 2 Abs. 1 lit. a) Übernahmerichtlinie gilt85. Dadurch wird verhindert, dass ein Auslandssachverhalt der Aufsicht der BaFin unterliegt, obwohl nach dem Recht des Sitzstaats der Zielgesellschaft kein Angebot vorliegt86. Darüber hinaus bedarf es dieser Voraussetzung, da der deutsche Gesetzgeber nach der Übernahmerichtlinie nur insofern in Bezug auf Zielgesellschaften mit Sitz in einem anderen EWR-Staat regelungsbefugt ist87. Daher ist § 1 Abs. 3 WpÜG ebenso wie § 1 Abs. 2 WpÜG nur auf Pflicht- und Übernahmeangebote, nicht aber auf einfache
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80 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 54. 81 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 38; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 54; einschränkend Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 104 und Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 32, die dies nur auf die Vorschriften des dritten Abschnitts des WpÜG (§§ 10–28 WpÜG) beziehen; weitergehend Geibel in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 6, der § 1 Nr. 9 WpÜG-AnwendbarkeitsVO für nichtig hält; a.A. Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 20 Fn. 6 mit Hinweis auf den Wortlaut von § 1 Abs. 2 WpÜG und 4 sowie § 1 WpÜG-AnwendbarkeitsVO. 82 Beispiele für Gesellschaften mit Sitz in Deutschland und ausschließlicher Zulassung in einem anderen EWRStaat sind in Fn. 12 genannt. 83 Vgl. Angebot White Elephant S.à r.l./exceet Group SE (Sitz: Luxemburg) vom 23.10.2017, Ziff. 1.1, S. 5; Angebot Marsella Holdings S.à r.l./Braas Monier Building Group S.A. (Sitz: Luxemburg) vom 14.10.2016, Ziff. 1.1, S. 9; Angebot Deutsche Annington Immobilien SE/Gagfah S.A. (Sitz: Luxemburg) vom 19.12.2014, Ziff. 1.1, S. 1; Angebot Materali, a.s./GSG GROUP (Sitz: Luxemburg) vom 24.7.2014, Ziff. 1.1., S. 5; Untersagungsbescheid der BaFin vom 5.4.2012 zu Lasten der Andrem Power S.C.A. für das angekündigte Übernahmeangebot an die Aktionäre der 3W Power S.A. (Sitz: Luxemburg); Angebot Brambles Investment Limited/IFCO Systems N.V. (Sitz: Niederlande) vom 23.12.2010, Ziff. 1.1, S. 6; Angebot OEP Technologie B.V./SMARTRAC N.V. (Sitz: Niederlande) vom 11.10.2010, Ziff. 1.1, S. 5; Pflichtangebot Cross Industries AG/BEKO Holding AG (Sitz: Österreich) vom 17.11.2008, Ziff. 1.1, S. 4; Pflichtangebot QUANMAX Malaysia Sdn Bhd/Gericom AG (Sitz: Österreich) vom 1.10.2008, Ziff. 1.1, S. 5. 84 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 36; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 5; van Kann/Just, DStR 2006, 328, 329. 85 Die Norm ist insoweit redundant, als sich bereits aus § 2 Abs. 1a WpÜG ergibt, dass sich § 1 Abs. 3 WpÜG auf Zielgesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland bezieht, vgl. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 14. 86 Holzborn/Peschke, BKR 2007, 101, 102. 87 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 16; so auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 110.
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§ 1 Rz. 45 Anwendungsbereich Erwerbsangebote oder Angebote zum Erwerb von börsennotierten, aber nicht stimmberechtigten Aktien, anwendbar88. 46
Weitere Voraussetzung der teilweisen Anwendbarkeit des Gesetzes für Zielgesellschaften mit Sitz im EWR ist gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG, dass die stimmberechtigten Wertpapiere entweder ausschließlich im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind oder sie auch in einem anderen EWR-Staat, der jedoch nicht Sitzstaat ist, börsennotiert sind. Im letzteren Fall ist zudem erforderlich, dass die Zulassung zuerst zum Handel an einem organisierten Markt im Inland erfolgte oder bei gleichzeitigen Zulassungen die Zielgesellschaft sich nach § 1 Abs. 5 WpÜG für die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde entschieden hat.
47
Sofern die Voraussetzungen von § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG vorliegen, findet das Gesetz gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 WpÜG nur insoweit Anwendung, als es Fragen der Gegenleistung, des Inhalts der Angebotsunterlage und des Angebotsverfahrens regelt. Die gesellschaftsrechtlichen Aspekte werden nach Maßgabe der Übernahmerichtlinie vom Recht des jeweiligen Sitzstaates normiert. Die nach § 1 Abs. 4 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AnwendbarkeitsVO anzuwendenden Vorschriften sind die §§ 1 bis 9, 31, 32, 33d, 34, 35 (teilweise), 38, 39, 40 bis 68 WpÜG. Wie auch im Rahmen von § 1 WpÜG-AnwendbarkeitsVO ist diese Aufzählung jedoch weder abschließend noch können sämtliche danach erfassten Vorschriften ohne Weiteres Geltung beanspruchen (siehe oben Rz. 40 ff.). So sind zum Beispiel die als gesellschaftsrechtlich zu beurteilenden Regelungen über die Kontrolle (§§ 29 und 30 WpÜG) nicht anwendbar; auch wenn sich die Verweisungsnorm der §§ 34 und 39 WpÜG darauf beziehen; für den Kontrollbegriff gilt das Recht des Sitzstaates89. Umgekehrt müssen auch die Vorschriften des Dritten Abschnitts weitgehend Anwendung finden90.
48
Der Vorbehalt zugunsten § 11a WpÜG stellt klar, dass unabhängig von § 1 Abs. 3 WpÜG eine von der zuständigen Aufsichtsstelle eines EWR-Staats gebilligte Angebotsunterlage über ein europäisches Angebot ohne zusätzliches Billigungsverfahren im Inland anerkannt wird. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist indes gering91.
49
§ 68 enthält eine Übergangsregelung für die Zuständigkeitswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b) bb) i.V.m. § 1 Abs. 5 WpÜG.
E. Verordnungsermächtigung zur Anwendbarkeit des Gesetzes in den Fällen der Absätze 2 und 3 (§ 1 Abs. 4 WpÜG) 50
Nach § 1 Abs. 4 WpÜG ist das Bundesministerium der Finanzen dazu ermächtigt, durch Rechtsverordnung näher festzulegen, in welchem Umfang Vorschriften dieses Gesetzes in den Fällen des Absatzes 2 und des Absatzes 3 anwendbar sind92. Hiervon wurde in Gestalt der WpÜG-AnwendbarkeitsVO93 Gebrauch gemacht. Anders als bei der Verordnungsermächtigung des § 1 Abs. 5 Satz 4 WpÜG ist eine Weiterdelegation an die BaFin nicht möglich.
88 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 33, 39; kritisch zur Beschränkung auf stimmberechtigte Wertpapiere Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 15. 89 Ebenfalls kritisch Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 49; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 34; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 57, § 2 WpÜG Rz. 77. 90 So auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 60; Josenhans, ZBB 2006, 269, 279 f.; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 122 (§§ 3 Abs. 1, 10, 11, 14, 17, 18 und 22 WpÜG); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 34 (§§ 10–26 WpÜG); Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 48 (§ 11 WpÜG; zweifelnd bei §§ 12 und 13 WpÜG). 91 Vgl. Seibt/Heiser, ZGR 2006, 301, 305; Meyer, WM 2006, 1135, 1138; Holzborn/Peschke, BKR 2007, 101, 102 f. 92 Kritisch zu dieser Regelungstechnik Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1287; Schüppen, BB 2006, 165, 170. 93 Verordnung über die Anwendbarkeit von Vorschriften betreffend Angebote im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes vom 17.7.2006, BGBl. I 2006, 1698 (Text im Anhang S. 1738).
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Anwendungsbereich
Rz. 55 § 1
F. Wahl der Aufsichtsstelle bei Mehrfachzulassung außerhalb des Sitzstaats (§ 1 Abs. 5 WpÜG) Die Vorschrift des § 1 Abs. 5 Satz 1 WpÜG verpflichtet eine Zielgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG, deren stimmberechtigten Wertpapiere gleichzeitig im Inland und in einem anderen EWRStaat, jedoch nicht in ihrem Sitzstaat, zum Börsenhandel zugelassen sind, zur Entscheidung über die zuständige Aufsichtsstelle.
51
Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 WpÜG hat die Zielgesellschaft ihre Entscheidung der BaFin mitzuteilen und zu veröffentlichen. Dies gilt auch dann, wenn sie sich gegen die BaFin als Aufsichtsbehörde entscheidet94. Nähere Bestimmungen über den Zeitpunkt sowie Inhalt und Form der Mitteilung und der Veröffentlichung ergeben sich aus der WpÜG-BeaufsichtigungsmitteilungsVO95, die aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 1 Abs. 5 Satz 3 WpÜG und der Subdelegation des Bundesministeriums der Finanzen nach § 1 Abs. 5 Satz 4 WpÜG96 von der BaFin erlassen wurde. Gemäß § 1 Abs. 1 WpÜG-BeaufsichtigungsmitteilungsVO hat die Zielgesellschaft ihre Entscheidung der BaFin spätestens am ersten Handelstag ihrer stimmberechtigten Wertpapiere an einem organisierten Markt im Inland mitzuteilen und nach § 2 Abs. 1 WpÜG unverzüglich nach deren Handelszulassung an einem organisierten Markt im Inland zu veröffentlichen.
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Mitteilung und Veröffentlichung müssen gemäß § 1 Abs. 2 WpÜG und § 2 Abs. 1 WpÜG-Beaufsich- 53 tigungsmitteilungsVO97 folgende Angaben enthalten: Firma, Sitz, Rechtsform und Geschäftsanschrift der Zielgesellschaft, Angabe der Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums, in welchen die stimmberechtigten Wertpapiere der Zielgesellschaft zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, Bezeichnung der organisierten Märkte, Tag der Zulassung der stimmberechtigten Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland, jeweiliger Tag der Zulassung der stimmberechtigten Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums sowie Erklärung über die gewählte Aufsichtsstelle. Zwar ist ein Widerruf der Entscheidung nicht ausdrücklich geregelt, doch wird man einen einverständlichen Wechsel der Aufsichtsstelle in Abstimmung mit bisheriger und in Zukunft gewünschter Aufsichtsbehörde für zulässig erachten müssen98.
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G. Freiwillige Unterstellung öffentlicher Angebote unter das WpÜG? Öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die nicht in den Anwendungsbereich des WpÜG 55 fallen, können freiwillig im Einklang mit den Vorgaben des WpÜG abgefasst werden99, was in der Pra-
94 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 63. 95 Verordnung über den Zeitpunkt sowie den Inhalt und die Form der Mitteilung und der Veröffentlichung der Entscheidung einer Zielgesellschaft nach § 1 Abs. 5 Satz 1 und 2 WpÜG des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes vom 13.10.2006, BGBl. I 2006, 2266 (Text im Anhang S. 1739). 96 Vgl. § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Übertragung von Befugnissen zum Erlass von Rechtsverordnungen auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. 97 Der Verweis in § 2 Abs. 1 WpÜG-AnwendbarkeitsVO auf § 2 Abs. 2 WpÜG-AnwendbarkeitsVO ist wohl ein Redaktionsversehen; gemeint ist offenkundig § 1 Abs. 2 WpÜG-AnwendbarkeitsVO, vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 63; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 117; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 35 Fn. 49. 98 Ansonsten bliebe der Zielgesellschaft die Möglichkeit eines Delistings im Mitgliedstaat der gewählten Zuständigkeit und anschließender Neubestimmung der Aufsichtsstelle, vgl. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 20. 99 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 130; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 62; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 79; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 56.
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§ 1 Rz. 55 Anwendungsbereich xis auch bereits geschehen ist100. Hieraus folgt jedoch nicht die Anwendbarkeit des WpÜG auf derartige Angebote. Das Gesetz sieht nicht die Möglichkeit eines opting in vor101. 56
Aus dem Vorgenannten folgt, dass die BaFin grundsätzlich keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen im Hinblick auf derartige Angebote ergreifen kann, da hierfür die erforderlichen Rechtsgrundlagen fehlen102. Anderes dürfte dann gelten, wenn das Angebot den Eindruck erweckt, es unterfalle dem WpÜG und sei von der BaFin in dem hierfür nach dem Gesetz vorgesehenen Verfahren überprüft worden. In derartigen Fällen gebietet der Schutzzweck des WpÜG, der BaFin die Möglichkeit zu eröffnen, das Angebot im Rahmen der allgemeinen Missstandsaufsicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zu beanstanden und, sofern eine Klarstellung im Angebot nicht unverzüglich erfolgt, dieses erforderlichenfalls zu untersagen103. Eine Verpflichtung zur Überprüfung des Angebots auf seine Vereinbarkeit mit den Vorgaben des WpÜG besteht dabei mangels Rechtsgrundlage nicht104. Falls die BaFin den sachlichen Anwendungsbereich für nicht eröffnet hält, sollte sie den Gestattungsantrag des Bieters abweisen105.
H. Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung der Anwendbarkeit des Gesetzes 57
Nimmt der Bieter irrtümlich an, dass das Angebot nicht den Vorschriften des WpÜG unterfalle und führt er es dementsprechend nicht gemäß den Vorschriften des Gesetzes durch, kommt je nach Art des Rechtsverstoßes ein Vorgehen der BaFin gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 3, 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG und bei vorsätzlichem oder leichtfertigem Handeln darüber hinaus die Verhängung eines Bußgeldes nach § 60 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 WpÜG in Betracht106.
J. Internationales Gesellschafts- und Privatrecht 58
Von der Frage der Anwendbarkeit des WpÜG zu unterscheiden ist die Frage, welchen gesellschaftsrechtlichen Regelungen die Beteiligten eines Angebotsverfahrens unterliegen. Maßgeblich hierfür sind die Regelungen des allgemeinen internationalen Gesellschaftsrechts107. Für Zielgesellschaften und Bietergesellschaften mit Sitz im Inland ist daher deutsches Gesellschaftsrecht maßgeblich108.
59
Das Vertragsstatut, d.h. das Recht, das auf die schuldrechtlichen Kauf- bzw. Tauschverträge Anwendung findet, die auf Grund eines Angebots nach dem WpÜG geschlossen werden, bestimmt sich nach den in den Art. 3 ff. der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) enthaltenen Regeln des internationalen Schuldvertragsrechts109. Nach Art. 9 Abs. 2 Rom I-VO sind dabei jene Regeln des WpÜG, die Vorgaben im Hinblick auf die vertragliche Ausgestaltung des Angebots enthalten (beispielsweise §§ 11, 18, 31 WpÜG usw.), stets anzuwenden, da sie ihrer Natur nach zwingend sind110. Im Übrigen ist eine Rechtswahl durch den Bieter gemäß Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO zulässig und durch § 2 Nr. 12 WpÜG100 Noch unter Geltung der Rechtslage vor dem Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz: Angebot der Berna Biotech AG vom 25.6.2002 für die (vormals) niederländische Rhein Biotech B.V., deren Aktien ausschließlich in Deutschland zugelassen waren. 101 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 128 ff.; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 28). 102 Angerer in Angerer/Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 129. 103 Weitergehend Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 56 (BaFin kann bei Vorliegen der Voraussetzungen stets nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG vorgehen); a.A. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 28, wonach es mangels Anwendbarkeit des WpÜG an der erforderlichen öffentlich-rechtlichen Kompetenznorm fehle. 104 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 56; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 131; a.A. (ohne Begründung) Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 79. 105 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 56. 106 Siehe dazu auch Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 53. 107 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 72. 108 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 21. 109 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 71; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 97; Baums/Rieder in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.13. 110 Ähnlich von Hein, AG 2001, 213, 224; Baums/Rieder in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.18.
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Begriffsbestimmungen
§2
AngVO sogar gesetzlich vorgeschrieben, da der Bieter verpflichtet ist, in die Angebotsunterlage auch Angaben über das auf die Erwerbsverträge anwendbare Recht aufzunehmen (näher § 2 WpÜG-AngVO Rz. 37 ff.). Fehlt die Angabe, hat die BaFin die Angebotsunterlage zu beanstanden und, sofern die Angebotsunterlage nicht ergänzt wird, das Angebot gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG zu untersagen111. Erfolgt trotzdem eine Veröffentlichung des Angebots, sind die auf Grund des Angebots abgeschlossenen Verträge gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG nichtig. Die umstrittene Frage, nach welchen Kriterien sich das anwendbare Recht im Falle einer unterlassenen Rechtswahl richtet112, stellt sich vor diesem Hintergrund nicht. Trifft der Bieter eine Rechtswahl zu Gunsten einer ausländischen Rechtsordnung, was zulässig ist113, ergibt sich auf Grund zwingend anzuwendender Regeln des WpÜG eine Rechtsspaltung114. Hieraus resultieren regelmäßig Abstimmungsschwierigkeiten beim anwendbaren Recht, die weder im Interesse des Bieters noch der betroffenen Wertpapierinhaber liegen. Von einer solchen Rechtswahl ist daher, sofern nicht besonders gelagerte Sachverhalte vorliegen, grundsätzlich abzuraten. Die dingliche Übereignung der Wertpapiere richtet sich entsprechend den Regelungen des Internationalen Wertpapierrechts nach der lex cartae sitae. Dies ist der Ort, an dem die die Wertpapiere verbriefenden Urkunden verwahrt werden115. Eine Rechtswahl der Beteiligten kommt hier nicht in Betracht, da das Wertpapiersachstatut der Privatautonomie entzogen ist116. Befinden sich die vom Angebot betroffenen Wertpapiere in Sammelverwahrung, was regelmäßig der Fall sein wird, regelt § 17a Depotgesetz das anzuwendende Recht117.
§ 2 Begriffsbestimmungen (1) Angebote sind freiwillige oder auf Grund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. (1a) Europäische Angebote sind Angebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft im Sinne des Absatzes 3 Nr. 2, die nach dem Recht des Staates des Europäischen Wirtschaftsraums, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz hat, als Angebote im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. EU Nr. L 142 S. 12) gelten. (2) Wertpapiere sind, auch wenn für sie keine Urkunden ausgestellt sind, 1. Aktien, mit diesen vergleichbare Wertpapiere und Zertifikate, die Aktien vertreten, 2. andere Wertpapiere, die den Erwerb von Aktien, mit diesen vergleichbaren Wertpapieren oder Zertifikaten, die Aktien vertreten, zum Gegenstand haben. (3) Zielgesellschaften sind 1. Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland und 2. Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums.
111 Hat die BaFin irrtümlich eine unvollständige Angebotsunterlage gebilligt, kann sie die Veröffentlichung einer Berichtigung anordnen; vgl. hierzu § 15 WpÜG Rz. 14 und Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 41. 112 Hierzu von Hein, AG 2001, 213, 223 ff.; Hahn, RIW 2002, 741, 743 f.; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 95; Baums/Rieder in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.14 ff.; ferner auch Assmann in Großkomm. AktG, Einleitung Rz. 714 ff. 113 Widersprüchlich Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.15: Bieter müsse durch Rechtswahlklausel eine Rechtsaufsplitterung vermeiden (was nur bei Wahl des deutschen Rechts möglich ist! – Anm. Verf.), sei aber nicht gezwungen, die Anwendung deutschen Rechts vorzusehen. 114 von Hein, AG 2001, 213, 224; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 71. 115 Hahn, RIW 2002, 741, 744; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 12a. 116 Baums/Rieder in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.19; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 144. 117 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 144.
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Begriffsbestimmungen
§2
AngVO sogar gesetzlich vorgeschrieben, da der Bieter verpflichtet ist, in die Angebotsunterlage auch Angaben über das auf die Erwerbsverträge anwendbare Recht aufzunehmen (näher § 2 WpÜG-AngVO Rz. 37 ff.). Fehlt die Angabe, hat die BaFin die Angebotsunterlage zu beanstanden und, sofern die Angebotsunterlage nicht ergänzt wird, das Angebot gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG zu untersagen111. Erfolgt trotzdem eine Veröffentlichung des Angebots, sind die auf Grund des Angebots abgeschlossenen Verträge gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG nichtig. Die umstrittene Frage, nach welchen Kriterien sich das anwendbare Recht im Falle einer unterlassenen Rechtswahl richtet112, stellt sich vor diesem Hintergrund nicht. Trifft der Bieter eine Rechtswahl zu Gunsten einer ausländischen Rechtsordnung, was zulässig ist113, ergibt sich auf Grund zwingend anzuwendender Regeln des WpÜG eine Rechtsspaltung114. Hieraus resultieren regelmäßig Abstimmungsschwierigkeiten beim anwendbaren Recht, die weder im Interesse des Bieters noch der betroffenen Wertpapierinhaber liegen. Von einer solchen Rechtswahl ist daher, sofern nicht besonders gelagerte Sachverhalte vorliegen, grundsätzlich abzuraten. Die dingliche Übereignung der Wertpapiere richtet sich entsprechend den Regelungen des Internationalen Wertpapierrechts nach der lex cartae sitae. Dies ist der Ort, an dem die die Wertpapiere verbriefenden Urkunden verwahrt werden115. Eine Rechtswahl der Beteiligten kommt hier nicht in Betracht, da das Wertpapiersachstatut der Privatautonomie entzogen ist116. Befinden sich die vom Angebot betroffenen Wertpapiere in Sammelverwahrung, was regelmäßig der Fall sein wird, regelt § 17a Depotgesetz das anzuwendende Recht117.
§ 2 Begriffsbestimmungen (1) Angebote sind freiwillige oder auf Grund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. (1a) Europäische Angebote sind Angebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft im Sinne des Absatzes 3 Nr. 2, die nach dem Recht des Staates des Europäischen Wirtschaftsraums, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz hat, als Angebote im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. EU Nr. L 142 S. 12) gelten. (2) Wertpapiere sind, auch wenn für sie keine Urkunden ausgestellt sind, 1. Aktien, mit diesen vergleichbare Wertpapiere und Zertifikate, die Aktien vertreten, 2. andere Wertpapiere, die den Erwerb von Aktien, mit diesen vergleichbaren Wertpapieren oder Zertifikaten, die Aktien vertreten, zum Gegenstand haben. (3) Zielgesellschaften sind 1. Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland und 2. Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums.
111 Hat die BaFin irrtümlich eine unvollständige Angebotsunterlage gebilligt, kann sie die Veröffentlichung einer Berichtigung anordnen; vgl. hierzu § 15 WpÜG Rz. 14 und Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 41. 112 Hierzu von Hein, AG 2001, 213, 223 ff.; Hahn, RIW 2002, 741, 743 f.; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 95; Baums/Rieder in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.14 ff.; ferner auch Assmann in Großkomm. AktG, Einleitung Rz. 714 ff. 113 Widersprüchlich Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.15: Bieter müsse durch Rechtswahlklausel eine Rechtsaufsplitterung vermeiden (was nur bei Wahl des deutschen Rechts möglich ist! – Anm. Verf.), sei aber nicht gezwungen, die Anwendung deutschen Rechts vorzusehen. 114 von Hein, AG 2001, 213, 224; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 71. 115 Hahn, RIW 2002, 741, 744; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 12a. 116 Baums/Rieder in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 2.19; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 144. 117 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 144.
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§ 2 Begriffsbestimmungen (4) Bieter sind natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die allein oder gemeinsam mit anderen Personen ein Angebot abgeben, ein solches beabsichtigen oder zur Abgabe verpflichtet sind. (5) Gemeinsam handelnde Personen sind natürliche oder juristische Personen, die ihr Verhalten im Hinblick auf ihren Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft oder ihre Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft mit dem Bieter auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmen. Mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnde Personen sind natürliche oder juristische Personen, die Handlungen zur Verhinderung eines Übernahme- oder Pflichtangebots mit der Zielgesellschaft auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmen. Tochterunternehmen gelten mit der sie kontrollierenden Person und untereinander als gemeinsam handelnde Personen. (6) Tochterunternehmen sind Unternehmen, die als Tochterunternehmen im Sinne des § 290 des Handelsgesetzbuchs gelten oder auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann, ohne dass es auf die Rechtsform oder den Sitz ankommt. (7) Organisierter Markt sind der regulierte Markt an einer Börse im Inland und der geregelte Markt im Sinne des Artikels 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. EU Nr. L 145 S. 1) in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums. (8) Der Europäische Wirtschaftsraum umfasst die Staaten der Europäischen Gemeinschaften sowie die Staaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
B. Angebot (§ 2 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . 5 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 II. Freiwilliges oder auf Grund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgendes Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 III. Kauf- oder Tauschangebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft . . . 17 IV. Öffentliches Angebot . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Bedeutung des Begriffs . . . . . . . . . . . 25 2. Wille des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . 26 3. Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . 28 4. Auslegungskriterien . . . . . . . . . . . . . 31 5. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 V. Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . 38 1. Erwerb eigener Aktien nach WpÜG . . . . 38 2. Erwerb eigener Aktien nach der Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . . 42a 3. Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . 42b C. Europäisches Angebot (§ 2 Abs. 1a WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 D. I. II. III.
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Wertpapiere (§ 2 Abs. 2 WpÜG) . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entbehrlichkeit urkundlicher Verbriefung Erfasste Wertpapiere . . . . . . . . . . . . 1. Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . .
. . . .
46 46 49 50
. .
50
. .
53
E. Zielgesellschaft (§ 2 Abs. 3 WpÜG) . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sitz im Inland (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG) . 1. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sitzbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sitz im EWR-Ausland (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Bieter (§ 2 Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geeignete Rechtssubjekte . . . . . . . . . III. Bestimmung des Bieters . . . . . . . . . . IV. Mehrere Personen als Bieter . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
57 57 61 61 68
. . . . . .
. . . . . .
73 75 75 78 87 91
. . .
95 95 98
.
102
.
109
. .
118 120
H. Tochterunternehmen (§ 2 Abs. 6 WpÜG) . J. Organisierter Markt (§ 2 Abs. 7 WpÜG) . .
123 130
K. Europäischer Wirtschaftsraum (§ 2 Abs. 8 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
139
G. Gemeinsam handelnde Personen (§ 2 Abs. 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Natürliche oder juristische Personen . . . . III. Vereinbarung und Abstimmung in sonstiger Weise . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Erwerb von Wertpapieren oder Ausübung von Stimmrechten . . . . . . . . . . . . . . V. Mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnde Person . . . . . . . . . . . . . . VI. Tochterunternehmen des Bieters . . . . . .
Begriffsbestimmungen
§2
Schrifttum: Ackermann, Das internationale Privatrecht der Unternehmensübernahme. Deutsches und europäisches Übernahmekollisionsrecht im Spannungsfeld zwischen internationalem Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2008; Assmann, Erwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz aus der Sicht der Bietergesellschaft, AG 2002, 114; Baum, Rückerwerbsangebote für eigene Aktien: übernahmerechtlicher Handlungsbedarf?, ZHR 167 (2003), 580; Baum, „Öffentlichkeit“ eines Erwerbsangebots als Anwendungsvoraussetzung des Übernahmerechts, AG 2003, 144; Baums/Stöcker, Rückerwerb eigener Aktien und WpÜG, in FS Wiedemann, 2002, S. 703; Behrens, Das Internationale Gesellschaftsrecht nach dem Centros-Urteil des EuGH, IPRax 1999, 323; Berrar/Schnorbus, Rückerwerb eigener Aktien und Übernahmerecht, ZGR 2003, 59; Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien durch die AG 2002, 145; Boguslawska, Das Verbot des Handelns in eigenen Aktien und seine Ausnahmen, 2010; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, AG 2016, 597; Bungert/Leyendecker, Die Neuregelung des Delisting, ZIP 2016, 49; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Büscher, Zur Verfassungswidrigkeit der Anwendung des WpÜG auf den öffentlichen Erwerb eigener Aktien, ZBB 2006, 107; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb 2002, 277; Clouth/Lang, MiFID-Praktikerhandbuch, 2007, S. 373 f.; Deutscher Anwaltverein – Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RefE des BMF für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, NZG 2001, 420; Deutscher Anwaltverein – Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RegE Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZIP 2001, 1736; Diekmann, Änderungen im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz anlässlich der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht, NJW 2007, 17; Diekmann/Merkner, Die praktische Anwendung des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien, ZIP 2004, 836; Diemer/Hasselbach, Öffentliche Übernahmeangebote in Italien, NZG 2000, 824; Ebke, Das Centros-Urteil des EuGH und seine Relevanz für das deutsche Internationale Gesellschaftsrecht, JZ 1999, 656; Fleischer, Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – Entstehungsgeschichte, Grundkonzeption, Regelungsschwerpunkte, BKR 2006, 389, 393; Fleischer, Zum Begriff des öffentlichen Angebots im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZIP 2001, 1653; Fleischer/Körber, Der Rückerwerb eigener Aktien und das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2001, 2589; Freitag, Der Wettbewerb der Rechtsordnungen im Internationalen Gesellschaftsrecht, EuZW 1999, 267; Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2008; Geyrhalter, Niederlassungsfreiheit contra Sitztheorie – Good Bye „Daily Mail“?, EWS 1999, 201; Görk, Das EuGH-Urteil in Sachen „Centros“ vom 9.3.1999: Kein Freibrief für Briefkastengesellschaften!, GmbHR 1999, 793; Gressinger, Öffentliche Angebote börsennotierter Gesellschaften zum Erwerb eigener Aktien, 2008; Hahn, Übernahmerecht und internationales Privatrecht, RIW 2002, 741; Harnos, Aktionärsschutz beim Delisting, ZHR 179 (2015), 750; Harrer/Müller, Die Renaissance des Freiverkehrs – Eine aktuelle Analyse mit internationalem Vergleich, WM 2006, 653; von Hein, Grundfragen des europäischen Übernahmekollisionsrechts, AG 2001, 213; von Hein, Zur Kodifikation des europäischen Übernahmekollisionsrechts, ZGR 2005, 528; Herfs/Wyen, Aktien statt Cash – Offene Fragen beim Tauschangebot unter dem WpÜG, in FS Hopt, 2010, S. 1955; Herkenroth, Konzernierungsprozesse im Schnittfeld von Konzernrecht und Übernahmerecht, 1994; Hippeli, Rechtsprobleme von nach der Übernahmepublizität pluralistisch agierenden Bietern im öffentlichen Übernahmerecht, NZG 2016, 1207; Hippeli, Das öffentliche Übernahmerecht in der aktuellen Verwaltungspraxis, Der Konzern 2018, 465; Hippeli/Diesing, Business Combination Agreements bei M&A-Transaktionen, AG 2015, 185; Holzborn/Peschke, Europäische Neutralitätspflicht und Übernahme Squeeze-Out, BKR 2007, 101; Hommelhoff/Witt, Konzernunternehmen im Recht der Pflichtangebote nach deutschem WpÜG, in FS Nobel, 2005, S. 125; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Hopt/Mülbert/Kumpan, Reform im Übernahmerecht, AG 2005, 109; Horcher/Mayer, Aktuelle Entwicklungen bei Public M&A-Transaktionen in Deutschland, CF 2019, 101; Horn, Deutsches und europäisches Gesellschaftsrecht und die EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit – Inspire Art, NJW 2004, 893; Josenhans, Das neue Übernahmekollisionsrecht, ZBB 2006, 269; Josenhans, Grenzüberschreitende öffentliche Übernahmeangebote. Unter besonderer Berücksichtigung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses, 2007; Kalss/Zollner, Bilden eigene Aktien Gegenstand eines öffentlichen Angebots nach dem ÜbernahmeG?, ÖBA 2001, 499; van Kann/Just, Der Regierungsentwurf zur Umsetzung der europäischen Übernahmerichtlinie, DStR 2006, 328; Kiem, Der Erwerb eigener Aktien bei der kleinen AG, ZIP 2001, 209; Kiem, Investorenvereinbarungen im Licht des Aktien- und Übernahmerechts, AG 2009, 301; Kiesewetter, Internationales Übernahmerecht. Eine Untersuchung der kollisionsrechtlichen Behandlung von Übernahmeregeln, 2006; Kiesewetter, Der Sitz der Zielgesellschaft als Anknüpfungspunkt für die Anwendung des WpÜG n.F., RIW 2006, 518; Kindler, Niederlassungsfreiheit für Scheinauslandsgesellschaften?, NJW 1999, 1993; Kindler/Horstmann, Die EU-Übernahmerichtlinie – Ein „europäischer Kompromiss“, DStR 2004, 866; Klepsch/Hippeli, Update Delisting, RdF 2016, 194; KnobbeKeuk, Umzug von Gesellschaften in Europa, ZHR 154 (1990), 325; J. Koch, Der Erwerb eigener Aktien – kein Fall des WpÜG, NZG 2003, 61; R. Koch, Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien, 2006; Kocher, Gemeinsam handelnde Personen im Übernahmerecht, AG 2018, 308; Körber, Der Rückerwerb eigener Aktien und das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2001, 2589; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Krause, Zwei Jahre Praxis mit dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, NJW 2004, 3681; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019; Lan-
Pötzsch/Favoccia
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§ 2 Rz. 1 Begriffsbestimmungen genbucher, Bankaktienrecht unter Unsicherheit, ZGR 2010, 75; Last, Der Erwerb eigener Aktien als Ausschüttungsinstrument, 2006; Lenz/Linke, Rückkauf eigener Aktien nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, AG 2002, 420; Leuering, Der Rückerwerb eigener Aktien im Auktionsverfahren, AG 2007, 435; Liebscher, Die Zurechnungstatbestände des WpHG und des WpÜG, ZIP 2002, 1005; Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle im Übernahmerecht, 2007; Lutter, „Überseering“ und die Folgen, BB 2003, 7; Maul, Die EU-Übernahmerichtlinie – ausgewählte Fragen, NZG 2005, 151; Maul/Muffat-Jeandet, Die EU-Übernahmerichtlinie – Inhalt und Umsetzung in nationales Recht (Teil I), AG 2004, 221; Maul/Schmidt, Inspire Art – Quo vadis Sitztheorie?, BB 2003, 2297; Meilicke, Anmerkung zur Centros-Entscheidung des EuGH, DB 1999, 627; Meixner, Das ÜbernahmerichtlinieUmsetzungsgesetz, ZAP Fach 8, 417; Merkt/Binder, Änderungen im Übernahmerecht nach Umsetzung der EGÜbernahmerichtlinie: Das deutsche Umsetzungsgesetz und verbleibende Problemfelder, BB 2006, 1285; Meyer, Änderungen im WpÜG durch die Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie, WM 2006, 1135; Möller, Rückerwerb eigener Aktien, 2005; Mülbert, Übernahmerecht zwischen Kapitalmarktrecht und Aktien(konzern)recht – Die konzeptionelle Schwachstelle des RegE WpÜG, ZIP 2001, 1221; Mülbert/Schmolke, Die Reichweite der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften – Anwendungsgrenzen der Artt. 43 ff. EGV bei kollisions- und sachrechtlichen Niederlassungshindernissen, ZVglRWiss 100 (2001), 233; Oechsler, Der RegE zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Regelungsbedarf auf der Zielgeraden!, NZG 2001, 817; Paefgen, Eigenkapitalderivate bei Aktienrückkäufen und Managementbeteiligungsmodellen, AG 1999, 67; Paefgen, Die Gleichbehandlung beim Aktienrückerwerb im Schnittfeld von Gesellschafts- und Übernahmerecht, ZIP 2002, 1509; Pluskat, Rückerwerb eigener Aktien nach dem WpÜG – auch offiziell kein Anwendungsfall mehr, NZG 2006, 731; Rieckers, Ermächtigung des Vorstands zu Erwerb und Einziehung eigener Aktien, ZIP 2009, 700; Ryngaert, Cross-Border Takeover Regulation: a Transatlantic Perspective, ECFR 2007, 434; Scamuffa, Öffentliche Übernahmeangebote. Eine rechtsvergleichende Untersuchung des deutschen und italienischen Übernahmerechts vor dem Hintergrund der Europäischen Übernahmerichtlinie, 2009; Schlitt, Die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting – Macrotron und die Folgen, ZIP 2004, 533; Schnorbus, Rückerwerb eigener Aktien und Übernahmerecht, ZGR 2003, 59; Schüppen, WpÜG-Reform: Alles Europa, oder was?, BB 2006, 165; Seibt, Stimmrechtszurechnung nach § 30 WpÜG zum Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, ZIP 2005, 729; Seibt, Übernahmerecht: Update 2010/2011, CFL 2011, 213; Seibt/Heiser, Analyse der EU-Übernahmerichtlinie und Hinweise für eine Reform des deutschen Übernahmerechts, ZGR 2005, 200; Seibt/Heiser, Analyse des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Regierungsentwurf), AG 2006, 301; Sonnenberger/Großerichter, Konfliktlinien zwischen internationalem Gesellschaftsrecht und Niederlassungsfreiheit, RIW 1999, 721; Steinmeyer, Der übernahmerechtliche Sitzbegriff, in FS Immenga, 2004, S. 743; Strunk/Behnke, Die Aufsichtstätigkeit der BaFin nach dem WpÜG im Jahr 2003, in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, 2004, S. 81; Süßmann, Anwendung des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien, AG 2002, 424; Teichmann, Austrittsrecht und Pflichtangebot bei Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft, AG 2004, 67; Tierel, Anmerkung zu OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09, jurisPR-StrafR 17/2010 Anm. 3; Veller, Öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien, 2008; Veranneman/Gärtner, Grenzüberschreitende Tauschangebote nach WpÜG, AG 2009, 648; Weber, Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2006, NJW 2006, 3685; Wackerbarth, Das neue Delisting-Angebot nach § 39 BörsG oder: Hat der Gesetzgeber hier wirklich gut nachgedacht?, WM 2016, 385; Wiesbrock, Rechtsfragen der Befreiung vom Pflichtangebot nach WpÜG in Sanierungsfällen, NZG 2005, 294; Winkelmann, Aufsicht und anwendbares Recht bei grenzüberschreitenden Unternehmensübernahmen. Zur Harmonisierung des europäischen Übernahmekollisionsrechts, 2008; Zimmer/v. Imhoff, Die Neuregelung des Delisting in § 39 BörsG, NZG 2016, 1056.
A. Grundlagen 1
Die Vorschrift definiert neun grundlegende Begriffe des WpÜG. Die hier gewählte Gesetzestechnik eines vor die Klammer gezogenen allgemeinen Definitionskataloges findet in der Gesetzgebung zunehmend Anwendung (vgl. nur § 2 WpHG, § 1 KWG). Sie wird auch in Art. 2 der Übernahmerichtlinie1 verwandt; die dortigen Definitionen stimmen allerdings nur zum Teil mit den in § 2 WpÜG enthaltenen Definitionen überein2. Im Zuge der Umsetzung der Übernahmerichtlinie wurde die Definition des „Europäischen Angebots“ in Abs. 1a neu hinzugefügt. Daneben wurden die Bestimmungen der „Zielgesellschaft“ (Abs. 3) sowie der „gemeinsam handelnden Person“ (Abs. 5) erweitert. Ferner wurde der Begriff des „organisierten Marktes“ (Abs. 7) angepasst3. 1 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. 2 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 2. 3 Bezug genommen wurde zunächst auf die Segmente des Amtlichen und Geregelten Marktes, die dann durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG), das am 1.11.2007 in Kraft trat, zum heutigen Segment des regulierten Marktes zusammengefasst wurden.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 6 § 2
§ 2 WpÜG ist von erheblicher Bedeutung für das gesamte WpÜG. Zum einen ergänzt die Norm die Vorschrift des § 1 WpÜG, der den Anwendungsbereich des Gesetzes regelt, indem die dort verwandten zentralen Begriffe („Angebot“, „Europäisches Angebot“, „Wertpapiere“, „Zielgesellschaft“ und „organisierter Markt“ sowie mittelbar auch der „Europäische Wirtschaftsraum“ als Bestandteil der Definition des „organisierten Marktes“) erläutert werden. Zum anderen werden zahlreiche weitere Bestimmungen des Gesetzes konkretisiert, die einen oder mehrere der definierten Begriffe verwenden4. Hierdurch werden diese Bestimmungen sprachlich vereinfacht und überflüssige Wiederholungen vermieden.
2
Die in § 2 WpÜG verwandten Definitionen weichen von den Definitionen andere Gesetze ab. So deckt sich der Angebotsbegriff des WpÜG nicht mit dem im Wertpapierprospektgesetz verwandten Begriff5. Auch stimmt beispielsweise der Wertpapierbegriff nicht mit dem in § 2 Abs. 1 WpHG oder § 1 Abs. 1 Depotgesetz verwandten Begriff überein6. Die in den einzelnen Gesetzen verwandte unterschiedliche Terminologie erklärt sich aus den verschiedenen Regelungsbereichen und Schutzzielen der jeweiligen Gesetze, die es dem Gesetzgeber erschweren, auf vorhandene Definitionen zurückzugreifen7.
3
Neben § 2 WpÜG enthält das WpÜG an anderen Stellen weitere Begriffsbestimmungen (§ 11 Abs. 1 4 Satz 1 WpÜG – Angebotsunterlage, § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG – Annahmefrist, § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG – weitere Annahmefrist, § 22 Abs. 1 WpÜG – konkurrierendes Angebot, § 29 Abs. 1 WpÜG – Übernahmeangebot, § 29 Abs. 2 WpÜG – Kontrolle). Auch wenn es grundsätzlich möglich gewesen wäre, diese Begriffsbestimmungen ebenfalls in § 2 WpÜG zu verankern8, hat sich der Gesetzgeber im Interesse einer besseren Lesbarkeit des Gesetzes bewusst gegen eine solche Lösung entschieden. Hierbei wurden Begriffe solcher Definitionen ausgelagert, die schwerpunktmäßig an einer Stelle des Gesetzes geregelt werden und deshalb dort vom Rechtsanwender vordringlich von Bedeutung sind (z.B. § 11 WpÜG – Angebotsunterlage, § 16 WpÜG – Annahmefrist) oder die nicht für das gesamte WpÜG, sondern nur für einzelne Abschnitte relevant sind (§ 29 WpÜG – Übernahmeangebot und Kontrolle als Zentralbegriffe der Abschnitte 4 und 5 des Gesetzes).
B. Angebot (§ 2 Abs. 1 WpÜG) I. Überblick § 2 Abs. 1 WpÜG definiert als Angebot freiwillige oder auf Grund einer Verpflichtung nach dem Ge- 5 setz erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft. Der Begriff des Angebots ist einer der Zentralbegriffe des WpÜG9. Schon die in § 1 WpÜG enthaltene Regelung zum Anwendungsbereich des Gesetzes nimmt auf Angebote Bezug. Auch ist das Angebot Bezugspunkt der allgemeinen Grundsätze des § 3 WpÜG. In den Abschnitten 3 und 4 ist das Angebot (als einfaches Erwerbs- oder Übernahmeangebot) Ausgangspunkt der dortigen Regelungen, in Abschnitt 5 (als Pflichtangebot) Rechtsfolge des Kontrollerwerbs über eine Zielgesellschaft. Auch die Aufgaben und Befugnisse der BaFin nach § 4 Abs. 1, § 15 WpÜG knüpfen an das Angebot an, ebenso § 1 WpÜG-AngVO. Die Definition des Angebots in § 2 Abs. 1 WpÜG verwendet ihrerseits den Begriff des Angebots, indem 6 sie auf das Erfordernis eines „Kauf- oder Tauschangebots“ verweist, ohne den dort verwandten Begriff zu konkretisieren. Hieraus ergibt sich zum einen, dass der Gesetzgeber von einem speziellen Angebotsbegriff im WpÜG ausgeht, dessen Voraussetzungen näher in § 2 Abs. 1 WpÜG umschrieben
4 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 1. 5 Zu Letzterem von Kopp-Colomb/J. Schneider in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, § 2 WpPG Rz. 32 ff. 6 Zu den unterschiedlichen Wertpapierbegriffen siehe etwa Habersack in MünchKomm. BGB, Vor § 793 BGB Rz. 5 ff. 7 Dagegen Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 2. 8 Hierfür Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 3, 7. 9 So auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 9; Fleischer, ZIP 2001, 1653.
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§ 2 Rz. 6 Begriffsbestimmungen sind10. Zum anderen gibt er zu erkennen, dass er den innerhalb der Definition verwandten Angebotsbegriff als allgemein bekannt voraussetzt. Hieraus lässt sich ableiten, dass der in § 2 Abs. 1 WpÜG verwandte Begriff des Angebots – dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch folgend – im Sinne einer auf den Abschluss eines Vertrags gerichteten Willenserklärung mit entsprechendem Rechtsbindungswillen zu verstehen ist, d.h. der bürgerlich-rechtliche Angebotsbegriff des § 145 BGB zu Grunde zu legen ist11. Bestätigt wird diese Auslegung durch § 17 WpÜG, der dem Bieter untersagt, eine öffentliche Aufforderung zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum), die auf den Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft gerichtet ist, abzugeben. Nach dem Vorgenannten ist daher mangels Willenserklärung die (auch öffentliche) Verlautbarung des Erwerbs eines Aktienpaketes vom einem Großaktionär kein Angebot12 und unterfällt nicht den Regelungen des WpÜG. Zum standing in the market siehe unten Rz. 36. 7
Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Angebotsdefinition modifiziert. Die in § 2 Abs. 3 DiskE13 enthaltene Definition beschränkte sich entsprechend dem ursprünglich auf Übernahme- und Pflichtangebote begrenzten Anwendungsbereich des Gesetzes zunächst nur auf diese Angebotstypen. Mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf sämtliche Erwerbsangebote (hierzu Einl. Rz. 27 f.) erfolgte eine entsprechende Erweiterung der Definition in § 2 Abs. 1 RefE14. Diese Regelung wurde unverändert in § 2 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung15 übernommen16; sie entspricht der Gesetz gewordenen Fassung. Den im parlamentarischen Verfahren vom Bundesrat17 geäußerten Anregungen, eine Bagatellgrenze sowie eine Klarstellung des Begriffs des „öffentlichen Kauf- und Tauschangebots“, beispielsweise in Form von Regelbeispielen, in das Gesetz aufzunehmen, hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung18 zu Recht19 widersprochen. Auch der Deutsche Bundestag hat diese Anregungen nicht aufgegriffen.
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Die Definition des „Angebots“ (Synonym: „Übernahmeangebot“) in Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Übernahmerichtlinie20, mit der zugleich auch der in Art. 1 Abs. 1 geregelte Anwendungsbereich der Richtlinie konkretisiert wird, erfasst ausschließlich Übernahme- und Pflichtangebote, nicht jedoch einfache Erwerbsangebote. Wie im WpÜG muss es sich um öffentliche Angebote handeln, ohne dass dieser Begriff näher definiert wird. Teilangebote werden in die Definition einbezogen. Ausdrücklich ausgenommen sind von der Zielgesellschaft selbst abgegebene Angebote.
9
Vergleicht man beide Definitionen, zeigt sich, dass die Definition des § 2 Abs. 1 WpÜG insoweit weiter ist, als sie auch einfache Erwerbsangebote erfasst und den Fall der Identität von Bieter und Zielgesellschaft, der beim Rückerwerb eigener Aktien relevant wird (hierzu unten Rz. 38 ff.), jedenfalls vom Wortlaut her nicht ausnimmt. Keine Aussage trifft § 2 Abs. 1 WpÜG dagegen zu Teilangeboten; diese werden jedoch bei Übernahme- und Pflichtangeboten nach §§ 32, 39 WpÜG für unzulässig erklärt. Europarechtlich sind diese Abweichungen unproblematisch: Da die Richtlinie einfache Erwerbsangebote und Angebote, bei denen Bieter und Zielgesellschaft identisch sind, nicht erfasst, sind die Mitgliedstaaten frei, hierfür entsprechende Regelungen vorzusehen21. Auch das Verbot von Teilangeboten bei Übernahme- und Pflichtangeboten ist zulässig: Für Pflichtangebote sieht die Richtlinie dies in 10 Hierzu Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 10. 11 Vgl. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 7; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 30; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 5; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 7 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 1; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 1; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 13. 12 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 33; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 8. 13 Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 239. 14 Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 376. 15 BT-Drucks. 14/7034, S. 8. 16 Dies begrüßend Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 13. 17 Stellungnahme des BRats, BT-Drucks. 14/7034, S. 84. 18 Gegenäußerung der BReg, BT-Drucks. 14/7090, S. 1. 19 Näher Pötzsch, Übernahmerecht, S. 20. 20 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. 21 Vgl. hierzu auch Erwägungsgrund 9 Satz 3, der auf die Möglichkeit der Mitgliedstaaten verweist, über die Richtlinie hinausgehende Vorkehrungen zum Schutz der Interessen der Wertpapierinhaber vorzusehen, und
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Begriffsbestimmungen
Rz. 13 § 2
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 ohnehin selbst vor. Für Übernahmeangebote lässt sich eine entsprechende Ermächtigung der Mitgliedstaaten aus Art. 3 Abs. 2 lit. b) ableiten, nach dem zusätzliche Bedingungen und strengere Bestimmungen vorgesehen werden können, sofern die allgemeinen Grundsätze des Art. 3 Abs. 1 beachtet werden. Im Hinblick auf die Definition des Angebots bestand daher kein Änderungsbedarf bei Umsetzung der Richtlinie22.
II. Freiwilliges oder auf Grund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgendes Angebot Nach § 2 Abs. 1 WpÜG unterfallen dem WpÜG „freiwillige oder auf Grund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz“ erfolgende Angebote. Ersichtlich ist der Gesetzgeber hier von dem Gegensatzpaar „freiwilliges Angebot“ – „gesetzlich angeordnetes Angebot“ ausgegangen und hat von den letztgenannten Angeboten diejenigen aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 WpÜG ausgenommen, die durch andere Gesetze als das WpÜG angeordnet werden23.
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Nach dem Vorgenannten lassen sich alle diejenigen Angebote als freiwillige Angebote einordnen, zu 11 deren Abgabe keine gesetzliche Verpflichtung besteht24. Freiwillig sind daher auch solche Angebote, denen wirtschaftliche Zwänge zu Grunde liegen oder die auf Druck einzelner Aktionäre erfolgen25. Gleiches gilt für Angebote, die auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung abgegeben werden26. Hierfür spricht schon, dass anderenfalls die Anwendbarkeit des WpÜG zur Disposition der dem Gesetz potenziell Unterworfenen gestellt würde. Zudem ist aus Sicht der Wertpapierinhaber ohne Belang, ob der Bieter sich gegenüber Dritten vertraglich zur Abgabe eines Angebots verpflichtet hat. Als Angebote, die auf Grund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgen, kommen ausschließlich die im Abschnitt 5 geregelten Pflichtangebote (§§ 35 ff. WpÜG) in Betracht.
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Folgt die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots aus anderen Gesetzen, liegt kein Angebot i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG vor, so dass das WpÜG keine Anwendung findet27. Hierunter fallen insbesondere die aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsangebote nach § 305 AktG (Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag), § 320b AktG (Mehrheitseingliederung), § 29 UmwG (Verschmelzung durch Aufnahme) und § 207 UmwG (Formwechsel), die auch die Begründung des Regierungsentwurfs28 beispielhaft aufführt, ferner die Verpflichtung zur Unterbreitung eines Abfindungsangebots nach § 327a AktG (Squeeze Out). Diese Angebote sind deshalb ausgenommen, weil ihre Voraussetzungen und Rechtsfolgen bereits eingehend an anderer Stelle geregelt sind29.
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22 23 24 25 26 27 28 29
hierbei u.a. beispielhaft einen Sachverhalt außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie aufführt (Anordnung von Teilangeboten, falls ein Bieter nicht die Kontrolle erwirbt). Im Ergebnis auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 19 (auf Basis des Gemeinsamen Standpunktes des Rates vom 19.6.2000); Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 871; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 225 (zur Unzulässigkeit von Teilangeboten). Vgl. auch die Begr. zu § 2 Abs. 1 RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34, nach der „ein Angebot zum einen auf freiwilliger Basis erfolgen kann“, während im nachfolgenden Absatz gesetzlich angeordnete Angebote (zunächst nach WpÜG, sodann nach anderen Gesetzen) behandelt werden. Ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 70; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 6; wohl auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 15 f.; im Ergebnis ähnlich Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 11 ff. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 15; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 75; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 11; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 11; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 11. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 17; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 68 ff.; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 11. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 17; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 12 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 6; Santelmann in Steinmeyer, § 2 Rz. 5; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 16; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 65 ff. BT-Drucks. 14/7034, S. 34. Zutreffend Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 13; vgl. Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 802, 804 f., die die Spezialität von § 305 AktG und § 207 UmwG gegenüber dem WpÜG betonen.
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§ 2 Rz. 14 Begriffsbestimmungen 14
Den vorstehenden Abfindungsangeboten gleichzustellen sind Angebote, die auf Grund eines außergerichtlichen Vergleichs oder gerichtlichen Vergleichs im Anfechtungsverfahren oder nach § 11 Abs. 2 und 4 SpruchG im Spruchverfahren abgegeben werden, dessen Gegenstand aus dem Aktienbzw. Umwandlungsrecht resultierende Angebotspflichten sind: Der Umstand, dass die beteiligten Parteien sich über diese Angebote vergleichen, rechtfertigt keine unterschiedliche Behandlung30.
15
Die Einordnung von Angeboten im Zusammenhang mit dem Widerruf der Börsenzulassung war bis zur Neuregelung des Delisting in § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom 26.11.2015 umstritten31. Der Gesetzgeber hat Klarheit geschaffen. Der vollständige Rückzug vom regulierten Markt32 auf Antrag der Zielgesellschaft setzt ein Angebot nach dem WpÜG voraus (§ 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3–5 BörsG). Das Delisting-Angebot kann ein isoliertes Delisting-Angebot sein oder mit einem Übernahmeangebot oder Pflichtangebot kombiniert werden33. Für das Delisting-Angebot gelten mit einigen Besonderheiten die Regeln für einfache Erwerbsangebote. So darf das Delisting-Angebot nach § 39 Abs. 3 Satz 1 BörsG nicht unter Bedingungen stehen (siehe § 18 WpÜG Rz. 7a). Das gilt auch für regulatorisch erforderliche Genehmigungen (z.B. Kartellfreigaben) und die Bedingung, dass die Zielgesellschaft einen Delisting-Antrag stellt (womit feindliche Delisting-Angebote praktisch nicht umsetzbar sein dürften). Ferner gelten nach § 39 Abs. 3 BörsG besondere Vorgaben für die Gegenleistung, die im Rahmen des Delisting-Angebots den Aktionären anzubieten ist (Gegenleistung zwingend in bar, also keine Tausch-Delisting-Angebot möglich; Mindestpreis 6 Monats-VWAP statt 3 Monats-VWAP). Das Delisting-Angebot muss zudem ein Vollangebot sein. Schließlich müssen in der Angebotsunterlage nach § 2 Ziffer 7a WpÜG-AngV ergänzende Angaben zu dem bevorstehenden Delisting-Antrag der Zielgesellschaft gemacht werden34.
16
Umstritten ist die Einordnung von Angeboten, deren Grundlage hoheitliches Handeln, beispielsweise eine Auflage des Bundeskartellamtes, ist. Für die Gleichstellung derartiger Angebote mit gesetzlich angeordneten Angeboten – mit der Folge der Unanwendbarkeit des WpÜG – wird angeführt, dass 30 Für den gerichtlichen Vergleich im Spruchverfahren im Ergebnis auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 14. 31 In seiner Macrotron-Entscheidung hat der BGH als Voraussetzung für den Widerruf der Börsenzulassung zum amtlichen Markt nach § 38 Abs. 4 BörsG a.F. die Abgabe eines Angebots an alle Aktionäre durch die Gesellschaft oder den Großaktionär gefordert (BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47 = ZIP 2003, 387 = AG 2003, 273). Derartige Angebote wurden von der BaFin und der herrschenden Meinung in der Literatur nicht als Angebote i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG angesehen (siehe zum Streitstand § 2 WpÜG Rz. 15 der Vorauflage mit weiteren Nachweisen) obwohl vom BGH als „Pflichtangebot“ bezeichnet. Im Frosta-Beschluss hat der BGH die Macroton-Rechtsprechung dann aufgegeben (BGH v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, NZG 2013, 1342). Die dadurch ausgelöste Zunahme von Delistingfällen wurde stark kritisiert und führte schlussendlich zur Neufassung des Börsengesetzes (siehe dazu Groß, AG 2015, 812). 32 Der Rückzug von der Börse schließt auch das Downgrading vom regulierten Markt an den Freiverkehr ein (siehe dazu Harnos, ZHR 179, 750, 754). Für das Teil-Delisting (Fortbestand der Zulassung an einem regulierten Markt im Inland) ist demgegenüber kein Angebot erforderlich (§ 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 lit a BörsG). Für den Fall, dass im EWR-Ausland noch eine Zulassung besteht, kommt es darauf an, ob dort für den Widerruf der Zulassung entsprechende Regeln bestehen (siehe § 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 lit. b BörsG). 33 Das isolierte Delisting-Erwerbsangebot ist der in der Praxis übliche Fall, weil es in der Regel bereits einen Aktionär gibt, der zuvor die 30 %-Schwelle überschritten hat. Beispiele aus jüngerer Zeit: Awill Holdings Limited/Vtion Wireless Technology AG vom 13.11.2017 (Anteilsbesitz bei Angebotsveröffentlichung 64,31 %); Angebot Nidda Healthcare GmbH/Stada Arzneimittel AG vom 11.10.2018 (Anteilsbesitz bei Angebotsveröffentlichung 65,31 %). Soweit ersichtlich der bisher einzige Fall eines kombinierten Übernahme- und Delisting-Angebots ist das Angebot der LSREF4 Aria Beteiligungs GmbH & Co. KG/ISARIA Wohnbau AG vom 27.7.2016 (Anteilsbesitz vor Angebotsveröffentlichung bei 2,95 %). Der soweit ersichtlich einzige Fall eines kombinierten Pflichtund Delisting-Angebots ist das Angebot der SBS Familien-Verwaltungs AG/Sinner Aktiengesellschaft vom 16.8.2019 (Anteilsbesitz bei Angebotsveröffentlichung 75,14 %). Bei einer Kombination eines Übernahme- bzw. Pflichtangebots mit einem Delisting-Angebot gelten die Regeln des jeweils strengeren Regimes (siehe BaFin-Jahresbericht 2016, S. 190; Klepsch/Hippeli, RdF 2016, 194, 198 und Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 472. 34 Diese Besonderheiten zeigen laut Wackerbarth, WM 2016, 385, dass mit dem Delisting-Angebot eine neue Angebotsform innerhalb des WpÜG geschaffen wurde. Zur Bedingungsfeindlichkeit und den sonstigen Besonderheiten siehe Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Delisting, Rz. 40.21; Bungert/Leyendecker/Langner, ZIP 2016, 49, 50.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 18 § 2
auf der Gegenseite ein Träger von Hoheitsgewalt stünde, auch wenn es sich häufig um „Verhandlungslösungen“ handele35. Praktisch dürften hier jedoch nur Fälle in Betracht kommen, bei denen ein beantragter begünstigender Verwaltungsakt mit einer belastenden Nebenbestimmung – der Anordnung eines Angebots – versehen wird. Da der Adressat eines begünstigenden Verwaltungsaktes nicht verpflichtet ist, von diesem Gebrauch zu machen, spricht mehr dafür, derartige Angebote als freiwillige Angebote einzuordnen, die dem Anwendungsbereich des WpÜG unterfallen36. Dies gilt erst recht bei öffentlich-rechtlichen Verträgen.
III. Kauf- oder Tauschangebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft § 2 Abs. 1 WpÜG erfasst „Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft“. Der hier verwandte Begriff des Angebots ist im bürgerlich-rechtlichen Sinne (§ 145 BGB) zu verstehen (siehe oben Rz. 6).
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Das Angebot muss auf den Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft gerichtet sein37. Das 18 WpÜG verwendet den Begriff des Erwerbs grundsätzlich im Sinne der Erlangung des Eigentums38, d.h. der rechtlichen Inhaberschaft an den Wertpapieren. Angebote, die auf den Abschluss von Verträgen gerichtet sind, deren Ziel nicht die Erlangung des Eigentums an den Wertpapieren ist, sind daher keine Angebote i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG39. Angebote zum Abschluss von Stimmbindungsverträgen („Poolverträgen“), bei denen keine Eigentumsübertragung erfolgt, unterfallen somit nicht dem Gesetz40. Allerdings werden die Stimmrechte dem Vertragschließenden nach § 30 Abs. 2 WpÜG zugerechnet; erlangt dieser hierdurch die Kontrolle über eine Zielgesellschaft, hat er ein Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG anzugeben. Demgegenüber erfolgt ein Eigentumsübergang bei Wertpapierpensionsgeschäften, die von der herrschenden Meinung als Kaufverträge in Gestalt eines Kassaverkaufs und eines Terminrückkaufs eingeordnet werden41. Öffentliche Angebote zum Abschluss derartiger Verträge unterfallen daher grundsätzlich dem WpÜG42, wenngleich sie kaum jemals praktisch relevant werden dürften. Theoretisch denkbar sind auch Wertpapierleihgeschäfte. Bei diesen erfolgt ebenfalls ein Eigentumsübergang43; allerdings scheitert die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 WpÜG hier daran, dass diese Verträge nicht als Kauf- oder Tauschverträge, sondern als Sachdarlehen (§ 607 BGB)44 zu qualifizieren sind45.
35 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 17; dem folgend Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 6. 36 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 15; a.A. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 6; wohl auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 74. 37 Ein sog. Virtual Bid, das vor allem in England öfter eingesetzt wird und mit dem der Bieter nur die Eckpunkte seiner Überlegungen zur Abgabe eines Übernahmeangebots mitteilt, z.B. um die Akzeptanz des Kaufangebots im Markt zu testen, ist demnach kein Angebot i.S.v. § 2 Abs. 1 WpÜG. 38 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 54. 39 Ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 37; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 16; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 8; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 20 f. (um wirksamen Umgehungsschutz zu gewährleisten, entgeltliche „Abtretung“ der Stimmrechte ausreichend). 40 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 8; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 37; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 18; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG WpÜG Rz. 4. 41 Für die herrschende Meinung spricht § 340b Abs. 2 und Abs. 4 HGB. 42 Ebenso Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 6. 43 Ekkenga in Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rz. 202; Weidenkaff in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 607 BGB Rz. 3, 6; Mansel in Jauernig, 13. Aufl. 2009, §§ 607–609 BGB Rz. 3 m.w.N.; Oulds in Kümpel/Mülbert/Früh/ Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 10.97. 44 Oulds in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 10.97; Ekkenga in Claussen, Bankund Börsenrecht, § 6 Rz. 202. 45 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 6; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 37.
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§ 2 Rz. 19 Begriffsbestimmungen 19
Die Gesetzesformulierung „Angebot zum Erwerb“ legt auf den ersten Blick nahe, dass hiermit der Abschluss des dinglichen Übereignungsgeschäfts gemeint ist. Dem ist jedoch nicht so, wie sich aus der Bezugnahme auf „Kauf- oder Tauschangebote“ und aus anderen Normen, z.B. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 WpÜG ergibt, nach dem der Inhalt des Angebots auch die Gegenleistung umfasst. Angebote i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG sind daher solche auf Abschluss des schuldrechtlichen Grundgeschäfts46. Ohne Belang ist, ob diese zugleich ein Angebot auf Abschluss des dinglichen Übereignungsgeschäfts beinhalten47. In der Praxis unterbreiten die Bieter regelmäßig das Angebot, die Aktien zu kaufen und zu erwerben; mit der Annahme durch die Aktionäre kommt dann ein Vertrag über den Verkauf und die Übereignung zustande.
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Wortlaut und ratio des § 2 Abs. 1 WpÜG verlangen nicht, dass der Bieter selbst die Wertpapiere erwirbt, die Gegenstand des Angebots sind. Auf Angebote zum Abschluss eines Vertrags zu Gunsten Dritter, etwa einer Konzerngesellschaft, ist § 2 Abs. 1 WpÜG daher ebenfalls anwendbar48.
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Das Angebot muss auf den Erwerb von Wertpapieren gerichtet sein. Wertpapiere werden in § 2 Abs. 2 WpÜG definiert, siehe hierzu unten Rz. 46 ff.
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Bei den zu erwerbenden Wertpapieren muss es sich nach § 2 Abs. 1 WpÜG um Wertpapiere „einer Zielgesellschaft“ handeln. Die Formulierung stellt eine sprachliche Verkürzung des in § 1 WpÜG enthaltenen Erfordernisses des Erwerbs von Wertpapieren dar, „die von einer Zielgesellschaft ausgeben wurden“. Zu diesem Erfordernis siehe § 1 WpÜG Rz. 28 ff.; zu dem in § 2 Abs. 3 WpÜG definierten Begriff der Zielgesellschaft siehe unten Rz. 57 ff.
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Nach § 2 Abs. 1 WpÜG muss es sich bei dem Angebot um ein Kauf- oder Tauschangebot (§§ 433, 480 BGB) handeln. Unter den Begriff des Tauschangebots fallen auch Angebote, bei denen die Angebotsadressaten ihre Aktien im Wege einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage in die Bietergesellschaft einbringen sollen und im Gegenzug junge Aktien erhalten49, auch wenn die rechtliche Einordnung derartiger Transaktionen umstritten ist50. Für eine Einbeziehung sprechen der allgemeine Sprachgebrauch bei Unternehmensübernahmen, der diesen Fall als Tauschangebot (exchange offer) bezeichnet51, sein dem Tausch zumindest vergleichbarer Charakter und die Erwägung, dass die technische Abwicklung des Vorgangs nicht über die Anwendbarkeit des WpÜG entscheiden kann52. Angebote, die nicht auf den Abschluss von Kauf- oder Tauschverträgen gerichtet sind, unterfallen nicht dem Gesetz53. Teilweise befürchtete „erhebliche Schutzlücken“54 entstehen hierdurch nicht, da die anderweitig genannten Vertragstypen (Dienstvertrag, Schenkung) auf öffentliche Angebotsverfahren als Massenverfahren nicht passen und in der Praxis wohl kaum relevant werden. Abgesehen hiervon scheiden derartige Vertragstypen bei Übernahme- und Pflichtangeboten auf Grund der Vorgaben der § 31 Abs. 2 WpÜG (i.V.m. § 39 WpÜG) zur Gegenleistung ohnehin aus.
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Für die Qualifikation als Angebot i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG unerheblich ist die Anzahl der Wertpapiere, zu deren Erwerb sich der Bieter verpflichtet. Eine – vom Bundesrat geforderte (siehe oben Rz. 7) – Bagatellgrenze ist im Gesetz nicht vorgesehen. Zur Ansprache nur ausgewählter Wertpapierinhaber siehe unten Rz. 34 f. 46 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 38 f. 47 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 39; für kumulatives Erfordernis dagegen offenbar Busch, AG 2002, 145. 48 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 17; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 36; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 6. 49 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 41 ff., 45; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 6; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 34; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 7; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955 ff.; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 14. Ein jüngeres Beispiel für ein solches Angebot ist das Angebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017. 50 Siehe einerseits Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 41 m.w.N. (Vertrag sui generis); andererseits Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 6 (Tauschvertrag). 51 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 43. 52 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 6; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 14. 53 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 6; a.A. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 45 f.; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 34; wohl auch dagegen Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 6. 54 So Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 46 f.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 28 § 2
IV. Öffentliches Angebot 1. Bedeutung des Begriffs § 2 Abs. 1 WpÜG verlangt, dass es sich bei dem Angebot um ein öffentliches Angebot handelt. Abgren- 25 zungsfragen, ob ein Angebot öffentlich oder nicht öffentlich abgegeben wird, stellen sich nur bei einfachen Erwerbs- und bei Übernahmeangeboten, nicht jedoch bei Pflichtangeboten55. Bei ersteren ist das Vorliegen eines öffentlichen Angebots Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gesetzes. Demgegenüber ist das Pflichtangebot Rechtsfolge eines Kontrollerwerbs; liegt ein solcher vor, ist ein Angebot gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG zwingend auf dem in § 14 Abs. 3 WpÜG vorgesehenen Weg (Internetpublizität sowie Bekanntgabe im Bundesanzeiger oder Schalterpublizität, näher § 14 WpÜG Rz. 31 ff.) zu veröffentlichen; die Frage der Öffentlichkeit des Angebots stellt sich hier nicht56. 2. Wille des Gesetzgebers Der Gesetzgeber hat auf eine gesetzliche Definition des Merkmals „öffentlich“ bewusst verzichtet57. Die Begründung des Regierungsentwurfs58 führt hierzu aus, eine solche Definition sei angesichts der Vielgestaltigkeit der möglichen Sachverhalte kaum möglich, zudem berge sie die Gefahr von Umgehungsmöglichkeiten. Um dem Rechtsanwender dennoch eine Hilfestellung bei der Auslegung zu geben, weist sie zugleich darauf hin, dass bei der Beurteilung, ob ein öffentliches Angebot vorliege, eine Vielzahl von Kriterien herangezogen werden könne. So sei beispielsweise von Bedeutung, ob sich das Angebot nur an einen begrenzten Personenkreis oder an eine Vielzahl von Wertpapierinhabern richte, oder ob es sich um ein einseitig formuliertes oder ein individuell ausgestaltetes Angebot handele. Zudem könnten einzelne Vertragsbedingungen Anhaltspunkte für ein öffentliches Angebot bieten. So sprächen Bedingungen, die dem Bieter ein Rücktrittsrecht bei Nichterreichen einer bestimmten Annahmequote einräumen, für ein öffentliches Angebot. Zugrunde zu legen sei hier eine typologische Betrachtungsweise59.
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In seiner Stellungnahme zu dem Regierungsentwurf hat der Bundesrat60 eine gesetzliche Klarstellung bzw. die Aufnahme von Regelbeispielen gefordert. Die Bundesregierung61 hat diesen Wunsch vor allem unter Verweis auf das Scheitern entsprechender Versuche im Ausland62 abgelehnt. Auch der Deutsche Bundestag hat den Wunsch des Bundesrats nicht aufgegriffen.
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3. Rechtsvergleich Für den vom deutschen Gesetzgeber beschrittenen Weg des Verzichts auf eine gesetzliche Definition des Merkmals „öffentlich“ finden sich Vorbilder in vielen ausländischen Rechtsordnungen63. So enthalten beispielsweise die übernahmerechtlichen Regularien in Österreich, in der Schweiz, im Vereinigten Königreich und in den USA ebenfalls keine entsprechende Definition64. Die Konkretisierung 55 Zutreffend Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 19; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 20; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 19. 56 So auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 19. 57 Kritisch hierzu unter dem Aspekt der Rechtssicherheit Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 51; Baum, AG 2003, 144, 145; zustimmend demgegenüber Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 393; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 10. Der letztgenannten Auffassung ist auf Grund der mit einer gesetzlichen Definition verbundenen Nachteile (siehe hierzu nachfolgend im Text) zuzustimmen. 58 BT-Drucks. 14/7034, S. 33. 59 Vgl. Gegenäußerung der BReg zur Stellungnahme des BRats, BT-Drucks. 14/7090, S. 1. 60 Stellungnahme des BRats, BT-Drucks. 14/7034, S. 84. 61 Gegenäußerung der BReg, BT-Drucks. 14/7090, S. 1. 62 Zu US-amerikanischen Versuchen siehe Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 148 ff.; Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1657. 63 Vgl. auch den Hinweis der BReg in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des BRats, BT-Drucks. 14/7090, S. 1. 64 § 1 Nr. 1 österr. ÜbG; Art. 2 lit. i)) schweizerisches Finanzmarktinfrastrukturgesetz, FinfraG; Sec. 14 (d) des US-amerikanischen SEA; Definition „offer“ des britischen Takeover Code. Vgl. auch rechtsvergleichender Überblick bei Baum, AG 2003, 144, 145 ff. und Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1655 ff.
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§ 2 Rz. 28 Begriffsbestimmungen wird hier der (aufsichtsbehördlichen und gerichtlichen) Praxis und der Wissenschaft überlassen, die im Wege einer Typusbildung Kriterien herausgearbeitet haben. 29
Rechtsvergleichend besondere Aufmerksamkeit erfahren hat der von der US-amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde SEC erarbeitete und in der Leitentscheidung Wellman v. Dickinson65 angewandte „eight factor test“. Entscheidend für die Annahme eines öffentlichen Angebots sind danach die folgenden Faktoren: (1) Aktives und breit gestreutes Nachfragen von Anteilen, (2) Anstreben eines erheblichen Anteils, (3) Gewährung einer Prämie auf den aktuellen Marktpreis, (4) standardisierte, nicht verhandelbare Vertragsbedingungen, (5) Knüpfung des Angebots an den Erwerb einer Mindestbeteiligung, (6) zeitliche Begrenzung des Angebots, (7) Erzeugung von Verkaufsdruck auf die Aktionäre, (8) rascher Erwerb eines erheblichen Anteils von Aktien im zeitlichen Zusammenhang mit der öffentlichen Bekanntmachung des Angebots. Die acht Faktoren haben die Funktion von Anhaltspunkten, sie müssen daher nicht alle gleichzeitig vorliegen und können sich wechselseitig kompensieren66. Auf den eight factor test hat auch der österreichische Gesetzgeber bei Schaffung des ÜbG verwiesen67; einzelne Bestandteile des Tests, nämlich die Merkmale (4), (5) und im Ergebnis auch (1), finden sich ebenfalls in der Begründung zum Regierungsentwurf des WpÜG (siehe oben Rz. 26).
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Einige Staaten sehen demgegenüber eine gesetzliche Definition (so etwa Italien) vor oder spezifizieren eine allgemeine Definition durch Größenangaben, ab denen zwingend ein öffentliches Angebot erforderlich ist (so etwa Japan). Für die Bejahung eines öffentlichen Angebots (bzw. Verpflichtung dazu) maßgeblich ist nach den beiden vorgenannten Rechtsordnungen vor allem die Unbestimmtheit bzw. Größe des angesprochenen Adressatenkreises, wobei beide Rechtsordnungen feste, allerdings erheblich voneinander abweichende Schwellenwerte (mehr als 10 Personen im Falle von Japan bzw. 150 Personen im Falle von Italien) vorsehen. Hinzu treten Bagatellgrenzen (Erwerb von mindestens 5 % stimmberechtigter Aktien in Japan bzw. Erwerb von Finanzprodukten innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums für ein Entgelt in Höhe von mindestens 8 Mio. Euro in Italien)68. 4. Auslegungskriterien
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Nach allgemeinem Sprachverständnis wird der Begriff „öffentlich“ im Sinne von „allgemein“ bzw. „für jedermann zugänglich“ gebraucht. Hieraus lässt sich – in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung – zunächst ableiten, dass ein Angebot umso eher als öffentlich zu qualifizieren ist, je größer der angesprochene Personenkreis ist69. Regelmäßig hiermit verbunden, jedoch angesichts der auch vom Gesetzgeber gewollten typologischen Betrachtungsweise nicht zwingend zur Bejahung eines öffentlichen Angebots erforderlich, sind die Verbreitung über allgemein zugängliche Medien, die Verwendung standardisierter, nicht verhandelbarer Vertragsbedingungen, eine zeitliche Begrenzung des Angebots sowie eine fehlende persönliche Beziehung zwischen dem Bieter und den Angebotsadressaten.
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Des Weiteren hat sich die Auslegung an den Schutzzwecken des WpÜG zu orientieren, die primär in den allgemeinen Grundsätzen des § 3 WpÜG reflektiert werden70. Maßgeblich sind danach vor allem 65 Wellman v. Dickinson, 475 F. Supp. 873, 823 f. (S.D.N.Y. 1979). 66 Zum eight factor test siehe Herkenroth, Konzernierungsprozesse, S. 150 f.; Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1657. Daneben wird auf die Gesamtumstände abgestellt (vgl. zum „totality of circumstances“ test in Hanson Trust PLC v. SCM Corporation 744 F.2d 47 (2d Cir. 1985). 67 Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Zu § 1 Z. 1 ÜbG, 1276 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XX.GP, S. 25, auch abgedruckt bei Huber/Alscher in Huber, Übernahmegesetz, S. 3 f. 68 Art. 27–2 Abs. 6 japanisches Wertpapierverkehrsgesetz (WVG) vom 30.9.2007; Art. 1 lit (v), 100 (1) lit b) und c), ital. Testo Unico dell’intermediazione finanziaria, Decreto legislativo 58/98 vom 24.2.1998 i.V.m. Art. 34 ter. CONSOB Regolamento (Regolamento emittenti) 11971/99; abgedruckt in Englisch unter http:// www.consob.it/c/portal/layout?p_l_id=1000124&p_v_l_s_g_id=0. 69 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 33; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 16; dagegen ist nach Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 63 die Zahl der von dem Angebot betroffenen Personen weitgehend bedeutungslos. 70 So auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 55; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 13; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 20; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 8; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 8; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 3. Zu dem methodischen Problem, dass hier zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des Geset-
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Rz. 35 § 2
das in § 3 Abs. 1 WpÜG verankerte Gleichbehandlungsgebot und der in § 3 Abs. 2 WpÜG enthaltene Grundsatz einer informierten, ohne übermäßigen Zeitdruck getroffenen Transaktionsentscheidung71. Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung72 stimmt der im WpÜG verwandte Begriff des öffentlichen Angebots daher nicht mit dem gleichlautenden Begriff im Wertpapierprospektgesetz überein: Die Schutzrichtungen der letztgenannten Gesetze sind nicht mit dem des WpÜG deckungsgleich, sie statuieren insbesondere weder ein Gleichbehandlungsgebot noch verfolgen sie das Ziel, übermäßigen Handlungsdruck auf die Angebotsadressaten zu vermeiden73. 5. Fallgruppen Nach dem Vorgenannten sind als öffentlich zunächst solche Angebote zu qualifizieren, die sich an eine 33 Vielzahl von Wertpapierinhabern richten. Regelmäßig werden diese über allgemein zugängliche Medien (Tageszeitungen, Internet, Fernsehen, usw.)74 im In- oder Ausland75 verbreitet werden. An der Einordnung als öffentliches Angebot ändert sich jedoch nichts, wenn die Angebote im Einzelfall mittels Brief, Fax, E-Mail oder Telefonanruf individuell adressiert werden76, was vor allem bei Namensaktien in Betracht kommt, oder der Bieter Kreditinstitute zur Übermittlung einschaltet77. Unerheblich ist auch, ob dem Bieter einzelne der angesprochenen Wertpapierinhaber persönlich bekannt sind. Werden nur ausgewählte Wertpapierinhaber angesprochen, ist auf die konkrete Vorgehensweise und Ausgestaltung des Angebots sowie die oben Rz. 32 erwähnten Schutzwecke des Gesetzes abzustellen: Je eher der Typus des Angebots demjenigen eines an eine Vielzahl von Wertpapierinhabern gerichteten Angebots entspricht oder ein Schutzbedürfnis der Adressaten im Hinblick auf eine Gleichbehandlung bzw. auf eine informierte und von übermäßigem Zeitdruck befreite Transaktionsentscheidung besteht, desto eher ist von einem öffentlichen Angebot auszugehen78.
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So ist beispielsweise die Ansprache nur institutioneller Anleger als öffentliches Angebot zu werten, wenn die Vertragskonditionen nicht verhandelbar sind, allen Beteiligten gleiche (kurze) Annahmefristen gesetzt werden und das Angebot vom Erreichen einer Mindestbeteiligung abhängig gemacht
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zes (der Angebotsbegriff ist Bestandteil der Definition in § 1 WpÜG) Normen herangezogen werden, die ihrerseits die Anwendbarkeit des Gesetzes voraussetzen, siehe einerseits Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658; andererseits Baum, AG 2003, 144, 153 f. Vgl. Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658, der dies als „funktionales Begriffsverständnis“ bezeichnet; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 56; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 55 ff.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 22 ff., 33; differenzierend Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 13, wonach es auf die Gleichbehandlung der Wertpapierinhaber nicht ankommen könne; den Schutzzweck des Gesetzes betonend auch Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 393; für eine normative Analyse aus Sicht des Bieters Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 11 ff. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 21 ff., wonach die dazu entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen, aber nicht unreflektiert und unverändert zu übernehmen sind; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 10 a.E. (aber mit Einschränkungen in Rz. 13); auch Assmann, AG 2002, 114, 115 Fn. 3. Vgl. Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1654 f.; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1516; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 22 ff. Die ganz h.M. bejaht ein öffentliches Angebot bei Verbreitung auf diesem Wege; vgl. Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1658 f.; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 26; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 12; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 60; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 22 ff.; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 14; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 8; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 10; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 23. Der internationale Anwendungsbereich des Gesetzes ist nicht auf inländische Angebote begrenzt, Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 12; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 38. Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1659; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 13; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 9; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 39; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 14; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 10; einschränkend Angerer in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 26 (bei Publikumsgesellschaften); Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 23. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 27; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 9; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 40; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 10. Ähnlich Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 24; vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 14, der auf das Vorliegen eines Umgehungsvorsatzes des Bieters abstellt.
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§ 2 Rz. 35 Begriffsbestimmungen wird79. Erst recht gilt dies, wenn – wie im Fall Wellman v. Dickinson (siehe oben Rz. 29) – unter den gleichen Voraussetzungen zusätzlich Privatanleger angesprochen werden; hier ist das Schutzbedürfnis der Adressaten auf Grund des vorhandenen Informationsgefälles und der Gesamtumstände der Ansprache evident. Demgegenüber ist ein öffentliches Angebot regelmäßig zu verneinen, wenn mit den (institutionellen oder privaten) Anlegern individuelle Vertragsverhandlungen geführt werden, auch wenn dem eine zuvor entwickelte Strategie zugrunde liegt80. Anders dürfte wiederum zu entscheiden und damit ein öffentliches Angebot zu bejahen sein, wenn der Bieter das Angebot als nicht verhandelbar herausgelegt hat, sich im weiteren Verlauf des Verfahrens aber auf Verhandlungen mit einzelnen Wertpapierinhabern, die über substanzielle Pakete verfügen, einlässt81. Die Beispiele zeigen, dass die Festlegung eines generellen Schwellenwerts, ab dem ein öffentliches Angebot zu bejahen ist, nicht zielführend ist82; entscheidend sind vielmehr die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. 36
Der anonyme Erwerb von Wertpapieren über die Börse (open market purchase) ist nach ganz herrschender Meinung83 und nach Auffassung der BaFin84 grundsätzlich nicht als öffentliches Angebot einzuordnen85. Ob dies auch dann gilt, wenn der Erwerber öffentlich angekündigt hat, er werde Aktien über die Börse in erheblichem Umfang aufkaufen (standing in the market), ist umstritten86. Die für die Unanwendbarkeit des WpÜG beim börslichen Erwerb häufig angeführte Anonymität der Beteiligten besteht hier nicht, wenngleich die Veräußerer der Wertpapiere letztlich nicht sicher sein können, dass ihr Vertragspartner derjenige ist, der den Erwerb öffentlich angekündigt hat. Auch der Hinweis auf ein angebliches lex specialis-Verhältnis der börsenrechtlichen Regelungen gegenüber dem WpÜG87 überzeugt nicht, da dies dann auch für die Meldepflichten beim Erwerb bzw. der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen gemäß §§ 33 ff. WpHG gelten müsste, dort aber niemand von einer Unanwendbarkeit des WpHG ausgeht. Im Ergebnis wird man dennoch derartige Ankündigungen nicht als öffentliche Angebote ansehen können, da das vom WpÜG vorgesehene Leitbild des öffentlichen Angebots ersichtlich nicht mit börslichen Transaktionen übereinstimmt. Besonders deutlich wird dies bei der Angebotsabgabe, die gemäß § 14 Abs. 2 WpÜG durch Veröffentlichung der Angebotsunterlage erfolgt, und mit einer Auftragserteilung im Börsenhandel88 nichts gemein hat. Folgt man der hier vertretenen Auffassung nicht, stellt sich die weitere Frage, ob es sich bei der öffentlichen Erklärung des Erwerbers um eine nach § 17 WpÜG unzulässige öffentliche invitatio ad offerendum handelt, was dann im Ergebnis wohl zu bejahen ist.
79 Für Qualifikation als öffentliches Angebot bei ausschließlicher Ansprache institutioneller Investoren Baums/ Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 36; dagegen Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 30; Baum, AG 2003, 144, 157 ff. 80 Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1515 (zum Rückerwerb eigener Aktien); Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 46; a.A. wohl Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 62. 81 Zutreffend Baums/Hecker in Baums/Thoma, § 2 WpÜG Rz. 45. 82 Ablehnend auch Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1659; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 45. 83 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 61; Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1660 (jedoch mit Einschränkungen beim Erwerb eigener Aktien); Pötzsch, Übernahmerecht, S. 20; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 17; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 14; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1515 (zum Erwerb eigener Aktien); Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 10; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 14a; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 46; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 10; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 25. 84 BaFin-Jahresbericht 2002, S. 172. 85 So ausdrücklich auch die BReg in ihrer Gegenäußerung zur abweichenden Stellungnahme des BRats, BTDrucks. 14/7090, S. 1. 86 Ein öffentliches Angebot verneinen Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 33; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 14; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 15; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 10; bejahend dagegen Fleischer, ZIP 2001, 1653, 1659; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 10; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 14a; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 7; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 17, der allerdings aufgrund der unkalkulierbaren Höhe der Gegenleistung ein solches Vorgehen für wirtschaftlich wenig sinnvoll hält. 87 So Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 14; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 46. 88 Hierzu Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 213 ff.
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6. Rechtsfolgen Werden Aktien vom Bieter in einer Art und Weise erworben, die als öffentliches (Erwerbs- oder 37 Übernahme-)Angebot einzuordnen ist, ohne dass der Bieter ein den Anforderungen des WpÜG genügendes Angebot durchführt, verstößt er damit gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 3 Abs. 1 WpÜG) und den Grundsatz, dass der Aktionär aufgrund ausreichender Informationsgrundlage in Ruhe über das Angebot entscheiden können soll (§ 3 Abs. 2 WpÜG); ferner liegt dann i.d.R. ein Verstoß gegen die Verfahrensregeln der §§ 10 ff. WpÜG, insbesondere §§ 10 Abs. 1, 13, 14 WpÜG des Gesetzes vor. Die BaFin kann in einem solchen Fall von ihren aufsichtsrechtlichen Befugnissen nach § 4 Abs. 1 und § 15 WpÜG des Gesetzes Gebrauch machen und das Angebot untersagen, mit der Folge, dass das Erwerbsgeschäft nach § 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG nichtig und rückabzuwickeln wäre89. Ferner kann ein Bußgeld nach § 60 WpÜG des Gesetzes verhängt werden. Ein Anspruch auf Einschreiten der BaFin besteht aber nicht; die BaFin wird nur im öffentlichen Interesse tätig (§ 4 Abs. 2 WpÜG und Kommentierung dazu). Ferner könnten Aktionäre versuchen, ihre Rechte im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Dagegen spricht jedoch, dass – abgesehen von einem Pflichtangebot – Aktionäre gerade keinen Anspruch auf Durchführung eines Angebots haben. Die BaFin könnte den Bieter auch nicht zu einem Angebot zwingen, sondern nur das Angebot untersagen.
V. Erwerb eigener Aktien 1. Erwerb eigener Aktien nach WpÜG Streitig diskutiert wird, ob Angebote zum Erwerb eigener Aktien90 dem WpÜG unterfallen. Hierbei ist 38 zunächst zwischen den verschiedenen Arten der Erwerbs eigener Aktien91 zu unterscheiden. Der Erwerb über die Börse (open market repurchase, hierzu oben Rz. 36) und der Paketerwerb (negotiated repurachse), so man ihn aktienrechtlich überhaupt für zulässig erachtet92, scheiden von vornherein aus, da hier kein öffentliches Angebot erfolgt. Fraglich ist jedoch die Anwendbarkeit des WpÜG bei Erwerben in Form öffentlicher Rückkaufangebote zu einem Festpreis (fixed price self tender offer)93, in Form öffentlicher Rückkaufangebote, bei denen den Aktionären ein Preisrahmen vorgegeben wird (Dutch auction self tender offer, und bei Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen an alle Aktionäre (transferable put rights)94. Im Blickpunkt der Frage nach der Anwendbarkeit des WpÜG stehen vor allem die allgemeinen 39 Grundsätze des § 3 WpÜG und die für einfache Erwerbsangebote geltenden Vorschriften der §§ 10 ff. WpÜG in Abschnitt 3, nicht aber die für Übernahme- und Pflichtangebote geltenden Regelungen der Abschnitte 4 und 5 (§§ 29 ff., 35 ff. WpÜG). Dies erklärt sich aus der beim Erwerb eigener Aktien geltenden Obergrenze von 10 % des Aktienbestands gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG95 und der Regelung des § 71b AktG, nach der einer Gesellschaft keine (Stimm-)Rechte aus eigenen Aktien zustehen. Ein Erwerb eigener Aktien kommt danach weder in der Form des auf den Erwerb der Kontrolle gerichteten Übernahmeangebotes (§ 29 Abs. 1 WpÜG) in Betracht noch kann durch ihn die ein Pflichtangebot auslösende Kontrollschwelle in Höhe von 30 % der Stimmrechte (§ 29 Abs. 2 WpÜG) erreicht werden96.
89 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 15 f., der – allerdings insoweit zu weitgehend – auch einen Anspruch des übergangenen Aktionärs gemäß § 3 und § 19 WpÜG bejaht; siehe auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 49. 90 Die Frage stellt sich auch beim Rückerwerb anderer Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 WpÜG. 91 Hierzu Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien, Rz. 136 ff.; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 13 ff. 92 Hierzu Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien, Rz. 143; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 242 ff., jeweils m.w.N.; Koch in Hüffer/Koch, § 71 AktG Rz. 19 k. 93 Hierzu Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien, Rz. 139 f. 94 Hierzu Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien, Rz. 142; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 16. 95 Die Obergrenze gilt nur in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3, 7 und 8 AktG, gerade dort stellt sich allerdings die Frage der Anwendbarkeit des WpÜG. 96 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 1 WpÜG Rz. 94.
Pötzsch/Favoccia
79
§ 2 Rz. 40 Begriffsbestimmungen 40
Die BaFin97 und die vormals herrschende Meinung98 bejahten – mit Unterschieden im Detail – die Anwendbarkeit des Gesetzes im Grundsatz. Demgegenüber verneinte eine nicht unbeachtliche Zahl von Stimmen in der Literatur99 generell die Anwendbarkeit des WpÜG; teilweise wurden hier jedoch einzelne Vorschriften des WpÜG analog angewandt.
41
Nachdem noch in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz100 die grundsätzliche Geltung des WpÜG für auf den Erwerb eigener Aktien gerichtete einfache Erwerbsangebote bekräftigt wurde, wies die Bundesregierung im Verlaufe der Ausschussberatungen darauf hin, dass sie bei Rückerwerben die Erstellung einer Angebotsunterlage mangels Informationsbedürfnisses der Aktionäre für entbehrlich halte101. Nach Inkrafttreten des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes stellte die BaFin mit Schreiben vom 9.8.2006102 klar, dass sie ihre Verwaltungspraxis geändert habe und das WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien keine Anwendung mehr finde103.
42
Im Ergebnis ist der Auffassung der BaFin zu folgen104: Dem Wortlaut ist zwar keine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Gesetzes zu entnehmen105. Zudem sind auch beim Erwerb eigener Aktien die Regelungszwecke des WpÜG zumindest teilweise betroffen106. Entscheidend für die Nichtanwendbarkeit ist jedoch, dass das WpÜG an mehreren Stellen ersichtlich von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgeht107, sich dem Informationsbedürfnis der Aktionäre, das durch § 3 Abs. 2 WpÜG geschützt wird, ausreichend auch durch § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 AktG Rechnung tragen lässt, wonach die Aktionäre den Vorstand zum Rückkauf eigener Aktien ermächtigen müssen, und dem Gleichbehandlungsgebot des § 3 Abs. 1 WpÜG durch §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3, § 53a AktG Genüge ge-
97 BaFin-Jahresberichte 2002, S. 172, und 2003, S. 208; aus der BaFin auch Lenz/Linke, AG 2002, 420, 421 ff.; Strunk/Behnke in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, S. 81, 92 ff.; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3, 5 f. Der Entscheidung der BaFin lag eine Anfrage der Siemens AG zu Grunde. In der Folge hatten mehrere Gesellschaften (Axel Springer AG, Spütz AG, Beiersdorf AG, SGL Carbon AG – dort Rückerwerb einer in Aktien wandelbaren Teilschuldverschreibung) ein entsprechendes Verfahren nach dem WpÜG durchgeführt. 98 So auch noch die 1. Aufl., Rz. 37–73; ferner Oechsler, NZG 2001, 817, 818 f.; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592 f.; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 62 ff.; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 393; Pötzsch, Übernahmerecht, S. 22; Paefgen, ZIP 2002, 1509 ff.; Thaeter in Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 2 Rz. 29; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 5 ff.; in die gleiche Richtung gehend auch die Stellungnahmen des DAV-Handelsrechtsausschusses zum RefE, NZG 2001, 420, und zum RegE, ZIP 2001, 1736. 99 Baums/Stöcker in FS Wiedemann, 2002, S. 703 ff.; Süßmann, AG 2002, 424 ff.; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 68 ff.; J. Koch, NZG 2003, 61, 64 ff.; Baum, ZHR 167 (2003), 580 ff.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 104 ff.; Diekmann/Merkner, ZIP 2004, 836 ff.; R. Koch, Die Auswirkungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) auf den Erwerb eigener Aktien, 2006, S. 137 ff. 100 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 17. 101 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/1541, S. 11. 102 Veröffentlicht auf http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentscheidung/WA/ae_ 060809_rueckerwerb.html; zugleich wurde damit das entsprechende Merkblatt vom 5.7.2005 aufgehoben. 103 Vgl. hierzu Pluskat, NZG 2006, 731. 104 Ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 64; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 127; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 33; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 11; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 9; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 34; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 28; dezidiert a.A. auch nach Änderung der Verwaltungspraxis der BaFin, Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 23.; Cahn in Spindler/Stilz, § 71 AktG Rz. 157 ff. 105 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 64; Möller, Rückerwerb eigener Aktien, 2005, S. 122; Büscher, ZBB 2006, 107, 110. 106 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 64; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1514; vgl. auch Baums/Stöcker in FS Wiedemann, 2002, S. 703, 709. 107 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 33; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 11; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 64; Möller, Rückerwerb eigener Aktien, 2005, S. 122 ff.; Baums/Stöcker in FS Wiedemann, 2002, S. 703, 713; Cahn in Spindler/Stilz, § 71 AktG Rz. 159.
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Pötzsch/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 42b § 2
tan wird108. Demnach beurteilt sich die Zulässigkeit des Rückerwerbs eigener Aktien in erster Linie nach den insofern vorrangigen aktienrechtlichen Regelungen (§§ 71 ff. AktG)109. 2. Erwerb eigener Aktien nach der Übernahmerichtlinie Gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Übernahmerichtlinie sind Angebote der Gesellschaft auf Erwerb eigener Aktien aus dem Anwendungsbereich der Übernahmerichtlinie ausgeschlossen.
42a
3. Rechtsvergleich In den USA sind nach sec. 14 (d) (8) (B) SEA von der Zielgesellschaft selbst abgegebene Angebote oder Aufforderungen zur Abgabe von Angeboten (issuer tender offers oder self tender offers) von den Regelungen des sec. 14 (d) SEA ausgenommen. Allerdings gelten insoweit Sondervorschriften, vor allem Rule 13e – 4 der SEC, welcher für den Erwerb eigener Aktien besondere Offenlegungs- und Verfahrensvorschriften enthält. Ferner können auch die Anforderungen der Landesrechte der US-Bundesstaaten zu beachten sein (wie etwa gesellschaftsrechtliche Treuepflichten, Interessenkonflikt- und Kapitalaufbringungsregeln). Im Vereinigten Königreich sind beim Rückerwerb eigener Aktien neben den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften Rule 9 und 37 des Takeover Code zu beachten. Diese sehen Hauptversammlungsbeschlusserfordernisse, Publizitätserfordernisse und ein spezielles Pflichtangebotserfordernis vor. Das Takeover Panel kann hiervon jedoch Befreiungen erteilen. In Österreich fehlt es ebenso wie in Deutschland an einer ausdrücklichen kapitalmarktrechtlichen Regelung. Auch wenn in Österreich der Rückerwerb eigener Aktien meist auf anderem Wege als durch öffentliche Angebote (z.B. durch Erwerb der Anteile über die Börse) geschieht, wird davon ausgegangen, dass die Regelungen des Übernahmerechts (genauer: zweiter Teil des öÜbG) über freiwillige öffentliche Übernahmeangebote grundsätzlich Anwendung finden, solange sie keinen Kontrollbezug aufweisen110. Der Wortlaut der §§ 1 f. öÜbG umfasst eigene Aktien unter dem Begriff der „Beteiligungspapiere“; ferner fällt auch die Zielgesellschaft unter den Begriff des „Bieters“111. Ebenso steht der Zweck des öÜbG seiner Anwendung nicht entgegen, da der Aktionärsschutz unabhängig von der Person des Bieters zu erfolgen hat112. Allerdings ist bei jeder Norm zu prüfen, ob sie auf den Erwerb eigener Aktien anwendbar ist, was insbesondere dann zu verneinen ist, wenn die Normen von der Personenverschiedenheit von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen113. Diese Vorgehensweise wurde vom österreichischen Verfassungsgerichtshof gebilligt114. Anders als in Deutschland geht man in Österreich auch noch nach der Umsetzung der Übernahmerichtlinie davon aus, dass sich die Durchführung des Angebots weiterhin nach dem öÜbG richtet.115 Im Schweizer Übernahmerecht (Art. 125 ff. FinfraG) fehlt bezüglich öffentlicher Angebote einer Gesellschaft auf den Erwerb eigener Aktien ebenfalls eine ausdrückliche Regelung. In der Praxis wird jedoch davon ausgegangen, dass auch auf diese Aktienrückkäufe (einschließlich Programme zum Rück108 Lutter/Drygala in KölnKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 268 ff., 270, 271, 274; Cahn in Spindler/Stilz, § 71 AktG Rz. 159, der ferner auf den Schutz der Aktionäre durch die Treubindung der Gesellschaft gegenüber den Aktionären verweist. 109 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 11; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 33; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 11; Möller, Rückerwerb eigener Aktien, 2005, S. 132; Berrar/ Schnorbus, ZGR 2003, 59, 83 ff.; Baum, ZHR 167 (2003), 580, 606 ff. 110 ÜbK vom 4.6.1999, GZ 1999/2/4-7. Der Rückerwerb eigener Aktien über ein öffentliches Angebot nach dem öÜbG ist die Ausnahme und nicht die Regel (seit es das ÜbG in Österreich gibt, gab es erst sechs Fälle, in denen ein Rückerwerb eigener Aktien nach dem öÜbG erfolgte; jüngst – im Jahr 2018 – machte Ottakringer Getränke AG von dieser Möglichkeit Gebrauch). 111 Huber/Alscher in Huber, Übernahmegesetz, 2. Aufl., § 2 Rz. 17. 112 ÜbK vom 4.6.1999, GZ 1999/2/4-7. 113 Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. (in 3. Aufl. nicht mehr enthalten), Das österreichische Übernahmerecht, § 2 Rz. 55. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, § 24 Rz. 29. 114 VfGH v. 12.12.2000, B 2010/99-10. 115 Vgl. etwa die freiwilligen Angebote gemäß §§ 4 ff. öÜbG auf Rückerwerb eigener Aktien der Frauenthal Holding AG vom 24.9.2012 sowie der Ottakringer Getränke AG vom 29.5.2018.
Pötzsch/Favoccia
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42b
§ 2 Rz. 42b Begriffsbestimmungen kauf von Aktien an der Börse) das Übernahmerecht grundsätzlich anwendbar ist. Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (UEV) darf die schweizerische Übernahmekommission diesbezüglich Ausnahmen gewähren, falls gewisse Voraussetzungen gegeben sind116. Außerdem ist die „Safe Haven“-Regelung (zur Abgrenzung von Marktmanipulation) von Art. 123 ff. FinfraV zu beachten.
C. Europäisches Angebot (§ 2 Abs. 1a WpÜG) 43
Die teilweise Anwendbarkeit des WpÜG bei Angeboten zum Erwerb von Aktien einer Zielgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG (siehe dazu § 1 WpÜG Rz. 44) setzt voraus, dass es sich bei dem Angebot um ein sog. „Europäisches Angebot“ handelt. Nach dem durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz neu eingefügten § 2 Abs. 1a WpÜG ist dies ein Angebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG (also Gesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland), das nach dem Recht des Staates des Europäischen Wirtschaftsraums, in dem die Zielgesellschaft ihren Sitz hat, als Angebot i.S.d. Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Übernahmerichtlinie gilt.
44
Aufgrund des Verweises auf Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Übernahmerichtlinie sind von der Definition nur Übernahme- und Pflichtangebote erfasst117. Für die Regelung von einfachen Erwerbsangeboten in Bezug auf Zielgesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland fehlt dem deutschen Gesetzgeber die Regelungsbefugnis118. Weiterhin muss es sich bei den Wertpapieren um solche handeln, die Stimmrechte verleihen119.
45
Nicht ganz eindeutig ist die Bedeutung der Voraussetzung, dass das Angebot nach dem Recht des Sitzstaates als Angebot i.S.d. Übernahmerichtlinie gelten muss. Hierdurch soll offenbar verdeutlicht werden, dass die Definition des Begriffs der „Kontrolle“ den einzelnen Mitgliedstaaten vorbehalten ist (vgl. Art. 5 Abs. 3 der Übernahmerichtlinie)120. Dadurch wird jedenfalls verhindert, dass ein Auslandssachverhalt der Aufsicht der BaFin unterliegt, obwohl nach dem Recht des Sitzstaats der Zielgesellschaft kein Angebot vorliegt121.
D. Wertpapiere (§ 2 Abs. 2 WpÜG) I. Übersicht 46
Gegenstand des WpÜG sind freiwillige oder auf Grund einer Verpflichtung nach diesem Gesetz erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden (siehe dazu § 1 WpÜG Rz. 2) und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§§ 1, 2 Abs. 1 WpÜG). Als Wertpapiere in diesem Sinne gelten nur die in § 2 Abs. 2 WpÜG definierten (und gemäß § 1 WpÜG darüber hinaus an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 7 WpÜG zugelassenen) Papiere. Der Wertpapierbegriff des § 2 Abs. 2 WpÜG dient mithin dazu, den Anwendungsbereich des WpÜG zu umreißen und ist dementsprechend eigenständig unter Berücksichtigung der speziellen Regelungsziele des WpÜG zu bestimmen, deckt sich also
116 Vgl. das UEK Rundschreiben Nr. 1 der Übernahmekommission in der Fassung vom 1.1.2016, abrufbar unter www.takeover.ch. 117 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 76; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 24; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 108; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 21 f.; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 7; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 11. 118 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 110; vgl. auch Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 16. 119 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 76; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 24; a.A. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 21. 120 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 77; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 23. 121 Holzborn/Peschke, BKR 2007, 101, 102.
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Pötzsch/Favoccia und Assmann/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 50 § 2
weder mit dem von der Wissenschaft geprägten allgemeinen Wertpapierbegriff noch mit dem Wertpapierbegriff anderer Gesetze, darunter namentlich demjenigen des BGB122. Der Wertpapierbegriff des § 2 Abs. 2 WpÜG ist weiter als derjenige, welcher der Übernahmericht- 47 linie123 zugrunde liegt124. Während Art. 2 lit. e) Übernahmerichtlinie nur Wertpapiere erfasst, mit denen Stimmrechte in einer Gesellschaft verbunden sind, wird dies von Abs. 2 nicht vorausgesetzt. Das hat seinen Grund darin, dass das WpÜG, im Gegensatz zur Übernahmerichtlinie, nicht nur Übernahmeangebote – d.h. Angebote, die zur Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft mittels Erwerbs einer entsprechenden Zahl von Stimmrechten (vgl. § 29 WpÜG) – sowie Pflichtangebote i.S.v. §§ 35 ff. WpÜG regelt, sondern auch andere Angebotsformen (nämlich Wertpapiererwerbsangebote i.S.v. § 2 Abs. 1 und §§ 10 ff. WpÜG). Innerhalb des WpÜG findet nicht immer der weite Wertpapierbegriff des § 2 Abs. 2 WpÜG Anwendung. So bezieht sich § 35 WpÜG nur auf Aktien (siehe Kommentierung zu § 35 WpÜG).
48
II. Entbehrlichkeit urkundlicher Verbriefung Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 WpÜG müssen nicht urkundlich verbrieft sein. Erfasst werden damit 49 auch solche Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 WpÜG, die weder durch Einzelurkunden noch durch Sammel- oder Globalurkunden verkörpert sind. Reine Wert- und Registerrechte sind damit auch erfasst. Die praktische Bedeutung dieser Regelung wird teils für gering erachtet, weil gemäß § 1 WpÜG nur solche Wertpapiere in Betracht kommen, die an einem organisierten Markt (i.S.v. § 2 Abs. 7 WpÜG) gehandelt werden, was jedenfalls in Deutschland (nach § 32 BörsG i.V.m. § 5 BörsZulV bzw. § 33 BörsG) voraussetzte, dass die Wertpapiere zumindest der Girosammelverwahrung zugänglich und damit mindestens in einer Globalurkunde verbrieft seien125. Richtigerweise wird man aber davon ausgehen müssen, dass es auch für das Börsengesetz nach der Umsetzung der Prospektrichtlinie durch das Wertpapierprospektgesetz auf eine Verbriefung nicht mehr ankommt126. Die Entmaterialisierung der Wertpapiere nimmt zu. Es gibt Wertpapiere, die ausschließlich in elektronischer Form existieren127.
III. Erfasste Wertpapiere 1. Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG Zu den in § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG angeführten Wertpapieren gehören namentlich Aktien. Da sich das WpÜG nicht nur auf solche Angebote bezieht, die auf den Erwerb der Kontrolle über eine Zielgesellschaft gerichtet sind („Übernahmeangebote“, § 29 WpÜG; siehe dazu oben Rz. 47), sind damit Aktien jeder Art gemeint128 und nicht nur solche, die ein Stimmrecht gewähren. Erfasst werden damit Nennbetrags- und Stückaktien (§ 8 AktG), Stammaktien und Vorzugsaktien mit und ohne Stimmrechte 122 Ebenso etwa Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 19; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 80; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 24, der den Definitionsansatz für perplex hält. 123 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. 124 Vgl. dazu Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 82; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 28. 125 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 74; Heidelbach in Schwark/Zimmer, § 32 BörsG Rz. 28, § 33 BörsG Rz. 8; siehe auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 45; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 12; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 80. 126 Groß, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rz. 12, § 2 WpPG Rz. 2 ff. 127 Vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 29; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 45; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 12. 128 Vgl. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 56; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 59; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 14; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 100; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 22; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 39; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 25; Graßl in Paschos/Fleischer, § 5 Rz. 33.
Assmann/Favoccia
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50
§ 2 Rz. 50 Begriffsbestimmungen (§§ 12 Abs. 1, 139 Abs. 1 AktG), sowie Inhaberaktien, Namensaktien und vinkulierte Namensaktien (§§ 10 Abs. 1, 68 Abs. 2 AktG). Mangels rechtlicher Selbständigkeit gehören bloße Nebenpapiere zu Aktien (wie etwa Kuponbögen nebst Erneuerungsschein oder einzelne Kupons) weder zu den Aktien noch zu den anderen der § 2 Abs. 2 WpÜG genannten Wertpapiere129. 51
Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG sind auch Aktien vergleichbare Wertpapiere, d.h. Wertpapiere, die – wie die Aktie – ein Mitgliedschaftsrecht verkörpern130. Zu dieser Gruppe von Wertpapieren sind bspw. Zwischenscheine (auch Interimscheine genannt) zu zählen131, d.h. Anteilscheine, die den Aktionären vor der Ausgabe von Aktien erteilt werden (§ 8 Abs. 6 AktG). Wenn auch nur vorläufig (bis zur Ausgabe der Aktienurkunde), verbriefen sie doch – wie Aktien – Mitgliedschaftsrechte. Nicht zu den Aktien vergleichbaren Wertpapieren gehören Genussscheine132. Selbst wenn diese Genussrechte verbriefen, die den in der Aktie verbrieften Mitgliedschaftsrechten ähnlich sind, so eröffnen sie dem Berechtigten doch nur vermögensrechtliche Ansprüche und keine Mitgliedschaftsrechte. Gleiches gilt für Schuldverschreibungen und die in diesen verbrieften Leistungsversprechen (vgl. § 793 Abs. 1 BGB)133. Haben Schuldverschreibungen den Erwerb von Aktien, mit diesen vergleichbaren Wertpapieren oder Zertifikaten, die Aktien vertreten, zum Gegenstand, so handelt es sich jedoch um Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG (siehe dazu unten Rz. 53).
52
Wertpapiere sind des Weiteren auch Aktien vertretende Zertifikate. Solche Zertifikate, die ihrerseits Wertpapiere im wertpapierrechtlichen Sinne sind, werden etwa ausgestellt, um die Handelbarkeit von Aktien zu erleichtern, sei es weil die Aktien auf den Namen lauten oder sei es, weil für sie überhaupt keine Urkunden ausgestellt wurden. Eine typische Erscheinungsform solcher Zertifikate sind die sog. American Depositary Receipts („ADRs“)134, d.h. an einer US-amerikanischen Börse gehandelte, auf den Namen lautende Wertpapiere, die Rechte an hinterlegten Wertpapieren einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Staat als den USA verbriefen135. In der Angebotsunterlage sind im Hinblick auf die Abwicklung des Angebots ausführliche Hinweise für die Behandlung der ADRs aufzunehmen136. Auch Zertifikate über die Hinterlegung einer Vielzahl oder eines Bruchteils der bei einer Depotbank hinterlegten Aktien kommen als Aktien vertretende Zertifikate in Betracht. 2. Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG
53
Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG sind Papiere, die den Erwerb der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG genannten Wertpapiere (Aktien, Aktien vergleichbare Wertpapiere oder aktienvertretende Zertifikat) zum Gegenstand haben. Bei diesen Wertpapieren handelt es sich um solche, die zwar nicht selbst ein Mitgliedschaftsrecht verbriefen, dafür aber das Recht zum Erwerb eines Papiers, das seinerseits ein Mitgliedschaftsrecht verkörpert. Zu dieser Gruppe von Wertpapieren, die ebenfalls nicht urkundlich
129 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 92; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 40; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 43; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12 Fn. 1. 130 Begr. RegE, BT-Druck. 14/7034, S. 34; vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 92. 131 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34. Vgl. etwa Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 40; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 58; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 14; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 9; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 26; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 23; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 91; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. 132 Ebenso etwa Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 92; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 14; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 26; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 24; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 43; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. 133 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 9; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 92; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. 134 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34. Vgl. auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 60; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 41; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 9; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 93; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 23; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 43. 135 Siehe Röhler, American Depositary Shares, 1997, S. 40; Wieneke, Die Stellung des Inhabers von ADRs in der Hauptversammlung der Gesellschaft, AG 2001, 504, 505. 136 Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 12.
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Assmann/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 57 § 2
verbrieft sein müssen, gehören etwa Optionsanleihen, Wandelschuldverschreibungen, Wandelgenussscheine und zum Bezug von Aktien berechtigende Optionsscheine137. Nicht erfasst sind dagegen Wertpapiere, die ein Leistungsversprechen verbriefen, welches – als Inhaber(sammel)schuldverschreibung – vermögensrechtliche Ansprüche begründet und das im Übrigen nur eine vom Eintritt einer Bedingung oder der Entscheidung des Schuldners abhängende Möglichkeit des Erwerbs oder Aussicht auf die Lieferung von Aktien, Aktien vergleichbaren Wertpapieren und Aktien vertretenden Zertifikaten eröffnet, wie dies etwa bei so genannten Aktienanleihen (Schuldverschreibungen mit optionaler Aktienandienung)138 der Fall ist: Der Erwerber solcher Aktienanleihen erhält in keinem Fall das Recht, die Lieferung von Aktien verlangen zu können; allein die Einräumung einer Wahlschuld des Leistungsversprechenden i.S.d. §§ 262–265 BGB (bei der Annahme einer Ersetzungsbefugnis wäre dies nicht anders)139 rechtfertigt nicht die Annahme, ein solcher Vertrag habe die Lieferung von Aktien zum Gegenstand140. Ungeachtet ihrer schriftlichen Verkörperung sind Zeichnungsscheine (§ 185 Abs. 1 AktG) oder Bezugserklärungen (§ 198 Abs. 1 AktG) keine Wertpapiere141 und unterfallen damit ebenfalls nicht den Wertpapieren i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG. Gleiches gilt für bloße Bezugsrechte i.S.v. §§ 186 Abs. 1, 203 Abs. 1 AktG142.
54
Erst recht nicht erfasst sind Wertpapiere, die von vornherein nur den schuldrechtlichen und nicht auf 55 einem Mitgliedschaftsrecht gründenden Anspruch auf eine (feste oder von einem Unternehmenserfolg abhängige) Gegenleistung in Geld verbriefen, wie etwa (die nicht mit einem Wandlungsrecht versehenen, siehe Rz. 53) Schuldverschreibungen und Genussscheine143. Gleiches gilt für Investmentanteile144. Zur Frage, ob der Bieter sein Angebot auf einzelne Arten von Wertpapieren i.S.d. § 2 Abs. 2 WpÜG beschränken und/oder nach Wertpapiergattungen differenzieren kann, siehe § 1 WpÜG Rz. 27.
56
E. Zielgesellschaft (§ 2 Abs. 3 WpÜG) I. Überblick § 2 Abs. 3 WpÜG definiert den Begriff der Zielgesellschaft. Danach kommen als Zielgesellschaft eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (zur Europäischen Gesellschaft siehe unten Rz. 66) mit Sitz im Inland (Nr. 1) oder eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (Nr. 2) in Betracht. Die Definition ist insbesondere relevant für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des Gesetzes gemäß § 1 WpÜG. Nach dieser Norm findet das WpÜG nur Anwendung auf Angebote zum Erwerb börsenzugelassener Wertpapiere, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden. Darüber hinaus wird der Begriff der Zielgesellschaft in zahlreichen weiteren Vorschriften des Gesetzes verwandt (siehe etwa §§ 3, 27, 33, 35 WpÜG). Dort bezeich137 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34. Vgl. auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 42; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 63; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 16; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 9; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 97; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 27; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 26; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. 138 Vgl. Assmann, Irrungen und Wirrungen im Recht der Termingeschäfte, ZIP 2001, 2061, 2063, 2067 ff. 139 Zur zivilrechtlichen Beurteilung von Aktienanleihen siehe Assmann, ZIP 2001, 2061, 2068 f. 140 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 43; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 28; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. A.A. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 63; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 98. Die praktische Bedeutung dieser Frage ist gering, da es bei Aktienanleihen regelmäßig an der Zulassung zum Handel an einer organisierten Börse i.S.v. § 1 WpÜG fehlt. 141 Vgl. Koch in Hüffer/Koch, § 185 AktG Rz. 3 bzw. § 198 AktG Rz. 8. Vgl. auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 65; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. 142 Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12. 143 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 98; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 43. 144 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 44; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 28; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 12.
Assmann/Favoccia und Pötzsch/Favoccia
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57
§ 2 Rz. 57 Begriffsbestimmungen net er – in Anlehnung an die Formulierung in § 1 WpÜG – diejenige Gesellschaft, deren Wertpapiere Gegenstand des (künftigen) Angebots des Bieters sind145. 58
Die Bezugnahme auf Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG) war bereits im DiskE146 und RefE147 des Bundesministeriums der Finanzen enthalten, rechtstechnisch dort allerdings Bestandteil der Regelung des Anwendungsbereichs in § 1, auf den die Definition der Zielgesellschaft in § 2 Abs. 4 (DiskE) bzw. § 2 Abs. 3 (RefE) verwies. Die Definition der Zielgesellschaft im Gesetzentwurf der Bundesregierung148 entspricht der Gesetz gewordenen Fassung; Änderungen im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren erfolgten nicht.
59
Die Bezugnahme auf Gesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) wurde erst nachträglich im Rahmen der Umsetzung der Übernahmerichtlinie149 in deutsches Recht (siehe dazu auch § 1 WpÜG Rz. 8 ff.) eingefügt. Art. 2 Abs. 1 lit. b) der Übernahmerichtlinie150 definiert als Zielgesellschaft eine Gesellschaft, deren Wertpapiere Gegenstand eines Angebots sind. Die Richtlinie verwendet den Begriff der Zielgesellschaft daher in dem oben Rz. 57 a.E. dargestellten zweiten Sinne. Von den deutschen Gesellschaftsformen erfasst die Übernahmerichtlinie – wie auch das WpÜG – Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien. Die von diesen Gesellschaften emittierten Aktien sind „übertragbare Wertpapiere, die Stimmrechte in einer Gesellschaft verleihen“, d.h. Wertpapiere i.S.d. Art. 2 Abs. 1 lit. e), die Gegenstand eines Angebots gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie sein können. Auf Grund der Regelung des Art. 4 Abs. 2 sind jedoch die Vorschriften des WpÜG über das Angebotsverfahren und die Gegenleistung auch auf Angebote zum Erwerb von Wertpapieren von Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat anzuwenden und deren Einhaltung von der BaFin zu überwachen, sofern diese Wertpapiere nicht im Sitzmitgliedstaat der Gesellschaften, sondern in Deutschland zum Börsenhandel zugelassen sind (näher § 1 WpÜG Rz. 8 f., 11). Insoweit wurde der Kreis der Zielgesellschaften im WpÜG durch die Umsetzung der Übernahmerichtlinie erweitert.
60
Zur Frage, ob auch ein Bieter selbst Zielgesellschaft sein kann und daher das WpÜG auch auf den Fall des Erwerbs eigener Aktien Anwendung findet, siehe oben Rz. 37 ff.
II. Sitz im Inland (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG) 1. Rechtsform 61
Als Zielgesellschaft kommt zunächst eine deutsche Aktiengesellschaft i.S.d. §§ 1 ff. AktG in Betracht. Ob es sich bei der betreffenden Gesellschaft um eine Aktiengesellschaft handelt, richtet sich formal nach der Frage, ob die Gesellschaft mit dieser Rechtsform gegründet und in das Handelsregister eingetragen (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG)151 worden ist. Die Gesellschaft endet mit der vollständigen Abwicklung und Löschung152; ab diesem Zeitpunkt ist auch das WpÜG nicht mehr anwendbar.
62
Zielgesellschaft kann ferner eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) gemäß §§ 278 ff. AktG mit Sitz im Inland sein153. Die Ausführungen in der vorstehenden Rz. gelten hier entsprechend.
145 146 147 148 149 150 151
152 153
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Vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 104. Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 237 ff. Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 374 ff. BT-Drucks. 14/7034, S. 8. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 21.4.2008 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz), BGBl. I 2006, 1426. Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. Zur theoretischen Frage, ob eine VorAG Zielgesellschaft sein kann, siehe Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 28; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 109 Fn. 141; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 5; die Anwendbarkeit des WpÜG scheitert hier bereits an der fehlenden Börsenzulassung der Anteile (vgl. § 1 WpÜG). Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 109; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 78. Zur Verbreitung der börsenzugelassenen KGaA in Deutschland Herfs in MünchHdb. AG, § 76 Rz. 3 ff.; Perlitt in MünchKomm. AktG, Vor § 278 AktG Rz. 5.
Pötzsch/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 67 § 2
Im Vorfeld des Inkrafttretens des WpÜG wurde diskutiert, ob im Hinblick auf die unterschiedliche Struktur der KGaA und der Aktiengesellschaft Modifikationen einzelner Vorschriften des WpÜG, insbesondere des Kontrollbegriffs und des Pflichtangebots, für die KGaA erforderlich seien154. Im Ergebnis wurde hiervon jedoch zu Recht abgesehen und ist der nach Inkrafttreten des WpÜG vereinzelt geäußerten Kritik an der grundsätzlichen Gleichbehandlung der KGaA mit der Aktiengesellschaft im WpÜG nicht zuzustimmen155, da ein Kommanditaktionär mit einer entsprechenden Beteiligung jedenfalls zusammen mit den Komplementären die Kontrolle ausüben kann156, ein von § 29 Abs. 2 WpÜG abweichender handhabbarer und rechtssicherer Kontrollbegriff für die KGaA nicht ersichtlich ist und durch die in § 37 WpÜG vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten vom Pflichtangebot (hierzu § 37 WpÜG Rz. 67) im Einzelfall unbillige Härten vermieden werden können157.
63
Ob deutsche Gesellschaften anderer Rechtsformen, z.B. Personengesellschaften, Genossenschaften oder Gesellschaften mbH, über den Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG hinausgehend als Zielgesellschaften in Betracht kommen, kann dahin stehen. Hier scheitert die Anwendbarkeit des WpÜG jedenfalls an dem in § 1 WpÜG verankerten Erfordernis der Börsenzulassung, da Mitgliedschaftsrechte dieser Gesellschaften nicht an der Börse handelbar sind158. Streng genommen wäre daher eine Aufzählung der Gesellschaftsformen auch in § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG nicht erforderlich gewesen159.
64
REIT-Aktiengesellschaften unterliegen kraft ausdrücklicher Regelung soweit nichts Abweichendes bestimmt ist den allgemein für Aktiengesellschaften geltenden Regeln und sind damit Zielgesellschaften i.S.d. WpÜG (§ 1 Abs. 3 REITG)160. Demgegenüber sind die Vorschriften des WpÜG auf Investmentaktiengesellschaften nicht anzuwenden (§ 108 Abs. 5 KAGB)161.
65
Nach Art. 10 der Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) vom 8.10.2001162 66 wird die SE in jedem Mitgliedstaat wie eine Aktiengesellschaft behandelt, die nach dem Recht des Sitzstaates der SE gegründet wurde. Eine SE mit Sitz in Deutschland kommt daher ebenfalls als Zielgesellschaft nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG in Betracht163. Sind deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen, ist der Anwendungsbereich des WpÜG gemäß § 1 WpÜG eröffnet. Hat diese ihren Sitz im EWR-Ausland, ist § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG einschlägig164. Umstritten ist, ob im Ausland gegründete (Kapital-)Gesellschaften als Zielgesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG in Betracht kommen, wenn sie ihren Verwaltungssitz im Inland haben bzw. diesen in das Inland verlegen. Durch die Einbeziehung von Gesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland in den Anwendungsbereich des Gesetzes (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) hat die Streitfrage etwas an Bedeutung 154 Siehe hierzu ausführliche Kommentierung in der 1. Aufl., § 2 WpÜG Rz. 89 ff. 155 Ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 110 Fn. 143; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 81 ff.; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 34; im Ergebnis nunmehr auch Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 29. 156 Instruktiv Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 84. 157 So auch Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 29; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 34 Fn. 61; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 110. 158 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 32; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 103; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 11. 159 Nach Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 32 und Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 103 ist die Aufzählung von Rechtsformen in § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG überflüssig, da sich die erforderliche Eingrenzung bereits aus dem Wertpapierbegriff in § 2 Abs. 1 WpÜG sowie dem Erfordernis der Börsenzulassung in § 1 WpÜG ergebe. 160 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 52; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 11. 161 Der noch im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 20.7.2012 zum KAGB vorgesehene § 120 Abs. 3, der Entsprechendes für die neu eingeführte offene Investmentkommanditgesellschaft bestimmte, ist gestrichen worden (vgl. § 124 RegE KAGB; BR-Drucks. 791/12). Hintergrund ist wohl, dass die Investmentkommanditgesellschaft, die nur in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betrieben werden darf (§ 124 Abs. 1 KAGB), von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des WpÜG fällt (vgl. § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 WpÜG). 162 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates, ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 1. 163 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 111; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 5; zum Pflichtangebot bei Gründung einer SE Teichmann, AG 2004, 67, 77 ff. 164 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 39.
Pötzsch/Favoccia
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67
§ 2 Rz. 67 Begriffsbestimmungen verloren, ist aber nicht obsolet, weil das WpÜG auf Gesellschaften mit Sitz außerhalb des EWR keine Anwendung findet und auf Gesellschaften im EWR-Ausland nur eingeschränkt (§ 1 Abs. 3 WpÜG). Die Rechts- und Parteifähigkeit derartiger Gesellschaften aus dem EU-Raum ist nach der seit 1999 ergangenen Rechtsprechung des EuGH165 – und in deren Gefolge auch des BGH166 – im Inland anzuerkennen. Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des BGH167 auch für US-amerikanische Gesellschaften. Da die Anerkennung dieser Gesellschaften jedoch nach dem Recht ihres Gründungsstaates erfolgt, findet auf sie gerade nicht das deutsche, sondern das ausländische Aktienrecht Anwendung. Somit ist auch die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG nicht zwingend vorgegeben168. Vor diesem Hintergrund verneint eine Auffassung169 die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG unter Hinweis darauf, dass diese Gesellschaften keine Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien i.S.d. Aktiengesetzes seien. Eine andere Auffassung170 hält dem entgegen, der Normzweck der Vorschrift spreche dafür, den Handel mit Wertpapieren von im Inland ansässigen Gesellschaften gleichmäßig zu erfassen, und verweist auf das Marktverzerrungsverbot des § 3 Abs. 5 WpÜG. Auch wenn die letztgenannten Erwägungen durchaus gewichtig sind, ist dennoch der erstgenannten Auffassung zuzustimmen: Für eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG auf die vorgenannten Gesellschaften fehlt es an der erforderlichen Regelungslücke, da der Gesetzgeber in Kenntnis der Problematik171 ersichtlich von einer Anwendbarkeit deutschen Aktienrechts auf Gesellschaften nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG ausgegangen ist, was nicht nur in § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG, sondern auch an anderer Stelle, etwa in § 16 Abs. 4 und § 27 WpÜG, zum Ausdruck gekommen ist172. Jedenfalls wäre die zweite Voraussetzung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG („Sitz im Inland“) bei im Ausland gegründeten Gesellschaften mit bloßem Verwaltungssitz in Deutschland nicht erfüllt (siehe dazu unten Rz. 68 ff.). 2. Sitzbegriff 68
Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG kommen als Zielgesellschaften Gesellschaften mit Sitz im Inland in Betracht. In diesem Zusammenhang wird unter Bezugnahme auf das nicht kodifizierte internationale Gesellschaftsrecht diskutiert, ob hier der Sitztheorie, die auf den effektiven Verwaltungssitz abstellt, oder der Gründungstheorie zu folgen sei, für die der von den Gründern festgelegte statuarische Sitz der Gesellschaft maßgeblich ist173.
69
Dem ist zu Recht entgegengehalten worden, dass Sitz- und Gründungstheorie nur die Frage nach dem Recht beantworten, welches auf einen bestimmten Lebenssachverhalt anzuwenden ist, an dem ein Personenzusammenschluss beteiligt ist. Zur Auslegung einer inländischen Kollisions- oder Sachnorm 165 Grundlegend hierzu die Entscheidungen des EuGH v. 9.3.1999 – C-212/97 – Centros, EuGH Slg. 1999, I-1459 = ZIP 1999, 438 = AG 1999, 226; EuGH v. 5.11.2002 – C-208/00 – Überseering, EuGH Slg. 2002, I-9919; EuGH v. 30.9.2003 – C 167/01 – Inspire Art, NJW 2003, 3331 = BB 2003, 2195; dazu Maul/Schmidt, BB 2003, 2297; Horn, NJW 2004, 893; siehe zuletzt EuGH v. 12.7.2012 – C-378/10 – Vale, DB 2012, 1614; dazu Teichmann, DE 2012, 2085; ferner Koch in Hüffer/Koch, § 1 AktG Rz. 42 ff.; Ringe in K. Schmidt/Lutter, AktG, Int. GesR Rz. 5 ff. 166 BGH v. 13.3.2003 – VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185, 188 ff. = AG 2003, 386. 167 BGH v. 29.1.2003 – VIII ZR 155/02, BGHZ 153, 353, 356 ff.; BGH v. 5.7.2004 – II ZR 389/02, BB 2004, 1868. 168 Zutreffend Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 112. 169 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 52; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 90; wohl auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 32 ff.; vgl. auch Oechsler, NZG 2001, 817 (der jedoch eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 3 WpÜG erwägt). 170 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 5; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 13. 171 Die in Fn. 7 zu Rz. 67 erwähnte Centros-Entscheidung des EuGH wurde schon vor Verabschiedung des WpÜG eingehend in der Fachliteratur diskutiert, u.a. von Behrens, IPRax 1999, 323; Ebke, JZ 1999, 656; Freitag, EuZW 1999, 267; Geyrhalter, EWS 1999, 201; Görk, GmbHR 1999, 793; Kindler, NJW 1999, 1993; Meilicke, DB 1999, 627; Sonnenberger/Großerichter, RIW 1999, 721; Mülbert/Schmolke, ZVglRWiss 100 (2001), 233. 172 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 112. 173 In Deutschland war lange die Sitztheorie vorherrschend (siehe nur BGH v. 5.11.1980 – VIII ZR 230/79, BGHZ 78, 318, 334), diese wird jedoch zunehmend durch die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit überlagert. Hierzu Kindler in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2018, IntGesR Rz. 359 ff., 420 ff.; Habersack in MünchKomm. AktG, Einl. Rz. 93 ff.; Koch in Hüffer/Koch, § 1 AktG Rz. 35 f., 42 ff.
88
Pötzsch/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 70 § 2
können diese Theorien jedoch nicht herangezogen werden; vielmehr ist insoweit auf die hergebrachten Auslegungsgrundsätze zurückzugreifen174. Danach liegt es nahe, angesichts der Sachnähe zum Aktienrecht den dort verwandten Sprachgebrauch auch im WpÜG zu Grunde zu legen und gemäß § 5 AktG auf den in der Satzung der Gesellschaft bestimmten Ort – den statuarischen Sitz – abzustellen175. In gleicher Weise ist nach zutreffender, allerdings umstrittener Auffassung auch der in § 1 Abs. 1 UmwG verwandte Begriff des Sitzes im Inland zu verstehen176. Zudem zeigen u.a. die Verweise in § 16 Abs. 4 WpÜG auf die Vorschriften des Aktiengesetzes, dass vom WpÜG nicht Gesellschaften erfasst werden sollen, die nur ihren Verwaltungssitz, nicht aber ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland haben. Auf derartige Gesellschaften ist auch bei ihrer Anerkennung weiterhin ausländisches Aktienrecht anzuwenden (siehe oben Rz. 67), so dass die o.g. Verweise keinen Sinn ergeben würden177. Schließlich sprechen für die Maßgeblichkeit des satzungsmäßigen Sitzes die im Übernahmerecht besonders bedeutsamen Aspekte der Praktikabilität und Rechtssicherheit, da der satzungsmäßige Sitz leichter feststellbar ist als der effektive Verwaltungssitz178. Nach dem Vorgenannten kommen als Zielgesellschaft nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG ausschließlich 70 Gesellschaften in Betracht, die ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben179. Unerheblich ist dabei, ob die Satzung einen Doppelsitz vorsieht und der zweite Sitz im Ausland liegt180. Der Umstand, dass sich der Verwaltungssitz der Gesellschaft im Ausland befindet, hindert eine Einordnung als Zielgesellschaft nicht181. Die frühere Auffassung, dass die Verlegung des Verwaltungssitzes einer Gesellschaft mit Satzungssitz im Inland zur Auflösung der Gesellschaft führt, ist mittlerweile zu Recht überholt. Gründe der Rechtssicherheit sprechen auch dafür, dass es nicht auf die Verlegung des Verwaltungssitzes ankommen kann. Vielfach wird nunmehr danach unterschieden, ob der Zuzugsstaat der Gründungstheorie folgt (dann bleibt die Gesellschaft bestehen) oder der Sitztheorie (dann sei in der Regel eine Neugründung erforderlich und liege aus deutscher Sicht eine Auflösung vor)182. Bis zum Abschluss der Auflösung bleiben jedoch der Charakter der Gesellschaft unverändert183 und die Normen des Aktiengesetzes weiterhin anwendbar, so dass jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt die Gesellschaft weiterhin als Zielgesellschaft in Betracht kommt184. Im Lichte der Rechtsprechung des EuGH dürfte die Unterscheidung nur noch für Drittstaaten eine Rolle spielen, die nicht der Gründungstheorie folgen; inner-
174 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 87. 175 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 34; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 112; Baums/ Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 88; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 47 ff.; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 35; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 20; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 18; von Hein, ZGR 2005, 528, 545 ff.; Josenhans, ZBB 2006, 269, 276; Steinmeyer in FS Immenga, 2004, S. 743, 745 ff.; Kiesewetter, RIW 2006, 518 ff.; für einen eigenständigen Sitzbegriff Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 16, 37. 176 Lutter/Drygala in Lutter, § 1 UmwG Rz. 15; Kallmeyer in Kallmeyer, § 1 UmwG Rz. 10; Drinhausen in Semler/ Stengel, Einleitung C Rz. 19 f.; a.A. Samson/Flindt, NZG 2006, 290, 292. 177 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 112. Nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 WpÜG können auf diese Gesellschaften aber seit der Änderung des WpÜG durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz (§ 1 WpÜG Rz. 8) jedenfalls die angebotsbezogenen (im Unterschied zu den gesellschaftsrechtlichen) Regelungen Anwendung finden. 178 Steinmeyer in FS Immenga, 2004, S. 743, 747 f.; ähnlich Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 35. 179 Eine britische Public Limited Company (plc) mit Verwaltungssitz in Deutschland und deutscher Börsenzulassung ist demgemäß eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraum (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG); siehe Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 35; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 20. 180 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 89. 181 Für Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz innerhalb der EU haben, hat der EuGH dies bekräftigt, indem er auch bei (ausschließlicher) Verlegung des Satzungssitzes, diesen für das anzuwendende Recht als allein maßgeblich ansah (EuGH v. 25.10.2017 – C-106/16 – Polbud, NZG 2017, 1308. 182 Koch in Hüffer/Koch, § 5 AktG Rz. 12; Pentz in MünchKomm. AktG, § 45 AktG Rz. 23a. 183 Koch in Hüffer/Koch, § 262 AktG Rz. 2. 184 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 112; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 89.
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§ 2 Rz. 70 Begriffsbestimmungen halb der EU müsste der Zuzugsstaat nach der Rechtsprechung des EuGH die Gründungstheorie zugrundelegen185. 71
Die Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes einer inländischen Gesellschaft in das Ausland, deren aktienrechtliche Behandlung umstritten ist186, führt zum Wegfall der Eigenschaft als Zielgesellschaft, sofern man einen solchen Beschluss – nach einer vereinzelt vertretenen Auffassung187 – für wirksam erachtet. Gleiches gilt, wenn man mit der früher herrschenden Meinung188 den Beschluss als Auflösungsbeschluss gemäß § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG wertet, mit Abschluss der Auflösung, da dann die Gesellschaft als solche erlischt. Sieht man den Beschluss dagegen de lege lata zu Recht mit einer stark im Vordringen befindlichen Auffassung189 als nichtig gemäß § 241 Nr. 3 AktG an, bleibt die Gesellschaft weiterhin taugliche Zielgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 3 WpÜG. De lege ferenda erscheint die erstgenannte Auffassung als vorzugswürdig.
72
Nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaften mit satzungsmäßigen Sitz im Inland sind keine Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien i.S.d. Aktiengesetzes; nach den oben Rz. 67 a.E. dargestellten Grundsätzen sind derartige Gesellschaften daher keine Zielgesellschaften.
III. Sitz im EWR-Ausland (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) 73
Zielgesellschaft kann nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG auch eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums sein. Entscheidend ist auch hier der statuarische Sitz der Gesellschaft190.
74
Während in § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG nur bestimmte Rechtsformen – die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien sowie aufgrund von Art. 10 SE-Verordnung auch die SE – als Zielgesellschaften in Betracht kommen, erfasst § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG scheinbar sämtliche Gesellschaften unabhängig von ihrer Rechtsform. Hintergrund dieser offenen Formulierung, die auch bei § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG möglich gewesen wäre (siehe oben Rz. 64) ist, dass der deutsche Gesetzgeber die Regelung der Rechtsformen einer anderen Rechtsordnung nicht beeinflussen kann191 und jede Aufzählung daher schnell überholt sein kann. Gleichwohl ist mit Blick auf § 1 Abs. 3 WpÜG das WpÜG für ausländische Gesellschaften nur dann anwendbar, wenn sie Wertpapiere emittieren können, die zum Handel im regulierten Markt zugelassen werden können192. Im Ergebnis werden somit ausschließlich Kapitalgesellschaften von der Vorschrift erfasst193. Es muss sich um eine Rechtsform handeln, die mit
185 Siehe oben Rz. 67 sowie EuGH v. 12.7.2012 – C-378/10 – Vale, DB 2012, 1614 (identitätswahrende grenzüberschreitende Sitzverlegung durch Formwechsel grundsätzlich möglich) und EuGH v. 25.10.2017 – C-106/16 – Polbud, NZG 2017, 1308 (Zulässigkeit eines grenzüberschreitenden Rechtsformwechsels bei Verlegung nur des satzungsmäßigen Sitzes). 186 Zum Streitstand Pentz in MünchKomm. AktG, § 45 AktG Rz. 24; Koch in Hüffer/Koch, § 45 AktG Rz. 2, § 5 AktG Rz. 12 f.; Gerber in Spindler/Stilz, § 45 AktG Rz. 5. 187 Knobbe-Keuk, ZHR 154 (1990), 325, 352 f. 188 Vgl. etwa Großfeld in Staudinger, BGB, Neubearb. 1998, IntGesR Rz. 652 ff.; Brändel in Großkomm. AktG, § 5 AktG Rz. 28 m.w.N. 189 Koch in Hüffer/Koch, § 5 AktG Rz. 12; Heider in MünchKomm. AktG, § 5 AktG Rz. 66; Pentz in MünchKomm. AktG, § 45 AktG Rz. 24; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 89. Gerber in Spindler/Stilz, § 45 AktG Rz. 5 unter Hinweis darauf, dass die jüngeren Urteile des EuGH (zuletzt Polbud, s.o. Fn. 184) (nur) die tatsächliche Verlegung des Verwaltungssitzes sowie die formwechselnde Sitzverlegung ins Ausland betrifft, die mit der Annahme einer ausländischen Gesellschaftsform einhergeht, nicht dagegen die reine Satzungssitzverlegung unter Beibehaltung der bisherigen inländischen Rechtsform. 190 Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 11; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 37. 191 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 17; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 11; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 19. 192 Siehe auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 38. Da diese Voraussetzung auch für inländische Gesellschaften gelte, hält Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 103, 115 die Regelung des § 2 Abs. 3 WpÜG für überflüssig. 193 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 17; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 55.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 77 § 2
der Aktiengesellschaft vergleichbar ist194, so dass beispielsweise eine britische plc sowie eine französische oder belgische SA, nicht aber etwa eine britische Limited oder eine österreichische GmbH Zielgesellschaft sein können195. Eine SE mit Sitz im EWR-Ausland ist wiederum erfasst (siehe oben Rz. 66).
F. Bieter (§ 2 Abs. 4 WpÜG) I. Überblick § 2 Abs. 4 WpÜG definiert den Begriff des Bieters, den das WpÜG an zahlreichen Stellen verwendet. Als Bieter kommen danach sowohl natürliche als auch juristische Personen sowie Personengesellschaften in Betracht. Für die Bietereigenschaft erforderlich ist, dass diese Rechtsträger ein Angebot abgeben, ein solches beabsichtigen oder zur Abgabe eines Angebots verpflichtet sind. Ob die Vorgenannten ein Angebot allein oder gemeinsam mit anderen abgeben, dies beabsichtigen oder hierzu verpflichtet sind, ist unerheblich.
75
Die Definition des Bieters wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens an zwei Stellen modifiziert. Entsprechend dem ursprünglich auf Übernahme- und Pflichtangebote begrenzten Anwendungsbereich des Gesetzes nahm die in § 2 Abs. 5 DiskE196 enthaltene Definition des Bieters nur auf derartige Angebote Bezug; mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Gesetzes auf sämtliche Erwerbsangebote (hierzu Einl. Rz. 27 f.) erfolgte eine entsprechende Anpassung der Bieterdefinition in § 2 Abs. 4 RefE197. Auf Anregung des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins198 wurde ferner in § 2 Abs. 4 RegE199 die Aufzählung der in Betracht kommenden Bieter um Personengesellschaften ergänzt. Die Definition des Bieters im RegE entspricht der Gesetz gewordenen Fassung; Änderungen im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren erfolgten nicht.
76
Die Übernahmerichtlinie200 definiert in Art. 2 Abs. 1 lit. c) als Bieter „jede natürliche oder juristische 77 Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, die ein Angebot abgibt“. Trotz des im Vergleich zu § 2 Abs. 4 WpÜG vermeintlich engeren Wortlauts („die ein Angebot abgibt“) enthält die Richtlinie jedoch auch Vorgaben für denjenigen, der ein Angebot abzugeben beabsichtigt, dieses aber noch nicht abgegeben hat (Art. 6 Abs. 1). Sie bezeichnet als Bieter auch diejenigen Personen, die zur Abgabe eines Angebots verpflichtet sind (Art. 5 Abs. 4 und 5). Insoweit ist die Definition des Bieters in der Richtlinie mit derjenigen des WpÜG identisch. Allerdings ist der Begriff des „Angebots“ in der Übernahmerichtlinie enger als derjenige des WpÜG, da die Richtlinie nur Übernahme- und Pflichtangebote, nicht aber sonstige Erwerbsangebote regelt (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 lit. a). Die in den Definitionen im Übrigen verwandten unterschiedlichen Formulierungen (Verweis auf Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts in Art. 2 Abs. 1 lit. c) bzw. auf Personengesellschaften sowie gemeinsame Angebote in § 2 Abs. 4 WpÜG) enthalten keine sachlichen Differenzen; ihnen kommt lediglich klarstellende Bedeutung zu201. Der weitgehende Gleichlauf beider Definitionen beruht auf dem Umstand, dass das WpÜG ursprünglich als vorweggenommene Transformation der Übernahmerichtlinie konzipiert war (siehe Einl. Rz. 26 f.; 83 ff.).
194 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 115; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 38. 195 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 196 Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 239. 197 Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 376. 198 DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RefE, NZG 2001, 420. 199 BT-Drucks. 14/7034, S. 8. 200 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. 201 Für die Erwähnung von Personengesellschaften in § 2 Abs. 4 WpÜG ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 50.
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§ 2 Rz. 78 Begriffsbestimmungen
II. Geeignete Rechtssubjekte 78
Nach § 2 Abs. 4 WpÜG kommen als Bieter natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften in Betracht. Die Aufzählung der als Bieter geeigneten Rechtsträger „natürliche und juristische Personen“ geht auf die Bieterdefinition in Art. 2 Abs. 1 lit. c) Übernahmerichtlinie zurück (siehe oben Rz. 77), die gesonderte Erwähnung von Personengesellschaften auf eine Anregung des deutschen Anwaltvereins (siehe oben Rz. 76).
79
Die Aufzählung hat lediglich klarstellenden Charakter202. Sie verdeutlicht, dass jedes Rechtssubjekt, d.h. jeder Träger von Rechten und Pflichten, Bieter i.S.d. Gesetzes sein kann (siehe auch § 35 WpÜG Rz. 49 ff.)203. Ohne Belang ist insbesondere, ob der Bieter ein Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff. AktG ist204. Allerdings stellt das Gesetz teilweise darauf ab, dass eine Bietergesellschaft vorliegt (so z.B. §§ 3 Abs. 5, 25 WpÜG).
80
Bieter können zunächst natürliche Personen sein. Wohnsitz und Staatsangehörigkeit der natürlichen Person sind unerheblich205.
81
Zu den juristischen Personen des Inlands gehören die juristischen Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts206. Juristische Personen des Privatrechts sind u.a. der rechtsfähige Verein und die rechtsfähige privatrechtliche Stiftung, die Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, GmbH, die eingetragene Genossenschaft, der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die Europäische Gesellschaft. Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zählen die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie rechtsfähig sind207. Ausländische juristische Personen können ebenfalls Bieter sein208.
82
Als Bieter kommen ferner Personengesellschaften in Betracht. Hierunter fallen im Inland die Personenhandelsgesellschaften (OHG und Kommanditgesellschaft) und die sonstigen rechtsfähigen (siehe oben Rz. 79, 82) Personengesellschaften. Zu Letzteren gehören die Partnerschaftsgesellschaft, die Partenreederei und die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)209. Hinzu tritt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts210, deren Rechtsfähigkeit der BGH211 anerkannt hat, sofern es sich nicht nur um eine reine Innengesellschaft handelt212. Als Bieter kommen auch ausländische Personenvereinigungen unabhängig von Sitz und Rechtsform in Betracht. Erforderlich ist jedoch, dass diesen Vereinigungen nach dem Recht ihres Staates unter Berücksichtigung der Regeln des internationalen Ge-
202 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 126; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 40. 203 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 126; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 12; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 24; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 40. 204 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 49; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 128; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 21b; vgl. auch Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 396. 205 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 95; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 128. 206 Vgl. auch Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 95; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 128; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 40; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 49; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 7; zur Unterscheidung Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 21 BGB Rz. 3 f. 207 Näher Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Vorb. v. § 89 BGB Rz. 1 f. 208 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 128; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 14. 209 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 7. 210 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 128; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 97; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 12; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 40; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 8; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 24; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 49. 211 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 342. 212 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 97; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 128; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 8, 11. In der Regel wird es sich um eine AußenGbR handeln; zutreffend Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 24 Fn. 29.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 88 § 2
sellschaftsrechts Rechtsfähigkeit zukommt213. Hierzu zählt etwa die Scheinauslandsgesellschaft, die nach Auffassung des BGH214 rechtsfähig ist (siehe auch § 35 WpÜG Rz. 52). Andere als die in der vorstehenden Rz. genannten inländischen Gesamthandsgemeinschaften wie ei- 83 ne Güter- oder Erbengemeinschaft scheiden als Bieter aus215, da die Gesamthandsgemeinschaft nach traditioneller Auffassung grundsätzlich kein Rechtssubjekt ist216. Entsprechendes gilt für die Bruchteilsgemeinschaft (siehe auch § 35 WpÜG Rz. 53). Auch die Vorstandsmitglieder einer Zielgesellschaft können ein öffentliches Übernahmeangebot abgeben und somit Bieter i.S.d. § 2 Abs. 4 WpÜG sein (management buy-out)217.
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Hingegen ist die Zielgesellschaft selbst in keinem Fall Bieter, da das WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien keine Anwendung findet (siehe oben Rz. 38 ff.).
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Die Auswahl des „richtigen“ Bieters bei einem Erwerbs- oder freiwilligen Übernahmeangebot218 86 kann auch durch die Art des Angebots vorgegeben werden. Im Falle eines Tauschangebots etwa, bei dem die Gegenleistung aus liquiden börsenzugelassenen Aktien besteht (§ 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG), handelt es sich zwar nicht notwendiger-, aber doch typischerweise219 um Aktien des Bieters, so dass als Bieter dann eine AG, KGaA, SE oder vergleichbare ausländische Rechtsform naheliegt220. Auch später angedachte Integrationsmaßnahmen können eine Rolle spielen. Wenn z.B. im Anschluss an die Übernahme ein Squeeze Out geplant ist, sollte als Bietergesellschaft eine Aktiengesellschaft gewählt werden, um sich die Möglichkeit des verschmelzungsrechtlichen Squeeze Out offenzuhalten221.
III. Bestimmung des Bieters Bieter ist nach § 2 Abs. 4 WpÜG zunächst derjenige, der ein Angebot abgibt. Wer dies ist, ergibt sich für sämtliche Angebotstypen, d.h. für einfache Erwerbsangebote, Übernahme- und Pflichtangebote, aus der Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, §§ 34, 39 WpÜG). Mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage wird zugleich das zivilrechtliche Angebot abgegeben. Entscheidend für die Bietereigenschaft ist daher das rechtsgeschäftliche Auftreten nach außen222.
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Aus dem Vorgenannten folgt, dass für die Bestimmung des Bieters unerheblich ist, von wem das An- 88 gebot wirtschaftlich ausgeht223. Die Abgabe eines Angebots durch eine Tochtergesellschaft oder eine 213 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 96; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 128. 214 BGH v. 1.7.2002 – II ZR 380/00, BB 2002, 2031, 2032. 215 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 98; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 12; a.A. Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 134. 216 Vgl. nur Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 21 BGB Rz. 2 m.w.N. Gleichwohl sind in diesem Fall die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft selbst Bieter und agieren als gemeinsam handelnde Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG, vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 12; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 129, 144. 217 Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 18; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 129; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 24. 218 Bei einem Pflichtangebot ergibt sich der Bieter demgegenüber aus dem Gesetz: derjenige, der Kontrolle gemäß § 35 Abs. 1 WpÜG erlangt hat. 219 Siehe dazu Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1963 ff.; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 26 ff. 220 Vgl. etwa Tauschangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017; Tauschangebot Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011 und Tauschangebot der SolarWorld AG/Solarparc AG vom 31.12.2010. 221 Seibt, CFL 2011, 213, 223. 222 Im Ergebnis ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 51; siehe auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 136; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 41; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 11; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 15. 223 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 138; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 26; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 105; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 15; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 53; zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die nachfolgend im Text genannten Konstellationen siehe § 35 WpÜG Rz. 273, 194 ff.
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§ 2 Rz. 88 Begriffsbestimmungen speziell hierfür gegründete Erwerbsgesellschaft (NewCo) führt daher nicht zur Bietereigenschaft (auch) der Muttergesellschaft bzw. der hinter der Erwerbsgesellschaft stehenden Gesellschafter224. Allerdings sind diejenigen, von denen das Angebot wirtschaftlich ausgeht, regelmäßig gemeinsam handelnde Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG225, die der Bieter gemäß § 2 Nr. 1 WpÜG-AngVO in der Angebotsunterlage aufzuführen hat, und bei denen – je nach Lage des Falles – auch eine Haftung für eine fehlerhafte Angebotsunterlage des Bieters gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG in Betracht zu ziehen ist (hierzu § 12 WpÜG Rz. 35 ff.)226. 89
Bieter ist nach § 2 Abs. 4 WpÜG auch, wer die Abgabe eines Angebots beabsichtigt. Wie sich aus § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ableiten lässt, ist hier auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots getroffen wird227. Derjenige, der ein Angebot nur ernsthaft in Betracht zieht, sich die endgültige Entscheidung aber noch vorbehalten hat, ist daher noch nicht Bieter i.S.d. Gesetzes228. Eine andere Auffassung würde zu unzumutbarer Rechtsunsicherheit führen. Sie lässt sich im Übrigen auch nicht aus der Verwendung des Begriffs des „Bieters“ in § 10 WpÜG ableiten: Der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass „der Bieter“ die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots trifft – und daher bereits vor der Entscheidung Bieter ist229; sie verpflichtet vielmehr denjenigen, der die Entscheidung getroffen hat, zur unverzüglichen Veröffentlichung – und bezeichnet diesen zutreffend als Bieter.
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Bieter ist schließlich auch derjenige, der zur Abgabe eines Angebots verpflichtet ist. Diese Alternative stellt das Pendant zur vorgenannten Fallgruppe für den Bereich der Pflichtangebote dar. Sie bezieht auch diejenigen in die Bieterdefinition ein, die infolge Kontrollerwerbs gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots verpflichtet sind. Dass § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG den Angebotspflichtigen selbst als Bieter bezeichnet, ist als Zirkelschluss kritisiert worden230, der sich jedoch problemlos beseitigen lässt, indem man an die Stelle des Bieters in § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG unter Rückgriff auf die Formulierung des § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG denjenigen setzt, der mittelbar oder unmittelbar die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt hat231. Erwerben mehrere Personen auf Grund der Zurechnungsvorschrift des § 30 WpÜG gleichzeitig die Kontrolle über eine Zielgesellschaft, sind grundsätzlich sämtliche Personen zur Abgabe eines Angebots verpflichtet und damit Bieter i.S.d. § 2 Abs. 4 WpÜG232; eingehend zur Behandlung derartiger Konstellationen siehe § 35 WpÜG Rz. 55 ff., 194 ff. Die Einordnung als Bieter setzt nur voraus, dass den Betreffenden im Grundsatz eine Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots trifft. Bieter ist daher auch derjenige, der vom Pflichtangebot befreit werden kann (vgl. § 37 Abs. 1 WpÜG).
224 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 137 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 53; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 105, 108; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 16; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 15; wohl auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 11; a.A. Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 99 f. für den Fall, dass eine Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft zum Erwerb ihrer Aktien veranlasst. 225 Vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 138; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 26. 226 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 53 plädiert in diesem Zusammenhang für eine Pflicht des formellen Bieters, die ihn betreffenden Angaben in der Angebotsunterlage nicht nur für sich, sondern auch für den wirtschaftlich Handelnden zu machen, soweit das Angebot auf dessen Einflussnahme beruhe. 227 Ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 131; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 11; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 15; wohl auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 42. 228 A.A. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 104. 229 So aber Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 104; wie hier Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 131. 230 Hommelhoff/Witt in FrankfKomm. WpÜG, § 35 WpÜG Rz. 68; kritisch auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 93; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 133. 231 Zutreffend Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 93; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 133. Zur Identität des Adressatenkreises von § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG siehe § 35 WpÜG Rz. 49. 232 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 42; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 17.
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Pötzsch/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 94 § 2
IV. Mehrere Personen als Bieter Bieter ist nicht nur, wer allein, sondern auch, wer gemeinsam mit anderen ein Angebot abgibt, dieses beabsichtigt, oder hierzu verpflichtet ist. Im Falle einer solchen Bietergemeinschaft ist jeder der beteiligten Bieter und hat die Verpflichtungen nach dem Gesetz zu erfüllen233.
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Ob ein freiwilliges Angebot allein oder gemeinsam mit anderen abgegeben oder dies beabsichtigt wird, richtet sich entsprechend den oben Rz. 87 dargestellten Ausführungen nach dem rechtsgeschäftlichen Auftreten nach außen234. Schließen sich mehrere Personen zur Abgabe eines Angebots zu einer der oben Rz. 82 genannten Personengesellschaften zusammen (in Betracht kommt insbesondere eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Außengesellschaft), ist nur diese Gesellschaft Bieter. Es liegt daher kein Fall des gemeinsamen Angebots vor235. Da ein Zusammenschluss mehrerer Personen regelmäßig eine Außengesellschaft hervorbringen wird, kommen Bietergemeinschaften in der Praxis seltener vor236, es gibt aber durchaus Anwendungsfälle, und zwar sowohl als anfängliche als auch als nachträgliche Bietergemeinschaft237.
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Eine gemeinsame Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots entsteht nicht schon dann, wenn mehrere Personen auf Grund der Zurechnungsvorschrift des § 30 WpÜG gleichzeitig die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangen, da die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots hier grundsätzlich jeden einzelnen Kontrollerwerber für sich trifft (siehe auch § 35 WpÜG Rz. 58)238. Eine gemeinsame Verpflichtung wird beispielsweise im Falle einer Erbengemeinschaft aus § 2038 Abs. 1 BGB abgeleitet239. Dies erscheint jedoch zweifelhaft, da auch hier die Verpflichtung grundsätzlich jeden einzelnen Miterben trifft, sofern dieser die Kontrolle trotz nur quotaler Zurechnung seiner Anteile (siehe § 35 WpÜG Rz. 53) erwirbt240. Generell dürfte eine gemeinsame Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots kaum jemals in Betracht kommen.
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Bietergemeinschaften sind von gemeinsam handelnden Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG abzugren- 94 zen. Bieter einer Bietergemeinschaft sind stets gemeinsam handelnde Personen241. Dies legt bereits der Wortlaut des § 2 Abs. 4 WpÜG nahe, ergibt sich aber auch daraus, dass sie ihr Verhalten im Hinblick auf den Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft untereinander abstimmen. Umgekehrt sind gemeinsam handelnde Personen jedoch nicht immer Bieter242. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie nach den oben Rz. 87 ff. dargestellten Grundsätzen als Bieter einzuordnen sind. 233 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34. Zu den Rechtsfragen nachträglicher Bietergemeinschaften siehe Hippeli, NZG 2016, 1207. 234 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 52. 235 Zutreffend Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 110; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 142; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 28. Ein Beispiel hierfür aus jüngerer Praxis ist das Angebot der Nidda Healthcare Holding AG (Erwerbsgesellschaft von Bain Capital und Cinven) an die Aktionäre der Stada AG vom 27.4.2017, Ziff. 6.4, S. 20: Beschreibung des Konsortialvertrags zwischen Bain und Cinven. 236 Vgl. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 114; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 143; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 18 Fn. 43. 237 Ein Beispiel für eine anfängliche Bietergemeinschaft ist etwa das Pflichtangebot von Günther Skrzypek und das Erwerbsangebot der Augur Financial Holding Zwei GmbH & Co. KG/Schnigge Wertpapierhandelsbank AG vom 17.3.2014 an die Aktionäre der Schnigge Wertpapierhandelsbank AG. Weitere Beispiele bei Hippeli, NZG 2016, 1207, 1208 Fn. 17. Ein Beispiel für eine nachträgliche Bietergemeinschaft ist das Pflichtangebot der Thüga Holding GmbH & Co. KGaA und das Erwerbsangebot der Thüga AG und der Stadtwerke Frankfurt a.M. Holding GmbH an die Aktionäre der Mainova AG vom 18.3.2010. Zu den Fragen, die sich im Zusammenhang mit nachträglichen Bietergemeinschaften stellen, siehe Hippeli, NZG 2016, 1207, 1209 ff. 238 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 144; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 41. 239 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 112, § 35 WpÜG Rz. 12. 240 Ähnlich Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 144. 241 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 22; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 43; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 113; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 145. 242 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 43; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 113; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 145; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 52; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 22.
Pötzsch/Favoccia
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§ 2 Rz. 95 Begriffsbestimmungen
G. Gemeinsam handelnde Personen (§ 2 Abs. 5 WpÜG) Schrifttum: Siehe auch Schrifttum vor § 30 WpÜG.
I. Überblick 95
§ 2 Abs. 5 WpÜG definiert die Begriffe „gemeinsam handelnde Personen“ und „mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnde Personen“. Angeknüpft wird damit an das anglo-amerikanische Konzept vom „acting in concert“. So wird in den Notes zu Rule 9.1 des britischen Takeover Code ausführlich definiert, was unter „persons acting in concert“ zu verstehen ist. Allerdings wird das „acting in concert“ international unterschiedlich ausgelegt243. Der in § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG definierte Begriff der mit dem Bieter „gemeinsam handelnden Person“ findet sich u.a. in § 2 Abs. 4, in § 18 Abs. 1, § 20 Abs. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 in § 31 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, 4 und 5, in § 33d, in § 59 Satz 1 und in § 2 Nr. 1, 5 und 7 WpÜG sowie § 4 WpÜG-AngVO. Der Begriff der „mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnden Person“ wurde durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz in § 2 Abs. 5 Satz 2 WpÜG eingeführt244. Die Fiktion von Tochterunternehmen als mit der sie kontrollierenden Person und untereinander gemeinsam handelnde Personen befindet sich nunmehr in § 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG.
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Durch § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG soll in erster Linie verhindert werden, dass der Bieter durch ein abgestimmtes Verhalten mit einer aus seinem „Lager“ stammenden Person einzelne Normen zu Lasten der Aktionäre der Zielgesellschaft umgeht245. Hierzu werden dem Bieter einerseits bestimmte Umstände in Bezug auf die gemeinsam handelnde Person zugerechnet, andererseits diese mit Verpflichtungen und Sanktionen belegt, die prinzipiell nur den Bieter treffen246. Besondere Relevanz hat die Vorschrift für die Bestimmung der Gegenleistung bei Übernahme- und Pflichtangeboten, indem nach § 31 WpÜG der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft durch gemeinsam handelnde Personen Einfluss auf den Mindestumfang und möglicherweise die Art der Gegenleistung hat247. Zudem hat der Bieter gemäß § 2 Nr. 1, 5 und 7 WpÜG-AngVO Angaben zu den gemeinsam handelnden Personen, den von diesen gehaltenen Wertpapieren, Stimmrechtsanteilen und durchgeführten Vorerwerben in die Angebotsunterlage aufzunehmen248.
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Ungeachtet des ähnlichen (aber eben auch durchaus unterschiedlichen) Wortlauts von § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG und § 30 Abs. 2 WpÜG unterscheiden sich die beiden Normen inhaltlich249. Dafür 243 OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, AG 2004, 618; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 204; Fischer zu Cramburg, NZG 2009, 100; Casper, ZIP 2003, 1470; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 674; Berger/Filgut, AG 2004, 601. 244 Kritisch zur Terminologie Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 148. 245 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 115; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 31; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 153; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 24; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 57; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 20; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 20; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 396; Halász/Kloster, WM 2006, 2152, 2154; Seibt, CFL 2011, 213, 229; Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 473. 246 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 149. 247 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 31; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 153. 248 Für Tochterunternehmen i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG statuiert § 12 Abs. 3 Nr. 2 FMStBG hiervon eine Ausnahme, falls der Bund oder der SoFFin im Zusammenhang mit einer Stabilisierung ein Angebot i.S.d. § 2 WpÜG zum Erwerb von Wertpapieren i.S.d § 2 Abs. 1 FMStFG abgeben und das Tochterunternehmen tatsächlich sein Verhalten im Hinblick auf seinen Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft oder seiner Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft nicht mit dem Bund abstimmt; kritisch dazu Langenbucher, ZGR 2010, 75, 101. 249 Vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 2; 5; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 117; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 241 f.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 163 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 55a; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 21; Schockenhoff/Wagner, NZG 2008, 361, 362; s.a. BaFin Jahresbericht 2010, S. 224 f.; Zweifel an der Gleichstellung äußert auch OLG Köln v. 31.10.2012 – 13 U 166/11, AG 2013, 391, 394; siehe auch zur Rechtslage vor der Änderung der Definition des abgestimmten Verhaltens in § 30 Abs. 2 Satz 2 WpÜG durch das
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 98 § 2
spricht nicht nur, dass der Gesetzgeber andernfalls in § 30 Abs. 2 WpÜG sinnvollerweise auf den ohnehin in § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG definierten Begriff der mit dem Bieter „gemeinsam handelnden Person“ Bezug genommen hätte250. Beide Vorschriften weisen höchst unterschiedliche Regelungsbereiche und Rechtsfolgen auf: Während es bei den Vorschriften, die auf mit dem Bieter gemeinsam handelnde Personen i.S.v. § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG abstellen, ausschließlich um Pflichten im Rahmen des laufenden Angebotsverfahrens geht, dient § 30 Abs. 2 WpÜG der Beantwortung der Fragen, ob ein beabsichtigtes Angebot als Übernahmeangebot i.S.d. § 29 Abs. 1 WpÜG zu qualifizieren ist oder ob nach § 29 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt wurde und aus diesem Grund ein Pflichtangebot abzugeben ist251. Die Übernahmerichtlinie252 gebietet auch keinen Gleichlauf von § 2 Abs. 5 WpÜG mit § 30 Abs. 2 WpÜG. Die in § 2 Abs. 5 WpÜG enthaltenen Begrifflichkeiten erfüllen die Vorgaben des europäischen Rechts und gehen zum Teil – in zulässiger Weise – sogar über diese hinaus253. Überdies überlässt Art. 5 Abs. 3 der Übernahmerichtlinie die Präzisierung des Kontrollbegriffs und die Berechnung der Kontrollschwelle den Mitgliedstaaten254. Es bestand daher auch keine Verpflichtung des Gesetzgebers, in Fällen des § 2 Abs. 5 WpÜG eine Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG anzuordnen. All dies zeigt, dass § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG für die Frage der Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG keine Rolle spielt. Die Einordnung als „gemeinsam handelnde Person“ im Sinne des § 2 Abs. 5 WpÜG ist nur dann relevant, wenn das Gesetz ausdrücklich den Begriff der gemeinsam handelnden Personen verwendet (so etwa in §§ 18 Abs. 1, 20 Abs. 2, 23 Abs. 1 und 2, 31 Abs. 1, 3 und 5 WpÜG).255
II. Natürliche oder juristische Personen Die Vorschrift nennt nur natürliche oder juristische Personen und nicht wie in § 2 Abs. 4 WpÜG oder 98 allgemein in § 14 Abs. 1 BGB auch rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14 Abs. 2 BGB). Diese Lücke ist ein Redaktionsversehen256. § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG ist vielmehr im Sinne einer Klarstellung zu verstehen, wonach die Regelung für jedes Rechtssubjekt gilt, das den Tatbestand der Norm erfüllen kann257. Im Ergebnis kann hierbei auf die Grundsätze zu § 2 Abs. 4 WpÜG rekurriert werden (siehe oben Rz. 78 ff.)258.
250 251 252 253 254 255
256 257
258
Risikobegrenzungsgesetz vom 12.6.2008 (BGBI. I 2008, 1666, in Kraft getreten am 19.8.2008) – Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 117; Hamann, ZIP 2007, 1088, 1089; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 45; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 20. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 163. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 117; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 21; Schockenhoff/ Wagner, NZG 2008, 361, 362. Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 158 f., 165 ff. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 33; Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 577 Fn. 33; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2009, S. 141, 144. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 115 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 149, 163 ff.; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 241 f.; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 45; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 695 f.; Saenger/Kessler, ZIP 2006, 837, 841; Schockenhoff/Wagner, NZG 2008, 361, 363; Braun, NZG 2008, 928, 931; von Bülow in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2010, S. 137, 142; Hamann, ZIP 2007, 1088, 1089; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 32; § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG als lex specialis ansehend Uwe H. Schneider, WM 2006, 1321; Uwe H. Schneider, ZGR 2007, 440, 448; Halász/Kloster, WM 2006, 2152, 2154. So auch Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 18 Fn. 44; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 46; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 28; schärfer Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 120 („Unachtsamkeit des Gesetzgebers“). Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 120; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 166; Kocher, AG 2018, 208; a.A. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 28, der in der analogen Anwendung der Vorschrift auf Personengesellschaften einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzips erblickt, die Gegenansicht aber als „gängige Praxis“ ansieht. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 46; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 20.
Uwe H. Schneider/Favoccia
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§ 2 Rz. 99 Begriffsbestimmungen 99
Eine Mindest- oder Höchstzahl von Personen, die an der Vereinbarung oder Abstimmung beteiligt sind, gibt es nicht. Keine der beteiligten Personen braucht im Zeitpunkt der Vereinbarung oder Abstimmung Aktionär der Zielgesellschaft zu sein.
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Unklar ist, ob die Zielgesellschaft selbst mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person sein kann259. Die Frage stellt sich vor allem beim Abschluss von Transaktionsvereinbarungen im Zusammenhang mit geplanten Übernahmeangeboten oder Investorenvereinbarungen zwischen Investor und Gesellschaft anlässlich eines bevorstehenden Beteiligungserwerbs260. Obwohl im Zusammenhang mit § 2 Abs. 5 WpÜG üblicherweise von einer „dritten“ Person gesprochen wird261, lässt sich dem Wortlaut keine Beschränkung entnehmen, dass die Zielgesellschaft nicht erfasst sein soll. Im Hinblick auf den Schutzzweck von § 2 Abs. 5 WpÜG sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen ein abgestimmtes Verhalten von Bieter und Zielgesellschaft nachteilige Auswirkungen auf die Aktionäre haben kann262. Indessen ist es bei einigen, auf den Terminus der „gemeinsam handelnden Person“ abstellenden Normen denknotwendig ausgeschlossen, dass als solche (auch) die Zielgesellschaft selbst in Betracht kommt. So bedarf es weder ergänzender Angaben nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG i.V.m. § 2 Nr. 1 WpÜG-AngVO über die Zielgesellschaft (entsprechende Informationen über die Zielgesellschaft sind bereits nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG zu erteilen), noch soll etwa § 18 WpÜG davor schützen, dass die Zielgesellschaft Einfluss auf den Eintritt einer Angebotsbedingung hat. Bei § 33d WpÜG wiederum steht einer Einbeziehung der Zielgesellschaft der Vorrang der gesellschaftsrechtlichen Regelungen entgegen (siehe unten Kommentierung zu § 33d WpÜG Rz. 6) und bei § 59 WpÜG würde sich daraus materiell nicht viel mehr ergeben, als sich aus § 71b AktG ohnehin schon ergibt. Auch in Bezug auf § 31 WpÜG wäre es nicht sachgerecht, die Zielgesellschaft als mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person zu qualifizieren. Der von der Gesellschaft für den Erwerb eigener Aktien zu entrichtende Preis hat sich an den Regeln des Aktienrechts auszurichten (§ 71 AktG) und verfolgt andere Schutzzwecke. Hinzu kommt, dass dem Gesetz ersichtlich der Gedanke zugrunde liegt, dass die Zielgesellschaft Handlungsobjekt und nicht Handlungssubjekt ist und sich an dieser Dualität von Bieter und Zielgesellschaft auch dann nichts ändert, wenn sie mit dem Bieter eine Vereinbarung schließt, mit der sie Unternehmensinteressen zur Geltung verhelfen möchte. Daher sprechen die besseren Gründe dafür, die Frage, ob die Zielgesellschaft als mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person in Betracht kommt, zu verneinen. Jedenfalls für den Fall der sog. „Non Tender“-Vereinbarungen des Bieters mit der Zielgesellschaft, durch die sich letztere dazu verpflichtet, das Übernahmeangebot für die von ihr gehaltenen eigenen Aktien nicht anzunehmen und die eigenen Aktien nicht an Dritte zu veräußern, entspricht dies auch der Verwaltungspraxis der BaFin263.
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Ebenso können Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft mit dem Bieter gemeinsam handelnde Personen sein, wenn diese ein Eigeninteresse am Erwerb der Wertpapiere haben, die Gegenstand des Angebots sind264. 259 Im Grundsatz bejahend Hippeli/Diesing, AG 2015, 185, 189. 260 Siehe allg. zu Investorenvereinbarungen und den typischen Inhalten Kiefner, Investorenvereinbarungen zwischen Aktien- und Vertragsrecht, ZHR 2014, 547; Kiem, AG 2009, 301 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195 ff. Zu den aktienrechtlichen Grenzen der Zulässigkeit solcher Vereinbarungen siehe LG München v. 5.4.2012 – 5 HK O 20488/11 – W.E.T, und OLG München v. 14.11.2012 – 7 AktG 2/12 – W.E.T, NZG 2013, 459 = AG 2013, 173. 261 Siehe etwa Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 122; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 153; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 55. Siehe auch Kocher, AG 2018, 315 der darauf hinweist, dass das Tatbestandsmerkmal Abstimmung nicht erfüllt sei, weil sich die Zielgesellschaft nicht über „ihre“ Ausübung von Stimmrechten abstimmen könne, wie sich zwingend aus § 71b AktG ergebe. 262 Siehe dazu etwa LG München v. 5.4.2012 – 5 HK O 20488/11 – W.E.T, und OLG München v. 14.11.2012 – 7 AktG 2/12 – W.E.T, NZG 2013, 459 = AG 2013, 173. 263 Siehe etwa Übernahmeangebot TKH Technologie Deutschland AG/Augusta Technologie AG vom 11.5.2012, Ziff. 6.6, S. 20; Übernahmeangebot Lenovo Germany Holding GmbH/Medion AG vom 28.6.2011, Ziff. 14.1.2, S. 41/42; Übernahmeangebot Diebold Incorporated/Wincor Nixdorf AG vom 5.2.2015, Ziff. 6.6 und 13.1. 264 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 80; vgl. dazu Angebot Heat Beteiligungs III GmbH/Techem AG vom 14.12.2006, Ziff. 6.2, 6.3 und 12.1, S. 17 und 32: Der Bieter vereinbarte mit Vorstandsmitgliedern der Zielgesellschaft, dass sie im Falle des Erfolgs des Angebots eine unmittelbare
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 106 § 2
III. Vereinbarung und Abstimmung in sonstiger Weise Die Personen müssen ihr Verhalten auf Grund einer „Vereinbarung“ oder „in sonstiger Weise“ abstimmen.
102
Auf die Form der Vereinbarung kommt es nicht an. Art. 2 Abs. 1 lit. d) der Übernahmerichtlinie spricht explizit „von einer ausdrücklichen oder stillschweigenden, mündlich oder schriftlich getroffenen“ Vereinbarung. Entsprechendes gilt für § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob die Absprache ausdrücklich oder stillschweigend, förmlich oder formlos abgeschlossen wird265.
103
Der Begriff „Vereinbarung“ umfasst alle Verträge der Zivilrechtsdogmatik, also Stimmbindungsverträge, Interessenwahrungsverträge, Gesellschaftsverträge usw. Hierher zählen auch Aktionärsvereinigungen und Investmentclubs in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
104
Eine Abstimmung „in sonstiger Weise“ genügt nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG. Eine rechtliche Verpflichtung ist nicht erforderlich266. Ausreichend ist vielmehr auch ein bewusst praktiziertes Zusammenwirken („understanding“)267. Weder brauchen klagbare Ansprüche noch müssen sonstige Rechte und Pflichten durch die Beteiligten begründet sein268. Für ein abgestimmtes Verhalten genügt es, dass die Personen unter Berufung auf den kaufmännischen Anstand, die gemeinsamen Interessen der Familie, die Interessen der Anbieter oder Nachfrager im Markt usw. Übereinstimmung erzielen, ihr Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft abzustimmen (gentlemen’s agreement269). Ausreichend sind damit abgestimmte Abreden in einem förmlichen Familienrat oder im informellen Familienkreis. Und ausreichend sind Abstimmungen institutioneller Anleger, unabhängig davon, ob diese sich ihrerseits organisiert haben, etwa in einem Council of Institutional Investors, um breitflächig ihre Interessen wahrzunehmen oder ob die Beteiligten nur eine Abstimmung im Einzelfall gerade im Blick auf die Zielgesellschaft vornehmen.
105
Voraussetzung eines abgestimmten Verhaltens ist, dass die Parteien eine gemeinsame Willensrichtung haben und künftiges Verhalten in Bezug auf die Stimmrechtsausübung oder den Erwerb von Wertpapieren bewusst koordinieren. Das erfordert eine Kommunikation zwischen den Beteiligten dahingehend, im Hinblick auf künftiges Verhalten koordiniert zusammenzuwirken270. Hierzu ist es erforderlich, dass die „gemeinsam handelnde Person“ zum Ausdruck gebracht hat, entsprechend den Vorgaben des Bieters zu handeln271. Das bloße parallele Verfolgen identischer Interessen und Ziele
106
265 266 267 268 269
270
271
oder mittelbare Rückbeteiligung an der Erwerbsgesellschaft erhalten. Die bloße Verpflichtung des Vorstands gegenüber der Zielgesellschaft, die vom Vorstand gehaltenen Aktien in das Angebot einzureichen, führt demgegenüber nicht automatisch dazu, dass der Vorstand gemeinsam handelnde Person wird, siehe Angebot der Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 5.6. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 123; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 169; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 23; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 34. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 168; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 123. Daher ist es etwa grundsätzlich unbeachtlich, dass eine Vereinbarung formunwirksam geschlossen wurde und die Abstimmung nach § 2 Abs. 5 WpÜG wegen § 139 BGB nichtig ist; vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 169; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 25. Siehe auch zum US-amerikanischen „voting-group-concept“: Coffee, Cardozo Law Rev. 15 (1004), 837, 879 m.w.N. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 169; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 123; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 41; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 25; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 22; OLG Frankfurt a.M. v. 14.11.2006 – 5 U 158/05, NZG 2007, 553, 557 = AG 2007, 592. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 123; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 170 f.; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 40; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 25; Seibt, ZIP 2004, 1829, 1832; OLG Frankfurt a.M. v. 14.11.2006 – 5 U 158/05, NZG 2007, 553, 557 = AG 2007, 592. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 40; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 170 f.; Seibt, ZIP 2004, 1829, 1832.
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99
§ 2 Rz. 106 Begriffsbestimmungen reicht daher für die Annahme eines „abgestimmten Verhaltens“ nicht aus272. Der Kommunikationsprozess muss im Übrigen nicht notwendigerweise direkt erfolgen, sondern kann durch Dritte vermittelt werden273. 107
Abgestimmtes Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung ist von gleichförmigem Abstimmungsverhalten zu unterscheiden. Abgestimmtes Abstimmungsverhalten durch „gemeinsam handelnde Personen“ liegt vor, wenn institutionelle Anleger oder individuelle „shareholder activists“ zu einzelnen oder einer Vielzahl von Beschlussgegenständen verabreden, gemeinsam abzustimmen274. Fehlt es an einer vorherigen Verabredung, verweigern die Aktionäre etwa dem Vorstand die Entlastung, oder stimmen sie einer Kapitalerhöhung nicht zu, so liegt darin nur ein gleichförmiges Abstimmungsverhalten aber kein abgestimmtes Verhalten275 (siehe auch bei § 30 WpÜG Rz. 161).
108
Gleichförmiges Abstimmungsverhalten begründet nicht die Vermutung eines abgestimmten Verhaltens.
IV. Erwerb von Wertpapieren oder Ausübung von Stimmrechten 109
Die Personen müssen übereinkommen, ihr Verhalten entweder im Hinblick auf den Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft oder im Hinblick auf ihre Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft abzustimmen. Die schuldrechtliche Vereinbarung über den Erwerb von Aktien des Käufers vom Verkäufer ist von der Vorschrift daher nicht erfasst. Es fehlt an der Abstimmung im Hinblick auf ihren Erwerb von Wertpapieren an der Zielgesellschaft276270A.
110
An der Transaktion beteiligte Berater (z.B. Investmentbanken, Unternehmensberatungen, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) scheiden in Ermangelung einer darauf gerichteten Abstimmung als gemeinsam handelnde Personen in aller Regel aus277. Anders kann der Fall aber liegen, wenn etwa eine Bank im Auftrag des Bieters selbst Aktien erwirbt (Warehousing), um sie später an den Bieter weiterzugeben278.
111
Der Erwerb kann offen oder verdeckt durch alle, einzelne oder eine bestimmte Person beabsichtigt sein. Eine Vereinbarung, mit der sich ein Dritter gegenüber dem Bieter verpflichtet, die von ihm gehaltenen Aktien in das Angebot zu tendern (Irrevocable Undertaking) bzw. an den Bieter im Rahmen eines Paketverkaufs zu veräußern, führt in der Regel nicht zu einem gemeinsamen Handeln i.S.v. § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG279. Das entspricht auch der Praxis der BaFin. Bei Vorliegen besonderer Umstände 272 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 127; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 170 f.; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 38, 42; Seibt, ZIP 2004, 1829, 1832; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 40. 273 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 170 f.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 123; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 40. 274 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34. 275 Ebenso: OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, AG 2004, 618; Angerer in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 26; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 215; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 170 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 40; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 22; Liebscher, ZIP 2002, 1007. 276 Der BGH hat in seinem Urteil vom 29.7.2014 klargestellt, dass rein schuldrechtliche Vereinbarungen über den Erwerb von Aktien im Rahmen von § 30 Abs. 1 Satz Nr. 1 WpÜG nicht zu einer Zurechnung von Stimmrechten führen. Siehe BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, NZG 2014, 985 = AG 2014, 662, Rz. 40. 277 Vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 177; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 122; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 33; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 22; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 37. 278 Str. eher kritisch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 180. Dafür Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 24; s.a. Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 474, der darauf abstellt, ob die Bank eingeschaltet wird, um den Erfolg des Übernahmeangebots zugunsten des Bieters zu sichern (dann gemeinsam handelnde Person) oder ob sie vom Bieter erworbene Aktien lediglich übernimmt und die Aktien bereits beim Bieter als Vorerwerb erfasst sind (dann keine Zurechnung). 279 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 125; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 32; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 22; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 39; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 690.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 113 § 2
kann es anderes sein. So hat die BaFin gemeinsam handelnde Personen i.S.v. § 2 Abs. 5 WpÜG angenommen, wenn der Verkäufer eine Rückbeteiligung an der Bieterin erhält280. Eine Vereinbarung, mit der sich ein Dritter im Vorfeld verpflichtet, dem Bieter aus dem Übernahme- 112 angebot erworbene Aktien abzukaufen bzw. angediente Aktien unmittelbar auf einen Dritten zu übertragen, führt nicht zu einem gemeinsamen Handeln i.S.v. § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG281. Ein Bedürfnis dafür ergab sich in jüngerer Zeit etwa im Kontext von Angeboten für Immobiliengesellschaften, bei denen aus grunderwerbsteuerlichen Gründen sichergestellt werden sollte, dass der Bieter weniger als 95 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft erhält282. Entsprechendes muss gelten, wenn der Bieter einen Abwicklungstreuhänder einschaltet, auf den die das Übernahmeangebot annehmenden Aktionäre ihre Aktien direkt übertragen, um beim Bieter einen dinglichen Zwischenerwerb auszuschließen. Dafür kann es etwa dann ein Bedürfnis geben, wenn eine Konsolidierungspflicht oder eine fusionskontrollrechtliche Anmeldepflicht von vornherein nicht erwünscht ist. Eine ähnliche Sachlage ist auch gegeben, wenn der Bieter zur Abwicklung eines Tauschangebots für bestimmte in den USA ansässige Aktionäre über ein Vendor Placement283 einen Dritten (in der Regel eine Bank) einschaltet, der die als Gegenleistung angebotenen Aktien für die Aktionäre verkauft und ihnen den Erlös auskehrt. Der Abwicklungstreuhänder oder Vendor handelt hier nicht auf eigene Rechnung. Sein wirtschaftliches Interesse am Erwerb des Eigentums an den Aktien, für die das Angebot angenommen wird, erschöpft sich in der Gebühr, die der Abwicklungstreuhänder für seine Mitwirkung bei der technischen Abwicklung des Angebots erhält. Er wird lediglich als verlängerter Arm des Bieters tätig. Dies schließt die Annahme gemeinsamen Handelns nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG aus284. Seine Stellung ist damit vergleichbar mit der Rechtsposition des Umtauschtreuhänders im Rahmen eines Tauschangebots, der Eigentum an den Aktien der Zielgesellschaft, für die das Angebot angenommen wird, erwirbt, um diese dann als Sacheinlage gegen Zeichnung neuer Aktien des Bieters in diesen einzubringen. Auch dieser ist in den Fällen eines Tauschangebotes nicht als mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person behandelt worden285. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „im Hinblick auf ihre Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft“ verlangt eine Abgrenzung zwischen Abstimmungen zu einem einzelnen Beschlussgegenstand und Abstimmungen, die dazu dienen, Einfluss auf die Unternehmensleitung der Zielgesellschaft zu gewinnen. Vereinbarungen oder Verabredungen, die sich lediglich auf eine einzelne Maßnahme, z.B. die Abberufung eines Mitglied des Aufsichtsrats, eine Kapitalmaßnahme, oder die Beschlussfassung über einen Unternehmensvertrag beziehen, reichen in der Regel nicht aus286. 280 Siehe etwa die Rückbeteiligung im Übernahmeangebot Finedining Capital GmbH/WMF AG vom 14.7.2014, Ziff. 6.2. und 6.4. bzw. das Angebot der DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate AG/Fair Value REIT-AG vom 14.10.2015 Ziff. 6,8, S. 38 zur Übernahme bestimmter positiver Verhaltenspflichten. S.a. Angebot der Sky German Holdings GmbH/Sky Deutschland AG vom 3.9.2014: Annahme einer gemeinsam handelnden Person aufgrund bestimmter Verhaltenspflichten im Anteilskaufvertrag bis zu dessen Vollzug; ferner Fortum Deutschland SE/Uniper SE vom 7.11.2017 (Regelungen zum Tenderverhalten, Lock up und wohl auch Abstimmungsverhalten in der HV). 281 von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 686 f.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 125; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 605. 282 Siehe etwa Übernahmeangebot Vonovia SE/Deutsche Wohnen AG vom 1.12.2015 und dazu BaFin-Jahresbericht 2015, S. 248 f. 283 Siehe zum Vendor Placement Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A Handbuch, § 37 Rz. 170; https:// www.sec.gov/rules/final/2008/33-8957.pdf. 284 Vgl. etwa Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 177; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 686. So auch explizit für den Fall des Vendor Placement Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 605. 285 Siehe etwa Übernahmeangebot Pixelpark/Elephant Seven AG vom 2.12.2006 – Umtauschtreuhänder M.M. Warburg; Umtauschangebot QSC AG/Broadnet AG vom 22.7.2006 – Umtauschtreuhänder Sal. Oppenheim; Umtauschangebot Delta Beteiligungen AG/Beta Systems Software AG vom 22.2.2006 – Umtauschtreuhänder Bayerische Hypo- und Vereinsbank; und aus jüngerer Zeit Angebot der Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Nominee Cede & Co. 286 Ähnlich Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 180, wonach die Abstimmung auf eine gewisse Dauer angelegt sein und nicht nur ein punktuelles Ereignis, sondern einen „nachhaltiger grundsätzlich umfassender Zustand“ darstellen müsse; ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 59; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 31; a.A. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 127; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 80 f.; Schockenhoff/Wagner,
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101
113
§ 2 Rz. 114 Begriffsbestimmungen 114
Der angestrebte Einfluss muss vielmehr dazu dienen, Einfluss auf die Unternehmensleitung der Zielgesellschaft zu gewinnen („board control seeking“). Das ist nicht nur der Fall, wenn die Zielgesellschaft i.S.v. § 18 AktG konzerniert werden soll bzw. eine „dauerhafte und erhebliche Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft“ (§ 30 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) erstrebt ist. Zu denken ist insbesondere an ein bereits vorhandenes Konzept zur Fortführung oder Sanierung des Unternehmens287. Auch die Begründung der Abhängigkeit genügt; und es genügt die Absicht der Zerschlagung der Zielgesellschaft. Die Abstimmung muss auf eine nachhaltige und beständige Interessenkoordination gerichtet sein288. Eine Abstimmung „in Bezug auf die Zielgesellschaft“ liegt aber auch vor, wenn es den Beteiligten darum geht, die Zielgesellschaft und gegebenenfalls ihre Konzernunternehmen zu zerschlagen289.
115
Absprachen über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern in einem Einzelfall ist kein Verhalten i.S.v. § 2 Abs. 5 WpÜG290. Das gilt auch, wenn die Beteiligten nach ihrer ersten Verabredung ihre Verabredung wiederholen, um für eine zweite Bestellung zu sorgen. Langfristig gemeinschaftliche Ziele bezüglich der Geschäftsführung sind aber zu vermuten, wenn die Beteiligten übereinkommen, über mehrere Amtsperioden dasselbe Aufsichtsratsmitglied zu bestellen.
116
Personen, die Vereinbarungen treffen, ihre Beteiligungen nicht zu erhöhen oder zu vermindern (z.B. ihre Aktien nicht im Rahmen eines Übernahmeangebots anzudienen) („Stand still Vereinbarungen“), haben nicht ihr Verhalten abgestimmt, um Einfluss auf die Unternehmensleitung zu nehmen und solche Vereinbarungen betreffen auch nicht den „Erwerb“ von Aktien im Sinne von § 2 Abs. 5 WpÜG291.
117
Entsprechendes gilt, wenn sich Dritte gegenüber dem Bieter dazu verpflichten, ein bestimmtes Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft zu unterlassen292. Solche „Unterlassenserklärungen“ finden sich häufig in Vereinbarungen des Bieters mit dem bisherigen Mehrheitsaktionär, die Aktien im Rahmen des Übernahmeangebots anzudienen. In diesen sog. irrevocable undertakings verpflichtet sich der Veräußerer gegenüber dem Bieter regelmäßig auch dazu, bestimmte Handlungen zu unterlassen, die den Erfolg des Übernahmeangebots gefährden können (einschließlich Fortführung im ordentlichen Geschäftsgang), insbesondere der Hauptversammlung keine Kapitalmaßnahmen, Veräußerung wesentlicher Unternehmensteile oder Satzungsänderungen der Zielgesellschaft vorzuschlagen bzw. diesen nicht zuzustimmen. Jedenfalls dann, wenn sich die Verpflichtung des Veräußerers darauf beschränkt, etwas „nicht zu tun“ (einschließlich Verbot der Stimmenthaltung), fehlt es – anders als bei einer Verpflichtung, „nichts, ohne Zustimmung des Bieters zu tun“ – an einer relevanten Abstimmung des Verhaltens i.S.v. § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG293.
117a
Die Frage, ob es sich um gemeinsam handelnde Personen handelt, stellte sich in jüngerer Vergangenheit auch bei Übernahmen durch Private Equity Fonds, wenn diese (anfänglich oder nachträglich) zur Finanzierung des Angebots Co-Investoren hinzuziehen. Die Co-Investoren sind in der Regel an dem
287 288 289 290 291
292 293
102
NZG 2008, 361, 362; a.A. wohl auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 45 und OLG Frankfurt a.M. v. 14.11.2006 – 5 U 158/05, NZG 2007, 553, 557 = AG 2007, 592. A.A. wenig überzeugend OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, AG 2004, 617. OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, AG 2004, 617; Liebscher, ZIP 2002, 1008; Casper, ZIP 2003, 1476; Seibt, AG 2004, 1833. A.A. wohl Liebscher, ZIP 2002, 1008: Nicht genügend ist eine gemeinsame Desinvestitionsentscheidung. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 31; im Rahmen von § 30 Abs. 2 WpÜG siehe auch BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, ZIP 2006, 2077, 2079 f. = AG 2006, 883. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 125; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 32; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 22; und zu § 30 Abs. 2 WpÜG siehe auch BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, ZIP 2006, 2077, 2079 f. = AG 2006, 883; OLG Köln v. 31.10.2012 – 13 U 166/11, AG 2013, 391, 394; Kocher, AG 2018, 307, 310; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 39; a.A. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 178 f. A.A. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 178 f. Eine ähnliche Überlegung kennt das Fusionskontrollrecht. Die Vereinbarung, bis zum Closing keine wesentlichen Änderungen am Geschäft vorzunehmen, ist kartellrechtlich zulässig, wenn es nur darum geht, den Wert des Erwerbssubstrats zu erhalten, siehe Europäische Kommission, Bekanntmachung über die Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind, ABl. EU Nr. C 56 v. 5.3.2005, S. 24, Rz. 14. Siehe jedoch oben Fn. 280 zur Praxis der BaFin bei Verpflichtungen, in einem bestimmten Sinne aktiv abzustimmen.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 120 § 2
Bietervehikel oder einer anderen Zwischengesellschaft (und nicht an der Zielgesellschaft selbst) beteiligt. Nach der Praxis der BaFin kann eine Verhaltensabstimmung gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 WpÜG vorliegen und es handelt sich bei den Co-Investoren dann um gemeinsam handelnde Personen, wenn der Co-Investor ein wirtschaftliches Eigeninteresse hat. Anhaltspunkte für ein wirtschaftliches Eigeninteresse können die Beteiligungshöhe des Co-Investors sein, ferner die Einflussnahme auf (die Besetzung der) Organe der Bietergesellschaft sowie Einflusspotenzial auf den Bieter durch Spezialklauseln (z.B. Sonderkündigungsrechte) in Kredit- oder sonstigen Verträgen im Hinblick auf die Transaktion. Unproblematisch sollte es sein, wenn der Co-Investor nur eine Minderheitsbeteiligung am Bietervehikel hält und die unternehmerische Führung dem Bieter überlässt oder wenn Finanzierungsvereinbarungen geschlossen werden, die keine unmittelbaren Einflussmöglichkeiten erlauben294.
V. Mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnde Person Nach dem durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz neu gefassten § 2 Abs. 5 Satz 2 WpÜG sind mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnde Personen natürliche oder juristische Personen, die Handlungen zur Verhinderung eines Übernahme- oder Pflichtangebots mit der Zielgesellschaft auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmen.
118
Ausweislich der Gesetzesbegründung dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 2 Abs. 1 lit. a) der 119 Übernahmerichtlinie295. An den Begriff der „mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnden Person“ wird allerdings in keiner Norm des WpÜG angeknüpft, so dass sie faktisch bedeutungslos ist296. Lediglich in § 2 Nr. 1 WpÜG-AngVO wird darauf Bezug genommen und sind für die mit der Zielgesellschaft gemeinsam handelnde Person ergänzende Angaben in die Angebotsunterlage aufzunehmen297. Unabhängig davon ist im Hinblick darauf, dass die Übernahmerichtlinie nur für Übernahme- und Pflichtangebote gilt, fraglich, ob auf § 2 Abs. 5 Satz 2 WpÜG Bezug nehmende Vorschriften auch für einfache Erwerbsangebote gelten298.
VI. Tochterunternehmen des Bieters § 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG enthält die unwiderlegliche299 Vermutung, dass Tochterunternehmen mit der sie kontrollierenden Person und untereinander als gemeinsam handelnde Personen gelten. Angesichts des Einflusses des Bieters auf seine Tochterunternehmen ist es gerechtfertigt, ihr Verhalten ihm zuzurechnen300. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 30 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zu lesen. Nach 294 Vgl. Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 474. Zu Fällen aus der Praxis vgl. Horcher/Mayer, CF 2019, 101, 103 f. Siehe auch das Delisting-Erwerbsangebot der Warwick Holding GmbH/VTG Aktiengesellschaft vom 11.3.2019: Der Co-Investor OMERS, mit dem eine Finanzierungsvereinbarung geschlossen wurde (siehe dazu Ziff. 12.2.1, S. 42), wird nicht als gemeinsam handelnde Person genannt, vgl. Ziff. 5.4, S. 16 f. Siehe ferner Übernahmeangebot der Nidda Healthcare Holding AG/STADA Arzneimittel Aktiengesellschaft vom 27.4.2017 und 19.7.2017, jeweils Ziff. 6.3, S. 19 f. bzw. 22 zu bestimmten Co-Investoren mit Minderheitsanteilen an Zwischengesellschaften ohne gemeinsam handelnde Personen zu sein. 295 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 17. Nach Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 185 erfordert Art. 2 Abs. 1 lit. a) die Aufnahme der Vorschrift in das WpÜG nicht. 296 Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 26; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 185; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 41; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 62. 297 Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 23, der die Aufnahme der zusätzlichen Information unter Hinweis darauf erklärt, dass aufgrund der Umsetzung der Übernahmerichtlinie der Bieter nunmehr auch die Arbeitnehmer von dem Angebot zu unterrichten hat und diese Information auch den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft dient. 298 Dafür Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 185. 299 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 186 f.; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 27; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 43; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 50; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 24. 300 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34; so auch Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 28; kritisch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 44.
Uwe H. Schneider/Favoccia
103
120
§ 2 Rz. 120 Begriffsbestimmungen der zuletzt genannten Bestimmung sind Stimmrechte des Tochterunternehmens dem Bieter in voller Höhe zuzurechnen. 121
Im Zuge der Umsetzung der Übernahmerichtlinie wurde die unwiderlegliche Vermutung301 dahingehend erweitert, dass Tochterunternehmen „untereinander“ ebenfalls als gemeinsam handelnde Personen gelten und somit nunmehr auch Schwesterunternehmen von der Norm erfasst sind302. Dagegen ist zweifelhaft, ob gleichfalls die Einbeziehung von Mutterunternehmen von der Vorschrift gedeckt ist303.
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Die Vermutungswirkung erstreckt sich nicht auf Tochterunternehmen der gemeinsam handelnden Personen304. Der Gesetzgeber hat die Zurechnung bei derartigen Tochterunternehmen in der jeweiligen Vorschrift geregelt (z.B. § 18 Abs. 1, § 23 Abs. 1 und 2, § 31 Abs. 4 und 5, § 59 WpÜG), so dass mangels planwidriger Regelungslücke eine analoge Anwendung von § 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG ausscheidet305. Indes ist die Verwaltungspraxis der BaFin hiervon abweichend, wenn die gemeinsam handelnde Person Muttergesellschaft des Bieters ist. Auch nach der Praxis der BaFin werden jedoch Tochterunternehmen von gemeinsam handelnden Personen aufgrund Vereinbarung (z.B. Business Combination Agreement) nicht erfasst306.
H. Tochterunternehmen (§ 2 Abs. 6 WpÜG) 123
§ 2 Abs. 6 WpÜG definiert den Begriff „Tochterunternehmen“. Nach § 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG gelten „Tochterunternehmen“ mit der sie kontrollierenden Person und untereinander als gemeinsam handelnde Personen. Der Begriff findet sich u.a. in § 30 und in § 59 WpÜG. Die Definition entspricht derjenigen in § 1 Abs. 7 Satz 1 KWG und in § 35 Abs. 1 (§ 22a Abs. 1 a.F.) WpHG307. Sie orientiert sich an § 290 HGB, ist aber jeweils anhand des Schutzzwecks des entsprechenden Gesetzes auszulegen308.
124
Tochterunternehmen sind nach § 2 Abs. 6 Alt. 1 WpÜG zunächst alle Unternehmen, die als Tochterunternehmen i.S.d. § 290 HGB „gelten“. Ursprünglich knüpfte diese Vorschrift tatbestandlich sowohl an den deutschen konzernrechtlichen Begriff der „einheitlichen Leitung“ als auch an das angel301 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 17. 302 Vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 190; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 27; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 43; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 63. 303 Dafür Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 189 f.; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 64, wonach sich die Muttergesellschaft nicht mit dem Bieter abzustimmen pflege, sondern vielmehr das Handeln des Bieters bestimme und damit jedenfalls nicht automatisch mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person sei; wohl auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 36. S.a. Kocher, AG 2018, 308, 309, der darauf hinweist, dass die Mutter im Zweifel gemeinsam handelnde Person qua Vereinbarung ist und der Streit daher keine praktische Bedeutung hat. 304 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 130; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 45; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 192; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 50; im Ergebnis wohl auch Oechsler, NZG 2001, 817, 819, der dies aber für „befremdlich“ hält; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 63. 305 Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 29; Seibt, CFL 2011, 213, 230; ähnlich Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 191. 306 Vgl. statt vieler Angebot OEP Technologie B.V./SMARTRAC N.V. vom 11.10.2010, Ziff. 6.4, S. 12 und Anlage 3, S. 38 ff.: Die Tochterunternehmen der gemeinsam handelnden Person JPMorgan (das war die Obergesellschaft) gelten als mit OEP Technologie B.V. gemeinsam handelnden Personen gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Satz 3 WpÜG; siehe dazu Seibt, CFL 2011, 213, 230. Vgl. demgegenüber das Angebot der Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 5.2 und 6.6. und Anhang 1. 307 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34; so auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 46; Hommelhoff/Witt in FS Nobel, 2005, S. 125, 131; Seibt, ZIP 2005, 729, 732. 308 Im HGB steht etwa die Frage der Konsolidierung im Vordergrund, im WpHG geht es vorrangig um die Schaffung von Transparenz im Markt, im Aktienrecht um den Schutz der Aktionäre im Konzern, im UWG um die Aufsicht, und im WpÜG um Zurechnung von Stimmrechten und den Schutz von Minderheitsaktionären. Das ist bei der Auslegung zu berücksichtigen. Siehe auch oben Rz. 3. § 35 Abs. 2–4 WpHG enthält für das WpHG Ausnahmetatbestände von der Definition des Tochterunternehmens u.a. für Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kapitalverwaltungsgesellschaften.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 126 § 2
sächsische Control-Konzept an. Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)309 aus dem Jahre 2009 wurde das konzernrechtliche Prinzip aufgegeben. Während § 290 Abs. 1 HGB nunmehr – wie bereits § 2 Abs. 6 Alt. 2 WpÜG310 – auf die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses abstellt, bestimmt § 290 Abs. 2 HGB, unter welchen Umständen beherrschender Einfluss „stets“311 besteht. Dies ist der Fall, wenn das Mutterunternehmen die Stimmrechtsmehrheit der Gesellschafter innehat (Nr. 1), ihm das Recht zusteht, bei gleichzeitiger Gesellschafterstellung die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen (Nr. 2), es aufgrund eines Beherrschungsvertrags oder einer Satzungsbestimmung die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmen kann (Nr. 3) oder das Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Nr. 4). Im Hinblick auf den letztgenannten Tatbestand der sog. Zweckgesellschaft dürfte wohl eine teleologische Reduktion von § 2 Abs. 6 WpÜG angezeigt sein. § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB wurde durch das BilMoG eingeführt und macht für Konsolidierungszwecke zwar Sinn, geht aber für die Zwecke des WpÜG – jedenfalls in Form einer unwiderleglichen Vermutung – zu weit312. Für alle Fälle des § 290 Abs. 2 HGB gelten gemäß § 290 Abs. 3 Satz 1 HGB auch die Töchter eines Tochterunternehmens, d.h. die Enkel, als Tochter des übergeordneten Mutterunternehmens313. Nach dem ControlKonzept des § 290 Abs. 2 HGB kann ein Unternehmen auch als Tochterunternehmen mehrerer voneinander unabhängiger Mutterunternehmen anzusehen sein314. Dies ist der Fall, wenn mehrere „Mütter“ die Voraussetzungen der Tatbestände des § 290 Abs. 2 HGB erfüllen, einem Unternehmen also beispielsweise die Stimmenmehrheit zusteht (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB) und ein anderes Unternehmen die Leitungsorgane (§ 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB) besetzen kann315. Unabhängig vom Vorliegen der in § 290 Abs. 2 HGB genannten Konstellationen gelten Unternehmen gemäß § 2 Abs. 6 Alt. 2 WpÜG als Tochterunternehmen, wenn auf sie beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann.
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Diese Fallgruppe knüpft an § 17 Abs. 1 AktG an316. Eine tatsächliche Ausübung des Einflusses ist nicht erforderlich317. Wohl aber muss die Möglichkeit zur Einflussnahme beständig, umfassend und gesellschaftsrechtlich, also insbesondere durch eine Beteiligung unmittelbar oder mittelbar begründet sein318. Dabei wird bei einer Mehrheitsbeteiligung Abhängigkeit vermutet (§ 17 Abs. 2 AktG ana-
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309 BGBl. I 2009, 1102. 310 Insofern kommt dem Verweis auf § 290 HGB in § 2 Abs. 6 Alt. 1 WpÜG kaum noch eine eigenständige Bedeutung zu. Siehe auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 203. 311 Unwiderlegbare Vermutung, vgl. Merkt in Baumbach/Hopt, § 290 HGB Rz. 9; Morck in Koller/Roth/Morck, § 290 HGB Rz. 3; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 51. 312 So auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 209, der die insoweit unterbliebene Einschränkung von § 2 Abs. 6 WpÜG für ein Redaktionsversehen hält. § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB greife im Einzelfall auch bei fehlenden Einflussmöglichkeiten ein, was für die Begründung der Eigenschaft als Tochterunternehmen i.S.d. § 2 Abs. 6 WpÜG nicht ausreiche. 313 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 136; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 63; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 210. 314 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 62; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 43. 315 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 213. 316 Begr. RegE BT-Drucks. 14/7034, S. 35; so auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 214; Baums/ Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 138; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 45. 317 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 218; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 138; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 68; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 45; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 40; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 66. 318 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 216 f., 219 ff.; Hommelhoff/Witt in FS Nobel, 2005, S. 125, 131.
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§ 2 Rz. 126 Begriffsbestimmungen log)319. Dies kann bei der Ausgabe von stimmrechtslosen Anteilen entscheidend sein, wenn die Kapitalmehrheit nicht der Stimmrechtsmehrheit entspricht und daher § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB nicht eingreift320. Ferner kann auch eine Minderheitsbeteiligung einen beherrschenden Einfluss begründen, falls hierdurch wegen niedriger Präsenz in der Hauptversammlung regelmäßig die Stimm- und Kapitalmehrheit erreicht wird (sog. faktische Hauptversammlungsmehrheit)321. Schuldrechtliche oder sonstige faktische Abhängigkeiten, etwa als Folge von Kredit- oder Lieferverträgen, reichen nicht aus322, es sei denn, sie führen neben einer Beteiligung zur tatsächlichen Abhängigkeit (sog. kombinierte Beherrschung)323. Ein beherrschender Einfluss i.S.d. § 17 Abs. 1 AktG muss nicht unmittelbar bestehen, sondern kann auch mittelbar ausgeübt werden bspw. über eine unmittelbar beherrschte Tochter, welche wiederum ein weiteres Unternehmen (Enkel) beherrscht.324. Das Enkelunternehmen ist in diesem Fall ebenfalls als Tochterunternehmen gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG zu qualifizieren. Beherrschender Einfluss i.S.v. § 17 AktG kann – auch außerhalb mehrstufiger Verbindungen – von mehreren Unternehmen gemeinschaftlich ausgehen, wenn diese ihre Einflussmöglichkeiten koordinieren und eine ausreichend sichere Grundlage für die Ausübung der gemeinsamen Herrschaft gegeben ist325. Teilweise wird in diesen Konstellationen vertreten, dass nur das dominierende Gruppenmitglied als herrschende Mutter i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG anzusehen ist326. Die wohl herrschende Auffassung dagegen sieht alle beherrschenden Unternehmen als Muttergesellschaften nach § 2 Abs. 6 WpÜG an327. 127
Ein Entherrschungsvertrag, der auf Beseitigung des Beherrschungsmittels der Stimmrechtsmehrheit gerichtet ist, hilft nicht, da es nach § 290 Abs. 2 HGB – anders als nach § 17 AktG – nicht darauf ankommt, ob ein beherrschender Einfluss tatsächlich besteht328.
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Auf die Rechtsform und den Sitz des Tochterunternehmens stellt § 2 Abs. 6 WpÜG nicht ab. Gleichwohl können natürliche Personen keine Tochterunternehmen sein329. Das Gesetz verwendet hier – im Unterschied etwa zu § 2 Abs. 4 und 5 WpÜG – bewusst nicht die Umschreibung natürliche oder juristische Person. Nicht erforderlich ist indes die Eigenschaft als handels- bzw. konzernrechtliches Un-
319 Im Ergebnis ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 222; Baums/Hecker in Baums/Thoma/ Verse, § 2 WpÜG Rz. 138; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 64; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 41; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 66; a.A. Liebscher, ZIP 2002, 1005, 1011; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 45. 320 Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 41. 321 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 221; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 139; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 51; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 40; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 66; Hommelhoff/Witt in FS Nobel, 2005, S. 125, 132. Vgl. zu § 17 AktG: BGH v. 17.3.1997 – II ZB 3/96 – Volkswagen AG, BGHZ 135, 107, 114 = AG 1997, 374; vgl. § 9 Satz 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO. 322 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 69; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 219; Hommelhoff/Witt in FS Nobel, 2005, S. 125, 131. 323 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 219. Zur Auslegung des § 17 AktG: BGH v. 26.3.1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 395; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 AktG Rz. 16; Koch in Hüffer/Koch, § 17 AktG Rz. 8; a.A. noch die Vorauflage; ebenso Koppensteiner in KölnKomm. AktG, § 17 AktG Rz. 58 f. 324 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 140. Siehe auch Krieger in MünchHdb. AG, § 69 Rz. 49; J. Vetter in K. Schmidt/Lutter, § 17 AktG Rz. 18. 325 Siehe auch Krieger in MünchHdb. AG, § 69 Rz. 51; Koch in Hüffer/Koch, § 17 AktG Rz. 6; Koppensteiner in KölnKomm. AktG, § 17 AktG Rz. 90. 326 So Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 223 ff.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 139. 327 Siehe Krieger in MünchHdb. AG, § 69 Rz. 54; Koch in Hüffer/Koch, § 17 AktG Rz. 13 f.; Koppensteiner in KölnKomm. AktG, § 17 AktG Rz. 90; zustimmend auch Brellochs, NZG 2012, 1010, 1014. 328 Siehe auch Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 34; OLG Frankfurt a.M. v. 14.11.2006 – 5 U 158/05, NZG 2007, 553, 556 = AG 2007, 592 (vertraglicher Ausschluss beseitigt nicht die Möglichkeit der vertragswidrigen Stimmabgabe). 329 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 199; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 133; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 48; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 37 Fn. 65; Uwe H. Schneider, unten § 30 WpÜG Rz. 35; a.A. noch die Kommentierung in der 1. Aufl., § 2 WpÜG Rz. 138; ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 56.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 131 § 2
ternehmen330. Die Frage der Möglichkeit der Einflussnahme beurteilt sich unabhängig davon, ob eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird331. Auch der kontrollierende Rechtsträger muss kein Unternehmen sein332, wenngleich dies in der Praxis für gewöhnlich der Fall ist333. Gemäß § 32 Abs. 2 InvG sind Kapitalanlagegesellschaften hinsichtlich der von ihr verwalteten Sondervermögen unter bestimmten Voraussetzungen keine Tochterunternehmen334. Eine Nachfolgeregelung hierzu findet sich in § 94 Abs. 2 des RegE zum KAGB335. Hiernach sind Kapitalverwaltungsgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen hinsichtlich der von ihr verwalteten Sondervermögen keine Tochterunternehmen. Der neue Begriff der Kapitalverwaltungsgesellschaft ist dabei in § 17 KAGB (RegE) definiert.
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J. Organisierter Markt (§ 2 Abs. 7 WpÜG) Gemäß § 1 WpÜG unterfallen Wertpapiererwerbsangebote nur dann dem Anwendungsbereich des WpÜG, wenn sie sich auf Wertpapiere beziehen, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Anders als etwa § 2 Abs. 11 WpHG umschreibt § 2 Abs. 7 WpÜG den Begriff des organisierten Markts nicht allgemein (d.h. als ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt), sondern benennt das dem Begriff unterfallende inländische Marktsegment konkret, wohingegen für die diesem entsprechenden ausländischen Märkte auf die in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Finanzmarktrichtlinie (MiFID) enthaltene allgemeine Begriffsdefinition verwiesen wird. Von Bedeutung ist die Begriffsbestimmung des organisierten Markts im Übrigen auch für die Anwendung von § 31 Abs. 2 WpÜG, dem zufolge bei Übernahmeangeboten und (gemäß § 39 WpÜG auch bei) Pflichtangeboten die Gegenleistung, statt in Geld, auch in einer solchen von liquiden Aktien bestehen kann, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.
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Zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind Wertpapiere stets dann, wenn die Erlaubnis für den Handel mit den fraglichen Papieren an dem entsprechenden Markt erteilt worden ist. Die tatsächliche Nutzung dieser Erlaubnis, also die effektive Aufnahme des Börsenhandels mit den betroffenen Papieren, ist dagegen unerheblich336. Dies gilt auch, falls die Kursfestsetzung für die Aktien ausgesetzt wurde337. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Zulassung vorliegt, ist im Falle freiwilliger Angebote auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und bei Pflichtangeboten auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Kontrollerwerbs abzustellen338. Ein danach eintretender Wegfall der Zulassung ist für die Anwendbar-
131
330 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 133; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 Rz. 50; a.A. wohl Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 199. 331 Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 38 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 68. 332 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 199a; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 134; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 2 WpÜG Rz. 50; Santelmann in Steinmeyer, § 2 WpÜG Rz. 38; Wackerbarth, ZIP 2005, 1217 ff.; Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 308; a.A. Seibt, ZIP 2005, 729 ff.; Wiesbrock, NZG 2005, 294, 295. 333 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 199a. 334 Vgl. dazu Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 228. 335 Siehe zum KAGB oben Rz. 65. 336 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 60; Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 30; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 54. 337 Vgl. dazu OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), AG 2010, 296; so auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 29. 338 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 61; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 45.
Uwe H. Schneider/Favoccia und Assmann/Favoccia
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§ 2 Rz. 131 Begriffsbestimmungen keit des Gesetzes folgenlos339. Dagegen bleibt es aus Gründen der Rechtssicherheit im Falle einer nach dem Kontrollerwerb erfolgten Börsenzulassung bei der Unanwendbarkeit des WpÜG340. 132
Organisierter Markt des Inlands nach § 2 Abs. 7 WpÜG ist der regulierte Markt341 an einer deutschen Börse (§§ 32 ff. BörsG). Der Freiverkehr i.S.v. § 48 BörsG ist dagegen nicht erfasst342. Die Beantwortung der Frage, ob auch der in § 2 Abs. 7 WpÜG nicht ausdrücklich erwähnte, 1997 an der Frankfurter Wertpapierbörse eingerichtete Neue Markt zu den organisierten Märkten des Inlands gehörte, hat zwar nach dem Wegfall dieses Marktsegments keine unmittelbare praktische Bedeutung mehr, doch sind die hierfür maßgebenden Gesichtspunkte nach wie vor im Hinblick auf die Beurteilung der weiteren Frage von Belang, ob auch sog. Themenmärkte von § 2 Abs. 7 WpÜG erfasst werden.
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Zwar fand der Neue Markt in § 2 Abs. 7 WpÜG nie ausdrücklich Erwähnung, doch war er gleichwohl deshalb von der Vorschrift erfasst343, weil nach Abschnitt 2 Nr. 2.3 Abs. 1 des Regelwerks Neuer Markt (RNM) die Einführung von Wertpapieren in dieses Marktsegment die vorherige Zulassung der Wertpapiere zum Geregelten Markt voraussetzte. Mit der Stellung des Antrags auf Zulassung zum Geregelten Markt verzichtete der Antragsteller zwar auf die Einführung der Wertpapiere in den Geregelten Markt344, doch stand damit außer Frage, dass der Neue Markt auf Grund der im Hinblick auf die Zulassung zu demselben zu durchlaufenden Zulassungsprozedur und der sich an diese anschließenden Beaufsichtigung zu den organisierten Märkten i.S.d. § 2 Abs. 7 WpÜG zu zählen war.
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Folglich ist das Gesetz nicht anwendbar auf Aktien, die ausschließlich im sog. Entry Standard der Frankfurter Wertpapierbörse einbezogen sind, da er keine vorherige Zulassung zu einem organisierten Markt voraussetzt345.
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Organisierte Märkte sind darüber hinaus auch Märkte im Europäischen Wirtschaftsraum i.S.d. § 2 Abs. 8 WpÜG (siehe unten Rz. 140 f.), sofern sie die Voraussetzungen eines „geregelten Markts“ i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MiFID vom 21.4.2004346 erfüllen.
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Ein „Geregelter Markt“347 ist nach dieser Richtlinienbestimmung „ein von einem Marktbetreiber betriebenes und/oder verwaltetes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach seinen nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt oder das Zusammenführen fördert, die zu einem Vertrag in Bezug auf Finanzinstrumente führt, die gemäß den Regeln und/oder den Systemen des Marktes zum Handel zugelassen wurden, sowie eine Zulassung erhalten hat und ordnungsgemäß und gemäß den Bestimmungen des Titels III funktioniert.“
339 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 62; wohl auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 45. 340 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 45; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 63; a.A. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 29, wonach unter bestimmten Umständen (z.B. unmittelbar bevorstehende Börsenzulassung mit anschließendem Kontrollwechsel) das WpÜG bereits im Vorfeld der Zulassung von Aktien einer Zielgesellschaft zum Handel am regulierten Markt anwendbar sein könne; ähnlich auch Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 32. 341 Früher waren das der Amtliche und Geregelte Markt. 342 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 143; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 233; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 2 WpÜG Rz. 47; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 65; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 53; Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 26; Harrer/Müller, WM 2006, 653, 655; kritisch hierzu Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1227 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 27 (kein Schutzbedürfnis der Anleger). 343 So auch ausdrücklich Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35; Krause, NJW 2002, 705, 706; Hammen, Wertpapierübernahmegesetz und Neuer Markt, WM 2002, 2349. Das ist bis heute fast einhellige Ansicht. 344 Abschnitt 2 Nr. 2 Abs. 4 RNM. 345 Sohbi in Heidel, § 2 WpÜG Rz. 26; ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 65. 346 Richtlinie 2004/39/EG, ABl. EU Nr. L 145 v. 21.4.2004, S. 1. 347 Zum Begriff des „geregelten Markts“ in Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der MiFID siehe näher Clouth/Lang, MiFIDPraktikerhandbuch, 2007, S. 373 ff.; EuGH v. 22.3.2012 – C-248/11, EuZW 2012, 350 ff., jeweils m.w.N.
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Assmann/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 140 § 2
Es liegt auf der Hand, dass sich Bieter und Aufsichtsbehörde bei der Beantwortung der Frage, ob ein 137 Angebot für Wertpapiere, die im Europäischen Wirtschaftsraum gehandelt werden, dem Anwendungsbereich des WpÜG unterfallen, weil sie zum Handel an einem „geregelten Markt“ i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MiFID zugelassen sind, vorderhand nicht an den in dieser Vorschrift enthaltenen Begriffsmerkmalen eines „geregelten Markts“, sondern an dem nach Art. 47 MiFID zu erstellenden Verzeichnis der geregelten Märkte orientieren werden. Dieses muss von der Kommission gemäß Art. 47 Satz 3 MiFID mindestens einmal jährlich im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Da verringerte Zugangsschranken zu den organisierten Märkten und die Differenzierung derselben in spezielle Handelssegmente zu einer kontinuierlichen Veränderung der als „geregelte Märkte“ anerkannten Märkte führen, ist die Kommission dazu übergegangen, eine aktualisierte Fassung auf ihrer offiziellen Internetsite – https://re gisters.esma.europa.eu/publication – zugänglich zu machen. Das Verzeichnis wird auf der Grundlage der der Kommission von den mitgliedstaatlichen Behörden übermittelten Informationen regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht348. Die Eintragung eines Marktes in das in Art. 47 MiFID genannte Verzeichnis ist aber keine notwendi- 138 ge Voraussetzung für die Qualifizierung des entsprechenden Marktes als geregelter Markt i.S.d. MiFID349.
K. Europäischer Wirtschaftsraum (§ 2 Abs. 8 WpÜG) Nach §§ 1, 2 Abs. 7 WpÜG ist das WpÜG auf alle Erwerbsangebote in Bezug auf Wertpapiere anwend- 139 bar, die zum Handel an einem regulierten Markt des Inlands (siehe oben Rz. 130 ff.) oder einem „geregelten Markt“ i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Finanzmarktrichtlinie in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen sind. Nach der Definition in § 2 Abs. 8 WpÜG umfasst der Europäische Wirtschaftsraum sowohl die Staaten der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr: Europäische Union) als auch die Staaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2.5.1992350. Zu Letzteren gehören derzeit Island, Liechtenstein und Norwegen. Neben der Umschreibung des generellen Anwendungsbereichs des WpÜG ist der Begriff des Europäischen Wirtschaftsraums vor allem noch für die Anwendung des § 11a WpÜG und der §§ 24, 33a Abs. 3, 33b Abs. 3 und 33c Abs. 3 WpÜG von Bedeutung. § 11a WpÜG regelt, unter welchen Voraussetzungen eine von der zuständigen Aufsichtsbehörde eines anderen EWR-Staates gebilligte Angebotsunterlage im Inland ohne weiteres Billigungsverfahren anerkannt werden kann. Nach § 24 WpÜG kann die BaFin dem Bieter auf dessen Antrag hin gestatten, bestimmte Wertpapierinhaber durch entsprechenden „disclaimer“ von einem Angebot auszunehmen, wenn dieses die Beachtung der Vorschriften eines Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zur Folge hätte und die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen unzumutbar wäre. Ferner nehmen §§ 33a Abs. 3, 33b Abs. 3 und § 33c Abs. 3 WpÜG auf den Begriff im Zusammenhang mit Informationspflichten gegenüber Aufsichtsstellen von EWR-Staaten Bezug.
348 Zuletzt ABl. EU Nr. C 348 v. 21.12.2010, S. 9, 11. Derzeit gehören in Deutschland zu den organisierten Märkten: Börse Berlin (Regulierter Markt, Regulierter Berliner Sekundärmarkt), Tradegate Exchange (Regulierter Markt), Börse Düsseldorf (Regulierter Markt), Frankfurter Wertpapierbörse (Regulierter Markt), Eurex Deutschland, Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg (Regulierter Markt), Niedersächsische Börse zu Hannover (Regulierter Markt), Börse München (Regulierter Markt), Baden-Württembergische Wertpapierbörse (Regulierter Markt), European Energy Exchange (Europäische Energiebörse). 349 EuGH v. 22.3.2012 – C-248/11, EuZW 2012, 350 ff. Der EuGH hat in dieser Entscheidung ferner entschieden, dass ein Markt für Finanzinstrumente, der nicht den Anforderungen des Teils III der MiFID genügt, nicht unter den Begriff „geregelter Markt“ i.S.d. Definition fällt, und zwar auch dann nicht, wenn sein Betreiber mit dem Betreiber eines solchen geregelten Marktes fusioniert hat. 350 BGBl. II 1993, 266.
Assmann/Favoccia und Uwe H. Schneider/Favoccia
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§ 3 Allgemeine Grundsätze
§ 3 Allgemeine Grundsätze (1) Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die derselben Gattung angehören, sind gleich zu behandeln. (2) Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft müssen über genügend Zeit und ausreichende Informationen verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können. (3) Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft müssen im Interesse der Zielgesellschaft handeln. (4) Der Bieter und die Zielgesellschaft haben das Verfahren rasch durchzuführen. Die Zielgesellschaft darf nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden. (5) Beim Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft, der Bietergesellschaft oder anderer durch das Angebot betroffener Gesellschaften dürfen keine Marktverzerrungen geschaffen werden. A. Gesetzgebungsgeschichte und Bedeutung der allgemeinen Grundsätze . . . . . . . . . B. Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 3 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt und Reichweite . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . . C. Transparenzgrundsatz (§ 3 Abs. 2 WpÜG) . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt und Reichweite . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aktualisierungspflicht? . . . . . . . . . . . 5. Verhältnis zu Vertraulichkeitspflichten . . III. Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . . D. Interessenwahrungsgrundsatz (§ 3 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . III. Interesse der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . 1. Position des WpÜG-Gesetzgebers . . . . . 2. Aktienrechtliche Maßstäbe . . . . . . . . .
1 6 6 9 18 20 20 21 21 22 23 25 27 28 29 29 31 33 33 34
3. Überformung durch EU-Recht? . . . . . IV. Rechte und Pflichten des Vorstands . . . . 1. Rechte und Pflichten im Vorfeld eines Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . 3. Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . 4. Abwehr von Gefahren für die Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Pflichten gegenüber Arbeitnehmern . . 6. Business Combination Agreement . . . 7. Pflichten nach Erfolg eines Übernahmeangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Pflichten des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . E. Beschleunigungsgrundsatz (§ 3 Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . F. Grundsatz der Vermeidung von Marktverzerrungen (§ 3 Abs. 5 WpÜG) . . . . I. Marktverzerrungsverbot als Gegenstand des Grundsatzes . . . . . . . . . . . . . . II. Elemente des Marktverzerrungsverbots . III. Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . .
. .
38 39
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39 41 42
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44 45 48
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50 51 53
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54
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60
. . . . . .
60 63 69
Schrifttum: Abeltshauser, Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht: Zu den Sorgfalts- und Loyalitätspflichten von Unternehmensleitern im deutschen und im US-amerikanischen Kapitalgesellschaftsrecht, 1998; Assmann, Erwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz aus der Sicht der Bietergesellschaft, AG 2002, 114; Assmann, Übernahmeangebote im Gefüge des Kapitalmarktrechts, ZGR 2002, 697; van Aubel, Vorstandspflichten bei Übernahmeangeboten, 1996; Bachmann, Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Kapitalmarktrecht, ZHR 170 (2006), 144; Bachmann, Vorstandspflichten bei freundlichen Übernahmeangeboten, in Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 109; Berger, Das deutsche Übernahmegesetz nimmt Formen an, Die Bank 2000, 558; Berger/Filgut, Material-Adverse-Change-Klauseln in Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten, WM 2005, 253; Böckmann/Kießling, Möglichkeiten der BaFin zur Beendigung von Übernahmeschlachten nach dem WpÜG, DB 2007, 1796; von Bonin, Die Leitung der Aktiengesellschaft zwischen Shareholder Value und Stakeholder-Interessen, 2004; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb 2002, 277; Deckert, Inkompatibilitäten und Interessenkonflikte – Zur Rechtsstellung des Aufsichtsratsmitglieds, DZWIR 1996, 406; Dimke/Heiser, Neutralitätspflicht, Übernahmegesetz und Richtlinienvorschlag 2000, NZG 2001, 241; Dreher, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern von Aktiengesellschaften, JZ 1990, 896; von Falkenhausen, Gleichbe-
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Allgemeine Grundsätze
§3
handlung der Bieter?, in Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 93; Großmann, Unternehmensziele im Aktienrecht, 1980; Habersack/Tröger, „Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten …“ – Zur Frage eines europarechtlichen Gleichbehandlungsgebots beim Anteilshandel, NZG 2010, 1; Heermann, Interessenkonflikte von Bankenvertretern in Aufsichtsräten bei (geplanten) Unternehmensübernahmen, WM 1997, 1689; Heiser, Interessenkonflikte in der Aktiengesellschaft und ihre Lösung am Beispiel des Zwangsangebots: Das Spannungsfeld zwischen Unternehmer- und Anlegerinteressen – ein Vorschlag zur Harmonisierung von Aktien- und Kapitalmarktrecht, 1999; Hellgardt, Anmerkung zum Urteil des OLG Celle v. 19.6.2006 – 9 U 15/06, WuB II A. § 53a AktG 1.06; Herkenroth, Bankenvertreter als Aufsichtsratsmitglieder von Zielgesellschaften: Zur beschränkten Leistungsfähigkeit des Rechts bei der Lösung von Interessenkonflikten anlässlich der Finanzierung von Übernahmen, AG 2001, 33; Herrmann, Zivilrechtliche Abwehrmaßnahmen gegen unfreundliche Übernahmeversuche in Deutschland und Großbritannien, 1993; Hirte/Schander, Die Organpflichten bei Unternehmensübernahmen, in von Rosen/Seifert (Hrsg.), Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999, S. 341; Hopt, Aktionärskreis und Vorstandsneutralität, ZGR 1993, 534; Hopt, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, in FS Lutter, 2000, S. 1361; Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz, in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem WpÜG, ZHR 166 (2002), 383; Käpplinger, Die Bindung des Bieters an das Angebotsverfahren. Anforderungen an Bedingungen und Vorbehalte im WpÜG, 2008; Kirchner, Managementpflichten bei „feindlichen“ Übernahmeangeboten, WM 2000, 1821; Klöhn, Zur Frage des Bestehens eines ungeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatzes im europäischen Gesellschaftsrecht, LMK 2009, 294692; Kort, Rechte und Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei Übernahmeversuchen, in FS Lutter, 2000, S. 1421; Krause, Der revidierte Vorschlag einer Takeover-Richtlinie (1996), AG 1996, 209; Krause, Zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei Übernahmeangeboten und Beteiligungserwerb, WM 1996, 845 (Teil I), 893 (Teil II); Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Lammers, Verhaltenspflichten von Verwaltungsorganen in Übernahmeauseinandersetzungen 1994; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Liekefett, Bietergleichbehandlung bei öffentlichen Übernahmeangeboten, AG 2005, 802; Linker/Zinger, Rechte und Pflichten der Organe einer Aktiengesellschaft bei der Weitergabe vertraulicher Unternehmensinformationen, NZG 2002, 497; Lutter, Bankenvertreter im Aufsichtsrat, ZHR 145 (1981), 224; Lutter, Die Unwirksamkeit von Mehrfachmandaten in den Aufsichtsräten von Konkurrenzunternehmen, in FS Beusch, 1993, S. 509; Lutter, Due Diligence des Erwerbers beim Kauf einer Beteiligung, ZIP 1997, 613; Mehringer, Das allgemeine kapitalmarktrechtliche Gleichbehandlungsprinzip, 2007; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2006; H. J. Mertens, Der Aktionär als Wahrer des Rechts?, AG 1990, 49; K. Mertens, Die Information des Erwerbers einer wesentlichen Unternehmensbeteiligung an einer Aktiengesellschaft durch deren Vorstand, AG 1997, 541; Möllers, Verfahren, Pflichten und Haftung, insbesondere der Banken, bei Übernahmeangeboten, ZGR 2002, 664; Möllers, Interessenkonflikte von Vertretern des Bieters bei Übernahme eines Aufsichtsratsmandats der Zielgesellschaft, ZIP 2006, 1615; Mucciarelli, Equal treatment of shareholders and European Union law, ECFR 2010, 158; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt: Die Aktionärsrechte bei Bildung und Umbildung einer Unternehmensgruppe zwischen Verbands- und Anlegerschutzrecht, 2. Aufl. 1996; Mülbert, Shareholder Value aus rechtlicher Sicht, ZGR 1997, 129; Mülbert, Die Zielgesellschaft im Vorschlag 1997 einer TakeoverRichtlinie, IStR 1999, 83; Mülbert/Birke, Das übernahmerechtliche Behinderungsverbot, WM 2001, 705; K. J. Müller, Gestattung der Due Diligence durch den Vorstand der Aktiengesellschaft, NJW 2000, 3452; W. Müller, Die Entscheidungsspielräume der Verwaltung einer Aktiengesellschaft im Verhältnis zu ihren Aktionären, in FS Semler, 1993, S. 195; Neumann/Ogorek, Reichweite und verfassungsrechtliche Grenzen der Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten des § 23 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 WpÜG bei fehlendem Kontrollerwerb, BB 2010, 1297; von Nussbaum, Die Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft eines Übernahmeangebots, 2003; Oechsler, Rechtsgeschäftliche Anwendungsprobleme bei öffentlichen Übernahmeangeboten, ZIP 2003, 1330; Pötzsch/Möller, Das künftige Übernahmerecht – Der Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen zu einem Gesetz zur Regelung von Unternehmensübernahmen und der Gemeinsame Standpunkt des Rates zur europäischen Übernahmerichtlinie, WM-Sonderbeil. 2/2000; Prasuhn, Der Schutz von Minderheitsaktionären bei Unternehmensübernahmen nach dem WpÜG, 2009; Rathenau, Vom Aktienwesen – eine geschäftliche Betrachtung, 1917; Reul, Die Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei privaten Kontrolltransaktionen, 1991; Rittner, Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 1987; Rittner, Zur Verantwortung des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG 1965, in FS Geßler, 1971, S. 139; Roschmann/Frey, Geheimhaltungsverpflichtungen der Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften bei Unternehmenskäufen, AG 1996, 449; Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, Rechtsprobleme konkurrierender Übernahmeangebote nach dem WpÜG, AG 2007, 137; Schilling, Das Aktienunternehmen, ZHR 144 (1980), 136; Schroeder, Darf der Vorstand der Aktiengesellschaft dem Aktienkäufer eine Due Diligence gestatten?, DB 1997, 2161; Stephan, Zivilrechtlicher Rechtsschutz im Übernahmerecht nach der „McKesson“-Entscheidung, Der Konzern 2018, 45; Stoffels, Grenzen der Informationsweitergabe durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer „Due Diligence“, ZHR 165 (2001), 362; Strunk/Linke, Erfahrungen mit dem Übernahmerecht aus Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in Veil/Drinkuth (Hrsg.), Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3; v. Thunen, Aktientausch nur für ausgewählte Aktionäre?, NZG 2008, 925; Tröger, Treupflicht im Konzernrecht, 2000; Ulmer, Aufsichtsratsmandat und Interessenkollision, NJW 1980, 1603; Weber, Kursmanipulation am Wertpapiermarkt, NZG 2000, 113; Westermann, Gesellschaftsrechtliche Verantwortung des Unternehmens als Gesellschaftsrechtsproblem, ZIP 1990, 771;
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§ 3 Rz. 1 Allgemeine Grundsätze Wilsing/Paul, Zur Gleichbehandlung von Aktionären nach Gemeinschaftsrecht, EWiR 2009, 755; Winter/Harbarth, Verhaltenspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat bei feindlichen Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, ZIP 2002, 1; Ziemons, Die Weitergabe von Unternehmensinterna an Dritte durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft, AG 1999, 492; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963; Zöllner, Zur Problematik der aktienrechtlichen Anfechtungsklage, AG 2000, 145; Zöllner, Unternehmensinnenrecht: Gibt es das?, AG 2003, 2.
A. Gesetzgebungsgeschichte und Bedeutung der allgemeinen Grundsätze 1
Die Bestimmung enthält allgemeine Grundsätze, die bei jedem der vom WpÜG erfassten Angebote zu beachten sind. Die Vorschrift folgte darin Art. 5 ÜA-RiLiVo1 sowie Art. 3 ÜA-GemStp2, die in der Erwähnung derartiger allgemeiner Grundsätze ihrerseits auf entsprechenden Regelungsvorbildern in den Übernahmeangebotsregelungen anderer Staaten, wie etwa in Gestalt der „General Principles“ des britischen City Code on Takeovers and Mergers, aufbauen. Die im Jahre 2004 in Art. 3 Abs. 1 der Übernahmerichtlinie3 niedergelegten allgemeinen Grundsätze stellen im Wesentlichen eine Konkretisierung der bereits in dem vorstehend angeführten Richtlinienvorschlag von 1997 und dem ebenfalls erwähnten gemeinsamen Standpunkt des Rates von 2001 enthaltenen Grundsätze dar. Der deutsche Gesetzgeber sah bei der Umsetzung der Übernahmerichtlinie zu Recht keinen zwingenden Anpassungsbedarf, auch wenn § 3 WpÜG nicht in jeder Einzelheit Art. 3 der Übernahmerichtlinie entspricht4. Die Voranstellung und Hervorhebung allgemeiner Grundsätze für öffentliche Wertpapiererwerbsangebote findet sich bspw. auch in § 3 des österreichischen Übernahmegesetzes (ÜbG)5.
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Für die deutsche Gesetzgebungstechnik ist die Voranstellung allgemeiner Grundsätze ungewöhnlich und wirft deshalb v.a. die Frage nach der Regelungsfunktion und Regelungsreichweite derselben auf6. Die Frage ist für die einzelnen Absätze von § 3 WpÜG durchaus unterschiedlich zu beantworten. Teilweise geben die in der Bestimmung angeführten allgemeinen Grundsätze grundlegende, bei der Auslegung7 des Gesetzes heranzuziehende Wertungen des Gesetzgebers wieder. Darüber hinaus kann ihnen bei der Ausfüllung sich offenbarender Regelungslücken8 besondere Bedeutung zukommen. Die allgemeinen Grundsätze bringen damit in der Sache nichts anderes als den „allgemeinen Willen“ des Gesetzgebers zum Ausdruck, dem allerdings bei der Gesetzesauslegung nicht die allein entscheidende Rolle zukommt9 und der, schon wegen der Abstraktheit der allgemeinen Grundsätze, bei der Auslegung einzelner Normen des Gesetzes regelmäßig nur geringe Orientierungshilfe bieten wird10. Das 1 ABl. EG Nr. C 378 v. 13.12.1997, S. 10. 2 ABl. EG Nr. C 23 v. 24.1.2001, S. 1. 3 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12. 4 Regierungsbegründung zum Entwurf eines Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes, BT-Drucks. 16/2003, S. 12 f. 5 Siehe dazu die Erläuterungen bei Huber/Alscher in Huber, § 3 ÜbG Rz. 1 ff. 6 „Zweifel an der Existenzberechtigung“ der allgemeinen Grundsätze bei Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 3 (a.E.). Kritisch auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 2; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 281; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 1 und 2; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 1. 7 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35 (Die Grundsätze sind „auch bei der Auslegung einzelner Rechtsvorschriften heranzuziehen“). Siehe ferner bspw. Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 400; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 1; Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 1; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 3; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 6 („wichtige Auslegungshilfe“). In der Voranstellung allgemeiner Grundsätze sehen Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 1, den die Kompetenzen des Gesetzgebers überschreitenden Versuch, Rechtsprechung und Wissenschaft auf Interpretationsmaximen festzulegen. 8 Ein solcher Fall wird von Teilen des Schrifttums etwa in der gesetzlich nicht geregelten Pflicht des Bieters zur Aktualisierung der Angebotsunterlage gesehen, wobei der Transparenzgrundsatz des § 3 Abs. 2 WpÜG sowohl zum Nachweis als auch zur Schließung der Regelungslücke herangezogen wird. Siehe dazu näher unten Rz. 25 f. 9 So auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 1. 10 Vgl. EuGH v. 15.10.2009 – C 101/08 – Audiolux, AG 2009, 821, 822, Rz. 43 ff. und dazu Habersack/Tröger, NZG 2010, 1 ff.: Zurückhaltung gegenüber einer ausdehnenden Anwendung der allgemeinen Grundsätze.
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Allgemeine Grundsätze
Rz. 6 § 3
gilt zwangsläufig auch für die den allgemeinen Grundsätzen vielfach zugeschriebene weitere Funktion der Ermessensbindung11 namentlich in Bezug auf Ermessensentscheidungen der BaFin. Soweit die einzelnen Regelungen in § 3 WpÜG hinreichend konkret und nicht durch andere, speziellere Regelungen überlagert sind, beanspruchen die Regelungen unmittelbare Anwendbarkeit12. Eine gegen § 3 Abs. 1 WpÜG verstoßende Ungleichbehandlung von Bietern ist rechtwidrig, ein entsprechendes Angebot wäre von der BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG zu untersagen. Dagegen könnte die BaFin eine Annahmefrist von zehn Wochen (vgl. § 16 Abs. 1 WpÜG) nicht mit der Begründung beanstanden, das sei nicht „rasch“ i.S.v. § 3 Abs. 4 Satz 1 WpÜG. Des Weiteren sind die Grundsätze beim Erlass von Verordnungen, neben dem Inhalt der Ermächtigungsnorm, als allgemeine Maßstäbe mit zu berücksichtigen.
3
Die allgemeinen Grundsätze sind weder geeignet, wechselseitige Ansprüche der Verfahrensbeteiligten 4 zu begründen noch stellen sie Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar13. Dementsprechend kann aus den allgemeinen Grundsätzen auch nicht der Schutzgesetzcharakter derjenigen Vorschriften des Gesetzes abgeleitet werden, die als Ausprägung eines der Grundsätze betrachtet werden können14. Den Grundsätzen lässt sich zwar entnehmen, dass der Gesetzgeber die Interessen bestimmter Beteiligter als besonders schutzwürdig betrachtet, doch folgt allein daraus noch nicht, dieser Schutz solle im Wege unmittelbarer Ansprüche, namentlich von Schadensersatzansprüchen, der in ihren Interessen zu Schützenden gegen einzelne Beteiligte bewerkstelligt werden. Deshalb ist vielmehr jede Einzelbestimmung darauf zu überprüfen, ob sie die Anforderungen der Rechtsprechung an die Schutzgesetzeigenschaft einer Norm15 erfüllt. § 3 WpÜG enthält keine Aussage zu der umstrittenen Frage der so genannten Neutralitätspflicht des Vorstands der Zielgesellschaft, obwohl die Frage in innerem Zusammenhang mit der in Abs. 3 hervorgehobenen Interessenwahrungspflicht steht. Der Gesetzgeber hat diese Frage in § 33 WpÜG angesiedelt, dessen Regelungen (soweit ein Widerspruch bestünde) insoweit Vorrang vor § 3 Abs. 3 WpÜG beanspruchen würden. Zu Einzelheiten hierzu ist auf die Kommentierung zu § 3 Abs. 3 WpÜG (Rz. 33 ff.) und insbesondere zu § 33 WpÜG zu verweisen.
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B. Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 3 Abs. 1 WpÜG) I. Allgemeines § 3 Abs. 1 WpÜG enthält den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Inhaber von Wertpapieren derselben Gattung. Dieser Grundsatz ist bei jedem Angebot zum Erwerb von Wertpapieren zu beachten. Einen dem § 3 Abs. 1 WpÜG entsprechenden Grundsatz enthält auch die Nummer 1 der General Principles des Britischen City Code on Takeovers and Mergers, Art. 127 Satz 2 des Schweizerischen Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG), § 3 Nr. 1 des Österreichischen Übernahmegesetzes (ÜbG) sowie die Übernahmerichtlinie in Art. 3 Abs. 1 lit. a).
11 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 3; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 1; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 3. 12 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 4. 13 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 62; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 58. 14 Ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 58. A.A. aber, zumindest im Hinblick auf den in § 3 Abs. 4 WpÜG niedergelegten Beschleunigungsgrundsatz, den er bezeichnenderweise mit der Überschrift „Schutz der Zielgesellschaft“ versieht, Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 29. 15 Als Schutzgesetz kommen nur solche Rechtsnormen i.S.v. Art. 2 EGBGB in Betracht, die gerade (auch) den Schutz bestimmter Rechtsgüter oder Interessen des Einzelnen bezwecken, wobei die Eröffnung eines Schadensersatzanspruchs erkennbar vom Gesetz erstrebt sein oder zumindest im Rahmen des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen muss. St. Rspr., vgl. etwa zum Übernahmerecht und zum Kapitalmarktrecht BGH v. 11.6.2013 – II ZR 80/12 – BKN, AG 2013, 634 Rz. 35; BGH v. 22.6.2010 – VI ZR 212/09 – Phoenix, BGHZ 186, 58 = AG 2010, 670 Rz. 26; BGH v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10 – IKB, BGHZ 192, 90 = AG 2012, 209 Rz. 21.
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§ 3 Rz. 7 Allgemeine Grundsätze 7
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist neben dem Gebot der ausreichenden Information der Wertpapierinhaber ein zentrales Element des Übernahmerechts. Der Grundsatz berücksichtigt die regelmäßig fehlende „Waffengleichheit“ zwischen Bieter und Wertpapierinhabern und dient der Fairness des Verfahrens. Bei einem öffentlichen Angebot akzeptiert das Gesetz als Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Angebotsadressaten nur Gattungsunterschiede der betroffenen Wertpapiere. Der Bieter ist regelmäßig besser über den Wert des Unternehmens und damit über die Werthaltigkeit der Wertpapiere informiert. Zudem kennt auch nur der Bieter die Höhe der für den Wertpapiererwerb zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Das Gebot der Gleichbehandlung verhindert zumindest teilweise, dass der Bieter seinen Informationsvorsprung gegenüber einzelnen Angebotsadressaten in unterschiedlicher Weise umsetzt. Am Gleichbehandlungsgebot wird teilweise unter dem Gesichtspunkt einer übermäßigen Einschränkung der Privatautonomie Kritik geübt16. Daran ist richtig, dass beispielsweise das Verbot von Paketzuschlägen als Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf einer Wertung beruht, die auch anders getroffen werden könnte17. Nicht zu unterschätzen ist allerdings die einer strikten Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes immanente Klarheit und Übersichtlichkeit der Regeln, die zur Attraktivität eines Kapitalmarkts beiträgt18. Das WpÜG enthält neben den Preisregelungen (§ 31 Abs. 4 bis 6 WpÜG) und dem damit verbundenen Verbot von Paketzuschlägen eine Reihe weiterer Ausprägungen des Gleichbehandlungsgebots z.B. in § 19 WpÜG (Teilangebote – gleichmäßige Zuteilung), § 31 Abs. 3 WpÜG (zwingendes Barangebot) und § 32 WpÜG (Erstreckung von Übernahmeangeboten auf alle Aktien)19. Aus den im WpÜG enthaltenen speziellen Ausprägungen des Gleichbehandlungsgebots ergeben sich gleichzeitig Schranken für dessen inhaltliche Reichweite. Mit dem allgemeinen Gleichheitsgebot lassen sich weiter reichende Anforderungen, als sie sich aus den Spezialvorschriften ergeben, nicht begründen.
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Abzugrenzen ist der übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz von den Gleichbehandlungsgeboten des § 53a AktG und § 48 Abs. 1 Nr. 1 WpHG (vormals § 30a Abs. 1 Nr. 1 WpHG). § 53a AktG verpflichtet die Aktiengesellschaft, in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen ihre Aktionäre bei gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln20. § 48 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 WpHG verpflichtet ebenfalls die Aktiengesellschaft zur Gleichbehandlung ihrer eigenen Aktionäre und der Inhaber sonstiger von ihr ausgegebener Wertpapiere und bestimmter Zertifikate. Der Anwendungsbereich gegenüber § 53a AktG ist insoweit erweitert, als das Gebot auch für bestimmte ausländische Emittenten und gegenüber Inhabern von ausschließlich Gläubigerrechte verbriefenden Wertpapieren gilt21. Demgegenüber betrifft das übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgebot ausschließlich den Bieter im Verhältnis zu den Inhabern von Wertpapieren (i.S.v. § 2 Abs. 2 WpÜG) der Zielgesellschaft, auch wenn der Gesetzeswortlaut den Normadressatenkreis nicht näher bestimmt22. Die Zielgesellschaft ist bereits durch § 53a AktG und § 48 Abs. 1 Nr. 1 WpHG verpflichtet, die Aktionäre und Wertpapierinhaber unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln23. Danach würde der Vorstand der Zielgesellschaft gegen das aktienrechtliche Gebot verstoßen, wenn er Inhaber von Wertpapieren derselben Gattung hinsichtlich der in Zusammenhang mit einem Erwerbs-, Übernahme- oder Pflichtangebot maßgeblichen Informationspflichten unterschiedlich behandeln würde. Wenn die Zielgesellschaft beim Rückerwerb eigener Aktien im Rahmen eines öffentlichen Angebots ihren Aktionären als Bieter gegenüber16 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 3 unter Bezugnahme auf „einfache Erwerbsangebote“. 17 Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 171; Habersack ZHR 181 (2017), 603, 621, 631 f. 18 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 11; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 4. 19 Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 149. 20 Götze in MünchKomm. AktG, § 53a AktG Rz. 5; Hüffer/Koch, § 53a AktG Rz. 4; Drygala in KölnKomm. AktG, § 53a AktG Rz. 5. 21 Mülbert in Assmann/Uwe H. Schneider, § 30a WpHG Rz. 4, 8. 22 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 16; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 5; Hopt, ZHR 166 (2003), 383, 399 f.; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 14 (mit leichter Einschränkung in Rz. 6); von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 93, 96; a.A. Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 72; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 4, 11; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 5; danach ist neben dem Bieter auch die Zielgesellschaft in den Kreis der Normadressaten einbezogen. 23 So auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 6; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 4.
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Rz. 10 § 3
tritt, ist die Zielgesellschaft aktienrechtlich zur Gleichbehandlung ihrer Aktionäre verpflichtet; ein Rückgriff auf § 3 Abs. 1 WpÜG ist ausgeschlossen, weil öffentliche Angebote zum Aktienrückkauf nach zutreffender, mittlerweile auch von der BaFin geteilter Auffassung nicht dem WpÜG unterliegen24. Ebenfalls findet das Gleichbehandlungsgebot des § 3 Abs. 1 WpÜG keine Anwendung auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Eine entsprechende Verpflichtung der Verwaltung ergibt sich bereits auf Grund der Bindung an Recht und Gesetz und von Art. 3 GG25.
II. Inhalt und Reichweite Das Gleichbehandlungsgebot beinhaltet die Verpflichtung des Bieters, die Inhaber von Wertpapieren 9 der Zielgesellschaft derselben Gattung bei der Ausgestaltung und bei der Abwicklung des Angebots materiell und formal gleich zu behandeln. Ob das Gleichbehandlungsgebot nur unter im Übrigen gleichen Voraussetzungen gilt und deshalb Ungleichbehandlungen durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden können, steht im Streit. Aus der Gesetzgebungsgeschichte lässt sich das nicht herleiten. Zwar heißt es im Vorspann zur Vorlage des Gesetzentwurfs der Bundesregierung an den Bundestag, zu den wichtigsten Grundsätzen gehöre, „Aktionäre unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln“26. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich aber nicht, dass darunter mehr zu verstehen ist als die im Gesetz selbst enthaltenen Einschränkungen und insbesondere die Gattungsgleichheit27. Weder § 3 Abs. 1 WpÜG noch die speziellen Ausprägungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes im WpÜG gestatten Differenzierungen nach Kriterien in der Person der Wertpapierinhaber oder des Umfangs ihres Aktienbesitzes. In § 24 WpÜG wird die Abweichung von der Gleichbehandlung an die strenge Schranke der Unzumutbarkeit geknüpft und der Gestattung durch die BaFin unterworfen. Sachlich nachvollziehbare Gründe genügen für eine Differenzierung innerhalb einer Gattung deshalb nicht. Das Gebot geht damit über das Verbot willkürlicher Differenzierung hinaus28. Differenzierungen, die die Gleichbehandlung überhaupt erst herstellen, sind zulässig. Wenn sich das Angebot auf nicht börsennotierte Aktien mit abweichendem Nennwert erstreckt, muss das der Preis pro Aktie linear berücksichtigen. „Schlechterbehandlungen“ einzelner Aktionäre mit deren Zustimmung sind kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot. So kann der Bieter einzelnen Aktionären mit deren Einwilligung weniger bezahlen, als es dem Angebotspreis entspräche, und einzelne Aktionäre können sich verpflichten, das Angebot nicht anzunehmen („no tender“)29. Gattungsverschiedenheit liegt vor, wenn die fraglichen Wertpapiere unterschiedliche Rechte gewähren (§ 11 Satz 2 AktG). Bei Aktien ist die Unterscheidung zwischen Stammaktien und stimmrechtslosen Vorzugsaktien praktisch am bedeutsamsten. Gattungsverschiedenheit ist aber darauf nicht beschränkt30, sondern kann z.B. auch bei unterschiedlicher Gewinnbeteiligung (§ 60 Abs. 3 AktG) oder unterschiedlicher Beteiligung am Liquidationserlös (§ 272 Abs. 2 AktG) vorliegen31. Ein Grenzfall ist das Entsenderecht in den Aufsichtsrat (§ 101 Abs. 2 AktG), das kraft gesetzlicher Fiktion (§ 101 Abs. 2 24 A.A. vom Ausgangspunkt einer abweichenden Meinung zur Anwendbarkeit des WpÜG auf den Aktienrückerwerb Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 7. Zur (Nicht-)Anwendbarkeit des WpÜG auf öffentliche Rückerwerbsangebote § 2 WpÜG Rz. 38 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 23. 25 Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 3; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 5, 12 f. 26 BT-Drucks. 14/7034, S. 1. 27 A.A. Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 174, der allerdings im Unterschied zu bloßen Willkürverboten eine Ungleichbehandlung nur im Ausnahmefall als gerechtfertigt ansieht, aaO, S. 177. 28 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 13; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 11; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 6; im Ergebnis wohl auch Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 174, 177 (Differenzierung nur im Ausnahmefall); a.A. (sachlicher Grund genügt) Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 5; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 6; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 7 und ausführlich v. Thunen, NZG 2008, 925 ff. 29 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 605. 30 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 17; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 4; a.A. anscheinend Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 7. 31 Zu Begriff der Aktiengattung vgl. Hüffer, § 11 AktG Rz. 3 ff., § 139 AktG Rz. 11; Dauner-Lieb in KölnKomm. AktG, § 11 WpÜG Rz. 5 ff.
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§ 3 Rz. 10 Allgemeine Grundsätze Satz 3 AktG) nicht zur Gattungsverschiedenheit führt. Da die Gründe dafür pragmatischer Art sind (keine Sonderbeschlüsse erforderlich) und die Schutzzwecke des WpÜG nicht berühren, ist eine unterschiedliche Behandlung solcher materiell eben doch gattungsverschiedener Aktien zulässig. Vorhandene oder fehlende Börsenzulassung begründet grundsätzlich keine Gattungsverschiedenheit und kann deshalb eine Ungleichbehandlung nur rechtfertigen, wenn sich das aus Einzelnormen des WpÜG herleiten lässt32. Bei Wertpapieren i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AktG, also z.B. Wandelanleihen, ist Gattungsverschiedenheit bei unterschiedlicher Ausstattung irgendeiner Art (Währung, Laufzeit, Verzinsung, Verwässerungsschutz etc.) gegeben33. Abgrenzungsschwierigkeiten wird es insoweit nicht geben, verschiedene Emissionen sind klar getrennt und werden unter separaten Kennnummern (ISIN, WKN) gehandelt. Auf den Grad der Abweichung kommt es nicht an. Der Art nach verschiedene Wertpapiere (z.B. Aktien und Wandelanleihen) gehören jedenfalls nicht „derselben Gattung“ an und unterliegen nicht dem Gleichbehandlungsgebot von § 3 Abs. 1 WpÜG34. 11
Handelt es sich um Inhaber von Wertpapieren verschiedener Gattungen, dürfen diese demzufolge vom Bieter ungleich behandelt werden. So bleibt es dem Bieter im Rahmen eines Angebotes, das kein Übernahme- oder Pflichtangebot darstellt, unbenommen, dieses auf eine bestimmte Wertpapiergattung zu beschränken und nur den Vorzugsaktionären ein Angebot zu machen, nicht aber hingegen den Stammaktionären und den anderen Wertpapierinhabern. Vor allem aber ist es auch im Rahmen von Übernahme- und Pflichtangeboten zulässig (und nicht unüblich), für Stamm- und Vorzugsaktien unterschiedliche Preise zu bieten35. Der Grad einer abweichenden Behandlung muss sich nicht zwingend aus der Gattungsverschiedenheit ableiten lassen36. Bei einfachen Erwerbsangeboten kann eine Gattung komplett ausgeschlossen werden, ohne dass der Bieter dies sachlich rechtfertigen müsste. Bei Übernahme- und Pflichtangeboten kann der Bieter nicht nur, wie sich unmittelbar aus § 3 Satz 3 WpÜG-AngVO ergibt, unterschiedliche Preise für Aktien verschiedener Gattungen festlegen, sondern auch unterschiedlich hohe Aufschläge auf die jeweils nach Maßgabe von § 31 WpÜG und der WpÜGAngVO vorgeschriebenen Mindestpreise anbieten37, und zwar (gerade) auch dann, wenn er damit das Ziel unterschiedlich hoher Annahmequoten verfolgt. Seine Grenze findet das im Missbrauchsverbot. So wäre es unter Umständen missbräuchlich, für junge Aktien, die für das abgelaufene Geschäftsjahr noch nicht dividendenberechtigt, dann aber gattungsgleich sind, einen Preisunterschied festzulegen, der in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des Dividendenrechts steht. Wenn der Vollzug des Angebots nach Hauptversammlung und Dividendenausschüttung der Zielgesellschaft liegt, sind diese Aktien ohnehin als gattungsgleich zu behandeln. Unzulässig wäre auch eine unterschiedliche Information von Vorzugs- und Stammaktionären38, was aber aufgrund der speziellen Regelungen des WpÜG zur Informationsbereitstellung ohnehin ausscheidet.
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Besteht bei Erwerbsangeboten zwar die Möglichkeit, das Angebot auf die Inhaber einer bestimmten Wertpapiergattung zu beschränken oder den Umfang des Angebots für Wertpapiere verschiedener Gattung unterschiedlich festzulegen, ist der Bieter infolge des Gleichbehandlungsgrundsatzes jedoch verpflichtet, die Wertpapierinhaber derselben Gattung, an die ein dermaßen beschränktes Angebot gerichtet ist, gleich zu behandeln. Dies folgt hinsichtlich der Verpflichtung zur verhältniswahrenden Zuteilung aus § 19 WpÜG39 (§ 19 WpÜG Rz. 9 ff.). § 19 WpÜG enthält aber insoweit eine Erleichterung
32 Eine andere Frage ist es, ob ein Angebot, das sich auf nicht börsennotierte Aktien beschränkt, überhaupt dem WpÜG unterliegt; vgl. dazu § 32 WpÜG Rz. 13. 33 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 17. 34 Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50. 35 Verfassungsrechtlich ist das unbedenklich: BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03 – Wella, NZG 2004, 617 f. = AG 2004, 607. 36 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 18; anders (allerdings auf Grundlage einer abweichenden Regelungsstruktur) City Code Rule 14.1 („… a comparable offer must be made for each class …“). 37 Näher Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Anh. § 3 AngebVO Rz. 10 m.w.N. 38 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 7. 39 Soweit es nicht um die in § 19 WpÜG geregelte Frage der Zuteilungsquote geht, ist allerdings nicht ersichtlich, weshalb für sonstige Fragen der Gleichbehandlung nicht § 3 Abs. 1 WpÜG, sondern der insoweit eher schweigsame § 19 WpÜG gelten soll; a.A. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 20. Im Ergebnis kommt es darauf nicht an.
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Allgemeine Grundsätze
Rz. 16 § 3
gegenüber dem Gebot strikter Gleichbehandlung, als die gleichmäßige Zuteilung nur „grundsätzlich“ gilt40. Angebote sind an alle Aktionäre derselben Gattung zu richten, wie § 24 WpÜG voraussetzt, der gleichzeitig mögliche Einschränkungen für ausländische Aktionäre regelt. Für Pflichtangebote enthält § 35 Abs. 2 Satz 3 WpÜG weitere Ausnahmen hinsichtlich eigener Aktien der Zielgesellschaft und gleichgestellter Aktien. Pflichtangebote sind die am strengsten regulierten Angebote mit dem geringsten Spielraum des Bieters; diese Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots sind deshalb analog („erst recht“) auf Übernahmeangebote und einfache Erwerbsangebote anwendbar41.
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Die generelle Verpflichtung, Wertpapierinhabern derselben Gattung im Angebot dieselbe Gegenleistung anzubieten, ergibt sich nicht aus § 31 WpÜG (der das in Abs. 4 und 5 voraussetzt) sondern aus § 3 Abs. 1 WpÜG42. Daraus ergibt sich zwanglos, dass auch bei einfachen Erwerbsangeboten den Inhabern derselben Gattung derselbe Preis angeboten werden muss43. Wenn bei Übernahme- und Pflichtangeboten alternativ zur „Pflichtgegenleistung“, die die Voraussetzungen von § 31 WpÜG erfüllt, freiwillig eine Wahlleistung angeboten wird, so unterliegt die Wahlleistung zwar keinen inhaltlichen Anforderungen44, aber wiederum dem Gleichbehandlungsgebot nach § 3 Abs. 1 WpÜG45. Möglich wäre es aber, bei der Wahlleistung nach Gattungen zu differenzieren, selbst wenn bei der „Pflichtleistung“ nicht differenziert wird. Möglich ist es auch, außerhalb des Angebots Aktien von einzelnen Aktionären für eine andere Gegenleistung zu erwerben. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz erstreckt sich darauf nicht. Den Schutz der Angebotsadressaten gewährleistet (ausschließlich) § 31 Abs. 4 WpÜG, der die Gattungsbezogenheit wiederum eigens hervorhebt. Im Rahmen von § 31 Abs. 6 WpÜG gilt dasselbe, das heißt die relevante Vereinbarung ist nur für solche Aktien preisrelevant, sie mit den Aktien, auf die sich die Vereinbarung bezieht, gattungsgleich sind46. Unzulässig ist jede Differenzierung der Gegenleistung innerhalb derselben Gattung, wie zum Beispiel Paketzuschläge oder die unter dem Stichwort „Windhundrennen“ diskutierte Differenzierung der vom Bieter angebotenen Gegenleistung nach dem Zeitpunkt der Annahmeerklärungen47.
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Die Bestimmungen über den Inhalt der Angebotsunterlage (§ 11 WpÜG) und deren Veröffentlichung (§ 14 WpÜG) sowie über die sonstigen Meldungen (§ 23 WpÜG) sorgen für eine gleichmäßige Informationsbasis und sind insofern Ausprägungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Das Gleichbehandlungsgebot erfordert nicht darüber hinausgehend, dass der Bieter sämtliche weiteren Informationsangebote an alle Angebotsadressaten richtet. Wenn bei solchen Gelegenheiten allerdings relevante und über den Inhalt der Angebotsunterlage hinausgehende Informationen übermittelt werden, kann das je nach den Umständen die Vermutung nahelegen, dass die Angebotsunterlage nicht vollständig war48.
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Mit der Frage, ob die Zielgesellschaft verpflichtet ist, mehrere potentielle Bieter gleich zu behandeln und Informationen, die sie vor der Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots dem Bieter zur Verfügung gestellt hat, auch einem konkurrierenden Bieter oder Informationen, die sie einem White Knight zugänglich macht, auch dem ungeliebten Erstbieter zugänglich zu machen (dazu § 22 WpÜG Rz. 94 ff.), hat das übernahmerechtliche Gleichbehandlungsgebot in § 3 Abs. 1 WpÜG nichts zu tun49. Das ergibt sich bereits daraus, dass § 3 Abs. 1 WpÜG sich nur an den Bieter und nicht
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40 Näher § 19 WpÜG Rz. 12 f.; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 22 ff. 41 Näher § 32 WpÜG Rz. 9 f.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 21; a.A. die Verwaltungspraxis der BaFin, vgl. Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 106 Fn. 82. 42 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 22; im Ergebnis besteht darüber Einigkeit. 43 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 22; Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 4; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 16. 44 Näher § 31 WpÜG Rz. 61 f. 45 Für die Möglichkeit, die Wahlleistung aufgrund sachlicher Kriterien auf bestimmte Aktionäre zu begrenzen, v. Thunen, NZG 2008, 925 ff. 46 Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50. 47 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 23; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 8; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 16. 48 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 25. 49 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 11; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 4; Barst, Rechtsschutzinstrumente des Bieters bei feindlichen Übernahmen, 2008, S. 120 ff.; von Falkenhau-
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§ 3 Rz. 16 Allgemeine Grundsätze an die Zielgesellschaft richtet (oben Rz. 8). Selbst wenn man mit einem Teil der Literatur insoweit anderer Auffassung sein wollte, betrifft § 3 Abs. 1 WpÜG ausdrücklich nur die Gleichbehandlung von Inhabern von Wertpapieren der Zielgesellschaft. Ob potentielle Bieter mehr oder weniger zufällig auch Aktionäre der Zielgesellschaft sind, kann dabei keinen Unterschied machen, denn nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck will § 3 Abs. 1 WpÜG die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft gerade in dieser Eigenschaft und mithin als potentielle Verkäufer, nicht aber als potentielle Käufer der Wertpapiere schützen. Im vorliegenden Zusammenhang ist deshalb die Eigenschaft als Bieter maßgeblich und nicht eine mögliche Stellung als Wertpapierinhaber. Eine Verpflichtung der Zielgesellschaft zur Gleichbehandlung von Bietern will § 3 Abs. 1 WpÜG aber gerade nicht statuieren. Damit ist indes noch nicht die Frage beantwortet, ob sich aus anderen Vorschriften des WpÜG ein Prinzip der Bietergleichbehandlung ergeben kann (vgl. hierzu § 22 WpÜG Rz. 94 ff., § 33 WpÜG Rz. 165). 17
Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz gilt im zeitlichen und sachlichen Regelungsbereich des WpÜG, d.h. innerhalb und für die Dauer des Erwerbs- bzw. Übernahmeverfahrens. Im Kern betrifft das den Zeitraum von der Veröffentlichung der Entscheidung nach § 10 WpÜG bis zum Ablauf der Annahmefrist (§ 16 Abs. 1 WpÜG) bzw. der weiteren Annahmefrist (§ 16 Abs. 2 WpÜG). Der Vollzug des Angebots wird zwar im WpÜG nicht geregelt und nur an einigen Stellen am Rande erwähnt. Die Vollzugsmodalitäten sind aber untrennbarer Bestandteil des Angebots und vom Gleichbehandlungsgebot erfasst. Dem steht nicht entgegen, dass der Bieter die Wahl hat, den Vollzug im Fall der Anwendbarkeit der weiteren Annahmefrist entweder nach deren Ablauf in einem Durchgang vorzunehmen, oder aber nach Ablauf der (ersten) Annahmefrist für die dann bereits angedienten Aktien eine Teilabwicklung durchzuführen. Soweit es die Gegenleistung anbelangt, wirkt das Gleichbehandlungsgebot nach Maßgabe und in den Grenzen von § 31 Abs. 5 WpÜG noch ein Jahr nach Ablauf der Annahmefrist fort.
III. Rechtsfolgen bei Verstößen 18
Da das Gleichbehandlungsgebot im Angebot gilt, würden sich Verstöße in der Regel in der Angebotsunterlage niederschlagen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, der in der Angebotsunterlage Niederschlag gefunden hat, kann zur Untersagung des Angebots nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG führen. Verstöße gegen § 3 Abs. 1 WpÜG werden oft auch offensichtlich im Sinne der Untersagungsermächtigung sein. Wenn sich ein Verstoß nicht aus der Angebotsunterlage ergibt (Beispiel: Der Bieter zahlt bestimmten Aktionären, die das Angebot annehmen, einen Zusatzpreis), ist nach Lösungen im Bereich der konkret betroffenen Vorschriften (im Beispielsfall: § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG) zu suchen. Die Übernahmerichtlinie (Art. 17) verlangt Sanktionen, die „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind“. Das ist bei der Auslegung des WpÜG zu berücksichtigen.
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Hingegen ist ein individueller Anspruch des einzelnen Wertpapierinhabers auf Gleichbehandlung unter Berufung auf § 3 Abs. 1 WpÜG zu verneinen50. Die Regelungen des WpÜG schützen die Anleger nur in ihrer Gesamtheit und vermitteln keinen Individualschutz (vgl. § 4 WpÜG Rz. 25 ff.). Folglich scheidet auch ein Schadensersatzanspruch gegen den Bieter wegen Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgebotes aus.
sen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 93, 95 ff.; Liekefett, AG 2005, 802, 803; differenzierend Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 13; a.A. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 14; Maßstab für Recht und Pflicht zur Informationsweitergabe ist das Gesellschaftsinteresse, unten Rz. 42 f. 50 OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03 – Wella, AG 2003, 513 ff.; OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.2011 – WpÜG 1/11, AG 2012, 335 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 58; Baums/Hecker in Baums/ Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 61.
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Rz. 21 § 3
C. Transparenzgrundsatz (§ 3 Abs. 2 WpÜG) I. Allgemeines § 3 Abs. 2 WpÜG entspricht in der Sache Art. 3 Abs. 1 lit. b) Halbsatz 1 der Übernahmerichtlinie und formuliert den allgemeinen Grundsatz, die Angebotsadressaten müssten über genügend Zeit und ausreichende Informationen verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können. In Anlehnung an die Regierungsbegründung zum WpÜG51 wird § 3 Abs. 2 WpÜG häufig schlagwortartig als Transparenzgrundsatz oder -gebot bezeichnet52, was allerdings den Inhalt jedenfalls insoweit nur unzureichend wiedergibt, als das zeitliche Element („genügend Zeit“) damit nicht erfasst wird. Der Grundsatz steht insoweit in einem gewissen Spannungsverhältnis zu demjenigen der raschen Durchführung des Angebotsverfahrens (§ 3 Abs. 4 WpÜG; siehe unten Rz. 54 ff.), doch enthalten die Fristenregelungen des WpÜG eine dieses Spannungsverhältnis aufhebende (abschließende) gesetzgeberische Kompromisslösung. § 3 Abs. 2 WpÜG dient mit der Festlegung grundsätzlicher Erfordernisse der Angebotsdurchführung – Information und Zeit zur Verarbeitung der Information – einem geordneten, die Interessen der Kapitalmarktteilnehmer angemessen berücksichtigenden Verfahren. Eine weitergehende Bedeutung hat der Transparenzgrundsatz nicht. Weder macht er die Wertpapierinhaber zum Schiedsrichter über den Ausgang einer geplanten Übernahme insgesamt, noch steht er in Konflikt mit den Regelungen in § 33 WpÜG über Möglichkeiten und Grenzen von Verteidigungsmöglichkeiten der Organe der Zielgesellschaft.
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II. Inhalt und Reichweite 1. Grundsatz Die Bedeutung der Vorschrift liegt eher in der Umschreibung eines Teils der dem WpÜG unterliegen- 21 den Regelungsphilosophie als in einer konkreten Regelung einzelner Aspekte von Übernahmesachverhalten53. Die Regelungen des WpÜG in Bezug auf Publizität und Verfahrensfristen, die als Ausprägung der in § 3 Abs. 2 WpÜG enthaltenen Grundsätze verstanden werden können – bspw. in §§ 10–12, 16, 21, 23, 27, 28, 32 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO – haben eine solche Dichte erreicht, dass ein Bedürfnis, dem Grundsatz ergänzende Verhaltenspflichten entnehmen zu müssen, nur schwerlich eintreten dürfte54. Hinzu kommt, dass die speziellen Ausprägungen des Grundsatzes, namentlich im Bereich der Informationspflichten (siehe dazu näher unten Rz. 23 ff.), ihrerseits so gestaltet sind, dass sie eine flexible Reaktion auf die Besonderheiten des jeweiligen Angebots erlauben. § 3 Abs. 2 WpÜG kann bei der Auslegung einzelner Bestimmungen zum Tragen kommen. So werden die Anforderungen an die Klarheit von Angebotsbedingungen, die an wesentliche nachteilige Änderungen bei der Zielgesellschaft anknüpfen („material adverse change“-Klauseln), teilweise unter Rückgriff auf § 3 Abs. 2 WpÜG begründet55. Ferner wird der Transparenzgrundsatz in nicht unproblematischer Weise dafür herangezogen, den Bieter im Rahmen der Veröffentlichungen nach § 23 WpÜG bei Bewertungsschwierigkeiten zu externen Bewertungen anzuhalten56. Grundsätzlich sollte die Konkretisierung von Informationspflichten zum Beispiel im Zusammenhang mit der Angebotsunterlage (§ 11 WpÜG), der Mitteilungen nach § 23 WpÜG oder der Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat (§ 27 WpÜG) besser
51 Begr. RegE zum WpÜG, Allgemeiner Teil, BT-Drucks. 14/7034, S. 29. 52 Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 281; Liebscher, ZIP 2001, 853, 859; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 17; zurückhaltend Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 27; kritisch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 16; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 24. 53 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 30; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 27; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 281. 54 Einen eigenständigen Anwendungsbereich des Grundsatzes neben den im Gesetz vorgenommenen Konkretisierungen desselben bestreitet auch Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 15, 20. 55 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 54, 56. 56 Hippeli, AG 2017, 771, 774 f.
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§ 3 Rz. 21 Allgemeine Grundsätze aus diesen Normen heraus entwickelt werden, als durch Rückgriff auf den doch eher programmatischen § 3 Abs. 2 WpÜG57. 2. Fristen 22
Für eine Änderung der gesetzlich vorgesehenen Fristen und Fristenrahmen unter Rückgriff auf § 3 Abs. 2 WpÜG besteht auch im Einzelfall kein Raum58. In der Wahl der Annahmefrist ist der Bieter im Rahmen von § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG frei. Der Bieter kann unabhängig von der Komplexität des Angebots oder sonstigen Umständen des Angebots die Annahmefrist ohne weiteres auf die Mindestfrist von vier Wochen beschränken59. Die Angebotsadressaten sind durch die Veröffentlichung nach § 10 WpÜG vorgewarnt und können sich darauf einstellen, alsbald eine Entscheidung über die Annahme des Angebots treffen zu müssen. Das WpÜG selbst enthält keine handhabbaren Maßstäbe, die es der BaFin ermöglichen könnten, an Stelle des Bieters unter Abwägung des Beschleunigungsgebots nach § 3 Abs. 4 WpÜG einerseits und des Gebots ausreichender Zeit nach § 3 Abs. 2 WpÜG andererseits eine Entscheidung über die „richtige“ Annahmefrist zu treffen. Der Gesetzgeber hat bei öffentlichen Angeboten im Zusammenhang mit einer Stabilisierungsmaßnahme nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz in § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 FMStBG die Verkürzung auf zwei Wochen ermöglicht und damit zu erkennen geben, dass auch bei komplizierten Sachverhalten selbst eine Annahmefrist von weniger als vier Wochen noch zumutbar sein kann. 3. Informationen
23
In gleicher Weise ist dem Grundsatz, der Anleger müsse über ausreichende Informationen verfügen, selbst eine bloß mittelbare regulative Bedeutung abzusprechen. Soweit es um die Art oder den Umfang von Informationen geht, die der Bieter bzw. die Organe der Zielgesellschaft zu erbringen haben, enthält das Gesetz eine Reihe spezieller Regelungen, die als abschließend anzusehen sind. So verpflichtet § 11 WpÜG den Bieter nicht nur zur Aufnahme der in § 11 Abs. 2, 3 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AngVO angeführten Standardangaben in die Angebotsunterlage, sondern verlangt in § 11 Abs. 1 Sätze 2–4 WpÜG ganz allgemein, die Angebotsunterlage habe vollständig, richtig und verständlich über sämtliche Umstände zu informieren, die notwendig seien, um den Angebotsadressaten in die Lage zu versetzen, in Kenntnis der Sachlage über das Angebot zu entscheiden. Die Eingriffsbefugnisse der BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG sind insoweit die geeigneteren Durchsetzungsmittel als die allgemeinen Anordnungsbefugnisse im Rahmen der Missbrauchsaufsicht nach § 4 Abs. 1 WpÜG. Die Angebotspublizität auf der Grundlage der Angebotsunterlage wird durch weitere, im Zuge des Angebotsverfahrens eintretende Veröffentlichungspflichten des Bieters (wie etwa die nach § 23 WpÜG) ergänzt. Auf der Seite der Organe der Zielgesellschaft ist insbesondere auf die Pflicht des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zur Abgabe einer Stellungnahme (§ 27 WpÜG) hinzuweisen.
24
Abzulehnen ist die Auffassung, aus dem Zusammenspiel von § 3 Abs. 2 WpÜG und dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 WpÜG folge ein Gebot informationeller Gleichbehandlung der Angebotsadressaten etwa dergestalt, dass einzelnen Adressaten des Angebots über das „Pflichtprogramm“ des WpÜG hinaus in nicht öffentlicher Weise gegebene Informationen unverzüglich zu veröffentlichen seien60. Noch weniger kann § 3 Abs. 2 WpÜG dazu herangezogen werden, um den Bieter zu im WpÜG nicht vorgesehenen Mindeststandards für den eigentlichen Inhalt des Angebots zu zwingen61.
57 Für § 27 WpÜG tendenziell anders Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 15a. 58 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 27; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 20. 59 § 16 WpÜG Rz. 12; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 30; Baums/Hecker in Baums/Thoma/ Verse, § 3 WpÜG Rz. 27. 60 Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 10. Ablehnend, wie hier, auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 28. 61 Die Meinung von Santelmann, AG 2002, 497, 500 f. zu notwendigen Mindesterwerbsschwellen ist vereinzelt geblieben; anders die durchgängige Praxis und Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 27; Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 10.
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Assmann/Stephan
Allgemeine Grundsätze
Rz. 26 § 3
4. Aktualisierungspflicht? Für den Fall, dass nach Veröffentlichung des Angebots und vor Ablauf der Annahmefrist neue Markt- 25 daten oder sonstige relevante Informationen vorliegen, enthält das WpÜG keine spezifischen Aktualisierungspflichten. Ein großer Teil des Schrifttums leitet aus § 3 Abs. 2 i.V.m. §§ 11 und 12 WpÜG eine Verpflichtung zur Aktualisierung der Angebotsunterlage her62. Das OLG Frankfurt hat eine Aktualisierungspflicht nur dann in Erwägung gezogen, wenn die Angebotsunterlage bereits zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung unrichtig oder unvollständig war oder ergänzende Informationen in der Angebotsunterlage selbst als deren integraler Bestandteil angekündigt waren63. Der erste Fall, nämlich die Berichtigung des Angebots, ist in § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG gesetzlich geregelt. Der zweite Fall, die Ankündigung ergänzender Informationen als Bestandteil des Angebots, würde ein explizit unvollständiges und damit unzulässiges, von der BaFin zu untersagendes Angebot darstellen. Die BaFin verneint innerhalb des von ihr zu überwachenden Verfahrens das Bestehen einer Aktualisierungspflicht. In den Angebotsunterlagen hat sich der Hinweis eingebürgert, dass der Bieter die Angebotsunterlage nur aktualisieren wird, soweit er dazu gesetzlich verpflichtet ist. Die BaFin beanstandet es nicht, wenn dieser Hinweis mit der Überschrift „Keine Aktualisierung“ versehen wird64. Seit Inkrafttreten des WpÜG hat sich das Fehlen einer Aktualisierungspflicht nicht als wirklich drängendes Problem erwiesen. Das Problem als solches war bei Schaffung des WpÜG durchaus bekannt. Im Unterschied zum Pros- 26 pektrecht (vgl. § 16 WpPG) wurde auf eine explizite Aktualisierungspflicht verzichtet. Nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage beschränkt sich das weitere Programm auf die Stellungnahme der Organe der Zielgesellschaft (§ 27 WpÜG) und die Wasserstandsmeldungen (§ 23 WpÜG). Das kann nur so verstanden werden, dass grundsätzlich während des Laufs der Annahmefrist keine spezifischen Informationspflichten bestehen, zumal das WpÜG kein Rücktrittsrecht vorsieht, das eine Reaktion auf neue Informationen erlauben würde. Im Fehlen einer Regelung mag man einen Widerspruch zu dem in § 3 Abs. 2 WpÜG formulierten Grundsatz sehen, der Adressat des Angebots müsse über ausreichende Informationen verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können, doch lässt sich weder die Planwidrigkeit dieser Regelungslücke noch die gebotene Art ihrer Schließung allein aus § 3 Abs. 2 WpÜG ableiten65. Eine Lückenschließung im Weg der Analogie kommt jedenfalls bei Barangeboten nur in Grenzen – im Wesentlichen beschränkt auf neue Erkenntnisse zur Zahlungsfähigkeit des Bieters –, bei Umtauschangeboten weitergehend hinsichtlich der zum Tausch angebotenen Wertpapiere in Analogie zu den prospektrechtlichen Vorschriften in Betracht66. Der Bieter ist nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage nicht verpflichtet, die Aktionäre und Angebotsadressaten über die wirtschaftliche Entwicklung der Zielgesellschaft auf dem Laufenden zu halten. Wenn der Bieter absieht, dass nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage weitere Informationen bekannt werden können, die für die Angebotsadressaten relevant sind, ist es ihm unbenommen, in der Angebotsunterlage darauf hinzuweisen und ggfs. auch anzukündigen, dazu Informationen künftig zu veröffentlichen. Das macht diese weiteren Informationen weder zum Inhalt der Angebotsunterlage noch macht es die Angebotsunterlage unvollständig – im Gegenteil, ein solcher Hinweis kann nach den Maßstäben von § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 WpÜG sogar geboten sein. Für die Einzelheiten ist auf die Kommentierungen zu § 11 WpÜG (§ 11 WpÜG Rz. 40 ff.) und § 12 WpÜG (§ 12 WpÜG Rz. 30 ff.) zu verweisen.
62 § 12 WpÜG Rz. 32; Möllers, ZGR 2002, 664, 673 ff.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 49 ff., 53; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 40; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1331 f., 1334; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 17; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 16 f.; Assmann, AG 2002, 153, 156 f.; Clasen, Die Pflichten des Bieters zur Sicherstellung der Aktualität der Angebotsunterlage nach dem WpÜG, 2006, S. 96 ff.; auf wenige Fälle beschränkt Stephan, AG 2003, 551, 555 ff.; a.A. Hamann, ZIP 2001, 2249, 2257. 63 OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 70/06, juris Rz. 65 f. 64 Z.B. Angebotsunterlage der Luz (C-BC) Bidco GmbH, München zum Erwerb aller Aktien der OSRAM Licht AG, München vom 22.7.2019, Ziffer 2.4. 65 Tendenziell anders Clasen, Die Pflichten des Bieters zur Sicherstellung der Aktualität der Angebotsunterlage nach dem WpÜG, S. 98 f. 66 Stephan, AG 2003, 551 ff.
Assmann/Stephan
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§ 3 Rz. 27 Allgemeine Grundsätze 5. Verhältnis zu Vertraulichkeitspflichten 27
Der in § 3 Abs. 2 WpÜG anerkannte Anspruch der Angebotsadressaten, über ausreichende Informationen zu verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können, kann mit den Geheimhaltungsinteressen namentlich des Bieters, u.U. (vgl. § 27 WpÜG) aber auch der Zielgesellschaft in Konflikt geraten67. Es versteht sich, dass der Bieter keine Geschäftsgeheimnisse in der Angebotsunterlage ausbreiten muss, die für die Adressaten zur Beurteilung des Angebots nicht erforderlich sind68. Das Gebot zu richtiger und vollständiger Information nach §§ 11, 12 WpÜG wird dadurch allerdings nicht berührt, was zur Folge hat, dass die Angaben der Angebotsunterlagen, auch unter Berücksichtigung der der Geheimhaltung unterliegenden Tatsachen, nicht unrichtig oder unvollständig sein dürfen69. Für die Zielgesellschaft – die nicht die Möglichkeit hat, von dem Angebot Abstand zu nehmen – ist die Situation schwieriger. In der Praxis tauchen allerdings selten Probleme auf. Wenn die Zielgesellschaft zum Zeitpunkt ihrer Stellungnahme nach § 27 WpÜG von einer Selbstbefreiung nach Art. 17 Abs. 4 MMVO (vormals § 15 Abs. 3 WpHG) Gebrauch macht, kann ein schwer zu lösender Konflikt zwischen den Interessen der Gesellschaft an Geheimhaltung und der Aktionäre an Information bestehen, der nur von Fall zu Fall gelöst werden kann.
III. Rechtsfolgen bei Verstößen 28
Aus dem Gesagten folgt, dass selbständige Sanktionen für Verstöße gegen § 3 Abs. 2 WpÜG nicht in Betracht kommen: Vorrangig ist immer die Normanwendung der verschiedenen Ausprägungen von § 3 Abs. 2 WpÜG samt den in den jeweiligen Zusammenhängen bestehenden Sanktionen, wie beispielsweise Untersagung nach § 15 Abs. 1 WpÜG oder Schadensersatz nach § 12 WpÜG. § 3 Abs. 2 WpÜG ist kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB70.
D. Interessenwahrungsgrundsatz (§ 3 Abs. 3 WpÜG) I. Allgemeines 29
Gemäß § 3 Abs. 3 WpÜG müssen Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft im Interesse der Zielgesellschaft handeln. Der Zweck der Vorschrift besteht in der Klarstellung, dass die gesellschaftsrechtlichen Pflichten dieser Organe während eines Angebotsverfahrens durch das WpÜG nicht suspendiert sind71. Die Vorschrift war bereits im DiskE enthalten und blieb während des Gesetzgebungsverfahrens unverändert. Sie steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, das den Schutz der Aktionäre an der unbeeinträchtigten Möglichkeit zur Annahme des Angebots bezweckt, indem es dem Vorstand die Vornahme von Handlungen untersagt, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte (näher § 33 WpÜG Rz. 57, 126, 145)72.
30
Das gleiche Spannungsverhältnis kennzeichnet die Übernahmerichtlinie73. Ihr Art. 3 Abs. 1 lit. c) ordnet an, dass das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft „im Interesse der gesamten Gesellschaft“ handeln muss, aber den Inhabern von Wertpapieren nicht die Möglichkeit vorenthalten
67 Vgl. Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 11. 68 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 30. 69 Vgl. zu den dazu vertretenen Meinungen Bachmann in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 109, 120 f.; abzulehnen ist die Auffassung, es gebe einen Bereich nicht der Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG unterliegender, aber zur Haftung nach § 12 WpÜG führender Angebotsunterlagen; so aber Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 30 a.E. 70 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 58. 71 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35; Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 12; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 35; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 15; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 15. 72 Der Gesetzgeber hat diesen Konflikt durchaus gesehen; siehe Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 73 Zu diesem Spannungsverhältnis (auf der Grundlage des Richtlinienvorschlags 1997) Mülbert, IStR 1999, 83, 85 ff.
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Assmann/Stephan und Krause/Pötzsch/Stephan
Allgemeine Grundsätze
Rz. 33 § 3
darf, das Angebot selbst zu beurteilen. Im Vereitelungsverbot des Art. 9 ist dieser allgemeine Grundsatz weiter präzisiert.
II. Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 WpÜG ist dadurch eingeschränkt, dass ihm § 33 31 WpÜG als lex specialis vorgeht, soweit die zu beurteilende Handlung des Vorstands den Erfolg des Übernahmeangebots verhindern könnte74. Das gilt allerdings nur insoweit, als § 33 WpÜG selbst nicht Raum für entsprechende Maßnahmen lässt, und ist wegen des Umfangs der Ausnahmen vom Verhinderungsverbot im Ergebnis eher theoretischer Natur. Es ist kaum denkbar, dass der Vorstand sich gegen die Interessen der Gesellschaft und trotz Ausnutzung der Möglichkeiten von § 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WpÜG wegen des Verhinderungsverbots in § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu bestimmten zu Maßnahmen oder Unterlassungen gezwungen sehen könnte. Die in § 3 Abs. 3 WpÜG angeordnete Bindung des Vorstands und Aufsichtsrats an das Interesse der Zielgesellschaft ist bei der Übernahmeabwehr umgekehrt auch insofern von Bedeutung, als der Aufsichtsrat den Vorstand vom Verhinderungsverbot nur dann befreien (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG) und der Vorstand Ausnahmen des Verhinderungsverbots (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 und 2 WpÜG) und Ermächtigungen des Aufsichtsrats (§ 33 Abs. 1 Alt. 3 WpÜG) bzw. der Hauptversammlung (nicht nur gemäß § 33 Abs. 2 WpÜG) nur dann nutzen darf, wenn dies im Interesse der Gesellschaft liegt (siehe § 33 WpÜG Rz. 128 ff., 236 ff.). § 3 Abs. 3 WpÜG liefert weiterhin den Prüfungsmaßstab dafür, ob Vorstand und Aufsichtsrat das Angebot eines Bieters fördern dürfen. Soweit die Förderungsmaßnahmen dem Interesse der Gesellschaft widersprechen, sind sie gemäß § 3 Abs. 3 WpÜG unzulässig. § 33 WpÜG steht dem nicht entgegen, weil sich aus ihm nicht herleiten lässt, dass das Angebot vor dem Interesse der Zielgesellschaft Vorrang genießt75. Im Ergebnis schränkt § 33 WpÜG den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 3 WpÜG nicht ein76. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 WpÜG ist eröffnet, sobald der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe des Angebots (bzw. die Tatsache des Kontrollerwerbs) veröffentlicht hat. Vorher findet das Gesetz insgesamt keine Anwendung (§ 1 WpÜG). Hieraus folgt, dass vor diesem Zeitpunkt ergriffene Maßnahmen der Übernahmeprophylaxe ebenso wie Maßnahmen zur Förderung eines möglichen Angebots nicht an § 3 Abs. 3 WpÜG, sondern allein an aktienrechtlichen Grundsätzen zu messen sind (hierzu eingehend § 33 WpÜG Rz. 243 ff.)77.
32
III. Interesse der Zielgesellschaft 1. Position des WpÜG-Gesetzgebers Nach § 3 Abs. 3 WpÜG sind Vorstand und Aufsichtsrat auf das Interesse der „Zielgesellschaft“ verpflichtet. Die Begründung des Regierungsentwurfs spricht davon, dass Vorstand und Aufsichtsrat im Interesse des „Unternehmens“ handeln müssen und dabei „die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und die Interessen der Gesellschaft insgesamt“ zu berücksichtigen sind78. Mit dieser Erläuterung hat der Gesetzgeber des WpÜG weder einen neuen Verhaltensmaßstab eingeführt79 noch in der Diskussion um die Unternehmenszielvorgaben des Aktiengesetzes Position bezogen80. Wie die 74 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 R WpÜG z. 29; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 39; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 23; ebenso zum Parallelproblem in der Übernahmerichtlinie Krause, AG 1996, 209, 214; Mülbert, IStR 1999, 83, 85 ff. 75 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 37; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 22. 76 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 23. 77 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 37. 78 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35; die Begr. RegE zu § 27 Abs. 1, BT-Drucks. 14/7034, S. 52, nimmt darüber hinaus auf das Gemeinwohl Bezug. 79 A.A. von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, S. 189 ff., 202 f., 269 (keine Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit). 80 Auch die Rechtsprechung verwendet die Begriffe nicht einheitlich; vgl. einerseits BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, 533/77, 419/78 sowie 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, 374; BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64,
Krause/Pötzsch/Stephan
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33
§ 3 Rz. 33 Allgemeine Grundsätze Begründungen sämtlicher Gesetzentwürfe erkennen lassen („stellt klar“), ging es dem Gesetzgeber lediglich um die Feststellung, dass die aktienrechtlichen Pflichten des Vorstands und Aufsichtsrats auch während des Angebotsverfahrens fortgelten81. Zur Verdeutlichung wurde in die Begründung des Referenten- und des Regierungsentwurfs die Erläuterung aufgenommen, dass die „allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Pflichten dieser Organe … durch das Gesetz nicht suspendiert“82 werden. Folglich bestimmt sich das in § 3 Abs. 3 WpÜG angesprochene „Interesse der Zielgesellschaft“ nach aktienrechtlichen Maßstäben83. 2. Aktienrechtliche Maßstäbe 34
Bei der Konkretisierung der aktienrechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten sind – anders nach den Maßstäben der Rechtsordnungen, die das Interesse der Gesellschaft weitgehend mit dem Interesse der Aktionäre gleichsetzen84 – das Interesse der Gesellschaft und das Interesse der Aktionäre zu unterscheiden. Das in § 3 Abs. 3 WpÜG angesprochene Interesse der Zielgesellschaft ist nicht gleichzusetzen mit dem Interesse ihrer Aktionäre, zu einem möglichst hohen Preis an den Bieter verkaufen zu können.
35
Im Aktiengesetz ist nicht angesprochen, was unter dem Gesellschaftsinteresse zu verstehen ist. Insbesondere § 76 Abs. 1 AktG, der dem Vorstand aufgibt, die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten, liefert für die Erfüllung dieser Aufgabe keine Zielvorgaben. Weil der Gegenstand der Leitung das Unternehmen der Gesellschaft ist, sieht die ganz überwiegende Literatur den Vorstand an das „Unternehmensinteresse“ gebunden85. Dem ist zu folgen, soweit der Begriff des Unternehmensinteresses als sprachliche Abkürzung dafür dient, dass der Vorstand die in der Gesellschaft und ihrem Unternehmen zusammentreffenden Interessen sachgerecht wahrzunehmen hat86. Dagegen ist eine von der Gesellschaft verselbständigte Interessenträgerschaft des Unternehmens87 schon deshalb abzulehnen, weil es bisher nicht gelungen ist, einem in diesem Sinn verstandenen Unternehmensinteresse konsensfähige Konturen zu verleihen88.
36
Zum Aktienrecht werden zur Konturierung des Unternehmensinteresses in vielerlei Spielarten zwei Meinungen vertreten. Nach dem interessenpluralistischen Ansatz besteht zwischen den auf die Unternehmenstätigkeit bezogenen Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer, der Gläubiger und der Allgemeinheit kein Vorrangverhältnis. Im Fall widerstreitender Interessen muss der Vorstand nach dem bestmöglichen Ausgleich suchen. Gelegentlich wird das mit dem Begriff der „praktischen Konkordanz“ beschrieben89. Die Regierungsbegründung zum WpÜG steht auf dem Boden des interessenplu-
81 82 83
84 85 86 87 88 89
325, 331 („Unternehmensinteresse“); andererseits BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 44; BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321 („Gesellschaftsinteresse“); noch anders BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93, BGHZ 125, 239, 241, 243 f. = AG 1994, 276; BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 139, 140 = AG 1997, 465 (Verwendung beider Begriffe). Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 18. Begr. RefE zu § 3 Abs. 3 WpÜG, abgedr. bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 407, 432; Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 Rz. 30; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 22; Steinhardt in Steinmeyer, § 3 WpÜG Rz. 12; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 35; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 18; a.A. von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, S. 189 ff., 204, 269 (mit dem Argument, dass dann die aktienrechtliche Neutralitätspflicht zur Geltung gelange). Vgl. von Bonin, Leitung der Aktiengesellschaft, S. 217 f. Hierzu Hüffer/Koch, § 76 AktG Rz. 36 m.w.N.; Kort, AG 2012, 605 ff. Hüffer/Koch, § 76 AktG Rz. 28 ff., 36 m.w.N.; Kort in Großkomm. AktG, § 76 AktG Rz. 40; Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 6 ff. So aber die Lehre vom Aktienunternehmen; hierzu etwa Flume, Allgemeiner Teil des BGB, Band I/1, 1983, S. 59; Schilling, ZHR 144 (1980), 136 ff. Plastisch Zöllner, AG 2003, 2, 7; im Ergebnis ebenso Hüffer/Koch, § 76 AktG Rz. 36; Kort in Großkomm. AktG, § 76 AktG Rz. 39 f.; Mülbert, IStR 1999, 83, 84; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 24; Baums/ Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 31. Vgl. nur Hüffer/Koch, § 76 AktG Rz. 28 ff. m.w.N.
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Krause/Pötzsch/Stephan
Allgemeine Grundsätze
Rz. 38 § 3
ralistischen Ansatzes90. Nach dem shareholder value-Ansatz haben dagegen die Interessen der Aktionäre Vorrang vor anderen Interessen. Die Berücksichtigung allein der Aktionärsinteressen unter Ausblendung anderer Interessen wird dabei kaum vertreten91. Vielmehr werden im Sinne eines moderaten („enlightened“) shareholder value-Ansatzes andere Interessen (nachrangig) mit berücksichtigt, oder das Aktionärsinteresse wird mit dem nachhaltigen Ertragsinteresse der Gesellschaft gleichgesetzt und dadurch gefiltert92. Praktisch möglicherweise wichtiger als der Meinungsstreit über das Unternehmensinteresse ist die (unstreitige) Negativabgrenzung, dass die Organe der Gesellschaft sich (auch) in der Übernahmesituation jedenfalls nicht von gesellschaftsfremden Interessen, insbesondere von Eigeninteressen oder Interessen des Bieters, leiten lassen dürfen. Für eine umfassende Darstellung der uferlosen aktienrechtlichen Diskussion ist hier weder Platz noch 37 Bedarf. Die jahrzehntealten Bemühungen um die Konturierung des Gesellschaftsinteresses anhand abstrakter Vorgaben haben wenig dazu beigetragen, Leitlinien für das richtige Vorstandshandeln im konkreten Fall zu liefern. Der moderne enlightened shareholder value-Ansatz, wie er etwa dem englischen Gesellschaftsrecht zugrunde liegt93, lässt sich, was die Auswirkung auf die Entscheidung konkreter Fälle betrifft, von einem interessenpluralistischen Ansatz nicht unterscheiden94. Sinnvoller erscheint deshalb der Versuch der Konturierung der Anforderungen an das Vorstandshandeln in einzelnen Fallgruppen (unten Rz. 39 ff.). Dabei ist im Auge zu behalten, dass es „den Aktionär“, dessen Interessen identifiziert werden könnten, nicht gibt. Der eine Aktionär möchte den höchstmöglichen Preis für seine Aktie erzielen und schert sich wenig um die Zukunft der Gesellschaft, der andere möchte Aktionär bleiben und sorgt sich um die fortbestehende Unabhängigkeit und Ertragskraft des Unternehmens95. 3. Überformung durch EU-Recht? Von einer Überlagerung oder gar Entscheidung dieser Streitfragen durch EU-Recht ist jedenfalls inso- 38 weit nichtauszugehen, als es um einen interessenpluralistischen Ansatz einerseits und einen enlightened shareholder value-Ansatz andererseits geht96. Die in Art. 3 Abs. 1 lit. c) Übernahmerichtlinie enthaltene Formel, dass das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan einer Zielgesellschaft im Interesse der gesamten Gesellschaft handeln müsse und den Inhabern von Wertpapieren nicht die Möglichkeit der Beurteilung des Angebots vorenthalten dürfe, beschreibt lediglich das Spannungsverhältnis zu Art. 9, lässt aber mit der Bezugnahme auf das „Interesse der gesamten Gesellschaft“ offen, welches Gewicht den einzelnen in der Gesellschaft zusammentreffenden Interessen einzuräumen ist97. Die noch im Kommissionsvorschlag von 1997 (Art. 5 Abs. 1 lit. c)) enthaltene Wendung, dass das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft „bei seinem Vorgehen sämtliche Interessen der Gesellschaft, einschließlich der Be90 BT-Drucks. 14/7034, S. 35: „Dabei sind die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und die Interessen der Gesellschaft insgesamt zu berücksichtigen“ – mit der „Gesellschaft insgesamt“ ist an dieser Stelle wohl die Aktiengesellschaft und nicht das Sozialgefüge als solches gemeint, vgl. weiter aaO S. 52 (zu § 27 Abs. 1 WpÜG): „Durch die Stellungnahme kommt der Vorstand seiner Verpflichtung zur sachgerechten Wahrnehmung der in der Gesellschaft zusammentreffenden Interessen nach, deren Träger neben den Aktionären die Arbeitnehmer und das Gemeinwohl sind und deren ggf. divergierenden (sic) Interessen im Wege praktischer Konkordanz auszugleichen sind.“ 91 Vgl. aber spezifisch für die Übernahmesituation Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 19 ff. (bei Übernahmeangebot nur Wahrung von Aktionärsinteressen). 92 Vgl. die Darstellung bei Spindler in MünchKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 75 ff.; für das Übernahmerecht Schmolke in Paschos/Fleischer, § 6 Rz. 88 ff. 93 Sec. 172 (1) Companies Act 2006: „A director of a company must act in the way he considers, in good faith, would be most likely to promote the success of the company for the benefit of its members as a whole, and in doing so have regard (amongst other matters) to – (a) the likely consequences of any decision in the long term, (b) the interests of the company’s employees, (c) the need to foster the company’s business relationships with suppliers, customers and others, (d) the impact of the company’s operations on the community and the environment, (e) the desirability of the company maintaining a reputation for high standards of business conduct, and (f) the need to act fairly as between members of the company.“ 94 Vgl. zur Entwicklung der Diskussion in England Habersack ZHR 181 (2017), 603, 617. 95 Vgl. die bei Fleischer, AG 2017, 509, 519 wiedergegebene Typologisierung des Economist. 96 Schmolke in Paschos/Fleischer, § 6 Rz. 93. 97 Hierzu ausführlich Mülbert, IStR 1999, 83, 84 ff.
Krause/Pötzsch/Stephan
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§ 3 Rz. 38 Allgemeine Grundsätze schäftigung, berücksichtigen“ muss, wurde nicht weiterverfolgt. Regelungsvorschläge der Kommission, Leitungs- und Verwaltungsorgane auf „das Interesse des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer“ zu verpflichten98, waren nicht erfolgreich; die 5. Richtlinie wurde nie verabschiedet und die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft99 enthält sich einer Stellungnahme100. Auch die Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer konstituiert kein Rangverhältnis zwischen den Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und ggf. sonstigen Interessen101. Der Bericht der Kommission zur Anwendung der Übernahmerichtlinie vom 28.6.2012102 verweist auf die verschiedenen betroffenen Interessen, ohne spezifische Schlussfolgerungen zu ziehen. Und schließlich betont das Grünbuch der Kommission von 2001 das Erfordernis der Einbeziehung sozialer Belange in die Unternehmensführung103.
IV. Rechte und Pflichten des Vorstands 1. Rechte und Pflichten im Vorfeld eines Angebots 39
Im Vorfeld eines Angebots, insbesondere eines Übernahmeangebots, kann der Vorstand im Rahmen seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§§ 76, 93 AktG) verpflichtet sein, Informationen über potenzielle Bieter einzuholen, um seine Informationspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat und der Hauptversammlung erfüllen zu können104. Diese Pflicht kann jedoch erst dann entstehen, wenn dem Vorstand konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Angebot beabsichtigt ist (etwa nach Kontaktaufnahme durch den potenziellen Bieter). Weiter gehenden übernahmerechtlichen Informationsbeschaffungspflichten unterliegt der Vorstand nicht105. Dem Vorstand steht es frei, zur Planung der Konzernstrategie jederzeit, auch ohne Zusammenhang mit einem konkret anstehenden Übernahmeangebot, Informationen über potenzielle Investoren einzuholen.
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Der Umfang zulässiger Einflussnahme des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises und damit auch der Umfang aktiver Einwirkung auf das Zustandekommen oder das Nicht-Zustandekommen eines Angebots sind umstritten. Teilweise wird in unterschiedlicher Strenge die Auffassung vertreten, dem Vorstand sei es untersagt, auf Änderungen der Beteiligungsverhältnisse einzuwirken106. Ein umfassendes „Neutralitätsgebot“ dieses Inhalts kennt das Aktienrecht aber nicht. Dem Vorstand können vielmehr – unter Bindung an das Wohl der Gesellschaft – zahlreiche Entscheidungen übertragen werden, die auf die Beteiligungsverhältnisse einwirken107. Das gilt für den Rückerwerb eigener Aktien (§ 71 AktG) und die Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien 98 Art. 74 Abs. 2 Dritter geänderter Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft vom 16.5.1991, ABl. EG Nr. C 176 v. 8.7.1991, S. 1, abgedr. bei Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, Ziff. 16; Art. 10a Abs. 2, Art. 21q Abs. 2 Dritter geänderter Vorschlag für eine 5. Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts v. 20.11.1997, ABl. EG Nr. C 321 v. 12.12.1991, S. 9, abgedr. bei Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, Ziff. 5. 99 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001, ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 1. 100 In der Organisationsverfassung der monistisch verfassten SE ist dieses Thema überhaupt nicht angesprochen; für die dualistisch verfasste SE ist lediglich vorgesehen, dass das Leitungsorgan die Geschäfte der SE in eigener Verantwortung führt (Art. 39 Abs. 1 Satz 1). 101 Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8.10.2001, ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 22. 102 COM (2012) 347 final, Tz. 3. 103 COM (2001) 366 endg. 104 Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1438; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 28; a.A. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 42; zur Informationserteilungspflicht des Bieters Weber, Vormitgliedschaftliche Treuebindungen, 1999, S. 419 ff. 105 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 28. 106 Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 26; Mestmäcker, BB 1961, 945, 946 f.; Schilling in FS Hengeler, 1972, S. 226, 237 ff.; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, 1986, S. 50 ff.; Hopt, ZGR 2002, 333, 360; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 1, 129; W. Müller in FS Semler, 1993, S. 195, 212 f.; Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1079 f.; Adams, AG 1990, 243, 245 f.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 35 ff.; Krause, AG 2000, 217 ff. 107 Grunewald, AG 2001, 286, 290.
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(§ 68 Abs. 2 Satz 2 AktG) ebenso wie für die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts beim genehmigten Kapital (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG). Als zulässigen sachlichen Grund für den Bezugsrechtsausschluss hat die Rechtsprechung beispielsweise die Internationalisierung des Aktionärskreises anerkannt108. Im Übernahmerecht ist die Suche nach einem white knight ausdrücklich gestattet (§ 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG). Im aktienrechtlichen Schrifttum besteht weitgehend Einigkeit, dass der Vorstand einem Kaufinteressenten Informationen über die Gesellschaft zugänglich machen darf (und damit implizit auf mögliche Veränderungen der Aktionärsstruktur Einfluss nimmt), wenn das durch das Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt ist109. Die Fälle gesetzlich vorgesehener oder generell akzeptierter unmittelbarer oder mittelbarer Einflussnahmen sind so zahlreich und gewichtig, dass es keinen Anlass für die Annahme eines Verbots der Einflussnahme jenseits dieser Fälle gibt. Maßnahmen mit Verhinderungseignung sind am Maßstab von § 33 WpÜG zu messen. Im Übrigen darf der Vorstand hinsichtlich der Zusammensetzung des Aktionärskreises die Maßnahmen treffen, die dem Wohl der Gesellschaft dienen110. Das bedeutet, dass der Vorstand unter Umständen auch von sich aus nach einem Bieter für das Unternehmen suchen darf. Persönliche Interessen hat er dabei außer Betracht zu lassen111. 2. Geschäftsführung Die aktienrechtlichen Pflichten des Vorstands bleiben von der Ankündigung und Durchführung eines Angebots unberührt. Folglich ist der Vorstand auch nach der Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 WpÜG) zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet; in § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ist dies ausdrücklich anerkannt. Soweit der Vorstand Maßnahmen ergreifen möchte, die über Handlungen im Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 und 2 WpÜG hinausgehen, kann er gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG verpflichtet sein, die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen. Wenn der Vorstand nach pflichtgemäßer Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass ein Angebot unmittelbar bevorsteht, kann er gemäß § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG verpflichtet sein, den Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu informieren112.
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3. Verschwiegenheitspflicht Während eines Angebotsverfahrens bleibt der Vorstand zur Verschwiegenheit über vertrauliche Umstände und Geheimnisse der Gesellschaft verpflichtet (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG). Demnach darf der Vorstand weder dem Bieter noch den Aktionären Umstände offenbaren, deren Veröffentlichung erhebliche Nachteile für die Gesellschaft zur Folge hätte, selbst wenn diese Umstände für die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots maßgeblich sein können113. Diese Begrenzung des Informationsrechts der Aktionäre ist aus dem Rechtsgedanken des § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG herzuleiten. Die Verschwiegenheitspflicht kann sich etwa auf Verhandlungen mit Dritten über den Erwerb oder die Veräußerung von Unternehmensteilen oder die dem Vorstand vertraulich zugeleiteten Informationen über ein bevorstehendes Übernahmeangebot oder auch Gespräche des Bieters mit der Zielgesellschaft im Vorfeld des Angebots erstrecken114. Die Verschwiegenheitspflicht wird allerdings vielfach rechtlich überlagert, so dass es in der Regel nicht zu unauflösbaren Konflikten kommt. Der Vorstand ist nach Maßgabe von Art. 17 Abs. 4 MMVO verpflichtet, Insiderinformationen unverzüglich 108 BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93, AG 1994, 276, 277 – Deutsche Bank. 109 Hüffer/Koch, § 93 AktG Rz. 32. 110 So oder ähnlich Hüffer/Koch, § 76 AktG Rz. 40; Fuchs in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 22 Rz. 111; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 12 ff.; Cahn in Spindler/Stilz, § 71 AktG Rz. 57; die Unterschiede zu den Verfechtern eines Neutralitätsgebots sind im praktischen Ergebnis wohl eher gering, vgl. z.B. Hopt, ZGR 1993, 534, 547 f., 559 f. 111 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 37 a.E. 112 Lammers, Verhaltenspflichten, S. 112 ff.; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 29. 113 Herrmann, Zivilrechtliche Abwehrmaßnahmen, S. 90 ff.; zur Parallelproblematik bei § 27 WpÜG siehe § 27 WpÜG Rz. 50. 114 Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 191; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1394; Herrmann, Zivilrechtliche Abwehrmaßnahmen, S. 90 f.; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 30; Lammers, Verhaltenspflichten, S. 111.
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§ 3 Rz. 42 Allgemeine Grundsätze zu veröffentlichen. Da die Informationen, die für die Aktionäre bei ihrer Entscheidung über Annahme oder Ablehnung relevant sind, typischerweise den Wert der Aktien betreffen, ist ein Konflikt mit der Verschwiegenheitspflicht insoweit praktisch nur bei der Frage denkbar, ob und für wie lange in einer Übernahmesituation von einer Selbstbefreiung nach Art. 17 Abs. 4 MMVO (vormals § 15 Abs. 3 WpHG) Gebrauch gemacht werden kann und ob die Selbstbefreiung auch den Inhalt der Stellungnahme nach § 27 WpÜG beschränken kann115. 43
Im Verhältnis zum Bieter – auch einem konkurrierenden Bieter – gelten zunächst die allgemeinen aktienrechtlichen Regelungen über die Bereitstellung von Informationen über das Unternehmen an potentielle Investoren116. Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG kann auch der Weitergabe von Informationen an einen konkurrierenden Bieter entgegenstehen117. Im Ausgangspunkt besteht weitgehend Einigkeit, dass der Vorstand Investoren Informationen zur Verfügung stellen kann, wenn das dem Gesellschaftsinteresse dient118. Die Orientierung am Gesellschaftsinteresse bedingt, dass ein strikter Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Weitergabe von Informationen nicht gelten kann119. Die Privilegierung der Suche nach einem konkurrierenden Angebot in § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpÜG dispensiert ebenfalls nicht von der Bindung an das Gesellschaftsinteresse und ist keine eigenständiger Grund für die erweiterte Bereitstellung von Informationen (zur Weitergabe von Informationen an konkurrierende Bieter auch § 22 WpÜG Rz. 94 ff.). 4. Abwehr von Gefahren für die Zielgesellschaft
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Zu den Geschäftsführungsaufgaben des Vorstands gehört die Verpflichtung, Gefahren von der Zielgesellschaft fern zu halten, insbesondere wenn sie den Fortbestand der Gesellschaft gefährden (§ 91 Abs. 2 AktG). Hieraus folgt jedoch keine generelle Berechtigung, Abwehrmaßnahmen gegen ein aus Sicht des Vorstands oder Aufsichtsrats unerwünschtes Angebot unter Berufung auf die von ihm ausgehenden Gefahren für die Zielgesellschaft zu ergreifen120. Diesen Gefahren wäre zunächst mit dem aktienrechtlichen Instrumentarium (z.B. §§ 311 ff. AktG) zu begegnen, und dem Bieter kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, er werde sich nachhaltig gesetzeswidrig verhalten. Der zu erwartende Verlust der wirtschaftlichen Selbständigkeit121, eine zu erwartende grundlegende wirtschaftliche Neuorientierung des Unternehmens der Zielgesellschaft122 (selbst wenn sie nach Auffassung des Vorstands nicht sinnvoll ist123) oder die drohende Beeinträchtigung von Arbeitnehmer-124 oder Gemeinwohlinteressen125 können nicht per se eine Ausnahme vom Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG rechtfertigen, wohl aber für den Vorstand Anlass sein, das ihm nach § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG 115 Dazu Rz. 27. Allgemein zum Verhältnis zur Verschwiegenheitspflicht zu § 27 WpÜG Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 32; Plandaten müssen schon deshalb nicht generell offen gelegt werden, weil sie für den vernünftigen Anleger wenig Relevanz haben. Im Übrigen wird das Geheimhaltungsinteresse an Plandaten überschätzt, bei allen Maßnahmen mit Bewertung nach IDW S 1 erfolgt eine umfangreiche Offenlegung der Planung. 116 Hüffer/Koch, § 93 AktG Rz. 32. 117 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1383 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 25. 118 Hüffer/Koch, § 93 AktG Rz. 32; Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 213; Roschmann/Frey, AG 1996, 449; K. Mertens, AG 1997, 541; Schroeder, DB 1997, 2161; Ziemons, AG 1999, 492; K. J. Müller, NJW 2000, 3452; Stoffels, ZHR 165 (2001), 362; Linker/Zinger, NZG 2002, 497; bei gleichem Ausgangspunkt zu eng Lutter in FS Schippel, 1996, S. 455 ff. 119 Vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 11, 25; von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 93, 104 ff.; wohl auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 43; a.A. (Pflicht zur Gleichbehandlung aus § 33) Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 4; fernliegend Liekefett, AG 2005, 802, 806 ff., wonach gerade das Gesellschaftsinteresse die grundsätzliche Gleichbehandlung aller Bieter erfordere. 120 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1392; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 32; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 37. 121 Vgl. Hopt, ZGR 1993, 534, 550 f. 122 Vgl. Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 27; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 1, 101; Hopt, ZGR 1993, 534, 553. 123 Vgl. Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1392. 124 Vgl. Hopt, ZGR 1993, 534, 552. 125 Vgl. Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1392.
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zur Verfügung stehende Repertoire – unter Bindung an das Gesellschaftsinteresse – auszuschöpfen. Dies gilt auch dann, wenn der Zielgesellschaft nach der Übernahme die Auflösung droht, weil diese Entscheidung jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen von der Hauptversammlung getroffen werden kann126. Ob Tatbestände wie bevorstehende Gesetzesverstöße oder eine bevorstehende dauerhaft rechtswidrige Tätigkeit der Zielgesellschaft (etwa nach der Übernahme durch die Mafia), die vor Geltung des WpÜG als Ausnahme des Neutralitätsgebots diskutiert wurden, den Vorstand nach § 33 WpÜG zu Abwehrmaßnahmen berechtigen, ist erfreulicherweise bisher eine eher theoretische Frage geblieben, kann aber nicht ernsthaft bestritten werden (näher § 33 WpÜG Rz. 49, 52). Unter Umständen kann sich die Verpflichtung des Vorstands auf das Interesse der Gesellschaft zu der Pflicht verdichten, die Hauptversammlung einzuberufen (§ 121 Abs. 1 Fall 2 AktG) oder die Einberufung des Aufsichtsrats zu verlangen (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AktG), um die Zustimmung zu geeigneten Abwehrmaßnahmen zu erwirken127. 5. Pflichten gegenüber Arbeitnehmern Wegen der nicht selten weitreichenden Folgen einer erfolgreichen Übernahme für die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft sieht das Gesetz die Verpflichtung des Vorstands zur Information des Betriebsrats oder, wenn ein solcher nicht besteht, der Arbeitnehmer über das Angebot (§§ 10 Abs. 5 Satz 2, 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG) und die Verpflichtung des Vorstands zu Veröffentlichung der Stellungnahme des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer (§ 27 Abs. 2 WpÜG) vor. Der Bieter ist zur Unterrichtung seiner Arbeitnehmer und des bei der Bietergesellschaft bestehenden Betriebsrats verpflichtet (§ 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG)128. Wenn die Bietergesellschaft, wie üblich, eine arbeitnehmerlose Zweckgesellschaft ist, läuft die Vorschrift leer129. Darüber hinaus sind zwei Vertreter der Arbeitnehmer als Mitglieder des bei der BaFin gebildeten Beirats an der öffentlich-rechtlichen Aufsicht von Angeboten nach dem WpÜG beteiligt (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG). Eine Erweiterung oder Einschränkung individual- oder kollektivrechtlicher Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer aufgrund anderer Rechtsvorschriften ist damit nicht beabsichtigt. Vielmehr soll auch gegenüber den Arbeitnehmern die Transparenz geschaffen werden, die erforderlich ist, um ihnen die Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte zu ermöglichen130. Ohne eine ausdrückliche Normierung könnten derartige Pflichten bzw. Ansprüche der Arbeitnehmer aus den §§ 76, 93 AktG regelmäßig nicht hergeleitet werden131. Weitere Pflichten gegenüber den Arbeitnehmern und ihren Vertretungen, insbesondere Informationspflichten, können sich aus Vorschriften des kollektiven Arbeitsrechts ergeben132.
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Die Vorschriften des WpÜG zur Information des Betriebsrats und der Arbeitnehmer gewähren Betriebsräten und Arbeitnehmern keine subjektiven Rechte, sondern besitzen wegen des vorrangig auf den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts und mittelbar der Aktionärsinteressen133 gerichteten Zweckes gegenüber anderen arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen (wie etwa dem KSchG oder dem BetrVG) eine Sonderstellung. Die Belange der Arbeitnehmer werden nicht durch individual- oder kollektivrechtliche Mitwirkungsrechte (die auf eine Beeinflussung der Entscheidung des Bieters, des Vorstands oder der Aktionäre der Zielgesellschaft abzielen), sondern durch ihre – durch öffentlichrechtliche Sanktionen (§§ 4 Abs. 1, 60 Abs. 1 WpÜG) bewehrte – Teilhabe an der Information über das Angebot gewahrt134. Das Gesetz ist somit kein arbeitsrechtliches Schutzgesetz135. Forderungen der Gewerkschaften nach weiter gehender Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer und nach
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126 Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 26; Hopt, ZGR 1993, 534, 550; wohl auch Assmann/Bozenhardt in Assmannn u.a., Übernahmeangebote, S. 1, 114. 127 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 32. 128 Hinzugefügt 2006 durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz. 129 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 33. 130 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 28, 40; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 33. 131 Lammers, Verhaltenspflichten, S. 115 f.; van Aubel, Vorstandspflichten, S. 174 f.; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1397; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 34. 132 Überblick bei Marsch-Barner in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 7 Rz. 226 ff. 133 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 27 f. 134 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 35; a.A. wohl Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 98. 135 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 35; Grobys, NZA 2002, 1, 6; Seibt, DB 2002, 529, 535 f.
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§ 3 Rz. 46 Allgemeine Grundsätze weiter gehenden Beteiligungsrechten136 blieben im Gesetzgebungsverfahren unberücksichtigt, um das gesetzgeberische Ziel, ein zügiges Angebotsverfahren zu schaffen und Unternehmensübernahmen nicht zu verhindern, nicht zu gefährden. 47
Mit diesem Ansatz folgt das WpÜG der auch im Umwandlungsgesetz maßgeblichen „Trennungstheorie“137, die den gesellschaftsrechtlichen Vorgang der Umwandlung und die in seiner Dokumentation enthaltenen arbeitsrechtlichen Angaben von den Individualrechten der Arbeitnehmer und den Beteiligungsrechten des Betriebsrats isoliert. Gegenüber dem Umwandlungsrecht und gegenüber mitbestimmungs- und betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechten sieht das WpÜG eine Erweiterung des Adressatenkreises (Arbeitnehmer, falls Betriebsrat nicht vorhanden) sowie die Pflicht des Vorstands zur Veröffentlichung der Stellungnahme des Betriebsrats oder der Arbeitnehmer vor. Im Ergebnis handelt es sich hierbei um eine arbeitsrechtliche Flankierung der übernahmerechtlichen Vorschriften, die der Tatsache Rechnung trägt, dass die Belange der Arbeitnehmer durch die Übernahme faktisch in besonderer Weise berührt sein können (wenn auch nicht müssen). 6. Business Combination Agreement
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Im Vorfeld oder während eines öffentlichen Angebots werden gelegentlich mit unterschiedlichen Bezeichnungen Vereinbarungen zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft abgeschlossen („Investorenvereinbarung“, „Investment Agreement“, „Business Combination Agreement“, „Transaktionsvereinbarung“). Die Inhalte sind vielfältig und reichen vom Inhalt des Angebots (insbesondere Höhe des Preises) über die Gremienbesetzung und künftige Corporate Governance bis zu technischen Fragen der Transaktionsabwicklung138. Mittlerweile befassen sich eine Vielzahl von Stellungnahmen in der Literatur mit solchen Vereinbarungen139. Vereinzelt liegt auch Rechtsprechung vor140. Die rechtlichen Fragen, die solche Vereinbarungen aufwerfen können, sind vielfältig und liegen überwiegend auf aktienrechtlichem Gebiet. Soweit durch den spezifischen Inhalt solcher Vereinbarungen das Übernahmerecht berührt ist, wird das im jeweiligen Sachzusammenhang erörtert (z.B. § 33 WpÜG Rz. 168: „no shop“-Verpflichtung); § 33 WpÜG Rz. 120: Vereinbarung von break fees). Oft enthalten solche Vereinbarungen Festlegungen zur Gegenleistung, was wohl allgemein für zulässig gehalten wird141. Immerhin ließe sich fragen, was der Vorstand mit dem Kaufpreis für die Aktien der Aktionäre zu schaffen hat142. Wie sich aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG entnehmen lässt, gelten allerdings insoweit für die Übernahme spezielle Regeln, die es rechtfertigen, den aus Sicht des Vorstands angemessenen Preis zum Gegenstand von Vereinbarungen mit der Zielgesellschaft zu machen.
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Grundsätzlich ist die Situation der Verhandlung eines Business Combination Agreement in besonderer Weise geeignet, die mit der Interessenpluralität (Rz. 36) verbundenen Zielkonflikte plastisch zu machen. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass der Bieter dem Vorstand alternativ einen höheren Angebotspreis oder weitreichende Standort- und Beschäftigungszusagen anbietet143. In der Praxis wird es dazu in dieser zugespitzten Form nicht kommen. Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Vorstand jedenfalls nicht per se gehindert, anderen aus dem Gesellschaftsinteresse gerechtfertigten Erwägungen
136 Deutscher Gewerkschaftsbund, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen vom 11.10.2000, S. 3 ff. 137 Willemsen, NZA 1996, 791, 795 ff. 138 Überblick bei Oppenhoff in Paschos/Fleischer, § 9 Rz. 12. 139 Z.B. Kiem, AG 2009, 301; Schiessl, AG 2009, 391; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 199; Reichert/Ott in FS Goette, 2011, S. 407; Paschos, NZG 2012, 1142; König, NZG 2013, 452; Kiefner, ZHR 178 (2014), 547; Reichert, ZGR 2015, 1; Hippeli/Diesing, AG 2015, 185. 140 LG München I v. 5.4.2012 – 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152 = AG 2012, 753; OLG München v. 14.12.2011 – 7 AktG 3/11, AG 2012, 260; OLG München, Beschl. v. 14.11.2012 – 7 AktG 2/12, AG 2013, 173 (alle vorstehenden Entscheidungen in Sachen „W.E.T.“); OLG Stuttgart v. 2.12.2014 – 20 AktG 1/14, AG 2015, 163. 141 Vgl. Reichert, ZGR 2015, 1, 6 ff.; Oppenhoff in Paschos/Fleischer, § 9 Rz. 76. 142 In diese Richtung weisen Überlegungen im Zusammenhang mit dem „Neutralitätsgebot“ (Rz. 40), die die Veräußerung der Aktien generell außerhalb des legitimen Interessenbereichs der Gesellschaft sehen, z.B. Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 26; vgl. auch Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77, 78 f. 143 Vgl. Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77, 78 f.
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den Vorzug vor der Verbesserung des Angebotspreises einzuräumen144. Aus Sicht des Vorstands sollten von ihm eingeforderte Zusagen des Bieters, weil im Gesellschaftsinteresse liegend, grundsätzlich nicht wertmindernd, sondern tendenziell nachhaltig werterhaltend oder -erhöhend sein. 7. Pflichten nach Erfolg eines Übernahmeangebots Wenn ein Übernahmeangebot erfolgreich gewesen ist, ist der Vorstand unter Beachtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zur konstruktiven Zusammenarbeit mit dem neuen herrschenden Gesellschafter verpflichtet145. Solange kein Beherrschungsvertrag mit dem Bieter geschlossen und in Kraft gesetzt worden ist, bleibt der Vorstand auch nach dem Kontrollwechsel zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft verpflichtet.
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V. Pflichten des Aufsichtsrats Auch der Aufsichtsrat unterliegt während des Angebotsverfahrens weiter seinen aktienrechtlichen Verpflichtungen. Insbesondere hat er den Vorstand zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG) und gegebenenfalls Berichte über den Ablauf des (Übernahme-)Verfahrens anzufordern (§ 90 AktG)146. Außerdem ist der Aufsichtsrat zur Abgabe einer Stellungnahme zu dem Angebot verpflichtet (§ 27 Abs. 1 WpÜG). Bei der Abwehr feindlicher Übernahmeangebote ist der Aufsichtsrat je nach Art der Abwehrmaßnahme in die Entscheidung über die Maßnahme einzubeziehen (§ 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 4 WpÜG). Die Geschäftsführung kann der Aufsichtsrat nicht an sich ziehen, und zwar auch nicht in der „Ausnahmesituation“ der drohenden Übernahme147. Die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ist im aktienrechtlich zulässigen Umfang möglich und damit nach herrschender Auffassung grundsätzlich auch ad hoc für ein Einzelgeschäft148. Unzulässig wäre die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts für die Stellungnahme des Vorstands nach § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, denn dort muss es dem Vorstand möglich sein, gerade auch eine von der Sicht des Aufsichtsrats abweichende Meinung zu äußern.
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Während des Übernahmeverfahrens bleiben die Mitglieder des Aufsichtsrats zur Verschwiegenheit 52 verpflichtet (§ 116 Satz 2 AktG). Dies gilt auch für die Arbeitnehmervertreter sowie ferner für solche Aufsichtsratsmitglieder, die Organmitglieder oder Arbeitnehmer des Bieters sind oder in sonstiger Weise dem Lager des Bieters zugerechnet werden müssen. Die Weitergabe von vertraulichen Informationen aus dem Aufsichtsrat der Zielgesellschaft in das Lager des Bieters ist mit dem Grundsatz der Höchstpersönlichkeit des Aufsichtsratsmandats nicht vereinbar149. Die Verschwiegenheitspflicht korrespondiert mit der Befugnis, gemäß § 90 AktG Berichte des Vorstands anzufordern und entgegenzunehmen und im Rahmen der Überwachungspflicht gemäß § 111 Abs. 1 AktG Auskünfte zum Vorstand einzuholen. Im Einzelfall können sich hier schwer lösbare Interessenskonflikte ergeben150. Ein Vertreter des Bieters im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft wird sich je nach den Umständen des Einzelfalls der Teilnahme an Beratungen oder Mitwirkung an Entscheidungen, die das Angebot betreffen, enthalten (siehe § 27 WpÜG Rz. 37).
144 Ebenso Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77, 79; Hippeli/Diesing, AG 2015, 185, 194 f. 145 Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 131; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1400; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 38. 146 Lammers, Verhaltenspflichten, S. 112 ff., 193 ff.; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 36. 147 Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1444; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 38. 148 BGH v. 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 110, 127 = AG 1994, 124, 127; OLG Stuttgart v. 27.2.1979 – 12 U 1717/77, WM 1979, 1296, 1300; Hüffer/Koch, § 111 AktG Rz. 39. 149 Hüffer/Koch, § 116 AktG Rz. 9; Hirte/Schander in von Rosen/Seifert, Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 341, 369. 150 Hierzu Goslar in Paschos/Fleischer, § 22 Rz. 39 ff.; Leyendecker-Langner, NZG 2016, 1213; Herkenroth, AG 2001, 33 und Deutscher Corporate Governance Kodex, Fassung v. 7.2.2017, Ziffern 5.5.2 und 5.5.3.
Krause/Pötzsch/Stephan
131
§ 3 Rz. 53 Allgemeine Grundsätze
VI. Rechtsfolgen bei Verstößen 53
Da die Bindung an das Interesse der Zielgesellschaft auf die aktienrechtliche Pflichtenlage rekurriert (dazu Rz. 33 ff.), können sich Rechtsfolgen für Verstöße aus den aktienrechtlichen Vorschriften ergeben. Insbesondere können sich Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 93, 116 AktG schadensersatzpflichtig machen. § 3 Abs. 3 WpÜG ist kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB151.
E. Beschleunigungsgrundsatz (§ 3 Abs. 4 WpÜG) 54
Der Beschleunigungsgrundsatz des § 3 Abs. 4 WpÜG formuliert in seinem Satz 2 das Ziel, um dessentwillen das Angebotsverfahren gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 WpÜG rasch durchzuführen ist: die Vermeidung einer Behinderung der Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit über das Maß hinaus, welches mit der Durchführung eines öffentlichen Angebots notwendigerweise verbunden und deshalb hinzunehmen ist. Satz 2 entspricht Art. 3 Abs. 1 lit. f) der Übernahmerichtlinie. Die rasche Durchführung eines Angebotsverfahrens liegt auch im Interesse des Bieters, der vom Angebot angesprochenen Wertpapierinhaber und des Publikums, welchen allesamt daran gelegen sein muss, dass die durch öffentliche Erwerbs- und Übernahmeangebote geschaffene Situation nicht länger anhält als es erforderlich ist, um allen Beteiligten eine angemessene Wahrnehmung ihrer jeweiligen Interessen und gesetzlichen Pflichten zu ermöglichen.
55
Jedes öffentliche Angebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft, gleich welcher der vom WpÜG erfassten Angebotsformen es zuzurechnen ist, stellt, da es die Anteilseignerstruktur der Gesellschaft berührt und diesbezüglich einen „Schwebezustand“152 herbeiführt, eine Ausnahmesituation für das betroffene Unternehmen dar und wirkt sich damit auch zwangsläufig auf seine allgemeine Geschäftstätigkeit aus. Schon mit einfachen Wertpapiererwerbsangeboten i.S.d. §§ 2 Abs. 1, 10 ff. WpÜG gehen zusätzliche Belastungen der Organe der Zielgesellschaft einher, die sich mit dem Angebot auseinander zu setzen und nach § 27 WpÜG eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot abzugeben haben. Ist das Angebot ein Übernahmeangebot i.S.d. § 29 WpÜG, sind die Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf der Zielgesellschaft noch weitaus gravierender: Der mögliche Verlust der unternehmerischen Selbständigkeit oder der Kontrollwechsel bedingen eine neue Bewertung der Situation durch Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter der Zielgesellschaft, durch die Märkte, auf denen sie tätig ist, ebenso wie die Kapitalmärkte. Die Organe der Zielgesellschaft, namentlich der Vorstand, unterliegen nunmehr besonderem Druck, in oft eher kurzer Zeit die bisherige Aufstellung der Gesellschaft und die Unternehmensstrategie einer Prüfung auf mögliche Auswirkungen der Übernahme zu unterziehen und zu einer positiven oder negativen Bewertung zu gelangen. Soweit diese Analyse in Abwehrmaßnahmen mündet, hat der Vorstand die in § 33 WpÜG gezogenen rechtlichen Grenzen zu beachten. Damit können besondere Anforderungen an den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung der Zielgesellschaft verbunden sein.
56
Das Angebotsverfahren ist deshalb, zur Vermeidung insbesondere von Nachteilen für die Zielgesellschaft, zeitlich auf einen Umfang zu beschränken, der für die ordnungsgemäße Durchführung eines Angebots erforderlich ist. Dabei sind allerdings nicht nur die Interessen der Zielgesellschaft, sondern auch die des Bieters, konkurrierender Bieter und der Angebotsadressaten zu berücksichtigen, wie sie namentlich in dem in § 3 Abs. 2 WpÜG niedergelegten Grundsatz ihre Anerkennung gefunden haben. Der potenzielle Konflikt zwischen einzelnen der in § 3 WpÜG formulierten Grundsätze braucht zu Zwecken der Anwendung des WpÜG indes nicht auf der eher abstrakten Ebene der Grundsätze selbst geführt zu werden, denn das Gesetz hat als Ausprägung des Grundsatzes und in Abwägung mit anderen Grundsätzen konkrete Regeln für die Durchführung des Angebotsverfahrens formuliert. Ein Rückgriff auf § 3 Abs. 4 WpÜG ist deshalb, wenn überhaupt, nur ausnahmsweise erforderlich153.
151 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 62; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 58. 152 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35. 153 Böckmann/Kießling, BB 2007, 1796, 1800 möchten aus § 3 Abs. 4 WpÜG die Möglichkeit der BaFin nach § 4 Abs. 2 WpÜG, das Aufschaukeln konkurrierender Angebote zu begrenzen, herleiten.
132
Krause/Pötzsch/Stephan und Assmann/Stephan
Allgemeine Grundsätze
Rz. 60 § 3
Der Umsetzung des Beschleunigungsgrundsatzes dienen unter anderem zwei Regelungsmuster des Gesetzes: zum einen die zahlreichen Bestimmungen, die „unverzügliches“ Handeln, überwiegend des Bieters, verlangen154, oder den Betroffenen, zu denen auch die Aufsichtsbehörde gehört, klare gesetzliche Zeitlimits setzen; und zum anderen die auf einen Rechtszug beschränkte Ausgestaltung des Rechtswegs zur Überprüfung von Maßnahmen der Aufsichtsbehörde, die sich als Kompromiss zwischen den Rechtsschutzinteressen der von solchen Maßnahmen Betroffenen und den Interessen anderer Beteiligter an der beschleunigten Verfahrensdurchführung155 sowie an der Vermeidung rechtsstreitbedingter „Hängepartien“ versteht.
57
Neben den einer raschen Verfahrensdurchführung dienenden Regelungen bezweckt auch § 26 WpÜG u.a. den Schutz der geregelten Geschäftstätigkeit. Die in dieser Vorschrift dem mit einem Wertpapiererwerbs- oder Übernahmeangebot gescheiterten Bieter auferlegte einjährige Angebotssperre soll die Zielgesellschaft, deren Wertpapiere Gegenstand eines Erwerbs- oder Übernahmeangebots waren, davor schützen, schon kurz nach der Untersagung oder des Scheiterns eines Angebots zum Ziel eines neuerlichen Angebots desselben Bieters zu werden.
58
Aus alledem folgt, dass es sich bei dem Beschleunigungsgrundsatz um einen für die Auslegung156 unbestimmter Rechtsbegriffe und für die Ausübung von Ermessensentscheidungen der Aufsichtsbehörde157 relevanten Grundsatz handeln mag, der jedoch einer unmittelbaren Anwendung auf Übernahmesachverhalte nicht zugänglich ist158. Soweit der zeitliche Rahmen des Gesetzes den Beteiligten Spielräume gewährt, können diese Spielräume nicht durch Bezugnahme auf das Beschleunigungsgebot eingeschränkt werden. Insbesondere ist der Bieter in der Wahl der Annahmefrist innerhalb der durch § 16 Abs. 1 WpÜG gezogenen Grenzen frei159. Weder ist § 3 Abs. 4 WpÜG Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB160, noch kann die Schutzgesetzeigenschaft von Vorschriften, die als Ausprägungen des in § 3 Abs. 4 WpÜG niedergelegten allgemeinen Grundsatzes angesehen werden können, aus § 3 Abs. 4 WpÜG hergeleitet werden161.
59
F. Grundsatz der Vermeidung von Marktverzerrungen (§ 3 Abs. 5 WpÜG) I. Marktverzerrungsverbot als Gegenstand des Grundsatzes § 3 Abs. 5 WpÜG entspricht weitgehend dem ursprünglichen Vorschlag einer Übernahmeangebotsrichtlinie vom 7.2.1996162. Die in Art. 3 Abs. 1 lit. d) der Übernahmerichtlinie enthaltenen Zusätze163 werden von ihm nicht übernommen. Durch Abs. 5 soll vermieden werden, dass „marktverzerrende“ Maßnahmen die Angebotsadressaten zu sachlich ungerechtfertigten Entscheidungen veranlassen164. Marktverzerrende Maßnahmen sind darüber hinaus aber auch geeignet, die Anteilsinhaber der Bietergesellschaft und anderer mittelbar von dem Angebot betroffener Gesellschaften zu schädigen, die Interessen der von den Maßnahmen berührten Gesellschaften zu beeinträchtigen und das Vertrauen des Publikums in die Integrität der Wertpapiermärkte zu verletzen. 154 Der Begriff „unverzüglich“ gehört zu den vom WpÜG am meisten gebrauchten Begriffen. Das Gesetz verwendet ihn in nicht weniger als 29 Fällen. 155 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 29. 156 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 2 WpÜG Rz. 29. 157 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 44. 158 Vgl. Rz. 2 f.; ebenso Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 33 („rein deklaratorische Bedeutung“); Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 48. A.A. aber wohl Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 10. 159 Oben Rz. 3, 22; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 3. 160 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 62; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 58. 161 Siehe oben Rz. 4. A.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 29. 162 ABl. EG Nr. C 162 v. 6.6.1996, S. 5. 163 Art. 3 Abs. 1 lit. d) der Übernahmerichtlinie enthält den Zusatz „… dürfen keine Marktverzerrungen durch künstliche Beeinflussung der Wertpapierkurse und durch Verfälschung des normalen Funktionierens der Märkte herbeigeführt werden.“ 164 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35.
Assmann/Stephan
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§ 3 Rz. 61 Allgemeine Grundsätze 61
Eine spezielle Ausprägung des in § 3 Abs. 5 WpÜG niedergelegten Grundsatzes findet sich in § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, demzufolge eine Befreiung von der Pflicht des Bieters zur Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots nur erteilt werden darf, wenn der Bieter durch geeignete Vorkehrungen sicherstellt, dass dadurch Marktverzerrungen nicht zu befürchten sind. Weitere Ausprägungen165 des Grundsatzes finden sich vor allem außerhalb des WpÜG, etwa in Gestalt des Insiderhandelsverbots (inzwischen Art. 14 MMVO) und des Marktmanipulationsverbots (inzwischen Art. 15 MMVO)166.
62
Ähnlich wie in den § 3 Abs. 1–4 WpÜG formulierten Grundsätzen ist auch bei § 3 Abs. 5 WpÜG ein direkter Anwendungsbereich neben den zahlreichen spezialgesetzlichen Regelungen insbesondere der MMVO kaum ersichtlich167. Konkretisierungen eines autonomen Anwendungsbereichs von § 3 Abs. 5 WpÜG sind in den mehr als 15 Jahren seit Inkrafttreten des WpÜG nicht bekannt geworden. Eine Bindung des Bieters an den in der Veröffentlichung nach § 10 WpÜG genannten Preis lässt sich jedenfalls nicht mit § 3 Abs. 5 WpÜG begründen, weil es am direkten Bezug zum Handel mit Wertpapieren fehlt (Rz. 64)168.
II. Elemente des Marktverzerrungsverbots 63
Adressaten des Marktverzerrungsverbots des § 3 Abs. 5 WpÜG sind nicht nur Verfahrensbeteiligte, sondern all jene, die – wie natürliche und juristische Personen sowie Personengemeinschaften – beim Handel mit Wertpapieren der in der Vorschrift genannten Gesellschaften Marktverzerrung hervorrufen können.
64
Die Bestimmung umfasst jede Marktverzerrung, die unmittelbar aus dem Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft, der Bietergesellschaft oder anderer durch das Angebot betroffener Gesellschaften, d.h. dem Erwerb oder der Veräußerung solcher Papiere, hervorgeht169. Handlungen, die lediglich geeignet sind, Marktverzerrungen mit sich zu bringen, sind dem Wortlaut nach von der Vorschrift nicht erfasst170. Wäre anderes gewollt gewesen, hätte der Gesetzgeber dies, wie etwa in § 13 Abs. 1 WpHG bei der Definition der Insidertatsache oder in § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a.F. bei der Umschreibung adhoc-publizitätspflichtiger Tatsachen, ohne weiteres zum Ausdruck bringen können. Das bedeutet, dass von § 3 Abs. 5 WpÜG nur solche Handlungen erfasst sind, die tatsächlich zu einer Marktverzerrung führen, wie immer man diese umschreiben mag. Handlungen vor der zu veröffentlichenden Entscheidung zur Abgabe eines Angebots als dem Einsatzpunkt der Regelungen des WpÜG kommen nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn ein klarer Bezug zu einem bevorstehenden öffentlichen Angebot besteht171. Da Marktverzerrungen i.S.v. § 3 Abs. 5 WpÜG nur im Rahmen der Missstandsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG durch die BaFin sanktioniert werden können, spielen Handlungen nur insoweit eine Rolle, als der zeitliche Anwendungsbereich von § 4 WpÜG eröffnet ist. Dies ist regelmäßig erst mit der die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach § 10 WpÜG auslösenden Entscheidung zur Abgabe eines Angebots der Fall (vgl. § 4 WpÜG Rz. 10 a.E.). Handlungen, wie etwa die Verbreitung fehlerhafter Informationen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Erwerbs- oder Veräußerungsvorgang stehen, werden nicht erfasst172. 165 166 167 168 169
170 171 172
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Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35. Zum Regelungszusammenhang mit § 3 Abs. 5 WpÜG Assmann, ZGR 2002, 697, 721 ff. Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 36; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 52. A.A. Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598; zur Sachfrage selbst differenzierend Technau/Berrar in Paschos/ Fleischer, § 13 Rz. 84 ff. Ähnlich Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 31; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 53 ff. A.A. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 54 f., denen zufolge jede Handlung erfasst sein soll, sofern sie sich nur direkt oder indirekt (Rz. 55) „beim Handel“ mit Wertpapieren der in § 3 Abs. 5 WpÜG genannten Unternehmen auswirkt (Rz. 54). Anders, unter Berufung auf den (diesen Schluss nicht zwingend erlaubenden) Zweck des Gesetzes, Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 31. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 3 WpÜG Rz. 24 (nur in „krassen Ausnahmefällen“; keine Vorverlagerung von Bieterpflichten). Ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 31; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 54.
Assmann/Stephan
Allgemeine Grundsätze
Rz. 68 § 3
Dafür, dass § 3 Abs. 5 WpÜG ein subjektives Element aufweist und nur solche Handlungen untersagen will, die in dem Bewusstsein der Möglichkeit durchgeführt werden, dass sie den Kurs der Wertpapiere beeinflussen werden173, gibt die Vorschrift nichts her. Allerdings sind Fälle einer rein objektiven „Marktverzerrung“ eher schwer vorstellbar.
65
Für die Auslegung des im WpÜG sonst nur noch in § 10 Abs. 1 WpÜG verwendeten und im deutschen 66 Kapitalmarktrecht im Übrigen unbekannten Begriffs der Marktverzerrung sind nach den Grundsätzen richtlinienkonformer Auslegung zunächst die erläuternden Zusätze der Übernahmerichtlinie174 heranzuziehen. Verboten ist danach jede „Verfälschung des normalen Funktionierens der Märkte“. Die „künstliche Beeinflussung der Wertpapierkurse“ ist ein Unterfall davon. Bei den „Märkten“ handelt es sich, wie § 3 Abs. 5 WpÜG präzisiert, um den Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft, der Bietergesellschaft und ggfs. weiterer betroffener Gesellschaften. Schließlich ergibt sich aus der Zielsetzung von § 3 Abs. 5 WpÜG, dass sich die Verfälschung auf das Angebotsverfahren auswirken muss, über dessen Erfolg allein die Angebotsadressaten „in Kenntnis der Sachlage“ entscheiden sollen (§ 3 Abs. 2 WpÜG). Im Hinblick darauf wird man als marktverzerrend i.S.d. § 3 Abs. 5 WpÜG solches Verhalten anzusehen haben, das sich auf den Handel mit den genannten Wertpapieren bezieht und über relevante Angebotsparameter – zuallererst die Vorteilhaftigkeit der Gegenleistung – irreführt. Marktverzerrungen sind danach jedenfalls nicht allein durch einen Vergleich der tatsächlichen mit der hypothetischen Marktentwicklung (ohne das verzerrende Verhalten)175, sondern durch die angebotsbezogene Irreführung zu bestimmen. Dabei legt der Begriff der Verzerrung nahe, nur solche Irreführungshandlungen zu erfassen, die den Markt spürbar zu beeinflussen und so insbesondere zur Täuschung der Angebotsadressaten über die Angemessenheit des gebotenen Preises beizutragen geeignet sind176. Marktverzerrend im vorstehenden Sinne können beispielsweise Verkäufe von Wertpapieren der Zielgesellschaft durch den Bieter sein, wenn und soweit diese den Börsenkurs der vom Angebot betroffenen Wertpapiere der Zielgesellschaft verringern und so das Angebot als besonders günstig erscheinen lassen. Das gilt erst recht, wenn der Bieter bzw. mit diesem gemeinsam oder abgestimmt handelnde Personen zur Verstärkung dieses Effekte „eigene“ Aktien bzw. Wertpapiere der Bietergesellschaft erwerben. Darüber hinaus kommt als marktverzerrend auch der Insiderhandel in Wertpapieren der Zielgesellschaft oder der Bietergesellschaft i.S.d. Art. 8, 14 MMVO sowie ein diese Papiere betreffendes kursund marktmanipulatives Verhalten i.S.d. Art. 12, 15 MMVO in Betracht.
67
Ob § 3 Abs. 5 WpÜG überhaupt einen relevanten eigenständigen Anwendungsbereich neben dem 68 Marktmanipulationsverbot und dem Insiderhandelsverbot hat, ist zweifelhaft177. Insgesamt erscheint es angesichts dieses Befunds wenig sinnvoll, den stärker konturierten Vorschriften der MMVO (und davor der entsprechenden Vorschriften des WpHG) ein eigenständiges „Marktverzerrungsverbot“ des WpÜG an die Seite zu stellen. Auch hier sind in den mehr als 15 Jahren des Bestehens des WpÜG keine Fälle bekannt geworden, die auf eine durch das WpHG bzw. die MMVO nicht angemessen abgedeckte Schutzlücke hindeuten würden. Falls die BaFin je erwöge, einer übernahmerechtlichen „Marktverzerrung“ mit den Mitteln von § 4 WpÜG entgegenzutreten, würde sie sich eng an die Insiderhandelsverbote und vor allem an das Verbot der Marktmanipulation anzulehnen haben178.
173 So aber Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 55, unter Anknüpfung an den Begriff der „Schaffung“ von Marktverzerrungen; auch Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 54. 174 „… Marktverzerrungen durch künstliche Beeinflussung der Wertpapierkurse und durch Verfälschung des normalen Funktionierens der Märkte“; Art. 3 Abs. 1 lit. d) der Übernahmerichtlinie. 175 So der durchaus nahe liegende und derzeit wohl am meisten verbreitete Ansatz. Siehe etwa Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 33. Vielfach wird aber auch ganz auf eine Begriffsbestimmung zugunsten der Anführung von Beispielsfällen verzichtet. 176 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 41; wohl auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 3 WpÜG Rz. 33; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 55. 177 Fuchs in Fleischer, Handbuch Vorstandsrecht, 2006, § 22 Rz. 30. 178 Fuchs in Fleischer, Handbuch Vorstandsrecht, 2006, § 22 Rz. 31.
Assmann/Stephan
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§ 3 Rz. 69 Allgemeine Grundsätze
III. Rechtsfolgen bei Verstößen 69
Verletzungen lösen keine unmittelbaren Sanktionen aus und können von der BaFin lediglich durch Anordnungen nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG geahndet werden, die geeignet und erforderlich sind, die Marktverzerrung zu verhindern oder zu beseitigen179. § 3 Abs. 5 WpÜG ist kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB180.
179 Assmann, AG 2002, 114, 116; Assmann, ZGR 2002, 697, 722; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 52; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 59. 180 Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 62; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 58; so auch BGH v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10 – IKB, AG 2012, 209, 210 ff. zum Marktmanipulationsverbot im damaligen § 20a WpHG.
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Assmann/Stephan
Abschnitt 2 Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
§ 4 Aufgaben und Befugnisse (1) Die Bundesanstalt übt die Aufsicht bei Angeboten nach den Vorschriften dieses Gesetzes aus. Sie hat im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufgaben Missständen entgegenzuwirken, welche die ordnungsmäßige Durchführung des Verfahrens beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt bewirken können. Die Bundesanstalt kann Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, diese Missstände zu beseitigen oder zu verhindern. (2) Die Bundesanstalt nimmt die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr. A. Grundlagen und Entwicklung der Norm . . B. Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . I. Aufsicht nach Maßgabe der Vorschriften des WpÜG (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . II. Missstandsaufsicht (§ 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufgabe der Missstandsaufsicht und Missstandsbegriff (§ 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anordnungsbefugnisse (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . 3. Kein Recht auf Tätigwerden der Bundesanstalt . . . . . . . . . . . . . . III. Wahrnehmung der Aufgaben im öffentlichen Interesse (§ 4 Abs. 2 WpÜG) . . .
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1. Ausschluss von Ansprüchen Dritter . . . 2. Versuche der Begründung eines Drittschutzes . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtspositionen der Zielgesellschaft und ihrer Aktionäre nicht berührt . b) Verfassungskonformität des § 4 Abs. 2 WpÜG . . . . . . . . . . . 3. Keine Ansprüche Dritter aufgrund EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . 4. Hinweise und Aufforderungen an die Bundesanstalt zum Tätigwerden . . . . . C. Organisation und Kommunikation . . . . I. Organisation der Aufgaben . . . . . . . . . II. Kommunikation mit der Bundesanstalt . .
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Schrifttum: Aha, Rechtsschutz der Zielgesellschaft bei mangelhaften Übernahmeangeboten, AG 2002, 160; Berding, Subjektiv öffentliche Rechte Dritter im WpÜG, Der Konzern 2004, 771; Böckelmann/Kießling, Möglichkeiten der BaFin zur Beendigung von Übernahmeschlachten nach dem WpÜG, DB 2007, 1796; Cahn, Verwaltungsbefugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Übernahmerecht und Rechtsschutz Betroffener, ZHR 167 (2003), 262; Gratias, Bankenaufsicht, Einlegerschutz und Staatshaftung, NJW 2000, 786; Geerlings, Staatshaftung und Bankenaufsicht in Deutschland, BKR 2003, 889; Hecker, Die Beteiligung der Aktionäre am übernahmerechtlichen Befreiungsverfahren, ZBB 2003, 315; Ihrig, Rechtsschutz Drittbetroffener im Übernahmerecht, ZHR 167 (2003), 315; Lenz/Behnke, Das WpÜG im Praxistest, BKR 2003, 43; Lenz/Linke, Die Handhabung des WpÜG in der aufsichtsrechtlichen Praxis, AG 2002, 361; Pohlmann, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft im Wertpapiererwerbs- und Übernahmeverfahren, ZGR 2007, 1; Pötzsch/Möller, Das künftige Übernahmerecht, WM 2000, Sonderbeil. 2; Schnorbus, Drittklagen im Übernahmeverfahren, ZHR 166 (2002), 72; Seibt, Rechtsschutz im Übernahmerecht, ZIP 2003, 1865; Simon, Zur Herleitung zivilrechtlicher Ansprüche aus §§ 35 und 38 WpÜG, NZG 2005, 541; Uechtritz/Wirth, Drittschutz im WpÜG – Erste Entscheidung des OLG Frankfurt a.M.: Klarstellung und offene Fragen, WM 2004, 410; von Riegen, Verwaltungsrechtsschutz Dritter im WpÜG, Der Konzern 2003, 583. Siehe im Übrigen das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Grundlagen und Entwicklung der Norm Die Überwachung der Einhaltung und die Durchsetzung der für Wertpapiererwerbsangebote, Übernahmeangebote und Pflichtangebote geltenden Vorschriften des WpÜG ist durch § 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 FinDAG) übertragen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Aufsicht von einem Kontrollgremium durchgeführt wird, dessen Neutralität in StreitfälDöhmel
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§ 4 Rz. 1 Aufgaben und Befugnisse len außer Zweifel steht1 und das zugleich hoheitliche Befugnisse ausüben sowie wirkungsvolle Sanktionen gegen regelwidriges Verhalten verhängen kann2. Die Bundesanstalt ist seit Inkrafttreten der Übernahmerichtlinie (RL 2004/25/EG)3 zugleich Aufsichtsstelle i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Übernahmerichtlinie. Zwar enthält das WpÜG auch Vorschriften, die Mitteilungspflichten gegenüber den Geschäftsführungen der Börsen begründen, an denen Wertpapiere des Bieters, der Zielgesellschaft und anderer durch das Angebot unmittelbar betroffener Gesellschaften zum Handel zugelassen sind (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) oder an denen auf Wertpapiere bezogene Derivate im Sinne des § 2 Abs. 3 WpHG gehandelt werden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG). Doch sollen diese Benachrichtigungspflichten nur dazu dienen, den Geschäftsführungen eine Entscheidung über die Aussetzung oder Einstellung der Feststellung des Börsenpreises der betroffenen Wertpapiere zu ermöglichen. Aufsichtsrechtliche Befugnisse von Börsenorganen werden hierdurch im WpÜG nicht begründet. 2
Zur Mitwirkung bei der Überwachungsaufgabe der Bundesanstalt in Bezug auf die vom WpÜG geregelten Angebote bzw. zur Wahrnehmung bestimmter Entscheidungsaufgaben sieht das Gesetz die Einrichtung eines Beirats (§ 5 WpÜG) bzw. die Bildung eines Widerspruchsausschusses (§ 6 WpÜG) vor. Zu deren Aufgaben im Einzelnen ist auf die Kommentierung von § 5 und § 6 WpÜG zu verweisen. Außer Frage steht, dass es sich weder bei dem Beirat noch bei dem Widerspruchsausschuss um eigenständige Behörden handelt. Namentlich die Entscheidungen des Widerspruchsausschusses werden der Bundesanstalt zugerechnet.
3
§ 4 WpÜG normiert eine marktbezogene Aufsicht der Bundesanstalt in Bezug auf Wertpapiererwerbs- und Übernahmeverfahren, die den Regelungen des WpÜG unterfallen, einschließlich möglicher Kontrollerwerbsvorgänge. Die Regelung entspricht der parallelen Vorschrift des § 6 Abs. 1 WpHG (§ 4 WpHG a.F.), in der die Aufgaben und Befugnisse der Bundesanstalt zur Beaufsichtigung der Einhaltung der Bestimmungen des WpHG und mit diesem im fachlichen Zusammenhang stehenden europäischen Vorschriften geregelt sind. Die marktbezogene Aufsicht nach § 4 Abs. 1 WpÜG ist, wie auch in § 6 Abs. 1 WpHG, auf das normgemäße Marktverhalten der jeweiligen Normadressaten (Kapitalmarktteilnehmer) gerichtet und gewährt keine status- und verbandsbezogenen Eingriffsbefugnisse wie etwa die Abberufung des Geschäftsleiters eines Institutes (so z.B. nach § 36 KWG) oder bspw. die Verpflichtung zur Einberufung einer Hauptversammlung der Zielgesellschaft im Falle eines Übernahmeangebots. Auch bei der Umschreibung der zulässigen Abwehrmaßnahmen des Vorstands in § 33 WpÜG handelt es sich um keine Ausnahme von dieser Regel, wenngleich in dieser Vorschrift ein Beispiel dafür gesehen werden kann, wie kapitalmarktorientierte Verhaltenspflichten (zu denen vor allem auch Publizitätspflichten gehören) verbandsrechtliche Dimensionen erlangen können. § 4 WpÜG hat durch Art. 1 Nr. 4 des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes4 eine rein redaktionelle Änderung erfahren, indem in § 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Wörter „für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt)“ gestrichen wurden.
4
In der Praxis hat bislang weder die allgemeine Missstandsaufsicht nach dieser Vorschrift noch die besondere nach § 28 WpÜG eine größere Bedeutung erlangt5. Das mag mit dem Umstand zusammenhängen, dass mit missbräuchlichem, nicht durch die spezielleren Eingriffsbefugnisse einzudämmenden Verhalten von Marktteilnehmern in vorstehendem Sinne wohl eher in boomenden oder überhitzten Märkten zu rechnen ist, wohingegen die Wertpapiermärkte und der Markt für Unternehmensübernahmen beim Inkrafttreten des WpÜG stark daniederlagen und auch heute recht angespannt sind.
1 Eine entsprechende Anforderung („unparteiisch und unabhängig von allen Parteien des Angebots“) enthält auch Art. 4 Abs. 1 Satz 4 Übernahmerichtlinie. Dazu auch Pötzsch/Möller, WM 2000, Sonderbeil. 2, S. 10. 2 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 31. 3 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 vom 30.4.2004 (Übernahmerichtlinie), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.5.2014, ABl. EG Nr. L 173, 190 vom 12.6.2014, Text im Anhang S. 1581). 4 Gesetz vom 8.7.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz – ÜbernRLUG), BGBl. I 2006, 1426. 5 Lenz/Linke, AG 2002, 361; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43.
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Aufgaben und Befugnisse
Rz. 7 § 4
B. Aufgaben und Befugnisse I. Aufsicht nach Maßgabe der Vorschriften des WpÜG (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) § 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG überträgt der Bundesanstalt die Aufgabe, die Aufsicht nach den Vorschriften 5 des WpÜG als zentrale übernahmerechtliche Aufsichtsbehörde in der Bundesrepublik (siehe schon oben Rz. 1) auszuüben. Diese Aufsicht wird ergänzt durch die Übertragung weiterer ergänzender Aufgaben nach dem WpÜG, wie der Aufgabe und Pflicht zur Zusammenarbeit mit verschiedenen in- und ausländischen Aufsichtsbehörden bzw. -stellen nach §§ 7 und 8 WpÜG, durch ihre Tätigkeit als zuständige Bußgeldbehörde nach § 61 WpÜG etc. Diese Aufgabenstellung nach dem WpÜG hat die Bundesanstalt neben ihren anderen Aufgaben (vgl. § 4 FinDAG) wahrzunehmen, wobei sich die Aufgabenwahrnehmungen teilweise ergänzen. Aus der Aufgabenübertragung folgt dreierlei: In erster Linie hat die Bundesanstalt die Aufsicht nach Maßgabe der sich aus den einzelnen Vorschriften des WpÜG in Bezug auf die verschiedenen Angebotsformen ergebenden Aufsichtspflichten und Aufsichtsbefugnisse einschließlich der jeweiligen Marktbeobachtung und Sachverhaltsaufklärung wahrzunehmen. Darüber hinaus hat die Bundesanstalt die Aufgabe und ist befugt, entsprechend der aufsichtsrechtlichen Generalnorm des § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG tätig zu werden (dazu Rz. 9 ff.) und ggf. die ihr im WpÜG übertragenen sonstigen Eingriffsbefugnisse zu nutzen. Schließlich beschränken sich die Befugnisse der Bundesanstalt bezogen auf die Beaufsichtigung von Angeboten auf die Tätigkeitsfelder und Kompetenzen, die ihr durch die einzelnen Bestimmungen des WpÜG und die Generalnorm des § 4 Abs. 1 WpÜG zugewiesen sind6. Diese Aufsicht nach WpÜG schließt freilich nicht aus, dass im Zusammenhang mit Angeboten i.S.d. 6 WpÜG Vorkommnisse eintreten, welche in den Kompetenzbereich der Bundesanstalt fallen, der ihr nach Maßgabe anderer Gesetze zugewiesen ist. Die Kumulation von Kompetenzen der Bundesanstalt in Übernahmesachverhalten ergibt sich insbesondere aus den ihr durch das WpHG (im Schwerpunkt durch eine Generalnorm in Gestalt des § 6 WpHG sowie weiterer Bestimmungen des WpHG) und durch unmittelbar geltende europäische Verordnungen, insbesondere des Art. 22 VO Nr. 596/2014 (MAR)7, zugewiesenen Aufgaben zur Überwachung der Meldepflichten nach §§ 33 ff. WpHG und der Verhaltenspflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach §§ 63 ff. WpHG sowie der Überwachung des Insiderhandels (Art 10 ff. VO Nr. 596/2014), der Ad hoc-Publizitätspflichten eines Emittenten (Art. 17 VO Nr. 596/2014) und des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation (Art. 12 VO Nr. 596/2014). Es sind aber auch Querbezüge in andere Bereiche denkbar, wie die Kontrolle bedeutender Beteiligungen nach § 2c KWG oder prospektrechtliche Prüfungen8 nach WpPG oder VermAnlG. Aufsicht durch die Bundesanstalt bedeutet sowohl die laufende, überwiegend schlicht-hoheitliche Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des WpÜG, deren Durchsetzung mithilfe der – eher gewerbepolizeilichen9 – allgemeinen und speziellen Eingriffsbefugnisse des WpÜG als auch ggf. das Ergreifen von Maßnahmen zur Förderung der ordnungsgemäßen Durchführung von Angeboten i.S.d. WpÜG10. Bezüglich aller Teilaspekte hat sich die Bundesanstalt an die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze zu halten, die sich vornehmlich aus dem VwVfG ergeben und nicht spezialgesetzlich im WpÜG normiert sind. Insoweit ist beispielsweise der Hinweis in § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, Anordnungen der Bundesanstalt müssten zur Beseitigung oder Verhinderung von Missständen „geeignet und erforderlich“ sein, eher von klarstellender Natur, da dieses schon aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht folgt. 6 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 36 („allein nach den Vorschriften dieses Gesetzes“). 7 Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission – Marktmissbrauchsverordnung (Marktmissbrauchsverordnung, englische Abkürzung MAR für Market Abuse Regulation), ABl. EU L 173 vom 12.6.2014, S. 1, zuletzt berichtigt in ABl. EU L 348 vom 21.12.2016, S. 83. 8 Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 3. 9 Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 13. So auch für die der Bundesanstalt durch (dem § 4 Abs. 1 WpÜG weitgehend entsprechenden) § 6 Abs. 1 WpHG zugewiesenen Aufgaben z.B. Döhmel in Assmann/ Uwe H. Schneider/Mülbert, § 6 WpHG Rz. 26 ff. 10 Mit Hinweis auf die verschiedenen Dimensionen der Aufsichtsaufgabe Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 8; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 25.
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7
§ 4 Rz. 8 Aufgaben und Befugnisse 8
Bei der Überwachungstätigkeit ist die Bundesanstalt nicht ständig in einer aktiven Rolle, sondern sie nimmt in verschiedenen Fällen Informationen in einem ersten Schritt nur entgegen. Die aktive Überwachungstätigkeit der Bundesanstalt umfasst zusätzlich unter anderem die Aufgabe der Beobachtung des Marktgeschehens in Bezug auf übernahmerechtliche Sachverhalte einschließlich der Wahrung eines Überblicks über den Markt und die Akteure. Hierfür kann die Bundesanstalt vielfältige schlichthoheitliche Informations- und Kommunikationskanäle nutzen, wie Presseauswertungen, Internetrecherchen, Auswertung und Prüfung von eingehenden Meldungen, Informationen, Hinweisen sowie Informationsveranstaltungen. Auf Grundlage dieser Kenntnisse kann die Bundesanstalt schlicht-hoheitlich auf die Korrektur von Mitteilungen oder die ordnungsgemäße Durchführung von Angebotsverfahren hinwirken bzw. von ihren Eingriffsbefugnissen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung oder zur Einwirkung auf die Marktteilnehmer Gebrauch machen. Der fördernde Charakter der schlicht-hoheitlichen Aufsichtstätigkeit der Bundesanstalt tritt aber auch bei der Kommunikation ihrer Verwaltungspraxis11 und ggf. Vorschriftenauslegung als Richtschnur für die Marktteilnehmer12, bei der Veröffentlichung von Informationen13 und durch das Einbringen von geeigneten Vorschlägen an den Gesetzgeber zu Tage.
II. Missstandsaufsicht (§ 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG) 1. Aufgabe der Missstandsaufsicht und Missstandsbegriff (§ 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) 9
§ 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG verlangt von der Bundesanstalt, im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufgaben Missständen entgegenzuwirken, welche die ordnungsmäßige Durchführung des Verfahrens beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt bewirken können. Dabei handelt es sich um eine besondere Ausprägung der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG von der Bundesanstalt vorzunehmenden „Aufsicht bei Angeboten nach den Vorschriften dieses Gesetzes“. § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG begründet keine Eingriffsbefugnis der Bundesanstalt. D.h., dass die Bundesanstalt auf dieser Grundlage beispielsweise mittels Hinweise aufklärend tätig werden kann14, aber keine belastenden Maßnahmen zu ergreifen vermag. Eine Eingriffsbefugnis ergibt sich vielmehr erst aus der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG15.
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Dass sich die Missstandsaufsicht der Bundesanstalt nach dem WpÜG nur im Rahmen der der Bundesanstalt durch das WpÜG zugewiesenen Aufgaben bewegen darf, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und insoweit mehr eine Reminiszenz an vergleichbare Formulierungen in anderen Gesetzen (wie etwa in § 6 Abs. 1 Satz 2 WpHG). Denn anders als bei der Beaufsichtigung der Einhaltung der Vorschriften des WpHG (§ 6 Abs. 1 WpHG), insbesondere beim Handel an der Börse als einem Handelsplatz (§ 2 Abs. 22 WpHG), und des Verhaltens der von diesen Vorgaben erfassten Beaufsichtigten, wie den Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§§ 2 Abs. 10, 3 WpHG), bestehen im Hinblick auf die „Aufsicht über Angebote“ keine potentiell konkurrierenden oder sich überlappenden Aufsichtskompetenzen zwischen der Bundesanstalt und anderen Behörden, wie z.B. der Börsenaufsicht. Immerhin hat die Bundesanstalt aber auch Missständen entgegenzuwirken, die erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt bewirken können. Diesbezüglich mag die Formulierung, die Bundesanstalt dürfe solchen Missständen nur im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufgaben entgegenwirken, jedoch gewährleisten und verdeutlichen, dass der Bundesanstalt keine allgemeine Kompetenz zur Beaufsichtigung 11 Vgl. z.B. den Emittentenleitfaden der Bundesanstalt zu den „Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile (§§ 33–47 WpHG)“, veröffentlicht auf der Internetseite der Bundesanstalt unter https://www.bafin. de/DE/Aufsicht/BoersenMaerkte/Emittentenleitfaden/Modul2/Kapitel1/kapitel1_node.html. 12 Siehe z.B. die Ausführungen der Bundesanstalt zur Aufsicht über Wertpapiererwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote nach dem WpÜG, veröffentlicht auf der Internetseite der Bundesanstalt unter https://www.ba fin.de/SharedDocs/Standardartikel/DE/bieterpflichten_wpueg.html. 13 Vgl. z.B. die Übersicht „Veröffentlichte Kontrollerlangungen über Zielgesellschaften, Wertpapier-Erwerbs-, Delisting-Erwerbs- und Übernahme-Angebote, veröffentlicht auf der Internetseite der Bundesanstalt unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Liste/WPUeG/li_kontrollerlangungen_wpueg.html. 14 Vgl. auch Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 13: „fördernder Aspekt“; Louven in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 4; Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 13. 15 Ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 3; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 13; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 4.
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Aufgaben und Befugnisse
Rz. 13 § 4
der Kapitalmärkte zukommt und beispielsweise keine kartell- oder steuerrechtliche Aufsicht wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass die Bundesanstalt nur solchen mit Nachteilen für den Wertpapiermarkt verbundenen Missständen entgegenwirken kann, die aus den Pflichten nach dem WpÜG bezüglich Kontrollerwerbs- und Angebotssachverhalten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG), namentlich der nicht ordnungsgemäßen Durchführung von Angebotsverfahren (§ 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG), heraus erwachsen. Soll die Missstandsaufsicht einer Einstellung der Wirtschaftsaufsicht auf sich ändernde und nicht 11 vorhersehbare Entwicklungen auf den Märkten und Verhaltensweisen der Marktteilnehmer Rechnung tragen, so kann nicht erwartet werden, dass der Gesetzgeber den unbestimmten Rechtsbegriff des Missstandes abschließend definiert, denn dies würde nur unter neuerlichem Rückgriff auf andere unbestimmte Rechtsbegriffe möglich sein. Zudem ist der Missstandsbegriff weit auszulegen, um – auch in Anbetracht der gesetzlich bestimmten allgemeinen Grundsätze des Übernahmerechts – die relevanten Beeinträchtigungen des Übernahmeverfahrens erfassen zu können16. Entsprechend den Definitionsversuchen in Bezug auf den Missstandsbegriff des § 6 Abs. 1 Satz 2 WpHG (§ 4 Abs. 1 Satz 2 WpHG a.F.)17 und unter Bezugnahme auf den übrigen Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG lässt sich jedoch ein Missstand im Sinne dieser Vorschrift in jedem Vorgang bzw. jeder Situation sehen, bei der die Gefahr besteht, dass die ordnungsgemäße, d.h. vom Gesetzgeber erstrebte Durchführung von Angebotsverfahren beeinträchtigt wird oder dass im Zusammenhang mit der Durchführung von Angeboten, unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und des Publikums, erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt entstehen18. Hierzu gehören jedenfalls auch Verstöße gegen die zwingenden Vorschriften des WpÜG. Als unbestimmter Rechtsbegriff19 unterliegen die Auslegung und Anwendung des Begriffs des Missstands der richterlichen Kontrolle. Nicht erforderlich ist, dass der Missstand bereits eingetreten ist20, denn über die Beseitigung eines Missstands hinaus ist die Bundesanstalt auch befugt, Missständen entgegenzuwirken und ihren Eintritt zu verhindern. Damit kann sie auch präventiv tätig werden, um Missstände noch vor deren Realisierung zu verhindern21. Deshalb ist auch nicht zu verlangen, dass es sich bei dem als Missstand in Betracht kommenden Vorgang um einen dauerhaften oder wiederholten Regelverstoß handelt22.
12
Fraglich ist allerdings, ob man einen Missstand nur für den Fall annehmen darf, dass der ihm zugrundeliegende Sachverhalt in zeitlicher und sachlicher Hinsicht eine über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung erlangt oder zu erlangen droht: Zwar könnte der allgemeine Sprachgebrauch nahelegen, Missstände nur in solchen Vorgängen oder Verhaltensmustern zu erblicken, die sich über einen gewissen Zeitraum gebildet und gehalten haben bzw. das Verhalten von Personen in mehr als nur einem Einzelfall bestimmen oder sich zu bestimmen anschicken. Demgegenüber geht das WpÜG erkennbar davon aus, dass ein Missstand auch in Bezug auf Vorgänge im Zusammenhang mit einem einzelnen Verfahren eintreten kann23. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn erhebliche, ernstliche
13
16 Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 3; Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 11. 17 Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 6 WpHG Rz. 37 ff. 18 Ähnlich, wie hier, in Anlehnung an den Missstandsbegriff des WpHG, Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 17. Vgl. auch Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 5; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 4; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 5; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 28; Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 11; Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 6. 19 Ebenso Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 15; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 28; Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 5; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 4; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 9; Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 6. Allgemein etwa Schmieszek in Brandt/Sachs, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 3. Aufl. 2009, Rz. J 21. 20 Ebenso Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 13 („auch vorbeugende Maßnahmen“); Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 4; Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 12; Ritz in Baums/ Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 10 (ausreichend, aber erforderlich ist ein „Zustand …, der nach verständigem Ermessen in absehbarer Zeit das Eintreten einer Störung erwarten lässt“), Rz. 11 („vorbeugend“). 21 Wie hier Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 13; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 7; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 11. 22 So zunächst Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 5, dann aber auch ein offensichtlich missbräuchliches Angebot als Missstand verstehend. 23 Wie hier Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 11; Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 266 (ausreichend der Verstoß eines der Beteiligten gegen die Vorschriften des WpÜG oder der diesem zugehörigen Verordnungen).
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§ 4 Rz. 13 Aufgaben und Befugnisse Probleme vorliegen oder relevanten Verstöße gegen die Allgemeinen Grundsätze (§ 3 WpÜG) vorliegen oder drohen. 14
Das kommt schon im Wortlaut der ersten Alternative des Misstandsbegriffs in § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG zum Ausdruck, in dem von Missständen bei der ordnungsmäßigen Durchführung „des Verfahrens“ die Rede ist. Dafür spricht auch, dass es bei der Missstandsaufsicht und der darauf beruhenden Anordnungskompetenz der Bundesanstalt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) in erster Linie darum geht, eine den Zielen des Gesetzes (vgl. z.B. § 3 WpÜG) angemessene Durchführung eines jeden einzelnen Verfahrens zu gewährleisten. Letztlich kann aber auch auf die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts24 zu § 4 WpHG a.F. (heute § 6 Abs. 1 WpHG) verwiesen werden, wonach bei einem Verstoß gegen die zwingenden Regelungen des Aufsichtsgesetzes stets ein Missstand vorliegt.
15
Die zweite Alternative des Missstandsbegriffs bezieht sich auf erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt. Bei dieser Alternative kann in einem Vorgang oder Zustand nur dann ein Missstand gesehen werden, wenn aus diesem Vorgang oder Zustand Nachteile erwachsen (können), denen Erheblichkeit beizumessen ist. Diese Erheblichkeit der Nachteile muss im Hinblick auf deren besondere oder allgemeine Auswirkungen auf den Wertpapiermarkt gegeben sein. 2. Anordnungsbefugnisse (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)
16
In Gestalt einer Generalermächtigung gibt § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG der Bundesanstalt die Rechtsgrundlage, um gegen (drohende) Missstände i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG mittels entsprechender Anordnungen einschreiten zu können (sog. Anordnungskompetenz)25. Die Bestimmung ergänzt die der Bundesanstalt durch einzelne Vorschriften des WpÜG eingeräumten Eingriffsbefugnisse, kommt also nur zum Zuge, soweit das Gesetz der Bundesanstalt keine speziellen Eingriffs- oder Anordnungskompetenzen gewährt26, da diese an besondere Voraussetzungen und Anforderungen geknüpft sein können. Spezielle Kompetenzen in vorstehendem Sinne enthält das WpÜG z.B. in §§ 15 Abs. 1 und 2, 28 Abs. 1, 40 Abs. 1 und 2, 44 WpÜG27. Außerhalb der Tatbestände dieser speziellen Kompetenznormen kann die Bundesanstalt bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen auf den Auffangtatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zurückgreifen28.
17
Das Gesetz stellt zwar klar, dass die von der Bundesanstalt zu treffenden Anordnungen geeignet und erforderlich sein müssen (dazu unten Rz. 23), um die fraglichen Missstände zu beseitigen oder zu verhindern, sagt aber nicht, welcher Art die Anordnungen sein können. § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG ermächtigt zu einzelfallbezogenen Anordnungen, zwingt aber nicht. Der Terminus „Anordnungen“ ist weit zu verstehen, denn das Gesetz spricht nicht von Verfügungen, Verwaltungsakten etc. Als Missstandsanordnungen können Verwaltungsakte (dazu näher unten Rz. 18) ebenso in Betracht kommen wie Akte schlichten Verwaltungshandelns, Bekanntmachungen, Mitteilungen, Schreiben, Verlautba-
24 25 26
27 28
In Bezug auf die Parallelbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 2 WpHG, vgl. Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/ Mülbert, § 6 WpHG Rz. 38 f. BVerwG v. 24.4.2002 – 6 C 2/02, WM 2002, 1919; auch BVerwG v. 13.4.2005 – 6 C 4/04, NZI 2005, 510 = AG 2005, 579. Ähnliche Vorschriften finden sich bspw. in § 3 Abs. 1 Satz 2 BauSparkG, § 3 Abs. 5 BörsG, § 3 Abs. 1 Satz 2 PfandBG, § 6 Abs. 3 KWG, § 298 Abs. 1 und 2 VAG, § 5 Abs. 6 Satz 8 KAGB und § 6 Abs. 1 Satz 3 WpHG. Vgl. etwa Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 18; Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 4; Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 14; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 13; Louven in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 9; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 32. Im Grundsatz auch Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 266, allerdings mit dem Vorbehalt (S. 267), die Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG komme auch dann in Betracht, „wenn die speziellen Befugnisse der Bundesanstalt auch im Zusammenwirken mit anderen Rechtsfolgen eines Gesetzesverstoßes nicht ausreichen, um dem Missstand erfolgreich entgegenzuwirken“ und das Gesetz dieses Durchsetzungsdefizit nicht bewusst in Kauf genommen habe. Speziell zur Frage, inwieweit unter Rückgriff auf § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG Pflichtangebote und Angebotsänderungen (namentlich in Gestalt vorschriftswidriger Gegenleistungen) erzwungen und gegen unzulässige Abwehrmaßnahmen eingeschritten werden kann, siehe Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 265–283. Ohne zwingenden Grund enger Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 9.
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Aufgaben und Befugnisse
Rz. 23 § 4
rungen und Richtlinien29. Hierfür benötigt es zutreffend einer Ermächtigung nur, soweit mit der Anordnung in Rechtspositionen von Betroffenen eingegriffen wird30. Das ändert aber nichts an der Möglichkeit der Ermächtigung zu solchen Handlungsformen der Verwaltung, um Missständen ggf. vorzubeugen oder diese abzustellen, z.B. durch öffentliche Hinweise auf untersagte Angebote. Zu Rechtsverordnungen ist die Bundesanstalt nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ermächtigt31, die in Bezug auf § 4 Abs. 1 WpÜG nicht normiert sind. Unter den angeführten, von der Anordnungskompetenz des § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG abgedeckten 18 Handlungsformen ist der Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG) regelmäßig dann das angezeigte Mittel, wenn es um die Beseitigung von Missständen in einem Einzelfall geht, d.h. im Zusammenhang mit einem konkreten Angebot oder dem Unterlassen eines Pflichtangebots. Dabei kann sich der (begünstigende oder belastende, befehlende oder feststellende) Verwaltungsakt als Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme an einzelne Personen (§ 35 Satz 1 VwVfG) oder als Allgemeinverfügung an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis (§ 35 Satz 2 VwVfG) richten. Hierbei können auch Normen zum Tragen kommen, die für die Tätigkeit der Bundesanstalt allgemein gelten und daher im FinDAG normiert sind, z.B. für die Bekanntgabe von Allgemeinverfügungen32 (§ 17 Abs. 2 und 3 FinDAG). – Im Falle des Erlasses einer Allgemeinverfügung kann die Bundesanstalt von der Anhörung der Beteiligten absehen (§ 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Ansonsten ist vor dem Erlass eines Verwaltungsakts, der in die Rechte eines Angebotsbeteiligten eingreift, der Beteiligte grundsätzlich anzuhören, d.h. es ist ihm Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Von der Anhörung kann auch abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist (z.B. bei einem Verzicht durch den Adressaten) oder einer der übrigen in § 28 VwVfG aufgezählten besonderen Fälle vorliegt.
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– Der Verwaltungsakt ist dem Adressaten oder dem von ihm Betroffenen bekannt zu geben (§ 41 Abs. 1 VwVfG). Bei Allgemeinverfügungen erfolgt die Bekanntgabe des Verwaltungsakts durch öffentliche Bekanntgabe in Form einer elektronischen Bekanntmachung auf der Internetseite der Bundesanstalt (§ 17 Abs. 2 FinDAG).
20
– Der schriftliche oder schriftlich bestätigte (siehe § 39 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 2 VwVfG) Verwaltungsakt ist zu begründen (§ 39 Abs. 1 VwVfG), sofern nicht eine der in § 39 Abs. 2 VwVfG aufgeführten Ausnahmen eingreift. Unter diesen ist v.a. diejenige von Bedeutung, der zufolge die öffentlich bekannt gemachte Allgemeinverfügung keiner Begründung bedarf (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG).
21
– Hinsichtlich der Form des Verwaltungsakts gilt, dass dieser (1) schriftlich, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden kann (im Falle seines mündlichen Erlasses u.U. schriftlich zu bestätigen ist, § 37 Abs. 2 VwVfG), (2) die erlassende Behörde erkennen lassen und zumindest die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten muss (§ 37 Abs. 3 VwVfG) und (3) inhaltlich hinreichend bestimmt zu sein hat (§ 37 Abs. 1 VwVfG).
22
Die von der Bundesanstalt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zu treffenden Anordnungen zur Beseitigung oder Verhinderung aufgetretener Missstände müssen zur Erreichung dieser Ziele geeignet und erforderlich sein. Mit dieser Formulierung wiederholt der Gesetzgeber lediglich einen generell geltenden
23
29 Vgl. etwa Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 18; Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 10; Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 18 f.; a.A. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 8, der die Befugnis für schlicht-hoheitliche Maßnahmen allein aus § 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ableitet. 30 Differenzierend: Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 6; vgl. Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 33; Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG, Rz. 17, nur bei Grundrechtsrelevanz, sonst Eingriffsbefugnis nicht erforderlich. 31 Ebenso Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 34; Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 4. I.E. auch Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 19. Eine genuine Verordnungskompetenz räumt das WpÜG der Bundesanstalt nicht ein. Diese erlangt es vielmehr jeweils erst dann, wenn das Bundesministerium der Finanzen die ihm in §§ 5 Abs. 2, 6 Abs. 4, 11 Abs. 4 und 5, 31 Abs. 7, 37 Abs. 2 und § 47 Sätze 2 und 3 WpÜG, gewährte Kompetenz zum Erlass von Rechtsverordnungen entsprechend der ihm in den angeführten Bestimmungen jeweils erteilten Befugnis auf die Bundesanstalt überträgt. 32 Vgl. etwa Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 6 WpHG Rz. 50 ff.
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§ 4 Rz. 23 Aufgaben und Befugnisse Grundsatz verwaltungsrechtlichen (namentlich aufsichtsrechtlichen) Handelns. Denn die vorliegende Befugnis ist als Ermessensentscheidung ausgestaltet. Es versteht sich von selbst, dass nicht nur Maßnahmen der allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 3 WpÜG, sondern auch solche auf Grund spezieller, im Ermessen stehenden Eingriffsnormen des WpÜG dem Grundsatz der Eignung und Erforderlichkeit zu genügen haben33. 3. Kein Recht auf Tätigwerden der Bundesanstalt 24
Auf ein Tätigwerden der Bundesanstalt im Rahmen der Missstandsaufsicht steht weder einzelnen Angebotsbeteiligten noch Dritten ein Recht zu. Aus der Missstandsaufsicht leitet sich auch kein Anspruch auf ein bestimmtes Handeln ab. Maßnahmen der Missstandsaufsicht können mithin weder im Wege der Beschwerde (§ 48 Abs. 3 WpÜG) durchgesetzt werden noch kann das Unterlassen von Missstandsmaßnahmen Gegenstand eines Amtshaftungsanspruchs nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG sein. Generell zum Ausschluss des Anspruchs Dritter auf Vornahme oder Unterlassen einer bestimmten Handlung durch die Bundesanstalt oder zur Beteiligung am Beaufsichtigungsverfahren siehe Rz. 29 ff. Generell zum Ausschluss des Anspruchs Dritter auf Vornahme einer bestimmten Handlung durch die Bundesanstalt oder zur Beteiligung am Beaufsichtigungsverfahren siehe unten Rz. 29 ff.
III. Wahrnehmung der Aufgaben im öffentlichen Interesse (§ 4 Abs. 2 WpÜG) 1. Ausschluss von Ansprüchen Dritter 25
§ 4 Abs. 2 WpÜG bestimmt, dass die Bundesanstalt die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Gleichartige Vorschriften fanden sich – bis zur Zusammenführung der Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zum 1.5.2002 – in § 6 Abs. 4 KWG, § 81 Abs. 2 Satz 2 VAG, § 2 Abs. 4 WpHG und wurden mit der Errichtung der Bundesanstalt durch § 4 Abs. 4 FinDAG34 ersetzt. Weitere mit § 4 Abs. 2 WpÜG vergleichbare Bestimmungen finden sich heute beispielsweise auch in §§ 3 Abs. 3, 22 Abs. 2 BörsG, § 294 Abs. 8 VAG. Die Regelung der Aufgabenwahrnehmung der Bundesanstalt allein im öffentlichen Interesse ist umfassend zu verstehen35 und bezieht sich sowohl auf die Frage des Drittschutzes der Tätigkeit der Bundesanstalt als auch auf den Ausschluss von Schadensersatzansprüchen Dritter gegen die Bundesanstalt, etwa wegen unzureichender Aufsichtswahrnehmung. Der rechtsdogmatische und rechtspolitische Hintergrund dieser Regelung ergibt sich aus Entscheidungen des BGH aus dem Jahre 197936, in denen das Gericht davon ausging, dass das frühere BAKred auch individualschützend tätig sei, und der Gesetz33 Siehe dazu auch Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 16; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 35. 34 Die Vorschrift lautet: „Die Bundesanstalt nimmt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr.“ 35 OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03, ZIP 2003, 1392 = AG 2003, 513, nachgehend BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03, AG 2004, 607 = NJW 2004, 3031 – Nichtannahmebeschluss; OLG Frankfurt v. 9.10.2003 – WpÜG 2/02, ZIP 2003, 2254 und OLG Frankfurt v. 27.5.2003 – WpÜG 1/03, ZIP 2003, 1297 = AG 2003, 516; OLG Frankfurt v. 15.9.2014 – WpÜG 3/11, AG 2015, 125 = ZIP 2014, 2443; OLG Frankfurt a.M. v. 8.1.2018 – WpÜG 1/17, juris. Zum Bankenaufsichtsrecht: BVerwG v. 23.11.2011 – 8 C 18/10, juris Rz. 15–18; BVerwG v. 15.12.2010 – 8 C 37/09, BKR 2011, 208 Rz. 17 ff.; BGH v. 7.5.2009 – III ZR 277/08, ZIP 2009, 1166; BGH v. 20.1.2005 – III ZR 48/01, BGHZ 162, 49, nach EuGH-Vorlage, ob der Ausschluss der Amtshaftung in § 4 Abs. 4 FinDAG europarechtswidrig sei, was der EuGH verneinte, EuGH v. 12.10.2004 – C-222/02, WM 2005, 365; dazu v. Danwitz, JZ 2005, 729; Hafke, WuB I L 3 Sonstiges (RL 94/19/EWG) 1.05; Jaskulla, BKR 2005, 231; Rohlfrig, WM 2005, 311; Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung, S. 956 ff. m.w.N.; Sethe, Die Verfassungsmäßigkeit des Haftungsausschlusses für fehlerhafte Bankaufsicht in FS Hopt, S. 2549 ff., 2569; VG Frankfurt a.M. v. 17.6.2010 – 1 K 823/10.F, juris. Zum Bereich der Versicherungsaufsicht vgl. VG Frankfurt a.M. v. 28.3.2011 – 9 K 566/10.F, NJW 2011, 2747. 36 Zwei recht zeitgleiche Urteile: BGH v. 15.2.1979 – III ZR 108/76 – Wetterstein, BGHZ 74, 144 = WM 1979, 482; BGH v. 12.7.1979 – III ZR 154/77 – Herstatt, BGHZ 75, 120 = WM 1979, 1364. Bestätigend BGH v. 15.2.1984 – IVb ZB 701/81, BGHZ 90, 129 = WM 1984, 957. Demgegenüber hatte der BGH den Drittschutz in Bezug auf das VAG zuvor abgelehnt: BGH v. 24.1.1972 – III ZR 166/69, BGHZ 58, 96.
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Aufgaben und Befugnisse
Rz. 27 § 4
geber diesen Entscheidungen durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung entgegengetreten ist (Näheres hierzu siehe Rz. 35 und § 48 WpÜG Rz. 33 f.). Der Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG entsprechend stellt § 4 Abs. 2 WpÜG mit der Bestimmung einer Aufgabenwahrnehmung nur im öffentlichen Interesse nach dem Willen des Gesetzgebers klar, dass die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des WpÜG durch die Bundesanstalt ausschließlich den Zweck verfolgt, das Vertrauen der Investoren in eine ordnungsgemäße Abwicklung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und Unternehmensübernahmen als Voraussetzung funktionsfähiger Wertpapiermärkte zu sichern37. Diese Regelung sichert zusätzlich aber auch den ordnungsgemäßen Ablauf des Angebotsverfahrens ab, wie das Beschleunigungsgebot des WpÜG (§ 3 Abs. 4 WpÜG)38. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 2 WpÜG ist es, drittgerichtete Amtspflichten und damit auch Amts- 26 haftungsansprüche Dritter auszuschließen39. Der Schutz des einzelnen Anlegers soll ein „bloßer Rechtsreflex“ sein40. Dieser Ausschluss von Amtspflichten gilt nicht gegenüber den von einer Maßnahme der Bundesanstalt jeweils unmittelbar Betroffenen, also den jeweils betroffenen Adressaten der Maßnahmen41. Letzteres gilt für die Personen, die nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des WpÜG ein Recht auf das Tätigwerden der Bundesanstalt haben, z.B. aufgrund einer Antragstellung in Bezug auf die Bescheidung ihres Antrags. Gegenüber diesen unmittelbar Betroffenen, den Beteiligten des Verwaltungsverfahrens, können im Rahmen des durch die Antragstellung initiierten Verwaltungsverfahrens durchaus Amtspflichten der Bundesanstalt bestehen, deren schuldhafte Verletzung Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen könnte. Denn aus § 4 Abs. 2 WpÜG lässt sich nicht folgern, dass ein Anspruch auf eine Tätigkeit der Bundesanstalt nach den Vorschriften des WpÜG in keinem Fall bestünde, weil § 4 Abs. 2 WpÜG dem Einzelnen die Möglichkeit abschneide, den für eine Klage nach § 42 VwGO erforderlichen Nachweis zu führen, durch die (Un-)Tätigkeit der Bundesanstalt „in seinen Rechten verletzt zu sein“ (§ 42 Abs. 2 VwGO). Vielmehr steht außer Frage, dass § 4 Abs. 2 WpÜG die Pflicht der Bundesanstalt zu rechtmäßigem Verhalten in Bezug auf die von Aufsichtsmaßnahmen unmittelbar betroffenen Personen und Unternehmen unberührt lässt42. Das kommt schon darin zum Ausdruck, dass § 48 Abs. 1 und 3 WpÜG gegen erlassene bzw. antragswidrig unterlassene Verfügungen der Bundesanstalt das Rechtsmittel der Beschwerde vorsehen, wobei vor allem § 48 Abs. 3 WpÜG (Beschwerde gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung) voraussetzt, dass einem Beteiligten überhaupt Rechte auf die Vornahme einer Verfügung zustehen können. Verletzt die Bundesanstalt ihre Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten gegenüber unmittelbar Betroffenen schuldhaft, so kann der hiervon unmittelbar Betroffene folglich auch einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG geltend machen (vgl. § 48 WpÜG Rz. 28). Der Ausschluss von drittgerichteten Amtspflichten und damit von Amtshaftungsansprüche Dritter 27 hat hingegen – wie in den parallelen Normen43 und in den verschiedenen Vorgängerregelungen44 – zur Folge, dass den von einer unterlassenen oder ergriffenen Maßnahme der Bundesanstalt lediglich mittelbar Betroffenen („Drittbetroffenen“, „Dritten“) hiergegen weder eine Beschwerdebefugnis nach § 48 WpÜG (vgl. § 48 WpÜG Rz. 29 ff.)45 noch anderweitige Klagebefugnisse zustehen, z.B. nach § 42 Abs. 2 VwGO. Zur Geltendmachung von Rechtsmitteln gegen Aufsichtsmaßnahmen der Bundesanstalt sowie zur Erhebung von Amtshaftungsansprüchen in Bezug auf das Verwaltungshandeln der Bundesanstalt sollen nach dem Willen des Gesetzgebers mithin nur diejenigen berechtigt sein, die entweder Adressaten einer Verfügung der Bundesanstalt sind oder nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmun37 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 36. Siehe auch § 48 WpÜG Rz. 28. 38 Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 3; Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 10. 39 Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 21: „Es handelt sich um einen der seltenen Fälle, in denen der Normtext subjektive Rechte des Einzelnen ausdrücklich ausschließt.“ 40 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, 36 mit Verweis auf Zielsetzung des § 4 Abs. 2 WpHG a.F. und somit auf dessen Begründung in Begr. RegE des 2. FFG, BT-Drucks. 12/7918, 100. 41 Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 23. 42 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 36; Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 285; Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 318; Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 85; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 14; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 8. Zur entsprechenden Vorschrift des § 4 Abs. 4 FinDAG, Dreyling in Assmann/Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 4 WpHG Rz. 24. 43 Vgl. § 4 Abs. 4 FinDAG; §§ 3 Abs. 3, 22 Abs. 2 BörsG, § 294 Abs. 8 VAG. 44 § 6 Abs. 3, 4 KWG a.F., § 81 Abs. 2 Satz 2 VAG a.F., § 2 Abs. 4 WpHG a.F. 45 Vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.2011 – WpÜG 1/11, DB 2012, 275 = AG 2012, 335.
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§ 4 Rz. 27 Aufgaben und Befugnisse gen des WpÜG ein Recht zum Tätigwerden der Bundesanstalt haben. Dieser Wille des Gesetzgebers ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens46 – wenn auch in einem späten Stadium, so aber doch sehr deutlich – z.B. mit der Streichung der Beteiligung von Hinzugezogenen im Beschwerdeverfahren zu Tage getretenen. Mit anderen Worten: Klagebefugt sind nach dem Willen des Gesetzgebers diejenigen, die kraft eigener unmittelbarer Betroffenheit Beteiligte eines Verfahrens vor der Bundesanstalt sein können (siehe dazu § 48 WpÜG Rz. 20 ff.). 28
Des Weiteren sollte außer Frage stehen, dass bei verfassungskonformer Auslegung des § 4 Abs. 2 WpÜG der Rechtsschutz Dritter, die durch das Handeln der Bundesanstalt im Einzelfall substanziell in ihren Grundrechten verletzt wurden, nicht ausgeschlossen ist47. Eine solche Grundrechtsverletzung dürfte indes, auch mit Blick auf die Frosta-Entscheidung des BGH48, wenig wahrscheinlich sein49. Denn die Regelungen des WpÜG verschaffen z.B. den Aktionären der Zielgesellschaft als Adressaten des Angebots nach dem WpÜG in Bezug auf ihre Aktien, neben den üblichen Veräußerungsmöglichkeiten insbesondere an der Börse, nur eine zusätzliche Veräußerungsmöglichkeit im Rahmen eines Angebots nach den Maßgaben des WpÜG. Eine Grundrechtsverletzung liegt jedenfalls nicht bereits in dem durch § 4 Abs. 2 WpÜG begründeten Ausschluss des Drittschutzes als angeblicher Verstoß gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG50. Im Einzelnen dazu Rz. 31 ff.
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Dem Ausschluss des Drittschutzes durch § 4 Abs. 2 entspricht der Ausschluss von Ansprüchen Dritter auf Vornahme einer bestimmten Handlung durch die Bundesanstalt und zur Beteiligung am Verwaltungsverfahren nach den Vorschriften des WpÜG, insbesondere am Verfahren zur Gestattung der Angebotsunterlage51. Dieser Ausschluss einer Beteiligung Dritter entspricht auch im Übrigen der Grundkonzeption des Gesetzes, das in Anbetracht der wirtschaftlichen Auswirkungen auf alle Betroffenen, nicht nur Aktionären, sondern auch Arbeitnehmern, Geschäftspartnern etc., schnell Klarheit über die Durchführung eines Angebotsverfahrens erreichen will und daher als allgemeinen Grundsatz auch das Beschleunigungsgebot in § 3 Abs. 3 WpÜG normiert. Multipolare Verwaltungsverfahren, im Besonderen Massenverfahren, widersprechen dieser Grundkonzeption. Dies zeigt auch § 41 Abs. 2 WpÜG, der im Widerspruchsverfahren eine ausgesprochen kurze Entscheidungsfrist von 2 Wochen vorsieht, die aber u.a. bei einer Vielzahl von Verfahren, die nicht zwingend den gleichen Lebenssachverhalt betreffen müssen, verlängert werden kann. Auch im Übrigen sieht die Rechtsprechung keine drittschützende Tätigkeit der Bundesanstalt52.
46 Vgl. z.B. die Diskussion in BT-Drucks. 14/7034, 86 und die entsprechenden Änderungen in BT-Drucks. 14/7477, S. 29, 32, 53. 47 Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 64 f.; Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 16; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 9. 48 BGH v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, NJW 2014, 146. 49 Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 318, 326; Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 16 f. 50 OLG Frankfurt a.M. v. 22.5.2003 – WpÜG 1/03 – Saban/ProSiebenSat.1 AG, DB 2003, 1371, 1373 (insoweit in AG 2003, 515, nicht abgedruckt); OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03 – Wella II, AG 2003, 513, 515. Siehe auch unten Rz. 33 und § 48 WpÜG Rz. 31 ff. Zu den parallelen Normen: BGH v. 20.1.2005 – III ZR 48/01, NJW 2005, 742; BGH v. 2.6.2005 – III ZR 365/03, WM 2005, 1362; OLG Köln v. 11.1.2001 – 7 U 104/00, NJW 2001, 2725; LG Bonn v. 16.4.1999 – 1 O 186/98, NJW 2000, 815, 820; VG Frankfurt a.M. v. 28.3.2011 – 9 K 566/10.F, NJW 2011, 2747. 51 Etwa OLG Frankfurt a.M. v. 22.5.2003 – WpÜG 1/03 – Saban/ProSiebenSat.1 AG, DB 2003, 1373 = AG 2003, 516: Mangels Wahrscheinlichkeit eines Rechtsanspruchs eines Aktionärs auf Beteiligung am Verfahren auf Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach §§ 37, 35 WpÜG, kein Anspruch auf eine entsprechende einstweilige Anordnung gegen die Bundesanstalt. Zu dem Beschluss Seibt, ZIP 2003, 1865; Wagner, NZG 2003, 718; Hecker, ZBB 2004, 41. OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03 – Wella II, AG 2003, 513: Kein Widerspruchsrecht der Aktionäre gegen Gestattungsbescheide der Bundesanstalt. Zu dem Beschluss Seibt, ZIP 2003, 1865. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht angenommen; BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03, ZIP 2004, 950 = AG 2004, 607; OLG Frankfurt a.M. v. 8.1.2018 – WpÜG 1/17, juris. Aus dem Schrifttum etwa Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 286; Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 11, 14; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 4 WpÜG Rz. 34. 52 Z.B. zum Bereich der Versicherungsaufsicht vgl. VG Frankfurt a.M. v. 28.3.2011 – 9 K 566/10.F, NJW 2011, 2747. Zum KWG: BVerwG v. 23.11.2011 – 8 C 18/10, juris Rz. 15 bis 18; BVerwG v. 15.12.2010 – 8 C 37/09, BKR 2011, 208 Rz. 17 ff.; BGH v. 7.5.2009 – III ZR 277/08, ZIP 2009, 1166; BVerwG v. 14.12.1995 – 1 A 4.95, VersR 1996, 1133 zur Frage der Genehmigung einer Tarifänderung.
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Aufgaben und Befugnisse
Rz. 32 § 4
Neben der Verfassungskonformität von Vorschriften, die – wie § 4 Abs. 2 WpÜG – drittschützende Amtspflichten in Bezug auf die Bank-, Versicherungs-, Börsen- und Wertpapierhandelsaufsicht ausschließen (siehe dazu unten Rz. 34 ff.), ist auch deren Konformität mit dem Europarecht53 angezweifelt worden. Der EuGH ist dem jedoch mit seinem Urteil vom 12.10.2004 in Sachen Peter Paul u.a./Bundesrepublik Deutschland54 entgegengetreten. Der BGH55 hat sich diesem EuGH-Urteil angeschlossen und die Vereinbarkeit von § 6 Abs. 4 KWG a.F. und der an seine Stelle getretenen Vorschrift des § 4 Abs. 4 FinDAG sowohl mit dem Europäischem Gemeinschaftsrecht als auch mit dem Grundgesetz festgestellt. Details hierzu und zur Übertragung der Überlegungen des EuGH-Urteils auf die Übernahmerichtlinie56 und ihre Umsetzung ins deutsche Recht siehe unten Rz. 39 f. und die Kommentierung zu § 48 WpÜG Rz. 28 ff.
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2. Versuche der Begründung eines Drittschutzes Der erklärte Wille des Gesetzgebers, Dritten im Rahmen des Übernahmeverfahrens keine subjektiven Rechte zu gewähren, die ihnen die Geltendmachung von Rechtsmitteln gegenüber Aufsichtsmaßnahmen der Bundesanstalt oder die Erhebung von Amtshaftungsansprüchen wegen schuldhafter Amtspflichtverletzungen der Bundesanstalt erlauben, ist schwerlich zu bestreiten57 und wird auch von den Kritikern der Regelung des § 4 Abs. 2 WpÜG nicht in Abrede gestellt58. Dessen ungeachtet finden sich in der Literatur verschiedene Ansätze, die Regelung von § 4 Abs. 2 WpÜG zu korrigieren, um vermeintliche Schutzlücken59 im System des Rechtsschutzes bei Angeboten nach dem WpÜG zu schließen. Dabei soll z.T. der geäußerte „subjektive“ Willen des Gesetzgebers durch den mittels Auslegung der einzelnen Normen und des Normensystems des WpÜG zu ermittelnden „objektiv“ zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers60 ersetzt werden: Hierzu wird teils auf das Instrument der „Drittklagerechte im Verwaltungsprozessrecht“ zurückgegriffen, teils auf dasjenige der verfassungskonformen Auslegung (dazu unten Rz. 32 f.). Daneben finden sich im Schrifttum Stimmen, welche die Verfassungskonformität des generellen Ausschlusses drittschützender Amtspflichten im Bereich der Bank-, Versicherungs-, Börsen- und Wertpapierhandelsaufsicht in Frage stellen (dazu unten Rz. 34 ff.) und ihrer Art nach grundsätzlich geeignet sind, auch die Verfassungskonformität des § 4 Abs. 2 WpÜG in Zweifel zu ziehen61.
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a) Rechtspositionen der Zielgesellschaft und ihrer Aktionäre nicht berührt Den Ansätzen zur Begründung eines Drittschutzes ist der Versuch gemeinsam, dem WpÜG durch 32 Auslegung subjektiv-öffentliche, durch entsprechende Rechtsmittel und Amtshaftungsansprüche zu bewehrende Rechte Dritter zu entnehmen. Dabei werden teilweise62 grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen von Verfahrensbeteiligten in den Raum gestellt, um diese im Wege einer verfassungskonformen Auslegung einschlägiger Normen des WpÜG zur Geltung zu bringen und gegenüber den Regelungen von § 4 Abs. 2 WpÜG durchzusetzen. Diesen Versuchen der Begründung eines Drittschutzes ist nur soweit zu folgen, als aus Grundrechten abgeleitete subjektive Rechte eine von § 4 Abs. 2 53 Vgl. zu den parallelen Regelungen: EuGH v. 12.10.2004 – C-222/02, ZIP 2004, 2039; BVerwG v. 15.12.2010 – 8 C 37/09, BKR 2011, 208; BGH v. 20.1.2005 – III ZR 48/01, NJW 2005, 742; BGH v. 2.6.2005 – III ZR 365/03, WM 2005, 1362; OLG Köln v. 11.1.2001 – 7 U 104/00, NJW 2001, 2725; LG Bonn v. 16.4.1999 – 1 O 186/98, NJW 2000, 815, 820. 54 EuGH v. 12.10.2004 – C-222/02, ZIP 2004, 2039. 55 BGH v. 20.01.2005 – III ZR 48/01, NJW 2005, 742. 56 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1581. 57 Pohlmann, ZGR 2007, 1, 20; Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 53 f.; Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 25 ff. Siehe dazu auch die Hinweise in § 48 WpÜG Rz. 28 ff. und bei Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 86 f. 58 Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 87. 59 So schon Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853, 858. 60 Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 106 („objektiver Gesetzgeber“). 61 Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 84 f., 85: „Verfassungsrechtliche Bedenken … nicht mehr fern“. 62 Aha, AG 2002, 160 ff.; Giesberts in KölnKomm. WpÜG, § 4 WpÜG Rz. 65 ff.; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 4 WpÜG Rz. 9 ff.; Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 104 ff.
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§ 4 Rz. 32 Aufgaben und Befugnisse WpÜG unberührt bleibende Beschwerdebefugnis Dritter rechtfertigen könnten (siehe § 48 WpÜG Rz. 31). Abwehrrechte gegenüber konkreten Maßnahmen der Bundesanstalt könnten bei qualifizierten Grundrechtseingriffen in Betracht kommen. 32a
Zur Begründung eines Drittschutzes wird teilweise angeführt, eine nach Art. 12 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG vorzunehmende verfassungskonforme Auslegung des § 11 WpÜG zwinge dazu, die Zielgesellschaft dergestalt in den Schutzbereich dieser Bestimmung einzubeziehen, dass sich die Gesellschaft im Wege der Beschwerde gegen ein mit einem wesentlichen Mangel behaftetes Angebot wehren könne63. Warum das – eben erst durch das WpÜG installierte – System zur Kontrolle von ggf. fehlerhaften Angebotsunterlagen dazu zwingen soll, der Zielgesellschaft oder ihren Aktionären im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1, 14, 19 Abs. 4 GG Rechtsmittel zu gewähren, die ihnen der Gesetzgeber auf Grund von § 4 Abs. 2 i.V.m. § 48 WpÜG vorenthält, drängt sich nicht auf64. Denn eine durch die Billigung der Angebotsunterlagen ermöglichte Veröffentlichung der zivilrechtlichen Angebotsbedingungen mit der Zielrichtung, den Aktionären eine zusätzliche Veräußerungsmöglichkeit einzuräumen und in einer Aktiengesellschaft ggf. einen Wechsel in der Eigentümerstruktur durch neue Aktionärsstrukturen zu bewirken, bedeutet regelmäßig keinen qualifizierten Verstoß und damit keinen Eingriff in die grundgesetzlich geschützten Positionen. Das gilt sowohl für die Aktiengesellschaft in Bezug auf deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und auf deren nach Art. 14 geschütztes Eigentumsrecht, als auch für die Aktionäre und deren geschütztes Eigentumsrecht65.
33
Ein anderer, von Schnorbus vorgetragener Ansatz, geht davon aus, der Gesetzgeber habe sich mit dem in § 4 Abs. 2 WpÜG zum Ausdruck gebrachten Ausschluss subjektiver Rechte Dritter in Widerspruch zum Rechtsschutzsystem des WpÜG gesetzt, das die Existenz solcher Rechte geradezu (objektiv) voraussetze. Drittbetroffenen sei, nach dem Vorbild der „Drittklagerechte im Verwaltungsprozessrecht“, „eine Rechtsmacht zur Reaktion“ (d.h. Rechtsmittel und ggf. Amtshaftungsansprüche) gegen das Handeln der Bundesanstalt stets dann zuzuerkennen, wenn die in Frage stehende Normen „die sich widersprechenden Partizipations- und Verschonungsinteressen der Beteiligten konfliktschlichtend in ihr Entscheidungsprogramm aufgenommen haben (multipolare Konfliktentscheidungsfunktion)“66. Gegen diesen Ansatz sprechen rechtsdogmatische Bedenken, die der Autor mit dem Hinweis, die Lehre von der „multipolaren Konfliktentscheidungsfunktion“ habe „grundsätzlich nur subjektive Rechte als Klagebefugnis zum Gegenstand“, selbst andeutet, ohne sie mit dem Argument, der Gedanke lasse sich aber „auf andere, mehr formalisierte Klagerechte übertragen“ wirklich auszuräumen67. Im Speziellen kommt hinzu, dass gerade die sodann angeführten Vorschriften (in Gestalt namentlich von §§ 20 Abs. 1, 26 Abs. 2, 36 und 37 Abs. 1 WpÜG) nicht erkennen lassen, dass sie dem mittelbar Betroffenen „eine Rechtsmacht zur Reaktion“ gewähren wollten (siehe dazu § 48 WpÜG Rz. 33 ff.). Das gesetzgeberische Telos des Ausschlusses eines Drittschutzes im Rahmen des WpÜG in Bezug auf die von ihm zu regelnden einfach-gesetzlichen Ansprüche ist aufgrund der Gesetzeshistorie eindeutig erkennbar68, wenn auch in der letzten Phase der Gesetzgebung nicht mit absoluter Perfektion ausgeführt.
33a
Schließlich kann ein Drittrechtsschutz auch nicht über die Geltendmachung einer Hinzuziehung nach § 13 Abs. 1 oder 2 VwVfG bewirkt werden69. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen „Beziehung“ zwischen Bieter und „annehmendem“ Aktionär. Weder die Gestattung der Angebotsunterlage durch die Bundesanstalt70, eine Entscheidung nach §§ 36 oder 37 WpÜG, noch die Untersagung des Angebots nach § 15 WpÜG greift in grundrechtlich geschützte zivilrechtliche Rechtspositionen der Aktionäre ein71. Denn eine Rechtsposition erlangen die Aktionäre erst nach Abschluss des bis zum Ablauf der Angebotsfrist abänderbaren Angebots (§ 16 Abs. 1, § 21 WpÜG) im Rahmen der Abwicklung des Angebots, bei der sie ggf. auch nur anteilsmäßig (§ 19 WpÜG) Berücksichtigung finden, es sei denn der zuvor bekanntgegebene Mindestanteil wurde nicht erreicht, so dass ein Vertrag gar 63 64 65 66 67 68 69 70 71
Aha, AG 2002, 160 ff. Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 16a. Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 16a. Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 106 (Hervorhebung im Original). Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 106. Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 28. Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 15 ff. Pohlmann, ZGR 2007, 1, 24. Vgl. die detaillierten Ausführungen in der Kommentierung zu § 48 WpÜG Rz. 29 ff.
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Aufgaben und Befugnisse
Rz. 36 § 4
nicht zustande kommt. Da erst nach Abschluss der Annahmefrist der zivilrechtliche Vertrag mit seinen essentialia negotii zustande kommt, kann auch die Untersagung des laufenden Angebots durch die Bundesanstalt nicht in bestehende Rechtspositionen eingreifen. Die gesetzliche und damit mittelbare Folge der behördlichen Untersagung des Angebots nach § 15 Abs. 1 und 2 WpÜG ist zwar die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Ungeachtet dessen greift die Untersagung des öffentlichen Angebots nach § 15 Abs. 1 und 2 WpÜG in einem laufenden Angebotsverfahren nicht in einen feststehenden Vertragsabschluss mit entsprechenden gegenseitigen Ansprüchen ein oder verletzt schutzwürdige Positionen des Aktieninhabers72, sondern verhindert das Zustandekommen des Vertrags nach Ablauf der Annahmefrist. Insoweit greift die Untersagung auch nicht in die nach Art. 14 GG grundrechtlich geschützten Positionen der Aktionäre der Zielgesellschaft ein, sondern allenfalls in Geschäftschancen. b) Verfassungskonformität des § 4 Abs. 2 WpÜG Ist die Verfassungskonformität des generellen Ausschlusses drittschützender Amtspflichten in Bezug auf die Bank-, Versicherungs-, Börsen- und Wertpapierhandelsaufsicht (zu den einschlägigen Bestimmungen siehe oben Rz. 25) trotz der bisherigen Rechtsprechung vielfach bezweifelt worden, so liegt es auf der Hand, dass auch die Regelung des § 4 Abs. 2 WpÜG auf entsprechende Vorbehalte trifft.
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§ 4 Abs. 2 WpÜG führt die mit § 6 Abs. 3 KWG a.F. begründete und z.B. in § 81 Abs. 2 Satz 2 VAG a.F. und § 2 Abs. 4 WpHG a.F. fortgeführte Rechtstradition der Klarstellung fort, dass die Bundesanstalt die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Ausgangspunkt der Regelung des § 6 Abs. 3 KWG a.F., später § 6 Abs. 4 KWG a.F., zwischenzeitlich durch § 4 Abs. 4 FinDAG ersetzt, waren zwei Entscheidungen des BGH aus dem Jahre 197973: Mit diesen gab das Gericht seinen zuvor eingenommenen Standpunkt74 auf und befand, dass die Bankenaufsicht durch das BAKred nach dem KWG nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolge, sondern auch dem Schutz der in den Schutzbereich der Bankenaufsicht einbezogenen Personen diene, wie etwa Einlagegläubigern (nicht aber den Gesellschaftern des beaufsichtigten Instituts). Dieser Rechtsprechung trat der Gesetzgeber mit der 3. KWG-Novelle von 198475 entgegen und normierte die Vorschrift des § 6 Abs. 3 KWG a.F., welche drittgerichtete Amtspflichten des BAKred ausschließen sollte und zum Vorbild für eine Reihe (oben Rz. 25) von weitgehend gleichlautenden Bestimmungen wurde. So führt die Gesetzesbegründung76 unter Bezugnahme auf das „hergebrachten Verständnis von der Zielrichtung der staatlichen Bankaufsicht“ und dem Hinweis, dass „Amtspflichten gegenüber den durch das Wirken des Bundesaufsichtsamtes nur mittelbar geschützten Personen oder Personenkreisen … bei der Tätigkeit des Bundesaufsichtsamtes deshalb nicht begründet (werden)“, aus, dass in erster Linie (und damit nicht ausschließlich) Amtshaftungsansprüche ausgeschlossen werden sollen.
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Wurde vor dem Erlass der Bestimmung des § 6 Abs. 3 KWG a.F. über die Berechtigung der damaligen neuen Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung in Bezug auf die Bankenaufsicht77 gestritten78, so standen nach der 3. KWG-Novelle die entsprechenden Bestimmungen zur Aufgabenwahrnehmung im öffentlichen Interesse in der Diskussion. Hierbei wurden, wie heute auch zu § 4 Abs. 2 WpÜG, insbesondere verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen derartige Regelungen er-
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72 Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 17. 73 BGH v. 15.2.1979 – III ZR 108/76 – Wetterstein, BGHZ 74, 144 = WM 1979, 482; BGH v. 12.7.1979 – III ZR 154/77 – Herstatt, BGHZ 75, 120 = WM 1979, 1364. Bestätigend BGH v. 15.2.1984 – IVb ZB 701/81, BGHZ 90, 129 = WM 1984, 957. 74 BGH v. 24.1.1972 – III ZR 166/69, BGHZ 58, 96. 75 Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 20.12.1984, BGBl. I 1984, 1693. 76 Vgl. Begr. RegE 3. KWG-Novelle, § 6 KWG, BT-Drucks. 10/1441, S. 20. 77 Siehe oben Rz. 35 Fn. 73. 78 Zustimmend etwa Bender, Die Amtspflicht des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen gegenüber einzelnen Gläubigern eines Kreditwesens, NJW 1978, 622; Kopf-Bäumler, Die neue Rechtsprechung des BGH zur Amtshaftung im Bereich der Bankenaufsicht, NJW 1979, 1871. Ablehnend etwa Starke, Drittschutzwirkung der Bankenaufsicht und ihre Konsequenzen, WM 1979, 1402; Püttner, Von der Bankenaufsicht zur Staatsgarantie für Bankeinlagen, JZ 1982, 47. Differenzierend etwa Papier, Wirtschaftsaufsicht und Staatshaftung – BGHZ 74, 144; NJW 1979, 1879, JuS 1980, 265; Schwark, Individualansprüche Privater aus wirtschaftsrechtlichen Gesetzen, JZ 1979, 670.
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§ 4 Rz. 36 Aufgaben und Befugnisse hoben79. Über die Verfassungskonformität des generellen Ausschlusses drittschützender Amtspflichten im Bereich der Beaufsichtigung des Kredit- und Versicherungswesens mag man, trotz der die Norm bestätigenden Rechtsprechung streiten, doch gehen die hiergegen vorzubringenden Einwände auch im Hinblick auf den mit § 4 Abs. 2 WpÜG einhergehenden Ausschluss drittgerichteter Amtspflichten bei der Beaufsichtigung des gesetzlich vorgeschriebenen Ablaufs von öffentlichen Angebotsverfahren ins Leere. 37
Das im Hinblick auf die Beurteilung der Verfassungskonformität des § 6 Abs. 4 KWG a.F. (ursprünglich § 6 Abs. 3 KWG a.F.,) vorgebrachte Argument, der Gesetzgeber habe mit dem Erlass dieser Bestimmung und der Negierung der Rechtsprechung des BGH zur Drittbezogenheit von Amtspflichten in der Bankenaufsicht80 gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoßen, vermag nicht zu überzeugen81. Dem Gesetzgeber ist unbenommen, einer bestimmten Auslegung von Gesetzen durch die Gerichte durch die Änderung dieser Gesetze den Boden zu entziehen, solange dadurch nicht in die Befugnis der Gerichte zur Rechtsauslegung geltenden Rechts selbst eingegriffen wird. Eben diese Möglichkeit hat er anlässlich der Entscheidungen des BGH zum Drittschutz der Bankenaufsicht durch das BAKred und der daraus abgeleiteten Amtshaftungspflicht eben in Bezug auf den Inhalt und die Zielrichtung der Amtspflichten, die nun ausdrücklich nur im öffentlichen Interesse ausgeübt werden sollen, und der daraus abgeleiteten Folgen für Amtshaftungsansprüche Dritter ergriffen82. Ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG83 scheidet schon deshalb aus, weil diese Vorschrift keine subjektiven Rechte zu begründen vermag, sondern solche voraussetzt84. Damit verbleiben nur solche Einwände, die im Ausschluss drittgerichteter Amtspflichten eine Schutzlücke im Hinblick auf den gebotenen Sozialschutz (Verstoß gegen das Rechts- und Sozialstaatsprinzip85), den Eigentumsschutz (Art. 14 GG)86 sowie drittschädigendes Fehlverhalten von Aufsichtsbehörden (Art. 34 GG87) begründen können. 79 Beck/Samm, § 6 KWG Rz. 61 ff.; Gratias, NJW 2000, 786, 788; Geerlings, BKR 2003, 889, 890; Habscheid, Staatshaftung, S. 119 ff.; Habscheid, BB 1988, 2333 Fn. 57; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 63 f.; Nicolaysen in Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663 ff.; Papier in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2017, § 839 BGB Rz. 255; Papier in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 34 GG Rz. 190; Nüßgens in FS Gelzer, 1991, S. 293, 300; Plück/Schmutzler/Kühn, Kapitalmarktrecht, S. 70 f.; Schenke in FS Lorenz, 1994, S. 473 ff. (zu § 81 Abs. 1 VAG a.F.); Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324 ff.; Tönnies, Staatshaftung, S. 55 ff.; Vespermann, Staatshaftung im Versicherungswesen, 1996, S. 118 ff.; a.A. OLG Köln v. 11.1.2001 – 7 U 104/00, NJW 2001, 2724 = WM 2001, 1372; LG Bonn v. 16.4.1999 – 1 O 186/98, ZIP 1999, 959 ff.; LG Bonn v. 4.10.1999 – 1 O 55/99, ZIP 1999, 2051 ff.; Schwirten in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 4 FinDAG Rz. 7 ff.; Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Einf. Rz. 68; Fischer/Boegel in Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 125 Rz. 24 f.; Lange, Informationspflichten, 2000, S. 276 Fn. 21; Starke, WM 1979, 1402; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 1189 f.; Oulds in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Rz. 11.96 ff.; wohl auch Haug in Szagunn/Haug/Ergenzinger, 6. Aufl. 1997, § 6 KWG Rz. 14a. Offen Hopt in WM-Festgabe Hellner, 1994, S. 29; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 158. 80 Ebenso etwa Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 326 (in Bezug auf den Richtlinienvorschlag vom 2.2.2002). 81 Papier in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2017, § 839 BGB Rz. 255; Papier in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 34 GG Rz. 190. Auch Beck/Samm, § 6 KWG Rz. 65. 82 Vgl. Begr. RegE 3. KWG-Novelle, § 6 KWG, BT-Drucks. 10/1441, S. 20. 83 Beck/Samm, § 6 KWG Rz. 67; Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 19. 84 Ebenso OLG Köln v. 11.1.2001 – 7 U 104/00, ZIP 2001, 645, 647; Schenke in FS Lorenz, 1994, S. 473, 487 f. (zu § 81 Abs. 1 VAG); Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326; Habscheid, Staatshaftung, S. 148 ff. 85 Etwa Habscheid, Staatshaftung, S. 125 f. Dagegen zu Recht OLG Köln v. 11.1.2001 – 7 U 104/00, ZIP 2001, 645, 647. Ablehnend ferner Nicolaysen in Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 676 f. Zu den – hier nicht vorliegenden – Voraussetzungen, unter denen der Gesetzgeber zum Einschreiten verpflichtet wird, Sommermann in v. Mangoldt/Klein/Starck, 6. Aufl., Art. 20 GG Rz. 115 ff. 86 Etwa Wieland in Dreier, 1998, Art. 14 GG Rz. 145; Nicolaysen in Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 677 f.; Erichsen, Jura 1997, 85, 86 f.; Cremer, JuS 2001, 643, 649. Ablehnend bspw. OLG Köln v. 11.1.2001 – 7 U 104/00, ZIP 2001, 645, 648; Steinberg/Lubberger, Aufopferung, Enteignung und Staatshaftung, 1991, S. 229. 87 Etwa Beck/Samm, § 6 KWG Rz. 66; Habscheid, Staatshaftung, 1988, S. 127 ff.; Nicolaysen in Gedächtnisschrift W. Martens, 1987, S. 663, 669 ff.; Nüßgens in FS Gelzer, 1991, S. 293, 300; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 63 f.; Papier in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2017, § 839 BGB Rz. 255. Ablehnend etwa Steinberg/Lubberger, Aufopferung, Enteignung und Staatshaftung, 1991, S. 299; Wieland in Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Art. 34 GG Rz. 47; Tönnies, Staatshaftung, 1985, S. 60; Schenke in FS Lorenz, 1994, S. 473, 486 zu § 81 Abs. 1 VAG a.F.; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326; Cremer, JuS 2001, 643, 649.
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Aufgaben und Befugnisse
Rz. 39 § 4
Solche Schutzlücken, die § 4 Abs. 2 WpÜG als verfassungswidrig erscheinen ließen, sind auch im 38 Zusammenhang mit der Überwachung von Angebotsverfahren nicht zu erkennen88. Bei der Regelung und Beaufsichtigung eines Angebotsverfahrens geht es nicht um den Schutz von individuellen Anlegern im Hinblick auf Vermögensdispositionen, die diese ggf. im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Beaufsichtigung des fraglichen Angebots getätigt haben. In einem nach den WpÜG-Regelungen beaufsichtigten Angebotsverfahren werden alle Aktionäre der Zielgesellschaft Adressaten einer zivilrechtlichen Erklärung des Bieters. Diese Erklärung in Form der Angebotsunterlage darf nur mit behördlicher Genehmigung veröffentlicht werden, es gibt aber kein Erfordernis, die Aktionäre in das behördliche Genehmigungsverfahren der Angebotsunterlage einzubeziehen, die später Grundlage ihrer Entscheidung über die Desinvestition wird. Als Adressaten der Angebotsunterlage sind sie gegen unrichtige oder unvollständige Informationen in der Angebotsunterlage durch den Schadensersatzanspruch nach § 12 WpÜG geschützt. Die Prüfung der Angebotsunterlage durch die Bundesanstalt kann die eigene Prüfung durch die Aktionäre auch nicht ersetzen, bezieht sie sich doch allein auf eine formelle Vollständigkeitskontrolle der Angebotsunterlage. Soweit die Abgabe eines Angebots unterbleibt oder ein solches nicht erfolgreich durchgeführt werden kann, sind die Wertpapierinhaber allenfalls hinsichtlich einer Geschäftschance in Bezug auf die Veräußerung ihrer Aktien betroffen, nicht aber in Bezug auf ihre mitgliedschaftlichen Rechte an der Zielgesellschaft oder in ihren Eigentumsrechten an den Aktien. Die Geschäftschance fällt aber nicht in den Bereich des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes oder einer sonstigen grundgesetzlich geschützten Position. Ein grundgesetzlicher Schutz gegen ungewollte Mitaktionäre in einer Aktiengesellschaft ist nicht erkennbar. Auch die Aktionäre der Bietergesellschaft würde eine Verletzung von Amtspflichten gegenüber dieser Gesellschaft nur reflexartig auf Grund ihrer Beteiligung an der Gesellschaft treffen, nicht aber ihre eigenen grundrechtlich geschützten Positionen. Im Hinblick auf den Schutz von Bietern, konkurrierenden Bietern und Zielgesellschaften ist im Ein- 38a zelfall zu prüfen, inwieweit sich aus Grundrechten tatsächlich einzelne subjektive Rechte derselben herleiten lassen, in die eine vorgenommene oder unterlassene Maßnahme der Bundesanstalt, in diesem Falle unberührt von § 4 Abs. 2 WpÜG, eingreift (vgl. Rz. 28). Weder aus dem Verfassungsrecht noch aus den Zielsetzungen des WpÜG lässt sich jedoch ableiten, dass Übernahmen verhindert oder konkurrierende Angebote ausgeschlossen werden sollen, sondern es soll im öffentlichen Interesse ein geregeltes Verfahren für Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangebote geschaffen werden. Letztlich ist nicht erkennbar, dass der Zustand vor Erlass des WpÜG und damit vor der Regelung des Angebotsverfahrens nach WpÜG verfassungswidrig war. Die Regelungen des WpÜG verfolgen andere Ziele als eine verfassungsrechtliche Lückenfüllung. 3. Keine Ansprüche Dritter aufgrund EU-Übernahmerichtlinie Neben der Verfassungskonformität der Bestimmung der Tätigkeit der Bundesanstalt allein im öf- 39 fentlichen Interesse (siehe dazu Rz. 34 ff.) ist auch deren Konformität mit dem Europarecht angezweifelt worden. Diese Diskussion ist insbesondere in Bezug auf § 6 Abs. 4 KWG a.F. einer europarechtlichen Klärung zugeführt worden. Der EuGH entschied mit seinem Urteil vom 12.10.2004 in Sachen Peter Paul u.a./Bundesrepublik Deutschland89, dass eine nationale Vorschrift, nach der die nationale Behörde zur Aufsicht über die Kreditinstitute ihre Aufgabe nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Zur Begründung führt das Gericht insbesondere an, die Richtlinien über das Bankenrecht würden dem Einzelnen nicht das Recht verleihen, von der Bankenaufsichtsbehörde den Erlass angemessener Aufsichtsmaßnahmen zu verlangen oder die
88 Vgl. auch die weiterführenden Ausführungen in der Kommentierung zu § 48 WpÜG Rz. 41 ff. I.E. ebenso Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 286 ff.; Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 318, 325; Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 16 f., 23; Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 89 ff.; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 13. Siehe auch OLG Frankfurt a.M. v. 22.5.2003 – WpÜG 1/03 – Saban/ProSiebenSat.1 AG, DB 2003, 1371, 1373 (insoweit in AG 2003, 515, nicht abgedruckt); OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 2/03, AG 2003, 515, 516; OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03 – Wella II, AG 2003, 513, 515; OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.2011 – WpÜG 1/11, DB 2012, 275; OLG Frankfurt a.M. v. 8.1.2018 – WpÜG 1/17, juris. 89 EuGH v. 12.10.2004 – C-222/02, ZIP 2004, 2039.
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§ 4 Rz. 39 Aufgaben und Befugnisse Behörde bzw. den betreffenden Staat bei unzureichender Aufsicht haftbar zu machen. Diese Überlegungen sind auch auf die EU-Übernahmerichtlinie90 und ihre Umsetzung ins deutsche Recht zu übertragen. 40
Auch nach Umsetzung der Übernahmerichtlinie ändert sich nichts an der Aussage, dass die Bundesanstalt die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. So ergeben sich weder aus der Übernahmerichtlinie noch aus dem WpÜG nach Umsetzung der Richtlinie subjektiv-öffentliche Ansprüche Dritter, wie der Aktionäre der Zielgesellschaft oder anderer Dritter gegenüber der beaufsichtigenden Bundesanstalt91. Diese Auffassung wird in ständiger Rechtsprechung auch vom OLG Frankfurt a.M. geteilt92. Zwar sollen mit der Richtlinie durchaus die Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft geschützt werden (2. Erwägungsgrund). Das bedeutet aber nicht, dass die Richtlinie subjektive Rechte Dritter vorsieht. Denn mit der Übernahmerichtlinie wurde eine Rahmenregelung geschaffen, die zum Zwecke der Harmonisierung grundsätzlich nur Mindestanforderungen festlegt und den Mitgliedstaaten im Übrigen einen weiten Gestaltungsspielraum belässt. Allein schon die Schaffung dieses einheitlichen Rahmens dient den Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft und schafft für diese Rechtssicherheit. Insoweit bezieht sich der Schutz der Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft auf diese in ihrer Gesamtheit. Die Richtlinie sieht aber keine Verpflichtung vor, den Aktionären der Zielgesellschaft in materieller Hinsicht unmittelbar ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber der Aufsichtsbehörde einzuräumen. Sie enthält keine zwingende Vorgabe, auf welche Weise die einzelnen Mitgliedstaaten den Schutz der Minderheitsaktionäre zu regeln und durchzusetzen haben. Die Befugnis der Mitgliedstaaten, festzulegen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Parteien des Angebots Rechte im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren geltend machen können, wird von der Richtlinie ausdrücklich nicht berührt (8. Erwägungsgrund und Art. 4 Abs. 6 Satz 1). Gleiches gilt nach Art. 4 Abs. 6 Satz 3 der Übernahmerichtlinie ausdrücklich auch für die nationale Befugnis, die Rechtslage in Bezug auf die Haftung von Aufsichtsstellen oder im Hinblick auf Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien des Angebots zu bestimmen. Der deutsche Gesetzgeber hat daher an seiner Entscheidung zum Tätigwerden der Bundesanstalt nur im öffentlichen Interesse festgehalten93. 4. Hinweise und Aufforderungen an die Bundesanstalt zum Tätigwerden
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§ 4 Abs. 2 WpÜG schließt es nicht aus, dass sich Dritte mit Hinweisen, Beschwerden, Anregungen oder Hintergrundinformationen an die Bundesanstalt wenden. Die Bundesanstalt wird die Informationen aufnehmen und ggf. einer näheren Prüfung unterziehen. Soweit sie aufgrund ihrer Prüfung aufsichtsrechtliche Mittel nutzt, sei es im Wege der Missstandsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG oder unter Nutzung ihrer Eingriffsbefugnisse94, unterliegt das regelmäßig ihrer fachgesetzlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 9 WpÜG). Zu Beteiligten (§ 48 WpÜG Rz. 20 ff.) an einem Verwaltungsverfahren, das ggf. auf Grund entsprechender Aktivitäten der Hinweisgeber oder Dritter durch die Bundesanstalt eingeleitet wird, werden diese Dritten damit allerdings nicht.
90 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1581. 91 Noack in Schwark/Zimmer, § 4 WpÜG Rz. 30; Kreße in MünchKomm. AktG, § 4 WpÜG Rz. 33; Klepsch in Steinmeyer, § 4 WpÜG Rz. 13; Pohlmann, ZGR 2007; 1, 5; Möller, ZHR 167 (2003), 301, 305. A.A. Habersack, ZHR 166 (2002) 619, 620 f. 92 OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.2011 – WpÜG 1/11, DB 2012, 275 = AG 2012, 335; OLG Frankfurt a.M v. 15.9.2014 – WpÜG 3/11, AG 2015, 125 = ZIP 2014, 2443; OLG Frankfurt a.M. v. 8.1.2018 – WpÜG 1/17, juris. 93 Vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 12. 94 Zur entsprechenden Praxis der Bundesanstalt im Hinblick auf Beschwerden über das Verhalten von Wertpapierdienstleistern siehe Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Vor § 6 WpHG Rz. 53. Siehe auch unten § 48 WpÜG Rz. 16.
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Beirat
§5
C. Organisation und Kommunikation I. Organisation der Aufgaben Die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse, welche das Gesetz der Bundesanstalt zuweist, wird 42 behördenintern durch das Referat WA 16 wahrgenommen. Die Geschäftsverteilung kann der Web-Site der Bundesanstalt95 sowie ihren Jahresberichten entnommen werden96.
II. Kommunikation mit der Bundesanstalt Für Angelegenheiten nach dem WpÜG steht eine besondere Fax-Nummer zur Verfügung: 0228-4108-3112. Für Vorabmitteilungen nach § 10 WpÜG ist die Fax-Nr. 0228-4108-3255 zu verwenden.
§ 5 Beirat (1) Bei der Bundesanstalt wird ein Beirat gebildet. Der Beirat besteht aus 1. vier Vertretern der Emittenten, 2. je zwei Vertretern der institutionellen und der privaten Anleger, 3. drei Vertretern der Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes, 4. zwei Vertretern der Arbeitnehmer, 5. zwei Vertretern der Wissenschaft. Die Mitglieder des Beirates werden vom Bundesministerium der Finanzen für jeweils fünf Jahre bestellt; die Bestellung der in Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Mitglieder erfolgt nach Anhörung der betroffenen Kreise. Die Mitglieder des Beirates müssen fachlich besonders geeignet sein; insbesondere müssen sie über Kenntnisse über die Funktionsweise der Kapitalmärkte sowie über Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, des Bilanzwesens oder des Arbeitsrechts verfügen. Die Mitglieder des Beirates verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt. Für ihre Teilnahme an Sitzungen erhalten sie Tagegelder und Vergütung der Reisekosten nach festen Sätzen, die das Bundesministerium der Finanzen bestimmt. An den Sitzungen können Vertreter der Bundesministerien der Finanzen, der Justiz und für Verbraucherschutz sowie für Wirtschaft und Energie teilnehmen. (2) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über die Zusammensetzung des Beirates, die Einzelheiten der Bestellung seiner Mitglieder, die vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft, das Verfahren und die Kosten erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. (3) Der Beirat wirkt bei der Aufsicht mit. Er berät die Bundesanstalt, insbesondere bei dem Erlass von Rechtsverordnungen für die Aufsichtstätigkeit der Bundesanstalt. Er unterbreitet mit Zustimmung von zwei Dritteln seiner Mitglieder Vorschläge für die ehrenamtlichen Beisitzer des Widerspruchsausschusses und deren Vertreter. (4) Der Präsident der Bundesanstalt lädt zu den Sitzungen des Beirates ein. Die Sitzungen werden vom Präsidenten der Bundesanstalt oder einem von ihm beauftragten Exekutivdirektor oder Beamten geleitet. (5) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.
95 Siehe www.bafin.de unter der Rubrik: Die BaFin/Grundlagen & Organisation/Organigramm. 96 Vgl. z.B. den Jahresbericht der Bundesanstalt 2018, Anhang, S. 166, veröffentlicht auch auf der Internetseite der Bundesanstalt.
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C. Organisation und Kommunikation I. Organisation der Aufgaben Die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse, welche das Gesetz der Bundesanstalt zuweist, wird 42 behördenintern durch das Referat WA 16 wahrgenommen. Die Geschäftsverteilung kann der Web-Site der Bundesanstalt95 sowie ihren Jahresberichten entnommen werden96.
II. Kommunikation mit der Bundesanstalt Für Angelegenheiten nach dem WpÜG steht eine besondere Fax-Nummer zur Verfügung: 0228-4108-3112. Für Vorabmitteilungen nach § 10 WpÜG ist die Fax-Nr. 0228-4108-3255 zu verwenden.
§ 5 Beirat (1) Bei der Bundesanstalt wird ein Beirat gebildet. Der Beirat besteht aus 1. vier Vertretern der Emittenten, 2. je zwei Vertretern der institutionellen und der privaten Anleger, 3. drei Vertretern der Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes, 4. zwei Vertretern der Arbeitnehmer, 5. zwei Vertretern der Wissenschaft. Die Mitglieder des Beirates werden vom Bundesministerium der Finanzen für jeweils fünf Jahre bestellt; die Bestellung der in Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Mitglieder erfolgt nach Anhörung der betroffenen Kreise. Die Mitglieder des Beirates müssen fachlich besonders geeignet sein; insbesondere müssen sie über Kenntnisse über die Funktionsweise der Kapitalmärkte sowie über Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, des Bilanzwesens oder des Arbeitsrechts verfügen. Die Mitglieder des Beirates verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt. Für ihre Teilnahme an Sitzungen erhalten sie Tagegelder und Vergütung der Reisekosten nach festen Sätzen, die das Bundesministerium der Finanzen bestimmt. An den Sitzungen können Vertreter der Bundesministerien der Finanzen, der Justiz und für Verbraucherschutz sowie für Wirtschaft und Energie teilnehmen. (2) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über die Zusammensetzung des Beirates, die Einzelheiten der Bestellung seiner Mitglieder, die vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft, das Verfahren und die Kosten erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. (3) Der Beirat wirkt bei der Aufsicht mit. Er berät die Bundesanstalt, insbesondere bei dem Erlass von Rechtsverordnungen für die Aufsichtstätigkeit der Bundesanstalt. Er unterbreitet mit Zustimmung von zwei Dritteln seiner Mitglieder Vorschläge für die ehrenamtlichen Beisitzer des Widerspruchsausschusses und deren Vertreter. (4) Der Präsident der Bundesanstalt lädt zu den Sitzungen des Beirates ein. Die Sitzungen werden vom Präsidenten der Bundesanstalt oder einem von ihm beauftragten Exekutivdirektor oder Beamten geleitet. (5) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.
95 Siehe www.bafin.de unter der Rubrik: Die BaFin/Grundlagen & Organisation/Organigramm. 96 Vgl. z.B. den Jahresbericht der Bundesanstalt 2018, Anhang, S. 166, veröffentlicht auch auf der Internetseite der Bundesanstalt.
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§ 5 Rz. 1 Beirat A. Übersicht und Entwicklung der Norm . . B. Bildung des Beirates (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammensetzung des Beirats und Mitgliedschaft (§ 5 Abs. 1 Sätze 2–7, Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zusammensetzung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . III. Bestellung der Mitglieder (§ 5 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . IV. Qualifikation der Mitglieder (§ 5 Abs. 1 Satz 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . V. Pflichten der Mitglieder . . . . . . . . . . VI. Stellvertreter der Beiratsmitglieder . . . . VII. Beendigung der Mitgliedschaft im Beirat
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VIII. Vergütung des Beirates (§ 5 Abs. 1 Sätze 5 und 6 WpÜG) . . . . . . . . . . . . IX. Verordnungsermächtigung (§ 5 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Aufgabe des Beirates (§ 5 Abs. 3 WpÜG) . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mitwirkung bei der Aufsicht durch Beratung (§ 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 WpÜG) . . III. Vorschlagsrecht nach § 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Verfahrensfragen (§ 5 Abs. 1 Satz 7, Abs. 4 und 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . I. Sitzungen des Beirates (§ 5 Abs. 1 Satz 7, Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . II. Beschlussfassung und Protokollierung . . III. Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . IV. Geschäftsordnung (§ 5 Abs. 5 WpÜG) . .
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Schrifttum: Siehe das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Übersicht und Entwicklung der Norm 1
§ 5 WpÜG verlangt, bei der Bundesanstalt einen Beirat zu bilden. Dieser Beirat soll es der Bundesanstalt erlauben, sich zusätzlichen Sachverstand für übernahmerechtliche Fragestellungen zu erschließen. Der Beirat reiht sich ein in eine Reihe anderer Beiräte, die zur Unterstützung der verschiedenen Bereiche der Finanzdienstleistungsaufsicht eingerichtet wurden. § 5 Abs. 1 WpÜG regelt die Bildung des Beirates, seine Zusammensetzung, die Bestellung und Qualifikation seiner Mitglieder und deren Teilnahme an den Sitzungen. § 5 Abs. 2 WpÜG enthält eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Finanzen hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Zusammensetzung des Beirates, der Bestellung seiner Mitglieder und deren Tätigwerdens. Zudem ist die Möglichkeit der Übertragung der Ermächtigung zum Erlass der Verordnung auf die Bundesanstalt vorgesehen. § 5 Abs. 3 WpÜG bestimmt die Aufgaben des Beirates. § 5 Abs. 4 WpÜG regelt die Einberufung und Leitung der Sitzungen des Beirates und § 5 Abs. 5 WpÜG sieht eine Geschäftsordnung für den Beirat vor. Durch Art. 101 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung (9. ZustAnpV) vom 31.10.20061 sowie durch Art. 194 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.8.20152 hat die Vorschrift nur insoweit redaktionelle Änderungen erfahren als in § 5 Abs. 1 Satz 7 WpÜG die Bezeichnung der Ministerien von „Wirtschaft und Arbeit“ über „Wirtschaft und Technologie“ in „Wirtschaft und Energie“ und von „Justiz“ in „Justiz und für Verbraucherschutz“ aktualisiert wurde. Zudem wurde die Norm durch Art. 2c des Gesetzes zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht vom 28.11.20123 an die Änderung4 im FinDAG insoweit angepasst, als klargestellt wurde, dass der Präsident der Bundesanstalt auch weiterhin die Exekutivdirektoren, die seitdem in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen, mit der Leitung des Übernahmebeirats beauftragen kann. Mit dem 2. FiMaNoG5 wurde die WpHG-Zitierung in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WpÜG an die neue Nummerierung des WpHG angepasst.
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BGBl. I 2006, 2407. BGBl. I 2015, 1474. BGBl. I 2012, 2369. Änderung des FinDAG durch Art. 8 des Gesetzes vom 4.12.2011 (BGBl. I 2011, 2427). Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I 2017, 1693.
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Beirat
Rz. 5 § 5
B. Bildung des Beirates (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) § 5 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verlangt die Bildung eines Beirates. Zweck des Beirates ist es, für die Bundesanstalt den Sachverstand der Wirtschaft und anderer betroffener Kreise zu erschließen und zudem die Akzeptanz von Entscheidungen der Aufsicht zu fördern6. Damit lehnt sich die Regelung nicht nur am bisherigen Übernahmekodex an, sondern auch an andere Regelungen im Aufsichtsbereich, mit denen die Praxis in die Aufsichtstätigkeit eingebunden werden soll. Hier sind beispielsweise der in § 325 VAG geregelte Versicherungsbeirat, der in § 16 WpHG vorgesehenen Wertpapierbeirat oder der Fachbeirat nach § 8 FinDAG anzuführen, die alle eine beratende Aufgabe haben. Demgegenüber gehen die Aufgaben des Börsenrats nach § 12 BörsG weiter. Nach § 12 Abs. 2 BörsG hat dieser z.B. eine eigene Rechtssetzungsbefugnis bezüglich der Börsenordnung, der Bedingungen für Geschäfte an der Börse, der Gebührenordnung, der Zulassungsordnung für Börsenhändler und der Handelsordnung für den Freiverkehr, die er jeweils durch den Erlass von Satzungen geltend machen kann. Darüber hinaus obliegt ihm u.a. die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer im Einvernehmen mit der Börsenaufsichtsbehörde und die Überwachung der Geschäftsführung. Schließlich sind bestimmte Maßnahmen nur mit Zustimmung des Börsenrates möglich. Im WpÜG entschied sich der Gesetzgeber, ein letztlich rein beratendes Gremium als Beirat zu schaffen, das keine solchen Kompetenzen hat, die ihm verwaltungsrechtliche Handlungen mit Außenwirkung erlauben würden. Eine über die Beratung (siehe dazu unten Rz. 18) hinaus gehende Aufgabe kommt dem Beirat nur bei der in § 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG geregelten Unterbreitung einer Vorschlagsliste für die Besetzung des Widerspruchsausschusses (§ 6 WpÜG) mit externen Beisitzern zu (siehe dazu unten Rz. 20 f.).
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Die Bildung eines besonderen Gremiums sah schon der Übernahmekodex7 mit der Übernahmekommission vor, deren Zusammensetzung sich nach § 5 Abs. 1 Satz 2 WpÜG vergleichbaren Vorgaben richtete (siehe Art. 20 Übernahmekodex). Diesem Gremium kam in Bezug auf die Anwendung des Kodex weitaus mehr als nur eine beratende oder, wie es in den Begriffsbestimmungen des Kodex (unter dem Stichwort „Übernahmekommission“) hieß, „Schiedsfunktion“ zu. Vielmehr war es die Übernahmekommission selbst, welcher die Administration des Kodex und damit der Anwendung seiner Vorschriften oblag und als deren „Exekutivorgan“ die Geschäftsstelle des Gremiums diente. Demgegenüber ist für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des WpÜG allein die Bundesanstalt zuständig. Der nach Maßgabe von § 5 WpÜG zu bildende Beirat ist auf die – schon in Rz. 2 erwähnte – letztlich beratende Aufgabe beschränkt.
3
Die Idee eines Übernahmebeirates wurde von der europäischen Übernahmerichtlinie8 nicht weiterverfolgt. Art. 4 Abs. 1 der Übernahmerichtlinie sieht nur die Schaffung einer zuständigen Stelle vor, die die Aufsicht wahrnimmt. Mitgliedsstaaten sind bei der organisatorischen Ausgestaltung der Aufsicht weitestgehend frei9. Entsprechend blieb § 5 WpÜG von der Umsetzung der Übernahmerichtlinie unberührt.
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Inwieweit der Beirat eine kollegiale Einrichtung im Sinne von §§ 88 ff. VwVfG ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt10. Maßgeblich ist die Frage, ob der Beirat in einem Verwaltungsverfahren nach § 9 VwVfG tätig wird. Da der Beirat auf Grund seiner beschränkten Aufgabenstellung nach § 5 Abs. 3 WpÜG (siehe oben Rz. 2 und unten Rz. 18) nur ausnahmsweise im Rahmen eines Verwaltungs-
5
6 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 36. 7 Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen vom 14.7.1995, geändert durch Bekanntmachung vom 28.11.1997 mit Wirkung ab 1.1.1998, abgedruckt u.a. in Baumbach/Hopt, 30. Aufl. 2000, Nr. 18. 8 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie), ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12–23, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.5.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG Nr. L 173 v. 12.6.2014, S. 190, Text im Anhang S. 1581. 9 Vgl. Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 8. 10 Befürworten z.B. Klepsch in Steinmeyer, § 5 WpÜG Rz. 2; Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 1; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 20; vermittelnd nun: Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 12.
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§ 5 Rz. 5 Beirat verfahrens i.S.d. § 9 VwVfG tätig wird11, handelt es sich bei ihm regelmäßig auch nicht um eine kollegiale Einrichtung i.S.d. § 88 VwVfG12, auf die §§ 89–93 VwVfG anzuwenden wäre. Im Rahmen der Anhörung nach § 28 Abs. 2 WpÜG ist der Beirat vor allgemeinen Maßnahmen bezüglich der Missstandsaufsicht bei Werbung zu hören. Da hier auch der Erlass von Allgemeinverfügungen zur Untersagung von bestimmten Werbemaßnahmen in Betracht kommt, wäre in einem Verfahren zum Erlass eines Verwaltungsakts der Beirat eine kollegiale Einrichtung i.S.v. § 88 VwVfG. Die Regelungen der §§ 88 ff. VwVfG sind in einem solchen Fall ergänzend anzuwenden, soweit sich aus § 5 WpÜG nichts Abweichendes ergibt13. 6
Ob es angesichts dieser beschränkten Funktion des Beirates des Aufwands bedurfte, den die Einrichtung dieses Gremiums nach Maßgabe des § 5 WpÜG mit sich bringt, kann man angesichts der Gesetzesgebundenheit der Bundesanstalt als Aufsichtsbehörde und der überwiegend klar umrissenen Aufgaben der Bundesanstalt bezweifeln. In Anbetracht des Beschleunigungsgebotes des WpÜG, der Eilbedürftigkeit von Entscheidungen und der gesetzlich vorgegebenen Fristen kann die Beratungsfunktion des Beirates vornehmlich bei den Vorüberlegungen zum Erlass von Rechtsverordnungen14 zur Konkretisierung einzelner Bestimmungen des Gesetzes zum Tragen kommen. Das schließt es freilich nicht aus, dass sich die Bundesanstalt des einzurichtenden Beirates auch im Hinblick auf die Anwendung einzelner Vorschriften des WpÜG bedient, doch dürfte hierbei nur bei länger währenden Entscheidungsprozessen eine praktizierbare Einbindung möglich sein.
C. Zusammensetzung des Beirats und Mitgliedschaft (§ 5 Abs. 1 Sätze 2–7, Abs. 2 WpÜG) I. Übersicht 7
§ 5 Abs. 1 Sätze 2–7 WpÜG regeln die Zusammensetzung des Beirates, die Mitgliedschaft im Beirat auf der Grundlage entsprechender Qualifikation und Bestellung durch das BMF sowie die Vergütung der Beiratsmitglieder. Im Hinblick auf die Zusammensetzung des Beirates, die Einzelheiten der Bestellung seiner Mitglieder, die vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft, das Verfahren (in Bezug auf die Arbeit des Beirates) und die Kosten (Vergütung der Beiratsmitglieder) kann das Bundesministerium der Finanzen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 WpÜG durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen. Die diesbezügliche Ermächtigung darf durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 WpÜG). Ohne von dieser Subdelegationsmöglichkeit Gebrauch gemacht zu haben, hat das BMF auf Grund der Ermächtigung in § 5 Abs. 2 Satz 1 die WpÜG-BeiratsVO vom 27.12.200115 erlassen (siehe unten Rz. 29). Die in dieser Verordnung enthaltenen Regelungen werden im Rahmen der nachfolgenden Erläuterungen der Vorschriften des § 5 Abs. 1 Sätze 2–7 WpÜG berücksichtigt.
11 So auch Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 12 f. 12 A.A. Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 1; Klepsch in Steinmeyer, § 5 WpÜG Rz. 2, ohne Eingehen auf das erforderliche Verwaltungsverfahrens nach § 88 VwVfG oder einer öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit, vgl. z.B. Kallerhoff/Hecker in Stelkens/Bonk/Sachs, § 88 VwVfG Rz. 4, 13 ff. 13 Klepsch in Steinmeyer, § 5 WpÜG Rz. 2; Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 1; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 20; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 12; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 13. 14 Eine originäre Verordnungskompetenz ist der Bundesanstalt im WpÜG nicht eingeräumt. Eine solche erlangt sie vielmehr jeweils erst dann, wenn das Bundesministerium der Finanzen die ihm in §§ 5 Abs. 2, 6 Abs. 4, 11 Abs. 4 und 5, 31 Abs. 7, 37 Abs. 2 und § 47 Sätze 2 und 3 WpÜG, gewährte Kompetenz zum Erlass von Rechtsverordnungen auf die Bundesanstalt überträgt. 15 Verordnung über die Zusammensetzung, die Bestellung der Mitglieder und das Verfahren des Beirats bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BGBl. I 2001, 4259, zuletzt geändert durch Art. 195 der Verordnung vom 31.8.2015, BGBl. I, 1474, 1503; Text im Anhang S. 1594.
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Beirat
Rz. 11 § 5
II. Zusammensetzung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) Der zu bildende Beirat besteht aus 15 Personen. Diese müssen sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–5 8 WpÜG auf vier Vertreter der Emittenten, auf je zwei Vertreter der institutionellen und der privaten Anleger, drei Vertreter der Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 10 WpHG, zwei Vertreter der Arbeitnehmer und zwei Vertreter der Wissenschaft verteilen16. Damit sind die jeweils unmittelbar oder mittelbar betroffenen Wirtschaftskreise einschließlich Arbeitnehmer und sonstige Experten, konkret Vertreter der Wissenschaft, einbezogen. Im Interesse einer effizienten Arbeitsweise schien dem Gesetzgeber diese Anzahl von Beiratsmitgliedern noch vertretbar17. Mitglieder des Beirates sind nur die vom BMF gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zu Beiratsmitgliedern bestellten Personen. Zwar gestattet § 5 Abs. 1 Satz 7 WpÜG, dass an den Sitzungen des Beirates Vertreter der Bundesministerien der Finanzen, der Justiz und für Verbraucherschutz sowie für Wirtschaft und Energie teilnehmen können, doch handelt es sich bei den entsprechenden Vertretern nicht um Mitglieder des Beirates. Das hat zur Folge, dass sie sich zwar an der Beratung des Gremiums beteiligen können, bei Abstimmungen des Gremiums aber keine Stimme haben. Gleiches muss auch im Hinblick auf den Präsidenten der Bundesanstalt gelten, der zwar zu den Sitzungen des Beirates einlädt (§ 5 Abs. 4 Satz 1 WpÜG; § 3 Abs. 1 WpÜG-BeiratsVO) und diese (ggf. vertreten durch einen von ihm beauftragten Exekutivdirektor oder Beamten) leitet (§ 5 Abs. 4 Satz 2 WpÜG), aber dadurch nicht die Eigenschaft eines Mitglieds dieses Gremiums erlangt.
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III. Bestellung der Mitglieder (§ 5 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) Die Mitglieder werden vom BMF für jeweils fünf Jahre bestellt (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 WpÜG). 10 Hinsichtlich der Bestellung der Mitglieder aus dem Kreis der Wirtschaft sind – wie in § 5 Abs. 1 Satz 2 WpÜG geregelt – die betroffenen Kreise anzuhören. Anzuhören sind danach die betroffenen Interessenvertretungen der in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–4 WpÜG angeführten Gruppen, was insoweit Bedenken hervorrufen mag, als die angeführten Gruppen durchweg nur partikulare Interessenvertretungen aufweisen, doch wird man deren Anhörung – pars pro toto – als ausreichend ansehen können, um die angestrebte Repräsentanz des Gremiums als Ganzes zu gewährleisten. Die Entscheidung über die Berufung einer Person in den Beirat liegt jedoch allein beim BMF18. Für die Vertreter der Wissenschaft ist eine solche Anhörung nicht vorgesehen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 WpÜG).
IV. Qualifikation der Mitglieder (§ 5 Abs. 1 Satz 4 WpÜG) Da die Mitglieder des Beirates als „Sachverständige“ zur Verfügung stehen sollen, dürfen als Beiratsmitglieder nur solche Personen bestellt werden, die für die Arbeit im Beirat fachlich besonders geeignet sind (§ 5 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 WpÜG). Das setzt zumindest spezielle, überdurchschnittliche19 Kenntnisse über die Funktionsweise der Kapitalmärkte sowie, kumulativ hierzu, entweder Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts oder des Bilanzwesens oder des Arbeitsrechts voraus (§ 5 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 WpÜG)20. Im Hinblick auf die Ermittlung der fachlichen Eignung der für eine Mitgliedschaft im Beirat in Betracht kommenden Kandidaten wird sich das BMF (oder in Vorbereitung der Entscheidung ggf. die Bundesanstalt) darauf beschränken können, aus der Ausbildung, dem beruflichen Werdegang und der aktuellen beruflichen Tätigkeit der betreffenden Personen auf de16 Die aktuelle Zusammensetzung ist veröffentlicht auf der Internetseite der Bundesanstalt unter www.bafin. de. 17 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 36. 18 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 36. 19 In dieser Minimalanforderung übereinstimmend Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 6; Ritz in Baums/ Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 8; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 18; Kreße in MünchKomm. AktG, § 5 WpÜG, Rz. 5; Klepsch in Steinmeyer, § 5 WpÜG Rz. 4; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 12; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 5 WpÜG Rz. 4. 20 Ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 6; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 12; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 18; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 8.
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§ 5 Rz. 11 Beirat ren jeweilige fachliche Eignung zu schließen. Das schließt es freilich nicht aus, dass im Wege einer Rechtsverordnung nach Maßgabe von § 5 Abs. 2 WpÜG ein Verfahren zur Anhörung der Betroffenen installiert wird, dessen Durchführung nähere Rückschlüsse auf deren besondere fachliche Eignung erlaubt.
V. Pflichten der Mitglieder 12
Die Tätigkeit im Beirat ist ein Ehrenamt. Das Ehrenamt sollte möglichst unabhängig von einer Interessengruppe ausgeübt werden; denn die Mitglieder werden als Sachverständige tätig21. Zu den Pflichten der Beiratsmitglieder gehören insbesondere die Teilnahme an den Sitzungen des Beirates bzw. die Pflicht, den Präsidenten der Bundesanstalt nach Erhalt einer Einladung zu einer Beiratssitzung unverzüglich über eine Verhinderung an der Sitzungsteilnahme zu unterrichten (siehe unten Rz. 23) sowie die Pflicht zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen (siehe unten Rz. 28). Obwohl als „Vertreter“ der von Angeboten nach dem WpÜG betroffenen Kreise nach Maßgabe von § 5 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ernannt, haben die Beiratsmitglieder nicht als Vertreter der Interessen der jeweiligen Betroffenengruppe, sondern als „Sachverständige“ tätig zu werden22. In dieser Eigenschaft sollen sie „zur Lösung der Probleme im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von öffentlichen Angeboten nur durch die besondere Erfahrung beitragen, die sie sich in ihrem Berufs- oder Lebenskreis erworben haben“23.
VI. Stellvertreter der Beiratsmitglieder 13
Für jedes Mitglied des Beirates ist gemäß § 1 Satz 1 WpÜG der auf Grund von § 5 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ergangenen WpÜG-BeiratsVO ein erster und zweiter Stellvertreter zu bestellen. Scheidet ein Mitglied des Beirates vorzeitig aus (siehe unten Rz. 14), rückt sein Stellvertreter bis zum Ablauf der ursprünglichen Bestellung des ausgeschiedenen Mitglieds automatisch nach (§ 1 Satz 2 WpÜG-BeiratsVO). Steht kein Stellvertreter mehr zur Verfügung, erfolgt die Nachbestellung eines solchen bis zum Ablauf der ursprünglichen Bestellung des ausgeschiedenen Mitglieds (§ 1 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO).
VII. Beendigung der Mitgliedschaft im Beirat 14
Nach § 2 WpÜG der auf Grund von § 5 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ergangenen WpÜG-BeiratsVO erlischt die Mitgliedschaft im Beirat durch Ablauf der Amtszeit (§ 2 Satz 1 WpÜG-BeiratsVO) oder durch vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft in Gestalt des Widerrufs derselben aus wichtigem Grund durch das BMF (§ 2 Sätze 1 und 2 WpÜG-BeiratsVO). Als wichtige Gründe zum Widerruf der Mitgliedschaft im Beirat werden in § 2 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO insbesondere (d.h. beispielhaft und nicht abschließend) die Umstände angeführt, dass ein Mitglied des Beirates nicht mehr der Gruppe nach § 5 Abs. 1 Satz 2 WpÜG angehört, die es repräsentiert (siehe oben Rz. 9) oder aus persönlichen Gründen aus dem Beirat auszuscheiden wünscht. In einem solchen Fall beruft gemäß § 1 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO der Präsident der Bundesanstalt einen neuen Beisitzer bis zum Ablauf der ursprünglichen Periode. Der Widerruf ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, gegen den die Rechtsmittel des Widerspruchs und der Anfechtungsklage nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der VwGO zulässig sind24, denn die im WpÜG vorgesehenen Rechtsmittelvorschriften richten sich nur gegen Maßnahmen der Bundesanstalt.
21 So auch Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 20; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 9; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 5 WpÜG Rz. 4. 22 Ebenso Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 3; Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 4; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 5 WpÜG Rz. 5, 13; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 9; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 5 WpÜG Rz. 4; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 13. 23 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 36. 24 Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 23; Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 8.
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Beirat
Rz. 18 § 5
VIII. Vergütung des Beirates (§ 5 Abs. 1 Sätze 5 und 6 WpÜG) Die Tätigkeit als Beiratsmitglied ist ein Ehrenamt, das nicht mit einem Honorar vergütet wird (§ 5 15 Abs. 1 Satz 5 WpÜG; § 6 Abs. 1 WpÜG-BeiratsVO). Sofern das Mitglied an den Sitzungen des Beirates teilnimmt, erhält es ein Tagegeld und die Vergütung der Reisekosten nach festen, vom BMF festgesetzten Sätzen (§ 5 Abs. 1 Satz 6 WpÜG). Gemäß § 6 Satz 2 WpÜG der auf Grund von § 5 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erlassenen WpÜG-BeiratsVO erhalten die Mitglieder des Beirates für ihre Tätigkeit Tagegelder und Reisekostenvergütung nach den Richtlinien des BMF über die Abfindung der Mitglieder von Beiräten, Ausschüssen, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen im Bereich des Bundes vom 31.10.2001 (GMBl. 2002, 92). Auf die Erstattung des Tagegelds und der Reisekosten besteht ein Rechtsanspruch gegen die Bundesanstalt25, der durch einen entsprechenden Antrag geltend zu machen ist. Diesbezügliche Entscheidungen der Bundesanstalt stellen Verwaltungsakte dar26, gegen die im Wege des Verpflichtungswiderspruchs bzw. der Verpflichtungsbeschwerde vorgegangen werden kann. Auch wenn der Beirat ausnahmsweise in einem Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG tätig wird und §§ 82–93 VwVfG grundsätzlich Anwendung finden würden (siehe oben Rz. 5), so wäre die Regelung in § 5 Abs. 1 Sätze 5 und 6 WpÜG doch jedenfalls als eine § 85 VwVfG verdrängende Sonderregelung zu betrachten27.
IX. Verordnungsermächtigung (§ 5 Abs. 2 WpÜG) § 5 Abs. 2 WpÜG ermächtigt das BMF, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über die Zusammensetzung des Beirates, die Einzelheiten der Bestellung seiner Mitglieder, die vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft, das Verfahren und die Kosten zu erlassen, und gestattet es dem Ministerium, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt zu übertragen. Mit dem Erlass der Beiratsverordnung28 hat das BMF selbst von der Ermächtigung Gebrauch gemacht.
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D. Aufgabe des Beirates (§ 5 Abs. 3 WpÜG) I. Übersicht Die Aufgabe des Beirates ist eine zweifache: Er wirkt bei der Aufsicht mit, indem er zum einen die Bun- 17 desanstalt, insbesondere bei dem Erlass von Rechtsverordnungen für die Aufsichtstätigkeit des Amts, berät (§ 5 Abs. 3 Sätze 1–2 WpÜG) und indem er zum anderen mit Zustimmung von zwei Dritteln seiner Mitglieder Vorschläge für die ehrenamtlichen Beisitzer des Widerspruchausschusses und deren Vertreter in Form einer Vorschlagsliste unterbreitet (§ 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG). Zudem sieht § 28 Abs. 2 WpÜG eine Pflicht der Bundesanstalt zur Anhörung des Beirates vor, und zwar vor Erlass von allgemeinen Maßnahmen, die Missständen bei der Werbung im Zusammenhang mit Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren begegnen sollen29.
II. Mitwirkung bei der Aufsicht durch Beratung (§ 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 WpÜG) Die Mitwirkung des Beirates bei der Aufsicht (§ 5 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) ist ausschließlich eine solche in Gestalt der Beratung der Bundesanstalt. Über selbständige Aufsichtskompetenzen oder Befugnisse 25 26 27 28
Vgl. Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 10; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 40. Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 10; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 5 WpÜG Rz. 40. So auch Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 5 WpÜG Rz. 13. Verordnung über die Zusammensetzung, die Bestellung der Mitglieder und das Verfahren des Beirats bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BeiratsVO) vom 27.12.2001, BGBl. I 2001, 4259, zuletzt geändert durch Art. 195 der Verordnung vom 31.8.2015, BGBl. I, 1474, 1503; Text im Anhang S. 1594. 29 Vgl. auch die vergleichbare Regelung in § 92 WpHG, auf deren Basis von der Bundesanstalt eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen wurde.
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§ 5 Rz. 18 Beirat zur Mitausübung der Aufsicht verfügt der Beirat mithin nicht und darf er auch nicht verfügen, soll eine mit Art. 87 Abs. 3 GG nicht zu vereinbarende Mischverwaltung vermieden werden30. Dieser Aspekt hätte es freilich erlaubt, die Beratung der Bundesanstalt bei einzelnen Aufsichtsmaßnahmen und Verfügungen der Bundesanstalt zur Pflicht zu machen. Dennoch hat der Gesetzgeber – wohl auch unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes des WpÜG – von einer entsprechenden Regelung abgesehen und selbst Überlegungen zurückgewiesen, die Bundesanstalt zur Anhörung des Beirats vor Erlass von Rechtsverordnungen zu verpflichten31. Deshalb hängt weder die Wirksamkeit einer Aufsichtsmaßnahme der Bundesanstalt noch diejenige des Erlasses einer Rechtsverordnung durch die Bundesanstalt von der Anhörung des Beirates und der Einholung seines Rats ab32. Darüber hinaus gewährt § 5 Abs. 3 Satz 2 WpÜG dem Beirat kein erzwingbares Recht zur Mitwirkung bei der Aufsicht in Gestalt der Beratung der Bundesanstalt, doch räumt § 3 Abs. 1 Satz 2 WpÜG-BeiratsVO dem Beirat die Befugnis ein, auf Antrag von mindestens acht Mitgliedern die Anberaumung einer Sitzung des Beirates verlangen zu können. 19
Die Bundesanstalt kann ihrerseits den Rat des Beirates in allen Angelegenheiten der Aufsicht suchen. Zu diesen gehören auch Entscheidungen des Widerspruchsausschusses oder der Bundesanstalt über Widersprüche gegen Verfügungen der Bundesanstalt (siehe § 6 WpÜG Rz. 23), soweit das in Anbetracht der Entscheidungsfrist nach § 41 Abs. 2 WpÜG möglich ist. Wenn § 5 Abs. 3 Satz 2 WpÜG anführt, der Beirat berate die Bundesanstalt bei dem Erlass von Rechtsverordnungen, so handelt es sich hierbei nur um eine vom Gesetzgeber hervorgehobene Beratungsaufgabe des Beirates. Die Aufgabe des Beirates ist auf die Beratung der Bundesanstalt beschränkt. Dementsprechend wird der Erlass von Rechtsverordnungen durch das BMF in den Bereichen, in denen es seine Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen nicht auf Grund entsprechender Ermächtigung durch einzelne Vorschriften des WpÜG auf die Bundesanstalt übertragen hat, von § 5 Abs. 3 Satz 2 WpÜG nicht erfasst. Aber auch in den Fällen, in denen der Beirat beratend tätig werden kann und tätig wird, ist die Bundesanstalt nicht an den Rat des Beirates gebunden33.
III. Vorschlagsrecht nach § 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG 20
Neben der Mitwirkung des Beirates bei der Aufsicht durch Beratung besteht eine weitere, praktisch relevantere Aufgabe des Beirates darin, mit Zustimmung von zwei Dritteln seiner Mitglieder Vorschläge für die ehrenamtlichen Beisitzer des Widerspruchsausschusses und deren Vertreter (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) zu unterbreiten. Die vorgeschlagenen Personen können, müssen aber nicht Mitglieder des Beirates sein34. Die Ernennung der Beisitzer (und ihrer Vertreter, siehe § 6 WpÜG Rz. 9) erfolgt gemäß § 6 Abs. 3 WpÜG durch den Präsidenten der Bundesanstalt. Dieser ist an die Vorschläge des Beirates nicht gebunden.
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Bei der Erstellung der Vorschlagsliste hat der Beirat darauf zu achten, dass nur solche Personen zu ehrenamtlichen Beisitzern des Widerspruchsausschusses bestellt werden können, die nach § 15 des Bundeswahlgesetzeses (BWG) wählbar sind (§ 1 Abs. 2 WpÜG-WiderspruchsausschussVO; siehe § 6 WpÜG Rz. 10). Da der Präsident der Bundesanstalt nach § 1 Abs. 1 WpÜG-WiderspruchsausschussVO aus der vom Beirat nach § 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG zu erstellenden Vorschlagsliste 15 Personen auswählen und zu ehrenamtlichen Beisitzern zu bestellen hat, sollte die Vorschlagsliste des Beirates zweckmäßigerweise mindestens fünfzehn Vorschläge enthalten.
30 Vgl. Begr. RegE 2. FFG zu § 5 Abs. 2 WpHG a.F. (heute § 16 WpHG), BT-Drucks. 12/6679 v. 27.1.1994, S. 40 f., und Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 16 WpHG Rz. 5. 31 Einen entsprechenden Vorschlag hatte der DAV-Handelsrechtsausschuss unterbreitet; siehe NZG 2001, 420, 422. 32 Zu der insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 WpHG siehe Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 16 WpHG Rz. 5 ff. Ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 5 WpÜG Rz. 12. 33 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 34 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37.
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Rz. 27 § 5
E. Verfahrensfragen (§ 5 Abs. 1 Satz 7, Abs. 4 und 5 WpÜG) I. Sitzungen des Beirates (§ 5 Abs. 1 Satz 7, Abs. 4 WpÜG) Der Beirat tritt auf Einladung des Präsidenten der Bundesanstalt zusammen (§ 5 Abs. 4 Satz 1 WpÜG; § 3 Abs. 1 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO), wann immer dieser eine Sitzung des Beirates für erforderlich hält. Einen festen Sitzungsturnus oder eine Mindestzahl von Sitzungen schreibt weder das Gesetz noch die WpÜG-BeiratsVO vor. Aus eigener Initiative kann der Beirat nicht zusammentreten. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 WpÜG-BeiratsVO ist der Präsident der Bundesanstalt jedoch verpflichtet, eine Sitzung des Beirates einzuberufen, wenn mindestens acht Mitglieder des Beirates einen solchen Antrag stellen. Die Einladung muss die Zeit und den Ort der Sitzung sowie die Tagesordnung enthalten (§ 3 Abs. 1 Satz 4 WpÜG-BeiratsVO).
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Vom Präsidenten der Bundesanstalt einzuladen sind die Mitglieder des Beirates. Falls ein Mitglied des Beirates verhindert ist, an dessen Sitzung teilzunehmen, so hat es den Präsidenten der Bundesanstalt hierüber unverzüglich zu unterrichten (§ 3 Abs. 1 Satz 5 WpÜG-BeiratsVO). Die Einladung von Vertretern der Bundesministerien der Finanzen, der Justiz und für Verbraucherschutz sowie für Wirtschaft und Energie steht dem Präsidenten frei; umgekehrt können die vorstehend angeführten Ministerien gemäß § 5 Abs. 1 Satz 7 WpÜG aber verlangen, durch Vertreter an den Sitzungen des Beirates teilzunehmen und hierzu eingeladen zu werden. Darüber hinaus kann der Präsident der Bundesanstalt weitere Vertreter der Bundesanstalt zu der Sitzung heranziehen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 WpÜG-BeiratsVO), was ihm erlaubt, die mit einer Aufsichtsmaßnahme befassten Mitarbeiter der Bundesanstalt an der Sitzung des Beirates teilnehmen und gegebenenfalls einen Sachbericht abgeben zu lassen.
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Die Sitzungen des Beirates werden vom Präsidenten der Bundesanstalt, einer von ihm beauftragten Exekutivdirektorin oder einem Exekutivdirektor oder einem von ihm beauftragten Beamten geleitet (§ 5 Abs. 4 Satz 2 WpÜG). Sie sind nicht öffentlich (§ 3 Abs. 2 Satz 1 WpÜG-BeiratsVO), was den Vorteil mit sich bringt, dass sie jederzeit – nach Bedarf – kurzfristig und ohne die Pflicht zur Wahrung gesetzlicher Fristen, anberaumt werden können35.
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II. Beschlussfassung und Protokollierung Der Beirat ist beschlussfähig, wenn mindestens acht Mitglieder anwesend sind (§ 4 Satz 1 WpÜG-BeiratsVO). Bei der Beschlussfassung hat jedes Mitglied eine Stimme (§ 4 Satz 2 WpÜG-BeiratsVO). Der Präsident der Bundesanstalt und Leiter der Sitzung des Beirates ist nicht Beiratsmitglied und hat dementsprechend kein Stimmrecht.
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Beschlüsse des Beirates im Zusammenhang mit seiner Aufgabe der Mitwirkung bei der Aufsicht nach § 5 Abs. 3 Sätze 1–2 WpÜG bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 4 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO). Für die Unterbreitung der Vorschläge für die ehrenamtlichen Mitglieder des Widerspruchsausschusses und deren Vertreter nach § 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG ist dagegen eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Beirates erforderlich (§ 4 Satz 4 WpÜG-BeiratsVO).
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Über die Sitzungen und Beschlüsse des Beirates ist von der Bundesanstalt ein Protokoll anzufertigen, 27 das der Sitzungsleiter und der Protokollführer zu unterzeichnen haben (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WpÜG-BeiratsVO) und das an die Mitglieder des Beirates und die übrigen Teilnehmer zu versenden ist (§ 5 Abs. 1 Satz 4 WpÜG-BeiratsVO). Erhebt innerhalb von drei Werktagen nach seiner Übersendung kein Mitglied schriftlich Einwendungen gegen das Protokoll, so gilt dies als genehmigt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 WpÜG-BeiratsVO). Über Einwendungen entscheidet der Sitzungsleiter, d.h. in der Regel der Präsident der Bundesanstalt, abschließend. Notwendiger Inhalt des Protokolls sind nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1–4 WpÜG-BeiratsVO Angaben über Ort und Tag der Sitzung, die Namen der anwesenden Personen, die behandelten Gegenstände der Tagesordnung sowie die Ergebnisse und gefassten Beschlüsse. Die Wirksamkeit eines Beschlusses ist jedoch nicht von seiner Protokollierung abhängig (§ 5 Abs. 2 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO).
35 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37.
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§ 5 Rz. 28 Beirat
III. Verschwiegenheitspflicht 28
Die Mitglieder des Beirates sowie die übrigen der an den Sitzungen des Beirates teilnehmenden Personen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 des WpÜG (so für die Mitglieder des Beirates auch § 3 Abs. 2 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO). Die Mitglieder des Beirates sind nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2.3.1974 (BGBl. I 1974, 469, 547, geändert durch § 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 15.8.1974, BGBl. I 1974, 1942) in dessen jeweils geltender Fassung von der Bundesanstalt auf eine gewissenhafte Erfüllung ihrer Verschwiegenheitsobliegenheiten zu verpflichten (§ 9 Abs. 3 WpÜG).
IV. Geschäftsordnung (§ 5 Abs. 5 WpÜG) 29
Der Beirat ist verpflichtet, sich eine Geschäftsordnung zu geben (§ 5 Abs. 5 WpÜG). Diese kann im Rahmen der durch das WpÜG (namentlich § 5 WpÜG) und der auf Grund von § 5 Abs. 2 WpÜG ergangenen WpÜG-BeiratsVO im Besonderen sowie der durch Gesetz und Recht im Allgemeinen gezogenen Grenzen nähere Regeln zur Ausgestaltung der Arbeit des Beirats und dem diesbezüglich einzuhaltenden Verfahren enthalten36.
§ 6 Widerspruchsausschuss (1) Bei der Bundesanstalt wird ein Widerspruchsausschuss gebildet. Dieser entscheidet über Widersprüche gegen Verfügungen der Bundesanstalt nach § 4 Abs. 1 Satz 3, § 10 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3, § 15 Abs. 1 und 2, § 20 Abs. 1, §§ 24, 28 Abs. 1, §§ 36 und 37. (2) Der Widerspruchsausschuss besteht aus 1. dem Präsidenten der Bundesanstalt oder einem von ihm beauftragten Exekutivdirektor oder Beamten, der die Befähigung zum Richteramt hat, als Vorsitzendem, 2. zwei vom Präsidenten der Bundesanstalt beauftragten Beamten als Beisitzern, 3. drei vom Präsidenten der Bundesanstalt bestellten ehrenamtlichen Beisitzern. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. (3) Die ehrenamtlichen Beisitzer werden vom Präsidenten der Bundesanstalt für fünf Jahre als Mitglieder des Widerspruchsausschusses bestellt. (4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über das Verfahren, die Einzelheiten der Bestellung der ehrenamtlichen Beisitzer, die vorzeitige Beendigung und die Vertretung erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. A. Überblick und Entwicklung der Norm . . . B. Bildung und Zuständigkeit des Widerspruchsausschusses (§ 6 Abs. 1 WpÜG) . C. Zusammensetzung des Widerspruchsausschusses sowie Bestellung und Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer (§ 6 Abs. 2 und 3 WpÜG) . . . . . . . . . . I. Zusammensetzung des Widerspruchsausschusses (§ 6 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . II. Amtliche Beisitzer . . . . . . . . . . . . . .
36 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37.
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III. Bestellung und Amtszeit der ehrenamtlichen Beisitzer (§ 6 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . IV. Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer
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D. Verfahren im Widerspruchsausschuss (§ 6 Abs. 2 Satz 2 WpÜG und WpÜGWiderspruchsausschussVO) . . . . . . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einladung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswahl der ehrenamtlichen Beisitzer .
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§ 5 Rz. 28 Beirat
III. Verschwiegenheitspflicht 28
Die Mitglieder des Beirates sowie die übrigen der an den Sitzungen des Beirates teilnehmenden Personen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 des WpÜG (so für die Mitglieder des Beirates auch § 3 Abs. 2 Satz 3 WpÜG-BeiratsVO). Die Mitglieder des Beirates sind nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2.3.1974 (BGBl. I 1974, 469, 547, geändert durch § 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 15.8.1974, BGBl. I 1974, 1942) in dessen jeweils geltender Fassung von der Bundesanstalt auf eine gewissenhafte Erfüllung ihrer Verschwiegenheitsobliegenheiten zu verpflichten (§ 9 Abs. 3 WpÜG).
IV. Geschäftsordnung (§ 5 Abs. 5 WpÜG) 29
Der Beirat ist verpflichtet, sich eine Geschäftsordnung zu geben (§ 5 Abs. 5 WpÜG). Diese kann im Rahmen der durch das WpÜG (namentlich § 5 WpÜG) und der auf Grund von § 5 Abs. 2 WpÜG ergangenen WpÜG-BeiratsVO im Besonderen sowie der durch Gesetz und Recht im Allgemeinen gezogenen Grenzen nähere Regeln zur Ausgestaltung der Arbeit des Beirats und dem diesbezüglich einzuhaltenden Verfahren enthalten36.
§ 6 Widerspruchsausschuss (1) Bei der Bundesanstalt wird ein Widerspruchsausschuss gebildet. Dieser entscheidet über Widersprüche gegen Verfügungen der Bundesanstalt nach § 4 Abs. 1 Satz 3, § 10 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3, § 15 Abs. 1 und 2, § 20 Abs. 1, §§ 24, 28 Abs. 1, §§ 36 und 37. (2) Der Widerspruchsausschuss besteht aus 1. dem Präsidenten der Bundesanstalt oder einem von ihm beauftragten Exekutivdirektor oder Beamten, der die Befähigung zum Richteramt hat, als Vorsitzendem, 2. zwei vom Präsidenten der Bundesanstalt beauftragten Beamten als Beisitzern, 3. drei vom Präsidenten der Bundesanstalt bestellten ehrenamtlichen Beisitzern. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. (3) Die ehrenamtlichen Beisitzer werden vom Präsidenten der Bundesanstalt für fünf Jahre als Mitglieder des Widerspruchsausschusses bestellt. (4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über das Verfahren, die Einzelheiten der Bestellung der ehrenamtlichen Beisitzer, die vorzeitige Beendigung und die Vertretung erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. A. Überblick und Entwicklung der Norm . . . B. Bildung und Zuständigkeit des Widerspruchsausschusses (§ 6 Abs. 1 WpÜG) . C. Zusammensetzung des Widerspruchsausschusses sowie Bestellung und Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer (§ 6 Abs. 2 und 3 WpÜG) . . . . . . . . . . I. Zusammensetzung des Widerspruchsausschusses (§ 6 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . II. Amtliche Beisitzer . . . . . . . . . . . . . .
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III. Bestellung und Amtszeit der ehrenamtlichen Beisitzer (§ 6 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . IV. Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer
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D. Verfahren im Widerspruchsausschuss (§ 6 Abs. 2 Satz 2 WpÜG und WpÜGWiderspruchsausschussVO) . . . . . . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einladung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswahl der ehrenamtlichen Beisitzer .
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Widerspruchsausschuss IV. Inkompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . V. Sitzungen und Entscheidungen des Widerspruchsausschusses . . . . . . . . . . .
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Rz. 3 § 6
E. Verordnungsermächtigung (§ 6 Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Siehe das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Überblick und Entwicklung der Norm § 6 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ordnet die Bildung eines Widerspruchsausschusses zur Entscheidung über 1 Widersprüche gegen die in § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG benannten Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) an. § 6 Abs. 2 und 3 WpÜG regeln die Zusammensetzung des Widerspruchsausschusses und die Bestellung der Ausschussmitglieder. § 6 Abs. 4 WpÜG ermächtigt das BMF, mittels Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über das Verfahren des Widerspruchsausschusses, die Einzelheiten der Bestellung der ehrenamtlichen Beisitzer, die vorzeitige Beendigung ihrer Bestellung und die Vertretung verhinderter Beisitzer zu erlassen. Das BMF hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und die WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung vom 27.12.20011 (WpÜG-WiderspruchsausschussVO) erlassen. Die Regelungen dieser Verordnung werden bei der Erläuterung der Bestimmungen des § 6 WpÜG berücksichtigt. Auf den Widerspruchsausschuss finden darüber hinaus die Vorschriften der §§ 88–93 VwVfG Anwendung (siehe Rz. 3). Für das Widerspruchsverfahren, das der Erhebung der Beschwerde nach § 48 WpÜG regelmäßig (siehe zu den Ausnahmen § 41 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) vorausgehen muss (§ 41 Abs. 1 Satz 1 WpÜG), ist § 41 WpÜG maßgeblich. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 3 WpÜG gelten für das Widerspruchsverfahren die §§ 68–73 VwGO, soweit im WpÜG nichts Abweichendes geregelt ist. Die Vorschrift wurde durch Art. 2c des Gesetzes zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht vom 28.11.20122 geändert. Durch die ausdrückliche Regelung der Vertretungsmöglichkeit des Präsidenten durch einen Exekutivdirektor wurde klargestellt, dass der Präsident der Bundesanstalt auch weiterhin einem Exekutivdirektor oder einer Exekutivdirektorin den Vorsitz im Widerspruchsausschuss übertragen kann. Denn seit der mit Datum vom 4.12.2011 vorgenommenen FinDAG-Änderung3 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems stehen die Exekutivdirektoren und Exekutivdirektorinnen in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis, d.h., sie werden nicht mehr als Beamte tätig.
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B. Bildung und Zuständigkeit des Widerspruchsausschusses (§ 6 Abs. 1 WpÜG) § 6 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verlangt die Bildung eines Widerspruchsausschusses. Bei diesem handelt es sich um eine in die Bundesanstalt eingegliederte kollegiale Einrichtung i.S.d. § 88 VwVfG, dessen Entscheidungen der Bundesanstalt zugerechnet werden, und nicht um eine eigenständige Behörde4. Soweit nicht anderweitige Rechtsvorschriften, wie insbesondere die Bestimmungen der WpÜG-WiderspruchsausschussVO, etwas anderes bestimmen, finden deshalb auf den Widerspruchsausschuss die Vorschriften der §§ 89–93 VwVfG Anwendung5.
1 Verordnung über die Zusammensetzung und das Verfahren des Widerspruchsausschusses bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BGBl. I 2001, 4261, geändert durch Art. 1 der Änderungsverordnung vom 26.6.2003, BGBl. I 2003, 1006, der die Bezeichnung Bundesaufsichtsamt für Wertpapierhandel durch Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ersetzt; Text im Anhang S. 1597. 2 BGBl. I 2012, 2369. 3 Änderung des FinDAG durch Art. 8 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 4.12.2011 (BGBl. I 2011, 2427). 4 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 5 Ebenso etwa Noack in Schwark/Zimmer, § 6 WpÜG Rz. 1; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 3; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 10; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 6 WpÜG Rz. 4; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 10.
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§ 6 Rz. 4 Widerspruchsausschuss 4
Der Widerspruchsausschuss ist für die Entscheidung über Widersprüche gegen die in § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ausdrücklich benannten Verfügungen (d.h. Verwaltungsakte i.S.v. § 35 VwVfG) der Bundesanstalt6 ausschließlich zuständig. Hierbei ist die Bundesanstalt Widerspruchsbehörde gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO für die von ihr zur Durchsetzung des WpÜG erlassenen Verfügungen. Verfügungen sind Verwaltungsakte (§ 35 VwVfG), die von Amts wegen oder auf Antrag erlassen werden. Im Einzelnen hat der Widerspruchsausschuss nach § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG zu entscheiden über Widersprüche gegen – eine Verfügung der Bundesanstalt zur Beseitigung oder Verhinderung von Missständen i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG), – eine Verfügung der Bundesanstalt über einen Antrag des Bieters, es ihm abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG zu gestatten, eine Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG), – eine Verfügung der Bundesanstalt über einen Antrag des Bieters mit Wohnort oder Sitz im Ausland, es ihm zu gestatten, die Mitteilung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots gegenüber den in § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG angeführten Stellen nicht, wie diese Bestimmung es verlangt, vor, sondern gleichzeitig mit der Veröffentlichung vorzunehmen (§ 10 Abs. 2 Satz 3 WpÜG), – die Untersagung eines Angebots durch die Bundesanstalt nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 WpÜG, – eine Verfügung der Bundesanstalt über den Antrag des Bieters nach § 20 Abs. 1 WpÜG über die Nichtberücksichtigung des Handelsbestands an Wertpapieren der Bietergesellschaft, d.h. den Antrag, bestimmte Wertpapiere der Zielgesellschaft bei den ergänzenden Angaben nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG, den Veröffentlichungspflichten nach § 23 WpÜG, der Berechnung des Stimmrechtsanteils nach § 29 Abs. 2 WpÜG und der Bestimmung der Gegenleistung nach § 31 Abs. 1, 3 und 4 WpÜG und der Geldleistung nach § 31 Abs. 5 WpÜG unberücksichtigt zu lassen, – eine Verfügung der Bundesanstalt bei grenzüberschreitenden Angeboten über den Antrag des Bieters nach § 24 WpÜG, es ihm zu gestatten, bestimmte Inhaber von Wertpapieren mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem Drittstaat von dem Angebot auszunehmen, – die Untersagung bestimmter Arten der Werbung durch die Bundesanstalt nach § 28 Abs. 1 WpÜG, – eine Verfügung der Bundesanstalt über die Nichtberücksichtigung von Stimmrechten nach § 36 WpÜG sowie – eine Verfügung der Bundesanstalt über die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots gemäß § 37 WpÜG.
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Der sich aus § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ergebende, oben in Rz. 4 aufgelistete Zuständigkeitskatalog ist abschließend7. Zwar findet auch bei Widersprüchen gegen Verfügungen, die auf anderen als den in § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG genannten Rechtsgrundlagen beruhen, wie etwa Gebührenbescheide oder Auskunftsverlangen der Bundesanstalt nach § 40 Abs. 1 bis 4 WpÜG, ein Widerspruchsverfahren statt, doch ist diesbezüglich eine Zuständigkeit des Widerspruchsausschusses nicht begründet. Die Bundesanstalt entscheidet durch das gemäß der internen Geschäftsverteilung zuständige Rechts- und Widerspruchsreferat. Die Einschaltung des Widerspruchsausschusses erschien dem Gesetzgeber in den zuletzt genannten Fällen nicht angezeigt, weil es sich bei diesen entweder um bloße Verfügungen zur Vorbereitung oder Vollziehung anderer Entscheidungen oder um Gebührenbescheide der Bundesanstalt handelt8. Sinn dieser Regelung ist es, den Widerspruchsausschuss nur mit Widersprüchen gegen „grundlegende Sachentscheidungen zur Regelung des Angebotsverfahrens“ zu befassen, aber in allen anderen Fällen dem Gedanken der Verfahrensbeschleunigung Rechnung zu tragen und die im Widerspruchsausschuss tätigen ehrenamtlichen Beisitzer zu entlasten9.
6 Ausdrücklich weist Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37, darauf hin, „schlicht verwaltende Tätigkeit und Verlautbarungen“ der Behörde seien hiervon nicht erfasst. 7 Ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 6 WpÜG Rz. 2; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 5; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 12; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 6 WpÜG Rz. 3. 8 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 9 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37.
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Widerspruchsausschuss
Rz. 8 § 6
C. Zusammensetzung des Widerspruchsausschusses sowie Bestellung und Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer (§ 6 Abs. 2 und 3 WpÜG) I. Zusammensetzung des Widerspruchsausschusses (§ 6 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) Der Widerspruchsausschuss setzt sich nach § 6 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zusammen aus dem Präsidenten 6 der Bundesanstalt (oder einem von ihm beauftragten Exekutivdirektor/Exekutivdirektorin oder einem beauftragten Beamten, der die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG hat10) als Vorsitzendem, zwei vom Präsidenten der Bundesanstalt beauftragten Beamten als (amtlichen) Beisitzern und drei vom Präsidenten der Bundesanstalt bestellten ehrenamtlichen Beisitzern. Die Besetzung des Widerspruchsausschusses mit den drei ehrenamtlichen Beisitzern soll diesem die besondere Fachkompetenz der betroffenen Wirtschaftskreise und Interessengruppen zuführen, eine möglichst breite Akzeptanz der Entscheidungen des Widerspruchsausschusses herbeiführen und dadurch im Interesse aller Beteiligter zu einer zügigen Abwicklung des Verfahrens beitragen11. Die ehrenamtlichen Beisitzer üben ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt aus. Sofern sie an den Sitzungen des Widerspruchsausschusses teilnehmen, erhalten sie ein Tagegeld und die Vergütung ihrer Reisekosten (§ 7 Sätze 1 und 2 WpÜG-WiderspruchsausschussVO; näher zur Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer unter Rz. 13 ff.).
7
II. Amtliche Beisitzer Amtliche Beisitzer i.S.v. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG sind die vom Präsidenten der Bundesanstalt 8 beauftragten Beamten. Von Gesetzes wegen müssen die amtlichen Beisitzer nicht zwingend die Befähigung zum Richteramt haben; aus praktischen Erwägungen ist das aber regelmäßig angezeigt, da im Widerspruchsausschuss oftmals auch prozessuale Fragen eine wichtige Rolle spielen. Als amtliche Beisitzer kommen nur Bedienstete der Bundesanstalt in Betracht12. Zudem soll die Bundesanstalt auch auf die aus der Tätigkeit der Beamten in der Behörde einfließende Sachkompetenz abstellen. Die Amtszeit der beauftragten Beamten ist mangels anderweitiger Regelung unbegrenzt und endet nur mit Abberufung durch den Präsidenten der Bundesanstalt oder durch Verlust der Beamteneigenschaft13. Für die Abberufung der amtlichen Beisitzer ist § 2 Satz 1 WpÜG-WiderspruchsausschussVO nicht anwendbar. Hier fehlt es schon an einer entsprechenden Verordnungsermächtigung in § 6 Abs. 4 WpÜG. Entsprechend steht es dem Präsidenten der Bundesanstalt im Rahmen seines Organisationsrechts frei, neue amtliche Beisitzer zu berufen14. Für die amtlichen Beisitzer werden durch den Präsidenten jeweils Vertreter benannt, die die gleichen Voraussetzungen erfüllen müssen, wie die amtlichen Beisitzer.
10 A.A. Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 11, nach deren Ausführungen nur „der Vorsitzende“, also ggf. auch der Präsident der Bundesanstalt, die Befähigung zum Richteramt haben müsse. In Bezug auf den Präsidenten und den Exekutivdirektor ist dies der Vorschrift indes nicht zu entnehmen, wohl aber für einen beauftragten Beamten. Wie hier z.B. Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 16; Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 6 WpÜG Rz. 5. 11 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 12 Hierfür sprechen schon die Dienstherreneigenschaft des Präsidenten für die Beamten der Bundesanstalt und der Umstand der fehlenden Weisungsmöglichkeit für Beamte anderer Behörden. Ebenso Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 11; Klepsch in Steinmeyer, § 6 WpÜG Rz. 6. Implizit auch Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 12 (Bestimmung der Beamten „im Rahmen seiner Dienstherreneigenschaft“). A.A. Noack in Schwark/Zimmer, § 6 WpÜG Rz. 7; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 18. 13 Ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 6 WpÜG Rz. 7; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 11; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 25; Klepsch in Steinmeyer, § 6 WpÜG Rz. 6. 14 Wie hier Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 25; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 12.
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§ 6 Rz. 9 Widerspruchsausschuss
III. Bestellung und Amtszeit der ehrenamtlichen Beisitzer (§ 6 Abs. 3 WpÜG) 9
Die Bestellung der ehrenamtlichen Beisitzer des Widerspruchsausschusses (und ihrer Vertreter, vgl. § 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG15) erfolgt nach § 6 Abs. 3 WpÜG durch den Präsidenten der Bundesanstalt (oder einen von ihm bestimmten Vertreter) für die Dauer von fünf Jahren. Für die Bestellung der ehrenamtlichen Beisitzer unterbreitet der Beirat (§ 5 WpÜG) mit Zustimmung von zwei Dritteln seiner Mitglieder Vorschläge (§ 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG), doch ist der Präsident an die Vorschläge des Beirats nicht gebunden (siehe § 5 WpÜG Rz. 16). Die erstellte Liste ist zeitlich nicht befristet und kann vom Beirat aktualisiert werden. Eine Aktualisierung kommt beispielsweise in Betracht, wenn nicht mehr genügend aktuelle Vorschläge vorhanden sind. Für die vorzeitige Beendigung der Amtszeit des ehrenamtlichen Beisitzers kann auf § 2 Satz 1 WpÜG-WiderspruchsausschussVO verwiesen werden. Nach § 86 Satz 1 VwVfG kann eine Person, die zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit herangezogen worden ist, von der Stelle, die sie berufen hat, aus wichtigem Grund abberufen werden. Ein solcher liegt nach § 86 Satz 2 VwVfG insbesondere vor, wenn der ehrenamtlich Tätige seine Pflicht gröblich verletzt oder sich als unwürdig erwiesen hat (Nr. 1) oder seine Tätigkeit nicht mehr ordnungsgemäß ausüben kann (Nr. 2). Für den Fall der Abberufung wird gemäß § 2 Satz 2 WpÜG-WiderspruchsausschussVO ein neuer Beisitzer nach § 1 Abs. 1 WpÜG-WiderspruchsausschussVO bis zum Ablauf der ursprünglichen Bestellung des abberufenen Beisitzers bestellt.
10
Zu ehrenamtlichen Beisitzern können nur solche Personen bestellt werden, die nach § 15 des Bundeswahlgesetzes (BWG) wählbar sind (§ 1 Abs. 2 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). Nach dieser Bestimmung ist wählbar, wer am Wahltage Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist und das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; nicht wählbar ist, wer nach § 13 BWG vom Wahlrecht ausgeschlossen ist, z.B. infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder für den auf Dauer zur Besorgung seiner Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist.
11
Um die Arbeitsfähigkeit des Widerspruchsausschusses für den Fall der Notwendigkeit der gleichzeitigen Behandlung mehrerer Widersprüche in einem oder verschiedenen Verfahren zu gewährleisten, kann dieser in unterschiedlicher Besetzung über die Widersprüche gegen die in § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG angeführten Verfügungen der Bundesanstalt entscheiden16. Das erfordert die Bestellung einer ausreichenden Anzahl von ehrenamtlichen Beisitzern. Zu diesem Zwecke bestimmt § 1 Abs. 1 WpÜGWiderspruchsausschussVO, dass der Präsident der Bundesanstalt aus der vom Beirat nach § 5 Abs. 3 Satz 3 WpÜG zu erstellenden Vorschlagsliste 15 Personen auszuwählen und zu ehrenamtlichen Beisitzern zu bestellen hat. Die Vorschlagsliste des Beirats sollte deshalb mindestens 15 (zweckmäßigerweise aber mehr) Vorschläge enthalten.
12
Die ehrenamtlichen Mitglieder des Beirates unterliegen einer Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 WpÜG, auf deren gewissenhafte Erfüllung sie gemäß § 9 Abs. 3 WpÜG nach dem Verpflichtungsgesetz17 in dessen jeweils geltender Fassung von der Bundesanstalt zu verpflichten sind.
IV. Entschädigung der ehrenamtlichen Beisitzer 13
Die Tätigkeit der ehrenamtlichen Beisitzer ist ein Ehrenamt, das nicht mit einem Honorar vergütet wird (§ 7 Satz 1 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). Sofern die ehrenamtlichen Beisitzer an den Sitzungen des Widerspruchsausschusses teilnehmen, erhalten sie hierfür nach § 7 Satz 2 WpÜG-WiderspruchsausschussVO als Entschädigung ein Tagegeld und die Vergütung ihrer Reisekosten nach den 15 Die Nichterwähnung der Ernennung der Vertreter ist als Redaktionsversehen anzusehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die in der Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses vom April 2001 zum Referentenentwurf eines WpÜG (NZG 2001, 420, 422) angemahnte Klarstellung, ob mit der Vorschrift auch die Bestellung von Vertretern ermöglicht werde, keinen Widerhall fand. Wäre anderes gewollt, hätte hierzu eine Erläuterung nahe gelegen. Für ein Redaktionsversehen und wie hier auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 5 WpÜG Rz. 10. I.E. zustimmend Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 12. 16 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 17 Verpflichtungsgesetz vom 2.3.1974, BGBl. I 1974, 469, 547, zuletzt geändert durch § 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 15.8.1974, BGBl. I 1974, 1942.
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Widerspruchsausschuss
Rz. 16 § 6
Richtlinien über die Abfindung der Mitglieder von Beiräten, Ausschüssen, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen im Bereich des Bundes18 vom 9.11.1981 (GMBl. 1981, 515), zuletzt geändert durch das Rundschreiben des BMF vom 19.3.1997 (GMBl. 1997, 172). Auf die zu beantragende Entschädigung in vorstehendem Sinne besteht ein Rechtsanspruch gegen die Bundesanstalt19. Diesbezügliche Entscheidungen der Bundesanstalt stellen Verwaltungsakte dar. Die Durchsetzung des Anspruchs kann im Wege des Verpflichtungswiderspruchs bzw. der Verpflichtungsbeschwerde bewirkt werden20.
D. Verfahren im Widerspruchsausschuss (§ 6 Abs. 2 Satz 2 WpÜG und WpÜG-WiderspruchsausschussVO) I. Übersicht § 6 WpÜG enthält keine näheren Bestimmungen über das Verfahren im Widerspruchsausschuss. § 6 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ordnet nur an, dass bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden entscheidet. Die auf Grund der Ermächtigung in § 6 Abs. 4 WpÜG ergangene WpÜG-WiderspruchsausschussVO enthält jedoch eine Reihe von Vorschriften, die das vom Widerspruchsausschuss einzuhaltende Verfahren betreffen. Zudem ist § 41 WpÜG zu beachten, der seinerseits auf §§ 68–73 VwGO verweist.
14
II. Einladung Die Einberufung des Widerspruchsausschusses erfolgt gemäß § 5 Satz 1 WpÜG-WiderspruchsausschussVO durch dessen Vorsitzenden (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG). Organisatorisch steht ihm hierfür eine Geschäftsstelle für den Widerspruchsausschuss zur Verfügung. Er lädt die Beisitzer und die Beteiligten nach näherer Maßgabe des § 5 Sätze 2–4 WpÜG-WiderspruchsausschussVO ein. Die Einladung erfolgt aufgrund der zeitlich eng bemessenen Entscheidungsfrist nach § 41 Abs. 2 Satz 1 WpÜG schriftlich nach telefonischer Abklärung der Verfügbarkeit oder in eilbedürftigen Fällen nur telefonisch (§ 5 Satz 4 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). In der Einladung sind Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzung sowie Besetzung des Widerspruchsausschusses mitzuteilen. Zudem wird den Beisitzern zur Vorbereitung der Sitzung regelmäßig eine Kopie der jeweiligen Verfahrensakte der angefochtenen Verfügung zur Verfügung gestellt. Der Widerspruchsausschuss kann insbesondere in Anbetracht der Liste der ehrenamtlichen Beisitzer in unterschiedlichen Besetzungen entscheiden.
15
III. Auswahl der ehrenamtlichen Beisitzer Da der Präsident der Bundesanstalt fünfzehn ehrenamtliche Beisitzer des Widerspruchsausschusses 16 zu bestellen hat, dieser jedoch in einer Zusammensetzung entscheiden muss, in der lediglich drei ehrenamtliche Beisitzer vertreten sein dürfen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WpÜG), ist die Frage nach der Reihenfolge der Mitwirkung der bestellten ehrenamtlichen Beisitzer aufgeworfen. § 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO beantwortet sie dahingehend, dass die ehrenamtlichen Beisitzer zu den Sitzungen des Widerspruchsausschusses auf Grund einer Liste – der Beisitzerliste – heranzuziehen sind (§ 3 Abs. 1 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). Die Reihenfolge der ehrenamtlichen Beisitzer auf der Beisitzerliste ist in einer Sitzung des Widerspruchsausschusses durch ein vom Vorsitzenden des Ausschusses zu ziehendes Los zu bestimmen (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). Da zu dem Zeitpunkt des Losverfahrens die Reihenfolge der Heranziehung der ehrenamtlichen Beisitzer noch nicht bestimmt, sondern erst zu bestimmen ist, kann hierbei nur eine Sitzung des Widerspruchsausschusses ohne die bestellten ehrenamtlichen Beisitzer oder mit allen bestellten ehrenamtlichen Beisitzern in Frage kommen. Zweckmäßigerweise wird man diesbezüglich eine Sitzung des Widerspruchsausschusses ohne die bestellten ehrenamtlichen Beisitzer in Betracht zu ziehen haben, da 18 Richtlinie des BMF v. 31.10.2001 – II A 4 – BA 3401 – 5/01 – Z B 1 – P 1724 – 1/01 (GMBl 2002 S. 92). 19 Vgl. Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 45. 20 Vgl. Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 45.
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§ 6 Rz. 16 Widerspruchsausschuss diese allenfalls Zeugenfunktion im Hinblick auf die Losziehung durch den Präsidenten der Bundesanstalt haben könnten und diese, ohne die hierdurch verursachten Kosten und den Zeitaufwand der ehrenamtlichen Beisitzer, durch die vom Präsidenten der Bundesanstalt beauftragten Beamten als Beisitzer (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) erfüllt werden kann. 17
Das Führen der Beisitzerliste ist Sache des Vorsitzenden des Widerspruchsausschusses (§ 3 Abs. 2 Satz 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO), d.h. des Präsidenten der Bundesanstalt, der ersten Direktorin, des ersten Direktors oder eines von ihm beauftragten Beamten, der die Befähigung zum Richteramt hat (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG). Scheidet ein ehrenamtlicher Beisitzer aus und wird für diesen ein neuer bestellt, so nimmt der Neue die Stelle des Ausscheidenden in der Beisitzerliste ein (§ 3 Abs. 2 Satz 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). Bei Verhinderung eines ehrenamtlichen Beisitzers ist der in der Beisitzerliste dem Verhinderten nachfolgende Beisitzer zur Mitwirkung berufen (§ 3 Abs. 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO).
IV. Inkompatibilitäten 18
Von der Mitwirkung an einem Widerspruchsverfahren sind die in § 20 VwVfG benannten Personen sowie jene ausgeschlossen, für welche die Besorgnis der Befangenheit nach Maßgabe von § 21 VwVfG besteht.
19
Ergänzend zu diesen Vorschriften bestimmt § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO, dass ehrenamtliche Beisitzer, die bei dem Bieter oder der Zielgesellschaft, bei einem mit diesen verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) oder bei einer mit diesen gemeinsam handelnden Person (§ 2 Abs. 5 WpÜG) beschäftigt oder Organmitglieder sind, von der Mitwirkung an Entscheidungen des Widerspruchsausschusses ausgeschlossen sind. Gleiches gilt für ehrenamtliche Beisitzer, die bei einem Unternehmen beschäftigt oder Organmitglieder sind, das für den Bieter, die Zielgesellschaft oder eine mit diesem gemeinsam handelnde Person im Zusammenhang mit dem Angebot tätig geworden ist (§ 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). In diesem Falle bestimmt der Vorsitzende des Widerspruchsausschusses (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) einen anderen ehrenamtlichen Beisitzer.
20
Unbeschadet der §§ 20, 21 VwVfG sind darüber hinaus beamtete Beisitzer (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) von der Mitwirkung an Entscheidungen des Widerspruchsausschusses ausgeschlossen, wenn sie an dem Erlass der angegriffenen Entscheidung beteiligt waren (§ 4 Abs. 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO).
V. Sitzungen und Entscheidungen des Widerspruchsausschusses 21
Die Sitzungen des Widerspruchsausschusses sind nicht öffentlich (§ 6 Abs. 2 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). Der Grund hierfür ist, dass regelmäßig nach § 9 WpÜG geheimhaltungsbedürftige und brisante Tatsachen angesprochen werden.
22
Der Widerspruchsausschuss ist bei Anwesenheit des Vorsitzenden (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) und zweier Beisitzer beschlussfähig (§ 6 Abs. 3 WpÜG-WiderspruchsausschussVO). Er entscheidet regelmäßig ohne mündliche Verhandlung, es sei denn, der Vorsitzende ordnet eine solche an, weil die Angelegenheit besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (§ 6 Abs. 1 WpÜGWiderspruchsausschussVO). Diese Regelung entspricht dem Beschleunigungsgrundsatz des WpÜG, der auch in § 41 Abs. 2 WpÜG zum Ausdruck kommt. Beschlüsse des Widerspruchsausschusses werden mit Stimmenmehrheit gefasst (§ 91 Satz 1 VwVfG); bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende (§ 6 Abs. 2 Satz 2 WpÜG). Die Entscheidung des Widerspruchsausschusses über den Widerspruch erfolgt nach Maßgabe von § 41 Abs. 1 WpÜG i.V.m. § 72 VwGO (für den Fall, dass dem Widerspruch abgeholfen wird) bzw. § 73 Abs. 1 VwGO (für den Fall, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen wird).
23
Da Entscheidungen über Widersprüche gegen Verfügungen der Bundesanstalt zu der von der Bundesanstalt auszuübenden Aufsicht i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 1 WpÜG gehören, könnte der Widerspruchsausschuss theoretisch zuvor den Beirat (§ 5 WpÜG) anhören. Gleiches gilt für Verfahren, in denen der Widerspruchsausschuss nicht zuständig ist und die Bundesanstalt ohnehin gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 2 168
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Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland
§7
VwVfG Sachverständige hinzuziehen kann21. In Anbetracht der zeitlichen Vorgaben (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) ist das praktisch kaum realisierbar. Ehrenamtliche Beisitzer des Widerspruchsausschusses, die auch dem Beirat angehören (siehe dazu § 5 WpÜG Rz. 16), sind weder an Beschlüsse des Beirats noch an Weisungen desselben gebunden22. Gleichwohl handelt es sich beim Widerspruchsausschuss nicht um ein Gremium, dessen Mitglieder an keinerlei Weisungen23 gebunden sind: Wie die Bundesanstalt unterliegt auch der bei ihr gebildete Widerspruchsausschuss, der damit Teil der Bundesanstalt ist, der Dienstaufsicht durch das BMF (§ 2 FinDAG) und damit dessen Weisungen24. Praktisch würde eine Weisung jedenfalls über die Entscheidungen des Vorsitzenden und der beiden amtlichen Beisitzer zum Tragen kommen.
24
Der Widerspruchsausschuss kann gemäß § 41 Abs. 4 WpÜG das Verfahren ohne mündliche Verhandlung dem Vorsitzenden durch unanfechtbaren Beschluss zur alleinigen Entscheidung übertragen. Diese Übertragung ist nur zulässig, sofern die Sache keine wesentlichen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufweist und die Entscheidung nicht von grundsätzlicher Bedeutung sein wird.
25
E. Verordnungsermächtigung (§ 6 Abs. 4 WpÜG) § 6 Abs. 4 WpÜG ermächtigt das BMF, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen über das Verfahren, die Einzelheiten der Bestellung der ehrenamtlichen Beisitzer, die vorzeitige Beendigung und die Vertretung zu erlassen, und gestattet es dem Ministerium, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt zu übertragen. Das BMF hat von der Ermächtigung zum Erlass einer solchen Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung vom 27.12.200125 (WpÜG-WiderspruchsausschussVO) erlassen.
§ 7 Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland (1) Das Bundeskartellamt und die Bundesanstalt haben einander die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen mitzuteilen. Die Bundesanstalt übermittelt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die ihr nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und § 35 Abs. 1 Satz 4 mitgeteilten Informationen und auf Ersuchen dieser Behörde die ihr nach § 14 Abs. 1 Satz 1 oder § 35 Abs. 2 Satz 1 übermittelten Angebotsunterlage. Bei der Übermittlung personenbezogener Daten ist § 15 des Bundesdatenschutzgesetzes anzuwenden. [Geplante Neufassung des Satzes 3 durch das Zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 – 2. DSAnpUGEU: „Bei der Übermittlung personenbezogener Daten ist § 25 Absatz 1 und 3 des Bundesdatenschutzgesetzes anzuwenden.“] (2) Die Bundesanstalt kann sich bei der Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz privater Personen und Einrichtungen bedienen.
21 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 22 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 23 Die noch in § 6 Abs. 3 Satz 2 des Diskussionsentwurfs des WpÜG vom 29.6.2000 vorgesehene Regelung, die Mitglieder des Widerspruchsausschusses entschieden unabhängig und seien nur dem Gesetz unterworfen, wurde wegen verfassungsrechtlicher Bedenken schon im Referentenentwurf vom 12.3.2001 gestrichen. 24 Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 4; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 43; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 17. 25 Verordnung über die Zusammensetzung und das Verfahren des Widerspruchsausschusses bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BGBl. I 2001, 4261, geändert durch Art. 1 der Änderungsverordnung vom 26.6.2003, BGBl. I 2003, 1006; Text im Anhang S. 1597.
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Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland
§7
VwVfG Sachverständige hinzuziehen kann21. In Anbetracht der zeitlichen Vorgaben (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) ist das praktisch kaum realisierbar. Ehrenamtliche Beisitzer des Widerspruchsausschusses, die auch dem Beirat angehören (siehe dazu § 5 WpÜG Rz. 16), sind weder an Beschlüsse des Beirats noch an Weisungen desselben gebunden22. Gleichwohl handelt es sich beim Widerspruchsausschuss nicht um ein Gremium, dessen Mitglieder an keinerlei Weisungen23 gebunden sind: Wie die Bundesanstalt unterliegt auch der bei ihr gebildete Widerspruchsausschuss, der damit Teil der Bundesanstalt ist, der Dienstaufsicht durch das BMF (§ 2 FinDAG) und damit dessen Weisungen24. Praktisch würde eine Weisung jedenfalls über die Entscheidungen des Vorsitzenden und der beiden amtlichen Beisitzer zum Tragen kommen.
24
Der Widerspruchsausschuss kann gemäß § 41 Abs. 4 WpÜG das Verfahren ohne mündliche Verhandlung dem Vorsitzenden durch unanfechtbaren Beschluss zur alleinigen Entscheidung übertragen. Diese Übertragung ist nur zulässig, sofern die Sache keine wesentlichen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufweist und die Entscheidung nicht von grundsätzlicher Bedeutung sein wird.
25
E. Verordnungsermächtigung (§ 6 Abs. 4 WpÜG) § 6 Abs. 4 WpÜG ermächtigt das BMF, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen über das Verfahren, die Einzelheiten der Bestellung der ehrenamtlichen Beisitzer, die vorzeitige Beendigung und die Vertretung zu erlassen, und gestattet es dem Ministerium, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt zu übertragen. Das BMF hat von der Ermächtigung zum Erlass einer solchen Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die WpÜG-Widerspruchsausschuss-Verordnung vom 27.12.200125 (WpÜG-WiderspruchsausschussVO) erlassen.
§ 7 Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland (1) Das Bundeskartellamt und die Bundesanstalt haben einander die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen mitzuteilen. Die Bundesanstalt übermittelt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die ihr nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und § 35 Abs. 1 Satz 4 mitgeteilten Informationen und auf Ersuchen dieser Behörde die ihr nach § 14 Abs. 1 Satz 1 oder § 35 Abs. 2 Satz 1 übermittelten Angebotsunterlage. Bei der Übermittlung personenbezogener Daten ist § 15 des Bundesdatenschutzgesetzes anzuwenden. [Geplante Neufassung des Satzes 3 durch das Zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 – 2. DSAnpUGEU: „Bei der Übermittlung personenbezogener Daten ist § 25 Absatz 1 und 3 des Bundesdatenschutzgesetzes anzuwenden.“] (2) Die Bundesanstalt kann sich bei der Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz privater Personen und Einrichtungen bedienen.
21 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 22 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 37. 23 Die noch in § 6 Abs. 3 Satz 2 des Diskussionsentwurfs des WpÜG vom 29.6.2000 vorgesehene Regelung, die Mitglieder des Widerspruchsausschusses entschieden unabhängig und seien nur dem Gesetz unterworfen, wurde wegen verfassungsrechtlicher Bedenken schon im Referentenentwurf vom 12.3.2001 gestrichen. 24 Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 6 WpÜG Rz. 4; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 43; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 6 WpÜG Rz. 17. 25 Verordnung über die Zusammensetzung und das Verfahren des Widerspruchsausschusses bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BGBl. I 2001, 4261, geändert durch Art. 1 der Änderungsverordnung vom 26.6.2003, BGBl. I 2003, 1006; Text im Anhang S. 1597.
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§ 7 Rz. 1 Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland A. Übersicht und Entwicklung der Norm . . . B. Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden (§ 7 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . I. Informationsaustausch zwischen Bundesanstalt und Bundeskartellamt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2
II. Informationsübermittlung an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (§ 7 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . III. Übermittlung personenbezogener Daten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . C. Einsatz Dritter bei der Aufsicht (§ 7 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Siehe das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Übersicht und Entwicklung der Norm 1
§ 7 Abs. 1 WpÜG regelt die über die normale Amtshilfe hinausgehende Zusammenarbeit der Bundesanstalt mit anderen Behörden im Inland. Im Konkreten ist das der gegenseitige Informationsaustausch mit dem Bundeskartellamt und ein Informationsfluss an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Für die Übermittlung von personenbezogenen Daten wird auf das Bundesdatenschutzgesetz verwiesen. § 7 Abs. 2 WpÜG ermöglicht es der Bundesanstalt, sich bei der Durchführung ihrer Aufgaben nach dem WpÜG privater Personen und Einrichtungen zu bedienen. § 7 WpÜG wurde geändert durch Art. 1 der Ersten Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz1 und damit den Änderungen durch die Schaffung der Bundesanstalt aus ihren drei Vorgängerbehörden Rechnung getragen. Die Vorschrift hat zudem durch Art. 3 Nr. 1 des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung vom 18.4.20092 insoweit eine Änderung erfahren als der jetzige Satz 2 eingefügt und der vorherige Satz 2 zu Satz 3 wurde. Zudem hat die Vorschrift durch Art. 194 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.8.20153 eine redaktionelle Änderung erfahren als die Bezeichnung des Ministeriums „Wirtschaft und Technologie“ in „Wirtschaft und Energie“ geändert wurde. Eine weitere Änderungen ist in absehbarer Zeit durch das 2. Datenschutzanpassungsgesetz4 zu erwarten, mit dem die noch erforderliche Anpassung des nationalen Rechts an die Verordnung (EU) 2016/679 (DSGV)5 und das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) weiter vorangebracht werden soll und die derzeit in § 7 Abs. 1 Satz 3 WpÜG noch enthaltene Verweisung auf § 15 BDSG a.F. aktualisiert und durch § 25 Abs. 1 und 3 BDSG ersetzt werden soll.
B. Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden (§ 7 Abs. 1 WpÜG) I. Informationsaustausch zwischen Bundesanstalt und Bundeskartellamt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) 2
§ 7 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verpflichtet die Bundesanstalt und das Bundeskartellamt, sich aus jeweils eigener Initiative6 wechselseitig Informationen mitzuteilen, die für die Erfüllung ihrer jeweiligen Auf1 Erste Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz v. 29.4.2002, BGBl. I, 1495. 2 BGBl. I 2009, 770. 3 BGBl. I 2015, 1474. 4 Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU), BT-Drucks. 19/4674, geplante Änderung des WpÜG in Art. 59. 5 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119, 4.5.2016, S. 1, berichtigt mit ABl. L 127, 23.5.2018, S. 2. 6 Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 2; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 4; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 14; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 7 WpÜG Rz. 2; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 1; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 12.
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Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland
Rz. 5 § 7
gaben erforderlich sind. Obwohl die Vorschrift den Austausch jeglicher Informationen regelt, die in einer der genannten Behörden anfallen und für die Aufgabe der jeweils anderen erforderlich sind, zielt die Vorschrift der Sache nach doch in erster Linie auf die Befugnis und die Pflicht der Bundesanstalt, Informationen über Sachverhalte aus ihrer Aufsicht nach dem WpÜG, wie beispielsweise Erkenntnisse über Beteiligungsverhältnisse, dem Bundeskartellamt mitzuteilen, wenn diese für die Überwachungstätigkeit des Bundeskartellamts von Bedeutung sind. Umgekehrt hat das Bundeskartellamt der Bundesanstalt die Informationen mitzuteilen, die diese bei der Ausübung ihrer Aufsichtstätigkeit nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 WpÜG benötigt. Diese Pflicht des Bundeskartellamts zur Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt einschließlich eines umfassenden Informationsaustauschs ist entsprechend auch in § 50c Abs. 2 GWB geregelt. Entscheidend ist, dass die Informationsaustauschpflicht sich auf solche Informationen bezieht, die sowohl in Bezug auf das WpÜG als auch für das Wettbewerbsrecht in Gestalt des GWB hilfreich sein können, um die Fragen der Anwendung der jeweiligen WpÜG- oder GWB-Normen zu klären7. Die Vorschrift regelt den Informationsaustausch zwischen den genannten Behörden, nicht aber den 3 Informationsaustausch innerhalb der Bundesanstalt, d.h. denjenigen zwischen den mit der Aufsicht nach dem WpÜG einerseits und der Aufsicht nach Maßgabe z.B. des WpHG, des KWG, des VAG, des WpPG und des VermAnlG andererseits befassten Abteilungen der Bundesanstalt8. Diese in der ersten Fassung der Norm enthaltene Regelung wurde mit der Gründung der Bundesanstalt entbehrlich. Das bedeutet, dass die Vorschrift keine interne Informationsaustauschpflicht in Bezug auf die weiteren Aufgaben der Bundesanstalt begründet. Dies ist auch nicht notwendig, da sich der behördeninterne Informationsfluss nach den Erfordernissen der Aufgabenwahrnehmung und den internen ComplianceRegelungen richtet9. Zugleich verdeutlicht das, dass der Informationsaustausch mit dem Bundeskartellamt auf Seiten der Bundesanstalt primär die Informationen aus dem Bereich der Aufsicht nach dem WpÜG umfasst. So besteht z.B. bei der Aufsicht nach dem WpHG gemäß § 17 Abs. 2 WpHG eine gesonderte Zusammenarbeitspflicht der Bundesanstalt mit dem Bundeskartellamt. Gegenstand der zwischenbehördlichen Mitteilungsrechte und -pflichten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WpÜG sind Informationen. Darunter sind sämtliche Erkenntnisse und Wahrnehmungen einer Behörde zu verstehen, gleichgültig ob es sich hierbei um solche über Tatsachen im strafrechtlichen Sinn oder um Meinungen, Vorhaben oder Gerüchte handelt10. Da jeder Vorgang einer Kenntnisnahme durch eine Behörde mit seinen Details dem Beweis zugänglich ist, lassen sich Informationen auch abstrakter als ggf. kombinierte Daten zu gegenwärtigen und vergangenen Verhältnissen, Zuständen oder Geschehnissen umschreiben11. Das führt nicht zwangsläufig zu einem ständigen Datenaustausch oder einer überzogenen Mitteilungspflicht, weil die Einschränkung, dass nur die zur Aufgabenerfüllung der jeweiligen Behörde erforderlichen Informationen (siehe unten Rz. 5) mitzuteilen sind, als Filter wirkt und die wechselseitigen Informationspflichten begrenzt.
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Außer Frage steht, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 WpÜG den beiden genannten Behörden nicht nur die Befugnis einräumt, sondern auch die Pflicht auferlegt, einander bestimmte, in ihrem Tätigkeitsbereich erlangten Informationen mitzuteilen. Diese Befugnis und Pflicht bezieht sich nur auf solche Informationen, die erforderlich sind, damit die beiden Behörden ihre jeweiligen Aufsichtsaufgaben erfüllen können. Erforderlich in diesem Sinne sind Informationen, wenn sie Tatbestände betreffen, die vorliegen müssen, damit die jeweilige Behörde eine Aufsichtsmaßnahme ergreifen kann, oder die geeignet sind, die Behörde zu Ermittlungen im Hinblick auf das Vorliegen solcher Tatbestände zu veranlassen. D.h. die Informationen müssen zur Erfüllung der Aufgaben des jeweiligen Aufsichtsgesetzes dienlich
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7 Ebenso Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 4; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 2. 8 Ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 3; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 16; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 7 WpÜG Rz. 3; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 7, teilweise jedoch mit dem Vorbehalt, die innerbehördliche Weitergabe habe sich „im Rahmen der von der Norm gezogenen Grenzen zu halten“. 9 Vgl. Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 16. 10 Im Kern ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 4; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 18; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 7 WpÜG Rz. 4; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 5. A.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 7 WpÜG Rz. 2, der den Begriff der Information unzutreffend (dazu im Folgenden) mit dem der Tatsache in § 8 Abs. 2 Satz 2 WpÜG identifiziert. 11 Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 5; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 5.
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§ 7 Rz. 5 Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland sein12. Damit dürfen Informationen über Unternehmen oder Personen, die nicht unter die Aufsicht der als Informationsempfänger gedachten Behörde fallen, grundsätzlich nicht an diese weitergegeben werden, es sei denn, die Informationen enthalten zugleich Anhaltspunkte für künftige Ermittlungen in Bezug auf Umstände, die für die Wahrnehmung der Aufgabe der jeweiligen Behörde erheblich sind. Ausreichend ist, dass die Behörde nach sorgfältiger Prüfung von der Erforderlichkeit überzeugt ist13.
II. Informationsübermittlung an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (§ 7 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) 6
Im Rahmen der Zusammenarbeit der Bundesanstalt mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist nach § 7 WpÜG keine wechselseitige Informationsweitergabe vorgesehen, sondern ein Informationsfluss von der Bundesanstalt an das Bundesministerium14. Die Informationsübermittlung wird auf zweierlei Weisen ausgelöst: im ersten Fall hat die Bundesanstalt automatisch die entsprechenden, bei ihr eingehenden Informationen zu übermitteln. Dieser Informationsfluss betrifft die an die Bundesanstalt zu richtenden Vorabmitteilungen bezüglich der Entscheidung über die Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) und bezüglich der Kontrollerlangung (§ 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG). Im zweiten Fall erfolgt die Informationsübermittlung auf Ersuchen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das betrifft die an die Bundesanstalt übermittelten Angebotsunterlagen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 oder § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG. Da die Angebotsunterlagen zu dem Zeitpunkt der Anforderung noch nicht veröffentlicht sein müssen, werden hier ggf. auch verschwiegenheitspflichtige, öffentlich noch nicht bekannte Informationen weitergegeben. Anders als beim Informationsaustausch mit dem Bundeskartellamt wird die Erforderlichkeit für diese Aufgabenerfüllung für die Informationsübermittlung von der Bundesanstalt an das Bundesministerium grundsätzlich nicht vorausgesetzt.
III. Übermittlung personenbezogener Daten (§ 7 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) 7
Enthalten die zu übermittelnden Informationen personenbezogene Daten, so findet nach § 7 Abs. 1 Satz 3 WpÜG die Vorschrift des § 15 BDSG Anwendung. Hierbei handelt es sich um die Zitierung des § 15 BDSG a.F. Denn § 15 BDSG regelt heute den Tätigkeitsbericht der/des Bundesbeauftragte(n) für Datenschutz. Entsprechend ist im Entwurf des geplanten 2. Datenschutzanpassungsgesetzes15 zur Anpassung des nationalen Rechts an die Verordnung (EU) 2016/679 (DSGV)16 und das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eine Verweisung in § 7 Abs. 1 Satz 3 WpÜG dergestalt vorgesehen, dass bei der Übermittlung personenbezogener Daten § 25 Abs. 1 und 3 BDSG anzuwenden ist. Diese Vorschrift lautet: § 25 Datenübermittlungen durch öffentliche Stellen (1) Die Übermittlung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen an öffentliche Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der übermittelnden Stelle oder des Dritten, an den die Daten übermittelt werden, liegenden Aufgaben erforderlich ist und die Voraussetzungen vorliegen, die eine Verarbeitung nach § 23 zulassen würden. Der Dritte, an den die Daten übermittelt werden, darf diese nur für den Zweck verarbeiten, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt werden. Eine Verarbeitung für andere Zwecke ist unter den Voraussetzungen des § 23 zulässig.
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Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 4. Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 5; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 19. Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 2. Art. 59 des Entwurfes eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU), BT-Drucks. 19/4674, S. 59, 283. 16 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119, 4.5.2016, S. 1, berichtigt mit ABl. L 127, 23.5.2018, S. 2.
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Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland
Rz. 9 § 7
(2) (…) (3) Die Übermittlung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 22 vorliegen. § 23 Verarbeitung zu anderen Zwecken durch öffentliche Stellen (1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem die Daten erhoben wurden, durch öffentliche Stellen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung ist zulässig, wenn 1. offensichtlich ist, dass sie im Interesse der betroffenen Person liegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass sie in Kenntnis des anderen Zwecks ihre Einwilligung verweigern würde, 2. Angaben der betroffenen Person überprüft werden müssen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen, 3. sie zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit, zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls oder zur Sicherung des Steuer- und Zollaufkommens erforderlich ist, 4. sie zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Vollstreckung oder zum Vollzug von Strafen oder Maßnahmen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 8 des Strafgesetzbuchs oder von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes oder zur Vollstreckung von Geldbußen erforderlich ist, 5. sie zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist oder 6. sie der Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen des Verantwortlichen dient; dies gilt auch für die Verarbeitung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit schutzwürdige Interessen der betroffenen Person dem nicht entgegenstehen. (2) Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem die Daten erhoben wurden, ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 22 vorliegen.
Da die neuen datenschutzrechtlichen Regelungen geltendes Recht sind und die Bundesanstalt als Behörde und damit als öffentliche Stelle an Recht und Gesetz gebunden ist, muss sie die neuen zwingenden Regelungen – ungeachtet der heute noch unrichtigen Verweisung ins Datenschutzrecht – anwenden. Die noch nicht korrigierte Verweisung ins BDSG hat damit keine praktischen Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Bundesanstalt zur Weitergabe von personenbezogenen Daten. Aus der Anwendung von § 25 Abs. 1 i.V.m. § 23 BDSG folgt, dass die Weitergabe personenbezogener Daten von einer der in § 7 Abs. 1 WpÜG genannten Behörden an eine andere der in dieser Vorschrift angeführten Behörden zur Erfüllung der in § 7 Abs. 1 WpÜG geregelten Pflichten und unter Beachtung der in § 25 BDSG normierten Voraussetzungen zulässig ist. Besondere praktische Relevanz bei der Übermittlung und der Nutzung der übermittelten personenbezogenen Daten wird künftig vor allem die in § 23 Abs. 1 Nr. 6 BDSG enthaltene Möglichkeit der Weitergabe der personenbezogenen Daten zur Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen erlangen.
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C. Einsatz Dritter bei der Aufsicht (§ 7 Abs. 2 WpÜG) Nach § 7 Abs. 2 WpÜG kann sich die Bundesanstalt bei der Durchführung ihrer Aufgaben nach die- 9 sem Gesetz privater Personen und Einrichtungen bedienen. Die Vorschrift entspricht § 4 Abs. 3 FinDAG, unterscheidet sich von dieser Bestimmung jedoch darin, dass sie nicht von „andere(n) Personen und Einrichtungen“, sondern von „private(n) Personen und Einrichtungen“ (Hervorhebungen hinzugefügt) spricht. Sie wird damit dem Umstand gerecht, dass mit § 4 Abs. 3 FinDAG nicht die Anordnung einer Rechts- und Amtshilfe gemeint sein kann17, die sich schon aus Art. 35 GG ergibt und einer Verankerung im FinDAG nicht bedurft hätte, sondern die Befugnis der jeweiligen Aufsichtsbehörde, sich zur Durchführung ihrer Aufgaben anderer Einrichtungen als Behörden zu bedienen. Wenn sich 17 So auch für § 6 Abs. 1 WpHG a.F. Dreyling in Assmann/Uwe H. Schneider, 2. Aufl. 1999, § 6 WpHG Rz. 1, und für § 8 Abs. 1 KWG a.F. Reischauer/Kleinhans, § 8 KWG a.F. Rz. 5.
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§ 7 Rz. 9 Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Inland § 7 Abs. 2 WpÜG in der dargelegten Weise von § 4 Abs. 3 FinDAG unterscheidet, so gewiss nicht mit dem Ziel, den Einsatz Dritter bei der Aufsicht „enger“18 zu fassen, sondern zu dem Zweck, Irritationen zu vermeiden, wie sie der in § 4 Abs. 3 FinDAG übernommene Wortlaut von § 6 Abs. 1 WpHG a.F. und § 8 Abs. 1 KWG a.F. hervorgerufen hatte. § 7 Abs. 2 WpÜG bezweckt deshalb nichts anderes, als die Bundesanstalt zu ermächtigen, sich zur Durchführung ihrer Aufgaben (auch) privater Einrichtungen bedienen zu können19. § 7 Abs. 2 WpÜG schließt die Inanspruchnahme von Amtshilfe (§§ 4 ff. VwVfG) durch die Bundesanstalt, d.h. die Inanspruchnahme „anderer Personen und Einrichtungen“ mit Behördencharakter, entsprechend Art. 35 Abs. 1 GG („Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe“), nicht aus20. 10
Die Vorschrift dient der Effizienz der Aufsicht: Erfordert die Erfüllung von Aufsichtsaufgaben unter besonderen Umständen den Einsatz speziellen Sachverstands, muss dieser nicht durch entsprechend ausgebildetes eigenes Personal bereitgehalten werden; vielmehr kann die Bundesanstalt im Einzelfall – nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen – auf externes Spezialistenwissen zurückgreifen21. Dessen ungeachtet können aber auch Personalengpässe den Rückgriff auf den Sachverstand privater Personen und Einrichtungen sinnvoll erscheinen lassen. Tatsächlich eröffnet die Bestimmung der Bundesanstalt die Möglichkeit, sich im Hinblick auf die Erfüllung sämtlicher ihrer Aufsichtsaufgaben Dritter zu bedienen, solange die Behörde nicht originär hoheitlich tätig werden muss22. Das schließt den Einsatz Privater als Verwaltungshelfer23 nicht aus24 und beschränkt deren Tätigkeit nicht nur auf bloße Vorarbeiten zur Vorbereitung hoheitlichen Handelns der Behörde. Im Hinblick auf die sich aus dem WpÜG ergebenden Aufsichtsaufgaben dürfte der Hauptanwendungsbereich der Vorschrift in der Nutzung des Sachverstands von Wirtschaftsprüfern bestehen.
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Private Personen und Einrichtungen sind zur Übernahme der ihnen angetragenen Aufgaben nicht verpflichtet; vielmehr muss sich die Bundesanstalt der Dienste Dritter durch den Abschluss entsprechender privatrechtlicher Verträge, die häufig in öffentlich-rechtliche Dienstverträge eingekleidet sind, versichern25. Dabei hat die Behörde darauf zu achten, dass die Personen und Einrichtungen, derer sie sich bedient, keinen Interessenkonflikten unterliegen26. Die Kosten der Tätigkeit der privaten Dritten trägt die Bundesanstalt als deren Vertragspartner27. Mit der Annahme des Auftrags unterliegen die beauftragten Dritten hinsichtlich der ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bekanntwerdenden Tatsachen der Verschwiegenheitspflicht nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Solange die privaten Personen und Einrichtungen, derer sich die Bundesanstalt bei der Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz bedient, nicht als Verwaltungshelfer zu qualifizieren sind, also lediglich Hilfsdienste in Bezug auf hoheitliches Handeln der Behörde selbst verrichten, und ordnungsgemäß ausgewählt 18 Wie hier im Ergebnis Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 26; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 13 ff. 19 Zur entsprechenden Auslegung von § 4 Abs. 3 FinDAG siehe Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Vor § 6 WpHG Rz. 41 ff. 20 Ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 10; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 13 ff.; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 14; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 7 WpÜG Rz. 6, 8. 21 Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 3, 27. 22 Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Vor § 6 WpHG Rz. 41. Ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 7; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 24; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 7 WpÜG Rz. 7. 23 Verwaltungshelfer ist ein Privater, der die Verwaltungsbehörde bei der Durchführung von Verwaltungsaufgaben – d.h. bei der Ausübung hoheitlicher Funktionen – unterstützt, indem er im Auftrag und nach Weisung der Behörde (darin unterscheidet er sich vom Beliehenen) Hilfstätigkeiten ausführt. Siehe statt vieler Maurer/ Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 23 Rz. 66; Papier in MünchKomm. BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 BGB Rz. 135 f. 24 Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 30; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 7 WpÜG Rz. 7; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 9. Implizit auch: Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 9. 25 Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 8; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 12; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 7 WpÜG Rz. 1; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 28; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 7 WpÜG Rz. 7; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 9; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 15; Kreße in MünchKomm. AktG, § 7 WpÜG Rz. 13. 26 Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 8; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 7 WpÜG Rz. 12; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 27. 27 Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 31.
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Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland
§8
wurden, kommt eine Amtshaftung für ihre Leistung nicht in Betracht. Das Fehlverhalten von Verwaltungshelfern kann dagegen – in den durch § 4 Abs. 2 gezogenen Grenzen – einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auslösen28.
§ 8 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland (1) Der Bundesanstalt obliegt die Zusammenarbeit mit den für die Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren, Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten sowie den Handel in Wertpapieren und Derivaten zuständigen Stellen anderer Staaten. (2) Im Rahmen der Zusammenarbeit nach Absatz 1 darf die Bundesanstalt Tatsachen übermitteln, die für die Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder damit zusammenhängender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren erforderlich sind; hierbei kann sie von ihren Befugnissen nach § 40 Abs. 1 und 2 Gebrauch machen. Bei der Übermittlung personenbezogener Daten hat die Bundesanstalt den Zweck zu bestimmen, für den diese verwendet werden dürfen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die Daten nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie übermittelt wurden. Eine Übermittlung unterbleibt, soweit Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen wird. Die Übermittlung unterbleibt außerdem, wenn durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden, insbesondere wenn im Empfängerland ein angemessener Datenschutzstandard nicht gewährleistet wäre. [Geplante Änderungen in Absatz 2 durch das Zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 – 2. DSAnpUG-EU: In Satz 2 Ersetzung des Wortes „verwendet“ durch „verarbeitet“; in Satz 3 Streichung der Wörter „oder genutzt“; in Satz 5 Ersetzung der Wörter „des Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“; Anfügung des folgenden Satzes: „Die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer und internationale Organisationen muss im Einklang mit Kapitel V der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung und mit den sonstigen allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften stehen.“] (3) Werden der Bundesanstalt von einer Stelle eines anderen Staates personenbezogene Daten mitgeteilt, so dürfen diese nur unter Beachtung der Zweckbestimmung durch diese Stelle verarbeitet oder genutzt werden. Die Bundesanstalt darf die Daten unter Beachtung der Zweckbestimmung den Börsenaufsichtsbehörden und den Handelsüberwachungsstellen der Börsen mitteilen. [Geplante Änderung in Absatz 3 durch das Zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 – 2. DSAnpUG-EU: In Satz 1 Streichung der Wörter „oder genutzt“.] (4) Die Regelungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen bleiben unberührt. A. Übersicht und Entwicklung der Norm . . . B. Internationale Zusammenarbeit (§ 8 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . C. Übermittlung von Tatsachen ins Ausland (§ 8 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
1 2 6
I. Tatsachenübermittlungs- und Sachverhaltsaufklärungsbefugnisse (§ 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besondere Anforderungen bei der Tatsachenübermittlung (§ 8 Abs. 2 Sätze 2–5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
10
28 Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 9; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 30; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 9. Näher zur Amtshaftung für Verwaltungshelfer Erman, 15. Aufl. 2017, § 839 BGB Rz. 29; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 26 Rz. 13; Papier in MünchKomm. BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 BGB Rz. 135 f.
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Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland
§8
wurden, kommt eine Amtshaftung für ihre Leistung nicht in Betracht. Das Fehlverhalten von Verwaltungshelfern kann dagegen – in den durch § 4 Abs. 2 gezogenen Grenzen – einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auslösen28.
§ 8 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland (1) Der Bundesanstalt obliegt die Zusammenarbeit mit den für die Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren, Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten sowie den Handel in Wertpapieren und Derivaten zuständigen Stellen anderer Staaten. (2) Im Rahmen der Zusammenarbeit nach Absatz 1 darf die Bundesanstalt Tatsachen übermitteln, die für die Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder damit zusammenhängender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren erforderlich sind; hierbei kann sie von ihren Befugnissen nach § 40 Abs. 1 und 2 Gebrauch machen. Bei der Übermittlung personenbezogener Daten hat die Bundesanstalt den Zweck zu bestimmen, für den diese verwendet werden dürfen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die Daten nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie übermittelt wurden. Eine Übermittlung unterbleibt, soweit Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen wird. Die Übermittlung unterbleibt außerdem, wenn durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden, insbesondere wenn im Empfängerland ein angemessener Datenschutzstandard nicht gewährleistet wäre. [Geplante Änderungen in Absatz 2 durch das Zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 – 2. DSAnpUG-EU: In Satz 2 Ersetzung des Wortes „verwendet“ durch „verarbeitet“; in Satz 3 Streichung der Wörter „oder genutzt“; in Satz 5 Ersetzung der Wörter „des Betroffenen“ durch die Wörter „der betroffenen Person“; Anfügung des folgenden Satzes: „Die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer und internationale Organisationen muss im Einklang mit Kapitel V der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung und mit den sonstigen allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften stehen.“] (3) Werden der Bundesanstalt von einer Stelle eines anderen Staates personenbezogene Daten mitgeteilt, so dürfen diese nur unter Beachtung der Zweckbestimmung durch diese Stelle verarbeitet oder genutzt werden. Die Bundesanstalt darf die Daten unter Beachtung der Zweckbestimmung den Börsenaufsichtsbehörden und den Handelsüberwachungsstellen der Börsen mitteilen. [Geplante Änderung in Absatz 3 durch das Zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 – 2. DSAnpUG-EU: In Satz 1 Streichung der Wörter „oder genutzt“.] (4) Die Regelungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen bleiben unberührt. A. Übersicht und Entwicklung der Norm . . . B. Internationale Zusammenarbeit (§ 8 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . C. Übermittlung von Tatsachen ins Ausland (§ 8 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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I. Tatsachenübermittlungs- und Sachverhaltsaufklärungsbefugnisse (§ 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besondere Anforderungen bei der Tatsachenübermittlung (§ 8 Abs. 2 Sätze 2–5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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28 Noack in Schwark/Zimmer, § 7 WpÜG Rz. 9; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 7 WpÜG Rz. 30; Klepsch in Steinmeyer, § 7 WpÜG Rz. 9. Näher zur Amtshaftung für Verwaltungshelfer Erman, 15. Aufl. 2017, § 839 BGB Rz. 29; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 26 Rz. 13; Papier in MünchKomm. BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 BGB Rz. 135 f.
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§ 8 Rz. 1 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland 1. Zweckbestimmung bei der Übermittlung personenbezogener Daten (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . 10 2. Übermittlungshindernisse (§ 8 Abs. 2 Sätze 4 und 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . 13 3. Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer und internationale Organisationen (§ 8 Abs. 2 Satz 6 WpÜG-E) . 18a
D. Übermittlung personenbezogener Daten an die Bundesanstalt durch ausländische Stellen (§ 8 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . .
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E. Internationale Rechtshilfe (§ 8 Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Albrecht, Das neue Datenschutzrecht der EU, 2017; Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2017, Grolimund, Internationale Amtshilfe im Bereich der Börsen- und Wertpapierhandelsaufsicht, IPRax 2000, 553; Hupka, Die Integration der europäischen Finanzmärkte. Zur Rolle des Committee of European Securities Regulators (CESR) und der Bindungswirkung von Standards, GPR 2008, 286; Keppeler, Die Datenschutz-Grundverordnung im Überblick, IPRB 2017, Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521; Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 2016; Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016; Taeger/Gabel, DSGVO, 2017; Zimmer, Aufsicht bei grenzüberschreitenden Übernahmen, ZGR 2002, 731. Im Übrigen: siehe das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Übersicht und Entwicklung der Norm 1
§ 8 WpÜG normiert eine Aufgabenübertragung für die internationale Zusammenarbeit und regelt die besondere Befugnis und die Pflichten der Bundesanstalt bei dieser Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen anderer Staaten im Rahmen der Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren, Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten sowie den Handel in Wertpapieren und Derivaten. Denn die Internationalisierung der Finanzmärkte bringt es mit sich, dass bei der Aufsicht über Wertpapiererwerbsangebote in immer stärkerem Umfang grenzüberschreitende Sachverhalte zu berücksichtigen sind1. Insoweit nimmt § 8 Abs. 1 WpÜG eine entsprechende Aufgabenübertragung vor, die seit der Umsetzung der europäischen Übernahmerichtlinie2 (RL 2004/25/EG) auch europarechtlich3 gefordert ist. Denn nur mittels einer hinreichenden europäischen und internationalen Zusammenarbeit kann eine effektive Überwachung von öffentlichen Angeboten mit grenzüberschreitenden Aspekten gewährleistet werden4. Hierzu gehört auch die Sicherstellung eines hinreichenden Informationsflusses zwischen den Aufsichtsstellen. Diesbezüglich regelt § 8 Abs. 2 WpÜG die Weitergabe von Tatsachen einschließlich personenbezogenen Daten von der Bundesanstalt an ausländische Stellen und trägt hierbei zugleich den Belangen des Datenschutzes Rechnung. Die Pflichten der Bundesanstalt im Umgang mit personenbezogenen Daten, die sie von ausländischen Stellen erhalten hat, regelt § 8 Abs. 3 WpÜG. Gemäß § 8 Abs. 4 WpÜG bleiben im Übrigen die Regelungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen unberührt. Ähnliche, in ihren jeweiligen Details zu § 8 WpÜG aber auch (z.T. deutlich) abweichende Regelungen finden sich in einer Vielzahl von kapitalmarktrechtlichen Gesetzen, wie z.B. in § 18 WpHG, § 8 Abs. 3–9 KWG, § 23 WpPG, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
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Die Vorschrift hat durch Art. 1 der Ersten Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 29.4.2002 und Art. 1 Nr. 5 des Übernahmerichtlinie-Um-
1 Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 1; Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 1, Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 1; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 11. 2 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, zuletzt geändert durch Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG Nr. L 173 vom 12.6.2014, S. 190, Text im Anhang S. 1581. 3 Vgl. Art. 4 Abs. 4 RL 2004/25/EG und deren Erwägungsgrund 15. 4 Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 3.
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Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland
Rz. 3 § 8
setzungsgesetzes5 rein redaktionelle Änderungen erfahren, als die Bezeichnung der Bundesanstalt aktualisiert und in § 8 Abs. 2 Satz 1 Teilsatz 2 WpÜG die Angabe „§ 40 Abs. 1 bis 4“ durch die Angabe „§ 40 Abs. 1 und 2“ ersetzt wurde. Eine weitere Änderung ist in absehbarer Zeit durch das 2. Datenschutzanpassungsgesetz6 zu erwarten, mit dem die noch erforderliche Anpassung des nationalen Rechts an die Verordnung (EU) 2016/679 (DSGVO)7 und das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) weiter vorangebracht wird. Hierbei werden die in § 8 Abs. 2 und 3 WpÜG verwendeten Begrifflichkeiten aktualisiert und vor allem an die Definition der „Verarbeitung“ in der DSGVO angepasst. Zudem wird in § 8 Abs. 2 WpÜG ein neuer Satz 6 angefügt, der wie folgt lautet: „Die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer und internationale Organisationen muss im Einklang mit Kapitel V der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung und mit den sonstigen allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften stehen.“
B. Internationale Zusammenarbeit (§ 8 Abs. 1 WpÜG) § 8 Abs. 1 WpÜG nimmt eine Aufgabenzuweisung für die Bundesanstalt vor. Hiernach ist die Bundesanstalt sowohl berechtigt als auch verpflichtet (im Sinne der Aufgabenwahrnehmung) zur Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Stellen anderer Staaten8. Diese Obliegenheit zur Zusammenarbeit nach § 8 Abs. 1 WpÜG bezieht sich auf die Sachverhalte, die sich auf das Tätigwerden nach dem WpÜG und vergleichbare ausländische Regelungswerke beziehen. Soweit die Bundesanstalt aufgrund von Aufsichtssachverhalten bezüglich anderer Aufsichtsgesetze tätig wird, sind die Regelungen zur internationalen Zusammenarbeit dieser Aufsichtsgesetze anzuwenden9.
2
Bei den zuständigen Stellen, mit denen die Bundesanstalt zusammenzuarbeiten hat, muss es sich um solche Stellen handeln, die nach der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung für die Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren, Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten sowie den Handel in Wertpapieren und Derivaten zuständig sind. Damit handelt es sich bei den ausländischen Stellen um einen vom Aufgabenzuschnitt weiteren Kreis von Stellen als nur Aufsichtsstellen über Wertpapiererwerbs- und Übernahmesachverhalte. Auf einen bestimmten rechtlichen Charakter dieser Stellen kommt es aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme und Organisationsformen nicht an10. Maßgeblich ist nur, dass sie eine entsprechende Aufsichtszuständigkeit aufgrund staatlichen Auftrags haben. Die für die Aufsicht jeweils zuständige Stelle zu ermitteln, ist Sache der Bundesanstalt11, wobei ihr bei einer Aufteilung der Aufsichtsaufgabe auf mehrere Stellen innerhalb eines Staates die Zusammenarbeit mit allen diesen Stellen obliegt12.
3
5 Gesetz vom 8.7.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz – ÜbernRLUG), BGBl. I 2006, 1426. 6 Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU), BT-Drucks. 19/4674, geplante Änderung des WpÜG in Art. 59. 7 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, berichtigt mit ABl. L 127 vom 23.5.2018, S. 2. 8 Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 5; Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 3; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 11; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 13. 9 Vgl. z.B. §§ 18 ff. WpHG. 10 Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 6; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 4 WpÜG Rz. 1; Noack in Schwark/Zimmer, § 8 WpÜG Rz. 2. 11 Zur diesbezüglichen Praxis der Bundesanstalt siehe Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 18 WpHG Rz. 18. 12 Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 6.
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§ 8 Rz. 4 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland 4
Die Regelungen in § 8 WpÜG unterscheiden – anders als z.B. in § 18 WpHG – nicht zwischen einer europäischen Zusammenarbeit und einer sonstigen internationalen Zusammenarbeit. § 8 WpÜG stellt stattdessen einheitliche Regeln für die internationale Zusammenarbeit auf. Eine Unterscheidung ergibt sich ggf. dadurch, dass Art. 4 Abs. 4 RL 2004/25/EG eine Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den europäischen Stellen zur Beaufsichtigung der Kapitalmärkte, z.B. nach der Prospektrichtlinie, verlangt13 und insoweit die europäische Zusammenarbeit auch europarechtlich gefordert ist und bei Detailfragen ggf. eine europarechtskonforme Auslegung der Regelungen des § 8 WpÜG vorzunehmen ist. Insoweit folgt aus den europäischen Vorgaben beispielsweise, dass zur Aufgabenstellung der Zusammenarbeit auch die Hilfestellung bei der Zustellung von erforderlichen Schriftstücken und Unterstützungen in anderer Form gehört (Art. 4 Abs. 4 Satz 3 RL 2004/25/EG). Letztlich erfolgt diese Hilfestellung aber auch von Stellen, die zuständig sind für die Überwachung von Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten sowie den Handel in Wertpapieren und Derivaten. Entsprechende Hilfestellungen kann die Bundesanstalt aber auch zuständigen Aufsichtsstellen i.S.d. § 8 Abs. 1 WpÜG aus Drittstaaten erbringen.
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Die Aufgabenzuweisung in § 8 Abs. 1 WpÜG bezieht sich auf jede Form der internationalen Zusammenarbeit, d.h. die Bundesanstalt kooperiert sowohl in konkreten grenzüberschreitenden Sachverhalten mit den jeweils ausländischen Stellen als auch im Rahmen einer generelleren Zusammenarbeit14. So arbeitet die Bundesanstalt mit anderen ausländischen Aufsichtsbehörden teils auf europäischer15, teils auf internationaler16 Ebene durch ihr Zusammenwirken in verschiedenen Gremien zusammen, ohne dass diese Gremien selber solche zuständigen Aufsichtsstellen sein müssen17. Hier können z.B. grundsätzliche Fragestellungen zur Umsetzung der europäischen Übernahmerichtlinie abgeklärt werden. Zudem kann eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Memoranda of Understanding18 stattfinden. Bislang beziehen sich die MoU aus dem Bereich der Wertpapieraufsicht vornehmlich auf die Zusammenarbeit nach dem WpHG, so dass sich für das WpÜG dann ggf. eine Verknüpfung durch die Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile nach §§ 33 ff. WpHG ergibt, die dem § 30 WpÜG entsprechen.
C. Übermittlung von Tatsachen ins Ausland (§ 8 Abs. 2 WpÜG) I. Tatsachenübermittlungs- und Sachverhaltsaufklärungsbefugnisse (§ 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) 6
§ 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG räumt der Bundesanstalt Befugnisse im Rahmen der Zusammenarbeit nach § 8 Abs. 1 WpÜG ein. So darf die Bundesanstalt den zuständigen ausländischen Stellen nach § 8 Abs. 1 WpÜG Tatsachen übermitteln, soweit sie für die Überwachung von Angeboten zum Erwerb von 13 Vgl. Art. 4 Abs. 4 Satz 1 RL 2004/25/EG und Erwägungspunkt 15 der Übernahmerichtlinie (RL 2004/25/EG). 14 Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 4. 15 Die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ist seit dem 1.1.2011 durch die drei Europäischen Aufsichtsbehörden (EBA) gekennzeichnet. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA (European Securities and Market Authority) mit Sitz in Paris ist hierbei die zuständige europäische Aufsicht auch soweit übernahmerechtliche Fragestellungen im gesamteuropäischen Kontext geklärt werden müssen. Zur europäischen Aufsicht seit 2011 vgl. z.B. Jahresbericht der Bundesanstalt 2011, S. 38 für eine Übersicht der internationalen Institutionen und Ausschüsse und S. 74 ff. für die europäische Aufsichtsstruktur, insbesondere S. 79 ff. für ESMA, die neueren Entwicklungen des Europäischen Systems der Finanzaufsicht im Jahresbericht der Bundesanstalt 2018, S. 22 f., 58 f.; Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 18 WpHG Rz. 12 ff. und § 19 WpHG zur Zusammenarbeit der Bundesanstalt mit der ESMA. 16 Im Vordergrund steht hier die weltweite Zusammenarbeit der Wertpapieraufsichtsbehörden im Rahmen der 1983 gegründeten International Organization of Securities Commissions (IOSCO), der 129 ordentliche, 67 angeschlossene und 31 assoziierte Mitglieder aus mehr als 100 Ländern angehören (Stand: Juni 2019). Vgl. auch die Internetseiten von IOSCO unter http://www.iosco.org. Detaillierter hierzu auch Döhmel in Assmann/ Uwe H. Schneider/Mülbert, § 18 WpHG, insb. Rz. 59. 17 Insbesondere ESMA übernimmt in letzter Zeit verstärkt auch Aufsichtsaufgaben im Bereich der Wertpapieraufsicht. Vgl. auch Holst in KölnKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 14. 18 Näher hierzu der Jahresbericht der Bundesanstalt 2017, S. 197; Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 18 WpHG Rz. 57 ff.
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Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland
Rz. 8 § 8
Wertpapieren oder damit zusammenhängender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren erforderlich sind. Da die Bundesanstalt im Rahmen der grundsätzlichen Zusammenarbeit, wie z.B. bei einem Erfahrungsaustausch oder dem Austausch über neue Marktentwicklungen, auch Informationen einschließlich Tatsachen austauscht, hat die in § 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG geregelte Befugnis praktische Relevanz für nach § 9 WpÜG verschwiegenheitspflichtige Tatsachen. Andere, nicht verschwiegenheitspflichtige Tatsachen darf die Bundesanstalt im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung nach eigenem Ermessen austauschen. Grundlage hierfür ist die Aufgabenzuweisung nach § 8 Abs. 1 WpÜG. Für die Weitergabe der Tatsachen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG bedarf es, anders als beispielsweise bei 7 § 18 Abs. 1 Satz 2, letzter Teilsatz WpHG, nicht eines förmlichen Ersuchens der zuständigen ausländischen Stelle19. Voraussetzung ist aber, dass die Bundesanstalt davon ausgehen kann, dass die zuständige ausländische Stelle i.S.d. § 8 Abs. 1 WpÜG die Tatsachen für die Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder damit zusammenhängender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren benötigt. So unterliegt die Befugnis zur Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen i.S.d. § 8 Abs. 1 WpÜG grundsätzlich keiner Beschränkung nach Art und Umfang. Soweit aber die Bundesanstalt sensible, insbesondere verschwiegenheitspflichtige Tatsachen an die zuständigen ausländischen Stellen übermitteln will, ist sie hierzu nur dann befugt, wenn die Tatsachen für die zuständige ausländische Stelle zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich sind (siehe hierzu die Erläuterungen in § 7 WpÜG Rz. 5), und zwar entweder zur Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder für die Durchführung damit zusammenhängender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren20. Ob die Tatsachen für diesen Zweck erforderlich sind, ist im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt und die jeweiligen ausländischen Aufsichtsregelungen zu bestimmen. Dem Schutz sensibler Daten dient schon die Beschränkung der Befugnis zur Übermittlung von Tatsachen. § 8 Abs. 2 Satz 1 (Halbsatz 1) WpÜG erlaubt die Übermittlung von Tatsachen. Nach allgemeiner Begriffsdefinition sind Tatsachen der äußeren Wahrnehmung zugängliche, d.h. beweisbare Geschehnisse und Zustände der Innen- und Außenwelt21. Da etwa Meinungen, Absichten (Pläne, Vorhaben), Rechtsauffassungen und Prognosen ihrem Inhalt nach nicht dem Beweis zugänglich sind, unterfallen sie grundsätzlich nicht dem engen Tatsachenbegriff, doch stellt der Umstand, dass Personen eine bestimmte Meinung haben, bestimmte Absichten (Pläne, Vorhaben) verfolgen, eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten oder Prognosen gestellt haben, eine beweisbare Tatsache dar. Entsprechendes gilt für Gerüchte, die gerade durch die Unsicherheit im Hinblick auf die Richtigkeit der von ihnen transportierten Aussage geprägt sind, deren Inhalt und Existenz aber dem Beweis zugänglich sind. Das bedeutet, dass ein weiter Tatsachenbegriff22 zugrunde gelegt werden muss, was auch den europäischen Vorgaben entspricht, die von Informationen sprechen. Damit sind sämtliche Erkenntnisse, welche die Bundesanstalt im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit erlangt, der Übermittlung zugängliche Tatsachen sind23. Gegen diese weite Auslegung des Tatsachenbegriffs könnte eingewandt werden, dass Gegenstand der zwischenbehördlichen Mitteilungsrechte und -pflichten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WpÜG „Informationen“, d.h. Erkenntnisse einer Behörde jeglicher Art (siehe § 7 WpÜG Rz. 3), sein können, § 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG die Übermittlungsbefugnisse der Anstalt aber auf den gegenüber „Informationen“ engeren Begriff der „Tatsachen“ bezieht24. Dabei würde indes übersehen, dass der Begriff der „Information“ in § 7 Abs. 1 Satz 1 WpÜG lediglich als Oberbegriff für „Tatsachen“ und „personenbezogene“ Daten verwandt wird, während §§ 8, 9 WpÜG für diese jeweils getrennte Regelungen vor19 So auch Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 7 (regelmäßig aufgrund eines Ersuchens); a.A. Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 13 (Erfordernis eines Ersuchens). 20 Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 14. 21 Siehe Kommentierung zum Tatsachenbegriff im Rahmen von § 9 WpÜG: Döhmel in Assmann/Pötzsch/ Uwe H. Schneider, § 9 WpHG Rz. 8 ff. m.w.N. Vgl. Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 12. 22 Vgl. auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 8 WpÜG Rz. 4. 23 Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 13; Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 4; So auch zu § 18 WpHG, z.B. Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 18 WpHG Rz. 25. Keine Befugnis zur Übermittlung von Werturteilen: Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 8 WpÜG Rz. 3; Noack in Schwark/Zimmer, § 8 WpÜG Rz. 5; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 12; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 12. Hierbei bleibt die Frage offen, ob die Werturteile, wenn sie keine Tatsachen sind, unter die Verschwiegenheitspflicht fallen. Folgerichtig müsste das vermeint werden, so dass wiederrum nichts gegen eine Weitergabe spricht. 24 So Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 8 WpÜG Rz. 3.
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§ 8 Rz. 8 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland sehen. Auch muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der in § 8 und § 9 WpÜG verwandte Begriff der Tatsache gleich auszulegen ist und es schwerlich angehen kann, den nach § 9 Abs. 1 WpÜG einem Offenbarungs- und Verwertungsverbot unterliegenden Personen das Recht zuzubilligen, ihnen bekannt gewordene, aber geheime Planrechnungen und -daten eines Unternehmens oder vom Vorstand einer Gesellschaft verfolgte Absichten nur deshalb offenbaren oder für private Zwecke verwerten zu dürfen, weil Pläne und Absichten zukunftsbezogene Daten beinhalten, deren Eintritt ungewiss und damit nicht dem Beweis zugänglich ist. Für eine weite Auslegung des Begriffs „Tatsache“ spricht auch die europarechtskonforme Auslegung von § 8 WpÜG. Denn nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote erteilen sich die europäischen Aufsichtsstellen Auskünfte, wann immer dies zur Anwendung der gemäß der Richtlinie erlassenen Vorschriften erforderlich ist. Derartige Auskünfte können auch Informationen über Absichten (Pläne, Vorhaben), Rechtsauffassungen und Prognosen sein. 9
Soweit der Bundesanstalt die von der ausländischen Aufsichtsstelle angefragten Informationen nicht vorliegen, kann sie zur Wahrnehmung ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit von ihren Befugnissen nach § 40 Abs. 1 und 2 WpÜG Gebrauch machen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpÜG). Hierbei handelt es sich um eine Befugnisnorm für die Bundesanstalt, die sowohl den praktischen Bedürfnissen für eine effektive grenzüberschreitende Überwachung von Wertpapiererwerbs- und Übernahmesachverhalten einschließlich den europarechtlichen Vorgaben Rechnung tragen soll. Diese Befugnis bedeutet, dass die Bundesanstalt von ihren Ermächtigungsgrundlagen für Auskunfts- bzw. Vorlageersuchen, Vernehmungen etc. aus § 40 Abs. 1 und 2 WpÜG auch zur Erfüllung ihrer Aufgabe der Zusammenarbeit mit zuständigen ausländischen Stellen in übernahmerechtlichen Sachverhalten Gebrauch machen kann. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung. Das bedeutet, die Bundesanstalt braucht im Falle einer Anfrage einer zuständigen ausländischen Aufsichtsstelle keine eigenen Anhaltspunkte für die Überwachung der Einhaltung der Ge- oder Verbote des WpÜG zu haben. § 8 WpHG enthält eigene Tatbestandsvoraussetzungen. Als Tatbestandsvoraussetzung für eine entsprechende Verfügung reicht die Notwendigkeit einer Tatsachenübermittlung an eine zuständige ausländische Stelle in Rahmen der Zusammenarbeit nach § 8 Abs. 1 WpÜG. Es geht hierbei nicht um Sachverhaltsaufklärungen zur Vorbereitung eigener Aufsichtsmaßnahmen der Bundesanstalt, sondern um Sachverhaltsaufklärungen zum Zwecke der Übermittlung von Tatsachen nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 Satz 1 (Halbsatz 1) WpÜG im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit25. Der nach § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zur Auskunft Verpflichtete hat gleichfalls ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 40 Abs. 3 WpÜG und ist hierüber zu belehren26.
II. Besondere Anforderungen bei der Tatsachenübermittlung (§ 8 Abs. 2 Sätze 2–5 WpÜG) 1. Zweckbestimmung bei der Übermittlung personenbezogener Daten (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 WpÜG) 10
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ist die Bundesanstalt verpflichtet, bei der Übermittlung personenbezogener Daten den Zweck zu bestimmen, für den diese verwendet werden dürfen. Darüber hinaus hat die Bundesanstalt den Empfänger dieser Daten nach § 8 Abs. 2 Satz 3 WpÜG darauf hinzuweisen, dass die Daten nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie übermittelt wurden. Die Zweckbestimmungs- und Hinweispflicht nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 WpÜG korrespondieren mit den datenschutzrechtlichen Anforderungen in § 25 Abs. 1 Satz 2 BDSG (abgedruckt in § 7 WpÜG Rz. 7) an die Übermittlung personenbezogener Daten an öffentliche Stellen (siehe § 2 BDSG) und übertragen diese Anforderungen auf die Umstände der Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit an. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich aus der Änderung der datenschutzrechtlichen Regelungen mit dem Inkrafttreten der unmittelbar geltenden DSGVO und der entsprechenden Anpassung des BDSG auch auf die Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 ff. WpÜG ergeben. So sind personenbezogene Daten gemäß der Definition in Art. 4 Nr. 1 25 Vgl. Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 13. 26 Holst in KölnKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 20; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 12.
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Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland
Rz. 12 § 8
DSGVO nun definiert als alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Auch sind die derzeit noch genutzten Begriffe „verwendet“ und „genutzt“ in § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 WpÜG nunmehr in der europäischen Definition der „Verarbeitung“ (Art. 4 Nr. 2 DSGVO) aufgegangen. Verarbeitung meint „jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung“. Daher soll mit dem derzeit geplanten 2. Datenschutzanpassungsgesetz27 zur Anpassung des nationalen Rechts an die Verordnung (EU) 2016/679 (DSGVO)28 und das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) § 8 Abs. 2 WpÜG dergestalt geändert werden, dass in Satz 2 das Wort „verwendet“ durch das Wort „verarbeitet“ ersetzt wird und in Satz 3 die Wörter „oder genutzt“ gestrichen werden und an dieser Stelle künftig nur noch von „verarbeitet“ gesprochen wird. Diese Änderungen sind derzeit zwar noch nicht verabschiedet, aber aufgrund der unmittelbaren Wirkung der DSGVO sind sie auch heute schon geltendes Recht. Die Weitergabe von personenbezogenen Daten an zuständige Stellen innerhalb der EU wird grundsätzlich in Art. 5 ff. DSGVO geregelt und durch § 8 Abs. 2 WpÜG ergänzt. Die Weitergabe von personenbezogenen Daten an zuständige Stellen in Drittstaaten bestimmt sich nunmehr nach Art. 44 ff. DSGVO und wird gleichfalls durch § 8 Abs. 2 WpÜG ergänzt.
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Für die Übermittlung von Tatsachen, die keine personenbezogenen Daten sind, ist nach dem klaren 11 Wortlaut der Bestimmung, die zwischen dem weiteren Begriff der Tatsachen und dem engeren Begriff der personenbezogenen Daten differenziert, keine Zweckbestimmung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 WpÜG erforderlich29. Das bedeutet nicht, dass diese übermittelten Tatsachen nicht auch einer Geheimhaltung und einer Zweckbindung unterliegen. Im Rahmen des Informationsaustauschs auf europäischer Ebene unterliegen auch diese Tatsachen dem Berufsgeheimnis nach Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 4 Satz 2 RL 2004/25/EG und der Zweckbindung der Nutzung für aufsichtsrechtliche Aufgaben. Es greift nur nicht die noch strenger datenschutzrechtlich begründete Zweckbestimmungspflicht. Im Rahmen des Austauschs mit Drittstaaten kann die Übermittlung unterbleiben, wenn sonst schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. Soweit zu befürchten ist, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Betroffenen bei einer Weitergabe nicht hinreichend geschützt wären, könnte die Übermittlung unterbleiben. Zudem sieht § 9 Abs. 1 Satz 4 WpÜG die Weitergabe der Verschwiegenheitspflicht vor. In Anbetracht dessen, dass die Tatsachen zur Aufgabenerfüllung der ausländischen Stelle erforderlich sein müssen, ist eine Ausweitung der Zweckbestimmungspflicht nicht erforderlich. Die nach § 8 Abs. 2 Satz 2 WpÜG im Hinblick auf die Übermittlung personenbezogener Daten vorzu- 12 nehmende Zweckbestimmung kann sich nur in dem Rahmen bewegen, den die Übermittlung von Tatsachen durch § 8 Abs. 2 Satz 1 WpÜG – ggf. auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 1 WpÜG – allgemein einzuhalten hat. Die denkbar weiteste Zweckbestimmung kann mithin nur dahin gehen, dass die übermittelten personenbezogenen Daten nur zur Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder damit zusammenhängender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren genutzt werden 27 Art. 59 des Entwurfes eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU), BT-Drucks. 19/4674, S. 59, 283. 28 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, berichtigt mit ABl. L 127 vom 23.5.2018, S. 2. 29 Wie hier Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 10; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 23; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 13. Entgegen dem klaren Wortlaut a.A. unter Berufung auf Sinn und Zweck der Vorschrift zum Schutz sensibler Daten Noack in Schwark/Zimmer, § 8 WpÜG Rz. 9; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 8 WpÜG Rz. 4 (wohl nur bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen juristischer Personen); Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 14, mit dem allerdings zutreffenden Hinweis, dass sich die Praxis, entsprechenden Regelungen der zwischenstaatlichen Memoranda of Understanding (siehe oben Rz. 5) folgend, auch hier an eine Zweckbestimmung hält; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 8 WpÜG Rz. 5; Kreße in MünchKomm. AktG, § 8 WpÜG Rz. 20.
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§ 8 Rz. 12 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland dürfen. Engere (d.h. konkretere) Zweckbegrenzungen sind dagegen möglich. Während es für öffentliche Stellen des Bundes und der Länder (siehe §§ 1 Abs. 2, 2 BDSG) wegen der Regelung in § 25 Abs. 1 Satz 2 BDSG keines Hinweises auf die Pflicht bedarf, personenbezogene Daten nur zweckentsprechend zu nutzen, ist im Kontext der internationalen Zusammenarbeit und der Datenübermittlung an ausländische Stellen ein solcher Hinweis angebracht und nach § 8 Abs. 2 Satz 3 WpÜG zwingend. Erscheint die Einhaltung der Zweckbestimmung nicht gewährleistet, ist die Datenübermittlung nach § 8 Abs. 2 Sätze 3 und 5 WpÜG zu unterlassen; hierzu und zu weiteren Schranken der Tatsachenübermittlung im Folgenden. 2. Übermittlungshindernisse (§ 8 Abs. 2 Sätze 4 und 5 WpÜG) 13
§ 8 Abs. 2 Sätze 4 und 5 WpÜG enthalten für alle übermittelten Tatsachen, einschließlich der besonders geschützten personenbezogenen Daten, weitere spezielle und allgemeine Schranken für deren Übermittlung, die über die sich aus § 8 Abs. 2 Sätze 1–3 WpÜG ergebenden Grenzen der Übermittlung von Tatsachen im Allgemeinen und der Übermittlung personenbezogener Daten im Besonderen hinausgehen. Das Gesetz unterscheidet für diese Schranken weder in § 8 Abs. 2 Satz 4 noch in Satz 5 WpÜG zwischen der Übermittlung von Tatsachen und der Übermittlung von personenbezogenen Daten30. Zusammen mit anderen gesetzlichen Übermittlungshindernissen für Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten sind dies die Folgenden:
14
– Nach § 9 Abs. 1 Satz 5 WpÜG dürfen Tatsachen an eine ausländische Stelle nur weitergegeben werden, wenn diese Stelle und die von ihr beauftragten Personen einer den Sätzen 1 bis 3 entsprechenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen.
15
– Eine weitere Schranke der Tatsachenübermittlung ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), die kraft ausdrücklicher Anordnung in § 8 Abs. 4 WpÜG unberührt bleiben (siehe dazu unten Rz. 20 ff.).
16
– Darüber hinaus hat nach § 8 Abs. 2 Satz 4 WpÜG die Übermittlung von Tatsachen, einschließlich personenbezogener Daten, zu unterbleiben, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Übermittlung gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen wird. In Betracht kommen diesbezüglich z.B. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht (§ 9 WpÜG), gegen den Zweck der Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder.
17
– Schließlich hat nach § 8 Abs. 2 Satz 5 WpÜG die Übermittlung von Tatsachen, einschließlich personenbezogener Daten, zu unterbleiben, wenn durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden, insbesondere wenn im Empfängerland ein angemessener Datenschutzstandard nicht gewährleistet wäre. Die Vorschrift schützt alle schutzwürdigen Interessen des Betroffenen, auch beispielsweise Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Bezüglich des Regelbeispiels des Datenschutzstandards entspricht die Vorschrift § 4b Abs. 2 Satz 2 BSDG. Die Regelung geht aber über das BDSG insoweit hinaus als der Anwendungsbereich dieser Bestimmung einerseits auf alle ausländischen Stellen ausgedehnt wird, einschließlich solcher in der EU oder des EWR, und sich andererseits auch auf die Übermittlung von Tatsachen erstreckt, die keine personenbezogenen Daten darstellen. § 4c BDSG, der die ausnahmsweise Übermittlung von personenbezogenen Daten an bestimmte ausländische Stellen für den Fall regelt, dass bei diesen ein angemessenes Datenschutzniveau nicht gewährleistet ist, wird durch die insoweit abschließende Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 5 WpÜG verdrängt und ist mithin nicht anwendbar.
18
Betroffene sind dementsprechend, anders als bei rein personenbezogenen Daten (siehe oben Rz. 10), nicht nur natürliche Personen, sondern auch Unternehmen31. Da nur schutzwürdige Interessen der Betroffenen ein Übermittlungshindernis darstellen können, verlangt § 8 Abs. 2 Satz 5 WpÜG von der Bundesanstalt eine Bestimmung des Terminus „schutzwürdige Interessen“. Hierbei kann sie auch auf die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Bestimmung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder des Feststellungsinteresses i.S.v. § 43 VwGO zurückgreifen. Zudem ist zu berücksichtigen, 30 Hier i.E. wie Noack in Schwark/Zimmer, § 8 WpÜG Rz. 13; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 17; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 21; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 8 WpÜG Rz. 8; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 14. 31 Ebenso Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 17.
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Döhmel
Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland
Rz. 19 § 8
dass das Gesetz einer effektiven internationalen Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden innerhalb und außerhalb Europas eine besondere Bedeutung32 beimisst33 und schon eigene Regelungen zum Schutz von sensiblen Tatsachen, einschließlich personenbezogener Daten aufgenommen hat. 3. Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer und internationale Organisationen (§ 8 Abs. 2 Satz 6 WpÜG-E) Die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer und internationale Organisationen muss 18a gemäß § 8 Abs. 2 Satz 6 WpÜG-E im Einklang mit Kapitel V der DSGVO und mit den sonstigen allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften stehen. Die Regelungen der DSGVO sind unabhängig von § 8 Abs. 2 Satz 6 WpÜG-E auch derzeit schon unmittelbar geltendes und anzuwendendes Recht. Kapitel V der DSGVO regelt in den Art. 44–50 DSGVO die Voraussetzungen für eine Übermittlung von personenbezogenen Daten. So ist nach Art. 44 DSGVO jede Übermittlung personenbezogener Daten, die verarbeitet werden oder nach ihrer Übermittlung an ein Drittland oder eine internationale Organisation verarbeitet werden sollen, nur zulässig, wenn der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter die im 5. Kapitel niedergelegten Bedingungen einhalten und auch die sonstigen Bestimmungen dieser Verordnung eingehalten werden; dies gilt auch für die etwaige Weiterübermittlung personenbezogener Daten durch das betreffende Drittland oder die betreffende internationale Organisation an ein anderes Drittland oder eine andere internationale Organisation. Eine Weiterleitung von personenbezogenen Daten ist nach diesen Vorgaben nur möglich, wenn im Rahmen eines dreifach gestuften Verfahrens nach Art. 45 ff. DSGVO die Übermittlung des jeweiligen Datums zulässig ist. In erster Stufe ist zu prüfen, ob nach Art. 45 DSGVO die Datenübermittlung grundsätzlich auf der Grundlage eines Angemessenheitsbeschlusses der EU-Kommission erfolgen kann. Das setzt voraus, dass die EU-Kommission in Bezug auf das Drittland einen Beschluss erlassen hat, dass dieses ein angemessenes Schutzniveau bietet (Art. 45 VO 2016/679), dass geeignete Garantien für einen Datenschutz, durchsetzbare Rechte und wirksame Rechtsbehelfe für betroffene Personen bestehen (Art. 46 VO 2016/679)34. Wenn ein solcher Gleichwertigkeitsbeschluss nicht vorliegt, kann als zweite Stufe eine Datenübermittlung nach Art. 46 f. VO 2016/679 (EU-DSGVO) nur vorbehaltlich geeigneter Garantien erfolgen. Soweit auch die Möglichkeit einer Datenübermittlung aufgrund geeigneter Garantien noch nicht eröffnet ist, kann eine Datenübermittlung als dritte und letzte Stufe nur als Ausnahme nach Art. 49 VO 2016/679 (EU-DSGVO) aufgrund von Einzelfallprüfungen für bestimmte Einzelfällen erfolgen. Für nähere Einzelheiten kann hier auf die einschlägigen Ausführungen und Kommentierungen zum neuen Datenschutzrecht und insbesondere der EU-Datenschutz-Grundverordnung verwiesen werden35.
D. Übermittlung personenbezogener Daten an die Bundesanstalt durch ausländische Stellen (§ 8 Abs. 3 WpÜG) § 8 Abs. 3 WpÜG regelt die Pflichten der Bundesanstalt, wenn sie personenbezogene Daten von einer 19 ausländischen Stelle nach § 8 Abs. 1 WpÜG mitgeteilt bekommt. Diese personenbezogenen Daten dürfen nur unter Beachtung der international üblichen Zweckbestimmung verarbeitet oder genutzt werden (§ 8 Abs. 3 Satz 1 WpÜG). Das Verarbeiten einschließlich des Nutzens personenbezogener Daten ist nunmehr in den unmittelbar geltenden Regelungen der VO 2016/679 (EU-DSGVO) geregelt (vgl. Rz. 10). Bei einer Übermittlung zwischen europäischen Aufsichtsstellen kommen die allgemeinen eu32 Siehe Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 38, und Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 42 (zu § 7 WpHG). 33 Vgl. auch Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 17; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 15. 34 Vgl. auch Erwägungsgrund 103 DSGVO: Die Kommission darf „mit Wirkung für die gesamte Union beschließen, dass ein bestimmtes Drittland … ein angemessenes Datenschutzniveau bietet, und auf diese Weise in Bezug auf das Drittland … in der gesamten Union Rechtssicherheit schaffen und eine einheitliche Rechtsanwendung sicherstellen“. 35 Vgl. z.B. Albrecht, Das neue Datenschutzrecht der EU, 2017; Bundesbeauftragter für den Datenschutz und Informationsfreiheit, Veröffentlichungen zum Thema Datenschutz-Grundverordnung, unter www.bfdi.bund.de; Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2017; Keppeler, Die Datenschutz-Grundverordnung im Überblick, IPRB 2017, 224; Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 2016; Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018.
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§ 8 Rz. 19 Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen im Ausland ropäischen Regelungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 5 ff. VO 2016/679 (EUDSGVO)) zur Anwendung. In Bezug auf die Übermittlungen personenbezogener Daten an Drittländer enthält das 5. Kapitel der VO 2016/679 (Art. 44 ff. EU-DSGVO) vielfältige, aber auch strenge Regelungen. Für nähere Einzelheiten kann hier auf die einschlägigen Ausführungen und Kommentierungen zum neuen Datenschutzrecht und insbesondere der EU-Datenschutz-Grundverordnung verwiesen werden36. 19a
Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 WpHG darf die Bundesanstalt die erlangten Informationen zudem den Börsenaufsichtsbehörden und den Handelsüberwachungsstellen der Börsen mitteilen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 WpÜG). Hierbei muss die Bundesanstalt die Zweckbestimmung der übermittelnden Stelle beachten. Zudem darf die Weitergabe an diese nur erfolgen, sofern dies für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Entsprechend dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift gilt diese Verpflichtung nur für personenbezogene Daten (siehe oben Rz. 11). Eine gesetzliche Pflicht zur zwingenden Beachtung möglicher Zweckbestimmungen bei anderen Informationen besteht nicht; eine entsprechende Verpflichtung ist auch nicht analog anzuwenden37. Der Bundesanstalt ist es aber unbenommen, nicht-personenbezogene Tatsachen, die ihr von ausländischen Stellen mit einer Zweckbestimmung übermittelt wurden, allein entsprechend der Zweckbestimmung zu verwenden, soweit es inländischen Gesetzen nicht widerspricht. Die Zweckbestimmung könnte sich z.B. aus einer Bitte einer ausländischen Stelle, einem entsprechenden MoU etc. ergeben. Inwieweit ein MoU oder eine entsprechende Bitte eine ggf. anderweitige Pflicht der Bundesanstalt zur Weitergabe der Tatsache suspendieren kann, muss anhand der Norm geprüft werden, die die Bundesanstalt zur Weitergabe anhält. Losgelöst von der Zweckbestimmung muss aber auch für die nicht-personenbezogenen Informationen die Verschwiegenheitspflicht nach § 9 WpÜG geprüft werden. Eine Weitergabe der Tatsachen an Steuerbehörden zwecks gleichmäßiger Besteuerung ist nach § 9 Abs. 2 WpÜG ausgeschlossen.
E. Internationale Rechtshilfe (§ 8 Abs. 4 WpÜG) 20
§ 8 Abs. 4 WpÜG stellt klar, dass bei der Übermittlung von Tatsachen, einschließlich personenbezogener Daten, die Regelungen des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG)38 zu beachten sind. Parallele Regelungen hierzu finden sich auch in anderen Aufsichtsgesetzen, wie in § 18 Abs. 9 WpHG39.
21
Dieses Gesetz erfasst den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (§ 1 Abs. 1 IRG), wobei hierunter auch Verfahren wegen einer Tat zu verstehen sind, die nach deutschem Recht als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße oder die nach ausländischem Recht mit einer vergleichbaren Sanktion bedroht ist, sofern über deren Festsetzung ein auch für Strafsachen zuständiges Gericht entscheiden kann (§ 1 Abs. 2 IRG). Hat die Bundesanstalt Grund zu der Annahme, dass das Auskunftsersuchen einer ausländischen Stelle im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Angelegenheit i.S.d. § 1 Abs. 1 oder 2 IRG erfolgt und die Tatsachenübermittlung, einschließlich der Übermittlung personenbezogener Daten, eine Rechtshilfe i.S.d. § 59 Abs. 2 IRG darstellen würde, sind die Vorschriften des IRG anstelle derjenigen des § 8 anzuwenden. Einschlägig sind in den hier interessierenden Fällen vor allem §§ 59 ff., 73 ff. IRG. Darüber hinaus sind die Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) zu beachten.
36 Vgl. z.B. Albrecht, Das neue Datenschutzrecht der EU, 2017; Bundesbeauftragter für den Datenschutz und Informationsfreiheit, Veröffentlichungen zum Thema Datenschutz-Grundverordnung, unter www.bfdi.bund.de; Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2017; Keppeler, Die Datenschutz-Grundverordnung im Überblick, IPRB 2017, 224; Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 2016; Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018. 37 So auch Holst in KölnKomm. WpÜG, § 8 WpÜG Rz. 26 und 23, Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 10. Wohl auch Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 8 WpÜG Rz. 22 („Wortlaut“), unter Hinweis auf die anderweitige Praxis auf Grund strengerer zwischenstaatlicher Memoranda of Understanding; a.A. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 8 WpÜG Rz. 11. 38 Gesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.6.1994 (BGBl. I 1994, 1537), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21.7.2012, BGBl. I 2012, 1566. 39 Vgl. auch die ausführlichere Kommentierung hierzu Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, WpHG, § 18 Rz. 67 ff.
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Döhmel
Verschwiegenheitspflicht
§9
Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 IRG bedarf die als Rechtshilfe zu beurteilende Übermittlung von Tatsachen durch die Bundesanstalt der vorherigen Bewilligung („Entscheidung“) des Bundesfinanzministers. Das BMF hat allerdings von der in § 74 Abs. 1 Satz 3 IRG enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht und seine Befugnis, über ausländische Rechtshilfeersuchen zu entscheiden, insoweit auf die Bundesanstalt übertragen, als die Erbringung der Rechtshilfe in die Zuständigkeit der Bundesanstalt fällt40.
§ 9 Verschwiegenheitspflicht (1) Die bei der Bundesanstalt und bei Einrichtungen nach § 7 Abs. 2 Beschäftigten, die Personen, derer sich die Bundesanstalt nach § 7 Abs. 2 bedient, sowie die Mitglieder des Beirates und Beisitzer des Widerspruchsausschusses dürfen ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordene Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sowie personenbezogene Daten auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses oder ihrer Tätigkeit nicht unbefugt offenbaren oder verwerten. Dies gilt auch für andere Personen, die durch dienstliche Berichterstattung Kenntnis von den in Satz 1 bezeichneten Tatsachen erhalten. Ein unbefugtes Offenbaren oder Verwerten im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere nicht vor, wenn Tatsachen weitergegeben werden an 1. Strafverfolgungsbehörden oder für Straf- und Bußgeldsachen zuständige Gerichte, 2. Stellen, die kraft Gesetzes oder im öffentlichen Auftrag mit der Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen, der Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder der Überwachung von Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten, des Wertpapieroder Derivatehandels, von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Investmentgesellschaften, Finanzunternehmen oder Versicherungsunternehmen betraut sind, sowie von solchen Stellen beauftragte Personen, 3. das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, soweit die Tatsachen für die Erfüllung der Aufgaben dieser Stellen oder Personen erforderlich sind. Für die bei den in Satz 3 genannten Stellen beschäftigten oder von ihnen beauftragten Personen gilt die Verschwiegenheitspflicht nach den Sätzen 1 bis 3 entsprechend. An eine ausländische Stelle dürfen die Tatsachen nur weitergegeben werden, wenn diese Stelle und die von ihr beauftragten Personen einer den Sätzen 1 bis 3 entsprechenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen. (2) Die §§ 93, 97, 105 Abs. 1, § 111 Abs. 5 in Verbindung mit § 105 Abs. 1 sowie § 116 Abs. 1 der Abgabenordnung gelten für die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen nur, soweit die Finanzbehörden die Kenntnisse für die Durchführung eines Verfahrens wegen einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens benötigen. Die in Satz 1 genannten Vorschriften sind jedoch nicht anzuwenden, soweit Tatsachen betroffen sind, 1. die den in Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 bezeichneten Personen durch eine Stelle eines anderen Staates im Sinne von Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 oder durch von dieser Stelle beauftragte Personen mitgeteilt worden sind oder 2. von denen bei der Bundesanstalt beschäftigte Personen dadurch Kenntnis erlangen, dass sie an der Aufsicht über direkt von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigte Institute mitwirken, insbesondere in gemeinsamen Aufsichtsteams nach Artikel 2 Nummer 6 der Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der Europäischen Zentralbank vom 16. April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung) (EZB/2014/17) (ABl. L 141 vom 14.5.2014, S. 1), und die nach den Regeln der Europäischen Zentralbank geheim sind.
40 Vgl. auch Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 12.
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Verschwiegenheitspflicht
§9
Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 IRG bedarf die als Rechtshilfe zu beurteilende Übermittlung von Tatsachen durch die Bundesanstalt der vorherigen Bewilligung („Entscheidung“) des Bundesfinanzministers. Das BMF hat allerdings von der in § 74 Abs. 1 Satz 3 IRG enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht und seine Befugnis, über ausländische Rechtshilfeersuchen zu entscheiden, insoweit auf die Bundesanstalt übertragen, als die Erbringung der Rechtshilfe in die Zuständigkeit der Bundesanstalt fällt40.
§ 9 Verschwiegenheitspflicht (1) Die bei der Bundesanstalt und bei Einrichtungen nach § 7 Abs. 2 Beschäftigten, die Personen, derer sich die Bundesanstalt nach § 7 Abs. 2 bedient, sowie die Mitglieder des Beirates und Beisitzer des Widerspruchsausschusses dürfen ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordene Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sowie personenbezogene Daten auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses oder ihrer Tätigkeit nicht unbefugt offenbaren oder verwerten. Dies gilt auch für andere Personen, die durch dienstliche Berichterstattung Kenntnis von den in Satz 1 bezeichneten Tatsachen erhalten. Ein unbefugtes Offenbaren oder Verwerten im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere nicht vor, wenn Tatsachen weitergegeben werden an 1. Strafverfolgungsbehörden oder für Straf- und Bußgeldsachen zuständige Gerichte, 2. Stellen, die kraft Gesetzes oder im öffentlichen Auftrag mit der Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen, der Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder der Überwachung von Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten, des Wertpapieroder Derivatehandels, von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Investmentgesellschaften, Finanzunternehmen oder Versicherungsunternehmen betraut sind, sowie von solchen Stellen beauftragte Personen, 3. das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, soweit die Tatsachen für die Erfüllung der Aufgaben dieser Stellen oder Personen erforderlich sind. Für die bei den in Satz 3 genannten Stellen beschäftigten oder von ihnen beauftragten Personen gilt die Verschwiegenheitspflicht nach den Sätzen 1 bis 3 entsprechend. An eine ausländische Stelle dürfen die Tatsachen nur weitergegeben werden, wenn diese Stelle und die von ihr beauftragten Personen einer den Sätzen 1 bis 3 entsprechenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen. (2) Die §§ 93, 97, 105 Abs. 1, § 111 Abs. 5 in Verbindung mit § 105 Abs. 1 sowie § 116 Abs. 1 der Abgabenordnung gelten für die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen nur, soweit die Finanzbehörden die Kenntnisse für die Durchführung eines Verfahrens wegen einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens benötigen. Die in Satz 1 genannten Vorschriften sind jedoch nicht anzuwenden, soweit Tatsachen betroffen sind, 1. die den in Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 bezeichneten Personen durch eine Stelle eines anderen Staates im Sinne von Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 oder durch von dieser Stelle beauftragte Personen mitgeteilt worden sind oder 2. von denen bei der Bundesanstalt beschäftigte Personen dadurch Kenntnis erlangen, dass sie an der Aufsicht über direkt von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigte Institute mitwirken, insbesondere in gemeinsamen Aufsichtsteams nach Artikel 2 Nummer 6 der Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der Europäischen Zentralbank vom 16. April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung) (EZB/2014/17) (ABl. L 141 vom 14.5.2014, S. 1), und die nach den Regeln der Europäischen Zentralbank geheim sind.
40 Vgl. auch Klepsch in Steinmeyer, § 8 WpÜG Rz. 12.
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§ 9 Rz. 1 Verschwiegenheitspflicht (3) Die Mitglieder des Beirates und die ehrenamtlichen Beisitzer des Widerspruchsausschusses sind nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), geändert durch § 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942), in der jeweils geltenden Fassung von der Bundesanstalt auf eine gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten. A. Übersicht, Entwicklung und Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs. 1 WpÜG und ihre Adressaten . . I. Adressaten der Pflicht . . . . . . . . . . . . II. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht: Geheimhaltungsinteressen unterliegende Tatsachen und personenbezogene Daten . . 1. Personenbezogenen Daten . . . . . . . . 2. Sonstige Tatsachen in einem privaten Geheimhaltungsinteresse . . . . . . . . . 3. Das aufsichtsrechtliche Geheimnis . . . 4. Bei der Tätigkeit bekannt geworden . . . III. Unbefugtes Offenbaren oder Verwerten . . 1. Offenbaren/Verwerten . . . . . . . . . . 2. Unbefugt/Befugt . . . . . . . . . . . . . . a) Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelbeispiele der Befugnis zur Weitergabe von Tatsachen im Rahmen der inner- und zwischenstaatlichen Zusammenarbeit (§ 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . .
.
1
. .
4 5
. .
6 7
. 8 . 10b . 11 . 13 . 14 . 16 . 16
.
c) „Weitergabe“ der Verschwiegenheitspflicht (§ 9 Abs. 1 Satz 4 WpÜG) . . d) Besondere Anforderungen bei Übermittlungen an ausländische Stellen (§ 9 Abs. 1 Satz 5 WpÜG) . . . . . . e) Sonstige Einzelfälle einer Offenbarungs- und Verwertungsbefugnis . C. Beschränkte Auskunft gegenüber Finanzbehörden (§ 9 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . .
.
24
.
25
.
26
.
32
D. Förmliche Verpflichtung von Mitgliedern des Beirats und des Widerspruchsausschusses (§ 9 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . .
35
E. Rechtsfolgen der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht und des Verwertungsverbots . . . . . . . . . . . . . . I. Strafrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . II. Zivilrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . .
36 37 40
17
Schrifttum: Döhmel, Berücksichtigung der fachgesetzlichen Verschwiegenheitspflicht nach KWG und WpHG im Rahmen der zivilrechtlichen Beweiserhebung – Anmerkung zum Urteil des BGH vom 16.02.2016, Az.: VI ZR 441/14, ZWH 2016, 277; Gurlit, Gläserne Banken- und Kapitalmarktaufsicht?, WM 2009, 773; Gurlit, Informationsfreiheit und Verschwiegenheitspflicht der BaFin, NZG 2014; Hippeli, Zu Verschwiegenheitspflicht und Zeugnisverweigerungsrecht des von der BaFin beauftragten Wirtschaftsprüfers im Schadensersatzprozess eines geschädigten Anlegers, jurisPR-HaGesR 4/2016 Anm. 4; Huber, Anmerkung zu einem Urteil des EuGH vom 12.11.2014 (C-140/13) – Stellungnahme zu kapitalmarktrechtlichen Verschwiegenheitspflichten von Finanzaufsichtsbehörden des Bundes, NVwZ 2015, 48; Merkelbach, Anmerkung zu einer Entscheidung des BGH, Urteil vom 16.02.2016 (VI ZR 441/14, AG 2016, 399) – Zur Verschwiegenheitspflicht des bankaufsichtsrechtlichen Sonderprüfers, WuB 2016, 491; Mock, Zum Akteneinsichtsrecht nach § 406e StPO, EWiR 2008, 617; Möllers/Madel, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 16.2.2016, Az. VI ZR 441/14 – Zu den zivilprozessualen Auswirkungen der kapitalmarktrechtlichen Verschwiegenheitspflicht, EWiR 2016, 355; Zwade, Zeugenbeweis und „Amtsverschwiegenheit“ in kapitalmarktrechtlichen Fällen, jurisPR-BKR 1/2017. Im Übrigen: siehe das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Übersicht, Entwicklung und Zweck der Regelung 1
Die Regelung statuiert eine umfassende Verschwiegenheitspflicht1, die in Bezug auf die verschwiegenheitspflichtigen Tatsachen ein Verbot des unbefugten Offenbarens und ein Verwertungsverbot für die bei der Bundesanstalt Beschäftigten und für die von ihr beauftragten Personen, für Beiratsmitglieder, für Beisitzer des Widerspruchsausschusses und für Personen, an die Informationen weitergegeben wurden, enthält (§ 9 Abs. 1 Sätze 1–4 WpÜG). Sie stellt des Weiteren sicher, dass erlangtes Tatsachenwissen an eine ausländische Stelle nur unter der Voraussetzung mitgeteilt werden darf, dass 1 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 1; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 1; Ritz in Baums/Thoma/ Verse, § 9 WpÜG Rz. 1; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 1; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 1.
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 3 § 9
diese entsprechenden Verschwiegenheitspflichten unterliegt (§ 9 Abs. 1 Satz 5 WpÜG). § 9 Abs. 2 WpÜG enthält ein „besonderes Verwertungsverbot“2 des im Rahmen der Aufsicht über öffentliche Angebote erlangten Wissens im Verhältnis zu den Finanzbehörden. § 9 Abs. 3 WpÜG verlangt, die Mitglieder des Beirats (§ 5 WpÜG) und die ehrenamtlichen Mitglieder des Widerspruchsausschusses (§ 6 WpÜG) als (regelmäßig) nicht beamtete Personen nach dem Verpflichtungsgesetz auf die Einhaltung ihrer Obliegenheiten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu verpflichten. Die Regelung schützt alle Tatsachen3, deren Geheimhaltung im Interesse eines Beaufsichtigten oder 2 eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Bieters und der Zielgesellschaft, und mit denen die Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit nach dem WpÜG in Berührung kommt, einschließlich des aufsichtsrechtlichen Geheimnisses. Daneben werden aber auch alle personenbezogenen Daten geschützt, die die Bundesanstalt im Rahmen ihrer Tätigkeit erlangt. Denn bei ihrer Tätigkeit erhält die Bundesanstalt tiefgehende Einblicke in die finanziellen Verhältnisse, Geschäftsstrategien, Planungen etc. auch der betroffenen natürlichen Personen. Durch die besondere gesetzliche Verschwiegenheitspflicht soll das für die Kooperationsbereitschaft aller Verfahrensbeteiligten und Beaufsichtigten notwendige Vertrauen in die Integrität der Aufsichtspraxis sichergestellt werden4. Mit dem durch die Verschwiegenheitspflicht bezweckten Schutz der bezeichneten sensiblen Tatsachen und Daten gegen unbefugte Offenbarung korrespondiert das Verbot der Verwertung des im Zusammenhang mit einer Tätigkeit in der oder für die Aufsichtsbehörde erlangten Wissens zu privaten Zwecken5. Der Vorschrift vergleichbare Bestimmungen finden sich in einer Vielzahl kapitalmarktrechtlich relevanter Regelwerke, wie beispielsweise in § 21 WpHG, § 27 WpPG und § 4 VermAnlG, § 8 KAGB, § 9 KWG, § 10 BörsG und § 309 VAG. Mit dem Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz6 kam § 9 WpÜG zusätzlich die Aufgabe zu, Art. 4 3 Abs. 3 Übernahmerichtlinie7 umzusetzen. Eine sprachliche Anpassung der Norm war nicht notwendig, da die europarechtlich geforderte Verschwiegenheitspflicht mit der bisherigen Regelung in § 9 WpÜG schon fixiert war. Nach dieser Vorschrift müssen alle Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Personen, die bei den Aufsichtsstellen tätig sind oder waren, zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet sind. Zudem bestimmt Art. 4 Abs. 4 Satz 2 Übernahmerichtlinie, dass die aus den anderen Mitgliedsstaaten erhaltenen Informationen auch unter dieses Berufsgeheimnis fallen. Letztlich wurde durch Art. 3 des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung8 im Katalog der Regelbeispiele für die befugte Weitergabe von Informationen auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, heute Bundesministerium für Wirtschaft und Energie9, aufgenommen, damit die Bundesanstalt ihren Übermittlungspflichten nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WpÜG an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nachkommen kann10. Mit
2 Begr. RegE BT-Drucks. 14/7034, S. 38. Die Formulierung ist insofern missverständlich, als diese Vorschrift die Bundesanstalt von behördlichen Auskunftspflichten nach der AO gegenüber den Finanzbehörden befreit und es hierbei nicht um ein Verwertungsverbot i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG geht. 3 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 38. Zu der vergleichbaren Bestimmung des § 21 WpHG siehe auch Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679 v. 21.1.1994, S. 42 f. (zu Art. 1, § 8 Abs. 1 WpHG a.F.); Döhmel in Assmann/ Uwe H. Schneider/Mülbert, § 21 WpHG Rz. 19. 4 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 38. Vgl. auch Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 1; Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 2; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 3; Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 2; Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 1. 5 Vgl. zur Parallelvorschrift § 21 WpHG Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 21 WpHG Rz. 46. 6 Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 8.7.2006 (BGBl. I 2006, 1426). 7 Richtlinie 2004/25/EG vom 24.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. Vgl. auch Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 1; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 9; Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 1; Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 3; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 7. 8 Art. 3 des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (AWGÄndG 13) vom 18.4.2009, BGBl. I 2009, 770. 9 Anpassung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 WpÜG an die aktuelle Bezeichnung des Ministeriums mit Art. 194 Zehnte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.8.2015, BGBl. I 2015, 1474. 10 Vgl. BR-Drucks. 638/08, S. 24.
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§ 9 Rz. 3 Verschwiegenheitspflicht dem Abwicklungsmechanismusgesetz11 wurde § 9 Abs. 2 WpÜG parallel zu den vergleichbaren Regelungen beispielsweise in § 8 Abs. 2 WpHG a.F., heute § 21 Abs. 2 WpHG, und § 9 Abs. 5 KWG, § 27 Abs. 2 WpPG und § 4 Abs. 2 VermAnlG neugefasst. Mit der Änderung wird die nur eingeschränkte Anwendbarkeit der in der Abgabenordnung enthaltenen Auskunfts-, Vorlage-, Amtshilfe- und Anzeigepflichten gegenüber Steuerbehörden auf die Bundesanstalt so erweitert, dass diese für sämtliche Steuerstrafverfahren gelten und nicht nur für solche, an denen ein zwingendes öffentliches Interesse besteht12.
B. Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs. 1 WpÜG und ihre Adressaten 4
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG dürfen die in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG benannten, nachfolgend (Rz. 5) aufgeführten Normadressaten die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sowie personenbezogene Daten auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses oder ihrer Tätigkeit nicht unbefugt offenbaren oder verwerten.
I. Adressaten der Pflicht 5
Adressaten der in § 9 Abs. 1 WpÜG näher umschriebenen Verschwiegenheitspflicht mit dem Offenbarungs- und Verwertungsverbot (dazu unten Rz. 13 ff.) sind die Personen, die im Zuge der Aufsicht über Angebote auf Seiten der Bundesanstalt unmittelbar oder mittelbar mit geheimhaltungsbedürftigen Informationen in Berührung kommen können. Im Einzelnen: – Beschäftigte der Bundesanstalt (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG), wobei die Art des Beschäftigungsverhältnisses (Beamter, Angestellter, Arbeiter, Auszubildende) keine Rolle spielt. Es handelt sich hier um eine zusätzliche Regelung der auch schon aus § 67 BBG und § 3 Abs. 1 TVöD folgenden allgemeinen dienstlichen Verschwiegenheitspflicht, die diese aber nicht konkretisiert, sondern eine eigene zusätzliche Pflicht begründet13. Zudem fallen auch Referendare und Praktikanten, die einen Ausbildungsabschnitt bei der Bundesanstalt ableisten und hierdurch in Berührung mit sensiblen Informationen kommen, unter die Verschwiegenheitspflicht. – Personen und Einrichtungen nach § 7 Abs. 2 WpÜG, derer sich die Bundesanstalt bei ihrer Aufgabenerledigung bedient, einschließlich ihrer Beschäftigten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Hier kann insbesondere an Wirtschaftsprüfer gedacht werden. – Mitglieder des Beirates (§ 5 WpÜG) und Beisitzer des Widerspruchsausschusses (§ 6 WpÜG) gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Insbesondere mit Blick auf den Widerspruchsausschuss ist § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG eine Sonderbestimmung i.S.v. § 81 VwVfG zu § 84 Abs. 1 VwVfG. Die entsprechend § 5 Abs. 1 Satz 7 WpÜG an den Sitzungen des Beirats teilnehmenden Vertreter der Bundesministerien der Finanzen, der Justiz und für Verbraucherschutz oder für Wirtschaft und Energie sind keine Beiratsmitglieder und werden insoweit nicht über § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG in die Verschwiegenheitspflicht einbezogen14. Diese Vertreter unterliegen jedenfalls der allgemeinen Verschwiegenheitspflicht aus § 67 BBG und § 3 Abs. 1 TVöD. Diese Personen können der Verschwiegenheitspflicht 11 Art. 10 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusgesetz – AbwMechG) vom 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1864. 12 Vgl. Begr. RegE AbwMechG, BT-Drucks. 18/5009, 89 mit Verweis auf S. 71. 13 Näheres bei Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 21 WpHG Rz. 13. 14 Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 6. Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 15, will die Lücke durch Analogie schließen; im Ergebnis ebenso Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 4. Doch besteht dafür wegen der Anwendbarkeit der angeführten Bestimmungen kein zwingender Bedarf; ebenso Oechsler in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 9 WpÜG Rz. 2. Allerdings spricht gegen eine Analogie nicht zwangsläufig das strafrechtliche Analogieverbot (so Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 6), da die Strafbarkeit der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht der in Betracht kommenden Vertreter der Ministerien nach §§ 203 Abs. 2, 204 StGB nicht erweitert würde, würde man sie per Analogie zu dem von § 9 Abs. 1 WpÜG erfassten Personenkreis zählen.
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 7 § 9
aber aufgrund einer dienstlichen Berichterstattung unterliegen, jedenfalls dürfte das für die Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen aber auch des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz gelten15. Die Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sind über § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 und Satz 4 WpÜG von der Verschwiegenheitspflicht erfasst. – Personen, die durch dienstliche Berichterstattung Kenntnis von der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Tatsachen erhalten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 WpÜG). Hierbei kommt vor allem die dienstliche Berichterstattung an das Bundesministerium für Finanzen und dessen Beschäftige in Betracht. – Beschäftigte bei den Stellen, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG befugt geheimhaltungsbedürftige Informationen erhalten haben, sowie die von diesen beauftragten Personen (§ 9 Abs. 1 Satz 4 WpÜG). – Schließlich die Bundesanstalt als Aufsichtsbehörde selbst, auch wenn sie nicht ausdrücklich in § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erwähnt ist16.
II. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht: Geheimhaltungsinteressen unterliegende Tatsachen und personenbezogene Daten Gegenstand des Offenbarungs- und Verwertungsverbots sind den Normadressaten (Rz. 5) bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordene Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sowie personenbezogene Daten. Zudem umfasst die Verschwiegenheitspflicht das europarechtlich begründete aufsichtsrechtliche Geheimnis. Der Wortlaut der von der Verschwiegenheitspflicht umfassten Gegenstände lautet zwar etwas anders als beispielsweise in § 21 Abs. 1 WpHG. Die personenbezogenen Daten stehen hierdurch neben den sonstigen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt, und sind nicht als Unterfall normiert. Dieser Unterschied zu z.B. § 21 Abs. 1 WpHG dürfte praktisch aber nicht zu abweichenden Ergebnissen führen.
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1. Personenbezogenen Daten Insoweit unterliegen personenbezogene Daten der Verschwiegenheitspflicht des § 9 Abs. 1 WpÜG, 7 ohne dass weitere Voraussetzungen hinzukommen müssen. Dass es sich bei den personenbezogenen Daten letztlich auch um Tatsachen handelt, bedarf keiner näheren Erläuterung. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des WpÜG, bei dem es im Kern um Übernahmen von börsennotierten Gesellschaften geht, den personenbezogenen Daten einen insofern besonderen Schutz gewährt, als es nicht einer Erörterung des Geheimhaltungsinteresses bedarf. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 VO Nr. 2016/679 (DSGVO) alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen, wobei die Identifizierbarkeit in der Legaldefinition näher ausgeführt wird. Dabei kann es sich um personenbezogene Daten sowohl von Normadressaten des WpÜG als auch von Dritten (etwa Organmitgliedern, Beschäftigten, Geschäftspartnern oder Anteilseignern der Normadressaten) handeln, solange die Daten der Bundesanstalt und denjenigen, die von ihnen Kenntnis erlangen, im Rahmen aufsichtsbezogener Tätigkeit bekannt geworden sind (siehe unten Rz. 12). Die Entbehrlichkeit der Prüfung eines Geheimhaltungsinteresses für personenbezogene Daten im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG dürfte praktisch insoweit keine größeren Auswirkungen haben, da sich die Schutzbedürftigkeit der Daten schon aus der VO Nr. 2016/679 (DSGVO) ergibt. Entsprechend der auch in der VO Nr. 2016/679 (DSGVO) geregelten Einwilligungsmöglichkeit für die Bearbeitung personenbezogener Daten ist eine Weitergabe der Daten durch die Bundesanstalt bei Zustimmung durch die betroffene Person möglich, auch wenn keine in § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG benannte Fallkonstellation vorliegt. 15 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 3. 16 So auch die einhellige Rechtsprechung zu § 21 WpHG (§ 8 WpHG a.F.): z.B. VG Frankfurt a.M. v. 23.1.2008 – 7 E 3280/06, NVwZ 2008, 1384. Zur Begründung ausführlich (in Bezug auf § 8 WpHG a.F.) Dreyling/Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider, 5. Aufl. 2012, § 8 WpHG Rz. 5. Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 6; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 3; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 17; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 11; auch Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 2 (sonst „widersinnig“).
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§ 9 Rz. 8 Verschwiegenheitspflicht 2. Sonstige Tatsachen in einem privaten Geheimhaltungsinteresse 8
Im Übrigen unterfallen alle Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt, der Verschwiegenheitspflicht. Als Tatsachen kommen – insoweit gilt der gleiche Tatsachenbegriff wie in § 8 WpÜG17 – sämtliche Erkenntnisse in Betracht, welche die Bundesanstalt im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit und der Normadressat im Rahmen seiner diese Eigenschaft begründenden Tätigkeit erlangt hat (hierzu und zum Tatsachenbegriff siehe die Erläuterungen zu § 8 WpÜG Rz. 7). Der Tatsachenbegriff muss weit ausgelegt werden18 und kann nicht an den Grenzen des strafrechtlichen Tatsachenbegriffs enden. Denn bei der Auslegung ist zum einen die Übernahmerichtlinie zu berücksichtigen, die von „Informationen“ spricht. Zum anderen ist der Normzweck von § 9 WpÜG zu beachten, durch den erreicht werden soll, dass das Vertrauen in die Integrität der Aufsicht nicht dadurch beeinträchtigt werden soll, dass Tatsachen offenbart werden, an denen Beaufsichtigte oder Dritte ein Geheimhaltungsinteresse haben. Entsprechend müssen unter Tatsachen sämtliche Erkenntnisse über gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse der Innen- und Außenwelt19 verstanden werden. Dazu gehören auch innere Tatsachen wie bspw. Werturteile, Meinungen, Gerüchte20 und Rechtsauffassungen21. Denn auch der Umstand, dass jemand ein Werturteil oder eine Meinung geäußert hat, ist sinnlich wahrnehmbar. Deren Weitergabe durch die Bundesanstalt könnte für den Betroffenen unerwünschte Folgen haben, so dass er ein Interesse an deren Geheimhaltung haben kann. Insoweit können auch sie der Verschwiegenheitspflicht unterfallen, wenn für diese ein Geheimhaltungsinteresse der nach dem WpÜG Verpflichteten oder eines Dritten besteht. Bezüglich möglicher Einwände, dass dieses Verständnis zu weitgehend sei, sei darauf hingewiesen, dass der Bundesanstalt verschiedene Eingriffsbefugnisse zur Aufklärung von Sachverhalten schon dann zustehen, wenn sie Anhaltspunkte für die Überwachung der Gebote oder Verbote des WpÜG hat, §§ 40 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG.
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Die Tatsachen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht, wenn ein Geheimhaltungsinteresse einer natürlichen oder einer juristischen Person, die Adressat von Vorschriften des WpÜG ist, oder eines Dritten gegeben ist. Hierbei müssen die privaten wie auch öffentlich-rechtlichen, insbesondere aufsichtsrechtlichen Interessen an der Geheimhaltung berücksichtigt werden. Zur Bestimmung des Vorliegens eines Geheimhaltungsinteresses ist keine wie auch immer geartete Willensbekundung zur Geheimhaltung durch den Betroffenen erforderlich22; vielmehr ist in objektiver Würdigung der Umstände zu ermitteln, ob die Geheimhaltung im subjektiven Interesse des Betroffenen liegt, d.h. ihm objektiv nützlich und von Vorteil ist. Für eine Interessenabwägung verschiedener Interessen ist hier kein Raum23. Das Gesetz spricht insbesondere nicht von einem berechtigten oder rechtlichen Interesse. Be17 Ebenso Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 8. 18 Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 7; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 18; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 8; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 14; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 4. 19 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 4; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 14; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 18 f.; Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 7; Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 4; Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 5. Vgl. auch BGH v. 24.1.2006 – XI ZR 384/03, NJW 2006, 830 Rz. 35 zu Wertungen als Teil des Bankgeheimnisses und Rz. 63 ff. zu Tatsachenbehauptungen in Werturteilen und Meinungsäußerungen. 20 Vgl. auch Hess. VGH v. 16.3.1998 – 8 TZ 98/98, AG 1998, 436; VG Frankfurt v. 9.12.1997 – 15 G 2328/97 (1), NJW-RR 1998, 625. 21 So auch Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 19. I.E. ebenso – allerdings mit der wegen des Normzwecks des § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nicht gebotenen (weil in Gestalt eines Urteils über das berechtigte Geheimhaltungsinteresse zu berücksichtigenden) Einschränkung, Meinungen, Werturteilen etc. müssten zumindest auf einem Tatsachenkern beruhen – zu § 21 WpHG Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 21 WpHG Rz. 21 m.w.N.; zu § 9 KWG Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 9 KWG Rz. 6. Zu eng Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 15: Urteile und Meinungsäußerungen nur, wenn es sich „der Sache nach um die Mitteilung einer Tatsache handelt, die lediglich in die äußere Form eines Urteils oder einer Meinungsäußerung gekleidet worden ist“. 22 A.A., der nicht zu folgen ist, Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 7 („Geheimhaltung … zumindest mutmaßlich gewollt“); zu § 9 KWG: Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 13 („objektiv im Interesse des Betroffenen … und von diesem gewollt“). 23 Vgl. auch Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 22, der von einem kombiniert objektiv-subjektiven Geheimhaltungsinteresse spricht. Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 5 spricht von einem objektiv zu bestim-
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 10a § 9
stehen Zweifel, ob die Geheimhaltung im Interesse des Betroffenen liegt oder nicht, bietet sich durchaus eine Nachfrage bei dem Betroffenen an. Ein Geheimhaltungsinteresse in diesem Sinne besteht nicht, wenn die Tatsache bereits einem breiten Personenkreis bekannt (offenkundig) oder ohne weiteres der Kenntnisnahme durch einen solchen Personenkreis zugänglich ist24, z.B. durch Registereintragungen, Pflichtveröffentlichungen etc. In § 9 Abs. 1 WpÜG ist für geheimhaltungsbedürftige Tatsachen ein Regelbeispiel benannt. Wie schon die Verwendung des Wortes „insbesondere“ zeigt, ist das Regelbeispiel nicht abschließend. Der Kreis der verschwiegenheitspflichtigen Tatsachen ist weitergehend als das Regelbeispiel. Verschwiegenheitspflichtig sind nach dem Wortlaut der Norm alle Tatsachen, von denen die Verschwiegenheitspflichtigen im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis erlangt haben und deren Geheimhaltung im Interesse eines Betroffenen oder eines Dritten liegt. Als Regelbeispiel („insbesondere“) für Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach diesem Gesetz Verpflichteten oder eines Dritten liegt, werden in § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse angeführt. Bei diesen handelt es sich, nach der zu § 90 HGB, § 17 UWG und zu §§ 203, 204 StGB ergangenen Rechtsprechung, auf die hier unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des WpÜG zurückgegriffen werden kann, um Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt (also nicht offenkundig) sind, nach dem Willen des Unternehmers (bzw. der Unternehmensverantwortlichen) geheim gehalten werden sollen und an deren Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht25. Dabei beruhen Betriebsgeheimnisse vornehmlich auf technischem Wissen. Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich das kaufmännische Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebes maßgeblich bestimmt werden können26. Häufig werden beide Begriffe synonym verwandt. In Bezug auf die Aufsicht nach dem WpÜG können insbesondere auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in Form von Geschäfts- und Entwicklungsstrategien, Transaktionspläne bzw. -szenarien, Vereinbarungen und Geschäftsbeziehungen zu Dritten27, Informationen aus Aufsichtsrats- bzw. Vorstandssitzungen u.ä. relevant sein. Ob die Bundesanstalt Kenntnis von diesen Tatsachen aufgrund der Vorlage von entsprechenden Unterlagen oder im Rahmen von bloßen Gesprächen erlangt, spielt für die Verschwiegenheitspflicht keine Rolle.
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Bei der Bestimmung einer Tatsache als Geschäfts- und Betriebsgeheimnis ist nach der Entscheidung des EuGH vom 19.6.201828 auch der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Behörde ihre Prüfung im Rahmen der Entscheidung über den Antrag auf Zugang zu den betreffenden Informationen vornehmen muss29. Zudem sind Geschäftsgeheimnisse nach der EuGH-Entscheidung aufgrund des Zeitablaufs nach mehr als fünf Jahren grundsätzlich als nicht mehr aktuell und deshalb grundsätzlich als nicht mehr vertraulich anzusehen, es sei denn, die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, weist ausnahmsweise nach, dass die Informationen trotz ihres Alters immer noch wesentliche Bestand-
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menden Geheimhaltungsinteresse. Nach a.A. soll es auf ein schützenswertes Interesse an der Geheimhaltung ankommen, welches unter Abwägung aller Umstände unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu ermitteln sei; etwa Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 8 und 9; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 6. Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 10, geht von einer Einzelfallprüfung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrsanschauung aus, wobei er eine Abwägung auf der Rechtsfolgenseite auch ausschließt. Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 10; Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 5; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 8; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 15; Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 6. BVerfG v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03, NVwZ 2006, 1041; BGH v. 15.3.1955 – I ZR 111/53, GRUR 1955, 424, 425; BGH v. 1.7.1960 – I ZR 72/59, NJW 1960, 1999, 2000; OLG Koblenz v. 24.7.1986 – 6 U 604/86, NJW-RR 1987, 95, 97. Zu Einzelheiten siehe die einschlägigen Kommentare zum HGB und zum UWG. BVerfG v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03, NVwZ 2006, 1041. Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 9. EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16 – Ewald Baumeister/BaFin, ECLI:EU:C:2018:464, AG 2018, 574. EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, Rz. 50 f., AG 2018, 574 veröffentlicht unter curia.europa.eu.
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§ 9 Rz. 10a Verschwiegenheitspflicht teile ihrer eigenen wirtschaftlichen Stellung oder der von betroffenen Dritten sind30. Nach dem EuGH31 gelten diese Erwägungen nicht für die den Behörden vorliegenden Informationen, deren Vertraulichkeit aus anderen Gründen als ihrer Bedeutung für die wirtschaftliche Stellung der fraglichen Unternehmen gerechtfertigt sein könnte32. Die Vertraulichkeit aus anderen Gründen, wie bei personenbezogenen Daten oder aufgrund des „aufsichtsrechtlichen Geheimnisses“ (vgl. Rz. 10b), ist auch über die fünf Jahre hinaus gerechtfertigt. 3. Das aufsichtsrechtliche Geheimnis 10b
Bei den Tatsachen im Geheimhaltungsinteresse muss zudem das europarechtlich begründete und auch von den deutschen Verwaltungsgerichten33 anerkannte aufsichtsrechtliche Geheimnis berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich u.a. um den Schutz der Überwachungsmethoden, Überwachungsstrategien und des aufsichtsrechtlichen Informationsaustauschs. In einer richtungsweisenden Entscheidung entschied der EuGH mit Urteil vom 12.11.201434 zur Wirkung und Reichweite des europarechtlich geforderten Berufsgeheimnisses nach Art. 54 Abs. 1 RL 2004/39/EG (MiFID) und folgte hierbei den Ausführungen des Generalanwalts zum aufsichtlichen Geheimnis35. Diese Entscheidung muss künftig auch bei der Auslegung des Begriffs der „Tatsachen im Geheimhaltungsinteresse“ i.S.d. § 9 WpÜG berücksichtigt werden. Denn auch nach der Übernahmerichtlinie (RL 2004/25/EG) muss sichergestellt sein, dass die Beaufsichtigten Vertrauen in die Verschwiegenheit der Aufsichtsbehörde haben, wie die Pflicht zur Sicherstellung des Berufsgeheimnisses in Art. 4 Abs. 3 RL 2004/25/EG zeigt. Zudem müssen die zuständigen nationalen Aufsichtsstellen eng zusammenarbeiten und Auskünfte zum Zwecke der Aufsicht in Umsetzung der Übernahmerichtlinie erteilen (Art. 4 Abs. 4 Satz 1 RL 2004/25/EG). Dabei müssen alle ausgetauschten Informationen dem Berufsgeheimnis unterliegen (Art. 4 Abs. 4 Satz 2 RL 2004/25/EG). Entsprechend sind die vom EuGH36 im Anschluss an den Generalanwalt37 getroffenen Feststellungen, dass das Fehlen eines Vertrauens in die Wahrung des Berufsgeheimnisses das Funktionieren des Aufsichtsregimes und die reibungslose Übermittlung der vertraulichen Informationen für die Überwachungstätigkeit gefährden könnte, auch im Rahmen des Übernahmerechts relevant. Folglich muss auch über den Wortlaut des § 9 WpÜG hinaus im Rahmen einer europarechtskonformen Auslegung38 das „aufsichtsrechtliche Geheimnis“ bei der Bestimmung der Tatsachen im Geheimhaltungsinteresse nach § 9 WpÜG berücksichtigt werden.
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Die EuGH-Entscheidung vom 12.11.201439 zum aufsichtsrechtlichen Geheimnis wurde vom EuGH in verschiedenen Entscheidungen40 fortgeführt und insoweit präzisiert, als der EuGH41 festgestellt hat, dass „die den zuständigen Behörden vorliegenden Informationen, die erstens nicht öffentlich zugänglich sind und bei deren Weitergabe zweitens die Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessen der natürlichen oder juristischen Person, die sie geliefert hat, oder der Interessen Dritter oder des ord30 EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, Rz. 54, AG 2018, 574 veröffentlicht unter curia.europa.eu. 31 EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, Rz. 54, 57, AG 2018, 574 veröffentlicht unter curia.europa.eu. Anders noch die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot v. 12.12.2017 – C-15/16, Rz. 64, veröffentlicht unter curia.eu ropa.eu, der eine zeitliche Begrenzung abgelehnt hat. 32 EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, Rz. 54, 57, AG 2018, 574 veröffentlicht unter curia.europa.eu. 33 BVerwG v. 10.4.2019 – 7 C 22.18, Rz. 22 ff., juris; Vorabentscheidungsersuchen des BVerwG v. 4.11.2015 – 7 C 4.14, NVwZ 2016, 1335 jeweils zu § 9 KWG. Vgl. auch zu den parallelen kapitalmarktrechtlichen Verschwiegenheitspflichten gemäß § 9 KWG und § 21 WpHG: Hess. VGH v. 11.3.2015 – 6 A 1071/13, WM 2015, 1750; insb. Rz. 92 f.; Hess. VGH v. 11.3.2015 – 6 A 1598/13, NVwZ 2015, 1302; Hess. VGH v. 11.3.2015 – 6 A 330/14, juris; Hess. VGH v. 11.3.2015 – 6 A 329/14, DÖV 2015, 672; VG Frankfurt v. 22.4.2015 – 7 K 4127/12.F, juris Rz. 49 f. und VG Frankfurt v. 10.11.2015 – 7 K 2707/15.F, Rz. 25 f. 34 EuGH v. 12.11.2014 – C-140/13 – Annett Altmann ua/BaFin, NVwZ 2016, 46. 35 Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen v. 4.9.2014 – C-140/13, Rz. 34 bis 38, veröffentlicht unter curia.europa.eu und juris. 36 EuGH v. 12.11.2014 – C-140/13, ZIP 2014, 2307 Rz. 31 bis 33. 37 Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen v. 4.9.2014 – C-140/13, Rz. 37, veröffentlicht unter curia.eu ropa.eu und juris. 38 BVerwG v. 10.4.2019 – 7 C 22.18, Rz. 24, juris, zum parallelen § 9 KWG. 39 EuGH v. 12.11.2014 – C-140/13 – Annett Altmann ua/BaFin, NVwZ 2016, 46. 40 EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, AG 2018, 574; EuGH v. 13.9.2018, C-358/16 und C-594/16, curia. 41 EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, AG 2018, 574 veröffentlicht unter curia.europa.eu.
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 13 § 9
nungsgemäßen Funktionierens des vom Unionsgesetzgeber durch den Erlass der Richtlinie … geschaffenen Systems zur Überwachung … bestünde.“42 Bezogen auf das Übernahmerecht bedeutet das, dass beispielsweise Informationen über eine Sanierungsbefreiung nach § 37 WpÜG regelmäßig dem aufsichtsrechtlichen Geheimnis unterliegen, nicht aber die veröffentlichten Informationen, wie die Angebotsunterlagen oder Mitteilungen nach §§ 10, 23 WpÜG. Zudem unterliegt das aufsichtsrechtliche Geheimnis nicht einer Frist, nach deren Ablauf das aufsichtsrechtliche Geheimnis nicht mehr aktuell und damit nicht mehr vertraulich ist43. 4. Bei der Tätigkeit bekannt geworden Des Weiteren werden von der Verschwiegenheitspflicht nur solche Tatsachen erfasst, die den Norm- 11 adressaten (siehe oben Rz. 5) bei ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind. Damit werden die Fälle ausgeschlossen, in denen die Kenntniserlangung einer Tatsache in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit steht44. Das schließt insbesondere die Kenntniserlangung in rein privatem Rahmen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift aus. Ein Zusammenhang der Kenntniserlangung mit der Tätigkeit des Normadressaten ist auch dann nicht gegeben, wenn ihm die in privater Sphäre erworbenen Erkenntnisse oder Kontakte die Beurteilung und Einordnung einer Tatsache oder die Erlangung derselben bei seiner Tätigkeit erleichtert haben. Dagegen ist ein Zusammenhang von Tätigkeit und Kenntniserlangung anzunehmen, wenn einem Normadressaten tätigkeitsbezogene Informationen, welche Tatsachen i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG umfassen, durch einen anderen Normadressaten in privatem Gespräch und Kontakt mitgeteilt werden45. Weder im Falle von Tatsachen46, die im Geheimhaltungsinteresse eines Betroffenen liegen, noch im 12 Fall von personenbezogenen Daten ist es erheblich, ob der Gegenstand der fraglichen Informationen in eine rein private oder eine geschäftliche Sphäre fällt. Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob die Tatsachen oder personenbezogenen Daten von den Betroffenen selbst oder von Dritten stammen. Entscheidend ist insoweit allein, dass den Adressaten des Verbots aus § 9 Abs. 1 WpÜG die geheimhaltungspflichtigen Tatsachen bzw. die personenbezogenen Daten bei ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind. Das ist stets dann anzunehmen, wenn die Kenntniserlangung in einem Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten steht, welche die Betroffenen zu Normadressaten des § 9 Abs. 1 WpÜG macht. Beschäftigte bei der Bundesanstalt unterliegen deshalb auch im Hinblick auf solche Tatsachen und personenbezogenen Daten dem Verbot des § 9 Abs. 1 WpÜG, die ihnen, ohne dass es für ihre Tätigkeit erforderlich wäre, im Rahmen derselben zugingen oder zugänglich wurden. Selbst die nur gelegentlich dieser Tätigkeit (also mehr oder weniger zufällig) erlangten Kenntnisse unterliegen dem Verbot des § 9 Abs. 1 WpÜG, sofern dessen weitere Voraussetzungen gegeben sind. Nicht erfasst werden dagegen die außerdienstlich, rein privat erlangten Informationen.
III. Unbefugtes Offenbaren oder Verwerten Den Normadressaten (siehe oben Rz. 5) ist es im Rahmen der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 13 Satz 1 WpÜG verboten, die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen geheimhaltungspflichtigen Tatsachen und personenbezogene Daten unbefugt zu offenbaren oder zu verwerten. Dieses Verbot gilt nicht nur für die Dauer ihres Dienstverhältnisses, sondern erstreckt sich auch auf den Zeitraum nach Beendigung desselben.
42 43 44 45
EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, Rz. 46, AG 2018, 574 veröffentlicht unter curia.europa.eu. EuGH v. 19.6.2018 – C-15/16, Rz. 54, 57, AG 2018, 574 veröffentlicht unter curia.europa.eu. Vgl. auch Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 8. Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 10 (Normzweck); Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 16 (auch private Gespräche außerhalb der Diensträume); Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 20; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 15. 46 Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 13.
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§ 9 Rz. 14 Verschwiegenheitspflicht 1. Offenbaren/Verwerten 14
Tatsachen und personenbezogene Daten werden offenbart, wenn sie Dritten mündlich, schriftlich, über elektronische Medien oder gestisch – gewollt oder ungewollt – mitgeteilt oder auf andere Weise zugänglich gemacht werden47. Letzteres ist der Fall, wenn der Normadressat die Tatsachen oder Daten Dritten nicht durch Mitteilung weitergibt, sondern lediglich die Voraussetzungen dafür schafft, dass die fraglichen Tatsachen oder Daten von einem anderen zur Kenntnis genommen werden und die Kenntnisnahmemöglichkeit gewollt oder in Kauf genommen wird48. Dies kann das Liegenlassen von Akten, die Zugänglichmachung von Zugangscodes u.a. sein49. Unerheblich ist es, ob der Offenbarende sich oder einem anderen durch sein Verhalten einen Vorteil verschaffen wollte oder nicht50. Als Weitergabe an Dritte gilt nicht die dienstliche Weitergabe innerhalb der Bundesanstalt zum Zwecke der Aufgabenwahrnehmung und innerdienstlichen Berichterstattung.
15
Tatsachen und personenbezogene Daten werden verwertet, wenn sie – gezielt oder ungezielt51 – zu eigenen privaten oder auch fremden Zwecken52 genutzt werden. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass daraus ein Vorteil für den Verwertenden oder den Dritten erwächst53. 2. Unbefugt/Befugt a) Regel
16
Durch § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verboten ist nur die unbefugte Offenbarung oder Verwertung geheimhaltungspflichtiger Tatsachen und personenbezogener Daten54. Aus rechtsdogmatischer Sicht handelt es sich bei der Befugnis zur Weitergabe der Tatsachen oder Daten um einen Rechtfertigungsgrund. Hinsichtlich des Rechtfertigungsgrundes hat der Gesetzgeber aber keine abschließende Definition von „befugt“ oder „unbefugt“ vorgesehen. Die Weitergabe oder Verwertung sowohl von Tatsachen im privaten Geheimhaltungsinteresse als auch personenbezogenen Daten ist jedenfalls dann befugt, wenn sie mit Zustimmung (Einwilligung) des Betroffenen erfolgt. Denn bei einer Einwilligung des von der Informationsweitergabe Betroffenen kann das Vertrauen in die Integrität der Aufsichtstätigkeit der Bundesanstalt nicht nachteilig beeinflusst werden. Im Übrigen kann sich die Befugnis aus vorrangigen gesetzlichen Regelungen ergeben, die im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben und der gesetzgeberischen Intention der gesetzlichen Regelbeispiele stehen. Diese Regelbeispiele sind in § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG normiert. Die Auslegung, wann eine Weitergabe befugt ist, muss im Lichte dieser gesetzlich geregelten Beispiele und unter Berücksichtigung des Umstands erfolgen, dass die Möglichkeiten der Weitergabe der verschwiegenheitspflichtigen Tatsachen Ausnahmeregelungen, also eng auszulegen sind.
47 So auch Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 10; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 9 WpÜG Rz. 6; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 11; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 8; Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 7; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 26; Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 10. Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 11, sieht Absicht als nicht erforderlich an. 48 Zur Auslegung des Begriffs Offenlegung in Form des Zugänglichmachens in Art. 14 VO Nr. 596/2014 siehe Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Art. 14 VO Nr. 596/2014 Rz. 13 f. 49 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 7; Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 11. 50 Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 10. 51 Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 11. 52 Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 11; Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 21 WpHG Rz. 46. Für § 9 KWG: Ohne Differenz in der Sache Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 17: „Ausnutzen für eigene Zwecke“. 53 Vgl. Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 12. 54 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 10; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 29; Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 13.
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 20 § 9
b) Regelbeispiele der Befugnis zur Weitergabe von Tatsachen im Rahmen der inner- und zwischenstaatlichen Zusammenarbeit (§ 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) Ausdrücklich als befugt erklärt § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG die Weitergabe von Tatsachen an Strafverfolgungsbehörden oder für Straf- und Bußgeldsachen zuständige Gerichte (Nr. 1). Gesetzlich ist damit die Weitergabe der verschwiegenheitspflichtigen Tatsachen an Zivilgerichte nicht vorgesehen, auch nicht an Dritte zur Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen55.
17
Befugt ist zudem die Weitergabe der Tatsachen an Stellen, die kraft Gesetzes oder im öffentlichen Auf- 18 trag mit der Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen, der Überwachung von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren oder der Überwachung von Börsen oder anderen Wertpapier- oder Derivatemärkten, des Wertpapier- oder Derivatehandels, von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Investmentgesellschaften, Finanzunternehmen oder Versicherungsunternehmen betraut sind, sowie an die von diesen Stellen beauftragten Personen (Nr. 2). Welchen rechtlichen Status die „Stelle“ nach den jeweiligen Vorschriften haben muss, wird in § 9 WpÜG nicht näher erläutert. Eine Definition ist im Hinblick auf die verschiedenen Möglichkeiten und sich verändernden Organisationsstrukturen weder zweckmäßig noch erforderlich. Für die Bestimmung der zuständigen Stellen durch die Bundesanstalt reicht es vielmehr aus, dass die Stelle aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschriften oder durch sonstigen staatlichen Auftrag Überwachungsaufgaben i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WpÜG wahrnimmt. Dies entspricht auch der Intention des europäischen Richtliniengebers, der in Art. 4 Abs. 1 RL 2004/25/EG die organisatorische Aufstellung der zuständigen Aufsichtsstelle den Mitgliedstaaten bewusst freigestellt hat. Die Anzahl der als Aufsichtsstellen in Betracht kommenden inländischen Stellen ist überschaubar, wobei zu den mit der Überwachung von Börsen betrauten Stellen auch die Handelsüberwachungsstellen gehören56 sowie die Geschäftsführung der Börsen, soweit sie Überwachungsaufgaben wahrnimmt. Die Befugnis zur Weitergabe gilt darüber hinaus aber auch für die Weitergabe von Tatsachen an die für die Überwachung der in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WpÜG genannten Unternehmen zuständigen ausländischen Stellen und die von diesen beauftragten Personen57. Dabei ist allerdings zu beachten, dass § 9 Abs. 1 Satz 5 WpÜG die Weitergabe von Tatsachen in diesen Fällen nur unter der Voraussetzung des Bestehens einer den § 9 Abs. 1 Sätze 1–3 WpÜG entsprechenden Verschwiegenheitspflicht für den ausländischen Empfänger erlaubt. Im Hinblick auf die Ermittlung der ausländischen Stellen, deren Aufgabe die Überwachung der in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 angeführten Unternehmen ist, sind die zur Bezeichnung derselben verwandten Begriffe im materiellen Sinn zu verstehen, so dass es nicht darauf ankommt, ob die fraglichen Unternehmen nach dem für sie maßgeblichen Recht formal unter diese Begriffe fallen58. Die Befugnis der Weitergabe von Tatsachen an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Nr. 3) wurde mit der Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes im Jahre 2009 aufgenommen. Mit dieser Regelung ist der Bundesanstalt der Weg eröffnet, ihren Übermittlungspflichten nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WpÜG an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nachzukommen59. Die Bundesanstalt ist nach dieser Regelung zu einer Mitteilung an das Bundesministerium verpflichtet, wenn eine Person die Kontrollschwelle von § 29 Abs. 2 WpÜG an einer Zielgesellschaft erlangt hat oder für die Aktien einer Zielgesellschaft ein Erwerbs- oder Übernahmeangebot abgibt. Die Mitteilung kann zudem Anlass für weitere Nachfragen des Bundesministeriums an die Bundesanstalt sein. Gerade bezüglich des Erreichens der Kontrollschwelle kann es sich durchaus um eine Tatsache handeln, deren Geheimhaltung in Interesse der Person liegt, die die Stimmrechte hält oder zugerechnet bekommt. Man bedenke hier z.B. die Möglichkeiten nach §§ 36, 37 WpÜG.
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Mit der Formulierung „soweit die Tatsachen zur Erfüllung der Aufgaben dieser Stellen erforderlich sind“ beschränkt das Gesetz die Weitergabe von Informationen durch die Bundesanstalt an die be-
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55 So zu § 9 KWG VG Köln v. 29.4.2002 – 14 L 2316/01, juris; Hess. VGH v. 2.3.2010 – 6 A 1684/08, NVwZ 2010, 1036. Vgl. auch Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 14; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 17; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 31; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 13. 56 Begr. RegE Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 13/7142 v. 6.3.1997, in Bezug auf die § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG entsprechende Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. 57 Begr. RegE Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 13/7142 v. 6.3.1997, S. 105. 58 Begr. RegE Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 13/7142 v. 6.3.1997, S. 105. 59 Vgl. BR-Drucks. 638/08, S. 24.
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§ 9 Rz. 20 Verschwiegenheitspflicht nannten Stellen auf das notwendige Maß der Erforderlichkeit für die Weitergabe der verschwiegenheitspflichtigen Tatsachen. Das bedeutet, dass es für die Bundesanstalt nachvollziehbar sein muss, dass die Stelle, an die sie die Tatsachen einschließlich der personenbezogenen Daten weitergibt, diese für ihre Aufgabenerfüllung benötigt60. Bezüglich der Erforderlichkeit kann auf die Erläuterungen zu § 7 Abs. 1 Satz 2 WpÜG verwiesen werden61. 21
Ohne in den Katalog der Regelbeispiele ausdrücklich aufgenommen zu sein, sieht § 9 Abs. 1 WpÜG implizit zudem die Weitergabe verschwiegenheitspflichtiger Informationen auch an die Mitglieder des Beirats nach § 5 WpÜG, an die Beisitzer des Widerspruchsausschusses nach § 6 WpÜG, an die Personen, derer sich die Bundesanstalt nach § 7 Abs. 2 WpÜG bedient, und im Rahmen der dienstlichen Berichterstattung (z.B. an das Bundesministerium für Finanzen, vgl. § 2 FinDAG) vor.
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Die allgemeine beamtenrechtliche Vorschrift des § 67 Abs. 3 BBG, nach der ein Beamter ohne Genehmigung über die seiner Verschwiegenheitspflicht unterfallende Angelegenheiten weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben darf, wird weder durch § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG noch durch den die Weitergabebefugnisse an ausländische Stellen regelnden § 9 Abs. 1 Satz 5 WpÜG (dazu unten Rz. 25 ff.) verdrängt62.
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Insoweit findet die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG ihre Rechtfertigung in drei Aspekten: Zum einen erlaubt sie eine enge Kooperation mit anderen in- und ausländischen Stellen und Personen, deren Zuständigkeit im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot betroffen sein kann und auf deren Hilfe die Bundesanstalt zur eigenen Aufgabenerfüllung zurückgreifen muss oder die ihrerseits zur Erfüllung ihrer eigenen Aufsichtsaufgaben oder Strafverfolgungsaufgabe auf Informationen der Bundesanstalt angewiesen sind; zum anderen ist die Befugnis zur Informationsweitergabe stets an die Erforderlichkeit für die staatliche Aufgabenerfüllung gebunden. Und letztlich unterliegen die bei den in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 WpÜG angeführten Behörden und Stellen Beschäftigten regelmäßig neben der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1 WpÜG schon aus ihrem Status oder ihrer Aufgabe heraus einer Verschwiegenheitspflicht. Insoweit wird auch im Rahmen der befugten Weitergabe der Zweck der Norm, Erhalt des Vertrauens in die Integrität der Aufsicht, gewährleistet. c) „Weitergabe“ der Verschwiegenheitspflicht (§ 9 Abs. 1 Satz 4 WpÜG)
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Für die bei den in § 9 Abs. 1 Satz 3 WpÜG angeführten Stellen Beschäftigten oder von ihnen beauftragten Personen gilt die Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 bis 3 WpÜG entsprechend (§ 9 Abs. 1 Satz 4 WpÜG). Das bedeutet, dass die Verschwiegenheitspflicht aus § 9 Abs. 1 WpÜG neben ihre auch sonst schon gegebenen Verschwiegenheitspflichten bzw. ihre Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses tritt. Daraus wiederum folgt: Soweit diesen Personen von der Bundesanstalt und ihren Beschäftigten Tatsachen offenbart werden, die unter § 9 WpÜG fallen, haben sie zusätzlich in entsprechender Weise wie die Bundesanstalt die Verschwiegenheitspflicht nach § 9 WpÜG zu berücksichtigen. Hierdurch ist sichergestellt, dass auch sie die erlangten Informationen nur für dienstliche Zwecke im Rahmen ihrer Aufgaben und nicht für eigene private Zwecke oder die Interessen Dritter nutzen dürfen63. d) Besondere Anforderungen bei Übermittlungen an ausländische Stellen (§ 9 Abs. 1 Satz 5 WpÜG)
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Die Vorschrift erlaubt die Weitergabe von Tatsachen an zuständige ausländische Stellen im Rahmen des benannten Aufgabenkreises (siehe oben Rz. 18). Neben der Beschränkung der Tatsachenweitergabe nur in einem für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Umfang ist folgender Aspekt zu berücksichtigen: Die Einhaltung einer entsprechenden Verschwiegenheitspflicht wird im Ausland bezüglich der zu60 Vgl. auch Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 17. 61 Vgl. Ausführungen unter § 7 WpÜG Rz. 5. 62 Ebenso Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 12; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 17. Zu § 9 KWG: Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 7. 63 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 38.
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 29 § 9
ständigen Stelle und beauftragten Personen dadurch gewährleistet, dass § 9 Abs. 1 Satz 5 WpÜG eine Weitergabe von Tatsachen an ausländische Stellen nur gestattet, wenn diese sowie die von ihr beauftragten Personen einer den Sätzen 1 bis 3 entsprechenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen64. Von einer entsprechenden Verschwiegenheitspflicht kann man grundsätzlich bei allen Stellen ausgehen, die als zuständige Stellen im Sinne der Übernahmerichtlinie benannt sind (Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 RL 2004/25/EG)65. Inwieweit Stellen im Drittausland entsprechenden Verschwiegenheitspflichten unterliegen, ist eine Einzelfallfrage, wobei künftig bei der Beantwortung dieser Frage die ESMA Unterstützung leisten kann (Art. 33 VO 1095/2010, ESMA-VO). e) Sonstige Einzelfälle einer Offenbarungs- und Verwertungsbefugnis § 9 Abs. 1 Sätze 3–5 WpÜG stellen keine abschließende Regelung im Hinblick auf die befugte Offen- 26 barung oder Verwertung von Tatsachen oder personenbezogenen Daten dar (siehe oben Rz. 16, 21). Die Beantwortung der Frage, wann eine sonstige Befugnis zur Weitergabe gegeben sein könnte, muss sich am Sinn und Zweck von § 9 WpÜG ausrichten und die gesetzlichen Regelbeispiele berücksichtigen (vgl. Rz. 23). In Betracht kommt die befugte Weitergabe neben der schon genannten Fallkonstellation eines Einverständnisses der von der Weitergabe Betroffenen (vgl. Rz. 16) und aufgrund von höherrangigen öffentlichen Interessen66. Im letzteren Fall muss es sich um staatliche oder u.U. internationale Stellen mit aufsichtsrechtlichen Funktionen bzw. mit das Aufsichtsrecht unterstützendenden Funktionen handeln, die ihrerseits einer entsprechenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Die Weitergabe muss zudem für die Erfüllung der ihnen übertragenen gesetzlichen oder öffentlichen Aufgaben erforderlich sein. Die Weitergabe von Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten innerhalb der Bundesanstalt zum Zwecke der Wahrnehmung weiterer Aufsichtsaufgaben und innerdienstlichen Berichterstattung ist schon keine Weitergabe an Dritte und wäre im Übrigen auch befugt67. Das ergibt sich schon aus der behördenübergreifenden Weitergabebefugnis nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WpÜG, aus der Verschwiegenheitspflicht der Empfänger nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und der Möglichkeit der dienstlichen Berichterstattung.
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Eine befugte Weitergabe liegt auch vor, wenn die Bundesanstalt von ihrem gesetzlichen Veröffent- 28 lichungsrecht nach § 44 WpÜG oder u.U. als Anordnung im Rahmen der Missstandsaufsicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, Gebrauch macht und z.B. Untersagungsverfügungen veröffentlicht. Hier hat der Gesetzgeber innerhalb des WpÜG eine Informationsmöglichkeit der Bundesanstalt sowohl für den Kapitalmarkt als auch für Aktionäre der Zielgesellschaften geschaffen, die nicht durch § 9 WpÜG konterkariert werden soll. Stattdessen muss die Bundesanstalt hier im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben tätig werden und beispielsweise eine ordnungsgemäße Ermessensausübung und Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen. Demgegenüber ist die Offenlegung von Tatsachen oder personenbezogenen Daten gegenüber Dritten 29 durch die BaFin oder andere Normadressaten auch dann nicht befugt, wenn sie allgemeinen öffentlichen Interessen dienen soll, wie beispielsweise der Aufdeckung von Straftaten durch Pressevertreter68. Hier ist es Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 WpÜG erfasst sind, die Sachverhaltsklärung durchzuführen. Dies schließt ein „überwiegendes“ öffentliches Interesse an der Offenbarung gegenüber z.B. Pressevertretern aus. Zudem ist ein Offenbaren verschwiegenheitspflichtiger Tatsachen nach § 9 WpÜG auf Grundlage von Landespressegesetzen nicht befugt. Das BVerwG hat im Urteil vom 20.2.201369 klargestellt, dass die Bundesländer durch ihre Pressegesetze den 64 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 10; Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 15; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 17; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 11. 65 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 10. 66 Vgl. auch Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 17. 67 So auch Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 38. 68 Nicht zu folgen ist der gegenteiligen Ansicht von Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 9 KWG Rz. 7. Ritz in Baums/ Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 15, will die Weitergabe von Informationen an die Presse zumindest von einer Güterabwägung abhängig machen; siehe dazu aber im Folgenden. 69 BVerwG v. 20.2.2013 – 6 A 2.12, BVerwGE 146, 56; Nichtannahmebeschluss des BVerfG v. 27.7.2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50; anders noch OVG Berlin v. 25.7.1994 – 8B/16/94, VerBAV 1995, 351.
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§ 9 Rz. 29 Verschwiegenheitspflicht Bundesnachrichtendienst und andere Bundesbehörden, soweit sie sonstige Sachmaterien der Art. 73 f. GG ausführen, nicht zu Auskünften gegenüber der Presse verpflichten können70. Dies trifft auch auf die Tätigkeit der Bundesanstalt zu71, die Ausfluss der konkurrierenden Gesetzgebung gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG im Bereich des Bank- und Börsenwesens ist, zu dem der Wertpapierhandel zählt72. Da keine anderweitigen Bundesregelungen zur Ausgestaltung pressespezifischer Auskunftspflichten vorliegen, ist Grundlage eines solchen Auskunftsanspruchs Art. 5 Abs. 2 Satz 2 GG. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch ist „auf das Niveau eines Minimalstandards begrenzt, den auch der Gesetzgeber nicht unterschreiten dürfte. … Danach endet das verfassungsunmittelbare Auskunftsrecht von Pressevertretern dort, wo berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit der Information entgegenstehen.“73 Entsprechend dieser Rechtslage ist auch im Rahmen der Beantwortung presserechtlicher Anfragen durch die Bundesanstalt § 9 WpÜG zu berücksichtigen. 30
Im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) besteht ein Anspruch Dritter gegenüber der Bundesanstalt auf Informationszugang nach § 1 Abs. 1 IFG, wenn die amtliche Information bei der Bundesanstalt vorhanden ist, keine vorrangigen Regelungen zum Informationszugang Vorrang haben (§ 1 Abs. 3 IFG) und kein Ausschlussgrund nach §§ 3 ff. IFG vorliegt. Hier ist insbesondere § 3 Nr. 4 IFG zu berücksichtigen, der einen absoluten Ausschlussgrund für den Informationsanspruch enthält74. Danach ist der Anspruch auf Informationszugang ausgeschlossen, wenn die Informationen einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. § 9 WpÜG ist eine solche Norm75, so dass auch ein Antrag nach § 1 IFG nicht zu einer befugten Weitergabe von nach § 9 WpÜG geheimhaltungspflichtigen Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten führt.
31
Eine unzulässige Verwertung von Tatsachen bzw. personenbezogenen Daten ist allerdings nicht gegeben, wenn die Tatsachen in hinreichend anonymisierter Form76 als Grundlagenmaterial für wissenschaftliche oder sonstige fachliche Ausarbeitungen, Vorträge oder wissenschaftlichen Veröffentlichungen von der Bundesanstalt weitergegeben und sodann genutzt werden. Damit scheidet zugleich eine Befugnis zur Weitergabe der fraglichen Informationen aus rein wissenschaftlichem Interesse aus.
C. Beschränkte Auskunft gegenüber Finanzbehörden (§ 9 Abs. 2 WpÜG) 32
§ 9 Abs. 2 Satz 1 WpÜG bestimmt, dass die sich aus §§ 93, 97, 105 Abs. 1, § 111 Abs. 5 i.V.m. § 105 Abs. 1 sowie § 116 Abs. 1 AO ergebenden Auskunfts-, Vorlage- und Anzeigepflichten gegenüber Finanzbehörden grundsätzlich nicht für die in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG bezeichneten, zur Durchführung dieses Gesetzes tätig werdenden Personen gelten. § 9 WpÜG enthält insoweit ein besonderes Weitergabe- und Verwertungsverbot der im Rahmen der Aufsichtstätigkeit erlangten Informationen, Kenntnisse und Unterlagen im Verhältnis zu den Finanzbehörden. Die umfangreiche (nur durch die Rückausnahme in § 9 Abs. 2 Satz 2 WpÜG begrenzte) Außerkraftsetzung der sich aus den angeführten Bestimmungen der AO ergebenden Pflichten wird damit begründet, dass das öffentliche Interesse an einer gleichmäßigen Besteuerung gegenüber den Zielen einer effektiven Beaufsichtigung von Angeboten nach diesem Gesetz zurücktreten müsse: Da die Bundesanstalt bei ihrer Tätigkeit in hohem Maße auf die Kooperationsbereitschaft der an einem Angebotsverfahren beteiligten Personen und Unternehmen angewiesen sei, sei das Verwertungsverbot notwendig, um eine wirksame Aufsicht zu ermöglichen. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die zuständigen Stellen in anderen Staaten vielfach 70 71 72 73 74
BVerwG v. 20.2.2013 – 6 A 2.12, BVerwGE 146, 56 Rz. 18, 25. Vgl. Hess. VGH v. 11.3.2015 – 6 A 1071/13, WM 2015, 1750 = juris, Rz. 98. So schon Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, 39. BVerwG v. 20.2.2013 – 6 A 2.12, BVerwGE 146, 56 Rz. 29. Nähere Ausführungen zum Anspruch auf Informationszugang nach IFG im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Aufsicht bei Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 21 WpHG Rz. 65 ff. 75 Vgl. auch Rechtsprechung zu § 21 WpHG und § 9 KWG: z.B. VG Frankfurt a.M. v. 19.3.2008 – 7 E 4067/06; VG Frankfurt a.M. v. 28.1.2009 – 7 K 4037/07.F; VG Frankfurt a.M. v. 18.2.2009 – 7 K 4170/07.F, jeweils veröffentlicht in der Entscheidungssammlung der hessischen Justiz unter http://lareda.hessenrecht.hessen.de; VG Frankfurt a.M. v. 7.5.2009 – 7 L 676/09.F, NVwZ 2009, 1182. 76 Vgl. Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 21 WpHG Rz. 46, hier fehlt es schon an der Erfüllung des Tatbestands einer Verwertung der Tatsachen oder personenbezogenen Daten.
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 35 § 9
nur unter dem Vorbehalt der steuerlichen Nichtverwertung zur Übermittlung von Informationen an die Bundesanstalt bereit seien77. Dem entsprechend ist die Weitergabe von verschwiegenheitspflichtigen Informationen an Finanz- 33 behörden nur in bestimmten Fallkonstellationen möglich. So gelten die Vorschriften der §§ 93, 97, 105 Abs. 1, § 111 Abs. 5 AO i.V.m. § 105 Abs. 1 AO sowie § 116 Abs. 1 AO grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme gilt für Steuerstrafverfahren. Diese Ausnahmeregelung wurde mit dem Abwicklungsmechanismusgesetz78 erweitert. Nach der vorherigen Rechtslage galten für die BaFin die Informationspflichten der AO gegenüber Steuerbehörden nur in Bezug auf Steuerstraftaten, an deren Verfolgung ein zwingendes öffentliches Interesse bestand, sowie bei vorsätzlich falschen Angaben. Nunmehr gelten die Pflichten für die Beschäftigten der Bundesanstalt, die nach § 7 Abs. 2 WpÜG beauftragten Personen und die Personen, die im Rahmen der dienstlichen Berichterstattung Kenntnis von den verschwiegenheitspflichtigen Informationen erhalten haben, nur, soweit die Finanzbehörden die Kenntnisse für die Durchführung eines Verfahrens wegen einer Steuerstraftat sowie eines damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahrens benötigen. Mit dieser Änderung wurden die Möglichkeiten der Steuerbehörden zur Sachverhaltsfeststellung gestärkt, um Steuerhinterziehung im Finanzmarktbereich wirksam zu bekämpfen. Die Änderung schafft damit im unionsrechtlich zulässigen Rahmen angepasste Pflichten der Bundesanstalt nach der AO gegenüber Finanzbehörden79, da die Weitergabe zur strafrechtlichen Verfolgung zulässig ist. Insoweit ist weiterhin maßgeblicher Aspekt, dass die Kenntnisse für die Durchführung eines Steuerstrafverfahrens erforderlich sind. In Bezug auf die vorgenannte Ausnahme hat der Gesetzgeber in § 9 Abs. 2 Satz 2 WpÜG zwei Rückausnahmen geregelt, bei der eine Weitergabe von verschwiegenheitspflichtigen Informationen an Finanzbehörden auch im Falle von Steuerstrafverfahren nicht befugt, also ausgeschlossen ist. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WpÜG dürfen von den in Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 bezeichneten Personen (vgl. Rz. 5) solche Tatsachen nicht weitergegeben werden, die durch eine Stelle eines anderen Staates im Sinne von Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 oder durch von dieser Stelle beauftragte Personen mitgeteilt worden sind. Hintergrund dieser Rückausnahme ist, dass die Bundesanstalt vertrauliche Informationen aus dem Ausland regelmäßig nur mit ausdrücklicher Zustimmung der ausländischen Behörden und nur für Zwecke weitergeben darf, denen diese Behörden zugestimmt haben. Entsprechend nimmt diese Regelung darauf Rücksicht, dass anderenfalls der Informationsaustausch auf internationaler Ebene gefährdet werden könnte. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WpÜG dürfen die bei der Bundesanstalt beschäftigten Personen zudem solche Informationen nicht weitergeben, die sie durch ihre Mitwirkung an der Aufsicht über direkt von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigte Institute erlangen und die nach den Regeln der EZB geheim sind. Hierbei verweist der Gesetzgeber insbesondere auf die Tätigkeit in gemeinsamen Aufsichtsteams nach Art. 2 Nr. 6 VO Nr. 468/2014 (SSM-Rahmenverordnung).
34
D. Förmliche Verpflichtung von Mitgliedern des Beirats und des Widerspruchsausschusses (§ 9 Abs. 3 WpÜG) § 9 Abs. 3 WpÜG verlangt, sämtliche Mitglieder des Beirates (§ 5 WpÜG) und die ehrenamtlichen Mitglieder des Widerspruchsausschusses (§ 6 WpÜG) nach dem Verpflichtungsgesetz auf die Einhaltung ihrer Obliegenheiten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, d.h. die Einhaltung ihrer Verschwiegenheitspflicht und die Beachtung des Verwertungsverbots förmlich zu verpflichten80. Hintergrund ist, dass diese Personen regelmäßig nicht verbeamtet sind und für eine wirksame Durchsetzung der Verschwie-
77 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. So schon zur Parallelregelung in § 8 Abs. 2 WpHG a.F. Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 42 f. 78 Art. 10 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusgesetz – AbwMechG) vom 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1864. 79 Vgl. Begr. RegE zum AbwMechG, BT-Drucks. 18/5009, 89, 71. 80 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 19.
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§ 9 Rz. 35 Verschwiegenheitspflicht genheitspflicht, z.B. in Bezug auf § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB81 und auf Zeugnisverweigerungsrechte82, dann eine gesonderte Verpflichtung notwendig ist. Insoweit verlangt das WpÜG zwar nicht zwingend eine förmliche Verpflichtung von Personen83, die nach § 7 Abs. 2 WpÜG tätig werden, diese empfiehlt sich aber. Die Verpflichtung wird durch die Bundesanstalt durchgeführt und dokumentiert.
E. Rechtsfolgen der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht und des Verwertungsverbots 36
Das WpÜG enthält selbst keine Sanktionen der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. Verstöße gegen § 9 WpÜG werden von den Sanktionsvorschriften des 8. Abschnitts des Gesetzes (§§ 59–65 WpÜG), unter diesen namentlich den Bußgeldvorschriften des § 60 WpÜG, nicht erfasst. Dessen ungeachtet sind Verstöße gegen § 9 WpÜG sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich haftungsbewehrt.
I. Strafrechtliche Folgen 37
In erster Linie können Verschwiegenheitspflichtverletzungen strafrechtliche Konsequenzen nach Maßgabe von § 203 Abs. 2 StGB, Verstöße gegen das Verwertungsverbot solche nach § 204 StGB nach sich ziehen84. Nach § 203 Abs. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer als Amtsträger unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm anvertraut oder sonst bekannt geworden ist. Handelt er dabei gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so kann auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren erkannt werden (§ 203 Abs. 5 StGB). Wer fremde Geheimnisse, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis unter Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht verwertet, wird nach § 204 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In beiden Fällen, §§ 203 und 204 StGB, ist nur vorsätzliches Handeln strafbar (§ 15 StGB) und der Versuch nicht unter Strafe gestellt (§ 23 Abs. 1 StGB). Die Vergehen nach §§ 203 Abs. 2, 204 StGB werden nur auf Antrag des Verletzten verfolgt (§ 205 StGB).
38
Werden mit einem Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zugleich „wichtige öffentliche Interessen gefährdet“, kommt darüber hinaus eine Strafbarkeit nach § 353b Abs. 1 und Abs. 2 StGB in Betracht; in diesem Falle ist auch der Versuch strafbar (§ 353b Abs. 3 StGB). Eine Tat nach § 353b Abs. 1 und Abs. 2 StGB wird nur mit Ermächtigung durch die in § 353b Abs. 4 Satz 2 StGB genannten Stellen verfolgt (siehe § 353b Abs. 4 Satz 1 StGB). Ist im Zusammenhang mit der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht eine Vorteilsnahme im Spiel oder wird von der Verschwiegenheitspflicht erfasstes Wissen um eine Gegenleistung willen offenbart, kann auch ein Verstoß gegen § 331 StGB (Vorteilsnahme) oder § 332 StGB (Bestechlichkeit) vorliegen.
39
Ein Verstoß gegen das Verwertungsverbot des § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG kann darüber hinaus, wenn es sich bei der verwerteten Information um eine Insiderinformation (Art. 7 VO Nr. 596/2014) handelt, eine Insiderstraftat nach Art. 14 VO Nr. 596/2014, § 119 Abs. 3 WpHG darstellen. So z.B. die Kenntnis von einem bevorstehenden Übernahmeangebot, das noch nicht öffentlich bekannt ist. Aus der fahrlässigen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 WpÜG können sich für den jeweiligen Beschäftigten der Bundesanstalt letztlich auch dienst- und arbeitsrechtliche Konsequenzen85 ergeben. 81 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 19; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 49; Noack in Schwark/ Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 20; Kreße in MünchKomm. AktG, § 9 WpÜG Rz. 22. 82 BGH v. 16.2.2016 – VI ZR 441/14, ZIP 2016, 593 = AG 2016, 399, zu §§ 376 Abs. 1, 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, die trotz Vorliegen der parallelen Amtsverschwiegenheitspflichten gemäß § 8 WpHG a.F. (heute § 21 WpHG) und § 9 KWG nicht zum Tragen kämen. 83 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 19. 84 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 20; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 23; Ritz in Baums/ Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 21; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 47 ff.; Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 20 f.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 19. 85 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 20; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 59.
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Verschwiegenheitspflicht
Rz. 43 § 9
II. Zivilrechtliche Folgen Als zivilrechtliche Folge der Verletzung sowohl der Verschwiegenheitspflicht als auch des Verwertungsverbots kommt in erster Linie eine Staatshaftung für die Amtspflichtverletzung86 der Normadressaten des § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nach Maßgabe von Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB in Frage. Die Normadressaten des § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG sind Beamte in dem für die Staatshaftung nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB erforderlichen Sinne (es gilt der sog. haftungsrechtliche Beamtenbegriff). Die Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG stellt eine auch der Wahrung der Interessen eines nach dem WpÜG Verpflichteten oder eines Dritten dienende Amtspflicht dar87. Darüber hinaus ist allerdings erforderlich, dass die Amtspflichtverletzung „in Ausübung“ des dem Beamten im haftungsrechtlichen Sinne „anvertrauten öffentlichen Amtes“ erfolgt (Art. 34 GG), was voraussetzt, dass ein enger innerer und äußerer Zusammenhang zwischen Amtspflichtverletzung und anvertrautem Amt besteht88. Das mag bei Verschwiegenheitspflichtverletzungen regelmäßig zu bejahen sein, ist aber bei der Verwertung von Tatsachen und personenbezogenen Daten zu eigenem oder fremdem Vorteil eher zu bezweifeln.
40
Scheidet die Staatshaftung aus, was i.d.R. nur deshalb in Betracht kommt, weil es an der letztgenannten 41 Voraussetzung fehlt, ist für eine Eigenhaftung desjenigen, der seine Amtspflicht verletzt, nach § 839 BGB kein Raum, denn sie greift nur in dem vorliegend auszuschließenden Fall ein, dass der Beamte – der hier zudem Beamter im staatsrechtlichen Sinne (d.h. nach § 6 BBG formell zum Beamten ernannt) sein muss – im privatrechtlichen Funktionskreis der Verwaltung tätig geworden ist. Eine Eigenhaftung des Beamten kommt unter diesen Umständen nur nach anderweitigen Anspruchsgrundlagen (siehe unten Rz. 33 f.) in Frage. Sind die Voraussetzungen einer Staatshaftung dagegen gegeben, so kann im Falle vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns des Normadressaten bei diesem Rückgriff genommen werden (Art. 34 Satz 2 GG). Soweit die Staatshaftung nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB nicht eingreift, kann die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht und des Verwertungsverbots die deliktische Haftung nach sich ziehen. Zweck der Verschwiegenheitspflicht und des Verwertungsverbots aus § 9 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist es, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Bieters, der Zielgesellschaft und anderer Betroffener („Dritter“) zu schützen (siehe oben Rz. 2), so dass die Bestimmung als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB89 zu Gunsten der Vorgenannten anzusehen ist und ihre Verletzung Schadensersatzansprüche (in den hier in Frage kommenden Fällen praktisch weniger relevant sind damit zusammenhängende Unterlassungsund Beseitigungsansprüche) der Geschädigten zur Folge haben kann. Des Weiteren kommt eine zivilrechtliche Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB (Recht am Gewerbebetrieb, denkbar auch Persönlichkeitsrechtsverletzung) und § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, wobei bedingter Vorsatz genügt) in Betracht.
42
Darüber hinaus sind bei Verstößen gegen das Verwertungsverbot § 812 BGB (Eingriffskondiktion) und vor allem § 687 Abs. 2 BGB (angemaßte Eigengeschäftsführung) nahe liegende Anspruchsgrundlagen, um dem Kondiktionsgläubiger bzw. dem Geschäftsherrn Zugriff auf das durch die Verwertung der geheimen Tatsachen oder personenbezogenen Daten Erlangte zu ermöglichen.
43
86 Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 20; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 21; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 9 WpÜG Rz. 18; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 63. 87 Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 19; Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 20; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 22. 88 BGH v. 26.11.1953 – III ZR 26/52, BGHZ 11, 181, 185 ff.; BGH v. 16.4.1964 – III ZR 182/63, BGHZ 42, 176, 177 ff.; BGH v. 12.12.1991 – III ZR 10/91, NJW 1992, 1227, 1228. 89 Wie hier im Übrigen Noack in Schwark/Zimmer, § 9 WpÜG Rz. 19; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 9 WpÜG Rz. 1; Ritz in Baums/Thoma/Verse, § 9 WpÜG Rz. 23; Holst in KölnKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 57 f.; Klepsch in Steinmeyer, § 9 WpÜG Rz. 20; Linke in FrankfKomm. WpÜG, § 9 WpÜG Rz. 21. Entsprechend § 9 KWG Reischauer/Kleinhans, § 9 KWG Rz. 29.
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Abschnitt 3 Angebote zum Erwerb von Wertpapieren
§ 10 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (1) Der Bieter hat seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich gemäß Absatz 3 Satz 1 zu veröffentlichen. Die Verpflichtung nach Satz 1 besteht auch, wenn für die Entscheidung nach Satz 1 der Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters erforderlich ist und ein solcher Beschluss noch nicht erfolgt ist. Die Bundesanstalt kann dem Bieter auf Antrag abweichend von Satz 2 gestatten, eine Veröffentlichung erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen, wenn der Bieter durch geeignete Vorkehrungen sicherstellt, dass dadurch Marktverzerrungen nicht zu befürchten sind. (2) Der Bieter hat die Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 vor der Veröffentlichung 1. den Geschäftsführungen der Börsen, an denen Wertpapiere des Bieters, der Zielgesellschaft und anderer durch das Angebot unmittelbar betroffener Gesellschaften zum Handel zugelassen sind, 2. den Geschäftsführungen der Börsen, an denen Derivate im Sinne des § 2 Absatz 3 des Wertpapierhandelsgesetzes gehandelt werden, sofern die Wertpapiere Gegenstand der Derivate sind, und 3. der Bundesanstalt mitzuteilen. Die Geschäftsführungen dürfen die ihnen nach Satz 1 mitgeteilten Entscheidungen vor der Veröffentlichung nur zum Zwecke der Entscheidung verwenden, ob die Feststellung des Börsenpreises auszusetzen oder einzustellen ist. Die Bundesanstalt kann gestatten, dass Bieter mit Wohnort oder Sitz im Ausland die Mitteilung nach Satz 1 gleichzeitig mit der Veröffentlichung vornehmen, wenn dadurch die Entscheidungen der Geschäftsführungen über die Aussetzung oder Einstellung der Feststellung des Börsenpreises nicht beeinträchtigt werden. (3) Die Veröffentlichung der Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 ist 1. durch Bekanntgabe im Internet und 2. über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, das bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, nach § 53 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen tätigen Unternehmen, anderen Unternehmen, die ihren Sitz im Inland haben und an einer inländischen Börse zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, und Versicherungsunternehmen weit verbreitet ist, in deutscher Sprache vorzunehmen. Dabei hat der Bieter auch die Adresse anzugeben, unter der die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 erfolgen wird. Eine Veröffentlichung in anderer Weise darf nicht vor der Veröffentlichung nach Satz 1 vorgenommen werden. (4) Der Bieter hat die Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 unverzüglich den Geschäftsführungen der in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 erfassten Börsen und der Bundesanstalt zu übersenden. Dies gilt nicht, soweit die Bundesanstalt nach Absatz 2 Satz 3 gestattet hat, die Mitteilung nach Absatz 2 Satz 1 gleichzeitig mit der Veröffentlichung vorzunehmen. (5) Der Bieter hat dem Vorstand der Zielgesellschaft unverzüglich nach der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots schriftlich mitzuteilen. Der Vorstand der Zielgesellschaft unterrichtet den zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar die Arbeitnehmer, unverzüglich über die Mitteilung nach Satz 1. Der Bieter hat die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots ebenso seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern unverzüglich nach der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 mitzuteilen. Assmann
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§ 10 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (6) Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung gilt nicht für Entscheidungen zur Abgabe eines Angebots. [Geplante Anfügung durch das Gesetz zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien und zur Anpassung des Wertpapierhandelsgesetzes an die Unterrichtungs- und Nachweispflichten nach den Artikeln 4a und 10 der Verordnung (EU) Nr. 648/ 2012: „ , soweit letztere unter Beachtung des Artikels 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1055 der Kommission vom 29. Juni 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards hinsichtlich der technischen Mittel für die angemessene Bekanntgabe von Insiderinformationen und für den Aufschub der Bekanntgabe von Insiderinformationen gemäß Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 30.6.2016, S. 47) in der jeweils geltenden Fassung und des § 3a der Wertpapierhandelsanzeigeverordnung veröffentlicht wurden.“] A. Die Vorschriften des Abschnitts 3 . . . . . . I. Regelungsreichweite und Normentwicklung . II. Der Zeitraum vor der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots . . . . . . . . . . . . . B. Übersicht über die Regelung des § 10 WpÜG und Normentwicklung . . . . . C. Pflicht zur Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots (§ 10 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . II. Entscheidung des Bieters (§ 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . 1. Natürliche Person . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrere Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anderweitige Auslöser einer Veröffentlichungspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . III. Unbeachtlichkeit der Entscheidung der Gesellschafterversammlung (§ 10 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . 2. Ausnahme und Ausnahmegenehmigung (§ 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . IV. Unverzügliche Veröffentlichung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . 1. Unverzüglich . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt der Veröffentlichung . . . . . . . . 3. Art und Weise der Veröffentlichung . . . . 4. Abbruch des Angebotsverfahrens durch den Bieter nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots D. Mitteilungspflichten vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . .
1 1 3 5
9 9 11 12 14 28 30
32 32 33 44 44 46 50
51
I. Die Mitteilungspflichten und ihre Adressaten (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . II. Zweckgebundene Verwendung der Mitteilungen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) . . . . . . III. Sonderregelung für „ausländische“ Bieter (§ 10 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . E. Veröffentlichungsverfahren (§ 10 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . F. Übersendung der Veröffentlichung an die BaFin und die beteiligten Börsenstellen (§ 10 Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . G. Unterrichtungspflichten des Bieters und des Vorstands der Zielgesellschaft (§ 10 Abs. 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Pflicht des Bieters zur Unterrichtung des Vorstands der Zielgesellschaft (§ 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . III. Pflicht des Vorstands der Zielgesellschaft zur Unterrichtung der Arbeitnehmervertretung bzw. der Arbeitnehmer (§ 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . IV. Pflicht des Bieters zur Unterrichtung seines Betriebsrats bzw. seiner Arbeitnehmer (§ 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . H. Ad-hoc-Publizität (§ 10 Abs. 6 WpÜG) . J. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen . I. Ordnungswidrigkeitsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . II. Zivilrechtliche Rechtsfolgen . . . . . . . . 1. Pflichtverletzungen des Bieters . . . . 2. Pflichtverletzungen des Vorstands der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . .
56 62 64
.
66
.
72
. .
74 74
.
76
.
78
.
81
. . . .
82 89
. . . . . .
89 94 94
. .
97
56
Schrifttum: Assmann, Erwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz aus der Sicht der Bietergesellschaft, AG 2002, 114; Assmann, Übernahmeangebote im Gefüge des Kapitalmarktrechts, insbesondere im Lichte des Insiderrechts, der Ad-hoc-Publizität und des Manipulationsverbots, ZGR 2002, 697; Assmann, Unternehmenszusammenschlüsse und Kapitalmarktrecht, ZHR 172 (2008), 635; Bachmann, Kapitalmarktrechtliche Probleme bei der Zusammenführung von Unternehmen, ZHR 172 (2008), 597; Bingel, Die
204
Assmann
Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 2 § 10
„Insiderinformation“ in zeitlich gestreckten Sachverhalten und die Folgen der jüngsten EuGH-Rechtsprechung für M&A-Transaktionen, AG 2012, 685; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, (WpÜG), AG 2016, 597; Cascante/Tyrolt, 10 Jahre WpÜG – Reformbedarf im Übernahmerecht, AG 2012, 97; Casper, Information und Vertraulichkeit im Vorfeld von Unternehmensübernahmen, in Kämmerer/Veil (Hrsg.), Übernahme- und Kapitalmarktrecht in der Reformdiskussion, 2013, S. 203; Decker, Ad-hoc-Publizität bei öffentlichen Übernahmen – Das Verhältnis der Adhoc-Publizitätspflichten aus § 15 WpHG und § 10 WpÜG, 2008; Diekmann, Änderungen im Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz anlässlich der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht, NJW 2007, 17; Eichner, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, 2009; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52; Grobys, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, NZA 2002, 1; Gunßer, Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht bei zukunftsbezogenen Sachverhalten, NZG 2008, 855; Hamann, Die Angebotsunterlage nach dem WpÜG, ZIP 2001, 2249; Hippeli, Rechtsprobleme von nach der Übernahmepublizität pluralistisch agierenden Bietern im öffentlichen Übernahmerecht, NZG 2016, 1207; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem WpÜG, ZHR 166 (2002), 383; Hopt, Übernahmen, Geheimhaltung und Interessenkonflikte: Probleme für Vorstände, Aufsichtsräte und Banken, ZGR 2002, 333; Krause, Kapitalmarktrechtliche Compliance: neue Pflichten und drastisch verschärfte Sanktionen nach der EU-Marktmissbrauchsverordnung, CCZ 2014, 248; Land, Das neue deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DB 2001, 1707; Land/Hasselbach, Das neue deutsche Übernahmegesetz, DB 2000, 1747; Lebherz, Publizitätspflichten bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen, WM 2010, 154; Lenz/Behnke, Das WpÜG im Praxistest, BKR 2003, 43; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Noack, Elektronische Publizität im Aktien- und Kapitalmarktrecht in Deutschland und Europa, AG 2003, 537; Möller/Pötzsch, Das neue Übernahmerecht – Der Regierungsentwurf vom 11.7.2001, ZIP 2001, 1256; Oechsler, Rechtgeschäftliche Anwendungsprobleme bei öffentlichen Übernahmeangeboten, ZIP 2003, 1330; Scholl/ Siekmann, Rechtsgeschäftliche Probleme im Übernahmerecht, BKR 2013, 316; Seibt, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, DB 2002, 529; Seibt, Rechtsposition und Einflussmöglichkeiten der Betriebsverfassungsorgane bei WpÜG-Übernahmeverfahren, in FS Willemsen, 2018, S. 510; Sustmann, Information und Vertraulichkeit im Vorfeld von Unternehmensübernahmen, in Kämmerer/Veil (Hrsg.), Übernahme- und Kapitalmarktrecht in der Reformdiskussion, 2013, S. 229; Thoma, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Überblick, NZG 2002, 105; Tröger, Unternehmensübernahmen im deutschen Recht, DZWIR 2002, 353 (I), 397 (II); Tröger, Deutsches und europäisches Übernahmerecht, in Dörner/Menold/Pfitzer/Oser (Hrsg.), Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Prüfung, 2. Aufl. 2003, S. 135; Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009; Zschocke/Berresheim, Schadensersatzhaftung des Bieters wegen unterlassener Angebotsunterbreitung im Übernahmerecht, BKR 2004, 301. Siehe im Übrigen das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Die Vorschriften des Abschnitts 3 I. Regelungsreichweite und Normentwicklung Die Bestimmung leitet die Vorschriften des Abschnitts 3 des Gesetzes (§§ 10–28 WpÜG) ein, die sich 1 auf alle Angebote i.S. des § 2 Abs. 1 WpÜG beziehen. §§ 10–28 WpÜG sind mithin grundsätzlich sowohl auf freiwillige Angebote in Gestalt der in Abschnitt 3 unmittelbar geregelten Angebote zum Erwerb von Wertpapieren und der in Abschnitt 4 (§§ 29–34 WpÜG) behandelten Übernahmeangebote als auch auf die in Abschnitt 5 (§§ 35–39 WpÜG) geregelten Pflichtangebote anwendbar. Zusammen mit den in § 3 WpÜG niedergelegten allgemeinen Grundsätzen stellen die Vorschriften des 3. Abschnitts damit gleichsam den allgemeinen Teil der materiellen Regelungen des Ablaufs der vom Gesetz erfassten Angebote (einschließlich der Rechte und Pflichten der Beteiligten) dar. Soweit die Vorschriften des 3. Abschnitts auf Übernahme- und Pflichtangebote keine Anwendung finden sollen, ist dies in den diese Angebotsformen betreffenden Vorschriften des 4. und 5. Abschnitts des Gesetzes ausdrücklich angeordnet (siehe § 34 WpÜG für Übernahmeangebote und § 39 WpÜG für Pflichtangebote). Auf Pflichtangebote nach § 35 WpÜG findet der hier zu erläuternde § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG aber gemäß § 39 WpÜG keine Anwendung (näher unten Rz. 10). Abgesehen davon, dass sie die Grundlage der gesetzlichen Regelung von Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten bilden, regeln die Vorschriften des 3. Abschnitts aber auch und vor allem die selbständige Angebotsform des freiwilligen, nicht auf den Erwerb der Kontrolle gerichteten (siehe § 29 WpÜG) Wertpapiererwerbsangebots. Nur ausnahmsweise und im Hinblick auf ihre weitere Funktion, die für alle Angebotsformen geltenden allgemeinen Regeln bereit zu stellen, enthalten die Vorschriften des 3. Abschnitts auch einige die allgemeinen Regeln modifizierende spezielle Bestimmungen Assmann
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§ 10 Rz. 2 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots für Übernahmeangebote (§§ 16 Abs. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 23 Abs. 2, 29 Abs. 1 WpÜG) und Pflichtangebote (§ 23 Abs. 2 WpÜG).
II. Der Zeitraum vor der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots 3
Die Bestimmungen des Abschnitts 3 regeln die verschiedenen Phasen eines Angebots, beginnend mit der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 1 WpÜG). Vor der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots liegende Vorgänge sind vom WpÜG nur ausnahmsweise, im Zusammenhang mit der Ermittlung der Gegenleistung des Bieters (siehe § 31 Abs. 3 WpÜG i.V.m. § 4 WpÜG-AngVO), erfasst1. Im Übrigen fehlt es an speziellen übernahmerechtlichen Regelungen2. Die Zulässigkeit des Erwerbs von Aktien der Zielgesellschaft vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots durch den Bieter und der nachfolgenden Abgabe des Angebots bleibt damit von den Vorschriften des Gesetzes unberührt. Allerdings ist zu beachten, dass der Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft außerhalb eines Angebotsverfahrens ein Pflichtangebot nach § 35 WpÜG auslösen kann.
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Von den Vorschriften des Abschnitts 3 und den übrigen Bestimmungen des WpÜG unberührt bleiben auch die allgemeinen, anderweitig niedergelegten kapitalmarktrechtlichen Regelungen: So können bereits Pläne und Vorhaben zur Abgabe eines Angebots dem Insiderhandelsverbot nach Art. 14 VO Nr. 596/2014, §§ 119 Abs. 3 und 4, 120 Abs. 14 WpHG unterfallen3, wenn diese hinreichend präzise und kurserheblich, d.h. geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs bzw. den Börsen- oder Marktpreis dieser Papiere erheblich zu beeinflussen4. Das Insiderhandelsverbot hindert die Bietergesellschaft allerdings weder an der Durchführung des Angebots noch am weiteren Zukauf von Wertpapieren der Zielgesellschaft5. Bis zu ihrer Veröffentlichung nach Art. 10 Abs. 1, 3 WpHG oder ihrem anderweitigen öffentlichen Bekanntwerden kommt auch die Entscheidung über die Abgabe eines Angebots selbst als Insiderinformation in Betracht, wobei regelmäßig von einer Kursrelevanz einer diesbezüglichen Information auszugehen ist6. Für das Eingreifen der Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 ist die Sonderregelung des § 10 Abs. 6 WpÜG zu berücksichtigen, die auch Ausstrahlungen auf die Anwendung dieser Vorschrift für Ereignisse im Vorfeld der Entscheidung über die Abgabe eines Angebots hat; im Einzelnen siehe hierzu die Erläuterungen unten Rz. 82 ff.
B. Übersicht über die Regelung des § 10 WpÜG und Normentwicklung 5
Die Vorschriften des WpÜG zur Regelung von freiwilligen Angebotsverfahren knüpfen an die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots und nicht erst an die Veröffentlichung eines Angebots, d.h. die Abgabe eines Angebots („Antrags“, §§ 145 ff. BGB) im rechtsgeschäftlichen Sinne, an (Rz. 3). Der Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG, zu der er nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verpflichtet ist, kommt dementsprechend die Funktion zu, das vom WpÜG geregelte Angebotsverfahren zu eröffnen, als Anknüpfungspunkt von Fristen und als Auslöser von Rechten und Pflichten freiwilliger oder unfreiwilliger Verfahrensbeteiligter zu dienen. So beginnt mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots die vierwöchige Frist zu laufen, innerhalb derer der Bieter der Aufsichtsbehörde nach § 14 1 Zu den diese Phase anwendbaren Regelungskomplexen und Vorschriften siehe etwa Assmann, ZGR 2002, 697, 700 ff.; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 Rz. 28 ff. Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 6 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 3. 2 Vgl. etwa Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 401; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 5. 3 S. etwa Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 18; Art. 14 Rz. 212 ff. Allgemein zur insiderrechtlichen Behandlung von Plänen, Vorhaben oder Absichten Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 20 ff. 4 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 20 ff. (präzise) und Rz. 78 ff. (kurserheblich). 5 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 18. 6 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 95.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 7 § 10
Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Angebotsunterlage zu übermitteln hat. Des Weiteren darf der Vorstand der Zielgesellschaft nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Zweck der Anknüpfung des Angebotsverfahrens nach Maßgabe des WpÜG und der mit dessen unterschiedlichen Etappen verbundenen materiellrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Bestimmungen an die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots ist es, über die Verfahrenseröffnung hinaus, die Öffentlichkeit frühzeitig über marktrelevante Daten zu informieren, die Ausnutzung von Spezialwissen zu verhindern7 und – für den Fall, dass dieses Spezialwissen eine Insidertatsache darstellt – dem Insiderhandel vorzubeugen. Dabei nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass die Zielgesellschaft erst mit oder nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots von diesem erfährt bzw. in Kenntnis gesetzt wird (§ 10 Abs. 5 WpÜG). Im Einzelnen setzt § 10 WpÜG dieses Konzept wie folgt um: – § 10 Abs. 1 WpÜG verpflichtet den Bieter, seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich zu veröffentlichen. – Nach § 10 Abs. 2 WpÜG hat der Bieter seine Entscheidung vor deren Veröffentlichung der Geschäftsführung der in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 WpÜG genannten Börsen und der BaFin mitzuteilen. Unter den in § 10 Abs. 2 Satz 3 WpÜG genannten Voraussetzungen kann die BaFin einem ausländischen Bieter gestatten, seinen vorstehend angeführten Mitteilungspflichten gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zu genügen. – § 10 Abs. 3 WpÜG regelt die Art und Weise, in der die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zu veröffentlichen ist. – § 10 Abs. 4 WpÜG verlangt vom Bieter, dass er die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots den Börsen und der BaFin, welche er vorab nach § 10 Abs. 2 WpÜG zu informieren hatte, übersendet. – § 10 Abs. 5 WpÜG legt dem Bieter die Verpflichtung auf, den Vorstand der Zielgesellschaft unverzüglich nach der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots von dieser schriftlich in Kenntnis zu setzen, was wiederum den Vorstand dazu verpflichtet, unverzüglich den Betriebsrat bzw., falls ein solcher nicht existiert, die Arbeitnehmer entsprechend zu unterrichten. Darüber hinaus muss der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich auch seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern mitteilen. – Aus § 10 Abs. 6 WpÜG ergibt sich, dass die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 unterfällt.
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Im Hinblick auf das Ziel, die Öffentlichkeit vorrangig von der Entscheidung des Bieters über die Abga- 7 be eines Angebots zu informieren und die Möglichkeit zur Ausnützung von Wissensvorsprüngen zu minimieren, stellt die Vorschrift eine Verbesserung gegenüber der Regelung des Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission8 dar, der in seinem Art. 5 lediglich Mitteilungspflichten über den Inhalt des Angebots gegenüber der Zielgesellschaft, den dort näher benannten Börsen, der Aufsichtsbehörde und der Geschäftsstelle der Übernahmekommission vorsah, deren sich der Bieter vor Abgabe des Angebots zu entledigen hatte. Andererseits sieht § 10 WpÜG – aus Gründen der Rechtssicherheit und verschiedener anderweitiger Systemdivergenzen zu Recht – davon ab, sich die Regelung des österreichischen Übernahmegesetzes und des britischen City Code on Takeovers and Mergers (City Code) zu eigen zu machen, welche – weitgehend übereinstimmend – eine Pflicht zur Veröffentlichung der Überlegungen oder Absicht zur Abgabe eines Angebots (§ 5 Abs. 2 ÜbG) bzw. eines Angebotsvorhabens (Rule 2.2 i.V.m. Nr. 3 der General Principles des City Code) u.a. für den Fall vorsehen, dass erhebliche Kursbewegungen in den Wertpapieren der Zielgesellschaft zu beobachten sind oder Gerüchte und Spekulationen über ein bevorstehendes Angebot auftreten. Die angeführte Regelung des City Code, derzufolge Indizien für das Durchsickern von Informationen über ein noch nicht veröffentlichtes Angebot oder des Ausnutzens von Wissen über dasselbe eine Pflicht zur Veröffentlichung des An7 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 8 Vom 14.7.1995, geändert durch die Bekanntmachung vom 28.11.1997 mit Wirkung zum 1.1.1998, abgedruckt in Baumbach/Hopt, 30. Aufl. 2000 (18).
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§ 10 Rz. 7 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots gebotsvorhabens auslösen, ist vor allem auch eine Konsequenz des Ansatzes des Code, demzufolge ein Angebot zuerst und vor seiner Veröffentlichung dem Board der Zielgesellschaft oder seinen Beratern zu unterbreiten ist (Rule 1a City Code), was den Kreis der Geheimnisträger und die Gefahr des Geheimnisbruchs (die secrecy obligations sind Gegenstand von Rule 2.1 des City Code) nicht unerheblich erweitert. Anders als der City Code sieht das WpÜG (ausweislich § 10 Abs. 5 WpÜG) keine die Zielgesellschaft gegenüber der Öffentlichkeit privilegierende Vorabinformation der Ersteren vor. 8
Seit seinem Erlass hat § 10 WpÜG vier Änderungen erfahren: Eine erste, allerdings rein redaktionelle Änderung erfuhr § 10 WpÜG durch die Erste Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 29.4.20029. Soweit sich in der Norm die Bezeichnung der Aufsichtsbehörde als „Bundesaufsichtsamt“ (für „Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel“) fand, wurde diese Bezeichnung durch die neue Bezeichnung „Bundesanstalt“ (für „Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“) ersetzt. Die Bestimmung ist sodann durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes vom 8.7.200610 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (siehe Einl. Voraufl. Rz. 148, 153 f.) geringfügig modifiziert worden: Durch Änderung des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 trat an die Stelle der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots in mindestens einem überregionalen Börsenpflichtblatt die Bekanntgabe im Internet. Nach Hinzufügung eines neuen Satzes 3 zu § 10 Abs. 5 WpÜG ist der Bieter nicht mehr nur gegenüber den Arbeitnehmern der Zielgesellschaft, sondern auch gegenüber seinen Arbeitnehmern zur Unterrichtung über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots verpflichtet. Die Änderungen, die § 10 Abs. 6 WpÜG bzw. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.201611 bzw. das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 23.6.201712 erfahren hat, sind rein redaktionelle Änderungen zur Anpassung des § 10 WpÜG an Änderungen des WpHG infolge des Inkrafttretens der EU-Marktmissbrauchsverordnung VO Nr. 596/201413.
C. Pflicht zur Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots (§ 10 Abs. 1 WpÜG) I. Anwendungsbereich 9
Hat der Bieter sich zur Abgabe eines Angebots entschieden, das die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 WpÜG erfüllt, muss er die Entscheidung unverzüglich (dazu unten Rz. 44 f.), in der in § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG bestimmten Weise veröffentlichen. Diese Pflicht trifft den Bieter auch dann, wenn sein Angebot ein Übernahmeangebot darstellt, d.h. auf den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft gerichtet ist (§§ 29, 34 WpÜG). Die Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots setzt das Angebotsverfahren nach Maßgabe der Vorschriften des Gesetzes in Gang und hat als unmittelbare Folge die Nachweis- bzw. Mitteilungspflichten nach § 10 Abs. 4 und 5 WpÜG sowie die Verpflichtung, innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung der Bundesanstalt eine § 11 WpÜG und den Vorschriften der WpÜG-AngVO genügende Angebotsunterlage zu übermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG).
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Die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG knüpft an die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots an und setzt damit die Entscheidungsfreiheit des Bieters voraus, ein solches Angebot abzugeben oder zu unterlassen. Auf Pflichtangebote nach § 35 WpÜG findet § 10 Abs. 1 9 BGBl. I 2002, 1495. 10 BGBl. I 2006, 1426. 11 Gemäß Art. 16 Abs. 6 Nr. 1 1. FiMaNoG, BGBl. I 2016, 1514 wurden in „§ 10 Absatz 6 … die Wörter ‚§ 15 des Wertpapierhandelsgesetzes‘ durch die Wörter ‚Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung‘ ersetzt“. 12 Gemäß Art. 9 Nr. 2 2. FiMaNoG, BGBl. I 2017, 1693 wurde in „§ 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 … die Angabe ‚Abs. 2‘ durch die Angabe ‚Absatz 3‘ ersetzt“. 13 Siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum 1. FiMaNoG, BT-Drucks. 18/8099 v. 13.4.2018, S. 1, 111, bzw. RegE 2. FiMaNoG, BT-Drucks. 18/10936 v. 23.1.2017, S. 1, 272.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 12 § 10
Satz 1 WpÜG deshalb gemäß ausdrücklicher Bestimmung des § 39 WpÜG keine Anwendung. Vielmehr tritt in den Fällen, in denen eine Person unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt, die Pflicht zur Veröffentlichung dieses Umstands und der Höhe des erlangten Stimmrechtsanteils an die Stelle der Veröffentlichung der Entscheidung eines Bieters über die Abgabe eines Angebots (§ 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG).
II. Entscheidung des Bieters (§ 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG) Die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG setzt eine Entscheidung des Bieters zur 11 Abgabe eines Angebots voraus. Wer Bieter ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 4 WpÜG. Nach dieser Vorschrift kommen als Bieter i.S. des freiwillige Angebote betreffenden § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG alle natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften in Betracht, die allein oder gemeinsam mit anderen Personen ein Angebot abgeben oder ein solches abzugeben beabsichtigen. Zum Fall der gemeinschaftlichen Abgabe eines Angebots durch mehrere Bieter (Bietergemeinschaft) siehe unten Rz. 28 f. Anders als in Bezug auf die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 596/2014, muss es sich bei dem nach § 10 WpÜG veröffentlichungspflichtigen Bieter nicht um einen Emittenten nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 21 VO Nr. 596/2014 handeln, d.h. eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die Finanzinstrumente emittiert oder deren Emission vorschlägt. Die Entscheidung, ein Übernahmeangebot abgeben zu wollen, ist weder das Angebot selbst noch überhaupt eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung14. Sie entfaltet dementsprechend auch keine rechtsgeschäftlichen Bindungswirkungen, sondern ist lediglich der Auslöser eines Angebotsverfahrens in Gestalt von Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten (Rz. 9). Unter welchen Voraussetzungen eine Entscheidung als getroffen anzusehen ist, ist – nachfolgend Rz. 12 ff. – im Zusammenhang mit den in Frage kommenden Bietern in Gestalt natürlicher Personen, juristischer Personen oder Personengesellschaften zu behandeln. Für alle möglichen Bieter gilt, dass – ungeachtet des Konkretisierungsbedarfs in Bezug auf den einzelnen Bieter – nur die endgültige und unbedingte Entscheidung zur Abgabe eines Angebots eine Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auszulösen vermag. Dementsprechend ist unbestritten, dass bloße Vorbereitungshandlungen für ein Angebot und für die Entscheidung, ein solches abzugeben, keine Entscheidung i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG darstellen, so ist im Einzelnen doch fraglich, welche Maßnahmen und Vorgänge bloße Vorbereitungshandlungen darstellen15. 1. Natürliche Person Handelt es sich beim Bieter um eine natürliche Person, so ist seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots dann gefallen, wenn er sich entschlossen hat, ein Angebot abzugeben. Das setzt einen subjektiv unbedingten Handlungswillen16 des Bieters zur Abgabe eines Angebots voraus17. Daran fehlt es, wenn 14 Unstr. Vgl. etwa Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.54; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 8; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 23; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333; Scholl/ Siekmann, BKR 2013, 316; Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 3; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 83; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 6 f. Unglücklich deshalb die Formulierung bei Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 11, eine Entscheidung i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG liege vor, „wenn der Bieter sich entschlossen“ habe, ein Angebot abzugeben. 15 In Bezug auf die Veröffentlichungspflicht von Vorbereitungshandlungen nach Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 ausführlich zu denselben Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 17 ff. und unten Rz. 85. 16 So die allg. Meinung zum Merkmal des Entschlusses im Hinblick auf die Versuchsstrafbarkeit nach § 22 StGB; vgl. Eser/Bosch in Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 22 StGB Rz. 18 („Auf jeden Fall ist erforderlich, dass der Entschluss zur Tat bereits endgültig gefasst ist, der Täter also subjektiv unbedingten Handlungswillen hat“). 17 Ebenso Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 16. Ähnlich Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 69 (wenn „über das ‚Ob‘ der Abgabe eines Angebots endgültig entschieden“ wurde); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 20 („endgültige Entscheidung“); Müller-Michaels in Hölters, Rz. 13.74 („abschließende Meinungsbildung“); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 17 („verbindlicher und endgültiger Entschluss“), jedoch – wie Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 30 – mögliche Vorbehalte nicht berücksichtigend, wenn diese nicht aus dem Herrschafts-
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§ 10 Rz. 12 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots es für die Tatausführung noch eines weiteren Willensimpulses im Sinne eines „letzten Willensrucks“ bedarf18 oder die Person im Hinblick auf die Abgabe eines Angebots – wobei es auf das „Ob“ und nicht die Modalitäten (das „Wie“) des Angebots ankommt19 – noch Vorbehalte hat, etwa dergestalt, die endgültige Entscheidung zur Abgabe eines Angebots – und nicht erst das Angebot selbst – vom Eintritt eines Ereignisses (wie bspw. der Entwicklung der Börsenkurse oder vom Ergebnis einer Due-Diligence-Prüfung20) abhängig zu machen21 (zur Veröffentlichungspflicht von Vorgängen vor einer DueDiligence-Prüfung oder von dieser selbst nach VO Nr. 596/2014 siehe unten Rz. 85). Eine Veröffentlichung über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots, die Faktoren anzuführen hätte oder anführt, von denen die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots abhängt (also eine bedingte Angebotsentscheidung)22, oder, mit lediglich anderen Worten, eine „bedingte Vorankündigung“23, kann es deshalb nicht geben24. Anders verhält es sich, wenn sich der Bieter entschlossen hat, ein – nach Maßgabe von §§ 18, 25 WpÜG zulässiges – bedingtes Angebot abzugeben. In diesem Fall ist seine Entscheidung zur Abgabe des (bedingten) Angebots selbst unbedingt und nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WpÜG zu veröffentlichen. Hier kann allein fraglich sein, ob der Bieter in der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 WpÜG bereits auf die Bedingung des Angebots hinzuweisen hat (dazu unten Rz. 49). 13
Die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots ist eine innere Tatsache, die, wenn der Bieter sie nicht Dritten kundgibt, allenfalls anhand von Indizien nachzuweisen ist25. Praktische Schwierigkeiten im Hinblick auf die Veröffentlichungspflicht aus § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG dürften sich daraus gleichwohl nicht ergeben, da die Vorbereitung zur Abgabe eines Angebots alsbald den Einsatz von Hilfspersonen und damit die Kundgabe des inneren Tatbestands erfordert und natürliche Personen nur höchst selten als Bieter in Frage kommen dürften. Zu den objektiven Umständen, aus denen geschlossen werden kann, der Bieter habe seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots erheblich früher als veröffentlicht getroffen, soll etwa eine „sehr bald“ nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots an die BaFin übermittelte Angebotsunterlage gehören26. Das ist ebenso fragwürdig wie die Annahme, bereits der Beginn der Arbeiten an der Angebotsunterlage sei ein Anhaltspunkt für die bereits getroffene Entscheidung zur Abgabe eines Angebots, da der Bieter in der kurzen Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots die Angebotsunterlage erstellen und der BaFin übermitteln muss, weshalb in der Praxis selbst dann mit Vorbereitungen zur Erstellung der Angebotsunterlage begonnen wird,
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bereich des Bieters stammen. I.E., bei teilweise lediglich anderweitiger Paraphrasierung, auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 8 („wenn der interne Willensbildungsprozess des Bieters, also die Frage, ob ein Angebot abgegeben wird, zum Abschluss gekommen ist“, Hervorhebung im Original); Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 12 (wenn der Bieter „ernsthaft gewillt ist“, ein Angebot abzugeben). Eser/Bosch in Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 22 StGB Rz. 18. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 8; Lebherz, WM 2010, 154, 155; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 20. Jetzt wohl auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 19 (unter Abkehr von der in Rz. 18 dargestellten Ansicht, gewisse nicht aus dem Herrschaftsbereich des Bieters stammende Unsicherheitsfaktoren stünden der Annahme einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht entgegen). Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.58; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 9; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 35; Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 38; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 24. Zur Frage, ob diese eine nach Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 zu veröffentlichende Insiderinformation darstellen kann, siehe Rz. 85. Ebenso Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598 f.; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.58 (Angebotsentscheidung ist „bedingungsfeindlich“); Hippeli, NZG 2016, 1207 (unter Hinweis auf die entsprechende Verwaltungspraxis der BaFin); Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 4 („unbedingte“ Entscheidung erforderlich). So Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 23, 28 ff. So Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 14; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 76. Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.58; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 13; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 76: Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 10 WpÜG Rz. 19. Kritisch zu Indizienbeweisen, insbesondere den nachfolgend angeführten, Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.61. Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 44.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 15 § 10
wenn die endgültige Entscheidung zur Angebotsabgabe noch aussteht27. Auch ist es keinem potentiellen Bieter untersagt, sich für potentielle Angebote zu wappnen und soweit wie möglich eine schon kurz nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots veröffentlichungsfähige Angebotsunterlage vorzuhalten28. Als allgemeine Definition einer Entscheidung zu eng und zu speziell wird im Übrigen die Annahme anzusehen sein, von einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots könne ausgegangen werden, wenn ein Abrücken von dem Plan der Abgabe eines Angebots in Anbetracht aller Umstände objektiv nicht mehr ernstlich in Betracht komme29. Darüber hinaus lässt sich auch aus dem unmittelbaren oder mittelbaren sukzessiven Aufkauf von Wertpapieren der Zielgesellschaft durch den Bieter noch nicht zwingend auf einen bereits endgültigen Entschluss zur Abgabe eines Angebots schließen, da dem auch andere Vorhaben zugrunde liegen können als die Abgabe eines Wertpapiererwerbs- oder Übernahmeangebots. 2. Gesellschaften Ist der Bieter eine Gesellschaft, ist im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraus- 14 setzungen von einem subjektiv unbedingten Willen des Bieters zur Abgabe eines Angebots (Rz. 12) ausgegangen werden kann, zweierlei zu unterscheiden: Zum einen die Frage, wann der Wille der Bieter-Gesellschaft als gebildet angesehen werden kann (dazu Rz. 15 ff., 27); und zum anderen die Frage, inwieweit die Entscheidung der zur Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft berufenen Organe, deren Beschlüsse auch nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WpÜG vorliegen müssen, von Bedingungen abhängig gemacht werden kann (Rz. 24–26). Ist der Bieter eine Gesellschaft, hängt die Beantwortung der Frage, ob diese eine Entscheidung zur Ab- 15 gabe eines Angebots getroffen hat, von dem auf die Gesellschaft anwendbaren Gesellschaftsrecht in Bezug auf die Geschäftsführung und die Willensbildung der Gesellschaft ab. Bei Kapitalgesellschaften kann dies zur Folge haben, dass zu dem Beschluss der Geschäftsführung über die Abgabe eines Angebots die Zustimmung eines Aufsichtsorgans und/oder der Gesellschafterversammlung (im Falle einer AG oder KGaA: der Hauptversammlung) hinzutreten muss, die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots mithin erst dann als getroffen angesehen werden kann, wenn der mehrstufige Entscheidungsprozess zum Abschluss gekommen ist. Das Gesetz respektiert diesen Ablauf30, soweit er gesellschaftsrechtlich erforderlich ist (dazu unten Rz. 16 f.)31, mit der Ausnahme, dass es eine die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auslösende Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG bereits dann als gegeben ansieht, wenn deren Wirksamkeit allein von dem noch ausstehenden „Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters“ abhängt (dazu Rz. 16). Es folgte damit im Grundsatz den Regeln, welche sich in der Aufsichtspraxis und im Schrifttum im Hinblick auf die Bestimmung des Zeitpunkts herausgebildet hatten, zu dem eine Entscheidung eines Emittenten der Adhoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG a.F. unterlag32. Die Geltl-Entscheidung des EuGH33, welche die Frage zum Gegenstand hat, ob und unter welchen Voraussetzungen einzelne Vorgänge (Zwischenschritte) im Zuge eines mehrstufigen Entscheidungsprozesses Insiderinformationen darstellen und nach § 15 Abs. 1 WpHG zu veröffentlichen sind, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung, da die Vorschriften zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach § 15 WpHG a.F. und Art. 17 VO Nr. 596/2014 gemäß § 10 Abs. 6 WpÜG sowohl in dessen alter (auf § 15 WpHG a.F. 27 Ebenso Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 72 (mit Hinweis auf eine entsprechende Verwaltungspraxis der BaFin, die die Unverzüglichkeit der Bekanntgabe der Entscheidung auch dann nicht beanstande, wenn eine Angebotsunterlage unmittelbar nach der Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots eingereicht werde); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 14. Entsprechend findet sich im Schrifttum vielfach die Empfehlung, mit der Erstellung der Angebotsunterlage bereits vor der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots und der Veröffentlichung derselben zu beginnen. Etwa Hamann, ZIP 2001, 2249, 2250; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 14. 28 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 21 (Vorbereitung eines „Überraschungsangriffs“). 29 Liebscher, ZIP 2001, 853, 860. Wie dieser etwa auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 10; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2250 (Fn. 14). 30 Siehe Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 31 A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 38; Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 4. 32 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. Siehe auch Pötzsch/Möller, WM Sonderbeil. 2 zu Heft 31/2000, S. 16. 33 EuGH (2. Kammer) v. 28.6.2012 – C-19/11, AG 2012, 555.
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§ 10 Rz. 15 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bezogener) wie neuer Fassung auf Entscheidungen zur Abgabe eines Angebots – ungeachtet des Umstands, dass diese bis zu ihrer Veröffentlichung regelmäßig eine Insiderinformation darstellen (oben Rz. 4) – keine Anwendung fanden bzw. finden (Rz. 82 ff.). 16
Dass nach der in § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG enthaltenen Ausnahme zwar die gesellschaftsrechtlich – sei es durch Gesetz oder Satzung34 – vorgeschriebene Zustimmung des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, nicht aber diejenige der Hauptversammlung der Gesellschaft abgewartet werden darf, bevor die Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG vorzunehmen ist35, rechtfertigt sich unter zwei Gesichtspunkten. Zum einen: Wäre bei einer Bieter-AG die Zustimmung der Hauptversammlung abzuwarten, hätte die zu deren Einberufung einzuhaltende Prozedur zur Folge, dass das Vorhaben zur Abgabe eines Angebots auf eine nicht mehr kontrollierbare und zu Marktverzerrungen (namentlich in Bezug auf die Wertpapiere der Zielgesellschaft) führende Weise öffentlich bekannt würde36. Zum anderen: Die Rechte der Aktionäre der Bietergesellschaft werden dadurch gewahrt, dass in der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots auf die noch ausstehende Zustimmung der Hauptversammlung hingewiesen wird und das nachfolgende Angebot bei weiterhin ausstehender Zustimmung der Hauptversammlung unter der Bedingung der Zustimmung derselben abzugeben ist (§§ 18 Abs. 1, 25 WpÜG)37; in letzterem Falle ist der Beschluss der Hauptversammlung unverzüglich, spätestens bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist herbeizuführen (§ 25 WpÜG). Vermag der Bieter durch geeignete Vorkehrungen sicherzustellen, dass Marktverzerrungen aufgrund des Abwartens des gesellschaftsrechtlich erforderlichen Beschlusses der Hauptversammlung nicht zu erwarten sind, so kann die BaFin ihm gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG auf Antrag gestatten, abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, eine Veröffentlichung erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen (dazu unten Rz. 33 ff.).
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Sieht der Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung des Bieters in gesellschaftsrechtlich zulässiger Weise vor, dass Maßnahmen der Geschäftsführung, wie die Abgabe eines Übernahmeangebots, der Genehmigung durch ein anderes als ein zwingend vorgeschriebenes Organ der Gesellschaft – d.h. ein sog. fakultatives Organ – bedürfen, so ist auch dessen Zustimmung als gesellschaftsrechtlich erforderlich anzusehen. Für die Bieter-AG ist dies ohne Bedeutung, da die Bildung fakultativer Organe mit Zustimmungskompetenz zu Maßnahmen der Geschäftsführung in die aktiengesetzliche Zuständigkeitsordnung eingreifen würde und damit unzulässig wäre38. Anders verhält es sich in der Bieter-GmbH etwa im Hinblick auf einen nach § 52 Abs. 1 GmbHG gebildeten fakultativen Aufsichtsrat und die diesem zugewiesene Zustimmungskompetenz im Hinblick auf Geschäfte wie die Abgabe eines Übernahmeangebots39 bzw. einem neben oder an Stelle eines Aufsichtsrats gebildeten Beirat (Verwaltungsrat, Gesellschafteraus34 Tröger in Dörner/Menold/Pfitzer/Oser, S. 150. 35 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. Siehe auch Pötzsch/Möller, WM Sonderbeil. 2 zu Heft 31/2000, S. 16. Ferner etwa Assmann, AG 2002, 114, 117; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.59; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 8 (interner Willensbildungsprozess muss abgeschlossen sein); Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 35; Liebscher, ZIP 2001, 853, 860; Müller-Michaels in Hölters, Rz. 13.74; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 7; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 7; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 24; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 20, 22 f.; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 16 („gilt jedenfalls dann, wenn die Zustimmung gesellschaftsrechtlich erforderlich ist“, doch dürfe „die Entscheidung des Aufsichtsrats allerdings nicht über Gebühr verzögert werden“); Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 39 f.; Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 4; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 69; Tröger, DZWiR 2002, 353, 357. I.E. ebenso Geibel in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 16 ff. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 9, der § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 WpÜG so deutet, dass es generell nicht auf den „Abschluss der verbandsinternen Willensbildung“ bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen ankomme. 36 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 37 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 38 Siehe dazu etwa Hüffer/Koch, § 23 AktG Rz. 36, 38, § 95 AktG Rz. 4; Spindler bzw. Habersack in MünchKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 10 bzw. § 95 AktG Rz. 6; Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, vor § 76 AktG Rz. 18. 39 Die gesetzlichen Grenzen der Kompetenzzuweisung an einen solchen Aufsichtsrat sind damit nicht überschritten. Siehe dazu etwa Lutter in Lutter/Hommelhoff, 19. Aufl. 2016, § 52 GmbHG Rz. 15; Uwe H. Schneider in Scholz, 11. Aufl. 2014, § 52 GmbHG Rz. 129 ff.; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, 21. Aufl. 2017, § 52 GmbHG Rz. 24 ff., 253 f. In Bezug auf eine Entscheidung i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auch Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.59; Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 39.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 20 § 10
schuss)40. Gleiches gilt in der Bieter-KGaA für den aufgrund der Satzung der Gesellschaft gebildeten und mit einer entsprechenden Zustimmungskompetenz versehenen Beirat41. In den Fällen, in denen die Entscheidung über die Abgabe eines Übernahmeangebots von der Geneh- 18 migung eines anderen Organs der Gesellschaft als der Gesellschafterversammlung abhängt, hält ein Teil des Schrifttums ein Abwarten der Entscheidung dieses Organs dann für entbehrlich, wenn dieses rechtlich über keinen eigenen Entscheidungsspielraum („Ermessensspielraum“)42 mehr verfügt, im Zuge seiner Einbeziehung in die Planung seine Zustimmung signalisiert hat43 oder bereits im Vorfeld des Entscheidungsfindungsprozesses seine Zustimmung erteilte44. Dem ist nicht zu folgen, weil die angeführten Umstände durchweg mit erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Unsicherheiten belastet sind: Wann wird bspw. ein Aufsichtsrat je keine andere Entscheidung als die der Zustimmung zu einem Angebot treffen dürfen oder unter allen Umständen an ein (und wessen?) „Signal“ gebunden sein? Oder: Unter welchen Voraussetzungen darf der Aufsichtsrat überhaupt vorweg einem Angebot zustimmen? § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG lässt sich weder in sachlicher noch zeitlicher Hinsicht eine Verpflichtung zur Herbeiführung einer Entscheidung entnehmen. So ersetzt das Vorhaben zur Abgabe eines Angebots die nach dieser Vorschrift erforderliche Entscheidung zur Abgabe eines Angebots auch dann nicht, wenn ein Abrücken von dem Vorhaben in Anbetracht aller Umstände objektiv nicht mehr ernstlich in Betracht kommt (Rz. 13 a.E.). Darüber hinaus ist auch der noch weiter gehende Versuch, die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auf einen Zeitpunkt vorzuverlegen, in dem die Entscheidung des Bieters bereits „hinreichend sicher“ ist45, ebenso abzulehnen wie der Vorschlag, dem Bieter eine Verpflichtung aufzuerlegen, zu einem bestimmten Zeitpunkt die die Veröffentlichungspflicht auslösende Entscheidung herbeizuführen46:
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– Im Hinblick auf die sich aus der Entscheidung zur Annahme eines Angebots ergebenden Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten (Rz. 9) derselben sowie die daran anknüpfende Pflicht zur Erstellung einer Angebotsunterlage binnen einer Frist von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) auf der einen Seite und dem Recht des Bieters, den günstigsten Zeitpunkt für die Abgabe seines Angebots abzuwarten, auf der anderen Seite, ist es vielmehr dem Kalkül des Bieters zu überlassen, wann er seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
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40 Lutter in Lutter/Hommelhoff, 19. Aufl. 2016, § 52 GmbHG Rz. 117 ff.; Zöllner in Baumbach/Hueck, 21. Aufl. 2017, § 45 GmbHG Rz. 17, 18 ff. 41 Das Erfordernis der Zustimmung des Beirats zu einzelnen speziellen Geschäftsführungsmaßnahmen wie die Abgabe eines Übernahmeangebots überschreitet noch die durch zwingendes Gesellschaftsrecht gezogenen Grenzen der Kompetenzzuweisung an den Beirat. Siehe dazu näher Assmann/Sethe in Großkomm. AktG, § 287 Rz. 79 ff., insbes. Rz. 96 f. 42 Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses vom April 2001 zum RefE WpÜG, NZG 2001, 420, 422. 43 Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, 3. Aufl. 2013, § 10 WpÜG Rz. 16. 44 Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 18. 45 Land/Hasselbach, DB 2000, 1747, 1749 (eine Entscheidung liegt „regelmäßig“ vor, „sofern von einer Zustimmung des Aufsichtsrats unter normalen Umständen auszugehen ist“); Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, WpÜG, 3. Aufl. 2013, § 10 WpÜG Rz. 16 („wenn die Zusicherung des Aufsichtsrats als sicher gilt“, etwa weil der Aufsichtsrat diese „frühzeitig signalisiert hat“). Ähnliche Überlegungen klingen auch an bei Liebscher, ZIP 2001, 853, 860, der seine diesbezüglichen Hinweise allerdings noch als Warnung versteht, der Bieter möge sich im Hinblick auf die Verpflichtung zur Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht auf die „Letztentscheidung des Aufsichtsrats“ verlassen oder diese gar noch „hinauszögern, um eine größere Vorbereitungszeit für die Transaktion zu gewinnen“. Wie hier ablehnend etwa auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 11; Tröger, DZWiR 2002, 353, 357. 46 Ebenso Liebscher, ZIP 2001, 853, 860, dessen diesbezügliche Ausführungen allerdings mit dem in der vorstehenden Fn. angeführten Vorbehalt zu lesen sind; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 23. Ablehnend im Grundsatz auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 11, die allerdings (ebd.) eine Rechtspflicht zur Herbeiführung einer Entscheidung für die Fälle annehmen wollen, dass aus der „allein maßgeblichen Sicht des Bieters … keinerlei Zweifel mehr bestehen, dass es zur Abgabe des Angebots kommen wird“ oder eine „vor dem Hintergrund von § 4 Satz 1 WpÜG-AngVO“ zu sehende missbräuchliche Entscheidungsverzögerung im Zusammenhang mit Paketerwerben vor Abgabe des Angebots vorliege. Dieser Ausnahmen bedarf es indes nicht.
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§ 10 Rz. 20 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots trifft47. Auch wenn das im Grundsatz unstreitig zu sein scheint, wird verbreitet eine missbräuchliche Verzögerung der Entscheidungsfindung für möglich gehalten, ohne dass für den Missbrauchsvorwurf auch nur annähernd brauchbare Kriterien genannt werden können48. Lässt sich etwa nachweisen, dass die „formale Entscheidungsfindung bewusst hinausgezögert wird“49, so handelt es sich diesbezüglich nicht um ein missbräuchliches Verhalten, vielmehr ist in einem solchen Fall bereits von einer (konkludenten) Entscheidung auszugehen. 21
– Das gilt auch für Entscheidungen, deren Wirksamkeit, aufschiebend bedingt, von einer „echten“ Bedingung i.S. eines objektiven ungewissen Ereignisses abhängig gemacht werden (dazu auch unten Rz. 24). Selbst eine Zeitbestimmung für die Wirksamkeit eines Beschlusses (i.S. von § 163 BGB) wird man nicht per se als bedenklich ansehen können50. Die hierdurch eröffneten Spielräume zur zeitlichen Verschiebung der Wirksamkeit einer Entscheidung sind schon deshalb hinzunehmen, weil sie sich auch durch die Hinauszögerung der Entscheidung selbst realisieren ließen, ohne dass diesbezüglich eine praktikable Umgehungskontrolle möglich wäre. Da die zeitliche Streckung der Wirksamkeit einer Entscheidung den Kreis der „Mitwisser“ nicht vermehrt und auch Vorhaben als Insidertatsache anzusehen sind, wenn ihnen – was mit zunehmender Realisierungswahrscheinlichkeit eines Plans zur Abgabe eines Angebots der Fall sein wird – Kursrelevanz zuzuschreiben ist, ist dem Gedanken der Insiderprävention regelmäßig hinreichend Rechnung getragen und bedarf deshalb keiner weiteren Eingriffe in die gesellschafts- und zivilrechtliche Gestaltungsfreiheit des Bieters.
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– Im Übrigen beriefen sich die Vertreter der angeführten Versuche einer zeitlichen Vorverlagerung der Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu Unrecht auf die Handhabung der „Parallelproblematik“ zu § 15 WpHG a.F., da auch nach seinerzeitiger Rechtslage die noch ausstehende und notwendige Zustimmung des Aufsichtsrats in der Regel einen Aufschub im berechtigten Interesse des Emittenten nach § 15 Abs. 3 Satz 1 WpHG a.F. rechtfertigte51 und auch nach Art. 17 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 596/2014 unter den allgemeinen Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 4 Unterabs. 1 lit. a-c VO Nr. 596/2014 i.V.m. § 6 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 WpAV ein solcher Aufschub zulässig ist52. Dessen ungeachtet kommt in § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG deutlich zum Ausdruck, dass der 47 Vorbehaltlos wie hier Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 70: Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 23 (Bieter ist „Herr des Verfahrens und kann den konkreten Zeitpunkt der Entscheidung autonom festlegen“); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 22. Im Ausgangspunkt auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 11, allerdings dann doch (Rz. 21, Hervorh. im Orig.) eine „sofortige Veröffentlichungspflicht“ annimmt, wenn, „in der Absicht, § 3 Satz 1 WpÜG-AngV zu umgehen, ausschließlich aus formalen Gründen die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots verzögert wird“. 48 Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 21 (mit dem Vorbehalt missbräuchlicher Entscheidungsverzögerungen im Zusammenhang mit Paketerwerben vor Abgabe des Angebots); Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 27, 35; Liebscher, ZIP 2001, 853, 860 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 7; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 16 („darf die Entscheidung des Aufsichtsrats allerdings nicht über Gebühr verzögert werden“); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 19, 24. 49 So der von Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 7, angeführte Missbrauchsfall. 50 Ebenso Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 3. 51 Siehe m.w.N. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 143, 144 ff. 52 Nach Art. 17 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 596/2014 kann ein Emittent im Falle eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der aus mehreren Schritten besteht und einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, auf eigene Verantwortung die Offenlegung von Insiderinformationen zu diesem Vorgang vorbehaltlich Art. 17 Abs. 4 Unterabs. 1 lit. a-c VO Nr. 596/2014 aufschieben. Der Aufschub ist danach berechtigt, wenn a) die unverzügliche Offenlegung geeignet wäre, die berechtigten Interessen des Emittenten oder Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate zu beeinträchtigen, b) die Aufschiebung der Offenlegung nicht geeignet wäre, die Öffentlichkeit irrezuführen, und c) der Emittent oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate die Geheimhaltung dieser Informationen sicherstellen kann. Berechtigte Interessen, die nach Art. 17 Abs. 4 VO Nr. 596/2014 von der Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung nach Art. 17 Abs. 1 und 2 VO Nr. 596/2014 befreien können, liegen nach § 6 Satz 2 Nr. 2 WpAV vor, wenn die Interessen des Emittenten an der Geheimhaltung der Information die Interessen des Kapitalmarktes an einer vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung überwiegen. Das ist nach § 6 Satz 2 Nr. 2 WpAV insbesondere dann der Fall, wenn „Entscheidungen zusammen mit der Ankündigung bekannt gegeben werden müssten, dass die für die Wirksamkeit der Maßnahme erforderliche Zustimmung eines anderen Organs des Emittenten noch aussteht,
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 27 § 10
Gesetzgeber als Regel unterstellt, vor einer nach Recht oder Satzung (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) zwingenden Entscheidung des Aufsichtsrats über die Abgabe eines Angebots sei eine Entscheidung über die Abgabe desselben nicht gefallen53. Bei Bieter-Gesellschaften ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass ihre Entscheidungen auf Beschlüssen der zur Entscheidungsbildung berufenen Organe beruhen. Wie auch immer solche Beschlüsse rechtlich zu qualifizieren sein mögen, so haben sie doch rechtsgeschäftlichen Charakter (Rechtsgeschäfte eigener, wenngleich nicht vertraglicher Art)54, auf die zumindest die Vorschriften des BGB über Rechtsgeschäfte nicht grundsätzlich unanwendbar sind55.
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– Deshalb ist es bspw. einem Vorstand nicht verwehrt, die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots 24 unter einer aufschiebenden Bedingung56 zu treffen, was unabhängig von der Zustimmungsbedürftigkeit des Beschlusses durch den Aufsichtsrat dazu führt, dass eine Entscheidung erst mit Eintritt der Bedingung anzunehmen ist (§ 158 Abs. 1 BGB). Das ist auch übernahmerechtlich nicht zu beanstanden (Rz. 21). So kann etwa der Bieter seine Entscheidung über die Abgabe eines Angebots davon abhängig machen, dass der von dem Vorhaben informierte Vorstand und ggf. auch Aufsichtsrat der Zielgesellschaft erklärt, dem Angebot, würde es unterbreitet, nicht entgegenzutreten57. Was für den Vorstand gilt, muss entsprechend auch für den zustimmenden Beschluss des Aufsichtsrats des Bieters gelten, sofern dieser nach Gesetz oder Satzung erforderlich ist. – Eine Einschränkung ist hier nur in der Hinsicht vorzunehmen, dass die für eine Entscheidung über 25 die Abgabe eines Angebots gesetzlich zuständigen Organe die Abgabe eines Angebots von der Zustimmung eines anderen Organs oder Gremiums der Bietergesellschaft oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens abhängig machen, dessen Mitwirkung bei der Entscheidung über die Abgabe eines Angebots gesellschaftsrechtlich nicht erforderlich (Rz. 17) ist: Zum einen ist nur so zu vermeiden, dass eine interne Staffelung des Entscheidungsvorgangs und eine Erweiterung des Kreises der Eingeweihten über das Maß hinaus vorgenommen wird, das die Respektierung gesellschaftsrechtlicher Vorgaben verlangt; und zum anderen entspricht dies dem Rechtsgedanken des § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, welcher die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Entscheidung über die Abgabe eines Angebots selbst unabhängig von der noch ausstehenden Entscheidung der Generalversammlung als zwingendes Organ anordnet. – Auch bei Bieter-Gesellschaften sind bedingte Entscheidungen über die Abgabe eines Angebots, 26 welche noch nicht nach § 10 Abs. 1 Satz WpÜG veröffentlichungspflichtig sind, von Entscheidungen über die Abgabe eines bedingten Angebots, welche gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG eine Veröffentlichungspflicht auslösen, zu unterscheiden (Rz. 12). Zur Frage, ob der Bieter im letzteren Falle in der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WpÜG bereits auf die Bedingung des Angebots hinzuweisen hat, siehe unten Rz. 49. – Fehlerhafte Beschlüsse stellen keine Entscheidung i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG dar. Darüber 27 hinaus hat das Übernahmerecht rechtliche Auseinandersetzungen um die Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses in der Weise zu berücksichtigen, dass bis zu deren Abschluss eine Entscheidung als nicht gegeben anzusehen ist. Der Bieter wird in solchen Fällen zu prüfen haben, inwieweit eine Beschluss-
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und dies die sachgerechte Bewertung der Information durch das Publikum gefährden würde, wenn der Emittent dafür gesorgt hat, dass die endgültige Entscheidung so schnell wie möglich getroffen wird“. Zu vorstehenden Anforderungen näher Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 130 i.V.m. Rz. 100 ff., insbes. Rz. 110–112. Eine entsprechende Auslegung des Entscheidungs-Begriffs in § 10 Abs. 1 WpÜG findet sich auch in der Begründung des RegE des WpÜG, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. Siehe etwa Hüffer/Koch, § 108 AktG Rz. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 15 I. 2. a). K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 15 I.2.a). Ebenso Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 3; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 8. Ein Beschluss über die Abgabe eines Angebots unter auflösender Bedingung ist dagegen – im Falle einer gesellschaftsrechtlich erforderlichen Zustimmung eines anderen Organs vorbehaltlich der Zustimmung desselben – als Entscheidung anzusehen und, da diese die Pflichten nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und in der Folge nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auslöst, in der Praxis nicht zu erwarten. I.E. ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 8; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 19; Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 3. Jetzt auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 25. A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 27.
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§ 10 Rz. 27 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots fassung und der Streit um eine solche unter den gegebenen Umständen als kurserheblich i.S. des Art. 7 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 anzusehen ist und eine Veröffentlichung der Insiderinformation als Ad-hoc-Meldung nach Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 gebieten kann. 3. Mehrere Bieter 28
Ist die gemeinschaftliche Abgabe eines Angebots durch mehrere Bieter (§ 2 Abs. 4 WpÜG, Bietergemeinschaft) beabsichtigt, so treffen grundsätzlich jeden der Beteiligten die sich aus dem Gesetz ergebenden Pflichten58. Deshalb hat jeder der gemeinschaftlich handelnden Bieter seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zu veröffentlichen, kann sich im Hinblick auf die Erfüllung dieser Pflicht allerdings vertreten lassen59. Diese Möglichkeit kann dahingehend genutzt werden, dass ein Bieter der Bietergemeinschaft in Erfüllung seiner Veröffentlichungspflichten sowie in Vertretung der übrigen Bieter die Veröffentlichung vornimmt. Nehmen die gemeinschaftlich handelnden Bieter diese Möglichkeit nicht wahr und veröffentlichen ihre Entscheidung zur Abgabe eines Angebots je für sich, so wird zu verlangen sein, dass sie in der Veröffentlichung (entsprechend der Regelung für die Veröffentlichungspflichten bei Abgabe des Angebots nach § 2 Nr. 1 WpÜG-AngVO) auf die Absicht hinweisen, das Angebot gemeinschaftlich mit anderen, namentlich zu benennenden Bietern abzugeben. Dafür spricht, dass die gemeinschaftliche Abgabe eines Angebots Bestandteil der Entscheidung des jeweiligen Bieters ist.
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Im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, wann in diesem Falle von einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots auszugehen ist, ist allerdings der Wille zum gemeinschaftlichen Handeln zu berücksichtigen. Macht jeder Bieter ausdrücklich oder konkludent die Abgabe seines Angebots von der Mitwirkung des anderen Bieters oder der anderen Bieter abhängig, so ist von einer Entscheidung zur Abgabe eines gemeinschaftlichen Angebots erst für den Zeitpunkt auszugehen, in dem der letzte Bieter der Bietergemeinschaft seine Entscheidung zur gemeinsamen Angebotsabgabe getroffen hat60. Hat sich ein oder haben sich mehrere Bieter dazu entschieden, unabhängig von der Entscheidung der anderen Bieter im Hinblick auf das gemeinschaftliche Handeln auf jeden Fall ein Angebot abzugeben, so besteht für ein Abwarten der Veröffentlichung der Entscheidung bis zum Entschluss der anderen Bieter kein Anlass. Das kann der zum alleinigen Vorgehen entschlossene Bieter aber dadurch vermeiden, dass er die Wirksamkeit seiner Entscheidung (entsprechend § 163 BGB) zeitlich auf die Vornahme des Beschlusses eines anderen Bieters bestimmt (Rz. 21). Zur nachträglichen Bildung einer Bietergemeinschaft – d.h. zum Fall, dass zu dem Bieter, der seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG veröffentlicht hat, noch vor der Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 WpÜG ein weiterer, mit dem ersten gemeinschaftlich handelnder Bieter hinzutritt – siehe unten Rz. 55. 4. Anderweitige Auslöser einer Veröffentlichungspflicht?
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§ 10 Abs. 1 WpÜG macht die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots allein vom Vorliegen einer diesbezüglichen Entscheidung abhängig. Anderweitige Umstände, wie etwa das Aufkommen von Gerüchten oder außergewöhnliche Kursbewegungen bei Wertpapieren der Bieteroder Zielgesellschaft können – im Gegensatz zu den Regelungen des ÜbG und des britischen City Code on Takeovers and Mergers (Rz. 7 f.) – keine Veröffentlichungspflicht auslösen oder die Gesellschaft dazu zwingen, eine Entscheidung über die Abgabe eines Angebots herbeizuführen. Auch im Wege der Missbrauchsaufsicht nach § 4 Abs. 1 WpÜG kann der Bieter in solchen und vergleichbaren Fällen nicht zu einer Veröffentlichung oder einer Entscheidung gezwungen werden, da die BaFin die Aufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 WpÜG „nach den Vorschriften dieses Gesetzes auszuüben“ hat, welches die Veröffent58 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 23; Hippeli, NZG 2016, 1207, 1209 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 16, 45; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 9. 59 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34, mit näherer Begründung. 60 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 45; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 9; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 5; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 14; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 20.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 34 § 10
lichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG an keinen anderen Tatbestand als den einer Entscheidung zur Abgabe des Angebots knüpft. Die Frage, ob eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots vorliegt und unverzüglich zu veröffent- 31 lichen ist, hängt im Übrigen weder davon ab, ob die Finanzierung des Angebots gesichert ist, noch ist die Sicherstellung bzw. Unsicherheit der Finanzierung ein Indiz dafür, dass eine Entscheidung getroffen wurde61. Die Sicherstellung der Finanzierung des Angebots ist, wie sich aus §§ 11 Abs. 2 Satz 2, 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ergibt, allein eine Voraussetzung, die erfüllt sein muss, damit der Bieter durch die Veröffentlichung der Angebotsunterlage sein Angebot unterbreiten kann. Dabei schreibt das Gesetz nicht vor, dass die Finanzierung bereits bei Veröffentlichung der Entscheidung, in der im Übrigen keinerlei Angaben zum Inhalt des Angebots enthalten sein brauchen (Rz. 48), gesichert sein muss.
III. Unbeachtlichkeit der Entscheidung der Gesellschafterversammlung (§ 10 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG) 1. Grundsatz (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) Handelt es sich bei dem Bieter um eine Gesellschaft, so hat er gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG die Ver- 32 öffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auch dann vorzunehmen, wenn eine rechtswirksame Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots einen noch ausstehenden Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters voraussetzt. Dadurch soll, wie bereits oben Rz. 16 ausgeführt, die Gefahr von Marktverzerrungen aufgrund der für die Einberufung der Gesellschafterversammlung, namentlich der Hauptversammlung einer AG, regelmäßig erforderlichen öffentlichen Bekanntmachung und Information der Anteilseigner vermieden werden. 2. Ausnahme und Ausnahmegenehmigung (§ 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) Eine solche Gefahr besteht jedoch dann nicht, wenn es sich bei der Bietergesellschaft um eine Gesellschaft mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis handelt und zu der Gesellschafterversammlung nicht durch öffentliche Bekanntmachung einzuladen ist. In diesen Fällen können die Irritationen des Marktes, die durch eine vorzeitige Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gesellschafterversammlung stehenden Angebots ausgelöst werden, größer sein als die Risiken von Marktverzerrung durch Abwarten des Beschlusses der Gesellschafterversammlung und der Erweiterung des Kreises der über das Angebotsvorhaben Informierten. Vor allem im Hinblick auf Personengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften mit engem Aktionärskreis enthält § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG deshalb die Regelung, dass die BaFin es der Bietergesellschaft auf deren Antrag gestatten kann, unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen (Rz. 36 ff.) eine Veröffentlichung erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen.
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Mit der Ausnahme kann im Übrigen auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die gebote- 34 ne Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Abgabe eines Angebots fragwürdig oder nur schwer prognostizierbar ist, die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unter Hinweis auf die noch ausstehende Zustimmung der Gesellschafterversammlung die Gefahr einer Irreführung des Publikums oder von Markverzerrungen mit sich bringt und ein Abbruch des Angebotsverfahrens aufgrund der Verweigerung der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung der Gesellschaft erhebliche Nachteile zufügen könnte, darunter die mögliche einjährige Angebotssperre nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG i.V.m. §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG. Zwar sprechen gute Gründe – namentlich der Umstand der aus § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG und der gesellschaftsrechtlichen Zustimmungsbedürftigkeit eines Angebots einerseits und aus §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG andererseits folgenden Pflichtenkollision – dafür, eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots mit dem Hinweis versehen zu dürfen, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung stehe noch aus, um bei verweigerter (und entsprechend § 10 Abs. 3 WpÜG veröffentlichter62) Zustimmung die Pflicht zur 61 Unklar, aber wohl anderer Ansicht, Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 12. 62 Vgl. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 102; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 28.
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§ 10 Rz. 34 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und die Sanktion des § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG entfallen zu lassen63, doch besteht diesbezüglich nicht nur rechtliche Unsicherheit64, sondern auch die Gefahr der Irreführung des Publikums und von Marktverzerrungen u.a. durch spekulatives Verhalten der Marktteilnehmer (über den Beschluss der Gesellschafterversammlung) zum Schaden von Anlegern, Bieter und Zielgesellschaft. 35
Die Voraussetzungen, bei deren kumulativem Vorliegen die BaFin eine Ausnahmegenehmigung i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG erteilen kann, sind die folgenden:
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– Ein entsprechender an die BaFin gerichteter Antrag des Bieters. Eine Benachrichtigung der in § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 WpÜG genannten börslichen Stellen ist nicht erforderlich65. Der Antrag muss in schriftlicher Form erfolgen, wobei die Übermittlung im Wege der elektronischen Datenfernübertragung erfolgen kann, sofern der Absender zweifelsfrei zu erkennen ist (§ 45 WpÜG). Der Schriftform ist Genüge getan, wenn die Übermittlung des Antrags oder der Mitteilung per Telefax vorgenommen wird (§ 45 WpÜG Rz. 3). Siehe im Übrigen die Erläuterungen in § 45 WpÜG Rz. 3. Der Antrag zielt auf die Hinauszögerung einer Veröffentlichungspflicht (nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG), die unverzüglich zu erfüllen ist, und hat deshalb ebenfalls unverzüglich (Rz. 43 f.) zu erfolgen66, ohne dass insoweit regelmäßig Rechtsfragen auftreten, deren Prüfung eine zeitliche Verzögerung der Antragstellung rechtfertigt (Rz. 45). Bis zur Entscheidung über den Antrag ruht die Veröffentlichungspflicht des Bieters (Rz. 42). Nach der Ablehnung des Antrags ist unverzüglich zu veröffentlichen (Rz. 44). Wird dem Antrag stattgegeben, ist die Veröffentlichung unverzüglich nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen67; wird in diesem die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots abgelehnt, so entfällt die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG (Rz. 43).
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– Für die Abgabe des Angebots ist ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich. Dabei ist auf die gesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung und nicht darauf abzustellen, ob eine pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahme im Außenverhältnis, d.h. Dritten gegenüber, wirksam wäre oder nicht. Inwieweit ein Beschluss der Gesellschafterversammlung in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach dem für die jeweilige Bietergesellschaft maßgeblichen Gesellschaftsrecht (Gesetz und Recht) und dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung68. Ist die rechtmäßige Abgabe eines Angebots durch die Geschäftsführung der Gesellschaft, ggf. unter der weiteren Voraussetzung der Zustimmung eines Kontrollgremiums, auch ohne einen Beschluss der Gesellschafterversammlung möglich, kommt eine Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG nicht in Betracht. Das ist etwa dann der Fall, wenn Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung der Geschäftsführung – wie etwa in Gestalt der gesetzlichen Regelung des § 119 Abs. 2 AktG – lediglich das Recht einräumen, nicht aber die Pflicht auferlegen, die Gesellschafterversammlung über Fragen der Geschäftsführung entscheiden zu lassen. Anders verhält es sich, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung der Bietergesellschaft auf der Grundlage entsprechenden dispositiven Gesellschaftsrechts die Mitwirkung der Gesellschafterversammlung bei einem Vorgang wie dem der Abgabe eines Angebots anordnen, denn diesbezüglich kann es keinen Unterschied machen, ob die 63 So auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 153; Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 56; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 26; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 28. 64 Zu dieser gehört auch die Frage, ob der Bieter eine bereits durch Gesetz oder Satzung erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung in der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zur Bedingung eines Angebots machen kann. Da die Zustimmungsbedürftigkeit in diesem Fall nicht eingeschränkt, sondern eher bekräftigt wird und dies nicht zur Irreführung des Publikums über das Zustimmungserfordernis führt, wird man ein solches Vorgehen für zulässig erachten können. I.E. ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 40; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 28. 65 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 43. 66 Hierzu im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 Satz 5 WpHG a.F., demzufolge die Aufsichtsbehörde den Emittenten unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen auf Antrag von der Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung ad-hoc-publizitätspflichtiger Tatsachen befreien konnte, etwa Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, 3. Aufl. 2003, § 15 WpHG Rz. 133; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 158; v. Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 168; S. Schneider, BB 2001, 1214, 1216. 67 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 49. 68 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 13.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 40 § 10
der Geschäftsführung auferlegten Pflichten auf Gesetz oder auf der Ausübung der von diesem eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten beruhen. – Der Bieter stellt durch geeignete Vorkehrungen sicher, dass Marktverzerrungen (zum Begriff sie- 38 he § 3 WpÜG Rz. 66) als Folge des Abwartens der Entscheidung der Gesellschafterversammlung, d.h. insbesondere Kursbewegungen in den Wertpapieren der Zielgesellschaft aufgrund des Durchsickerns von Informationen über das beabsichtigte Angebot oder von Insidergeschäften, nicht zu befürchten sind. Über den Umstand hinaus, dass die informierten Gesellschafter durch die Erlangung der fraglichen Informationen Insiderwissen erlangen und dem Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 WpHG unterliegen können, sind deshalb zusätzliche Maßnahmen nachzuweisen, die geeignet sind, der Gefahr von Marktverzerrungen zu begegnen. Zu den vom Bieter zu diesem Zweck zu treffenden Vorkehrungen gehören auf jeden Fall solche zur Gewährleistung der Vertraulichkeit der den Gesellschaftern übermittelten Informationen in Bezug auf das beabsichtigte Angebot69. Das gilt sowohl hinsichtlich der Art und Weise der Übermittlung der fraglichen Informationen als auch bezüglich der Wahrung von deren Vertraulichkeit. In letzterer Hinsicht wird zu verlangen sein, dass die Gesellschafter ausdrücklich auf den Ausnahmefall des § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG und ihre Pflicht zur vertraulichen Behandlung der übermittelten Informationen sowie ihrer Entscheidung hingewiesen werden70. Eine zur Vermeidung von Marktverzerrungen geeignete Vorkehrung kann auch die in der Erwartung des Verzichts der Gesellschafter auf Form- und/oder Fristrügen (etwa nach § 121 Abs. 6 AktG im Hinblick auf eine Hauptversammlung als Vollversammlung aller Aktionäre) vorgenommene umgehende Einberufung der Gesellschafterversammlung darstellen, und dies insbesondere für den Fall, dass für eine unverzügliche Veröffentlichung der Entscheidung der Geschäftsführung zur Abgabe eines Angebots für den Fall von Rügen Sorge getragen wird. Im Übrigen erscheint die Vertraulichkeit vor allem in den Fällen gewahrt werden zu können, in denen die Anzahl der Gesellschafter überschaubar und zur Gesellschafterversammlung nicht durch öffentliche Bekanntmachung einzuladen ist71; das ist beispielsweise bei einer AG der Fall, wenn die Einladung zur Hauptversammlung nach §§ 124 Abs. 1 Satz 3, 121 Abs. 4 AktG durch eingeschriebenen Brief erfolgen kann. Dass die Zustimmung der Gesellschafterversammlung „keine reine Formsache“ ist, sollte dagegen nicht als Voraussetzung einer Ausnahme gelten72. Abgesehen davon, dass die Sicherung der Mehrheit der Gesellschafterversammlung nur in Ausnahmefällen mit der gebotenen (an Sicherheit grenzenden) Wahrscheinlichkeit gewährleistet sein wird, ist der Umstand einer „reinen Formsache“ von der BaFin als Genehmigungsbehörde regelmäßig nicht zu erkennen, während der einen Ausnahmeantrag stellende Bieter keinen Grund hat und sich hüten wird, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Behörde gegenüber als sicher darzustellen. Wenn die BaFin zu prüfen hat, ob aufgrund „geeignete(r) Vorkehrungen … Marktverzerrungen nicht zu befürchten sind“, so handelt es sich bei diesem Kriterium um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung der BaFin keinen Beurteilungsspielraum eröffnet und damit der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt73.
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Auch wenn der Bieter durch geeignete Vorkehrungen sicherstellt, dass Marktverzerrungen wegen einer Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung nicht zu befürchten sind, liegt es im Ermessen der Bundesanstalt, ob sie dem Antrag des Bieters entspricht74. Dabei sind die Interessen des Bieters an einer Herbeiführung der Ent-
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69 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 70 Auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 33; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 41. 71 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 72 A.A. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 35; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 42 (die „Wahrscheinlichkeit einer positiven Entscheidung der Gesellschafterversammlung“ darf sich „nicht bereits zu sehr verdichtet haben“); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 42. 73 Ebenso Geibel in Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 30; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 29; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 47. 74 Zu der hier wie in § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. (demzufolge die Aufsichtsbehörde den Emittenten auf Antrag von der Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung ad-hoc-publizitätspflichtiger Tatsachen befreien konnte) enthaltenen Kopplung eines unbestimmten Rechtsbegriffs (Eignung von Vorkehrungen zur Vermeidung von Marktverzerrungen) mit einer Ermessensentscheidung („kann“) siehe v. Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999,
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§ 10 Rz. 40 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots scheidung der Gesellschafterversammlung mit denjenigen der Zielgesellschaft, der Anteilseigner der Zielgesellschaft und des Kapitalmarkts an einer möglichst schnellen Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls abzuwägen. Auch hierbei kann der Zeitraum, der bis zur Entscheidung der Gesellschafterversammlung abzuwarten wäre, eine Rolle spielen. 41
Will die BaFin dem Antrag des Bieters, eine Veröffentlichung erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vornehmen zu müssen, entsprechen, so kann sie ihre Gestattungsentscheidung mit einem Widerrufsvorbehalt75 i.S. des § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG für den Fall versehen, dass Marktverzerrungen zu beobachten sind oder die Vorkehrungen zur Vermeidung von Marktverzerrungen nicht ergriffen oder eingehalten werden. Denkbar ist auch, dass dem Antrag unter einer Auflage76 (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) stattgegeben wird. Eine Befristung der Befreiung ist grundsätzlich möglich, ist aber in der Regel nicht angezeigt, da der Befreiungsantrag des Bieters dahin geht, eine Veröffentlichung erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen und eine antragsgemäße Entscheidung damit eine Befristung der Befreiung impliziert.
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Die Antragstellung suspendiert den Bieter von seiner Veröffentlichungspflicht77 und damit auch von seinen Mitteilungspflichten nach § 10 Abs. 2 WpÜG (Rz. 56)78. Das heißt insbesondere, dass – solange die BaFin über einen nicht rechtsmissbräuchlichen79 und zumindest unverzüglich nach der Entscheidung der Geschäftsführung (bzw. eines darüber hinaus in die Entscheidung involvierten und die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hinausschiebenden Gremiums) gestellten Antrag des Bieters nach § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG noch nicht entschieden hat – der Bieter nicht zur Veröffentlichung der Entscheidung der bisher mit dieser Frage der Abgabe eines Angebots befassten Organe der Gesellschaft verpflichtet ist (Rz. 36).
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Wird dem Antrag stattgegeben, so ist die Veröffentlichung unverzüglich nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen (Rz. 36), doch entfällt die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, falls die Gesellschaft der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht zustimmt. In diesem Falle, in dem die Abgabe eines Angebots unterbleiben muss, besteht weder ein Bedürfnis, die Entscheidung der Geschäftsführung zur Abgabe eines Angebots noch die Ablehnung dieser Entscheidung durch die Gesellschafterversammlung zu veröffentlichen80. Da der Bieter nach einem zustimmenden Beschluss der Gesellschafterversammlung die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
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S. 172 f.; S. Schneider, BB 2001, 1214, 1216. A.A. und nur im Ansatz („Ermessen“) ebenso Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 48, jedoch für den Regelfall eine Ermessensreduzierung auf Null annehmend; ähnlich Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 29 („gebundenes Ermessen“). Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 31; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 14. In Bezug auf § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. etwa Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, 3. Aufl. 2003, § 15 WpÜG Rz. 151; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 457. Zu § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. etwa S. Schneider, BB 2001, 1214, 1217. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 34, 45; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 43; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 46; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 32. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 45; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 49 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 16, 19; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 46; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 37. Siehe hierzu im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F., demzufolge die Aufsichtsbehörde den Emittenten unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen auf Antrag von der Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung ad-hoc-publizitätspflichtiger Tatsachen befreien konnte, etwa Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679 v. 21.1.1994, S. 49; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, 3. Aufl. 2003, § 15 WpHG Rz. 133; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 457; Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 169; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 157; v. Klitzing, Die Ad-hoc-Publizität, 1999, S. 177; S. Schneider, BB 2001, 1214, 1216. Ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 50, mit zutreffenden Hinweis auf den Parallelfall, dass eine Insiderinformation, von deren Veröffentlichung nach § 15 Abs. 3 WpHG a.F. (heute Art. 17 Abs. 4 VO Nr. 596/2014) abgesehen wurde, nicht mehr veröffentlicht werden muss, wenn sie im Befreiungszeitraum entfallen ist (zu diesem Fall siehe Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 173 und Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 150, 207 und 209); Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 57.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 45 § 10
unverzüglich zu veröffentlichen hat und insoweit den Mitteilungspflichten nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 4 Satz 1 WpÜG unterliegt, wird man auch bei einem ablehnenden Beschluss in entsprechender Anwendung dieser Bestimmungen eine diesbezügliche Mitteilungspflicht gegenüber der BaFin anzunehmen haben81. Bei der Ablehnung des Antrags gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG ist die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich (Rz. 44 f.) zu veröffentlichen (Rz. 36). Gegen die Ablehnung kann der Bieter Widerspruch einlegen82, der jedoch – aufgrund seiner Eigenschaft als Verpflichtungswiderspruch – keine aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO)83. Auch die denkbare Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO oder ein Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO hätten keine die Veröffentlichungspflicht des Bieters nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG aufschiebende Wirkung84.
IV. Unverzügliche Veröffentlichung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) 1. Unverzüglich Der Bieter hat seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich, d.h. in Anlehnung an 44 § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern, zu veröffentlichen. Zu keinen anderen Ergebnissen gelangt man, wenn man eine „unverzügliche“ Veröffentlichung dann als gegeben ansieht, wenn diese „so schnell wie möglich“85 erfolgt. Ist einem die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG suspendierenden (siehe Rz. 36, 42) Antrag nach § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG nicht stattgegeben worden, so ist auch in diesem Fall die Veröffentlichung der Entscheidung unverzüglich nach Bekanntgabe des den Antrag ablehnenden Verwaltungsakts (§§ 41, 43 VwVfG) zu veröffentlichen (Rz. 36). Bei der Beurteilung der Frage, welche Anforderungen das Erfordernis der Unverzüglichkeit der Ver- 45 öffentlichung im Einzelnen an den Bieter stellt, kann auf die in dem Schreiben des seinerzeitigen BAWe vom 8.2.2002 (Az. II 2-W-2310-27/2001) zu den Veröffentlichungspflichten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a.F. dargelegten Grundsätze zurückgegriffen werden. Nach diesen ist ein „beschleunigtes Handeln“ erforderlich, das nicht auf Börsenzeiten Rücksicht nehmen darf und „nur durch die besonderen Umstände des Einzelfalls ein Zuwarten rechtfertigt“. Zu diesen Umständen zählt das Schreiben die für die Prüfung der Rechtsfrage, ob eine ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache vorliegt, erforderliche Zeit, doch dürfte dem Bieter im Falle der Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ein solcher Zeitraum nicht einzuräumen sein: Während der Emittent die Frage, ob ein neu eingetretener Umstand eine nach Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 zu veröffentlichende Insiderinformation ist, erst nach Eintritt des Umstands wird beurteilen können, vermag der Bieter die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG veröffentlichungspflichtige Entscheidung vorliegt, im Vorhinein zu prüfen bzw. prüfen zu lassen86. Die entsprechenden Regeln galten auch unter § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a.F. und gelten ebenso im Hinblick auf Art. 17 VO Nr. 596/2014, wobei die Grundsätze, die sich zur Auslegung des Merkmals der unverzüglichen Veröffentlichung im Zusammenhang mit der Pflicht zur unverzüglichen Offenlegung von Insiderinformationen entwickelt haben87, entsprechend auf die Bestimmungen des WpÜG übertragen werden können88. 81 I.E. ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 50. Entgegen entsprechenden Hinweisen im Schrifttum kann Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 102, eine gegenteilige Ansicht nicht entnommen werden, da er an dieser Stelle nur den Fall behandelt, in dem eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots veröffentlicht wurde, die Gesellschafterversammlung jedoch in einem danach vorgenommenen Beschluss ihre Zustimmung zur Abgabe des Angebots verweigert. 82 Über den Widerspruch entscheidet der Widerspruchsausschuss bei der BaFin (§§ 6 Abs. 1 Satz 2, 41; § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO). 83 Siehe zu § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. S. Schneider, BB 2001, 1214, 1218. 84 Zu § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. S. Schneider, BB 2001, 1214, 1218. 85 Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 21; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 43; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 53. 86 Ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 29. 87 Dazu Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 248 ff.; Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 63 ff. 88 Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 38; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 26; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 53.
Assmann
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§ 10 Rz. 46 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots 2. Inhalt der Veröffentlichung 46
Die vom Bieter nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG vorzunehmende Veröffentlichung kann sich auf die Information beschränken, dass die Abgabe eines Angebots beabsichtigt ist. Das setzt zwangsläufig die Benennung des Bieters, der betroffenen Wertpapiere89 (unter Angabe der Wertpapierkennnummer – WKN – und der International Securities Identification Number – ISIN) und damit auch der Zielgesellschaft voraus90. Wie sich aus § 10 Abs. 3 Satz 2 WpÜG ergibt, hat der Bieter darüber hinaus die Internetadresse anzugeben, unter der die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgen wird (siehe auch unten Rz. 71).
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Wie an früherer Stelle ausgeführt, wird auch zu verlangen sein, dass der Bieter für den Fall, dass er das Angebot gemeinschaftlich mit anderen abzugeben beabsichtigt, auf diesen Umstand und die Mitbieter hinweist. Das gemeinschaftliche Angebot ist Teil der Entscheidung des Bieters i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und beinhaltet keine Pflicht einer „Veröffentlichung zu Lasten Dritter“, wenn man der hier (Rz. 28 f.) vertretenen Ansicht folgt und den gemeinschaftlichen Bieter als berechtigt ansieht, seine Entscheidung für ein gemeinschaftliches Angebot mit anderen Bietern bis zu deren Entscheidung abzuwarten. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass die gemeinschaftlichen Bieter einen Bieter aus ihrem Kreis mit der Wahrnehmung der ihnen jeweils einzeln obliegenden Veröffentlichung in einer einzigen Veröffentlichung beauftragen können (Rz. 28).
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Weitere Angaben sind nicht erforderlich. Vor allem ist der Bieter nicht verpflichtet, Angaben über den konkreten Inhalt des beabsichtigten Angebots (wie etwa über den Umfang des Angebots oder die zu offerierende Gegenleistung) zu unterbreiten91. Das gilt auch für den Fall, dass der Bieter bereits eine Entscheidung über Art und Höhe der vorgesehenen Gegenleistung oder andere Konditionen des Angebots getroffen hat92. Des Weiteren sind auch Angaben über den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsanlage93 sowie über die Art des Angebots (einfaches Wertpapiererwerbsangebot oder Übernahmeangebot, Vollangebot oder Teilangebot) nicht zwingend94. Auch zu Unsicherheiten in Bezug auf die Finanzierung des Angebots, die sicherzustellen der Bieter nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG bis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage Zeit hat, braucht nicht berichtet zu werden95. Andererseits sind solche Angaben sowie Informationen über feststehende Eckpunkte des beabsichtigten Angebots
89 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 90 Unstr. Vgl. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 39; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 23; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 27; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 22; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 54; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 57; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 52. 91 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. 92 Assmann, AG 2002, 114, 117; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 39 (nicht erforderlich, wenngleich in der Praxis üblich); Land, DB 2001, 1707, 1709; Mielke in Beckmann/Kersting/Mielke, Übernahmerecht, Rz. B 133; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 70; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 Rz. 52 f.; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 Rz. 22 f. A.A., aber ohne triftige Begründung (der Umstand, dass über einzelne Konditionen bereits entschieden ist, rechtfertigt, entgegen der eindeutigen gesetzgeberischen Absicht, nicht den Schluss, sie als Teil der nach dieser Vorschrift zu veröffentlichenden „Entscheidung“ zu betrachten), Tröger, DZWiR 2002, 353, 357. 93 A.A. allein Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 59, auf der Grundlage einer unvertretbaren analogen Anwendung von § 11 Abs. 2 Nr. 1–3, Abs. 4 WpÜG. 94 Ebenso Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 52. Im Ausgangspunkt ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 24, der allerdings (obschon die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nichts mit Fragen der Ad-hoc-Publizität zu tun hat) eine Angabepflicht für den Fall annimmt, dass die Art des Angebots „potentielle kursbeeinflussend“ sei. Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 44 (gesetzlich nicht zwingend, aber nützlich). A.A. Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.63; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 27 (abweichend von Voraufl.); Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 22 („ist zu fordern“); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 55 („muss in der Veröffentlichung in jedem Fall angegeben werden“); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 59 (im Hinblick auf Teil- oder Vollangebot). 95 A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 23, 29; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 27. Nach Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 6, soll in einem solchen Fall sogar die Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WpÜG unzulässig sein.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 49 § 10
nicht ausgeschlossen96. Sie sind zwar Bestandteile der Angebotsunterlage, deren Veröffentlichung von der BaFin zu gestatten ist, doch beschränkt sich die Kontrolle der Angebotsunterlage durch die BaFin ohnehin im Wesentlichen auf die Vollständigkeit der Angebotsunterlage und nicht auf die Richtigkeit einzelner Angaben. Hinzu kommt, dass Angaben der fraglichen Art dem Interesse des Publikums an einer möglichst frühzeitigen und weit reichenden Information über das beabsichtigte Angebot durchaus entgegenkommen. Weitergehende, über Informationen zur Art und zu den Eckpunkten des Angebots hinausgehende Angaben sind, dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 2 Satz 1 WpHG a.F. und Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 VO Nr. 596/2014 (im Hinblick auf unzulässige Angaben in der Offenlegung von Insiderinformationen)97 folgend, als unzulässig anzusehen98. Dagegen ist es eine andere, an späterer Stelle zu behandelnde Frage, ob der Bieter bereits feststehende und als Insiderinformation zu behandelnde, aber in der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht angegebene Eckpunkte des Angebots nach § 15 WpHG a.F. zu veröffentlichen hatte und nunmehr auch nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 offenzulegen hat (Rz. 83). Da sich mit der freiwilligen und zulässigen99 Angabe von Eckpunkten des bevorstehenden Angebots in einer Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, namentlich mit der Benennung einer Gegenleistung oder Gegenleistungsspanne, nach der vom Schrifttum teilweise gebilligten Verwaltungspraxis bereits eine Bindung in Bezug auf das endgültige Angebot ergeben soll100, sollte – auch wenn diese Ansicht rechtsgeschäftlich nicht begründbar ist101 – mit der Bekanntgabe derselben in der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zurückhaltend verfahren werden. Des Weiteren ist der Bieter, der sich entschieden hat, ein bedingtes Angebot i.S. von § 18 WpÜG abzugeben (Rz. 12), auch nicht verpflichtet, bereits in der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WpÜG auf diesen Umstand und gegebenenfalls auch die Bedingung, unter der das Angebot erfolgen soll, hinzuweisen102, denn in der von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG vorgeschriebenen Veröffentlichung geht es allein um die Publikation der Entscheidung des Bieters für die Abgabe eines Angebots, ohne dass über Modalitäten des Angebots zu berichten ist. Deshalb braucht auch der Umstand, dass das Angebot unter einer Bedingung stehen wird, nicht zwingend in die Veröffentlichung aufgenommen zu werden. Ein entsprechender Hinweis in derselben ist, dessen ungeachtet, zulässig103. In gleicher Weise gehört auch der Umstand, dass die Abgabe des Angebots noch von einem Beschluss der Gesell-
96 So auch Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39, welche Angaben über die feststehenden Eckpunkte des Angebots sogar für „angezeigt“ hält. 97 Näher Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 199 ff.; Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 159 ff. 98 Ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 58. 99 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598 (Bietern steht es frei, „ob sie bereits in der 10er Meldung den Angebotspreis nennen wollen“). 100 In der Verwaltungspraxis nimmt die BaFin eine Bindungswirkung an; dazu Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598. Bindung befürwortend etwa Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 11 f. (Änderungen nur analog § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zulässig); Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 27; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 22, 49a. 101 § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verlangt keine inhaltlichen Angaben zu den Angebotsbedingungen. Die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots führt dementsprechend auch zu keinen rechtsgeschäftlichen Bindungen (oben Rz. 11) und löst noch keine Dispositionen der Angebotsadressaten im Hinblick auf die Annahme oder die Ablehnung des Angebots aus. Allenfalls mag ihr eine gewisse – aber keine rechtsgeschäftlichen Folgen zeitigende – Selbstbindung zukommen. Deshalb kann man im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, ob über die zwingenden Angaben hinausgehende Angaben zum Inhalt des bevorstehenden Angebots Bindungswirkungen auslösen, zurückhaltend sein und ganz auf das Instrument der Missbrauchsaufsicht durch die BaFin nach § 4 Abs. 1 WpÜG setzen. Eine Bindungswirkung ablehnend auch Drinkuth in Marsch-Barner/ Schäfer, Rz. 60.64; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1a; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 3; Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 46; Seiler in diesem Kommentar § 21 WpÜG Rz. 16; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 57. 102 Ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 19 (Möglichkeit, aber keine Verpflichtung). 103 Etwa Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 28; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 74, 78 (mit Hinweis auf eine diesbezüglich großzügige Verwaltungspraxis der BaFin); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 19.
Assmann
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§ 10 Rz. 49 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots schafterversammlung abhängt, nicht notwendigerweise zu den Angaben, die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 zu veröffentlichen sind104. 3. Art und Weise der Veröffentlichung 50
Die Art und Weise, in der die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen ist, ist in § 10 Abs. 3 WpÜG geregelt. Siehe dazu die Erläuterungen unten Rz. 63 ff. zum Veröffentlichungsverfahren. 4. Abbruch des Angebotsverfahrens durch den Bieter nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
51
Nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots muss der Bieter innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung der BaFin eine § 11 WpÜG und den Vorschriften der WpÜG-AngVO genügende Angebotsunterlage übermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) und, nachdem die BaFin deren Veröffentlichung gestattet hat, veröffentlichen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG). Übermittelt der weiterhin zur Abgabe eines Angebots entschlossene Bieter der BaFin nach der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots keine Angebotsunterlage oder hat er sich – was grundsätzlich zulässig ist105 – entschlossen, sein Vorhaben nicht weiter zu verfolgen, so führt dies zur Untersagung des Angebots durch die BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG106. Die Veröffentlichung einer Angebotsunterlage ist danach verboten (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpÜG). Ein erneutes Angebot des Bieters ist vor Ablauf eines Jahres unzulässig (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Eine Veröffentlichung des Umstands, dass der Bieter, entgegen der durch die Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 104 So auch Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 52. 105 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 20; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 2; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 10; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 45; Scholl/Siekmann, BKR 2013, 316; Sohbi in Heidel, § 10 WpÜG Rz. 13; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 139; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 8; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 61; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 6 f. Einschränkend Grobys/Geibel in Geibel/Süßmann, § 10 Rz. 148, 149 ff.: „zivilrechtlich keine Durchführungspflicht“ (Rz. 148 a.E.), wohingegen (Rz. 150 f.) eine „öffentlich-rechtliche“, das Ordnungswidrigkeitenrecht einschließende „Bindungspflicht“ bejaht wird. I.E. auch Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 4, der es zwar ausschließt, dass das „angekündigte Angebot … nicht mehr ‚zurückgenommen‘ werden“ kann, „auch wenn durch § 10 WpÜG keine durchsetzbare Verpflichtung zur Durchführung eines Angebots entstehe. In Letzterem ebenso Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 938, die allerdings sogar einen „Widerruf der Entscheidung“ für möglich hält. Von einer Rücknahme oder einem Widerruf kann man sprechen, wenn damit die (nicht rechtsgeschäftlich zu verstehende) Erklärung gemeint ist, das Vorhaben nicht weiter zu verfolgen. Da die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots aber keine rechtsgeschäftliche Erklärung darstellt, sollte im Hinblick auf die Nichtweiterverfolgung des Vorhabens nach Veröffentlichung der Entscheidung und vor Übermittlung einer Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG jede diesbezügliche rechtsgeschäftliche Terminologie vermieden werden. A.A., d.h. eine Weiterverfolgungspflicht behauptend: Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598 („Ein Bieter, der die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots veröffentlicht hat, muss das Angebotverfahren … durchführen“); Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 102; Hippeli, NZG 2016, 1207 f.; Müller-Michaels in Hölters, Rz. 13.745 (ohne Begründung); Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 65, nach dem eine veröffentlichte Entscheidung zur Abgabe eines Angebots „grundsätzlich“ nicht zurückgenommen werden kann; Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 51 (mit Einschränkungen im Hinblick auf nach Veröffentlichung der Entscheidung eintretende „schwere Äquivalenzstörungen“ in Rz. 52). Näher hierzu im Folgenden. 106 Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 4; Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 51. Die Annahme, § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG sei in der Weise teleologisch zu reduzieren, dass die Untersagung eines nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots abgebrochenen Angebotsvorhabens ausscheide (so Riehmer in Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, 2002, § 15 Rz. 15), ist – weil damit jeglicher Zwang zur sorgfältigen Umgangsweise mit dem Instrument des öffentlichen Wertpapiererwerbs- oder Übernahmeangebots aufgegeben würde – vereinzelt geblieben (für reine Wertpapiererwerbsangebote folgend noch Noack in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Aufl. 2004, § 15 WpÜG Rz. 8, jetzt aber auch insoweit ablehnend Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 8) und wird heute nicht mehr vertreten. Vgl. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 61.
224
Assmann
Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 53 § 10
Satz 1 und Abs. 3 WpÜG geweckten Erwartungen, kein Angebot unterbreiten wird, sieht das Gesetz nicht explizit vor. Die nahe liegende analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG107 mit der Folge, dass der Bieter die Rücknahme seiner Entscheidung zur Unterbreitung eines Angebots zu veröffentlichen hätte, ist nicht ganz unproblematisch, weil die Verletzung einer Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG eine Ordnungswidrigkeit darstellt (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WpÜG). Um Marktverzerrungen aus den unzutreffenden Erwartungen des Publikums über das angekündigte Angebot zu vermeiden, kommt aber in Betracht, dass die BaFin im Zuge ihrer Missbrauchsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG eine Veröffentlichung des Bieters entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 WpÜG anordnet. Folgerichtig muss der Bieter dieser Anordnung aber durch freiwillige Veröffentlichung zuvorkommen können108. Eine gesetzliche Regelung der angebotsverfahrensrechtlichen Folgen des Abbruchs des Angebotsverfahrens durch den Bieter nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots – etwa durch die Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG für diesen Fall – erscheint aber gleichwohl angebracht. Gegen die Möglichkeit, nach einer Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG bis zur Über- 52 mittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 WpÜG und für eine Bindungswirkung der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots im Hinblick auf dessen tatsächliche Durchführung lässt sich nicht geltend machen, dieser Akt der Übernahmepublizität ergebe sich „jedenfalls aus der kapitalmarktrechtlichen Komponente“ von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, „welche die von der Gegenauffassung angeführten rein zivilrechtlichen Lösungsmöglichkeiten“ überlagere109. Tatsächlich leugnet die „Gegenauffassung“ (siehe vorstehend Rz. 51 mit Fn. 105) diese kapitalmarktrechtliche Komponente von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG in Gestalt ihrer „verfahrenseröffnenden Funktion“110 nicht, wohl aber den Umstand, dass der Pflicht zur Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zum Zwecke der Erfüllung dieser Funktion eine weitergehende Bindung zukommen muss als dem Bieter bei der Veröffentlichung der Entscheidung, der Abgabe seines Angebots sowie der Weiterverfolgung desselben ein bestimmtes Verfahren vorzuschreiben. Die Nichtweiterverfolgung eines Angebotsverfahrens trotz Veröffentlichung der diesbezüglichen Entscheidung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG löst keine rechtsgeschäftlichen111 und auch keine deliktisch begründeten112 Schadensersatzansprüche des Bieters gegenüber den Adressaten des Angebots, gegebenenfalls Anteilseignern der Bietergesellschaft oder dem Publikum aus. Die vorstehend angeführten Folgen eines Abbruchs des Angebotsverfahrens durch den Bieter nach der 53 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots sind jedenfalls für den Fall als ausreichende Sanktionen zu betrachten, dass der Bieter bei Vornahme der Veröffentlichung redlicherweise 107 Dafür Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 21, 23 a.E.; unter Berufung auf diesen auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 4; ferner Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 49. 108 So i.E. (nach Darlegung verschiedener Begründungsmöglichkeiten) auch Scholl/Siekmann, BKR 2013, 316. 109 Hippeli, NZG 2016, 1207, 1208. 110 Hippeli, NZG 2016, 1207, 1208 Fn. 10. 111 Anders Scholl/Siekmann, BKR 2013, 316, 317, die Ansprüche nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB gegenüber „den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft“ aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis bejahen, weil „durch die Veröffentlichung der Vorankündigung zumindest ein ähnlicher geschäftlicher Kontakt i.S. des § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft“ entstehe. Durch die Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, mit der ein Bieter eine gesetzlich angeordnete Publizitätspflicht erfüllt, spezieller aufsichtsrechtlicher Überwachung unterliegt und der Eröffnung eines formellen Angebotsverfahren dient, entstehen zwischen dem Veröffentlichenden und den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft (ebenso wenig wie ggf. Wertpapierinhabern der veröffentlichenden Bieter-Gesellschaft) geschäftliche Kontakte, die als geschäftliche Kontakte in Gestalt der Aufnahme von Vertragsverhandlungen oder der Anbahnung von Verträgen nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB „ähnlich“ i.S. von § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB betrachtet werden können. 112 Ebenso Scholl/Siekmann, BKR 2013, 316, 317. Durch den Abbruch des Angebotsvorhabens werden keine Rechtsgüter i.S. von § 823 Abs. 1 BGB verletzt und es wird gegen keine Vorschriften verstoßen, die Schutzgesetze i.S. von § 823 Abs. 2 BGB sein könnten. Auch Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB kommen diesbezüglich schon deshalb nicht in Betracht, weil das erforderliche vorsätzliche Schädigungsverhalten eines Bieters auch die Schadensfolgen umfassen muss und eine nur allgemeine Vorstellung über die mögliche Schädigung Dritter nicht ausreicht (unten Rz. 87).
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§ 10 Rz. 53 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots davon ausging, ein Angebot zu unterbreiten, er also nicht von vornherein beabsichtigte, sein gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG veröffentlichtes Vorhaben nicht weiter zu verfolgen. Nicht der Zwang zur Weiterverfolgung eines mit einer Veröffentlichung über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots eingeleiteten Verfahrens ist das Ziel des Gesetzes113. Vielmehr ist beabsichtigt, ein solches Vorhaben frühzeitig in ein formelles Verfahren einzubetten und unter Beachtung der in § 3 WpÜG dargelegten allgemeinen Grundsätze durchzuführen. Hinzu kommt, dass mit der Veröffentlichung einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots keinerlei rechtsgeschäftliche Bindungen entstehen (siehe Rz. 11) und die mit der Eröffnung des Angebotsverfahrens auf Wertpapiere der Zielgesellschaft eingetretenen Marktverzerrungen oder schuldhaft herbeigeführten Schäden Dritter, namentlich der Zielgesellschaft, anderweitig – bspw. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen als Ordnungswidrigkeit bzw. Straftat nach § 120 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 15 Nr. 2 WpHG bzw. § 119 Abs. 1 WpHG wegen Marktmanipulation114 oder im Wege des Schadensersatzes nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Bestimmungen des § 823 Abs. 1 BGB (zielgerichteter Eingriff in den Gewerbebetrieb der Zielgesellschaft)115 oder des § 826 BGB (mindestens bedingt vorsätzliche Schädigung der Zielgesellschaft)116 – hinreichend sanktioniert werden können117 (siehe auch unten Rz. 95 f.). Eine Haftung wegen der Verletzung einer vertraglichen Leistungspflicht nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB oder wegen der Verletzung vorvertraglicher Verhaltenspflichten (culpa in contrahendo) nach §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 311 Abs. 2 BGB, kommt nicht in Betracht118. Selbst wenn man mit der Vornahme der Veröffentlichung der Entscheidung eine vorvertragliche „Sonderbeziehung“ zwischen Bieter und Adressaten des beabsichtigten Angebots sehen wollte, besteht doch, wie vorstehend (Rz. 53) ausgeführt, kein Zwang zur Weiterverfolgung eines mit einer Veröffentlichung eingeleiteten Verfahrens, weshalb die unterlassene Angebotsunterbreitung nicht per se eine Pflichtverletzung darstellt. 54
Dementsprechend ist eine Erweiterung des Sanktionenarsenals für den Abbruch eines Angebotsverfahrens nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht zu befürworten. Auch § 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpÜG beabsichtigt, indem er die Nichtübermittlung einer Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG als ordnungswidriges Handeln bußgeldbewehrt, nicht etwa, Druck auf die unbedingte Fortführung des mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots eröffneten Angebots auszuüben, sondern versucht lediglich sicherzustellen, dass nachfolgende Akte sich sachlich und zeitlich in dem vom Gesetz vorgegebenen Rahmen bewegen119. Die Bestimmung ist also auf jeden Fall dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sie nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Bieter sein Angebot unter Missachtung der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG weiter verfolgt120. Ungeachtet dessen käme es auch dann nicht zur Anwendung von § 60
113 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 19 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 2. 114 Vgl. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 46. Nicht in Betracht kommt Betrug (§ 263 StGB), der damit auch als Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB ausscheidet; siehe dazu unten Rz. 86. § 263 StGB für anwendbar hält dagegen Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 62. 115 Dazu etwa Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 13. 116 Etwa Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 142; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 46; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 62. 117 A.A. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 140, nach denen eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht zurückgenommen werden kann, ohne eine Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpÜG in Gestalt der Nichteinreichung einer Angebotsunterlage zu begehen. 118 Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 2; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 88. A.A., allerdings ohne brauchbare Begründung, Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 13; Zschocke/Berresheim, BKR 2004, 301, 302 ff. 119 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 19. A.A. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 141 f.; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 11; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 10 WpÜG Rz. 61 a.E., der – neben § 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpÜG – auch gleich noch eine Ordnungswidrigkeit wegen fehlender Veröffentlichung der nicht eingereichten Angebotsunterlage nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) WpÜG in Betracht zieht. 120 A.A. namentlich Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 141 f.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 56 § 10
Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpÜG, wenn man ein Verschulden des Bieters, der aus kaufmännisch nachvollziehbaren Erwägungen von seinem Vorhaben abrückte, verneinen wollte121. Vom Abbruch der Weiterverfolgung des Vorhabens zur Abgabe eines Angebots nach Veröffentlichung 55 der Entscheidung zur Abgabe eines solchen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu unterscheiden ist die Frage, welche Bindungswirkungen sich aus der Veröffentlichung im für den in der Veröffentlichung genannten Bieter, namentlich im Hinblick auf einen Bieteraustausch sowie die nachträgliche Bildung von Bietergemeinschaften ergeben. Auch wenn man einem Bieter, der seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots veröffentlicht hat, die Möglichkeit einräumt, von der Unterbreitung des Angebots abzusehen (oben Rz. 50), so kann dies doch nicht in der Weise geschehen, dass der sich aus der Veröffentlichung ergebende Bieter ausgetauscht und das weitere Verfahren, namentlich die Abgabe des Angebots, von einem anderen als dem in der Veröffentlichung genannten Bieter betrieben wird122. Davon zu unterscheiden ist die durchaus praxisrelevante und praktizierte123 nachträgliche Bildung einer Bietergemeinschaft, da der Bieter in diesem Fall nicht ausgetauscht wird, sondern mindestens ein weiterer Bieter hinzukommt und Bieter, ausweislich § 2 Abs. 4 WpÜG, durchaus auch als Bietergemeinschaften auftreten können. Wollte man den Bieter, der eine Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG vorgenommen hat, unter diesen Umständen auf den Weg des Abbruchs seines Vorhabens verweisen, so wäre ihm – ganz ungeachtet des Umstands, dass diese Möglichkeit umstritten ist – auf jeden Fall, aus den oben in Rz. 51 angeführten Gründen, die zeitnahe Verfolgung eines neuen Angebotsvorhabens in Bietergemeinschaft versagt. Dagegen ließe sich auch nicht einwenden, die Bietergemeinschaft sei nicht mit dem früheren Bieter identisch, denn es steht außer Frage, dass auch in einer Bietergemeinschaft jeder Bieter eine selbstständige Pflicht zur Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots in Bietergemeinschaft hat (oben Rz. 28). Wenn aber schon nichts gegen den Abbruch des Angebotsvorhabens eines Bieters nach einer Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG spricht, so spricht erst recht nichts gegen das Hinzutreten eines eigenen Veröffentlichungspflichten nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG unterliegenden Bieters in Bietergemeinschaft124, sofern die Veröffentlichung des hinzutretenden Bieters im Zeitraum zwischen der Veröffentlichung des seinerzeit alleinigen Bieters und der Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 WpÜG erfolgen kann. In der Veröffentlich des hinzutretenden Bieters nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist dann allerdings auf die nachträgliche Bildung einer Bietergemeinschaft und die (Vor-)Veröffentlichung des ursprünglich alleinigen Bieters, mit dem das Angebot gemeinsam abgegeben werden wird, hinzuweisen. Hinsichtlich der Frist aus § 14 WpÜG zur Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage i.S. von § 11 WpÜG ist – schon um den Erwartungen der Angebotsadressaten über den Verfahrensfortgang infolge der Veröffentlichung des ursprünglich einzelnen Bieters gerecht zu werden und taktisches Verhalten zur Verlängerung der Fristen aus § 14 WpÜG sowie Marktverzerrungen zu vermeiden – auf die erste Veröffentlichung abzustellen.
D. Mitteilungspflichten vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 2 WpÜG) I. Die Mitteilungspflichten und ihre Adressaten (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) Vor der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hat der Bieter seine Entscheidung
121 So Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 11. Diese Überlegung zur Beschneidung des Anwendungsbereichs des § 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WpÜG erfasst aber nur einen Teil der Fälle, in denen ein nicht von Anfang an unredlich handelnder Bieter seine Entscheidung zurücknimmt. 122 Hippeli, NZG 2016, 1207, 1208, 1213 (kein Bieteraustausch nach erfolgter Übernahmepublizität); Müller-Michaels in Hölters, Rz. 13.75; Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht, S. 3. 123 Siehe die Hinweise bei Hippeli, NZG 2016, 1207, 1208 f. 124 So selbst der eine Bindungswirkung einer Veröffentlichung bejahende und die Möglichkeit eines Abbruchs des Verfahrens nach einer Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verneinende Hippeli, NZG 2016, 1207, 1208 f. (1208: „Möglich ist es aber, dem durch die Übernahmepublizität fixierten Bieter später einen weiteren Bieter an die Seite zu stellen, mit dem eine Bietergemeinschaft begründet wird“).
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§ 10 Rz. 56 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots 1. den Geschäftsführungen der (inländischen, siehe Rz. 58) Börsen, an denen Wertpapiere des Bieters, der Zielgesellschaft und anderer durch das Angebot unmittelbar betroffener Gesellschaften zum Handel zugelassen sind, 2. den Geschäftsführungen der (inländischen, siehe Rz. 58) Börsen, an denen Derivate i.S. des § 2 Abs. 3 WpHG gehandelt werden, sofern die Wertpapiere Gegenstand der Derivate sind, und 3. der BaFin mitzuteilen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG). Die Vorschrift, die in ihrem Verweis in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 23.6.2017 eine redaktionelle Änderung erfahren hat (dazu Rz. 8 a.E.), entsprach § 15 Abs. 4 Satz 1 WpHG a.F., zu dem §§ 8, 9 WpAIV a.F. konkretisierende Regelungen enthielten; den aufgehobenen Bestimmungen vergleichbare Regelungen finden sich heute in § 26 Abs. 1 WpHG und §§ 8 f. WpAV125. § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG entsprechend auf die Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anzuwenden. Die Mitteilung an die BaFin hat nach § 45 Satz 1 WpÜG schriftlich zu erfolgen, kann aber nach § 45 Satz 2 WpÜG auch im Wege der elektronischen Datenübertragung erfolgen, wenn der Absender zweifelsfrei zu erkennen ist. Dazu gehört auch die Mitteilung mittels Fax (zur Zulässigkeit siehe näher § 45 WpÜG Rz. 3), für die dem Bieter bei der BaFin die Telefax-Nummer 0228/4108-3255 zur Verfügung steht126. Nichts anderes hat hinsichtlich der Mitteilungen an die Geschäftsführungen der nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 WpÜG zu benachrichtigenden Börsen zu gelten. Zum Mitteilungszeitpunkt siehe unten Rz. 59. Entsprechend der Regelung des § 8 Abs. 1 WpAIV a.F. bzw. § 8 Abs. 1 WpAV in Bezug auf den Inhalt von Mitteilungen nach § 15 Abs. 4 Satz 1 WpHG a.F. bzw. nach § 26 Abs. 1 WpHG i.V.m. Art. 17 Abs. 1, 7 oder 8 VO Nr. 596/2014 im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Insiderinformationen nach Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 sollte die Vorabmitteilung über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots dem Inhalt nach den Wortlaut der vorgesehenen Veröffentlichung, den vorgesehenen Zeitpunkt der Veröffentlichung und einen Ansprechpartner des Mitteilungspflichtigen mit Rufnummer enthalten. Es ist zweckmäßig, die Mitteilung als solche nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu kennzeichnen. 57
Im Falle einer Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG ist die Mitteilung erst und nur dann vorzunehmen, wenn ein Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Abgabe des Angebots gefasst wurde (siehe schon oben Rz. 42). Bereits der Antrag, eine Veröffentlichung erst nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vornehmen zu dürfen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG), suspendiert die Mitteilungspflicht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG (siehe Rz. 42).
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Die im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Mitteilungspflicht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 WpÜG auf die Geschäftsführung inländischer Börsen hat ihren Grund im verwaltungsrechtlichen Charakter der Vorschrift, welcher eine gesetzliche Verpflichtung zu Mitteilungen an ausländische Börsen ausschließt127. Sind die Wertpapiere der Zielgesellschaft auch an einem organisierten Markt eines anderen EWR-Staates (§ 2 Abs. 7 und 8 WpÜG) zugelassen, so unterliegt der Bieter darüber hinaus den an diesem Platz geltenden Veröffentlichungspflichten128. Hat ein grenzüberschreitendes Angebot zur Folge, dass der Bieter zugleich die Vorschriften eines Staates außerhalb des EWR (§ 2 Abs. 8 WpÜG) einhalten muss, kann die BaFin dem Bieter auf Antrag gestatten, bestimmte Inhaber von Wertpapieren mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in dem fraglichen Staat von dem Angebot auszunehmen, wenn diesem ein Angebot an alle Inhaber von Wertpapieren unzumutbar ist (§ 24 WpÜG). Die Mitteilungspflicht des Bieters besteht im Übrigen nach dem Wortlaut der Vorschrift nur gegenüber den Geschäftsführungen der inländischen Börsen, an denen Wertpapiere des Bieters, der Zielgesellschaft und anderer durch das Angebot unmittelbar betroffener Gesellschaften zum Handel zugelassen sind, also nicht in Bezug auf Wertpapiere, die lediglich in den regulierten Markt an einer inländischen Börse einbezogen (§ 33 BörsG) wurden129. Diese Be125 Näher hierzu und zu diesen Bestimmungen Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 178 ff. 126 Siehe BaFin, Aufsicht über Wertpapiererwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote nach dem WpÜG, www.ba fin.de/SharedDocs/Standardartikel/DE/bieterpflichten_wpueg.html. 127 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. 128 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. 129 Dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG in der Sache folgend Geibel/Louven in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 49 ff.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 54; Thoma in Baums/
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 60 § 10
schränkung ist fragwürdig und wohl dem Umstand zu verdanken, dass die Einbeziehung von Wertpapieren in einen inländischen organisierten Markt (in Gestalt des regulierten Markts) erst mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16.7.2007130 eröffnet wurde, ohne das WpÜG entsprechend anzupassen131. Fragwürdig deshalb, weil auch hinsichtlich der in den geregelten Markt einbezogenen Wertpapiere eine Entscheidung der Geschäftsführungen über die Aussetzung oder Einstellung der Feststellung des Börsenpreises als Folge der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WpÜG und unten Rz. 59) sinnvoll ist und möglich sein muss132. Dagegen lässt sich nicht einwenden, ein Wertpapier könne in den regulierten Markt nur einbezogen werden, wenn es bereits an einer anderen in- oder ausländischen Börse zugelassen sei133, so dass es ausreiche, wenn diese Börsen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG benachrichtigt werden, denn diese Benachrichtigungspflicht hat, wie eingangs dieser Rz. ausgeführt, nur inländische Börsen als Adressaten. Ebenso wenig lässt sich argumentieren, auch die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG treffe, weil der Emittent der Einbeziehung von Wertpapieren in den regulierten Markt nicht zugestimmt haben müsse, nur Emittenten von Wertpapieren, die zum Handel an einem organisierten Markt – hier dem regulierten Markt – zugelassen seien (§ 2 Abs. 5 WpHG), denn die Mitteilungspflicht aus § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG trifft den Bieter und nicht den Emittenten von Wertpapieren134. Wegen der Bewehrung der Mitteilungspflicht als Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpÜG wird eine Erweiterung derselben auf in den regulierten Markt einbezogene Wertpapiere allerdings nicht ohne entsprechende gesetzliche Korrektur möglich sein135. Unstreitig ist, dass keine Mitteilungspflicht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG hinsichtlich der in den Freiverkehr einbezogenen Wertpapiere besteht, weil es sich bei diesem nicht um einen organisierten Markt i.S. des § 1 Abs. 1 WpÜG handelt und das WpÜG auf solche Wertpapiere betreffenden Angebote keine Anwendung findet. Die Unterrichtung der Geschäftsführungen inländischer Börsen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 59 WpÜG hat den Zweck sicherzustellen, dass die Geschäftsführung der jeweiligen Börse – falls erforderlich – eine Kursaussetzung verfügen kann (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WpÜG)136. Die Unterrichtung der BaFin nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WpÜG ist erforderlich, um dieser die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes über das Angebotsverfahren zu ermöglichen137. Diesen Zielen einer Vorabmitteilung entsprechend wird für den Regelfall eine Mitteilung 20–30 Minuten vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots als ausreichend betrachtet138. Die Mitteilungspflicht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG besteht nur gegenüber den Geschäftsfüh- 60 rungen der inländischen Börsen, an denen Wertpapiere des Bieters, der Zielgesellschaft und anderer durch das Angebot unmittelbar betroffener Gesellschaften zum Handel zugelassen oder, falls man der oben Rz. 58 dargelegten Ansicht folgt, in den regulierten Markt einbezogen sind. Andere, durch das Angebot unmittelbar betroffene Gesellschaften sind namentlich solche, deren Wertpapiere im Falle eines Tauschangebots vom prospektiven Bieter als Gegenleistung für den Erwerb von Wertpapieren
130 131 132 133 134 135 136 137 138
Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 72. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 54 (nur in den regulierten Markt einbezogene Wertpapiere sollen gleichwohl im Sinne des Abs. 2 zugelassen sein, da ihr Handel gemäß § 32 BörsG erlaubt sei); Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 39. BGBl. I 2007, 1330. Ohne Erwägung dieser Möglichkeit auf die anderweitige gesetzliche Differenzierung zwischen Zulassung und Einbeziehung hinweisend Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 49 ff. So noch Thoma/Stöcker in Baums/Thoma/Verse (bis zur 5. Lieferung 1/2011 zu dem Kommentar), § 10 WpÜG Rz. 108; anders jetzt Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 72. Andeutungsweise Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 54; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 51. So aber Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 54, und diesem folgend Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 72. Insoweit wie Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 52 f. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 51; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 16; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 26; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 69. Vgl. auch zur entsprechenden Problematik einer Vorabmitteilung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 WpHG a.F., § 9 WpAIV a.F. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 273 m.w.N.
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§ 10 Rz. 60 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots der Zielgesellschaft angeboten werden sollen139. Das können etwa Tochtergesellschaften oder andere konzerneingebundene Gesellschaften sein, wenn ihre Wertpapiere Gegenstand des Tauschangebots sind. Im Hinblick auf den Zweck der Mitteilungspflicht, durch Kursaussetzungen auf die Gefährdung des ordnungsgemäßen Börsenhandels in Wertpapieren der betroffenen Gesellschaft und zum Schutz des Publikums reagieren zu können (Rz. 59), sind auch börsennotierte Tochtergesellschaften und Muttergesellschaften der Zielgesellschaft, auf deren Kurse die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots wegen ihrer direkten Beteiligungsverbundenheit zur Zielgesellschaft Auswirkungen haben kann, noch als unmittelbar betroffene Gesellschaften anzusehen140. Andere Konzerngesellschaften gehören dagegen nicht zum Kreis der vom Angebot des Bieters unmittelbar Betroffenen141. Tochterunternehmen des Bieters gelten nach § 2 Abs. 5 Satz 2 WpÜG als mit diesem gemeinsam handelnde Gesellschaften und sind als solche gemäß § 2 Abs. 4 WpÜG als Bieter zu behandeln, so dass schon von daher – seitens der Tochtergesellschaft als Bieter – auch die Börsen zu benachrichtigen sind, an denen Wertpapiere der Tochtergesellschaft bzw. auf diese bezogene Derivate gehandelt werden142. Bei den von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfassten Wertpapieren handelt es sich um die in § 2 Abs. 2 WpÜG (siehe § 2 WpÜG Rz. 46 ff.) beschriebenen Papiere. 61
Die Mitteilungspflicht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpÜG besteht gegenüber den Geschäftsführungen der inländischen Börsen, an denen Derivate (i.S. des § 2 Abs. 3 WpHG)143 der die Mitteilungspflicht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpÜG auslösenden Wertpapiere gehandelt werden.
II. Zweckgebundene Verwendung der Mitteilungen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) 62
Die Geschäftsführungen der Börsen, denen eine Mitteilung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zugeht, dürfen die erlangte Information vor ihrer Veröffentlichung nur zum Zwecke der Entscheidung verwenden, ob die Feststellung (in neuerer börsenrechtlicher Terminologie: Ermittlung) des Börsenpreises auszusetzen oder einzustellen ist. Die Vorschrift soll verhindern, dass privatrechtliche Träger der öffentlichrechtlich organisierten Börsen, die einen in Wettbewerb zu anderen Anbietern stehenden Informationsverbreitungsdienst anbieten, durch die Vorabmitteilung einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten erlangen144. Sie ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG entsprechend auf die Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anzuwenden.
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Die BaFin dagegen unterliegt im Hinblick auf die Verwendung der ihr in der Mitteilung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zugegangenen Informationen keinen – über die sonstigen gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden – Verwendungsbeschränkungen, kann also die Mitteilung nutzen, um die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (nach § 4 Abs. 1 WpÜG) zu untersagen. Das kann bspw. dann geboten sein, wenn das durch die Veröffentlichung der Entscheidung in Gang gesetzte Verfahren zur Verletzung einer Angebotssperre nach § 26 WpÜG führen müsste, weil die Veröffentlichung der Angebotsunterlage aufgrund der zeitlichen Vorgaben in § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG innerhalb der Sperrfrist des § 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG läge (vgl. § 26 WpÜG Rz. 13). 139 Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 54; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 56; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 20; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 15; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 73; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 40. 140 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 55; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 41; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 28; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 73. A.A. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 54; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 20; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, § 23 Rz. 19; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 53. 141 Weiter gehend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 55 (alle verbundenen Unternehmen). 142 Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 20. 143 Siehe dazu im Einzelnen Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, § 2 WpHG Rz. 45 ff. 144 Siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zum RegE 2. FFG vom 15.6.1994, BT-Drucks. 12/7918, S. 101. Vgl. zu der entsprechenden Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 WpHG a.F. auch Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 276.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 67 § 10
III. Sonderregelung für „ausländische“ Bieter (§ 10 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) § 10 Abs. 2 Satz 3 WpÜG enthält eine Sonderregelung zu der sich aus § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ergebenden Pflicht des Bieters zur Vorabinformation der Börsengeschäftsführungen und der BaFin über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Die Vorschrift entsprach § 15 Abs. 4 Satz 4 WpHG a.F. und soll dem Umstand Rechnung tragen, dass zahlreiche ausländische Unternehmen aufgrund anderweitiger Verfahrensregelungen an ihren Heimatbörsen Probleme mit der Vorabunterrichtung der BaFin und der deutschen Börsen haben können145. Sie ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG entsprechend auf die Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anzuwenden.
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Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WpÜG kann die Bundesanstalt gestatten, dass „ausländische“ Bieter – d.h. Bieter mit Wohnort oder Sitz im Ausland – die Mitteilung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG gleichzeitig mit der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erforderlichen Veröffentlichung vornehmen, wenn dadurch die Entscheidungen der Geschäftsführungen der Börsen über die Aussetzung oder Einstellung der Feststellung des Börsenpreises nicht beeinträchtigt werden. An einer solchen Beeinträchtigung fehlt es etwa dann, wenn ausländische Börsen die entsprechenden Informationen unverzüglich den betroffenen deutschen Börsen übermitteln146. Die Gestattung kann als Allgemeinverfügung oder als Entscheidung im Einzelfall erfolgen.
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E. Veröffentlichungsverfahren (§ 10 Abs. 3 WpÜG) § 10 Abs. 3 WpÜG regelt im Wesentlichen das Verfahren zur Veröffentlichung der Entscheidung 66 des Bieters zur Abgabe eines Angebots i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und nur ganz rudimentär auch seinen Inhalt. Die Vorschrift entspricht weitgehend derjenigen zur Regelung des Verfahrens zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung in § 15 Abs. 1 und 7 WpHG a.F. i.V.m. § 5 Satz 1 WpAIV a.F.147, mit dem Unterschied, dass die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG nur in Deutsch vorgenommen werden darf (siehe dazu näher Rz. 66). Die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG, wonach die Veröffentlichung der Entscheidung auch „durch Bekanntgabe im Internet“ vorzunehmen ist, beruht auf der Änderung der Vorschrift durch Art. 1 Nr. 6 lit. a des Gesetzes vom 8.7.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote148. Das Erfordernis der Veröffentlichung der Entscheidung auch „durch Bekanntgabe im Internet“ trat an die Stelle der bisherigen Regelung, welche – alternativ zu der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG – eine Veröffentlichung „in mindestens einem überregionalen Pflichtblatt“ vorsah. Hat der Bieter eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG getroffen, muss er diese unverzüglich veröffentlichen (siehe Rz. 44 f.). Bis zur Änderung von § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG durch Gesetz vom 8.7.2006 (Rz. 66) eröffnete ihm § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG a.F. zwei Wege: entweder veröffentlichte der Bieter seine Entscheidung in mindestens einem überregionalen Börsenpflichtblatt oder er bediente sich hierzu eines elektronisch betriebenen Informationsverbreitungssystems nach Maßgabe des (unveränderten) § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG. Nach der in Rz. 66 angeführten Änderung von § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG durch Gesetz vom 8.7.2006 muss die Veröffentlichung der Entscheidung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG sowohl durch Bekanntgabe im Internet (Nr. 1) als auch über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem erfolgen, das bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, nach § 53 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen tätigen Unternehmen, anderen Unternehmen, die ihren Sitz im Inland haben und an einer inländischen Börse zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, und Versicherungsunternehmen weit verbreitet 145 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Zu den Erwägungen zur entsprechenden Regelung in dem § 15 Abs. 4 Satz 4 WpHG entsprechenden § 15 Abs. 2 Satz 3 WpHG a.F. siehe Pötzsch, Der Diskussionsentwurf des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes, AG 1997, 193, 199 und Pötzsch, Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, WM 1998, 949, 958. 146 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. 147 Siehe dazu etwa Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 280h. 148 BGBl. I 2006, 1426.
Assmann
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67
§ 10 Rz. 67 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots ist (Nr. 2). Die Neuregelung bezweckte vor allem die Herstellung eines Gleichlaufs zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen (nach § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 WpHG a.F. i.V.m. § 5 Satz 1 WpAIV a.F.)149. Dies wiederum wurde als notwendig angesehen, weil die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots eine Insiderinformation sein kann150. Die Veröffentlichung der Entscheidung durch Bekanntgabe im Internet soll, zusammen mit der zusätzlich erforderlichen Veröffentlichung über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, sicherstellen, „dass die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots in der Weise bekannt gemacht wird, dass sie den Wertpapierinhabern ohne weiteres und umgehend zur Verfügung stehen“151. 68
§ 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG spricht nur von einer Veröffentlichung der Entscheidung durch Bekanntgabe im Internet. Einen Ort, an dem die Bekanntgabe im Internet zu erfolgen hat, schreibt das Gesetz nicht vor. Dies ist bewusst geschehen, um „möglichen technologischen Neuerungen Rechnung zu tragen“, doch gibt die Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes vom 8.7.2006 (Rz. 66) den Hinweis, „zweckmäßigerweise“ solle sie „auf der Website des Bieters erfolgen“152. Elektronisch betriebene Informationsverbreitungssysteme i.S. des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG sind nur solche, „welche Nachrichten grundsätzlich in einer in Minuten bemessenen Reaktionszeit veröffentlichen“153, was namentlich bei den Informationsverbreitungssystemen von Bloomberg, Deutsche Gesellschaft für Adhoc-Publizität (DGAP), Reuters und die Vereinigten Wirtschaftsdienste (VWD) der Fall ist154. Um den erstrebten Gleichlauf der Veröffentlichung einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots mit der Veröffentlichung einer ad-hoc-publizitätspflichtigen Insiderinformation zu gewährleisten, sollte – entsprechend § 5 Satz 2 WpAIV a.F.155, eine Veröffentlichung über das Internet nicht vor einer Veröffentlichung in dem elektronisch betriebenen Informationsverbreitungssystem erfolgen. Anders verhält es sich im Hinblick auf das in § 5 Satz 1 Nr. 2 WpAIV a.F. aufgestellte Erfordernis, die für die Veröffentlichung im Internet gewählte Adresse mindestens für die Dauer von einem Monat verfügbar zu halten156. Wäre eine solche Anforderung gewollt gewesen, hätte sie ohne weiteres mit der Änderung übernommen werden können. In der Sache ergibt sich aber bereits insoweit ein gewisser Gleichlauf mit dieser Regelung, als in systematischer und teleologischer Auslegung von § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu verlangen ist, dass die Bekanntgabe im Internet mindestens bis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage aufrecht zu erhalten ist157, welche nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots der BaFin zu übermitteln und nach deren Billigung durch die Aufsichtsbehörde, spätestens aber zehn Werktage seit dem Eingang bei der BaFin, unverzüglich zu veröffentlichen ist.
69
Eine Veröffentlichung der Entscheidung in anderer Weise als in § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG vorgeschrieben ist zwar zulässig, darf aber nach § 10 Abs. 3 Satz 3 WpÜG erst dann vorgenommen werden, wenn den vorstehend (in Rz. 67) beschriebenen Anforderungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG genügt wurde. Diese Regelung dient nicht nur der Gewährleistung der „Einheitlichkeit der Veröffentlichungswege“158, sondern dämmt darüber hinaus die Gefahr des Insiderhandels ein, indem entweder (über die Börsenpflichtblattveröffentlichung) ein möglichst großer Teil des interessierten Publikums informiert oder (aufgrund der Veröffentlichung über ein elektronisches Informationsverbreitungssystem) die Bereichsöffentlichkeit159 herbeigeführt werden muss. Die Vorschrift ist gemäß § 35 Abs. 1 149 150 151 152 153 154 155 156 157
158 159
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Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 1, 18. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 1, 18. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 1, 18. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 1, 18. OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), juris, Rz. 12. Näher hierzu Noack, AG 2003, 537, 540 f. Dies in der Sache befürwortend Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 69, Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 69 a.E. A.A. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 87. Für eine „Anlehnung“ an diese Regelung aber Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 69. Ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 63. Offener Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 87, demzufolge „die Veröffentlichung der Information zumindest so lange zu erfolgen“ habe, „wie sie für das angekündigte Angebotsverfahren erheblich“ sei. Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 69. So Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Bereichsöffentlichkeit ist (bereits dann) gegeben, wenn es einer unbestimmten Anzahl von Personen aus dem Kreis der Marktteilnehmer möglich ist, von einer Information Kenntnis zu nehmen. Die Information
Assmann
Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 72 § 10
Satz 4 WpÜG entsprechend auf die Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anzuwenden. Die Veröffentlichung muss in Deutsch erfolgen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG a.E.)160. Die Regelung des § 10 Abs. 3 WpÜG basiert auf der Überlegung, bei der Veröffentlichung nach § 10 WpÜG gehe es um die Information der Öffentlichkeit sowie der deutschen Aktionäre und der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft über die Absicht eines Angebots zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft mit Sitz im Inland, weshalb es geboten sei, die Unterrichtung auf eine solche in Deutsch zu beschränken161. Das schließt indes eine zeitgleiche Veröffentlichung in englischer oder anderen Sprachen nicht aus162: Wie sich § 10 Abs. 3 Satz 3 WpÜG – der hierin § 15 Abs. 5 Satz 1 WpHG a.F. entspricht – entnehmen lässt, ist eine Veröffentlichung in anderer Weise als in § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG vorgeschrieben durchaus zulässig und darf nur nicht vor der Veröffentlichung nach Satz 1 vorgenommen werden. Es sprechen keine Gründe dagegen, diese Regelung auch auf die Sprache einer zulässigen anderweitigen Veröffentlichung zu erweitern, da diese die zwingend in Deutsch vorzunehmende Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 Satz 3 WpÜG nicht berührt. Das wird durch die Erwägung im RegE des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen bestätigt, mit der Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 WpÜG sollten Veröffentlichungen auf anderen als den in § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG genannten Veröffentlichungswegen untersagt werden163.
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Zum Inhalt der Veröffentlichung siehe die Erläuterungen oben Rz. 46 ff. Ergänzend bestimmt § 10 Abs. 3 Satz 2 WpÜG, dass der Bieter in der Veröffentlichung auch die Adresse anzugeben hat, unter der die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgen wird. Das soll einen unmittelbaren und raschen Zugriff der von der Publikation angesprochenen Adressaten auf die für die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG in den nächsten vier Wochen jedenfalls auch im Internet zu veröffentlichende Angebotsunterlage erlauben164.
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F. Übersendung der Veröffentlichung an die BaFin und die beteiligten Börsenstellen (§ 10 Abs. 4 WpÜG) Der Bestimmung in § 15 Abs. 5 Satz 2 (Halbsatz 1) WpHG entsprechend, verpflichtet § 10 Abs. 4 72 Satz 1 WpÜG den Bieter, die Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG unverzüglich (siehe dazu oben Rz. 44 f.) den Geschäftsführungen der in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 WpÜG erfassten Börsen und der BaFin zu übersenden, um diesen die Überwachung der Einhaltung der Veröffentlichungspflichten165 aus § 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 WpÜG zu erleichtern. Die Vorschrift ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG entsprechend auf die Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anzuwenden. Da in § 10 Abs. 4 Satz 1 WpÜG von einer Übersendung der Veröffentlichung die Rede ist, ist die bloße Mitteilung über die Art und Weise und den Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht ausreichend; vielmehr ist den fraglichen Stellen ein Doku-
160 161
162 163 164 165
muss mithin nicht der breiten Öffentlichkeit oder einem breiten Anlegerpublikum, sondern lediglich dem engeren Kreis regelmäßiger Marktteilnehmer bekannt sein, um als öffentlich bekannt zu gelten. Siehe Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 13 WpHG Rz. 34 ff.; Assmann in Assmann/ Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 64; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 65. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Kritisch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 72 (mit der fragwürdigen Annahme, dies sei eine „kaum zu verhehlende Maßnahme des Protektionismus“); Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 29 (mit dem Hinweis, so könne eine „für internationale Kapitalmärkte inakzeptable Informationsdisparität entstehen“). Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 73; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 72; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 29; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 36; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 90. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40.
Assmann
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§ 10 Rz. 72 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots ment (Belegexemplar, Kopie, elektronische Datei) zu übersenden, aus denen sich der Text und das Medium der Veröffentlichung ergibt166. 73
Ebenfalls in Anlehnung an § 15 Abs. 5 Satz 2 (Halbsatz 2) WpHG a.F. stellt § 10 Abs. 4 Satz 2 WpÜG denjenigen Bieter, dem die BaFin nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WpÜG gestattet hat, die Mitteilung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG gleichzeitig mit der Veröffentlichung vorzunehmen, von der in § 10 Abs. 4 Satz 1 WpÜG statuierten Pflicht zur Übersendung der Veröffentlichung frei. Der Gesetzgeber vertraut insoweit darauf, dass die zeitgleich vorzunehmende Mitteilung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG und Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 WpÜG inhaltlich identisch sind und verzichtet damit auf einen effektiven Nachweis, dass dies auch tatsächlich der Fall ist.
G. Unterrichtungspflichten des Bieters und des Vorstands der Zielgesellschaft (§ 10 Abs. 5 WpÜG) I. Überblick 74
Unverzüglich nach der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG muss der Bieter gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG dem Vorstand der Zielgesellschaft die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots schriftlich mitteilen. Daraufhin hat der Vorstand der Zielgesellschaft gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG seinerseits unverzüglich den zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar die Arbeitnehmer, über die ihm vom Bieter zugegangene Mitteilung (nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG) zu unterrichten. Darüber hinaus muss der Bieter nach § 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich auch seinem zuständigen Betriebsrat mitteilen oder, falls ein solcher nicht besteht, unverzüglich nach der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG den Arbeitnehmern unmittelbar zur Kenntnis bringen. § 10 Abs. 5 WpÜG ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG entsprechend auf die Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anzuwenden.
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Diese hintereinander geschalteten Unterrichtungspflichten nach § 10 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 WpÜG haben zum einen und in erster Linie den Zweck sicherzustellen, dass die Vertretung der Arbeitnehmer (Betriebsrat) der Zielgesellschaft oder, falls eine solche Vertretung nicht besteht, die Arbeitnehmer selbst in die Lage versetzt werden, ihre (vor allem aus § 27 Abs. 2 WpÜG folgenden) Rechte im Hinblick auf das bevorstehende Angebot wahrzunehmen. Die Regelung des § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG soll nach der Begründung des RegE WpÜG darüber hinaus zugleich deutlich machen, dass durch das WpÜG „die bestehenden Rechte der Arbeitnehmer nicht beschränkt werden“167. Auch wenn die Begründung diesbezüglich nur auf „bestehende Rechte“ verweist, darf man darin zugleich eine Absage an die Stimmen sehen, die den Arbeitnehmern jegliche Rechte im Zusammenhang mit der Abgabe eines Übernahmeangebots absprechen wollen. Zum anderen löst die Unterrichtung des Vorstands der Zielgesellschaft dessen Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Zielgesellschaft nach § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG (Berichtspflicht aus „sonstigen wichtigen Anlässen“) aus. Dieser hat den Aufsichtsrat nach § 90 Abs. 5 Satz 3 AktG spätestens in der nächsten Aufsichtsratssitzung über die ihm vom Vorstand zugeleitete Mitteilung in Kenntnis zu setzen. Die Unterrichtung des Vorstands der Zielgesellschaft selbst ist, obschon formal an erster Stelle der Unterrichtungskette stehend, insoweit nur Mittel zu anderen (nämlich den vorgenannten) Zwecken, da davon ausgegangen werden darf, dass dem Vorstand in der Praxis eine Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 WpÜG schneller bekannt wird als ihn die schriftliche Mitteilung nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG erreicht; diese indes erlaubt eine eindeutige Wissenszurechnung als Grundlage zur Beurteilung der Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft zur Unterrichtung der Arbeitnehmer(vertretung) und des Aufsichtsrats(vorsitzenden). Durch die Einfügung des Satzes 3 in § 10 Abs. 5 WpÜG durch Art. 1 Nr. 6 lit. b) des Gesetzes vom 8.7.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
166 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 76; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 30, 32; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 23; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 55; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 93 f. 167 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40.
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Assmann
Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 78 § 10
vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote168, mit dem Art. 6 Abs. 1 Satz 3 der Übernahmerichtlinie umgesetzt wird, sind nunmehr auch die Vertreter der Arbeitnehmer (Betriebsrat) des Bieters bzw. die Arbeitnehmer direkt von diesem über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zu informieren. Sämtliche Mitteilungs- und Unterrichtungspflichten des § 10 Abs. 5 WpÜG müssen unverzüglich nach dem Eintritt des die Pflicht auslösenden Ereignisses, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (siehe dazu oben Rz. 44 f.), erfolgen.
II. Pflicht des Bieters zur Unterrichtung des Vorstands der Zielgesellschaft (§ 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG) Die Mitteilung des Bieters (oder seines gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters) muss schriftlich erfolgen. D.h., dass sie vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterschrieben (§ 126 Abs. 1 BGB) oder im Falle der nach § 126 Abs. 3 BGB zulässigen Ersetzung der schriftlichen durch die elektronische Form mit dem Namen des Ausstellers und einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen sein muss (§ 126a Abs. 1 BGB)169. Die bloße Übersendung einer Kopie der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 WpÜG an den Vorstand reicht damit nicht aus, kann aber zum Bestandteil der Mitteilung nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG gemacht werden. Auch auf die Verwendung von Telefax, die mit unterschiedlichen Erwägungen für zulässig erachtet wird170, sollte aus Sicherheitsgründen verzichtet werden. Textform gemäß § 126b BGB171 erscheint zwar de lege ferenda als ausreichend, weil die Entscheidung zur Abgabe des Angebots bereits veröffentlicht wurde, doch ist de lege lata Schriftform angeordnet und die Vorschrift mithin nicht anwendbar172.
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Die Mitteilung ist gegenüber dem Vorstand der Zielgesellschaft vorzunehmen. Ist eine Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft abzugeben, reicht es nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG aus, wenn sie gegenüber einem der Vorstandsmitglieder abgegebenen wird. Gleiches gilt nach ganz h.M. auch im Hinblick auf andere Arten von Äußerungen oder Mitteilungen gegenüber der Gesellschaft173. Das ist auch auf Mitteilungen gegenüber dem Vorstand der Gesellschaft, der auch hier als Vertretungsorgan der Gesellschaft angesprochen ist, übertragbar, weshalb es ausreichend ist, wenn die Mitteilung nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG an ein einzelnes Vorstandsmitglied – naheliegender Weise, aber nicht zwingend, an den Vorstandsvorsitzenden – gerichtet ist174.
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III. Pflicht des Vorstands der Zielgesellschaft zur Unterrichtung der Arbeitnehmervertretung bzw. der Arbeitnehmer (§ 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) Nach Erhalt der Mitteilung des Bieters nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG hat der Vorstand der Zielgesellschaft unverzüglich den (nach den Vorschriften des BetrVG) zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein 168 BGBl. I 2006, 1426. 169 Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 78; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 81; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 40; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 84. A.A. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 104 (§ 126 BGB nicht anwendbar); Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 24 (Anforderungen „geringer als in den übrigen Fällen des § 126 Abs. 1 BGB“); Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 33 (§ 126b BGB anwendbar). 170 Etwa Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 81; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 24; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 33; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 40; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 104; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 56. Dagegen Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 78. 171 So Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 33. 172 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 81. 173 Siehe etwa Habersack in Großkomm. AktG, § 78 AktG Rz. 38; Hüffer/Koch, § 78 AktG Rz. 13; Spindler in MünchKomm. AktG, § 78 AktG Rz. 84. 174 I.E. ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 77; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 80; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 102; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 72.
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78
§ 10 Rz. 78 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots solcher nicht besteht, unmittelbar die Arbeitnehmer, über die Mitteilung zu informieren. Über diese Informationspflicht hinaus treffen den Vorstand keine Erörterungs- oder Beratungspflichten175. 79
Dass bei der Zielgesellschaft kein Betriebsrat existiert, ist zwar wenig wahrscheinlich, doch nicht ausgeschlossen, weil von § 1 BetrVG kein Zwang zur Errichtung eines Betriebsrats ausgeht und auch bei Zielgesellschaften mit mehreren Betrieben kein Gesamtbetriebsrat zu bilden ist, wenn nicht mindestens zwei Betriebsräte vorhanden sind (§ 47 Abs. 1 BetrVG). Andererseits können bei einer Zielgesellschaft, je nach ihrer Struktur, mehrere Betriebsräte gebildet sein. Sofern dies der Fall ist, ist das nach den Bestimmungen des BetrVG jeweils ranghöchste Ratsgremium zu unterrichten176: Ist die Zielgesellschaft herrschendes Unternehmen eines Konzerns i.S. von § 18 Abs. 1 AktG und ist gemäß § 54 Abs. 1 BetrVG ein Konzernbetriebsrat gebildet worden, so ist dieser zu unterrichten177. Ist ein Konzernbetriebsrat (mangels Konzerneinbindung der Zielgesellschaft) nicht zu bilden oder (mangels einer von § 54 BetrVG ausgehenden Pflicht zur Bildung eines solchen) nicht gebildet worden, so kommt die Unterrichtung der Gesamtbetriebsräte178 bzw. des Gesamtbetriebsrats bei der Zielgesellschaft in Betracht, sofern dieser nach § 47 BetrVG in einem Unternehmen zu bilden ist, das (wegen der von diesem unterhaltenen separaten Betriebe) mehrere Betriebe aufweist179. Fehlt es bei der Zielgesellschaft an einem Gesamtbetriebsrat, so ist – sofern vorhanden (siehe oben) – der bei ihr nach § 1 BetrVG gebildete Betriebsrat zu informieren180. Die Unterrichtung ist an den Vorsitzenden des im Einzelfall zu unterrichtenden Gremiums zu richten (§§ 26 Abs. 2 Satz 2, 51 Abs. 1 BetrVG)181. Zweifelsfragen im Hinblick auf die Bestimmung des zuständigen Betriebsrats wird die Praxis, ohne Bedenken, durch gleichzeitige Unterrichtung der in Betracht kommenden Betriebsräte begegnen können182. Ein bei der Zielgesellschaft errichteter Europäischer Betriebsrat ist kein „zuständiger“ Betriebsrat i.S. des § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG und damit nicht zwingend zu unterrichten183, kann aber zusätzlich informiert werden184. Auch die Unterrichtung eines (leitende Angestellte eines Unternehmens repräsentierenden) Sprecherausschusses ist nicht erforderlich185.
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Für die Unterrichtung des zuständigen Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer über die Mitteilung nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG durch den Vorstand der Zielgesellschaft ist, anders als im Hinblick auf diese Mitteilung an den Vorstand selbst, keine Form vorgeschrieben. Sowohl die Unterrichtung des zuständigen Betriebsrats als auch (sofern es an einem solchen fehlt) diejenige der Arbeitnehmer kann damit sowohl schriftlich als auch unter Verwendung telegraphischer und elektronischer Mittel oder münd-
175 Vgl. Grobys, NZA 2002, 1, 4; Seibt, DB 2002, 529, 531. 176 Das kommt auch in Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40, deutlich zum Ausdruck. Vgl. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 89; Seibt, DB 2002, 529, 532. 177 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40; Grobys, NZA 2002, 1, 3; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 83, 87; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 35. A.A. Seibt, DB 2001, 529, 532 (Angebotsabgabe betrifft nur das Zielunternehmen und nicht den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen; zuständig ist der Gesamtbetriebsrat bzw. der Betriebsrat des Zielunternehmens); Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 88. 178 Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 84, 87. 179 I.E. ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 35; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 85. 180 Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 35. Bei einem pflichtwidrig nicht errichteten Gesamtbetriebsrat soll zur Verwirklichung von Sinn und Zweck der Vorschrift (Transparenz gegenüber den Arbeitnehmern) nach Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 86, die Interessenwahrnehmung durch die Einzelbetriebsräte erfolgen, obwohl die „Regelungskompetenz des (fehlenden) Gesamtbetriebsrats“ regelmäßig „nicht an die Einzelbetriebsräte“ zurückfalle. 181 Im Falle der Verhinderung des Vorsitzenden erfolgt die Entgegennahme der Unterrichtung durch dessen Stellvertreter und im Falle auch von dessen Verhinderung durch jedes Betriebsratsmitglied. Vgl. Seibt, DB 2002, 529, 532. 182 Grobys, NZA 2002, 1, 3; Seibt, DB 2002, 529, 532. 183 Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 91; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 Rz. 89. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 75a mit dem auslegungsmethodisch nicht haltbaren Argument, dieser werde „die meisten Arbeitnehmer repräsentieren“. 184 Auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 91. 185 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 89. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 75a.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 82 § 10
lich erfolgen186. Sind mangels Existenz eines Betriebsrats die Arbeitnehmer unmittelbar zu unterrichten, bietet sich, da § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG im Hinblick auf die Unterrichtung der Arbeitnehmer nicht auf Individualpublizität abstellt, als einfachstes Mittel ein (falls mehrere Betriebe vorhanden sind, im jeweiligen Betrieb vorzunehmender) Aushang an den für Mitteilungen an die Arbeitnehmer vorgesehenen Stellen an187. Ist der Vorstand der Zielgesellschaft schon nicht zur Unterrichtung der Organe einer von ihr abhängigen Gesellschaft verpflichtet und genügt selbst in Konzernverhältnissen, wenn ein Konzernbetriebsrat nicht gebildet wurde, die Unterrichtung des Gesamtbetriebsrats oder des Betriebsrats der Zielgesellschaft, so besteht auch kein Grund zu der Annahme, der Vorstand habe, falls es überhaupt an einem zuständigen Betriebsrat fehlt, auch dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitnehmer abhängiger Gesellschaften von der Mitteilung nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG unterrichtet würden188. Maßnahmen für die Unterrichtung von Mitarbeitern, die nicht Arbeitnehmer der Zielgesellschaft im arbeitsrechtlichen Sinne sind (wie etwa sog. freie Mitarbeiter, Leiharbeitnehmer und Personen, die auf der Grundlage einzelner Werk-, Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisse tätig werden), muss der Vorstand aufgrund von § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG nicht ergreifen.
IV. Pflicht des Bieters zur Unterrichtung seines Betriebsrats bzw. seiner Arbeitnehmer (§ 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG) Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG, der 2006 dem § 10 Abs. 5 WpÜG hinzugefügt wurde (siehe Rz. 75 a.E.), muss der Bieter die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots auch seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern unverzüglich nach der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG mitteilen. Das bedeutet, „dass die Arbeitnehmer des Bieters in gleicher Weise von der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots zu unterrichten sind wie die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft“189. Wie in § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG schreibt das Gesetz auch hier keine Form vor, in der die Mitteilung zu erfolgen hat. Es steht dem Bieter deshalb frei, wie er seiner Mitteilungspflicht genügt.
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H. Ad-hoc-Publizität (§ 10 Abs. 6 WpÜG) Nach § 10 Abs. 6 WpÜG gilt Art. 17 VO Nr. 596/2014, der die Offenlegung von Insiderinformationen zum Gegenstand hat, nicht für Entscheidungen zur Abgabe eines Angebots. Die aktuelle Fassung der Vorschrift beruht auf dem Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.2016 (siehe oben Rz. 8 a.E.). § 10 Abs. 6 WpÜG ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG entsprechend auf die Veröffentlichung der Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anzuwenden. Die Regelung des § 10 Abs. 6 WpÜG hat zur Folge, dass die Entscheidung eines Bieters zur Abgabe eines Angebots ausschließlich nach Maßgabe von § 10 WpÜG zu veröffentlichen ist und keine Veröffentlichungspflicht nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 auslöst190. Das gilt nicht nur im Hinblick auf eine eventuelle Meldepflicht des Bieters, wie sie sich ohne die Bestimmung in § 10 Abs. 6 WpÜG aus Art. 17 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 596/2014 ergeben könnte, sondern jedenfalls auch für mögliche Pflichten zur Veröffentlichung von Insiderinformationen anderer Beteiligter – namentlich der Zielgesellschaft 186 Vgl. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 101; Grobys, NZA 2002, 1, 4; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 90; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 36; Seibt, DB 2002, 529, 531; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 109. 187 Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 104; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 58. 188 A.A. Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 93. 189 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, S. 1, 18. 190 Ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 80. A.A. Klöhn in Klöhn, Marktmissbrauchsverordnung, 2018, Art. 17 MAR Rz. 49, 396, der annimmt, wegen des Vorrangs des Europarechts gehe der „Ausschluss gem. § 10 Abs. 6 WpÜG freilich ins Leere“. Aus demselben Grund zweifelnd („Da es sich bei der MAR aber im Verhältnis zum WpÜG um höherrangiges Recht handelt, ist es zweifelhaft, ob § 10 Abs. 6 nach wie vor noch die Wirkung einer verdrängenden Spezialvorschrift zukommen kann“) Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 50.
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§ 10 Rz. 82 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (dazu noch unten Rz. 86 ff.) – in Bezug auf den Umstand, dass der Bieter eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots getroffen hat191. Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien und zur Anpassung des Wertpapierhandelsgesetzes an die Unterrichtungs- und Nachweispflichten nach den Artikeln 4a und 10 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012192 sieht eine Ergänzung des § 10 Abs. 6 WpÜG vor, mit der im Zuge der Harmonisierung des WpÜG mit der VO Nr. 596/2014 (MAR) klargestellt werden soll, dass eine Doppelmeldung nach Maßgabe der VO Nr. 596/2014 nur dann entfallen kann, wenn im Rahmen der WpÜG-Mitteilung die durch Art. 2 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1055 konkretisierten Vorgaben der MAR beachtet werden193. 83
Nach einer – auch für die Anwendung von Art. 17 VO Nr. 596/2014 über die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen beachtlichen – Formulierung in der Begründung zum RegE WpÜG soll es sich bei § 10 WpÜG um eine Sonderregelung zur Regelung der Ad-hoc-Publität in § 15 WpHG a.F. allerdings „nur in dem Umfang“ handeln, „in dem die Veröffentlichung nach § 10 WpÜG vorgenommen worden sei“194. Diese Formulierung ist missverständlich, denn das zu ihrer Illustration angeführte Beispiel macht deutlich, dass mit ihr nicht etwa die Auffassung zum Ausdruck gebracht werden soll, eine pflichtwidrig unterlassene Veröffentlichung i.S. des § 10 WpÜG führe zur Anwendbarkeit der Vorschriften über die Veröffentlichung von Insiderinformationen (§ 15 WpHG a.F., Art. 17 VO Nr. 596/2014). Bei näherer Betrachtung geht es der Begründung vielmehr um die Aussage, die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots verdränge die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach den vorgenannten Bestimmungen nur in dem Umfang, als es um Angaben gehe, die nach § 10 Abs. 1 und Abs. 3 WpÜG zwingend zu veröffentlichen seien oder zulässigerweise veröffentlicht werden sollen. Für diese Deutung spricht der Umstand, dass § 10 Abs. 6 WpÜG sowohl nach seinem seinerzeitigen wie durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.2016 geänderten (dazu oben Rz. 8 a.E.) Wortlaut als auch nach seiner systematischen Stellung anderweitige gesetzliche Publizitätspflichten nur in dem Umfang verdrängen will, als diese von einer Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 und Abs. 3 WpÜG inhaltlich und in der Art und Weise ihrer Publikation abgedeckt werden195. Alle Umstände außer der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unterlagen deshalb schon bisher der durch § 10 Abs. 6 WpÜG nicht eingeschränkten Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a.F. und unterliegen heute derjenigen nach Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 596/2014196. Die Pflicht zur Veröffentlichung solcher Umstände geht aber mit der Möglichkeit einher, die Veröffentlichung unter den Voraussetzungen von Art. 17 Abs. 4–7 VO Nr. 596/2014 aufschieben zu können197. Das hat für den Bieter – worauf auch in der Begründung zum RegE WpÜG causa colorandi hingewiesen wird198 – etwa zur Folge, dass bspw. Eckdaten eines beabsichtigten Angebots, welche in einer Veröffentlichung 191 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 117 („Erfährt die Zielgesellschaft von einem bevorstehenden Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangebot, so sollte sie, auch wenn es sich dabei um eine Insiderinformation handeln sollte, entsprechend § 10 Abs. 6 WpÜG solange keiner Pflicht zur Ad-hoc-Veröffentlichung unterliegen, wie der Bieter von einer Veröffentlichungspflichtnach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG befreit ist“); Hopt, ZGR 2002, 333, 346/347; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 99; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 27; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 59. Offen gelassen (Frage bedarf „an dieser Stelle keiner Klärung“) Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 37. A.A. Bachmann, ZHR 172 (2008), 597, 616; Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 36. 192 BR-Drucks. 465/19 v. 27.9.2019, S. 1. 193 RegE, BR-Drucks. 465/19 v. 27.9.2019, S. 1, 37. 194 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. 195 So i.E. auch BaFin, Emittenleitfaden 2013, S. 55; Bachmann, ZHR 172 (2008), 597, 615; Casper, Information und Vertraulichkeit, S. 209; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.66; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 100; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 39 (gilt nur für Insiderinformationen in Gestalt „angebotsbezogene[r] Angaben“; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, WpÜG, 3. Aufl. 2013, § 10 WpÜG Rz. 50; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 12; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 10, 12 f. 27; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 116. Auch OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 752. Kritisch dazu Assmann, ZHR 172 (2008), 635, 653; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 11 f. 196 Kritisch zu dieser Konsequenz und Regelungslage Assmann, ZHR 172 (2008), 635, 653. 197 Die „sachliche Rechtfertigung für eine solche Selbstbefreiung“ sehen Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 14, „in Übernahmesachverhalten in der Regel“ als gegeben; im Einzelnen ebd. Rz. 28 f. 198 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 84 § 10
nach § 10 Abs. 1 WpÜG nicht aufgeführt werden müssen (weil sie in diesem Zeitpunkt regelmäßig noch nicht feststehen) und – obschon bereits festgelegt – auch tatsächlich nicht aufgeführt werden sollen, „bei ihrem Vorliegen nach § 15 WpHG zu veröffentlichen“ sind199. Allerdings wird der Bieter und möglicherweise auch die Zielgesellschaft, die über entsprechende Informationen verfügt, regelmäßig ein berechtigtes Interesse haben, die Veröffentlichung der Eckdaten nach Art. 7 Abs. 4–7 VO Nr. 596/2014 i.V.m. § 6 WpAV bis zur Veröffentlichung des Angebots aufzuschieben. Nicht anders soll es sich für alle übrigen nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots eintretenden Ereignisse verhalten: Sie sollen, sofern sie nur die Voraussetzungen einer den Bieter betreffenden Insiderinformation erfüllen und ihre Veröffentlichung nicht nach § 15 Abs. 3 WpHG a.F. bzw. nach Art. 17 Abs. 4–7 VO Nr. 596/2014 aufgeschoben werden konnte bzw. kann, vom Bieter ad hoc zu publizieren sein200. Im Übrigen ist unbestritten, dass angebotsbezogene Angaben, die der Bieter, ohne hierzu gesetzlich gezwungen zu sein, zulässigerweise in eine Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 und Abs. 3 WpÜG aufnimmt, einer eventuellen Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG a.F. bzw. Art. 17 VO Nr. 596/2014 entzogen waren bzw. sind. § 15 WpHG a.F. hatte nach herrschender Ansicht einen universellen Anwendungsbereich und konnte 84 nur in dem Umfang von anderen Publizitätsregelungen verdrängt werden, als diesbezügliche Spezialbestimmungen dies vorsahen201. Nicht anders verhält es sich in Bezug auf den an die Stelle von § 15 WpHG a.F. getretenen Art. 17 VO Nr. 596/2014202. Für diese Bestimmung über die (Pflicht zur) Veröffentlichung von Insiderinformationen ist kennzeichnend, dass sie gegenüber anderen „Pflichten zur Kapitalmarkttransparenz bzw. -kommunikation (z.B. Mitteilung bedeutender Stimmrechtsveränderungen, Publizitätsvorschriften nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz oder dem Wertpapierprospektgesetz, Veröffentlichungspflichten im Zusammenhang mit Aktienrückkaufprogrammen, Transparenzvorschriften hinsichtlich der Erhebung einer Anfechtungsklage)“ Vorrang hat, es sei denn, in den fraglichen Vorschriften ist ein anderes bestimmt. Das gilt namentlich auch in Bezug auf die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1 WpÜG203. Der der Umsetzung der übernahmerechtlichen Publizitätspflichten nach der Übernahmerichtlinie dienende § 10 Abs. 6 WpÜG stellt auch keine Bereichsausnahme zu Art. 17 VO Nr. 596/2014 dar204, sondern ist eine den Besonderheiten von Wertpapiererwerbsangeboten – speziell von Übernahmeangeboten – geschuldete Sonderregelung in Bezug auf die Veröffentlichung der Entscheidung eines Bieters zur Abgabe eines Wertpapiererwerbsangebots. Europarechtlich fundiert, stellt die Regelung des § 10 Abs. 6 WpÜG keinen deutschen, von Art. 17 VO Nr. 596/2014 verdrängten Sonderweg dar205. Deshalb ist auch nach dem Inkrafttreten des Art. 17 VO Nr. 596/2014 nicht von einer Verdrängung des Art. 17 VO Nr. 596/2014 durch §§ 10 Abs. 6, 35 Abs. 2 WpÜG, sondern bis auf weiteres von der fortdauernden Anwendbarkeit des § 10 Abs. 6 WpÜG in Bezug auf diese Vorschriften auszugehen. Bietern ist somit nachdrücklich anzuraten, die Veröffentlichung eines Wertpapiererwerbs- oder Übernahmeangebots nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 199 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 752. Siehe auch Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 114; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 102; Kocher/Widder, CFL 2011, 89; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 40; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 23, 52; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 116; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 63. Ablehnend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 81. Das gilt auch unter Art. 17 VO Nr. 596/2014; s. Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 215. A.A. Klöhn in Klöhn, Marktmissbrauchsverordnung, 2018, Art. 17 MAR Rz. 393, da dieser die Anwendbarkeit von § 10 Abs. 6 WpÜG in diesem Zusammenhang ablehnt. 200 BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 55. 201 Siehe dazu Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 35. 202 Siehe dazu Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 10. 203 Im Verhältnis zu § 15 WpHG a.F. s. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 38 f. Im Verhältnis zu Art. 17 VO Nr. 596/2014 s. Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 10; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 407; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 114 f.; Hopt/Kumpan in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 107 Rz. 134. 204 So aber Klöhn in Klöhn, Marktmissbrauchsverordnung, 2018, Art. 17 MAR Rz. 5: „Aufgrund des Vorrangs des Europarechts geht der Ausschluss gem. § 10 Abs. 6 WpÜG freilich ins Leere … Der deutsche Gesetzgeber kann ohne europarechtliche Opt-out-Möglichkeit keine Bereichsausnahme von einer EU-Verordnung schaffen. Art. 17 wird daher nicht durch §§ 10 Abs. 6, 35 Abs. 2 WpÜG verdrängt“. 205 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 10.
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§ 10 Rz. 84 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots WpÜG vorzunehmen206, denn der insoweit einschlägige § 10 Abs. 6 WpÜG verdrängt die Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 nur im Hinblick auf die nach § 10 Abs. 1, 3 WpÜG vorzunehmenden Veröffentlichungen in Bezug auf die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (s.a. Rz. 83). 85
Dementsprechend können auch alle dieser Entscheidung vorausgehenden Vorgänge eine Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 auslösen207. Das bedeutet, dass schon das Vorhaben des Vorstands zur Abgabe eines Übernahmeangebots ein nach dieser Bestimmung publizitätspflichtiger Umstand sein kann und ein späterer Beschluss des Vorstands oder gar eine eventuell erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats der Bietergesellschaft nicht unter Berufung auf § 10 Abs. 6 WpÜG abgewartet werden dürfen. Der Bieter ist auch insoweit gehalten, die Möglichkeit der Aufschiebung der Veröffentlichung des fraglichen Umstands nach Art. 17 Abs. 4–7 VO Nr. 596/2014 zu prüfen. Dagegen lässt sich einwenden, die Pflicht zur Veröffentlichung einer Information, die die Voraussetzungen einer Insiderinformation erfüllt, sei auch dann durch § 10 Abs. 6 WpÜG ausgeschlossen, wenn ein „Verfahren eingeleitet ist, das darauf gerichtet ist, in eine Entscheidung nach § 10 zu münden, die entsprechende Entscheidung oder Entscheidungen jedoch noch ausstehen“208. Doch ordnet Art. 10 Abs. 6 WpÜG den Vorrang der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nur für die endgültige Entscheidung als Information über den Auslöser eines förmlichen Wertpapiererwerbsverfahrens nach dem WpÜG selbst an und rechtfertigt es nicht, die Veröffentlichung im Vorfeld dieser Entscheidung eintretender Insiderinformationen nur deshalb zu unterlassen, weil es sich um Vorgänge handelt, die für die Bildung einer endgültigen Entscheidung von Bedeutung und in einen Zusammenhang mit dieser zu bringen sind. Ob der Entschluss des potenziellen Bieters, vor der Entscheidung über die Abgabe eines Angebots – als ein Zwischenschritt209 zu derselben – Gespräche mit der potenziellen Zielgesellschaft aufzunehmen, eine ad hoc zu publizierende Insiderinformation darstellt, hängt deshalb allein davon ab, ob dieser Vorgang kurserheblich ist210, d.h. ein „verständiger Anleger“ ihn „wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde“ (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 VO Nr. 596/2014)211. Das wäre, da die Information über die Aufnahme solcher Gespräche auch eine solche über ein Angebot als mögliches zukünftiges Ereignis darstellt, insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der Aufnahme solcher Gespräche die Abgabe des Angebots als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden dürfte212, was aber regelmäßig zu verneinen ist213. Gleiches gilt, wenn lediglich ein „nicht bindendes Angebotsschreiben“ („non binding indicative offer letter“) vorliegt214. Und nicht anders verhält es sich, wenn die Zielgesellschaft dem potentiellen
206 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 10. 207 Noch zu § 15 WpHG a.F. Brandi/Süßmann, AG 2004, 652; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl. 2016, Rz. 398 und im Hinblick auf Art. 17 VO Nr. 596/2014 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Aufl. 2017, Rz. 422; Eichner, S. 169; Gunßer, S. 135; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 41; Pfüller in Fuchs, § 15 WpHG Rz. 196; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 54; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 WpÜG Rz. 134. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 82. 208 Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 132, welche – unter zutreffendem Hinweis, dass dies nicht der Auffassung der Aufsichtsbehörde entspricht und im Schrifttum abgelehnt wird – in der Veröffentlichung der einer endgültigen Entscheidung vorausgehenden Maßnahmen und Verfahren die Gefahr sehen, „dass die sachgerechte Bewertung der Information durch die Kapitalmarktteilnehmer gefährdet wird“. 209 Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 2 VO Nr. 596/2014 „können im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, dieser betreffende zukünftige Umstand bzw. das betreffende zukünftige Ereignis und auch die Zwischenschritte in diesem Vorgang, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses zukünftigen Umstandes oder Ereignisses verbunden sind, in dieser Hinsicht als präzise Information betrachtet werden“. Ein „Zwischenschritt in einem gestreckten Vorgang“ ist nach Art. 7 Abs. 3 VO Nr. 596/2014 als eine Insiderinformation zu betrachten, „falls er für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel [Art. 7 VO Nr. 596/2014] erfüllt“. Im Einzelnen zur Frage, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, siehe Assmann in Assmann/ Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 23, 49 ff. 210 Ebenso Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 16, 23. 211 Dazu Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 78 ff. 212 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 56 ff. 213 Ebenso BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58. 214 BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58.
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Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 85 § 10
Bieter (oder später einem „white knight“) die Möglichkeit einer Due-Diligence-Prüfung einräumt215, es sei denn, außergewöhnliche Umstände sprechen dafür, dass diese Maßnahme bereits eine konkrete und kursrelevante Information im Hinblick auf die Angebotsabgabe darstellt216. Im Hinblick auf angebotsbezogene Ereignisse vor einer Due-Diligence-Prüfung – und das gilt erst für diese selbst – gibt die BaFin die Empfehlung ab, „insbesondere bei bedeutenden M & A-Transaktionen … auch schon vor der Durchführung einer etwaigen Due Diligence zu prüfen, ob einem Ereignis im Rahmen des Verfahrens bereits zuvor Kursbeeinflussungspotenzial zukommen“ könne217. Dem liegt die von ihrer früheren Haltung zur Qualifikation von Zwischenschritten als Insiderinformationen abweichende218 Auffassung zugrunde, „im Hinblick auf die Bewertung von Zwischenschritten“ sei davon auszugehen, dass ein Kursbeeinflussungspotenzial umso eher angenommen werden könne, je gewichtiger und wahrscheinlicher das Endergebnis sei. „Auf eine Mindestwahrscheinlichkeit für den Eintritt des Endergebnisses“ komme es aber nicht an, es dürfe „nur nicht völlig ausgeschlossen sein“. Es kann dahinstehen, ob darin die Einführung eines Probability/Magnitude-Tests liegt, dem der EuGH eine Absage erteilt219 und der in der Qualifikation von Informationen als Insiderinformationen nach Art. 7 VO Nr. 596/2014 nichts zu suchen hat, denn diese Ansicht ist nicht mit Art. 7 Abs. 2 Satz 1 VO Nr. 596/2014 vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann es sich bei einer Information über ein zukünftiges Ereignis nur dann um eine präzise Information als Grundvoraussetzung einer Insiderinformation handeln, wenn man – was nur als Wahrscheinlichkeitsurteil möglich ist220 – „vernünftigerweise erwarten kann, dass es in Zukunft eintreten wird“. Dagegen kann der Abschluss eines „Letter of Intent“, in dem bereits Eckpunkte eines Angebots, eines zukünftigen Vorgehens des Bieters nach einem erfolgreichen Angebot oder die Haltung des Managements der Zielgesellschaft zu einem Angebot festgeschrieben werden, eine Insiderinformation sowohl im Hinblick auf die Bietergesellschaft wie die Zielgesellschaft darstellen221. Vereinbarungen zwischen Bieter und Zielgesellschaft auf Vorstandsebene, die keiner Zustimmung der Aufsichtsräte der Beteiligten bedürfen, sind ad hoc-publizitätspflichtig, wenn sie als kurserheblich anzusehen sind. Für zustimmungsbedürftige Vereinbarungen gelten die Regeln über mehrstufige Ent-
215 Zur insiderrechtlichen Behandlung von Due-Diligence-Prüfungen im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen nach §§ 14, 15 WpHG a.F. siehe Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 14 WpHG Rz. 113. Speziell im Hinblick auf Veröffentlichungspflichten nach § 15 WpHG a.F. siehe etwa Brandi/Süßmann, AG 2004, 655; Geibel/Schäfer in Schäfer/Hamann, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Aufl. 2008, § 15 WpHG Rz. 96; Hemeling, ZHR 169 (2005), 285; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 20, 26; Zimmer/Kruse in Schwark/Zimmer, § 15 WpHG Rz. 42. Zur Veröffentlichungspflicht von Due-Diligence-Prüfungen nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 siehe Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 24 und Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 121, 214, 219 f. 216 Zu solchen Umständen Frowein in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 10 Rz. 41; vgl. auch Brandi/Süßmann, AG 2004, 655; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 21. A.A. Pfüller in Fuchs, § 15 WpHG Rz. 201, der der Einräumung einer Due Diligence bereits als solcher („Vorbereitungshandlung“) Kursrelevanz zusprechen will. 217 BaFin, Art. 17 MAR – Veröffentlichung von Insiderinformationen (FAQs), Stand 22.5.2018, III.6., abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/FAQ/dl_faq_mar_art_17_Ad-hoc.html. 218 Diese und die folgenden Ausführungen waren in dem Dokument BaFin, Art. 17 MAR – Veröffentlichung von Insiderinformationen (FAQs), Stand 20.6.2017 noch nicht zu finden und stehen im Gegensatz zu den Ausführungen in BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58: „Eine Insiderinformation entsteht grundsätzlich erst dann, wenn aus Sicht eines verständigen Anlegers eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen der betreffenden Transaktion besteht und dies einschließlich der Aussicht auf eine etwa zu erwartende Gegenleistung (z.B. Prämie) eine Insiderinformation begründen kann“. Dazu näher Vetter/Engel/Lauterbach, Zwischenschritte als Ad-hoc-Publizität-hoc-veröffentlichungspflichtige Insiderinforationen, AG 2019, 160, 161 f. 219 EuGH (2. Kammer) v. 28.6.2012 – C-19/11 – ECLI:EU:C:2012:397 – Geltl, AG 2012, 555, 557 Rz. 50 ff. mit ausführlicher Begründung in Rz. 51-54. Zu Einzelheiten siehe, m.w.N., Assmann in Assmann/Mülbert/ Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 45. 220 Ausführlich Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 43 f. 221 Zu § 15 WpHG a.F. ähnlich BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58; Frowein in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 10 Rz. 42; Gunßer, S. 112; Hopt in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, 4. Aufl. 2011, § 107 Rz. 92; Veith, NZG 2005, 255. Zu Art. 17 VO Nr. 596/2014 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 214, 220; Hopt/Kumpan, Bankrechts-Handbuch, § 107 Rz. 146; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 23.
Assmann
241
§ 10 Rz. 85 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots scheidungsprozesse222. Entsprechendes gilt für Pflichtangebote nach §§ 35 ff. WpÜG. Zwar erklärt § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG im Hinblick auf die sich aus § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ergebende Verpflichtung, die Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft zu veröffentlichen, u.a. § 10 Abs. 6 WpÜG für anwendbar, doch wird dadurch die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 nur in dem Umfange verdrängt, als es um die Veröffentlichung der Kontrollerlangung geht. Vor oder nach derselben eingetretene Ereignisse sind, soweit kurserheblich und den Bieter als Emittenten betreffend, ganz unabhängig von anderweitigen übernahmerechtlichen Veröffentlichungs- und Meldepflichten nach Maßgabe von Art. 17 VO Nr. 596/2014 zu veröffentlichen. Ein Aufschub der Veröffentlichung ist auch hier nur unter den Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 4–7 VO Nr. 596/2014 möglich. 86
Für die Zielgesellschaft wurde bis zur Änderung des (von Art. 17 VO Nr. 596/2014 abgelösten) § 15 WpHG a.F. durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) vom 28.10.2001223 eine Verpflichtung zur Ad-hoc-Veröffentlichung ihr bekannt gewordener Informationen über die bevorstehende Abgabe von Wertpapiererwerbs-, Übernahme- und Pflichtangeboten ganz überwiegend verneint224. Das hierfür ausschlaggebende Argument, eine diesbezügliche Information betreffe kein im Tätigkeitsbereich der Zielgesellschaft als Emittentin eingetretenes Ereignis, war seit der Neufassung des seinerzeitigen § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG (a.F.) durch das AnSVG nicht mehr aufrecht zu erhalten225: Die bevorstehende Abgabe eines Wertpapiererwerbs-, Übernahme- oder Pflichtangebots (für Letzteres gilt § 10 Abs. 6 WpÜG gemäß § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG entsprechend) stellte damit einen Sachverhalt dar, der zwar nicht im Tätigkeitsbereich der Zielgesellschaft eingetreten sein mochte, der sie aber jedenfalls unmittelbar betraf226. Schon seit der vorstehend angeführten Änderung des § 15 WpHG a.F. bestand somit für eine Differenzierung zwischen „feindlichen“ Übernahmeangeboten, bei denen eine Mitwirkung der Zielgesellschaft per definitionem ausgeschlossen ist und folglich auch keinen selbständigen Informationsgegenstand bilden kann, und freundlichen Übernahmeangeboten, bei denen eine solche eigenständige Veröffentlichungspflichten auslösende Mitwirkung angenommen werden kann, kein Bedarf mehr227. Nichts anderes gilt für Art. 17 VO Nr. 596/2014, nach dessen Abs. 1 Satz 1 ein Emittent der Öffentlichkeit nur solche Insiderinformationen bekannt geben muss, die ihn unmittelbar betreffen228. Sofern die übrigen Voraussetzungen einer Insiderinformation gegeben sind, ist auch die Kenntnis des Emittenten als Zielgesellschaft von einem bevorstehenden Wertpapiererwerbsangebot und erst recht von einem bevorstehenden Übernahmeangebot auf von ihm emittierte Aktien als
222 Im Hinblick auf § 15 WpHG a.F. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 60. Im Hinblick auf Art. 17 VO Nr. 596/2014 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 49 ff., Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 37, 214; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 120 f.; Hopt/Kumpan, Bankrechts-Handbuch, § 107 Rz. 46 ff., 146. 223 BGBl. I 2004, 2630. 224 Siehe Assmann/Kümpel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 3. Aufl. 2003, § 15 WpHG Rz. 46 m.w.N. in Fn. 1 S. 405. 225 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 71, 77; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 103; Hopt in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 107 Rz. 92; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 43; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 115, 118; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 89 f.; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 64. Implizit auch Begr. RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 1, 35 („Übermittlung eines Übernahmeangebots im Sinne des § 29 Abs. 1 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes durch eine andere Gesellschaft“ als ein „von außen“ kommender, jedoch den Emittenten dennoch unmittelbar betreffender Umstand). 226 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 15 WpHG Rz. 71; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, 3. Aufl. 2013, § 10 WpÜG Rz. 50, 58; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 118. 227 Auch Frowein in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 10 Rz. 30; Geibel in Geibel/Süßmann, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Aufl. 2008, § 10 WpÜG Rz. 132; Gunßer, S. 141. Zu dieser Differenzierung unter dem alten Recht vgl., jeweils m.w.N., Brandi/Süßmann, AG 2004, 655; Diekmann/ Sustmann, NZG 2004, 934. 228 Näher Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 30 ff.; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.67.
242
Assmann
Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 87 § 10
Kenntnis einer ihn unmittelbar betreffenden Insiderinformation i.S. des Art. 17 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 anzusehen229. § 10 Abs. 6 WpÜG gibt weder dem Wortlaut noch dem Rechtsgedanken nach Grund für die Annah- 87 me, eine Ad-hoc-Publizitätspflicht der Zielgesellschaft in Bezug auf die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Übernahmeangebots nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 entfalle bis zu dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung durch den Bieter nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG230 (dazu schon oben Rz. 86 im Hinblick auf Vorgänge, die sich der Herbeiführung einer endgültigen Entscheidung zur Abgabe eines Angebots durch den Bieter zuordnen lassen), doch ist hier stets zweierlei zu erwägen: zum einen, ob die Zielgesellschaft angesichts der ausbleibenden Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 WpÜG noch Anlass für die Annahme hat, der Bieter habe (ohne seinen Entscheidung revidiert zu haben) tatsächlich eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots getroffen und sie verfüge (nach wie vor) über eine entsprechende Insiderinformation; zum anderen, ob wegen der Gefahr der Veröffentlichung einer möglicherweise „unwahren“ Information durch die Ad-hoc-Veröffentlichung oder allgemein zur Wahrung des Unternehmensinteresses der Zielgesellschaft231 Gründe für die Aussetzung der Veröffentlichungspflicht nach Art. 17 Abs. 4–7 VO Nr. 596/2014 gegeben sind232. In diesem Zusammenhang ist gegenüber der Annahme, bereits die Aufnahme von Übernahmeverhandlungen zwischen Bieter und Zielgesellschaft oder von „einvernehmlichen Übernahmegesprächen“233 stelle eine Insiderinformation dar234, deren Veröffentlichung nach Art. 17 Abs. 1 VO Nr. 596/2014 nur im Wege einer Selbstbefreiung nach Art. 17 Abs. 4–7 VO Nr. 596/2014 abgewendet werden könne, Vorsicht angebracht, denn allein die Aufnahme solcher Gespräche stellt noch keine Insiderinformation dar235. Um eine solche würde es sich bei diesem Umstand vielmehr gemäß Art. 7 Abs. 1 und Abs. 4 VO Nr. 596/2014 erst dann handeln, wenn – jenseits bloßer Vorbereitungshandlungen236 – aufgrund wei229 Assmann in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 7 VO Nr. 596/2014 Rz. 75, Art. 17 VO Nr. 596/2014 Rz. 48; Santelmann/Steinhardt in, § 10 WpÜG Rz. 58; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 36. 230 Für eine solche Aussetzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 99; Hopt, ZGR 2002, 333, 345 ff.; von Riegen, ZHR 167 (2003), 702, 730. Dagegen etwa Bachmann, ZHR 172 (2008), 597, 616. 231 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.67 nimmt einen solchen Grund für den Aufschub der Veröffentlichung durch die Zielgesellschaft etwa für den Fall an, dass „die erfolgreiche Durchführung des Angebots in ihrem Unternehmensinteresse liegt“. 232 Noch zu § 15 WpHG a.F. BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 59: „Um im Falle laufender Verhandlungen zu verhindern, dass Insiderinformationen gemäß § 15 WpHG unverzüglich bekannt gemacht werden müssen, besteht für die beteiligten Verhandlungspartner die Möglichkeit einer Befreiung nach § 15 Abs. 3 WpHG, soweit deren Voraussetzungen gegeben sind. Das berechtigte Interesse auf Seiten des als Bieter auftretenden Emittenten für eine solche Befreiung ist regelmäßig anzunehmen, wenn durch die frühzeitige Veröffentlichung der Information eine für die Bietergesellschaft nicht akzeptable Preisveränderung oder gar ein Scheitern der Transaktion zu befürchten ist.“ 233 So, vermutlich einschränkend gemeint, Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 118. 234 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 103; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 118; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 93. Der vielfach fälschlich zum Beleg für diese Ansicht angeführte Geibel in Geibel/Süßmann, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Aufl. 2008, § 10 WpÜG Rz. 135, weist an dieser Stelle lediglich darauf hin, „das Führen von Übernahmegesprächen“ könne eine Insiderinformation darstellen, sieht in solchen Gesprächen also nicht per se eine Insiderinformation. Auch die Berufung auf Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, 3. Aufl. 2013, § 10 WpÜG Rz. 60, ist verfehlt, da sich dort keine entsprechenden Hinweise finden. Nicht anders verhält es sich mit der Berufung auf die Ausführungen der BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58, die für die Auffassung, für die sie zitiert werden, nichts hergeben. Siehe dazu auch im Folgenden. 235 So auch BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58 („Bei der Bietergesellschaft ist die interne Entscheidung, mit einer potenziellen Zielgesellschaft Vorgespräche aufzunehmen, grundsätzlich noch keine Insiderinformation. Gleiches gilt für die umgekehrte Situation. Dieser Entschluss ist grundsätzlich noch nicht hinreichend konkret, so dass eine Insiderinformation noch nicht angenommen werden kann … Gleiches gilt für Vorgespräche des potenziellen Bieters mit der Zielgesellschaft oder Aktionären der Zielgesellschaft, selbst wenn bereits ein Non-Disclosure-Agreement abgeschlossen wurde“); Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 44. 236 Noch im Hinblick auf § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58, als solche die bloße „Beauftragung von Beratern (z.B. von Rechtsanwälten, Banken, Unternehmensberatern)“ und „sogenannte nicht bindende Angebotsschreiben (non binding indicative offer letter)“ anführend.
Assmann
243
§ 10 Rz. 87 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots terer Umstände237 davon auszugehen wäre, dass diese Verhandlungen bereits für sich von einem „verständigen Anleger“ als kurserheblich angesehen werden oder die Abgabe eines Angebots hinreichend wahrscheinlich machen (siehe oben Rz. 85). Auch „bei einer feindlichen Übernahme“ ist hinsichtlich der Aussage Vorsicht geboten, die „Ankündigung gegenüber der Zielgesellschaft, dass in Kürze ein öffentliches Angebot unterbreitet“ werde, könne „für die Zielgesellschaft bei entsprechender Preisrelevanz eine ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformation darstellen“238, denn hiervon kann nur ausgegangen werden, wenn die Abgabe eines „feindlichen“ Angebots den Umständen nach als hinreichend wahrscheinlich erscheint und nicht etwa, weil solche Vorankündigungen in hohem Maße unwahrscheinlich sind, als bloßes Verhandlungsangebot zu deuten ist. 88
Da die Zielgesellschaft, anders als nach dem bis zur Änderung des WpHG a.F. durch das AnSVG geltenden Recht (oben Rz. 86)239, auch durch Kontrollerwerbsvorgänge i.S. von § 35 WpÜG unmittelbar betroffen ist240, können auch damit im Zusammenhang stehende Vorgänge die unmittelbare Betroffenheit der Zielgesellschaft begründen und eine Pflicht zur Ad-hoc-Publizität auslösen. Vielfach wird eine Pflicht der Zielgesellschaft aber schon deshalb entfallen, weil der Bieter den zu einem Pflichtangebot führenden Vorgang bereits seinerseits nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG öffentlich gemacht hat. Doch gibt es auch andere Konstellationen: Konnte das OLG Schleswig241 unter Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG (a.F.) in seiner Fassung vor dem AnSVG (oben Rz. 86) noch zutreffend zu der Ansicht gelangen, in der Absicht eines Dritten (d.h. des Bieters), nach § 37 Abs. 1 einen Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots zu stellen, sei keine Tatsache zu sehen, die in die „unternehmerische Sphäre“ des Emittenten (d.h. der Zielgesellschaft) falle und damit in dessen Tätigkeitsbereich eingetreten sei, ließ sich dieses Urteil schon unter § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG (a.F.) in seiner durch das AnSVG geänderten Fassung nicht mehr aufrechterhalten. Entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer Ad-hoc-Publizitätspflicht war auch in diesem Falle nur noch die Kurserheblichkeit der diesbezüglichen Information im Hinblick auf die Wertpapiere der Zielgesellschaft. Nicht anderes gilt unter Art. 17 VO Nr. 596/2014, der § 15 WpHG a.F. als Vorschrift über die Veröffentlichung von Insiderinformationen abgelöst hat.
J. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen I. Ordnungswidrigkeitsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen 89
Der Bieter handelt ordnungswidrig, wenn er vorsätzlich oder leichtfertig – entgegen § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 5 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG); – entgegen § 10 Abs. 2 Satz 1 WpÜG den in dieser Vorschrift genannten Stellen seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen
237 Noch im Hinblick auf § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 58: „Eine Insiderinformation entsteht grundsätzlich erst dann, wenn aus Sicht eines verständigen Anlegers eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen der betreffenden Transaktion besteht und dies einschließlich der Aussicht auf eine etwa zu erwartende Gegenleistung (z.B. Prämie) eine Insiderinformation begründen kann. Dabei sind bereits „eingepreiste“ Nachrichten, Gerüchte oder Übernahmefantasien zu berücksichtigen. In den Fällen, in denen jeweils nur eine Bieter- und Zielgesellschaft an den Übernahmeverhandlungen beteiligt ist oder einem Verhandlungspartner Exklusivität zugestanden wurde, ist daher, z.B. bei dem Abschluss eines Letter of Intent mit typischem Inhalt (z.B. Vereinbarung der Eckpunkte des künftigen Vertrags, Preisspanne) oder einer anderen Vereinbarung, in der sich der ernsthafte Einigungswille der Verhandlungspartner manifestiert, zu prüfen, ob damit nicht bereits eine Insiderinformation vorliegt.“ 238 BaFin, Emittentenleitfaden, 2013, S. 59. 239 Siehe Brandi/Süßmann, AG 2004, 653; siehe auch die Erläuterung zu § 35 WpÜG Rz. 182. 240 Siehe speziell zum Kontrollerwerb als Auslöser eines Pflichtangebots Brandi/Süßmann, AG 2004, 653; Krause/ Pötzsch unten § 35 WpÜG Rz. 183. 241 OLG Schleswig v. 16.12.2004 – 5 U 50/04, AG 2005, 212, 213.
244
Assmann
Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots
Rz. 93 § 10
Weise oder nicht rechtzeitig mitteilt (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 2,5 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG); – entgegen § 10 Abs. 3 Satz 3 WpÜG vor der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots diese in anderer Weise als nach § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG vorgeschrieben vornimmt (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 5 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG); – entgegen § 10 Abs. 4 Satz 1 WpÜG den in dieser Bestimmung angeführten Stellen den Beleg der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übersendet (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 2,5 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG); – entgegen § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG dem Vorstand der Zielgesellschaft seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig mitteilt (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG). Vorsatz bedeutet „Wissen und Wollen der zum gesetzlichen Tatbestand gehörenden objektiven Merk- 90 male“ (siehe im Einzelnen § 60 WpÜG Rz. 13). Leichtfertigkeit ist „qualifizierte Fahrlässigkeit“ (§ 60 WpÜG Rz. 15), d.h. sie stellt einen „erhöhten Grad von Fahrlässigkeit“ dar, vergleichbar der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht242. Sie ist gegeben, wenn eine ungewöhnlich grobe Pflichtwidrigkeit vorliegt, etwa, weil ganz naheliegende Überlegungen verabsäumt werden oder unbeachtet gelassen werden, was jedem einleuchten muss243. So soll der Vorstand einer Aktiengesellschaft leichtfertig handeln, wenn er ohne Einholung von Rechtsrat ein öffentliches Kaufangebot für Aktien, deren Preisfeststellung von der Börse lediglich ausgesetzt wurde, unter Verletzung der Veröffentlichungs- und Gestattungspflichten nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG bekannt gibt, weil er fälschlich davon ausgeht, bereits die Aussetzung des Börsenhandels führe zu einer Beendigung der Börsenzulassung244. Nimmt der Bieter eine Veröffentlichung über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1 und Abs. 3 WpÜG vor, verfolgt er dieses jedoch nicht weiter und unterlässt er diesem Plan entsprechend die Fortsetzung des Verfahrens durch Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, so handelt der Bieter nach hier vertretener Ansicht (Rz. 54) nicht ordnungswidrig i.S. von § 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpÜG: Diese Vorschrift ist weder zur Erzwingung des Fortgangs eines Angebotsverfahrens noch zur Sanktionierung von Scheinangeboten gedacht und ist dementsprechend teleologisch auf den Fall zu reduzieren, dass der Bieter sein Angebot unter Missachtung der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG weiterverfolgt.
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Nicht ausgeschlossen ist, dass der Bieter, vorbehaltlich der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen, etwa durch falsche Angaben in einer Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 WpÜG oder durch das Vortäuschen einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots im Wege einer Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 WpÜG, gegen das Verbot der Marktmanipulation nach Art. 15 i.V.m. Art. 12 VO Nr. 596/ 2014 verstößt und damit eine Straftat nach § 119 Abs. 1 WpHG oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 120 Abs. 2 Nr. 3 oder Abs. 15 Nr. 2 WpHG begeht245. Dagegen kommt in diesen Fällen Betrug (§ 263 StGB), abgesehen von den Schwierigkeiten beim Nachweis der Tathandlung und des subjektiven Tatbestands dieses Delikts, regelmäßig schon deshalb nicht in Betracht, weil der Täuschende den möglichen Vorteil nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Getäuschten (sog. Stoffgleichheit246) erlangt.
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Als Vorstand der Zielgesellschaft handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG den zuständigen Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig über die Mitteilung des
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242 Im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen § 14 Abs. 2 WpÜG Satz 2 OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), AG 2010, 296, 297 = ZIP 2010, 670. Siehe auch § 60 WpÜG Rz. 15. 243 Etwa BGH v. 13.4.1960 – 2 StR 593/59, BGHSt 14, 240; OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), AG 2010, 296, 297 = ZIP 2010, 670, m.w.N. 244 OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), AG 2010, 296, 297 = ZIP 2010, 670. 245 Zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 15 VO Nr. 596/2014 siehe Mülbert in Assmann/Mülbert/ Uwe H. Schneider, Art. 15 VO Nr. 596/2014 Rz. 31 ff., und Spoerr in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, § 119 WpHG Rz. 35 ff. und § 120 WpHG Rz. 107 f., 342. 246 Siehe dazu im Einzelnen Perron in Schönke/Schröder, 30. Aufl. 2018, § 263 StGB Rz. 168.
Assmann
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§ 10 Rz. 93 Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots Bieters nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG unterrichtet (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG).
II. Zivilrechtliche Rechtsfolgen 1. Pflichtverletzungen des Bieters 94
Zivilrechtliche Rechtsfolgen wegen der Verletzung der in § 10 WpÜG statuierten Bieterpflichten sieht die Vorschrift nicht vor, schließt sie allerdings auch nicht aus, wenn sie sich aus anderen Rechtsgrundlagen ergeben. Dass es in § 10 WpÜG, anders als etwa bei § 15 Abs. 6 WpHG a.F. in Bezug auf die Verletzung von Ad-hoc-Publizitätspflichten nach § 15 Abs. 1 WpHG a.F. und § 26 Abs. 3 WpHG für die Verletzung der Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach Art. 17 Abs. 1, 7 oder 8 VO Nr. 596/2014, an einer solchen Feststellung fehlt, steht dem nicht entgegen, denn anders als bei § 15 WpHG a.F. und Art. 17 VO Nr. 596/2014 hat der Gesetzgeber die Annahme, die Verletzung der Verhaltenspflichten aus § 10 WpÜG könne überhaupt zur Grundlage von Schadensersatzansprüchen werden, ganz offenbar – und ohne dass ihm dies einer ausdrücklichen Anordnung wert erschien – ausgeschlossen (siehe dazu unten Rz. 95). Dementsprechend bestand auch kein Anlass, Schadensersatzansprüche aus anderweitigen Rechtsgrundlagen für „unberührt“ zu erklären. Dessen ungeachtet hielt ein Teil des Schrifttums §§ 37b, 37c WpHG a.F., die eine Haftung für unterlassene bzw. unrichtige Ad-hoc-Meldungen begründeten und denen heute §§ 97, 98 WpHG entsprechen, für direkt247 oder analog248 anwendbar. Dem war nicht zu folgen, weil § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Veröffentlichung der Entscheidung ganz unabhängig von der Kursrelevanz dieser Tatsache statuiert249 und der in dieser Bestimmung geregelte angebotsverfahrensrechtliche Schritt einer eigenständigen Haftungsbewehrung als Ordnungswidrigkeit unterliegt250. Das gilt auch im Hinblick auf die neuen §§ 97, 98 WpHG251.
95
Die naheliegendste anderweitige Rechtsgrundlage wäre § 823 Abs. 2 BGB, demzufolge der Bieter für eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten aus § 10 WpÜG auf Schadensersatz haftete, würde es sich bei dieser Vorschrift um ein Schutzgesetz i.S. dieser Vorschrift handeln. Für eine solche Annahme besteht indes nach nahezu einhelliger Ansicht kein Anlass252. In der Tat bezwecken die Verhaltenspflichten des Bieters aus § 10 WpÜG nicht den Schutz einer speziellen Gruppe von Marktteilnehmern, sondern haben ganz allgemein die frühzeitige Information der Öffentlichkeit über marktrelevante Daten sowie damit verbundene Seiteneffekte, wie die Verhinderung von Insidergeschäften, kurz: die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts, zum Ziel253. Gleiches gilt für den Fall, dass das Verhalten des Bieters nicht nur gegen § 10 WpÜG, sondern auch gegen Art. 15 VO Nr. 596/2014 (Verbot der Marktmanipulation) verstößt, denn auch bei dieser Norm handelt es sich, wie schon bei dem von ihr
247 So wohl, ohne nähere Begründung, Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 46; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 48, unter Verweis auf Hirte. 248 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 121, mit dem Argument, bei der Veröffentlichungspflicht nach § 10 WpÜG handele es sich um einen Spezialfall der Ad-hoc-Publizitätspflicht (nach § 15 WpHG a.F., heute Art. 17 VO Nr. 596/2014). 249 Die Behauptung, in § 10 WpÜG werde die Kursrelevanz der zu veröffentlichenden Entscheidung „unwiderleglich vermutet“ – so Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 726; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 27; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 5 –, ist eine logisch nicht haltbare Schlussfolgerung aus der Deutung der angebotsverfahrensrechtlich motivierten Regelung des § 10 WpÜG als lex specialis zu § 15 WpHG a.F. (heute Art. 17 VO Nr. 596/2014). 250 Ablehnend auch Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. C 311; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 130. 251 Ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 100. 252 Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 128; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 15 Rz. 5 („kein individualschützender Charakter“), 41; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 86; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 88; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 120; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 3, 68. I.E. auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 48. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 100. 253 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39 (auch S. 28 f.).
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Assmann
Angebotsunterlage
§ 11
abgelösten § 20a WpHG a.F.254 und dem dieser wiederum vorausgegangenen § 88 BörsG a.F.255, nicht um ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB256. Außer Frage steht dagegen, dass Verstöße gegen § 10 WpÜG, die darüber hinaus in der Absicht der vor- 96 sätzlichen sittenwidrigen Schädigung Dritter vorgenommen werden, zum Schadensersatz nach § 826 BGB führen können257, wenngleich diesbezüglich regelmäßig die Hürde zu überwinden ist, dass der (zumindest bedingte) Vorsatz des Bieters auch die Schadensfolgen umfassen muss und eine nur allgemeine Vorstellung über die mögliche Schädigung Dritter nicht ausreicht258. 2. Pflichtverletzungen des Vorstands der Zielgesellschaft Verletzt der Vorstand der Zielgesellschaft seine Pflicht aus § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG zur Unterrich- 97 tung des zuständigen Betriebsrats oder, sofern ein solcher nicht besteht, der Arbeitnehmer, so kann dies zwar eine Ordnungswidrigkeit darstellen (Rz. 93), doch ist eine solche Pflichtverletzung in der Regel nicht geeignet, einen ersatzfähigen Schaden eines Dritten auszulösen. Dessen ungeachtet kann § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG (nicht anders als § 10 WpÜG in seiner Gesamtheit, dazu schon Rz. 95) auch nicht als Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB betrachtet werden259. Schadensersatzansprüche der Zielgesellschaft nach § 93 Abs. 2 AktG sind grundsätzlich möglich, werden aber durchweg ebenfalls schon daran scheitern, dass eine Handlung, die auch gegen § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG verstößt, i.d.R. keinen ersatzfähigen Schaden der Zielgesellschaft auszulösen vermag.
§ 11 Angebotsunterlage (1) Der Bieter hat eine Unterlage über das Angebot (Angebotsunterlage) zu erstellen und zu veröffentlichen. Die Angebotsunterlage muss die Angaben enthalten, die notwendig sind, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können. Die Angaben müssen richtig und vollständig sein. Die Angebotsunterlage ist in deutscher Sprache und in einer Form abzufassen, die ihr Verständnis und ihre Auswertung erleichtert. Sie ist von dem Bieter zu unterzeichnen. (2) Die Angebotsunterlage hat den Inhalt des Angebots und ergänzende Angaben zu enthalten. Angaben über den Inhalt des Angebots sind 1. Name oder Firma und Anschrift oder Sitz sowie, wenn es sich um eine Gesellschaft handelt, die Rechtsform des Bieters, 2. Firma, Sitz und Rechtsform der Zielgesellschaft, 254 BGH v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10 – IKB, AG 2012, 209 (Ls. 1), 211 m.w.N.; OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753. Aus dem Schrifttum etwa Fleischer in Fuchs, § 20a WpHG Rz. 154; Schwark in Schwark/Zimmer, § 20a WpHG Rz. 7; Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a WpHG Rz. 31. A.A. Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 792; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 46; Lenzen, ZBB 2002, 279, 284; Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a WpÜG Rz. 427; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 143 f. 255 BVerfG v. 24.9.2002 – 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 139 ff. = ZIP 2004, 1599; OLG München v. 1.10.2002 – 30 U 855/01, ZIP 2002, 1989, 1991 ff. Anders, soweit ersichtlich, allein das durch die vorstehend angeführte Entscheidung des OLG München aufgehobene Urteil des LG Augsburg v. 24.9.2001 – 3 O 4995/00, WM 2001, 1944, 1945. Aus dem Schrifttum etwa Barnert, WM 2002, 1473, 1474 f.; Groß, WM 2002, 477, 484; Riekers, BB 2002, 1213, 1215; Rössner/Worms in Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 9 Rz. 8; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, § 88 BörsG Rz. 1; Thümmel, DB 2001, 2331, 2332 f.; Weber, NZG 2000, 113, 114. A.A. Möllers/Leisch, BKR 2001, 78, 82 f.; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2439. 256 Mülbert in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 15 VO Nr. 596/2014 Rz. 45 ff. 257 Mülbert in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 15 VO Nr. 596/2014 Rz. 49. 258 Vgl. statt vieler Thomas in Palandt, § 826 BGB Rz. 10 m.w.N.; Schaub in Prütting/Wegen/Weinreich, 7. Aufl. 2012, § 826 BGB Rz. 8. S.a. Mülbert in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 15 VO Nr. 596/2014 Rz. 49. 259 Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 137.
Assmann und Meyer
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Angebotsunterlage
§ 11
abgelösten § 20a WpHG a.F.254 und dem dieser wiederum vorausgegangenen § 88 BörsG a.F.255, nicht um ein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB256. Außer Frage steht dagegen, dass Verstöße gegen § 10 WpÜG, die darüber hinaus in der Absicht der vor- 96 sätzlichen sittenwidrigen Schädigung Dritter vorgenommen werden, zum Schadensersatz nach § 826 BGB führen können257, wenngleich diesbezüglich regelmäßig die Hürde zu überwinden ist, dass der (zumindest bedingte) Vorsatz des Bieters auch die Schadensfolgen umfassen muss und eine nur allgemeine Vorstellung über die mögliche Schädigung Dritter nicht ausreicht258. 2. Pflichtverletzungen des Vorstands der Zielgesellschaft Verletzt der Vorstand der Zielgesellschaft seine Pflicht aus § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG zur Unterrich- 97 tung des zuständigen Betriebsrats oder, sofern ein solcher nicht besteht, der Arbeitnehmer, so kann dies zwar eine Ordnungswidrigkeit darstellen (Rz. 93), doch ist eine solche Pflichtverletzung in der Regel nicht geeignet, einen ersatzfähigen Schaden eines Dritten auszulösen. Dessen ungeachtet kann § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG (nicht anders als § 10 WpÜG in seiner Gesamtheit, dazu schon Rz. 95) auch nicht als Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB betrachtet werden259. Schadensersatzansprüche der Zielgesellschaft nach § 93 Abs. 2 AktG sind grundsätzlich möglich, werden aber durchweg ebenfalls schon daran scheitern, dass eine Handlung, die auch gegen § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG verstößt, i.d.R. keinen ersatzfähigen Schaden der Zielgesellschaft auszulösen vermag.
§ 11 Angebotsunterlage (1) Der Bieter hat eine Unterlage über das Angebot (Angebotsunterlage) zu erstellen und zu veröffentlichen. Die Angebotsunterlage muss die Angaben enthalten, die notwendig sind, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können. Die Angaben müssen richtig und vollständig sein. Die Angebotsunterlage ist in deutscher Sprache und in einer Form abzufassen, die ihr Verständnis und ihre Auswertung erleichtert. Sie ist von dem Bieter zu unterzeichnen. (2) Die Angebotsunterlage hat den Inhalt des Angebots und ergänzende Angaben zu enthalten. Angaben über den Inhalt des Angebots sind 1. Name oder Firma und Anschrift oder Sitz sowie, wenn es sich um eine Gesellschaft handelt, die Rechtsform des Bieters, 2. Firma, Sitz und Rechtsform der Zielgesellschaft, 254 BGH v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10 – IKB, AG 2012, 209 (Ls. 1), 211 m.w.N.; OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753. Aus dem Schrifttum etwa Fleischer in Fuchs, § 20a WpHG Rz. 154; Schwark in Schwark/Zimmer, § 20a WpHG Rz. 7; Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 20a WpHG Rz. 31. A.A. Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 792; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 46; Lenzen, ZBB 2002, 279, 284; Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a WpÜG Rz. 427; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 143 f. 255 BVerfG v. 24.9.2002 – 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 139 ff. = ZIP 2004, 1599; OLG München v. 1.10.2002 – 30 U 855/01, ZIP 2002, 1989, 1991 ff. Anders, soweit ersichtlich, allein das durch die vorstehend angeführte Entscheidung des OLG München aufgehobene Urteil des LG Augsburg v. 24.9.2001 – 3 O 4995/00, WM 2001, 1944, 1945. Aus dem Schrifttum etwa Barnert, WM 2002, 1473, 1474 f.; Groß, WM 2002, 477, 484; Riekers, BB 2002, 1213, 1215; Rössner/Worms in Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 9 Rz. 8; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, § 88 BörsG Rz. 1; Thümmel, DB 2001, 2331, 2332 f.; Weber, NZG 2000, 113, 114. A.A. Möllers/Leisch, BKR 2001, 78, 82 f.; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2439. 256 Mülbert in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 15 VO Nr. 596/2014 Rz. 45 ff. 257 Mülbert in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 15 VO Nr. 596/2014 Rz. 49. 258 Vgl. statt vieler Thomas in Palandt, § 826 BGB Rz. 10 m.w.N.; Schaub in Prütting/Wegen/Weinreich, 7. Aufl. 2012, § 826 BGB Rz. 8. S.a. Mülbert in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, Art. 15 VO Nr. 596/2014 Rz. 49. 259 Ebenso Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 137.
Assmann und Meyer
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§ 11 Angebotsunterlage 3. die Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind, 4. Art und Höhe der für die Wertpapiere der Zielgesellschaft gebotenen Gegenleistung, 4a. die Höhe der für den Entzug von Rechten gebotenen Entschädigung nach § 33b Abs. 4, 5. die Bedingungen, von denen die Wirksamkeit des Angebots abhängt, 6. der Beginn und das Ende der Annahmefrist. Ergänzende Angaben sind 1. Angaben zu den notwendigen Maßnahmen, die sicherstellen, dass dem Bieter die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, und zu den erwarteten Auswirkungen eines erfolgreichen Angebots auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bieters, 2. Angaben über die Absichten des Bieters im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft sowie, soweit von dem Angebot betroffen, des Bieters, insbesondere den Sitz und den Standort wesentlicher Unternehmensteile, die Verwendung des Vermögens, künftige Verpflichtungen, die Arbeitnehmer und deren Vertretungen, die Mitglieder der Geschäftsführungsorgane und wesentliche Änderungen der Beschäftigungsbedingungen einschließlich der insoweit vorgesehenen Maßnahmen, 3. Angaben über Geldleistungen oder andere geldwerte Vorteile, die Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern der Zielgesellschaft gewährt oder in Aussicht gestellt werden, 4. die Bestätigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 unter Angabe von Firma, Sitz und Rechtsform des Wertpapierdienstleistungsunternehmens. (3) Die Angebotsunterlage muss Namen und Anschrift, bei juristischen Personen oder Gesellschaften Firma, Sitz und Rechtsform, der Personen oder Gesellschaften aufführen, die für den Inhalt der Angebotsunterlage die Verantwortung übernehmen; sie muss eine Erklärung dieser Personen oder Gesellschaften enthalten, dass ihres Wissens die Angaben richtig und keine wesentlichen Umstände ausgelassen sind. (4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, 1. nähere Bestimmungen über die Gestaltung und die in die Angebotsunterlage aufzunehmenden Angaben erlassen und 2. weitere ergänzende Angaben vorschreiben, soweit dies notwendig ist, um den Empfängern des Angebots ein zutreffendes und vollständiges Urteil über den Bieter, die mit ihm gemeinsam handelnden Personen und das Angebot zu ermöglichen. (5) Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung nach Absatz 4 durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundgedanke . . . . . . . . . . . . b) Regelungsinhalt (Übersicht) . . . . 2. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleichbare Regelungen und EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . 1. EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . 2. City Code des Vereinigten Königreichs 3. Österreichisches Übernahmegesetz . . 4. Regelung in der Schweiz . . . . . . . . III. Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
1 2 2 2 3 5 8
. . . . .
. . . . .
10 10 11 13 14
. .
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B. Allgemeine Grundsätze über die Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 1 WpÜG) . . . .
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Meyer
I. Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . 1. Begriff, Funktion und Rechtsnatur . . . . a) Bindendes Angebot . . . . . . . . . . . b) Kein Zugangserfordernis . . . . . . . . c) Qualifizierung des Angebots als AGB? d) Erwerbsprospekt . . . . . . . . . . . . 2. Die Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine inhaltliche und formale Anforderungen (§ 11 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 WpÜG) . 1. Generalklausel: entscheidungsrelevante Umstände (§ 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . 2. Richtigkeit, Vollständigkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sprache, Verständlichkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verständlichkeit, Transparenz . . . . .
16 16 20 24 27 36 38 40 40 42 52 53 58
Angebotsunterlage 4. Unterzeichnung durch den Bieter (§ 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG) . . . . . . . . C. Angebotsinhalt und ergänzende Angaben (§ 11 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . I. Kategorien von Angaben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Angebotsinhalt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) . 1. Identifikation des Bieters (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . 2. Identifikation der Zielgesellschaft (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WpÜG) . . . . . 3. Bezeichnung der Wertpapiere (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 WpÜG) . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . b) Von Dritten ausgegebene Wertpapiere (Umtauschanleihen, Optionsscheine auf Aktien der Zielgesellschaft), von einer Zielgesellschaft mittelbar ausgegebene Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gegenleistung (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entschädigung für den Entzug von Rechten (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a WpÜG) . . 6. Bedingungen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Annahmefrist (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergänzende Angaben (§ 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mittelbeschaffung, Auswirkungen auf den Bieter (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60 65 65 67 68 69 70 70
71 77 80 81 87 90
a) Mittelbeschaffung . . . . . . . . . . . . aa) Barangebote . . . . . . . . . . . . bb) Aktienangebote . . . . . . . . . . b) Auswirkungen auf den Bieter . . . . . 2. Absichten des Bieters (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . b) Künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft und des Bieters . . . . . . aa) Sitz und Standort wesentlicher Unternehmensteile . . . . . . . . bb) Verwendung des Vermögens . . . cc) Künftige Verpflichtungen . . . . . dd) Arbeitnehmer und deren Vertretung, wesentliche Änderungen der Beschäftigungsbedingungen und insoweit vorgesehene Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . ee) Mitglieder der Geschäftsführungsorgane . . . . . . . . . . . . 3. Leistungen an Organmitglieder der Zielgesellschaft (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Finanzierungsbestätigung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . D. Übernahme der Verantwortung (§ 11 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
§ 11 90 95 102 103 109 109 111 115 116 117
118 120
122 126 130
E. Rechtsverordnungen (§ 11 Abs. 4 WpÜG) . F. Übertragung der Verordnungsermächtigung (§ 11 Abs. 5 WpÜG) . . . . . . . . .
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G. Freiwillige Angaben . . . . . . . . . . . . . .
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135
90
Schrifttum: Aha, Rechtsschutz der Zielgesellschaft bei mangelhaften Übernahmeangeboten, AG 2002, 160; Assmann, Die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG, AG 2002, 153; Berger/Filgut, Material-Adverse-Change-Klauseln in Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten, WM 2005, 253; Berrar, Die Finanzierungsbestätigung nach § 13 WpÜG, ZBB 2002, 174; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), AG 2016, 597; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Busch, Die Frist für den Bedingungsverzicht gemäß § 21 Abs. 1 WpÜG, ZIP 2003, 102; Diregger/Winner, Deutsches und österreichisches Übernahmerecht aus Anlegersicht, WM 2002, 1583; Fest, Bedingungen in Pflichtangeboten, ZBB/JBB 2017, 178; Gericke/Wiedmer, Kommentar Übernahmeverordnung (UEV), 2011; Grobys, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, NZA 2002, 1; Hahn, Übernahmerecht und Internationales Privatrecht, RIW 2002, 741; Hamann, Die Angebotsunterlage nach dem WpÜG – Ein praxisorientierter Überblick, ZIP 2001, 2249; von Hein, Grundfragen des europäischen Übernahmekollisionsrechts, AG 2001, 213; Hippeli, Rechtsprobleme von nach der Übernahmepublizität pluralistisch agierenden Bietern im öffentlichen Übernahmerecht, NZG 2016, 1207; Hippeli/Diesing, Business Combination Agreements bei M&A Transaktionen, AG 2015, 185; Hippeli/Klepsch, „No, not yet or never?“ – zur Reichweite der Bindungswirkung von negativen Absichtserklärungen im Übernahmerecht, WM 2016, 1205; Holzborn, Die gebundenen Ausnahmen der Zurechnung nach dem WpÜG, WM 2002, 948; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Hopt/Mülbert/Kumpan, Reformbedarf im Übernahmerecht, AG 2005, 109; Kocher, Gemeinsam handelnde Personen im Übernahmerecht, AG 2018, 308; Köck in A Practitioner’s Guide to Takeovers and Mergers in the European Union, 5th ed. 2008 (City Financial Publishing); Krause, BB-Europareport: Die EU-Übernahmerichtlinie – Anpassungsbedarf im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2004, 113; Lenz/Behnke, Das WpÜG im Praxistest, BKR 2003, 43; Lenz/Linke, Die Handhabung des WpÜG in der aufsichtsrechtlichen Praxis, AG 2002, 361; Maul/Muffat-Jeandet, Die EU-Übernahmerichtlinie, AG 2004, 221; Möllers, Verfahren, Pflichten und Haftung, insbesondere der Banken, bei Übernahmeangeboten, ZGR 2002, 664; Mülbert, Umsetzungsfragen der Übernahmerichtlinie – erheblicher Änderungsbedarf bei den heutigen Vorschriften des WpÜG, NZG 2004, 633;
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§ 11 Rz. 1 Angebotsunterlage Pfüller/Detweiler, Die Haftung der Banken bei öffentlichen Übernahmen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), BKR 2004, 383; Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, 2002; Santelmann, Notwendige Mindesterwerbsschwellen bei Übernahmeangeboten, AG 2002, 497; Scholl/Siekmann, Rechtsgeschäftliche Probleme im Übernahmerecht, BKR 2013, 316; Seibt, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, DB 2002, 529; Singhof/Weber, Bestätigung der Finanzierungsmaßnahmen und Barabfindungsgewährleistung nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, WM 2002, 1158; Stephan, Angebotsaktualisierung, AG 2003, 551; Tschäni/Iffland/Diem, Öffentliche Kaufangebote, 2. Aufl. 2010; Vaupel, Die Haftung der Banken für die Richtigkeit der Angebotsunterlage bei Umtauschangeboten nach dem WpÜG, WM 2002, 1170; Vogel, Finanzierung von Übernahmeangeboten – Testat und Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 13 WpÜG, ZIP 2002, 1421; Weinberg, Weinberg and Blank on Takeovers and Mergers, 5th ed. 2011.
A. Grundlagen 1
§ 11 WpÜG und die auf § 11 Abs. 4 WpÜG beruhende WpÜG-Angebotsverordnung (siehe dazu die Kommentierung zu § 2 WpÜG-AngVO) regeln Inhalt und Form der Angebotsunterlage. Diese muss das Angebot und die für dessen Beurteilung relevanten ergänzenden Informationen enthalten. Sie ist das für ein Angebot (§ 2 Abs. 1 WpÜG) zentrale und maßgebliche öffentliche Dokument1 und bildet „den Kern der auf die Herstellung von Transparenz zum Schutz der Aktionäre abzielenden gesetzlichen Regelung“2.
I. Normzweck 1. Überblick a) Grundgedanke 2
Die Angebotsunterlage ist, wie bereits erwähnt, das für ein öffentliches Erwerbsangebot zentrale Dokument, in dem der Inhalt des Angebots und die für die Entscheidung über dessen Annahme wesentlichen Informationen wiederzugeben sind. b) Regelungsinhalt (Übersicht)
3
§ 11 Abs. 1 Satz 1 WpÜG enthält die gesetzliche Definition der Angebotsunterlage. Die Definition dient in erster Linie einem redaktionellen Zweck, indem sie diesen Begriff in die Terminologie des Gesetzes einführt3. § 11 WpÜG enthält im Übrigen Vorschriften über den Gegenstand und, in Absatz 1 Satz 4 und 5 sowie Absatz 4 Nr. 1, die Sprache und Form der Angebotsunterlage.
4
§ 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG bestimmt im Sinne einer Generalklausel, dass die Angebotsunterlage diejenigen Angaben enthalten muss, die für den Adressaten des Angebots potenziell entscheidungsrelevant sind; nach § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG müssen diese Angaben richtig und vollständig sein. In § 11 Abs. 2 und 3 WpÜG und in § 2 WpÜG-AngVO werden die erforderlichen Angaben im Einzelnen aufgeführt. § 11 Abs. 4 und 5 WpÜG enthalten die Ermächtigung an das Bundesministerium der Finanzen, ergänzend Verordnungen zu erlassen und diese Ermächtigung auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachstehend Bundesanstalt oder BaFin) zu delegieren. 2. Gegenstand
5
Die Angebotsunterlage (nachstehend auch kurz Unterlage genannt) enthält das eigentliche Angebot. Dieses wird, abgesehen von den beschränkten Änderungsmöglichkeiten nach § 21 WpÜG und etwaigen Bedingungen (vgl. §§ 18, 25 WpÜG), durch die Veröffentlichung der Angebotsunterlage endgültig und bindend. Die dieser Veröffentlichung vorausgehenden Maßnahmen bereiten das Angebot lediglich vor; sie bewirken noch keine Bindung des Bieters. Zu nennen sind hier vornehmlich die nach 1 Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 402 f. 2 Krause, NJW 2002, 705, 708. 3 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 19.
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Angebotsunterlage
Rz. 9 § 11
§ 10 WpÜG vorgeschriebenen Benachrichtigungen über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots. Dazu gehören vor allem die Mitteilung dieser Entscheidung an die Geschäftsführungen der in § 10 Abs. 2 WpÜG genannten Börsen und die Bundesanstalt, die Veröffentlichung dieser Entscheidung (§ 10 Abs. 1 und 3 WpÜG) und ihre Mitteilung an den Vorstand der Zielgesellschaft (§ 10 Abs. 5 WpÜG). Die Maßnahmen nach § 10 WpÜG bewirken noch keine Bindung des Bieters (dazu § 10 WpÜG Rz. 11, 53)4. Vereinzelt wird zwar aus der Pflicht des Bieters nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, binnen vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung nach § 10 Abs. 1 und 3 WpÜG die Angebotsunterlage zu übermitteln, seine Verpflichtung zur Durchführung des Angebots abgeleitet5. Die überwiegende Auffassung lehnt dies jedoch ab6. Denn erst mit der Angebotsunterlage liegt ein zivilrechtlich bindendes Angebot vor, das die Aktionäre der Zielgesellschaft annehmen können; die Veröffentlichung nach § 10 WpÜG gibt die notwendigen Einzelheiten des Angebots, darunter die Gegenleistung des Bieters, dagegen noch nicht an.
6
Anders ist die Rechtslage unter dem britischen City Code on Takeovers and Mergers7. Rule 2.7(c)(i) des Code bestimmt, dass die Erklärung der festen Absicht, ein Angebot abzugeben, bereits den Inhalt des Angebots (terms of the offer) enthalten muss; diese Erklärung begründet die grundsätzliche Pflicht, das Angebot durchzuführen (Rule 2.7(b)).
7
3. Zweck Zweck der Vorschriften über die Angebotsunterlage ist es, ein transparentes und vollständiges Angebot sicherzustellen. Dazu gehören Informationen sowohl über den Inhalt des Angebots als auch über wesentliche Begleitumstände, einschließlich der mit dem Angebot verfolgten Ziele (vgl. § 11 Abs. 2 WpÜG). Die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft sollen, wie es in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung heißt8, eine hinreichende Grundlage für ihre Entscheidung über die Annahme des Angebots erhalten; darüber hinaus dient die Veröffentlichung laut Regierungsbegründung auch der Unterrichtung der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörde9. Auch die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft sollen über die sie berührenden Pläne und Absichten unterrichtet werden10. Seit der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie (siehe unten Rz. 10, 112) muss der Bieter sich auch zu seinen Absichten hinsichtlich seiner eigenen Geschäftstätigkeit äußern, soweit diese von dem Angebot betroffen ist. Dies dient insbesondere den Interessen der Arbeitnehmer des Bieters, die über etwaige Veränderungen ihrer Beschäftigungsbedingungen infolge des Angebotes informiert werden sollen11. § 11 WpÜG ist Ausfluss des in § 3 Abs. 2 WpÜG allgemein statuierten Informationsgebots. Nach einer im Schrifttum vertretenen Meinung ist auch die Zielgesellschaft in den Schutzbereich des § 11 WpÜG einbezogen mit der Folge, dass sie gegen in wesentlicher Beziehung mangelhafte Übernahmeangebote verwaltungsrechtlich und zivilrechtlich vorgehen kann12.
8
Die Vorschriften über die Angebotsunterlage reflektieren wesentliche materielle Regelungen des Gesetzes. So tragen etwa die Angaben nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG (Angaben über Finanzierung und finanzielle Auswirkungen) den in § 13 WpÜG getroffenen Regelungen über die Finanzierung Rechnung. Des Weiteren steht z.B. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 WpÜG (Angaben über finanzielle Vorteile
9
4 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, ZHR-Beiheft 76 (2011), S. 226, 231 m.w.N. 5 Thaeter in Thaeter/Brandi, Öffentliche Übernahmen, Teil 2 Rz. 65; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 142 (öffentlich-rechtliche Verpflichtung). 6 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 10 WpÜG Rz. 11; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 61; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 45; Geibel/Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 139 (keine zivilrechtliche Verpflichtung gegenüber den Aktionären der Zielgesellschaft); Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 2; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 19 f. 7 Der City Code ist im Internet über die Website des Panel on Takeovers and Mergers (sog. Takeover Panel) unter http://www.thetakeoverpanel.org.uk abrufbar. 8 BT-Drucks. 14/7034, S. 28 f., 41. 9 Hierzu vgl. auch Krause, NJW 2002, 705, 708 f.; Thoma, NZG 2002, 105, 108 f. 10 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 11 Begr. RegE Übernahmerichtlinie-UmsetzungsG, BT-Drucks. 16/1003, S. 1, 18. 12 Aha, AG 2002, 160 ff.; vgl. auch Schnorbus, WM 2003, 657, 660.
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§ 11 Rz. 9 Angebotsunterlage für Organmitglieder) im Zusammenhang mit dem in § 33d WpÜG festgelegten Verbot, Organmitgliedern der Zielgesellschaft bestimmte ungerechtfertigte Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. Schließlich sind die Bestimmungen in § 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG (Unterzeichnungspflicht), § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 WpÜG (Wiedergabe der Finanzierungsbestätigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG und Identifizierung des sie abgebenden Unternehmens) sowie § 11 Abs. 3 WpÜG (Übernahme der Verantwortung für die Angebotsunterlage) im Licht der §§ 12 und 13 Abs. 2 WpÜG über die Haftung für die Angebotsunterlage und die Finanzierungsbestätigung zu sehen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a WpÜG ist ferner über die Höhe der Entschädigung für den Entzug von Rechten Auskunft zu geben, der aufgrund sog. Durchbrechungsregel nach § 33b WpÜG erfolgen kann. Diese Regelung zur Überwindung bestimmter struktureller Übernahmehindernisse kann seit Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie fakultativ durch eine ausdrückliche Satzungsbestimmung der Zielgesellschaft zur Anwendung kommen. Auch die ergänzenden Angaben nach § 2 WpÜG-AngVO haben einen Bezug zu verschiedenen – in § 2 WpÜG-AngVO genannten – materiellen Bestimmungen des Gesetzes.
II. Vergleichbare Regelungen und EU-Übernahmerichtlinie 1. EU-Übernahmerichtlinie 10
Die im Mai 2004 in Kraft getretene Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote vom 21.4.2004 („Übernahmerichtlinie“)13 regelt in Art. 6 Abs. 2 und 3 das Erfordernis einer Angebotsunterlage und deren Mindestinhalt. Art. 6 Abs. 3 enthält einen detaillierten Katalog einzelner Angaben. § 11 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO erfüllten bereits vor der Umsetzung der Richtlinie größtenteils deren Anforderungen und mussten daher nur in wenigen Punkten ergänzt werden. So sind, wie bereits erwähnt, nunmehr auch Angaben zur Entschädigung zu machen, die aufgrund der – für Zielgesellschaft optionalen – sog. Europäischen Durchbrechungsregel an die Inhaber der dadurch entzogenen Rechte nach § 33b Abs. 4 WpÜG zu zahlen ist14. Nach § 2 Nr. 1 WpÜG-AngVO muss die Angebotsunterlage jetzt auch Angaben über Personen enthalten, die gemeinsam mit der Zielgesellschaft handeln. Ferner ist nach § 2 Nr. 12 WpÜG-AngVO auch der Gerichtsstand für Streitigkeiten zwischen dem Bieter und den Aktionären der Zielgesellschaft zu nennen. 2. City Code des Vereinigten Königreichs
11
Der im Vereinigten Königreich für öffentliche Erwerbsangebote maßgebliche City Code on Takeovers and Mergers15 regelt in Rule 24 den Inhalt des „offer document“. Dieses muss grds. innerhalb von 28 Tagen nach Erklärung der festen Absicht, ein Angebot abzugeben, veröffentlicht werden (Rule 24.1 Satz 1). Hat er in seiner Erklärung der festen Übernahmeabsicht erklärt, er handele im Einverständnis mit dem Board der Zielgesellschaft, beläuft sich diese Frist auf 14 Tage (Rule 24.1 Satz 2). Diese Frist ist nicht in jeder Beziehung mit der Vierwochenfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 vergleichbar. Dies vor allem deswegen nicht, weil die Erklärung der Absicht nach Rule 2.5 ff. des City Code bereits den Angebotsinhalt spezifiziert (siehe oben Rz. 7), also typischerweise in einem späteren Stadium des Entscheidungsprozesses abgegeben wird als die – grundsätzliche, aber unter Umständen noch zu konkretisierende – Entscheidung zur Abgabe eines Angebots i.S.d. §§ 10, 14 WpÜG. So gesehen, ist die Vierwochenfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG knapper bemessen als diejenige nach dem City Code.
13 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote vom 21.4.2004, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1581. Zur Vorgeschichte Krause, ZGR 2002, 500 ff.; Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, 2002, S. 58 ff., sowie zur Entwicklung bis zur endgültigen Verabschiedung Krause, BB 2004, 113; Wiesner, ZIP 2004, 343 ff.; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 222; Meyer, WM 2006, 1135 f. 14 Im Einzelnen dazu und zu weiteren eher technischen Umsetzungserfordernissen im Zusammenhang mit der Angebotsunterlage Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 232; Mülbert, NZG 2004, 633, 639 ff.; Hopt/Mülbert/ Kumpan, AG 2005, 109, 110. 15 Der City Code ist im Internet über die Website des Panel on Takeovers and Mergers (sog. Takeover Panel) unter http://www.thetakeoverpanel.org.uk abrufbar.
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Angebotsunterlage
Rz. 13 § 11
Der City Code enthält im Übrigen in Section J bis Section L (Rules 23 bis 29) sehr detaillierte Anfor- 12 derungen hinsichtlich der bereit zu stellenden Informationen. Diese gehen teilweise erheblich über die Erfordernisse des § 11 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AngVO hinaus. So müssen etwa auch bei Barangeboten eingehende Angaben über die finanzielle Lage des Bieters gemacht werden (Rule 24.3)16. In bestimmten Konstellationen hat das Takeover Panel zudem Ermessen hinsichtlich der konkreten Anforderungen an die in das Offer Document aufzunehmenden Informationen und ist insoweit vorab zu konsultieren17. 3. Österreichisches Übernahmegesetz Das österreichische Übernahmegesetz (ÜbG)18 regelt die Angebotsunterlage in seinem § 7. Die Bestimmung entspricht weitgehend dem § 11; Unterschiede bestehen jedoch in Einzelfragen19, etwa dem Sprachenregime. Während die Angebotsunterlage auch nach dem ÜbG in deutscher Sprache zu veröffentlichen ist,20 können bei Tauschangeboten die Angaben zu den als Gegenleistung angebotenen Wertpapieren in englischer Sprache abgefasst werden.21 In Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung lässt sich dies aus den für ein öffentliches Angebot von Wertpapieren geltenden Regelungen über die Prospektsprache ableiten. Nach § 13 Abs. 4 KMG legt die FMA die zur Prospekterstellung nach Art. 27 der Verordnung (EU) 2017/1129 („EU-ProspektVO“)22 anerkannten Sprachen fest. Gemäß § 5 Abs. 1 der Mindestinhalts-, Veröffentlichungs- und Sprachenverordnung 2019 („MVSV 2019“) kann ein von der FMA zu billigender Prospekt auf Deutsch oder Englisch abgefasst werden23. Aus dem Wortlaut des § 7 ÜbG ergibt sich zudem, dass die dort aufgeführten Angaben nur den Mindestinhalt der Angebotsunterlage definieren; es müssen ggf. weitere Informationen aufgenommen werden, die es dem Aktionär der Zielgesellschaft ermöglichen, seine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage treffen zu können (vgl. § 3 Ziff. 2 ÜbG). Die Geschäftsstelle der österreichischen Übernahmekommission hat zudem eine Musterangebotsunterlage mit Erläuterungen herausgegeben, die Empfehlungscharakter hat und die Erstellung der Angebotsunterlage durch den Bieter wie die Prüftätigkeit der Übernahmekommission erleichtern soll24. 16 Zu weiteren Unterschieden der britischen Regelung im Vergleich mit derjenigen nach § 11 WpÜG vgl. etwa Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 12–15; zu den Anforderungen des City Code an das Offer Document Davies in A Practitioner’s Guide to Takeovers and Mergers in the European Union, 5th ed. 2008 (City & Financial Publishing), Chapter 29; Weinberg in Weinberg and Blank on Takeovers and Mergers, 5th ed. 2011, Section 18; Maul/Muffat-Jeandet/Simon, Takeover Bids in Europe, 5th ed. 2008, Chapter 16 Rz. 348 ff. 17 Etwa in Bezug auf die durch einen ausländischen oder nicht im Vereinigten Königreich börsennotierten Bieter zu machenden Angaben, vgl. Rule 24.3 (b) des City Code. 18 Art. 1 des Bundesgesetzes betreffend Übernahmeangebote (Übernahmegesetz-ÜbG), im Internet abrufbar über die Website der österreichischen Übernahmekommission unter http://www.takeover.at. Zum österreichischen Übernahmegesetz in seiner geltenden Fassung vgl. etwa Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, Das österreichische Übernahmerecht, insbes. Rz. 61; zu den Anpassungen an die Übernahmerichtlinie Kalss in Baums/Cahn, Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie in Europa, 2006, S. 39 ff. 19 Vgl. dazu den Überblick bei Gall in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 7 ÜbG Rz. 6. 20 Dies wird in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung aus dem übernahmerechtlichen Transparenzgebot nach § 4 Nr. 3 ÜbG abgeleitet, Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2015, § 24 Rz. 106; Gall in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 7 ÜbG Rz. 15. 21 Gall in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 7 ÜbG Rz. 15, 66, der freilich eine deutschsprachige Zusammenfassung und bei Einarbeitung der Prospektangaben in den Fließtext der Angebotsunterlage generell die Abfassung auf Deutsch verlangt, dies allerdings vor Wirksamwerden des neuen Prospektrechts nach der EU-ProspektVO von 2017. 22 Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG, ABl. EU Nr. L 168 v. 30.6.2017, S. 12. 23 Zum Rechtszustand vor Inkrafttreten der neuen EU-ProspektVO Gall in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 7 ÜbG Rz. 15, 66 unter Verweis auf den Fall UniCredito S.p.A. – Bank Austria Creditanstalt AG. 24 Richtlinien der Übernahmekommission zur Erstellung einer Angebotsunterlage gemäß § 7 ÜbG (mit Erläuterungen Dezember 2010 im Internet abrufbar unter https://www.takeover.at/uploads/u/pxe/A4_Rechtliche_ Grundlagen/Musterangebotsunterlage/Musterangebotsunterlage_2010_ohne_Kommentar.pdf), so noch der aktuelle Stand zum 9.9.2019.
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§ 11 Rz. 14 Angebotsunterlage 4. Regelung in der Schweiz 14
Die schweizerischen Bestimmungen über Angebotsprospekte für öffentliche Erwerbsangebote haben ihre Grundlage in Art. 125 ff. des FinfraG25. Nach Art. 127 Abs. 1 FinfraG muss der Anbieter das Angebot mit wahren und vollständigen Informationen im Prospekt veröffentlichen. Die Übernahmekommission wird in Art. 131 lit. b FinfraG u.a. ermächtigt, zusätzliche Bestimmungen über den Inhalt und die Veröffentlichung des Angebotsprospekts zu erlassen. Hierzu gehört insbesondere die ursprünglich auf der Ermächtigung in Art. 28 lit. b) BEHG a.F. beruhende Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (Übernahmeverordnung, UEV) vom 21.8.2008, die unter dem das BEHG teilweise ersetzenden FinfraG fortgeschrieben wurde. Sie regelt den Inhalt des Angebotsprospekts in ihren Art. 17 bis 25. Art. 17 Abs. 1 enthält die Generalklausel, wonach der Angebotsprospekt alle Informationen enthalten muss, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können. Art. 19 bis 25 konkretisieren einzelne Anforderungen an den Inhalt des Angebotsprospekts26.
III. Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote 15
Die Bestimmungen des § 11 WpÜG gelten nach §§ 34 und 39 WpÜG in vollem Umfang auch für Übernahme- und Pflichtangebote im Sinne der Abschnitte 4 und 5.
B. Allgemeine Grundsätze über die Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 1 WpÜG) I. Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) 1. Begriff, Funktion und Rechtsnatur 16
„Angebotsunterlage“ ist begrifflich gleichbedeutend mit Angebotsdokument oder Angebotsschrift. Es handelt sich dabei nicht nur um ein Begleitdokument zu einem anderweitig mündlich oder schriftlich gemachten Angebot. Vielmehr stellt die Veröffentlichung der Angebotsunterlage das eigentliche Erwerbsangebot des Bieters dar (siehe oben Rz. 5 und unten Rz. 20 ff.). Dies bringt auch die Regierungsbegründung zu § 11 Abs. 1 WpÜG zum Ausdruck27.
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Die Angebotsunterlage hat in ihrer Gesamtheit eine doppelte Funktion: Sie enthält zum einen das Angebot und darüber hinaus ergänzende Informationen über die wesentlichen Begleitumstände, insbesondere die wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergründe und Rahmenbedingungen. In der Terminologie des Gesetzes sind dies der „Inhalt des Angebots“ einerseits und „ergänzende Angaben“ andererseits. Diese – in § 11 WpÜG getroffene – Unterscheidung findet sich in allgemeiner Form in § 11 Abs. 2 Satz 1 WpÜG und mit näheren Einzelheiten in § 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG (Angaben über den Inhalt des Angebots) sowie in § 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG (ergänzende Angaben) und § 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG (weitere ergänzende Angaben).
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Weil und soweit die Angebotsunterlage das Erwerbsangebot des Bieters enthält, stellt sie eine nicht empfangsbedürftige bindende Willenserklärung des Bieters dar. Genauer ausgedrückt: Sie ist ein Antrag an jeden angesprochenen Wertpapierinhaber auf Abschluss eines Vertrages mit ihm im Sinne der §§ 145 ff. BGB28, und zwar eines Kauf- oder Tauschvertrages (vgl. die Definition des Angebots in § 2
25 Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (Finanzmarktinfrastrukturgesetz, FinfraG) vom 19. Juni 2015 (Stand am 1. Januar 2019), Bbl. 2015, 4931; das Gesetz und die dazu ergangenen Verordnungen sind im Internet abzurufen über die Website der Übernahmekommission unter http://www.takeover.ch. 26 Ausführlich dazu Tschäni/Iffland/Diem, Öffentliche Kaufangebote, 2. Aufl. 2010, S. 175 ff.; sowie die Kommentierung zu Art. 17–25 UEV bei Gericke/Wiedmer, UEV, 2011; ferner die Erläuterungen bei Schellenberg Widmer, Schweizer Übernahmerecht Online, abrufbar unter www.takeoverpractice.ch/praxiskommentar/UEV. 27 BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 28 Begr. RegE, BR-Drucks. 574/01, S. 98; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 2; vgl. auch Liebscher, ZIP 2001, 853, 862; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 13; Holzborn in Bad
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Angebotsunterlage
Rz. 25 § 11
Abs. 1 WpÜG). Der Antrag richtet sich an die Inhaber der in der Unterlage bezeichneten Wertpapiere. Er muss diesen aber nicht zugehen, sondern wird durch Veröffentlichung wirksam29. Soweit die Unterlage ergänzende Angaben in dem oben bezeichneten Sinn enthält, ist sie ein prospektähnliches Dokument (siehe unten Rz. 36 f. und § 2 WpÜG-AngVO Rz. 7 ff.)30.
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a) Bindendes Angebot Die Angebotsunterlage wird im Gesetz nicht ausdrücklich als bindendes (nach § 145 BGB annahmefähiges) Erwerbsangebot bezeichnet. Die Einordnung als Vertragsangebot folgt jedoch aus dem Zusammenhang der Regelung und einzelnen Bestimmungen31.
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Die §§ 17 und 18 WpÜG bringen den Grundsatz zum Ausdruck, dass unverbindliche öffentliche Erwerbsankündigungen in Bezug auf vom Gesetz erfasste Wertpapiere (§ 2 Abs. 2 WpÜG) nicht gestattet sind. § 17 WpÜG untersagt eine öffentliche Aufforderung an die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, ein Verkaufsangebot abzugeben (invitatio ad offerendum). Nach § 18 WpÜG sind Potestativbedingungen und Widerrufs- sowie Rücktrittsvorbehalte unzulässig.
21
Darüber hinaus lässt § 2 Nr. 4 WpÜG-AngVO erkennen, dass die Inhaber der betroffenen Wertpapiere in der Lage sein müssen, die Annahme des Angebots zu erklären. Dies setzt die Existenz eines (bindenden) Antrags i.S.d. § 145 BGB voraus.
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Schließlich steht die Bindungswirkung auch im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Gebot, die In- 23 haber von gattungsgleichen Wertpapieren der Zielgesellschaft gleich zu behandeln (§ 3 Abs. 1). Eine unverbindliche öffentliche Absichtserklärung könnte, wenn sie zulässig wäre, vom Bieter dazu genutzt werden, selektiv nur einige Angebote von Wertpapierinhabern anzunehmen. Dies ist ausgeschlossen, wenn das Angebot zugunsten aller Wertpapierinhaber bindend ist. Genauso wenig dürfen bestimmte Aktionäre privilegiert werden, etwa dadurch, dass der Bieter im Angebot einzelnen Inhabern von Wertpapieren der Zielgesellschaft das Recht einräumen würde, von ihrer Annahmeerklärung zurücktreten zu können, während allen anderen dies nur in gesetzlich geregelten Fällen (etwa § 21 Abs. 4, § 22 Abs. 3 WpÜG) möglich wäre. Ebenso ist es nicht zulässig, in der Angebotsunterlage vorzusehen, dass Annahmeerklärungen bestimmter Wertpapierinhaber nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam werden. Ohnehin wäre eine solche bedingte Annahme nach § 150 Abs. 2 BGB keine wirksame Annahme des Angebots.32 b) Kein Zugangserfordernis Das Konzept eines nicht zugangsbedürftigen Vertragsantrags mag atypisch erscheinen. Es ergibt sich 24 bei einem öffentlichen Angebot an einen unbestimmten Adressatenkreis jedoch aus der Natur der Sache. In dem hier interessierenden Zusammenhang sind die angesprochenen Wertpapierinhaber dem Bieter oft weitgehend unbekannt. Einen Zugang bei jedem einzelnen Wertpapierinhaber kann der Bieter also nicht oder jedenfalls nicht mit zumutbarem Aufwand bewirken, vor allem wenn die Wertpapiere auf den Inhaber lauten. Diesem Umstand trägt das Gesetz Rechnung. Zumindest bei Inhaberpapieren, teilweise aber auch bei Namenspapieren (besonders wenn diese breit 25 gestreut sind), ist es daher in der Kapitalmarktpraxis üblich, dass Erklärungen an die Anleger generell als nicht zugangsbedürftig ausgestaltet werden. Sie werden durchweg im Wege der Veröffentlichung abgegeben und durch Veröffentlichung wirksam. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um ein annah-
29 30 31 32
Homburger Hdb., S. 42 Rz. 17; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 20; Scholl/Siekmann, BKR 2013, 316, 317. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 20; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 5; im Ergebnis ähnlich, jedoch Zugang zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG unterstellend, Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 15. Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 403. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 2; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 5; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 1; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 7; vgl. auch Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. BaFin, Jahresbericht 2015, S. 249 f.; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 605.
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§ 11 Rz. 25 Angebotsunterlage mebedürftiges Angebot (wie z.B. ein Tilgungs- oder Rückkaufangebot), die Ausübung eines Gestaltungsrechts (z.B. die Kündigung einer Schuldverschreibung durch deren Emittenten zur vorzeitigen Rückzahlung) oder nicht rechtsgestaltende Mitteilungen handelt. 26
Die Wirksamkeit einer Willenserklärung, die durch Veröffentlichung erfolgt, war Gegenstand eines Urteils des OLG Frankfurt vom 21.10.199333. Eine Serie von Inhaber-Schuldverschreibungen war vom Emittenten bedingungsgemäß durch Veröffentlichung gekündigt worden. Ein Anleger hielt die Kündigung für unwirksam, weil sie auf einer nach § 10 Nr. 6 AGBG a.F. (jetzt § 308 Nr. 5 BGB) unwirksamen Zugangsfiktion beruhe. Hier war die Prämisse unrichtig, nämlich dass eine Kündigungserklärung notwendigerweise empfangsbedürftig sei. Das Gericht bejahte die Wirksamkeit der Kündigung, allerdings mit einer anderen Begründung34. Die Regelung des WpÜG über die Angebotsunterlage und ihre Veröffentlichung (§§ 11, 14 WpÜG) macht deutlich, dass Erklärungen an die Inhaber von Wertpapieren in der Form einer Veröffentlichung keine Zugangsfiktion35 voraussetzen und auch nicht von einem Leitbild des Gesetzes abweichen. Der Gesetzgeber hat vielmehr dem Umstand Rechnung getragen, dass eine andere (individuelle) Art der Kommunikation nicht praktikabel wäre. c) Qualifizierung des Angebots als AGB?
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Das Angebot des Bieters bildet einen für eine Vielzahl von Verträgen einseitig vorformulierten Vertragsinhalt. Dies spricht – anscheinend – dafür, die Bestimmungen des Angebots als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB zu qualifizieren. Für eine Einordnung als AGB plädieren eine Reihe von Autoren36, meist ohne das Ergebnis zu hinterfragen und als Rechtsproblem zu erörtern. Tatsächlich stehen dieser Einordnung gewichtige Gründe entgegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen und deren Verwendung weichen von dem gesetzlich vorausgesetzten Idealtypus des je im Einzelfall frei ausgehandelten Vertrages ab. Im Fall eines Erwerbs nach Maßgabe des WpÜG ist jedoch das individuelle Aushandeln von Vertragsbedingungen angesichts des gesetzlichen Gleichbehandlungsgebots (§ 3 Abs. 1 WpÜG) ausgeschlossen. Eine Abweichung von einem gesetzlichen Idealtypus liegt daher nicht vor. Für den Fall eines Angebots nach dem WpÜG ist die Gleichbehandlung aller Inhaber von Wertpapieren gleicher Gattung zwingend vorgegeben.
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Es würde der gesetzlichen Wertung widersprechen, wenn die an die Verwendung von AGB geknüpften Rechtsnachteile der §§ 305 ff. BGB auch denjenigen träfen, der u.U. individuelle Vereinbarungen bevorzugen würde, aber durch das Gesetz daran gehindert wird, solche abzuschließen. Zu den genannten Rechtsnachteilen gehören unter anderem die absoluten und relativen Verbote bestimmter Klauseln, die beschränkten Möglichkeiten der Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild und die Möglichkeit der Verbandsklage nach §§ 1, 3 UKlaG.
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Darüber hinaus beruht die Kontrolle des Inhalts Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf dem Gedanken, dass deren Verwender Marktmacht zu Lasten eines Einzelnen zur Geltung bringt, der dieser Marktmacht ausgeliefert ist. Auch diese Überlegung passt nicht auf die Bedingungen eines öffentlichen 33 OLG Frankfurt a.M. v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, WM 1993, 2089; allgemein zu Willenserklärungen, die aus der Natur der Sache heraus ohne Zugang bereits mit Erklärung wirksam werden Einsele in MünchKomm. BGB, 8. Aufl. 2018, § 130 BGB Rz. 5. 34 Näheres dazu Bosch in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Köln, Loseblatt-Sammlung (Sonderdruck von Teil 10: Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, 1998, ergänzte Ausgabe 2000), Rz. 10/192, m.w.N. 35 In diesem Sinne jedoch Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 5; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 14; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 3; Scholl/Siekmann, BKR 2013, 316, 317. Die von diesen abweichende hier vertretene Auffassung vermeidet jedoch die von Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 15 geschilderten Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Zeitpunktes des fingierten Zugangs. 36 Für eine solche Qualifizierung Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 3, mit Hinweis darauf, dass die Bereichsausnahmen des § 310 Abs. 4 BGB (betreffend Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts) nicht eingreifen; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 6; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 23; Oechsler, NZG 2001, 818, 821; Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 42 Fn. 42; Beckmann/Kersting/Mielke, Das neue Übernahmerecht, 2003, S. 93 Rz. B237; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 29; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, Beck’sches Handbuch der AG, 3. Aufl. 2018, § 23 Rz. 47; Scholl/Siekmann, BKR 2013, 316, 321. A.A. dagegen (wie hier) Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 5.
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Angebotsunterlage
Rz. 35 § 11
Erwerbsangebots. Hier trifft nicht ein mächtiger Marktteilnehmer auf einzelne relativ schutzlose Gegenparteien, sondern ein Bieter trifft – in aller Öffentlichkeit – auf die Gesamtheit der potentiellen Veräußerer. Unbillige oder überraschende Klauseln würden auf ablehnende Reaktionen stoßen und das Erwerbsprojekt gefährden. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass in solchen Fällen „der Markt versagt“, wie es bei der Verwendung von AGB typisch ist. Auch die Interessenlage der Beteiligten, und zwar sowohl des Bieters als auch der Zielgesellschaft und 30 ihrer Wertpapierinhaber, steht im Widerspruch zu den möglichen Rechtsfolgen einer Einordnung des Angebots als AGB. Die Beteiligten sind an Rechts- und Planungssicherheit und einer möglichst zügigen Abwicklung interessiert. Wertpapiererwerbe und Übernahmen nach dem WpÜG würden jedoch erheblich beeinträchtigt, wenn sie im Nachhinein, also nach ihrer Durchführung, mit der Behauptung der Unbilligkeit oder der Abweichung vom gesetzlichen Leitbild in Frage gestellt werden könnten. Im Hinblick auf das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot müsste eine Nachbesserung der Angebotskonditionen allen betroffenen Wertpapierinhabern zugutekommen. Eine nachträgliche gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit des Erwerbs hätte für und gegen alle Wertpapierinhaber zu gelten. Die Rückabwicklung wäre aber gegen den Willen der betroffenen (früheren) Wertpapierinhaber nicht durchsetzbar. Schließlich erscheint es zweifelhaft, ob die Verbandsklage ein zur Bekämpfung von öffentlichen Erwerbs- oder Übernahmeangeboten geeignetes und wünschenswertes Instrument ist. Dass sie für solche Sachverhalte nicht konzipiert worden ist, steht außer Frage. Vor allem das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot (§ 3 Abs. 1 WpÜG) steht somit im Widerspruch zu den möglichen Rechtsfolgen einer Qualifikation als AGB. Der Widerspruch löst sich auf, wenn der Begriff der AGB im Wege der teleologischen Reduktion dahin gehend eingeengt wird, dass er die Bedingungen eines Angebots nach dem WpÜG nicht erfasst, weil hier das individuelle Aushandeln durch zwingende gesetzliche Regelung ausgeschlossen ist, und weil außerdem die Gesamtheit der angesprochenen Wertpapierinhaber ein Gewicht hat, das einen Missbrauch von Marktmacht durch den Bieter weitgehend ausschließt37.
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Die Nichtanwendung der Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) ist 32 auch deswegen hinnehmbar, weil die Bundesanstalt das Angebot ihrerseits auf bestimmte Kriterien, darunter den Grundsatz der Transparenz (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG), zu prüfen hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG). Eine Anwendung der Grundsätze des deutschen Rechts über Allgemeine Geschäftsbedingungen kommt aus anderen Gründen nicht in Betracht, wenn der Erwerbsvertrag einem ausländischen Recht unterliegt. Der Bieter kann nach allgemeinen Grundsätzen des internationalen Privatrechts (so etwa Art. 3 Abs. 1 der Rom I-VO)38 das für sein Angebot, und damit für das daraufhin zustande kommende Erwerbsgeschäft, maßgebliche Recht bestimmen. § 2 Nr. 12 WpÜG-AngVO setzt die Möglichkeit einer solchen Rechtswahl voraus, die auch im Interesse der Praktikabilität und vor allem wegen des Gleichheitsgrundsatzes nach § 3 Abs. 1 WpÜG geboten ist (siehe § 2 WpÜG-AngVO Rz. 37 ff.).
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Sollte die Rechtsprechung entgegen der hier vertretenen Auffassung Angebotsbedingungen als AGB qualifizieren, so würde dies einen Anreiz für Bieter darstellen, die Auswirkungen durch Wahl eines ausländischen Rechts zu vermeiden. Die Rechtssuche für den deutschen Anleger würde dadurch erschwert und verteuert.
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Wären die Bestimmungen eines Angebots als AGB zu beurteilen, so könnte dies dennoch nicht dazu 35 führen, dass der wesentliche Inhalt des Geschäfts („essentialia negotii“) umgestaltet, also beispielsweise eine unzulässige Bedingung als nicht existent behandelt oder ein nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Angebotspreis erhöht wird39. Soweit Bedarf für eine gesetzliche Inhaltskontrolle 37 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 8 sieht das WpÜG als gegenüber den §§ 305 ff. BGB spezielleres Gesetz an, das den Gestaltungsspielraum des Bieters bei der Angebotsunterlage grds. abschließend regelt; ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 11 WpÜG Rz. 31; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 5; ähnlich auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 11 WpÜG Rz. 50, der aber offenbar § 305 BGB ergänzend zur Anwendung bringen will, wenn der Bieter weitere, nicht durch das WpÜG vorgegebene Bedingungen festsetzt. 38 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. EU Nr. L 177 v. 4.7.2008, S. 6. 39 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 23.
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§ 11 Rz. 35 Angebotsunterlage gesehen wird, etwa in Bezug auf die Gefahr, dass der Bieter Gewährleistungen der veräußernden Aktionäre für Eigenschaften der Zielgesellschaft vorsehen könnte40, bleiben folgende Aspekte offenbar unberücksichtigt: Zum einen kann der Bieter die Anwendung der Vorschriften des deutschen Rechts, wie bereits erwähnt, in der Regel durch Wahl eines ausländischen Rechts vermeiden. Die These, bei Angebotsbedingungen handele es sich um AGB, dient im praktischen Ergebnis also nicht dem Schutz der Angebotsempfänger (vor allem derjenigen im Inland), sondern bewirkt das Gegenteil, weil sie eine Flucht aus dem deutschen Recht herbeizuführen droht. Zum anderen wird angesichts der Öffentlichkeit und Transparenz des Übernahmeverfahrens eine unbillige, unklare oder überraschende Klausel öffentliche Kritik auslösen und den Erfolg des Angebots somit gefährden. Eines Schutzes der Wertpapierinhaber vor einer wirtschaftlichen und intellektuellen Überlegenheit der Marktgegenseite bedarf es also im Verhältnis zwischen den Angebotsadressaten und dem Bieter nicht41. d) Erwerbsprospekt 36
Die Angebotsunterlage ist insofern, als sie Informationen als Grundlage für den Erwerb von Wertpapieren dient, mit einem Wertpapierprospekt vergleichbar. In mehrfacher Hinsicht bestehen jedoch wesentliche Unterschiede: Zum einen stellt ein Wertpapierprospekt im Gegensatz zur Angebotsunterlage in aller Regel kein bindendes Angebot dar.42 Ferner handelt es sich bei der Angebotsunterlage nicht um ein Verkaufsdokument des Veräußerers, sondern um einen Kauf-(oder Tausch-)Prospekt des Bieters als des potenziellen Erwerbers (gelegentlich im Schrifttum „umgekehrter Verkaufsprospekt“ genannt43). Die Unterlage beschreibt daher nicht primär das Erwerbsobjekt (d.h. die Wertpapiere der Zielgesellschaft) mit den diesbezüglichen Chancen und Risiken, denn den Angebotsempfängern wird nicht deren Erwerb, sondern ihre Veräußerung vorgeschlagen. Schwerpunkte der Unterlage sind vielmehr die Angaben über die Gegenleistung, die Maßnahmen und Absichten des Bieters sowie Abwicklungs- und sonstige Verfahrensaspekte.
37
Werden Wertpapiere als Gegenleistung angeboten, so hat die Angebotsunterlage allerdings – zusätzlich – die Eigenschaften eines Wertpapierprospekts. Dies gilt jedoch mit Bezug auf die Gegenleistung, nicht den Gegenstand des Erwerbsangebots. Für die so als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere sind nach § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO Angaben wie in einem Wertpapierprospekt zu machen, vorbehaltlich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahme des Verweises auf einen bereits veröffentlichten (noch) gültigen Prospekt. Entsprechendes gilt nach § 2 Nr. 2a WpÜG-AngVO für (bei einem einfachen Erwerbsangebot) als Gegenleistung angebotene Vermögensanlagen in Bezug auf die Angaben nach § 7 VermAnlG. 2. Die Veröffentlichung
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§ 11 Abs. 1 Satz 1 WpÜG bestimmt eine Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung des Angebots. Die Pflicht zur Erstellung hat neben derjenigen zur Veröffentlichung keine eigenständige Bedeutung. Die Erstellung ist selbstverständliche Voraussetzung der Veröffentlichung. Die Form der Veröffentlichung, der deren Gestattung durch die BaFin vorauszugehen hat, regelt § 14 Abs. 3 WpÜG.
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Zweck der Veröffentlichung ist die Schaffung eines für die Betroffenen, die Öffentlichkeit und die Aufsichtsbehörde transparenten Angebots. Die Veröffentlichung ist also auch dann erforderlich, wenn der Bieter ein öffentliches Angebot an die Inhaber von auf den Namen lautenden Wertpapieren der Zielgesellschaft richtet und der Meinung ist, dass er diese aufgrund von in einem Register festgehaltenen Angaben erreichen kann. Die Veröffentlichung hat somit einen zweifachen Zweck: Konstituierung des Angebots im engeren, rechtlichen Sinn und Schaffung von Transparenz im Kapitalmarkt. 40 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 23. Eine solche Gewährleistung wäre übrigens gegenüber der Vielzahl der – dem Bieter weitgehend unbekannten – Angebotsempfänger kaum durchsetzbar. 41 Im Ergebnis ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 8, der den Wertungen des WpÜG Vorrang vor denjenigen der §§ 305 ff. BGB einräumt. 42 Zu den Gestaltungsformen von Wertpapierangeboten vgl. etwa Schnorbus in FrankfKomm. WpPG, § 2 WpPG Rz. 42 ff. 43 Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 13; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 9; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 3; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 2, 34.
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Angebotsunterlage
Rz. 43 § 11
II. Allgemeine inhaltliche und formale Anforderungen (§ 11 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 WpÜG) 1. Generalklausel: entscheidungsrelevante Umstände (§ 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) Die Wertpapierinhaber sollen eine hinreichende Grundlage für eine informierte Entscheidung über 40 die Abgabe ihrer Papiere aufgrund des Angebots erhalten. Die Bestimmung ist vergleichbar mit Art. 6 Abs. 1 EU-ProspektVO (bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG a.F.). Danach muss der Prospekt dem Publikum ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere ermöglichen und über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der zuzulassenden bzw. angebotenen Wertpapiere wesentlich sind, Auskunft geben44. § 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ist systematisch als Ergänzung des Katalogs von Angaben zu betrachten, die nach § 11 Abs. 2 WpÜG sowie § 2 WpÜG-AngVO zu machen sind: Der Katalog bestimmt den Gegenstand der notwendigen Angaben; die Generalklausel des § 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG bestimmt den Umfang und Detaillierungsgrad der Angaben, wobei nach der Art des Angebots, vor allem der Gegenleistung, differenziert werden muss45. Liegt eine vorläufige Äußerung der Zielgesellschaft zu dem Angebot bereits vor, so kann es zweckmäßig sein, diese wiederzugeben. Eine Pflicht dazu besteht nicht, da die Stellungnahme der Zielgesellschaft gemäß § 27 Abs. 3 WpÜG nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu erfolgen hat46.
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2. Richtigkeit, Vollständigkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG hat eine inhaltliche Parallele in den allgemeinen Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EU-ProspektVO. Dieser stellt zwar – anders als die Vorgängerbestimmung § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG a.F. – nicht mehr ausdrücklich auf „sämtliche Angaben“ ab, die „notwendig sind, um (…) ein zutreffendes Urteil [des Anlegers] zu ermöglichen“ ab, sondern „nur“ noch auf die erforderlichen Informationen. In der Sache bedeutet es aber weiterhin, dass der Prospekt die beurteilungsrelevanten Umstände richtig und vollständig angeben muss.47
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Als richtig ist eine Darstellung anzusehen, wenn die tatsächlichen Angaben zum Zeitpunkt der Ver- 42a öffentlichung der Angebotsunterlage (Rz. 47) der objektiven Sachlage entsprechen.48 Dazu gehören als „innere Tatsachen“ auch die Absichten des Bieters (Rz. 109).49 Soweit die Angebotsunterlage Prognosen enthält, etwa zu den Auswirkungen des Angebots auf den Bieter (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG, dazu Rz. 103 ff.), müssen diese ausreichend auf Tatsachen gestützt und kaufmännisch vertretbar sein.50 Insoweit gelten die gleichen Anforderungen wie sie für Prognosen in Wertpapierprospekten entwickelt wurden.51 Unvollständig sind die Angaben, wenn Informationen fehlen, die i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG notwendig sind, insbesondere solche, die durch § 11 Abs. 2 oder 3 WpÜG oder § 2 WpÜG-AngVO 44 Vgl. Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.14; zur – insoweit unverändert gebliebenen – Rechtslage vor Anwendbarkeit der (neuen) EU-ProspektVO Meyer in FrankfKomm. WpPG, § 5 WpPG Rz. 6 ff.; Schlitt/Schäfer in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 5 WpPG Rz. 8 ff. 45 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 26. 46 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 80. 47 So auch der Maßstab der behördlichen Prüfung im Rahmen des Billigungsverfahrens, Art. 20 Abs. 4 EU-ProspektVO. 48 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 14; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 16 Rz. 12; Steinhardt/ Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 13. 49 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 14; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 13. 50 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 14; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 13; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 4. 51 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 13; zu Prognosen im Prospektrecht Seiler/Singhof in FrankfKomm. WpPG, § 21 WpPG Rz. 68; Mülbert/Steup in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 41.40; grundlegend BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 = NJW 2823, 2826 (Beton- und Monierbau); dem folgend BGH v. 27.10.2009 – XI ZR 337/08 = NJW-RR 2010, 115, 117.
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§ 11 Rz. 43 Angebotsunterlage vorgeschrieben sind, oder wenn Aussagen wegen Weglassung wesentlicher Details oder Einschränkungen irreführend wirken. Es kommt insoweit (auch) auf den Gesamteindruck der Angebotsunterlage an52. Bei Prognosen wird im Schrifttum teilweise verlangt, die den Prognosen zugrunde liegenden Annahmen anzugeben.53 Ob dies bei einer ansonsten nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu Prognosen in Prospekten sachgerecht erstellten Prognose zwingend ist, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls erscheint dies ratsam, auch um die Gefahr der Irreführung zu vermeiden. Für den speziellen Fall von Gewinnprognosen in Wertpapierprospekten sieht dies Ziff. 11.1 des Anhangs 1 der Delegierten VO 2019/980 ausdrücklich vor. Für den Fall unrichtiger oder unvollständiger Angaben sieht § 12 WpÜG eine Haftung des oder der Prospektverantwortlichen (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG) auf Schadensersatz vor. 44
Die Generalklausel in § 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG sowie das Richtigkeits- und Vollständigkeitsgebot des § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG lassen nicht eindeutig erkennen, ob aus ihnen in einzelnen Fällen eine Pflicht zu weiteren Angaben abgeleitet werden kann, die der Katalog des § 11 Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AngVO ansonsten nicht verlangen würde. Die Frage wird von einigen Autoren bejaht54, von anderen im Prinzip verneint55. In ihren praktischen Auswirkungen unterscheiden sich diese gegenteiligen Thesen weniger als dies bei erster Überlegung erscheinen mag. So wird beispielsweise der Fall eines Strohmannangebots mit der Absicht, die erworbenen Papiere anschließend an Dritte weiterzuveräußern, im Ergebnis von den Vertretern beider Meinungen gleich beurteilt. Nur in der Begründung neigt die eine Meinung56 dazu, eine Pflicht zur Offenlegung dieser besonderen Umstände aus der Generalklausel und dem Richtigkeits- und Vollständigkeitsgebot abzuleiten, während die andere Meinung57 die Offenlegungspflicht aus § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 WpÜG (Auswirkungen auf die Finanzlage des Bieters; Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftspolitik) in Verbindung mit dem Richtigkeits- und Vollständigkeitsgebot des § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG stützt. Im Grundsatz aber besteht ein erheblicher Unterschied. Es ist möglich, dass sich auch im praktischen Einzelfall aus der erstgenannten Auffassung (wonach der Katalog der vorgeschriebenen Angaben nicht abschließend ist) inhaltlich wesentlich weiter gehende Offenlegungspflichten als nach der Gegenmeinung und weitgehende Haftungsrisiken für den Bieter ergeben können.
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Sachgerecht und zutreffend erscheint eine vermittelnde Ansicht. Sie kommt der vorstehend erwähnten zweiten Meinung nahe. Auszugehen ist nach der hier vertretenen Auffassung davon, dass der Katalog der vorgeschriebenen Angaben prinzipiell ein abschließender ist. Dafür spricht zum einen der Wortlaut des Gesetzes58. In § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 WpÜG findet sich kein Hinweis darauf, dass in diesen Bestimmungen nur ein Mindestinhalt normiert wird. Demgegenüber werden die inhaltlichen Anforderungen an Wertpapierprospekte anhand von ausdrücklich so genannten „Mindestangaben“ nach Art. 13 EU-ProspektVO (entspricht § 7 WpPG a.F.) konkretisiert. Diese sind im Einzelnen in den Anhängen einer Delegierten Verordnung zur EU-ProspektVO („Delegierte VO 2019/980“)59 aufgeführt. Damit knüpft die EU-ProspektVO an die Konzeption der Vorgängerregelungen in § 7 WpPG a.F. 52 Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 32; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 38. 53 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 14; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 13. 54 Assmann, AG 2002, 153, 156; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2251; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 18; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 33; Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 44 Rz. 19; Beckmann/Kersting/Mielke, Das neue Übernahmerecht, 2003, S. 99 Rz. B268; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 11. 55 Seydel und Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 27 und § 12 WpÜG Rz. 41 ff.; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 403; Möllers, ZGR 2002, 664, 677 ff.; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 11 WpÜG Rz. 3; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 14; so auch OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. 56 Hamann, ZIP 2001, 2249, 2251; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 14. 57 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 27. 58 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 27. 59 Delegierte Verordnung (EU) 2019/980 der Kommission vom 14.3.2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Aufmachung, des Inhalts, der Prüfung und der Billigung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission (Text von Bedeutung für den EWR), ABl. EU Nr. L 166 v. 21.6.2019, S. 26.
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Angebotsunterlage
Rz. 46 § 11
bzw. Art. 13 der „alten“ EU-Prospektrichtlinie60 sowie § 13 Abs. 3 Satz 1 BörsZulV a.F. und § 2 Abs. 1 Satz 2 VerkProspVO a.F. an, wonach der Prospekt „insbesondere“ Angaben über die in der jeweiligen Verordnung genannten Gegenstände enthalten musste. § 11 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO enthalten keine vergleichbare Formulierung. Angesichts des Umstandes, dass diese Regelungen im Übrigen erkennbar an den früheren § 13 BörsZulV a.F. und § 2 VerkProspVO a.F. angelehnt wurden, ist die Abweichung in der Diktion vom Gesetzgeber offensichtlich gewollt, und somit als sachlicher Unterschied zu interpretieren. Darüber hinaus besteht – abgesehen vom Wortlaut der Bestimmung – die Gefahr, dass die Anforderungen an den Inhalt der Angebotsunterlage unübersehbar werden, wenn aus § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 für sich allein uneingeschränkte zusätzliche Offenlegungspflichten über den Katalog der gebotenen Angaben hinaus hergeleitet würden. Denkbar wäre es dann beispielsweise, dass detaillierte Angaben zur finanziellen Situation des Bieters – ähnlich wie nach Rule 24.3 (f) des City Code on Takeover and Mergers (siehe oben Rz. 12) – verlangt würden, möglicherweise zusätzlich auch Angaben zur finanziellen Lage des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, das die Bestätigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG abgibt. Die Begründung dafür könnte sein, dass die Solvenz des Bieters und des bestätigenden Wertpapierdienstleisters für die Angebotsadressaten entscheidungserheblich sein kann. Eine derart weitgehende Interpretation kann zu für den Bieter unerwarteten und kaum vorhersehbaren Offenlegungspflichten führen. Das Risiko der Haftung nach § 12 WpÜG für die Vollständigkeit seiner Angaben wäre für ihn dann kaum einschätzbar. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Katalog der vorgeschriebenen Angaben vollständig ist, kommt daher nur in engen Grenzen in Betracht61. Angebracht ist eine Ausnahme dann, wenn (1) das Angebot andernfalls unvollständig wiedergegeben wäre, weil es Elemente enthält (wie z.B. eine Sicherheitsleistung für die Aufbringung des Erwerbspreises), die in § 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO nicht aufgeführt sind (siehe unten Rz. 67), (2) die Angaben andernfalls nicht oder nur schwer verständlich wären62 oder (3) ohne ergänzende Angaben ein irreführender Gesamteindruck entstünde63. Unter diesem Gesichtspunkt wird man auch begründen können, dass eine dem Bieter von der Zielgesellschaft für den Fall, dass das Angebot scheitert, zugesagte Entschädigung (break up fee) angegeben werden muss. Denn dieser Umstand wird für den Aktionär der Zielgesellschaft in der Regel ein bei seiner Gesamtbewertung der Vor- und Nachteile des Angebots wesentlicher Umstand sein, ohne dessen Kenntnis er sich kein abschließendes Bild über die Auswirkungen eines erfolgreichen oder fehlschlagenden Angebots auf den Bieter machen kann64. Dabei ist auf einen durchschnittlich verständigen Anleger abzustellen.65 Ein anderes Beispiel ist ein Angebot an Aktionäre einer Zielgesellschaft mit Sitz außerhalb Deutschlands (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG), auf das nach § 1 Abs. 3 WpÜG, § 2 WpÜG-AnwendbarkeitsVO das WpÜG nur eingeschränkt gilt. Darauf ist in der Angebotsunterlage hinzuweisen und zu erläutern, welche Gesichtspunkte des Angebots welchen aufsichtsrechtlichen Regelungen unterliegen (zu der für die zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse zwischen Bieter und Aktionären der Zielgesellschaft maßgeblichen Rechtsordnung siehe dagegen Rz. 33 sowie § 2 WpÜG-AngVO Rz. 38 f.)66. Eine ausdrückliche Bestimmung, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auf Angaben nach § 11 Abs. 2 WpÜG oder § 2 WpÜG-AngVO verzichtet werden kann, fehlt – anders als bei vergleichbaren Regelungen wie etwa bei Wertpapierprospekten Art. 18 EU-ProspektVO (entspricht § 8 Abs. 2 WpPG
60 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64. 61 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 11 WpÜG Rz. 3: „Besondere Umstände des Einzelfalls, die eine besondere Gefährdungslage auf Seiten der potentiellen Veräußerer entstehen lassen“; ähnlich Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 36; ob die bei Thoma angeführten Beispielsfälle für die Aktionäre der Zielgesellschaft als „wesentlich“ anzusehen sind, wird im Einzelfall nach den hier nachfolgend dargestellten Kriterien zu entscheiden sein. 62 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 27. 63 Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 403; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 14; ähnlich OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. 64 Ähnlich Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 36. 65 OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. 66 Seibt, CFL 2011, 213, 223 mit Verweis auf die Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der OEP Technologie B.V. an die Aktionäre der SMARTRAC NV vom 8.10.2010.
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§ 11 Rz. 46 Angebotsunterlage a.F.)67 oder der für Offenlegungsdokumente bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen maßgeblichen § 293a Abs. 2 AktG und § 8 Abs. 2 UmwG. Diesen Regelungen ist gemeinsam, dass Angaben unterbleiben können, wenn der Offenlegung bedeutende Belange entgegenstehen, insbesondere wenn einem der betroffenen Unternehmen daraus sonst ein erheblicher Nachteil droht. Eine in der Literatur weit verbreitete Auffassung spricht sich für eine entsprechende Anwendung des Rechtsgedankens dieser Ausnahmebestimmungen im Rahmen des Gestattungsverfahrens durch die BaFin aus68. Mangels einer gesetzlichen Regelung dürfte hier freilich eine an der Generalklausel des § 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ausgerichtete Auslegung des Katalogs der in die Angebotsunterlage auszunehmenden Informationen geboten sein. So erscheint es denkbar, im Einzelfall auf Angaben zu verzichten, die für die Entscheidung über die Annahme des Angebots nicht notwendig sind69. Auf notwendige, d.h. für die Beurteilung des Angebots wesentliche Angaben (vgl. § 12 Abs. 1 WpÜG), kann dagegen nicht verzichtet werden. Auf jeden Fall ist im Rahmen des Gestattungsverfahrens mit der BaFin abzustimmen, ob einzelne Pflichtangaben weggelassen werden können, auch um eine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG wegen Unvollständigkeit der Angebotsunterlage zu vermeiden.70 47
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage ist zunächst einmal der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung. Das bedeutet: treten zwischen der Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin und ihrer Veröffentlichung neue Umstände ein, die diese unrichtig oder unvollständig machen, ist sie insoweit zu ergänzen; eine entsprechende Ergänzung ist der BaFin nachzureichen. Stellt sich die Angebotsunterlage nach ihrer Übermittlung an die BaFin als von vorneherein unrichtig oder unvollständig heraus, gilt Entsprechendes71.
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Für den Zeitraum nach erfolgter Veröffentlichung sieht das Gesetz, anders als bei Wertpapierprospekten (Art. 23 EU-ProspektVO, entspricht § 16 WpPG a.F.)72, keine Pflicht zur Veröffentlichung eines Nachtrages vor. Im Hinblick darauf, dass sich die Regelungen des WpÜG für Angebotsunterlagen ansonsten aber an die Regelungen für Wertpapierprospekte anlehnen und Anhaltspunkte für eine bewusste Abkehr des Gesetzgebers vom Konzept des Nachtrages fehlen, spricht sich eine im Schrifttum weit verbreitete Auffassung mit guten Argumenten dafür aus, dass entsprechend § 11 VerkProspG a.F., § 16 WpPG a.F. bzw. Art. 23 EU-ProspektVO eine Pflicht zum Nachtrag einer unrichtig oder unvollständig gewordenen Angebotsunterlage besteht (vgl. § 12 WpÜG Rz. 32)73. Dagegen lehnt die BaFin ein Recht (!), folglich erst recht eine Pflicht zur permanenten Aktualisierung der Angebotsunterlage ab.74
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Ein wenig klarer liegt der Fall der ursprünglichen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit. Zwar gibt es auch insoweit keine ausdrücklich im WpÜG vorgesehene Berichtigungspflicht. Dagegen sieht für 67 Dazu Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.75. 68 Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 34; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 37; ähnlich Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 15 („allgemeine Regel der Güterabwägung zwischen Offenbarungs- und Offenlegungspflicht“); a.A. „bewusste Entscheidung des Gesetzgebers“ Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 11. 69 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 30, ähnlich, dabei auf Art. 17 MAR abstellend, Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 15; dabei scheint dessen Maßstab (Insiderinformationen, die unmittelbar den Emittenten betreffen) jedoch mit Blick auf die andere Zielrichtung der Offenlegung in einer Angebotsunterlage nur bedingt geeignet. 70 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 9, 17. 71 Ebenso Stephan, AG 2003, 551, 552; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 41; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 31, 40; ähnlich Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13. 72 Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.90 ff. 73 Assmann, AG 2002, 153, 157; Möllers, ZGR 2002, 664, 674 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 17; Stephan, AG 2003, 551, 558 ff. mit eingehender Erörterung der Reichweite dieser Pflicht; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13 stützt die Aktualisierungspflicht auf eine entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG; ebenso wohl Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 13; wie hier mit ausführlicher Darstellung des Streitstands Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 19 ff.; dagegen Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 12; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 16 Rz. 15. 74 Hippeli/Klepsch, WM 2016, 1205, 1212.
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Angebotsunterlage
Rz. 52 § 11
Wertpapierprospekte Art. 23 EU-ProspektVO (ebenso bereits § 16 Abs. 1 Satz 1 WpPG a.F., anders als noch dessen Vorläuferregelungen in § 11 VerkProspG a.F. und § 52 Abs. 2 BörsZulV a.F.) ausdrücklich (auch) im Fall der nach Veröffentlichung festgestellten „wesentlichen Unrichtigkeit“ eine Nachtragspflicht vor. Für Angebotsunterlagen wird – ähnlich wie nach früherem Prospektrecht aus § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG a.F.75 – aus der haftungsbefreienden Möglichkeit der Berichtigung nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG aus dieser Bestimmung eine Pflicht zur Berichtigung aus gefolgert76. An diesem Begründungsansatz mag man jedoch insoweit zweifeln, als sich aus § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG zwar eine Berichtigungsmöglichkeit mit haftungsbefreiender Wirkung, nicht jedoch eine Berichtigungspflicht entnehmen lässt77. In jedem Fall wird sich angesichts des Wesentlichkeitsmaßstabes von Art. 23 EU-ProspektVO bzw. § 12 Abs. 1 WpÜG eine Berichtigungs- bzw. Nachtragspflicht auf solche Angaben beschränken, die für die Beurteilung des Angebots wesentlich sind. Dabei ist vom Horizont des Empfängers, d.h. des Aktionärs der Zielgesellschaft auszugehen78. Die Nachtrags- bzw. Berichtigungspflicht endet entsprechend § 11 VerkProspG a.F. mit dem Ende des Angebotes, genauer dem Ablauf der Annahmefrist79. Ausnahmsweise kann sie länger andauern, wenn den Aktionären der Zielgesellschaft nach Ablauf der Annahmefrist noch das Recht zum Rücktritt eingeräumt wurde80.
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Einer Gestattung der Veröffentlichung der Berichtigung bzw. des Nachtrags durch die BaFin bedarf es nicht81, anders als bei einem Prospektnachtrag, der nach Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 EU-ProspektVO (entspricht § 16 Abs. 1 Satz 3 WpPG a.F.) vor seiner Veröffentlichung von der BaFin zu billigen ist. Ein Gestattungserfordernis lässt sich dem WpÜG ohnehin nicht entnehmen, so dass es auch an der Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende Gestattung fehlen würde82.
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3. Sprache, Verständlichkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG) Parallelbestimmungen zu § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG finden sich einerseits in Art. 27 EU-ProspektVO, 52 § 21 WpPG (Sprache), andererseits in Art. 6 Abs. 2 EU-ProspektVO (Verständlichkeit). Nach § 21 Abs. 2 WpPG ist sowohl bei grenzüberschreitenden als auch rein nationalen Angeboten i.S.v. Art. 27 Abs. 1, 3 EU-ProspektVO die Abfassung eines Prospekts in englischer Sprache möglich83. Schon zuvor hatten sich Prospekte in englischer Sprache weitgehend durchgesetzt, obwohl nach altem Prospektrecht bis 21.7.2018 die Anwendbarkeit der englischen Sprache im Wege eines grenzüberschreitenden Angebots herbeigeführt werden musste84. Die Wahl der englischen Sprache sieht das WpÜG jedoch – anders als das WpPG – auch in grenzüberschreitenden Fällen nicht vor. Die mit Blick auf die (neue) EU-ProspektVO wie dargestellt erfolgte Liberalisierung des Sprachenregimes für Wertpapierprospekte hat im WpÜG keine Entsprechung gefunden.
75 Siehe dazu in der 1. Aufl. die Nachweise bei § 11 WpÜG Rz. 53. 76 Assmann, AG 2002, 153, 156; Möllers, ZGR 2002, 664, 676; Stephan, AG 2003, 551, 553. 77 Dementsprechend spricht Groß, Kapitalmarktrecht, § 23 WpPG Rz. 8 bei der Parallelregelung in § 23 Abs. 2 Nr. 4 WpPG nur von der „Möglichkeit der Prospektberichtigung“; ebenso unter ausdrücklicher Abgrenzung von der Nachtragspflicht Mülbert/Steup in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 41.144. 78 Eingehend dazu Stephan, AG 2003, 551, 558 f. 79 Assmann, AG 2002, 153, 157; Möllers, ZGR 2002, 664, 676; Stephan, AG 2003, 551, 559 f.; Oechsler in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13. 80 Stephan, AG 2003, 551, 559 f. 81 Assmann, ZGR 2002, 697, 718; Stephan, AG 2003, 551, 561; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 18. 82 So auch OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 752. 83 Geyer/Schelm, BB 2019, 1731, 1735. 84 Dazu Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.78a; zu dem vorher nötigen „Umweg“ über ein formal grenzüberschreitendes Angebot, und sei es auch in einem zweiten deutschsprachigen Staat Wolf in FrankfKomm. WpPG, § 19 WpPG Rz. 15, 22.
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§ 11 Rz. 53 Angebotsunterlage a) Sprache 53
Die Abfassung in deutscher Sprache ist, wie die Regierungsbegründung85 verdeutlicht, im Interesse der Wertpapierinhaber der deutschen Zielgesellschaft und ihrer Arbeitnehmer vorgeschrieben worden. Bei der Abwägung der Interessen der Bieter an einer raschen und möglichst kostengünstigen Erstellung der notwendigen Unterlagen einerseits und dem Informations- und Schutzbedürfnis der Adressaten des Angebots und der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft andererseits sei dem Bedürfnis der Anleger und der Arbeitnehmer nach einer verständlichen und nachvollziehbaren Entscheidungs- und Informationsgrundlage der Vorzug zu geben. Es soll insbesondere vermieden werden, dass die Aktionäre einer deutschen Zielgesellschaft gezwungen sind, sich anhand englischsprachiger Angebotsdokumente zu informieren, wie es bei dem während der Beratungen des WpÜG durchgeführten Übernahmeangebots der Vodafone AirTouch plc an die Aktionäre der Mannesmann AG Ende 1999/Anfang 2000 der Fall war. Damals waren genauere Informationen über die als Gegenleistung angebotenen Aktien des Bieters nur dessen englischsprachigen Listing Particulars zu entnehmen. Dies war auch deshalb möglich, weil im damals geltenden Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission die Verwendung der deutschen Sprache für das Angebotsdokument nicht vorgeschrieben war86.
54
Dasselbe gilt grds., wenn das WpÜG nach § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG auf Übernahme- oder Pflichtangebote (sog. Europäische Angebote nach § 2 Abs. 1 lit. a WpÜG) an die Aktionäre einer Zielgesellschaft mit Sitz in einem anderen EWR-Staat anzuwenden ist87. Denn in diesem Fall folgt die Anwendung des WpÜG aus der Börsenzulassung der Aktien der Zielgesellschaft im Inland. Daher geht der Gesetzgeber davon aus, dass insbesondere auch inländische Anleger an der Zielgesellschaft beteiligt sind und deshalb denselben Schutz genießen sollen wie bei Angeboten betreffend Zielgesellschaften mit Sitz im Inland. Folglich sind nach § 1 Abs. 3 Satz 2 WpÜG die Regelungen des WpÜG zur Gegenleistung, zum Inhalt der Angebotsunterlage und zum Angebotsverfahren anwendbar, mithin also auch die Vorgaben zur Sprache, in der die Angebotsunterlage abzufassen ist. Großzügiger behandelt der Gesetzgeber jedoch offenbar Angebotsunterlagen, die von einer zuständigen Aufsichtsstelle in einem anderen EWRStaat gebilligt wurden und daher nach § 11a WpÜG aufgrund des sog. Europäischen Passes im Inland ohne zusätzliches Billigungsverfahren anerkannt werden (dazu § 11a WpÜG Rz. 2)88. Denn der deutsche Gesetzgeber hat von dem nach Art. 6 Abs. 2 Unterabsatz 2 Übernahmerichtlinie möglichen Vorbehalt keinen Gebrauch gemacht, wonach das nationale Recht des Aufnahmestaates eine Übersetzung der von der ausländischen Behörde gebilligten Angebotsunterlage (in die deutsche Sprache) verlangen kann89.
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Die Veröffentlichung einer zwei- oder mehrsprachigen Version der Angebotsunterlage oder einer gesonderten zusätzlichen Version in einer anderen Sprache ist dadurch nicht ausgeschlossen90. Ein solches Vorgehen, vor allem also die Bereitstellung auch eines Textes in englischer Sprache, kann im Einzelfall den Interessen ausländischer Wertpapierinhaber dienen und die Erfolgsaussichten des Angebots fördern. Rechtlich maßgeblich und bindend ist jedoch allein das in deutscher Sprache abgefasste Angebot. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung ist insoweit unmissverständlich. Es erscheint ratsam sowie aus Gründen der Klarheit und Verständlichkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 WpÜG) geboten, dies klarzustellen. Dies gilt unabhängig davon, ob die fremdsprachige Version zusammen mit der deutschsprachigen veröffentlicht wird oder als separates Schriftstück.
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Verpflichtend dürfte eine derartige Klarstellung nur in Bezug auf den Inhalt des Angebots sein, also hinsichtlich der Angaben nach § 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG und solcher, die diese ergänzen. Die übrigen Angaben haben keinen rechtsgeschäftlichen, sondern nur Informationscharakter, können also nicht im eigentlichen Sinn bindend sein. Es gibt insoweit keinen Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Frage, welche Version Vertragsinhalt werden wird.
85 86 87 88 89 90
BT-Drucks. 14/7034, S. 41. Dazu Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820, 821; der Übernahmekodex ist abgedruckt in NZG 2000, 390. Zur Anwendung des WpÜG auf europäische Angebote vgl. Meyer, WM 2006, 1135, 1137. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 42. Meyer, WM 2006, 1135, 1138. Ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 42.
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Angebotsunterlage
Rz. 59 § 11
Dennoch empfiehlt sich auch bei Angaben, die nur Informationszwecken dienen, der Hinweis, dass 57 allein die in deutscher Sprache gegebene Information maßgeblich ist. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung: Für die Haftung nach §§ 12, 13 WpÜG ist in jedem Fall die deutschsprachige Version maßgeblich, denn diese ist im Hinblick auf das in § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG enthaltene Gebot, die deutsche Sprache zu verwenden, als „Angebotsunterlage“ i.S.d. § 12 WpÜG (und damit auch für Zwecke des § 13 WpÜG) anzusehen. Eine Haftung auch für einen freiwillig zur Verfügung gestellten fremdsprachigen Text kann sich aber auf einer anderen Rechtsgrundlage, etwa der sog. culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, direkt oder analog), ergeben, bei Verbreitung der Unterlage im Ausland auch nach ausländischem Recht. Ist die fremdsprachige Textversion äußerlich Teil der Angebotsunterlage, kommt dafür auch eine Haftung in unmittelbarer Anwendung der §§ 12, 13 WpÜG in Betracht, wenn sie nicht klar als im Rechtssinne unmaßgebliche Übersetzung gekennzeichnet wird. Das Gebot, die deutsche Sprache zu verwenden, schließt nämlich nicht zwingend eine Haftung für freiwillig zusätzlich in einer anderen Sprache bereitgestellte Textpassagen aus. Das Risiko der Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit auch des fremdsprachigen Textes wird potenziell relevant, wenn dieser nicht genau mit dem deutschen übereinstimmt. Dieses zusätzliche Haftungsrisiko, gleich auf welcher Rechtsgrundlage, dürfte sich erheblich vermindern, wenn die fremdsprachige Version insgesamt, also auch hinsichtlich der „ergänzenden Angaben“, als lediglich unverbindliche Übersetzung der allein maßgeblichen deutschen Version bezeichnet wird. b) Verständlichkeit, Transparenz Die Regelung zur Verständlichkeit in § 11 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 WpÜG entspricht wörtlich § 5 58 Abs. 1 Satz 3 WpPG a.F. für Wertpapierprospekte. Letztere Bestimmung wurde inzwischen durch Art. 6 Abs. 2 EU-ProspektVO ersetzt, der insoweit zwar etwas abweichend formuliert ist, aber inhaltlich nichts anderes besagt.91 Die Norm verlangt Verständlichkeit der Aussagen in der Angebotsunterlage und ihre Abfassung in einer Form, die ihre Auswertung erleichtert. Dies schließt das Erfordernis einer klaren Ausdrucksweise, einer schlüssigen Gliederung und einer übersichtlichen Gestaltung ein92. Ein durchschnittlicher (verständiger) Adressat des Angebots ohne Spezialkenntnisse sollte die Unterlage bei sorgfältiger Lektüre verstehen können93. Sachlich zusammengehörende Angaben sind im Zusammenhang darzustellen. Fachbegriffe sind auf ein Mindestmaß zu begrenzen und im Allgemeinen zu erklären94. Auf die Schwierigkeit, aus dieser allgemein gehaltenen Regelung konkrete rechtliche Konsequenzen abzuleiten, ist verschiedentlich hingewiesen worden95. Eine Untersagung des Angebots kommt bei mangelnder Klarheit und Verständlichkeit nur in Betracht, wenn der Vorstoß gegen das gesetzliche Verständlichkeits- und Transparenzgebot des § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG offensichtlich ist (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG)96. Konkrete Folgerungen etwa in Bezug auf sprachliche Vereinfachung (z.B. durch Verwendung von kurzen Sätzen), Mindestschriftgröße oder Voranstellung einer zusammenfassenden Darstellung lassen sich aus § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG nicht herleiten97. Auch dafür, dass der Aufbau der Rei-
91 Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.14. 92 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363. 93 Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 20; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 43; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2252; Sperlich/Apfelbacher in Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 11 Rz. 4; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 45; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 28, verweist dabei zu Recht auf die Rechtsprechung zur gesetzlichen Prospekthaftung, die seit dem BGH-Urteil v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 – Beton- und Monierbau, WM 1982, 862 auf den „durchschnittlichen Anleger, der zwar eine Bilanz zu lesen versteht, aber nicht unbedingt mit der in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Schlüsselsprache vertraut zu sein braucht“ abstellt. 94 In diesem Sinne zur Parallelproblematik bei Wertpapierprospekten Meyer in FrankfKomm. WpPG, § 5 WpPG Rz. 44. 95 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 6; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 21. 96 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 44. 97 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 42.
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§ 11 Rz. 59 Angebotsunterlage henfolge des Angabenkatalogs in § 11 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO zwingend folgen müsse98, gibt es keinen Anhaltspunkt99. 4. Unterzeichnung durch den Bieter (§ 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG) 60
§ 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG wurde, ebenso wie § 11 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 WpÜG, angelehnt an korrespondierende Regelungen im bei Inkrafttreten des WpÜG geltenden Prospektrecht, nämlich § 13 Abs. 1 Satz 5 BörsZulV a.F. und § 2 Abs. 2 VerkProspVO a.F., denen der frühere § 5 Abs. 3 Satz 1 WpPG a.F. entspricht. Seit dem 21.7.2019 ist für Wertpapierprospekte das formale Erfordernis der Unterzeichnung des Prospektes weggefallen; für Angebotsprospekte muss jedoch weiterhin nach § 8 Abs. 1 Satz 2 WpPG der Anbieter ausdrücklich die Verantwortung übernehmen.100
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Zu unterzeichnen ist das nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG an die Bundesanstalt zu übermittelnde Exemplar101. Der nach § 14 Abs. 3 WpÜG zu veröffentlichende Text und das nach § 14 Abs. 4 WpÜG dem Vorstand der Zielgesellschaft zu übermittelnde Exemplar brauchen die Originalunterschriften auch nicht als Faksimile oder in Kopie wiederzugeben102. Die Vertretungsbefugnis der Unterzeichner muss nachprüfbar sein, z.B. anhand einer Eintragung ins Handelsregister als gesetzlicher Vertreter oder Prokurist103, und auf Verlangen der BaFin nachgewiesen werden.
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Die Unterzeichnung durch den Bieter signalisiert, dass er die Verantwortung für die Unterlage übernimmt und im Fall von deren Fehlerhaftigkeit dafür haftet. So jedenfalls stellt die Regierungsbegründung104 das Verhältnis des Unterzeichnungserfordernisses nach § 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG zu § 11 Abs. 3 und § 12 WpÜG dar. Die Unterzeichnung ist jedoch angesichts des Wortlauts von § 11 Abs. 3 und § 12 WpÜG nicht Bedingung für die Übernahme der Verantwortung und die Haftung. Das Verhältnis zwischen § 11 Abs. 1 Satz 5 und § 11 Abs. 3 WpÜG dürfte sich wie folgt darstellen: Der Bieter fällt in jedem Fall unter § 11 Abs. 3 WpÜG, jedoch nicht notwendigerweise er allein. Dennoch muss nur er die Unterlage unterschreiben. Die anderen Personen, die möglicherweise zusätzlich die Verantwortung übernehmen, sind zur Unterzeichnung nicht verpflichtet. Der Bieter unterzeichnet folglich im Ergebnis zu Lasten anderer Beteiligter die Erklärung über deren Verantwortung und die Richtigkeit der Unterlage. Aus der Angebotsunterlage selbst geht es dabei nicht notwendigerweise hervor, ob er dazu bevollmächtigt war. Es empfiehlt sich zu präzisieren, dass gegebenenfalls die anderen Beteiligten ihrer Nennung zugestimmt haben. Im Übrigen siehe unten § 12 WpÜG Rz. 35 ff.
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Wie die Gesetzesbegründung zeigt, entspricht es der Absicht des Gesetzgebers, und insbesondere dem Grundgedanken des § 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG, dass der Bieter die Übernahme der Verantwortung i.S.d. § 11 Abs. 3 nicht ablehnen und dadurch vermeiden kann. Der Gesetzestext sagt dies allerdings nicht ausdrücklich. Es wäre wünschenswert, das Verhältnis der Bestimmungen zueinander bei Gelegenheit gesetzlich klarzustellen, etwa durch eine Regelung des Inhalts, dass die Unterschrift nach § 11 Abs. 1
98 So Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 22. 99 Wie hier Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 43. Ein Beispiel für die Gliederung einer Angebotsunterlage findet sich bei Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl. 2018, Rz. 60.95. 100 Stattdessen sind Prospekte der BaFin elektronisch über deren Melde- und Veröffentlichungsportal im sog. MVP-Verfahren zu übermitteln, vgl. Merkblatt der BaFin „Neuerungen bei der Beantragung eines Zugangs zum MVP-Verfahren der BaFin aufgrund des Wegfalls des Unterschriftenerfordernisses von Wertpapierprospekten und Nachträgen durch Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie („PSD II UmsetzungsG“), abrufbar unter www.bafin.de; dazu Koch in BaFin-Journal Juni 2019, S. 8 ff. 101 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 7; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 45. 102 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 45. 103 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 45; gegen die Unterzeichnung durch Prokuristen Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 11 WpÜG Rz. 7; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 47; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 24; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 30; für ein solches qualifiziertes Unterzeichnungserfordernis besteht jedoch kein Anhaltspunkt. 104 BT-Drucks. 14/7034, S. 41.
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Angebotsunterlage
Rz. 66 § 11
Satz 5 WpÜG als Übernahme der Verantwortung i.S.d. § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 WpÜG und Abgabe der Richtigkeits- und Vollständigkeitserklärung i.S.d. § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 WpÜG gilt105. Im Fall eines gemeinschaftlichen Angebots durch mehrere Bieter müssen diese sämtlich unterzeichnen. Die Muttergesellschaft eines Bieters braucht die Unterlage nicht zu unterzeichnen, auch wenn von ihr i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG das Angebot ausgeht106.
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C. Angebotsinhalt und ergänzende Angaben (§ 11 Abs. 2 WpÜG) I. Kategorien von Angaben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) Die in eine Angebotsunterlage aufzunehmenden Angaben sind nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 65 Satz 1 WpÜG in zwei Kategorien eingeteilt. Unter Berücksichtigung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG kann man von drei Kategorien sprechen: Angaben über den Inhalt des Angebots (§ 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG), ergänzende Angaben (§ 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) und „weitere ergänzende Angaben“ (§ 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AngVO). Die erste Kategorie und die zweite unterscheiden sich deutlich voneinander: Es handelt sich zum einen um den rechtsgeschäftlichen Teil der Angebotsunterlage, nämlich das Angebot, oder anders ausgedrückt die essentialia negotii107, und zum anderen um zusätzliche Angaben, die Informationszwecken dienen. Die dritte Kategorie besteht überwiegend ebenfalls aus ergänzenden Informationen. Einige der in § 2 WpÜG-AngVO geforderten Angaben betreffen jedoch den Inhalt des Angebots. Dies gilt etwa für die Angaben zur Form der Annahme des Angebots und zur Fälligkeit der Gegenleistung (§ 2 Nr. 4 WpÜG-AngVO), bei Tauschangeboten für die Angaben zu den als Gegenleistung angebotenen Wertpapieren oder Vermögensanlagen (§ 2 Nr. 2, 2a WpÜG-AngVO) sowie bei Teilangeboten für die Angaben zum Umfang des Angebots und zum Zuteilungsverfahren (§ 2 Nr. 6 WpÜG-AngVO). In diese Kategorie dürften auch die nach § 2 Nr. 7a WpÜG-AngVO für den Sonderfall des Angebots nach § 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BörsG (sog. Delisting-Abfindungsangebot) vorgesehenen Angaben zum bevorstehenden Antrag der Zielgesellschaft auf Widerruf der Zulassung der betroffenen Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt fallen. Danach muss die Angebotsunterlage einen ausdrücklicher Hinweis auf mögliche Einschränkungen der Handelbarkeit der betroffenen Wertpapiere als Folge des Widerrufs und die damit einhergehende Möglichkeit von Kursverlusten enthalten. Zwischen der zweiten und der dritten Kategorie von Informationen (soweit letztere nicht den Inhalt 66 des Angebots betreffen) ist kein klarer qualitativer Unterschied auszumachen108. Es besteht auch kein deutlicher Rangunterschied unter dem Gesichtspunkt ihres wirtschaftlichen Gewichts. Ein Unterschied liegt indessen in ihrer politischen Relevanz: Die Angaben nach § 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG beziehen sich auf Gegenstände (Sicherung der nötigen Mittel und gegebenenfalls der Finanzierung, Absichten des Bieters, Leistungen an Organmitglieder der Zielgesellschaft), die potenziell für die Öffentlichkeit, und damit auch politisch, von besonderem Interesse sind. Insoweit wurden Änderungen dem Gesetzgeber vorbehalten. Die Mehrheit der Anforderungen über ergänzende Angaben sind jedoch in der Verordnung enthalten und damit der Disposition des Verordnungsgebers überlassen worden. Sie können folglich relativ schnell an neue Erkenntnisse oder Erfordernisse angepasst werden109. 105 Für die Geltung dieses Grundsatzes bereits de lege lata Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 7, in Anlehnung an entsprechende Äußerungen zum Prospektrecht von Assmann in Assmann/ Lenz/Ritz, § 13 VerkProspG Rz. 49; Meyer in FrankfKomm. WpPG, § 5 WpPG Rz. 72 f. Im Ergebnis dürfte dies zutreffen. Allerdings wird man die Haftung des Bieters, der nicht nach Absatz 3 angibt, dass er die Verantwortung übernimmt, nur auf § 12 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG stützen können (Haftung, weil von ihm „der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht“), nicht ohne weiteres auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG (Haftung derjenigen, „die für die Angebotsunterlage die Verantwortung übernommen haben“). 106 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 45. 107 Liebscher, ZIP 2001, 853, 862; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 8. 108 Kritisch auch Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 29; Schüppen, WPg 2001, 958, 961; Zinser, WM 2002, 15, 18; Liebscher, ZIP 2001, 853, 863. 109 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch etwa Peltzer/Voight, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DeutschEnglische Textausgabe mit Einleitung, 2002, S. 10; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 9.
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§ 11 Rz. 67 Angebotsunterlage
II. Angebotsinhalt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) 67
§ 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG spezifiziert die stets zum Inhalt des Angebots zu machenden Angaben. Sollte das Angebot weitere Elemente enthalten, etwa eine Sicherheitsleistung für die Aufbringung der Gegenleistung, sind auch diese aufzuführen (siehe oben Rz. 45). Dies folgt nicht nur aus dem Erfordernis der Richtigkeit und Vollständigkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, sondern bereits daraus, dass der Inhalt des Erwerbsgeschäfts durch die Angaben in der Angebotsunterlage definiert wird und eine Auslassung einzelner Elemente schon aus diesem Grund nicht in Betracht kommt. Zu der allgemeinen Fragestellung, ob die erforderlichen Angaben in § 11 Abs. 2 und 3 WpÜG sowie § 2 WpÜG-AngVO abschließend aufgeführt sind, siehe oben Rz. 44 f. 1. Identifikation des Bieters (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WpÜG)
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Die Fassung der Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass der Bieter (§ 2 Abs. 4 WpÜG) eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine juristische Person sein kann. Anzugeben sind der Name (§ 12 BGB) oder die Firma (§§ 17 ff. HGB), die Anschrift oder der Sitz und bei Gesellschaften die Rechtsform des Bieters. Sitz und Rechtsform sollten auch dann angegeben werden, wenn der Bieter keine Gesellschaft, sondern eine nicht als Gesellschaft zu qualifizierende juristische Person ist. Zudem kann es bei ausländischen Bietern sinnvoll sein, die Gesellschaftsform kurz zu charakterisieren, jedenfalls wenn nicht davon ausgegangen werden kann (wie etwa bei einer Aktiengesellschaft nach österreichischem oder schweizerischem Recht), dass sie den Aktionären der Zielgesellschaft ihren wesentlichen Merkmalen nach bekannt ist110. Betrachtet man entgegen der hier im Grundsatz vertretenen Ansicht (siehe oben Rz. 44 f.) den Katalog von Angaben nach § 11 Abs. 2 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO als nicht abschließend, so ist die entsprechende Angabe nicht nur empfehlenswert, sondern verpflichtend. Grundlage dafür sind, wenn man dieser Auffassung folgt, die allgemeinen Grundsätze gemäß § 11 Abs. 1 WpÜG, vor allem § 11 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 WpÜG. Unter Sitz ist nach überwiegender Meinung nicht der effektive Verwaltungssitz, sondern der in der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag festgelegte Sitz zu verstehen111. Möglich ist jedoch auch eine Auslegung dahin gehend, dass sowohl der satzungsmäßige als auch der Verwaltungssitz anzugeben sind. In der Praxis empfiehlt es sich bei Gesellschaften jedenfalls, stets beides anzugeben112. Nach dem Wortlaut der Nr. 1 scheint es zu genügen, dass bei Gesellschaften oder juristischen Personen wahlweise die Anschrift oder der Sitz angegeben werden. Gemeint ist aber wohl, dass bei Gesellschaften stets der Sitz zu nennen ist113. Im Schrifttum114 wird z.T. verlangt, dass auch Registergericht oder -behörde und die Registernummer, unter der die Gesellschaft eingetragen ist, aufgeführt werden. Die Angabe empfiehlt sich, obwohl der Gesetzeswortlaut sie nicht erfordert. Sofern es sich bei dem Bieter um eine ausschließlich zum Zweck der Übernahme gegründete oder eingesetzte Zweckgesellschaft handelt, sind die Informationen zum Bieter auch in Bezug auf die wirtschaftlich hinter dieser Zweckgesellschaft stehenden Personen anzugeben, unabhängig davon, ob diese als mit dem Bieter gemeinsam handelnde Personen nach § 2 Nr. 1 WpÜG-AngVO handelt (dazu siehe unten § 2 WpÜG-AngVO Rz. 3)115. In der Praxis werden darüber hinaus häufig wei-
110 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 54; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 49. 111 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 11; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 38; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 49; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 26; a.A. – in Bezug auf den Sitz der Zielgesellschaft (Satz 2 Nr. 2; siehe unten Rz. 69) – Hahn, RIW 2002, 741. 112 Im Ergebnis ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 54; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 49. 113 So im Ergebnis Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 46 Rz. 25. Das Gleiche ist nach der hier vertretenen Ansicht für juristische Personen, die nicht als Gesellschaft zu qualifizieren sind, jedenfalls zu empfehlen. 114 Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 27; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 49. 115 Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 47; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 55; ähnlich offenbar Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 28.
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Angebotsunterlage
Rz. 70 § 11
tere Ausführungen zum Unternehmensgegenstand116 und zur Gesellschafterstruktur117 des Bieters gemacht. Eine rechtliche Pflicht zur Aufnahme solcher Informationen dürfte indes höchstens ausnahmsweise im Einzelfall bestehen, wenn ansonsten die Gefahr der Irreführung (dazu Rz. 45) bestünde.118 2. Identifikation der Zielgesellschaft (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WpÜG) § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WpÜG soll die eindeutige Identifizierung der Zielgesellschaft, d.h. des Emittenten der Aktien, die den Gegenstand des Angebots bilden, sicherstellen. Zielgesellschaft im Sinne des Gesetzes ist entweder eine AG oder KGaA mit Sitz im Inland (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG); für eine Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz im Inland gilt Entsprechendes (vgl. § 2 WpÜG Rz. 66). Alternativ kann es sich um eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Staat des europäischen Wirtschaftsraums (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) handeln, auf die das Gesetz nach § 1 Abs. 3 WpÜG im Fall eines europäischen Angebots unter den dort genannten Voraussetzungen Anwendung findet. Diese kann eine Rechtsform ausländischen Rechts haben, die mit jener der Aktiengesellschaft nach deutschem Recht vergleichbar ist (§ 2 WpÜG Rz. 75). Die Angabe der Registereintragung der Zielgesellschaft ist angesichts des Wortlauts des Gesetzes nicht erforderlich119, aber empfehlenswert. Bei Angaben in Bezug auf die Zielgesellschaft empfiehlt es sich, auf die diesbezüglichen Quellen hinzuweisen und darauf, dass der Bieter diese nicht auf Richtigkeit prüfen konnte. Hat der Bieter eine Prüfung der Zielgesellschaft (Due Diligence) durchgeführt,120 ist darauf hinzuweisen. Ein Vorbehalt dahingehend, dass die Richtigkeit der im Rahmen der Due Diligence erhaltenen Informationen nicht geprüft werden konnte, ist dabei zulässig.121
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3. Bezeichnung der Wertpapiere (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 WpÜG) a) Allgemeines Zur genauen Bezeichnung der zu erwerbenden Wertpapiere (und zwar aller betroffenen Gattungen) gehört auch die Angabe von deren ISIN oder Wertpapier-Kennnummern122. Wertpapiere i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 WpÜG können nach der Definition in § 2 Abs. 2 WpÜG nicht nur Aktien der Zielgesellschaft sein. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG gehören dazu auch mit Aktien vergleichbare Wertpapiere und Zertifikate, die Aktien vertreten. Diese werden nachstehend zusammen auch als „gleichwertige Wertpapiere“ bezeichnet. Darüber hinaus erfasst die Definition der Wertpapiere gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG auch Wertpapiere der Zielgesellschaft (wie Wandelschuldverschreibungen und Optionsscheine), die zum Bezug von Aktien oder gleichwertigen Wertpapieren der Zielgesellschaft berechtigen. Verfügt die Zielgesellschaft über bedingte oder genehmigte Kapitalia, aufgrund derer neue Aktien aus-
116 Z.B. Angebotsunterlage der Fosun International Limited an die Aktionäre der TOM TAILOR Holding SE v. 1.4.2019, S. 19 f.; Angebotsunterlage der Opal BidCo GmbH an die Aktionäre der OSRAM Licht AG v. 4.9.2019, S. 13. 117 Z.B. Angebotsunterlage der Accenture Digital Holdings GmbH an die Aktionäre der SinnerSchrader Aktiengesellschaft v. 26.6.2019; Angebotsunterlage der Luz (C-BC) Bidco GmbH an die Aktionäre der OSRAM Licht AG v. 22.7.2019. 118 Dies erwägend Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 52; wohl im Sinne einer freiwilligen Angabe („ratsam“) Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 26. 119 A.A. Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 29; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 50; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 56. 120 Ausführlich dazu Hofmeister in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 7. 121 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 40. 122 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 13; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 43; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 51; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 55; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 30; a.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 11 WpÜG Rz. 8.
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§ 11 Rz. 70 Angebotsunterlage gegeben werden können, die dann auch Gegenstand des Angebots sind, ist darauf ebenfalls einzugehen.123 b) Von Dritten ausgegebene Wertpapiere (Umtauschanleihen, Optionsscheine auf Aktien der Zielgesellschaft), von einer Zielgesellschaft mittelbar ausgegebene Wandelschuldverschreibungen 71
Nicht zweifelsfrei ist es, ob von einem Dritten, also einem nicht mit der Zielgesellschaft identischen Emittenten, ausgegebene Wertpapiere nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und, wenn sie ein Recht auf Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft (oder von gleichwertigen Wertpapieren) verbriefen, ebenso zu behandeln sind wie Wandelschuldverschreibungen und Optionsscheine der Zielgesellschaft auf eigene Aktien. Der Wortlaut des Gesetzes spricht eher dagegen: § 1 WpÜG, die grundlegende Bestimmung über den Anwendungsbereich des Gesetzes, setzt voraus, dass die Wertpapiere, auf deren Erwerb sich das Angebot richtet, „von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden“. Nach § 2 Abs. 1 WpÜG sind Angebote im Sinne des Gesetzes solche „zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft“.
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Die Frage ist etwa von Bedeutung bei Schuldverschreibungen aus Umtauschanleihen („exchangeable bonds“), also solchen, die einen Anspruch des Anlegers gegen den Dritten auf Umtausch in Aktien der Zielgesellschaft verbriefen. Gleiches gilt für von Dritten ausgegebene Optionsscheine, die den Anleger zum Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft gegen Zahlung eines festgelegten Optionspreises berechtigen. Den genannten Papieren ist gemeinsam, dass sie ihrem wesentlichen Inhalt nach (bei Optionsscheinen) oder neben anderen Rechten (bei Umtausch-Schuldverschreibungen) eine Option verbriefen, für die der Emittent im wirtschaftlichen Sinn als Optionsverkäufer („Stillhalter“) fungiert.
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Es entspricht nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes, sondern erscheint auch sachgerecht, dass Angebote auf Erwerb derartiger Wertpapiere vom WpÜG nicht erfasst werden. Ihr Erwerb berührt die Zielgesellschaft nicht in ähnlicher Weise wie der von Wandelschuldverschreibungen oder Optionsscheinen, die sie selbst – im Rahmen einer Maßnahme der Kapitalbeschaffung nach § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG – ausgegeben hat. Keinesfalls kann der Wortlaut der §§ 1 und 2 Abs. 1 WpÜG so verstanden werden, dass die hier erörterten Wertpapiere Dritter erfasst werden, weil der Dritte neben den Emittenten der Aktien, auf deren Erwerb sich die von ihm ausgegebenen Wertpapiere richten, ebenfalls als Zielgesellschaft zu behandeln sei. Ein solches Verständnis des Gesetzes würde zu einem Ergebnis führen, das mit seiner Zielsetzung nicht vereinbar wäre: Schuldverschreibungen aus Umtauschanleihen und Optionsscheine, die zum Erwerb von Aktien einer anderen Gesellschaft als des Emittenten der Optionsscheine berechtigen, würden nur dann in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, wenn ihr Emittent eine AG, KGaA oder SE mit Sitz im Inland oder in den Fällen des § 1 Abs. 3 WpÜG eine Gesellschaft mit vergleichbarer Rechtsform ausländischen Rechts wäre124, andernfalls nicht. Außerdem hätte – unter der genannten Voraussetzung – der Emittent dieser Wertpapiere die nach dem Gesetz vorgesehene Stellung einer Zielgesellschaft; dies wäre offensichtlich verfehlt, da seine Aktionäre und Mitarbeiter von dem Erwerb nicht betroffen wären.
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Man könnte eine extensive Auslegung von § 2 Abs. 1 und § 1 WpÜG in Erwägung ziehen in dem Sinne, dass ein Angebot zum Erwerb von Wertpapieren „einer Zielgesellschaft“ bzw. „die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden“ auch dann vorliegt, wenn die Wertpapiere, die unmittelbar Gegenstand des Angebots sind, von einem Dritten ausgegeben wurden, sofern sie sich ihrerseits auf Erwerb von Aktien oder vergleichbaren Wertpapieren der Zielgesellschaft richten. Auf letztere würde sich das Angebot bei dieser Betrachtungsweise also mittelbar beziehen. Diese Auslegung wäre indessen durch den Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt. Eine analoge Anwendung der genannten Bestimmungen würde voraussetzen, dass eine Gesetzeslücke vorliegt und nach Sinn und Zweck des Gesetzes eine Gleichbehandlung der fraglichen Wertpapiere sachgerecht ist.
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Beides ist nicht der Fall. Wertpapiere anderer Emittenten mit Optionsrechten auf Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft sind in dem hier interessierenden Zusammenhang eher mit unverbrieften Optionsrechten zu vergleichen als mit Wandelschuldverschreibungen oder Optionsrechten der Zielgesell123 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 61. 124 Ebenso ablehnend Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 31.
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Angebotsunterlage
Rz. 79 § 11
schaft auf eigene Aktien. Sie geben keine Gewähr dafür, dass dem Inhaber auf Verlangen Aktien der Zielgesellschaft geliefert werden. Wird die Zielgesellschaft übernommen und werden die verbleibenden Minderheitsaktionäre nach §§ 327a ff. AktG ausgeschlossen, so kann der Emittent der fraglichen Wertpapiere die Aktien der Zielgesellschaft nicht mehr liefern125. Gegebenenfalls muss er stattdessen Barausgleich leisten. Entsprechendes gilt typischerweise für den Fall von Marktstörungen im Handel der zu Grunde liegenden Aktien (d.h. derjenigen, die Gegenstand der Option sind). Schließlich gibt es Varianten der hier fraglichen Wertpapiere anderer Emittenten (insbesondere von Optionsscheinen), die von vornherein oder nach Wahl des Emittenten oder des Anlegers Erfüllung durch Barausgleich statt durch Lieferung von Wertpapieren vorsehen. Die Zielgesellschaft wird von der Erfüllung der Verpflichtungen dieser von Dritten ausgegebenen Wertpapiere jedenfalls dann nicht berührt, wenn der Dritte Barausgleich leistet. Auch wenn dies nicht der Fall ist, haben Wertpapiere Dritter der hier erörterten Art zumindest keine stärkeren Auswirkungen auf den Emittenten als unverbriefte Optionen. Es wäre angesichts dessen nicht angemessen, den Bieter etwa im Rahmen eines Pflichtangebots zu verpflichten, sein Angebot auf die fraglichen, von Dritten ausgegebenen „Stillhalter-Wertpapiere“ auszudehnen. Die vorstehend erwähnten Wertpapiere anderer Emittenten als der Zielgesellschaft sind also in der Angebotsunterlage nicht aufzuführen. Etwas anderes gilt freilich, wenn sich die Emission eines Dritten wirtschaftlich als Emission der Zielgesellschaft darstellt. Dies ist häufig bei der Emission von Schuldverschreibungen durch eine ausländische Finanzierungsgesellschaft der Fall, die in Aktien einer Zielgesellschaft gewandelt werden können und bei denen die Erfüllung der Ansprüche der Anleihegläubiger durch die Emittentin von dieser Zielgesellschaft garantiert werden. Diese Zwischenschaltung einer ausländischen Finanzierungsgesellschaft erfolgt dabei grds. rein aus steuerlichen Gründen126. Anders als in den im vorigen Absatz beschriebenen Fällen ist hier Emission von einer Zielgesellschaft veranlasst und erfolgt auch im Hinblick auf die dabei typischerweise vereinbarte Erlösweiterleitung zu deren Kapitalaufnahme. Solche von einer Zielgesellschaft mittelbar ausgegebene Wandelschuldverschreibungen werden daher auch aktienrechtlich den von dieser direkt ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen gleich gestellt127. Konsequenterweise dürfte daher bei auf solche Wandelschuldverschreibungen gerichtete Erwerbsangebote das WpÜG zur Anwendung kommen (vgl. auch § 1 WpÜG Rz. 29).
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4. Gegenleistung (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 WpÜG) Die für die Wertpapiere der Zielgesellschaft gebotene Gegenleistung wird regelmäßig bei der Entscheidung der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft den Ausschlag geben. Die Gegenleistung kann der Art nach aus Geld oder sonstigen Vermögensgegenständen, insbesondere Aktien des Bieters oder eines Dritten, bestehen. Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 39 WpÜG muss jedoch bei Übernahme- und Pflichtangeboten eine Geldleistung in Euro oder, vorbehaltlich des § 31 Abs. 3 WpÜG, die Übertragung liquider Aktien angeboten werden, die an einem organisierten Markt (§ 2 Abs. 7 WpÜG) zugelassen sind.
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Ergänzende Angaben zur Gegenleistung sieht § 2 WpÜG-AngVO in Nr. 2 und Nr. 2a (für den Fall von 78 Tauschangeboten) und Nr. 3 (im Hinblick auf die Bewertungsmethoden) vor. Die Höhe der Gegenleistung unterliegt bei Übernahme- und Pflichtangeboten den Vorgaben des § 31 79 Abs. 1 WpÜG (i.V.m. § 39 WpÜG) und der §§ 3 bis 6 WpÜG-AngVO. Bei Tauschangeboten ist der Umfang der Gegenleistung, also z.B. die Anzahl der als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere (oder Vermögensanlagen), anzugeben, nicht notwendigerweise ein Gegenwert in Geld, zumal dieser sich während der Dauer des Angebots laufend verändert. Die Gegenleistung muss nicht zwingend in einem festen Gegenwert oder auch einer festen Zahl an Wertpapieren oder Vermögensanlagen bestehen, auch nicht bei Übernahme- oder Pflichtangeboten (solange in diesem Fall die Vorgaben des § 31 WpÜG ein125 Davon zu unterscheiden ist die Frage, wie bedingte Aktienbezugsrechte, die die Zielgesellschaft eingeräumt hat, beim Squeeze-out behandelt werden; vgl. dazu Wilsing/Kruse, ZIP 2002, 1465. 126 Mihm in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 14.42. 127 Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl. 2018, Rz. 51.4 f.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 32; diese Transaktionen hat offenbar auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 46, im Blick, ohne freilich die Abgrenzung zu der vorgenannten Fallgruppe vorzunehmen.
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§ 11 Rz. 79 Angebotsunterlage gehalten sind). Denkbar ist vielmehr auch eine variable Gegenleistung, deren Höhe sich aus einer angegebenen Berechnungsformel ergibt und die auf dieser Grundlage jedenfalls bestimmbar sein muss. Die Formel hat freilich dem allgemeinen Transparenzgebot zu entsprechen (Rz. 58) und ist – etwa im Rahmen der Darstellung der angewandten Bewertungsmethoden nach § 2 Nr. 3 WpÜG-AngVO – zu erläutern128. Zu beachten ist aber, dass im Hinblick auf die nötigen Angaben zur Finanzierung des Angebots der maximale Gesamtbetrag der für die volle Erfüllung der Gegenleistung notwendigen Mittel bestimmt werden muss (siehe Rz. 94). 5. Entschädigung für den Entzug von Rechten (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a WpÜG) 80
Seit der Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie ist die Höhe der für den Entzug von Rechten gebotenen „Entschädigung nach § 33b Abs. 4“ ebenfalls anzugeben. Diese Entschädigungspflicht ergibt sich aus der Anwendung der dort so genannten „Durchgriffsklausel“ nach Art. 11 der EU-Übernahmerichtlinie, wonach strukturelle Übernahmehindernisse bei einem Übernahmeangebot nicht gelten, also „durchbrochen“ werden sollen. In Deutschland wurde Art. 11 der EU-Übernahmerichtlinie durch § 33b WpÜG als so genannte „europäische Durchbrechungsregelung“ in nationales Recht umgesetzt. Dabei hat der Gesetzgeber von seinem Wahlrecht nach Art. 12 Abs. 1 der Übernahmerichtlinie Gebrauch gemacht und die Durchbrechungsregelung nicht als zwingendes Recht umgesetzt, sondern gemäß Art. 12 Abs. 2 der Übernahmerichtlinie den Zielgesellschaften lediglich die Möglichkeit eingeräumt, freiwillig die Durchbrechungsregel durch eine ausdrückliche Satzungsbestimmung zur Anwendung zu bringen (siehe im Einzelnen dazu die Kommentierung zu § 33b WpÜG). Werden in diesem Fall bestimmten Aktionären der Zielgesellschaft Sonderrechte aufgrund der Anwendung der europäischen Durchbrechungsregel entzogen, so muss der Bieter nach § 33b Abs. 5 WpÜG diesen Aktionären eine angemessene Entschädigung in Geld leisten. Diese Entschädigung, in Bezug auf deren Bemessung vieles unklar ist (siehe dazu § 33b WpÜG Rz. 51 ff.), ist in der Angebotsunterlage anzugeben – der Verweis auf § 33b Abs. 4 WpÜG (statt Abs. 5) ist offensichtlich ein Redaktionsversehen129. Die Angabe korrespondiert mit dem ergänzenden Erfordernis nach § 2 Nr. 3a WpÜG-AngVO, wonach die zur Berechnung der Entschädigung angewandten Methoden anzugeben sind. Dabei ist zu begründen, weshalb diese Methoden angemessen sind. Im Hinblick darauf, dass die Einführung der europäischen Durchbrechungsregel in der Praxis keine nennenswerte Bedeutung erlangt hat, ist auch die entsprechende Angabe in der Angebotsunterlage nahezu irrelevant. Indes erwartet die BaFin auch bei Nichtanwendbarkeit der europäischen Durchbrechungsregel mangels entsprechender Satzungsregelung der Zielgesellschaft hinsichtlich dieser Angabe zumindest eine Negativerklärung. 6. Bedingungen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WpÜG)
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Bedingungen sind ein wesentliches Element vieler Angebote. Auf sie kann nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG verzichtet werden130. In der Angebotsunterlage muss auf diese Möglichkeit nicht hingewiesen werden131. Allerdings erfolgt in der Praxis regelmäßig eine entsprechende Angabe, insbesondere auf die dadurch ggf. eintretende Verlängerung der Angebotsfrist nach § 21 Abs. 5 WpÜG, zumal § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO einen Hinweis auf diese Änderung der Angebotsfrist verlangt132. Als Bedingungen der Wirksamkeit des Angebots dürfen nach § 18 WpÜG nur solche festgelegt werden, deren Eintritt der Bieter oder bestimmte ihm nahestehende Beteiligte nicht ausschließlich selbst herbeiführen können. Die BaFin legt diese Beschränkung extensiv aus und erlaubt nur solche Bedingungen, deren Eintritt der Bieter weder unmittelbar noch mittelbar über ihm nach § 18 Abs. 1 WpÜG zuzurechnende Per-
128 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 59; differenzierend mit Betonung des Bestimmbarkeitserfordernisses Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 54. 129 Ebenso: Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 66; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 55; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 33; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 11 WpÜG Rz. 61; implizit Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 83. 130 Zur Fristberechnung in diesem Zusammenhang Busch, ZIP 2003, 102. 131 A.A. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 56. 132 Vgl. zum Beispiel: Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der FPS Beteiligungs AG an die Aktionäre der RHÖN-KLINIKUM AG vom 18.5.2012, S. 34 Tz. 13.2.
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Angebotsunterlage
Rz. 82 § 11
sonen beeinflussen kann133. Eine Ausnahme von diesem Verbot sog. Potestativbedingungen bildet der aus § 25 i.V.m. § 18 WpÜG abzuleitende Grundsatz, dass der Bieter das Angebot unter der Bedingung des Beschlusses seiner Gesellschafterversammlung abgeben kann. Kraft Gesetzes vorgeschriebene Bedingungen gibt es nicht, insbesondere keine obligatorische Mindesterwerbsschwelle bei Übernahmeangeboten134. Zulässig sind z.B. Bedingungen, die die Wirksamkeit des Angebots vom Erreichen einer bestimmten Beteiligungshöhe, der Erteilung einer kartellrechtlichen oder sonstigen Genehmigung oder dem Unterbleiben gewisser Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft, wie z.B. Kapitalveräußerungen oder Veräußerungen wesentlicher Unternehmensteile, abhängig machen135. Einzelheiten siehe unten zu § 18 WpÜG Rz. 24 ff. Bedingungen müssen in der Angebotsunterlage hinreichend bestimmt formuliert werden, so dass 82 der Aktionär der Zielgesellschaft klar erkennen kann, ob eine Bedingung eingetreten ist oder nicht136. In Bezug auf sog. Material Adverse Change („MAC“)-Klauseln hat die BaFin jedoch ihre ursprüngliche Ablehnung mittlerweile relativiert. So soll es zulässig sein, das Erwerbsangebot unter die Bedingung des Ausbleibens einer wesentlichen nachteiligen Veränderung der Verhältnisse der Zielgesellschaft zu stellen, sofern diese Veränderungen hinreichend spezifiziert werden. Insbesondere darf der Bieter dem Aktionär der Zielgesellschaft nicht die Prüfung auferlegen, ob ein Umstand „wesentlich“ oder „vernünftigerweise zu erwarten“ ist, so dass eine Bedingung nicht mit diesen Vorbehalten versehen werden darf137. Zulässig ist dagegen, das Angebot unter die Bedingung zu stellen, dass sich bestimmte Kennzahlen der Zielgesellschaft nicht um mehr als ein bestimmtes in der Angebotsunterlage angegebenes Maß verändert haben138. Ähnliches gilt für gravierende Veränderungen des Marktumfeldes (sog. Force Majeure Klausel), wenn sie hinreichend spezifiziert und objektiv feststellbar sind (z.B. Einstellung des Börsenhandels an bestimmten Wertpapierbörsen, Verhängung eines Bankenmoratoriums oder Absinken eines Aktienindex wie dem DAX in einem bestimmten Umfang während einer Referenzperiode)139. Zu Material Adverse Change und Force Majeure Regelungen in einer der Finanzierung zugrunde liegenden Kreditzusage siehe unten Rz. 98 ff. Eine weitere Abwandlung des Grundsatzes der Bestimmtheit von Angebotsbedingungen hat die BaFin im Hinblick auf eine so genannte Compliance-Bedingung zugelassen140. Darunter war im konkreten Fall das Nichtvorliegen eines Verstoßes gegen Antikorruptionsvorschriften durch ein Organ oder einen Mitarbeiter der Zielgesellschaft zu verstehen. Das erforderliche Maß an Bestimmtheit wurde dadurch erreicht, dass dieser Verstoß eine Insiderinformation darstellen musste (mithin also eine gewisse Erheblichkeit aufzuweisen hat). Dies wird angenommen, wenn die Zielgesellschaft insoweit entweder eine Ad hoc-Mitteilung nach Art. 17 der EU-Marktmissbrauchsverordnung („MAR“)141 veröffentlichte oder ein vom Bieter benannter Gutachter dies feststellt142.
133 Jahresbericht der BaFin für 2005, S. 174; ausführlich dazu Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, ZHR-Beiheft 76 (2011), S. 226, 245. 134 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 6; Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 126; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 6; a.A. Santelmann, AG 2002, 497, 498 ff. 135 Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, 2002, S. 30; Beckmann/Kersting/Mielke, Das neue Übernahmerecht, 2003, S. 95 Rz. B250; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 29 ff.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 62. 136 So schon Jahresbericht der BaFin für 2004, S. 205; Fest, ZBB/JBB 2017, 178, 186. 137 Jahresbericht der BaFin für 2011, S. 223 f. 138 Krause, NJW 2004, 3681, 3683; Berger/Filgut, WM 2005, 253, 256 (mit Beispielen in Fn. 49); Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, ZHR-Beiheft 76 (2011), S. 226, 257 ff. 139 Krause, NJW 2004, 3681, 3683; Berger/Filgut, WM 2005, 253, 257 (mit Beispielen in Fn. 51); Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, ZHR-Beiheft 76 (2011), S. 226, 259 f. 140 Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der Engine Holding GmbH an die Aktionäre der Tognum AG vom 5.5.2011, S. 47. 141 Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.4.2014 über Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (Marktmissbrauchsverordnung), ABl. EU Nr. L 173 v. 12.6.2014, S. 1. 142 Dazu Jahresbericht der BaFin für 2011, S. 228.
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§ 11 Rz. 83 Angebotsunterlage 83
Allerdings sind auch nach der Verwaltungspraxis der BaFin Bedingungen, auf deren Eintritt der Bieter einen gewissen (sei es auch erheblichen) Einfluss hat, nicht generell ausgeschlossen143. Eine solche Bedingung ist jedenfalls dann zulässig, wenn der Bieter das Angebot anderenfalls nicht vollziehen dürfte, ohne gegen ein gesetzliches Verbot zu verstoßen144. Dies gilt für den Vorbehalt einer behördlichen Genehmigung, etwa im Rahmen der kartellrechtlichen Zusammenschlusskontrolle. Wenn der Bieter das betreffende Verfahren nicht mehr oder nicht mit Nachdruck betreibt, kann dies freilich zur Versagung der Genehmigung führen. Dass dem Bieter in solchen Fällen die Möglichkeit verbleibt, den Eintritt bestimmter Bedingungen auch aufgrund eigener subjektiver Einschätzung zu unterbinden, ist sachgerecht. Ihm muss beispielsweise die Möglichkeit bleiben, einen Genehmigungsantrag zurückzuziehen, wenn er die Sache für aussichtslos oder behördliche Auflagen oder Einschränkungen für unannehmbar hält. Im Prinzip muss er allerdings das betreffende Genehmigungsverfahren fördern (siehe § 18 WpÜG Rz. 26).
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Bestimmte Arten von Bedingungen sind durch einzelne konkrete Vorschriften des Gesetzes implizit ausgeschlossen. Dies gilt etwa für die Bedingung, dass die Aufbringung der notwendigen Mittel gesichert ist145. Ein solcher Vorbehalt wäre mit § 13 Abs. 1 WpÜG unvereinbar. Des Weiteren dürften Bedingungen unzulässig sein, wenn diese voraussichtlich erst nach dem Ende der Annahmefrist erfüllt werden können und nicht absehbar ist, in welcher Frist darüber Klarheit entsteht (siehe unten § 2 WpÜG-AngVO Rz. 24)146.
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Die Regelung des WpÜG folgt im Ansatz dem britischen City Code on Takeovers and Mergers. Nach dessen Rule 13.1 sind Bedingungen unzulässig, die ausschließlich von der subjektiven Einschätzung des (Geschäftsführungsorgans des) Bieters oder der Zielgesellschaft abhängen oder deren Erfüllung in den Händen von Bieter oder Zielgesellschaft liegt. Indes kann das Takeover Panel subjektive Elemente in Bedingungen ausnahmsweise erlauben, wenn ihr vollständiger Ausschluss nicht praktikabel ist, insbesondere, wenn behördliche Genehmigungen von der Mitwirkung des Bieters oder der Zielgesellschaft abhängen. Eine entsprechende Regelung findet sich auch im österreichischen Recht. Dort sind nach § 8 ÜbG Angebotsbedingungen und Rücktrittsvorbehalte nur zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind (insbesondere auf Rechtspflichten des Bieters beruhen), oder ihr Eintritt bzw. ihre Geltendmachung nicht ausschließlich vom Ermessen des Bieters abhängen. Eine sachliche Rechtfertigung ist dabei auszuschließen, wenn die Bedingung im ausschließlichen Ermessen des Bieters liegt147. Dem Wortlaut nach weiter als die genannten Regelungen aus dem EU-Ausland scheint das Bedingungsverbot in Art. 13 Abs. 2 der schweizerischen UEV. Danach darf ein Angebot grds. nur an Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt der Bieter selbst nicht maßgeblich beeinflussen kann. Hier sieht Art. 13 Abs. 3 UEV ferner ausdrücklich vor, dass der Bieter alle ihm zumutbaren Maßnahmen zugunsten des Eintritts von Bedingungen zu treffen hat, wenn dieser von seiner Mitwirkung abhängt148. Die schweizerische Übernahmekommission hat das Verbot der Potestativbedingung dahingehend konkretisiert, dass eine Bedingung nicht potestativer Natur ist, wenn der Bieter den Bedingungseintritt nicht selbständig verhindern kann.149 Trotz der teilweise abweichenden Formulierungen ist den Regelungen in Großbritannien, Österreich und der Schweiz also mit dem deutschen Recht gemein, dass sie grundsätzlich Potestativbedingungen verbieten, aber gegenüber Bedingungen mit notwendiger Mitwirkung durch den Bieter, insbesondere bei behördlichen Genehmigungsverfahren, offen sind mit der Maßgabe, dass den Bieter eine Förderungspflicht trifft.
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Nimmt der Bieter nach Maßgabe des § 24 WpÜG bestimmte Inhaber von Wertpapieren, die in Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ansässig sind, von dem Angebot aus, so ist auch diese Ausnahmeregelung in der Angebotsunterlage anzugeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine 143 Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 87 Rz. 110. 144 Jahresbericht der BaFin für 2005, S. 174. 145 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 16; Aha, AG 2002, 160, 165 Fn. 51; Busch, AG 2002, 145, 147; Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 88 Rz. 111, jeweils mit weiteren Beispielen unzulässiger Bedingungen (vgl. ferner dort S. 87 f. Rz. 110). 146 Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 91 Rz. 117. 147 Gall in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 8 ÜbG Rz. 7; dazu auch Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2015, § 24 Rz. 120 ff. 148 Eingehend Gericke/Wiedmer, Art. 13 UEV Rz. 27 ff. 149 Übernahmekommission, Verfügung 573/01 v. 8.8.2014, Tz. 48 (Helvetia ./. Nationale Suisse).
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Rz. 90 § 11
solche Ausnahme rechtlich eine Bedingung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WpÜG ist. Da die Ausnahme das Angebot einschränken würde, muss sie in jedem Fall (siehe oben Rz. 67) schon nach den allgemeinen Grundsätzen des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 WpÜG in der Unterlage aufgeführt werden150. 7. Annahmefrist (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 WpÜG) Die Frist für die Annahme des Angebots (Annahmefrist) beträgt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG grund- 87 sätzlich zwischen vier und zehn Wochen, vorbehaltlich der Sonderregelungen der §§ 21 und 22 WpÜG. Die Frist beginnt nach § 16 Abs. 1 Satz 2 WpÜG mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG). Die Regelung ist zwingend; der Bieter kann nicht einen anderen (späteren) Fristbeginn festlegen151. Im Interesse der Klarheit für die Beteiligten ist der Tag des Fristbeginns als konkretes Datum zu benennen. Zum Zeitpunkt der Übermittlung der Unterlage an die BaFin ist dieses Datum allerdings noch nicht bekannt, so dass der Fristbeginn zunächst nur abstrakt beschrieben werden kann. Die abstrakte Aussage auch in der veröffentlichten Fassung, die Frist beginne mit Veröffentlichung der Angebotsunterlage, dürfte dagegen nicht ausreichen, es sei denn der Bieter fügt hinzu, für welchen Tag er die Veröffentlichung erwartet. Verzögert sich die Veröffentlichung, so empfiehlt sich eine Berichtigung gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG bzw. Aktualisierung der Angebotsunterlage. Es kann sich insoweit auch anbieten, eine Konkretisierung der abstrakten Angaben vorzusehen, die nach Gestattung, aber vor Veröffentlichung vervollständigt wird152. In der Praxis wird man sich mit der BaFin auf einen Zeitpunkt der voraussichtlichen Gestattung verständigen und diesen in einer zur Gestattung vorgelegten Fassung einfügen. Erfolgt die Veröffentlichung in den nach § 14 Abs. 3 WpÜG vorgeschriebenen Medien (Internet und Bundesanzeiger oder Bereithaltung zur kostenlosen Ausgabe unter Hinweisbekanntmachung im Bundesanzeiger) nicht gleichzeitig, so ist die zeitlich letzte Bekanntmachung für den Fristbeginn maßgeblich (siehe unten § 16 WpÜG Rz. 20)153. Verzögert sich die Bekanntmachung also, muss die angegebene Annahmefrist ggf. durch Veröffentlichung einer berichtigten Angebotsunterlage berichtigt werden154.
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Das Ende der Annahmefrist kann vom Bieter auf einen Zeitpunkt festgelegt werden, der nicht weni- 89 ger als vier Wochen und nicht mehr als zehn Wochen nach dem Beginn dieser Frist liegt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Das Fristende sollte mit Tag und Uhrzeit (mit Ortsbezug wie z.B. MEZ oder GMT) bezeichnet werden155. Zur Fristberechnung vgl. unten § 16 WpÜG Rz. 22.
III. Ergänzende Angaben (§ 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) 1. Mittelbeschaffung, Auswirkungen auf den Bieter (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG) a) Mittelbeschaffung Mehreren Bestimmungen des Gesetzes ist die Zielsetzung zu entnehmen, unseriöse und finanziell nicht abgesicherte Angebote zu unterbinden. Dazu gehören die Regelungen der §§ 17 und 18 WpÜG, wonach der Bieter fest entschlossen sein und sich grundsätzlich binden muss, das Angebot im Fall seiner Annahme zu erfüllen. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG beruht auf dem Gedanken, dass der Bieter nicht nur willens, sondern auch in der Lage sein sollte, das angenommene Angebot zu erfüllen. Es ist, wie die Regierungsbegründung ausführt, im Interesse weder der angesprochenen Wertpapier150 Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 105 Rz. 150; Näheres zu § 24 WpÜG vgl. Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364 f. 151 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 17. 152 Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 34; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 56; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 65. 153 Ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 14 ff.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 67. 154 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 67. 155 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 65.
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§ 11 Rz. 90 Angebotsunterlage inhaber noch der Zielgesellschaft, einem Angebotsverfahren ausgesetzt zu sein, das auf der Seite des Bieters auf keiner vertretbaren wirtschaftlichen Grundlage steht und unter Umständen von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist156. Der Bieter hat folglich Auskunft über die Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit der für die Erfüllung notwendigen Mittel zu geben. 91
Wie sich aus § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ergibt, müssen die Maßnahmen, die sicherstellen, dass dem Bieter die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, bereits vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage getroffen werden. Die Mittel selbst brauchen jedoch nach dieser Vorschrift erst „zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung“ bereit zu stehen. Sie müssen also nicht schon bei Veröffentlichung der Unterlage im Vermögen des Bieters vorhanden sein. Die Formulierung lässt also erkennen, dass der Bieter, z.B. wenn er eine Gegenleistung in Geld anbietet und diese durch Aufnahme von Darlehen finanzieren will, die nötige Finanzierungsvereinbarung bereits getroffen, aber die Darlehensvaluta noch nicht erhalten haben muss. Die Formulierung des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG in dem hier erörterten Punkt entspricht derjenigen des Regierungsentwurfs. Indem sie verdeutlicht, dass die für die Finanzierung erforderlichen Mittel nicht schon vor der Veröffentlichung des Angebots zur Verfügung stehen müssen, weicht sie von der Fassung des früheren § 15 des Diskussionsentwurfs und auch des § 13 Abs. 1 Satz 1 des Referentenentwurfs ab. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG enthält nicht die in § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG enthaltene Passage „zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung“. Diese redaktionelle Verkürzung ist sachlich ohne Bedeutung; § 11 WpÜG ist in dieser Beziehung im Lichte des § 13 WpÜG zu verstehen.
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Aus dem Vorstehenden ergeben sich zwei entscheidende Grundsätze, die für die Anforderungen an die Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und die Angaben nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG maßgeblich sind: Zum einen ist die Ernsthaftigkeit des Angebots zu demonstrieren; es muss auf einer „vertretbaren“ wirtschaftlichen Grundlage beruhen. Zum anderen müssen die notwendigen Mittel erst bei Fälligkeit, also zu einem künftigen Zeitpunkt, bereit stehen. Wenn die vom Bieter zu treffenden Maßnahmen „sicherstellen“ müssen, dass die Mittel dann verfügbar sind, so setzt dies eine Prognose des Bieters voraus. Diese muss auf einer realistischen und kaufmännisch vernünftigen Betrachtungsweise beruhen. Es kommt also darauf an, ob bei einer solchen Betrachtungsweise und normalem Ablauf des Geschehens damit zu rechnen ist, dass die Mittel bei Bedarf zur Verfügung stehen. Trifft dies zu, so ist die wirtschaftliche Grundlage des Angebots „vertretbar“ im Sinne der Gesetzesbegründung. Aus dem Wortlaut des Gesetzes und insbesondere der Begründung lässt es sich nicht ableiten, dass die Mittelbeschaffung unter allen denkbaren, auch ungewöhnlichen und unerwarteten, Umständen sichergestellt sein muss. Vor allem gibt es keine Grundlage dafür, auch nicht in § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, dass ein finanzierendes Institut die Auszahlung der nötigen Finanzierungsmittel unwiderruflich garantieren muss oder dass die Wertpapierinhaber sogar davor zu schützen sind, dass der Bieter, der die nötigen flüssigen Mittel bereits hat, aus eigener freiwilliger Entscheidung „anderweitig über die Mittel verfügt“. Gleichwohl sichert sich das die Finanzierungsbestätigung ausstellende Institut im eigenen Interesse zur Vermeidung von Haftungsrisiken regelmäßig gegen anderweitige Verfügungen ab (vgl. § 13 WpÜG Rz. 40)157.
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Ein Verständnis dahin gehend, dass die Aufbringung der Mittel unter allen denkbaren Umständen gesichert sein muss158, wäre unrealistisch und würde dem in § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 WpÜG niedergelegten Grundsatz, dass die Mittel erst bei Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung zur Verfügung stehen müssen, widersprechen. Verlangte man dies, würde das bestätigende Unternehmen damit praktisch unter anderem auch die Haftung für den Fall der Insolvenz einer finanzierenden Bank, der Einführung von Devisenkontrollen im Land der Währung, auf die die Gegenleistung lautet, und andere unwägbare und von ihm nicht zu kontrollierende Ereignisse übernehmen müssen. Selbst wenn die Mittel, wie es im Schrifttum zum Teil nahe gelegt wird159, bei einem Kreditinstitut, wie z.B. dem bestä-
156 BT-Drucks. 14/7034, S. 41; BR-Drucks. 574/01, S. 99; vgl. dazu ferner etwa Liebscher, ZIP 2001, 853, 863; Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 54. 157 Dazu Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1114. 158 In diese Richtung tendiert Hamann, ZIP 2001, 2249, 2254; dagegen Berrar, ZBB 2002, 174, 177. 159 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 21; dagegen Berrar, ZBB 2002, 174, 177 f. unter Hinweis auf die Praxis der BaFin und die Kosten einer solchen gesperrten Einlage; Vogel, ZBB 2002, 1421, 1426; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1162.
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tigenden Unternehmen selbst, in Form einer gesperrten Einlage bereits hinterlegt werden, würde dies keine uneingeschränkte Sicherstellung bewirken. Das Risiko der Insolvenz des Kreditinstituts bliebe. Eine Sicherstellung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre nur im Fall einer Einlage bei der für die jeweilige Währung zuständigen Zentralbank und eines darauf basierenden Zahlungsversprechens der Zentralbank gegeben. Mit einer solchen Anforderung würde jedoch die oben hervorgehobene Regelung unterlaufen, wonach die Mittel erst bei Fälligkeit und nicht bereits vor Abgabe des Angebots bereit stehen müssen. Wenn der Bieter sicherstellen muss, dass ihm bei Fälligkeit die zur vollständigen Erfüllung des An- 94 gebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, so bedeutet dies, dass er bei seinen vorbereitenden Maßnahmen von der Annahme einer vollständigen Annahme seines Angebots auszugehen hat. Es ist also nicht zulässig, die Mittel nur in Höhe einer geschätzten Annahmequote einzuplanen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes scheint dies selbst dann zu gelten, wenn mit der Ablehnung des Angebots durch einige Wertpapierinhaber sicher zu rechnen ist. Geht ein Wertpapierinhaber so weit, dass er sogar verbindlich erklärt, das Angebot auf keinen Fall anzunehmen, erscheint das Erfordernis für den Bieter, dennoch die Mittel für die lediglich hypothetisch errechnete vollständige Angebotsannahme beschaffen zu müssen, als eine in der Sache nicht gerechtfertigte formale Anforderung, die zudem ein Angebot ohne sachlichen Grund erschweren oder verhindern kann160. Die BaFin, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 2 WpÜG hierüber zu entscheiden hat, vertritt allerdings die Ansicht, dass eine schuldrechtliche Verpflichtung, das Angebot nicht anzunehmen (etwa in Form eines sog. Non-Tender-Agreement), für sich allein nicht ausreicht, um den von dieser Verpflichtung erfassten Teil der Wertpapiere unberücksichtigt zu lassen161. Eine Ausnahme gilt aber für den Fall, dass ein Verstoß gegen eine vereinbarte Nichtannahmeverpflichtung eine Vertragsstrafe in Höhe der im Rahmen des Angebots gebotenen Gegenleistung pro abredewidrig eingelieferter Aktie auslöst und die Aktien, auf die sich die Nicht-Annahme-Verpflichtung bezieht, auf einem Sperrdepot eingebucht sind, so dass sie auch faktisch nicht im Rahmen der Abwicklung des Angebots eingeliefert werden können. Dadurch kann der Bieter mit seinem Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe gegen den Anspruch des vertragsbrüchigen Aktionärs auf die Gegenleistung aufrechnen. Das reduziert nach Auffassung der BaFin zwar nicht den Finanzierungsbedarf; jedoch ist in Bezug auf die von der o.g. Abrede betroffenen Aktien die Finanzierung durch das Vertragsstrafeversprechen sichergestellt, so dass insoweit keine weiteren Finanzierungsmaßnahmen getroffen werden müssen162. In jedem Fall verlangt die BaFin detaillierte Ausführungen zum Umfang des Angebots, zum Gesamtbetrag der vom Bieter (maximal) zu erbringenden Gegenleistung und zu den erwarteten Transaktionskosten, da nur auf dieser Grundlage nachvollzogen werden kann, dass die zur vollständigen Erfüllung der Gegenleistung notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen getroffen wurden163. Die getroffenen Finanzierungsmaßnahmen sind im Einzelnen zu erläutern, insbesondere im Hinblick auf ihre Eignung zur Sicherstellung der Finanzierung164. aa) Barangebote Im Fall eines Barangebots, das nicht durch Aufnahme von Eigenkapital oder Fremdmitteln finanziert 95 werden soll, könnte der Bieter darlegen, dass er über frei verfügbare liquide Mittel, also vor allem Guthaben bei Kreditinstituten oder liquide Wertpapiere, in ausreichendem Umfang verfügt (erforderlichenfalls in Verbindung mit Geschäften zur Absicherung gegen Kursrückgänge) oder andere Aktiva (wie Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen) veräußert hat oder rechtzeitig aufgrund geeigneter Absprachen (z.B. einer Verkaufsoption) veräußern kann165. Die Angaben müssen erkennen lassen, dass und warum die vorhandenen oder erwarteten Geldmittel dem Bieter voraussichtlich bei Fälligkeit seiner Gegenleistung (noch) zur Verfügung stehen werden. 160 161 162 163
So aber Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 70. Krause, NJW 2004, 3681, 3683. Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 290 f.; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 608. Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 102; dagegen Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 60. 164 Seibt, CFL 2011, 213, 223. 165 Eingehend dazu Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1162.
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§ 11 Rz. 96 Angebotsunterlage Es wird ausreichen, das Letztere in allgemeiner Form darzulegen. Wenn, was die Regel sein wird, die Aktiva des Bieters teilweise fremdfinanziert sind, also etwa durch Darlehen oder Anleihen, kann erläutert werden, dass die Finanzierungen eine Laufzeit über den Zeitpunkt der Fälligkeit der Gegenleistung hinaus haben und die liquiden Mittel bis dahin voraussichtlich nicht durch Zins- oder Kapitalzahlungen verbraucht sein werden. Bestehen bei Darlehensfinanzierungen ordentliche Kündigungsmöglichkeiten, die die Liquiditätslage in relevanter Weise beeinträchtigen könnten, wird der Bieter darzulegen haben, wie er sich gegen dadurch möglicherweise entstehende Liquiditätsengpässe abgesichert hat. Dagegen wird der Bieter nicht die unter den (möglicherweise zahlreichen) Fremdfinanzierungen bestehenden außerordentlichen Möglichkeiten einer Kündigung zu beschreiben haben, es sei denn er hat Anlass anzunehmen, dass eine dieser Möglichkeiten wegen des Angebots oder in zeitlichem Zusammenhang mit diesem genutzt werden könnte. Es empfiehlt sich jedoch zu erwähnen, dass solche Kündigungsmöglichkeiten im Prinzip bestehen166. 97
In Anlehnung an diese Überlegungen wird auch die Frage zu beantworten sein, welche Maßnahmen zur Finanzierung als notwendig und ausreichend anzusehen sind, wenn liquide Mittel vom Bieter noch zu beschaffen sind. Sollten die Mittel durch eine Kapitalerhöhung beschafft werden, so kommt es bei der Beurteilung, ob die „notwendigen Maßnahmen“ getroffen sind, um den Mittelzufluss „sicherzustellen“, auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an. Die Einberufung der Hauptversammlung dürfte nicht ausreichen, die Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses grds. nur dann, wenn mit Opposition gegen den Beschluss nicht zu rechnen ist167. Die Unsicherheit in Bezug auf die Anfechtung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses kann durch eine entsprechende Angebotsbedingung berücksichtigt werden (dazu § 13 WpÜG Rz. 46)168. Zur Sicherstellung der Mittelaufbringung muss zudem gewährleistet sein, dass die Übernahme der neuen Aktien zu einem solchen Mindestpreis sichergestellt ist, der für die Finanzierung der Gegenleistung ausreicht. Hierzu können sog. Festbezugserklärungen von Aktionären oder bindende Übernahmezusagen (underwriting commitments) von Banken eingeholt werden (dazu auch § 13 WpÜG Rz. 47)169. Im Fall einer Fremdfinanzierung muss eine verbindliche Kreditzusage vorliegen. Eine solche setzt voraus, dass die wesentlichen Bedingungen des Kreditvertrags bereits festliegen. Der Bieter muss auf dieser Basis in der Lage sein, die Auszahlung der Kreditmittel im Streitfall durchzusetzen170. Eine unter dem Vorbehalt der Einigung über einen Kreditvertrag gegebene grundsätzliche Zusage würde also nicht ausreichen. Ebenso wenig wäre eine Zusage unter der Bedingung der erfolgreichen Syndizierung des Kredits, also der Beteiligung anderer Banken am Kreditrisiko, bereits als Sicherstellung der rechtzeitigen Verfügbarkeit der Kreditmittel anzusehen. Gleiches würde für eine Kreditzusage gelten, die jederzeit mit kurzer Frist von z.B. einem Monat oder weniger ordentlich gekündigt werden kann171.
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Andererseits steht jede Kreditzusage unter bestimmten generellen Einschränkungen. Dabei handelt es sich vor allem um die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung oder der sonstigen Beendigung des Vertrags oder der Zusage aus wichtigem Grund, wegen Force Majeure172 oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder aus damit vergleichbaren Gründen. § 490 BGB bestimmt, dass ein Darlehensvertrag fristlos gekündigt bzw. eine noch nicht valutierte Darlehenszusage widerrufen werden kann, wenn in den Vermögensverhältnissen des anderen Teils eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Rückerstattung gefährdet wird. Diese Regelung ist der Sache nach auch in Nr. 19 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken übernommen worden.173 Darüber hinaus können Darlehen, weil sie Dauerschuldverhältnisse begründen, auch ohne dahin ge166 167 168 169 170 171
Für ein Erfordernis der Darstellung der „wesentlichen Kündigungsrechte“ Berrar, ZBB 2002, 174, 177, 179. Vogel, ZIP 2002, 1421, 1427. So im Fall ACS/Hochtief vgl. Jahresbericht der BaFin für 2010, S. 222. Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 82; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1117 f. Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1164. Weitergehend Vogel, ZIP 2002, 1421, 1428, der eine feste Laufzeit der Kreditzusage und den Ausschluss einer jeden ordentlichen Kündigung verlangt. Dies geht über die Anforderungen des Gesetzes hinaus und erscheint unschlüssig: Eine Kreditzusage mit einer festen Laufzeit von z.B. einem Jahr wäre danach zulässig, nicht aber eine solche, die die Möglichkeit einer Kündigung nach einem Jahr vorsieht. 172 Hierzu – im Zusammenhang der Finanzierungsbestätigung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 WpÜG – Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 78 Rz. 93; vgl. auch Busch, AG 2002, 145, 147, 150. 173 Dazu Merz/Büchel in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Rz. 3.670.
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Angebotsunterlage
Rz. 101 § 11
hende Vereinbarung nach § 314 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden174. Dieser Kündigungsgrund geht über den Anwendungsbereich des § 490 BGB hinaus. Das darauf beruhende Kündigungsrecht ist als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht vertraglich ausschließbar175. Alle diese Einschränkungen stehen nicht im Widerspruch zu den Erfordernissen des § 13 Abs. 1 WpÜG176. Auch andere marktübliche Beendigungsgründe, die dem Tatbestand des § 490 BGB ähnlich sind 99 oder seinem Grundgedanken entsprechen, erscheinen zulässig177. Dazu gehört insbesondere eine einzelvertraglich ausgestaltete Regelung der Kündigung aus wichtigen Grund oder, wie es in der internationalen Vertragspraxis eher formuliert würde, der Kündigung wegen einer wesentlichen Verschlechterung (material adverse change) der maßgeblichen Umstände178. Ferner ist hier zu erwähnen der Kündigungsgrund des Drittverzugs (cross default), d.h. der Verletzung von Zahlungs- oder sonstigen wesentlichen Verpflichtungen gegenüber anderen Geldgebern179. Dieser Kündigungsgrund ist ein vor allem im internationalen Kreditgeschäft weit verbreiteter Standard. Er ist aus der Praxis der grenzüberschreitenden Kreditverträge kaum wegzudenken. Das Fehlen einer entsprechenden Klausel kann die Akzeptanz des Kredits bei internationalen Banken und damit die Bildung eines Bankenkonsortiums zur Finanzierung des Angebots beeinträchtigen oder ausschließen. Ein Zahlungsverzug oder sonstige wesentliche Vertragsverletzungen gegenüber anderen Gläubigern werden als Indiz für eine wesentliche Verschlechterung der finanziellen Lage des Kreditnehmers angesehen. Ohne die sich aus dem Gesetz ergebenden oder marktüblichen Beendigungsgründe wird sich eine Finanzierung oft nicht oder nicht unter zumutbaren Bedingungen beschaffen lassen. Wenn der Bieter eine ihm mögliche und zumutbare Finanzierung vereinbart hat, so sind damit die Anforderungen des § 13 Abs. 1 WpÜG erfüllt180. Das Erfordernis, die „notwendigen Maßnahmen“ zu treffen, verlangt nichts Unmögliches oder Unzumutbares. Schließlich können die finanzierenden Banken ihre Kreditgewährung von der Einhaltung von Auflagen, der Richtigkeit ihnen gegebener Zusicherungen oder der Erfüllung von Verpflichtungen des Bieters abhängig machen. Auflagen können etwa darin bestehen, dass der Bieter bestimmte Verschuldungsgrenzen nicht überschreiten oder das Angebot nicht ohne Zustimmung der finanzierenden Banken wesentlich verändern, ausweiten oder ergänzen darf. Werden derart entscheidende Bestimmungen der Kreditvereinbarung verletzt, so kann diese üblicherweise gekündigt und die Auszahlung verweigert werden.181
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Im Interesse einer richtigen und vollständigen Information (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) sollten vertragliche Vorbehalte und Einschränkungen vom Bieter in der Unterlage offengelegt werden182. Dazu empfiehlt es sich, deren wesentlichen Inhalt anzugeben. Die Aussage, es bestünden „marktübliche“ Einschränkungen, mag im Einzelfall ausreichen, ist aber wegen ihrer Allgemeinheit mit den Risiken ihrer Auslegung (und der Behauptung ihrer Missverständlichkeit) im Streitfall behaftet. Nicht notwendig erscheint hingegen in der Regel die Wiedergabe der Kreditzusage oder der diese einschränkenden Passagen im vollen Wortlaut. Ebenfalls nicht erforderlich ist der Hinweis auf Einschränkungen und Kündigungsrechte, die sich aus Gesetz oder Gewohnheitsrecht ergeben, wie etwa das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund (für den Fall, dass die Kreditzusage deutschem Recht unterliegt). Dennoch kann
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174 Zur Qualifizierung des Darlehens als Dauerschuldverhältnis und zur Rechtslage vor der Schuldrechtsreform BGH v. 10.11.1977 – III ZR 39/76, WM 1978, 234 f.; BGH v. 10.1.1980 – III ZR 108/78, WM 1980, 380 m.w.N.; Bruchner/Krepold in Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 79 Rz. 203; Früh in Bankrecht und Bankpraxis, Rz. 3/155 ff., jeweils m.w.N. 175 Vgl. etwa Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 314 BGB Rz. 3; Gaier in MünchKomm. BGB, 8. Aufl. 2019, § 314 BGB Rz. 5, jeweils m.w.N. 176 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1164. 177 Ausführlich Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, ZHR-Beiheft 76 (2011), S. 226, 242 m.w.N. 178 Busch, AG 2002, 145, 147; mit Einschränkungen Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1164. 179 Dazu auch Vogel, ZIP 1421, 1428; zu den Kündigungsregelungen in internationalen Konsortialkreditverträgen Kropf in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Rz. 6.205 ff.; Castor in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kap. Rz. 155 ff. 180 Berrar, ZBB 2002, 175, 179. 181 Kropf in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Rz. 6.159 ff.; Castor in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016, 16. Kap. Rz. 72 ff. 182 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 61; Berrar, ZBB 2002, 175, 177, 179; Aha, AG 2002, 160, 165 Fn. 51.
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§ 11 Rz. 101 Angebotsunterlage sich eine entsprechende Klarstellung empfehlen, um Fehlvorstellungen des Lesers zu vermeiden. Entscheidend ist, dass der Bieter und das finanzierende Institut oder Konsortium eine Verweigerung der Auszahlung des Finanzierungsbetrages im konkreten Fall nicht erwarten und keine Anhaltspunkte dafür haben, dass die Auszahlung gefährdet ist183. Um möglichen Bedenken der BaFin bei der Prüfung der Unterlage (§ 14 Abs. 2, § 15 WpÜG), aber auch der Angebotsadressaten, zu begegnen, kann dies in der Angebotsunterlage ausdrücklich erklärt werden. bb) Aktienangebote 102
Werden als Gegenleistung neue Aktien des Bieters angeboten, so ist über die erfolgten Kapitalmaßnahmen oder die Einleitung solcher Maßnahmen, z.B. Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung oder das Vorhandensein eines ausreichenden genehmigten Kapitals, zu berichten184. Bei Übernahme- und Pflichtangeboten müssen als Gegenleistung angebotene Aktien gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG liquide und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sein. Auf die insoweit getroffenen Maßnahmen sowie den organisierten Markt, in dem die angebotenen Aktien handelbar sind, ist ebenfalls einzugehen (entsprechende Angaben sind ohnehin nach § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO i.V.m. Art. 13–15 EU-ProspektVO sowie Art. 12, 23 und 30 und Anhänge 11 Ziff. 6.2, 12 Ziff. 62 und 26 Ziff. 5.6 Delegierte VO 2019/980 aufzunehmen). b) Auswirkungen auf den Bieter
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Darüber hinaus sind Ausführungen zu machen über die erwarteten Auswirkungen, insbesondere die finanziellen Belastungen, eines erfolgreichen Angebots auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bieters. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Angebot, das den Bieter finanziell überfordert, sich trotz eines scheinbaren anfänglichen Erfolgs als Fehlschlag erweisen kann, besonders wenn finanzielle Probleme des Bieters dazu beitragen, die Zielgesellschaft ihrerseits in eine Krise zu stürzen185.
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Die hier geforderten Angaben sind Prognosen. Als solche sind sie prinzipiell mit Risiken behaftet, zumal im Hinblick auf die Haftung nach § 12 WpÜG. Die Regierungsbegründung186 legt indessen eine einschränkende Auslegung der Vorschrift nahe: Danach ist Auskunft zu geben über die finanziellen Auswirkungen eines erfolgreichen Angebots. Diese Konkretisierung ist einerseits wegen der andernfalls schwer übersehbaren Haftungsrisiken im Fall einer Fehlprognose angebracht. Sie liegt vor allem aber auch deswegen nahe, weil das Auskunftserfordernis in § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG, der Bestimmung zur Finanzierung des Angebots, enthalten ist. Die Angaben müssen sich also insbesondere auf eine etwa zu erwartende Erhöhung der Gesamtverschuldung des Bieters und den künftigen Schuldendienst beziehen. Eine Langfrist-Prognose der künftigen Finanz- und Ertragslage des Bieters ist dagegen nicht erforderlich187. Ebenso wenig muss der Bieter zu allgemeinen unternehmerischen Aspekten wie Integrationsaussichten und erhofften Synergien eine Prognose abgeben. Insoweit hat er nur – nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG – seine Absichten zu beschreiben, an die er nicht gebunden ist, die sich also später ändern können (siehe unten Rz. 114).
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Die BaFin verlangt in der Regel eine verbale und zahlenmäßige Darstellung der Auswirkungen des erfolgreichen Angebots auf die wesentlichen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen unter Einbeziehung einer Kapitalflussrechnung und insbesondere unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Finanzie-
183 Vogel, ZIP 2002, 1421, 1428. 184 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 20; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 66; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 62; zu den erforderlichen Maßnahmen Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609. 185 Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeilage Nr. 2 zu Heft 31/2000, S. 20; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 71; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 22; einschränkend Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 63. 186 BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 187 Hamann, ZIP 2001, 2249, 2254; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 64.
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Rz. 107 § 11
rungskosten für das Angebot188. Regelmäßig erfolgt dies in Form einer hypothetischen Darstellung wesentlicher Positionen von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung sowie ggf. einer hypothetischen Kapitalflussrechnung, bei der die vollständige Annahme des Angebots unterstellt wird189. Diese Darstellungen werden bisweilen als „Pro-forma-Finanzinformationen“ bezeichnet. Dieser Begriff sollte freilich vermieden werden. Denn an Pro-forma-Finanzinformationen knüpft die Delegierte VO 2019/980, deren Anforderungen über den Verweis in § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO im Fall des Tauschangebotes gegen Lieferung von Wertpapieren auch für die Angebotsunterlage gelten, spezifische Anforderungen (vgl. Anhang 20 der Delegierten VO 2019/980; diese Anforderungen entsprechen im Wesentlichen jenen der Vorgängerregelung in Anhang II in der Verordnung 809/2004190). Diese können im Fall eines Erwerbs- oder Übernahmeangebots wegen des typischerweise fehlenden Zugangs zum Rechnungswesen der Zielgesellschaft regelmäßig nicht erfüllt werden191. Es empfiehlt sich daher, auf diese unvermeidbaren Unsicherheiten hinzuweisen, ebenso auf die Annahmen, die bei der Darstellung der bilanziellen Auswirkungen getroffen wurden192. Ferner sollte erwähnt werden, dass die Darstellung nicht den Anforderungen an Pro-forma-Finanzinformationen entspricht193. Zur besseren Abgrenzung vom Begriff der „Pro-forma Finanzinformationen“ wird in der Praxis bisweilen für die hypothetische Darstellung auch der Begriff der erläuternden Finanzinformationen verwendet194. Handelt es sich bei dem Bieter um ein bloßes Erwerbsvehikel, das – etwa aus steuerlichen Gründen – 106 von einer operativen Muttergesellschaft oder Konzernholding als formeller Bieter eingesetzt wird, ist zusätzlich eine entsprechende hypothetische Darstellung auch für diese Muttergesellschaft oder Konzernholding vorzunehmen, und zwar sachgerechter Weise auf der Grundlage von deren Konzernabschluss195. Dabei ist grds. ausreichend, die hypothetische Darstellung auf die letzte Periode zu beziehen, für die 107 vom Bieter (und der Zielgesellschaft) Finanzinformationen veröffentlicht wurden196. Diese zugrunde gelegten Finanzangaben dürfen nicht älter als zwölf Monate sein197. Im Hinblick auf die Zielgesellschaft sind diese grds. unproblematisch verfügbar. Denn als Emittent von Wertpapieren, die an einem organisierten Markt zugelassen sind (vgl. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 3 WpÜG), ist sie zur Erstellung von 188 Näheres dazu Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363 f.; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 65; Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 79 ff. Rz. 96 ff. 189 Vgl. nur Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der Robert Bosch GmbH an die Aktionäre der aleo solar Aktiengesellschaft vom 27.8.2009, S. 34 ff.; Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der OEP Technologie B.V. an die Aktionäre der SMARTRAC N.V. vom 8.10.2010, S. 30 ff.; zu dieser Thematik Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 41; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 Rz. 22; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 71; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 63 f. 190 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004, ABl. EU Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1; Berichtigung in ABl. EU Nr. L 215 v. 16.6.2004, S. 3. 191 Dazu Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.39 ff.; Meyer in FrankfKomm. WpPG, Kommentierung zu Anh. I Ziff. 20.2 und zu Anhang II; Kunold in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG, EU-ProspektVO Anhang I Rz. 229. 192 Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der Lenovo Germany Holding GmbH an die Aktionäre der Medion AG vom 27.6.2011, S. 46 (Tz. 15.2) „Da eine Quantifizierung der Auswirkungen der den Abschlüssen zugrunde liegenden unterschiedlichen Bilanzierungsverfahren, -grundsätze, -methoden und -richtlinien der Bieterin nicht möglich ist, sind etwaige Auswirkungen daher nicht berücksichtigt.“. 193 Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der Deutsche Bank Aktiengesellschaft an die Aktionäre der Deutsche Postbank AG vom 6.10.2010, S. 45: „Die Finanzinformationen wurden keiner prüferischen Durchsicht oder Prüfung unterzogen. Sie wurden nicht entsprechend dem IDW Rechnungslegungshinweis zur Erstellung von Pro-Forma-Finanzinformationen (IDW RH HFA 1.004) erstellt und weichen wesentlich von diesem ab.“ 194 Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der Alpha Beta Netherlands Holding N.V. an die Aktionäre der Deutsche Börse Aktiengesellschaft vom 2.5.2011, S. 100. 195 Ebenso Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 66; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 74; vgl. etwa die Darstellung der erwarteten Auswirkungen auf den Konzernabschluss des Fresenius-Konzerns in der Angebotsunterlage für das öffentliche Übernahmeangebot der FPS Beteiligungs AG an die Aktionäre der RHÖN-KLINIKUM AG vom 18.5.2012, S. 42, Tz. 15.4. 196 So auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 22; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 73; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 71; ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 64. 197 Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46.
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§ 11 Rz. 107 Angebotsunterlage Halbjahresberichten nach § 115 WpHG bis spätestens zwei Monate nach Ablauf des Berichtszeitraumes verpflichtet. Die Fähigkeit zur Bereitstellung aktueller eigener geeigneter Finanzinformationen des Bieters liegt in dessen Sphäre und ist bei der Planung des Angebots zu berücksichtigen. Eine hypothetische Darstellung über mehrere Perioden in der Vergangenheit wie etwa im Prospektrecht nach Anhang 20 Punkt 2.2 Delegierte VO 2019/980 (Pro-forma-Finanzinformationen für den letzten abgeschlossenen Berichtszeitraum und Zwischenberichtszeitraum)198 ist dagegen nicht erforderlich199. Ebenso wenig besteht eine Verpflichtung, eine (zahlenmäßige) Prognose über die künftige Entwicklung abzugeben200. Denn dafür fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten in der gesetzlichen Regelung201. Allerdings sind seit dem Stichtag der der hypothetischen Darstellung zugrunde gelegten Finanzinformationen eingetretene wesentliche Veränderungen bis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu berücksichtigen202; dies gilt insbesondere für die Transaktionskosten des Angebots selbst203. 108
Führt ein Tauschangebot (bei vollständiger Annahme) jedoch voraussichtlich zu einer mehr als 25 %igen Veränderung der Situation eines Emittenten, gemessen anhand eines oder mehrerer Indikatoren für den Umfang seiner Geschäftstätigkeit, fragt sich, ob nach § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO i.V.m. Art. 18 Abs. 2, 4 Delegierte VO 2019/980 zusätzliche Angaben zur Zielgesellschaft gemacht werden müssen. Art. 18 Abs. 2 Delegierte VO 2019/980 sieht, angewendet auf die Angebotsunterlage für ein Tauschangebot, insoweit sämtliche in deren Anhängen 1 und 20 genannte Angaben vor, die die Anleger für ein fundiertes Urteil über das Angebot benötigen, als wären die zum Tausch angebotenen Wertpapiere von der Zielgesellschaft begeben worden. Das würde bedeuten, dass alle Mindestinformationen für ein Registrierungsformular für Dividendenwerte und ggf. Pro-forma-Finanzinformationen für die Zielgesellschaft (!) aufzunehmen wären. Allerdings ist zu erläutern, warum die Anleger (hier: Aktionäre der Zielgesellschaft) die betreffenden Angaben für ein fundiertes Urteil benötigen, und wie sich die bedeutende finanzielle Verpflichtung auf den Emittenten oder die Geschäftstätigkeit des Emittenten (der zum Tausch angebotenen Wertpapiere) auswirkt. Daraus wird man folgendes entnehmen können: neben den Angaben zu den angebotenen Wertpapieren und ihrem Emittenten dürfte es nicht erforderlich sein, pauschal sämtliche Mindestinformationen für einen Prospekt über Aktien der Zielgesellschaft aufzunehmen. Vielmehr muss die Angebotsunterlage davon nur diejenigen Informationen enthalten, die der Adressat des Angebots, also der Aktionär eben der Zielgesellschaft, benötigt, um über die Annahme des Angebots zu entscheiden. Mit Blick auf die bei einer Zielgesellschaft stets vorhandene Kapitalmarktpublizität sollte daher Ausgangspunkt der reduzierte Katalog an Mindestinformationen für Sekundäremissionen von Dividendenwerten durch bereits börsennotierte Emittenten nach Anhängen 3 und 12 Delegierten VO 2019/980 sein. Dieser ist weiter dahingehend zu reduzieren, dass das Informationsbedürfnis der Aktionäre der Zielgesellschaft gerade nicht von einer Anlageentscheidung über Aktien der Zielgesellschaft herrührt. Vielmehr müssen sie die als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere beurteilen. Daher sind – wie in dem o.g. Erläuterungserfordernis bereits impliziert – Informationen über die Zielgesellschaft lediglich insoweit aufzunehmen, als sie für ein fundiertes Urteil über das Tauschangebot und die darin angebotenen Aktien erforderlich sind.
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Ob in diesem Fall auch Pro-forma-Finanzinformationen (des Emittenten der angebotenen Aktien) nach Anhang 20 Delegierte VO 2019/980 aufzunehmen sind, dürfte vom Einzelfall abhängen. Nach bisheriger Rechtslage war anerkannt, dass diese im Fall der wesentlichen finanziellen Verpflichtung, also einer noch nicht vollzogenen Akquisition, insbesondere mangels Zugang zum Rechnungswesen der Zielgesellschaft (siehe oben Rz. 105) regelmäßig nicht erstellt werden können. In diesem Fall kam bisher in entsprechender Anwendung von Art. 4a Verordnung 809/2004 neben der Aufnahme historischer 198 Meyer in FrankfKomm. WpPG, Anh. II Rz. 37. 199 So die Praxis, statt vieler vgl. nur Angebotsunterlage für das Übernahmeangebot der Deutsche Bank Aktiengesellschaft an die Aktionäre der Deutsche Postbank AG vom 6.10.2010, S. 45 ff.; Angebotsunterlage für das öffentliche Übernahmeangebot der FPS Beteiligungs AG an die Aktionäre der RHÖN-KLINIKUM AG vom 18.5.2012, S. 41 ff.; Angebotsunterlage für das Pflichtangebot der Volkswagen Aktiengesellschaft an die Aktionäre der MAN SE vom 30.5.2011, S. 53 ff.; jetzt ähnlich (Verwendung des letzten geprüften Abschlusses) Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 69. 200 So offenbar Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 70 (zwei Jahre); kritisch dazu Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 75; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 78. 201 Veil, AG 2006, 691. 202 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 64. 203 Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46.
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Rz. 110 § 11
Finanzinformationen der Zielgesellschaft auch die Aufnahme von „erläuternden Finanzinformationen“ in Betracht, die nicht den Anforderungen von Pro-forma-Finanzinformationen nach der EUProspektverordnung entsprechen204. Eine entsprechende Privilegierung wie im früheren Art. 4a Verordnung 809/2004, wonach bei verschiedenen Möglichkeiten der Darstellung der für eine fundierte Anlageentscheidung benötigten Informationen die den Emittenten (bzw. hier: den Bieter) am wenigsten belastende zu wählen ist, sieht die Nachfolgebestimmung in Art. 18 Delegierte VO 2019/980 so ausdrücklich nicht vor. Allerdings dürfte mit Blick auf den verwaltungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz,205 der auch im europäischen Gemeinschaftsrecht Anwendung findet,206 auch im (hier durch Verweis in die WpÜG-AngVO einbezogenen) neuen Prospektrecht nichts anderes gelten.207 2. Absichten des Bieters (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG) a) Allgemeines Die Anleger, die aufgefordert werden, ihre Wertpapiere zu veräußern, sollen nach den Vorstellungen 109 des Gesetzgebers in der Lage sein, ihre Beurteilung des Angebots nicht nur von der Art und Höhe der Gegenleistung abhängig zu machen, sondern auch von Überlegungen, die die Zukunft der Zielgesellschaft und ihrer Arbeitnehmer im Auge haben. Dies ist der Grund dafür, dass der Bieter auch seine Absichten über die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft offen zu legen hat. Seit der Umsetzung der Übernahmerichtlinie müssen diese Angaben auch zur geschäftlichen Zukunft des Bieters gemacht werden. Letztere Ausführungen können aber, soweit sie für die Entscheidung der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft letztlich keine Bedeutung haben (etwa bei Barangeboten), kurz gehalten werden.208 Soweit dies zum Verständnis der Absichten des Bieters erforderlich ist, sind auch der wirtschaftliche und strategischen Hintergrund des Angebots zu erläutern.209 Absichten sind auch dann anzugeben, wenn bestimmte Maßnahmen noch nicht förmlich beschlossen sind. Es reicht aus, dass Veränderungen konkret in Aussicht genommen werden210. Zu weitgehend erscheint dagegen, wenn gefordert wird, dass die Absichten des Bieters noch nicht einmal das Planungsstadium erreicht haben müssen211. Denn bloße Vorüberlegungen sind mangels Konkretisierung und Realisierungswahrscheinlichkeit eher zur Irreführung als zur sachdienlichen Information geeignet. Auch ist eine detaillierte Erläuterung der Konsequenzen dieser Pläne nicht erforderlich212. In Sonderfällen kann sich der Bieter damit begnügen zu erklären, dass er mit dem Angebot keine derartigen Absichten verfolgt. Dies kann, wie die Regierungsbegründung213 ausführt, dann angebracht sein, wenn das Angebot kein Übernahme- oder Pflichtangebot ist und wegen der geringen Höhe der
204 Zur parallelen Fragestellung im Prospektrecht Meyer in FrankfKomm. WpPG, Art. 4a EU-ProspektVO Rz. 11 ff. 205 Aschke in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 44. Edition Stand: 1.7.2019, § 40 Rz. 55; OVG Bremen v. 28.6.2004 – 1 B 130/04, NVwZ-RR 2005, 314. 206 EuGH v. 11.7.1989 – 265/87, BeckRS 2004, 72769, Tz. 21; EuGH v. 9.3.2010 – C-379, 380/08, EuZW 2010, 388, 391; dazu allgemein Kadelbach in von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 5 EUV Rz. 49; sowie die Beispiele bei Leible/T. Streinz in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 67. EL Juni 2019, 34 AEUV Rz. 123 ff. 207 Geyer/Schelm, BB 2019, 1729, 1738; in diesem Sinne auch ESMA Consultation Paper “Draft Guidelines on disclosure requirements under the Prospectus Regulation” v. 12.7.2019, ESMA31-62-1239, Rz. 48 (S. 21), Rz. 82 ff. (S. 63 f.). 208 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 77. 209 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 64 ff.; vgl. z.B. Angebotsunterlage der Luz (C-BC) Bidco GmbH an die Aktionäre der OSRAM Licht AG v. 22.7.2019, S. 36. 210 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 67. 211 So aber Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 10 WpÜG Rz. 2; wie hier Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 67. 212 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 69; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 77. 213 BR-Drucks. 574/01, S. 100.
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§ 11 Rz. 110 Angebotsunterlage angestrebten Beteiligung keinen Einfluss des Bieters auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft erwarten lässt214. b) Künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft und des Bieters 111
Die Angaben über die beabsichtigte künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft müssen sich u.a. beziehen auf die strategische Ausrichtung der Zielgesellschaft, ihre Diversifizierung oder umgekehrt ihre Konzentration auf bestimmte Kerngeschäfte, ihr Produktangebot und ihre künftige Finanzierung sowie insbesondere ihre etwaige Einordnung in den Konzern des Bieters. In letzter Hinsicht sind etwa ein geplanter Unternehmensvertrag, der geplante Ausschluss von Minderheitsaktionären (§§ 327a ff. AktG) und eine etwa geplante Aufgabe der Börsennotierung der Zielgesellschaft zu erwähnen215. Ferner sind insbesondere Angaben über die in § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG spezifisch angeführten Punkte zu machen. Die BaFin verlangt insoweit Angaben zu sämtlichen dort genannten Gesichtspunkten. Sollten insoweit – teilweise – noch keine Absichten bestehen, ist zumindest eine ausdrückliche Negativerklärung aufzunehmen216.
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Seit Umsetzung der Übernahmerichtlinie müssen in Bezug auf die eigene Geschäftstätigkeit des Bieters grds. die gleichen Angaben gemacht werden. Gedacht ist dabei (auch hier) etwa an die strategische Planung, die Finanzierung und die geplante Einordnung der Zielgesellschaft in den Konzern des Bieters. Weiterhin muss über geplante wesentliche Veränderungen für seine Arbeitnehmer und deren Vertretungen berichtet werden217. Allerdings wurde auf Vorschlag des Bundesrates klargestellt, dass es dabei nur um Absichten geht, die von dem Angebot betroffen sind. Angaben zu Absichten, die mit dem Angebot nichts zu tun haben, müssen nicht gemacht werden218.
113
In allen Fällen sind nur konkrete Absichten und daraus resultierende Planungen des Bieters zu beschreiben, nicht auch solche Veränderungen, die aus anderen Gründen (wie z.B. Marktentwicklungen) zu erwarten sind. Haben Bieter und Zielgesellschaft im Vorfeld des Angebots bereits ein sog. Business Combination Agreement abgeschlossen, sind dessen wesentliche Inhalte in der Angebotsunterlage darzustellen.219
114
Die Angaben führen nicht zu einer rechtlichen Bindung des Bieters gegenüber den Angebotsempfängern, der Zielgesellschaft, ihrer Verwaltung oder ihren Arbeitnehmern220 oder etwa den eigenen Arbeitnehmern. Eine Änderung der Absichten und die Durchführung neuer Pläne nach dem Erwerb sind zulässig; den übrigen Beteiligten stehen keine Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche zu, die dies verhindern oder wirtschaftlich erschweren würden. In solchen Fällen haftet der Bieter auch nicht nach § 12 WpÜG wegen unrichtiger oder unvollständiger Angaben in der Angebotsunterlage, es sei denn die Absicht bestand schon zuvor, zumindest als eine ernsthaft in Betracht gezogene Handlungsalternative. Ändert der Bieter seine Absichten vor Ende der Annahmefrist, so wird im Schrifttum befürwortet, er sollte eine Berichtigung nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG veröffentlichen, um dem Risiko einer Haftung nach § 12 WpÜG entgegenzuwirken221. Die BaFin scheint einer solchen Berichtigung skeptisch gegen214 Vgl. Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 78; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 72; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 68; a.A. möglicherweise Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364. 215 Ebenso Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 77; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 50 f. 216 Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46. 217 Begr. RegE Übernahmerichtlinie-UmsetzungsG, BT-Drucks. 16/1003, S. 18. 218 Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung zum Entwurf des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes, BT-Drucks. 16/1342, S. 1, 5. 219 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 64 ff.; Hippeli/Diesing, AG 2015, 185, 190; zu möglichen Inhalten einer solchen Vereinbarung Oppenhoff in Paschos/ Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 9. 220 Seibt, DB 2002, 529, 533; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 11 WpÜG Rz. 22; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 74; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 78. 221 Sperlich/Apfelbacher in Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 11 Rz. 24; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 78; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 36; zurückhaltend wegen der geringen Bedeutung dieser Angaben für die Aktionäre der Zielgesellschaft Stephan, AG 2003, 551, 555.
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Angebotsunterlage
Rz. 118 § 11
über zu stehen. Sie lehnt diese mangels Aktualisierungspflicht und rechtlicher Bindungswirkung solcher Absichten als unzulässige Aktualisierung ab (dazu auch Rz. 48).222 Ausgehend davon wird daher in Angebotsunterlagen darauf hingewiesen, dass darin geäußerte Absichten die aktuellen Absichten des Bieters bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage darstellen, sich aber jederzeit ändern können.223 aa) Sitz und Standort wesentlicher Unternehmensteile Angaben sind erforderlich zu Plänen über die Verlegung des rechtlichen Sitzes oder der tatsächlichen 115 Verwaltung der Zielgesellschaft oder von Tochtergesellschaften, die Schließung oder Neuerrichtung von Produktionsstandorten oder sonstigen Betrieben sowie die Veräußerung von Tochtergesellschaften, Betrieben oder Betriebsteilen mit möglichen Auswirkungen auf Sitz oder Standorte. Gleiches gilt für entsprechende Veränderungen im Konzern des Bieters selbst. Vorausgesetzt ist jeweils, dass die betroffenen Unternehmensteile (Tochtergesellschaften, Betriebe oder Betriebsteile) wesentlich sind. Die Wesentlichkeit kann sich aufgrund verschiedener Merkmale, einzeln oder in Kombination miteinander ergeben, darunter Umsatz, Geschäftsvolumen, Ertrag oder Mitarbeiterzahl. Wenn entsprechende Pläne bestehen, wird sich die Angabe in der Regel empfehlen; im Zweifel sollte also davon ausgegangen werden, dass die Unternehmensteile wesentlich sind224. bb) Verwendung des Vermögens Hierzu gehören in erster Linie Veräußerungsabsichten in Bezug auf wesentliche Aktiva, aber wohl auch Umstrukturierungspläne (beabsichtigte Ausgliederungen, Verschmelzungen) und geplante Änderungen der Kapitalstruktur225.
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cc) Künftige Verpflichtungen Zu den hier zu behandelnden Verpflichtungen gehören sowohl die bilanzrelevanten Verbindlichkeiten 117 der Zielgesellschaft, insbesondere solche aus Finanzierungen, als auch Verpflichtungen aus langfristigen Liefer- oder Leistungsverträgen. Sofern der Bieter beabsichtigt, eigene Verbindlichkeiten mit Mitteln der Zielgesellschaft zurückzuführen (wie dies bei stark fremdfinanzierten Übernahmen nicht selten ist), so wird man dies ggf. ebenfalls zu den zukünftigen Verpflichtungen der Zielgesellschaft zu zählen haben226. dd) Arbeitnehmer und deren Vertretung, wesentliche Änderungen der Beschäftigungsbedingungen und insoweit vorgesehene Maßnahmen Die Formulierung lehnt sich an vergleichbare Bestimmungen im Umwandlungsgesetz für die Verschmelzung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG), die Spaltung (§ 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG) und den Formwechsel (§ 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG) an. Allerdings müssen anders als im UmwG nur Absichten, nicht die tatsächlichen Folgen dargestellt werden. Dies erklärt sich daraus, dass der Bieter vor dem Erwerb nicht den gründlichen Einblick in die Angelegenheiten der Zielgesellschaft hat, der für eine wohlbegründete Prognose der zu erwartenden Folgen notwendig wäre. Rechtliche Folgen der vom Bieter beabsichtigten Maßnahmen sind vom Wortlaut der Bestimmung nicht ausdrücklich erfasst, aber ein Hinweis auf sie wird sich im Allgemeinen empfehlen, vor allem wenn dies der Verständlichkeit dient. Zu solchen Folgen gehören etwa die Einflüsse auf die Existenz oder Struktur der Organe nach dem BetrVG wie z.B. 222 Hippeli/Klepsch, WM 2016, 1205, 1212 sowie dort Fn. 57. 223 Hippeli/Klepsch, WM 2016, 1205, 1210; Angebotsunterlage der Opal BidCo GmbH an die Aktionäre der OSRAM Licht AG v. 4.9.2019, S. 5 f. 224 Ähnlich im Ergebnis Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 70, mit der Überlegung, das Bestehen konkreter Absichten des Bieters spreche bereits für sich gegen die Unwesentlichkeit der betroffenen Aktivitäten. 225 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 25 f.; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 71; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 81. 226 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 82.
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§ 11 Rz. 118 Angebotsunterlage der Fortfall von Betriebsräten oder auch die Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft, des Bieters (und seiner Konzernobergesellschaft) oder von einer oder mehrerer ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften227. 119
Änderungen der Beschäftigungsbedingungen können solche rechtlicher Art sein, etwa in Bezug auf Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen, als auch solche tatsächlicher Art, wie etwa hinsichtlich der Organisation der Produktion. ee) Mitglieder der Geschäftsführungsorgane
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Anzugeben sind geplante personelle Veränderungen in Geschäftsführungsorganen, gleich ob es sich um eine Ersetzung von Mitgliedern oder eine Ergänzung des Gremiums handelt. Auch die Absicht, insoweit keine Änderung vorzunehmen, oder Pläne allgemeiner Art, etwa für eine mittelfristige Vergrößerung oder Verringerung der Zahl der Mitglieder der Geschäftsführungsorgane, sind offen zu legen. Da das Gesetz von Geschäftsführungsorganen (Plural) spricht, dürften auch Angaben hinsichtlich der Geschäftsführungsorgane von Tochtergesellschaften der Zielgesellschaft vorzunehmen sein228. Allerdings nur insoweit als diese für die Entscheidung der Aktionäre des Bieters über das Angebot eine Bedeutung haben können. Dies wird allenfalls bei wesentlichen Tochtergesellschaften der Fall sein. Ferner sind vorgesehene neue Aufgaben von Mitgliedern des Vorstands der Zielgesellschaft, etwa der Eintritt in die Geschäftsleitung des Bieters oder einer seiner Konzerngesellschaften, anzugeben.
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Geplante Änderungen im Aufsichtsorgan der Zielgesellschaft beziehen sich als solche zwar nicht auf die Geschäftsführungsorgane, können sich aber indirekt auf diese und im Übrigen allgemein auf die Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft229 auswirken. Sie sollten daher in der Regel ebenfalls angegeben werden230. Gleiches dürfte gelten für geplante Veränderungen im Aufsichtsorgan des Bieters, wenn sie im Zusammenhang mit dem Angebot stehen. 3. Leistungen an Organmitglieder der Zielgesellschaft (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 WpÜG)
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§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 WpÜG bezweckt die Offenlegung möglicher Interessenkonflikte von Organmitgliedern der Zielgesellschaft. Dies ist bedeutsam besonders auch angesichts des Umstands, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zu dem Angebot Stellung zu nehmen haben (§ 27 WpÜG)231.
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Darüber hinaus steht diese Bestimmung in Beziehung zu § 33d WpÜG; hiernach ist es dem Bieter und mit ihm gemeinsam handelnden Personen verboten, den betreffenden Personen im Zusammenhang mit dem Angebot ungerechtfertigte finanzielle Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. Die Offenlegungspflicht nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 WpÜG setzt jedoch nach dem Wortlaut der Bestimmung anders als § 33d WpÜG nicht voraus, dass die Leistungen oder Vorteile ungerechtfertigt sind oder im Zusammenhang mit dem Angebot stehen. Auf die Zulässigkeit kommt es in der Tat für die Frage der Offenlegung nicht an232. Anders steht es mit der Beziehung zu dem Angebot. Ohnehin wird eine Gewährung oder Zusage solcher Vorteile durch den Bieter ohne Zusammenhang mit dem Angebot selten vorkommen. Außerdem dürften die hier in Frage stehenden Vorteile begrifflich den „besonderen Vorteilen“ im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 8 UmwG entsprechen, die in Verschmelzungsver227 Geibel/Süßmann in Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 29 ff.; Seibt, DB 2002, 529, 533; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 73. 228 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 75; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 89; a.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 37. 229 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 75. 230 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 88. 231 Begr. RegE, BT-Drucks 14/7034, S. 41; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 41 ff.; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 80; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 79; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 75. 232 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 43; Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 80; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 82; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG WpÜG Rz. 76; Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 87 Rz. 108; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 Rz. 95; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 58.
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Angebotsunterlage
Rz. 127 § 11
trägen aufzuführen sind233. Zu den aufzuführenden Vorteilen gehören beispielsweise Abfindungszahlungen oder Zusagen im Hinblick auf Positionen in der Zielgesellschaft oder auf andere berufliche Perspektiven234. Anzugeben sind sowohl die Art als auch, wenn andernfalls kein klares Bild von dem möglichen Inte- 124 ressenkonflikt entstehen würde235, die Höhe oder gegebenenfalls das Geldäquivalent der betreffenden Vorteile. Dabei ist jedenfalls dann nach den einzelnen Organmitgliedern zu differenzieren, wenn diese unterschiedlich behandelt werden236. Die Leistung muss nach Sinn und Zweck der Regelung vom Bieter oder zumindest aus seiner Sphäre stammen.237 Auf die Gewährung von Vorteilen durch die Zielgesellschaft („golden parachutes“ u.Ä.) findet § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG daher keine Anwendung.238 Die Transparenz solcher Leistungen wird jedoch seit Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie im Rahmen der Regelpublizität erreicht. Denn nach § 289a Abs. 1 Nr. 9 und § 315a Abs. 1 Nr. 9 HGB müssen Zielgesellschaften in ihren Lagebericht bzw. Konzernlagebericht Angaben über Entschädigungsvereinbarungen der Gesellschaft mit den Mitgliedern des Vorstands oder Arbeitnehmern aufnehmen, die für den Fall eines Übernahmeangebots getroffen worden sind (dazu die Kommentierung im Anhang zu § 33b WpÜG). Für Vorteile, die von Aktionären der Zielgesellschaft gewährt oder in Aussicht gestellt werden, gilt dies freilich nicht. Hat der Bieter Kenntnis von solchen Absprachen, so wird er – ohne Bestehen einer entsprechenden Verpflichtung – deren Offenlegung in Erwägung ziehen, wenn sie einen erheblichen Einfluss auf die Stellungnahme nach § 27 WpÜG haben und daher einen Interessenkonflikt begründen können: Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Verpflichtung kann er nicht unbedingt auf eine Offenlegung in der Stellungnahme des Vorstands nach § 27 WpÜG vertrauen; allerdings ist davon auszugehen, dass Vorstand und Aufsichtsrat in ihrer Stellungnahme eigene Interessen und sich daraus etwa ergebende Konflikte offenlegen müssen (siehe § 27 WpÜG Rz. 58).
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4. Finanzierungsbestätigung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 WpÜG) Im Fall eines Barangebots ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG die Finanzierungsbestätigung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens erforderlich. Die Bestätigung ist nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 WpÜG in der Angebotsunterlage wiederzugeben. In der Praxis wird sie der Angebotsunterlage als Anlage beigefügt239. Die Bestätigung wird im Schrifttum überwiegend als Erklärung an die Angebotsempfänger, nicht an einen anderen (bekannten) Adressaten angesehen240. Auch wenn sie – was der Wortlaut des Gesetzes nicht ausschließt – einem konkreten Adressaten, insbesondere dem Bieter, gegenüber abgegeben wird, kommt eine nur zusammenfassende, verkürzte Wiedergabe nicht in Betracht.
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Die Bestätigung muss nicht besagen, dass das bestätigende Unternehmen selbst die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt241. Dies sieht weder der Wortlaut des Gesetzes vor noch ergibt sich dies aus der Natur der Sache. Es ist zulässig, dass die Bestätigung von einem den Bieter beratenden Institut ausgestellt wird242, während die Finanzierung durch ein Bankenkonsortium geplant sein kann, dem das bestätigende Institut nicht notwendigerweise angehört. Ob eine solche Konstellation zweckmäßig und für das bestätigende Institut unter Gesichtspunkten des Haftungsrisikos im Einzelfall akzeptabel ist, ist eine andere Frage. Ungeachtet dessen ist eine Bestätigung jedenfalls auch dann erforderlich,
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233 Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 91, insbes. Fn. 91; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 77. 234 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41 f. 235 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 77. 236 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 93. 237 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 56; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 118. 238 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 57. 239 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364; Holzborn in Bad Homburger Hdb., S. 78 Rz. 92; Berrar, ZBB 2002, 174, 175 f. 240 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364. 241 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1161. 242 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44.
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§ 11 Rz. 127 Angebotsunterlage wenn spezifische Maßnahmen zur Finanzierung des Angebots nicht geplant und wegen ausreichender Liquiditätsreserven des Bieters nicht erforderlich sind. Die Aufgabe des bestätigenden Wertpapierdienstleistungsunternehmens besteht darin, als Finanzexperte zu überprüfen, ob die Angaben des Bieters nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG den Tatsachen entsprechen und ob die Erfüllung des Angebots rechnerisch sowie unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit der finanzierenden Institute voraussichtlich sichergestellt ist. Insbesondere garantiert das Unternehmen nicht die Solvenz des Bieters oder die Auszahlung zugesagter Kreditmittel. Die Bestätigung ist keine Garantie, sondern eine Wissenserklärung243. 128
Zu der Frage, welche Vorbehalte oder sonstige Einschränkungen mit einer Finanzierungszusage verbunden sein dürfen, siehe oben Rz. 97 ff. In der Praxis werden diese in der Finanzierungsbestätigung nicht wiederholt244. Diese richtet sich vielmehr streng nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG.
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Insgesamt wird es nicht zu beanstanden sein, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sich der Sache nach im Wesentlichen darauf beschränkt, die Richtigkeit der Angaben des Bieters gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG zu bestätigen245. Dies setzt eine – allerdings ohnehin gebotene – umfassende und sorgfältige Darstellung der getroffenen Maßnahmen durch den Bieter voraus, verbunden mit der Aussage gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 WpÜG, dass dadurch die Verfügbarkeit der notwendigen Mittel sichergestellt ist. Die Bestätigung braucht sich nicht auf den Fall einer nachträglichen Erhöhung des Angebots nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG oder einer Nachbesserung nach § 31 Abs. 4 WpÜG zu beziehen246.
D. Übernahme der Verantwortung (§ 11 Abs. 3 WpÜG) 130
§ 11 Abs. 3 WpÜG ist angelehnt an die vergleichbaren Regelungen für Prospekte, nämlich § 14 BörsZulVa.F. und § 3 VerkProspVO a.F. bzw. § 5 Abs. 4 Satz 1 WpPG a.F., denen heute Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EU-ProspektVO entspricht. Die Bestimmung steht im Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 Satz 2, 3 und 5 WpÜG sowie § 12 WpÜG. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2, 3 und 5 WpÜG muss die Angebotsunterlage die nötige Entscheidungsgrundlage bieten, richtig und vollständig sein sowie vom Bieter unterzeichnet werden. Nach § 12 WpÜG haften diejenigen, die die Verantwortung für die Unterlage übernommen haben, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit. Die betreffenden Personen oder Gesellschaften, gegen die hiernach potentiell Ansprüche bestehen, sind daher nach § 11 Abs. 3 Halbsatz 1 WpÜG zu identifizieren.
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Nach § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 WpÜG müssen die für den Inhalt der Angebotsunterlage verantwortlichen Personen in der Angebotsunterlage erklären, dass die darin enthaltenen Angaben ihres Wissens richtig und keine wesentlichen Umstände ausgelassen sind. Da nicht alle diese Personen die Unterlage unterzeichnen, sondern nur der Bieter, gibt dieser de facto die Erklärung auch im Namen der anderen für die Angebotsunterlage Verantwortlichen ab (siehe oben Rz. 62).
132
Der Bieter kann die Verantwortung im Sinne des § 11 Abs. 3 WpÜG nicht ablehnen. Er ist daher wohl stets als Verantwortlicher im Sinne dieser Bestimmung aufzuführen247. Dagegen muss eine das Angebot begleitende Bank nicht als Verantwortlicher aufgeführt werden und übernimmt daher typischerweise auch nicht die Verantwortung für die Angebotsunterlage248. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG müssen die Angaben in der Unterlage richtig und vollständig sein. Wenn der Bieter zwar, insbesondere 243 Berrar, ZBB 2002, 174, 179; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1161, 1163 mit eingehender Begründung; Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1258; ähnlich Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, 2002, S. 165; gegen das Erfordernis einer Garantie auch Vogel, ZIP 2002, 1421, 1427. 244 Für die Unzulässigkeit solcher Beschränkungen Vogel, ZIP 2002, 1421, 1424; vgl. auch Busch, AG 2002, 145, 147; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1162. 245 Berrar, ZBB 2002, 174, 179. 246 Vogel, ZIP 2002, 1421, 1424; Berrar, ZBB 2002, 174, 179. Bei Erhöhung des Angebots muss allerdings eine Nachtragsbestätigung beigebracht werden; dies ergibt sich aus dem Verweis in § 21 Abs. 3 auf § 13 WpÜG. 247 A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 91 (nur „regelmäßig“); Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 81. 248 Vaupel, WM 2002, 1170; Pfüller/Detweiler, BKR 2004, 383.
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Europäischer Pass
§ 11a
durch seine Unterzeichnung, die Verantwortung übernimmt, dies aber nicht nach § 11 Abs. 3 WpÜG offen legt, so besteht die Gefahr, dass dies irreführend wirkt. Die Angabe nach § 11 Abs. 3 WpÜG führt grundsätzlich dazu, dass die als Verantwortliche genannten Personen oder Gesellschaften nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage haften249. Dies setzt allerdings voraus, dass die Angabe ihrerseits richtig ist. Wenn also der Bieter fälschlich einen Dritten ohne dessen Einwilligung als Verantwortlichen benennt, der tatsächlich die Verantwortung für den Inhalt der Unterlage nicht übernommen hat, so haftet der Dritte nicht. Um ein solches unbefriedigendes Ergebnis zu vermeiden, liegt es nahe, dass der Bieter sich die Einwilligung des Dritten schriftlich geben und die Bundesanstalt sich diese Einwilligung vorlegen lässt.
133
E. Rechtsverordnungen (§ 11 Abs. 4 WpÜG) Wie oben zu § 11 Abs. 2 Satz 1 WpÜG dargelegt (siehe oben Rz. 65 f.), legt das Gesetz in § 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG nicht sämtliche der in die Unterlage aufzunehmenden „ergänzenden Angaben“ fest. Von der ihm in § 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG zugewiesenen Befugnis, die Aufnahme weiterer Angaben in die Angebotsunterlage und deren Form zu bestimmen, hat das Bundesministerium der Finanzen mit Erlass der WpÜG-Angebotsverordnung (WpÜG-AngVO) vom 27.12.2001250 Gebrauch gemacht. Dort werden in § 2 WpÜG-AngVO in Bezug auf die Angebotsunterlage weitere Anforderungen aufgestellt (siehe dazu die Kommentierung von § 2 WpÜG-AngVO).
134
F. Übertragung der Verordnungsermächtigung (§ 11 Abs. 5 WpÜG) Von der Befugnis gemäß § 11 Abs. 5 WpÜG, die Ermächtigung nach § 11 Abs. 4 WpÜG auf die Bundesanstalt zu übertragen, hat das Bundesministerium der Finanzen noch keinen Gebrauch gemacht.
135
G. Freiwillige Angaben In Angebotsunterlagen werden oft ohne Verpflichtung dazu noch weitere Angaben gemacht. Dazu ge- 136 hören solche über steuerliche Auswirkungen auf die das Angebot annehmenden Wertpapierinhaber, etwa im Hinblick auf die Besteuerung realisierter Gewinne. Weiterhin können eingeschaltete Berater oder Dienstleister, wie z.B. Finanzberater, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Finanzierungs- und Abwicklungsbanken, und ihre Aufgabenstellung genannt und beschrieben werden. Auch für diese Angaben wird nach § 12 WpÜG gehaftet, wenn sie unrichtig oder irreführend sind. Für ihre Vollständigkeit besteht angesichts ihrer Freiwilligkeit naturgemäß keine Haftung.
§ 11a Europäischer Pass Die von der zuständigen Aufsichtsstelle eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums gebilligte Angebotsunterlage über ein europäisches Angebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2, deren Wertpapiere auch im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, wird im Inland ohne zusätzliches Billigungsverfahren anerkannt. A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehung der Norm . . . . . . . . . . . . . 1. Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . .
1 2 2
2. Umsetzung in deutsches Recht . . . . . . II. Vergleichbare Regelungen . . . . . . . . . . . 1. City Code des Vereinigten Königreichs . .
7 9 9
249 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 90. 250 BGBl. I 2001, 4263.
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Europäischer Pass
§ 11a
durch seine Unterzeichnung, die Verantwortung übernimmt, dies aber nicht nach § 11 Abs. 3 WpÜG offen legt, so besteht die Gefahr, dass dies irreführend wirkt. Die Angabe nach § 11 Abs. 3 WpÜG führt grundsätzlich dazu, dass die als Verantwortliche genannten Personen oder Gesellschaften nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage haften249. Dies setzt allerdings voraus, dass die Angabe ihrerseits richtig ist. Wenn also der Bieter fälschlich einen Dritten ohne dessen Einwilligung als Verantwortlichen benennt, der tatsächlich die Verantwortung für den Inhalt der Unterlage nicht übernommen hat, so haftet der Dritte nicht. Um ein solches unbefriedigendes Ergebnis zu vermeiden, liegt es nahe, dass der Bieter sich die Einwilligung des Dritten schriftlich geben und die Bundesanstalt sich diese Einwilligung vorlegen lässt.
133
E. Rechtsverordnungen (§ 11 Abs. 4 WpÜG) Wie oben zu § 11 Abs. 2 Satz 1 WpÜG dargelegt (siehe oben Rz. 65 f.), legt das Gesetz in § 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG nicht sämtliche der in die Unterlage aufzunehmenden „ergänzenden Angaben“ fest. Von der ihm in § 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG zugewiesenen Befugnis, die Aufnahme weiterer Angaben in die Angebotsunterlage und deren Form zu bestimmen, hat das Bundesministerium der Finanzen mit Erlass der WpÜG-Angebotsverordnung (WpÜG-AngVO) vom 27.12.2001250 Gebrauch gemacht. Dort werden in § 2 WpÜG-AngVO in Bezug auf die Angebotsunterlage weitere Anforderungen aufgestellt (siehe dazu die Kommentierung von § 2 WpÜG-AngVO).
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F. Übertragung der Verordnungsermächtigung (§ 11 Abs. 5 WpÜG) Von der Befugnis gemäß § 11 Abs. 5 WpÜG, die Ermächtigung nach § 11 Abs. 4 WpÜG auf die Bundesanstalt zu übertragen, hat das Bundesministerium der Finanzen noch keinen Gebrauch gemacht.
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G. Freiwillige Angaben In Angebotsunterlagen werden oft ohne Verpflichtung dazu noch weitere Angaben gemacht. Dazu ge- 136 hören solche über steuerliche Auswirkungen auf die das Angebot annehmenden Wertpapierinhaber, etwa im Hinblick auf die Besteuerung realisierter Gewinne. Weiterhin können eingeschaltete Berater oder Dienstleister, wie z.B. Finanzberater, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Finanzierungs- und Abwicklungsbanken, und ihre Aufgabenstellung genannt und beschrieben werden. Auch für diese Angaben wird nach § 12 WpÜG gehaftet, wenn sie unrichtig oder irreführend sind. Für ihre Vollständigkeit besteht angesichts ihrer Freiwilligkeit naturgemäß keine Haftung.
§ 11a Europäischer Pass Die von der zuständigen Aufsichtsstelle eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums gebilligte Angebotsunterlage über ein europäisches Angebot zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2, deren Wertpapiere auch im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, wird im Inland ohne zusätzliches Billigungsverfahren anerkannt. A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehung der Norm . . . . . . . . . . . . . 1. Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . .
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2. Umsetzung in deutsches Recht . . . . . . II. Vergleichbare Regelungen . . . . . . . . . . . 1. City Code des Vereinigten Königreichs . .
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249 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 90. 250 BGBl. I 2001, 4263.
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§ 11a Rz. 1 Europäischer Pass 2. Österreichisches Übernahmegesetz . B. Inhalt der Norm und Rechtsfolgen . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 1. Europäisches Angebot . . . . . . . . 2. Zuständigkeit einer Aufsichtsstelle in einem anderen EWR-Staat . . . . . . 3. Zulassung im Inland . . . . . . . . . II. Anerkennung der Billigung . . . . . . . 1. Billigung . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Reichweite der Anerkennung . . . . . . a) Anerkennung gebilligter Angebotsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkennung von Angebotsunterlagen, die keiner Billigung bedürfen? . c) Anerkennung als gebilligter Wertpapierprospekt? . . . . . . . . . . . . 3. Praktische Relevanz des § 11a WpÜG .
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A. Grundlagen 1
§ 11a WpÜG sieht vor, dass bei sog. europäischen Angeboten die Billigung der Angebotsunterlage durch die (nach Maßgabe der Übernahmerichtlinie) zuständige ausländische Behörde im Inland anerkannt wird. Das bedeutet, dass die so gebilligte Angebotsunterlage auch im Inland als Angebotsunterlage für die Durchführung des Angebots verwendet werden kann. Es bedarf in diesem Fall also weder der Erstellung einer Angebotsunterlage nach den Vorgaben des WpÜG, noch einer (weiteren) Billigung durch die BaFin.
I. Entstehung der Norm 1. Übernahmerichtlinie 2
Die Regelung setzt Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie1 um. Die Übernahmerichtlinie schreibt zwar nicht zwingend vor, dass die Angebotsunterlage von einer Aufsichtsbehörde zu billigen ist. Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 Übernahmerichtlinie spricht nur von der „Übermittelung“ an die Aufsichtsstelle. Sofern jedoch eine Billigung erfolgt, so ist die Angebotsunterlage in allen anderen Mitgliedstaaten ohne weitere Billigung in dem jeweiligen Mitgliedstaat anzuerkennen, an dessen Märkten die Wertpapiere der Zielgesellschaft zum Handel zugelassen sind.
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Dieser Grundsatz gegenseitiger Anerkennung der Billigung von Angebotsdokumenten ist der gemeinschaftsweiten Geltung gebilligter Prospekte nach Art. 17 der (früheren) Prospektrichtlinie2 nachgebildet. Diese wurde zum 21.7.2019 durch die EU-weit unmittelbar anwendbare neue europäische Prospektverordnung3 ersetzt, die das Konzept des europäischen Passes für Prospekte fortführt. Das Grundprinzip der Regelungen besteht darin, dass für ein öffentliches Angebot in Bezug auf Wertpapiere im Europäischen Wirtschaftsraum nur (wenn überhaupt) die Erlaubnis einer Aufsichtsbehörde erforderlich ist, die für alle Mitgliedstaaten gilt (sog. Europäischer Pass)4. Damit kommt ein Regelungsprinzip zum Ausdruck, das ein wesentliches Gestaltungselement des Aktionsplans Finanzdienstleistungen der Europäischen Kommission zur Schaffung eines europäischen Kapitalmarktes darstellt. Dadurch sollen nationale Hürden abgebaut werden, die die grenzüberschreitende Erbringung von Finanzdienstleistungen, aber auch den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr innerhalb des EWR in der Vergangenheit beschränkten5. 1 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote vom 21.4.2004, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1581. 2 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64. 3 Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG, ABl. EU Nr. L 168 v. 30.6.2017, S. 12. 4 Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.83 ff.; Wolf in FrankfKomm. WpPG, § 17 WpPG Rz. 1. 5 Zeising in Just/Voß/Ritz/Zeising, § 17 WpPG Rz. 3; Wolf in FrankfKomm. WpPG, § 17 WpPG Rz. 1.
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Europäischer Pass
Rz. 8 § 11a
Die Übernahmerichtlinie sieht dabei vor, dass die Mitgliedstaaten die Geltung der Billigung einer Angebotsunterlage durch die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates an bestimmte Voraussetzungen knüpfen können. So erlaubt Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 Übernahmerichtlinie, die Anerkennung unter dem Vorbehalt einer gegebenenfalls erforderlichen Übersetzung zu stellen. Dies bedeutet potentiell eine erhebliche Einschränkung des Europäischen Passes, zumal die Übernahmerichtlinie – anders als die Prospektverordnung in deren Art. 27 – keine Vorgaben zu den Sprachanforderungen bei grenzüberschreitenden Angeboten macht. Insbesondere ist keine (weitgehende) Anerkennung eines in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache (d.h. Englisch) abgefassten Angebotsdokuments vorgesehen6.
4
Weiterhin ermächtigt Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 Übernahmerichtlinie die Mitgliedstaaten zu Regelungen nationalen Rechts, wonach die nationalen Aufsichtsstellen zusätzliche Angaben in der Angebotsunterlage verlangen können, wenn diese Angaben für den Markt des betreffenden Mitgliedstaats, auf dem die Wertpapiere der Zielgesellschaft zum Handel zugelassen sind, spezifisch sind und sich auf Förmlichkeiten beziehen, die bei der Annahme des Angebots und dem Erhalt der Gegenleistung im Rahmen des Angebots zu beachten sind. Dasselbe gilt für Angaben zur steuerlichen Behandlung der den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft angebotenen Gegenleistung.
5
Dagegen sieht die Übernahmerichtlinie im Gegensatz zur Prospektverordnung kein sog. Notifizierungsverfahren vor. Nach Art. 24 Abs. 1 der neuen europäischen Prospektverordnung setzt die Verwendung eines von der zuständigen Behörde des Herkunftstaates gebilligten Prospekts für ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Börsenzulassung in einem anderen EWR-Staat (Aufnahmestaat) voraus, dass die Billigungsbehörde die im Aufnahmestaat für eine Prospektbilligung zuständige Behörde über die erfolgte Billigung förmlich unterrichtet (sog. Notifizierung nach Art. 25 Abs. 1 Prospektverordnung).
6
2. Umsetzung in deutsches Recht Die Umsetzung der Regelung zum europäischen Pass für Angebotsunterlagen in § 11a beschränkt sich 7 auf die lapidare Aussage, dass eine von der zuständigen Aufsichtsstelle eines anderen Staates des EWR gebilligte Angebotsunterlage bei sog. europäischen Angeboten i.S.v. § 2 Abs. 3 WpÜG (dazu Rz. 11) ohne zusätzliches Billigungsverfahren im Inland anerkannt wird. Von den nach Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 Übernahmerichtlinie (oben Rz. 2 ff.) im Rahmen der 8 Umsetzung in nationales Recht möglichen Einschränkungen der Anerkennung ausländischer Angebotsunterlagen macht der deutsche Gesetzgeber in § 11a WpÜG keinen Gebrauch. Die Anerkennung wird also weder von einer Übersetzung der Angebotsunterlage in die deutsche Sprache7 noch von der Aufnahme zusätzlicher für den inländischen Markt, auf dem die Wertpapiere der Zielgesellschaft zum Handel zugelassen sind, spezifischen Angaben abhängig gemacht. In Anbetracht des – im Vergleich zum Prospektrecht – restriktiven Sprachregime des WpÜG (dazu § 11 WpÜG Rz. 52 ff.) erscheint dies inkonsequent. Denn § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG schreibt für die Angebotsunterlage ausschließlich die deutsche Sprache vor. Dies war seinerzeit eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, u.a. auch um dem Informations- und Schutzbedürfnis der (inländischen) Adressaten des Angebots nach einer verständlichen und nachvollziehbaren Entscheidungs- und Informationsgrundlage gerecht zu werden8. Die mit Wirksamwerden der neuen europäischen Prospektverordnung zum 21.7.2019 erfolgte weitere Liberalisierung des Sprachenregimes für Wertpapierprospekte, wonach nunmehr auch bei rein nationalen Angeboten weitgehend die Verwendung der englischen Sprache möglich wird,9 wurde im WpÜG nicht nachvollzogen. Damit bleibt es dabei, dass Angebotsunterlagen nach dem WpÜG in deutscher Sprache abzufassen sind. Es ist somit auch weiterhin schwer nachvollziehbar, weshalb den inländischen 6 Zum Sprachenregime nach Art. 19 Prospektrichtlinie Crüwell, AG 2003, 243, 248; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 508; Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 36.78 ff.; sowie die Kommentierungen zu § 19 WpPG, etwa Ritz/Voß in Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, 2009; von Ilberg in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG, 3. Aufl. 2017; Wolf in Frankf.Komm. WpPG, 2. Aufl. 2017. 7 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 14 Rz. 25. 8 BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 9 Dazu Geyer/Schelm, BB 2019, 1731, 1735.
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§ 11a Rz. 8 Europäischer Pass Aktionären der Zielgesellschaft im Rahmen der grenzüberschreitenden Geltung von Angebotsunterlagen dieser Schutz nicht zuteilwerden soll, obwohl die Übernahmerichtlinie dem nationalen Gesetzgeber ausdrücklich entsprechenden Gestaltungsspielraum zugebilligt hat10. Die Begründung des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes schweigt dazu; sie verweist nur darauf, dass Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 Übernahmerichtlinie umgesetzt werde11.
II. Vergleichbare Regelungen 1. City Code des Vereinigten Königreichs 9
Der City Code on Takeovers and Mergers enthält keine ausdrückliche Regelung über die Anerkennung der Billigung einer Angebotsunterlage durch eine Aufsichtsstelle eines anderen EWR-Staates. Dies dürfte seinen Grund darin haben, dass der City Code keine förmliche Billigung des Offer Document vorsieht12. Die Übernahmerichtlinie schreibt eine behördliche Billigung auch nicht zwingend vor (dazu Rz. 2). Damit läuft die Regelung über den europäischen Pass in Bezug auf das Vereinigte Königreich leer. Nach Ziff. 3 lit. d) der Einleitung zum City Code wird in den Fällen, in denen Art. 4 Abs. 2 lit. b) und c) Übernahmerichtlinie die Zuständigkeit für die Überwachung des Übernahmevorgangs dem Takeover Panel als der zuständigen britischen Aufsichtsstelle zuweist und in denen nach Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie britisches Recht Anwendung findet, für die aber auch eine ausländische Aufsichtsstelle (overseas regulator) zuständig sein könnte, freilich empfohlen, das Panel frühzeitig zu konsultieren. Dies dient dazu, etwaige Konflikte zwischen den relevanten Regelwerken auszuräumen und zu klären, welche Bestimmungen des City Code nach Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie Anwendung finden. 2. Österreichisches Übernahmegesetz
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Das österreichische Übernahmegesetz (ÜbG)13 regelt die eingeschränkte Anwendbarkeit seiner Bestimmungen auf Angebote zum Erwerb von stimmberechtigten Wertpapieren von Aktiengesellschaften mit Sitz in einem anderen EWR-Staat in § 27c ÜbG. Danach kommt es in den Fällen, in denen Art. 4 Abs. 2 lit. b) und c) der Übernahmerichtlinie die Zuständigkeit der österreichischen Aufsichtsstelle für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs vorsieht, zu einer (Teil-)Anwendbarkeit des österreichischen Rechts. Diese erstreckt sich gemäß § 27c Abs. 2 ÜbG – in konsequenter Umsetzung des Art. 4 Abs. 2 lit. e) Satz 1 der Übernahmerichtlinie – auch auf die Regelungen des ÜbG über die Veröffentlichung einer Angebotsunterlage. Dazu gehört insbesondere die Pflicht zur Einreichung einer Angebotsunterlage bei der österreichischen Übernahmekommission nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ÜbG und deren Möglichkeit der Untersagung der Veröffentlichung und der Durchführung des Angebots nach § 10 Abs. 3 ÜbG. Eine Regelung zur Anerkennung der Billigung einer Angebotsunterlage lässt sich mittelbar aus § 27c Abs. 3 ÜbG entnehmen. Sie erstreckt sich auf jene Fälle, in denen die Übernahmerichtlinie die Zuständigkeit für die Überwachung des Angebotsvorgangs nicht der österreichischen Übernahmekommission als der in Österreich zuständigen Aufsichtsstelle zuweist und damit nach Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie österreichisches Recht für das Übernahmeverfahren auch nicht zur Anwendung kommt. In diesem Fall hat die österreichische Übernahmekommission eingeschränkte Befugnisse. So kann sie die Veröffentlichung der Angebotsunterlage in Österreich nach 10 Meyer, WM 2006, 1135, 1138; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 18. 11 Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 24.2.2006, BR-Drucks. 154/06. 12 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 7. 13 Art. 1 des Bundesgesetzes betreffend Übernahmeangebote (Übernahmegesetz-ÜbG) sowie über Änderungen des Börsengesetzes und des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, öBGBl. I 1998, 127 (i.d.F. öBGBl. I 1999, 189; öBGBl. I 2001, 98), verkündet am 14.8.1998, in Kraft seit 1.1.1999, im Internet abrufbar über die Website der österreichischen Übernahmekommission unter http://www.takeover.at. Vgl. dazu etwa die Übersicht bei Köck in A Practitioner’s Guide to Takeovers and Mergers in the European Union, 3rd ed. 2001 (City Financial Publishing), S. 31 ff.; ferner Diregger/Winner, WM 2002, 1583; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, § 4 V. 2 (S. 169 ff.).
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Europäischer Pass
Rz. 12 § 11a
§ 27c Abs. 3 Satz 1 ÜbG nur untersagen, wenn die Veröffentlichung im Staat der nach der Übernahmerichtlinie zuständigen Aufsichtsstelle unzulässig ist. Bei der Beurteilung der Unzulässigkeit soll die österreichische Übernahmekommission dabei an die Rechtsauffassung dieser zuständigen Aufsichtsstelle gebunden sein14. Das hat also die Anerkennung von deren Billigungsentscheidung zur Folge, falls in dem betreffenden EWR-Staat die Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Billigung voraussetzt15. Allerdings kann die österreichische Übernahmekommission nach § 27c Abs. 3 Satz 2 ÜbG die Aufnahme zusätzlicher Angaben in die Angebotsunterlage verlangen, wenn diese für den österreichischen Wertpapiermarkt spezifisch sind und sich auf Förmlichkeiten beziehen, die bei der Annahme des Angebots und für den Erhalt der Gegenleistung zu beachten sind. Gleiches gilt für Abgaben zur steuerlichen Behandlung der Gegenleistung. Ferner kann die Übernahmekommission auf einer Übersetzung der Angebotsunterlage in die deutsche oder englische Sprache bestehen. Österreich macht damit – anders als Deutschland – in vollem Umfang von den in Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 Übernahmerichtlinie eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch, den „europäischen Pass für Angebotsunterlagen“ einzuschränken.
B. Inhalt der Norm und Rechtsfolgen I. Anwendungsbereich 1. Europäisches Angebot Die Anerkennung der Billigung einer Angebotsunterlage durch eine zuständige Behörde eines anderen 11 EWR-Staates betrifft diejenigen Angebotsunterlagen, die sich auf ein sog. europäisches Angebot zum Erwerb von Aktien einer Zielgesellschaft nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG beziehen. Der Begriff des europäischen Angebots ist in § 2 Abs. 1a WpÜG definiert. Es handelt sich dabei um Angebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG (dazu sogleich), die nach dem Recht ihres Sitzstaates als Angebote i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Übernahmerichtlinie gelten. Danach ist ein „Angebot“ ein an die Inhaber der Wertpapiere einer Gesellschaft gerichtetes (und nicht von der Zielgesellschaft selbst abgegebenes) öffentliches Pflicht- oder freiwilliges Angebot zum Erwerb eines Teils oder aller dieser Wertpapiere, das sich an den Erwerb der Kontrolle der Zielgesellschaft anschließt oder den Kontrollerwerb zum Ziel hat. Mithin kann also nur die Billigung von solchen Angebotsunterlagen anerkannt werden, die nach dem Recht des Sitzstaates der Zielgesellschaft ein – der Terminologie des WpÜG folgend – Übernahmeangebot oder Pflichtangebot zum Gegenstand haben (zu den Begriffen im Rahmen des Anwendungsbereichs des WpÜG vgl. die Begriffsbestimmungen in § 29 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 WpÜG). Für einfache Erwerbsangebote gilt der Europäische Pass also nicht. Eine Anwendung auf einfache Erwerbsangebote, die nach anwendbarem nationalem Recht eines anderen EWR-Staates als Übernahme- oder Pflichtangebote behandelt werden, dürfte dagegen nicht in Betracht kommen16. Denn der Verweis auf das anwendbare einzelstaatliche Recht in Art. 2 Abs. 1 der Übernahmerichtlinie trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass der Begriff der Kontrolle (genauer: des die Kontrolle begründenden Stimmrechtsanteils) nach Art. 5 Abs. 1 und 3 Übernahmerichtlinie sich nach dem nationalen Recht des Sitzstaates der Zielgesellschaft richtet. Eine Erweiterung der Definition des Übernahmeangebotes nach Art. 2 Abs. 1 lit. a) Übernahmerichtlinie stünde dagegen im Widerspruch zur Richtlinie. Eine solche Auslegung des Begriffs des europäischen Angebots nach § 2 Abs. 1a WpÜG wäre mithin nicht richtlinienkonform. Der Definition des europäischen Angebots folgend findet die Regelung über den Europäischen Pass ferner nur Anwendung auf Zielgesellschaften mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG).
14 Alscher in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 27c ÜbG Rz. 13; ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 7. 15 Ebenso Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 7; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 7. 16 So aber Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 11; wohl auch Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 13.
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§ 11a Rz. 13 Europäischer Pass 2. Zuständigkeit einer Aufsichtsstelle in einem anderen EWR-Staat 13
Die Anerkennung der Billigung durch eine Aufsichtsstelle in einem anderen EWR-Staat setzt voraus, dass diese für die Billigung zuständig war. Dies erfordert zunächst die Zuständigkeit der betreffenden Aufsichtsstelle nach dem jeweiligen nationalen Recht17. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Art. 4 Abs. 2 der Übernahmerichtlinie die internationale Zuständigkeit der Aufsichtsstellen für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs und damit auch für ein etwaiges Verfahren hinsichtlich der Billigung der Angebotsunterlage regelt. Der Begriff der Zuständigkeit in § 11a ist daher richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine Aufsichtsstelle nur insoweit als zuständig gelten kann, wenn ihr nach Art. 4 Abs. 2 Übernahmerichtlinie auch die internationale Zuständigkeit für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs zugewiesen ist. Dort wird wie folgt differenziert: – Die Aufsichtsstelle des Sitzstaats der Zielgesellschaft ist zuständig, wenn deren Wertpapiere auch dort börsenzugelassen sind, Art. 4 Abs. 2 lit. a) Übernahmerichtlinie. – Sind die Wertpapiere nicht im Sitzstaat der Zielgesellschaft, sondern in einem anderen Mitgliedstaat börsenzugelassen, ist die Aufsichtsstelle dieses anderen Mitgliedstaats zuständig, Art. 4 Abs. 2 lit. b) Unterabsatz 1 Übernahmerichtlinie. – Bei Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft, die in mehreren Mitgliedstaaten börsenzugelassen sind, von denen keiner der Sitzstaat ist, wird die Zuständigkeit der Aufsichtsstelle des Mitgliedstaats zugewiesen, in dem sie zuerst zugelassen wurden, Art. 4 Abs. 2 lit. b) Unterabsatz 2 Übernahmerichtlinie. – Erfolgte die Zulassung in mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig, entscheidet die Zielgesellschaft, welche der Aufsichtsstellen zuständig sein soll, Art. 4 Abs. 2 lit. c) Unterabsatz 1 Übernahmerichtlinie. – Waren die Wertpapiere der Zielgesellschaft am 20.5.2006 in mehreren Mitgliedstaaten zugelassen und erfolgte diese Zulassung gleichzeitig, so legen die Aufsichtsstellen der betroffenen Mitgliedstaaten innerhalb von vier Wochen nach dem 20.5.2006 fest, welche von ihnen zuständig ist. Wurde nach Ablauf dieses Zeitraums keine Aufsichtsstelle benannt, bestimmt die Zielgesellschaft, welche der Aufsichtsstellen zuständig sein soll, Art. 4 Abs. 2 lit. d) Übernahmerichtlinie. 3. Zulassung im Inland
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§ 11a WpÜG setzt weiterhin voraus, dass die Wertpapiere der Zielgesellschaft auch im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Mit „Wertpapieren“ sind dabei Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 2 WpÜG gemeint, also entweder Aktien, mit diesen vergleichbare Wertpapiere und Zertifikate, die Aktien vertreten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG) oder andere Wertpapiere, die den Erwerb von Aktien, mit diesen vergleichbaren Wertpapieren oder Zertifikaten, die Aktien vertreten, zum Gegenstand haben (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG). Die Beschränkung auf zugelassene Wertpapiere ist deklaratorisch, denn anderenfalls wären nach § 1 Abs. 1 das WpÜG und damit auch die Pflicht zur Erstellung einer Angebotsunterlage ohnehin nicht anwendbar18.
II. Anerkennung der Billigung 1. Billigung 15
§ 11a WpÜG regelt die Anerkennung einer von der zuständigen Aufsichtsstelle eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums gebilligten Angebotsunterlage im Inland ohne zusätzliches Billigungsverfahren. Die Verwendung des Begriffs „Billigungsverfahren“ irritiert, denn von einer Billigung ist sonst im WpÜG nicht die Rede. Mit anderen Worten: das WpÜG sieht gar kein Billigungsverfahren vor, von dem ein Bieter befreit werden könnte19. Freilich lässt sich der Begriff aus der Terminologie der deutschen Sprachfassung des Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie herleiten. Denn dort wird in der Tat der Terminus der „Billigung“ verwendet und zwar als (mögliche) Voraussetzung für die 17 Vgl. dazu die Übersicht bei Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 14. 18 Ebenso Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 16. 19 Darauf weist auch Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 13 hin.
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Rz. 18 § 11a
Veröffentlichung einer Angebotsunterlage für ein Übernahme- oder Pflichtangebot. Mit Billigung ist dort also eine behördliche Erlaubnis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage gemeint. Dies ist zwar so nicht ausdrücklich definiert, ergibt sich aber aus dem Regelungszusammenhang. Folglich wird man den Begriff der „Billigung“ in § 11a WpÜG als gleichbedeutend mit der „Gestattung der Veröffentlichung“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG verstehen können20. 2. Reichweite der Anerkennung a) Anerkennung gebilligter Angebotsunterlagen Nach Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 Übernahmerichtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Angebotsunterlage vor ihrer Veröffentlichung der behördlichen Billigung bedarf; sie müssen aber ein solches Erfordernis nicht zwingend einführen. Hat also ein (anderer) Mitgliedstaat eine behördliche Billigung von Angebotsunterlagen angeordnet21, dann ist aufgrund einer solchen, von der zuständigen Behörde erteilten Billigung keine weitere Billigung der Angebotsunterlage im Hinblick auf ein Übernahme- oder Pflichtangebot im Inland erforderlich.
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b) Anerkennung von Angebotsunterlagen, die keiner Billigung bedürfen? Einige Mitgliedstaaten sehen dagegen keine ausdrückliche Billigung der Angebotsunterlage vor. So ist der Bieter nach dem österreichischen ÜbG nur verpflichtet, die Angebotsunterlage bei der Übernahmekommission einzureichen und spätestens am 15. „Börsetag“ danach zu veröffentlichen, es sei denn die Übernahmekommission untersagt die Veröffentlichung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ÜbG). Jedoch muss der Bieter keine Entscheidung oder Stellungnahme der Übernahmekommission abwarten; folglich erteilt diese gerade keine „Billigung“22. Auch in Großbritannien sieht der City Code keine „Billigung“ des Offer Document vor. Nach Rule 24.1 (a) Satz 1 des City Code hat der Bieter binnen 28 Tagen nach der Ankündigung seiner Absicht, ein Angebot zu unterbreiten, den Aktionären der Zielgesellschaft ein Offer Document zugänglich zu machen bzw. dieses zu veröffentlichen. Das Takeover Panel muss nur dann angesprochen werden, wenn möglicherweise auch Regelungen des Übernahmerechts eines anderen Staates anwendbar sind (Abschnitt 3 (d) der Einführung des City Code) oder wenn die vorgenannte Frist nicht eingehalten wird, Ziff. 24.1 (a) Satz 1 des City Code. Eine Billigung durch das Takeover Panel muss nicht abgewartet werden23.
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Für solche Fälle wird teilweise vertreten, dass Angebotsunterlagen, die nach dem Recht des für das An- 18 gebotsverfahren zuständigen EWR-Staates keiner behördlichen Billigung bedürfen, ebenfalls nach § 11a WpÜG anzuerkennen seien24. Mit dem Wortlaut des § 11a WpÜG ist diese Auffassung freilich nicht zu vereinbaren, da dieser nur die Anerkennung solcher Angebotsunterlagen regelt, die von der zuständigen Aufsichtsstelle gebilligt wurden. Allenfalls ließe sich argumentieren, dass ein Verfahren, das eine Einreichung mit nachfolgender Prüfung durch die Aufsichtsstelle, entsprechender Wartefrist und der Möglichkeit der Untersagung der Veröffentlichung in seinem Ablauf dem Gestattungsverfahren nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG mit seiner Gestattungsfiktion vergleichbar sei. Dem steht jedoch entgegen, dass in diesem Fall eben keine „gebilligte“ Angebotsunterlage vorliegt; vielmehr wurde nur die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nicht untersagt. Allenfalls ließe sich im Lichte der Gestattungsfiktion in § 14 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 WpÜG vertreten, dass eine gebilligte Angebotsunterlage i.S.v. § 11a WpÜG auch dann vorliegt, wenn eine – grds. erforderliche – Billigung durch Fristablauf fingiert wird. Im Fall der österreichischen Regelung ist dies jedoch nicht der Fall, da das Gesetz dort eben keine Billigung verlangt. § 11a WpÜG stellt aber gerade auf die Billigung ab. Daher genügt ein der Veröffent20 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 14; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 17. 21 Dies ist etwa der Fall in Belgien, vgl. Wymeersch in Maul/Muffat-Jeandet/Simon, Takeover Bids in Europe, 2008, Rz. 686; Frankreich, Simon in Maul/Muffat-Jeandet/Simon, aaO, Rz. 1470 f.; Italien, Picardi in Maul/MuffatJeandet/Simon, aaO, Rz. 2283; Niederlande, Rammeloo in Maul/Muffat-Jeandet/Simon, aaO, Rz. 2470. 22 Huber/Zandler in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 11 ÜbG Rz. 7 ff. 23 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 7. 24 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 13; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 15; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 11a WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 7.
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§ 11a Rz. 18 Europäischer Pass lichung der Angebotsunterlage vorangehendes Einreichungs- und Prüfungsverfahren, das keine behördliche Billigung vorsieht, für die Anwendung von § 11a WpÜG nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 Übernahmerichtlinie. Denn dieser sieht ausdrücklich nur die Anerkennung einer vor Veröffentlichung erforderlichen und tatsächlich erteilten Billigung vor („Bedarf die Angebotsunterlage gemäß Unterabsatz 1 der vorherigen Billigung durch die Aufsichtsstelle und ist diese Billigung erteilt worden, so ist die Unterlage […] in allen anderen Mitgliedstaaten, an deren Märkten die Wertpapiere der Zielgesellschaft zum Handel zugelassen sind, anzuerkennen, ohne dass eine Billigung durch die Aufsichtsstellen der betreffenden Mitgliedstaaten erforderlich wäre.“). 19
Erst recht kann § 11a WpÜG keine Anwendung finden, wenn es – wie in Großbritannien – überhaupt kein behördliches Prüfungsverfahren gibt25. Eine solche extensive Auslegung verstieße nicht nur gegen den Wortlaut des § 11a WpÜG. Sie kann auch nicht mit einer richtlinienkonformen Auslegung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie begründet werden. Denn dieser sieht eine Anerkennung einer ausländischen Angebotsunterlage ohne Billigung nur dann vor, wenn die Angebotsunterlage der vorherigen Billigung durch die (ausländische) Aufsichtsstelle bedarf und diese Billigung erteilt wurde. Sieht also das Recht, nach dem die Angebotsunterlage erstellt und veröffentlicht wurde, kein Billigungsverfahren vor und wurde demzufolge auch keine Billigung erteilt, bleibt für die Anwendung von § 11a WpÜG kein Raum. c) Anerkennung als gebilligter Wertpapierprospekt?
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Da der Wortlaut des § 11a WpÜG die Anerkennung einer von der zuständigen Aufsichtsstelle in einem anderen EWR-Staat gebilligten Angebotsunterlage „ohne zusätzliches Billigungsverfahren“ vorsieht, mag man erwägen, ob diese Befreiungswirkung auch zur Folge hat, dass diese Angebotsunterlage einen Prospekt nach der europäischen Prospektverordnung ersetzen kann. Dieser müsste nämlich sonst nach Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 europäische Prospektverordnung im Hinblick auf das Angebot und/oder die Börsenzulassung der im Rahmen eines Tauschangebots als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere (nach erfolgter Billigung durch die BaFin nach Art. 20 europäische Prospektverordnung) veröffentlicht werden26. Jedoch ist die Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts für beide Fälle in der europäischen Prospektverordnung ausdrücklich geregelt, nämlich in Art. 1 Abs. 4 (Angebot) und Art. 1 Abs. 5 europäische Prospektverordnung (Zulassung)27. Wie der Vergleich mit dem Wortlaut der Übernahmerichtlinie zeigt (siehe oben Rz. 15), ist die Verwendung des Begriffs der „Billigung“ in § 11a WpÜG auf den Wortlaut der deutschen Sprachfassung des Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie zurückzuführen. Dass § 11a WpÜG eine Sperrwirkung auf ein sonst bestehendes Prospekterfordernis nach dem WpPG entfalten soll, kann dem nicht entnommen werden28. Auch die Gesetzesmaterialien sind insoweit unergiebig.
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Allerdings kann nach Art. 1 Abs. 4 lit. f) und Abs. 5 lit. e) europäische Prospektverordnung auf die Veröffentlichung eines Prospekts nach den Vorschriften der europäischen Prospektverordnung (und dessen vorherige Billigung nach Art. 20 Abs. 1 europäische Prospektverordnung) bei einem Tauschangebot verzichtet werden, wenn ein Dokument gemäß Art. 21 Abs. 2 europäische Prospektverordnung (der Bestimmung über die Veröffentlichung von Prospekten) der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurde, das Informationen zu der Transaktion und ihren Auswirkungen auf den Emittenten enthält. Das nach früherem Prospektrecht vorgesehene Gebot der Gleichwertigkeit eines solchen prospektersetzenden Dokuments mit den Angaben eines Prospekts (s. Voraufl. § 11a WpÜG Rz. 21) findet sich so ausdrücklich nicht mehr.29 Allerdings wird die Kommission nach Art. 1 Abs. 7 europäische Prospektverordnung dazu ermächtigt, delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen für solche prospekt25 26 27 28
So aber Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 13. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11a WpÜG Rz. 3. Darauf weisen auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 11a WpÜG Rz. 7 hin. Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 305; Thoma in Baums/Thoma, § 11a WpÜG Rz. 3 Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 305. 29 Dies bestätigend Europäische Kommission, Request to ESMA for Technical Advice on Possible Delegated Acts Concerning the Regulation of the European Parliament and of the Council on the Prospectus to be Published when Securities are Offered to the Public or Admitted to Trading on a Regulated Market (updated 26.1.2018), Tz. 3.7 Abs. 3.
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Meyer
Europäischer Pass
Rz. 21c § 11a
ersetzenden Dokumente Mindestinformationen festgelegt werden. Ein solcher delegierter Rechtsakt wurde noch nicht veröffentlicht. ESMA hat indes auf der Grundlage eines Mandats der Kommission in einem Abschlussbericht einen Katalog an Mindestinformationen für ein solches prospektersetzendes Dokument veröffentlicht, das in den Fällen des Art. 1 Abs. 4 lit. f) und Abs. 5 lit. e) europäische Prospektverordnung ohne behördliche Billigung anstelle eines Prospektes veröffentlicht werden kann.30 Unklar bleibt, wann und inwieweit die Europäische Kommission diesem Vorschlag der ESMA durch Erlass eines delegierten Rechtsakts folgt. In dem Mandat an die ESMA ist – anders als für andere darin angesprochene delegierte Rechtsakte – insoweit auch kein konkreter Zeitplan vorgesehen.31 Solange noch kein delegierter Rechtsakt der Europäischen Kommission zur Konkretisierung der An- 21a forderungen nach Art. 1 Abs. 4 lit. f) und Abs. 5 lit. e) europäische Prospektverordnung vorliegt, bleibt der Inhalt dieser Regelung unklar. Ungeachtet der offenbar bewussten Aufgabe des Postulats der Gleichwertigkeit mit einem Prospekt (s. Rz. 21) betont ESMA, dass weiterhin sichergestellt werden sollte, dass Investoren diejenigen Informationen erhalten, die für eine informierte Anlageentscheidung erforderlich ist.32 Gegenüber der generellen Anerkennung von Angebotsunterlagen nach der Übernahmerichtlinie wendet ESMA ein, dass diese insoweit keine ausreichend harmonisierten Anforderungen gewährleisten.33 Im Übrigen weist ESMA darauf hin, dass der Verwendung eines prospektersetzenden Dokuments nach Art. 1 Abs. 4 lit. f) und Abs. 5 lit. e) europäische Prospektverordnung faktisch Bedenken in Bezug auf Haftungsrisiken entgegenstünden, da insoweit kein ausreichend harmonisiertes Haftungsregime gegeben sei.34 In Deutschland gilt nach § 9 Abs. 4 WpPG für ein Dokument, das nach Art. 1 Abs. 5 lit. e) europäische Prospektverordnung einen Zulassungsprospekt ersetzt, derselbe Haftungsmaßstab wie für einen solchen Prospekt. Danach muss dieser alle für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben enthalten. Sind diese unrichtig oder unvollständig, sind die Personen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben, sowie diejenigen, von denen dessen Erlass ausgeht, den Anlegern, die aufgrund des Prospektes Wertpapiere erworben haben, nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 WpPG (= § 21 Abs. 1 WpPG a.F.) haftbar.35 Für ein Dokument, das einen Angebotsprospekt nach Art. 1 Abs. 4 lit. f) europäische Prospektverordnung ersetzt, fehlt es an einer solchen ausdrücklichen Haftungsnorm. Indes verweist § 10 WpPG (= § 22 Abs. 1 WpPG a.F.) für Angebotsprospekte, die nicht der Börsenzulassung dienen, auf § 9 WpPG, ohne indes auf prospektersetzende Dokumente einzugehen. Daher dürfte wie im zuvor geltenden Recht umstritten sein, ob die Haftung nach § 9 WpPG auch für Dokumente gilt, die einen Angebotsprospekt ersetzen.36
21b
Für nach § 11a WpÜG anerkannte, von einer ausländischen Behörde gebilligte Angebotsunterlagen kann die vorstehend beschriebene Unklarheit hinsichtlich der prospektrechtlichen Haftung zugunsten der Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot angenommen haben, dahinstehen. Denn ihnen steht ein Anspruch nach § 12 WpÜG zu, der dem prospektrechtlichen Vorbild des § 9 WpPG (entspricht § 21 WpPG a.F. bzw. § 44 BörsG a.F.) nachgebildet wurde (s. die Kommentierung zu § 12 WpÜG).
21c
30 ESMA Final Report ‘Technical advice on Minimum Information Content for Prospectus Exemption’ v. 29.3.2019, ESMA31-62-1207; zur prospektersetzenden Verwendung dieses Dokuments s. Tz. 43. 31 Europäische Kommission, Request to ESMA for Technical Advice on Possible Delegated Acts Concerning the Regulation of the European Parliament and of the Council on the Prospectus to be Published when Securities are Offered to the Public or Admitted to Trading on a Regulated Market (updated 26.1.2018), Tz. 4. 32 ESMA Final Report ‘Technical advice on Minimum Information Content for Prospectus Exemption’ v. 29.3.2019, ESMA31-62-1207 Tz. 36 a.E. 33 ESMA Final Report ‘Technical advice on Minimum Information Content for Prospectus Exemption’ v. 29.3.2019, ESMA31-62-1207 Tz. 32. 34 ESMA Final Report ‘Technical advice on Minimum Information Content for Prospectus Exemption’ v. 29.3.2019, ESMA31-62-1207 Tz. 53. 35 Dazu Mülbert/Steup in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 41.20 ff. 36 Seiler/Singhof in FrankfKomm. WpPG, 2. Aufl. 2017, § 21 WpPG Rz. 9 ff. zur Vorläufernorm; für eine Haftung nach § 14 WpPG (= § 24 WpPG a.F.) Mülbert/Steup in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 4. Aufl. 2019, Rz. 41.32.
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§ 11a Rz. 22 Europäischer Pass 3. Praktische Relevanz des § 11a WpÜG 22
Die Anerkennung einer durch die zuständige Behörde eines anderen EWR-Staates gebilligten Angebotsunterlage wird nur relevant, wenn im Inland die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung einer Angebotsunterlage nach dem WpÜG besteht. Dies setzt voraus, dass auf das betreffende Angebot das WpÜG überhaupt Anwendung findet. Dies ist bei den hier zu betrachtenden europäischen Angeboten (also Übernahme- und Pflichtangeboten an die Aktionäre einer ausländischen Zielgesellschaft, siehe oben Rz. 13) nach § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG ausschließlich („ist dieses Gesetz vorbehaltlich § 11a nur unter folgenden Voraussetzungen anzuwenden“) in folgenden Konstellationen der Fall: – Die stimmberechtigten Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind, sind nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt i.S.v. § 2 Abs. 7 WpÜG zugelassen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. a) WpÜG). In diesem Fall ist aber ohnehin nach Art. 4 Abs. 2 lit. b) Unterabs. 1 Übernahmerichtlinie die BaFin für das Verfahren betreffend die Angebotsunterlage zuständig. – Die betreffenden stimmberechtigten Wertpapiere sind sowohl im Inland als auch in einem anderen EWR-Staat, der nicht der Sitzstaat der Zielgesellschaft ist, zugelassen, und die Zulassung erfolgte zuerst im Inland (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b) aa) WpÜG). Hier ist die BaFin nach Art. 4 Abs. 2 lit. b) Unterabs. 2 Übernahmerichtlinie für das Verfahren betreffend die Angebotsunterlage zuständig. – Die stimmberechtigten Wertpapiere wurden gleichzeitig sowohl im Inland als auch in einem anderen EWR-Staat, der nicht der Sitzstaat der Zielgesellschaft ist, zugelassen, und die Zielgesellschaft hat die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde gewählt (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b) bb) WpÜG). Aufgrund der Wahl der Zielgesellschaft ist auch hier die BaFin zuständig, Art. 4 Abs. 2 lit. c) Unterabs. 1 Übernahmerichtlinie.
23
Erfolgte dagegen bei einer Zielgesellschaft, deren stimmberechtigte Wertpapiere nicht in deren Sitzstaat zugelassen sind, die Börsenzulassung im Inland nach der Zulassung in einem anderen EWRStaat, dann ist das WpÜG auf Erwerbsangebote betreffend diese Wertpapiere nicht anzuwenden, da dieser Fall nicht von § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG erfasst wird. Gleiches gilt für den Fall, dass die Zulassung im Inland und einem oder mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig erfolgte und sich die Zielgesellschaft für die Zuständigkeit der Aufsichtsstelle eines dieser anderen EWR-Staaten als der für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs zuständigen Stelle entschieden hat37. In beiden Fällen hat auch die Übernahmerichtlinie die internationale Zuständigkeit für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs einem anderen EWR-Staat zugewiesen. Damit läuft § 11a WpÜG in diesen Fällen leer, da eine Verpflichtung zur Erstellung einer Angebotsunterlage nach dem WpÜG, an deren Stelle die von einer zuständigen ausländischen Aufsichtsstelle gebilligte Angebotsunterlage anerkannt werden könnte, mangels Anwendbarkeit des WpÜG gar nicht besteht.
24
In den Fällen, in denen nach dem Vorstehenden das WpÜG anwendbar (und nach Art. 4 Abs. 2 der Übernahmerichtlinie die BaFin für die Überwachung des Übernahmevorgangs international zuständig) ist, weist Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie die Fragen betreffend die angebotene Gegenleistung und Fragen des Angebotsverfahrens den Vorschriften des Mitgliedstaats der zuständigen Aufsichtsstelle zu, also dem deutschen Recht. Dies betrifft insbesondere die Unterrichtung über die Entscheidung des Bieters zur Unterbreitung eines Angebots, den Inhalt der Angebotsunterlage und die Bekanntmachung des Angebots. Diese Regelung findet ihre Entsprechung in § 1 Abs. 3 Satz 2 WpÜG. Freilich wird der Umfang der Anwendbarkeit der Bestimmungen des WpÜG in der gemäß § 1 Abs. 4 WpÜG erlassenen WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung38 konkretisiert. In der Liste der in § 2 WpÜGAnwendbarkeitsverordnung aufgeführten Bestimmungen, die in Fällen des § 1 Abs. 3 WpÜG anwendbar sein sollen, fehlt jedoch ein Verweis auf die Regelungen über die Angebotsunterlage (§ 11 WpÜG) 37 Klepsch in Steinmeyer, § 11a WpÜG Rz. 4; Für eine Anwendbarkeit des § 11a WpÜG in diesem Fall jedoch Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 16; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11a WpÜG Rz. 4; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 22; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 19 Rz. 96; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11a WpÜG Rz. 2; beide Auffassungen führen letztlich aber zu demselben Ergebnis, nämlich dass es keiner Gestattung der Angebotsunterlage durch die BaFin bedarf. 38 Verordnung über die Anwendbarkeit von Vorschriften betreffend Angebote im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Wertpapiererwerbs und Übernahmegesetzes (WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung) vom 17.6.2006, BGBl. I 2006, 1698, Text im Anhang S. 1598.
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Meyer
Haftung für die Angebotsunterlage
§ 12
und deren Prüfung durch die BaFin sowie die nachfolgende Gestattung der Veröffentlichung (§ 14 WpÜG)39. Somit bestünde selbst im Falle der Anwendbarkeit des deutschen Übernahmerechts auf ausländische Zielgesellschaften nach Art. 4 Abs. 2 lit. b) und c) der Übernahmerichtlinie (bzw. gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) nach deutschem Recht keine Pflicht zur Veröffentlichung einer Angebotsunterlage oder gar zu deren Billigung (bzw. Gestattung von deren Veröffentlichung). Jedoch wird von Teilen der Literatur die Anwendbarkeit der Bestimmungen des dritten Abschnitts des WpÜG (§§ 10–28 WpÜG, Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, einschließlich der Regelungen über die Angebotsunterlage, deren Veröffentlichung und das Gestattungsverfahren) trotzdem befürwortet40. Den offensichtlichen Widerspruch zur Zuweisung der Regelungen des Angebotsverfahrens und des Inhalts der Angebotsunterlage in Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie und § 1 Abs. 3 Satz 2 WpÜG versuchen einige Autoren dadurch zu lösen, dass sie die Aufzählung der auf Angebote an die Aktionäre ausländischer Zielgesellschaften anwendbarer Bestimmungen des WpÜG in § 2 WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung als nicht abschließend ansehen41. Letztlich wird man die Anwendbarkeit dieser Regelungen auch damit begründen können, dass die gesetzliche Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 der WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung als höherrangiges Recht vorgeht und dass § 2 WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung zudem im Lichte des Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie richtlinienkonform auszulegen ist. Ungeachtet dessen kommt in den Fällen, in denen das WpÜG überhaupt auf Übernahme- oder 25 Pflichtangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer ausländischen Zielgesellschaft nach § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG Anwendung findet, die in § 11a WpÜG geregelte Anerkennung einer in einem anderen EWR-Staat gebilligten Angebotsunterlage nicht in Betracht. Denn in diesem Fall ist auch nach der Übernahmerichtlinie die BaFin für Fragen der Angebotsunterlage und der Veröffentlichung zuständig (und damit keine Behörde in einem anderen EWR-Staat)42. Es bedarf also gar keiner Regelung, die bei Übernahme- oder Pflichtangeboten zum Erwerb von Wertpapieren einer ausländischen Zielgesellschaft im Fall einer von einer ausländischen Behörde gebilligten Angebotsunterlage von diesen Pflichten freistellt oder deren Einhaltung durch die Veröffentlichung einer nach Regelungen eines anderen EWR-Staates erstellten und gebilligten Angebotsunterlage bestimmt. Es verbleibt letztlich kein Anwendungsbereich für § 11a WpÜG; dieser läuft also leer (so dass es auch des Vorbehalts für § 11a WpÜG in § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG nicht bedarf). Anders gewendet: § 11a WpÜG bestätigt nur deklaratorisch, dass bei Angeboten, bei denen eine zuständige Aufsichtsbehörde eines anderen EWR-Mitgliedstaat die Veröffentlichung der Angebotsunterlage gestattet hat, keine weitere behördliche Entscheidung der (ohnehin unzuständigen) BaFin in Bezug auf die Veröffentlichung dieses Dokuments erforderlich ist43.
§ 12 Haftung für die Angebotsunterlage (1) Sind für die Beurteilung des Angebots wesentliche Angaben der Angebotsunterlage unrichtig oder unvollständig, so kann derjenige, der das Angebot angenommen hat oder dessen Aktien dem Bieter nach § 39a übertragen worden sind, 1. von denjenigen, die für die Angebotsunterlage die Verantwortung übernommen haben, und 2. von denjenigen, von denen der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht, als Gesamtschuldnern den Ersatz des ihm aus der Annahme des Angebots oder Übertragung der Aktien entstandenen Schadens verlangen. 39 Auf den Widerspruch zwischen dem in diesen Fällen nach Art. 6 Abs. 2 lit. e) Übernahmerichtlinie dem deutschen Recht zugewiesenen Anwendungsbereich und der Anwendbarkeit des WpÜG nach § 2 WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung weist zu Recht hin: Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 34. 40 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 60. 41 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 101 ff., insbesondere Rz. 105; ebenso offenbar Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 48 ff. 42 Im Ergebnis ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 11a WpÜG Rz. 7. 43 Klepsch in Steinmeyer, § 11a WpÜG Rz. 4.
Meyer und Assmann
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Haftung für die Angebotsunterlage
§ 12
und deren Prüfung durch die BaFin sowie die nachfolgende Gestattung der Veröffentlichung (§ 14 WpÜG)39. Somit bestünde selbst im Falle der Anwendbarkeit des deutschen Übernahmerechts auf ausländische Zielgesellschaften nach Art. 4 Abs. 2 lit. b) und c) der Übernahmerichtlinie (bzw. gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) nach deutschem Recht keine Pflicht zur Veröffentlichung einer Angebotsunterlage oder gar zu deren Billigung (bzw. Gestattung von deren Veröffentlichung). Jedoch wird von Teilen der Literatur die Anwendbarkeit der Bestimmungen des dritten Abschnitts des WpÜG (§§ 10–28 WpÜG, Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, einschließlich der Regelungen über die Angebotsunterlage, deren Veröffentlichung und das Gestattungsverfahren) trotzdem befürwortet40. Den offensichtlichen Widerspruch zur Zuweisung der Regelungen des Angebotsverfahrens und des Inhalts der Angebotsunterlage in Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie und § 1 Abs. 3 Satz 2 WpÜG versuchen einige Autoren dadurch zu lösen, dass sie die Aufzählung der auf Angebote an die Aktionäre ausländischer Zielgesellschaften anwendbarer Bestimmungen des WpÜG in § 2 WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung als nicht abschließend ansehen41. Letztlich wird man die Anwendbarkeit dieser Regelungen auch damit begründen können, dass die gesetzliche Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 der WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung als höherrangiges Recht vorgeht und dass § 2 WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung zudem im Lichte des Art. 4 Abs. 2 lit. e) der Übernahmerichtlinie richtlinienkonform auszulegen ist. Ungeachtet dessen kommt in den Fällen, in denen das WpÜG überhaupt auf Übernahme- oder 25 Pflichtangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer ausländischen Zielgesellschaft nach § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG Anwendung findet, die in § 11a WpÜG geregelte Anerkennung einer in einem anderen EWR-Staat gebilligten Angebotsunterlage nicht in Betracht. Denn in diesem Fall ist auch nach der Übernahmerichtlinie die BaFin für Fragen der Angebotsunterlage und der Veröffentlichung zuständig (und damit keine Behörde in einem anderen EWR-Staat)42. Es bedarf also gar keiner Regelung, die bei Übernahme- oder Pflichtangeboten zum Erwerb von Wertpapieren einer ausländischen Zielgesellschaft im Fall einer von einer ausländischen Behörde gebilligten Angebotsunterlage von diesen Pflichten freistellt oder deren Einhaltung durch die Veröffentlichung einer nach Regelungen eines anderen EWR-Staates erstellten und gebilligten Angebotsunterlage bestimmt. Es verbleibt letztlich kein Anwendungsbereich für § 11a WpÜG; dieser läuft also leer (so dass es auch des Vorbehalts für § 11a WpÜG in § 1 Abs. 3 Satz 1 WpÜG nicht bedarf). Anders gewendet: § 11a WpÜG bestätigt nur deklaratorisch, dass bei Angeboten, bei denen eine zuständige Aufsichtsbehörde eines anderen EWR-Mitgliedstaat die Veröffentlichung der Angebotsunterlage gestattet hat, keine weitere behördliche Entscheidung der (ohnehin unzuständigen) BaFin in Bezug auf die Veröffentlichung dieses Dokuments erforderlich ist43.
§ 12 Haftung für die Angebotsunterlage (1) Sind für die Beurteilung des Angebots wesentliche Angaben der Angebotsunterlage unrichtig oder unvollständig, so kann derjenige, der das Angebot angenommen hat oder dessen Aktien dem Bieter nach § 39a übertragen worden sind, 1. von denjenigen, die für die Angebotsunterlage die Verantwortung übernommen haben, und 2. von denjenigen, von denen der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht, als Gesamtschuldnern den Ersatz des ihm aus der Annahme des Angebots oder Übertragung der Aktien entstandenen Schadens verlangen. 39 Auf den Widerspruch zwischen dem in diesen Fällen nach Art. 6 Abs. 2 lit. e) Übernahmerichtlinie dem deutschen Recht zugewiesenen Anwendungsbereich und der Anwendbarkeit des WpÜG nach § 2 WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung weist zu Recht hin: Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 34. 40 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 60. 41 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 1 WpÜG Rz. 101 ff., insbesondere Rz. 105; ebenso offenbar Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 48 ff. 42 Im Ergebnis ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 11a WpÜG Rz. 7. 43 Klepsch in Steinmeyer, § 11a WpÜG Rz. 4.
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§ 12 Haftung für die Angebotsunterlage (2) Nach Absatz 1 kann nicht in Anspruch genommen werden, wer nachweist, dass er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben der Angebotsunterlage nicht gekannt hat und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. (3) Der Anspruch nach Absatz 1 besteht nicht, sofern 1. die Annahme des Angebots nicht auf Grund der Angebotsunterlage erfolgt ist, 2. derjenige, der das Angebot angenommen hat, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben der Angebotsunterlage bei der Abgabe der Annahmeerklärung kannte oder 3. vor der Annahme des Angebots in einer Veröffentlichung nach Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 oder einer vergleichbaren Bekanntmachung eine deutlich gestaltete Berichtigung der unrichtigen oder unvollständigen Angaben im Inland veröffentlicht wurde. (4) Der Anspruch nach Absatz 1 verjährt in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem derjenige, der das Angebot angenommen hat oder dessen Aktien dem Bieter nach § 39a übertragen worden sind, von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben der Angebotsunterlage Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. (5) Eine Vereinbarung, durch die der Anspruch nach Absatz 1 im Voraus ermäßigt oder erlassen wird, ist unwirksam. (6) Weitergehende Ansprüche, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden können, bleiben unberührt. A. Übersicht und Gesetzesentwicklung . . . . B. Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . I. Angebotsunterlage als Bezugspunkt der Haftung (§ 12 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . II. Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Angebotsunterlage (§ 12 Abs. 1 WpÜG) . . 1. Wesentliche Angaben . . . . . . . . . . . 2. Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anfängliche und nachträgliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit . . . . . . III. Adressaten der Haftung (§ 12 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anspruchsberechtigte (§ 12 Abs. 1 WpÜG)
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V. Haftungsbegründende Kausalität (§ 12 Abs. 1 WpÜG; § 12 Abs. 3 Nr. 1, 3 WpÜG) . VI. Verschulden und Mitverschulden (§ 12 Abs. 2 WpÜG; § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) . . C. Rechtsfolgen und Haftungsmodalitäten I. Schadensersatz, haftungsausfüllende Kausalität und Schutzbereichsgrenzen (§ 12 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . II. Verjährung (§ 12 Abs. 4 WpÜG) . . . . . III. Haftungsbeschränkung (§ 12 Abs. 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Konkurrenzen (§ 12 Abs. 6 WpÜG) . . . D. Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . .
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67 68 69
Schrifttum: Assmann, Prospekthaftung, 1985; Assmann, Die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG, AG 2002, 153; Assmann, Übernahmeangebote im Gefüge des Kapitalmarktrechts, insbesondere im Lichte des Insiderrechts, der Ad hoc-Publizität und des Manipulationsverbots, ZGR 2002, 697; Assmann, Prospektaktualisierungspflichten, in FS Ulmer, 2003, S. 757; Assmann, Die Prospekthaftung beruflicher Sachkenner de lege lata und de lege ferenda, AG 2004, 435; Assmann, Unternehmenszusammenschlüsse und Kapitalmarktrecht, ZHR 172 (2008), 635; Bachmann, Kapitalmarktrechtliche Probleme bei der Zusammenführung von Unternehmen, ZHR 172 (2008), 597; Ellenberger, Die Börsenprospekthaftung nach dem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, in FS Schimansky, 1999, S. 591; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, Berlin 2001; H. H. Förster, Die Prospekthaftung der organisierten und grauen Kapitalmärkte, 2002; Groß, Die börsengesetzliche Prospekthaftung, AG 1999, 199; Gerber, Die Prospekthaftung bei Wertpapieremissionen nach dem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, 2001; Hamann, Die Angebotsunterlage nach dem WpÜG – ein praxisorientierter Überblick, ZIP 2001, 2249; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991; Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz, in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 382; J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, Köln 1996; Kort, Neuere Entwicklungen im Recht der Börsenprospekthaftung (§§ 45 ff. BörsG) und der Unternehmensberichtshaftung (§ 77 BörsG), AG 1999, 9, 10; Kunz, Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 1992; Löhdefink/Jaspers, Fortgeschrittenenveranstaltung zum WpÜG – Die Postbank-Entscheidung des BGH und ihre praktischen Implikationen, ZIP 2014, 2261; Möllers, Verfahren, Pflichten und Haftung, insbesondere der Banken, bei Übernahmeangeboten, ZGR 2002, 664; Oechsler, Der ReE zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Regelungsbedarf auf der Zielgeraden, NZG 2001, 817; Oechsler,
300
Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 3 § 12
Rechtsgeschäftliche Anwendungsprobleme bei öffentlichen Übernahmeangeboten, ZIP 2003, 1330; Pfüller/Detweiler, Die Haftung der Banken bei öffentlichen Übernahmen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), BKR 2004, 383; Santelmann, Angebotsunterlagenhaftung – Die Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen bei öffentlichen Erwerbs- und Übernahmeangeboten nach § 12 WpÜG im Kontext konkurrierender Anspruchsgrundlagen und im Vergleich mit anderen Rechtsordnungen, 2003; Uwe H. Schneider, Die Zielgesellschaft nach Abgabe eines Übernahme- oder Pflichtangebots, AG 2002, 125; Sittmann, Modernisierung der börsengesetzlichen Prospekthaftung, NJW 1998, 3761; Stephan, Prospektaktualisierung, AG 2002, 3; Stephan, Angebotsaktualisierung, AG 2003, 551; Vaupel, Die Haftung der Banken für die Richtigkeit der Angebotsunterlage bei Umtauschangeboten nach dem WpÜG, WM 2002, 1170; Vortmann (Hrsg.), Prospekthaftung und Anlageberatung, Stuttgart 2000. Siehe im Übrigen das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Übersicht und Gesetzesentwicklung Eines der Ziele des WpÜG ist die Schaffung von Transparenz für die Adressaten von Wertpapier- 1 erwerbs-, Übernahme- und Pflichtangeboten, damit diese in Kenntnis der Sachlage über das jeweilige Angebot entscheiden können. Diese Aufgabe übernimmt vor allem die vom Bieter zu erstellende und zu veröffentlichende Angebotsunterlage (§ 11 WpÜG). Bevor die Angebotsunterlage veröffentlicht werden kann, bedarf sie zwar der Billigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, doch nimmt diese nur eine formelle Vollständigkeitskontrolle der Unterlage vor. Eine materielle Inhaltskontrolle der Angebotsunterlage geht dagegen – obschon nur ex post, so doch gleichwohl mit präventiver Wirkung – von der auf diese bezogenen zivilrechtlichen Haftung nach § 12 WpÜG aus. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der nach § 11 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AngVO zu erstellenden und zu veröffentlichenden Angebotsunterlage haften nach § 12 Abs. 1 WpÜG (1) der Bieter (§ 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG als Unterzeichner der Angebotsunterlage), (2) diejenigen, die neben dem Bieter für die Angebotsunterlage die Verantwortung übernommen haben (§ 11 Abs. 3 WpÜG), sowie (3) diejenigen, von denen der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht, als Gesamtschuldner den Anlegern, die das Angebot angenommen haben, auf Schadensersatz. Die Haftung für die Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG ist derjenigen der Haftung für unrichtige Börsenzulassungsprospekte nach §§ 44 ff. BörsG a.F., heute §§ 21 ff. WpPG, nachgebildet und folgt im Übrigen in zahlreichen Punkten der investmentrechtlichen Prospekthaftung nach § 20 KAGG a.F. und § 12 AuslInvestmG a.F., welche zunächst in § 127 InvG a.F. zusammengeführt wurde und heute in § 306 KAGB geregelt ist, sowie der Haftung für Verkaufsprospekte nach § 13 VerkProspG a.F., dem – nach seiner Aufhebung – § 20 VermAnlG (Haftung bei einem fehlerhaften Verkaufsprospekt für Vermögensanlagen i.S. von § 1 Abs. 2 VermAnlG) entspricht1. Anspruchsberechtigte sind (1) diejenigen, die das Angebot angenommen haben, darunter auch die Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot aufgrund des Andienungsrechts nach § 39c WpÜG angenommen haben, sowie (2) diejenigen, deren Aktien dem Bieter nach § 39a WpÜG übertragen wurden.
2
Die Ausgestaltung der Haftung für die Angebotsunterlage nach prospekthaftungsrechtlichen Grund- 3 sätzen trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der Angebotsunterlage um eine der Information von Anlegern mittels Prospekten vergleichbare Information der Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft und des Publikums handelt2, wobei dem Umstand, dass (Zulassungs- und Verkaufs-)Prospekte auf eine Investitionsentscheidung, die Angebotsunterlage dagegen auf eine Desinvestitionsentscheidung des Anlegers gerichtet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommt3. Die Anlehnung vor
1 Zur Entwicklung der Prospekthaftung als Grundlage für die Haftung für die Angebotsunterlage nach § 12 siehe Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Vor §§ 21–23 WpPG Rz. 1 ff., und Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 14 ff. 2 Hopt in FS Koppensteiner, 2002, S. 61, 78. Auch Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 1. Die „Parallelität zwischen Angebotsunterlage und Prospekt“ betont auch Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 18 Rz. 57 und 51. 3 In beiden Fällen geht es um die Gewährleistung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen, auf die der Anleger seine Entscheidung stützt. Überzogen deshalb die Trennung von Verkaufsprospekt und Angebotsunterlage bei Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 5. Zu § 12 WpÜG wie hier Hamann, ZIP 2001, 2249, 2255; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 17.
Assmann
301
§ 12 Rz. 3 Haftung für die Angebotsunterlage allem an die 1998 durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz (3. FFG)4 novellierte börsengesetzliche Prospekthaftung, die ihrerseits Elemente der bürgerlichrechtlichen (synonym: allgemein-zivilrechtlichen) Prospekthaftung aufnahm und eine Angleichung an die investmentrechtliche Prospekthaftung mit sich brachte, war im Interesse der Einheitlichkeit der Haftung für gesetzlich angeordnete Informationen der Anleger bei öffentlichen Angeboten zur Platzierung oder zum Erwerb von Wertpapieren geboten und zu begrüßen. Im Hinblick auf zahlreiche der sich nach § 12 WpÜG für die Angebotsunterlage stellenden Rechtsanwendungsprobleme kann dementsprechend auf den Diskussionsstand zurückgegriffen werden, der in Bezug auf die Beantwortung von Auslegungsfragen der früheren börsengesetzlichen und heutigen wertpapierprospektgesetzlichen, der investmentrechtlichen sowie der vormaligen verkaufsprospektgesetzlichen und heutigen vermögensanlagegesetzlichen Prospekthaftung erreicht ist. 4
Aufgrund spezieller gesetzlicher Regelung in § 21 Abs. 3 WpÜG ist § 12 WpÜG entsprechend anwendbar, wenn eine im Falle der Änderung eines Angebots nach § 21 Abs. 2 WpÜG vorzunehmende Veröffentlichung mit dem sich aus der entsprechenden Anwendung von § 11 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 WpÜG ergebenden Inhalt unrichtig und unvollständig ist. Darüber hinaus finden nach § 13 Abs. 3 WpÜG die Vorschriften in § 12 Abs. 2 bis 6 WpÜG entsprechende Anwendung auf den Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter schriftlicher Bestätigung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens über die Sicherstellung der Finanzierung eines Angebots durch den Bieter i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, den derjenige, der das Angebot angenommen hat, gegenüber dem bestätigenden Unternehmen geltend machen kann (§ 13 Abs. 2 WpÜG).
5
Die Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG ist auf den Ersatz des Schadens gerichtet, welcher derjenigen Person entstanden ist, die das Angebot aufgrund der fehlerhaften Angebotsunterlage angenommen hat oder deren Aktien dem Bieter nach § 39a WpÜG übertragen wurden. Dementsprechend folgen die nachfolgenden Erläuterungen zu § 12 WpÜG dem üblichen Aufbau eines Schadensersatzanspruchs. Dabei kann die Zuordnung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen zu den verschiedenen Absätzen des § 12 WpÜG den jeweiligen Kapitelüberschriften entnommen werden.
5a
Die Vorschrift hat durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz – ÜbernRLUG) vom 8.7.20065 geringfügige Änderungen erfahren. Die weitreichendste Änderung besteht darin, dass Schadensersatz künftig nicht nur jene verlangen können, die das Angebot innerhalb der durch das Gesetz eröffneten Annahmefristen angenommen haben, sondern auch jene, deren Aktien nach der mit dem Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz neu ins Gesetz gelangten „Squeeze-out“-Regelung des § 39a WpÜG auf den Bieter übertragen wurden. Eine weitere Änderung in § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.20166 sind rein redaktionelle Änderungen zur Anpassung des § 12 WpÜG an Änderungen des WpHG infolge der EU-Marktmissbrauchsverordnung VO Nr. 596/20147.
B. Haftungsvoraussetzungen I. Angebotsunterlage als Bezugspunkt der Haftung (§ 12 Abs. 1 WpÜG) 6
Gegenstand der Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG ist die gemäß § 11 Abs. 1 WpÜG zu erstellende und zu veröffentlichende sowie von der Bundesanstalt nach § 14 Abs. 2 WpÜG gebilligte und tat4 Gesetz zur weiteren Entwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24.3.1998, BGBl. I 1998, 529, 530 f.; RegE, BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997 (identisch mit BR-Drucks. 605/97 v. 15.8.1997), S. 55 f., 76 ff.; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 13/9874 v. 11.2.1998. 5 BGBl. I 2006, 1426. 6 Gemäß Art. 16 Abs. 6 Nr. 2 1. FiMaNoG, BGBl. I 2016, 1514 wurden in „§ 12 Absatz 3 Nummer 3 … die Wörter ‚§ 15 des Wertpapierhandelsgesetzes‘ durch die Wörter ‚Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014‘ ersetzt.“ 7 Siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum 1. FiMaNoG, BT-Drucks. 18/8099 v. 13.4.2018, S. 1, 111.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 7 § 12
sächlich veröffentlichte Angebotsunterlage8. Eine gebilligte, aber nicht veröffentlichte Angebotsunterlage löst dagegen keine Haftung nach § 12 WpÜG aus. Gleiches gilt für den Fall, dass überhaupt keine Angebotsunterlage erstellt und veröffentlicht wurde9. Nicht erforderlich ist, dass die gebilligte Angebotsunterlage den gesetzlichen Anforderungen entsprach10 und nach Maßgabe von § 14 Abs. 2 und 3 WpÜG ordnungsgemäß veröffentlicht wurde11. Andere Veröffentlichungen des Emittenten als die gebilligte Angebotsunterlage, die der Verbreitung des Angebots über die zu platzierenden Wertpapiere dienen, sind der Haftung nach § 12 WpÜG entzogen12. Für die Verwendung von Angebotsunterlagen, die – aus welchem Grunde auch immer – nicht von 7 der BaFin gebilligt wurden (§§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 1 WpÜG)13, kommt jedoch eine Haftung analog § 12 WpÜG oder die Anwendung der Grundsätze der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung in Frage14. Was eine analoge Anwendung des § 12 WpÜG betrifft, wurde für den Parallelfall der Veröffentlichung eines nicht (gemäß § 8i Abs. 2 VerkProspG a.F., heute § 8 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG) gebilligten Verkaufsprospekts eine analoge Anwendung der Vorschrift über die Haftung für fehlerhafte Prospekte – § 13 VerkProspG a.F. – ganz überwiegend abgelehnt15, weil sich das Haftungssystem des § 13 Verk8 Für den insoweit vergleichbaren Fall der Haftung für die von § 13 VerkProspG a.F. erfassten Wertpapier- und Verkaufsprospekte siehe Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 13 VerkProspG Rz. 16, 20; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 57. Zu § 12 WpÜG wie hier Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 951; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 22 f.; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 184; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 12; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 4; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 4; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 334; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 10, 12; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 3. Anders, aber zu weitgehend, Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2012, § 13 VerkProspG Rz. 10; Hamann in Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, Börsengesetz mit BörsZulV, Verkaufsprospektgesetz mit VerkProspV, 1999, § 13 VerkProspG a.F. Rz. 3; J. Hüffer, S. 133. Sie sehen als Verkaufsprospekte auch dasjenige vom Anbieter ausgestellte Schriftstück an, das nach seinem Willen zur Erfüllung der Verpflichtungen aufgrund des Verkaufsprospektgesetzes erstellt wurde. Für die der wertpapierprospektgesetzlichen und vermögensanlagengesetzlichen Prospekthaftung nach § 21 WpPG und § 20 VermAnlG unterfallenden Prospekte ebenso Assmann in Assmann/ Schlitt/von Kopp-Colomb, § 21-23 WpPG Rz. 13, 15, 20, sowie insbes. § 20 VermAnlG Rz. 5 m.w.N. 9 Ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 3; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 11; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 3. 10 Auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 2. 11 Vgl., mit ausführlicher, auch für den Fall der Haftung für die Angebotsunterlage einschlägiger Begr., Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 13 VerkProspG Rz. 17, 22; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 22; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 181; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 12; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 10; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 3. 12 Ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 3; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 23; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 13. 13 Dieser Fall ist sicherlich praktisch unbedeutend und „bislang nicht relevant geworden“ (Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 12 a.E.), doch ist er andererseits nicht von vornherein ausgeschlossen (so aber Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 4: Frage „stellt sich nicht“): Zwar hätte die BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG das Angebot zu untersagen, wenn der Bieter entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt keine Angebotsunterlage übermittelt oder entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG die (gebilligte) Angebotsunterlage nicht veröffentlichte, doch wird es zu einer solchen Untersagung nicht kommen, wenn der Bieter – die BaFin erhält nach § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG nur die Mitteilung der Veröffentlichung, aber keinen Beleg – unbemerkt eine andere als die gebilligte Angebotsunterlage veröffentlicht, was auch dann der Fall ist, wenn nur teilweise Abweichungen zur gebilligten Angebotsunterlage vorliegen. Daneben sieht auch Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 4, die Möglichkeit, dass die der Aufsichtsbehörde vorgelegte „Angebotsunterlage entgegen § 14 Abs. 2 Satz 2 vor der Gestattung bekannt gegeben wird und die BaFin das Angebot letztlich nicht untersagt“. 14 Ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 3; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 2; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 3. 15 Vgl. Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, Verkaufsprospektgesetz, Verkaufsprospekt-Verordnung, Verkaufsprospektgebühren-Verordnung, 2001, § 13 VerkProspG Rz. 11; Groß, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2002, § 13 VerkProspG Rz. 8; Hamann in Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, Börsengesetz mit BörsZulV, Verkaufsprospektgesetz mit VerkProspV, 1999, Rz. 6. Für den übernahmerechtlichen Kontext auch Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 335.
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§ 12 Rz. 7 Haftung für die Angebotsunterlage ProspG a.F. (heute § 20 VermAnlG) erkennbar nur auf gebilligte Prospekte beziehen sollte. Das bewog diejenigen, die den Anleger in solchen Fällen nicht schutzlos lassen wollten, zur Heranziehung der Grundsätze der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung16. Die Ablehnung einer analogen Anwendung von § 13 VerkProspG a.F. auf gebilligten Prospekten nur funktional äquivalente Dokumente hat der Gesetzgeber insoweit bestätigt, als er die Haftung für nicht von der BaFin gebilligte Prospekte durch die Einfügung des § 13a VerkProspG a.F. durch Art. 2 des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnSVG) vom 28.10.200417 als eine Haftung für fehlende Prospekte ausgestaltete. Mit § 13a VerkProspG a.F., dem heute § 21 VermAnlG entspricht, hat sich der Gesetzgeber mithin dagegen entschieden, die Haftung für die Verwendung eines nicht gebilligten Prospekts im Rahmen eines prospektpflichtigen Angebots im Wege der Haftung für die Fehlerhaftigkeit des tatsächlich verwandten Prospekts zu regeln und hat statt dessen den selbständigen Tatbestand der Haftung für fehlende Prospekte geschaffen18. Schon von daher verbietet sich eine analoge Anwendung von § 12 WpÜG auf Angebotsunterlagen, die nicht von der BaFin gebilligt wurden19. Nicht minder naheliegend wäre es angesichts dessen, die Haftung für die Verwendung nicht gebilligter Angebotsunterlagen analog § 13a VerkProspG a.F. und dem heutigen § 21 VermAnlG als Haftung für eine fehlende Angebotsunterlage zu behandeln. Für eine solche Analogie spricht, dass dem Gesetzgeber die Parallelproblematik der Verwendung nicht gebilligter Verkaufsprospekte einerseits und nicht gebilligter Angebotsunterlagen andererseits entgangen sein dürfte und seine mit § 13a VerkProspG a.F./§ 21 VermAnlG verfolgten regulatorischen Vorstellungen auf den Fall der Verwendung nicht gebilligter Angebotsunterlagen ohne Weiteres übertragbar erscheinen. Hält man zwar die Interessenlage in den Fällen der Verwendung nicht gebilligter Verkaufsprospekte oder nicht gebilligter Angebotsunterlagen für vergleichbar, betrachtet aber – unter Hinweis auf die Besonderheit des Wertpapiererwerbs auf der Grundlage von Verkaufsprospekten – das Regulierungsmodell des § 13a VerkProspG a.F., das in § 21 VermAnlG überführt wurde, samt seiner differenzierten Rechtsfolgenregelung nicht auf Angebote und Angebotsunterlagen nach dem WpÜG für übertragbar, so lässt sich der gebotene Anlegerschutz im Hinblick auf die Verwendung nicht gebilligter Angebotsunterlagen, wie schon früher vertreten20, nur im Wege der entsprechenden (d.h. dem Umstand, dass eine Angebotsunterlage kein Prospekt i.S. der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung ist, Rechnung tragenden21) Heranziehung der Grundsätze der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung gewährleisten22. Nicht anders ist in Bezug auf Angebotsunterlagen zu verfahren, die entgegen § 14 Abs. 2 WpÜG vor ihrer nachfolgenden Billigung durch die BaFin veröffentlicht wurden. 8
Material, das vor oder nach der Veröffentlichung eines Angebots neben der Angebotsunterlage benutzt wird und das den Eindruck erweckt, vollständig oder richtig über das Angebot zu informieren, unterliegt nicht der Haftung nach § 12 WpÜG23, sollte aber – vergleichbar dem Falle des Gebrauchs von Angebotsmaterial neben einem gebilligten Verkaufsprospekt24 – nach den Grundsätzen der bür-
16 Ausführlich Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl. 1997, § 7 Rz. 3 und 94 ff.; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, Verkaufsprospektgesetz, Verkaufsprospekt-Verordnung, Verkaufsprospektgebühren-Verordnung, 2001, § 13 VerkProspG Rz. 11. 17 BGBl. I 2004, 2630. 18 Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 13 VerkProspG Rz. 16 und § 13a VerkProspG Rz. 6. 19 I.E. ebenso Schwennicke in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 3; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 12. 20 1. Aufl., § 12 WpÜG Rz. 7. Auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 2. 21 Daran soll nach Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 25a, die Anwendung der Grundsätze der „allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung“ scheitern. Für die entsprechende Anwendung der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftungsgrundsätze ist es ausreichend, dass die Unterlage – insoweit einem Prospekt vergleichbar – den Eindruck erweckt, vollständig und richtig über das Angebot zu informieren. 22 I.E. ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 3; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 2; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 4; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 335, 363; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 12. 23 Unstr., etwa Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 3; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 23; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 12; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 5; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 13. 24 Siehe dazu Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 13 VerkProspG Rz. 16; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 75 ff.; detailliert auch schon Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, Verkaufsprospektgesetz,
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 10 § 12
gerlichrechtlichen Prospekthaftung behandelt werden25. Das gilt allerdings nicht für Veröffentlichungen, die als Werbung für die Annahme des Angebots erkennbar sind und beim Publikum nicht die Vorstellung einer vollständigen Information über die Angebotsumstände und -bedingungen hervorrufen26. Die Kontrolle der Werbung nach Form und Inhalt erfolgt nach den hierfür geltenden allgemeinen zivilrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen sowie nach § 28 WpÜG27. Stellte der Bieter in einer den Anforderungen aus § 11 WpÜG i.V.m. §§ 2 ff. WpÜG-AngVO genügenden Angebotsunterlage zusätzliche Informationen lediglich unverbindlich in Aussicht, so sind später veröffentlichte Zusatzinformationen nicht als Bestandteil dieser Angebotsunterlage anzusehen und unterliegen daher nicht der Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG28. Aber auch in diesem Falle ist eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Zusatzinformationen wegen Verstoßes gegen die Vorschriften zur Ad-hoc-Publizität oder nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, darunter insbesondere die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung, nicht ausgeschlossen29. Dessen ungeachtet können der Veröffentlichung der Angebotsunterlage vorausgehende, zeitgleich ver- 9 breitete oder nach derselben verwendete Materialien Gegenstand der Haftung nach anderweitigen Regelungen sein, wie insbesondere Vertragshaftung, der Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo)30 sowie der deliktischen Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB oder nach § 826 BGB31 (vgl. § 12 Abs. 6 WpÜG). Außer Frage steht darüber hinaus, dass die Haftung für die Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG eine Haftung für dieselbe nach Maßgabe der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung ausschließt32.
II. Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Angebotsunterlage (§ 12 Abs. 1 WpÜG) Eine Haftung für die Angebotsunterlage nach § 12 Abs. 1 WpÜG setzt des Weiteren voraus, dass zur Beurteilung des Angebots wesentliche Angaben der Angebotsunterlage unrichtig oder unvollstän-
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26 27 28
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Verkaufsprospekt-Verordnung, Verkaufsprospektgebühren-Verordnung, 2001, § 13 VerkProspG Rz. 13 f. m.w.N. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe BGH v. 12.7.1982 – II ZR 172/81, AG 1982, 282), die schriftliche Zeichnungsaufforderungen für Aktien weder der allgemeinen zivilrechtlichen noch der börsengesetzlichen Prospekthaftung unterwirft, steht dieser Behandlung schriftlicher Angebotsmaterialien, die nicht Angebotsunterlage i.S. der §§ 11, 12 Abs. 1 WpÜG sind, allerdings (noch) entgegen. Wie hier, m.w.N., Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 23; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 2; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 5; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 334; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 13. Ebenso Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 23; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 12; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 5; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 362; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 12 WpÜG Rz. 13. Siehe zu dem vergleichbaren Fall von § 8j VerkProspG a.F. die Kommentierung von Assmann in Assmann/ Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 8j VerkProspG. OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 752. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der BGH v. 21.7.2008 – II ZR 284/07, juris, zurückgewiesen. I.E. zustimmend Widder/Bedkowski, BB 2008, 17. Ebenso Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 25; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 12 WpÜG Rz. 14. OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 752. Zur bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung ebd. S. 753. OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 25a; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 12; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 5; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 15. Wie hier Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 2; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 12; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 5; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 Rz. 15. Auch OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 752, 755 f. Vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, BT-Drucks. 14/7034 v. 5.10.2001 (= BR-Drucks. 574/01 v. 17.8.2001), im Folgenden: Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 1; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 2 (abschließende Sonderregelung).
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§ 12 Rz. 10 Haftung für die Angebotsunterlage dig sind. Die Beweislast für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angebotsunterlage sowie dafür, dass eine falsche oder unterlassene Angabe eine wesentliche Angabe betrifft, trägt der Anspruchsteller33. 1. Wesentliche Angaben 11
Nicht jede Angabe, die nach § 11 Abs. 2 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO in die Angebotsunterlage aufgenommen werden muss, ist per se als wesentlich zu betrachten34. Deshalb gibt es auch keine Vermutung, dass jede in der Angebotsunterlage enthaltene oder jede entgegen vorstehend angeführten Bestimmungen nicht in der Angebotsunterlage enthaltene Angabe eine wesentliche sei35. In Anlehnung an die zur bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung und zur Haftung nach den gesetzlichen Prospekthaftungstatbeständen entwickelten Grundsätze36, lassen sich vielmehr nur solche Angaben als wesentlich (oder synonym: notwendig oder erheblich) bezeichnen, die Umstände betreffen, die objektiv für die Beurteilung des Angebots im Hinblick auf seine Annahme bzw. Ablehnung erforderlich sind und die der durchschnittliche, verständige Adressat des Angebots „eher als nicht“ bei seiner Entscheidung über dasselbe berücksichtigen würde37. Ähnlich, aber zu sehr auf die wertbildenden Faktoren der vom Erwerbsangebot betroffenen Wertpapiere verengt38, heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs39, für die Beurteilung von Angaben als wesentlich sei entscheidend, „ob sich im konkreten Fall bei einer ordnungsgemäßen Angabe die für die Beurteilung der Wertpapiere maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse verändern würden“.
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Berücksichtigt man, dass der durchschnittliche Adressat für die Beurteilung des Wertpapiererwerbsangebots nicht nur solche Informationen zu Grunde legen wird, welche die aktuelle Werthaltigkeit der in Frage stehenden Wertpapiere betrifft, sondern auch die Umstände, welche die Konditionen des Angebots sowie zukünftige Entwicklung der Werthaltigkeit der Wertpapiere für den Fall der Nichtannahme des Angebots betreffen, so sind es vor allem Angaben zu den nachfolgend angeführten Sachverhalten und Umständen, die als wesentliche in Betracht kommen:
13
– Umstände, die objektiv zu den wertbildenden Faktoren der Wertpapiere gehören, auf die sich das Angebot bezieht;
33 Vgl. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 80. 34 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. Vgl. auch Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 78; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 3; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 11; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 10; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 17. 35 Ebenso Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 78; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 9. 36 Dazu ausführlich Assmann, Prospekthaftung, S. 319; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 86 f.; Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 13 VerkProspG Rz. 38 ff. m.w.N. Die nach vorstehend kommentierten Vorschriften anerkannten Grundsätze gelten auch für die Prospekthaftung nach § 21 WpPG, § 21 VermAnlG und § 306 KAGB. Siehe dazu Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 45 ff., § 20 VermAnlG Rz. 13 ff.; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 46 ff.; Assmann in Assmann/Schütze, § 5 Rz. 140 ff., 250 f. bzw. 384 ff. 37 Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 13 VerkProspG Rz. 38; Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 20 VermAnlG Rz. 15, §§ 21-23 WpPG Rz. 47; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 Rz. 47; Assmann in Assmann/Schütze, § 5 Rz. 141 (WpPG), 250 (VermAnlG), 384 (KAGB); Assmann, AG 2002, 153, 154. Ebenso etwa Hamann, ZIP 2001, 2249, 2256; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 6; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 3; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 187; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 35; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 9; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 10; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 18. Nach Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 77, alle wertbildenden Faktoren, welche den Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft bei seiner Entscheidung bestimmen, vor allem die Angaben, welche die essentialia negotii eines Vertrages darstellten; ebenso Möllers, ZGR 2002, 664, 671. 38 Ebenso van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 7. 39 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42.
306
Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 20 § 12
– die Angebotskonditionen (wie etwa die angebotene Gegenleistung)40, die Finanzierung des Angebots41 sowie Umstände, welche für die Beurteilung der Angebotskonditionen und der Sicherstellung der Finanzierung des Angebots von Bedeutung sein können;
14
– Umstände, welche dem Erfolg des Angebots und der Wirksamkeit der durch die Annahme des Angebots zustande gekommenen Geschäfte entgegenstehen können, wie etwa vom Bieter stipulierte Bedingungen oder rechtliche Hindernisse, von deren Eintritt bzw. Beseitigung die Wirksamkeit solcher Geschäfte abhängt42;
15
– die Absichten43 des Bieters im Hinblick auf die Zielgesellschaft44, namentlich in Bezug auf deren 16 zukünftige Organisation und Geschäftstätigkeit sowie die Verwendung des Vermögens der Zielgesellschaft; und schließlich – Umstände, die für die Beurteilung der Stellungnahmen von Bedeutung sind, die andere als der Bieter nach Maßgabe des WpÜG abzugeben haben, wie etwa dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat der Zielgesellschaft gewährte oder versprochene Geldleistungen oder geldwerte Vorteile.
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Von den nach § 11 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO verlangten Angaben sind daher regelmäßig als wesentlich zu betrachten:
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– Einzelne der nach § 11 Abs. 2 Satz 2 WpÜG erforderliche Angaben über den Inhalt des Angebots, wie etwa diejenigen über die Art und die Höhe der für die Wertpapiere der Zielgesellschaft gebotenen Gegenleistung oder die Bedingungen, von denen die Wirksamkeit des Angebots abhängt. Auch falsche Angaben über die Dauer der Angebotsfrist können, soweit sie die zeitliche Dispositionsfreiheit des Angebotsadressaten maßgeblich beeinträchtigt haben, als wesentlich zu betrachten sein45.
19
– Verschiedene der nach § 11 Abs. 2 Satz 3 WpÜG vorzunehmenden („ergänzenden“) Angaben zum Angebot, wie etwa: (1) Angaben zu den notwendigen Maßnahmen, die sicherstellen, dass dem Bieter die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zu Verfügung stehen; (2) jedenfalls im Falle von Tauschangeboten, bei denen Aktien des Bieters angeboten werden, Angaben zu den erwarteten Auswirkungen eines erfolgreichen Angebots auf die Vermögens-, Finanz- und
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40 Etwa Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 9; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 77; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 8 (Bsp.: wegen „fehlerhafter Angaben oder Berechnung zu niedrig angesetzte Gegenleistung“); Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 3; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 187; Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 132. A.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 13 ff., mit dem Argument (Rz. 13), Gegenleistungen seien die essentialia negotii des durch die Annahme des Angebots zustande kommenden Wertpapiererwerbsvertrags und stellten deshalb keine haftungsrelevanten Angaben i.S. des § 12 WpÜG dar, aber übersehend, dass die Angaben zu den Angebotskonditionen, für deren Ermittlung das Gesetz (anders als bei arms length-Transaktionen) Vorgaben macht, zuzutreffen haben und nicht irreführend sein dürfen. Vgl. auch die gegen Steinhardt, a.a.O., anzuführenden Argumente bei Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 8. 41 Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 77; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 3; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 9; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 187; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 11; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 19. 42 Vgl. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 77; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 9; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 19; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 11. 43 Zur Frage, ob es sich bei diesen zukunftsbezogenen Angaben um solche handeln kann, die der Beurteilung als richtig oder unrichtig zugänglich sind und damit als Haftungsgrundlage taugen, siehe die Ausführungen unten in Rz. 24. 44 Vgl. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 9; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 187; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 11; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 27; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 9. Nach Oechsler in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 3, soll dies nur für den Fall gelten, dass eine Kontrollmehrheit angestrebt wird. 45 Ähnlich Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 77 und Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 19, unter Hinweis auf den Zeitdruck, der von falschen Fristangaben auf den Anleger ausgelöst werden kann.
Assmann
307
§ 12 Rz. 20 Haftung für die Angebotsunterlage Ertragslage des Bieters46; (3) Angaben über die Absichten des Bieters im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft, insbesondere den Sitz und den Standort wesentlicher Unternehmensteile, die Verwendung ihres Vermögens, ihre künftigen Verpflichtungen, die Arbeitnehmer und deren Vertretungen, die Mitglieder ihrer Geschäftsführungsorgane und wesentliche Änderungen der Beschäftigungsbedingungen einschließlich die insoweit vorgesehenen Maßnahmen; (4) Angaben über Geldleistungen oder andere geldwerten Vorteile, die einem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft gewährt werden. 21
– Von den Angaben, die nach der generalklauselartigen Formulierung des § 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG notwendig sind, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können, etwa Angaben über das Erfordernis und die Durchführung einer aufsichtsrechtlichen Genehmigung der Übernahme (vgl. § 2 Nr. 8 WpÜG-AngVO), namentlich über den Stand eines Fusionskontrollverfahrens47.
22
– Von den Angaben, die nach § 2 WpÜG-AngVO vom Bieter in die Angebotsunterlage aufzunehmen sind, etwa: (1) die Angaben, die nach Nr. 2 im Falle eines Tauschangebots notwendig sind, um den Adressaten des Angebots ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere zu ermöglichen48; (2) die nach Nr. 3 verlangten Angaben über die Bewertungsmethoden, die für die Festsetzung der Gegenleistung angewandt wurden; (3) die in Nr. 5 und 7 aufgeführten Angaben über die vom Bieter und bestimmten Dritten gehaltenen Wertpapiere, die sich aus diesen ergebenden Stimmrechtsanteile sowie, falls die fraglichen Wertpapiere in den letzten drei Monaten vor Veröffentlichung des Angebots erworben wurden, die hierfür gewährte oder vereinbarte Gegenleistung; (4) die nach Nr. 6 bei Teilangeboten verlangten Angaben, sowie (5) Angaben zum Erfordernis und zum Stand behördlicher Verfahren im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wertpapiere der Zielgesellschaft nach Nr. 8. 2. Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben
23
Die Beantwortung der Frage, ob wesentliche Angaben der Angebotsunterlage unrichtig sind oder die Angebotsunterlage im Hinblick auf wesentliche Angaben unvollständig49 ist, hat aus der Perspektive und den Maßstäben eines „durchschnittlichen“ Anlegers zu erfolgen50, d.h. eines Anlegers, der mit der gebräuchlichen Schlüsselsprache nicht vertraut ist51, die Angebotsunterlage „sorgfältig und ein-
46 Ebenso, allerdings nicht auf Tauschangebote beschränkt, auch Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 77; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 9; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 11; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 19. Kritisch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 3. 47 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. 48 § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO i.V.m. § 7 WpPG und der VO (EG) Nr. 809/2004 vom 29.4.2004 (ABl. EU Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1, berichtigte Fassung ABl. EU Nr. L 215 v. 16.6.2004, S. 3). 49 Die Beurteilung der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit einer Angebotsunterlage folgt im Wesentlichen gleichen Gesichtspunkten, denn bei dem Kriterium der Unvollständigkeit handelt es sich in der Sache um einen Sonderfall („Unterfall“) der Unrichtigkeit; Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42 (mit dem Hinweis darauf, dass es angesichts der Praxisrelevanz des Falls der Unvollständigkeit von Angebotsunterlagen geboten sei, ihn gesondert aufzuführen). So auch schon der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz), BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997, S. 76, 80. Auch Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 13 VerkProspG Rz. 23; Groß, AG 1999, 199, 202. Vgl. auch Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 39; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 22 f. 50 BGH v. 23.10.2018 – XI ZB 3/16, AG 2019, 210, 212 (Rz. 49 m.w.N. zur Rspr.); Assmann in Assmann/Schlitt/ von Kopp-Colomb, (§§ 21–23 WpPG Rz. 37 ff., § 20 VermAnlG Rz. 11; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 37; Assmann, AG 2002, 153, 155; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 Rz. 34; Möllers, ZGR 2002, 664, 682; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 9; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 185; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 22; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 6; Steinhardt in, § 12 WpÜG Rz. 7; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 20. 51 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 – BuM, WM 1982, 862, 863 = AG 1982, 278. In Anlehnung an § 265b StGB soll nach den Darlegungen im RegE 2. WiKG (BT-Drucks. 10/318 v. 26.8.1983, S. 24) in Bezug auf § 264a StGB vom „verständigen, durchschnittlich vorsichtigen“ Anleger auszugehen sein.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 24 § 12
gehend“ liest52 und, im Sinne einer ex ante-Betrachtung53, die Erkenntnisse zugrunde legt, wie sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage54 verfügbar sind55. Dass die Rechtsprechung an dem dictum festhält, der „durchschnittliche Anleger“ sei in der Lage, eine Bilanz zu lesen56, darf heute mit einiger Sicherheit verneint werden57, denn diese Einschränkung liegt weder in der Linie des von ihr später verfolgten und zunehmend als Verbraucherschutz ausgestalteten Anlegerschutzes58 noch in derjenigen der zumindest für Wertpapierprospekte maßgeblichen, in die gleiche Richtung gehenden EG-Richtlinien59. Unrichtig sind in der Angebotsunterlage mitgeteilte Tatsachen (das sind alle der äußeren Wahrnehmung und damit des Beweises zugänglichen Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Innenlebens), wenn sie (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage, Rz. 23) mit den wirklichen Verhältnissen nicht übereinstimmen60. Unrichtig können Angaben der 52 So für die Prospekthaftung BGH v. 31.3.1992 – XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 904; BGH v. 22.2.2005 – XI ZR 359/03, AG 2005, 477; BGH v. 14.6.2007 – III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993 (Rz. 9); BGH v. 23.10.2018 – XI ZB 3/16, AG 2019, 210, 212 (Rz. 49). Vgl. auch den Beschluss BGH v. 12.1.2006 – III ZR 407/04, WM 2006, 522, 523, in welchem der BGH es nicht als Prospektmangel erachtet, wenn dem Anleger kein „schneller Überblick“ über die Risiken der Anlage geboten wird und er stattdessen auf die Lektüre „umfangreiche(r) Ausführungen zu den Einzelinvestitionen angewiesen ist. Für den vorliegenden Zusammenhang zustimmend etwa Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 22; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 7. 53 Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 41, § 20 VermAnlG Rz. 9; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 40; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 24, 33a; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 7. A.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 8, der eine ex ante-Betrachtung nur bei der Beantwortung der Frage des Verschuldens für erforderlich hält und ansonsten „grundsätzlich“ eine „Ex-post-Betrachtung“ für geboten ansieht. 54 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 952; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 72; Oechsler in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 4; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 24; Louven in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 4; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 8; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 29. A.A., aber zu undifferenziert, implizit die explizit abgelehnten Aktualisierungspflichten annehmend und letztlich ohne Begründung Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 14 („Zeitpunkt der Annahme des Angebots“). 55 Zur Möglichkeit der Berichtigung anfänglich unrichtiger Angebotsunterlagen sowie zur Frage, ob nachträglich (aufgrund neuer Ereignisse) unrichtig gewordene Angebotsunterlagen eine Haftung nach § 12 begründen und zum Zwecke der Vermeidung derselben zu aktualisieren sind, siehe unten Rz. 30 ff. Praktikabilitätsgesichtspunkte sprechen gegen einen nach den Angebotsadressaten des Angebots differenzierenden Maßstab, wie ihn Lenenbach, Rz. 16.117, vertritt. 56 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 863. Ausdrücklich folgend (die nicht rechtskräftig gewordene Entscheidung des) OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2004 – 5 U 122/03, ZIP 2004, 1411, 1414. Zustimmend im Schrifttum Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 9; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 22; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 20. 57 Ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 6; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 7. Nach Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 185, soll die Frage „jedenfalls bei Barangeboten eine deutlich geringere Rolle“ spielen. 58 Assmann in Assmann/Schütze, § 1 Rz. 3, 54. 59 Das gilt schon für die Prospektrichtlinie 2003/71/EG v. 4.11.2003, ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64, die ausweislich der Ausführungen in Erwägungsgrund 41 den Schutz des Vertrauens des Kleinanlegers einforderte. Und das gilt auch für die Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 14.6.2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG, ABl. EU Nr. L 168 v. 30.6.2017, S. 12, die etwa die nunmehr verlangte Zusammenfassung des Prospekts als „nützliche Informationsquelle für Anleger, insbesondere Kleinanleger“ (Erwägungsgrund 28) eingeführt und ausgestaltet hat. Bei der Darlegung der Risikofaktoren in der Zusammenfassung sollen besonders Risiken für Kleinanleger hervorgehoben werden (Erwägungsgrund 29). In der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.11.2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP), ABl. EU Nr. L 352 v. 9.12.2014, S. 1, ist der Kleinanleger sogar schon titelgebend. 60 Siehe, jeweils m.w.N., Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 46 und 50, § 20 VermAnlG Rz. 14 und 18; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 57; Assmann in Assmann/ Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 48, 50, 144, 252, 390. Entsprechend für die Angebotsunterlage etwa Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 25b, 36; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 5;
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§ 12 Rz. 24 Haftung für die Angebotsunterlage Angebotsunterlage nicht nur hinsichtlich tatsächlicher Angaben, sondern auch in Bezug auf dort wiedergegebene Meinungen, Werturteile, Prognosen und zukunftsbezogene Informationen sein61. Sie sind sämtlich dann als unrichtig zu betrachten, wenn sie nicht ausreichend durch Tatsachen gestützt und kaufmännisch nicht vertretbar sind62. Ist dies im Zeitpunkt ihrer Erstellung der Fall, so können Prognosen bzw. zukunftsbezogene Aussagen nicht deshalb als unrichtig angesehen werden, weil sie nicht eingetreten sind bzw. sich nicht bewahrheitet haben63. 25
Zur Aufnahme zukunftsbezogener Angaben in die Angebotsunterlage ist der Bieter allerdings nur insoweit verpflichtet, als das Gesetz ihm eine diesbezügliche Verpflichtung auferlegt64. Eine solche ist derzeit nur in § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 WpÜG im Hinblick auf die zu erwartenden Auswirkungen eines erfolgreichen Angebots auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bieters sowie die Absichten des Bieters in Bezug auf die Zielgesellschaft zu finden. Im ersteren Falle sind die Angaben der Angebotsunterlage nicht zu beanstanden, wenn sie hinreichend durch Tatsachen unterlegt und kaufmännisch vertretbar sind (siehe oben Rz. 24). Obschon hinsichtlich des herbeizuführenden Zustands oder des an den Tag zu legenden Verhaltens zukunftsbezogen, sind die im zweiten Fall (gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG) in die Angebotsunterlage aufzunehmenden Angaben über Absichten des Bieters jedoch Angaben über Tatsachen im Sinne innerer Tatsachen. Die diesbezüglichen Angaben sind deshalb nicht als unrichtig anzusehen, wenn der Bieter sich später anders verhält, als es seinen kundgegebenen Absichten entspricht; entscheidend ist allein, ob er im Zeitpunkt der Prospekterstellung tatsächlich die angegebenen Absichten verfolgte65. Freilich ist daran zu denken, die Abweichung von den in der Angebotsunterlage geschilderten Absichten als Indiz dafür zu werten, dass der Bieter diese im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nicht ernsthaft verfolgte, um ihn so zu einer substantiierten Darlegung der Gründe zu veranlassen, aus der sich die Abweichung seiner Absicht von seinem tatsächlichen Handeln ergibt.
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Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 25; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 4; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 8; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 16; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 12 WpÜG Rz. 22. Insbesondere BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 – BuM, WM 1982, 862, 863 = AG 1982, 278. Auch OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 295 = AG 1995, 134; LG Frankfurt a.M. v. 7.10.1997 – 3/11 O 44/96, WM 1998, 1181, 1184. Im Hinblick auf Rendite- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen etwa BGH v. 16.1.1985 – IVa ZR 83/83, WM 1985, 483; BGH v. 7.10.1987 – IVa ZR 67/86, WM 1987, 1557; BGH v. 17.6.1991 – II ZR 121/90, WM 1991, 1543; OLG Bremen v. 21.12.1982 – 1 U 66/82, ZIP 1983, 423. Siehe auch Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 13 VerkProspG Rz. 37; Hopt, ZHR 166 (2002), 382, 407; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 25b; Assmann, AG 2002, 153, 155; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 9; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 21. BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 – BuM, WM 1982, 862, 865 = AG 1982, 278; OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 595 f. = AG 1984, 188. Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 50, § 20 VermAnlG Rz. 18; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 57; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 50, 144, 252, 390; Groß, AG 1999, 199, 202; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 13. In Bezug auf die Angebotsunterlage vgl. Assmann, AG 2002, 153, 155; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2252; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 36; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 8; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 5; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 25; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 4; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 9; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 9, 16; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 22. Auch van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 13. Zukunftsbezogene Informationen – wie Prognosen oder Angaben über Planungen und Vorhaben oder Aussagen über Erwartungen und die zukünftige Entwicklung der Anlagegesellschaft – können allenfalls dann aufzunehmen sein, wenn die Angebotsunterlage sonst unvollständig i.S. von § 12 Abs. 1 Satz 1 WpÜG wäre. Im Zusammenhang mit der Prospekthaftung siehe Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 52, 58 ff., 140. Zum Erfordernis von Aussagen über Zukunftsaussichten des Emittenten in Wertpapierprospekten als Vollständigkeitsfrage siehe Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 56. Erwecken Angaben falsche Vorstellungen über den Bieter und „über die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft“, sind sie unrichtig, Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 4. Assmann, AG 2002, 153, 156; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 9; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 36; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 27.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 27 § 12
Unvollständig ist die Angebotsunterlage, wenn ihr wesentliche Angaben fehlen, d.h. Informationen, die ein durchschnittlicher, verständiger Anleger „eher als nicht“ bei seiner Entscheidung über die Annahme des Angebots berücksichtigen würde66. Eine Angebotsunterlage ist daher nicht bereits deshalb vollständig, weil sie alle nach § 11 WpÜG, § 2 WpÜG-AngVO erforderlichen und hinsichtlich ihrer Vollständigkeit von der BaFin kontrollierten Angaben enthält67. Auch für den Fall von Umtauschangeboten ist eine Angebotsunterlage nicht unvollständig, wenn sie keine Angaben über eventuelle Negativberichterstattung, Negativratings oder Downratings betreffend den Bieter oder die Zielgesellschaft enthält68. Allerdings kann eine – unter Berücksichtigung bekannter kritischer Berichte Dritter69 – zu positive Darstellung einen falschen Gesamteindruck (siehe Rz. 27) der Angebotsunterlage hervorrufen und damit fehlerhaft sein70.
26
Wie bei der Beurteilung der von den verschiedenen Tatbeständen der Prospekthaftung erfassten Pros- 27 pekte ist auch bei der Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer Angebotsunterlage das von dieser erzeugte Gesamtbild (früher: Gesamteindruck)71 zu berücksichtigen72. Danach ist – in Anleh66 In Bezug auf die Prospekthaftung etwa BGH v. 21.10.1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12; BGH v. 29.5.2000 – II ZR 280/98, WM 2000, 1503, 1504. Zur Angebotsunterlage OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. Aus dem Schrifttum etwa Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 55, § 20 VermAnlG Rz. 21; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 60; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 54, 148, 254, 390; Assmann, AG 2002, 153, 156; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 35; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 10, 18; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 23 m.w.N.; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 8. 67 Assmann, AG 2002, 153, 156; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2251; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 10; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 10; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 28; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 7; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 18; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 24. A.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 42 ff.; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 12 (in Bezug auf Barangebote; im Hinblick auf Umtauschangebote soll die Billigung durch die Aufsichtsbehörde zumindest eine Vermutung oder ein Indiz für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage sein). 68 In Bezug auf Börsenzulassungs- und Verkaufsprospekte und die Prospekthaftung nach Börsenprospekthaftung §§ 45, 46 BörsG a.F. und § 13 VerkProspG a.F. siehe OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 297. Näher hierzu, jeweils m.w.N., Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 62; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 56; Assmann, ZIP 2002, 637 ff. Für die Haftung für die Angebotsunterlage Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 46; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 29; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 19; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 25. 69 Ähnlich Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 46, mit der Folgerung, dies könne den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen. 70 So kontrolliert das OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 297, die Vollständigkeit des Prospekts, ohne eine Prospektierungspflicht von Negativkritiken oder Downratings zu begründen, allein unter dem Gesichtspunkt des erzeugten Gesamteindrucks, wobei Negativkritiken oder Downratings nur zur Beurteilung des Verschuldens der Anspruchsgegner, d.h. der Beantwortung der Frage herangezogen werden sollen, ob die jeweiligen Prospektverantwortlichen einzelne Unrichtigkeiten, eventuelle Unvollständigkeiten oder den unzutreffenden Gesamteindruck des Prospekts durch das Vorhandensein solcher Kritik und der hierfür angegebenen Gründe hätten erkennen können. Zustimmend insoweit Schwark, WuB I G 9. – 2.94 zu 1. (a.E.). Für den vorliegenden Zusammenhang Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 46; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 29; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 19; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 12 WpÜG Rz. 25. 71 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 – BuM, WM 1982, 862, 863 = AG 1982, 278; OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 295 = AG 1995, 134; OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, ZIP 1999, 1005, 1007 = AG 2000, 132; LG Frankfurt a.M. v. 7.10.1997 – 3/11 O 44/96, WM 1998, 1181, 1184. Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 49, 58, 66, § 20 VermAnlG Rz. 17, 23; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 51, 60; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 61, 143, 148, 251, 254, 388 f., 429; Groß, AG 1999, 199, 202; Groß, Kapitalmarktrecht, § 21 WpPG Rz. 44; Hauptmann in Vortmann, § 3 Rz. 66 f.; J. Hüffer, S. 138 ff.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 48; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 30 f. 72 BGH v. 23.10.2018 – XI ZB 3/16, AG 2019, 210, 212 (Rz. 49 m.w.N. zur Rspr.); Hopt, ZHR 166 (2002), 382, 407; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 47 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 8; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 6; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG
Assmann
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§ 12 Rz. 27 Haftung für die Angebotsunterlage nung an die einschlägige Rechtsprechung zur Prospekthaftung (siehe dazu oben Rz. 23) – eine Angebotsunterlage auch dann unrichtig oder unvollständig, wenn sie unter Betrachtung aller ihrer Angaben bei den maßgeblichen Adressaten (oben Rz. 3) Vorstellungen über die Vorteilhaftigkeit des Erwerbsangebots erweckt, welche den tatsächlichen Umständen nicht entsprechen. Dabei sind zu den Angaben betreffend die Vorteilhaftigkeit des Angebots nicht nur die Angebotskonditionen im engeren Sinne zu zählen, sondern auch Informationen, welche die aktuelle und zukünftige Werthaltigkeit der vom Angebot betroffenen Wertpapiere sowie die Absichten des Bieters (siehe schon oben Rz. 16, 20) im Hinblick auf seine zukünftige Rolle als Anteilseigner der Zielgesellschaft zum Gegenstand haben (dazu schon oben Rz. 25). 28
Die Unrichtigkeit einer Angebotsunterlage wegen Gestaltungsmängeln kommt nur bei schwerwiegenden Mängeln dieser Art, die zu einem fehlerhaften Gesamteindruck führen, in Betracht73. Wenn § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG verlangt, die Angebotsunterlage sei in einer Form abzufassen, die ihr Verständnis und ihre Auswertung erleichtert, so sind Angebotsunterlagen, die diesem Erfordernis nicht genügen, gleichwohl erst dann unrichtig oder unvollständig, wenn sie – im vorstehenden Sinne – schwerwiegende Gestaltungs- und Darstellungsmängel aufweisen.
29
Der Beurteilung der Angebotsunterlage als in Bezug auf wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig steht der Umstand, dass die BaFin die Angebotsunterlage gebilligt und ihre Veröffentlichung gestattet hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG), nicht entgegen74. 3. Anfängliche und nachträgliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit
30
Dass anfänglich unrichtige oder unvollständige, gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG veröffentlichte Angebotsunterlagen eine Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG auszulösen vermögen, die durch Berichtigung der Angebotsunterlage nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG gegenüber denjenigen abgewendet werden kann, welche das Angebot nach der Berichtigung erwerben, steht außer Frage. Unklar ist hingegen, ob eine nachträglich fehlerhafte, d.h. nach ihrer Veröffentlichung in Bezug auf wesentliche Angaben75 unrichtig oder unvollständig gewordene Angebotsunterlage eine Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG auslösen kann und mithin von den Adressaten der Haftung, zur Vermeidung derselben, eine permanente Aktualisierung der wesentlichen Angaben der Angebotsunterlage bis zum Ablauf der Annahmefrist verlangt. Die Vorschriften des § 11 Abs. 1 WpÜG (namentlich Satz 3) und des § 12 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG enthalten diesbezüglich keine klare Aussage: Ihrem Wortlaut lässt sich
Rz. 21, 23; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 5; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 11; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 20; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 26; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 R WpÜG z. 6. 73 OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. Näher Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 42, 59, § 20 VermAnlG Rz. 24; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 145. 74 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. Hamann, ZIP 2001, 2249, 2251; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 7; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 74; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 12, 24; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 37; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 7; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 3; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 5; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 341 f.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 28. So schon für den Börsenzulassungsprospekt OLG Frankfurt a.M., Teilurteil v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 297 m.w.N.; LG Frankfurt a.M. v. 6.10.1992 – 3/11 O 173/91, WM 1992, 1768, 1770 f.; RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997 (= BR-Drucks. 605/97 v. 15.8.1997), S. 76. Das entspricht auch der einhelligen Meinung im Schrifttum; siehe dazu die Nachweise bei Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 52, § 20 VermAnlG Rz. 19; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 133, 147. 75 Etwa Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 56; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 37.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 31 § 12
weder eine Pflicht zur Aktualisierung einer Angebotsunterlage76 noch die Aussage entnehmen, es solle nur für anfänglich unrichtige oder unvollständige Angebotsunterlagen gehaftet werden77. Auch aus einem Vergleich mit der früher im BörsG und im VerkProspG und heute im WpPG bzw. 31 VermAnlG geregelten Haftung für Börsenzulassungsprospekte bzw. Verkaufsprospekte ließ sich zu keiner Zeit folgern, es solle nur für anfänglich unrichtige oder unvollständige Angebotsunterlagen gehaftet werden. Dass Börsenzulassungsprospekte, Unternehmensberichte und Emissionsprospekte einer Aktualisierungspflicht unterlagen, für deren Verletzung nach § 44 Abs. 1 BörsG a.F. (heute § 21 Abs. 1 WpPG) gehaftet wurde, ist zwar von der h.M. bestritten worden78, doch standen §§ 45, 46 BörsG a.F. sowie § 52 Abs. 2 BörsZulV a.F. (heute §§ 21, 23 WpPG) der Annahme einer solchen Pflicht zur Aktualisierung nicht grundsätzlich entgegen79. Schon § 11 VerkProspG a.F. ordnete eine Nachtragspflicht zur Korrektur nachträglich unrichtig gewordener Prospekte sogar ausdrücklich an80, und heute findet sich eine ausführliche Regelung der Nachtragspflicht sowohl in § 16 WpPG in Bezug auf Börsenzulassungsprospekte und in § 11 VermAnlG in Bezug auf Verkaufsprospekte betreffend Vermögensanlagen. Dass eine entsprechende Regelung im WpÜG – namentlich im Zusammenhang mit §§ 11 Abs. 1, 12 WpÜG – fehlt, ist eine Lücke dieses Gesetzeswerks, aber – schon wegen der Nähe von Übernahmeangebotssachverhalten (hier geht es um Desinvestitionsentscheidungen) zu solchen des öffentlichen Angebots von Wertpapieren und Vermögensanlagen (bei diesen geht es um Investitionsentscheidungen) – schwerlich als bewusster gesetzgeberischer Wille anzusehen81. Ad-hoc-Publizitätspflichten und die in einer Ad-hoc-Mitteilung des Bieters nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 „deutlich gestaltete Berichtigung“ der Angebotsunterlage i.S. von § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG vermögen die Lücke nicht zu schließen: Zum einen sind nicht alle potentiellen Bieter der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 unterliegende „Emittenten“82; und zum anderen betreffen nicht alle die Angebotsunterlage möglicherweise nachträglich unrichtig machenden Ereignisse den Bieter unmittelbar oder sind – sofern sie ihn doch unmittelbar betreffen – geeignet, wegen ihrer Auswirkungen auf die Ver-
76 Ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 32. A.A. in Bezug auf § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 16, die – wie schon Häger/Steinhardt in der Vorauflage dieses Kommentars – eine Aktualisierungspflicht unmittelbar aus § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, „ggf.“ in einer „ausdehnenden Auslegung“ der Vorschrift, herleiten wollen. Ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 40, mit dem Hinweis, die Aktualisierungspflicht folge aus Sinn und Zweck von § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG. Wieder anders Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 50, der eine Ausdehnung des § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG über den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Anlage hinaus befürwortet. A.A. in Bezug auf § 12 Abs. 3 Nr. 3: WpÜG Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1331, der § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG für eine mögliche Analogiegrundlage hält. 77 Eine Aktualisierungspflicht ablehnend Hamann, ZIP 2001, 2249, 2257. Ablehnend de lege lata auch noch Oechsler, NZG 2001, 817, 823. 78 Siehe dazu ausführlich, m.w.N., Stephan, AG 2002, 3, 6. 79 Der h.M. war darin zuzustimmen, dass sich § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG a.F. (heute § 23 Abs. 2 Nr. 4 WpPG) keine Aktualisierungspflicht entnehmen ließ. Ebenso wenig war der Vorschrift allerdings zu entnehmen, dass sie nur die Kausalität der bei Veröffentlichung fehlerhaften Prospekte oder Unternehmensberichte für den Entschluss des Anlegers zum Erwerb der betroffenen Wertpapiere beseitigen soll. Nicht zu bestreiten war auch, dass § 52 Abs. 2 BörsZulV a.F. eine Nachtragspflicht nur bis zu dem Zeitpunkt der Einführung der fraglichen Wertpapiere zum börslichen Handel (§ 37 Abs. 1 BörsG a.F.) begründete, doch fehlte ihr im Hinblick auf nachträgliche Aktualisierungspflichten jegliche Aussagekraft. Des Weiteren war nicht in Abrede zu stellen, dass allein der veröffentlichte Prospekt oder Unternehmensbericht den Ausgangspunkt der Haftung nach §§ 44 ff. BörsG a.F. (heute §§ 21, 23 WpPG) darstellte, doch war auch damit über haftungsbewehrte Aktualisierungspflichten desselben nichts entschieden. 80 Siehe dazu insgesamt Stephan, AG 2002, 3 ff. 81 Assmann, ZGR 2002, 153, 157; Assmann, AG 2002, 153, 157; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 52, 53; Möllers, ZGR 2002, 664, 675; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1331; Häger/Steinhardt in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 16; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 34 ff. 82 Bezogen auf § 15 WpHG a.F. auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13. Als „Emittent“ i.S. von Art. 17 VO Nr. 596/2014 kommt nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 21 VO Nr. 596/2014 nur eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts in Betracht, die Finanzinstrumente i.S. von Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 VO Nr. 596/2014 emittiert oder deren Emission vorschlägt.
Assmann
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§ 12 Rz. 31 Haftung für die Angebotsunterlage mögens- oder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten den Börsenpreis der Papiere des Bieters erheblich zu beeinflussen83. 32
Es sprach deshalb schon anfänglich alles dafür, im Interesse einer klaren und rechtseinheitlichen Lösung § 11 VerkProspG a.F. analog auf die Angebotsunterlage anzuwenden84, und es spricht auch alles dafür, diese auf den an die Stelle dieser Bestimmung getretenen § 11 VermAnlG sowie den dieser Bestimmung entsprechenden § 16 WpPG zu übertragen85. § 23 WpÜG, der Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots regelt, die keinen Zusammenhang mit der (Richtigkeit und Vollständigkeit der) Angebotsunterlage aufweisen, steht dem nicht entgegen86. Die entsprechende Anwendung des § 11 VermAnlG und des § 16 WpPG wird man allerdings auf die Verpflichtung zur Erstellung eines Nachtrags zu beschränken und nicht auf die einer Veröffentlichung des Nachtrags vorhergehende Billigung durch die BaFin zu erstrecken haben, denn diese dürfte mangels gesetzlicher Regelung die Prüfung und Billigung eines Nachtrags zu einer Angebotsunterlage ablehnen. Dem Nachtragspflichtigen vermag daraus kein Nachteil zu entstehen, denn die Bußgeldbewehrung der Pflicht zur Veröffentlichung eines Nachtrags nach § 11 VermAnlG in § 29 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG und nach § 16 WpPG in § 35 Abs. 1 Nr. 9 WpPG lässt sich wegen des auch im Ordungswidrigkeitenrecht geltenden Analogieverbots auf keinen Fall auf die Pflicht zur Erstellung eines Nachtrags zu einer Angebotsunterlage erstrecken. Auch wenn der Nachtrag zu einer Angebotsunterlage damit zwar nicht von der BaFin zu billigen wäre, unterläge er dafür aber – wie die Angebotsunterlage selbst – der Haftung nach § 12 WpÜG87. Denkbar ist es aber auch, den Erwägungen des Bundesgerichtshofs in der Elsflether Werft-Entscheidung88 betreffend die Pflicht zur Aktualisierung eines nachträglich unrichtig gewordenen Unternehmensberichts zu folgen und eine allgemeine Pflicht zur Aktualisierung der Angebotsunterlage im Hinblick auf die in diese gemäß § 11 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AngVO aufzunehmenden Angaben von wesentlicher Bedeutung bis zum Ende der Annahmefrist zu befürworten. Auch daraus würde allerdings nicht mehr als eine Nachtragspflicht und die Haftung für die Richtigkeit des Nachtrags folgen. Kein Einwand gegen eine Aktualisierungspflicht im Sinne einer Pflicht zur Berichtigung nachträglich unrichtig oder unvollständig gewordener Angaben in der Angebotsunterlage lässt sich dem Urteil des OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.200789 entnehmen. In dem von dem Gericht zu entscheidenden Fall hatte der Bieter in einer den Anforderungen aus § 11 WpÜG i.V.m. §§ 2 ff. 83 Auch diesbezüglich ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13. 84 Assmann, AG 2002, 153, 157; Assmann, ZGR 2002, 697, 719; Assmann in FS Ulmer, S. 757, 776; auch Meyer oben zu § 11 WpÜG Rz. 48; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 34, unter zusätzlicher Anführung von § 52 Abs. 2 BörsZulV als Analogiegrundlage; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 408; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 36. Differenzierend (zwischen Bar- und Tauschangeboten) Stephan, AG 2003, 1330, 1331. Die analoge Anwendung von § 11 VerkProspG a.F. zugunsten einer Analogie zu § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG ablehnend Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 66, 70; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1331; Steinhardt in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 15. Offen gelassen von OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. Gegen Aktualisierungspflicht Hamann, ZIP 2001, 2249; 2257; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 33 f. (für den Fall eines reinen Barangebots, anders bei Umtauschangeboten); Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 12 (für Aktualisierungspflicht „bleibt … kein Raum“, denkbar allenfalls bei Tauschangeboten). 85 Ob man die Verantwortlichen mit der Pflicht zur Aktualisierung der Angebotsunterlagen „belasten“ sollte, lässt Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 18 Rz. 62, (unter Hinweis auf die Cons und Pros) offen, geht aber davon aus, eine Aktualisierungspflicht ließe sich „dogmatisch in einer Analogie zu § 16 Abs. 1 S. 1 WpPG verankern“. Nach van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 17 „erscheint [es] zweitrangig“, ob die Berichtigungspflicht auf einer analogen Anwendung von § 16 WpPG oder des § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG gestützt wird. 86 A.A., aber aus dem vorgenannten Grunde nicht haltbar, Hamann, ZIP 2001, 2249, 225, der in § 23 eine abschließende Regelung der Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots sieht. 87 § 11 Satz 2 VerkProspG a.F., jetzt § 11 Abs. 1 Satz 4 VermAnlG (entsprechend § 16 Abs. 1 Satz 5 WpPG). Vgl. Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 11 VerkProspG Rz. 50. Im Gegensatz zum Verkaufsprospektnachtrag (siehe ebd., Rz. 33) bedürfte der Nachtrag zu einer Angebotsunterlage bei analoger Anwendung von § 11 VerkProspG a.F. und nunmehr § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 4 VermAnlG, mangels Einrichtung einer Hinterlegungsstelle, keiner Hinterlegung (wie dies § 11 Abs. 3 Satz 1 VermAnlG verlangt). 88 BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, WM 1998, 1772, 1774 f. = AG 1998, 520. 89 OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 752. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der BGH v. 21.7.2008 – II ZR 284/07, juris, zurückgewiesen.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 34 § 12
WpÜG-AngVO genügenden Angebotsunterlage unverbindlich zusätzliche Informationen in Aussicht gestellt. Vor diesem Hintergrund befand das Gericht, dass später veröffentlichte Zusatzinformationen nicht als Bestandteil dieser Angebotsunterlage anzusehen seien und daher nicht der Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG unterlägen90. Diesem nicht zu widersprechenden Urteil lässt sich aber nicht entnehmen, es bestünde keine Pflicht zur Korrektur einer unrichtig oder unvollständig gewordenen Angebotsunterlage und keine Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG für korrigierende Informationen, denn bei diesen handelt es sich nicht um nachträgliche zusätzliche Angaben zur Angebotsunterlage, sondern vorhandene Angaben der Angebotsunterlage korrigierende Angaben91. Doch wie auch immer: eine gesetzliche Regelung der Nachtragspflicht bei Angebotsunterlagen wäre zu wünschen. Auch in Bezug auf Form und Inhalt der Veröffentlichung ist analog § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 4 VermAnlG (§ 11 Satz 1 VerkProspG a.F.) und § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 5 WpPG92 und nicht nach einer entsprechenden Anwendung des § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG93 zu verfahren, denn es geht hier nicht in erster Linie um den Ausschluss einer Haftung für die Richtigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG, sondern um die Information des Publikums, die bei der Veröffentlichung einer Korrektur der Angebotsunterlage in der gleichen Weise zu erfolgen hat wie bei der Publikation der Angebotsunterlage selbst: So wie § 11 Satz 1 VerkProspG a.F. und § 11 Abs. 1 Satz 4 VermAnlG und entsprechend § 16 Abs. 1 Satz 5 WpPG hinsichtlich der Veröffentlichung des Nachtrags zu Verkaufsprospekten auf die Vorschriften über den Verkaufsprospekt (bei Wertpapierprospekten entsprechend auf die Bestimmungen über den Wertpapierprospekt im WpPG) und dessen Veröffentlichung verweisen, sind in Bezug auf die Veröffentlichung des Nachtrags zur Angebotsunterlage die Vorschriften über die Veröffentlichung der Angebotsunterlage in § 14 Abs. 3 und 4 WpÜG entsprechend anzuwenden94. Entfällt nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG eine Haftung für die Angebotsunterlage, wenn vor der Annahme des Angebots in einer Veröffentlichung nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 oder einer vergleichbaren Bekanntmachung eine deutlich gestaltete Berichtigung der unrichtigen oder unvollständigen Angaben vorgenommen wurde, wird man diese Regelung sowohl im Hinblick auf Form und Inhalt der Veröffentlichung allerdings auch entsprechend auf die aus § 12 WpÜG folgende Haftung für die Unterlage anwenden, mit der die Berichtigung der Angebotsunterlage vorgenommen wurde.
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Eine Aktualisierungspflicht besteht bei analoger Anwendung von § 11 VerkProspG a.F. und § 11 VermAnlG und heute von § 16 WpPG für die Dauer des Angebots. Sie endet mit dem Ablauf der Angebotsfrist95, die – je nach den Umständen – auch eine „weitere Annahmefrist“ nach § 16 Abs. 2 WpÜG, eine für den Fall einer (nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage vorgenommenen) Einberufung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft nach § 16 Abs. 3 WpÜG verlängerten Annahmefrist oder einer sich nach § 39a WpÜG (übernahmerechtlicher Squeeze-out) oder § 39c WpÜG
34
90 OLG Frankfurt a.M. v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749 Ls., 750 ff. 91 Dementsprechend gelangt auch der das vorstehende Urteil des OLG Frankfurt a.M. gegen eine Aktualisierungspflicht anführende van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 4, im Rahmen seiner Ausführungen zur Berichtigung einer nachträglich fehlerhaft gewordenen Angebotsunterlage ebd. Rz. 16 f. zu dem Ergebnis einer Pflicht zur Berichtigung einer solchen. 92 Schon Assmann, FS Ulmer 2003, S. 757, 776. Auch nach Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 18 Rz. 62, ließe sich eine Aktualisierungspflicht „dogmatisch in einer Analogie zu § 16 Abs. 1 S. 1 WpPG verankern“. 93 So aber Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 66; Möllers, ZGR 2002, 664, 676; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 15; Stephan, AG 2003, 551, 560; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 38 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 17. Nach van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 17, „erscheint [es] zweitrangig“, ob man die Berichtigungspflicht auf eine analoge Anwendung von § 16 WpPG oder von § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG stützt. 94 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 38, scheint im Grundsatz einer analogen Anwendung des § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG zuzuneigen, empfiehlt aber eine „vorsichtshalber“ der Form des § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG genügende Veröffentlichung. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 14, hält – obwohl eine Berichtigungspflicht aus § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG befürwortend – neben der Einhaltung der Form des § 15 Abs. 3 WpHG a.F. eine Veröffentlichung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG in dem Börsenpflichtblatt für erforderlich, in welchem die Angebotsunterlage veröffentlicht wurde. 95 Häger/Steinhardt in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 17; Möllers, ZGR 2002, 664, 676; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 59; Stephan, AG 2003, 551, 559 f.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 40.
Assmann
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§ 12 Rz. 34 Haftung für die Angebotsunterlage (übernahmerechtlicher „Sell-out“) ergebende Frist sein kann96. Ganz unerheblich ist es für die Dauer der allgemeinen Pflicht zur Aktualisierung der Angebotsunterlage, ob Anleger das Angebot bereits angenommen haben oder nicht97. Eine andere Frage ist es, ob sich einzelne Anleger, die das Angebot auf der Grundlage einer im Annahmezeitpunkt zutreffenden Angebotsunterlage angenommen haben, auf eine später eingetretene Unrichtigkeit der Angebotsunterlage berufen können. Sie ist mangels Ursächlichkeit fehlerhafter Angaben der Angebotsunterlage für die konkrete Entscheidung des Angebots zu verneinen98. Und eine wiederum andere Frage ist die, ob ein Anleger, welcher das Angebot auf der Grundlage einer im Annahmezeitpunkt zutreffenden Angebotsunterlage bereits angenommen hatte, aus einem sonstigen Grunde – etwa wegen der Vereitelung der Ausübung eines vom Anbieter eingeräumten oder gesetzlichen (vgl. §§ 21 Abs. 4, 22 Abs. 3 WpÜG) Rücktrittsrechts – wegen unterlassener oder fehlerhafter Aktualisierung vertragliche oder deliktische Ansprüche geltend machen kann99.
III. Adressaten der Haftung (§ 12 Abs. 1 WpÜG) 35
Für eine unrichtige oder unvollständige Angebotsunterlage haften nach § 12 Abs. 1 WpÜG (Nr. 1 und 2) diejenigen, die nach § 11 Abs. 3 WpÜG für die Angebotsunterlage die Verantwortung übernommen haben sowie diejenigen, von denen der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht. Ihre Haftung ist eine gesamtschuldnerische (§ 12 Abs. 1 WpÜG). Hiervon abweichende Vereinbarungen zwischen den nach § 12 Abs. 1 WpÜG Haftenden sind den Anspruchsberechtigten gegenüber unbeachtlich (§ 12 Abs. 5 WpÜG)100.
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Zu denen, die die Verantwortung für die Angebotsunterlage übernommen haben gehören regelmäßig der Bieter als Unterzeichner der Unterlage (§ 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG) sowie diejenigen, die (zusätzlich zum Bieter und ohne hierzu gesetzlich verpflichtet zu sein) in der Angebotsunterlage als Verantwortliche für dieselbe angeführt sind (§ 11 Abs. 3 WpÜG).
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Zu denen, von denen der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht, zählen (entsprechend den Auslegungsgrundsätzen zur gleich lautenden Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpPG) die für das Angebot maßgeblichen „Hintermänner“ und die Mitglieder der „Leitungsgruppe“ des Bieters, die möglicherweise die Angebotsverantwortlichen i.S.v. § 11 Abs. 1 und 3 WpÜG nur vorgeschoben haben, um sich selbst der Verantwortung zu entziehen101 und so die „tatsächlichen Urheber“102 der Angebots96 Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 60 ff. 97 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 13; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1331; Stephan, AG 2003, 551, 560; i.E. auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 42; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 59. 98 Ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 42. 99 Das räumt auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG in seinen (die vorstehenden Erläuterungen in Rz. 34 missverstehenden) Ausführungen in Rz. 42 Fn. 120 und Rz. 43 ein. 100 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. Vgl. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 141 f.; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 19a; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 23; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 45, 46 BörsG Rz. 14; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 28; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 57; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 24. 101 Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 133, 147; Assmann in Assmann/Schlitt/von KoppColomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 81 ff., § 20 VermAnlG Rz. 30; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 73; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 42; Hopt, S. 69 f.; Kort, AG 1999, 9, 10; Kunz, S. 133 ff.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 92; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 6; Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz, 1910, § 46 Anm. II. und II. b); Oechsler in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 9; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 7; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 16; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 13; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 50. 102 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. Die Formulierung, als Personen, von denen der Prospekt ausgeht, hafteten die „tatsächlichen“ oder „eigentlichen“ Urheber des Prospekts, ist allerdings mit Vorsicht zu handhaben. Wie bei der gesetzlich geregelten Prospekthaftung – etwa Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 157, 398 – sind nämlich diejenigen, die nur Material zur Erstellung des Prospekts geliefert haben, aus der Verantwortlichkeit auszunehmen. Siehe Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 157, 398; Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 82; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 73; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 44; J. Hüffer,
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 38 § 12
unterlage darstellen. Typischerweise soll es sich hierbei, nach der Begründung zum RegE, um diejenigen handeln, die an der Übernahme ein eigenes „wirtschaftliches“ oder – synonym – „geschäftliches Interesse“ (unten Rz. 39) haben, wie etwa die mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen103. Dazu kann auch der Bieter gehören, der nicht nach § 11 Abs. 3 WpÜG die Verantwortung für die Angebotsunterlage übernommen hat104. Sämtliche der vorstehend angeführten Kriterien zur Bestimmung der Gruppe derer, von denen der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht, sind jedoch mit Vorsicht zu handhaben: Zu den Personen, die als die „tatsächlichen“ oder „eigentlichen“ Urheber des Prospekts anzusehen sind, gehören jedenfalls nicht diejenigen, die nur Material zur Erstellung des Prospekts geliefert105 oder (wie etwa Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer) kraft entsprechender vertraglicher Verpflichtungen die technische Erstellung des Prospekts übernommen haben106. Entsprechendes gilt auch bei der Verantwortlichkeit für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 Abs. 1 WpÜG107. Folgerichtig haftet auch eine Person nicht allein deshalb für den Inhalt der Angebotsunterlage, weil sie in dieser mit eigenen Erklärungen angeführt wird oder sonst in der Angebotsunterlage namentlich Erwähnung findet. Erweist sich die jeweilige Erklärung, mit der eine Person in der Angebotsunterlage Erwähnung fand, als fehlerhaft, so begründet auch dies keine Haftung nach § 12 WpÜG, solange der Erklärende nicht einem der in dieser Vorschrift umschriebenen Adressatenkreise (siehe oben Rz. 35) zuzurechnen ist108 oder aus einem anderen rechtlichen Grunde109 haftet. Namentlich das in der Angebotsunterlage nach §§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4, 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG aufzuführende, bei der Finanzierung eines Angebots beteiligte Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 4 WpHG (sog. Finanzierungsbank) gerät damit nicht allein kraft seiner Nennung in den Kreis derer, die für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG haften110; seine Haftung bestimmt sich, sofern es nicht aus anderen Gründen dem Adressatenkreis des § 12 WpÜG unterfällt, allein nach § 13 Abs. 3 WpÜG und beschränkt sich dementsprechend auf die Richtigkeit seiner Finanzierungserklärung i.S.v. § 13 Abs. 1 WpÜG.
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S. 142; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 182; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 7. In Bezug auf die Angebotsunterlage vgl. Assmann, AG 2002, 153, 157; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 9; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 50. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. Ebenso Assmann, AG 2002, 153, 157; Drinkuth in Marsch-Barner/ Schäfer, Rz. 60.88; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2255; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 92; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 6; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 182; Schwennicke in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 19; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 26; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 50. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 5, scheinen den Bieter immer als Person anzusehen, von der Erlass der Angebotsunterlage i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG ausgeht. Ebenso wohl Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 21. Zur Frage, ob der Bieter immer zu denjenigen gehört, die für die Angebotsunterlage die Verantwortung (i.S.v. § 11 Abs. 3 WpÜG) übernommen haben, siehe unten Rz. 40. Vgl. Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 223; Assmann in Assmann/Schlitt/von KoppColomb, § 13 VerkProspG Rz. 74; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 157, 398; Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 82; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 73; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 44; J. Hüffer, S. 142; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 20; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 7. Ebenso Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 92; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 51. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 92; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 6; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 17; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 20; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 13; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 26; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 51. A.A. wohl Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 52. Etwa aus Delikt oder culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB). Vgl. Assmann, AG 2004, 435, 437 f.; Möllers, ZGR 2002, 664, 689; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 92. Vgl. Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 352; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 51; Vaupel, WM 2002, 1170, 1171; nunmehr auch Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 20, 25; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 20; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 21.
Assmann
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§ 12 Rz. 39 Haftung für die Angebotsunterlage 39
Für die Annahme, eine Person oder ein Unternehmen habe ein eigenes „wirtschaftliches Interesse“ oder – synonym – „geschäftliches Interesse“ an der Übernahme, ist ein Interesse an der mit dem Angebot verfolgten Beteiligung am Zielunternehmen zu verlangen, wohingegen bloße Provisions- oder Honorarinteressen von Beratern (insbesondere Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer), Finanziers oder sonstigen Hilfspersonen nicht ausreichen, selbst wenn diese erfolgsbezogen vereinbart wurden111. Ebenso wenig wie das in der Angebotsunterlage aufzuführende Wertpapierdienstleistungsunternehmen (oben Rz. 38) gehören deshalb auch die sonst im Zusammenhang mit Angaben zur Vorbereitung oder Abwicklung des Angebots in der Angebotsunterlage erwähnten Kreditinstitute oder Unternehmen zu den Adressaten der Haftung aus § 12 WpÜG112.
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Soll das Angebot als Tauschangebot (§ 2 Abs. 1 WpÜG) erfolgen, so kann es vorkommen, dass der Bieter zur Erbringung der vereinbarten Gegenleistung auf geliehene Wertpapiere zurückgreift, weil ihm nicht genügend Stücke der fraglichen Art zur Verfügung stehen und erst noch geschaffen werden müssen. Der in diesem Falle in der Angebotsunterlage als Leihgeber Anzuführende ist selbst dann nicht als Angebotsverantwortlicher anzusehen, wenn er in der Angebotsunterlage als sog. technischer Bieter angeführt wird, vorausgesetzt, er gehört nicht zu den Personen, die in einer Erklärung gemäß § 11 Abs. 3 WpÜG die Verantwortung für die Angebotsunterlage übernommen haben und deshalb zu dem nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG haftenden Personenkreis gehören. Soll nach verbreiteter Ansicht nicht einmal der Bieter zwingend dazu verpflichtet sein, die Verantwortung für den Prospekt i.S. des § 11 Abs. 3 WpÜG zu übernehmen113, so besteht erst recht keine solche Verpflichtung für den bloß „technischen Bieter“, weshalb er – sofern er nicht freiwillig die Verantwortung für die Angebotsunterlage (mit-)übernommen hat – nicht bereits kraft § 12 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage haftet114. Darüber hinaus gehört der „technische Bieter“ auch nicht zu denjenigen, die ein eigenes „wirtschaftliches Interesse“ an dem Angebot haben115: Seine Rolle gleicht demjenigen eines Finanziers des Angebots, indem er die Voraussetzungen zur Erbringung der vom Bieter versprochenen Gegenleistung erbringt; ein über sein Vergütungsinteresse im Hinblick auf die Wertpapierleihe hinausgehendes Interesse an der mit dem Angebot verfolgten Beteiligung am Zielunternehmen ist ihm regelmäßig nicht eigen.
111 Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 37, 39, 157; Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 82; Assmann in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 306 KAGB Rz. 73; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.88; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 20, 25; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 182. Ähnlich Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 51. Zweifelnd Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 352, unter unzutreffender Berufung auf Assmann, AG 2002, 153, 157. 112 Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 352; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 51; Vaupel, WM 2002, 1170, 1171. 113 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 80; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 150 m.w.N., der aber, sich damit selbst widersprechend, in § 12 WpÜG Rz. 51 (unter Verweis auf den Urheber dieser irrigen Ansicht – Schwennicke in Geibel/Süßmann, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Aufl. 2008, § 12 WpÜG Rz. 22) die Auffassung vertritt, der „technische Bieter“ sei (zwingend) Prospektverantwortlicher i.S. der §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 3 WpÜG. A.A., d.h. eine Verpflichtung des Bieters annehmend, die Verantwortung für die Angebotsunterlage übernehmen zu müssen, dabei aber den „technischen Bieter“ nicht erwähnend, die Erläuterungen von Meyer, § 11 WpÜG Rz. 132; ebenso Sohbi in Heidel, § 11 WpÜG Rz. 33. 114 A.A. namentlich Schwennicke in Geibel/Süßmann, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Aufl. 2008, § 12 WpÜG Rz. 22, auf der Grundlage der fehlerhaften Prämisse, der „technische Bieter“ sei (zwingend) eine Person, die die Verantwortung für die Angebotsunterlage nach §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 3 WpÜG übernommen habe; dem ungeprüft und ohne weitere Begründung folgend Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 92 (2. Abs.); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 150. Anders jetzt auch Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 22. 115 Ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 20, 22; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 51.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 42 § 12
IV. Anspruchsberechtigte (§ 12 Abs. 1 WpÜG) Anspruchsberechtigt sind diejenigen, die das Angebot angenommen haben (§ 12 Abs. 1 WpÜG), so- 41 wie diejenigen, deren Aktien dem Bieter nach § 39a WpÜG übertragen wurden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 1 WpÜG können Angebotsadressaten, die das Angebot nicht angenommen haben, keinen Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG geltend machen116. Die Vorschrift ist für diese Fälle auch nicht entsprechend anwendbar117. Ebenso wenig kommt die Anwendung der Grundsätze der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung in Betracht118: zum einen, weil § 12 Abs. 1 WpÜG als abschließende Regelung der Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen gedacht ist, und zum anderen, weil Ansprüche aus bürgerlichrechtlicher Prospekthaftung nicht zu den weitergehenden Ansprüchen gehören, die nach § 12 Abs. 6 WpÜG geltend gemacht werden können119. Dessen ungeachtet dürften Ansprüche aus bürgerlichrechtlicher Prospekthaftung regelmäßig auch an der Notwendigkeit des Nachweises der Ursächlichkeit120 der Fehlerhaftigkeit der Angebotsunterlage für die Nichtannahme des Angebots scheitern121. Zu den Anspruchsberechtigten gehören dagegen auch die Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot aufgrund des Andienungsrechts nach § 39c WpÜG angenommen haben122. § 39c WpÜG ist in § 12 Abs. 1 WpÜG nicht erwähnt, doch bedurfte es dieser Erwähnung nicht, denn es bestehen keine Zweifel, dass es sich auch bei der Annahme des Angebots, die auf dem Andienungsrecht nach § 39c WpÜG beruht, welches erst durch Art. 1 Nr. 9 des ÜbernahmerichtlinieUmsetzungsgesetzes vom 8.7.2006 (siehe oben Rz. 5a) mit dem neuen Abschnitt 5a in das Gesetz gekommen ist, um eine Annahme i.S.v. § 12 Abs. 1 WpÜG handelt123. Die Bestimmung des Anspruchsberechtigten bereitet regelmäßig keine Schwierigkeiten, doch treten 42 solche dann auf, wenn das Wertpapiererwerbsangebot in Gestalt eines Übernahmeangebots einer heute national wie international verbreiteten Gepflogenheit folgt und in den Übernahmebedingungen bestimmt wird, dass dem Bieter aufgrund der Annahme des Angebots eingereichte Wertpapiere während der Angebotsfrist (und ggf. einer Nachfrist) bis zu einem bestimmten Zeitraum vor Abrech116 Vgl. Assmann, AG 2002, 153, 157; Assmann, ZGR 2002, 697, 719; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.88; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 18 Rz. 64; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 81, 83a; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 4; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 180; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 20; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 13; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 14; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 35; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 47; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 22; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 11. 117 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 47. 118 A.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 83a; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 47; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 11. 119 Siehe unten Rz. 68. Auch Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 22; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 84. A.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 83a, der zwar ebenfalls Ansprüche aus bürgerlichrechtlicher Prospekthaftung durch § 12 Abs. 6 WpÜG ausgeschlossen sieht, jedoch die Auffassung vertritt, § 12 Abs. 6 WpÜG greife nicht ein, weil „der Anwendungsbereich von § 12 WpÜG bei Nichtannahme des Angebots nicht eröffnet“ sei, d.h. er betrachtet die Regelung des § 12 Abs. 1 WpÜG nicht als abschließende Regelung der Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen jenseits der durch § 12 Abs. 6 WpÜG nicht ausgeschlossenen Ansprüche. 120 Zur Notwendigkeit des Kausalitätserfordernisses und -nachweises bei der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung siehe Assmann in Assmann/Schütze, § 5 Rz. 90 ff. 121 Ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 47. 122 RegE BT-Drucks. 16/1003, S. 1, 12: „Die Haftung wird erweitert. Schadensersatz kann künftig nicht nur wie bislang derjenige verlangen, der das Angebot innerhalb der Annahmefrist angenommen hat, sondern auch derjenige, der von seinem Andienungsrecht Gebrauch gemacht und das Angebot innerhalb der Frist des § 39c angenommen hat, sowie derjenige, dessen Aktien unter den Voraussetzungen des § 39a auf den Bieter übertragen worden sind“. 123 Dies übersehend (und eine Annahme in Ausübung des Andienungsrechts nach § 39c WpÜG ausschließend) Schwennicke in Geibel/Süßmann, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Aufl. 2008, § 12 WpÜG Rz. 14, und weiterhin Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 14. Wie hier Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 81; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 3; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, § 23 Rz. 52; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 180; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 14; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 47 mit Fn. 143; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 11 mit Fn. 1.
Assmann
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§ 12 Rz. 42 Haftung für die Angebotsunterlage nung unter einer neuen Wertpapierkennnummer an der Börse gehandelt werden. Hier stellt sich die Frage, ob (1) nur derjenige, der das Angebot annahm, (2) nur derjenige, der die sodann unter getrennter Wertpapierkennnummer gehandelten Wertpapiere erwarb, oder gar (3) beide der Vorgenannten im Falle einer unrichtigen oder unvollständigen Angebotsunterlage einen Anspruch aus § 12 WpÜG geltend machen können. 43
Unzweifelhaft hat auch in diesem Falle nur derjenige das Angebot angenommen, der als Inhaber der Wertpapiere, auf die sich das Angebot bezog, dem Bieter die Wertpapiere unter Annahme des Angebots einreichte. Der spätere Erwerber der fraglichen Papiere indes nimmt nicht das Übernahmeangebot an, sondern erwirbt die unter anderer Kennnummer gehandelten Wertpapiere im Wege eines einfachen Effektengeschäfts, wenngleich mit der in diesem Falle regelmäßigen, in der Angebotsunterlage bestimmten Maßgabe, dass „alle Rechte und Pflichten, die aufgrund der Annahme des öffentlichen Kaufangebots zwischen dem annehmenden Aktionär und [dem Bieter, d. Verf.] entstanden sind, … auf einen etwaigen Erwerber der eingereichten oder zur Verfügung gestellten“ Wertpapiere übergehen124. Das könnte dahingehend verstanden werden, dass aufgrund dieser Klausel auch der Anspruch desjenigen, der das Angebot angenommen und seine Wertpapiere dem Bieter eingereicht hat, aus § 12 WpÜG auf den Erwerber der eingereichten Wertpapiere übergeht. Das wiederum hätte zur Folge, dass derjenige, der von der Angebotsunterlage zur Annahme des Angebots veranlasst wurde, seinen Anspruch aus § 12 WpÜG verliert, während derjenige, der die bereits eingereichten und schon mit der Übereignungspflicht gegenüber dem Bieter belasteten Wertpapiere aufgrund eines regelmäßigen Effektengeschäfts erwirbt, ohne hierzu durch die Angebotsunterlage und das Übernahmeangebot veranlasst worden zu sein, mit den Wertpapieren auch den Anspruch aus § 12 WpÜG erwürbe.
44
Dieses, dem (u.a. auf die Information und Transparenz für die Adressaten des Wertpapiererwerbsangebots gerichteten) Schutzzweck des § 12 WpÜG zuwiderlaufende Ergebnis, lässt sich am einfachsten und am naheliegendsten dadurch korrigieren125, dass die den Übergang von Rechten und Pflichten des das Angebot Annehmenden auf den späteren Erwerber der eingereichten Wertpapiere anordnende Klausel so ausgelegt wird, dass sie nur die Rechte (etwa das Recht auf die Gegenleistung) und Pflichten (etwa die Pflicht zur Übereignung) erfasst, welche die Annahme des Angebots und die Einreichung der Aktien beim Bieter in Bezug auf die Wertpapiere auslösen, nicht aber den Anspruch aus § 12 WpÜG, der beim das Angebot Annehmenden in persona entsteht, ohne den fraglichen Wertpapieren als wertpapiermäßig verbrieftes Recht oder wertpapiermäßig verbriefte Pflicht anzuhaften. Diese Auslegung würde den Interessen und Schutzbedürfnissen aller Beteiligten gerecht, würde den Bieter keiner Anspruchsverdopplung aussetzen und den Anspruch aus § 12 WpÜG bei demjenigen belassen, der tatsächlich das Angebot annimmt. Der Praxis ist anzuraten, die Angebotsbedingungen in Ansehung des möglichen Anspruchs des Angebotsadressaten aus § 12 WpÜG entsprechend zu formulieren. Wollte man dem vorstehend unterbreiteten Vorschlag nicht folgen, wäre eine Inhaltskontrolle der Angebotsbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen in Betracht zu ziehen. Dem ist an dieser Stelle jedoch nicht näher nachzugehen. Nach anderer Ansicht – die ebenfalls den in Rz. 43 dargelegten Aus124 Die Formulierung ist Ziff. VII. (S. 5) der Angebotsunterlage des öffentlichen Kaufangebots der INA Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, Düsseldorf, an die Aktionäre der FAG Kugelfischer Georg Schäfer AG, Schweinfurt, vom September 2001 entnommen. Eine ähnliche Formulierung fand sich auch im Übernahmeangebot von Vodafone AirTouch an die Aktionäre der Mannesmann AG vom Dezember 1999, S. 72: “Although withdrawal rights do not exist with respect to the offer …, a holder of Mannesmann shares who has tendered Mannesmann shares into the offer may, prior to the expiration of the offer and the offer becoming unconditional, continue to trade such shares on an ‘as tendered’ basis on the Frankfurt Stock Exchange upon registration under Securities Identification Number 656 034. Any shares that are trade on an ‘as tendered’ basis will trade subject to Vodafone AirTouch’s right to acquire full and unencumbered title to the underlying Mannesmann shares upon the offer becoming unconditional. If a Mannesmann share that is traded on an ‘as tendered’ basis is sold or transferred from one holder to another, only the transferee holder will be entitled to exercise the rights and claims attaching to the Mannesmann shares underlying such share, including any withdrawal rights”. 125 Hierfür auf jeden Fall auszuscheiden ist das Instrument der Drittschadensliquidation, da, würde man die fragliche Klausel nicht in dem nachfolgend vorgeschlagenen Sinne auslegen, aufgrund des Übergangs von Rechten und Pflichten des das Angebot Annehmenden auf den späteren Erwerber der eingereichten Wertpapiere kein – für die Anwendung dieser Rechtsfigur erforderliches – Auseinandertreten von Schaden und Anspruch gegeben wäre.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 46 § 12
gangspunkt in Frage stellt, indem sie die diesem zugrunde liegenden Überlegungen als „verkürzt“ betrachtet, soll Anspruchsberechtigte die Person sein, die „zum Zeitpunkt der endgültigen Abwicklung des Angebots Aktionär ist“126.
V. Haftungsbegründende Kausalität (§ 12 Abs. 1 WpÜG; § 12 Abs. 3 Nr. 1, 3 WpÜG) Ein Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG setzt voraus, dass die Annahme des Angebots aufgrund der Angebotsunterlage erfolgt ist (vgl. § 12 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG). Die Ursächlichkeit der Angebotsunterlage für die Annahmeentscheidung des Angebotsadressaten wird jedoch, wie sich aus der Formulierung von § 12 Abs. 1 WpÜG (der diese nicht zur Haftungsvoraussetzung erhebt) einerseits und § 12 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG127 (der den Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG entfallen lässt, wenn die Annahme des Angebots nicht aufgrund der Angebotsunterlage erfolgt) andererseits ergibt, widerleglich vermutet128. Die Beweislast für das Fehlen der Kausalität zwischen veröffentlichter Angebotsunterlage und Angebotsannahme liegt mithin, der Regelung der börsengesetzlichen Prospekthaftung (§ 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F., heute § 23 Abs. 2 Nr. 1 WpPG)129 entsprechend, beim Anspruchsgegner130.
45
Nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG scheidet ein Anspruch nach § 12 Abs. 1 WpÜG aus, wenn derjenige, 46 der das Angebot angenommen hat, die Fehlerhaftigkeit der Angebotsunterlage bei der Abgabe der Annahmeerklärung kannte. In der Sache regelt diese Bestimmung einen Fall fehlender Kausalität131 zwischen mangelhafter Angebotsunterlage und der Annahmeentscheidung des Angebotsadressaten, doch sieht der Gesetzgeber in der Vorschrift eine Sonderregelung der Frage der Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Geschädigten. Diese Einordnung ist von Bedeutung, weil der Gesetzgeber § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG als eine abschließende Regelung der Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Angebotsadressaten betrachtet. Dazu deshalb unten Rz. 54. An der Ursächlichkeit von fehlerhafter Angebotsunterlage und Annahmeerklärung fehlt es aber nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG dann, wenn vor der Annahme des Angebots in einer Veröffentlichung nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 (sog. Ad-hoc-Veröffentlichung) oder einer vergleichbaren Bekanntmachung eine deutlich gestaltete Berichtigung der unrichtigen oder unvollständigen Angaben im Inland veröffentlicht wurde. Gleichsam im Gegenzug zur Vermutung der Kausalität von fehlerhafter Angebotsunterlage und Annahmeentscheidung wird auch hier die Kenntnis des nach der Veröffentlichung der Berichtigung das Angebot Annehmenden im Hinblick auf den Inhalt der Berichtigung vermutet, so dass es auf den Nachweis der Kenntnis des das Angebot Annehmenden von der Berichtigung nicht ankommt132. Hat der Angebotsadressat seine Annahmeerklärung vor der Berichtigung erteilt, so berührt diese den zuvor eventuell entstandenen An-
126 Van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 24. 127 Die Vorschrift entspricht § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F., jetzt § 23 Abs. 2 Nr. 1 WpPG. 128 Ebenso etwa Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 953; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 84; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 188; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 55; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 11, 32; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 59; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 26. Auch Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 18 Rz. 65, die in der Vermutung allerdings „eine unbedachte Übernahme der Regelung bei der Prospekthaftung“ sieht, „die für das Barangebot nicht passt“. 129 Vgl. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997 (= BR-Drucks. 605/97 v. 15.8.1997), S. 76, 80. 130 So auch ausdrücklich Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43, mit dem diese Regelung rechtfertigenden Hinweis darauf, dass es dem das Angebot Annehmenden regelmäßig nicht möglich sein wird, den Nachweis zu führen, dass seine Annahmeerklärung aufgrund der fehlerhaften Angebotsunterlage erfolgte. Ebenso etwa Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 55; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 11, 31; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 59. 131 Auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 62. 132 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. Vgl. auch Assmann, AG 2002, 153, 158; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 128; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 190; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 19; Stephan, AG 2003, 3, 11; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 63, mit (wenig überzeugenden und sachdienlichen) Überlegungen (in Rz. 64 f.) zu den Möglichkeiten der Betroffenen, die schon begründete Haftung auf andere Weise – etwa durch die Verschaffung von Rücktrittsrechten – abwenden zu können; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 27.
Assmann
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§ 12 Rz. 46 Haftung für die Angebotsunterlage spruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG nicht133. Eine der Veröffentlichung nach Art. 17 VO Nr. 596/2014 vergleichbare Veröffentlichung ist anzunehmen, wenn die Bekanntmachung sowohl inhaltlich als auch in der Form der Veröffentlichung den Anforderungen an eine solche Veröffentlichung entspricht134. 47
Die Berichtigung muss deutlich als solche erkennbar sein. Das verlangt die Abfassung derselben in einer Form, die es dem Adressaten ohne aufwendige Nachforschungen ermöglicht, davon Kenntnis zu nehmen, dass die Berichtigung von der Angebotsunterlage abweichende Angaben enthält135. Ausreichend ist es, wenn sich „einem verständigen Leser“, dem sowohl die fehlerhafte Angebotsunterlage als auch die Berichtigung derselben vorliegt, „ohne aufwendige Nachforschung erschließ(t), dass die Berichtigung von dem Prospekt abweichende Angaben enthält“136. Ein ausdrücklicher Hinweis auf einen Fehler der Angebotsunterlage oder gar eine Gegenüberstellung des zu berichtigenden Texts und der Berichtigung137 – ist nicht erforderlich138, zumal eine solche Verpflichtung in der Praxis einer Aufforderung aller Angebotsadressaten, die das Angebot bereits angenommen haben, zur Geltendmachung von Ansprüchen aus § 12 WpÜG gleichkäme und die Möglichkeit zur Berichtigung daher nicht wahrgenommen würde139. Die Berichtigung unterliegt ihrerseits der Haftung nach § 12 Abs. 1 WpÜG140.
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Zur haftungsausfüllenden Kausalität siehe unten im Zusammenhang mit der Erörterung des Umfangs des zu ersetzenden Schadens (Rz. 63 f.).
VI. Verschulden und Mitverschulden (§ 12 Abs. 2 WpÜG; § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) 49
Nach § 12 Abs. 2 WpÜG entfällt die Haftung aus § 12 Abs. 1 WpÜG, wenn der Anspruchsgegner nachweist, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben der Angebotsunterlage nicht gekannt zu haben und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht141. Daraus folgt zweierlei: Zum einen, dass es sich bei der Haftung aus § 12 Abs. 1 WpÜG um eine solche für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit handelt. Die Unkenntnis beruht auf grober Fahrlässigkeit, wenn die erforderliche Sorgfalt bei 133 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. Vgl. Assmann, AG 2002, 153, 158; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 122; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 190; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 16; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 35; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 63. 134 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43, mit Darlegungen zur ratio dieser Regelung. Vgl. dazu auch schon RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997 (= BR-Drucks. 605/97 v. 15.8.1997), S. 80/81. Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG a.F., jetzt § 23 Abs. 2 Nr. 1 WpPG. 135 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. Vgl. Assmann, AG 2002, 153, 158; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 127; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 62; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 67. 136 RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997 (= BR-Drucks. 605/97 v. 15.8.1997), S. 81, zur entsprechenden Regelung in § 46 Abs. 1 Nr. 4 BörsG a.F. zum Börsenzulassungsprospekt. 137 So aber; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 62; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 67; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 33. 138 Ebenso Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 127. A.A. Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG n.F. Rz. 45; Hauptmann in Vortmann, § 3 Rz. 129; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 192; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 62; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 36; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 67. 139 So die Begründung des RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997 (= BR-Drucks. 605/97 v. 15.8.1997), S. 81, zu § 46 Abs. 1 Nr. 4 BörsG a.F. Vgl. auch Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 127. 140 Im Hinblick auf die diesbezüglich gleich gelagerte frühere börsengesetzliche und jetzt wertpapierprospektgesetzliche sowie verkaufsprospektrechtliche und jetzt vermögensanlagengesetzliche Prospekthaftung etwa Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, Verkaufsprospektgesetz, Verkaufsprospekt-Verordnung, Verkaufsprospektgebühren-Verordnung, 2001, § 13 VerkProspG Rz. 45; Groß, Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2009, §§ 44, 45 BörsG Rz. 64; Assmann, AG 1999, 199, 209; Hamann in Schäfer, § 13 VerkProspG n.F. Rz. 7, § 13 VerkProspG a.F. Rz. 13; J. Hüffer, S. 134, 161. In Bezug auf die Angebotsunterlage vgl. Assmann, AG 2002, 153, 158; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 Rz. 129; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 30; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 Rz. 2; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 68. 141 Die Vorschrift entspricht § 45 Abs. 1 BörsG a.F., jetzt § 23 Abs. 1 WpPG und § 127 Abs. 3 Satz 1 InvG (§ 20 Abs. 3 KAGG a.F. und § 12 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG a.F.).
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 53 § 12
der Erstellung der Angebotsunterlage bzw. der Mitwirkung bei der Erstellung desselben in besonders schwerem Maße verletzt wurde142. Zum anderen wird das Verschulden des Anspruchsgegners – nach Maßgabe von § 12 Abs. 2 WpÜG zu entkräften – vermutet143. Es ist dementsprechend Sache des Anspruchsgegners nachzuweisen, dass ihm der fragliche Mangel der Angebotsunterlage nicht bekannt war und seine Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Das Verschulden eines jeden Anspruchsgegners ist gesondert144 und individuell145 festzustellen, d.h. unter Beachtung der Möglichkeiten zu ermitteln, die sich ihm zur Vermeidung des Mangels der Angebotsunterlage zumutbar eröffnet hätten.
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Ein Verschulden und damit die Haftung der Betroffenen entfällt nicht etwa deshalb, weil die BaFin die fehlerhafte Angebotsunterlage nicht beanstandet und deren Veröffentlichung nach § 14 Abs. 2 WpÜG gestattet hat (siehe oben Rz. 29).
51
Das Verschulden Dritter, derer sich die nach § 12 WpÜG haftende Person bei der Erstellung der Angebotsunterlage bedient, soll nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht dem Betroffenen generell und ohne jede Einschränkung nach § 278 BGB zugerechnet werden146. Dem ist nicht zu folgen147. Zum einen deshalb nicht, weil die Qualifikation der Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage als vertragliche148 (oder, was weitaus näher liegt, als quasivertragliche), d.h. dem individuellen Angebotsadressaten geschuldete Verhaltenspflicht, den primär kapitalmarktfunktionsbezogenen und Prospekten vergleichbaren Aufgaben der Angebotsunterlagen-Publizität nicht gerecht wird149. Und zum anderen nicht, weil die vorbehaltlose Annahme der Verantwortlichkeit für von Dritten erstelltes und in die Angebotsunterlage übernommenes Material weder der Arbeitsteilung bei der Erstellung komplexer Informationswerke noch dem Umstand gerecht wird, dass in diese Materialien einzugehen haben, die der Prospektverantwortliche selbst nur eingeschränkt kontrollieren kann.
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Deshalb sind zumindest die Grundsätze anzuwenden, welche sich im Rahmen der Börsenprospekthaftung nach §§ 44 ff. BörsG a.F., jetzt §§ 21, 23 WpPG, zur Überprüfungspflicht einer emissionsbegleitenden Bank im Hinblick auf die von sachkundigen Personen erstellten Prospektbestandteile heraus-
53
142 BGH v. 11.5.1953 – IV ZR 170/52, BGHZ 10, 14, 16; BGH v. 15.12.1983 – II ZR 252/82, BGHZ 89, 153, 161. Im Hinblick auf die entsprechende Regelung der gesetzlichen Prospekthaftungsbestimmungen etwa Assmann in Assmann/Schütze, § 5 Rz. 91, 180 ff., 266 f., 405; Groß, AG 1999, 199, 206; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 95; Hauptmann in Vortmann, § 3 Rz. 104; J. Hüffer, S. 142; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 20. In Bezug auf die Angaben in der Angebotsunterlage siehe etwa Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 105; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 10; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 29; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 31; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 73. 143 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. Etwa Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, § 23 Rz. 52; Paschos/ Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 193; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 71. 144 Vgl. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 103; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 32. 145 So für die entsprechende prospekthaftungsrechtliche Regelung nach § 21 WpPG Assmann in Assmann/ Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 112 m.w.N.; Groß, Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2009, §§ 44, 45 BörsG Rz. 75; Assmann, AG 1999, 199, 206; Hauptmann in Vortmann, § 3 Rz. 104; J. Hüffer, S. 141; Schwark in Schwark/Zimmer, §§ 44, 45 BörsG Rz. 54. In Bezug auf die Angebotsunterlage vgl. Assmann, AG 2002, 153, 159; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 105; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 47; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 73. 146 Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 107; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 193; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 32; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 74 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 27. 147 Ablehnend auch Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 Rz. 51; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 30; ausführlich und nachfolgenden Überlegungen beipflichtend van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 29. Zur vergleichbaren Problematik der Zurechnung des Verhaltens von Konsorten, Sachverständigen und Dritten bei der Prospekthaftung Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 86 mit Fn. 229, 111, 113; Assmann in Assmann/ Schütze, § 5 Rz. 159 mit Fn. 414, 182, 184. 148 Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 107. Implizit auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 74. 149 Ablehnend gegen die Anwendung von § 278 BGB im Bereich der Börsenprospekthaftung (§§ 44 ff. BörsG a.F., heute §§ 21–23WpPG) etwa Schwark in Schwark/Zimmer, § 45 BörsG Rz. 49 m.w.N.
Assmann
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§ 12 Rz. 53 Haftung für die Angebotsunterlage gebildet haben150. Danach muss das der Haftung nach § 44 BörsG a.F., jetzt § 21 WpPG, unterliegende Kreditinstitut die fraglichen Prospektbestandteile nur einer Plausibilitätskontrolle unterziehen, während eine darüber hinausgehende Nachprüfungspflicht nur bei konkreten Anhaltspunkten für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der fraglichen Angaben besteht151. Dagegen lässt sich nicht argumentieren, im Falle der Angebotsunterlage sei – was nicht zu bestreiten ist – diese nicht von einer emissionsbegleitenden Bank zu unterzeichnen152, geht es doch nicht darum zu bestreiten, dass emissionsbegleitende Banken und Emittenten bei der Börsenprospekthaftung unterschiedlich nahe an einzelnen Prospektinformationen sind153, sondern um die Frage, ob und inwieweit sich emissionsbegleitende und der Börsenprospekthaftung unterliegende Banken in einer den Angebotsverantwortlichen und der Haftung nach § 12 WpÜG unterliegenden Personen im Hinblick auf die an sie zu stellenden Verantwortlichkeiten in Bezug auf die Überprüfung etwa von Rechnungslegungswerken, Testaten oder Angaben sachverständiger Dritter in einer vergleichbaren Situation befinden. 54
Nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG154 entfällt der Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG, wenn derjenige, der das Angebot angenommen hat, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angebotsunterlage bei Abgabe der Angebotserklärung kannte. Die Vorschrift verlangt positive Kenntnis; bloß fahrlässige Unkenntnis der Mängel der Angebotsunterlage führt nicht etwa zu einer anteilsmäßigen Minderung des Prospekthaftungsanspruchs, sondern ist unbeachtlich155. Die Beweislast im Hinblick auf die Kenntnis des Anspruchstellers von der Unrichtigkeit oder der Unvollständigkeit der Angebotsunterlage liegt bei dem Anspruchsgegner156. Regelt § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG in der Sache einen Fall fehlender Kausalität zwischen mangelhafter Angebotsunterlage und der Annahmeentscheidung des Angebotsadressaten und mithin einen solchen der fehlenden haftungsbegründenden Kausalität157, so sieht der Gesetzgeber in der Vorschrift eine Sonderregelung der Frage der Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Geschädigten. Das ist insoweit von Bedeutung, als der Gesetzgeber die Bestimmung des § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG als eine abschließende Regelung der Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Angebotsadressaten betrachtet158. 150 Ebenso etwa Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 30; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 32; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 49. Wohl auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 24 f., der sich (Rz. 24) für eine nach Bieter und sonstigen Verantwortlichen differenzierende Abstufung von Sorgfaltsanforderungen ausspricht und (Rz. 25) selbst für den Bieter kein Verschulden annimmt, wenn er die Ausführungen sorgfältig ausgewählter Sachverständiger übernimmt. Ablehnend Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 106 f.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 Rz. 75. 151 Vgl. im Einzelnen BGH v. 4.3.1987 – IVa ZR 122/85, WM 1987, 495, 497 = BGHZ 100, 117; BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 230 = AG 1998, 520. Aus dem Schrifttum etwa Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 184 f.; Ellenberger, S. 49 ff.; Gerber, S. 149 ff.; Groß, Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2009, §§ 44, 45 BörsG Rz. 80 ff.; Förster, S. 149 ff.; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 111 ff.; Hauptmann in Vortmann, § 3 Rz. 105 ff.; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, (14) § 44 BörsG Rz. 7; Kumpan in Baumbach/Hopt, (5a) § 21 WpPG Rz. 4; Hopt, Verantwortlichkeit, Rz. 186 ff.; Schwark in Schwark/Zimmer, § 45 BörsG Rz. 49. 152 So aber Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 75. 153 Schwark in Schwark/Zimmer, § 45 BörsG Rz. 48 m.w.N. in Fn. 176; Groß, Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2009, § 45 BörsG Rz. 76. 154 Die Bestimmung entspricht § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG a.F., jetzt § 23 Abs. 2 Nr. 3 WpPG, und § 127 Abs. 3 Satz 2 InvG (§ 20 Abs. 3 Satz 2 KAGG a.F., § 12 Abs. 3 Satz 2 AuslInvestmG a.F.). 155 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. In Bezug auf die Haftung für die Angebotsunterlage etwa Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 118; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 34; Paschos/ Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 189; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 18; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 62. 156 Etwa Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 31; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 109; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 46; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 31. 157 Assmann, AG 2002, 153, 159; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 62. 158 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. So schon RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933 v. 6.11.1997 (= BRDrucks. 605/97 v. 15.8.1997), S. 80, in Bezug auf die Prospekthaftung nach § 21 WpHG und § 20 VermAnlG Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, §§ 21–23 WpPG Rz. 114, § 20 VermAnlG Rz. 42; Ellenberger in FS Schimansky, S. 606; Groß, Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2009, §§ 44, 45 BörsG Rz. 93. A.A., soweit ersichtlich, nur Sittmann, NJW 1998, 3761, 3762. In Bezug auf die Angebotsunterlage Assmann, AG 2002, 153, 159; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 119; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 189; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 53; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 34;
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 57 § 12
C. Rechtsfolgen und Haftungsmodalitäten I. Schadensersatz, haftungsausfüllende Kausalität und Schutzbereichsgrenzen (§ 12 Abs. 1 WpÜG) Soll von der drohenden zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung für die Unrichtigkeit oder Unvollstän- 55 digkeit wesentlicher Angaben der Angebotsunterlage eine (zwar erst ex post eingreifende, aber präventiv wirkende) materielle Inhaltskontrolle der Angebotsunterlage ausgehen, so kommt der Frage nach dem ersatzfähigen Schaden desjenigen, der das Angebot angenommen hat, eine besondere Bedeutung zu. Nach § 12 Abs. 1 WpÜG a.E. kann der zum Schadensersatz Berechtigte denjenigen Schaden ersetzt verlangen, der ihm aus der Annahme des Angebots oder der Übertragung von Aktien auf den Bieter nach § 39a WpÜG entstanden ist. Von dem Sonderfall der Aktienübertragung nach § 39a WpÜG abgesehen, entspricht dies der Regelung von § 45 Abs. 1 Satz 1 (a.E.) BörsG in seiner bis 1998 geltenden Fassung159, die damit zur Ermittlung des zu ersetzenden Schadens auf die allgemeinen Vorschriften des Schadensrechts verwies (§§ 249 ff. BGB)160. Ergänzend bestimmte allerdings § 46 Abs. 2 BörsG a.F. (bis 1998), dass der Ersatzpflichtige seiner Ersatzpflicht dadurch genügen konnte, dass er das Wertpapier gegen Erstattung des vom Anspruchsberechtigten nachgewiesenen Erwerbspreises oder desjenigen Kurswerts übernimmt, den die Wertpapiere zum Zeitpunkt der Einführung hatten (sog. Ersetzungsbefugnis). Eine solche Vorschrift fehlt in § 12 Abs. 1 WpÜG, weshalb die allgemeinen Bestimmungen des Schadensrechts in diesem Falle vorbehaltlos zur Anwendung kommen. Hierbei ist im Übrigen den Grundsätzen zu folgen, wie sie sich zu § 45 Abs. 1 Satz 1 (a.E.) BörsG a.F. (bis 1998) herausgebildet haben161, doch ist im Hinblick auf die Besonderheiten der Schadensermittlung bei fehlerhaften Angebotsunterlagen noch vieles im Unklaren.
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Den allgemeinen Regeln des Schadensrechts folgend, kann der Schadensersatzberechtigte verlangen, 57 so gestellt zu werden, als hätte er die wahre Sachlage gekannt162. Zu ersetzen ist danach der gesamte Schaden, der aus der Abweichung der Sachlage von den fehlerhaften Angaben der Angebotsunterlage entstanden ist163. Herzustellen ist mithin der Zustand, der bestehen würde, wäre das schädigende Ereignis in Gestalt der fehlerhaften Angebotsunterlage nicht eingetreten („negatives Interesse“)164. Dagegen kann der Schadensersatzberechtigte nicht die Herstellung eines den fehlerhaften Angaben entsprechenden Zustands verlangen („positives Interesse“)165.
159 160
161 162 163 164
165
Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 33; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 62; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 31. D.h. in der Fassung, die durch das 3. FFG vom 24.3.1998, BGBl. I 1998, 529, geändert wurde. Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl. 1997, § 7 Rz. 229; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 143; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 38. Zur Anwendung der allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB bei der Schadensberechnung im Zusammenhang mit einer Haftung für die Angebotsunterlage vgl. Assmann, AG 2002, 153, 159; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 131; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 16; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 17; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 27; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 70. Siehe dazu etwa Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 143 ff.; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 38 ff.; Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 245 ff., und dazu auch Assmann in Assmann/Schütze, § 5 Rz. 187. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. Siehe auch Assmann, AG 2002, 153, 159; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 15; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 39; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 15. Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 143; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 38. Ebenso Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 956; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.89; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 131; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 131; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 77; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 31. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 198; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 146; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 956; Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 38; van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch
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§ 12 Rz. 58 Haftung für die Angebotsunterlage 58
Wenn der Geschädigte verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er ohne die fehlerhaften Angebotsangaben stünde (Rz. 57), so bedeutet dies in erster Linie, dass er bei ordnungsgemäßer Information das Angebot nicht angenommen hätte (siehe oben Rz. 45 f.) und es nicht zum Austausch der Wertpapiere gegen die offerierte Gegenleistung gekommen wäre. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) sind deshalb dem Schadensersatzberechtigten die dem Bieter übertragenen Wertpapiere zurück zu gewähren, Zug um Zug gegen Erstattung der von diesem erbrachten Gegenleistung166. Hat der Bieter dem Geschädigten im Zuge eines Umtauschangebots Wertpapiere übertragen und wurde auf diese zwischenzeitlich eine Dividende gezahlt, so ist diese im Wege des Vorteilsausgleichs (auch: Vorteilsanrechnung) zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Rückgewähr der dem Bieter eingereichten Wertpapiere, kann der Geschädigte dem Bieter eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Rückgewähr der Wertpapiere nach dem Ablauf der Frist ablehne (§ 250 Satz 1 BGB), um nach dem Ablauf der Frist Schadensersatz in Geld zu verlangen (§ 250 Satz 2 BGB). Als Schaden gilt insoweit der Preis, zu dem der Bieter die fraglichen Wertpapiere erlangte. Hiervon wird der Schadensersatzberechtigte indes nur Gebrauch machen, wenn der Kurs der fraglichen Wertpapiere zum Zeitpunkt der Erklärung unter demjenigen liegt, den der Bieter als Gegenleistung für den Erwerb der Wertpapiere zahlte.
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Macht der Schadensersatzpflichtige seinen Herstellungsanspruch nach § 249 Satz 1 BGB geltend, so ist der Bieter verpflichtet, dem Schadensersatzberechtigten Wertpapiere der Art zurück zu gewähren, wie sie von diesem eingereicht wurden. Sind Papiere der fraglichen Art, etwa infolge einer zwischenzeitlich erfolgten Verschmelzung der Zielgesellschaft mit einer anderen Gesellschaft, nicht mehr verfügbar, hat der Bieter – ohne dass ihm eine Frist gesetzt werden muss – Schadensersatz in Geld zu leisten (§ 251 Abs. 1 BGB)167. Hierbei ist als Sockelbetrag der vom Bieter gezahlte Erwerbspreis anzusetzen; nach der Annahme des Angebots erfolgte Wertsteigerungen der fraglichen Papiere sind nach Maßgabe von § 287 ZPO168 im Wege der richterlichen Schadensschätzung zu berücksichtigen. Gleiches gilt für den (in der Praxis wenig wahrscheinlichen) Fall, dass die Beschaffung der zurück zu gewährenden, beim Bieter nicht mehr vorhandenen Wertpapiere mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre (§ 251 Abs. 2 BGB).
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Ist demjenigen, der das Angebot aufgrund der fehlerhaften Angebotsunterlagen angenommen hat, darüber hinaus ein weiter gehender Schaden entstanden, so kann er auch diesen nach den allgemeinen Regeln des Schadensrechts (§§ 249 ff. BGB) geltend machen. Zu ersetzen sind dementsprechend jedenfalls sämtliche vom Schadensersatzberechtigten erbrachten Aufwendungen im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags, wie etwa solche im Zusammenhang mit der Angebotsannahme169 und der Abwicklung derselben. Ersatzfähig sind darüber hinaus auch diejenigen Aufwendungen, die der Geschädigte für erforderlich halten durfte, um seinen Anspruch gegen die Schadensersatzpflichtigen
166
167 168 169
326
der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 31. Dabei wird das zu ersetzende „negative Interesse“ allerdings durch das positive nicht begrenzt: Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 192. So in Bezug auf die Haftung für eine unrichtige Angebotsunterlage auch Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 131; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 15; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 39; Schwennicke in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 15; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 15; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 36; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 77; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 15. Ebenso Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 957; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2256; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 132; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 17; Louven in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 15; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 36; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 77. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 14 (nur Anspruch auf Geldersatz). Vgl. Hamann, ZIP 2001, 2249, 2256; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 132, 137, 139; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 78. Vgl. Hamann, ZIP 2001, 2249, 2256; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 78. Vgl. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 193; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 38; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 146. In Bezug auf die Haftung für die Angebotsunterlage etwa Drinkuth in Marsch-Barner/ Schäfer, Rz. 60.89; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 132; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 77.
Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 63 § 12
durchzusetzen (§§ 249 Satz 1, 256 BGB)170, namentlich die sog. Rechtsverfolgungskosten171. Die Kosten eines (vor oder nach der Anhängigkeit eines Rechtsstreits) privat in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens gehören regelmäßig nicht zu dem erstattungsfähigen Aufwand172, und zwar auch dann nicht, wenn der Bieter die nicht offenkundige Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angebotsunterlage bestreitet. Zum Herstellungsanspruch i.S. des § 249 Satz 1 BGB gehört (entsprechend der Klarstellung in § 252 61 BGB) auch der Ersatz entgangenen Gewinns173. Soweit der Schadensersatzberechtigte Gewinne aus Geschäften mit den fraglichen Wertpapieren geltend macht, die er aufgrund der Annahme des Angebots unterlassen haben will, kommt ein solcher Anspruch regelmäßig nur in Betracht, wenn der Betreffende nachweist, die Möglichkeit gehabt zu haben, die fraglichen Wertpapiere nach Annahme des Angebots zu einem höheren Preis als der hierfür erlangten Gegenleistung zu verkaufen. Hat der Kurs der Papiere nach Annahme des Angebots die erlangte Gegenleistung nie übertroffen oder war kein Konkurrenzangebot mit einer höheren Gegenleistung abgegeben bzw. nachweisbar durch die fehlerhaften Angebotsangaben unterlassen worden, so kommt diesbezüglich nur der Nachweis der Chance zum unterlassenen Abschluss konkreter anderweitiger Geschäfte in Frage. Zum entgangenen Gewinn des Schadensersatzberechtigten gehören im Übrigen Dividenden, die der Bieter auf die ihm vom Geschädigten übertragenen Wertpapiere erlangt hat. Dagegen kann der Geschädigte nicht am Vertrag festhalten und zum Zwecke einer Vertragsanpassung geltend machen, bei ordnungsgemäßer Erstellung der Angebotsunterlage hätte der Bieter einen höheren Preis zahlen müssen174, um so die Differenz zwischen hypothetischem und tatsächlich gezahltem Preis vereinnahmen zu können. Gegen eine solche Vertragsanpassung „nach oben“ im Wege des Schadensersatzanspruchs spricht schon, dass der Nachweis der Ursächlichkeit des Angebotsmangels auf den konkreten („zu niedrigen“) Angebotspreis regelmäßig nicht zu führen ist und eine (die hier betroffene haftungsausfüllende Kausalität begründende) Vermutung dergestalt, dass bei pflichtgemäßem Handeln der Angebotspreis ein höherer gewesen wäre oder hätte sein müssen, nicht anzuerkennen ist (siehe auch unten Rz. 63). Die Regel ist vielmehr die, dass der Adressat das Angebot bei „Kenntnis der wahren Sachlage“ (d.h. des Mangels der Angebotsunterlage) nicht angenommen hätte; allenfalls dies und nicht etwa „die Kenntnis der wahren Sachlage“ durch den Adressaten des Angebots könnte in einem solchen Fall zur Nachbesserung des Angebots geführt haben. Des Weiteren spricht gegen eine Erhöhung der Gegenleistung für die Annahme eines Angebots im Wege der schadensersatzrechtlichen Vertragsanpassung, dass sie nur dem Kläger, nicht aber den übrigen Wertpapierinhabern, die das Angebot angenommen haben, zugute käme, was mit dem in § 3 Abs. 1 WpÜG enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz kollidieren würde.
62
Während die Ursächlichkeit der fehlerhaften Angebotsunterlage für die Annahmeentscheidung des 63 Angebotsadressaten (d.h. die haftungsbegründende Kausalität) vermutet wird (siehe oben Rz. 45), besteht für die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. die Ursächlichkeit des Mangels der Angebotsunterlage bzw. der hierauf beruhenden Annahmeentscheidung für den geltend gemachten Schaden keine Vermutung175. Sie ist deshalb vom Anspruchsteller zu beweisen.
170 Assmann, AG 2002, 153, 159; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 15; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 77. 171 Zu den hierzu geltenden Grundsätzen siehe die Erläuterungen zu § 249 BGB in den einschlägigen Kommentaren. Statt vieler Oetker in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2016, § 249 Rz. 180 ff.; Schiemann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 249 BGB Rz. 233 f., § 251 BGB Rz. 114 ff. 172 Etwa Schulz in MüchKomm. ZPO, 5. Aufl. 2016, § 91 ZPO Rz. 158 ff. (Stichwort: Privatgutachten). 173 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.89 („Der geschädigte Aktionär kann etwa geltend machen, dass er die Aktien bei Nichtannahme des Angebots zwischenzeitlich zu einem höheren Preis hätte verkaufen können“). 174 So aber wohl Hamann, ZIP 2001, 2249, 2256 („Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte der Geschädigte die Wertpapiere entweder gegen eine höhere Gegenleistung veräußert oder er hätte das Angebot nicht angenommen“). Wie hier Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 195. 175 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rz. 958; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 145; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 90; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 194; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 76.
Assmann
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§ 12 Rz. 64 Haftung für die Angebotsunterlage 64
Sei es mangels haftungsausfüllender Kausalität176 oder sei es aufgrund von Schutzbereichsüberlegungen177 ist ein dem Betroffenen entstandener Schaden, der auf anderen Umständen beruht als der Abweichung der Sachlage von den Angaben in der Angebotsunterlage (siehe Rz. 57) nicht zu ersetzen. Gleiches gilt für einen Schaden, der auch bei pflichtgemäßem Handeln im Hinblick auf die ordnungsgemäße Erstellung der Angebotsunterlage eingetreten wäre178.
65
Bei der Ermittlung des ersatzfähigen Schadens ist nach ganz h.M. ein Mitverschulden (§ 254 BGB) in Bezug auf den Schadensumfang beachtlich und damit zugleich eine Schadensminderungspflicht des Angebotsadressaten und Anspruchstellers gegeben179. § 12 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG steht dem jedenfalls nicht entgegen, da sich diese Vorschrift auf ein Mitverschulden bei der Entstehung des Schadens bezieht (siehe oben Rz. 54).
II. Verjährung (§ 12 Abs. 4 WpÜG) 66
Der Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG verjährt nach § 12 Abs. 4 WpÜG in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem derjenige, der das Angebot angenommen hat oder dessen Aktien dem Bieter nach § 39a WpÜG übertragen worden sind180, von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben der Angebotsunterlage Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Die Kenntnis muss sich auf die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben der Angebotsunterlage und nicht auf die übrigen Voraussetzungen des Anspruchs aus § 12 Abs. 1 WpÜG beziehen. Kenntnis meint auch hier tatsächliche (oder auch „positive“) Kenntnis, d.h. fahrlässige Unkenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben der Angebotsunterlage („kennen müssen“, § 122 Abs. 2 BGB) reicht nicht aus181. Wegen des der Prospekthaftung vergleichbaren deliktischen Charakters der Haftung für die Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG wird man aber auf die Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. zurückgreifen können: Diese stellt es der Kenntnis eines Umstands gleich, wenn der Geschädigte „die Augen verschließt“, d.h. er sich die aufdrängende Kenntnis hätte in zumutbarer Weise ohne große Mühe verschaffen können182. Die Voraussetzungen der Verjährung, also auch die Kenntnis der Unrichtigkeit oder der Unvollständigkeit von Prospekt176 So eher Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 38. 177 So eher Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 181 f.; Hamann in Schäfer, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 147. 178 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 177; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 2. Aufl. 1994, §§ 45, 46 BörsG Rz. 38. Für die Haftung für die Angebotsunterlage etwa Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 90; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 194; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 57; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 76. 179 Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 140; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 12 WpÜG Rz. 12, 18; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 195; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 38; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 79. 180 Die Einfügung des Satzteils „oder dessen Aktien dem Bieter nach § 39a übertragen worden sind“ aufgrund von Art. 1 Nr. 9 des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 8.7.2006 (siehe oben Rz. 5a) ist eine Folgeänderung der Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten nach § 12 Abs. 1 WpÜG um Personen, deren Aktien unter den Voraussetzungen des § 39a WpÜG auf den Bieter übertragen worden sind. Siehe dazu oben Rz. 5a und 41. 181 Ebenso Hamann, ZIP 2001, 2249, 2257; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 196; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 64; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 20; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 51; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 80; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 14. 182 BGH v. 17.11.1998 – VI ZR 32/97, NJW 1999, 423, 425. Ferner BGH v. 8.10.2002 – VI ZR 182/01, ZIP 2002, 2318, 2319, für den Fall, dass der Geschädigte es verabsäumt hat, eine gleichsam auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit wahrzunehmen und deshalb die Berufung auf Unkenntnis als Förmelei erscheint, wohingegen es der nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. erforderlichen positiven Kenntnis regelmäßig nicht gleich stehen soll, wenn die Unkenntnis des Geschädigten über den Schadenshergang und die Person des Schädigers lediglich darauf beruht, dass er nicht aus eigener Initiative Erkundigungen eingezogen hat. Vgl. Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 13 VerkProspG Rz. 113. In Bezug auf Angebotsunterlagen nach dem WpÜG Zusammenhang auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 31; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 196; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 51.
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Assmann
Haftung für die Angebotsunterlage
Rz. 68 § 12
angaben, sind von demjenigen zu beweisen, der sich auf die Verjährung beruft, d.h. vom Anspruchsgegner183. Für die Fristberechnung gelten §§ 187 ff. BGB über Fristen und Termine und §§ 203 ff. BGB über Hemmung, Ablaufhemmung und Neubeginn der Verjährung184.
III. Haftungsbeschränkung (§ 12 Abs. 5 WpÜG) Eine Vereinbarung, durch die ein Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG im Voraus ermäßigt oder erlassen wird, ist nach § 12 Abs. 5 WpÜG unwirksam. Die Regelung entspricht § 47 Abs. 1 BörsG a.F., jetzt § 25 WpPG. Nach Entstehung des Anspruchs können Anspruchsberechtigte und Anspruchsverpflichtete über einen Anspruch nach § 12 Abs. 1 WpÜG durch entsprechende Vereinbarungen, wie etwa einen Vergleich, disponieren185.
67
IV. Konkurrenzen (§ 12 Abs. 6 WpÜG) Nach § 12 Abs. 6 WpÜG bleiben über den Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG hinausgehende Ansprü- 68 che, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts aufgrund von Verträgen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden können, unberührt. Die Vorschrift entspricht § 47 Abs. 2 BörsG a.F., jetzt § 25 Abs. 2 WpPG. Ansprüche aus rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnissen i.S. des § 311 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 BGB (culpa in contrahendo), wie sie durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen, durch die Anbahnung von Verträgen oder durch ähnliche rechtsgeschäftliche Kontakte sowie durch Inanspruchnahme von Vertrauen entstehen können, werden vom Gesetz als vertragliche behandelt und können deshalb neben § 12 Abs. 1 WpÜG geltend gemacht werden, soweit sie nicht auf die die Fehlerhaftigkeit der Angebotsunterlage gestützt werden186. Alle anderen Ansprüche, namentlich solche aus bürgerlichrechtlicher Prospekthaftung, sind damit ausgeschlossen187. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der BGH die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung in „Weiterführung der Grundgedanken einer Vertrauenshaftung wie sie für die Grundfälle eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen entwickelt worden ist, in einem bestimmten, vom Gesetzgeber als regelungsbedürftig nicht vorhergesehenen, aber ausfüllungsbedürftigen Bereich“188 herausgebildet hat. Zum einen hat sie durch die Wechselwirkungen mit spezialgesetzlich geregelten, deliktischen Prospekthaftungstatbeständen deliktische Anspruchselemente aufgenommen und längst von ihrer Grundlage in den culpa in contrahendo-Grundsätzen gelöst und zum anderen wird man sie auch nicht als einen im Vergleich mit § 12 Abs. 1 WpÜG „weitergehenden Anspruch“ (i.S. des § 12 Abs. 6 WpÜG), sondern als einen die Fehlerhaftigkeit von Kapitalanlageprospekten voraussetzenden Anspruch zu sehen ha183 Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 31; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 64; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 51; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 8381 a.E.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 31. 184 Ebenso Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 196; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 80. 185 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 43. Vgl. auch Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 147; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 197; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 66; Sohbi in Heidel, § 12 WpÜG Rz. 21; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 83. 186 BGH v. 23.10.2018 – XI ZB 3/16, AG 2019, 210, 214 (Rz. 54 ff. m.w.N.) in Bezug auf den vergleichbaren Fall der Verdrängung von Schadensersatzansprüchen „gegen eine Kapitalanlagegesellschaft aus § 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch Anbahnung des Investmentvertrags mittels eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts“ durch „die spezialgesetzliche Prospekthaftung des § 127 Abs. 1 InvG a.F.“ (Hervorh. hinzugefügt). 187 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. Vgl. auch Assmann, AG 2002, 153, 154; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 149; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 39; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 200; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 73; Steinhardt in Steinmeyer, § 12 WpÜG Rz. 22; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 361; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 12 WpÜG Rz. 84. 188 BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 341 = NJW 1981, 1449, 1450. Zur Entwicklung bzw. Ausgestaltung der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung siehe Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 1 ff., 25 ff. bzw. Rz. 129 ff., jeweils m.w.N.
Assmann
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§ 12 Rz. 68 Haftung für die Angebotsunterlage ben, der durch einen speziellen gesetzlichen „Prospekt“haftungsanspruch, bei dem anstelle eines Prospekts die Angebotsunterlage tritt, verdrängt wird.
D. Gerichtsstand 69
Für Rechtsstreitigkeiten, die Ansprüche aus § 12 Abs. 1 WpÜG wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angebotsunterlage zum Gegenstand haben, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Landgerichte ausschließlich zuständig (§ 66 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Das ist auch dann der Fall, wenn mit dem Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG konkurrierende Ansprüche i.S.v. § 12 Abs. 6 WpÜG (siehe vorstehend zu Rz. 68) geltend gemacht werden und die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach dem WpÜG zu treffen ist (§ 66 Abs. 1 Satz 2 WpÜG)189. Für Klagen wegen der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit von Angebotsunterlagen sowohl aus § 12 Abs. 1 WpÜG als auch aus den nach § 12 Abs. 6 WpÜG mit einem Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG konkurrierenden Ansprüchen ist jedenfalls auch das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk die Zielgesellschaft ihren Sitz hat (§ 66 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)190.
§ 13 Finanzierung des Angebots (1) Der Bieter hat vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung zur Verfügung stehen. Für den Fall, dass das Angebot als Gegenleistung die Zahlung einer Geldleistung vorsieht, ist durch ein vom Bieter unabhängiges Wertpapierdienstleistungsunternehmen schriftlich zu bestätigen, dass der Bieter die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung zur Verfügung stehen. (2) Hat der Bieter die nach Absatz 1 Satz 2 notwendigen Maßnahmen nicht getroffen und stehen ihm zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung aus diesem Grunde die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung, so kann derjenige, der das Angebot angenommen hat, von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das die schriftliche Bestätigung erteilt hat, den Ersatz des ihm aus der nicht vollständigen Erfüllung entstandenen Schadens verlangen. (3) § 12 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend. A. I. II. III. IV. V. B.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . II. Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art der Gegenleistung . . . . . . . . 2. Umfang der Gegenleistung . . . . . .
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1 1 3 7 11 13
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14 14 16 16 17
a) Volle Annahmequote . . . . . . . b) Nachträgliche Änderung der Gegenleistung . . . . . . . . . . . c) Kapitalmaßnahmen der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitpunkt des Zurverfügungstehens III. Sicherstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung des Begriffs . . . . . . . . a) „Sicherheit“ . . . . . . . . . . . . b) Erforderliche Maßnahmen . . . . 2. Zeitpunkt der Sicherstellung . . . . . IV. Notwendige Maßnahmen . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . .
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17
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21
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27 28 29 29 30 34 37 38 38
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189 Van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 35. 190 Die Einrichtung dieses besonderen Gerichtsstands soll eine Entscheidung durch das Gericht ermöglichen, in dessen Nähe sich häufig relevante Beweismittel, insbesondere Urkunden und Zeugen befinden; Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 69.
330
Assmann und Krause
§ 12 Rz. 68 Haftung für die Angebotsunterlage ben, der durch einen speziellen gesetzlichen „Prospekt“haftungsanspruch, bei dem anstelle eines Prospekts die Angebotsunterlage tritt, verdrängt wird.
D. Gerichtsstand 69
Für Rechtsstreitigkeiten, die Ansprüche aus § 12 Abs. 1 WpÜG wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angebotsunterlage zum Gegenstand haben, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Landgerichte ausschließlich zuständig (§ 66 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Das ist auch dann der Fall, wenn mit dem Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG konkurrierende Ansprüche i.S.v. § 12 Abs. 6 WpÜG (siehe vorstehend zu Rz. 68) geltend gemacht werden und die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung abhängt, die nach dem WpÜG zu treffen ist (§ 66 Abs. 1 Satz 2 WpÜG)189. Für Klagen wegen der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit von Angebotsunterlagen sowohl aus § 12 Abs. 1 WpÜG als auch aus den nach § 12 Abs. 6 WpÜG mit einem Anspruch aus § 12 Abs. 1 WpÜG konkurrierenden Ansprüchen ist jedenfalls auch das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk die Zielgesellschaft ihren Sitz hat (§ 66 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)190.
§ 13 Finanzierung des Angebots (1) Der Bieter hat vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung zur Verfügung stehen. Für den Fall, dass das Angebot als Gegenleistung die Zahlung einer Geldleistung vorsieht, ist durch ein vom Bieter unabhängiges Wertpapierdienstleistungsunternehmen schriftlich zu bestätigen, dass der Bieter die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung zur Verfügung stehen. (2) Hat der Bieter die nach Absatz 1 Satz 2 notwendigen Maßnahmen nicht getroffen und stehen ihm zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung aus diesem Grunde die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung, so kann derjenige, der das Angebot angenommen hat, von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das die schriftliche Bestätigung erteilt hat, den Ersatz des ihm aus der nicht vollständigen Erfüllung entstandenen Schadens verlangen. (3) § 12 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend. A. I. II. III. IV. V. B.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . II. Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art der Gegenleistung . . . . . . . . 2. Umfang der Gegenleistung . . . . . .
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a) Volle Annahmequote . . . . . . . b) Nachträgliche Änderung der Gegenleistung . . . . . . . . . . . c) Kapitalmaßnahmen der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitpunkt des Zurverfügungstehens III. Sicherstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung des Begriffs . . . . . . . . a) „Sicherheit“ . . . . . . . . . . . . b) Erforderliche Maßnahmen . . . . 2. Zeitpunkt der Sicherstellung . . . . . IV. Notwendige Maßnahmen . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . .
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189 Van Aerssen in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 35. 190 Die Einrichtung dieses besonderen Gerichtsstands soll eine Entscheidung durch das Gericht ermöglichen, in dessen Nähe sich häufig relevante Beweismittel, insbesondere Urkunden und Zeugen befinden; Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 69.
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Assmann und Krause
Finanzierung des Angebots 2. Geldleistung (Kaufangebot) . . . . . . . . 39 a) Eigenfinanzierung . . . . . . . . . . . . 40 aa) Vorhandene Eigenmittel, Vermögensumschichtung . . . . . 40 bb) Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . 42 cc) Ausnutzung genehmigten Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . 48 dd) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . 50 b) Fremdfinanzierung . . . . . . . . . . . 51 aa) Kreditvertrag . . . . . . . . . . . . 52 (1) Abschluss eines Kreditvertrages . . . . . . . . . . . . 52 (2) Inhaltliche Anforderungen . . 54 bb) Anleihe . . . . . . . . . . . . . . . 62a 3. Sachleistung (Tauschangebot) . . . . . . . 63 a) Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . 64 b) Ausnutzung genehmigten Kapitals . . 69 c) Bedingte Kapitalerhöhung . . . . . . . 72 d) Wertpapierleihe . . . . . . . . . . . . . 75 e) Wertpapiere eines Dritten . . . . . . . 77 f) Liquide, zum Börsenhandel zugelassene Aktien . . . . . . . . . . . 79 4. Qualifiziertes Nichtannahmeversprechen . 79a C. Finanzierungsbestätigung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geldleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderung des Angebots . . . . . . . . . III. Aussteller der Bestätigung . . . . . . . . . . 1. Wertpapierdienstleistungsunternehmen
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80 80 84 84 86 88 89
IV.
V. D. I. II.
E. I. II.
§ 13
2. Unabhängigkeit vom Bieter . . . . . . . . 91 a) Gesellschaftsrechtliche Verbindung . . 92 b) Persönliche Verflechtungen . . . . . . 96 c) Geschäftliche Verbindungen . . . . . . 98 Form und Inhalt der Bestätigung . . . . . . . 99 1. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Verhältnis zu § 43 WpHG (§ 27a WpHG a.F.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106a Rechtsfolgen (§ 13 Abs. 2 und 3 WpÜG) . . 107 Verletzung von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG . . 107 Verletzung von § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG . . 109 1. Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . 110 a) Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Nachträgliche Veränderungen . . . . . 113 2. Haftungsausschluss . . . . . . . . . . . . . 117 a) Exkulpationsmöglichkeit (§ 12 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . 118 b) Berichtigung unzutreffender Angaben (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG) . . . . . . . 121 c) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Haftungsumfang . . . . . . . . . . . . . . 125 4. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . 128 5. Verhältnis zur Haftung des Bieters . . . . 131 Blick über die Grenze . . . . . . . . . . . . . 133 Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . . . . . 133 Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Schrifttum: Aha, Rechtsschutz der Zielgesellschaft bei mangelhaften Übernahmeangeboten, AG 2002, 160; Assmann, Die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage, AG 2002, 153; Bayer, Materielle Schranken und Kontrollinstrumente beim Einsatz des genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss, ZHR 168 (2004), 132; Becker, Gesellschaftsrechtliche Probleme der Finanzierung von Leveraged Buy-Outs, DStR 1998, 1429; Berrar, Die Finanzierungsbestätigung nach § 13 WpÜG, ZBB 2002, 174; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), AG 2016, 597; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb 2002, 277; Cascante/Tyrolt, 10 Jahre WpÜG – Reformbedarf im Übernahmerecht, AG 2012, 97; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMF, NZG 2001, 420; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Regierungsentwurf des WpÜG, NZG 2001, 1003; Decher, Rechtsfragen des grenzüberschreitenden Merger of Equals, in FS Lutter, 2000, S. 1209; Deckert, Inkompatibilitäten und Interessenkonflikte – Zur Pflichtenstellung des Aufsichtsratsmitglieds, DZWiR 1996, 406; Diem, Akquisitionsfinanzierungen, 3. Aufl. 2013; Fahrholz, Neue Formen der Unternehmensfinanzierung, 1998; Fleischer, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs und Leveraged Buyout, AG 1996, 494; Fleischer, Mitteilungspflichten für Inhaber wesentlicher Beteiligungen (§ 27a WpHG), AG 2008, 873; Gei/Kiesewetter, Praxisrelevante Aspekte öffentlicher Übernahmen in Zeiten volatiler Märkte, AG 2012, 741; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52; Georgieff/Hauptmann, Die Finanzierungsbestätigung nach § 13 WpÜG: Rechtsfragen im Zusammenhang mit überwiegend fremdfinanzierten öffentlichen Barangeboten, AG 2005, 277; Hamann, Die Angebotsunterlage nach dem WpÜG – ein praxisorientierter Überblick, ZIP 2001, 2249; Harnos, Aktionärsschutz beim Delisting, ZHR 179 (2015), 750; Hasselbach, Taking Private – aktuelle Themen bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen, BB 2015, 1033; Häuser, Die Finanzierungsbestätigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, in FS Hadding, 2004, S. 833; Heermann, Interessenkonflikte von Bankenvertretern in Aufsichtsräten bei (geplanten) Unternehmensübernahmen, WM 1997, 1689; Herkenroth, Bankenvertreter als Aufsichtsratsmitglieder von Zielgesellschaften: Zur beschränkten Leistungsfähigkeit des Rechts bei der Lösung von Interessenkonflikten anlässlich der Finanzierung von Übernahmen, AG 2001, 33; Hippeli, Problembehaftete Aspekte von Angebotsbedingungen bei öffentlichen Angeboten nach dem WpÜG, 2015; Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz – Gemeinsamer Standpunkt des Rates zur
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§ 13 Finanzierung des Angebots 13. Richtlinie und Diskussionsentwurf des Übernahmegesetzes, in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Hopt, Übernahmen, Geheimhaltung und Interessenkonflikte: Probleme für Vorstände, Aufsichtsräte und Banken, ZGR 2002, 333; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Kiesewetter/Kiefner, Praxisrelevante Aspekte der Finanzierungssicherstellung bei öffentlichen Übernahmen, CFL 2011, 284; Korff, Das Risikobegrenzungsgesetz und seine Auswirkungen auf das WpHG, AG 2008, 692; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Krause, Das deutsche Übernahmegesetz vor dem Hintergrund der EURichtlinie, ZGR 2002, 500; Krause, Die Abwehr feindlicher Übernahmeangebote auf der Grundlage von Ermächtigungsbeschlüssen der Hauptversammlung, BB 2002, 1053; Krause, Zwei Jahre Praxis mit dem Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz, NJW 2004, 3681; R. Krause, Die Gewährung von Aktien beim Unternehmenskauf, in RWSForum Gesellschaftsrecht 2003, S. 301; Kühbacher, Darlehen an Konzernunternehmen: Besicherung und Vertragsanpassung, 1993; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991; Lenz/Behnke, Das WpÜG im Praxistest, BKR 2003, 43; Lenz/Linke, Die Handhabung des WpÜG in der aufsichtsrechtlichen Praxis, AG 2002, 420; Lutter, Bankenvertreter im Aufsichtsrat, ZHR 145 (1981), 224; Lutter/Wahlers, Der Buyout: Amerikanische Fälle und die Regeln des deutschen Rechts, AG 1989, 1; Marsch-Barner, Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären?, Referat zum 63. Juristentag 2000, S. 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Finanzierung des Angebots
Rz. 4 § 13
A. Überblick I. Regelungsgegenstand Die Fähigkeit des Bieters, den Erwerb der Wertpapiere der Zielgesellschaft zu finanzieren, ist für den Erfolg eines Angebots von entscheidender Bedeutung1. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verpflichtet daher den Bieter, seine Erfüllungsfähigkeit durch entsprechende Maßnahmen vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage sicherzustellen. Diese Finanzierungsverantwortung besteht unabhängig davon, ob die Gegenleistung eine Geld- oder Sachleistung ist.
1
Sieht das Angebot eine Geldleistung vor, hat ein vom Bieter unabhängiges Wertpapierdienstleistungs- 2 unternehmen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG schriftlich zu bestätigen, dass der Bieter die zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit notwendigen Maßnahmen getroffen hat. Diese Finanzierungsbestätigung ist der Angebotsunterlage beizufügen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 WpÜG). Erfüllt der Bieter die ihm in Bezug auf die Geldleistung obliegenden Pflichten nicht, können alle diejenigen, die das Angebot angenommen haben, das Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Dieser Anspruch tritt neben eventuell gemäß § 12 WpÜG bestehende Ersatzansprüche gegen den Bieter und andere Personen, die für die Angebotsunterlage verantwortlich sind oder diese veranlasst haben.
II. Zweck Der Zweck des § 13 WpÜG besteht in der Verhinderung von unseriösen, wirtschaftlich nicht erfüll- 3 baren, finanziell unüberlegten oder ohne ernstliche Erwerbsabsicht abgegebenen, kursmanipulativen Angeboten2. Die Verhinderung derartiger Angebote dient primär dem Schutz der Integrität des Kapitalmarkts3, kommt aber mittelbar auch den Interessen der Wertpapierinhaber, die das Angebot angenommen haben4, und den Interessen der Zielgesellschaft5 zugute: Den Wertpapierinhabern soll nicht zugemutet werden, über die Annahme eines Angebots entscheiden zu müssen, das keine solide finanzielle Grundlage besitzt6. Die Zielgesellschaft wird davor bewahrt, die von einem öffentlichen Angebot ausgehenden Beeinträchtigungen dulden zu müssen, wenn feststeht bzw. wahrscheinlich ist, dass der Bieter die versprochene Gegenleistung nicht erbringen kann; § 13 WpÜG flankiert somit das Behinderungsverbot des § 3 Abs. 4 Satz 2 WpÜG. Außerdem bewirkt § 13 WpÜG einen gewissen Schutz des Bieters und seiner Gesellschafter vor einem übereilten Vorgehen seines Geschäftsführungsorgans7. Bei Angeboten gegen Geldleistung wird dieser Schutz verstärkt, indem ein Wertpapierdienstleis- 4 tungsunternehmen in das Verfahren eingebunden wird. Bei ihm wird die Sachkunde vorausgesetzt, die für eine verlässliche Aussage zu den Finanzierungsmaßnahmen des Bieters erforderlich ist. Weil diese Aussage öffentlich dokumentiert wird und die Sachkunde des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ein besonderes Vertrauen in die Richtigkeit der Finanzierungsbestätigung hervorruft, wird 1 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 2 Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 54; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1159; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 1; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 1; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 3 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 1; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 2; weitergehend Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 1. 3 Ebenso Mayer-Uellner, AG 2012, 399; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 2. 4 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 2; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 1; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 1; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 2. 5 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 2; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 3; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 1; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 5; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 2. 6 Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 20; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 3. 7 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 87; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/ Verse, § 13 WpÜG Rz. 5; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 2.
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§ 13 Rz. 4 Finanzierung des Angebots den Wertpapierinhabern mit dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein weiterer Schuldner zur Verfügung gestellt8. Insofern besteht eine Parallele zur Prospekthaftung der Emissionsbanken, denen eine gewisse Garantenstellung beigemessen wird, weil ihre Mitwirkung bei der Prospekterstellung nach außen in Erscheinung tritt und ihre Sachkunde ein besonderes Vertrauen in die Richtigkeit des Prospektinhalts hervorruft9. Die Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens auf das positive Interesse reicht allerdings weiter als eine bloße Vertrauenshaftung, die auf das negative Interesse beschränkt ist; hieran wird deutlich, dass die Haftung trotz der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren eine gewisse Nähe zu einer Garantie der gegen den Bieter gerichteten Zahlungsansprüche behalten hat. 5
Der Schutzzweck des § 13 WpÜG wird im Wesentlichen durch Prävention erfüllt. Aus § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist unmittelbar abzuleiten, dass Angebote unter Finanzierungsvorbehalt unzulässig sind (siehe § 18 WpÜG Rz. 67). Wenn eine Geldleistung vorgesehen ist und der Bieter daher eine Finanzierungsbestätigung eines unabhängigen Wertpapierdienstleistungsunternehmens beibringen muss, sieht sich das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht zuletzt wegen der drohenden Haftung gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG regelmäßig veranlasst, die Finanzierung des Angebots gründlich zu prüfen10 und die Finanzierungsbestätigung nur dann auszustellen, wenn die Erfüllungsfähigkeit des Bieters sichergestellt ist.
6
Die vollumfängliche Absicherung der Wertpapierinhaber ist nicht Schutzzweck des § 13 WpÜG11. Wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift belegt, sollte das Wertpapierdienstleistungsunternehmen gerade nicht als Garant für jedweden Finanzierungsmangel einstehen (hierzu sogleich in Rz. 10). Außerdem ist zweifelhaft, ob das Schutzbedürfnis der Wertpapierinhaber so weit über das normale Interesse eines Gläubigers an der Leistungsfähigkeit seines Schuldners hinausgeht, dass eine garantiegleiche Sicherung der Leistungsfähigkeit des Bieters erforderlich wäre12. Anders als etwa in den Fällen der Sicherheitsleistung gemäß § 327b Abs. 3 AktG oder § 22 UmwG können die Wertpapierinhaber nämlich grundsätzlich selbst entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder nicht (siehe unten Rz. 32).
III. Entstehung 7
Die Vorschrift des § 13 WpÜG folgt Vorbildern im Vereinigten Königreich (Rule 24.8 Takeover Code) und in Österreich (§ 4 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 ÜbG)13. Gegenüber dem Übernahmekodex bedeutet sie eine Verschärfung der an den Bieter gestellten Anforderungen14.
8
Die in § 13 WpÜG normierten Verpflichtungen waren im Wesentlichen bereits im Diskussionsentwurf vorgesehen, wurden im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aber deutlich entschärft. Nach dem Diskussionsentwurf (§ 15) hatte der Bieter bereits vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots „sicherzustellen“ und eine Bestätigung eines unabhängigen Wertpapierdienstleistungsunternehmens, eines aufgrund Rechtsverordnung gemäß § 53c KWG gleich- oder freigestellten Unternehmens aus einem Staat außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums oder eines Wirtschaftsprüfers darüber vorzulegen, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung des (Kauf- oder Tausch-)Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen. Ob die notwendigen Mittel schon bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage oder erst bei Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung zur Verfügung stehen müssen, war nicht geregelt. Bei Unrichtigkeit der Bestätigung sollte der Aussteller den Aktionären schadensersatzpflichtig sein, sich aber für leicht fahrlässige Unkenntnis exkulpieren können.
8 In Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44, kommt dies nicht vollständig zum Ausdruck; im Ergebnis Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 1. 9 BGH v. 22.5.1980 – II ZR 209/79, BGHZ 77, 172, 176 f.; BGH v. 31.5.1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314, 319 f.; BGH v. 1.12.1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025. 10 Hierzu Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1162 ff. 11 Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1258 („keine Garantiehaftung“); a.A. Oechsler, NZG 2001, 817, 826. 12 So offenbar Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 1. 13 Die Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44, zitiert demgegenüber Rule 2.5 City Code (zu dessen Regelungsgehalt siehe unten Rz. 133 f.) und § 4 Nr. 1 ÜbG. 14 Art. 7 Nr. 13 Übernahmekodex versuchte, die Seriosität von Übernahmeangeboten lediglich durch § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 WpÜG entsprechende Informationspflichten sicherzustellen.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 12 § 13
Im Referentenentwurf (§ 13) wurden diese relativ weitreichenden Pflichten dahin gehend abgemildert, dass der Bieter nur noch die „notwendigen Maßnahmen“ zu treffen hatte, um sicherzustellen, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen. Der Zeitpunkt, zu dem die notwendigen Maßnahmen getroffen sein mussten, wurde auf den Moment der Veröffentlichung der Angebotsunterlage verschoben15. Vom Erfordernis, eine Finanzierungsbestätigung auch bei einer Sachleistung vorzulegen16, und der Möglichkeit, die Finanzierungsbestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen aus einem Drittstaat ausstellen zu lassen17, wurde Abstand genommen. Eine Exkulpationsmöglichkeit für leichte Fahrlässigkeit war nicht vorgesehen.
9
Auf die Kritik, dass es unbillig sei, dem Aussteller der Finanzierungsbestätigung eine Garantiehaftung für die Verfügbarkeit der Mittel aufzuerlegen und ihm damit das Insolvenzrisiko des Bieters aufzubürden18, wurde im Regierungsentwurf klargestellt, dass die Erfüllungsfähigkeit nicht schon bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage, sondern erst bei Fälligkeit der Gegenleistung bestehen muss. Außerdem wurde die Exkulpationsmöglichkeit wieder eingeführt. Aus der Genese der Vorschrift ergibt sich somit, dass eine Garantiehaftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht bestehen sollte19.
10
IV. Kritik Vereinzelt wurde die Befürchtung geäußert, dass Angebote gegen Zahlung einer Geldleistung wegen der Kosten der Finanzierungsbestätigung unattraktiv werden könnten und es sinnvoller sei, die Annahme des Angebots durch die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft an die Bedingung der vollständigen Erfüllung zu knüpfen. Alternativ wurde erwogen, den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft bei nicht fristgerechter Leistung ein Rücktrittsrecht und – wie in § 325 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgesehen – zusätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz einzuräumen20. Diese Vorschläge können jedoch die Schutzzwecke des § 13 WpÜG nicht erreichen: Würde die Annahme eines Angebots durch die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft an die Bedingung der vollständigen Erfüllung der Gegenleistung geknüpft, hätte es der Bieter in der Hand, sich von dem Angebot zu lösen, indem er davon absieht, die zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Auch die Verknüpfung von Rücktrittsrecht und Schadensersatzanspruch könnte den Schutzzweck des § 13 WpÜG nicht erreichen, weil sich der Schadensersatzanspruch gegen den – nicht erfüllungsfähigen – Bieter richten würde21.
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Außerdem wurde kritisiert, dass die Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gemäß § 13 12 Abs. 2 WpÜG – anders als bei anderen Fällen der Prospekt-22 und Expertenhaftung23 für unrichtige Testate – auf das positive Interesse gerichtet ist. Aus Gründen der Prävention gegen unseriöse Angebote allein sei dies nicht gerechtfertigt. Außerdem sei es dogmatisch inkonsequent, pflichtwidriges Verhalten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens mit der Haftung auf das Erfüllungsinteresse zu sanktionieren; pflichtgemäßes Verhalten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens hätte nämlich zur Verweigerung der Finanzierungsbestätigung und nicht zur Beschaffung der erforderlichen Geld-
15 Zu den Gründen Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 836 f. (m.w.N.). 16 Zu den Gründen Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 11; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 836; krit. Möllers, ZGR 2002, 664, 694. 17 Zur Entwicklung Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 9 ff. 18 Z.B. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 424; hierzu Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1258. 19 Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1258. 20 Thaeter/Barth, NZG 2001, 545, 548. 21 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 2. 22 BGH v. 16.11.1978 – II ZR 94/77, BGHZ 72, 382, 389; BGH v. 22.3.1979 – VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 113; BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 346 f.; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 99; ebenso die Haftung gemäß § 21 Abs. 1 WpPG, § 127 Abs. 1 InvG. 23 BGH v. 2.4.1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 261; Hopt in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 347 HGB Rz. 35.
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§ 13 Rz. 12 Finanzierung des Angebots mittel geführt24. Der Schadensersatzanspruch gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen erscheint auch im internationalen Vergleich durchaus weitgehend25.
V. EU-Übernahmerichtlinie 13
Nach dem allgemeinen Grundsatz des Art. 3 Abs. 1 lit. e) der Übernahmerichtlinie hat der Bieter bereits vor der Ankündigung des Angebots sicherzustellen, dass er eine als Gegenleistung vorgesehene Geldleistung in vollem Umfang leisten kann. Außerdem hat er alle gebotenen Maßnahmen zu treffen, um die Erfüllung sonstiger Arten von Gegenleistungen zu garantieren. Eine Verpflichtung zur Vorlage einer Finanzierungsbestätigung eines Dritten und die Haftung des Dritten für die Richtigkeit der über die Finanzierung getroffenen Aussagen ist dagegen nicht vorgesehen. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorschrift des § 13 WpÜG bei der Umsetzung der Übernahmerichtlinie nicht verändert26.
B. Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) I. Anwendungsbereich 14
Die Vorschrift findet Anwendung bei allen Arten von Angeboten, d.h. bei „einfachen“ öffentlichen Erwerbsangeboten, Übernahmeangeboten (§ 34 WpÜG) und Pflichtangeboten (§ 39 WpÜG). Da ein Pflichtangebot gemäß §§ 32, 39 WpÜG nicht als Teilangebot abgegeben werden kann, ist beim Überschreiten der Kontrollschwelle sicherzustellen, dass die zum Erwerb sämtlicher Aktien der Zielgesellschaft notwendigen Mittel bei Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung zur Verfügung stehen27.
15
Über § 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BörsG28 findet § 13 WpÜG auch Anwendung auf den Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel (Delisting)29. Dies gilt gemäß § 39 Abs. 4 BörsG auch für Emittenten mit Sitz im Ausland30.
II. Gegenleistung 1. Art der Gegenleistung 16
Der Bieter hat die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen „Mittel“ zur Verfügung stehen. Der Begriff „Mittel“ ist im Gesetz nicht definiert. „Mittel“ können bei einer Geldleistung Geld und bei einer Sachleistung die entsprechenden Sachen sein31 – etwa bei Übernahme- und Pflichtangeboten liquide, börsenzugelassene Aktien (§ 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) oder bei sonstigen öffentlichen Erwerbsangeboten andere Gegen24 Zutreffend Tröger, DZWiR 2002, 353, 359 f. 25 Weitere Hinweise bei Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 13 ff.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 19 ff. 26 Generell hat die Richtlinie bei den evaluierten Mitgliedstaaten wenig Veränderungen bewirkt; Europäische Kommission, Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Anwendung der Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote, Brüssel, 28.6.2012, COM(2012) 347 final, Rz. 6 (Anwendungsbericht). 27 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 7; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 13. So in Österreich ausdrücklich § 4 Nr. 1 und § 22 Abs. 5 ÜbG. 28 Geändert zum 26.11.2015 durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, BGBl. I 2015, 2029. 29 Da § 13 WpÜG auch für einfache öffentliche Erwerbsangebote gilt, ist die Norm bei Delisting nach § 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BörsG stets anwendbar, Begr. RegE, BT-Drucks. 18/6220, S. 84; Harnos, ZHR 179 (2015), 750, 756; Bayer, NZG 2015, 1169, 1176 f.; Zimmer/v. Imhoff, NZG 2016, 1056, 1057; allg. Goslar/Klingen in Drinhausen/ Eckstein, BeckHdb. AG, § 26 Rz. 14; Kumpan in Baumbach/Hopt, 38. Aufl. 2018, § 39 BörsG Rz. 5. 30 Schulz/Wieneke, NZG 2017, 449, 454. 31 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 3.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 17 § 13
stände (z.B. Schuldverschreibungen oder nicht börsenzugelassene Aktien)32. Letzteres ist auch bei Übernahme- und Pflichtangeboten möglich, solange die Adressaten des Angebots zwischen einer der gemäß § 31 WpÜG erforderlichen Gegenleistungen (Geld oder liquide börsenzugelassene Aktien) und der anderen Gegenleistung wählen können (siehe § 31 WpÜG Rz. 38, 61). Weil der Bieter sicherstellen muss, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, hat er seine Erfüllungsfähigkeit für jede angebotene Art der Gegenleistung sicherzustellen. 2. Umfang der Gegenleistung a) Volle Annahmequote Dem Bieter müssen bei Fälligkeit der Gegenleistung die zur „vollständigen Erfüllung“ notwendigen Mittel zur Verfügung stehen. Demnach ist die Hypothese zugrunde zu legen, dass sämtliche Adressaten das Angebot annehmen33. Dies gilt auch für die von konkurrierenden Bietern gehaltenen Aktien34. Nach der gefestigten Praxis der BaFin35 ist irrelevant, ob einzelne Wertpapierinhaber bindend erklärt haben, das Angebot nicht anzunehmen36. Nur in ausgewählten Einzelfällen hat die BaFin die von Tochterunternehmen des Bieters gehaltenen (und ihm daher gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG zugerechneten) Wertpapiere unberücksichtigt gelassen, wenn entsprechende Nichtannahmeerklärungen vorlagen37 oder der Bieter sein Tochterunternehmen angewiesen hatte, weder das Angebot anzunehmen noch die gehaltenen Aktien vor Ablauf der (weiteren) Annahmefrist zu veräußern38. Die Praxis ist jedoch nicht einheitlich; die BaFin hat die Sicherstellung der Finanzierung auch bereits für die dem Bieter gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG zugerechneten Aktien verlangt, obwohl Nichtannahmeerklärungen vorlagen39. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin gelten diese Erleichterungen jedoch nicht, wenn die Aktien von einem Dritten gehalten werden, der nicht Tochterunternehmen des Bieters ist, auch wenn die Stimmrechte aus den von diesem Dritten gehaltenen Aktien dem Bieter – etwa wegen abgestimmten Verhaltens (§ 30 Abs. 2 WpÜG)40 oder wegen einer erteilten Stimmrechtsvollmacht
32 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 599 f. 33 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 9; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 72; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 3; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 46; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 284; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 13; Klepsch/Schmiady/v. Buchwaldt in Kämmerer/Veil, Übernahme- und Kapitalmarktrecht, S. 12; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, BeckHdb. AG, § 23 Rz. 55. 34 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 24; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 13; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 8. 35 Anders noch beim Übernahmeangebot RAG Projektgesellschaft/Degussa vom 19.6.2002. 36 Wie die BaFin Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 7a; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 9; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 74; zustimmend Fromholzer/Hasselbach/v. Werder in Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, II Rz. 79; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 102; kritisch Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 117; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 2; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1110. 37 Pflichtangebot ERGO Versicherungsgruppe AG/MEDICLIN AG vom 14.8.2008, S. 26; Pflichtangebot Porsche Automobil Holding SE/AUDI AG vom 25.9.2008, S. 28; Pflichtangebot msg systems AG/FJA AG vom 9.4.2009, S. 30 f.; Übernahmeangebot GraceB S.à r.l./Joyou AG vom 6.11.2013, S. 33 f.; Übernahmeangebot FS Technology Holding S.à r.l./First Sensor AG vom 28.7.2014, S. 24 f. 38 Übernahmeangebot Mustaphar 5. Verwaltungs GmbH/Hamborner Aktiengesellschaft vom 5.4.2007, S. 18; Pflichtangebot Unifinter Administratiekantoor B.V./Deutsche Real Estate AG vom 16.6.2009, S. 32 f.; Pflichtangebot Florian Behnk/RWL Verwaltungs- und Beteiligungs AG vom 17.1.2011, S. 26 f.; Pflichtangebot Clariant Verwaltungsgesellschaft mbH/Süd-Chemie AG vom 17.5.2011, S. 20, 39 ff.; zum Ganzen Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 285; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 405; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 108; zustimmend Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, BeckHdb. AG, § 23 Rz. 55. 39 Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 285; vgl. Pflichtangebot Clariant Verwaltungsgesellschaft mbH/Süd-Chemie AG vom 17.5.2011, S. 20, 39 f. 40 Pflichtangebot Clariant Verwaltungsgesellschaft mbH/Süd-Chemie AG vom 17.5.2011, S. 20, 39 f.; Pflichtangebot FORUM European Smallcaps GmbH/Pulsion Medical Systems AG vom 5.3.2009, S. 23.
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§ 13 Rz. 17 Finanzierung des Angebots (§ 30 Abs. 1 Nr. 6 WpÜG)41 – zugerechnet werden (zum qualifizierten Nichtannahmeversprechen siehe Rz. 79a)42. 17a
Nach diesen Grundsätzen muss der Bieter auch die Verfügbarkeit der Mittel sicherstellen, die erforderlich wären, um die von der Zielgesellschaft gehaltenen eigenen Aktien und die einem abhängigen oder im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen der Zielgesellschaft gehörenden Aktien zu erwerben, selbst wenn sich die Zielgesellschaft bzw. das von der Zielgesellschaft abhängige oder im Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen verpflichtet hat, das Angebot nicht anzunehmen43. Nach dem Zweck des § 13 WpÜG (und, soweit eigene Aktien der Zielgesellschaft in Rede stehen, auch im Hinblick auf § 35 Abs. 2 Satz 3 WpÜG44) ist eine so strenge Handhabung nicht erforderlich. Vielmehr sollte eine entsprechend eingeschränkte Finanzierung genügen45.
17b
Geben mehrere Personen als Bietergemeinschaft ein gemeinsames Angebot i.S.d. § 2 Abs. 4 WpÜG ab, muss sich das Angebot – und demzufolge auch der Umfang der Finanzierungsmaßnahmen und der Finanzierungsbestätigung – lediglich auf die Aktien der Zielgesellschaft erstrecken, die von keinem der Bieter gehalten werden46. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin kann sogar der Umfang der Gegenleistung für ein Pflichtangebot reduziert werden, indem andere Aktionäre der Zielgesellschaft dem Angebot des verpflichteten Kontrollerwerbers beitreten („gemischtes“ Angebot; siehe hierzu § 35 WpÜG Rz. 198a)47.
18
Der Bieter, der ein Kaufangebot abgegeben hat, ist nach dem Vorstehenden erfüllungsfähig, wenn die Summe der vorhandenen und der bis zur Abwicklung des Angebots zufließenden Mittel so bemessen ist, dass sie die bei vollständiger Annahme des Angebots geschuldete Gesamtgegenleistung mindestens erreicht. Bei Tauschangeboten ist der Bieter erfüllungsfähig, wenn das genehmigte Kapital bzw. der Kapitalerhöhungsbetrag (ggf. unter Berücksichtigung der vom Bieter gehaltenen eigenen Aktien) ausreicht, um allen Wertpapierinhabern die dem Umtauschverhältnis entsprechende Zahl von Aktien zur Verfügung zu stellen. Wenn die Gegenleistung in anderen Gegenständen besteht48, gilt dies entsprechend. Stellt der Bieter verschiedene Gegenleistungen zur Wahl, muss er – weil ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen müssen – für jede Alternative zugrunde zu legen, dass sie von sämtlichen Adressaten des Angebots angenommen wird49.
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Bei der Ermittlung der zur „vollständigen Erfüllung“ des Angebots notwendigen Mittel bezieht die BaFin die Transaktionskosten des Bieters in die vom Bieter zu finanzierenden Gesamtkosten des An41 Übernahmeangebot Grohe Asia AG/Joyou AG vom 28.3.2011, S. 18, 64 f. 42 Krause, NJW 2004, 3681, 3683; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 405; diese Praxis ablehnend Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 9. 43 Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 284; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 403. 44 Beim Pflichtangebot sind eigene Aktien der Zielgesellschaft und Aktien der Zielgesellschaft, die einem abhängigen oder im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen der Zielgesellschaft gehören, gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 WpÜG vom Umfang der Gegenleistung ausgenommen; ebenso Aktien der Zielgesellschaft, die einem Dritten gehören, jedoch für Rechnung der Zielgesellschaft, eines abhängigen oder eines im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens der Zielgesellschaft gehalten werden (vgl. § 35 WpÜG Rz. 226); dazu auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 16. 45 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 72; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 2; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 117, 122; in diese Richtung auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 9; für analoge Anwendung des § 35 Abs. 2 Satz 3 WpÜG auf Übernahmeangebote Favoccia (§ 32 WpÜG Rz. 10); Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 17; a.A. für freiwilliges Übernahmeangebot Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 17 ff. (Gegenleistung uneingeschränkt sicherzustellen); Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 4. 46 Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 107; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 403; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 21. 47 Vgl. gemeinsames Angebot derThüga Holding GmbH & Co. KGaA, Thüga Aktiengesellschaft, Stadtwerke Frankfurt a.M. Holding GmbH/Mainova AG vom 18.3.2010; gemeinsames Angebot Wolfgang Dinckelacker, Sedlmayr Grund und Immobilien KGaA/Dinkelacker AG vom 23.6.2010; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 21. 48 In Betracht kommen etwa Schuldverschreibungen oder auch Aktien Dritter (angelegt etwa in den kombinierten Angeboten der Allianz Beteiligungs GmbH und der DAD Transaktionsgesellschaft mbH an die Aktionäre der Dresdner Bank AG vom Mai 2001). 49 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 62.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 23 § 13
gebots ein50. Soweit sich der Bieter in der Angebotsunterlage verpflichtet, bestimmte Transaktionskosten der Wertpapierinhaber zu übernehmen (etwa die Bankgebühren für die Übertragung der Wertpapiere), gehören auch diese Kosten zur vollständigen Erfüllung des Angebots. Folglich muss er auch insoweit seine Erfüllungsfähigkeit sicherstellen51. Die BaFin lässt hier nicht näher aufgefächerte Höchstgrenzen ausreichen52. Nicht zu den zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mitteln gehören die Mittel, die zur Refinanzierung von Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft erforderlich sind53. Der Bieter muss diese Kosten zwar in seine Kalkulation einbeziehen und hierzu in der Angebotsunterlage ergänzende Angaben machen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG). Sie gehören jedoch nicht zu den „zur vollständigen Erfüllung des Angebots“ erforderlichen Mitteln. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 WpÜG ist das „Angebot“ die an die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft gerichtete Kauf- oder Tauschofferte. Die „Erfüllung“ der hierunter entstehenden Verpflichtungen umfasst die vom Bieter festgesetzte Gegenleistung und gegebenenfalls zugesagten Ersatz von Transaktionskosten, nicht aber die Refinanzierung der Zielgesellschaft.
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b) Nachträgliche Änderung der Gegenleistung Sicherzustellen ist die in der Angebotsunterlage vorgesehene Gegenleistung. Der Bieter ist nicht verpflichtet, mögliche Änderungen des Angebots, etwa die Erhöhung der Gegenleistung, zu antizipieren54.
21
Änderungen des Angebots können eine Erweiterung der Sicherstellungspflicht zur Folge haben. Wenn etwa der Bieter die Gegenleistung erhöht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) oder wahlweise eine andere Gegenleistung anbietet (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG), schuldet er die modifizierte Gegenleistung erst dann, wenn die Änderung des Angebots wirksam geworden ist. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 3 WpÜG hat er vor der Veröffentlichung der Änderung sicherzustellen, dass er zur Erfüllung der erhöhten bzw. der anderen Gegenleistung in der Lage ist55.
22
Auch bei Änderungen des Angebots, die der Bieter auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung vor- 23 nimmt, ist die Erfüllungsfähigkeit für das geänderte Angebot erst dann sicherzustellen, wenn die Änderung wirksam wird. Hat etwa der Bieter ein Tauschangebot abgegeben und erwirbt er (oder eine mit ihm gemeinsam handelnde Person oder ein Tochterunternehmen) im Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots und dem Ende der Annahmefrist fünf Prozent oder mehr der Aktien der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung hinzu, muss er im Fall 50 Übernahmeangebot Vodafone Vierte Verwaltungsgesellschaft mbH/Kabel Deutschland Holding AG vom 30.7.2013, S. 42; Übernahmeangebot Dragonfly GmbH & Co. KGaA/Celesio AG vom 5.12.2014, S. 42; Übernahmeangebot Amadeaus Corporate Business AG/i:FAO AG vom 30.4.2014, S. 40; ablehnend Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 73; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 2; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 402. 51 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 64; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 73; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 402; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 32. 52 Übernahmeangebot Corestate Ben BidCo AG/YOUNIQ AG vom 10.11.2014, S. 34; Übernahmeangebot SWARCO AG/Swarco Traffic Holding AG vom 22.9.2014, S. 26. 53 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 77; Krause, NJW 2004, 3681, 3683; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 9; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 73; ausf. Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 33 ff.; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1111; a.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 54; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 2 (bei Zusage der Übernahme der Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft); noch anders Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 278 f. (wegen Kontrollwechsels fällig werdende Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft seien in den Umfang der Finanzierungsvorsorge und -bestätigung einzubeziehen). 54 Zustimmend Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 Rz. 2; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 54, 162. 55 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 11; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 68; ebenso zur Finanzierungsbestätigung Berrar, ZBB 2002, 174, 179; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 12; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 56.
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§ 13 Rz. 23 Finanzierung des Angebots eines Übernahme- oder Pflichtangebots gemäß § 31 Abs. 3 WpÜG eine Geldleistung in Euro anbieten, ist also zur Änderung seines Angebots gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG verpflichtet (siehe dazu § 31 WpÜG Rz. 93). Um dieser Verpflichtung nachzukommen, muss der Bieter die Änderung des Angebots gemäß § 21 Abs. 2 WpÜG unverzüglich veröffentlichen. Gemäß § 13 Abs. 1, § 21 Abs. 3 WpÜG muss er auch in Bezug auf die geänderte Gegenleistung seine Erfüllungsfähigkeit sicherstellen und der Veröffentlichung der Änderung eine ergänzende Finanzierungsbestätigung beifügen56. 24
Bei Änderungen des Angebots kraft Gesetzes – etwa nach Parallelerwerb gegen eine höhere als die im Angebot genannte Gegenleistung, die gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG die automatische Erhöhung der geschuldeten Gegenleistung bewirkt – ist dies anders. Dass der Bieter eine geänderte Angebotsunterlage erstellen und veröffentlichen muss, ist im Gesetz nicht vorgesehen57. Weil § 31 Abs. 4 WpÜG (anders als § 21 Abs. 3 WpÜG) nicht auf § 13 WpÜG verweist, ist die Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit und die Vorlage einer Finanzierungsbestätigung in Höhe des Differenzbetrages entbehrlich58. Dies entspricht auch der Verwaltungspraxis der BaFin59. Diese Auslegung des Gesetzes ist allerdings nicht unbestritten. Die Gegenansicht hält das Fehlen dieses Verweises für eine planwidrige Regelungslücke, die durch Analogiebildung zu den § 31 Abs. 3, § 21 Abs. 3, § 13 WpÜG zu schließen sei60. In der Tat erscheint es als ein Wertungswiderspruch, dass bei einer vom Bieter freiwillig bzw. aufgrund gesetzlicher Verpflichtung vorgenommenen Erhöhung der Gegenleistung die Erfüllungsfähigkeit für den Erhöhungsbetrag sicherzustellen und bei Kaufangeboten eine Finanzierungsbestätigung vorzulegen ist, bei einer kraft Gesetzes eintretenden (ebenfalls vom Bieter ausgelösten) Erhöhung der Gegenleistung jedoch nicht.
25
Die besseren Gründe sprechen allerdings gegen die Analogie. Die Analogiebildung setzt allgemein voraus, dass der Tatbestand, der in die Regelungslücke fällt, mit dem Tatbestand, dessen Regelung analoge Anwendung finden soll, in der für die rechtliche Bewertung maßgebenden Hinsicht übereinstimmt61. Ob dies vorliegend der Fall ist, ist zweifelhaft. In den Fällen des § 31 Abs. 3 WpÜG wird infolge der Änderung des Angebots erstmalig eine Geldleistung angeboten. Dass insoweit eine Finanzierungsbestätigung erforderlich ist, um eine unseriöse Baralternative nicht an den Markt gelangen zu lassen, ist evident. In den Fällen des § 31 Abs. 4 WpÜG dagegen ist das Kaufangebot bereits am Markt und ist, wenn man dies aus der bereits vorliegenden Finanzierungsbestätigung rückschließen will, seriös finanziert. Die Ausfüllung einer eventuellen „Bestätigungslücke“ ist aber zur Erfüllung des Präventionszwecks des § 13 WpÜG nicht geboten62. Zudem bliebe im Dunkeln, wie die Veröffentlichung der Finanzierungsbestätigung praktisch zu handhaben wäre; beim Parallelerwerb gegen eine höhere Gegenleistung ist der Bieter nämlich nicht zur Veröffentlichung einer Angebotsunterlage, sondern gemäß § 23 Abs. 2 WpÜG nur zur Veröffentlichung der Höhe des erworbenen Anteils und der gewährten Gegenleistung verpflichtet63.
26
Nach Übernahme- und Pflichtangeboten hat der außerbörsliche Nacherwerb gegen eine höhere als die im Angebot genannte Gegenleistung zur Folge, dass Aktionäre, die das Angebot angenommen ha56 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 68, 194; ebenso zur Finanzierungsbestätigung Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 12; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1165; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 852. 57 Hamann, ZIP 2001, 2249, 2257; Oechsler, NZG 2001, 817, 826; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 50; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 108; a.A. Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 16. 58 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 50 f. (mit Verweis auf Oechsler, NZG 2001, 817, 826, der sich allerdings für eine Veröffentlichungspflicht parallel zu § 14 Abs. 3 Satz 1 und § 21 Abs. 4 WpÜG ausspricht); ebenso Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 108; Vogel, ZIP 2002, 1421, 1424; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 196; Strunk/Salomon/Host in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 19 f.; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1112; Seibt, CFL 2011, 213, 226; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 286. 59 Strunk/Salomon/Host in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 19 f. 60 Oechsler, NZG 2001, 817, 826; Berrar, ZBB 2002, 174, 179; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 853; Georgieff/ Hauptmann, AG 2005, 277, 283; noch anders Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 151 ff. 61 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 381. 62 Anders, wenn man den Schutzzweck des § 13 WpÜG in der vollumfänglichen Absicherung der Wertpapierinhaber sieht; so etwa Oechsler, NZG 2001, 817, 826 (de lege lata gleichwohl zweifelnd). 63 Insgesamt so auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 58 f.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 27 § 13
ben, vom Bieter die Zahlung des Differenzbetrags verlangen können (§ 31 Abs. 5 Satz 1 WpÜG). Eine Verpflichtung des Bieters, die Erfüllung des Differenzbetrages sicherzustellen, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Weil die anspruchsberechtigten Aktionäre ihre Entscheidung zur Annahme des Angebots bereits ausgeübt haben und der Nachzahlungsanspruch sofort fällig ist, ist eine Sicherstellungspflicht auch nicht durch den Schutzzweck des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG geboten64. Erhöht sich hingegen das Übernahme- oder Pflichtangebot aufgrund einer Earn-out Regelung im Vorerwerb (siehe dazu § 4 WpÜG-AngVO Rz. 18a), muss der Bieter den möglichen Nachzahlungsanspruch nach der Verwaltungspraxis der BaFin bereits ex-ante sicherstellen65. Dabei ist der maximal mögliche Nachzahlungsbetrag zu unterstellen66. Da die maximale Höhe der Nachzahlung genau zu beziffern ist, sollte dies auch kein praktisches Problem darstellen67.
26a
c) Kapitalmaßnahmen der Zielgesellschaft Wenn man davon ausgeht, dass der Bieter das Angebot nicht auf die bei Veröffentlichung der An- 27 gebotsunterlage ausgegebenen Wertpapiere begrenzen kann (siehe hierzu § 1 WpÜG Rz. 30, § 32 WpÜG Rz. 15), gehören zu den zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mitteln grundsätzlich auch die Mittel zum Erwerb solcher Wertpapiere, die die Zielgesellschaft bis zum Ende der Annahmefrist – etwa zur Erfüllung von Verpflichtungen aus zuvor ausgegebenen Aktienoptionen oder Wandelschuldverschreibungen oder durch Ausnutzung genehmigten Kapitals – ausgibt68. Weil der Bieter seine Erfüllungsfähigkeit bereits bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage sichergestellt haben muss, er aber zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehen kann, ob und in welchem Umfang die Zielgesellschaft neue Wertpapiere ausgibt, kann eine Verpflichtung zur Sicherstellung der Gegenleistung für eventuell neu ausgegebene Wertpapiere nur bestehen, soweit der Bieter mit ihrer Ausgabe durch die Zielgesellschaft rechnen muss69. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ausgegebene Aktienoptionen „im Geld“ sind und bis zum Ablauf der Annahmefrist ausgeübt werden können70 oder wenn die Zielgesellschaft eine Kapitalerhöhung nach Umfang und Zeitpunkt hinreichend bestimmt angekündigt hat71. Umgekehrt braucht der Bieter keine Finanzierungsvorsorge für ausgegebene Aktienoptionen zu treffen, deren Ausübungspreis über dem derzeitigen Börsenkurs bzw. über dem Angebotspreis liegt72. Im Übrigen können ein eventuell vorhandenes genehmigtes Kapital oder eine Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen bei der Bestimmung des Umfangs der sicherzustellenden Gegenleistung außer Betracht bleiben, wenn der Bieter keine Anhaltspunkte dafür hat, dass die Zielgesellschaft während der (weiteren) Annahmefrist neue Wertpapiere ausgibt73. Bei mit 64 Berrar, ZBB 2002, 174, 179; in diese Richtung auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 14 f.; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 196; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 854; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 60. 65 Vgl. Pflichtangebot Mesago Holding GmbH/CNV Vermögensverwaltung AG vom 9.8.2004, S. 19 f.; Pflichtangebot Augur Financial Holding Zwei GmbH & Co. KG/Schnigge Wertpapierhandelsbank AG vom 5.2.2008, S. 28; dazu Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 742; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 55; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 832 f. 66 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 7; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 73. 67 Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 132 f. 68 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 39. 69 Vgl. Übernahmeangebot ACS/Hochtief AG vom 1.12.2010, S. 21, 47; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/ Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 74; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 72; Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 16; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 7; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1111; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 402; im Ergebnis auch Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 846; Übernahmeangebot Dragonfly GmbH/Celesio AG vom 5.12.2013, S. 41 f. 70 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 75; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 9; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 47; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1111; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 402; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 607. 71 Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 286; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 402. 72 Vgl. Übernahmeangebot SAG Beteiligungs GmbH/IDS Scheer AG vom 14.8.2009, S. 40. 73 So auch die Praxis der BaFin, Übernahmeangebot Marsella Holdings S.à r.l./Braas Monier Building Group S.A. vom 14.10.2016, S. 1, 8.
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§ 13 Rz. 27 Finanzierung des Angebots der Zielgesellschaft abgestimmten Angeboten ist es dem Bieter zuzumuten, bei der Zielgesellschaft nachzufragen74. Bei feindlichen Übernahmeangeboten genügt es, wenn sich der Bieter aus öffentlich zugänglichen Quellen unterrichtet75. Eine Verpflichtung, höchst vorsorglich auch die Gegenleistung für noch gar nicht existierende Wertpapiere sicherzustellen, besteht dem Grunde nach nicht. Zuletzt tendierte die BaFin jedoch bei feindlichen Übernahmen dazu, eine zusätzliche Finanzierung für etwaige Kapitalerhöhungen zu fordern76. Zu der Frage, ob der Bieter das Ausbleiben einer Kapitalerhöhung zur Bedingung seines Angebots erheben kann77, siehe § 18 WpÜG Rz. 83 f. 3. Zeitpunkt des Zurverfügungstehens 28
Dass der Bieter die zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit notwendigen Maßnahmen vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage getroffen haben muss, bedeutet nicht, dass er bereits bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage über den zur Erfüllung von Geldleistungspflichten erforderlichen Geldbetrag oder bei Sachleistungspflichten über die zu ihrer Erfüllung erforderlichen Sachen verfügen muss. Vielmehr müssen die zur Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel – wie im Regierungsentwurf klargestellt wurde (siehe oben Rz. 10) – erst im Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung zur Verfügung stehen78. Der Zeitpunkt der Fälligkeit wird vom Bieter festgelegt; er muss gemäß § 2 Nr. 4 WpÜG-AngVO in der Angebotsunterlage angegeben werden. Im Normalfall wird der Anspruch auf die Gegenleistung mit der Abwicklung des Angebots nach Ablauf der Annahmefrist fällig79. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin ist es allerdings bei bedingungsfreien Angeboten möglich, eine frühzeitige Abwicklung des Angebots vorzunehmen (sog. early bird settlement)80. Aktien der Zielgesellschaft, für die das Angebot angenommen wurde, können somit bereits während der Annahmefrist gegen Zahlung des Angebotspreises übertragen werden81. In einem solchen Fall müssen die zur Erfüllung erforderlichen Mittel konsequenterweise schon ab Beginn der Annahmefrist zur Verfügung stehen.
III. Sicherstellung 1. Auslegung des Begriffs 29
Der Bieter hat die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um seine Erfüllungsfähigkeit „sicherzustellen“. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist der Schlüsselbegriff des § 13 WpÜG82, denn nur wenn Klarheit darüber besteht, was „sicherzustellen“ bedeutet, lassen sich die zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit „notwendigen Maßnahmen“ bestimmen.
74 Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 402. 75 Vgl. Übernahmeangebot Schaeffler KG/Continental AG vom 29.7.2008, S. 41. 76 Übernahmeangebot Vonovia SE/Deutsche Wohnen AG vom 1.12.2015, S. 100; Übernahmeangebot Marsella Holdings S.à r.l./Braas Monier Building Group S.A. vom 14.10.2016, S. 58; dazu Berrar/Schnorbus in Paschos/ Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 44. 77 Zumindest wurde das Angebot unter die Bedingung gestellt, dass sich das Grundkapital nicht über einen bestimmten Betrag hinaus erhöht, Übernahmeangebot Vonovia SE/Deutsche Wohnen AG vom 1.12.2015, S. 100; Übernahmeangebot Marsella Holdings S.à r.l./Braas Monier Building Group S.A. vom 14.10.2016, S. 58. 78 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 42; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 60; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 71; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 3; Pfüller/Detweiler, BKR 2004, 383, 386; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 286. 79 Übernahmeangebot Vodafone Vierte Verwaltungsgesellschaft mbH/Kabel Deutschland Holding AG vom 30.7.2013, S. 35. 80 Vgl. Übernahmeangebot Vue Beteiligungs AG/CinemaxX Aktiengesellschaft vom 6.8.2012, S. 39 f.; Berrar/ Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 10; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/ Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 44. 81 Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 746. 82 A.A. Vogel, ZIP 2002, 1421, 1427 („keine eigenständige Bedeutung“).
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Finanzierung des Angebots
Rz. 34 § 13
a) „Sicherheit“ Der Wortlaut „sicherzustellen“ scheint nahezulegen, dass die Finanzierung „sicher“ sein muss83, es 30 also keine Umstände geben darf, unter denen die Finanzierung scheitern kann. Dies wäre gleichbedeutend mit einer Sicherheitsleistung. Die Wortwahl entspricht aber nicht dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zur Bezeichnung einer Sicherheitsleistung gemäß §§ 232 ff. BGB84; nur vereinzelt ist die Sicherstellung ein Synonym für die Sicherheitsleistung85 oder, in den §§ 651r bis 651t BGB (§ 651k BGB a.F.) sogar explizit angesprochen, die Übernahme des Insolvenzrisikos des Schuldners durch einen Dritten86. Wegen der abweichenden Schutzzwecke dieser Vorschriften können hieraus aber keine Rückschlüsse für die Auslegung des § 13 WpÜG gezogen werden. Der Wille des Gesetzgebers lässt sich weniger aus der Begründung des Regierungsentwurfs87, sondern 31 eher aus der Entstehung der Vorschrift herleiten. Der Referentenentwurf ermöglichte noch die Deutung, dass die zur vollständigen Erfüllung erforderliche Mittel bereits bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage zur Verfügung stehen müssen (siehe oben Rz. 9)88. Weil außerdem ein Verweis auf die Exkulpationsmöglichkeit des § 12 Abs. 2 WpÜG fehlte, konnte die Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG als Garantiehaftung aufgefasst und hieraus auf die Pflichtenstellung des Bieters gemäß § 13 Abs. 1 WpÜG zurückgeschlossen werden. Dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen das Insolvenzrisiko des Bieters tragen sollte, wurde im Gesetzgebungsverfahren jedoch als unbillig angesehen; der Wortlaut des § 13 WpÜG wurde auf entsprechende Kritik89 geändert (siehe oben Rz. 10). Zudem verdeutlicht der Vergleich mit dem zeitgleich eingeführten § 327b Abs. 3 AktG, dass der Gesetzgeber, der eine Garantiehaftung hätte begründen wollen, eine dem § 327b Abs. 3 AktG entsprechende Regelung hätte treffen können (und müssen)90. Auch der Schutzzweck des § 13 WpÜG fordert nicht, dass die Erfüllungsfähigkeit des Bieters durch eine Sicherheitsleistung i.S.d. §§ 232 ff. BGB gewährleistet werden muss. Zum Schutz der Integrität des Kapitalmarkts, der Wertpapierinhaber und der Zielgesellschaft vor unseriösen, wirtschaftlich nicht erfüllbaren Angeboten ist dies nicht erforderlich. Ein Vergleich mit § 327b Abs. 3 AktG oder § 22 UmwG verbietet sich, weil die Wertpapierinhaber grundsätzlich selbst entscheiden können, ob sie das Angebot annehmen oder nicht91.
32
Hiernach ist das Merkmal „sicherzustellen“ nicht mit der Herstellung einhundertprozentiger Sicherheit gleichzusetzen. Die Eliminierung aller erdenklichen Risiken, die der Erfüllung entgegenstehen könnten, ist nicht erforderlich92.
33
b) Erforderliche Maßnahmen Welche Maßnahmen der Bieter zu treffen hat, um seiner Verpflichtung zu genügen, ist im Gesetz 34 nicht geregelt. Die in der Literatur vorgeschlagene Formel, die Finanzierung sei sichergestellt, wenn bei objektiver ex ante-Betrachtung „davon ausgegangen werden kann, dass die zum Zeitpunkt der Angebotsveröffentlichung getroffenen Finanzierungsmaßnahmen bei einem zu erwartenden Geschehensablauf unter sachgerechter Berücksichtigung der noch bestehenden Unsicherheiten zur Bereit-
83 Hamann, ZIP 2001, 2249, 2254. 84 Zutreffend Vogel, ZIP 2002, 1421, 1426; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 4. 85 Z.B. § 58 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 12a Abs. 2 DepotG, §§ 1031, 1036 ZPO, § 153a ZVG. 86 Vgl. Sprau in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 651s BGB Rz. 4; Staudinger in Staudinger, Neubearbeitung 2016, § 651k BGB Rz. 1. 87 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 88 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 5. 89 Vgl. etwa DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 424; Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1258. 90 Ebenso Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 4. 91 Zutreffend Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 76. 92 Berrar, ZBB 2002, 174, 177; Hopt in FS Koppensteiner, 2001, S. 61, 79; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1161; a.A. Hamann, ZIP 2001, 2249, 2254; Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 54; Oechsler, NZG 2001, 817, 826; Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 5.
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§ 13 Rz. 34 Finanzierung des Angebots stellung der erforderlichen Mittel bei Fälligkeit der Gegenleistung führen werden“93, weist in die richtige Richtung, bleibt aber ausfüllungsbedürftig. 35
Wenn die Begründung des Regierungsentwurfs ausführt, der Bieter müsse „alle Schritte“ unternommen haben, um seine Pflichten bei Fälligkeit erfüllen zu können, ohne damit einhundertprozentige Sicherheit zu meinen, ist dies zunächst so zu verstehen, dass der Bieter bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage die Maßnahmen ergriffen haben muss, die bei ungestörtem Geschehensverlauf in die Bereitstellung der Gegenleistung bei Fälligkeit münden94. Folglich muss ein Bieter, der Fremdmittel benötigt, einen Kreditvertrag (oder eine andere Vereinbarung) abgeschlossen haben, die ihm bei Fälligkeit der Gegenleistung einen Auszahlungsanspruch in der erforderlichen Höhe einräumt (siehe unten Rz. 52). Bei einem Tauschangebot muss, soweit nicht genehmigtes Kapital zur Verfügung steht, regelmäßig ein Kapitalerhöhungsbeschluss in der erforderlichen Höhe gefasst worden sein (siehe unten Rz. 67).
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Inwieweit das Kriterium des Gesetzgebers („alle Schritte“) bedeutet, dass der Bieter bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage Vorsorge gegen Risiken getroffen haben muss, die den Geschehensablauf stören können, ist ungeklärt. Weil die Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit nicht mit einhundertprozentiger Sicherheit gleichzusetzen ist, braucht er gegen unvorhersehbare Risiken keine Vorsorge zu treffen. Dagegen muss er vorhersehbare Risiken eliminieren, soweit ihm dies möglich und unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 13 WpÜG und der für das gewählte Finanzierungsinstrument einschlägigen gesetzlichen Wertungen zumutbar ist95. 2. Zeitpunkt der Sicherstellung
37
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG muss der Bieter die Maßnahmen zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit „vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage“, d.h. vor Beginn der Annahmefrist getroffen haben. Bei Kaufangeboten wird es der Bieter nicht vermeiden können, die notwendigen Maßnahmen bereits vor der Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin zu treffen, denn die BaFin fordert, dass die Angebotsunterlage zusammen mit einem unterschriebenen und auf den Tag der Einreichung datierten Original der Finanzierungsbestätigung eingereicht wird96. Der Gesetzgeber hat zutreffend davon Abstand genommen, die Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit bereits vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots zu verlangen (so noch § 15 Abs. 1 Satz 1 DiskE). Zur Verhinderung unseriöser Angebote ist eine solche Vorverlagerung der Sicherstellungspflicht nicht erforderlich.
IV. Notwendige Maßnahmen 1. Allgemeines 38
Welches die „notwendigen Maßnahmen“ sind, die der Bieter vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu treffen hat, um sicherzustellen, dass ihm die Mittel zur vollständigen Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Angebot zur Verfügung stehen, hängt von der Art der angebotenen Gegenleistung und der Art ihrer Finanzierung ab97. Mit Rücksicht auf die vielfältigen Finanzierungsmöglichkeiten,
93 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 5; ähnlich Berrar, ZBB 2002, 174, 177, 179; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1163 f.; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 Rz. 34; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 3; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 232. 94 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 Rz. 5; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 Rz. 78; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 401. 95 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 237; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 401; ähnlich Berrar, ZBB 2002, 174, 179. 96 Vgl. Untersagungsbescheid der BaFin vom 24.1.2014 betreffend das Übernahmeangebot Guoshi Assets Investment Management Limited/Panamax AG; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 9. 97 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 237.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 41 § 13
die im Einzelfall relevanten Gegebenheiten ausländischer Rechtsordnungen98 und mögliche Änderungen der Marktpraxis hat der Gesetzgeber zu Recht darauf verzichtet, bestimmte Anforderungen aufzustellen. 2. Geldleistung (Kaufangebot) Ist als Gegenleistung eine Geldleistung vorgesehen, können die erforderlichen Geldmittel durch Maßnahmen der Eigen- oder Fremdfinanzierung oder eine Kombination dieser Maßnahmen aufgenommen werden99.
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a) Eigenfinanzierung aa) Vorhandene Eigenmittel, Vermögensumschichtung Soweit der Bieter die Gegenleistung aus vorhandenen Eigenmitteln (Bankguthaben) aufbringt, wird 40 das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das die Finanzierungsbestätigung ausstellt, im eigenen Interesse darauf bestehen, dass diese Mittel vor Ablauf der Annahmefrist nicht für andere Zwecke verwendet werden. Zu diesem Zweck kann das Guthaben auf ein Sperrkonto übertragen werden100. Durch eine Verpfändung zugunsten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens kann das Guthaben vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dritter geschützt werden (§ 50 Abs. 1 InsO)101. Soll die Gegenleistung aus Barmitteln erbracht werden, die in einer anderen Währung als Euro vorliegen, ist ein geringer Sicherheitsaufschlag auf den maximalen Gesamttransaktionsbetrag ausreichend102. Soweit erforderliche Eigenmittel aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen gewonnen werden 41 sollen, hat der Bieter sicherzustellen, dass die Veräußerung vor dem Ablauf der Annahmefrist vollzogen wird und den erforderlichen Erlös erbringt103. Bei Vermögensgegenständen, die jederzeit veräußert werden können (wie etwa börsennotierten Wertpapieren), wird es regelmäßig genügen, eine anderweitige Veräußerung zu verhindern und einen angemessenen Sicherheitsabschlag auf den Marktpreis einzuplanen104. Risiken, die sich aus dem Kursverlauf von börsennotierten Wertpapieren oder einer Marktenge ergeben können, können über Put-Optionen, Platzierungsgarantien einer Emissionsbank105 oder andere Derivate abgesichert werden106. Sollen weniger liquide Vermögensgegenstände (etwa Grundstücke) veräußert werden, muss die rechtzeitige Veräußerung durch eine Put-Option oder wenigstens einen bindenden Vorvertrag sichergestellt sein107. Außerdem hat sich der Bieter der finanziellen Leistungsfähigkeit des Erwerbers zu vergewissern108. Wenn der Bieter beabsichtigt, das Angebot 98 Z.B. beim Kaufangebot, wenn der Kreditvertrag nach ausländischem Recht dokumentiert wird, oder beim Tauschangebot eines ausländischen Bieters, weil nach seinem Gesellschaftsstatut dessen „Heimatrecht“ für die Sachkapitalerhöhung maßgeblich ist; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 146 ff.; zum Gesellschaftsstatut des Bieters siehe auch § 1 WpÜG Rz. 34. 99 So auch Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 4. 100 Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 287; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 196. 101 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 21; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 Rz. 185; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 65; Brandt in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 16.141; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 287; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 237; kritisch Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1119, der allerdings auf die Gefahr von Drittpfändungen nicht eingeht. 102 Übernahmeangebot Dragonfly GmbH & Co. KGaA/Celesio AG vom 28.2.2014, S. 40 f.; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 81. 103 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 83. 104 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 238; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 87. 105 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 238. 106 Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1119. 107 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 84. 108 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1163; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 89; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 847; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 238.
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§ 13 Rz. 41 Finanzierung des Angebots ganz oder teilweise aus Mittelzuflüssen aus dem Verkauf einer Unternehmensbeteiligung zu finanzieren, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob zu erwarten ist, dass die eingeplanten Mittel dem Bieter hinreichend sicher und rechtzeitig vor der Fälligkeit der Gegenleistung unter dem Angebot zufließen werden. Ein Letter of Intent, Memorandum of Understanding oder anderes rechtlich nicht bindendes Instrument vermittelt keine hinreichende Transaktionssicherheit109. Wenn der Verkauf von behördlichen Genehmigungen abhängt (etwa gemäß §§ 35 ff. GWB, §§ 55 ff. AWV etc.), sollte für das Angebot ein realistisch kurzes Verfahren mit früher Fälligkeit der Gegenleistung und für die Veräußerung der Unternehmensbeteiligung die längstmögliche Dauer innerhalb eines realistischen Zeitrahmens unterstellt werden110. bb) Kapitalerhöhung 42
Plant der Bieter, für die Finanzierung des Angebots erforderliche Eigenmittel durch eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen aufzunehmen, hat er sicherzustellen, dass ihm bei Fälligkeit der Gegenleistung ein ausreichender Erlös zugeflossen sein wird.
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Praktische Probleme bestehen vor allem dann, wenn eine börsennotierte AG, SE oder KGaA als Bieter auftritt. In diesem Fall stellt sich die Frage, welche Maßnahmen zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage getroffen sein müssen. Fraglich ist vor allem, welche Vorsorge gegen verschiedene mit der Kapitalerhöhung verbundene Risiken erforderlich ist, die weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat des Bieters beherrschen können.
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Das Beschlussfassungsrisiko – d.h. das Risiko, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss von der Hauptversammlung nicht gefasst wird – muss bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage regelmäßig eliminiert sein111. Der Bieter kann dieses Risiko vorhersehen und im Regelfall vermeiden. Wenn die BaFin dem Bieter die Inanspruchnahme der verlängerten Übermittlungsfrist des § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG gestattet, kann der zeitliche Ablauf grundsätzlich wie folgt gestaltet werden: Der Bieter kann zeitgleich sowohl die Entscheidung zur Abgabe des Angebots veröffentlichen (§ 10 WpÜG) als auch die Einladung zur Hauptversammlung übermitteln (§ 121 AktG). Folglich kann die Hauptversammlung, wenn keine organisatorischen Engpässe bestehen, ab der 7. Woche nach der Veröffentlichung gemäß § 10 WpÜG (gegebenenfalls auch noch während der Prüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin) stattfinden112.
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Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass das Angebot unter die Bedingung eines Gesellschafterbeschlusses gestellt und dieser gemäß § 25 WpÜG bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist gefasst werden darf. Im Wortlaut des § 25 WpÜG ist nur ein Gesellschafterbeschluss in Bezug auf das Angebot, nicht aber in Bezug auf die Finanzierung angesprochen. Auch in der Begründung des Regierungsentwurfs ist lediglich von der „Zustimmung der Gesellschafterversammlung des Bieters zu dem Angebot“113 (Hervorhebung des Verfassers) die Rede. Systematisch steht § 25 WpÜG im Zusammenhang mit § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, der den zur Abgabe eines Angebots entschlossenen Bieter grundsätzlich zur unverzüglichen Veröffentlichung seiner Entscheidung verpflichtet, auch wenn ein etwa erforderlicher Gesellschafterbeschluss zu dem Angebot noch aussteht. Nicht zuletzt hieraus ergibt
109 Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1118. 110 Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1118; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 85. 111 So auch im Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/GSW Immobilien AG vom 2.10.2013, S. 17 f.; ähnlich Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 283 f.; Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 54; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 5; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 6; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 51; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 848; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 89; noch weiter gehend Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 82; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 91; a.A. Oechsler, NZG 2001, 817, 821; Busch, AG 2002, 145, 148; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 405; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 112; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 3, § 18 WpÜG Rz. 10; differenzierend Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 68. 112 Vgl. Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/GSW Immobilien AG vom 2.10.2013, S. 3, 16. 113 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51.
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sich, dass der Zweck des § 25 WpÜG darin besteht, dem Bieter die Möglichkeit zur Wahrung der internen Kompetenzordnung zu geben, wenn dies nicht auf anderem Wege geschehen kann. Diese Wertung lässt sich auf Maßnahmen, die der Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit dienen, nicht ohne weiteres übertragen. Weil bei einer erforderlichen Kapitalerhöhung eine Verlängerung der Übermittlungsfrist möglich ist (§ 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)114 und bei Ausnutzung der maximal möglichen Annahmefrist die Beschlussfassung der Hauptversammlung vor dem Ende der Annahmefrist erfolgen kann, besteht für eine Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung innerhalb der Frist des § 25 WpÜG kein Bedürfnis. Daher kann der Beschluss der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung auch nicht mit Verweis auf § 25 WpÜG „nachgereicht“ und das Angebot von einer entsprechenden Bedingung abhängig gemacht werden115. Wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss ausnahmsweise nicht vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage gefasst werden kann, hat sich der Bieter mit seinen wichtigsten Aktionären abzustimmen und darauf hinzuwirken, dass der Beschluss zustande kommt116. Ist der Bieter eine Publikumsgesellschaft, braucht er das Anfechtungsrisiko – d.h. das Risiko, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss von einzelnen Aktionären angefochten wird – nicht zu eliminieren117. Es ist zwar vorhersehbar, aber in einer Publikumsgesellschaft praktisch nicht vermeidbar. Theoretisch kann die Hauptversammlung bei Ausschöpfung sämtlicher Übermittlungs- und Prüfungsfristen des WpÜG zwar so terminiert werden, dass die Anfechtungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG) vor dem Beginn der Annahmefrist abläuft118 und daher vor dem Beginn der Annahmefrist Klarheit darüber herrschen könnte, ob eine Anfechtungsklage erhoben worden ist oder nicht. In der Praxis bestehen jedoch nicht selten organisatorische Engpässe, die einer Terminierung der Hauptversammlung, durch die auch das Anfechtungsrisiko vermieden wird, entgegenstehen. Außerdem vermittelt der Ablauf der Anfechtungsfrist nur eine Schein-Sicherheit119. Hieraus ist allerdings nicht zu folgern, dass den Anforderungen des § 13 WpÜG nur dann genügt ist, wenn kein Widerspruch zu Protokoll der über die Kapitalerhöhung beschließenden Hauptversammlung (§ 245 Nr. 1 AktG) erklärt worden120 oder gar die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG ohne Klageerhebung verstrichen ist121. Gegen diese strenge Position spricht die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG. Hiernach kann die Frist für die Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin auf maximal acht Wochen verlängert werden. Dann hat der Bieter zwar genügend Zeit, um vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Hauptversammlung einzuberufen und abzuhalten. Wenn Anfechtungsklage erhoben wird, wird dieser Zeitrahmen jedoch nicht ausreichen, um die Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses zu erwirken, geschweige denn ein Freigabeverfahren (§ 246a AktG) zum Abschluss zu bringen122. Schon dies spricht dafür, keine allzu strengen Maßstäbe anzulegen. Es kommt hinzu, dass ein Angebot wegen der Erhebung einer Anfech-
114 Entgegen der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestags, BT-Drucks. 14/7477, S. 52 ist die Möglichkeit der Fristverlängerung nicht darauf beschränkt, dass Wertpapiere als Gegenleistung angeboten werden; ebenfalls hierauf abstellend Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 89 ff. 115 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 238 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 14. 116 Zustimmend Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 239. 117 Ebenso Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 239; implizit Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 5; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 96; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 86 und diejenigen, die die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung während der Annahmefrist zulassen; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 93; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 82; Brandt in Kümpel/Wittig, Bankund Kapitalmarktrecht, Rz. 16.144. 118 Vgl. Erwerbsangebot media[netCom] AG/Internolix AG vom 2.7.2002 (Hauptversammlung am 28.5.2002). 119 Vgl. die Umstände des going private der Friedrich Grohe AG: OLG Hamm v. 27.11.2000 – 15 W 347/00, ZIP 2001, 569; BVerfG v. 13.10.2004 – 1 BvR 2303/00, WM 2004, 2354; Meilicke, DB 2001, 1235; vom Stein, DB 2002, 2421. 120 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 93; Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 280. 121 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 82; Brandt in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 16.144. 122 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 239.
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§ 13 Rz. 46 Finanzierung des Angebots tungsklage nicht derartig „unseriös“ wird, dass der Kapitalmarkt, die Zielgesellschaft und die Wertpapierinhaber vor ihm geschützt werden müssten. Somit sollte mit der ratio legis des § 13 WpÜG im Einklang stehen, wenn der Bieter etwaigen Verzögerungen bei der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister dadurch begegnet, dass das Angebot unter die aufschiebende Bedingung der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses bis zum Ablauf der Annahmefrist oder einem noch späteren Zeitpunkt gestellt wird und der Bieter alles seinerseits Mögliche unternimmt (etwa ein Freigabeverfahren vorbereitet123), um die Kapitalerhöhung anmelden und eintragen lassen zu können (siehe hierzu § 18 WpÜG Rz. 72). Die Verwaltungspraxis der BaFin steht mit diesen Überlegungen im Einklang124. 46a
Wollte man dies anders sehen, müsste man zumindest die deutschen Publikumsgesellschaften auf die Ausnutzung genehmigten Kapitals verweisen. Wegen der grundsätzlichen Gleichberechtigung der Maßnahmen der Kapitalbeschaffung125, wegen der Volumengrenzen des § 202 Abs. 3 Satz 1 AktG und wegen der nicht auszuschließenden Gefahr, dass einzelne Aktionäre Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung ergreifen126, ist dies aber keine zufriedenstellende Lösung. Auch aus rechtspolitischer Sicht erscheint es wenig sachgerecht, die Eliminierung des Anfechtungsrisikos zu fordern, wenn deutsche Publikumsgesellschaften gegenüber ausländischen Gesellschaften nicht benachteiligt werden sollen. Bei begrenztem Gesellschafterkreis wäre es dagegen grundsätzlich möglich und zumutbar, Erklärungen über den Verzicht auf das Anfechtungsrecht beizubringen.
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Das Platzierungsrisiko – d.h. das Risiko, dass die neuen Aktien nicht bzw. nicht zu dem geplanten Ausgabebetrag im Markt platziert werden können – muss bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage grundsätzlich eliminiert sein127. Das bedeutet allerdings nicht, dass die neuen Aktien bereits gezeichnet sein müssen128. Vielmehr genügt es, wenn der Bieter dieses Risiko auf das Emissionskonsortium abwälzt. Demnach muss vor Beginn der Annahmefrist entweder der Übernahmevertrag zwischen dem Bieter und den Konsortialbanken abgeschlossen129 oder jedenfalls bindende Übernahmeerklärungen (Festbezugserklärung bzw. commitment letters) unterzeichnet und Einigkeit über die wesentlichen Regelungen des Übernahmevertrags erzielt oder in sonstiger Weise eine Absatzgarantie der Konsortialbanken vereinbart worden sein130. Bei einer Bezugsrechtsemission reicht es aus, wenn ein Dritter eine „backstop“-Platzierungsgarantie abgibt131. Bei bezugsrechtsfreien Emissionen steht die Verpflichtung der Konsortialbanken zur Zahlung des Platzierungserlöses an die Emittentin üblicherweise unter dem Vorbehalt132, dass bestimmte, im Übernahmevertrag als force majeure definierte Ereignisse nicht ein-
123 So etwa im Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/GSW Immobilien AG vom 2.10.2013, S. 18 (Tauschangebot); Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 93; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 95. 124 Vgl. Übernahmeangebot UniCredito Italiano S.p.A./Bayerische Hypo-Vereinsbank AG vom 26.8.2005, S. 31 f.; Übernahmeangebot ACS/Hochtief AG vom 1.12.2010, S. 45 f. (ausführlich unten Rz. 68). 125 OLG Karlsruhe v. 28.8.2002 – 7 U 137/01 – MLP, NZG 2002, 959 = AG 2003, 444, 445; R. Krause in RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 301, 307 ff.; strenger Bayer, ZHR 168 (2004), 132, 163 ff. 126 Hierzu eingehend Schlitt/Seiler, ZHR 166 (2002), 544. 127 Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1117 f.; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 239 f.; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 93. 128 So aber Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 280; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 5; in diese Richtung auch Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 7. 129 Zum Übernahmevertrag bei Aktienemissionen vgl. Groß in Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, 2000, Rz. 10/308 ff. 130 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 239 f.; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 82; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1117 f.; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 288. Zu den Formen der Verteilung des Platzierungsrisikos vgl. Bosch in Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, 2000, Rz. 10/76 ff. 131 Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1117. 132 Schuldrechtlich werden regelmäßig aufschiebende Bedingungen oder Rücktrittsrechte der Konsortialbanken vereinbart.
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treten133. Die Aufnahme eines solchen marktüblichen Vorbehalts ist unschädlich134. Welche Ereignisse zur force majeure erhoben werden, ist grundsätzlich Verhandlungssache, so dass die Parteien des Übernahmevertrags berücksichtigen können, inwieweit die als force majeure zu definierenden Ereignisse als material adverse change-Bedingung in die Angebotsunterlage übernommen werden können135. cc) Ausnutzung genehmigten Kapitals Zur Aufnahme der für ein Angebot erforderlichen Eigenmittel ist die Ausnutzung genehmigten Kapitals in ganz besonderer Weise geeignet. Diese Finanzierungsform ist schnell und flexibel zu handhaben, weil die zeit- und kostenintensive Vorbereitung und Abhaltung einer Hauptversammlung im unmittelbaren Vorfeld des Übernahmeangebots entbehrlich ist136. Sie ist jedoch dadurch begrenzt, dass das genehmigte Kapital höchstens die Hälfte des im Zeitpunkt der Ermächtigung vorhandenen Grundkapitals betragen kann (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG), von der Hauptversammlung des Bieters in der Vergangenheit in der entsprechenden Höhe bereitgestellt worden sein muss und vom Vorstand noch nicht ausgenutzt worden sein darf.
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Der Bieter, der die für die Finanzierung des Angebots erforderlichen Eigenmittel durch die Ausnutzung 49 genehmigten Kapitals aufnehmen will, hat sicherzustellen, dass ihm bei Fälligkeit der Gegenleistung ein ausreichender Erlös zugeflossen sein wird. Dies setzt voraus, dass genehmigtes Kapital in ausreichender Höhe zur Verfügung steht. Beschlussfassungs-137 oder Anfechtungsrisiken bestehen nicht. Allerdings lässt sich nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass einzelne Aktionäre die Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister mit Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes angreifen138. Das Platzierungsrisiko muss, wie bei der regulären Kapitalerhöhung, vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage grundsätzlich eliminiert sein (siehe oben Rz. 47). dd) Sonstiges Werden die erforderlichen Eigenmittel von den Gesellschaftern des Bieters als Einzahlung in die Kapi- 50 talrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) zur Verfügung gestellt, setzt die Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit des Bieters entsprechende Verpflichtungserklärungen der Gesellschaften gegenüber dem Bieter voraus. Für den Inhalt der Verpflichtungserklärung gelten die gleichen Anforderungen, die auch an eine Fremdfinanzierung zu stellen sind (siehe unten Rz. 54 ff.). Außerdem muss die finanzielle Leistungsfähigkeit der verpflichteten Gesellschafter gewährleistet sein. Handelt es sich bei dem Bieter etwa um ein Akquisitionsvehikel, in dem die Mittel verschiedener Private Equity-Fonds gebündelt werden, hat sich der Bieter davon zu überzeugen, dass das Volumen dieser Fonds die Eigenkapitalkomponente der vorgesehenen Gegenleistung abdeckt. Zusätzlich zur Beschaffung ausreichender Geldmittel wurde dem Aussteller der Finanzierungsbestätigung in jüngerer Vergangenheit sogar eine unwiderrufliche Bankgarantie in Höhe des maximalen Transaktionsbetrags zur Verfügung gestellt139. 133 Für bestimmte Ereignisse ist dies Marktstandard, etwa für wesentliche nachteilige Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Emittentin und/oder der allgemeinen Marktverhältnisse oder für den Eintritt von Krisen. Zu force majeure- bzw. Krisen-Klauseln Grundmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, Bd. II, 5. Aufl. 2017, § 112 Rz. 72; Vertragsmuster bei Groß in Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, 2000, Rz. 10/324 Ziff. XII.1.d) und Rz. 10/326 Ziff. XI.1.d); weitere übliche Klauseln bei Busch, WM 2001, 1277, 1278. 134 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 92; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1117; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 240. 135 Ebenso Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 240; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 94. 136 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 99. 137 Der Ausnutzungsbeschluss solle vor Angebotsvollzug gefasst werden, Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 101. 138 Hierzu allgemein Schlitt/Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 564 ff.; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 100; In der Praxis dürfte dies insbesondere bei der Ausgabe der neuen Aktien gegen Sacheinlage unter Ausschluss des Bezugsrechts problematisch werden; siehe unten Rz. 71. 139 Übernahmeangebot REG European Holdings B.V./Petrotec AG vom 19.1.2015, S. 30; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 196.
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§ 13 Rz. 51 Finanzierung des Angebots b) Fremdfinanzierung 51
Wenn der Bieter Fremdkapital bei Kreditinstituten aufnimmt, um die Gegenleistung zu finanzieren, sind verschiedene Gestaltungen denkbar140. Der Bieter ist regelmäßig daran interessiert, diese Finanzierung rasch und bis zur Veröffentlichung über die Entscheidung des Angebots vertraulich sicherzustellen. Daher werden Akquisitionsfinanzierungskredite im Regelfall zunächst nur von einer oder zwei Banken übernommen und erst zu einem späteren Zeitpunkt (etwa vor der Abwicklung des Angebots) an weitere Banken syndiziert141. Bankaufsichtsrechtliche Gründe, insbesondere die Beanspruchung des Eigenkapitals (Grundsatz I) und die Großkreditgrenzen gemäß §§ 13 ff. KWG bzw. ihre Äquivalente nach dem Recht anderer EU-Mitgliedstaaten können die Bildung eines Bankenkonsortiums bereits vor der Veröffentlichung des Angebots erforderlich werden lassen. aa) Kreditvertrag (1) Abschluss eines Kreditvertrages
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Der Bieter, der das Angebot fremdfinanziert, ist erfüllungsfähig, wenn er den erforderlichen Kredit bei Fälligkeit der nach dem Angebot geschuldeten Geldleistung in Anspruch nehmen kann. Zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit muss im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage grundsätzlich der Kreditvertrag geschlossen sein oder eine verbindliche Kreditzusage vorliegen142. Ob bereits die Unterzeichnung des term sheets zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit des Bieters genügt, ist eine Frage des Einzelfalls. Das term sheet – eine Zusammenfassung der wesentlichen Bedingungen des auszureichenden Darlehens143 – wird üblicherweise vor der Ausarbeitung des Kreditvertrages ausgehandelt und ist im Normalfall nur eingeschränkt verbindlich144. Zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit wird dies in der Regel nicht ausreichen145. Die Parteien sind jedoch nicht daran gehindert zu vereinbaren, dass das term sheet rechtsverbindlich und der Bieter zu Ziehungen unter den vorgesehenen Fazilitäten berechtigt sein soll, mit der Folge, dass der Bieter seine Erfüllungsfähigkeit sichergestellt hätte146.
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Die Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen setzt voraus, dass diese nicht gegen zwingendes Recht verstoßen147. Teilweise wird vertreten, die Übernahme könne nicht im Wege eines leveraged buy-out (LBO) – d.h. gestützt auf den cash flow der Zielgesellschaft – finanziert werden, weil die Zulässigkeit dieser Finanzierungsform nicht hinreichend geklärt sei148. Zutreffend erscheint demgegenüber, im Einzelfall zu prüfen, ob Rechtsverstöße vorliegen149: Wenn etwa der für die Finanzierung der Gegenleistung erforderliche Kredit mit Vermögensgegenständen der Zielgesellschaft besichert werden sollte, läge hierin ein Verstoß gegen das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs 140 Hierzu eingehend Baums/Vogel in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Konzernfinanzierung, 1998, Rz. 9.25 ff.; Fahrholz, Neue Formen der Unternehmensfinanzierung, 1998, S. 103 ff.; Heemann in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 16 Rz. 24 ff. 141 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 62. 142 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 Rz. 84 f.; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 103; ähnlich Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1163 f.; Berrar, ZBB 2002, 174, 177 in Fn. 26; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 18; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 63; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 835. 143 Heemann in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 15 Rz. 32 ff.; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1164. 144 Heemann in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 15 Rz. 33, 35. 145 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1164; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 103; Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 281; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1115; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 290; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 241; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 67. 146 Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1115; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 290; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 241. 147 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 103. 148 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 6; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 5. 149 Zustimmend Fromholzer/Hasselbach/v. Werder in Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, II Rz. 139; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 836.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 55 § 13
(§ 71a Abs. 1 Satz 1 AktG) und, soweit keine angemessene Gegenleistung vereinbart ist, gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG)150. Dagegen ist es zulässig, mit der Bestellung der Kreditsicherheiten solange zu warten, bis die Zielgesellschaft in eine GmbH umgewandelt oder mit dem Akquisitionsvehikel verschmolzen worden ist151. Auch die Bestellung von Sicherheiten nach dem Abschluss eines Beherrschungsvertrages ist zulässig152: Gemäß § 291 Abs. 3 AktG in der Fassung des MoMiG gelten Leistungen „bei Bestehen“153 eines Beherrschungsvertrages nicht als Verstoß gegen § 57 AktG154; und die Streitfrage, ob § 291 Abs. 3 AktG auch vom Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs gemäß § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG dispensiert155, wurde vom Gesetzgeber des MoMiG dahingehend entschieden, dass dieses Verbot auf Rechtsgeschäfte bei Bestehen eines Beherrschungsoder Gewinnabführungsvertrages keine Anwendung findet (§ 71a Abs. 1 Satz 3 AktG). Die Finanzierungspraxis hat sich hierauf eingestellt156. (2) Inhaltliche Anforderungen Zu den inhaltlichen Anforderungen der Kreditvertrag hat sich eine gewisse Marktpraxis herausgebil- 54 det. Konsens besteht insoweit, als dass die Erfüllungsfähigkeit nicht sichergestellt ist, wenn die Banken vor der vollständigen Abwicklung des Angebots zur ordentlichen Kündigung des Kreditvertrages berechtigt sind bzw. eine Kreditlinie unter Widerrufsvorbehalt („bis auf weiteres“) eingeräumt worden ist157. Daher muss das ordentliche Kündigungsrecht, das sich bei deutschem Recht unterliegenden Darlehensverträgen aus § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB ergibt, bis zur Zahlung der Gegenleistung an die Aktionäre ausgeschlossen sein158. Weil die Kreditverträge auch die Rechtsverhältnisse nach der Abwicklung des Angebots regeln und unter Umständen auch noch weitere Ziehungen zulassen, wird der Zeitraum bis zur vollständigen Abwicklung häufig als „certain funds period“ definiert, während der die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist und nur einige der bei Akquisitionsfinanzierungen üblichen Ziehungsverbote (drawstops) Anwendung finden. Für die Abgrenzung von zulässigen und unzulässigen Ziehungsverboten gibt es keine allgemeingültige Formel. Insoweit erscheint es sachgerecht, auf die Natur der von den Ziehungsverboten reflektierten Risiken abzustellen und danach zu fragen, ob dem Bieter eine anderweitige Risikovorsorge möglich und unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 13 WpÜG und der für das gewählte Finanzierungsinstrument einschlägigen gesetzlichen Wertungen zumutbar ist (siehe oben Rz. 36). Insoweit kann die Kontrollüberlegung helfen, ob sich der Darlehensgeber von seinen Pflichten – etwa gemäß §§ 314, 490 Abs. 3 BGB159 oder aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 3 BGB – auch dann lösen könnte, wenn im Kreditvertrag keine Regelung vorgesehen wäre. Auch der 150 Zum Ganzen Otto, DB 1989, 1389; Fleischer, AG 1996, 494, 505 ff.; Becker, DStR 1998, 1429; Lutter/Wahlers, AG 1989, 1; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 18 f.; Schulz/Israel, NZG 2005, 329, 332; Brandt in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 16.154; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 241; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 836. 151 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 113; weitergehend Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 46, 48a; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 48 f. 152 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 113. 153 Insofern unterscheidet sich der im Rahmen des MoMiG geänderte § 291 Abs. 3 AktG a.F. („auf Grund“) von dem modifizierten § 291 Abs. 3 AktG n.F. („bei Bestehen“). 154 Vgl. auch den ebenfalls mit dem MoMiG eingeführten § 57 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 AktG n.F., der insofern mit § 291 Abs. 3 AktG übereinstimmt, Bayer in MünchKomm. AktG § 57 AktG Rz. 133; Hüffer/Koch, § 57 AktG Rz. 21; Cahn/v. Spannenberg in Spindler/Stilz, § 57 AktG Rz. 136. 155 Dafür Otto, DB 1989, 1389, 1395, 1399; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, 1995, S. 284 ff.; Fleischer, AG 1996, 494, 506; wohl auch Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, Stand Mai 2004, § 13 WpÜG Rz. 36; dagegen Lutter/Wahlers, AG 1989, 1, 9; Kühbacher, Darlehen an Konzernunternehmen, 1993, S. 133 f.; Oechsler in MünchKomm. AktG, 3. Aufl. 2008, § 71a AktG Rz. 13. 156 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 68; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 836. 157 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 85; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 105; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 241. 158 Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 241; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 70. 159 Hierzu Mülbert, WM 2002, 465, 473 ff.; Wittig/Wittig, WM 2002, 145, 148 f.
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§ 13 Rz. 55 Finanzierung des Angebots Blick in die englische Kautelarpraxis, die dem certain funds-Konzept des Takeover Code Rechnung zu tragen hat, kann Orientierung vermitteln. 56
Üblicherweise wird ein Ziehungsverbot für den Fall vereinbart, dass ein event of default eingetreten ist, der die Banken zur Kündigung des Kreditvertrages aus wichtigem Grund berechtigt160. Ob und inwieweit dies mit § 13 WpÜG zu vereinbaren ist, richtet sich danach, ob es dem Bieter möglich und unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 13 WpÜG und der Wertungen des gewählten Finanzierungsinstruments zumutbar ist, die Risiken, die sich unter der Geltung dieser Vereinbarung realisieren können, zu eliminieren (siehe oben Rz. 36)161. Hiernach erscheint die Auffassung, der Kreditvertrag dürfe nicht außerordentlich kündbar (oder, falls außerordentlich kündbar, durch die Zahlungsgarantie eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens unterlegt) sein, um die Anforderungen des § 13 WpÜG zu erfüllen162, unzutreffend. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund ist in seinem Kern zwingendes Recht und kann auch durch Individualvereinbarung nur beschränkt, nicht aber völlig ausgeschlossen werden163. Eine stärkere Bindung als zivilrechtlich möglich kann für Zwecke des § 13 WpÜG nicht gefordert werden (Einheit der Rechtsordnung). Wollte man dies anders sehen, müsste man die Finanzierung von WpÜG-Angeboten auf der Grundlage anderer Rechtsordnungen durchführen (etwa englischem Recht oder dem Recht von New York). Für einen derartigen Willen des Gesetzgebers gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt.
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Abdingbar ist hingegen das Recht zur außerordentlichen Kündigung wegen der wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers (§ 490 BGB)164. Gleichwohl wird man kaum fordern können, dass die Banken auf das Kündigungsrecht wegen der wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Bieters oder der Werthaltigkeit einer gestellten Sicherheit vollständig verzichten müssen, damit die Fremdfinanzierung den Anforderungen des § 13 WpÜG genügt165. Die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts für den Fall des Eintritts eines Insolvenzgrundes (§§ 17 ff. InsO) beim Bieter oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen entspricht langjähriger Bankpraxis. Diese Praxis war dem Gesetzgeber bekannt. Außerdem lässt sich aus der Entstehung des § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ersehen, dass der Aussteller der Finanzierungsbestätigung nicht das Insolvenzrisiko des Bieters tragen sollte (siehe oben Rz. 10). Die insoweit wortgleichen § 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WpÜG können aber nicht in Satz 1 die Übernahme des Insolvenzrisikos und in Satz 2 den Ausschluss des Insolvenzrisikos meinen. Daher trifft es auch nicht zu, dass die Finanzierungsbestätigung Auffangfunktion für etwaige Kündigungsmöglichkeiten des Bieters haben und deswegen als Zahlungsgarantie ausgestaltet sein muss166. Aus diesen Gründen sollte ein außerordentliches Kündigungsrecht beim Vorliegen eines Insolvenzgrundes beim Bieter grundsätzlich unbedenklich sein (bidder insolvency)167. Etwas anderes gilt nur, sofern es Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine solche Verschlechterung vor der Erfüllung des Angebots eintreten könnte168.
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Nach zutreffender, überwiegender Ansicht muss die Kündigung aus wichtigem Grund auch beim Eintritt anderer wesentlicher Verschlechterungen der Vermögensverhältnisse des Bieters (bidder MAC)
160 Hierzu etwa Heemann in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 15 Rz. 63; Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 9. 161 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 72. 162 So noch Süßmann in Geibel/Süßmann, 1. Aufl. 2002, § 13 WpÜG Rz. 17 ff.; mittlerweile ebenfalls außerordentliches Kündigungsrecht akzeptierend Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 18. 163 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 314 BGB Rz. 3; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 71. 164 Weidenkaff in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 490 BGB Rz. 4. 165 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 107; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 85; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 66; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1115; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 242; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 6; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 73; offen Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 11 Rz. 23 ff.; a.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 5; Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 281. 166 So aber Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 55. 167 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1164. 168 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 6; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 85; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 243.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 61 § 13
möglich sein169. In der englischen Übernahmepraxis wird dies anders gesehen: Dort wird ein bidder MAC, der lediglich mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse arbeitet, nicht akzeptiert (eine Präzisierung anhand von Finanzkennzahlen erscheint denkbar, ist aber in der Praxis unüblich). Die Zulässigkeit eines Ziehungsverbots für den Fall der Insolvenz oder einer anderen wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Zielgesellschaft (target insolvency, target MAC) ist dagegen eher zweifelhaft170. Sie könnte jedenfalls nicht auf die Wertung des § 490 BGB gestützt werden, weil die Zielgesellschaft nicht Kreditnehmer des Akquisitionskredits ist. In der Praxis lässt sich die Auszahlung bei Erwerbs- und Übernahmeangeboten allerdings vermeiden, wenn der Bieter in der Angebotsunterlage einen target MAC vorsieht (siehe § 18 WpÜG Rz. 91) und im Kreditvertrag die Verpflichtung eingeht, nicht ohne die vorherige Zustimmung der Banken auf eine Bedingung des Angebots zu verzichten (zur Zulässigkeit dieser Verpflichtung siehe unten Rz. 61).
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Häufig besteht ein Bedürfnis dafür, die Auszahlung daran zu binden, dass bestimmte Bedingungen 60 eingetreten sind, etwa bestimmte Kreditsicherheiten bestellt oder die Bedingungen des Angebots eingetreten sind. Oft wird gefordert, dass bestimmte, vom Bieter gegebene Zusicherungen eingehalten worden sind, etwa dass sein Vermögen frei von Sicherungsrechten Dritter ist (Negativerklärung), dass die erforderliche Zustimmung eines Dritten vorliegt oder dass kein Rechtsstreit anhängig ist. Nicht alle derartigen Vereinbarungen sind unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit unschädlich171. Gegen das Risiko, dass der Bieter bestimmte Kreditsicherheiten nicht bestellt, können sich die Banken durch den rechtzeitigen Abschluss der erforderlichen Verträge bzw. Vorverträge und die Verpflichtung des Bieters zu den erforderlichen Mitwirkungshandlungen schützen; es erscheint zumutbar, dies vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu erledigen. Wenn die Auszahlung an die Zustimmungserklärung eines Dritten geknüpft ist, liegt es in der Hand dieses Dritten, ob dem Bieter die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stehen oder nicht; auch in diesem Fall dürfte es in der Regel zumutbar sein, die Zustimmung vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage einzuholen172. Auszahlungsverbote können auch an ein bestimmtes Verhalten des Bieters anknüpfen. Für den Bieter, 61 der sein eigenes Verhalten kontrollieren kann, ist dies weniger ein Problem als für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG die Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit zu bescheinigen hat und sich insoweit in den Händen des Bieters befindet173. Üblicherweise wird ein Ziehungsverbot etwa daran angeknüpft, dass der Bieter das Angebot ohne die vorherige Zustimmung der Banken ändert – etwa die Gegenleistung erhöht oder auf Bedingungen verzichtet. Dies ist gerechtfertigt, weil das konkrete Angebot Geschäftsgrundlage der vereinbarten Finanzierung ist. Auszahlungsverbote können auch an bestimmte Geschäfte anknüpfen, etwa Veräußerung von Vermögensgegenständen (disposal of assets) oder die Bestellung von Sicherheiten für Dritte unter Verstoß gegen eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung (negative pledge). Die Beurteilung derartiger Auszahlungsverbote ist schon schwieriger; auch in der englischen Finanzierungspraxis werden sie uneinheitlich beurteilt. Jedenfalls dann, wenn diese Geschäfte eine wesentliche Beeinträchtigung der finanzierenden Banken zur Folge haben, erscheinen hieran anknüpfende Auszahlungsverbote gerechtfertigt. Schließlich kann auch die Vorlage bestimmter Unterlagen (z.B. Jahresabschlüsse) zur Auszahlungsvoraussetzung erhoben werden. Ob dies mit § 13 WpÜG vereinbar ist, erscheint zweifelhaft; diese Verpflichtung sollte sich im Regelfall vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage erfüllen lassen. 169 Berrar, ZBB 2002, 174, 177; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1164; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 114 ff.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 66; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 850; a.A. Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 281; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 5 i.V.m. Fn. 17; Hippeli, Problembehaftete Aspekte von Angebotsbedingungen bei öffentlichen Angeboten nach dem WpÜG, 2015, S. 83. 170 Für Unzulässigkeit: Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 74; ähnlich Hippeli, Problembehaftete Aspekte von Angebotsbedingungen bei öffentlichen Angeboten nach dem WpÜG, 2015, S. 84 (kein Abstellen auf die Kennzahlen des Zielunternehmens, da drohende Umgehung des § 13 WpÜG). 171 Differenzierend Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 110. 172 So auch Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 243. 173 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 75.
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§ 13 Rz. 62 Finanzierung des Angebots 62
Um falschen Erwartungen der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft vorzubeugen, sollten die relevanten Auszahlungsverbote in der Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Alt. 1 WpÜG) beschrieben werden174. bb) Anleihe
62a
Zur Finanzierung der Gegenleistung kann der Bieter grundsätzlich auch eine Anleihe (d.h. Schuldverschreibungen, die in Serie zu identischen Bedingungen massenweise ausgegeben werden) emittieren. Für die Anforderungen an die Sicherstellung der Finanzierung durch Begebung einer Anleihe gelten dieselben Grundsätze wie für die Sicherstellung der Finanzierung durch eine Kapitalerhöhung (siehe oben Rz. 44 ff.) oder einen Kreditvertrag (siehe oben Rz. 52 ff.). Hiernach ist die Finanzierung des Angebots sichergestellt, wenn die mit der Emission beauftragten Banken die Platzierung im Rahmen eines firm underwriting garantieren175. Ein bloßes best effort underwriting genügt den Anforderungen des § 13 Abs. 1 WpÜG hingegen nicht176. Weil Emissionsbanken das Platzierungsrisiko typischerweise nur für wesentlich kürzere Zeiträume als den Zeitraum von der Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin bis zum Ende der (weiteren) Annahmefrist zu tragen bereit sind, erscheint die Finanzierung eines Angebots durch Begebung einer Anleihe in der Praxis nur möglich, wenn die Emission der Anleihe gleichzeitig mit der Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots gemäß § 10 Abs. 1 WpÜG oder der Erlangung der Kontrolle gemäß § 35 Abs. 1 WpÜG bekanntgegeben wird und die einzelnen Schuldverschreibungen vor Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin platziert sind. Soweit ersichtlich, hat es auf dem deutschen Markt noch kein öffentliches Angebot gegeben, das ohne Inanspruchnahme eines Überbrückungskredits („bridge-to-bond“) direkt durch die Begebung einer Anleihe finanziert worden wäre. 3. Sachleistung (Tauschangebot)
63
Bei Tauschangeboten ist die Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit unproblematisch, wenn der Bieter eine ausreichende Zahl eigener Aktien hält oder von Dritten kurzfristig erwerben kann. Weil eigene Aktien – jedenfalls von Bietern mit Sitz in der Europäischen Union – nur bis zur Höhe von 10 % des Grundkapitals als Akquisitionswährung eingesetzt werden können (§ 71 Abs. 2 Satz 1 AktG), muss der Bieter zur Erfüllung umfangreicherer Angebote regelmäßig eine Sachkapitalerhöhung vornehmen, um eine hinreichende Zahl junger Aktien zu schaffen. Außerdem hat er sicherzustellen, dass die Altaktionäre auf die neuen Aktien kein Bezugsrecht haben. Die als Gegenleistung angebotenen Aktien müssen jedoch nicht notwendig Aktien des Bieters selbst sein (siehe unten Rz. 77). a) Kapitalerhöhung
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Plant der Bieter, die als Gegenleistung benötigten Aktien durch eine reguläre Kapitalerhöhung zur Entstehung zu bringen, hat er seine Erfüllungsfähigkeit sichergestellt, wenn der Kapitalerhöhungsbetrag ausreichend bemessen ist177 und der Bieter die bei ungestörtem Geschehensablauf in die Bereitstellung der Aktien mündenden Schritte unternommen sowie im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren (hierzu siehe oben Rz. 36) Vorsorge gegen vorhersehbare Risiken getroffen hat.
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Im Rahmen der Sicherstellungspflicht des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG besteht das Problem, dass der Bieter erst am Ende der Annahmefrist wissen kann, wie viele Aktien er zur Erfüllung der zustande gekommenen Tauschverträge benötigt, er seine Lieferfähigkeit aber schon vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage sichergestellt haben muss. Weil die Durchführung der Kapitalerhöhung nur dann in das Handelsregister eingetragen wird, wenn sich das Zeichnungsergebnis mit dem im Beschluss ge174 Berrar, ZBB 2002, 174, 177, 179; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 111. 175 Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 280; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1117; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 240; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 77. 176 Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 280; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 77. 177 Zur Feststellung der Zahl der konkret benötigten Aktien siehe Hasselbach/Jakobs, AG 2014, 217 passim.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 68 § 13
nannten Betrag deckt178, wird im Kapitalerhöhungsbeschluss zweckmäßigerweise ein Mindest- und ein Höchstbetrag festgesetzt179. Der endgültige Kapitalerhöhungsbetrag ergibt sich dann aus dem Umfang der Annahme des Angebots. Die gesetzliche Vorgabe, die Sacheinleger im Kapitalerhöhungsbeschluss zu bezeichnen (§ 183 Abs. 1 66 Satz 1 AktG), obwohl der Bieter im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses noch gar nicht wissen kann, welche Wertpapierinhaber das Angebot annehmen werden, macht die Einschaltung eines Treuhänders erforderlich, der die neuen Aktien des Bieters zeichnet, die dem Bieter angedienten Wertpapiere der Zielgesellschaft in einem einheitlichen Einbringungsvertrag an den Bieter übereignet und die neuen Aktien des Bieters nach ihrer Entstehung an die ehemaligen Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft überträgt180. Dieser Einbringungsvertrag gehört nicht zu den zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit erforderlichen Maßnahmen, weil er erst geschlossen wird, wenn die Zahl der einzubringenden Aktien feststeht – d.h. nach Ablauf der Annahmefrist bzw. der weiteren Annahmefrist. Zur Sicherstellung der Erfüllungsfähigkeit des Bieters muss grundsätzlich der Kapitalerhöhungsbe- 67 schluss bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage gefasst worden sein181, weil der Bieter dieses Risiko zumutbarerweise eliminieren kann. Insoweit gelten die oben in Rz. 44 f. zur Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen angestellten Erwägungen entsprechend. Der Höchstbetrag der Kapitalerhöhung muss so bemessen sein, dass das Angebot auch bei Annahme durch alle Wertpapierinhaber erfüllt werden kann. Die Hauptversammlung muss außerdem das Bezugsrecht der Aktionäre des Bieters ausschließen (§ 186 Abs. 3 AktG). Ist der Bieter eine Publikumsgesellschaft, braucht er das Anfechtungsrisiko nicht zu eliminieren182. Wie bei der Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen (siehe oben Rz. 46) ist maßgeblich, dass die Ausschaltung dieses Risikos zwar theoretisch möglich ist, das Angebot jedoch wegen der Erhebung einer Anfechtungsklage nicht derartig „unseriös“ wird, dass der Kapitalmarkt, die Zielgesellschaft und die Wertpapierinhaber vor ihm geschützt werden müssten183. Dem steht nicht entgegen, dass die Anfechtungsklagen – anders als bei der Barkapitalerhöhung zur Finanzierung eines Kaufangebots – auch darauf gestützt werden können, dass der Bezugsrechtsausschluss sachlich nicht gerechtfertigt oder der Ausgabebetrag der neuen Aktien (etwa wegen der Überbewertung der einzulegenden Wertpapiere gemäß § 255 Abs. 2, § 243 Abs. 1 AktG) unangemessen niedrig ist. Gleichwohl muss der Bieter das Risiko aktienrechtlicher Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen durch entsprechende Bedingungen in der Angebotsunterlage absichern184. Beispielsweise könnte die Vollzugsbedingung vorsehen, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss bis zum Ablauf der Annahmefrist in das Handelsregister eingetragen worden ist, um eine mögliche Verletzung seiner Lieferpflichten zu verhindern185. Die BaFin hat sogar einen Bedingungseintritt nach Ablauf der Annahmefrist unter der Voraussetzung zugelassen, dass die ange178 RG v. 30.8.1903 – I 21/03, RGZ 55, 65, 67 f.; Hüffer/Koch, § 182 AktG Rz. 12. 179 Zur Zulässigkeit der „bis zu“-Kapitalerhöhung RG v. 26.6.1914 – II 109/14, RGZ 85, 205, 207 (zur GmbH); LG Hamburg v. 2.12.1993 – 405 O 162/93, AG 1995, 92, 93; LG Hamburg v. 25.2.1999 – 415 O 2/99, AG 1999, 239 f.; Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/GSW Immobilien AG vom 2.10.2013, S. 16 ff.; Übernahmeangebot Deutsche Annington Immobilien SE/Gagfah S.A. vom 19.12.2014, S. 22 f. (genehmigtes Kapital); Schürnbrand in MünchKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 42; Hüffer/Koch, § 182 AktG Rz. 12; Scholz in MünchHdb. AG, § 57 Rz. 27; Ekkenga in KölnKomm. AktG, § 182 AktG Rz. 28, 31; so auch Marsch-Barner/ Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 127; Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 8; Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 227, 244; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 113 f. 180 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 115 ff. 181 So die Begründung des Untersagungsbescheides der BaFin vom 28.10.2015 betreffend das Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/LEG Immobilien AG; BaFin, Jahresbericht 2015, S. 248; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 5; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 109 f.; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598 f.; noch weiter gehend Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 87; a.A. Busch, AG 2002, 145, 148; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 405. 182 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 130; a.A.; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 82; Brandt in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 16.144. 183 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 122 ff. 184 BaFin-Jahresbericht 2015, S. 248. 185 Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/GSW Immobilien AG vom 2.10.2013, S. 55 f.; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, BeckHdb. AG, § 23 Rz. 61.
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§ 13 Rz. 68 Finanzierung des Angebots dienten Aktien für einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr nach dem Ende der Annahmefrist unter eigener ISIN handelbar bleiben oder der Bieter jedem Aktionär, der das Angebot angenommen hat, das Recht einräumt, während des genannten Zeitraums von seiner Annahme zurückzutreten186. Dieser Praxis ist die BaFin auch im Fall des Übernahmeangebots ACS/Hochtief gefolgt. Wegen angekündigter Anfechtungsklagen gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss des Bieters forderte sie zusätzliche Vollzugsbedingungen – darunter die Bedingung, dass bis zum Ablauf der weiteren Annahmefrist und bis zum Eintritt der letzten Vollzugsbedingung kein spanisches Gericht die Unwirksamkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses festgestellt oder die Durchführung der Kapitalerhöhung untersagt hat187. Auf die deutschen Gegebenheiten gemünzt bedeutet dies, dass der Bieter – u.a. durch die Vorbereitung eines Freigabeverfahrens gemäß § 246a AktG – alles ihm Mögliche unternehmen muss, um die Kapitalerhöhung zu realisieren188. Bei begrenztem Gesellschafterkreis wäre der Bieter dagegen grundsätzlich in der Lage, Erklärungen über den Verzicht auf das Anfechtungsrecht beizubringen. b) Ausnutzung genehmigten Kapitals 69
Bieter in der Rechtsform der AG können die zur Bedienung des Tauschangebots erforderlichen neuen Aktien auch aus genehmigtem Kapital ausgeben, soweit die Hauptversammlung eine taugliche Ermächtigung erteilt hat und diese noch nicht ausgeschöpft worden ist. Auch bei Sacheinlagen ist die Ausnutzung genehmigten Kapitals schneller und flexibler als die ordentliche Kapitalerhöhung189. Das Volumen des genehmigten Kapitals kann jedoch nicht mehr als die Hälfte des im Zeitpunkt der Ermächtigung vorhandenen Grundkapitals betragen (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG).
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Der Bieter, der die als Gegenleistung geschuldeten neuen Aktien aus genehmigtem Kapital generiert, hat seine Erfüllungsfähigkeit sichergestellt, wenn das von der Hauptversammlung zur Verfügung gestellte und noch nicht ausgenutzte genehmigte Kapital ausreichend bemessen ist, eine Sacheinlage zugelassen und das Bezugsrecht entweder von der Hauptversammlung ausgeschlossen oder der Vorstand hierzu ermächtigt worden ist; letzteres kann im Voraus in allgemeiner Form beschlossen und begründet werden190. Weil der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung bereits gefasst und in das Handelsregister eingetragen sein muss, besteht weder ein Beschlussfassungs- noch ein Anfechtungsrisiko191.
71
Inwieweit der Ausnutzung der Ermächtigung und ihrer Eintragung im Handelsregister Hindernisse entgegenstehen dürfen, ist ungeklärt. Die Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats brauchen jedenfalls erst gefasst zu werden, wenn feststeht, wieviele Aktien ausgegeben werden müssen192. Allerdings besteht ein gewisses Risiko, dass einzelne Aktionäre die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung mit Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern suchen193 oder beim Registerrichter formlos anregen, das Eintragungsverfahren gemäß § 381 FamFG auszusetzen194. Da der Bieter jedoch bei der regulären Kapitalerhöhung das Anfechtungsrisiko eingehen darf (siehe oben
186 Vgl. Übernahmeangebot UniCredito Italiano S.p.A./Bayerische Hypo-Vereinsbank AG vom 26.8.2005, S. 31 f.; dazu BaFin-Jahresbericht 2005, S. 174 f.; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609. 187 Übernahmeangebot ACS/Hochtief AG vom 1.12.2010, S. 45 f.; dazu BaFin-Jahresbericht 2010, S. 222 f.; ausführlich Seibt, CFL 2011, 213, 230; krit. zu dieser Praxis Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 104 f.: dies laufe auf Vorfinanzierungspflicht hinaus. 188 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 130; vgl. Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/GSW Immobilien AG vom 2.10.2013, S. 18; Übernahmeangebot ADLER Real Estate AG/Westgrund AG vom 30.4.2015, S. 28, 170 f., 205; allgemein Hasselbach, BB 2015, 1033, 1037; Dörr in Spindler/ Stilz, § 246a AktG Rz. 4. 189 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 129. 190 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93 – Siemens/Nold, BGHZ 136, 133 = AG 1997, 465. 191 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 126. 192 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 Rz. 135. 193 LG Frankfurt a.M. v. 25.9.2000 – 3/1 O 129/00, WM 2000, 2159; OLG Frankfurt a.M. v. 12.12.2000 – 5 U 146/00, WM 2001, 206 = AG 2001, 268; aus der Literatur statt aller Schlitt/Seiler, ZHR 166 (2002), 544. 194 Zur vorherigen Regelung im FGG: Marsch-Barner, Referat 63. Juristentag 2000, S. O 55, O 61; Schlitt/Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 565; Schmid, ZIP 1998, 1057.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 75 § 13
Rz. 46), darf er bei der Ausnutzung genehmigten Kapitals a maiore ad minus auch das Risiko von Angriffen mit Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes eingehen195. c) Bedingte Kapitalerhöhung Die als Gegenleistung benötigten neuen Aktien können auch aus bedingtem Kapital geschaffen werden196. Die Zweckvorgabe der Vorbereitung eines Unternehmenszusammenschlusses (§ 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG) ist nämlich auch dann erfüllt, wenn die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen rechtlich selbständig bleiben bzw. nicht gesichert ist, ob der Zusammenschluss durchgeführt werden kann197. Ob der Begriff des Unternehmenszusammenschlusses im Sinne des § 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG ein Angebot zum Erwerb sämtlicher Aktien der Zielgesellschaft voraussetzt (mit der Konsequenz, dass bedingtes Kapital für bestimmte Erwerbsangebote nicht eingesetzt werden könnte)198, ist nicht gesichert.
72
Der Bieter hat seine Erfüllungsfähigkeit sichergestellt, wenn der Vorstand bei Fälligkeit der geschulde- 73 ten Gegenleistung Bezugsaktien in ausreichender Zahl ausgeben kann. Dies setzt voraus, dass der Beschluss über die bedingte Kapitalerhöhung gefasst worden ist, das bedingte Kapital ausreichend bemessen ist und die Ausgabe der Bezugsaktien den im Hauptversammlungsbeschluss festgesetzten Zweck erfüllt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das bedingte Kapital auf höchstens die Hälfte des Grundkapitals begrenzt ist (§ 192 Abs. 3 Satz 1 AktG). Gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG müssen die Zielgesellschaft und die Art des Zusammenschlusses bereits im Beschluss der Hauptversammlung über die bedingte Kapitalerhöhung benannt sein199. Demnach kann die Hauptversammlung erst dann einberufen werden, wenn die Entscheidung zur Abgabe des Angebots getroffen und gemäß § 10 WpÜG veröffentlicht worden ist200. Gegenüber einer regulären Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen ergibt sich somit kein zeitlicher Vorteil201. Wie bei der regulären Kapitalerhöhung bestehen das Beschlussfassungsrisiko und das Anfechtungsrisiko. Nach zutreffender Auffassung darf der Bieter das Anfechtungsrisiko eingehen und das Angebot unter eine entsprechende Bedingung stellen (siehe oben Rz. 46)202.
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d) Wertpapierleihe Der Bieter kann den Aktionären der Zielgesellschaft auch bereits existierende, börsenzugelassene Aktien anbieten, die ihm ein Großaktionär im Wege der Wertpapierleihe zur Verfügung gestellt hat. Weil der Wertpapierleihe kein Leihvertrag (§ 598 BGB), sondern ein Sachdarlehensvertrag (§ 607 BGB) zugrunde liegt, der Bieter die entliehenen Aktien also zu Eigentum erwirbt203, und weil der Bieter eigene Aktien nur in Höhe von bis zu 10 % des Grundkapitals halten darf (§ 71 Abs. 2 Satz 1 AktG), müsste neben dem Bieter eine Zweckgesellschaft auftreten, die die Leihaktien zum Tausch in Aktien der Zielgesellschaft anbietet204. Die Zweckgesellschaft erweitert die Handlungsmöglichkeiten des Bieters aber nur dann, wenn sie weder vom Bieter abhängig ist noch im Mehrheitsbesitz des Bieters steht und die Leihaktien nicht für Rechnung des Bieters erwirbt (vgl. § 71d Satz 1 und 2 AktG).
195 196 197 198 199 200 201
So wohl auch Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 136. Vgl. Erwerbsangebot media[netCom] AG/Internolix AG vom 2.7.2002 (Hauptversammlung am 28.5.2002). Scholz in MünchHdb. AG, § 58 Rz. 10; Drygala/Staake in KölnKomm. AktG, § 192 AktG Rz. 86. So Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 30. Hüffer/Koch, § 193 AktG Rz. 5; Drygala/Staake in KölnKomm. AktG, § 192 AktG Rz. 88. A.A. Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 132. Zutr. noch Lutter in KölnKomm. AktG, 2. Aufl. 1994, § 192 AktG Rz. 11; nun mehr angedeutet bei Drygala/ Staake in KölnKomm. AktG, § 192 AktG Rz. 86; Frey in Großkomm. AktG, § 192 AktG Rz. 86. 202 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 132. 203 Samhat in Schwintowski, Bankrecht 5. Aufl. 2018, Kap. 15 Rz. 577 f.; Oulds in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 14.104; Teuber in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. II, 5. Aufl. 2017, § 105 Rz. 4. 204 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 135 f.; Süßmann in Geibel/Süßmann, 2. Aufl. 2008, § 13 WpÜG Rz. 8.
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§ 13 Rz. 76 Finanzierung des Angebots 76
Der Bieter ist erfüllungsfähig, wenn ihm bzw. der Zweckgesellschaft die erforderliche Zahl der Leihaktien bei Fälligkeit der Gegenleistung zur Verfügung steht. Die Erfüllungsfähigkeit ist sichergestellt, wenn bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage die Vereinbarung über die Wertpapierleihe geschlossen worden ist und der Entleiher so auf sie zugreifen kann, dass sie bei Fälligkeit der Gegenleistung in seinem Bestand sind. Die BaFin stellt an die Sicherheit dieses Zugriffs hohe Anforderungen. Sie sieht die Finanzierung des Angebots nicht als sichergestellt an, wenn die Leihaktien nicht bereits bei Veröffentlichung des Angebots bereitstehen. Im Fall des Übernahmeangebots ACS/Hochtief hielt sie die angekündigte, aber noch nicht erfolgte Beschaffung der als Gegenleistung vorgesehenen ACS-Aktien durch ein Wertpapierdarlehen für nicht ausreichend, weil die Beschaffung der Aktien die Mitwirkung privater Dritter erforderte und – anders als bei der Schaffung der Tauschaktien durch Kapitalerhöhung, bei der das Entstehen der Tauschaktien nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss nur noch von Maßnahmen des Bieters und der Eintragung ins Handelsregister abhängt – keine vergleichbare Sicherheit bot205. Mit diesem strengen Prüfungsmaßstab kompensiert die BaFin das unterschiedliche Schutzniveau zwischen Angeboten, deren Gegenleistung in einer Geldleistung besteht und für die der Bieter gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG die Finanzierungsbestätigung eines unabhängigen Wertpapierdienstleistungsunternehmens vorlegen muss, und Angeboten, die die Lieferung von Wertpapieren vorsehen und für die eine Prüfung der Finanzierungsmaßnahmen durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht vorgeschrieben ist206. e) Wertpapiere eines Dritten
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Auch Wertpapiere eines Dritten können als Gegenleistung angeboten werden. Fungiert eine Zweckgesellschaft als Bieter, kommen Aktien der Muttergesellschaft in Betracht. Auch Aktien einer unabhängigen Zweckgesellschaft sind als Gegenleistung denkbar. Diese Gestaltung kann bei einer größeren Übernahme zum Einsatz kommen, wenn die erforderlichen neuen Aktien nur durch eine reguläre Sachkapitalerhöhung generiert werden können. Dem damit verbundenen Anfechtungsrisiko kann der Bieter ausweichen, indem die Zweckgesellschaft absprachegemäß zwei parallele Tauschangebote abgibt – eines für die Aktionäre der Zielgesellschaft und eines für die Aktionäre des Bieters. In einem zweiten Schritt werden der Bieter und die Zielgesellschaft auf die Zweckgesellschaft verschmolzen207. Bei einem grenzüberschreitenden Merger of Equals208 sind weitere Strukturen denkbar, etwa die Ansiedelung der Zweckgesellschaft in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums und ein Reverse Triangular Merger mit dem ausländischen Zusammenschlusspartner, wenn das anwendbare ausländische Recht diese Transaktionsform zulässt209.
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Werden bereits bestehende Aktien als Gegenleistung angeboten, muss der Bieter die erforderlichen Vereinbarungen getroffen haben, um bei Fälligkeit auf diese Aktien zugreifen zu können (siehe oben Rz. 76). Müssen die Aktien erst durch eine Kapitalerhöhung geschaffen werden, müssen die Maßnahmen ergriffen worden sein, die bei ungestörtem Geschehensablauf in die Bereitstellung der Aktien bei Fälligkeit münden; außerdem müssen die vorhersehbaren Risiken, soweit möglich und zumutbar, eliminiert sein. Folglich muss das Beschlussfassungsrisiko bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage ausgeschlossen sein; die Eliminierung des Anfechtungsrisikos ist hingegen nicht erforderlich (siehe oben Rz. 46). f) Liquide, zum Börsenhandel zugelassene Aktien
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Bei Übernahme- und Pflichtangeboten müssen die als Gegenleistung angebotenen Aktien liquide und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sein (§ 31 Abs. 2 WpÜG). Die Verpflich205 BaFin-Jahresbericht 2010, S. 222; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 103, 138; Klepsch/Schmiady/v. Buchwaldt in Kämmerer/Veil, Übernahme- und Kapitalmarktrecht, S. 14. 206 Vgl. BaFin-Jahresbericht 2015, S. 248; Klepsch/Schmiady/v. Buchwaldt in Kämmerer/Veil, Übernahme- und Kapitalmarktrecht, S. 14; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 608 f. 207 Siehe hierzu Decher in FS Lutter, 2000, S. 1209, 1217 f.; Marsch-Barner in Bad Homburger Hdb., E 30 ff. 208 Oppenhoff in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 9 Rz. 124. 209 Übernahmeangebot Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, S. 20 ff.; Übernahmeangebot HLDCO123 PLC/Deutsche Börse AG vom 1.6.2016, S. 20 ff.; Linde Public Limited Company/ Linde AG vom 15.8.2017, S. 26 ff.; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, BeckHdb. AG, § 23 Rz. 61.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 79a § 13
tung des Bieters zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit erstreckt sich auch auf diese Merkmale der Gegenleistung210; die Aktien müssen allerdings erst im Zeitpunkt ihrer Übereignung an die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft liquide und zum Börsenhandel zugelassen sein (siehe § 31 WpÜG Rz. 50 und 54)211. Wenn die Gattung der als Gegenleistung angebotenen Aktien bei Beginn der Annahmefrist nicht liquide ist (etwa Aktien einer Zweckgesellschaft), kann die Liquidität der Gattung bei Abwicklung durch eine entsprechende Akzeptanzschwelle sichergestellt werden – vorausgesetzt, dass in den Aktien der Zielgesellschaft ein nicht ganz unerheblicher Börsenhandel stattgefunden hat212. Wenn die als Gegenleistung angebotenen Aktien bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage noch nicht zum Börsenhandel zugelassen sind, dürfen der rechtzeitigen Zulassung keine Hindernisse entgegenstehen. Bei Aktien, die noch nicht zur Entstehung gelangt sind, ist dies etwa dann der Fall, wenn die Zulassungsstelle in Aussicht gestellt hat, dass die Aktien mit ihrer Entstehung zugelassen werden können213. 4. Qualifiziertes Nichtannahmeversprechen Die BaFin hat in ihrer mittlerweile gefestigten Verwaltungspraxis214 qualifizierte Nichtannahmever- 79a sprechen (Non Tender Agreements) zwischen dem Bieter und einzelnen Aktionären der Zielgesellschaft als Finanzierungsmaßnahme angesehen, die die Anforderungen des § 13 Abs. 1 WpÜG an die Sicherstellung der Finanzierung des Angebots erfüllt215. Hierzu muss die – verbindliche216 – Nichtannahmevereinbarung ein Vertragsstrafeversprechen des Aktionärs für den Fall enthalten, dass der sich über sein Nichtannahmeversprechen hinwegsetzt217. Die Vertragsstrafe je Aktie muss der Höhe der im Angebot vorgesehenen Gegenleistung entsprechen218. Außerdem muss dem Bieter das Recht eingeräumt sein, mit dem Anspruch auf Vertragsstrafe gegen den Anspruch des Aktionärs auf Zahlung der Gegenleistung aufzurechnen, sobald die Gegenleistung für die eingereichten Aktien fällig wird219. Zwar ist die Aufrechnung nicht möglich, wenn der betreffende Aktionär seine Aktien vertragswidrig an einen Dritten veräußert und dieser die Aktien in das Angebot einreicht220. Dieser Situation wird aber dadurch begegnet, dass die Vertragsstrafe auch bei Veräußerung der Aktien an einen Dritten fällig wird221. Zusätzlich wird die Bank, die die Finanzierungsbestätigung ausstellt, darauf drängen, dass der Bieter, der betreffende Aktionär und seine Depotbank eine Depotsperrvereinbarung mit ihr abschließen, um si210 211 212 213 214
215
216 217 218 219 220 221
Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 150. So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 142. Krause, NJW 2002, 705, 710; Krause, ZGR 2002, 500, 515 f. Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 Rz. WpÜG 150. Vgl. bspw. Übernahmeangebot JIYE GmbH/Grammer AG vom 25.6.2018, S. 64 f.; Übernahmeangebot Broadview Industries AG/Westag & Getalit AG vom 12.6.2018, S. 42; Übernahmeangebot E.ON SE/innogy SE vom 27.4.2018, S. 57 f.; Übernahmeangebot Dürr GmbH/Homag AG vom 21.8.2014, S. 34 f.; Übernahmeangebot BNP Paribas AG/DAB Bank AG vom 15.9.2014, S. 59 f.; Übernahmeangebot Edge Holding GmbH/ P&I Personal & Informatik AG vom 18.12.2013, S. 23 f.; Übernahmeangebot David L. Deck und Gilbert Schöni/German Brokers AG vom 6.2.2013, S. 28 ff. Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 2; Seibt, CFL 2011, 213, 230; Kiesewetter/ Kiefner, CFL 2011, 284, 291; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 108; im Ergebnis auch Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 405; Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 746; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 608; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 837; Hasselbach, BB 2015, 1033, 1038; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, BeckHdb. AG, § 23 Rz. 55. Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 28. Die BaFin betont zudem die Einredefreiheit, BaFin, Jahresbericht 2017, S. 148; Fromholzer/Hasselbach/v. Werder in Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, II Rz. 79. Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 28; Hasselbach, BB 2015, 1033, 1038; weitergehend Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 120: Vertragsstrafe kann auch vorausschauend etwaige Erhöhungen der Gegenleistung umfassen. Übernahmeangebot GraceB S.à r.l./Joyou AG vom 6.11.2013, S. 34 f.; Klepsch/Schmiady/v. Buchwaldt in Kämmerer/Veil, Übernahme- und Kapitalmarktrecht, S. 13; Kiesewetter/Kiefner, CFL 2011, 284, 291; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 405; Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 746. Hierzu Cascante/Tyrolt, AG 2011, 97, 108; Mayer-Uellner, AG 2012, 399, 405; Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 746. Übernahmeangebot E.ON SE/innogy SE vom 27.4.2018, S. 57 f.; Übernahmeangebot BNP Paribas Beteiligungsholding AG/DAB Bank AG vom 15.9.2014, S. 59; Übernahmeangebot Beauty Holding Three AG/Douglas Holding AG vom 31.10.2012, S. 39; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 119 f.
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§ 13 Rz. 79a Finanzierung des Angebots cherzustellen, dass die Aktien ohne ihre Zustimmung nicht in das Angebot des Bieters eingeliefert oder an einen Dritten veräußert werden222. Eine reine Depotsperrvereinbarung ohne Vertragsstrafeversprechen und Aufrechnungsvereinbarung dürfte für die Sicherstellung der Finanzierung des Angebots nicht ausreichen. Dementsprechend wird das vertragsstrafbewährte Nichtannahmeversprechen in der Praxis regelmäßig durch eine Depotsperrvereinbarung flankiert223. Dies gilt für Bar-, Tausch- und Mischangebote gleichermaßen224. Zeitlich wird die Depotsperrvereinbarung zumeist auf den spätest möglichen Abwicklungszeitpunkt des Übernahmeangebots terminiert, was häufig die Kartellrechtsfreigabe225 sein dürfte226.
C. Finanzierungsbestätigung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) I. Allgemeines 80
Sieht das Angebot als Gegenleistung eine Geldleistung vor, hat ein vom Bieter unabhängiges Wertpapierdienstleistungsunternehmen schriftlich zu bestätigen, dass der Bieter die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel bei Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung zur Verfügung stehen. Diese Finanzierungsbestätigung ist der Angebotsunterlage als Anlage beizufügen (zu Einzelheiten siehe unten Rz. 99 f.).
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Die Finanzierungsbestätigung dient primär dem Schutz der Integrität des Kapitalmarktes. Sie soll die bestmögliche Gewähr dafür bieten, dass nur seriöse Angebote an den Markt gelangen. Die Ordnungsmäßigkeit der Finanzierung ist hierfür ein entscheidender Parameter227. Davon, dass unseriöse Angebote vom Markt ferngehalten werden, profitieren die Zielgesellschaft und vor allem die Wertpapierinhaber, die mit dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen weiteren Schuldner erhalten. Die Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens auf das positive Interesse erscheint zur Verwirklichung des Präventionszwecks durchaus weitreichend (siehe oben Rz. 12).
82
Eine Finanzierungsbestätigung, die den gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG vorgesehenen Wortlaut verwendet, ist keine Garantie228, sondern eine Wissenserklärung über Tatsachen – hier die vom Bieter 222 Vgl. Übernahmeangebot Pelikan/Herlitz AG vom 11.1.2010, S. 31; Übernahmeangebot Neckarpri GmbH/ EnBW Energie Baden-Württemberg AG vom 6.1.2011, S. 27 f.; Übernahmeangebot CROSS Informatik GmbH/All for One Midmarket AG vom 16.3.2011, S. 38; Übernahmeangebot Asklepios Kliniken GmbH/MEDICLIN AG vom 23.3.2011, S. 38; Pflichtangebot Clariant Verwaltungsgesellschaft mbH/Süd-Chemie AG vom 16.5.2011, S. 40 f.; Übernahmeangebot Lenovo Germany Holding GmbH/Medion AG vom 27.6.2011, S. 40 f.; Übernahmeangebot Victorian Fibre Holding GmbH/Versatel AG vom 27.6.2011, S. 32; Hasselbach, BB 2015, 1033, 1038. 223 Übernahmeangebot Beauty Holding Three AG/Douglas Holding AG vom 31.10.2012, S. 38 ff.; Übernahmeangebot David L. Deck und Gilbert Schöni/German Brokers AG vom 6.2.2013, S. 28 f.; Übernahmeangebot Dürr GmbH/Homag AG vom 21.8.2014, S. 34 f.; Übernahmeangebot E.ON SE/innogy SE vom 27.4.2018, S. 57 f.; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse § 13 WpÜG Rz. 121; Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 23; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 28; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 4; Klepsch/Schmiady/v. Buchwaldt in Kämmerer/Veil, Übernahme- und Kapitalmarktrecht, S. 13 f. 224 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 29 f.; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse § 13 WpÜG Rz. 153; vgl. auch die „Nichteinreichungsvereinbarung“ im Übernahmeangebot ADLER Real Estate AG/ESTAVIS AG vom 25.4.2014, S. 27. 225 Hierzu Hippeli, Problembehaftete Aspekte von Angebotsbedingungen bei öffentlichen Angeboten nach dem WpÜG, 2015, S. 76 ff. 226 Übernahmeangebot Lenovo Germany Holding GmbH/Medion AG vom 28.8.2011, S. 31 f., 40 (vereinbart wurde der Zeitraum vom 24.6.2011 bis zum Vollzug des SPA, spätestens jedoch bis zum 30.11.2011, wobei die Annahmefrist vom 28.6. bis zum 1.8.2011 lief und das fusionskontrollrechtliche Verfahren bis zum 30.11.2011 hätte andauern können); ähnlich Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, S. 127 („… während der das Tauschangebot angenommen werden könnte“). 227 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1159. 228 So auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 34 („keine Garantiehaftung“); a.A. aber z.B. Oechsler, NZG 2001, 817, 826 („Garantieerklärung“); Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 7 („… übernimmt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Verantwortung dafür, dass die von dem Bieter getrof-
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Finanzierung des Angebots
Rz. 86 § 13
getroffenen Finanzierungsmaßnahmen229. Für die Richtigkeit dieser Auskunft muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen unter den Voraussetzungen § 13 Abs. 2 und 3, § 12 Abs. 2 und 3 WpÜG einstehen. Hiernach haftet es für das Bereitstehen der Gegenleistung bei Fälligkeit nur, wenn die Finanzierungsbestätigung im Zeitpunkt ihrer Ausstellung unrichtig war230 und dies auf ein Verschulden des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zurückzuführen ist. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG nicht verpflichtet, eine Garantie für das Bereitstehen der erforderlichen Geldmittel oder ein abstraktes Schuldversprechen für die Erbringung der Gegenleistung abzugeben. Der Wortlaut der Vorschrift231, ihre Entstehung (insbesondere die Überlegung, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht das Insolvenzrisiko des Bieter tragen sollte, siehe oben Rz. 10) und die Systematik der §§ 12, 13 WpÜG (insbesondere die Exkulpationsmöglichkeit gemäß § 12 Abs. 2 WpÜG) sprechen dagegen. Auch der Schutzzweck des § 13 Abs. 1 WpÜG erfordert keine Übernahme einer Garantiehaftung durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen; der Grund seiner Haftung ist nicht, dass dem Bieter die erforderlichen Geldmittel nicht zur Verfügung stehen, sondern dass sie ihm wegen unzureichender Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen.
83
II. Geldleistung 1. Umfang Die Finanzierungsbestätigung ist erforderlich „für den Fall, dass“ das Angebot die Zahlung einer Geldleistung vorsieht. Bei zutreffender, insbesondere auf die Entstehung der Vorschrift gestützter Auslegung ist diese Formulierung als „soweit“ zu lesen. Demnach ist bei Angeboten, die eine gemischte Gegenleistung vorsehen, eine Finanzierungsbestätigung nur in Höhe der angebotenen Geldleistung erforderlich232. Ob als Gegenleistung angebotene Contingent Value Rights, die bei entsprechender Wertentwicklung einen Anspruch auf eine Geldleistung vorsehen, von der Finanzierungsbestätigung umfasst sein müssen, ist offen233.
84
Die Finanzierungsbestätigung ist nur für die zur Finanzierung der Gegenleistung erforderlichen 85 Geldmittel beizubringen. Sie muss sich nicht auf Geldmittel beziehen, die der Bieter aus anderen Gründen benötigt, um zur Durchführung des Übernahmeangebots in der Lage zu sein (etwa Mittel zur Refinanzierung der Zielgesellschaft), denn diese gehören nicht zu den zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mitteln (siehe oben Rz. 20)234. 2. Änderung des Angebots Die Finanzierungsbestätigung bezieht sich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt ihrer Ausstellung. Sie braucht mögliche Änderungen des Angebots, insbesondere die mögliche Erhöhung der Gegenleistung, nicht zu berücksichtigen235. Wenn der Bieter das Angebot ändert, ist eine (weitere) Finanzie-
229
230 231 232 233 234 235
fenen Maßnahmen tatsächlich dazu führen, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung seines Angebots erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stehen“). Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1161; Berrar, ZBB 2002, 174, 180; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 175; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 854; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1113; ähnlich Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 64 (Kapitalmarktinformation); Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 103 (Kapitalmarktinformation mit Garantieelementen); Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 180. Ähnlich die (allerdings verschuldensunabhängige) Haftung für die Einzahlungsbestätigung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 und 4 AktG. Anders noch § 13 Abs. 1 RefE. Zutreffend Berrar, ZBB 2002, 174, 176; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 7; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 162; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 841 f.; zustimmend Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 11. Dafür Sustmann, CFL 2011, 381, 393 (§ 13 Abs. 1 Satz 2 analog); dagegen Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 742 f. So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 171. So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 199.
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86
§ 13 Rz. 86 Finanzierung des Angebots rungsbestätigung erforderlich; sie ist zusammen mit der Änderung des Angebots zu veröffentlichen. Die weitere Finanzierungsbestätigung kann den Differenzbetrag zum bisher geschuldeten Geldbetrag abdecken und neben eine bereits bestehende Finanzierungsbestätigung treten; sie kann aber auch den Gesamtbetrag der geschuldeten Geldleistung umfassen und eine bereits ausgestellte Finanzierungsbestätigung ablösen. 87
Erhöht sich die Gegenleistung eines Übernahme- oder Pflichtangebots kraft Gesetzes (§ 31 Abs. 4 WpÜG), ist eine Finanzierungsbestätigung über den Differenzbetrag nach zutreffender Ansicht nicht erforderlich (näher oben in Rz. 24 f.).
87a
Sieht das Angebot aufgrund einer Earn-out-Regelung im Vorerwerb eine Preisanpassung nach oben vor (siehe hierzu Rz. 26a und § 4 WpÜG-AngVO Rz. 18a), muss die maximale Höhe des möglichen Nachzahlungsanspruchs nach der Verwaltungspraxis der BaFin von der Finanzierungsbestätigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG umfasst sein236.
III. Aussteller der Bestätigung 88
Die Finanzierungsbestätigung ist von einem vom Bieter unabhängigen Wertpapierdienstleistungsunternehmen abzugeben. Bei einem fremdfinanzierten Angebot kann dies das Kreditinstitut sein, das die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stellt. Dass die Finanzierungsbestätigung von einem an der Finanzierung nicht beteiligten Wertpapierdienstleistungsunternehmen ausgestellt wird, ist ebenfalls möglich237. 1. Wertpapierdienstleistungsunternehmen
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Der Begriff des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ist im WpÜG nicht definiert. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist auf die Legaldefinition des § 2 Abs. 10 WpHG (§ 2 Abs. 4 WpHG a.F.) zurückzugreifen238. Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind hiernach Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute mit Sitz im Inland (§ 1 Abs. 1 und 1a KWG) und entsprechende Institute mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, die berechtigt sind, ohne erneute Zulassung im Inland durch Zweigniederlassungen oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs tätig zu sein (§ 53b KWG)239. Es muss hinzukommen, dass die Wertpapierdienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, erbracht werden.
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US-amerikanische oder schweizerische Banken scheinen demnach zur Abgabe einer Finanzierungsbestätigung nicht berechtigt zu sein240. Richtigerweise ist zu unterscheiden: § 2 Abs. 10 WpHG (§ 2 Abs. 4 WpHG a.F.) definiert als Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG tätige Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen erbringen. Dies sind Institute mit Sitz in Drittstaaten, die in einer inländischen Zweigstelle Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen241. Eine derartige Zweigstelle gilt als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut (§ 53 Abs. 1 Satz 1 KWG) und unterliegt der Aufsicht der BaFin (§ 53 Abs. 2 KWG). Der vom Gesetzgeber angestrebte möglichst hohe Überwachungsstandard über den Aussteller der Finanzierungsbestä236 Vgl. Pflichtangebot Mesago Holding GmbH/CNV Vermögensverwaltung AG vom 9.8.2004, S. 19 f.; Pflichtangebot Augur Financial Holding Zwei GmbH & Co. KG/Schnigge Wertpapierhandelsbank AG vom 5.2.2008, S. 28; dazu Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 742. 237 So etwa beim Übernahmeangebot RAG Projektgesellschaft mbH/Degussa AG vom 19.6.2002. Dies entspricht der Praxis im Vereinigten Königreich. 238 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 239 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44; vgl. Übernahmeangebot Broadview Industries AG/Westag & Getalit AG vom 11.6.2018, S. 42 (ABN AMRO Bank N.V. mit Sitz in Amsterdam, Niederlande); Übernahmeangebot SHW Beteiligungs GmbH/SHW AG vom 29.3.2018, S. 44 (Oberbank AG mit Sitz in Linz, Österreich). 240 So Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 71 f.; krit. Berrar, ZBB 2002, 174, 176; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160. 241 Ähnlich noch § 15 DiskE („… oder ein aufgrund einer Rechtsverordnung gemäß § 53c KWG gleich- oder freigestelltes Unternehmen …“).
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Finanzierung des Angebots
Rz. 94 § 13
tigung242 wäre jedenfalls dann gewährleistet, wenn die Finanzierungsbestätigung von einer inländischen Zweigstelle des ausländischen Instituts, d.h. unter der Verantwortung der im Inland ansässigen, als Geschäftsleiter geltenden Personen, erteilt wird243. Dies entspricht auch der Verwaltungspraxis der BaFin244. 2. Unabhängigkeit vom Bieter Das Merkmal der Unabhängigkeit soll die Prüfung der Erfüllungsfähigkeit durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verobjektivieren und insbesondere die Gefahr der Ausstellung von Gefälligkeitsbestätigungen verhindern245. Der Gesetzgeber hielt diese Gefahr beim Bestehen einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung zwischen Bieter und Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einer faktischen Einflussnahme des Bieters auf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen für gegeben246. Das Merkmal der Unabhängigkeit hat also eine sachliche und eine persönliche Komponente247.
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a) Gesellschaftsrechtliche Verbindung Welche Art der gesellschaftsrechtlichen Verbindung zwischen dem Bieter und dem Wertpapierdienst- 92 leistungsunternehmen zur Folge hat, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht mehr „unabhängig“ ist, ist ungeklärt. Dass dies bereits bei jeder gesellschaftsrechtlichen Verbindung (also auch dem Halten einer einzigen Aktie248) der Fall ist249, erscheint zu weitgehend, da Gefälligkeitsbestätigungen wegen einer unbedeutenden Beteiligung nicht zu befürchten sind250. Wenn dagegen die abstrakte Gefahr der Erteilung einer Gefälligkeitsbestätigung besteht, sollte das Wertpapierdienstleistungsunternehmen von der Ausstellung der Bescheinigung ausgeschlossen sein. Hiernach ist eine Tochtergesellschaft des Bieters an der Abgabe der Finanzierungsbestätigung gehindert251. Weil der Bieter beherrschenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausüben kann, ist die Gefahr einer Gefälligkeitsbestätigung nicht auszuschließen.
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Ob die Muttergesellschaft des Bieters die Finanzierungsbestätigung abgeben kann, ist umstritten. Teilweise wird dies für zulässig gehalten, weil nur i.S.d. § 17 AktG abhängige Unternehmen an der Abgabe einer Finanzierungsbestätigung gehindert seien252. Diese Begründung ist jedoch wenig überzeugend. Sie unterstellt, dass die Unabhängigkeit i.S.d. § 13 WpÜG und die Abhängigkeit gemäß § 17 AktG ein Gegensatzpaar bilden – dies ist aber keinesfalls zwingend. Außerdem lässt sie außer acht, dass der Aussteller der Finanzierungsbestätigung ein nicht ganz unwesentliches Eigeninteresse am Erfolg des An-
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242 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 243 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 72; Marsch-Barner/ Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 163; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 843; Berrar/ Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 172; zu eng Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 95; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 26 f. 244 Vgl. Übernahmeangebot JIYE Auto Parts GmbH/Grammer AG vom 25.6.2018, S. 70 (Industrial and Commercial Bank of China Limited Frankfurt Branch mit Sitz in Beijing und einer Zweiniederlassung in Frankfurt a.M.). 245 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 246 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 247 Zschocke, DB 2002, 79, 80. 248 So in der Tat § 319 Abs. 3 Nr. 1 HGB für die Auswahl des Abschlussprüfers. 249 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 282; im Ansatz auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 6. 250 Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 176. 251 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 29; Berrar, ZBB, 2002, 174, 176; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 76; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 6; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 167; Berrar/ Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 176; im Ergebnis auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 21. 252 Berrar, ZBB 2002, 174, 176; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 76; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 167 f., jedoch Ausnahmen möglich.
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§ 13 Rz. 94 Finanzierung des Angebots gebots hat, wenn er am Bieter erheblich beteiligt ist253. Je stärker dieses Eigeninteresse ist, desto eher kann es das Haftungsrisiko aus der Finanzierungsbestätigung aufwiegen und die Abgabe einer Gefälligkeitsbestätigung zur Folge haben254. Schließlich wäre durch die Abgabe einer Finanzierungsbestätigung für eine Tochtergesellschaft eine Umgehung der in § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG statuierten Verpflichtung möglich255. Hiernach sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die Muttergesellschaft des Bieters die Finanzierungsbestätigung nicht abgeben kann256. Ab welcher Beteiligung das Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Muttergesellschaft des Bieters gilt, ist nicht geklärt. Wenn es dem Gesetzgeber darauf ankam, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Erfüllungsfähigkeit des Bieters wie ein fremder Dritter prüft, erscheint dies jedenfalls dann nicht gewährleistet, wenn der Bieter und das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verbundene Unternehmen i.S.d. § 15 AktG sind. Folglich wäre ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen an der Ausstellung einer Finanzierungsbestätigung gehindert, wenn es am Bieter mehrheitlich beteiligt ist (§ 16 AktG), auf den Bieter unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (§ 17 AktG) oder in sonstiger Weise mit dem Bieter i.S.d. § 15 AktG verbunden ist257. 95
Ob eine Schwestergesellschaft des Bieters die Finanzierungsbestätigung abgeben kann, ist nach den gleichen Grundsätzen zu bestimmen. Ist sie ein mit dem Bieter i.S.d. § 15 AktG verbundenes Unternehmen, etwa weil der Bieter auf sie beherrschenden Einfluss ausüben kann (§ 17 AktG) oder mit ihr unter der einheitlichen Leitung eines weiteren Unternehmens zusammengefasst ist (§ 18 AktG), ist die Schwestergesellschaft an der Ausstellung der Finanzierungsbestätigung gehindert258. b) Persönliche Verflechtungen
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Die Unabhängigkeit des Finanzdienstleistungsinstituts vom Bieter kann auch wegen persönlicher Verflechtungen in Frage stehen. Wenn der Vorstand des Bieters und der Vorstand des Finanzdienstleistungsunternehmens personenidentisch sind, leuchtet dies unmittelbar ein259. Dass ein Vorstandsmitglied oder leitender Angestellter des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrats des Bieters ist, stellt die Unabhängigkeit des Wertpapierdienstleistungsunternehmens jedoch nicht in Frage, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten260. Dasselbe gilt für den umgekehrten Fall, dass ein Mitglied des Vorstands oder leitender Angestellter des Bieters Mitglied des Aufsichtsrats des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ist261. 253 So auch Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 845; Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 282. 254 Ebenso Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 282; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 9; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 29 (auf die erweiterte Definition der gemeinsam handelnden Personen (§ 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG) abstellend); a.A. Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 175. 255 Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das ein Übernahmeangebot abgeben will, könnte die Finanzierungsbestätigung für sich selbst nicht ausstellen. Es wäre nach dieser Auffassung aber nicht dran gehindert, eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft als Bieter auftreten zu lassen und für diese die Finanzierungsbestätigung auszustellen. 256 Im Ergebnis Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160. 257 Insoweit zutreffend Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 99. 258 Ähnlich Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 6. Stets unzulässig: Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 30; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 76; Vogel, ZIP 2002, 1421, 1425; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 844; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 178. Stets zulässig: Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 14; Marsch-Barner/ Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 167 ff. Differenzierend Berrar, ZBB 2002, 174, 176 (Einzelfallprüfung, ob zwischen den Schwestergesellschaften mittelbare Abhängigkeit besteht). 259 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 179. 260 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 31; MarschBarner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 171; ebenso Oechsler, NZG 2001, 817, 824 (aber mit rechtspolitischer Kritik); weitergehend Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 179 (nie bedenklich); a.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 78. 261 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 179.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 101 § 13
Der Abgabe einer Finanzierungsbestätigung für den Bieter steht ebenfalls nicht entgegen, dass ein Or- 97 ganmitglied oder leitender Angestellter des Wertpapierdienstleistungsunternehmens dem Aufsichtsrat der Zielgesellschaft angehört262. Auch wenn man dies kritisieren mag263, ist dies keine Frage des § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG. Das Merkmal der Unabhängigkeit soll unzulässige Gefälligkeiten des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gegenüber dem Bieter verhindern. Pflichtenkollisionen infolge der Mitwirkung bzw. Organzugehörigkeit auf Seiten des Bieters einerseits und der Zielgesellschaft andererseits sind nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen264 zu lösen. c) Geschäftliche Verbindungen Nach der Begründung des Regierungsentwurfs ist ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht 98 schon deswegen von der Ausstellung der Finanzierungsbestätigung ausgeschlossen, weil es den Bieter bei der Vorbereitung und Durchführung des Angebots berät265. Dies ist sachgerecht, weil das Wertpapierdienstleistungsunternehmen schon wegen der Haftung gemäß § 13 Abs. 3, § 12 Abs. 2 WpÜG kaum zur Erteilung einer Gefälligkeitsbestätigung bereit sein wird. Für Unternehmen, die mit dem Bieter in Geschäftsverbindung stehen (etwa seine Hausbank) oder allein oder zusammen mit anderen Kreditinstituten das Übernahmeangebot finanzieren, gelten dieselben Erwägungen266.
IV. Form und Inhalt der Bestätigung 1. Form Die Finanzierungsbestätigung muss gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG schriftlich abgegeben werden. 99 Die Schriftform erfordert die Unterzeichnung durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Im Übrigen gilt § 126 BGB267. Üblicherweise ist die Finanzierungsbestätigung ein vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen an den Bieter adressiertes Schreiben. In der Praxis wird sie nicht, wie § 11 Abs. 2 Satz 1 und 3 Nr. 4 WpÜG zu fordern scheint, im Text der Angebotsunterlage abgedruckt, sondern der Angebotsunterlage als Anlage beigefügt268. Durch die optische Trennung der Dokumente, die die Haftung des Bieters (§ 12 WpÜG) bzw. des Wertpapierdienstleistungsunternehmens (§ 13 WpÜG) begründen können, werden die Verständlichkeit und die Auswertung der Angebotsunterlage erleichtert (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG).
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2. Inhalt In der Finanzierungsbestätigung sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 WpÜG Firma, Sitz und Rechtsform des ausstellenden Wertpapierdienstleistungsunternehmens anzugeben. 262 Hopt, ZGR 2002, 333, 365 ff.; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 171; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 845; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 179. 263 Oechsler, NZG 2001, 817, 824. 264 Ulmer, NJW 1980, 1603, 1607; Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 246; Deckert, DZWiR 1996, 406, 409 f.; Heermann, WM 1997, 1689, 1693; Singhof, AG 1998, 318, 324 f.; Herkenroth, AG 2001, 33, 36; Hopt, ZGR 2002, 333, 371 f. 265 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44; zustimmend Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 174; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 835. 266 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1160; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 174; wohl a.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 79; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 6. 267 Vgl. Untersagungsbescheid der BaFin vom 24.1.2014 betreffend das Übernahmeangebot Guoshi Assets Investment Management Limited/Panamax AG; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 186. 268 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364. Allerdings wird der Inhalt der Finanzierungsbestätigung im Text der Angebotsunterlage üblicherweise nach der Darstellung der vom Bieter ergriffenen Finanzierungsmaßnahmen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Alt. 1 WpÜG) referiert.
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§ 13 Rz. 102 Finanzierung des Angebots 102
Die materielle Aussage der Finanzierungsbestätigung hat dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG zu entsprechen. Demnach ist der Wortlaut „Hiermit bestätigen wir, dass (Name des Bieters, Sitz) die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung des Angebots in der Fassung vom (Datum) notwendigen Mittel zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung zur Verfügung stehen“ notwendig, aber auch hinreichend269. Weitere Angaben, etwa die Erläuterung der Finanzierungsstruktur und der vom Bieter im Einzelnen getroffenen Maßnahmen, sind nicht erforderlich270. Diese Angaben hat der Bieter schon gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Alt. 1 WpÜG in der Angebotsunterlage zu machen. In der Finanzierungsbestätigung sind derartige weitere Angaben unschädlich, solange sie keine Vorbehalte oder Einschränkungen enthalten (hierzu sogleich in Rz. 103) und die Verständlichkeit der Finanzierungsbestätigung nicht beeinträchtigen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG). Dass die Finanzierungsbestätigung die vom Bieter getroffenen Finanzierungsmaßnahmen mitteilt, hält die BaFin für missverständlich. Demgemäß hat sich bislang keine Finanzierungsbestätigung darüber verhalten, welche „notwendigen Maßnahmen“ der Bieter getroffen hatte.
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Die Finanzierungsbestätigung darf keine Vorbehalte, Bedingungen oder Einschränkungen enthalten271. Eine entsprechende Klarstellung in der Begründung des Referentenentwurfs272 fand sich zwar in der Begründung des Regierungsentwurfs nicht mehr wieder273; dies sollte jedoch nicht überinterpretiert werden. Vereinzelt wird angenommen, dass Vorbehalte, die zulässige Bedingungen i.S.d. § 18 Abs. 1 WpÜG darstellen und im Angebot selbst enthalten sind, auch in der Finanzierungsbestätigung zulässig seien274. Diese Verdoppelung der Bedingungen ist jedoch nicht erforderlich: Wenn die Bedingung eintritt, wird schon der Erfüllungsanspruch gegen den Bieter niemals fällig. Folglich droht auch kein Schadensersatzanspruch gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aus § 13 Abs. 2 WpÜG275.
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Klarstellende Zusätze sind demgegenüber zulässig, etwa die Aussage, das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sei mit der Aufnahme der Finanzierungsbestätigung in die Angebotsunterlage einverstanden. Den klarstellenden Zusatz, dass der Bieter oder Dritte (d.h. insbesondere die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft) aus der Finanzierungsbestätigung keine vertraglichen Ansprüche gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen herleiten können, während gesetzliche Ansprüche (insbesondere Ansprüche gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG) unberührt bleiben, hält die BaFin (durchaus fragwürdig) für verwirrend und daher für unzulässig.
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Als Wissenserklärung über Tatsachen kann sich die Finanzierungsbestätigung nur auf solche Tatsachen beziehen, die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen zum Zeitpunkt der Ausstellung bekannt sind276. Eine „Blankettbestätigung“, die auch in Bezug auf die mögliche nachträgliche Erhöhung der Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG) oder etwaige Nachbesserungsansprüche (§ 31 Abs. 4 WpÜG) bestätigt, dass der Bieter die notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit getroffen hat, ist nicht erforderlich. Die Finanzierungsbestätigung sollte daher entsprechend sorgfältig formuliert werden. 269 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 102; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 190; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 182; Singhof/ Weber, WM 2002, 1158, 1161. 270 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 190 ff. 271 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 17; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 104; Berrar, ZBB 2002, 174, 178; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1162; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 191; Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 12; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 184; Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 11 Rz. 27; Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 282 f.; a.A. Aha, AG 2002, 160, 165 Fn. 51 („unklar“). 272 So noch ausdrücklich Begr. RefE, S. 107 – „Zusätze, die den Charakter einer Einschränkung der Bestätigung haben (z.B. Vorbehaltszusätze), sind unzulässig“. 273 Kritisch daher DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1004. 274 Busch, AG 2002, 145, 147. 275 Zutreffend Berrar, ZBB 2002, 174, 178. So auch Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 191; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 104. 276 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 105; a.A. Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 177: weitere Prüfung/Überwachung notwendig, allerdings keine hohen Anforderungen.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 108 § 13
Die Finanzierungsbestätigung ist zu datieren. Häufig ist das Ausstellungsdatum mit dem Datum der 106 Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin identisch. Eine Verpflichtung, die Finanzierungsbestätigung bei Beginn der Annahmefrist noch einmal neu abzugeben und entsprechend zu datieren, besteht nicht.
V. Verhältnis zu § 43 WpHG (§ 27a WpHG a.F.) Durch das Risikobegrenzungsgesetz vom 12.8.2008277 wurden die Mitteilungspflichten für Inhaber wesentlicher Beteiligungen erweitert. Unter anderem wurde die Vorschrift des § 27a WpHG a.F. eingeführt, die durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz278 inhaltlich unverändert in § 43 WpHG umnumeriert wurde. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 4 WpHG (§ 27a Abs. 1 Satz 4 WpHG a.F.) muss ein Aktionär, der die Schwelle von 10 % der Stimmrechte aus Aktien oder eine höhere Schwelle an einer börsennotierten Gesellschaft überschreitet, angeben, ob er den Beteiligungserwerb mit Eigen- oder Fremdmitteln finanziert279. Allerdings stellt § 43 Abs. 1 Satz 5 WpHG (§ 27a Abs. 1 Satz 5 WpHG) klar, dass eine Mitteilungspflicht nicht gegeben ist, wenn der Schwellenwert auf Grund eines öffentlichen Angebots i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG erreicht oder überschritten wird. Somit wird eine Doppelung öffentlicher Wissenserklärung über dieselben Tatsachen vermieden280.
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D. Rechtsfolgen (§ 13 Abs. 2 und 3 WpÜG) I. Verletzung von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG Die Rechtsfolgen der Verletzung des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG sind in § 13 WpÜG nicht geregelt. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG hat die BaFin die Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu untersagen, wenn es offensichtlich ist, dass die vom Bieter getroffenen und gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WpÜG in der Angebotsunterlage angegebenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Erfüllungsfähigkeit des Bieters bei Fälligkeit der Gegenleistung sicherzustellen281. Wurde die Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG überschritten, besteht die Pflicht zur Einreichung einer vollständigen Angebotsunterlage nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG einschließlich einer ordnungsgemäßen Finanzierungsbestätigung auch nach einer Untersagung weiter; sie kann mit Verwaltungsakt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG angeordnet sowie mit Zwangsgeld gemäß § 46 WpÜG i.V.m. § 7 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 13 VwVG erzwungen werden282.
107
Stehen dem Bieter die erforderlichen Mittel bei Fälligkeit der Gegenleistung nicht zur Verfügung, 108 können die Wertpapierinhaber vom Bieter aus den zustande gekommenen Kauf- bzw. Tauschverträgen Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§ 280 BGB)283. Wenn die Angebotsunterlage unrichtig ist, weil die dort aufgeführten Maßnahmen gar nicht getroffen worden sind oder die getroffenen Maßnahmen die Anforderungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nicht erfüllen, kommen Schadensersatzansprüche gegen den Bieter (und andere Beteiligte) gemäß § 12 Abs. 1 WpÜG in Be277 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz), BGBl. I 2008, 1666. 278 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte, BGBl. I 2017, 1693. 279 Hierzu Fleischer, AG 2008, 873, 876 ff.; Korff, AG 2008, 692, 696 ff.; Pluskat, NZG 2009, 206, 207 ff.; Querfurth, WM 2008, 1957, 1957 ff. 280 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 208. 281 Vgl. Untersagungsbescheid der BaFin vom 28.10.2015 betreffend das Übernahmeangebot Deutsche Wohnen AG/LEG Immobilien AG; Untersagungsbescheid der BaFin vom 24.1.2014 betreffend das Übernahmeangebot Guoshi Assets Investment Management Limited/Panamax AG. 282 Anordnungs- und Zwangsgeldandrohungsbescheid der BaFin vom 19.5.2014 betreffend das Übernahmeangebot Guoshi Assets Investment Management Limited/Panamax AG; konkret wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 50.000 t für den Fall angedroht, dass die Guoshi Assets Investment Management Limited innerhalb der gesetzten Frist von vier Wochen keine ordnungsgemäße Angebotsunterlage einreicht. 283 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 164.
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§ 13 Rz. 108 Finanzierung des Angebots tracht284. Zum Verhältnis dieser Ansprüche zu Ansprüchen gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG siehe unten Rz. 131.
II. Verletzung von § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG 109
Wer das Angebot des Bieters angenommen hat, kann gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen Schadensersatz verlangen, wenn der Bieter die gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG notwendigen Maßnahmen nicht getroffen hat und ihm aus diesem Grunde bei Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung stehen. 1. Haftungsvoraussetzungen a) Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 WpÜG
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Der Schadensersatzanspruch setzt zunächst voraus, dass der Bieter die gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG notwendigen Maßnahmen nicht getroffen hat. Mit der Bezugnahme auf Satz 2 (statt auf Satz 1) sind offensichtlich die zur Sicherstellung einer Geldleistung notwendigen Maßnahmen gemeint285.
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Weiterhin setzt der Anspruch voraus, dass dem Bieter bei Fälligkeit des Anspruchs auf die Geldleistung die hierfür notwendigen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Anders als bei Ansprüchen gemäß § 12 WpÜG wird nicht auf die Fehlerhaftigkeit der Finanzierungsbestätigung, sondern auf das Scheitern der Finanzierung abgestellt286. Weil die Fehlerhaftigkeit der Finanzierungsbestätigung damit nur eine indirekte Haftungsvoraussetzung ist, spielt es keine Rolle, ob der Anspruchsteller die Finanzierungsbestätigung kannte oder nicht287.
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Schließlich ist erforderlich, dass zwischen diesen beiden Voraussetzungen eine kausale Verknüpfung besteht („aus diesem Grunde“)288. Dieses Erfordernis wurde in den Regierungsentwurf eingefügt, weil eine Garantiehaftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens für das Bereitstehen der Gegenleistung nicht beabsichtigt war (siehe oben Rz. 10). Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen haftet daher nicht allein deswegen, weil dem Bieter bei Fälligkeit der Gegenleistung die erforderlichen Mittel fehlen. Vielmehr ist erforderlich, dass das Fehlen der Mittel darauf zurückzuführen ist, dass der Bieter die zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit notwendigen Maßnahmen nicht getroffen hat289. Die Kausalität zwischen der Nichtvornahme der erforderlichen Maßnahmen und der Erfüllungsunfähigkeit ist Teil des haftungsbegründenden Tatbestands und somit vom Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen290. Die Beweislastumkehr des § 12 Abs. 3 WpÜG findet insoweit keine Anwendung. b) Nachträgliche Veränderungen
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Wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bescheinigt hat, dass der Bieter die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, später jedoch die Voraussetzungen entfallen, stellt sich die Frage, ob eine Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens begründet ist. Insoweit ist zu beachten, dass die Finanzierungsbestätigung stichtagsbezogen ist, d.h. auf die Verhältnisse am Tag ihrer Ausstellung ab-
284 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 14; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 160. 285 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 215. 286 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 216. 287 Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 87 f.; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 856 f. 288 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 217. 289 Schüppen, WPg 2001, 958, 963; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1165; Berrar, ZBB 2002, 174, 181; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 91; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 206; Oechsler, NZG 2001, 817, 826; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 35; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 18; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 114 f. 290 Berrar, ZBB 2002, 174, 181; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 211.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 118 § 13
stellt291. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist nicht verpflichtet, die finanziellen Verhältnisse des Bieters über den Tag der Ausstellung hinaus zu überprüfen oder gar – wie etwa in § 16 WpPG für den Wertpapierprospekt während der Dauer des öffentlichen Angebots vorgesehen292 – die Finanzierungsbestätigung an Veränderungen der finanzierungsrelevanten Umstände anzupassen293. Eine Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens kommt daher nur in Betracht, wenn die Finanzierungsbestätigung von Anfang an unrichtig war294. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine ausgereichte Finanzierungszusage von den finanzierenden Banken wirksam ordentlich gekündigt wird, denn mit einer Kreditzusage, die die ordentliche Kündigung nicht ausschließt, war die Finanzierung von Anfang an nicht sichergestellt (siehe oben Rz. 54). Gleiches gilt, wenn die Kreditzusage ein nach den oben Rz. 55 ff. dargestellten Grundsätzen unzulässiges Auszahlungsverbot vorsieht.
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Dagegen haben die folgenden nachträglichen Veränderungen keine Haftung des Wertpapierdienst- 115 leistungsunternehmens zur Folge: wenn der Bieter ein finanzierungsrelevantes Merkmal des Angebots (etwa die Höhe der Gegenleistung je Aktie) ändert oder er mit den finanzierenden Banken eine Aufhebung oder wesentliche Änderung des Kreditvertrags vereinbart, sofern die Finanzierungsbestätigung bei ihrer Ausstellung zutreffend war; wenn sich der Umfang der erforderlichen Mittel erhöht, weil der Bieter unabgesprochenen Parallelerwerb zu höheren Preisen tätigt295; wenn Risiken eintreten, die der Bieter eingehen durfte (etwa das Anfechtungsrisiko bei einer Barkapitalerhöhung); wenn der Bieter die Voraussetzungen eines Auszahlungsverbots, das er ausschließlich selbst herbeiführen kann (etwa durch die Veräußerung von Vermögensgegenständen, die als Kreditsicherheit vorgesehen sind), vorsätzlich herbeiführt; oder wenn die Finanzierungszusage aus wichtigem Grund gekündigt wurde und der Kündigungsgrund nach den oben Rz. 56 ff. dargestellten Grundsätzen vorgesehen werden durfte (etwa wenn beim Bieter ein Insolvenzgrund eintritt)296. Erkennt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dagegen, dass die Grundlagen der Finanzierungsbestätigung von Anfang an nicht gegeben waren, muss es für den zutage getretenen Mangel an Sorgfalt einstehen, sofern ihm nicht die Exkulpation gemäß § 12 Abs. 2 WpÜG gelingt297. Anderenfalls bleibt nur die Korrektur der Finanzierungsbestätigung gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3, § 13 Abs. 3 WpÜG (hierzu siehe unten Rz. 121 f.). Wenn der Bieter daraufhin nicht unverzüglich eine andere Finanzierungsbestätigung vorlegt, hat die BaFin das Angebot zu untersagen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)298.
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2. Haftungsausschluss Gemäß § 13 Abs. 3 WpÜG finden die Vorschriften des § 12 Abs. 2 bis 6 WpÜG auf den Schadensersatzanspruch gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen entsprechende Anwendung.
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a) Exkulpationsmöglichkeit (§ 12 Abs. 2 WpÜG) Anders als noch im Referentenentwurf vorgesehen299 verweist § 13 Abs. 3 WpÜG auch auf § 12 Abs. 2 WpÜG und ermöglicht dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen damit den Entlastungsbeweis für 291 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 185; a.A. Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1162; Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 995 (Veröffentlichung der Angebotsunterlage). 292 Zur Abgrenzung zwischen Prospektaktualisierung und -berichtigung Stephan, AG 2002, 3. 293 Assmann, AG 2002, 153, 156 f.; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1165; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 851; differenzierend Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 177, 182, 185 (bei Änderung nach Veröffentlichung keine Haftung, eingeschränkte Prüfungs- und Überwachungspflicht lediglich für [sehr kurzen] Zeitraum zwischen Aushändigung der Finanzierungsbestätigung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage); a.A. Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 998 f. 294 Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1165; wohl a.A. Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 999. 295 Verse, ZIP 2004, 199, 205 f. 296 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 223; offenbar a.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 93; so auch noch Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, Stand Mai 2004, § 13 WpÜG Rz. 56. 297 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 204. 298 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 222. 299 § 13 Abs. 3 RefE; hierzu krit. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 424.
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§ 13 Rz. 118 Finanzierung des Angebots den Fall, dass es die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben in der Angebotsunterlage über die vom Bieter getroffenen Maßnahmen zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit bzw. die Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Finanzierungsbestätigung nicht gekannt hat und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Für die Unkenntnis und das Fehlen grober Fahrlässigkeit trägt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Beweislast300. 119
Unkenntnis liegt dann vor, wenn dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht bewusst war, dass der Bieter die behaupteten Maßnahmen zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit nicht getroffen hat. Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht gelassen hat301. Dies ist individuell unter Beachtung der Möglichkeiten und den Grenzen des Zumutbaren zu bestimmen302, die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Vermeidung der Unrichtigkeit der Finanzierungsbestätigung zumutbar zur Verfügung gestanden hätten303. Regelmäßig hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch dann, wenn es an der Finanzierung nicht beteiligt ist, die Möglichkeit, sich durch eine (begrenzte) Due Diligence darüber zu informieren, ob der Bieter die zur Sicherstellung seiner Erfüllungsfähigkeit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat304. Dies setzt einerseits die Ermittlung des Finanzierungsbedarfs und andererseits die Information über die Deckung dieses Bedarfs voraus. Hierzu muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen alle maßgeblichen Vereinbarungen und Vorkehrungen kennen. Zur Bonitätsprüfung der zur Bereitstellung der Gegenleistung verpflichteten Eigen- und Fremdkapitalgeber ist es dagegen nicht verpflichtet305. Die Einzahlung der erforderlichen Mittel auf ein Sperrkonto ist nicht erforderlich. Im Einzelfall wird das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit dem Bieter eine Vereinbarung abschließen, um die Bedingungen zu definieren, die vor der Ausstellung der Finanzierungsbestätigung erfüllt sein müssen, und um weitere Verpflichtungen des Bieters festzulegen.
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Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen wird zu Beweiszwecken an der Dokumentation der Ergebnisse der Due Diligence interessiert sein306. Diese Dokumentation kann etwa – wie in der englischen Praxis üblich – ein Schreiben des Bieters umfassen, in dem dieser versichert, alle zur Finanzierung des Angebots erforderlichen Maßnahmen getroffen zu haben. Dies kann sich empfehlen307, ist aber nicht zwingend erforderlich308. b) Berichtigung unzutreffender Angaben (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG)
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Ansprüche gemäß § 12 Abs. 1 WpÜG bestehen nicht, wenn vor der Annahme des Angebots im Inland in einer Ad hoc-Mitteilung oder einer vergleichbaren Bekanntmachung eine deutlich gestaltete Berichtigung der unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben veröffentlicht wird (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG). Für Ansprüche gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG gilt diese Vorschrift entsprechend (§ 13 Abs. 3 WpÜG). Dies bedeutet, dass statt „Angebotsunterlage“ „Finanzierungsbestätigung“ zu lesen ist309. Folglich kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine unzutreffende Finanzierungsbestätigung durch eine Ad hoc-Mitteilung oder eine vergleichbare Bekanntmachung310 mit Wirkung ex nunc korrigieren und 300 Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1258; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 221. 301 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 277 BGB Rz. 5. 302 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 R WpÜG z. 21; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 100. 303 Assmann, AG 2002, 153, 159 m.w.N. 304 Hierzu ausführlich Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1162 ff.; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 858; Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1114; eine Kontroll- und Nachforschungspflicht bejahen auch Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 21 und Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 100; Berrar/ Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 224. 305 Schiessl in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1107, 1114; ähnlich Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/ Verse, § 13 WpÜG Rz. 181: lediglich in Sonderfällen eingeschränkte Prüfung erforderlich. 306 Berrar, ZBB 2002, 174, 181; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166. 307 Berrar, ZBB 2002, 174, 181; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 21. 308 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 184. 309 Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1001. 310 Zu den inhaltlichen Anforderungen Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 257 ff.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 125 § 13
damit den Kreis der Anspruchsberechtigten auf die Wertpapierinhaber begrenzen, die das Angebot bei Veröffentlichung der Bekanntmachung bereits angenommen haben311. Auf die Kenntnis der Wertpapierinhaber von der Korrektur kommt es nicht an312. Nach der Korrekturveröffentlichung fehlt allerdings die für die weitere Abwicklung des Angebots erforderliche Finanzierungsbestätigung. Legt der Bieter nicht unverzüglich eine andere Finanzierungsbestätigung vor, hat die BaFin das Angebot zu untersagen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)313. Weil die Finanzierungsbestätigung stichtagsbezogen ist, besteht die Notwendigkeit der Ad hoc-Korrektur grundsätzlich nur dann, wenn die Bestätigung von vornherein unrichtig war314. War die Finanzierungsbestätigung dagegen von Anfang an zutreffend, ist eine Korrekturveröffentlichung auch dann nicht erforderlich, wenn sich die finanzierungsrelevanten Umstände nach der Ausstellung der Finanzierungsbestätigung ändern315.
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c) Sonstiges Die Schadensersatzpflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1, § 13 Abs. 3 WpÜG besteht nicht, wenn die Annahme des Angebots nicht aufgrund der Finanzierungsbestätigung erfolgt ist. Hierfür trägt der Anspruchsgegner, d.h. das Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die Beweislast316. Ferner haftet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht, wenn der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, der das Angebot angenommen hat, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der finanzierungsbezogenen Angaben in der Angebotsunterlage bzw. der Finanzierungsbestätigung bei Abgabe der Annahmeerklärung kannte (§ 12 Abs. 3 Nr. 2, § 13 Abs. 3 WpÜG). Auch hierfür trägt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Beweislast317.
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Der Anspruch gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen verjährt in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem derjenige, der das Angebot angenommen hat, Kenntnis von der Unrichtigkeit der Finanzierungsbestätigung erlangt hat, spätestens jedoch drei Jahre nach der Veröffentlichung der Finanzierungsbestätigung (§ 12 Abs. 4, § 13 Abs. 3 WpÜG)318. Eine Ermäßigung oder ein Erlass der Haftung im voraus ist nicht möglich (§ 12 Abs. 5, § 13 Abs. 3 WpÜG).
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3. Haftungsumfang Gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG kann der Wertpapierinhaber, der das Angebot angenommen hat, von dem 125 Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Ersatz des ihm aus der Nichterfüllung oder der nicht vollständigen Erfüllung entstandenen Schadens verlangen. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat ihn folglich so zu stellen, als hätte der Bieter ordnungsgemäß erfüllt319, haftet also auf das positive Interesse320. Diese Ersatzpflicht reicht weiter als eine bloße Vertrauenshaftung, die auf das negative Interesse beschränkt ist. Hieran wird deutlich, dass die Haftung des Wertpapierdienstleistungsunterneh-
311 Singhof/Weber, WM 2002, 1158; 1165; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 13 WpÜG Rz. 23; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 222. 312 Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 995; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 255. 313 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 199. 314 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 229 f. 315 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 424; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1165; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 859; a.A. Stephan, AG 2003, 551 (für Korrektur analog § 11 VerkProspG a.F. [mittlerweile sinngemäß in § 11 Abs. 3 VermAnlG]). 316 Assmann, AG 2002, 153, 158 m.w.N. (zu § 12 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG); Berrar, ZBB 2002, 174, 181 (zu § 13 WpÜG); Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 252. 317 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 253. 318 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 251. 319 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 320 Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 24; Sohbi in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 13 WpÜG Rz. 14; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 232; Zschocke, DB 2002, 79, 81; Berrar, ZBB 2002, 174, 182.
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§ 13 Rz. 125 Finanzierung des Angebots mens trotz der Änderungen im Gesetzgebungsverfahren gewisse Ähnlichkeiten mit einer Garantie der gegen den Bieter gerichteten Zahlungsansprüche behalten hat321. 126
Der zu ersetzende Schaden ist nach allgemeinen Grundsätzen, d.h. der Differenzhypothese zu ermitteln (§§ 249 ff. BGB). Weil der Erwerb der Wertpapiere nicht zustande kommt, der Wertpapierinhaber aber auch keine Gegenleistung erhält, liegt es nahe, den Unterschiedsbetrag zwischen dem Preis des Angebots und dem (niedrigeren) Kurswert der Wertpapiere nach dem Scheitern des Angebots als Schaden anzusehen. Ob auf den Börsenkurs unmittelbar nach dem Scheitern des Angebots oder auf einen Durchschnittskurs abzustellen ist322 und ob bestimmte Sondereffekte (Überreaktionen des Marktes, werterhöhende Aspekte etc.) zu berücksichtigen sind323, ist offen324. Sollte sich der Börsenkurs nach dem Scheitern des Angebots nach oben bewegen, besteht grundsätzlich kein Schadensersatzanspruch325. Die (wirtschaftlich kaum ins Gewicht fallenden) Nebenkosten der Annahme des Angebots und die notwendigen Aufwendungen zur Durchsetzung des Anspruchs, die der Wertpapierinhaber bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Angebots hätte tragen müssen, sind nicht ersatzfähig; sie gehören zum negativen Interesse, das gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG nicht zu ersetzen ist326.
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Offen ist dagegen, ob „kleiner“ oder „großer“ Schadensersatz geschuldet ist327 und wem gegebenenfalls das Wahlrecht zusteht328. Auf der Grundlage der für das gesamte Leistungsstörungsrecht anerkannten Differenztheorie ist grundsätzlich der Differenzbetrag zwischen dem Wert der ausgebliebenen Leistung und dem Wert der ersparten Gegenleistung geschuldet329. Ausnahmsweise – nämlich wenn der Gläubiger des Schadensersatzanspruches ein berechtigtes, schutzwürdiges Interesse an der Erbringung der seinerseits geschuldeten Leistung hat – soll er die Wahl haben, die seinerseits geschuldete Leistung zu erbringen und die Gegenleistung in Empfang zu nehmen330. Ein solches schutzwürdiges Interesse vorausgesetzt wären die Wertpapierinhaber berechtigt, ihre Wertpapiere an den Bieter zu übereignen; das Recht, sie an einen Dritten (das Wertpapierdienstleistungsunternehmen) zu übertragen, folgt hieraus aber noch nicht331. Eine Schadensabwicklung nach der Surrogationsmethode kann 321 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 226. 322 Für Anlehnung an § 5 WpÜG-AngVO Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1003; allgemein zur Schadensberechnung beim Wertverlust von Aktien BGH v. 20.3.1995 – II ZR 205/94 – Linotype, BGHZ 129, 136, 164 = AG 1995, 368 sowie OLG Düsseldorf v. 14.6.1996 – 7 U 222/93 – Girmes, WM 1996, 1366, 1370 = AG 1997, 469. 323 Hierzu Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166. 324 Hierzu Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 244 f. (Tag nach Ergebnisbekanntmachung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 WpÜG). 325 Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1003. 326 Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1003; a.A. Assmann, AG 2002, 153, 158; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 226 (Nebenleistungen umfasst, soweit sie von Bieter hätten getragen werden müssen); Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 246. 327 Für „großen“ Schadensersatz: Thaeter/Barth, NZG 2001, 545, 548; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 111, 120; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 96; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 9; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 860. Ausschließlich für „kleinen“ Schadensersatz: Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 228; Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1003 f.; noch anders Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 39 (abhängig davon, was geltend gemacht wird). 328 Für Erwerbsrecht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 36; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 120; für Wahlrecht der Wertpapierinhaber Berrar, ZBB 2002, 174, 183; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 9; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 860 f.; für Tauschangebote auch Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 97; a.A. Georgieff/Hauptmann, AG 2005, 277, 284; noch anders Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 385 ff. 329 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 240 f., 243 ff. 330 BGH v. 9.6.1956 – V ZR 95/55, BGHZ 20, 338, 343; BGH v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, BGHZ 87, 156, 158; Westermann in Erman, 15. Aufl. 2017, § 281 BGB Rz. 25; Ernst in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2016, § 325 Rz. 14; Schwarze in Staudinger, Neubearbeitung 2015, § 325 BGB Rz. 46 ff. 331 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 232; Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1004; im Ergebnis auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 37; Steinhardt in Steinmeyer, § 13 WpÜG Rz. 25; dies verkennend Berrar, ZBB 2002, 174, 183; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 13 WpÜG Rz. 9; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 242.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 131 § 13
von den Aktionären auch deshalb nicht verlangt werden, weil gesellschaftsrechtliche, kartellrechtliche oder sonstige regulatorische Gründe dem Aktienerwerb des Wertpapierdienstleistungsunternehmens entgegenstehen können332. Ebenso wenig besteht eine Rechtsgrundlage für ein Recht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, in die Verträge zwischen dem Bieter und den Wertpapierinhabern einzutreten333. 4. Konkurrenzen Eine Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Finanzierungsbestätigung gemäß § 12 Abs. 1 WpÜG erscheint auf den ersten Blick nicht von vornherein ausgeschlossen, weil die Finanzierungsbestätigung Bestandteil der Angebotsunterlage ist (§ 11 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 WpÜG). Im Ergebnis besteht jedoch keine solche Haftung, weil § 13 Abs. 2 WpÜG insoweit lex specialis ist334.
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Im Übrigen ist § 12 Abs. 6 und § 13 Abs. 3 WpÜG zu entnehmen, dass neben Ansprüchen aus § 13 WpÜG nur bürgerlich-rechtliche Ansprüche aus Vertrag oder vorsätzlichem Delikt geltend gemacht werden können; andere Ansprüche sind ausgeschlossen. Vertragliche Beziehungen zwischen den Wertpapierinhabern und dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen bestehen regelmäßig nicht. Daher können vertragliche Ansprüche der Wertpapierinhaber nur dann bestehen, wenn das Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und dem Bieter Schutzwirkung für die Wertpapierinhaber entfaltet. Weil aber die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft mit den Leistungen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens nicht bestimmungsgemäß in Kontakt gelangen und der Bieter an der Erstreckung der Schutzwirkung auf die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft kein besonderes Interesse hat, fehlt es an der erforderlichen Gläubigernähe335.
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Daneben können Ansprüche aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen, etwa aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz oder § 826 BGB, bestehen336. Dagegen sind Ansprüche auf der Grundlage der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung gemäß § 12 Abs. 6, § 13 Abs. 3 WpÜG ausgeschlossen337.
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5. Verhältnis zur Haftung des Bieters Nach dem Willen des Gesetzgebers tritt der Schadensersatzanspruch aus § 13 Abs. 2 WpÜG neben die Schadensersatzansprüche gegen den Bieter. Er erweitert somit den Kreis der Haftenden338. Soweit der Bieter den Wertpapierinhabern wegen der Verletzung seiner Sicherstellungspflicht Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 280 BGB schuldet, haben der Bieter und das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den gleichen Schaden zu ersetzen. Weil die Wertpapierinhaber den Ersatz dieses Schadens aber nur einmal verlangen können, haften der Bieter und das Wertpapierdienstleistungs-
332 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 120; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 242 (für solche Fälle bestehe Ersetzungsbefugnis gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB). 333 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 232; Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1003 f.; a.A. Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 242 (neu begründetes Rechtsverhältnis). 334 Berrar, ZBB 2002, 174, 185; Renner in FrankfKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 19; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 233; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 12 WpÜG Rz. 25; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 262. 335 Berrar, ZBB 2002, 174, 185; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 234; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 861; a.A. für das österreichische Recht Hausmaninger/Herbst, Übernahmegesetz, 1999, § 9 Rz. 17. 336 So auch Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 265. 337 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44; Assmann, AG 2002, 153, 160; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166; Häuser in FS Hadding, 2004, S. 833, 861 f. 338 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44; der Verweis auf den „möglichen Anspruch nach § 13 Abs. 1“ wegen fehlerhafter Angebotsunterlage ist offensichtlich ein Redaktionsversehen.
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§ 13 Rz. 131 Finanzierung des Angebots unternehmen als Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB)339. Kann sich das Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 3 WpÜG exkulpieren, wirkt dies nur zu seinen Gunsten (§ 425 BGB). Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen haftet nicht gesamtschuldnerisch für Ansprüche gegen den Bieter und die anderen in § 12 Abs. 1 WpÜG genannten Personen wegen unrichtiger Angaben in der Angebotsunterlage. Diese Ansprüche sind auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet, für das das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht ersatzpflichtig ist340. Bisher sind keine Fälle bekannt geworden, in denen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen haftbar gemacht worden wäre341. 132
Im Innenverhältnis ist der Bieter für das Bereitstehen der Gegenleistung allein verantwortlich. Folglich kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen vom Bieter die Freistellung von Ansprüchen gemäß § 13 Abs. 2 WpÜG oder, soweit es von den Wertpapierinhabern bereits in Anspruch genommen worden ist, Ersatz verlangen (§ 426 Abs. 1 BGB). Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Schaden im Innenverhältnis primär nach dem Ausmaß der Verursachung und sekundär nach dem Ausmaß des jeweiligen Verschuldens aufzuteilen342. Dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und dem Bieter steht es frei, derartige Freistellungs- und Regressansprüche individuell zu vereinbaren343 und, soweit möglich, zur Sicherung des Regressanspruchs geeignete Sicherheiten zu bestellen344.
E. Blick über die Grenze I. Vereinigtes Königreich 133
Nach dem Takeover Code soll die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots nur dann erfolgen, wenn der Bieter sichergestellt hat, dass er eine als Gegenleistung gebotene Geldleistung in vollem Umfang erbringen kann und er alle gebotenen Maßnahmen ergriffen hat, um die Erbringung sonstiger Gegenleistungen sicherzustellen345. Die Veröffentlichung des Kontrollerwerbs (mit der Ankündigung eines Pflichtangebots, dessen Gegenleistung die Zahlung einer Geldleistung vorsehen muss346) muss die Bestätigung der Investmentbank (financial adviser) des Bieters oder eines anderen geeigneten Dritten enthalten, dass dem Bieter die Mittel zur Verfügung stehen („are available“), um seine Verpflichtungen aus dem Angebot vollständig zu erfüllen347. Schließlich muss die Angebotsunterlage eines jeden Angebots, das als Gegenleistung eine Geldleistung vorsieht, die Bestätigung eines geeigneten Dritten enthalten, dass dem Bieter die Mittel zur Verfügung stehen, um seine Verpflichtungen aus dem Angebot vollständig zu erfüllen (der sog. certain funds letter)348.
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Der financial adviser, der den certain funds letter ausstellt, gehört üblicherweise nicht zum Kreis der Banken, die das Angebot finanzieren. Er ist nicht verpflichtet, die erforderlichen Geldmittel aufzubringen, wenn er bei Abgabe der Finanzierungsbestätigung „verantwortlich“ (responsibly) gehandelt und alle vernünftigen Schritte unternommen hatte, um sich zu vergewissern, dass dem Bieter die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stehen349. Zusätzlich zu den eigenen Prüfungshandlungen holt der financial adviser üblicherweise ein Schreiben des Bieters ein, in dem dieser die vorgenommenen Finanzierungsmaßnahmen bestätigt. Der financial adviser haftet nicht unmittelbar gegenüber den Adressa339 Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 235; Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1004 f.; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 266; im Ergebnis auch Berrar, ZBB 2002, 174, 184; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166. 340 Noack in FS Hadding, 2004, S. 991, 1005; a.A. Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 235; unklar Berrar, ZBB 2002, 174, 184. 341 Fromholzer/Hasselbach/v. Werder in Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, II Rz. 91. 342 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 426 BGB Rz. 14; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 267. 343 Hamann, ZIP 2001, 2249, 2254; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166. 344 Berrar, ZBB 2002, 174, 184; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 236. 345 Takeover Code, General Principle 5, Rule 2.7(d). 346 Takeover Code, Rule 9.5(a). 347 Takeover Code, Rule 2.7(d); hierzu Rabinowitz in Weinberg/Blank on Takeovers and Mergers, Rz. 4–2016. 348 Takeover Code, Rule 24.8. 349 Takeover Code, Rules 2.7(d), 24.8.
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Finanzierung des Angebots
Rz. 137 § 13
ten des Angebots350, sondern muss dem Bieter die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stellen, damit dieser seine Verpflichtungen aus dem Angebot erfüllen kann351. Wenn das Angebot fremdfinanziert wird, stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit der financial 135 adviser bei der Ausstellung des certain funds letter verantwortlich handeln und gleichzeitig Auszahlungsverbote im Kreditvertrag akzeptieren kann. In der Praxis werden folgende Auszahlungsverbote regelmäßig für zulässig gehalten: Insolvenz des Bieters, Rechtswidrigkeit der Kreditvergabe (illegality to lend), Nichtzahlung der vor Auszahlung fälligen Gebühren, Verletzung wesentlicher Verpflichtungen (z.B. Erhöhung der Gegenleistung des Angebots oder Herabsetzung der Akzeptanzschwelle ohne die vereinbarungsgemäß erforderliche Zustimmung der Kreditgeber). Zu den Auszahlungsverboten, die regelmäßig nicht akzeptiert werden, zählen etwa die Insolvenz der Zielgesellschaft, sonstige wesentliche Verschlechterungen der Vermögensverhältnisse des Bieters oder der Zielgesellschaft (gemeint sind Vereinbarungen, die den unbestimmten Rechtsbegriff des material adverse change benutzen; betragsmäßig definierte Schwellenwerte sind nicht gebräuchlich) oder die Verletzung von financial covenants des Kreditvertrages. Ob der financial adviser Auszahlungsverbote akzeptiert, die durch die vorsätzliche Verletzung einer allein vom Bieter kontrollierten Verpflichtung ausgelöst werden (z.B. negative pledge, disposal of assets), ist Verhandlungssache.
II. Österreich Nach dem österreichischen Übernahmegesetz (ÜbG) darf der Bieter ein Übernahmeangebot nur dann abgeben, wenn er nach sorgfältiger Prüfung überzeugt ist, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung notwendigen Mittel rechtzeitig zur Verfügung stehen werden352. Der Bieter ist verpflichtet, einen unabhängigen Sachverständigen353 zu bestellen, der die Vollständigkeit und Gesetzmäßigkeit der Angebotsunterlage insbesondere hinsichtlich der angebotenen Gegenleistung zu prüfen, hierüber einen schriftlichen Bericht zu erstellen und das Ergebnis seiner Prüfung in einer abschließenden Bestätigung zusammenzufassen hat354. In diesem muss er auch eine Erklärung darüber abgeben, dass dem Bieter die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen. Als Sachverständige sind beeidete Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie bestimmte Kredit- und Finanzinstitute geeignet355. Die Angebotsunterlage ist zusammen mit dem Bericht und der Bestätigung des Sachverständigen bei der Übernahmekommission einzureichen356; fehlen sie, kann die Übernahmekommission die Veröffentlichung der Angebotsunterlage und die Durchführung des Angebots untersagen357. Eine Haftung des Sachverständigen gegenüber den Aktionären der Zielgesellschaft besteht nicht, da er bloß Erfüllungsgehilfe des Bieters ist. Bei unvollständiger oder unrichtiger Bestätigung müssen die Aktionäre den Bieter in Anspruch nehmen, der sich beim Sachverständigen schadlos halten kann, sofern diesen ein Verschulden trifft358.
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Der Erwerb, der ein Pflichtangebot auslösen würde, ist unzulässig, wenn der Erwerber bei sorgfältiger Prüfung nicht überzeugt ist, dass ihm die zur vollständigen Erfüllung seiner Verpflichtung notwendi-
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350 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 15. 351 So die Einschätzung der Praxis; unklar Rabinowitz in Weinberg/Blank on Takeovers and Mergers, Rz. 4-5023 f. 352 § 4 Nr. 1 ÜbG. 353 Nach Auffassung der Kommentarliteratur ist ein Sachverständiger nicht unabhängig, wenn er Anteile am Bieter, an einem mit dem Bieter verbundenen Unternehmen oder einem zu mindestens 20 % am Bieter beteiligten Gesellschafter hält, wobei für reine Finanzbeteiligungen oder geringe Beteiligungen keine Ausnahmen vorgesehen sind. Ebenso ist die Bestellung eines Sachverständigen unzulässig, wenn er beim Bieter eine Organposition innehatte oder 15 % oder mehr seines Umsatzes der letzten fünf Jahre mit dem Bieter erwirtschaftet hat; Huber/Alscher in Huber, Übernahmegesetz, § 9 Rz. 12 f. 354 § 9 Abs. 1 ÜbG. 355 § 9 Abs. 2 ÜbG. 356 § 10 Abs. 1 Satz 1 ÜbG. 357 § 10 Abs. 3 ÜbG. 358 Huber/Alscher in Huber, Übernahmegesetz, § 9 Rz. 24 f.
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§ 13 Rz. 137 Finanzierung des Angebots gen Mittel rechtzeitig zur Verfügung stehen359. Eine Verletzung dieser Verpflichtung hat das Ruhen der Stimmrechte zur Folge360. 138
Die erforderlichen Mittel müssen dem Erwerber zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung für das Pflichtangebot zur Verfügung stehen361. Die Rechtsnatur der Erklärung des Sachverständigen ist nach dem Wortlaut der Bestimmung unklar. In der Literatur wird angenommen, dass der Sachverständige keine Bürgschaft, sondern eine Wissenserklärung nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Erstattung des Prüfungsberichts abgeben soll. Bei tatsächlicher Unzulänglichkeit der Mittel des Bieters trifft den Sachverständigen somit keine Erfolgshaftung362.
§ 14 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage (1) Der Bieter hat die Angebotsunterlage innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots der Bundesanstalt zu übermitteln. Die Bundesanstalt bestätigt dem Bieter den Tag des Eingangs der Angebotsunterlage. Die Bundesanstalt kann die Frist nach Satz 1 auf Antrag um bis zu vier Wochen verlängern, wenn dem Bieter die Einhaltung der Frist nach Satz 1 auf Grund eines grenzüberschreitenden Angebots oder erforderlicher Kapitalmaßnahmen nicht möglich ist. (2) Die Angebotsunterlage ist gemäß Absatz 3 Satz 1 unverzüglich zu veröffentlichen, wenn die Bundesanstalt die Veröffentlichung gestattet hat oder wenn seit dem Eingang der Angebotsunterlage zehn Werktage verstrichen sind, ohne dass die Bundesanstalt das Angebot untersagt hat. Vor der Veröffentlichung nach Satz 1 darf die Angebotsunterlage nicht bekannt gegeben werden. Die Bundesanstalt kann vor einer Untersagung des Angebots die Frist nach Satz 1 um bis zu fünf Werktage verlängern, wenn die Angebotsunterlage nicht vollständig ist oder sonst den Vorschriften dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung nicht entspricht. (3) Die Angebotsunterlage ist zu veröffentlichen durch 1. Bekanntgabe im Internet und 2. Bekanntgabe im Bundesanzeiger oder durch Bereithalten zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland; im letzteren Fall ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen, bei welcher Stelle die Angebotsunterlage bereit gehalten wird und unter welcher Adresse die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach Nummer 1 erfolgt ist. Der Bieter hat der Bundesanstalt die Veröffentlichung nach Satz 1 Nr. 2 unverzüglich mitzuteilen. (4) Der Bieter hat die Angebotsunterlage dem Vorstand der Zielgesellschaft unverzüglich nach der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 zu übermitteln. Der Vorstand der Zielgesellschaft hat die Angebotsunterlage unverzüglich dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern zu übermitteln. Der Bieter hat die Angebotsunterlage ebenso seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern unverzüglich nach der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 zu übermitteln. A. Überblick, Anwendungsbereich und Gesetzesentwicklung . . . . . . . . . . . . .
1
B. Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin (§ 14 Abs. 1 WpÜG) . . . . . .
4
I. Pflicht (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . II. Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelmäßige Übermittlungsfrist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . .
4 6 6
359 § 22 Abs. 5 ÜbG; hierzu Edtbauer in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. I, S. 68 f. 360 § 34 Abs. 1 Alt. 1 ÜbG. 361 Huber/Alscher in Huber, Übernahmegesetz, § 9 Rz. 34; Inetas in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. I, S. 142. 362 Huber/Alschber in Huber, Übernahmegesetz, § 9 Rz. 36; Inetas in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. I, S. 142.
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§ 13 Rz. 137 Finanzierung des Angebots gen Mittel rechtzeitig zur Verfügung stehen359. Eine Verletzung dieser Verpflichtung hat das Ruhen der Stimmrechte zur Folge360. 138
Die erforderlichen Mittel müssen dem Erwerber zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung für das Pflichtangebot zur Verfügung stehen361. Die Rechtsnatur der Erklärung des Sachverständigen ist nach dem Wortlaut der Bestimmung unklar. In der Literatur wird angenommen, dass der Sachverständige keine Bürgschaft, sondern eine Wissenserklärung nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Erstattung des Prüfungsberichts abgeben soll. Bei tatsächlicher Unzulänglichkeit der Mittel des Bieters trifft den Sachverständigen somit keine Erfolgshaftung362.
§ 14 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage (1) Der Bieter hat die Angebotsunterlage innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots der Bundesanstalt zu übermitteln. Die Bundesanstalt bestätigt dem Bieter den Tag des Eingangs der Angebotsunterlage. Die Bundesanstalt kann die Frist nach Satz 1 auf Antrag um bis zu vier Wochen verlängern, wenn dem Bieter die Einhaltung der Frist nach Satz 1 auf Grund eines grenzüberschreitenden Angebots oder erforderlicher Kapitalmaßnahmen nicht möglich ist. (2) Die Angebotsunterlage ist gemäß Absatz 3 Satz 1 unverzüglich zu veröffentlichen, wenn die Bundesanstalt die Veröffentlichung gestattet hat oder wenn seit dem Eingang der Angebotsunterlage zehn Werktage verstrichen sind, ohne dass die Bundesanstalt das Angebot untersagt hat. Vor der Veröffentlichung nach Satz 1 darf die Angebotsunterlage nicht bekannt gegeben werden. Die Bundesanstalt kann vor einer Untersagung des Angebots die Frist nach Satz 1 um bis zu fünf Werktage verlängern, wenn die Angebotsunterlage nicht vollständig ist oder sonst den Vorschriften dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung nicht entspricht. (3) Die Angebotsunterlage ist zu veröffentlichen durch 1. Bekanntgabe im Internet und 2. Bekanntgabe im Bundesanzeiger oder durch Bereithalten zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland; im letzteren Fall ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen, bei welcher Stelle die Angebotsunterlage bereit gehalten wird und unter welcher Adresse die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach Nummer 1 erfolgt ist. Der Bieter hat der Bundesanstalt die Veröffentlichung nach Satz 1 Nr. 2 unverzüglich mitzuteilen. (4) Der Bieter hat die Angebotsunterlage dem Vorstand der Zielgesellschaft unverzüglich nach der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 zu übermitteln. Der Vorstand der Zielgesellschaft hat die Angebotsunterlage unverzüglich dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern zu übermitteln. Der Bieter hat die Angebotsunterlage ebenso seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern unverzüglich nach der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 zu übermitteln. A. Überblick, Anwendungsbereich und Gesetzesentwicklung . . . . . . . . . . . . .
1
B. Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin (§ 14 Abs. 1 WpÜG) . . . . . .
4
I. Pflicht (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . II. Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelmäßige Übermittlungsfrist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . .
4 6 6
359 § 22 Abs. 5 ÜbG; hierzu Edtbauer in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. I, S. 68 f. 360 § 34 Abs. 1 Alt. 1 ÜbG. 361 Huber/Alscher in Huber, Übernahmegesetz, § 9 Rz. 34; Inetas in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. I, S. 142. 362 Huber/Alschber in Huber, Übernahmegesetz, § 9 Rz. 36; Inetas in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. I, S. 142.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage 2. Fristverlängerung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Form und Inhalt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Eingangsbestätigung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Prüfung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . . . . . I. Prüfung der Angebotsunterlage . . . . . . . . II. Veröffentlichungspflicht und -frist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . III. Fristverlängerung vor Untersagung des Angebots (§ 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) . . . . IV. Verbot der Bekanntgabe vor Veröffentlichung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) . . . . . V. Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 14 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Veröffentlichung im Internet (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . 3. Bekanntgabe im Bundesanzeiger oder Schalterpublizität (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . .
9 14 17 18 18 22 25 28 31 31 34
Rz. 2 § 14
a) Bekanntgabe im Bundesanzeiger und Mitteilungspflicht . . . . . . . . . b) Schalterpublizität . . . . . . . . . . . . D. Übermittlungspflichten des Bieters und des Vorstands der Zielgesellschaft nach § 14 Abs. 4 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . I. Übermittlung an den Vorstand der Zielgesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG) . . . II. Weiterleitung an Betriebsrat bzw. Arbeitnehmer der Zielgesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . III. Übermittlung an Betriebsrat bzw. Arbeitnehmer des Bieters (§ 14 Abs. 4 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen . . I. Untersagung des Angebots . . . . . . . . . II. Ordnungswidrigkeitsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . III. Zivilrechtliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . 1. Pflichtverletzungen des Bieters . . . . . 2. Pflichtverletzungen des Vorstands der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . .
38 40
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43
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44
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49
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49a 50 50
. . .
51 54 54
.
56
37
Schrifttum: Behnke, Erste praktische Erfahrungen mit dem Ausschluss ausländischer Anteilsinhaber nach § 24 WpÜG, WM 2002, 2229; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), AG 2016, 597; Cahn, Verwaltungsbefugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Übernahmerecht und Rechtsschutz Betroffener, ZHR 167 (2003), 262; Lenz/Behnke, Das WpÜG im Praxistest, BKR 2003, 43; Lenz/Linke, Die Handhabung des WpÜG in der aufsichtsrechtlichen Praxis, AG 2002, 361. Siehe im Übrigen das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Überblick, Anwendungsbereich und Gesetzesentwicklung Die Vorschriften des WpÜG zur Regelung von freiwilligen Angebotsverfahren (Wertpapiererwerbsund Übernahmeangebote) knüpfen an die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots an. Ist eine solche Entscheidung getroffen worden, hat sie der Bieter gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG unverzüglich nach Maßgabe von § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen. Hierauf aufbauend regelt § 14 WpÜG die nächste Phase des Angebotsverfahrens. Diese ist von der Pflicht des Bieters zur Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin und der Veröffentlichung der Angebotsunterlage (nach entsprechender Gestattung oder Fristablauf) geprägt.
1
Im Einzelnen sieht § 14 WpÜG – als Regel – folgenden Verfahrensablauf vor: – Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 3 WpÜG (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). – Prüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin und Gestattung der Veröffentlichung derselben (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) oder Untersagung des Angebots (nach § 15 WpÜG). – Gestattet die BaFin die Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 WpÜG) oder sind seit dem Eingang der Angebotsunterlage zehn Werktage verstrichen, ohne dass die Bundesanstalt das Angebot untersagt hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 WpÜG), ist die Angebotsunterlage unverzüglich und ohne zuvor auf andere Weise bekannt gegeben werden zu dürfen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) nach Maßgabe von § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen. – Unverzüglich nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage hat der Bieter der BaFin die Veröffentlichung nach Satz 1 Nr. 2 mitzuteilen (§ 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) und dem Vorstand der Zielgesellschaft die Angebotsunterlage zu übermitteln (§ 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG).
2
Assmann
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§ 14 Rz. 2 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage – Nachdem der Bieter dem Vorstand der Zielgesellschaft die Angebotsunterlage weitergeleitet hat, muss dieser die Unterlage unverzüglich dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern übermitteln (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG). 3
§ 14 WpÜG betrifft Wertpapiererwerbsangebote i.S. des 3. Abschnitts des WpÜG (§§ 10–28 WpÜG), ist aber auf Grund von § 34 WpÜG auch auf Übernahmeangebote (§§ 29–34 WpÜG) und gemäß § 39 WpÜG – mit Ausnahme von § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG – auch auf Pflichtangebote1 (siehe §§ 35–39 WpÜG) anzuwenden. Die Nichtanwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auf Pflichtangebote (§ 39 WpÜG) beruht auf dem Umstand, dass § 35 Abs. 2 WpÜG im Hinblick auf das in § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG Geregelte eine den Besonderheiten von Pflichtangeboten entsprechende eigene Regelung enthält.
3a
Die Vorschrift hat durch das Gesetz vom 8.7.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz – ÜbernRLUG)2 zwei Änderungen erfahren: Zum einen wurde durch Änderung des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG die bisherige Form der Veröffentlichung durch Abdruck in einem überregionalen Börsenpflichtblatt durch die Bekanntgabe im Bundesanzeiger ersetzt und um Folgepflichten für den Fall der Veröffentlichung der Angebotsunterlage durch Bereithalten zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland ergänzt. War die Veröffentlichung in einem überregionalen Börsenpflichtblatt der BaFin durch Übersendung eines Veröffentlichungsbelegs nachzuweisen, so verlangt § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG nunmehr, der Aufsichtsbehörde die im Bundesanzeiger nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG vorzunehmenden Veröffentlichungen (die Bekanntgabe der Angebotsunterlage bzw. die Hinweisbekanntmachungen) unverzüglich mitzuteilen. Und zum anderen wurde in § 14 Abs. 4 WpÜG durch Hinzufügung eines Satzes 3 der Bieter verpflichtet, die Angebotsunterlage auch seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern unverzüglich nach der Veröffentlichung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu übermitteln. Eine bloße Änderung der Nomenklatur brachte das Gesetz vom 22.12.2011 zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der Zivilprozessordnung, des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung (BAnzDiG)3, indem in § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG, wie noch in verschiedenen anderen Vorschriften des WpÜG, das Wort „elektronischer Bundesanzeiger“ durch „Bundesanzeiger“ ersetzt wurde.
B. Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin (§ 14 Abs. 1 WpÜG) I. Pflicht (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) 4
Mit der Pflicht zur Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verfolgt der Gesetzgeber einen doppelten Zweck4: Zum einen schafft sie die fraglos gewichtigste Voraussetzung dafür, dass die BaFin als für Angebotsverfahren zuständige Aufsichtsbehörde und zentraler Ansprechpartner für die in- und ausländische Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsbehörden und den Stellen, die ihr zugedachte Aufgabe einer „Evidenzzentrale“ erfüllen kann. Zum anderen ist sie die Voraussetzung für eine der Veröffentlichung der Angebotsunterlage und Abgabe des Angebots im rechtsgeschäftlichen Sinne vorausgehende Überprüfung der Angebotsunterlage, die – obwohl nach Art und Umfang eingeschränkt (siehe unten Rz. 19 f.) und die Ex-post-Kontrolle durch die Marktteilnehmer nicht ersetzend – doch immerhin geeignet ist, präventiv zu wirken und den Markt vor Angeboten auf der Grundlage evident mangelhafter Angebotsunterlagen zu bewahren.
5
Will der Bieter das mit der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (nach § 10 Abs. 1 und Abs. 3 WpÜG) initiierte Angebotsverfahren fortsetzen, ist er mithin gehalten, der BaFin innerhalb von vier Wochen nach dieser Veröffentlichung die (nach Maßgabe von § 11 WpÜG 1 Vgl. etwa Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 2, 27; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 13; Thoma in Baums/Thoma/Verse/Verse, § 14 WpÜG Rz. 7 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 8. 2 BGBl. I 2006, 1426. 3 BGBl. I 2011, 3044. 4 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 7 § 14
i.V.m. mit den Vorschriften WpÜG-AngVO zu erstellende) Angebotsunterlage zu übermitteln. Hierbei kann er sich vertreten lassen5. Zur Frage, ob eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots mit dem Hinweis versehen werden darf, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung stehe noch aus, um bei verweigerter Zustimmung die Pflicht zur Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und die Sanktion des § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG entfallen zu lassen, siehe § 10 WpÜG Rz. 34. Unterbleibt die Übermittlung der Angebotsunterlage in der Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, ohne dass diese nach § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG verlängert wurde, muss die BaFin das Angebot nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG untersagen6, mit der Folge, dass der Bieter vor Ablauf eines Jahres kein erneutes Angebot unterbreiten kann (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Zu weiteren Konsequenzen siehe die Erläuterungen zu § 15 Abs. 3 WpÜG. Darüber hinaus ist eine (vorsätzliche oder leichtfertige) Verletzung des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG eine Ordnungswidrigkeit (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpÜG) und mit einem Bußgeld bis zu 2,5 Mio. Euro (§ 60 Abs. 3 WpÜG) belegt, was nachdrücklich unterstreicht, dass es sich bei der Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG um eine solche handelt, die eine (von der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1 WpÜG ausgelöste) Pflicht begründet und nicht nur eine formelle Verfahrensbestimmung enthält. Eine einmal eingereichte Angebotsunterlage kann nicht zurückgenommen werden7. Das gilt auch für den Fall, dass die Übermittlungsfrist noch nicht abgelaufen ist8.
II. Frist 1. Regelmäßige Übermittlungsfrist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) Die ordnungsgemäße (siehe unten Rz. 14 ff.) Übermittlung der Angebotsunterlage muss innerhalb von vier Wochen nach der gemäß § 10 Abs. 3 WpÜG vorzunehmenden Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erfolgen. Die Berechnung der Frist hat nach § 31 VwVfG zu erfolgen, dessen Abs. 1 zufolge §§ 187–193 BGB entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht durch § 31 Abs. 2–5 VwVfG etwas anderes bestimmt ist. Die Wahrung der Frist setzt voraus, dass das unterzeichnete Original der Angebotsunterlage (siehe unten Rz. 14) innerhalb der Frist bei der BaFin eingeht9. Die Vorabübermittlung der Angebotsunterlage per Fax (oder mittels elektronischer Medien) reicht, auch wenn das Original unverzüglich nachgereicht wird, zur Wahrung der Frist nicht aus10 (dazu näher unten Rz. 15).
6
Ausgangspunkt der Fristberechnung ist der Tag, an dem die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots erstmals gemäß § 10 Abs. 3 WpÜG durch Bekanntgabe im Internet und über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem veröffentlicht wird. Erfolgt die Veröffentlichung zu unterschiedlichen Zeiten sowohl durch Bekanntgabe im Internet als auch über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, so ist der Tag der ersten Veröffentlichung (das ist im letztgenannten
7
5 Vgl. etwa Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 4; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 138; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 23; Thoma in Baums/Thoma/Verse/Verse, § 14 WpÜG Rz. 17. 6 Siehe schon § 10 WpÜG Rz. 51. Vgl. ferner Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 17, 68; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 30; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 16; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 26 f. 7 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609 („Hat der Bieter allerdings den Lauf der Prüfungsfrist i.S.v. § 14 Abs. 2 WpÜG ausgelöst, ist dieser Vorgang unumkehrbar“). A.A. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 17 im Hinblick auf die Einreichung einer geänderten Angebotsunterlage vor Ablauf der Übermittlungsfrist und in Bezug auf die Fälle, in denen der Bieter seine Entscheidung nach § 10 WpÜG zurücknehmen dürfe. In letzterer Hinsicht auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 16; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 27. 8 A.A. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 17, der in der Übermittlung einer geänderten Angebotsunterlage vor Ablauf der Übermittlungsfrist eine konkludente Rücknahme der zuvor eingereichten Angebotsunterlage sehen will und für zulässig hält. Ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 27. 9 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 3 f.; Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 92; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 24; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 19. 10 Anders Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 12.
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§ 14 Rz. 7 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage Falle der Tag der Einstellung in das Informationsverbreitungssystem) maßgeblich11. Gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB läuft die Übermittlungsfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG an dem gleichen Wochentag ab, der vier Wochen auf den Veröffentlichungstag folgt (bspw. mit Ablauf des Montags, den 4.2.2013, wenn die Veröffentlichung am Montag, den 7.1.2013, erfolgte). Wurde die Veröffentlichung an einem Samstag („Sonnabend“) vorgenommen, so läuft die Frist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG nicht an dem vier Wochen auf den Veröffentlichungstag folgenden Samstag, sondern an dem auf diesen folgenden Montag ab. Ist der Wochentag, der vier Wochen auf den entsprechenden Wochentag der Veröffentlichung folgt ein bundesrechtlich oder am Sitz der BaFin in Frankfurt am Main, d.h. in Hessen, landesrechtlich anerkannter allgemeiner Feiertag, so endet die Frist mit dem Ablauf des auf diesen Feiertag folgenden Werktags. Wurde die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bspw. am Freitag, den 1.3.2013, veröffentlicht, so wäre die Übermittlungsfrist unter Zugrundelegung von §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB am Freitag, den 29.3.2013, abgelaufen; da dieser Tag jedoch ein gesetzlicher Feiertag (Karfreitag) war, endete die Frist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG (wegen des als Werktag folgenden Sonnabends und des Ostermontags als gesetzlichem Feiertag) erst mit Ablauf des Dienstags, den 2.4.2013. 8
Zu den Folgen der Fristversäumnis siehe oben Rz. 5 und speziell zum Abbruch des Angebotsverfahrens durch den Bieter nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots siehe § 10 WpÜG Rz. 51 ff. 2. Fristverlängerung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)
9
§ 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG erlaubt der BaFin, die Frist nach § 14 Satz 1 WpÜG auf Antrag des Bieters um bis zu vier Wochen zu verlängern, wenn dem Bieter die Einhaltung der Vier-Wochen-Frist auf Grund eines grenzüberschreitenden Angebots oder erforderlicher Kapitalmaßnahmen nicht möglich ist. Die Vorschrift beruht auf Anregungen der Praxis12 und auf einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, in der es heißt13: „Die Frist von vier Wochen kann zum einen in den Fällen zu kurz sein, in denen es sich um ein grenzüberschreitendes Angebot handelt und der Bieter nach den ausländischen Regelungen andere Fristen als nach dem WpÜG zu beachten hat. Zum anderen kann der Bieter, sofern er Wertpapiere als Gegenleistung anbieten will, eine längere Frist benötigen, um den für die Ausgabe von Aktien notwendigen Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung herbeizuführen. In diesen begründeten Fällen kann das Bundesaufsichtsamt eine Fristverlängerung um bis zu vier Wochen gewähren.“
10
Die Fristverlängerung setzt einen schriftlichen Antrag voraus. Der Schriftform ist Genüge getan, wenn die Übermittlung des Antrags oder der Mitteilung per Telegramm, Telefax oder Computerfax vorgenommen wird14 (siehe § 45 WpÜG Rz. 3). Die Entscheidung über den Antrag ist eine Ermessensentscheidung der Aufsichtsbehörde (unten Rz. 13). Schon deshalb ist es erforderlich, zu begründen, weshalb dem Bieter die Einhaltung der Vier-Wochen-Frist auf Grund eines grenzüberschreitenden Angebots oder erforderlicher Kapitalmaßnahmen nicht möglich ist15.
11
Dem Telos des § 14 Abs. 1 Satz 3 (1. Alt.) WpÜG entsprechend und in Anlehnung an die Regelung in § 24 WpÜG ist als grenzüberschreitend i.S. dieser Vorschrift jedes Angebot anzusehen, das dem 11 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 131; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 6; Santelmann in Steinmeyer, § 14 WpÜG Rz. 7; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 28 f.; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 24; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 14 WpÜG Rz. 20. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 9. 12 Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses e.V. vom April 2001, NZG 2001, 420, 424. 13 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss), BT-Drucks. 14/7477 v. 14.11.2001, S. 67. 14 Holst in KölnKomm. WpÜG, § 45 WpÜG Rz. 22; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 131; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 Rz. 44. Auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 22 (mit dem Hinweis, für die Form des Antrags gelte § 45 WpÜG). 15 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609 („In beiden Fällen muss die Erforderlichkeit des jeweiligen Bezugspunktes für das Übernahmeangebot und die sich daraus konkret ergebende Verzögerung dargelegt werden. Nicht ausreichend ist der bloße Hinweis auf z.B. U.S.-amerikanische Aktionäre oder eine avisierte Kapitalerhöhung im Rahmen eines Tauschangebotes“); Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 135.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 13 § 14
Recht mehrerer Staaten unterliegt. Dies kann darauf beruhen, dass sich das Angebot auch an ausländische Anteilseigner richtet oder Anteilseigner im Ausland anspricht16, oder Wertpapiere betrifft, die auch in anderen Staaten zum Handel zugelassen sind, oder der Bieter eine Gesellschaft mit Sitz im Ausland ist. In all diesen Fällen kommt indes eine Fristverlängerung jedoch nur dann in Betracht, wenn das vom Bieter zu beachtende ausländische Recht der Einhaltung der Frist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG entgegensteht17. Entsprechendes gilt für den in § 14 Abs. 1 Satz 3 (2. Alt.) WpÜG angeführten Fall, dass dem Bieter die 12 Einhaltung der Vier-Wochen-Frist „auf Grund … erforderlicher Kapitalmaßnahmen“ nicht möglich ist. Ausweislich der Begründung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (siehe oben Rz. 9), die zur Aufnahme der Bestimmung in § 14 Abs. 1 WpÜG geführt hat, sind darunter nur gesellschaftsrechtlich begründete Kapitalmaßnahmen zur Sicherstellung der Finanzierung des Angebots i.S.d. § 13 WpÜG zu verstehen, denn nur in diesen Fällen können anderweitige gesetzliche Vorschriften (namentlich diejenige zur Einberufung der Hauptversammlung nach § 123 Abs. 1 AktG) zur Einhaltung von Fristen zwingen, die der Beachtung der Übermittlungsfrist aus § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG entgegenstehen. Die Formulierung des Finanzausschusses, der Bieter könne, „sofern er Wertpapiere als Gegenleistung anbieten will, eine längere Frist benötigen, um den für die Ausgabe von Aktien notwendigen Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung herbeizuführen“18, hat Zweifel darüber aufkommen lassen, ob damit für die Fristverlängerung wegen erforderlicher Kapitalmaßnahmen nur die in dieser Begründung angesprochene Sachkapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts (nach §§ 183, 186 AktG) in Betracht kommen soll. Da sich solches aus der Gesetzesformulierung nicht ergibt, die Begründung des Finanzausschusses nicht als abschließende Umschreibung des Anwendungsbereichs der Vorschrift über die Fristverlängerung bei Kapitalmaßnahmen, sondern als Beispiel zu betrachten ist, und sich Entscheidungen über die Abgabe eines Angebots sowie damit aufgeworfener Finanzierungsbedarf recht kurzfristig stellen können, gestattet § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG die Fristverlängerungsmöglichkeit auch im Falle der Barkapitalerhöhung (nach § 182 AktG) zur Aufbringung der für die Finanzierung des Angebots erforderlichen Mittel19. Entsprechend ist auch die Schaffung eines genehmigten Sachkapitals mit Bezugsrechtsausschluss (§§ 202 ff., 205 AktG) als eine die Fristverlängerung rechtfertigende Maßnahme anzusehen20. Die Entscheidung über die Fristverlängerung steht im Ermessen der BaFin21. Gleiches gilt für den 13 Umfang der Fristverlängerung im Rahmen der durch § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG gesetzten Höchstgrenze von vier Wochen. Für die Berechnung der verlängerten Frist unter Anwendung von § 31 VwVfG gilt das oben in Rz. 6 f. Ausgeführte entsprechend, wobei nach § 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 190 BGB die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet wird. Im Falle der Verweigerung der Fristverlängerung kann der Bieter nach § 41 WpÜG Verpflichtungswiderspruch erheben und, sofern diesem nicht stattgegeben wird, nach § 48 Abs. 3 WpÜG Beschwerde einreichen.
16 Zu Letzterem etwa Behnke, WM 2002, 2229, 2232. 17 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 23; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 7; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, § 23 Rz. 24; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 30; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 37. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 10. 18 Siehe oben Rz. 9 mit Fn. 13, Hervorhebung hinzugefügt. 19 I.E. ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 25; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 6; Santelmann in Steinmeyer, § 14 WpÜG Rz. 11; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 42. A.A. Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 136; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 31, der eine Barkapitalerhöhung „kaum einmal“ als die Fristverlängerung rechtfertigend ansieht, weil diese Maßnahme in die vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu erfüllende Finanzierungsverantwortung des Bieters (§§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4, 13 Abs. 1 WpÜG) falle, dabei aber verkennt, dass die Fristverlängerung gerade die Möglichkeit eröffnen soll, eine – sich auf die Mittel aus einer noch durchzuführenden Barkapitalerhöhung erstreckende – Finanzierungsbestätigung vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage noch erlangen zu können. 20 Vgl. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 43. 21 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 26; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, § 23 Rz. 25; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 137; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 33; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 45.
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§ 14 Rz. 14 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
III. Form und Inhalt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) 14
§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG selbst schreibt für die Übermittlung der Angebotsunterlage keine besondere Form vor. Da die zu übermittelnde Angebotsunterlage (welche nach § 11 Abs. 3 WpÜG auch eine Richtigkeits- und Vollständigkeitserklärung umfasst und die Haftung des Bieters nach § 12 WpÜG auslöst) jedoch nach § 11 Abs. 1 Satz 5 WpÜG vom Bieter zu unterschreiben ist, kann die fristgemäße Übermittlung der Angebotsunterlage (abweichend von § 45 WpÜG, der für schriftliche Mitteilungen gemäß § 45 Satz 2 WpÜG auch die Telefaxübertragung gestattet) nur in der Weise erfolgen, dass die Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB gewahrt oder durch die elektronische Form nach § 126a Abs. 1 BGB ersetzt wird; die Übersendung der Angebotsunterlage mittels Fax ist mithin – entsprechend nachfolgenden Ausführungen in Rz. 15 – nicht ausreichend22.
15
Während die BaFin es gemäß Ziffer VI. der Bekanntmachung vom 6.9.199923 zum Zwecke der fristgemäßen Erfüllung der Pflicht zur Übermittlung eines Nachtrags nach dem seinerzeitigen § 10 VerkProspG (heute § 10 VermAnlG) genügen lässt, wenn ihr innerhalb der Übermittlungsfrist per Telefax ein unterschriebener Verkaufsprospekt zugeht und ein Verkaufsprospekt mit Originalunterschrift unverzüglich nachgereicht wird24, besteht dafür im Hinblick auf die Übermittlung der Angebotsunterlage – für deren Anfertigung mit der Vier-Wochen-Frist ausreichend Zeit und zudem, unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, die Möglichkeit der Fristverlängerung zur Verfügung steht – kein Bedarf (zum Meinungsstand oben Rz. 14 Fn. 22). Auf jeden Fall kann sich der Bieter auf eine solche Praxis in Bezug auf die fristgemäße Übermittlung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 1 WpÜG nicht verlassen, solange es hierfür an einer entsprechenden Bekanntmachung fehlt25.
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Zu übermitteln ist nur die unterschriebene Angebotsunterlage. Weitere Angaben, wie sie die BaFin nach Ziffer VI. der Bekanntmachung vom 6.9.1999 (siehe oben Rz. 15 Fn. 23) auf der Grundlage des seinerzeitigen § 8c VerkProspG in Bezug auf die Übermittlung des Verkaufsprospekts nach dem seinerzeitigen § 8 VerkProspG (d.h. im sog. Hinterlegungsverfahren) verlangte26, sind hier nicht erforderlich.
IV. Eingangsbestätigung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) 17
Die BaFin hat dem Bieter den Tag des Eingangs der Angebotsunterlage zu bestätigen. Die Eingangsbestätigung bedarf keiner speziellen Form und wird von der BaFin – der Praxis im Hinterlegungsverfahren nach dem seinerzeitigen VerkProspG27 und heutigen VermAnlG folgend – aus Zweckmäßigkeitsgründen per Telefax oder Schreiben versandt28. Die Bestätigung erlaubt dem Bieter, der gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG die Angebotsunterlage spätestens dann veröffentlichen muss, wenn seit dem Eingang der Angebotsunterlage bei der BaFin zehn Werktage verstrichen sind, ohne dass diese das An22 Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 7; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 18; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 18, 24. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 6; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 4; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 5. Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 138, verbinden den Hinweis, die Rechtslage sei „unklar“ mit dem Rat, dass auf die Zulässigkeit einer vorab erfolgenden FAX-Übermittlung nicht ohne vorherige Abstimmung mit der BaFin vertraut werden sollte. 23 Bekanntmachung des BAWe zum Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (Verkaufsprospektgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9.9.1998 (BGBl. I 1998, 2701 ff.) und zur Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte (Verkaufsprospekt-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9.9.1998 (BGBl. I 1998, 2835 ff.) vom 6.9.1999, BAnz. Nr. 177 vom 21.9.1999, S. 16180. 24 Dazu seinerzeit Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 8i VerkProspG Rz. 17. 25 Auch Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 138, Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 24. 26 Siehe dazu Lenz in Assmann/Lenz/Ritz, 1. Aufl. 2001, § 8 VerkProspG Rz. 17 ff. 27 Zum entsprechenden seinerzeitigen § 8i VerkProspG (a.F.) Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 8i VerkProspG Rz. 56. Zum dem § 8i Abs. 3 Satz 1 VerkProspG (a.F.) entsprechenden § 14 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG siehe Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 14 WpÜG Rz. 19 und 20 f. 28 Vgl. Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 45.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 19 § 14
gebot untersagt hat, die genaue Berechnung der Frist, innerhalb derer er seiner Pflicht zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage nachzukommen hat29.
C. Prüfung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage I. Prüfung der Angebotsunterlage Nach der Übermittlung der Angebotsunterlage hat die BaFin die Angebotsunterlage zu prüfen. In der 18 Übermittlung der Angebotsunterlage an die Aufsichtsbehörde wird nach einhelliger Ansicht ein konkludenter Antrag auf Überprüfung derselben gesehen, so dass es eines ausdrücklichen Prüfungsantrags nicht bedarf. Da der Bieter die Angebotsunterlage zehn Werktage nach Eingang derselben bei der BaFin veröffentlichen muss (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG; siehe oben Rz. 2), kann die Bundesanstalt die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nur verhindern, indem sie innerhalb dieser Frist das Angebot untersagt, wobei § 15 Abs. 1 WpÜG diejenigen Fälle bestimmt, in denen die BaFin das Angebot zu untersagen hat. Weist die Angebotsunterlage Mängel auf, welche die BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 WpÜG dazu zwingen würden, das Angebot zu untersagen, so kann die Bundesanstalt dem Bieter die Möglichkeit zur Nachbesserung einräumen30, ist hinsichtlich ihrer Entscheidung aber an die Frist des § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG gebunden, welche sie indes gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG um bis zu fünf Werktage verlängern kann (siehe unten Rz. 25 ff.). Die Prüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin ist zum einen eine formelle Vollständigkeitsprü- 19 fung, d.h. eine solche, welche die Angebotsunterlage daraufhin kontrolliert, ob sie alle vom Gesetz (§ 11 Abs. 2 WpÜG) und der auf der Grundlage des Gesetzes (§ 11 Abs. 4 WpÜG) erlassenen WpÜGAngVO verlangten Angaben (namentlich solche nach § 2 WpÜG-AngVO) enthält (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG)31, nicht aber, ob die Angaben der Wahrheit entsprechen und die Angebotsunterlage alle Angaben enthält, die notwendig sind, damit die Adressaten des Angebots in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden können (§§ 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3, 12 Abs. 1 WpÜG). Zum anderen überwacht die Aufsichtsbehörde aber auch die Rechtskonformität der Angebotsunterlagen, indem sie überprüft, ob die in der Angebotsunterlage enthaltenen „Angaben offensichtlich gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung [das ist die WpÜG-AngVO] verstoßen“ (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG)32. Eine Richtigkeitskontrolle der Angebotsunterlage in Gestalt der Überprüfung der Richtigkeit der in ihr enthaltenen Aufgaben erwächst aber auch daraus nicht33. Weil § 15 WpÜG nur diejenigen Fälle aufführt, bei deren Vorliegen die BaFin das Angebot – ohne insoweit über ein Ermessen zu verfügen – untersagen muss, darüber hinaus aber keine abschließende Regelung der Untersagungsgründe darstellt, kann auch ein in der Angebotsunterlage zum Ausdruck kommender, nicht auf einem Verstoß gegen eine bestimmte Vorschrift des WpÜG oder der WpÜGAngVO beruhender Missstand (§ 4 WpÜG) die BaFin zur Untersagung des Angebots berechtigten, doch ist die BaFin weder gezwungen, die Angebotsunterlage auf solche Missstände hin zu durchfors-
29 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44. 30 Zur entsprechenden Praxis bei der Prüfung von Verkaufsprospekten nach dem seinerzeitigen § 8i VerkProspG (a.F.) Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 8i VerkProspG Rz. 42. 31 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 31; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 9; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 11; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 37 f.; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 96 f.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 55. Das entspricht der Prüfung eins Börsenzulassungsprospekts und eines Verkaufsprospekts nach § 13 WpPG und § 8 VermAnlG; siehe dazu von Kopp-Colomb bzw. Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 13 WpPG Rz. 10 ff. bzw. § 8 VermAnlG Rz. 18 ff. 32 Im Schrifttum auch als „materielle Evidenzprüfung“ bezeichnet. Etwa Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 44, die in Fn. 297 die Vorauflagenkommentierung als andere Ansicht zitieren; Thoma in Baums/Thoma/ Verse, § 14 WpÜG Rz. 56. Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 12: „Evidenzkontrolle“. 33 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45.
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§ 14 Rz. 19 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage ten34 noch der Richtigkeit diesbezüglich relevanter Angaben nachzugehen. Zu Einzelheiten der Prüfung der Angebotsunterlage siehe die Erläuterungen zu § 15 WpÜG. 20
In der Praxis35 geht die Vollständigkeitsprüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin über die vom Gesetz als Mindeststandard der Angebotsunterlagenprüfung verlangte (siehe Rz. 19) formelle Vollständigkeitsprüfung hinaus, indem auch „die Darstellung und der Aussagewert einzelner Angaben beurteilt“36 und so die formelle Vollständigkeitsprüfung um Elemente der materiellen Richtigkeitsprüfung ergänzt wird. So kontrolliert die BaFin die Angebotsunterlage insbesondere bei der Beschreibung der erwarteten Auswirkungen eines erfolgreichen Angebots auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bieters nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG auf eine detaillierte und schlüssige Darstellung der mit konkreten Zahlenangaben zu belegenden wesentlichen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen37. Ein besonderes Augenmerk richtet die BaFin darüber hinaus auf die Zulässigkeit der Angaben, d.h. darauf, dass die Angebotsunterlage keine Angaben enthält, die (i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG als dem eigentlichen Einfallstor für eine stärker materiellrechtliche Richtigkeits- und Vollständigkeitsprüfung) offensichtlich gegen Vorschriften des WpÜG und der WpÜG-AngVO verstoßen38. Des Weiteren prüft die BaFin Angebotsunterlagen auch auf ihre Verbindung von Form und Inhalt und ist bereit, unverständlich abgefasste oder unübersichtlich gestaltete Angebotsunterlagen (im Hinblick auf ein Verbot ihrer Veröffentlichung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG) zu beanstanden39. Schon vor der Erweiterung der formellen Inhaltskontrolle für Prospekte um eine Kohärenz- und Verständlichkeitskontrolle durch § 13 Abs. 1 Satz 2 WpPG einerseits und dem (an die Stelle von § 8i Abs. 2 des aufgehobenen VerkProspG getretenen) § 8 Abs. 1 VermAnlG40 folgte die BaFin damit diesen nunmehr für die Prospektprüfung gesetzlich bestimmten Maßstäben. Schon wegen der Anforderungen, die das WpÜG an die Sicherstellung der Finanzierung des Angebots (§ 13 WpÜG) und entsprechende Angaben in der Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpÜG) stellt, ist auch bei einer Kohärenz- und Verständlichkeitsprüfung für die Prüfung der Bonität des Anbieters weder Bedarf noch Raum41.
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Vorprüfungen der Angebotsunterlage finden nicht statt, doch ist die BaFin im Interesse der Gewährleistung eines zügigen Angebotsverfahrens zu Vorgesprächen im Hinblick auf Zweifelsfragen bei der Erstellung der Unterlage bereit42. Des Weiteren entspricht es der Praxis der BaFin, soweit auf Grund ihrer zeitlichen und personellen Kapazitäten tunlich, den Bieter über Mängel der Angebotsunterlage43, welche die Behörde bei der Prüfung derselben festgestellt hat, zu unterrichten und eine Erörterung der Mängel und der Möglichkeiten ihrer Beseitigung anzubieten, wobei einem solchen Gespräch, je nach der abgelaufenen Zeit, ein Verlängerungsbescheid nach § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG oder die Ankündigung eines solchen (im Zusammenhang mit der Unterrichtung des Bieters über die Mängel der Angebotsunterlage) vorausgehen kann44.
34 A.A. Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 34, der unter Berufung auf § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG eine Plausibilitätskontrolle der Angebotsunterlage verlangt. 35 Dazu schon Lenz/Linke, AG 2002, 361, 362 f.; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43 f. 36 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 362. 37 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 362, 363; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 31. 38 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363. Siehe auch Lenz/Behnke, BKR 2003, 43 f. 39 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363. 40 Zu § 13 WpPG siehe RegE BT-Drucks. 15/4999, S. 1, 34, und zu § 8 Abs. 1 VermAnlG siehe RegE BT-Drucks. 17/6051, S. 1, 33. Näher dazu von Kopp-Colomb bzw. Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 13 WpPG Rz. 10 ff. bzw. § 8 VermAnlG Rz. 18 ff. 41 So für die Prüfung des Wertpapierprospekts siehe RegE BT-Drucks. 15/4999, S. 1, 34. Entsprechendes gilt für den mit § 13 Abs. 1 WpÜG weitgehend wortgleichen § 8 Abs. 1 VermAnlG; siehe RegE BT-Drucks. 17/6051, S. 1, 33. 42 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 45. 43 Zu typischen Mängeln der Angebotsunterlage siehe Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363 f.; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 46 f. 44 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 45.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 25 § 14
II. Veröffentlichungspflicht und -frist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) Gestattet die BaFin innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG die Veröffentlichung der An- 22 gebotsunterlage, so ist diese unverzüglich – d.h., entsprechend § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, ohne schuldhaftes Zögern (siehe auch die Erläuterungen zu § 10 WpÜG Rz. 44 f.) – nach Maßgabe von § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 WpÜG). Unterbleibt die Veröffentlichung, muss die BaFin das Angebot untersagen (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG), mit der Folge, dass der Bieter vor Ablauf eines Jahres kein erneutes Angebot unterbreiten kann (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Zu weiteren Konsequenzen siehe § 15 Abs. 3 WpÜG. Zur ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktion von vorsätzlichen oder leichtfertigen Verstößen gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG siehe unten Rz. 51. Unverzüglich und den Anforderungen aus § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG genügend ist die Angebotsunterlage auch dann zu veröffentlichen, wenn seit ihrem Eingang bei der BaFin zehn Werktage verstrichen sind, ohne dass die BaFin tätig wurde, indem sie die Veröffentlichung der Angebotsunterlage gestattete oder das Angebot untersagte (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 WpÜG).
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Die Berechnung der Zehn-Tage-Frist erfolgt nach § 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 24 BGB. Sie beginnt mit dem auf den Eingang der Angebotsunterlage bei der BaFin folgenden Tag zu laufen (§ 187 Abs. 1 BGB) und endet mit dem Ablauf des letzten Tags der Frist. Gezählt werden ausschließlich Werktage (und nicht Kalendertage), wobei der Samstag als Werktag gilt45 und nur Sonntage und – so jedenfalls die Praxis der BaFin unter dem (aufgehobenen) VerkProspG46 – bundeseinheitlich festgelegte Feiertage nicht als Werktage zählen47. Betrachtet man die der BaFin in dem (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG vergleichbaren) seinerzeitigen § 8i Abs. 2 Satz 2 VerkProspG (der Vorschrift entspricht § 8 Abs. 2 und Abs. 3 VermAnlG und dieser wiederum § 13 Abs. 2 und Abs. 3 WpPG) gesetzte Frist als „uneigentliche Frist, die das Gesetz der Behörde als Verfahrensträgerin setzt“ und damit nicht, wie von § 31 VwVfG vorausgesetzt, als Handlungs- oder Erklärungsfrist für den Bürger angesehen werden kann48, muss Entsprechendes auch für § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG gelten: Dementsprechend findet § 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG keine Anwendung, so dass das Ende der Frist auf einen Samstag („Sonnabend“) fallen kann; dagegen kann die Frist nicht an einem Sonn- oder Feiertag enden49, weil diese keine Werktage sind.
III. Fristverlängerung vor Untersagung des Angebots (§ 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) Ist die Angebotsunterlage unvollständig oder verstößt sie auf andere Weise gegen die Vorschriften des 25 WpÜG oder eine auf Grund dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnung, kann die BaFin, vor der Untersagung des Angebots, die Frist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG um bis zu fünf Werktage verlängern. Eines diesbezüglichen Antrags des Bieters bedarf es nicht50. Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in der Angebotsunterlage „nicht selten sehr komplexe Sachverhalte … darzustellen sind“ und die BaFin, ohne dass ihr insoweit ein Ermessen zustünde, das Angebot (mit der sich aus § 26 45 Für § 8 VermAnlG Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 8 VermAnlG Rz. 38; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 45. Für die Angebotsunterlage Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 38; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 141; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 10; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 52; Santelmann in Steinmeyer, § 14 WpÜG Rz. 22; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 63. 46 Bekanntmachung vom 6.9.1999 (Rz. 15 Fn. 23), Ziff. VII. 1. 47 So auch für das WpÜG Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 45. In Bezug auf die Angebotsunterlage etwa Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 8; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 141; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 52; Santelmann in Steinmeyer, § 14 WpÜG Rz. 23; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 63. 48 Dazu näher Maas in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 8i VerkProspG Rz. 25; Lenz/Ritz, Die Bekanntmachung des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zum Wertpapier-Verkaufsprospekt und zur Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte, WM 2000, 904, 907. 49 Bekanntmachung vom 6.9.1999 (Rz. 15 Fn. 23), Ziff. VII. 1. 50 Ebenso Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 39; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 61. Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 142, weisen darauf hin, dass die BaFin in der Praxis den Bieter ggf. auffordert, eine solche Firstverlängerung zu beantragen.
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§ 14 Rz. 25 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage WpÜG ergebenden Sperrwirkung sowie den aus § 15 Abs. 3 WpÜG folgenden Konsequenzen) auch dann nach § 15 Abs. 1 WpÜG untersagen müsste, wenn die Angebotsunterlage kurzfristig und unschwer zu beseitigende Mängel aufwiese51. Zur Fristverlängerung zwecks Schaffung des Zeitrahmens zur Erörterung von Mängeln der Angebotsunterlage und zu deren Beseitigung siehe schon oben Rz. 21. 26
Nach der Gesetzesbegründung gestattet § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG eine „einmalige Nachfrist von höchstens fünf Werktagen“52, jedoch ist Sinn und Zweck der Bestimmung nicht zu entnehmen, dass eine mehrmalige Fristverlängerung nicht zulässig wäre, solange sie insgesamt zu keiner fünf Werktage übersteigenden Verlängerung der Frist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG führt53. Eine zunächst um zwei Tage verlängerte Frist kann danach ohne Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG noch einmal um höchstens drei Tage verlängert werden54. Außer Frage steht, dass die BaFin auch innerhalb der verlängerten Frist dem Bieter durch Hinweis auf verbliebene Mängel der Angebotsunterlage mehrfach die Möglichkeit der Nachbesserung geben kann.
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Die Entscheidung über die Fristverlängerung steht im Ermessen der BaFin55. Das gilt auch im Hinblick auf den Umfang der Verlängerung im Rahmen der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG gesetzten Höchstgrenze von fünf Werktagen. Die Berechnung der verlängerten Frist erfolgt nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB56; das oben in Rz. 24 Ausgeführte gilt entsprechend.
IV. Verbot der Bekanntgabe vor Veröffentlichung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) 28
Vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG darf diese gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG weder vom Bieter noch durch Dritte57 bekannt gegeben werden. Sinn und Zweck der Regelung ist es, der Öffentlichkeit erst in dem Zeitpunkt Kenntnis von der Angebotsunterlage zu geben, in dem die Prüfung derselben durch die BaFin (durch Gestattung der Veröffentlichung der Angebotsunterlage) abgeschlossen oder die in § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG angeführte und ggf. nach § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG verlängerte Frist abgelaufen ist. Darüber hinaus hat die Bestimmung den Effekt, dass die Veröffentlichung der Angebotsunterlage in einem geordneten, die informationelle Chancengleichheit des Publikums wahrenden und zugleich die diffuse Verbreitung von Insiderinformationen verhindernden Verfahren erfolgt. Da die Vorschrift aber vorrangig dem Schutz des Publikums vor Dispositionen auf der Grundlage einer noch nicht gebilligten Angebotsunterlage und vor Abgabe eines rechtsverbindlichen Angebots dient, kommt als Bekanntgabe auch nur eine Veröffentlichung der Angebotsunterlage, d.h. eine Bekanntgabe jedweder Art gegenüber einem unbestimmten Personenkreis58 in Frage.
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Spezielle insiderrechtliche Regelungsanliegen werden mit § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG nicht verfolgt. Deshalb ist die nicht in eine Bekanntgabe (siehe Rz. 28) mündende Weitergabe der noch nicht veröffentlichten Angebotsunterlage an einzelne Personen kein Anwendungsfall des § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG, sondern des Insiderrechts (insbes. des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) und nach diesem jedenfalls dann kei51 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45. 52 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45 (Hervorhebung hinzugefügt). 53 Ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 34; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 48; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 66 m.w.N. 54 Ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 34. 55 Vgl. etwa Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 35; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 143; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 50; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 69. 56 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 Rz. WpÜG 37; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 54; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 68. 57 Vgl. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 59; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 73 m.w.N. Wie hier jetzt auch Santelmann in Steinmeyer, § 14 WpÜG Rz. 26, anders noch Steinmeyer/Häger, 1. Aufl. 2002, § 14 Rz. 24. A.A. weiterhin Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 42. 58 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 160. Ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 61 („Vielzahl von Dritten“); Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 74 („Vielzahl von Adressaten“).
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 31 § 14
nen Bedenken unterliegend, wenn sie befugt erfolgt. Als befugt wird man u.a. die Weiterleitung der noch unveröffentlichten Angebotsunterlage an den Vorstand der Zielgesellschaft ansehen können59, zumal wenn bereits im Vorfeld Gespräche zwischen diesem und dem Bieter stattgefunden haben und (im Hinblick auf die nach § 27 WpÜG gebotene Stellungnahme des Vorstands der Zielgesellschaft) die Empfehlung des Vorstands zur Annahme des Angebots im Raume steht. Der Vorstand der Zielgesellschaft wird dadurch im Hinblick auf die in der Angebotsunterlage enthaltenen Insidertatsachen (§ 13 Abs. 1 WpHG) Insider und unterliegt damit den Insiderhandelsverboten aus § 14 Abs. 1 WpHG. Wegen der Pflicht des Vorstands zur unverzüglichen Unterrichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Zielgesellschaft nach § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG aus „sonstigen wichtigen Anlässen“ einerseits und des Umstands, dass auch der Aufsichtsrat nach § 27 WpÜG eine Stellungnahme zum Angebot abzugeben hat, wird man auch die Weiterleitung der noch unveröffentlichten Angebotsunterlage sowohl direkt durch den Bieter als auch durch den Vorstand der Zielgesellschaft an den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft als befugt anzusehen haben60. Allerdings hat es der Bieter in der Hand, durch entsprechende (ggf. vertragsstrafebewehrte) vertragliche Vereinbarung mit dem Vorstand der Zielgesellschaft eine Weiterleitung der Angebotsunterlage vor deren Veröffentlichung an den Aufsichtsrat zu unterbinden. Eine Weiterleitung der unveröffentlichten Angebotsunterlage durch den Bieter oder den Vorstand der Zielgesellschaft an den Betriebsrat der Zielgesellschaft oder gar, falls ein solcher nicht besteht, an die Arbeitnehmer derselben ist dagegen nicht mehr als befugt anzusehen61: Im Falle der Information der Arbeitnehmer käme nur eine Form der Weitergabe in Betracht, die eine Bekanntgabe i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG darstellen würde; eine Weiterleitung der noch unveröffentlichten Angebotsunterlage an den Betriebsrat ist dagegen weder auf Grund gesellschaftsrechtlicher noch übernahmerechtlicher Erwägungen gerechtfertigt. Abgesehen davon, dass der vorsätzliche oder leichtfertige Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ordnungswidrigkeitsrechtlich sanktioniert ist (siehe unten Rz. 51), kann die unbefugte Bekanntgabe der Angebotsunterlage gegenüber einem unbestimmten Personenkreis auch eine Insidertat in Gestalt der unbefugten Weitergabe einer Insidertatsache nach § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 38 Abs. 1, 3 und 4 und § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG darstellen. Darüber hinaus kommt ein Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation i.S.d. §§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 1 f. WpHG in Betracht. Schließlich kann die BaFin zur Verhinderung der unbefugten Veröffentlichung der Angebotsunterlage bzw. zur Verhinderung weiterer Fälle unbefugter Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Wege der Missbrauchsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG vorgehen.
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V. Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 14 Abs. 3 WpÜG) 1. Überblick § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG schreibt die Art und Weise der Veröffentlichung der Angebotsunterlage vor. 31 Durch eine formalisierte Veröffentlichungsprozedur wird in zeitlicher Hinsicht die informationelle Chancengleichheit des Publikums sichergestellt und in sachlicher Hinsicht einer effektiven Verbreitung der (namentlich die für die Adressaten des Angebots erforderlichen) Angebotsinformationen Rechnung getragen. Dem dient ein zwingend einzuhaltendes zweispuriges Veröffentlichungsverfahren, das sowohl die Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Internet (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) als auch entweder die Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Bundesanzeiger oder die Bereithaltung der Angebotsunterlage zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland (sog. Schalterpublizität). Im letzteren Falle ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen, bei welcher Stelle die Angebotsunterlage bereitgehalten wird und unter welcher Adresse die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgt ist (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG). Nimmt der 59 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 43; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 61; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 75. A.A. Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 232. 60 Auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 44; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 61; beide allerdings mit dem Vorbehalt „ggf.“ 61 Ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 64; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 71; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 76.
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§ 14 Rz. 31 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage Bieter die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nicht in der in § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG vorgeschriebenen Form vor, kann die BaFin das Angebot untersagen (§ 15 Abs. 2 WpÜG). Verstöße gegen § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG stellen zugleich Verstöße gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG dar; zu deren ordnungswidrigkeitsrechtlicher Sanktion siehe unten Rz. 51. 32
§ 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG verpflichtet den Bieter, der Aufsichtsbehörde die im Bundesanzeiger nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG vorzunehmenden Veröffentlichungen, d.h. entweder die Bekanntgabe der Angebotsunterlage oder die Hinweisbekanntmachungen für den Fall der Schalterpublizität, unverzüglich mitzuteilen. Zur ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktion von vorsätzlichen oder leichtfertigen Verstößen gegen § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG siehe unten Rz. 51.
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Mit der Veröffentlichung nach Maßgabe von § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG ist das Angebot des Bieters im Rechtssinne als abgegeben anzusehen62. Als Erwerbsangebot des Bieters stellt die Angebotsunterlage eine nicht empfangsbedürftige bindende Willenserklärung des Bieters dar. Als Antrag an die Inhaber der in der Angebotsunterunterlage bezeichneten Wertpapiere jeden angesprochenen Wertpapierinhaber auf Abschluss eines Vertrages mit ihm, dem Bieter, i.S. der §§ 145 ff. BGB, muss er den Angebotsadressaten deshalb nicht zugehen, sondern wird durch Veröffentlichung wirksam (dazu ausführlich § 11 WpÜG Rz. 18 und 24 ff. Voraufl.). Die Veröffentlichung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG ist darüber hinaus Anknüpfungspunkt von Fristen, wie etwa der Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 WpÜG oder der Verjährung der Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 Abs. 4 WpÜG. Soweit das Gesetz (das ist, neben den vorstehend angeführten Vorschriften, in §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 31 Abs. 4 und § 4 WpÜG-AngVO der Fall) tatbestandlich auf die Veröffentlichung der Angebotsunterlage abstellt und die Veröffentlichung im Internet nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG und diejenige im Bundesanzeiger bzw. durch Eröffnung der Schalterpublizität nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG nicht zeitgleich erfolgen, ist – weil es sich diesbezüglich um kumulativ einzuhaltende Veröffentlichungsformen handelt und in der Sache der Regelung des § 10 Abs. 2 HGB betreffend die Bekanntmachung von Handelsregistereintragungen entsprechend – die zeitlich spätere Veröffentlichungsform maßgebend. 2. Veröffentlichung im Internet (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG)
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Der technologischen Entwicklung Rechnung tragend und dem Publikum die Möglichkeit des schnellen und unmittelbaren Zugriffs auf die Angebotsunterlage eröffnend63, ermöglicht § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG nicht nur die Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Internet, sondern schreibt eine solche – unter den bislang bekannten Formen zwingender Kapitalmarktkommunikation ein Novum – sogar vor. Dabei überlässt das Gesetz die Entscheidung, an welcher Stelle (Website) die Bekanntgabe im Internet erfolgt, dem Bieter. Lediglich Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte64 sprechen dafür, dass dieser zur Bekanntgabe der Angebotsunterlage seine eigene allgemeine Website oder eine eigene eigens für die Zwecke des Angebots eingerichtete Website65 wählen wird. Verpflichtet ist er dazu nicht, d.h. die Nutzung einer fremden Website ist zulässig66.
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Das Recht des Bieters, die Bekanntgabe der Angebotsunterlage an einer von ihm zu wählenden Website vorzunehmen, steht dem vom Gesetzgeber angestrebten „schnellen und unmittelbaren Zugriff“ auf die Angebotsunterlage nicht entgegen, muss der Bieter doch bei der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 3 Satz 2 WpÜG auch die Adresse angeben, unter der die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgen wird. Die Veröffentlichung an einer anderen Stelle als der in der Veröffentlichung der Ent62 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 45; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 2; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 21; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 62; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 78. 63 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45. 64 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45. 65 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 150. 66 Etwa Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 48; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 150; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 44; Sohbi in Heidel, § 14 WpÜG Rz. 13; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 236; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 82; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 25.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 38 § 14
scheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 3 WpÜG angegebenen läuft – indem sie den „schnellen und unmittelbaren Zugriff“ auf die Angebotsunterlage erschwert, wenn nicht gar vereitelt – dem Regelungsanliegen des Gesetzgebers zuwider. Sie kann deshalb nicht als ordnungsgemäße Veröffentlichung i.S. des § 14 Abs. 3 WpÜG angesehen werden67, stellt aber jedenfalls einen Missstand dar, der die BaFin zum Einschreiten nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG veranlassen muss68. Beschränkungen des Zugriffs auf die Website, auf der die Bekanntgabe der Angebotsunterlage nach 36 § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgt, wird man für den Fall zuzulassen haben, dass dem Bieter bei grenzüberschreitenden Angeboten nach § 24 WpÜG gestattet wurde, bestimmte Inhaber von dem Angebot auszunehmen69. Zwar soll die Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Internet gerade auch ausländischen oder im Ausland weilenden inländischen Interessenten und Angebotsadressaten den schnellen und komplikationslosen Zugriff auf die Angebotsunterlage ermöglichen, doch ist die Sperre des Zugangs zu der fraglichen Website vom betroffenen Ausland her möglicherweise (anstelle einer bloßen Angebotsverwahrung gegenüber bestimmten Personen) die einzige effektive Maßnahme, um zu verhindern, dass der Bieter durch die Einstellung der Angebotsunterlage in das Internet den Regelungen fremder Jurisdiktionen unterfällt, von denen ihn die Ausnahmegenehmigung nach § 24 WpÜG gerade freistellen soll. Das Gesetz enthält demgegenüber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Angebotsunterlage nur dann als veröffentlicht zu gelten habe, wenn sie ins Internet eingestellt sei und zumindest ausgedruckt werden könnte. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift, den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft die Möglichkeit zu eröffnen, sich über das Angebot sachgerecht informieren zu können70, zwingen nicht zu der Annahme, die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Wege ihrer Bekanntgabe im Internet sei erst erfolgt, wenn sich die Angebotsadressaten ein ausgedrucktes Exemplar derselben verschaffen könnten71 oder gar ein „Download“ der Datei möglich sei72, zumal die Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Internet die Veröffentlichung derselben in einer gedruckten Form nicht ersetzt (§ 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG; siehe unten Rz. 37). 3. Bekanntgabe im Bundesanzeiger oder Schalterpublizität (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 WpÜG) Zusätzlich zur Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Internet verlangt das Gesetz eine weitere Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Dabei kann der Bieter wählen, ob er die Angebotsunterlage im Bundesanzeiger bekanntgibt oder diese zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland bereithält. Im letzteren Falle entfällt zwar die Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Bundesanzeiger, doch muss – dessen ungeachtet – im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden, bei welcher Stelle die Angebotsunterlage bereit gehalten wird und unter welcher Adresse die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgt ist. Diese Bekanntmachung ist der BaFin unverzüglich mitzuteilen (§ 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG).
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a) Bekanntgabe im Bundesanzeiger und Mitteilungspflicht Aufgrund der Änderung der Vorschrift durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz (Rz. 3a) ist 38 an die Stelle der Möglichkeit, die Angebotsunterlage – statt durch Schalterpublizität und zusätzlich zur Bekanntgabe im Internet – in einem überregionalen Börsenpflichtblatt bekannt zu veröffentlichen, die Option getreten, die Angebotsunterlage im Bundesanzeiger bekannt zu geben. War ursprünglich vom „elektronischem“ Bundesanzeiger die Rede, so spricht die Bestimmung nach ihrer Änderung durch das Gesetz vom 22.12.2011 zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen 67 Ebenso Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 150; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 63; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 82. So jetzt auch Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 44. 68 Siehe Voraufl. § 4 WpÜG Rz. 8, 23. Ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 63 („kann“). 69 Ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 49. 70 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45. 71 Ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 Rz. 11. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 47; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 81; Ritz, AG 2002, 662, 666, in Bezug auf die ähnliche Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 2 VerkProspG a.F. 72 So Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 64; Ritz, AG 2002, 662, 666.
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§ 14 Rz. 38 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage sowie der Zivilprozessordnung, des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung (oben Rz. 3a), mit dem die gedruckte Ausgabe des Bundesanzeigers zum 1.4.2012 durch ein elektronisches Publikationsorgan mit der Bezeichnung Bundesanzeiger ersetzt wurde (siehe §§ 5, 12 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen), nur noch vom Bundesanzeiger. Veröffentlichungen im Bundesanzeiger können online veranlasst werden über www.publika tions-plattform.de. 39
Der Bieter hat die Bekanntgabe der Angebotsunterlage im Bundesanzeiger der BaFin unverzüglich mitzuteilen (§ 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG). Die Mitteilung muss gemäß § 45 WpÜG schriftlich erfolgen, kann aber im Wege der elektronischen Datenfernübertragung übermittelt werden, wenn der Absender hierbei zweifelsfrei zu erkennen ist. Zu den Anforderungen, die sich aus dem Umstand ergeben, dass die Mitteilung unverzüglich zu erfolgen hat, siehe die Erläuterungen zu § 10 WpÜG Rz. 43 f. b) Schalterpublizität
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Die Regelung, der zufolge der Bieter alternativ zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Bundesanzeiger die Angebotsunterlage bei einer geeigneten Stelle im Inland zur kostenlosen73 Ausgabe bereithalten kann (sog. Schalterpublizität), lehnt sich an die entsprechenden Regelungen in § 9 Abs. 2 Satz 1 VerkProspG a.F. – der Vorschrift entspricht § 9 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG – und § 14 Abs. 2 Nr. 2 WpPG an74. Abweichend von diesen enthält § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG jedoch keine Vorgaben im Hinblick auf die für die Bereithaltung der Angebotsunterlage in Frage kommenden Stellen, sondern verlangt lediglich, dass es sich um inländische Stellen handelt, die für den fraglichen Zweck geeignet sind. Das setzt vor allem voraus, dass die Stelle postalisch oder telefonisch unter der angegebenen Adresse oder zu den üblichen Geschäftszeiten unter den angeführten Telefonnummern erreichbar und zur Vorhaltung und Abwicklung der kostenlosen Versendung der Angebotsunterlagen in der Lage ist75, nicht aber notwendigerweise auch die Möglichkeit des Zugangs zu Geschäftsräumen zwecks Abholung der Angebotsunterlage. Umgekehrt ist der Schalterpublizität nicht Genüge getan, wenn die Unterlage an der fraglichen Stelle abgeholt werden muss, eines Fax-Abrufs auf Kosten des Interessenten bedarf oder, was durch die Ergänzung der obligatorischen Internetveröffentlichung um die Schalterpublizität gerade vermieden werden soll76, der Interessent lediglich auf eine Internetadresse77 verwiesen wird. Außer Frage steht, dass die Vorhaltung der Angebotsunterlage auch auf die Weise erfolgen kann, dass die Angebotsunterlage bei Bedarf von der fraglichen Stelle aus dem Internet oder von einem anderen Speichermedium ausgedruckt wird78.
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Wählt der Bieter die Schalterpublizität als die Internetbekanntmachung ergänzende Veröffentlichungsform, so muss er im Bundesanzeiger (Rz. 38) die in § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 (2. Halbsatz) WpÜG vorgesehenen Hinweisbekanntmachungen vornehmen. Danach ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen, bei welcher Stelle die Angebotsunterlage bereit gehalten wird und unter welcher Adresse die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erfolgt ist. Das setzt zum Zwecke der Identifikation des Vorgangs, auf den sich die Hinweisbekanntmachung bezieht, zunächst die Benennung des Bieters und der betroffenen Wertpapiere voraus. Des Weiteren ist 73 Ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 12; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 68; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 88. 74 Zu Einzelheiten kann deshalb auf die Kommentierung der Vorschrift von Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz, 2. Aufl. 2010, § 9 VerkProspG Rz. 11 ff., Assmann bzw. Kunold in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, § 9 VermAnlG Rz. 5 bzw. § 14 WpPG Rz. 17 ff. verwiesen werden. 75 Es entspricht zumindest h.M., dass die Stelle in der Lage sein muss, den Versand der Angebotsunterlage organisatorisch zu bewältigen. Siehe Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 51; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 68; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 89 f. 76 Die Schalterpublizität hat hier erkennbar mehr als die Funktion einer bloßen Evidenzzentrale im Hinblick auf die Bekanntgabe der Internetadresse i.S.d. § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG. 77 Ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 53; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 68; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 91. 78 Im Anschluss an Ritz in Assmann/Lenz/Ritz, 1. Aufl. 2001, § 9 VerkProspG Rz. 13. Ebenso: Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 54; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 151; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 68; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 92.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 46 § 14
der Name und die Adresse und/oder Telefonnummer der Stelle, bei der die Angebotsunterlage bereitgehalten wird, anzugeben (die Nennung einer Fax-Nummer oder einer E-Mail-Adresse kann hinzukommen) und mit dem Hinweis zu versehen, dass die Angebotsunterlage bei der angeführten Stelle kostenlos angefordert werden kann. Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG hat der Bieter der BaFin die Veröffentlichung der Hinweisbekanntmachungen nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG (Rz. 41) unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung hat schriftlich zu erfolgen, kann aber im Wege der elektronischen Datenfernübertragung übermittelt werden, wenn der Absender hierbei zweifelsfrei zu erkennen ist (siehe oben Rz. 39).
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D. Übermittlungspflichten des Bieters und des Vorstands der Zielgesellschaft nach § 14 Abs. 4 WpÜG Die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zieht gemäß § 14 Abs. 4 43 Satz 1 WpÜG zunächst die Pflicht des Bieters nach sich, dem Vorstand der Zielgesellschaft die Angebotsunterlage unverzüglich nach deren Veröffentlichung zu übermitteln. Der Vorstand der Zielgesellschaft ist dann seinerseits gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG verpflichtet, die ihm zugegangene Angebotsunterlage unverzüglich dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern zu übermitteln. Verstöße gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 WpÜG sind ordnungswidrigkeitsrechtlich sanktioniert, siehe unten Rz. 51. Handelt es sich bei dem Bieter um ein Unternehmen, so ist er aufgrund des mit dem Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 8.7.2006 (oben Rz. 3a) neu eingefügten § 14 Abs. 4 Satz 3 WpÜG verpflichtet, die Angebotsunterlage auch seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern unverzüglich nach der Veröffentlichung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu übermitteln. § 14 Abs. 4 WpÜG entspricht den Pflichten des Bieters zur Weiterleitung der Veröffentlichung der Entscheidung über die Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 5 WpÜG.
I. Übermittlung an den Vorstand der Zielgesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG) Der Umstand, dass dem Vorstand der Zielgesellschaft bereits vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine solche zugeleitet wurde (siehe oben Rz. 29), entbindet nicht von der Pflicht, ihm nach der Veröffentlichung derselben gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG neuerlich eine Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG zu übermitteln. Das ist schon deshalb geboten, um den Vorstand über den Umstand der Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu informieren und bei ihm keine Zweifel über den – möglicherweise (etwa auf Grund entsprechender Interventionen der BaFin im Zuge der Prüfung der Angebotsunterlage) von einer früheren Version abweichenden – veröffentlichten Inhalt der Angebotsunterlage aufkommen zu lassen79.
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§ 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG verlangt die Übermittlung der Angebotsunterlage an den Vorstand. Dem 45 ist in entsprechender Anwendung von § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG80 Genüge getan, wenn – im Falle eines mehrköpfigen Vorstands – die Angebotsunterlage einem Vorstandsmitglied zugeht81 (siehe § 10 WpÜG Rz. 77). Im Übrigen entspricht die Regelung des § 14 Abs. 4 WpÜG im Wesentlichen derjenigen des § 10 Abs. 5 WpÜG, mit dem Unterschied, dass an die Stelle der in § 10 Abs. 4 WpÜG angeordneten Mit79 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 101. Eine nochmalige Übermittlung wird teilweise nur dann für erforderlich gehalten, falls die veröffentlichte Angebotsunterlage von der dem Vorstand zuvor übermittelten abweicht, allerdings wird eine nochmalige Übermittlung empfohlen. So etwa Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 60; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 70. 80 Es entspricht h.M., dass § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG, der sich unmittelbar nur auf gegenüber der Gesellschaft abzugebende Willenserklärungen bezieht, auf geschäftsähnliche Handlungen entsprechend anzuwenden ist. Etwa Habersack in Großkomm. AktG, § 78 AktG Rz. 38; Hüffer/Koch, § 78 AktG Rz. 13; Spindler in MünchKomm. AktG, § 78 AktG Rz. 84. 81 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 59; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 153; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 102.
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§ 14 Rz. 46 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage teilungspflichten über die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots jeweils die Pflicht zur Übermittlung der veröffentlichten Angebotsunterlage tritt und für diese, anders als für die Mitteilung nach § 10 Abs. 5 WpÜG, keine Schriftform vorgesehen ist. Zu den sich aus § 14 Abs. 4 WpÜG ergebenden Übermittlungspflichten kann deshalb weitgehend auf die Kommentierung zu § 10 Abs. 5 WpÜG (§ 10 WpÜG Rz. 74 ff.) verwiesen werden. Erläuterungswürdige Besonderheiten ergeben sich deshalb lediglich im Hinblick auf die Frist (siehe unten Rz. 47) und die Form der Übermittlung der Angebotsunterlage (siehe unten Rz. 48 und Rz. 49) zunächst seitens des Bieters an den Vorstand der Zielgesellschaft und sodann seitens des Vorstands der Zielgesellschaft gegenüber dem Betriebsrat (und ggf. gegenüber den Arbeitnehmern) der Zielgesellschaft. 47
Die Übermittlung der Angebotsunterlage an den Vorstand der Zielgesellschaft muss nach § 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG unverzüglich erfolgen. Während die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 3 WpÜG alternativ in einem überregionalen Börsenpflichtblatt oder einem elektronisch betriebenen Informationssystem erfolgen kann, ist die Veröffentlichung der Angebotsunterlage erst erfolgt, wenn – kumulativ – die Angebotsunterlage im Internet bekannt gegeben und nach Maßgabe von § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG veröffentlicht wurde. Deshalb ist im Hinblick auf die Verpflichtung zur unverzüglichen Übersendung der Angebotsunterlage an den Vorstand der Zielgesellschaft nicht auf den ersten, sondern auf den letzten Akt des zweigliedrigen Veröffentlichungsvorgangs abzustellen82. So oder so hat es der Bieter in der Hand, durch die Einstellung der Angebotsunterlage ins Internet zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG hieraus resultierende Zweifelsfragen gar nicht erst aufkommen zu lassen.
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Da § 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG keine bestimmte Form der Übermittlung vorschreibt und sich ein Formerfordernis – anders als bei der Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG (siehe oben Rz. 14) – auch aus sonstigen Gründen nicht ergibt, kommt für die Übermittlung der Angebotsunterlage an den Vorstand der Zielgesellschaft auch die elektronische Übermittlung oder die Übersendung der Unterlage via Fax in Betracht83, obschon sich auch hier aus Gründen des Nachweises der Übermittlung in erster Linie noch immer postalische Übermittlungsformen anbieten. Wollte man die Mitteilung lediglich einer Internetadresse, auf der die Angebotsunterlage bekannt gegeben wird, als Übermittlung genügen lassen84, würde aus der „Bringschuld“ des Bieters eine „Holschuld“ des Vorstands der Zielgesellschaft und – will man dem Vorstand der Zielgesellschaft nicht vorenthalten, was dem Bieter gewährt wird – in der Folge auch des Betriebsrats (oder ggf. gar der Arbeitnehmer) der Zielgesellschaft.
II. Weiterleitung an Betriebsrat bzw. Arbeitnehmer der Zielgesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG) 49
Wie in Bezug auf die Übermittlung der Angebotsunterlage durch den Bieter an den Vorstand der Zielgesellschaft ist auch im Hinblick auf diejenige des Vorstands der Zielgesellschaft an den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft nach § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG keine Form vorgeschrieben. Für die Übermittlung der Angebotsunterlage durch die Zielgesellschaft an den Betriebsrat, zu richten an den Vorsitzenden des jeweils zu unterrichtenden Gremiums (siehe § 10 WpÜG Rz. 79), kommen deshalb die gleichen Übermittlungsformen wie bei der Übermittlung der Angebotsunterlage durch 82 A.A. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 100 f., der dieses Ergebnis unter Berufung auf den Zweck des § 14 Abs. 4 WpÜG korrigieren will. Auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 14 WpÜG Rz. 23. 83 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 61; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 153; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 244; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 104. 84 So Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 23; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 70. Dazu neigen auch: Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 61; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 33. Sympathisierend, aber doch „eher“ der hier vertretenen Ansicht folgend, Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 14 WpÜG Rz. 104. Ablehnend wie hier Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 14 WpÜG Rz. 23; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 14 WpÜG Rz. 23; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 14; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 153 („bloße Mitteilung der Internetadresse … dürfte angesichts des Wortlauts des § 14 Abs. 4 S. 1 hingegen nicht genügen“); Santelmann in Steinmeyer, § 14 WpÜG Rz. 36; Sohbi in Heidel, § 14 WpÜG Rz. 15.
392
Assmann
Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 50 § 14
den Bieter an den Vorstand der Zielgesellschaft in Betracht (siehe Rz. 48). Hat der Vorstand der Zielgesellschaft die Angebotsunterlage, mangels Existenz eines Betriebsrats, „den Arbeitnehmern“ zu übermitteln, so ist damit nicht die individuelle Information jedes einzelnen Arbeitnehmers gemeint. Deshalb muss es auch hier (wie schon bei der Erfüllung der Unterrichtungspflicht nach § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) zur Erfüllung der Übermittlungspflicht ausreichen, wenn der Vorstand der Zielgesellschaft jedem Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnet, von der Angebotsunterlage Kenntnis zu nehmen. Das geschieht zweckmäßigerweise dadurch, dass die Angebotsunterlage an einer für die Arbeitnehmer unschwer zugänglichen Stelle zur Einsichtnahme ausgelegt und an den für Mitteilungen an die Arbeitnehmer vorgesehenen Orten ein Aushang angebracht wird, in dem auf die Abgabe des Angebots und die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Angebotsunterlage an der fraglichen Stelle hingewiesen wird.
III. Übermittlung an Betriebsrat bzw. Arbeitnehmer des Bieters (§ 14 Abs. 4 Satz 3 WpÜG) Ist der Bieter ein der betrieblichen Mitbestimmung unterliegendes Unternehmen oder beschäftigt er, 49a falls ein Betriebsrat (aus welchem Grunde auch immer) nicht vorhanden ist, zumindest Arbeitnehmer, so ist er nach § 14 Abs. 4 Satz 3 WpÜG verpflichtet, die Angebotsunterlage auch seinem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern unverzüglich nach der Veröffentlichung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu übermitteln. Die Vorschrift ist (wie der ihr entsprechende, die Übermittlung bzw. Weiterleitung der Veröffentlichung der Entscheidung über die Abgabe eines Angebots betreffende § 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG, siehe dazu § 10 WpÜG Rz. 81) durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 8.7.2006 (oben Rz. 3a) eingeführt worden. Die Änderung setzt Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 3 der Übernahmerichtlinie85 um, mit der Folge, dass nicht nur der Vorstand der Zielgesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG), sondern auch der Bieter selbst seinen Betriebsrat oder seine Arbeitnehmer von der Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu unterrichten hat. Der Regelung liegt die Überlegung zugrunde, sowohl die Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG) als auch die veröffentlichte Angebotsunterlage (§ 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) seien nicht nur für die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft, sondern auch für die des Bieters von Interesse und seien deshalb diesen bzw. ihren Vertretern unverzüglich zugänglich zu machen86. Wie in § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG schreibt das Gesetz auch hierfür keine Form vor. Es steht dem Bieter deshalb frei, wie er seiner Verpflichtung gerecht wird, seinen Arbeitnehmern bzw. ihre Vertretern unverzüglich die nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG veröffentlichte Angebotsunterlage zu übermitteln.
E. Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen I. Untersagung des Angebots Verstöße gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG (Pflicht zur fristgemäßen Übermittlung der Angebotsunterlage) und § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG (Pflicht zur fristgemäßen Veröffentlichung der Angebotsunterlage) müssen, solche gegen § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG (Pflicht zur formgemäßen Veröffentlichung) können die Untersagung des Angebots durch die BaFin nach sich ziehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG bzw. § 15 Abs. 2 WpÜG), wobei eine Untersagung, neben den in § 15 Abs. 3 WpÜG angeführten Konsequenzen, zur Folge hat, dass der Bieter vor Ablauf eines Jahres kein erneutes Angebot unterbreiten kann (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG).
85 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12. 86 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003, 1, 18.
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§ 14 Rz. 51 Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
II. Ordnungswidrigkeitsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen 51
Der Bieter handelt ordnungswidrig, wenn er vorsätzlich oder leichtfertig – entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG der BaFin die Angebotsunterlage nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpÜG); Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 500.000 Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG; siehe auch oben Rz. 5); – entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG (i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WpÜG); Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG); – entgegen § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG die Angebotsunterlage vor ihrer Veröffentlichung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG bekannt gibt (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG; siehe auch oben Rz. 30); – entgegen § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG der BaFin einen Beleg über die Veröffentlichung nach Satz 1 Nr. 2 nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig übersendet (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 200.000 Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG); – als Bieter entgegen § 14 Abs. 4 WpÜG dem Vorstand der Zielgesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG), seinem zuständigen Betriebsrat bzw. seinen Arbeitnehmern (§ 14 Abs. 4 Satz 3 WpÜG) oder als Vorstand der Zielgesellschaft unter Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, den Arbeitnehmern die Angebotsunterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WpÜG); Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 200.000 Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG).
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Vorsatz bedeutet „Wissen und Wollen der zum gesetzlichen Tatbestand gehörenden objektiven Merkmale“ (siehe im Einzelnen § 60 WpÜG Rz. 13). Leichtfertigkeit ist „qualifizierte Fahrlässigkeit“ (§ 60 WpÜG Rz. 15), d.h. sie stellt einen „erhöhten Grad von Fahrlässigkeit“ dar, vergleichbar der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht87. Sie ist gegeben, wenn eine ungewöhnlich grobe Pflichtwidrigkeit vorliegt, etwa, weil ganz naheliegende Überlegungen verabsäumt werden oder unbeachtet gelassen wird, was jedem einleuchten muss88. So soll der Vorstand einer Aktiengesellschaft leichtfertig handeln, wenn er ohne Einholung von Rechtsrat ein öffentliches Kaufangebot für Aktien, deren Preisfeststellung von der Börse lediglich ausgesetzt wurde, unter Verletzung der Veröffentlichungs- und Gestattungspflichten nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WpÜG und § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG bekannt gibt, weil er fälschlich davon ausgeht, bereits die Aussetzung des Börsenhandels führe zu einer Beendigung der Börsenzulassung89.
52
Als Vorstand der Zielgesellschaft handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG dem zuständigen Betriebsrat bzw. den Arbeitnehmern die Angebotsunterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig übermittelt (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WpÜG); Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 200.000 Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG). Zu fahrlässigem Vorstandsverhalten siehe vorstehend Rz. 51a.
53
Strafrechtliche Relevanz wird allenfalls eine Verletzung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG enthaltenen Verbots der unbefugten Bekanntgabe der Angebotsunterlage vor einer Veröffentlichung derselben nach § 14 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG erlangen können, wobei Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot (§ 14 Abs. 1 Nr. 2, § 38 Abs. 1, 3 und 4, § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG) und das Verbot der Marktmanipulation (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG) in Betracht kommen (siehe dazu bereits oben Rz. 30). Zu den strafrechtlichen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, dass der Bieter mit der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 WpÜG eine
87 Im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), AG 2010, 296, 297 = ZIP 2010, 670. Siehe auch § 60 WpÜG Rz. 15. 88 Etwa BGH v. 13.4.1960 – 2 StR 593/59, BGHSt 14, 240; OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), AG 2010, 296, 297 = ZIP 2010, 670, m.w.N. 89 OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2010 – WpÜG 10/09 (OWi), AG 2010, 296, 297 = ZIP 2010, 670.
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Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage
Rz. 56 § 14
Entscheidung zur Abgabe eines Angebots lediglich vortäuschte und dementsprechend auch seine aus § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG folgenden Pflichten nicht erfüllt, siehe § 10 WpÜG Rz. 92.
III. Zivilrechtliche Rechtsfolgen 1. Pflichtverletzungen des Bieters Unterbleibt entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG die Veröffentlichung der Angebotsunterlage, so fehlt es an der rechtswirksamen Abgabe eines Angebots. Anleger, die nach der Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1, 3 WpÜG im Vertrauen auf die spätere Abgabe des Angebots in Gestalt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG Dispositionen getroffen haben, können daraus jedoch keine Ansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten (culpa in contrahendo, §§ 280, 311 Abs. 2 BGB) herleiten90: Ist die Veröffentlichung aus vom Bieter nicht zu vertretenden Umständen unterblieben, scheitert ein solcher Anspruch schon am fehlenden Verschulden (§§ 280 Abs. 1 Satz 2, 276 BGB) des Bieters. Doch auch unabhängig davon begründet die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots, welche allein dem marktordnungsbezogenen Zweck dient, „die Öffentlichkeit frühzeitig über marktrelevante Daten“ zu informieren, „um damit das Ausnutzen von Spezialwissen zu verhindern“91, noch kein vorvertragliches Pflichtenverhältnis i.S.d. § 311 Abs. 2 Nr. 1–3 BGB, dessen Ziel es wäre, Schäden aus (in der Sache rein spekulativen) Transaktionen, die in Erwartung der tatsächlichen Abgabe eines Angebots vorgenommen werden, zu verhindern. Da auch die in den Bestimmungen des § 14 WpÜG niedergelegten, einem fairen und geordneten Angebotsverfahren dienenden Pflichten des Bieters keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten einzelner Marktteilnehmer oder potentieller Angebotsadressaten darstellen92, lassen sich auch auf diese Vorschrift Schadensersatzansprüche düpierter Anleger nicht stützen93.
54
Entsprach es dem Plan des Bieters, zwar eine Entscheidung zur Abgabe des Angebots (§ 10 Abs. 1 55 Satz 1 WpÜG), nicht aber das Angebot (in Gestalt der Angebotsunterlage, § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) selbst zu veröffentlichen, so kommt zugunsten geschädigter Anleger allenfalls ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB in Betracht (siehe § 10 WpÜG Rz. 53)94. Dagegen müsste ein solcher aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a WpHG bereits wegen der nicht anerkannten Eigenschaft der letzteren Bestimmung, Schutzgesetz zugunsten der durch die Kurs- und Marktpreismanipulation geschädigten Anleger zu sein, scheitern (siehe § 10 WpÜG Rz. 95). 2. Pflichtverletzungen des Vorstands der Zielgesellschaft Verletzt der Vorstand der Zielgesellschaft seine Pflicht aus § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG zur Übermittlung der Angebotsunterlage an den zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, die Arbeitnehmer, löst dies regelmäßig keine zivilrechtlichen Ansprüche aus. Siehe dazu im Einzelnen die Erläuterungen in § 10 WpÜG Rz. 97 zu der § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG vergleichbaren Vorschrift des § 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG.
90 Im Ergebnis ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 72; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 79 in Bezug auf das positive Interesse, aber anders Rz. 80 in Bezug auf das negative Interesse. Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 159, halten Ansprüche aus cic bereits deshalb für ausgeschlossen, weil es an einem „schützenswerten Vertrauen der Aktionäre der Zielgesellschaft“ fehle. 91 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 39. Siehe auch § 10 WpÜG Rz. 5. 92 Im Ergebnis ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 72. 93 Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 159, weisen auf die Möglichkeit eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB hin, „sofern der Bieter von vornherein nicht ernsthaft vorhatte, eine Angebotsunterlage zu veröffentlichen, sondern ein Angebot allein zum Zwecke der Börsenkursmanipulation“ ankündigte. 94 Ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 14 WpÜG Rz. 73; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 159. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 14 WpÜG Rz. 80, hält für diesen Fall auch einen Anspruch aus culpa in contrahendo (§§ 280, 311 Abs. 2 BGB) für möglich.
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§ 15 Rz. 1 Untersagung des Angebots
§ 15 Untersagung des Angebots (1) Die Bundesanstalt untersagt das Angebot, wenn 1. die Angebotsunterlage nicht die Angaben enthält, die nach § 11 Abs. 2 oder einer auf Grund des § 11 Abs. 4 erlassenen Rechtsverordnung erforderlich sind, 2. die in der Angebotsunterlage enthaltenen Angaben offensichtlich gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung verstoßen, 3. der Bieter entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 der Bundesanstalt keine Angebotsunterlage übermittelt oder 4. der Bieter entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 die Angebotsunterlage nicht veröffentlicht hat. (2) Die Bundesanstalt kann das Angebot untersagen, wenn der Bieter die Veröffentlichung nicht in der in § 14 Abs. 3 Satz 1 vorgeschriebenen Form vornimmt. (3) Ist das Angebot nach Absatz 1 oder 2 untersagt worden, so ist die Veröffentlichung der Angebotsunterlage verboten. Ein Rechtsgeschäft auf Grund eines nach Absatz 1 oder 2 untersagten Angebots ist nichtig. A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gegenstand und Zweck der Norm . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zur Generalklausel des § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG . . . . . . . . . II. Vergleichbare Regelungen und EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote . . . . . . . . B. Vorgeschriebene Untersagung (§ 15 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Unvollständigkeit der Angebotsunterlage (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . II. Offensichtlicher Verstoß gegen Rechtsvorschriften (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG) . . . .
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III. Unterbliebene Übermittlung oder Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG) . . . . . . .
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C. Möglichkeit der Untersagung bei nicht formgerechter Veröffentlichung (§ 15 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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D. Untersagung einer Angebotsänderung . . .
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E. Untersagungsverfahren . . . . . . . . . . . F. Rechtsfolgen der Untersagung (§ 15 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Verbot der Veröffentlichung des Angebots (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . II. Nichtigkeit von Rechtsgeschäften (§ 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . III. Zuwiderhandlungen . . . . . . . . . . . . .
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G. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Grundlagen 1
§ 15 WpÜG regelt die Folgen von Verstößen gegen die Vorschriften über den Inhalt, die Übermittlung und die Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 11 WpÜG).
I. Gegenstand und Zweck der Norm 1. Überblick 2
§ 15 WpÜG schreibt für bestimmte Fälle die Untersagung des Angebots vor. § 15 Abs. 2 WpÜG gestattet die Untersagung im Fall einer nicht vorschriftsgemäßen Veröffentlichung. Ein untersagtes Angebot darf nicht veröffentlicht werden (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpÜG); Erwerbsgeschäfte auf Grund des untersagten Angebots sind nichtig (§ 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG). 2. Zweck
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§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG bringt implizit die Zuständigkeit der BaFin zur Prüfung des Angebots zum Ausdruck. § 15 WpÜG knüpft daran an. Der Bieter soll hierdurch angehalten werden, seinen Infor396
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Untersagung des Angebots
Rz. 6 § 15
mationsverpflichtungen umfassend, sachlich korrekt und rechtzeitig nachzukommen1. Die Vorschrift dient dem Schutz der Zielgesellschaft und der Inhaber ihrer Wertpapiere2. 3. Verhältnis zur Generalklausel des § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG § 15 WpÜG ist lex specialis zu § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, der allgemeinen Vorschrift, die die BaFin zum Erlass von Anordnungen zur Beseitigung oder Verhinderung von Missständen ermächtigt, die sich auf das Angebotsverfahren oder den Wertpapiermarkt nachteilig auswirken könnten3. Eine Untersagungsverfügung kann also (jedenfalls grds., siehe unten Rz. 12) nur auf § 15 WpÜG, nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG gestützt werden4.
4
II. Vergleichbare Regelungen und EU-Übernahmerichtlinie Das österreichische Übernahmegesetz gestattet eine Untersagung des Angebots oder seiner Durchführung nach dem Ermessen der Übernahmekommission (§ 10 Abs. 3 Halbsatz 2 ÜbG). Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Untersagung sind weniger bestimmt als im deutschen Recht. So steht es im Ermessen der Übernahmekommission, bereits bei bloßen Zweifeln über die Gesetzmäßigkeit des Angebots das Angebot vorsorglich zu untersagen. Bei ihrer Entscheidung wird sie neben der Schwere des möglichen Gesetzesverstoßes u.a. die Art des Angebots und die Interessenlage der Beteiligten berücksichtigen. Ggf. wird sie mildere Maßnahmen treffen, beispielsweise die Veröffentlichung einer Stellungnahme nach § 10 Abs. 3 ÜbG5. Wird die Untersagung nicht befolgt, kann die Übernahmekommission nach § 34 Abs. 3 Satz 1 ÜbG anordnen, dass die vom Bieter gehaltenen Stimmrechte ruhend gestellt sind. Das heißt im Umkehrschluss, dass – anders als nach § 15 Abs. 3 WpÜG (siehe unten Rz. 26) – der Verstoß gegen die Untersagung die Wirksamkeit der aufgrund des Angebots zustande gekommenen Verträge unberührt lässt. Die Übernahmekommission hat lediglich die Befugnis, dem Bieter zu untersagen, seinen über die Stimmrechte vermittelten Einfluss auf die Zielgesellschaft auszuüben. Die Vermögensrechte des Bieters aus den Aktien der Zielgesellschaft (also vor allem seine Dividendenansprüche) bleiben indes unberührt6. Die Übernahmekommission muss dabei nach § 34 Abs. 3 Satz 2 ÜbG ferner ausdrücklich ansprechen, unter welchen Bedingungen oder Auflagen das Ruhen des Stimmrechts aufgehoben wird. Sie ist nach § 34 Abs. 2 Satz 1 ÜbG zur Aufhebung des Ruhens der Stimmrechte verpflichtet, sobald ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Pflichtangebot gestellt wurde oder zur Wiedergutmachung der Verletzung von Preisbildungsvorschriften eine Zahlung geleistet wurde bzw. alsbaldige Leistung gesichert ist. Zudem kann sie nach § 34 Abs. 2 Satz 2 ÜbG das Ruhen der Stimmrechte aufheben, wenn die Rechtsverletzung nach den Umständen des Einzelfalls die Vermögensinteressen der Aktionäre der Zielgesellschaft nicht gefährdet hat oder eine Gefährdung durch Bedingungen oder Auflagen beseitigt werden kann. So kann die Aufhebung des Ruhens der Stimmrechte etwa geknüpft werden an die Einräumung eines Rücktrittsrechts zugunsten der Angebotsadressaten (und zwar unabhängig von der etwa zwischenzeitlich erfolgten Erfüllung des Angebots durch eine der Parteien)7, die Verlängerung der Angebotsfrist oder auch eine neuerliche Öffnung des Angebots, vgl. § 34 Abs. 5 ÜbG.
5
Die schweizerische Regelung sieht keine ausdrückliche Untersagungskompetenz der Übernahmekommission vor. Sie kann indes ein Angebot nach allgemeinen Regeln gemäß Art. 138 Abs. 1 und 3 FinfraG (früher: Art. 33a Abs. 1 und Abs. 3 BEHG) im Falle von schwerwiegenden Verstößen gegen
6
1 Begr. RegE, BR-Drucks. 574/01, S. 110. 2 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 4 f.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 3. 3 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 15 WpÜG Rz. 3. 4 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 15; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 7. 5 Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. AktG, 3. Aufl. 2011, Das österreichische Übernahmerecht Rz. 140. 6 Zollner in Huber, 2. Aufl. 2016, § 10 ÜbG Rz. 16. 7 Huber in Huber, 2. Aufl. 2016, § 34 ÜbG Rz. 53 ff.
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§ 15 Rz. 6 Untersagung des Angebots das Übernahmerecht untersagen, sofern diese nicht durch eine entsprechende Korrektur des Angebotes behoben werden können8. 7
Der britische City Code on Takeovers and Mergers dagegen enthält keine Regelung betreffend eine Untersagung des Angebots.
7a
Die Übernahmerichtlinie9 bestimmt in Art. 17 in allgemeiner Form, dass die Mitgliedstaaten für den Fall des Verstoßes gegen die einschlägigen Vorschriften wirksame Sanktionen vorzusehen haben. Mit Blick auf die schon vor Umsetzung der Übernahmerichtlinie im WpÜG enthaltenen Regelungen hat § 15 WpÜG im Rahmen des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes keine Änderung erfahren.
III. Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote 8
Die Bestimmung des § 15 WpÜG gilt auch für Übernahmeangebote (§ 34 WpÜG). Sie ist im Prinzip auch bei Pflichtangeboten anwendbar (§ 39 WpÜG). Dabei kommt es bei § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG anstelle der – nach § 39 WpÜG bei Pflichtangeboten nicht einschlägigen – Übermittlung der Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auf jene nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG an (dazu § 39 WpÜG Rz. 13, 33)10. In diesem Fall lässt aber die Untersagung die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots und der Einreichung einer Angebotsunterlage unberührt. Eine Untersagung des Angebots unter Wegfall der Angebotspflicht würde den bezweckten Schutz der Aktionäre der Zielgesellschaft durch die Möglichkeit des Austritts im Fall des Kontrollwechsels aushebeln. Die Untersagung dient hier vor allem dazu, zugunsten der Aktionäre der Zielgesellschaft die Zinspflicht nach § 38 Nr. 3 WpÜG auszulösen.11 § 15 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG dürfte jedoch unanwendbar sein, denn bei Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots und seiner Veröffentlichung wäre eine Untersagung des Angebots wegen unterlassener Veröffentlichung nicht sinnvoll; vielmehr erscheint in diesem Fall die Anordnung der unverzüglichen Veröffentlichung der Angebotsunterlage geboten (§ 39 WpÜG Rz. 33)12.
B. Vorgeschriebene Untersagung (§ 15 Abs. 1 WpÜG) 9
In den Fällen des § 15 Abs. 1 WpÜG ist die BaFin (grds.) zur Untersagung verpflichtet; ihr kommt insoweit kein Ermessen zu, so dass es sich um eine gebundene Entscheidung handelt13. Eine Ausnahme gilt jedoch insoweit, als zuvor in Fällen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG Gelegenheit zur Nachbesserung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG gegeben werden kann (und im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i.d.R. auch muss)14.
8 Gericke/Wiedmer, Art. 16 UEV Rz. 8; ähnlich im Fall von Rückkaufprogrammen Olgiati/Weber, takeover practice.ch, Anm. zu Art. 138 Abs. 3 FinfraG. 9 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote vom 21.4.2004, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1581. 10 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 45; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 5; Becker/Rodde in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 27 Rz. 66; wohl auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 6; dagegen will Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 13 auch eine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG bei Pflichtangeboten nicht zulassen. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber Pflichtangebote ohne Angebotsunterlage zulassen will. 11 Jahresbericht der BaFin für 2018, S. 147; BaFin, Bescheid v. 5.9.2018 i.S. Triton Liegenschaften GmbH, Jochen Schwarz ./. Pinguin Haustechnik AG, abrufbar unter www.bafin.de. 12 Ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 13; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 6; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 30. 13 Begr. RegE, BR-Drucks. 574/01, S. 110; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 16, 44; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 8; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 15 WpÜG Rz. 1, 9a; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 15 WpÜG Rz. 4. 14 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 45; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 15 WpÜG Rz. 9a; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 8; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 17.
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Untersagung des Angebots
Rz. 11 § 15
I. Unvollständigkeit der Angebotsunterlage (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG) Die Bundesanstalt prüft die Angebotsunterlage nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG auf formelle Vollstän- 10 digkeit. Wird zu allen nach § 11 Abs. 2 WpÜG oder nach der WpÜG-AngVO erforderlichen15 Punkten eine Angabe gemacht, erweisen sich diese Angaben aber als unvollständig oder unrichtig, so ist dies kein Fall der Nr. 116, sondern allenfalls ein solcher der Nr. 2. Dieser liegt wiederum nur dann vor, wenn der Mangel offensichtlich ist. Die BaFin greift indes auch dann auf § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG zurück, wenn etwa eine Finanzierungsbestätigung nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 1 WpÜG genügt; sie geht dann vom Fehlen einer Finanzierungsbestätigung nach den Vorgaben des WpÜG und damit von der Unvollständigkeit der Angebotsunterlage aus.17 Dass § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG hinsichtlich der Vollständigkeit nur auf § 11 Abs. 2 WpÜG und die WpÜG-AngVO abstellt, ist ein weiteres Indiz für den grundsätzlich abschließenden Charakter dieser Bestimmungen (siehe oben § 11 WpÜG Rz. 44 f.). Stellt die BaFin im Rahmen ihrer Prüfung die Unvollständigkeit einer Angebotsunterlage fest, wird sie aber grds. zunächst dem Bieter die Gelegenheit zur Nachbesserung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG einräumen, die im Vergleich zur sofortigen Untersagung das mildere Mittel darstellt, so dass dies vor einer Untersagung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geboten erscheint (siehe Rz. 22).18 Nach erfolgter Gestattung der Veröffentlichung oder Ablauf der Frist des § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, kann keine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG mehr erfolgen19. Dies schließt jedoch eine Anordnung nach § 4 Abs. 1 Satz 2, 3 WpÜG bzw. eine Rücknahme der Gestattung nach § 48 VwVfG nicht aus (dazu auch Rz. 14).
10a
II. Offensichtlicher Verstoß gegen Rechtsvorschriften (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG hat die BaFin die Pflicht, eine beschränkte materielle Prüfung der Angebotsunterlage vorzunehmen, indem sie diese auf offensichtliche Rechtsverstöße zu untersuchen hat20. Zu diesem Zweck kann eine aktive Aufklärung des Sachverhalts durch die BaFin geboten sein, falls ihr konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß vorliegen21; diese können sich aus der Angebotsunterlage oder auch aus sonstigen Erkenntnissen der BaFin ergeben. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn eine Angabe, sei es eine Bestimmung des Angebots, sei es eine ergänzende Information, inhaltlich mit dem WpÜG nicht vereinbar ist22. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Angabe offensichtlich sachlich unrichtig oder unvollständig ist23. Fehlt dagegen eine notwendige Angabe völlig, kann eine Untersagung grds. nur auf § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG als der insoweit spezielleren Norm gestützt werden, es sei denn, es handelt sich um ausnahmsweise über die Kataloge des § 11 Abs. 2 WpÜG und der WpÜGAngVO hinausgehend aufgrund von Besonderheiten des Einzelfalles erforderliche Angaben (dazu siehe oben § 11 WpÜG Rz. 45). Eine Angabe, die dem WpÜG inhaltlich widerspricht, wäre beispielsweise 15 So wurde 2008 das angekündigte Übernahmeangebot der IC Green Energy Ltd. an die Aktionäre der Petrotec AG untersagt, weil der Bieter nicht alle mit ihm gemeinsam handelnden Personen nach § 2 Nr. 1 WpÜG-AngVO in der Angebotsunterlage angegeben hatte, dazu Jahresbericht der BaFin für 2008, S. 182. 16 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 15; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 19; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 9; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 13; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 20; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 3. 17 BaFin, Bescheid v. 21.12.2012 i.S. Deck, Schöni ./. German Brokers AG; BaFin, Bescheid v. 24.1.2014 i.S. Guoshi Assets Investment Management Limited ./. Panamax Aktiengesellschaft, jeweils abrufbar unter www.bafin.de; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 13. 18 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, Rz. 60.87. 19 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 22; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 15 WpÜG Rz. 10; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 41; a.A. offenbar Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 8 ff. 20 Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 6; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 16; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 27; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 13; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 18. 21 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 29; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 20. 22 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 6, 24; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 49 mit instruktiven Beispielen. 23 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 32.
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§ 15 Rz. 11 Untersagung des Angebots ein Verstoß gegen das Verbot einer Potestativbedingung (§ 18 WpÜG) (dazu § 18 WpÜG Rz. 13 ff.); ferner eine bloße invitatio ad offerendum (§ 17 WpÜG); ein auf einen Teil der Wertpapiere beschränktes Übernahmeangebot (§ 32 WpÜG); ein Angebot innerhalb der Sperrfrist nach § 26 WpÜG; die Festlegung einer nach § 16 WpÜG unzulässige Annahmefrist24; die Feststellung, dass der Bieter seiner Pflicht nach § 13 Abs. 1 WpÜG zuwiderhandelt, sicherzustellen, dass er bei Fälligkeit der Gegenleistung über die zu deren vollständiger Erfüllung notwendigen Mittel verfügt25; oder auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (§ 3 WpÜG).26 In der Prüfungs- und Untersagungspraxis der BaFin hat sich zudem die Einhaltung der Vorschriften zur angebotenen Gegenleistung, d.h. § 31 WpÜG i.V.m. §§ 3–7 WpÜG-AngVO als Prüfungsschwerpunkt herausgestellt27. 12
Die vorzeitige Veröffentlichung der Angebotsunterlage entgegen § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG (vor Gestattung oder Fristablauf, vgl. dazu unten Rz. 16) soll nach einer im Schrifttum vertretenen Meinung ebenfalls unter § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG fallen28. Sie würde, wenn dies zuträfe, eine Pflicht der BaFin zur Untersagung des Angebots auslösen. Es wird geltend gemacht, der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG lasse dieses Verständnis zu. Tatsächlich setzt der Wortlaut aber voraus, dass die Angaben in der Angebotsunterlage gesetzeswidrig sind. Dies spricht dafür, dass die Unterlage inhaltlich einen Verstoß enthalten muss. Ein bloßer Verstoß gegen Verfahrensvorschriften dürfte dagegen nicht ausreichen, um ein Verbot nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG zu begründen29, auch wenn es sich hier (außerhalb des Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG) um eine offensichtlich ungewollte Lücke im Sanktionssystem des WpÜG handelt. Freilich ließe sich argumentieren, dass diese Lücke dem Gesetzeszweck widerspricht. Somit erscheint ein Engreifen der BaFin (ggf. in Form der Untersagung des Angebots) im Wege der Missstandsaufsicht, gestützt auf die Generalermächtigung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, in diesem Fall möglich, indem man für diesen Fall eine Ausnahme von dem Grundsatz der Spezialität des § 15 WpÜG (siehe oben Rz. 4) im Hinblick auf dessen offensichtliche Lückenhaftigkeit zulässt30. Diese Sicht ließe sich auch auf eine richtlinienkonforme Auslegung stützen, denn nach Art. 4 Abs. 5 der Übernahmerichtlinie muss die BaFin als zuständige Aufsichtsstelle über alle zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Befugnisse verfügen. Dazu gehört insbesondere, im Rahmen ihrer Aufgaben dafür Sorge zu tragen, dass die Parteien des Angebots die gemäß der Richtlinie erlassenen oder eingeführten Vorschriften einhalten31.
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Offensichtlich ist ein Verstoß nicht nur, wenn die Rechtswidrigkeit sich bereits auf den ersten Blick oder bei kursorischer Prüfung aufdrängt, sondern auch, wenn zwar eine eingehende Prüfung erforderlich ist, aber im Lichte dieser Prüfung nach Überzeugung der BaFin oder – im Rechtsbehelfsverfahren – des Beschwerdegerichts die Rechtslage feststeht32. Wurde die Unrichtigkeit festgestellt, dürfte daher 24 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45. 25 Die BaFin untersagte 2015 das von der Deutsche Wohnen AG angekündigte Tauschangebot an die Aktionäre der LEG Immobilien AG, nachdem der Bieter seine geplante außerordentliche Hauptversammlung abgesagt hatte, in der über eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage entschieden werden sollte, auf deren Grundlage die als Gegenleistung vorgesehenen neuen Aktien des Bieters ausgegeben werden sollten. Daher konnte die BaFin nicht mehr davon ausgehen, dass die zur Erfüllung der im Rahmen des Angebots erforderlichen Maßnahmen getroffen sind, dazu Jahresbericht der BaFin für 2015, S. 247. 26 Schmolke in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht nach dem WpÜG, 2017, § 6 Rz. 67. 27 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 363; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 44; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 21; Hasselbach/Rauch, BB 2019, 194, 198. 28 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 25, 39. 29 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 15 WpÜG Rz. 4; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 19. 30 Ähnlich Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 15: § 15 WpÜG entfaltet in der Regel Sperrwirkung; die BaFin kann aber aufgrund von § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG diejenigen Anordnungen treffen, die für eine ordnungsgemäße Durchführung des Angebotsverfahrens erforderlich sind. 31 Für eine begrenzte Durchbrechung der Subsidiarität des § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG für den Fall, dass die spezielle Befugnis der BaFin nicht für eine erfolgreiche Bekämpfung eines Missstands ausreicht: Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 267. 32 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 33 ff. mit eingehender Begründung und Beispielen; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 7; a.A. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 23, der bei ungeklärter Rechtslage eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ausschließen will, allerdings mit der unbefriedigenden Folge, dass die BaFin ein Angebot nicht untersagen könnte, wenn sie (erst) nach eingehender Prüfung zum Ergebnis kommt, dass das Angebot rechtswidrig sei.
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Untersagung des Angebots
Rz. 15 § 15
der Einwand, die Angebotsunterlage sei zwar unrichtig, die Unrichtigkeit aber nicht offensichtlich, nicht zulässig sein33. Maßgeblich für das Vorliegen einer offensichtlichen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit ist der Zeitpunkt der Entscheidung über die Untersagung oder aber auch die Gestattung der Veröffentlichung der Angebotsunterlage34. Sollte die Veröffentlichung bereits gestattet oder die Frist des § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG abgelaufen und die Veröffentlichung erfolgt sein, so kommt eine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG nicht mehr in Betracht. Stellt sich zu diesem Zeitpunkt heraus, dass Angaben in der Angebotsunterlage offensichtlich unrichtig sind oder einen sonstigen Rechtsverstoß enthalten, so kann jedoch nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG die Veröffentlichung einer Berichtigung angeordnet werden35. In Fällen gravierender Verstöße ist zudem die Rücknahme einer erteilten Gestattung nach § 48 VwVfG (falls diese rechtswidrig erfolgte)36 oder deren Widerruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG (falls die BaFin auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Veröffentlichung nicht zu gestatten und ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde)37, jeweils mit nachfolgender Untersagung des Angebots denkbar38. In Anbetracht des für die Richtigkeit der Angebotsunterlage maßgeblichen Zeitpunkts (siehe oben) dürften freilich die Voraussetzungen für einen Widerruf nur selten vorliegen.
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III. Unterbliebene Übermittlung oder Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG) Durch § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG soll der Bieter dazu angehalten werden, die Angebotsempfänger zügig und formell vorschriftsgemäß zu informieren. Übermittelt der Bieter die Angebotsunterlage also nicht innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, hat die BaFin das Angebot zu untersagen, und zwar auch, wenn sie kurz nach Verstreichen der Frist noch eingereicht wird39. Dabei ist eine etwa erfolgte Fristverlängerung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zu berücksichtigen40. Eine solche Untersagung erfolgt insbesondere auch in den Fällen, in denen der Bieter nicht mehr an seinem zuvor nach § 10 WpÜG angekündigten Angebot festhalten möchte und deshalb keine Angebotsunterlage einreicht41. Ähnliches soll gelten, wenn der Bieter eine einmal eingereichte Angebotsunterlage wieder zurückzieht, es sei denn der Bieter reicht innerhalb der (ursprünglichen) Einreichungsfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erneut eine Angebotsunterlage ein42. So ergibt sich eine faktische Ausstiegsmöglichkeit aus einem Angebot nach der Ankündigung nach § 10 WpÜG, für die das Gesetz ansonsten kein Verfahren vorsieht43. Ähnliches ergibt sich bei Einreichung einer nicht gestattungsfähigen Angebotsunterlage, die zur Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG führen soll.44 Beide Vorgehensweisen lösen allerdings die Sperrfrist nach § 26 WpÜG aus.
33 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 18; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 20. 34 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 37; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 36. 35 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 38; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333. 36 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 25; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 38; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 40. 37 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 37. 38 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 25; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 17; eingehend Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 279 ff. 39 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 42; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 28; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 25. 40 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 26; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 8. 41 So etwa im Fall des angekündigten Angebots der Taylor Nelson Sofres plc an die Aktionäre der GfK AG, das wegen des zwischenzeitlich vorgelegten besseren Konkurrenzangebots der WPP Group plc unterblieb und mangels eingereichter Angebotsunterlage untersagt wurde, vgl. Jahresbericht der BaFin für 2008, S. 182. 42 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 23; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 26. 43 Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 8; eingehend zu dieser Problematik Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 231 f. 44 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598.
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§ 15 Rz. 16 Untersagung des Angebots 16
Hat der Bieter die Angebotsunterlage ordnungsgemäß an die BaFin übermittelt und sie formell ordnungsgemäß, aber vorzeitig (nämlich vor Gestattung durch die BaFin oder Ablauf der Zehntagefrist des § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) veröffentlicht, so kommt nach dem Wortlaut der Bestimmung keine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 WpÜG in Betracht45. Auch § 15 Abs. 2 WpÜG ist in einem solchen Fall nicht einschlägig46; erwogen werden könnte freilich, die Untersagung in diesem Fall ausnahmsweise auf die Missstandsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zu stützen (siehe oben Rz. 12). Auch kann in diesem Fall nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG ein Bußgeld verhängt werden.47
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Wird die Angebotsunterlage veröffentlicht, jedoch nicht in der in § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG vorgeschriebenen Form, so ist dies ein Fall des § 15 Abs. 2 WpÜG, nicht des § 15 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG. Letztere Bestimmung betrifft nach ihrem Wortlaut („nicht veröffentlicht“) den Fall, dass überhaupt keine Veröffentlichung erfolgt ist48. Wird die Unterlage nicht unverzüglich und somit verspätet veröffentlicht, hat die BaFin dem Bieter zunächst im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine (kurze) Frist zu setzen, innerhalb derer die Veröffentlichung nachzuholen und nach § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG der BaFin mitzuteilen ist. Verstreicht die Frist, ohne dass eine Veröffentlichung erfolgt, ist nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG die Untersagung anzuordnen49. Nach erfolgter (wenn auch verspäteter) Veröffentlichung ist keine Untersagung mehr zulässig50.
C. Möglichkeit der Untersagung bei nicht formgerechter Veröffentlichung (§ 15 Abs. 2 WpÜG) 18
Nach § 15 Abs. 2 WpÜG kann die BaFin das Angebot nach ihrem Ermessen im Fall einer nicht formgerechten Veröffentlichung untersagen. § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG sieht als Form der Veröffentlichung die Bekanntgabe im Internet (Nr. 1) und im Bundesanzeiger oder durch Bereithalten zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland (Nr. 2) vor, wobei diese Stelle im Bundesanzeiger bekannt zu machen ist, ebenso wie die Adresse der Bekanntgabe im Internet nach Nr. 1 (dazu § 14 WpÜG Rz. 34). Bei der Ermessensentscheidung über die Untersagung nach § 15 Abs. 2 WpÜG ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Daher dürfte eine Untersagung nicht in Betracht kommen, wenn eine der Veröffentlichung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG gleichwertige Veröffentlichung erfolgte oder die formgerechte Veröffentlichung nachgeholt wurde51. Auch wird einer Untersagung gerade im Fall der bloß nicht formgerechten Veröffentlichung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die vorherige Aufforderung zur Nachholung der ordnungsgemäßen Veröffentlichung mit (kurzer) Fristsetzung voranzugehen haben52. Zur Frage einer vorzeitigen, aber im Übrigen ordnungsgemäßen Veröffentlichung siehe oben Rz. 16.
45 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 28; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 25; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 25; für eine erweiterte Anwendung von § 15 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG jedoch Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 43. 46 A.A. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 25. 47 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 28. 48 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 31; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 41; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 26; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 49; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 9. 49 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 20; ähnlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 42; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 32, die beide im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Raum für eine Untersagung nur in eindeutigen (mithin schwerwiegenden) Fällen sehen; a.A. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 33, 39. 50 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 43; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 33; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 9; zweifelnd Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 24. 51 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 50; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 37; ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 27. 52 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 54; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 44; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 10; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 15 WpÜG Rz. 11.
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Untersagung des Angebots
Rz. 24 § 15
D. Untersagung einer Angebotsänderung Eine Änderung des Angebots kann ebenfalls untersagt werden, allerdings nur nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG, denn nur diese Vorschrift gilt nach § 21 Abs. 3 WpÜG entsprechend bei Angebotsänderungen53. Nr. 3 kommt nicht zur Anwendung, weil § 21 Abs. 3 WpÜG nicht auf § 14 WpÜG verweist und somit eine Übermittlung an die BaFin nicht verlangt. Gleiches gilt für § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG, weil auch die Vorschriften des § 11 Abs. 2 WpÜG und der WpÜG-AngVO, um deren Verletzung es in § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG geht, in § 21 Abs. 3 WpÜG nicht für anwendbar erklärt werden.
19
Schließlich ist eine Untersagung der Angebotsänderung weder nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG noch nach § 15 Abs. 2 WpÜG, d.h. wegen unterbliebener oder nicht ordnungsgemäßer Veröffentlichung, möglich. Sie ist auch nicht erforderlich, denn eine überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß – nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG – veröffentlichte Angebotsänderung ist nicht wirksam54. In diesem Fall bleibt es dann bei dem ursprünglichen Angebot, ebenso wie im Fall der Untersagung der Änderung55.
20
Das Verbot der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach erfolgter Untersagung nach § 15 Abs. 3 21 Satz 1 WpÜG (dazu Rz. 25) bezieht sich auf jede, nicht nur die erstmalige Veröffentlichung. Es gilt also auch, wenn die erste Veröffentlichung – entgegen § 14 Abs. 2 Satz 2 WpÜG – bereits vor Wirksamwerden der Untersagung erfolgt war56. § 15 Abs. 3 Satz 1 und § 26 WpÜG sind so konzipiert, dass sowohl die Wiederholung des gleichen als auch die Abgabe eines neuen Angebots unzulässig sind. Auf die Frage, ob die eine oder die andere Vorschrift maßgeblich ist57, kommt es also nicht entscheidend an. Ebenso ist jede Art von Veröffentlichung verboten, nicht nur eine solche nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 WpÜG58.
E. Untersagungsverfahren Nach § 40 Abs. 1 WpÜG sind der BaFin auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, die diese für ihre Prüfung benötigt. Für das Verfahren im Übrigen gelten die Vorschriften des Abschnitts 6 (§§ 40 bis 47 WpÜG) und des VwVfG. Vor einer Entscheidung über die Untersagung kann die BaFin eine Nachfrist von bis zu fünf Werktagen zur Nachbesserung der Angebotsunterlage einräumen (§ 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG). Angesichts des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (dazu auch oben Rz. 9, 18) wird sie dem Bieter in der Regel zunächst auf diese Weise die Gelegenheit geben müssen, den Mangel zu beheben59.
22
Diese Möglichkeit besteht in den Fällen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG, nicht dagegen in denjenigen des § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 3 WpÜG, der das Vorhandensein einer Angebotsunterlage voraussetzt60.
23
Gleiches wie in den Fällen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG gilt im Ergebnis auch im Fall des § 15 Abs. 2 WpÜG61. Die Zulässigkeit einer Frist zur Nachbesserung folgt hier bereits daraus, dass die Entscheidung nach § 15 Abs. 2 WpÜG eine Ermessensentscheidung ist (siehe oben Rz. 18).
24
53 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 48 ff.; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 51 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 38. 54 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 53; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 46; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 61; zweifelnd Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 51. 55 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 53 f. 56 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 5 ff.; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 67. 57 Dazu Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 66. 58 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 57; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 15 WpÜG Rz. 12; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 63; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG WpÜG Rz. 39. 59 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 37 ff.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 19. 60 Zur sachlichen Rechtfertigung der Differenzierung vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 33. 61 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 45 unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG.
Meyer
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§ 15 Rz. 25 Untersagung des Angebots
F. Rechtsfolgen der Untersagung (§ 15 Abs. 3 WpÜG) I. Verbot der Veröffentlichung des Angebots (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) 25
Die Untersagung führt nach § 15 Abs. 3 Satz 1 WpÜG dazu, dass die Veröffentlichung der Angebotsunterlage verboten ist. Dies gilt nicht nur für die konkrete bei der BaFin eingereichte Angebotsunterlage, sondern für jede (andere) Angebotsunterlage, die ein Angebot des Bieters in Bezug auf die betreffenden Wertpapiere zum Gegenstand hat, das hinsichtlich seiner wesentlichen Bestandteile (essentialia negotii) dem untersagten entspricht, also in Bezug auf Bieter, Wertpapiere der Zielgesellschaft und Gegenleistung62. Anders gewendet: verboten ist das Angebot, wie es sich anhand der Angebotsunterlage konkretisieren lässt; dabei bedeuten geringfügige Abweichungen noch nicht, dass es sich um ein neues Angebot handelt. Fehlt es – im Fall des § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG – an einer eingereichten Angebotsunterlage, erfolgt die Konkretisierung anhand der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 WpÜG63. Wurde die Angebotsunterlage bereits veröffentlicht, liegen aber die Voraussetzungen für eine Untersagung vor, hindert dies die Anordnung der Untersagung der Veröffentlichung und des Angebots grds. nicht (so schon, für den Fall der vor Übermittelung an die BaFin veröffentlichten Angebotsunterlage, Rz. 16)64, es sei denn der Grund für die Untersagung hätte in der zunächst unterbliebenen und fehlerhaften Veröffentlichung gelegen und hat sich damit infolge der Veröffentlichung erledigt. Nach erfolgter Untersagung ist ein erneutes Angebot des Bieters dann – sofern es sich nicht um ein Pflichtangebot handelt65 – innerhalb einer Sperrfrist von einem Jahr unzulässig (§ 26 Abs. 1 WpÜG; zur Reichweite der Sperrfrist s. § 26 WpÜG Rz. 11).
II. Nichtigkeit von Rechtsgeschäften (§ 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) 26
Nach § 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG sind Rechtsgeschäfte nichtig, die auf Grund eines nach § 15 Abs. 1 oder 2 WpÜG untersagten Angebotes vorgenommen wurden. Zweck dieser Regelung ist es, eine Umgehung der Vorschriften über das Angebotsverfahren zu vermeiden66. Die Nichtigkeitsfolge bezieht sich nicht nur auf das Verpflichtungs-, sondern auch auf das Erfüllungsgeschäft67. Beides gilt wohl auch dann, wenn diese Geschäfte ausländischem Recht unterliegen68; nach deutschem Recht ergibt sich ausweislich der Regierungsbegründung diese Rechtsfolge bereits aus § 134 BGB69.
27
Das Geschäft ist auf Grund des untersagten Angebots geschlossen, wenn es durch die Annahme des Angebots zustande kam oder – als Erfüllungsgeschäft – auf dem durch diese Annahme zustande gekommenen Kauf- oder Tauschgeschäft beruhte. § 15 Abs. 3 Satz 1 WpÜG findet auch dann Anwendung, wenn die Veröffentlichung der Angebotsunterlage und der Erwerb der Wertpapiere bereits vor der Untersagung erfolgt sind70.
28
Werden Wertpapiere erworben, nachdem gegen eine Untersagung Widerspruch oder Beschwerde eingelegt und deren aufschiebende Wirkung angeordnet wurde (§ 50 Abs. 3 WpÜG), so dürfte § 15 Abs. 3 Satz 1 WpÜG nicht anwendbar sein, weil zu diesem Zeitpunkt das Verbot gerade nicht wirksam
62 63 64 65 66 67
68 69 70
Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 66; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 43, 51. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 47. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 67. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 58; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 4; Fest, ZBB/JBB 2017, 178, 180. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 46. Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 18; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 66; Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 60; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 69; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 54; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 15 WpÜG Rz. 13; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 41. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 68; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 54. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 46. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 15 WpÜG Rz. 64; Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 19; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 72; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 55.
404
Meyer
Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
§ 16
war71. Haben freilich Widerspruch bzw. Beschwerde keinen Erfolg und die Untersagung damit Bestand, so tritt dann die Nichtigkeit ggf. rückwirkend ein.
III. Zuwiderhandlungen Die vorsätzliche oder leichtfertige Veröffentlichung der Angebotsunterlage trotz Untersagung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 60 Abs. 1 Nr. 6 WpÜG), die mit Geldbuße geahndet werden kann (§ 60 Abs. 3 WpÜG).
29
G. Rechtsschutz Gegen die Untersagung ist der Widerspruch (§ 41 Abs. 1 WpÜG) statthaft. Über diesen entscheidet 30 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG der bei der BaFin gebildete Widerspruchsausschuss. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann Beschwerde (§ 48 Abs. 1 WpÜG) eingelegt werden. Beide Rechtsbehelfe haben keine aufschiebende Wirkung (§§ 42, 49 WpÜG); diese kann jedoch auf Antrag gemäß § 50 Abs. 3 WpÜG durch das OLG Frankfurt am Main als Beschwerdegericht i.S.v. § 48 Abs. 4 WpÜG angeordnet werden72. Widerspruch und Beschwerde stehen gemäß § 48 Abs. 2 WpÜG dem Bieter als am Gestattungsverfahren vor der BaFin Beteiligten zu73. Dritte, also nicht unmittelbar am Gestattungsverfahren Beteiligte, wie etwa Aktionäre der Zielgesellschaft fehlt es mangels eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts auf Gestattung der Veröffentlichung an der Widerspruchs- oder Beschwerdebefugnis74. Denn die BaFin wird nach § 4 Abs. 2 WpÜG ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig. Daran hat sich auch durch die Umsetzung der Übernahmerichtlinie nichts geändert75.
§ 16 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung (1) Die Frist für die Annahme des Angebots (Annahmefrist) darf nicht weniger als vier Wochen und unbeschadet der Vorschriften des § 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 2 nicht mehr als zehn Wochen betragen. Die Annahmefrist beginnt mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1. (2) Bei einem Übernahmeangebot können die Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot nicht angenommen haben, das Angebot innerhalb von zwei Wochen nach der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Veröffentlichung (weitere Annahmefrist) annehmen. Satz 1 gilt nicht, wenn der Bieter das Angebot von dem Erwerb eines Mindestanteils der Aktien abhängig gemacht hat und dieser Mindestanteil nach Ablauf der Annahmefrist nicht erreicht wurde. (3) Wird im Zusammenhang mit dem Angebot nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Hauptversammlung der Zielgesellschaft einberufen, beträgt die Annahmefrist unbeschadet der Vorschriften des § 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 2 zehn Wochen ab der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Der Vorstand der Zielgesellschaft hat die Einberufung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft unverzüglich dem Bieter und der Bundesanstalt mitzuteilen. Der Bieter hat 71 72 73 74
Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 73. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 63; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1334. Vgl. von Riegen, Der Konzern 2003, 583, 596 ff. m.w.N. Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 23; Möller, ZHR 167 (2003), 301, 306 ff.; Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 334 ff.; Seibt, ZIP 2003, 1865, 1871; Schnorbus, WM 2003, 616, 620 ff. sowie 657, 659 ff.; Uechtritz/Wirth, WM 2004, 410, 413 ff.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 65; in diesem Sinne auch OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 2/03 – Wella, ZIP 2003, 1251; a.A. wohl Nietsch, BB 2003, 2581, 2585; Berding, Der Konzern 2004, 771, 779 f. 75 OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.2011 – WpÜG 1/11 – Postbank, GWR 2012, 134 = AG 2012, 335.
Meyer und Seiler
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
§ 16
war71. Haben freilich Widerspruch bzw. Beschwerde keinen Erfolg und die Untersagung damit Bestand, so tritt dann die Nichtigkeit ggf. rückwirkend ein.
III. Zuwiderhandlungen Die vorsätzliche oder leichtfertige Veröffentlichung der Angebotsunterlage trotz Untersagung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 60 Abs. 1 Nr. 6 WpÜG), die mit Geldbuße geahndet werden kann (§ 60 Abs. 3 WpÜG).
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G. Rechtsschutz Gegen die Untersagung ist der Widerspruch (§ 41 Abs. 1 WpÜG) statthaft. Über diesen entscheidet 30 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WpÜG der bei der BaFin gebildete Widerspruchsausschuss. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann Beschwerde (§ 48 Abs. 1 WpÜG) eingelegt werden. Beide Rechtsbehelfe haben keine aufschiebende Wirkung (§§ 42, 49 WpÜG); diese kann jedoch auf Antrag gemäß § 50 Abs. 3 WpÜG durch das OLG Frankfurt am Main als Beschwerdegericht i.S.v. § 48 Abs. 4 WpÜG angeordnet werden72. Widerspruch und Beschwerde stehen gemäß § 48 Abs. 2 WpÜG dem Bieter als am Gestattungsverfahren vor der BaFin Beteiligten zu73. Dritte, also nicht unmittelbar am Gestattungsverfahren Beteiligte, wie etwa Aktionäre der Zielgesellschaft fehlt es mangels eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts auf Gestattung der Veröffentlichung an der Widerspruchs- oder Beschwerdebefugnis74. Denn die BaFin wird nach § 4 Abs. 2 WpÜG ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig. Daran hat sich auch durch die Umsetzung der Übernahmerichtlinie nichts geändert75.
§ 16 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung (1) Die Frist für die Annahme des Angebots (Annahmefrist) darf nicht weniger als vier Wochen und unbeschadet der Vorschriften des § 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 2 nicht mehr als zehn Wochen betragen. Die Annahmefrist beginnt mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1. (2) Bei einem Übernahmeangebot können die Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot nicht angenommen haben, das Angebot innerhalb von zwei Wochen nach der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Veröffentlichung (weitere Annahmefrist) annehmen. Satz 1 gilt nicht, wenn der Bieter das Angebot von dem Erwerb eines Mindestanteils der Aktien abhängig gemacht hat und dieser Mindestanteil nach Ablauf der Annahmefrist nicht erreicht wurde. (3) Wird im Zusammenhang mit dem Angebot nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Hauptversammlung der Zielgesellschaft einberufen, beträgt die Annahmefrist unbeschadet der Vorschriften des § 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 2 zehn Wochen ab der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Der Vorstand der Zielgesellschaft hat die Einberufung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft unverzüglich dem Bieter und der Bundesanstalt mitzuteilen. Der Bieter hat 71 72 73 74
Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 73. Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 15 WpÜG Rz. 63; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1334. Vgl. von Riegen, Der Konzern 2003, 583, 596 ff. m.w.N. Steinhardt in Steinmeyer, § 15 WpÜG Rz. 23; Möller, ZHR 167 (2003), 301, 306 ff.; Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 334 ff.; Seibt, ZIP 2003, 1865, 1871; Schnorbus, WM 2003, 616, 620 ff. sowie 657, 659 ff.; Uechtritz/Wirth, WM 2004, 410, 413 ff.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 15 WpÜG Rz. 65; in diesem Sinne auch OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 2/03 – Wella, ZIP 2003, 1251; a.A. wohl Nietsch, BB 2003, 2581, 2585; Berding, Der Konzern 2004, 771, 779 f. 75 OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.2011 – WpÜG 1/11 – Postbank, GWR 2012, 134 = AG 2012, 335.
Meyer und Seiler
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§ 16 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung die Mitteilung nach Satz 2 unter Angabe des Ablaufs der Annahmefrist unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Er hat der Bundesanstalt unverzüglich die Veröffentlichung mitzuteilen. (4) Die Hauptversammlung nach Absatz 3 ist mindestens 14 Tage vor der Versammlung einzuberufen. Der Tag der Einberufung ist nicht mitzurechnen. § 121 Abs. 7 des Aktiengesetzes gilt entsprechend. Abweichend von § 121 Abs. 5 des Aktiengesetzes und etwaigen Bestimmungen der Satzung ist die Gesellschaft bei der Wahl des Versammlungsortes frei. Wird die Frist des § 123 Abs. 1 des Aktiengesetzes unterschritten, so müssen zwischen Anmeldung und Versammlung mindestens vier Tage liegen und sind Mitteilungen nach § 125 Abs. 1 Satz 1 des Aktiengesetzes unverzüglich zu machen; § 121 Abs. 7, § 123 Abs. 2 Satz 4 und § 125 Abs. 1 Satz 2 des Aktiengesetzes gelten entsprechend. Die Gesellschaft hat den Aktionären die Erteilung von Stimmrechtsvollmachten soweit nach Gesetz und Satzung möglich zu erleichtern. Mitteilungen an die Aktionäre, ein Bericht nach § 186 Abs. 4 Satz 2 des Aktiengesetzes und fristgerecht eingereichte Anträge von Aktionären sind allen Aktionären zugänglich und in Kurzfassung bekannt zu machen. Die Zusendung von Mitteilungen kann unterbleiben, wenn zur Überzeugung des Vorstands mit Zustimmung des Aufsichtsrats der rechtzeitige Eingang bei den Aktionären nicht wahrscheinlich ist. A. I. II. III. IV.
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung der Norm . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleichbare Regelungen . . . . . . . . . Geltung der Vorschrift für freiwillige Angebote, Übernahme- und Pflichtangebote
B. I. II. III.
Annahmefrist (§ 16 Abs. 1 WpÜG) . . Mindestfrist . . . . . . . . . . . . . . . . Höchstfrist . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Fristverlängerungen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . Fristverlängerung durch den Bieter . . . Fristbeginn (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) Fristberechnung und Fristende . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . .
IV. V. VI. VII.
Seiler
1 1 3 4
.
8
. . . . . .
9 9 11
. . . . .
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13 14 19 22 24
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27 28
. . .
32 32 34
. .
36 37
. .
39 40
.
41
. .
42 46
.
47
C. Weitere Annahmefrist (§ 16 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tatbestandsvoraussetzungen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . 1. Vorliegen eines Übernahmeangebots . 2. Erfolg des Übernahmeangebots . . . . 3. Unmaßgeblichkeit tatsächlicher Kontrollerlangung . . . . . . . . . . . . 4. Aktionärsstellung . . . . . . . . . . . . 5. Vollständige oder teilweise Nichtannahme des Übernahmeangebots . . . . 6. Zeitpunkt des Aktienerwerbs . . . . . III. Beginn und Ende der weiteren Annahmefrist (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) . . . . . . IV. Nichtgeltung bei Fehlschlag des Übernahmeangebots (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) . V. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . D. Verlängerte Annahmefrist im Fall der Einberufung einer Hauptversammlung (§ 16 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . .
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. . . .
I. Verlängerte Annahmefrist (§ 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hauptversammlung im sachlichen Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitlicher Zusammenhang . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten (§ 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 WpÜG) . . . . 1. Mitteilungspflichten des Vorstands (§ 16 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . 2. Veröffentlichungspflicht des Bieters (§ 16 Abs. 3 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . 3. Mitteilungspflicht des Bieters (§ 16 Abs. 3 Satz 4 WpÜG) . . . . . . . E. Frist- und Formerfordernisse für die Einberufung und Durchführung der Hauptversammlung (§ 16 Abs. 4 WpÜG) I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sonder-Hauptversammlung im Sinne von § 16 Abs. 3 WpÜG . . . . . . . . . . . III. Erleichterung der Einberufung (§ 16 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 WpÜG) . . . . . IV. Versammlungsort (§ 16 Abs. 4 Satz 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Anmeldefrist, Mitteilungsfrist (§ 16 Abs. 4 Satz 5 WpÜG) . . . . . . . . . VI. Erteilung von Stimmrechtsvollmachten (§ 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG) . . . . . . . . . VII. Mitteilungs- und Bekanntmachungspflichten (§ 16 Abs. 4 Sätze 7 und 8 WpÜG) . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitteilungen für die Aktionäre (§ 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG) . . . . . . . 3. Verzicht auf Zusendung von Mitteilungen (§ 16 Abs. 4 Satz 8 WpÜG) . . . . . VIII. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
48 53 54 56 56 58 59
60 60 62 63 68 70 71 72 72 73 74 75
Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 2 § 16
Schrifttum: Assmann/Bozenhardt, Übernahmeangebote als Regelungsproblem zwischen gesellschaftsrechtlichen Normen und zivilrechtlichen Verhaltensgeboten, in Übernahmeangebote, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1; Beckmann/ Kersting/Mielke, Das neue Übernahmerecht, 2003; Brück/Schalast/Schanz, Das 1. Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz: Lex Hypo Real Estate oder doch mehr?, BB 2009, 1306; Cascante/Tyrolt, 10 Jahre WpÜG – Reformbedarf im Übernahmerecht?, AG 2012, 97; Ekkenga/Hofschroer, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (I), DStR 2002, 724; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Land, Das neue deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DB 2001, 1707; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Mühle, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Schnittfeld zwischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht unter besonderer Berücksichtigung des ökonomischen Rahmenbezugs, 2002; Mülbert, Die Zielgesellschaft im Vorschlag einer Takeover-Richtlinie – zwei folgenreiche Eingriffe ins deutsche Aktienrecht, IStR 1999, 83; Neye, Der gemeinsame Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Übernahmerecht, AG 2000, 289; Oechsler, Der ReE zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Regelungsbedarf auf der Zielgeraden!, NZG 2001, 817; Pennington, The City Code on Takeovers and Mergers, in FS Duden, 1977, S. 379; Riehmer/Schröder, Der Entwurf des Übernahmegesetzes im Lichte von Vodafone/Mannesmann, NZG 2000, 820; Riehmer/Schröder, Praktische Aspekte bei der Planung, Durchführung und Abwicklung eines Übernahmeangebots, BB-Beilage 5-2001, 1; Uwe H. Schneider, Die Zielgesellschaft nach Abgabe eines Übernahmeoder Pflichtangebots, AG 2002, 125; Schüppen, Übernahmegesetz ante portas! – Zum Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen“, WPg 2001, 958; Seiler/Wittgens, Sonderaktienrecht für den Finanzsektor – Kapitalerhöhungen nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz, ZIP 2008, 2245; Tröger, Unternehmensübernahmen im deutschen Recht (I), DZWiR 2002, 353; Wegen/Fröhlich, Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), in Blättchen/Wegen, Übernahme börsennotierter Unternehmen, 2003; Witt, Regelmäßige „Wasserstandsmeldungen“ – unverzichtbarer Bestandteil eines künftigen Übernahmegesetzes, NZG 2000, 809; Zinser, Ein neuer Anlauf: Der jüngste Vorschlag einer Übernahmerichtlinie vom 2.10.2002, EuZW 2003, 10.
A. Grundlagen I. Entstehung der Norm § 16 WpÜG hat im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens keine nennenswerten Änderungen erfahren. Allerdings enthielt die Fassung des Diskussionsentwurfs vom 29.6.2000 noch eine Höchstfrist für die Angebotsdauer von (nur) sechs Wochen (§ 19 Abs. 1 WpÜG)1. Diese Frist wurde im Referentenentwurf in Anpassung an den Entwurf der EU-Übernahmerichtlinie auf zehn Wochen verlängert2. Die Friständerung wurde im Regierungsentwurf übernommen3.
1
Art. 7 der EU-Übernahmerichtlinie vom 21.4.20044 sieht eine Frist für die Annahme eines Angebots von nicht weniger als zwei Wochen und nicht mehr als zehn Wochen ab der Bekanntmachung der Angebotsunterlage vor. Sofern der allgemeine Grundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. f) der EU-Übernahmerichtlinie eingehalten ist, wonach eine Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus durch ein Angebot für ihre Wertpapiere behindert werden darf, ist es den Mitgliedstaaten vorbehalten, die Frist von zehn Wochen zu verlängern, wenn der Bieter seine Absicht zur Schließung des Angebots mindestens zwei Wochen zuvor bekannt gibt. Diese Regelung ist vor allem auf britische Anregungen zurückzuführen, weil nach den dortigen Erfahrungen eine Frist von zehn Wochen häufig zu kurz ist5. Ferner soll es den Mitgliedstaaten gemäß Art. 7 Abs. 2 EU-Übernahmerichtlinie gestattet sein, in bestimmten Fällen Vorschriften zur Änderung der Fristen vorzusehen. Außerdem sollen Aufsichtsorgane ermächtigt werden, eine Abweichung von den Fristen zu gestatten, da-
2
1 Vgl. DiskE zum RefE, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 237, 248; dazu Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 5. 2 Vgl. RefE, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 374, 383 f. 3 Vgl. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 13. Zustimmend zur Erweiterung der Höchstfrist Liebscher, ZIP 2001, 853, 865. 4 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, Text im Anhang S. 1713. 5 Vgl. Neye, AG 2000, 289, 294; Zinser, EuZW 2003, 10, 12.
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§ 16 Rz. 2 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung mit die Zielgesellschaft zur Prüfung des Angebots eine Hauptversammlung einberufen kann. Diese Regelung ist deutscher Initiative zu verdanken6 und beruht auf der Notwendigkeit, der Zielgesellschaft eine im Zusammenhang mit dem Angebot stehende Hauptversammlung nicht durch die Wahl einer zu kurzen Frist unmöglich zu machen (vgl. dazu im Einzelnen unten Rz. 47 ff.). Seit Inkrafttreten des WpÜG erfolgten mehrere Änderungen des § 16 WpÜG. Neben begrifflichen und technischen Korrekturen7 sowie der Ersetzung des Veröffentlichungsortes „Börsenpflichtblatt“ in § 16 Abs. 3 WpÜG durch den Bundesanzeiger8 bestehen diese insbesondere in der Anpassung von § 16 Abs. 4 WpÜG an die durch das UMAG9 sowie das ARUG10 bewirkten Änderungen des Aktiengesetzes. Eine Sonderregelung für die Abgabe von Angeboten findet sich in § 12 Abs. 3 Nr. 1 Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (FMStBG)11. Gibt der Bund oder der Finanzmarktstabilisierungsfonds im Zusammenhang mit einer Stabilisierungsmaßnahme nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG)12 ein Angebot zum Erwerb von Wertpapieren eines Unternehmens des Finanzsektors ab, so darf die Annahmefrist unter Abweichung von § 16 Abs. 1 nicht weniger als zwei Wochen betragen. Eine nach § 16 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 1 mögliche Verlängerung der Annahmefrist ist nicht gestattet13. Die im FMStFG vorgesehenen Maßnahmen standen nach der Reaktivierung des Finanzmarktstabilisierungsfonds durch das Zweite Finanzmarktstabilisierungsgesetz14 bis zum 31.12.2012 zur Verfügung. Nach dem Dritten Finanzmarktstabilisierungsgesetz15 konnte das bis Ende 2012 zur Verfügung stehende Instrumentarium bis zum 31.12.2014 genutzt werden16.
II. Normzweck 3
§ 16 WpÜG ist die erste in einer Kette von Normen aus dem Vertragsrecht der öffentlichen Übernahmeangebote17 und regelt in Einschränkung der allgemeinen Vertragsfreiheit18 die Rahmenbedingungen für den zeitlichen Ablauf des Angebotsverfahrens. Dabei beschäftigen sich § 16 Abs. 1 und § 16 Abs. 2 WpÜG allgemein mit der Mindest- und Höchstdauer der Annahmefrist. § 16 Abs. 3 sowie § 16 Abs. 4 WpÜG enthalten zeitliche und verfahrensrechtliche Vorgaben für die Einberufung von Hauptversammlungen durch Zielgesellschaften, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Angebots stehen. Mit diesen Regelungen will der Gesetzgeber die Zielgesellschaft, deren Aktionäre sowie den Kapitalmarkt insgesamt vor einer störenden Ausgestaltung des Angebotsverfahrens durch den Bieter schützen19. Dabei soll dem Beschleunigungsgrundsatz (§ 3 Abs. 4 WpÜG) Geltung verschafft und
6 Vgl. Neye, AG 2000, 289, 294. 7 Einfügung der Terminologie „Bundesanstalt“ durch Gesetz vom 29.4.2002, BGBl. I 2002, 1495 sowie Anpassung an die Änderung des § 123 AktG durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) vom 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10. 8 Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 8.7.2006, BGBl. I 2006, 1426. 9 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22.9.2005, BGBl. I 2005, 2802. 10 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 30.7.2009, BGBl. I 2009, 2479. 11 Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds – FMS“ vom 17.10.2008, BGBl. I 2008, 1982. 12 Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds vom 17.10.2008, BGBl. I 2008, 1982, vgl. zu Kapitalerhöhungen nach dem FMStFG etwa Seiler/Wittgens, ZIP 2008, 2245. 13 Siehe hierzu ausführlich Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1311 f. 14 Zweites Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes vom 29.2.2012, BGBl. I 2012, 206. 15 Gesetz vom 20.12.2012, BGBl. I 2012, 2177. 16 Gesetz vom 20.12.2012, BGBl. I 2012, 2177. 17 Vgl. Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 90. 18 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 3. 19 Vgl. Schüppen, WPg 2001, 958, 964; Riehmer/Schröder, BB-Beilage 5-2001, 1, 6; Mühle, S. 244; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 1.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 6 § 16
eine zügige Durchführung des Angebotsverfahrens gesichert werden20. Gleichzeitig soll den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft aber ausreichend Zeit verbleiben, um von dem Angebot und seinen Konditionen Kenntnis zu nehmen und die Entscheidung über das Angebot ohne kollektiven Entscheidungsdruck vorzubereiten21. Insofern setzt die Norm auch den Grundsatz des § 3 Abs. 2 WpÜG um22. Auch Konkurrenzangebote mit tendenziell positiven Auswirkungen auf die den Wertpapierinhabern angebotene Gegenleistung sollen nicht durch die Wahl einer unangemessen kurzen Angebotsfrist abgeschreckt werden23. Insgesamt soll § 16 WpÜG damit einen flexiblen, aber geordneten und für den Kapitalmarkt vorhersehbaren Verfahrensablauf unter Gewährung ausreichenden Entscheidungsfreiraums für die Aktionäre der Zielgesellschaft sichern.
III. Vergleichbare Regelungen Der Übernahmekodex24 sah in Artikel 11 eine Annahmefrist von mindestens 28 und von höchstens 60 Tagen vor. Auf dieser Regelung basieren auch die Fristen des § 16 Abs. 1 WpÜG. Die Verlängerung der Angebotsfrist für den Fall einer Änderung des Angebots war im Übernahmekodex nicht vorgesehen, konnte aber mit der Geschäftsstelle der Übernahmekommission im Einzelfall vereinbart werden25. § 16 Abs. 2 oder § 16 Abs. 3 WpÜG vergleichbare Regelungen bestanden nicht26.
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Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 des österreichischen Übernahmegesetzes muss die Annahmefrist mindestens zwei Wochen und darf höchstens zehn Wochen betragen. Die Frist wird in diesem Rahmen vom Bieter festgelegt27. Die österreichische Übernahmekommission kann gemäß § 19 Abs. 1a des Übernahmegesetzes für das Angebot eine kürzere Annahmefrist festlegen, wenn die Zielgesellschaft eine Behinderung ihrer Geschäftstätigkeit glaubhaft macht28. Bis spätestens drei Börsentage vor Ablauf der Frist ist der Bieter berechtigt, sein ursprüngliches Angebot zu verlängern, sofern er dies nicht vorher ausgeschlossen hat (§ 19 Abs. 1b des Übernahmegesetzes). Die Übernahmekommission kann eine Annahmefrist von drei Wochen festgelegen, wenn der Vorstand oder der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft glaubhaft machen, dass bei einer Annahmefrist von weniger als drei Wochen eine angemessene Beurteilung des Angebots nach § 14 Abs. 1 des Übernahmegesetzes nicht rechtzeitig möglich ist. Die Annahmefrist im Falle eines konkurrierenden Angebots regelt § 19 Abs. 1c, 1d des Übernahmegesetzes. Nach § 19 Abs. 3 des Übernahmegesetzes wird den zunächst unentschlossenen Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft bei einem erfolgreichen Angebot unter gewissen Voraussetzungen eine Nachfrist von drei Monaten eingeräumt (siehe Rz. 31).
5
In der Schweiz gilt Art. 14 der Verordnung der Übernahmekommission vom 21.8.2008 über öffentliche Kaufangebote (Übernahmeverordnung). Danach beträgt die Annahmefrist mindestens 20 und
6
20 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 3; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 1. Kritisch Schüppen, WPg 2001, 958, 964, der darauf hinweist, dass die tatsächliche Länge der Annahmefrist wegen möglicher konkurrierender Angebote ex ante kaum kalkulierbar ist. 21 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 1; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 4; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 3; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 3; Tröger, DZWiR 2002, 353, 360; Mühle, S. 244. Vgl. zu den konfligierenden Interessen bereits Assmann/ Bozenhardt, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1, 86 f. 22 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 3; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 94. 23 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 4. 24 Vgl. Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 201, 204. 25 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 4; Riehmer/Schröder, BB-Beilage 5–2001, 1, 14; Apfelbacher/ Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 16 WpÜG Rz. 3 mit Beispielen in Fn. 2. 26 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 4 mit dem zutreffenden Hinweis, dass bindende Regelungen über die Einberufung der Hauptversammlung wegen des nicht-gesetzlichen Charakters des Übernahmekodex nicht möglich gewesen wären. 27 Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, Österr. Übernahmerecht Rz. 11; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 115. 28 Ausführlich zu den Anträgen nach § 19 Abs. 1a des Übernahmegesetzes Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, 3. Aufl. 2013, Österr. Übernahmerecht, Rz. 150.
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§ 16 Rz. 6 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung höchstens 40 Börsentage. Die Annahmefrist kann auf zehn Börsentage verkürzt werden, wenn der Bieter vor der Veröffentlichung des Angebots die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft in der Angebotsunterlage veröffentlicht wird. Außerdem kann das Angebot frühestens nach Ablauf einer Frist von zehn Börsentagen nach seiner Veröffentlichung angenommen werden. Die beiden letztgenannten Regelungen finden im WpÜG keine Parallele29. Dagegen existiert mit Art. 14 Abs. 5 der Übernahmeverordnung eine § 16 Abs. 2 vergleichbare Regelung zur Einräumung einer Nachfrist von zehn Tagen im Falle des Zustandekommens des Angebots. 7
Für das Vereinigte Königreich wiederum sehen die Rules 31.1, 31.6, 31.7 und 31.9 des Takeover Code, den Regelungen des WpÜG ähnlich, eine Annahmefrist von mindestens 21 und höchstens 60 Tagen nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage vor. Der Takeover Panel kann eine Fristverlängerung gewähren30. Diese kommt insbesondere bei konkurrierenden Angeboten sowie mit Zustimmung des Vorstands der Zielgesellschaft in Betracht31. Ferner kann es zu einer Fristverlängerung kommen, wenn die Zielgesellschaft nach dem 39. Tag nach Veröffentlichung des Angebots Mitteilungen zu Gewinnund Verlusterwartungen, Dividendenzahlungen oder sonstigen wirtschaftlichen Kennzahlen veröffentlicht, die für die Bewertung des Angebots durch den Kapitalmarkt von Bedeutung sind. Auch der Takeover Code enthält mit Rule 31.4 eine § 16 Abs. 2 WpÜG vergleichbare Bestimmung.32
IV. Geltung der Vorschrift für freiwillige Angebote, Übernahme- und Pflichtangebote 8
§ 16 Abs. 1, § 16 Abs. 3 und § 16 Abs. 4 WpÜG gelten für freiwillige ebenso wie für Übernahme- und Pflichtangebote33. Nur für (erfolgreiche) Übernahmeangebote enthält § 16 Abs. 2 WpÜG eine Sonderregelung (vgl. zu dieser im Einzelnen unten Rz. 27 ff.).
B. Annahmefrist (§ 16 Abs. 1 WpÜG) I. Mindestfrist 9
Die Frist für die Annahme des Angebots, legal als Annahmefrist definiert, darf gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nicht weniger als 4 Wochen betragen. Diese Mindestfrist ist zwingend. Sie kann im Hinblick auf den Regelungszweck auch nicht mit Zustimmung der BaFin oder der Zielgesellschaft verkürzt werden. Die zwingende Ausgestaltung einer Mindestfrist von vier Wochen wird in der überwiegenden Literatur begrüßt, weil sie den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft einen Überlegungszeitraum garantiert, der für eine sachgerechte Entscheidung über die Annahme des Angebots (mindestens) erforderlich ist34. Außerdem ermöglicht die Mindestfrist (noch) die Einberufung einer im Zusammenhang mit dem Angebot durchzuführenden Hauptversammlung der Zielgesellschaft. Bei einer kürzer belassenen Frist wäre die Zielgesellschaft nur schwer in der Lage, die komplizierten und zeitaufwändigen aktienrechtlichen Einberufungsmodalitäten einzuhalten und die zur Vorbereitung der Beschlussfassung erforderlichen Maßnahmen zu treffen35. Eine Mindestfrist von zwei Wochen etwa hätte demgegenüber zu großen Zeitdruck auf die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft ausgeübt und eine angemessene Reaktion der Gesellschaft einschließlich der Einberufung einer Hauptversammlung prak29 30 31 32 33
Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 94. Vgl. Pennington in FS Duden, S. 379, 389. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 11. Vgl. auch Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 120. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 2; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 2; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 5; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 2. 34 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 14; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 4. 35 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 14; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 6.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 12 § 16
tisch vereitelt36. Daneben würden tendenziell im Interesse der Schaffung einer Wettbewerbssituation zu begrüßende Konkurrenzangebote erschwert37. Von der Mindestfrist des § 16 Abs. 1 Satz 1 wurde bisher einmal nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 Nr. 1 FMStBG im Falle der Übernahme der Hypo Real Estate Holding AG durch die Bundesrepublik Deutschland abgewichen (dort betrug die Annahmefrist zwei Wochen)38. Allerdings sind selbst unter Berücksichtigung der in § 16 Abs. 4 WpÜG vorgesehenen Erleichterungen (vgl. unten Rz. 63 ff.) Fälle denkbar, in denen die Zielgesellschaft nicht über ausreichend Zeit verfügt, um eine Hauptversammlung sachgemäß vorzubereiten. Dabei ist insbesondere an so genannte Holzmüller-Maßnahmen sowie an Kapitalmaßnahmen unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zu denken. In der Literatur wird hierzu für solche Fälle vereinzelt eine Reduktion der Berichtsintensität des Vorstands gefordert39. Der Meinungsstand hierzu ist aber ungesichert und praktische Erfahrungen liegen – soweit ersichtlich – noch nicht vor.
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II. Höchstfrist Die Laufzeit des Angebots darf gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nicht mehr als zehn Wochen betragen. Ebenso wie eine Verkürzung ist auch eine Verlängerung, und sei es mit Zustimmung der BaFin oder der Zielgesellschaft, nicht möglich. Es handelt sich damit – anders als unter dem Übernahmekodex – ebenfalls um eine zwingende Regelung40. Allerdings bleiben § 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 2 WpÜG unberührt, die unter Umständen zu einer Verlängerung der Annahmefrist über die Höchstfrist hinaus führen können (vgl. dazu § 21 WpÜG Rz. 51 ff. sowie § 22 WpÜG Rz. 30 ff.).
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Dem Bieter steht die Wahl innerhalb des so gesteckten zeitlichen Rahmens zwischen Mindest- und 12 Höchstfrist grundsätzlich frei41. Dies gilt sowohl bei freiwilligen Angeboten wie auch bei Übernahme- und Pflichtangeboten. Der Bieter hat Beginn und Ende der von ihm gewählten Annahmefrist in der Angebotsunterlage mitzuteilen, § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 WpÜG. In der Praxis hängt die Entscheidung des Bieters über die Länge der festgesetzten Annahmefrist wesentlich davon ab, mit welcher Reaktion durch die Zielgesellschaft und durch ihre Wertpapierinhaber nach Lage des Falles zu rechnen ist. Ist die Übernahme mit dem Vorstand der Zielgesellschaft nicht abgestimmt, besteht aus Sicht des Bieters grundsätzlich das Risiko, dass der Vorstand der Zielgesellschaft Abwehrmaßnahmen ergreifen will. Diesem Risiko kann durch die Wahl einer kurzen Annahmefrist in gewissem Umfang begegnet werden. Auch bei gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangeboten, an deren Annahme durch die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft der Bieter kein besonderes Interesse hat, kann eine kurze Annahmefrist sinnvoll sein. Handelt es sich dagegen – wie im Regelfall – um ein mit dem Vorstand der Zielgesellschaft abgestimmtes Angebot, wird der Bieter oftmals eine großzügige Annahmefrist bis zur Zehn-Wochen-Grenze anstreben. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bieter an einer möglichst großen Zahl von Annahmen interessiert ist und im Anschluss an das Angebot einen Ausschluss von Minderheitsaktionären nach den §§ 39a ff. WpÜG bzw. den §§ 327a ff. AktG oder den Abschluss eines Beherrschungsvertrages nach den §§ 291 ff. AktG anstrebt42. Die bisherige Praxis hat indes gezeigt, dass die Bieter auch bei freundlichen Übernahmeangeboten zumeist eine Angebotsfrist von deutlich unter zehn Wochen wäh36 Begr. RefE, S. 113. Vgl. auch Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses zum Referentenentwurf vom April 2001, NZG 2001, 420, 424. 37 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 4. 38 Siehe Ziffer 5.1 der Angebotsunterlage betreffend das öffentliche Übernahmeangebot der Bundesrepublik Deutschland an die Aktionäre der Hypo Real Estate Holding AG vom 17.4.2009; vgl. dazu auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 16; Böckenförde, NJW 2009, 2484, 2485. 39 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 15; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 114. 40 Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 16 WpÜG Rz. 3; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 10. 41 Kalss in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 51 Rz. 54; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/ Verse, § 16 WpÜG Rz. 6; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 12; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/ von Dryander, German Takeover Law, § 16 WpÜG Rz. 2; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 2 (kein Missbrauchseinwand im Einzelfall denkbar). 42 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 18.
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§ 16 Rz. 12 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung len, weil sie sich die Zustimmung einer Mehrheit der Aktionäre bereits im Vorfeld, etwa durch aufschiebend bedingte Kaufverträge oder irrevocables, gesichert haben.
III. Gesetzliche Fristverlängerungen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) 13
In vier Fällen sieht das Gesetz eine Verlängerung der Annahmefrist über die Höchstfrist von zehn Wochen hinaus vor. Erstens verlängert sich die Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 5 WpÜG um zwei Wochen, wenn der Bieter sein Angebot ändert. Dies gilt allerdings nur, sofern die Veröffentlichung der Änderung innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ablauf der Angebotsfrist erfolgt (§ 21 Abs. 5 WpÜG) (vgl. näher § 21 WpÜG Rz. 51). Bei einem öffentlichen Übernahmeangebot gilt die weitere Annahmefrist des § 16 Abs. 2 WpÜG (vgl. unten Rz. 27 ff.). Daneben verlängert sich die Annahmefrist, falls es im Zusammenhang mit dem Angebot zu einer Hauptversammlung der Zielgesellschaft kommt, § 16 Abs. 3 WpÜG (vgl. Rz. 47 ff.). Schließlich verlängert sich die Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 2 WpÜG, wenn während der Annahmefrist eines Angebots ein konkurrierendes Angebot durch einen Dritten unterbreitet wird. Läuft in einem solchen Fall die Annahmefrist für das (erste) Angebot vor Ablauf der Annahmefrist für das konkurrierende Angebot ab, bestimmt sich der Ablauf der Annahmefrist für das (erste) Angebot nach dem Ablauf der Annahmefrist für das konkurrierende Angebot, § 22 Abs. 2 WpÜG (vgl. näher § 22 WpÜG Rz. 30 ff.). Eine danach mögliche Kombination dieser Fristen kann bei zwei konkurrierenden Angeboten bereits zu einer erheblichen Verlängerung der Öffnung des Angebots auf knapp unter 26 Wochen führen43.
IV. Fristverlängerung durch den Bieter 14
Eine von gesetzlich angeordneten Fristverlängerungen zu sondernde Frage ist, ob der Bieter innerhalb des von § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG vorgegebenen Rahmens berechtigt ist, die von ihm in der Angebotsunterlage zunächst genannte (kürzere) Annahmefrist bis zur vollständigen Ausschöpfung der zehnwöchigen Höchstfrist zu verlängern. In der Verwaltungspraxis der BaFin wird der Vorbehalt einer Verlängerungsmöglichkeit nicht toleriert44. Gleichwohl wird eine solche Möglichkeit in der Literatur kontrovers diskutiert. Richtigerweise wird man annehmen können, dass eine derartige Fristverlängerung jedenfalls dann zulässig ist, wenn sie sich der Bieter in der Angebotsunterlage ausdrücklich vorbehalten hat45. Die Unzulässigkeit einer bieterseitigen Fristverlängerung ergibt sich nämlich nicht bereits daraus, dass es sich dabei um eine grundsätzlich unter § 21 Abs. 1 WpÜG fallende Änderung des Angebots handelt, die verboten ist, weil sie von § 21 WpÜG nicht ausdrücklich erlaubt wird. Zwar hat § 21 WpÜG nach richtiger Ansicht im Grundsatz abschließenden Charakter (näher § 21 WpÜG Rz. 37 ff.). Eine Verlängerung der Annahmefrist in dem von § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erlaubten Rahmen ist aber nach den insoweit von § 21 WpÜG nicht ausgeschlossenen allgemeinen Regeln des Vertragsrechts (§§ 145 ff. BGB) zu beurteilen und deshalb als für die Wertpapierinhaber günstige Regelung grundsätzlich zulässig. Eine dem Gesetz fremde und praktisch nur schwer durchzuführende Unterscheidung zwischen „materiellen“ (von § 21 WpÜG abschließend erfassten) und sonstigen „technischen“ Änderungen muss dafür nicht bemüht werden46. Zwar kann nach § 148 BGB die Annahme eines Antrags nur innerhalb der Frist erfolgen, die der Antragende für die Annahme des Antrags bestimmt hat. Nach ganz herrschender Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur erlaubt diese
43 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 6 mit Beispielen. 44 Vgl. zu der Praxis der BaFin Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 26; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 16; siehe auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 11. 45 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 16; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 24 ff. Im Ergebnis ebenso Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 14. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 11; Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 60; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 4; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 7. 46 A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 22; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 14.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 17 § 16
Norm dem Antragenden aber, die Annahmefrist jederzeit (auch stillschweigend) zu verlängern47. Eine einseitige, nachträgliche Verlängerung der Annahmefrist durch den Antragenden während des Fristlaufs ist demnach bereits auf der Grundlage allgemeiner Normen des Zivilrechts zulässig48. Auch andere Regelungen im WpÜG stehen dem so gefundenen Ergebnis nicht entgegen49. § 26 15 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, der die Abgabe eines neuen Angebots für den Zeitraum eines Jahres untersagt, wenn der Bieter die Durchführung des Angebots vom Erwerb eines Mindestanteils der Aktien der Zielgesellschaft abhängig gemacht hat, dieser Mindestanteil aber nach Ablauf der Annahmefrist nicht erreicht wurde, bezweckt lediglich, im Interesse der Zielgesellschaft eine Aneinanderreihung mehrerer nicht erfolgreicher Angebote zu verhindern. Die Norm verbietet aber nicht, eine ursprünglich zu knapp bemessene Angebotsfrist nachträglich bis zur gesetzlichen Maximaldauer auszudehnen, um dem noch nicht erfolgreichen Angebot zum Erfolg zu verhelfen und damit die Abgabe eines zu einem späteren Zeitpunkt erfolgenden weiteren Angebots entbehrlich zu machen. Auch im Hinblick auf § 21 Abs. 6 WpÜG, der eine erneute Änderung des Angebots innerhalb der in § 21 Abs. 5 WpÜG genannten Frist von zwei Wochen für unzulässig erklärt, gilt nichts anderes. § 21 Abs. 6 WpÜG soll verhindern, dass die in § 21 Abs. 5 WpÜG angeordnete Fristverlängerung vom Bieter als Mittel eingesetzt wird, um durch eine mehrfache Änderung des Angebots die Zielgesellschaft über einen längeren Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit zu behindern. Auch diese Regelung beschäftigt sich nur mit der Frage, ob bzw. wann ein neues Angebot abgegeben werden darf, besagt aber nichts darüber, ob eine Verlängerung der Annahmefrist bis zu dem maximal möglichen Zeitraum von zehn Wochen möglich ist. Für die Zulässigkeit bieterseitiger Fristverlängerung spricht schließlich eine rechtsvergleichende Be- 16 trachtung. So waren Verlängerungen nicht nur bereits nach dem Übernahmekodex zulässig und entsprachen gängiger Praxis50. Auch vergleichbare Normen des ausländischen Rechts erlauben eine Fristverlängerung zumindest dann, wenn sich der Bieter die Verlängerungsmöglichkeit in dem Angebot ausdrücklich vorbehalten hat (sog. Verlängerungsvorbehalt). So kann der Bieter nach österreichischem Recht etwa sein ursprüngliches Angebot ohne weiteres verlängern, soweit die Verlängerung spätestens 3 Börsentage vor Ablauf der ursprünglichen Annahmefrist zumindest in der gleichen Weise wie das ursprüngliche Angebot veröffentlicht wird (§ 19 Abs. 1b Übernahmegesetz)51. Zu einer Untersagung der Verlängerung ist die Übernahmekommission berechtigt, wenn die Zielgesellschaft glaubhaft macht, dass sie durch die verlängerte Frist in ihrer Geschäftstätigkeit ungebührlich behindert ist (§ 19 Abs. 1b Übernahmegesetz)52. Darüber hinaus ist eine Verlängerung nach § 19 Abs. 1b Übernahmegesetz unzulässig, wenn der Bieter in einer so genannten Verlängerungsausschlussklausel erklärt, das Angebot nicht verlängern zu wollen (no extension statement)53. Eine entsprechende Regelung enthält Art. 14 Abs. 4 Satz 2 der schweizerischen Übernahmeverordnung, wonach eine Verlängerung der Angebotsfrist auf die Maximaldauer von 40 Börsentagen zulässig ist, wenn der Anbieter sich dies im Angebot vorbehalten hat. Ähnliches gilt schließlich gemäß Rule 31.2 sowie Rule 31.5 des englischen Takeover Code. Lediglich in dem (umgekehrten) Fall, in dem der Bieter eine Verlängerung der Angebotsfrist in der Angebotsunterlage ausdrücklich ausgeschlossen hat (no extension statement), sollte in erneuter Anlehnung an Normen des ausländischen Rechts eine dennoch erfolgende Verlängerung in jedem Fall unzulässig sein54.
47 Vgl. nur Busche in MünchKomm. BGB, § 148 BGB Rz. 7 m.w.N. 48 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 24. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 11. 49 Vgl. aber Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 7 mit Hinweis auf § 18 Abs. 1 WpÜG (Verbot der Potestativbedingung). 50 Vgl. zur damaligen Praxis Geibel in Geibel/Süßmann, 2. Aufl. 2008, § 16 WpÜG Rz. 11. 51 Vgl. dazu Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, 3. Aufl. 2013, Österr. Übernahmerecht Rz. 170; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 115. 52 Vgl. dazu Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, 3. Aufl. 2013, Österr. Übernahmerecht Rz. 170. 53 Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, 3. Aufl. 2013, Österr. Übernahmerecht Rz. 170. 54 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 16. Vgl. für die Verlängerungsmöglichkeiten in Österreich oben bei Rz. 16.
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§ 16 Rz. 17 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung Dem Bieter wäre demnach grundsätzlich zu empfehlen, sich die Verlängerungsmöglichkeit im Angebot ausdrücklich vorzubehalten55. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Abwicklung des Angebots in einer kürzeren Frist wäre spätestens dann nicht mehr erkennbar56. Wie erwähnt, scheitert ein solcher Vorbehalt indes bislang an der ablehnenden Verwaltungspraxis der BaFin. 18
Auf Grundlage der vorherigen Ausführungen ergäbe sich für die Fristverlängerung die Maßgeblichkeit des § 148 BGB, wonach die Fristverlängerung der Form des ursprünglichen Antrags bzw. Angebots bedarf. Die Fristverlängerung müsste daher ebenso wie die Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 3 WpÜG) die Vorgaben des § 11 WpÜG beachten, also insbesondere den Tag des Ablaufs der verlängerten Annahmefrist angeben (§ 11 Abs. 2 Nr. 6 WpÜG)57 und nach der Überprüfung durch die BaFin in der Form des § 14 WpÜG veröffentlicht werden.
V. Fristbeginn (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) 19
Die Frist für die Annahme des Angebots beginnt gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 WpÜG mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG. Diese Regelung ist ebenso wie die Festlegung der Mindest- sowie Höchstfrist zwingend und verbietet, eine Veröffentlichung der Angebotsunterlage mit dem Hinweis zu verbinden, dass die Annahmefrist erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen soll58. Das Angebot kann von den Aktionären der Zielgesellschaft daher ab dem Veröffentlichungstag angenommen werden59. Maßgebend für den Fristbeginn sind die Bekanntgabe im Internet sowie im Bundesanzeiger (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 Fall 1 WpÜG). Alternativ zu Letzterem ist es dem Bieter gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 WpÜG gestattet, die Bekanntgabe im Internet mit der Bereithaltung der Angebotsunterlage zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland zu verbinden (vgl. § 14 WpÜG Rz. 37). In diesem Fall ist der Bieter gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 WpÜG verpflichtet, im Bundesanzeiger bekannt zu machen, bei welcher Stelle die Angebotsunterlage bereit gehalten wird und unter welcher Adresse die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet nach Nummer 1 erfolgt ist (Hinweisbekanntmachung).
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Fraglich ist, ob für den Beginn der Annahmefrist die gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichungsvarianten des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG kumulativ erfüllt sein müssen. Wenn dies der Fall wäre, käme es bei einem Auseinanderfallen für den Beginn der Annahmefrist auf die zuletzt erfolgende Veröffentlichung an. Kommt man dagegen zu einem anderen Ergebnis, würde bereits die erste Veröffentlichung den Lauf der Annahmefrist in Gang setzen. Das zwingend zweispurig ausgestaltete Veröffentlichungsverfahren spricht für erstere Auslegung60. Zweck des zweispurigen Veröffentlichungsverfahrens ist es, für eine effektive Verbreitung der Angebotsinformationen zu sorgen (vgl. § 14 WpÜG Rz. 31). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber der Veröffentlichung im Bundesanzeiger (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 WpÜG) neben der Bekanntgabe im Internet lediglich Dokumentationsfunktion beimessen wollte. Der Zeitpunkt der jeweils letzten Veröffentlichung ist aber auch dann entscheidend, wenn der Bieter eine Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet
55 So auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 26; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 15. 56 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 26; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 15; zur Zulässigkeit eines solchen Vorbehalts vgl. bereits Assmann/Bozenhardt, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1, 87. 57 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 27. 58 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 13; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 18; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 12; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 340; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 7. 59 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 8. 60 Ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 3; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 16; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 29; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 20; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 9. A.A. Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 340, der die erste Veröffentlichung als fristauslösend betrachtet.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 23 § 16
mit dem Verfahren der Schalterpublizität gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 WpÜG kombiniert. Fällt in einem solchen Fall der Tag der Veröffentlichung der Hinweisbekanntmachung und der Tag des erstmaligen Bereithaltens der Angebotsunterlage zur Ausgabe an die Wertpapierinhaber auseinander, kommt es für den Fristbeginn allein auf die Veröffentlichung der Bekanntmachung an61. Das vorherige Bereithalten der Angebotsunterlage ist insoweit nicht ausreichend, um den Lauf der Angebotsfrist in Gang zu setzen62. Genauso wenig wird der Beginn der Annahmefrist durch eine Verzögerung im Bereithalten der Angebotsunterlage hinausgezögert63. Zwar ist es dann denkbar, dass der Bieter den Lauf der Annahmefrist in Gang setzt, ohne den gesetzlichen Veröffentlichungspflichten in vollem Umfang nachgekommen zu sein. Die damit verbundenen Risiken haben sich in der Praxis bislang freilich als gering erwiesen. Sie sind weniger gewichtig als Risiken, die entstünden, wenn man für den Fristbeginn insoweit auf das erstmalige vollständige Bereithalten der Angebotsunterlage abstellen würde. Denn dann wäre der Fristbeginn von einem zeitlich kaum zu präzisierenden und vor allen Dingen schwer nachweisbaren Ereignis abhängig64. Die praktische Bedeutung des Problems sollte indes nicht überschätzt werden. In aller Regel wird der Bieter das zweispurige Veröffentlichungsverfahren taggleich durchführen. Dann kommt es auf diese Streitfrage ohnehin nicht an65. Sonstige Veröffentlichungen oder Erläuterungen des Angebots durch den Bieter sind für den Beginn der Annahmefrist ohne Bedeutung. Dies betrifft Pressemitteilungen, Ad-hoc-Mitteilungen nach Art. 17 MAR sowie Erklärungen, Veröffentlichungen und Bekanntmachungen des Angebots, die nach dem Recht anderer Staaten möglicherweise erforderlich sind. Dies gilt auch dann, wenn diese Mitteilung nach dem anwendbaren ausländischen Recht eine zwingende Voraussetzung für ein Angebot an die in der betreffenden Jurisdiktion ansässigen Wertpapierinhaber ist. Für den Fristbeginn nach WpÜG sind insoweit ausschließlich die von § 14 Abs. 3 WpÜG festgelegten Veröffentlichungspflichten maßgebend66.
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VI. Fristberechnung und Fristende Zur Berechnung der Frist und zum Fristende enthält das WpÜG keine besonderen Bestimmungen. Es gelten damit die §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Aus diesen Normen ergibt sich, dass der Tag der Veröffentlichung der Angebotsunterlage bei der Berechnung der Mindestannahmefrist entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 2 WpÜG nicht mitzuzählen ist67. Das Angebot ist daher bis zum Ende des Tages offen, der 4 Wochen später durch seine Benennung dem Veröffentlichungstag entspricht (§ 188 Abs. 2 BGB). Bei der Berechnung der Höchstannahmefrist ist der Tag der Veröffentlichung der Angebotsunterlage dagegen nach zutreffender Ansicht mitzuzählen. Dies ergibt sich aus dem unterschiedlichen Gesetzeszweck. Während die 4-wöchige Mindestfrist die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft schützen soll, geht es bei der zehn-wöchigen Höchstfrist um die Interessen der Zielgesellschaft an einer nicht überlangen Verfahrensdauer. Deshalb sollte der Tag der Veröffentlichung der Angebotsunterlage in letzterem Fall mit einbezogen werden68.
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Fällt der letzte Tag der Annahmefrist auf einen Sonntag, einen staatlich anerkannten allgemeinen Fei- 23 ertag oder einen Sonnabend, so tritt gemäß § 193 BGB an die Stelle eines solchen Tages der nächste
61 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 31. 62 Geibel in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 18. 63 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 31; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 23. 64 Zutreffend Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 31. 65 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 15; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 31. 66 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 32; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 24. 67 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 20; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 11; Sohbi in Heidel, § 16 WpÜG Rz. 2; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 33; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 25; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 7. 68 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 33.
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§ 16 Rz. 23 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung Werktag69. Bei der Bestimmung eines staatlich anerkannten allgemeinen Feiertags ist fraglich, ob insoweit nur in ganz Deutschland geltende gesetzliche Feiertage einzubeziehen sind, wie dies zum Teil vertreten wird70. Ein Teil der Literatur will dagegen auch staatlich anerkannte lokale Feiertage an dem Ort einbeziehen, an dem voraussichtlich die meisten Annahmeerklärungen wirksam werden71. Beide Ansichten überzeugen nicht. Im Interesse der Rechtssicherheit erscheint es vorzugswürdig, sämtliche lokale Feiertage, und zwar sowohl am Sitz des Bieters als auch an den Börsenhandelsplätzen der Zielgesellschaft, einzubeziehen. Auf diese Weise wird eine Ungleichbehandlung der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft verhindert, die der erstgenannten Ansicht entgegengehalten werden kann72. Dies gilt jedenfalls, wenn – wie in der Regel – die Annahme gegenüber dem depotführenden Kreditinstitut zu erklären ist.
VII. Rechtsfolgen 24
Grundsätzlich kann das Angebot von den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft nur innerhalb der Annahmefrist angenommen werden73. Dies ist im WpÜG zwar nicht ausdrücklich so bestimmt, ergibt sich aber aus § 148 BGB. Zwischen dem Bieter und den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft, die das Angebot rechtzeitig angenommen haben, kommen Aktienkauf- bzw. Aktientauschverträge zustande. Für die Frage der Rechtzeitigkeit der Annahme kommt es grundsätzlich auf den Zugang der Annahme bei der von dem Bieter in der Angebotsunterlage benannten Stelle an. Eine für die Wirksamkeit der Annahmeerklärung unschädliche Fristüberschreitung nach § 149 BGB, etwa in Folge einer verzögerten Weiterleitung der Annahmeerklärung durch das von dem Annehmenden hiermit beauftragte Kreditinstitut, kommt nach zutreffender Auffassung nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht74. Die Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 WpÜG ist auch für andere Vorschriften des WpÜG von Bedeutung, die den Ablauf des öffentlichen Angebots betreffen75. So ist eine Änderung des Angebots nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nur bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist möglich (ausführlich § 21 WpÜG Rz. 11 ff.). Im Rahmen der Änderung des Angebots bestimmen sich außerdem der Zeitraum des Rücktrittsrechts gemäß § 21 Abs. 4 WpÜG (hierzu § 21 WpÜG Rz. 45 ff.) und die gegebenenfalls erfolgende Verlängerung des Angebots gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG (siehe § 21 WpÜG Rz. 51 ff.) nach der Annahmefrist des § 16 Abs. 1 WpÜG. Darüber hinaus nehmen die Bestimmungen über konkurrierende Angebote nach § 22 Abs. 1 WpÜG (siehe § 22 WpÜG Rz. 12 ff.) sowie die Regelungen der Annahmefrist nach § 22 Abs. 2 WpÜG (vgl. § 22 WpÜG Rz. 30 ff.) und des Rücktrittsrechts nach § 22 Abs. 3 WpÜG (hierzu § 22 WpÜG Rz. 47) bei solchen konkurrierenden Angeboten auf die Annahmefrist des § 16 Abs. 1 WpÜG Bezug. Nach der Annahmefrist des § 16 Abs. 1 WpÜG bestimmen sich auch die Zeitpunkte für die Veröffentlichungspflichten des Bieters nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 WpÜG (vgl. § 23 WpÜG Rz. 20 ff.). Im Rahmen von § 25 WpÜG legt die Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 WpÜG den spätesten Zeitpunkt für die Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses fest, sofern der Bieter das Angebot unter dieser Bedingung abgegeben hat (ausführlich § 25 WpÜG Rz. 8 ff.). Schließlich bestimmt sich das Entstehen einer Sperrfrist bei dem Verfehlen des Erwerbs eines Mindestanteils als Bedingung des Bieters nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG nach dem Ablauf der Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 1 WpÜG (siehe § 26 WpÜG Rz. 5 ff.).
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In den Angebotsunterlagen wird regelmäßig festgelegt, dass die Aktionäre der Zielgesellschaft das Angebot nur gegenüber dem depotführenden Kredit- bzw. Finanzdienstleistungsinstitut (Depotbank) annehmen können. Die Annahme wird dann mit Umbuchung der zum Verkauf eingereichten Aktien 69 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 23; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 34; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 25; Noack/Zetzsche in Schwark/ Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 8. 70 So etwa von Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 35; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 25; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 8. 71 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 23, der auf den Erklärungsort abstellt. 72 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 10. 73 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 37. 74 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 37; vgl. auch Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 27. 75 Siehe auch Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 4.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 29 § 16
bei der Clearstream Banking AG durch die Depotbank wirksam. In vielen Fällen erklärt die Angebotsunterlage die Annahme innerhalb der Annahmefrist gegenüber der Depotbank als fristgerecht, auch wenn die tatsächliche Umbuchung der Aktien erst einige Tage nach Ende der Annahmefrist erfolgt76. Eine solche Vereinbarung ist ohne weiteres rechtsgeschäftlich möglich77. Gleichzeitig mit der Annahme beauftragt der Aktionär dann die Depotbank, die Annahmeerklärung an den Bieter weiterzugeben und entbindet insoweit das depotführende Kreditinstitut von dessen Geheimhaltungspflicht78. Aktionäre, die verbriefte Aktienurkunden besitzen, die nicht bei der Clearstream Banking AG ver- 26 wahrt werden, müssen für die Annahme häufig besondere Maßnahmen ergreifen. So haben sie etwa zusätzlich zu der schriftlichen Annahmeerklärung gegenüber einem depotführenden Kreditinstitut innerhalb der Annahmefrist die Aktienurkunden einzureichen und über ihr depotführendes Kreditinstitut zur Verfügung zu stellen. Wegen des Postlaufs und der üblichen Prüfungsmaßnahmen kann dies dazu führen, dass die Aktienurkunden bereits eine Woche vor Ablauf der Annahmefrist eingereicht werden sollten79. Alternativ kommt in Betracht, dass die Aktionäre die effektiven Stücke über ein depotführendes Kreditinstitut in die Girosammelverwahrung bei der Clearstream Banking AG überführen oder in girosammelverwahrte Anteile umtauschen. Auch dies führt aber zu einem zeitlichen Vorlauf von einigen Tagen80.
C. Weitere Annahmefrist (§ 16 Abs. 2 WpÜG) § 16 Abs. 2 WpÜG enthält eine Sonderregelung für Übernahmeangebote im Sinne des § 29 WpÜG.
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I. Normzweck Sofern ein Angebot den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft zum Gegenstand hat, können 28 die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG das Angebot auch innerhalb von zwei Wochen nach der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG genannten Veröffentlichung annehmen (weitere Annahmefrist)81. Diese obligatorische Nachfrist (sog. Zaunkönigregelung) begründet eine Abweichung von §§ 146, 148 BGB82. Sie soll sicherstellen, dass die Aktionäre der Zielgesellschaft frei über das Übernahmeangebot entscheiden können, ohne befürchten zu müssen, bei einem Erfolg des Angebots Aktionär einer Gesellschaft geblieben zu sein, für deren Aktien es keinen (liquiden) Markt mehr gibt83. Der Gesetzgeber trägt insoweit vor allem der besonderen Situation der nicht organisierten Kleinaktionäre einer Zielgesellschaft Rechnung. Für diese ist kennzeichnend, dass sie sich – anders als institutionelle Anleger oder sonstige Großaktionäre der Zielgesellschaft – mangels Organisation über ihre Reaktion auf ein Angebot untereinander kaum abstimmen können84. Außerdem fehlt ihnen häufig eine ausreichende Informationsgrundlage über die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens eines Kontrollwechsels und damit ein wichtiges Element für eine sachgerechte Entscheidung über die Annahme
76 Vgl. exemplarisch Ziffer 11.2 der Angebotsunterlage betreffend das Pflichtangebot der Volkswagen AG an die Aktionäre der MAN SE vom 31.5.2011. 77 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 25. 78 Vgl. exemplarisch Ziffer 11.3 (ii) der Angebotsunterlage betreffend das Pflichtangebot der Volkswagen AG an die Aktionäre der MAN SE vom 31.5.2011. 79 Vgl. exemplarisch Ziffer 13.2.2 der Angebotsunterlage der NECKARPRI GmbH betreffend das freiwillige öffentliche Übernahmeangebot an die Aktionäre der EnBW Energie Baden-Württemberg AG vom 7.1.2011. 80 Vgl. exemplarisch Ziffer 8.1 der Angebotsunterlage der Interbrew Deutschland Holding GmbH an die Aktionäre der Gilde Brauerei Aktiengesellschaft vom 10.2.2003. 81 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 17 bezeichnet die weitere Annahmefrist nicht als Verlängerung der ersten Annahmefrist, sondern als erneute Öffnung des Angebots. 82 Vgl. Tröger, DZWiR 2002, 353, 360. 83 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 94; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 769. 84 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 46; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 27; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 14.
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§ 16 Rz. 29 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung oder die Ablehnung des (Übernahme-)Angebots85. Verstärkt wird das Problem noch dadurch, dass sich institutionelle Anleger aus Gründen der Risikominimierung regelmäßig erst in den letzten Tagen der Annahmefrist für oder gegen die Annahme des Angebots entscheiden86, sodass auch die regelmäßigen sog. Wasserstandsmeldungen nach § 23 WpÜG bis kurz vor Schluss des Angebots nur wenig aussagekräftig sind87. 30
Damit entsteht für die Kleinanleger im Lauf des Übernahmeangebots das vielfach beschriebene sog. Gefangenendilemma, also eine Situation, in der das Verhalten des Einzelnen mangels einer nicht möglichen Koordination und Kooperation mit den anderen zu nachteiligen Ergebnissen führen kann88. Denn bei Nichtannahme besteht die Gefahr, als Aktionär in einer bei Erfolg des Angebots von dem Bieter kontrollierten Gesellschaft mit einer illiquiden Aktie zu verbleiben und später etwa zu einem möglicherweise ungünstigen Preis nach §§ 327a ff. AktG oder §§ 39a ff. WpÜG zwangsweise aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden89. Auf der anderen Seite droht die Gefahr, dass Kleinaktionäre das von ihnen an sich abgelehnte Angebot aus Angst vor dem scheinbar bevorstehenden Kontrollwechsel annehmen, obwohl es dann mangels Akzeptanz durch Großaktionäre gar nicht zu einem Kontrollwechsel kommt90.
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Für den Regelfall eines Übernahmeangebots löst § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG dieses Gefangenendilemma auf. Die Regelung räumt den Aktionären der Zielgesellschaft eine weitere Entscheidungsmöglichkeit zu einem Zeitpunkt ein, in dem bereits Klarheit über den Erfolg oder Misserfolg der Übernahme besteht (vorbehaltlich möglicher weiterer Bedingungen wie z.B. der Kartellfreigabe). Die rechtspolitische Kritik an der Bestimmung ist daher nicht überzeugend91. Der Bieter kann sich vor der Notwendigkeit, wegen § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG nach einem aus seiner Sicht erfolglosen Übernahmeversuch weitere Aktien hinzukaufen zu müssen, durch die Vereinbarung einer Mindestannahmeschwelle schützen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG), sodass auch dessen Interessen nicht über Gebühr beeinträchtigt sind (vgl. dazu näher und zur Möglichkeit einer teleologischen Reduktion der Norm unten Rz. 34 f.)92. Nicht vollständig beseitigt wird das Gefangenendilemma allerdings bei Übernahmeangeboten, die keine Mindestannahme vorsehen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass insoweit auch die Großaktionäre der Zielgesellschaft das Angebot erst während der verlängerten Annahmefrist annehmen, sodass § 16 Abs. 2 WpÜG keine Lösung bringt, sondern das Problem nur zeitlich verlagert (dazu ausführlich unten Rz. 34 f.). Die deutsche Regelung in § 16 Abs. 2 WpÜG weicht von denen anderer Rechtsordnungen ab. In Österreich verlängert sich die Annahmefrist für diejenigen Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot nicht angenommen haben, um 3 Monate, wenn entweder ein Pflichtangebot abgegeben wurde oder der Bieter nach einem freiwilligen Übernahmeangebot mehr als 90 % des stimmberechtigten Grundkapital hält oder bei einem freiwilligen Übernahmeangebot die Bedingung des Erreichens einer Mindestzahl von Wertpapieren erfüllt wurde. In der Schweiz entsteht eine Nachfrist während 10 Börsentagen ab der Veröffentlichung des definitiven Zwischenergebnisses, wenn das Angebot zustande kommt.
85 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 41. 86 Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 61 („Tendenz zum Attentismus“); Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820, 822; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 42. 87 Zur Bedeutung der sog. Wasserstandsmeldungen nach § 23 in diesem Zusammenhang Witt, NZG 2000, 809, 811. 88 Vgl. näher dazu Witt, NZG 2000, 809, 811; Assmann/Bozenhardt, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1, 11 f.; Geibel/ Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 27. 89 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 18. 90 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 42; Mühle, S. 251. 91 Kritik bei Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820, 822 (Ungleichbehandlung der Aktionäre, schwerwiegender Eingriff in die marktbedingte Struktur des Annahmeprozesses). 92 Schüppen, WPg 2001, 958, 966.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 34 § 16
II. Tatbestandsvoraussetzungen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) 1. Vorliegen eines Übernahmeangebots § 16 Abs. 2 WpÜG gilt nur bei einem Übernahmeangebot i.S.v. § 29 Abs. 1 WpÜG. Pflichtangebote 32 und sonstige Angebote, die nicht auf einen Kontrollwechsel abzielen, sind vom Regelungsbereich des § 16 Abs. 2 WpÜG nicht erfasst93. Dies beruht darauf, dass der Gesetzgeber das hinter der Regelung des § 16 Abs. 2 WpÜG stehende Gefangenendilemma vorwiegend in den Fällen verortet, in denen durch einen Kontrollwechsel erstmals eine Konzernierungssituation einzutreten droht (weitere Annahmefrist als Instrument der Konzerneingangskontrolle)94. In der Literatur wird zum Teil allerdings empfohlen, de lege ferenda auch freiwillige und Pflichtangebote in den Anwendungsbereich von § 16 Abs. 2 WpÜG einzubeziehen, weil der die Norm tragende Entscheidungsdruck aus Sicht der Kleinanleger auch entstehen könne, wenn ein die Gesellschaft bereits i.S.v. § 29 Abs. 1 WpÜG kontrollierender Aktionär eine qualitativ andere Stellung in der Gesellschaft erreichen will (etwa durch Ausbau seiner Beteiligung von angenommenen 35 % auf etwa 75 oder 95 %95). Einer solchen (teilweisen) Erweiterung des § 16 Abs. 2 WpÜG auf freiwillige und Pflichtangebote dürften aber Schwierigkeiten bei der abstrakten Festlegung einer angestrebten „qualitativ anderen Stellung“ des Bieters entgegenstehen96. Aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erschließt sich schließlich, dass allein das Vorliegen ei- 33 nes Übernahmeangebots für die Einräumung einer weiteren Annahmefrist ausreicht. § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist daher auch dann anwendbar, wenn der Bieter zwar ein Übernahmeangebot abgibt, der Kontrollwechsel sich aber schon bzw. erst durch einen außerhalb des Angebotsverfahrens vorgenommenen Paketerwerb vollzieht97. Gleiches gilt, wenn bereits während der regulären Annahmefrist feststeht, dass es zu einem Kontrollwechsel kommen wird98. 2. Erfolg des Übernahmeangebots § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG scheint nach seinem Wortlaut auch dann zu gelten, wenn zwar ein Übernah- 34 meangebot vorliegt, sich aber mit Ablauf der Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG herausstellt, dass es gar nicht zu einem Kontrollwechsel gekommen ist, das Übernahmeangebot also erfolglos war. Die Sachgerechtheit dieses Ergebnisses ist allerdings mit überzeugenden Gründen angezweifelt worden. Würde man dem Bieter nämlich auch bei (zunächst) erfolglosen Übernahmeversuchen eine weitere Annahmefrist einräumen, würden bei dem vom Gesetzgeber typisiert unterstellten Verhalten sämtliche Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft einschließlich der institutionellen Investoren ihre Entscheidung stets erst während der weiteren Annahmefrist treffen99. Die (Klein-)Aktionäre wären dann aus dem Gefangenendilemma nicht befreit, obwohl doch gerade dies durch § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erreicht werden sollte, weil sie über die Annahme des Angebots entscheiden müssten, ohne
93 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 19; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 9; Kalss in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 51 Rz. 55; Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 31; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 43; Adolff/Meister/ Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 244. Vgl. auch Land, DB 2000, 1707, 1709, der § 16 Abs. 2 WpÜG auch auf Pflichtangebote anwenden will. 94 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 43; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 33. 95 Dafür – wenn auch unter Vorbehalten – Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 43. 96 Im Ergebnis ablehnend auch Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 39 WpÜG Rz. 22; Kalss in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 51 Rz. 55; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 39 WpÜG Rz. 46 f. mit einer Gegenausnahme bei Pflichtangeboten für den Fall, dass der Stimmrechtsanteil ausnahmsweise während der Annahmefrist unter die Kontrollschwelle von 30 % absinkt und das Pflichtangebot zu einem erneuten Kontrollerwerb führt. 97 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 45; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 36. 98 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 45; im Ergebnis auch Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 38 f.; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 33, die allerdings für diesen Fall eine teleologische Reduktion für nicht ganz fernliegend halten. 99 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 21.
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§ 16 Rz. 34 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung zu wissen, ob es zu einem Kontrollwechsel kommen wird100. Der auf den (Klein-)Aktionären lastende Entscheidungsdruck würde sogar noch durch den Umstand verschärft, dass der Bieter während der weiteren Annahmefrist von der Veröffentlichungen täglicher Wasserstandsmeldungen nach § 23 WpÜG befreit ist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG)101. Vor diesem Hintergrund ist § 16 Abs. 2 WpÜG im Wege der teleologischen Auslegung auf die Fälle zu reduzieren, in denen das Übernahmeangebot zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist nach § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG bereits erfolgreich war, es also zur Erlangung der Kontrolle nach Maßgabe des § 29 Abs. 2 WpÜG gekommen ist102. 35
Diesem Ergebnis können auch praktische Erwägungen nicht entgegengehalten werden. Denn zu dem Zeitpunkt, in dem der Lauf der weiteren Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG in Gang gesetzt wird, steht das Ergebnis des Übernahmeangebots und damit dessen Erfolg oder Scheitern fest103. Der Hinweis, dass der Bieter dem Problem durch die Festlegung einer Mindestannahmequote entgegenwirken kann, ist als Argument gegen die Annahme einer teleologischen Reduktion nicht vollständig geeignet. Zwar würde das Verfehlen der Mindestannahmequote zum Scheitern des Angebots und gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG dazu führen, dass keine weitere Annahmefrist läuft104. (Groß-)Aktionäre, die dem Angebot positiv gegenüberstehen, würden dadurch motiviert, das Angebot schon während der ersten Annahmefrist anzunehmen und nicht auf die ungewisse weitere Annahmefrist zu vertrauen105. Es besteht für den Bieter aber nicht immer ein Grund, das für ihn tendenziell günstige Gefangenendilemma, in dem sich die Aktionäre wiederfinden, durch die freiwillige Festlegung einer Mindestannahmequote abzumildern, auf die er ohnehin wieder verzichten könnte (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG)106. Den Bieter deshalb zur Festlegung (und Beibehaltung) einer Mindestannahmequote zu zwingen, ist zwar eine denkbare weitere Lösung107. Dagegen spricht aber, dass diese Lösung tiefer in die Rechte des Bieters eingreift als die hier vertretene Auffassung einer teleologischen Reduktion108. Will der Bieter diese Situation vermeiden, hat er es immer noch in der Hand, durch die Festlegung einer (über der Grenze des § 29 Abs. 2 WpÜG liegenden) entsprechenden Mindestannahmequote selbst darüber zu entscheiden, ab wann er ein (Übernahme-)Angebot für erfolgreich hält. 3. Unmaßgeblichkeit tatsächlicher Kontrollerlangung
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Keine Anwendung findet § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Fällen, in denen der Bieter bereits vor Abgabe eines Angebots eine Beteiligung an der Zielgesellschaft von mehr als 30 % der Stimmrechte innehat, er aber noch keine faktische Kontrolle über das Unternehmen ausüben kann, weil etwa andere Aktionäre über gleich hohe oder höhere Beteiligungsquoten verfügen. Entschließt sich der Bieter in einer solchen Situation, seine Beteiligung über ein (freiwilliges) Angebot auf eine Schwelle auszubauen, die ihm erstmals die tatsächliche Ausübung von Kontrolle ermöglicht, bleibt § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG un-
100 Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 769; Santelmann, AG 2002, 497, 499; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 42; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 17. 101 Vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 21; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 42; Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 61; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 39 WpÜG Rz. 22; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 769; Santelmann, AG 2002, 497, 499. Zur Bedeutung der Wasserstandsmeldungen nach § 23 WpÜG in diesem Zusammenhang Witt, NZG 2000, 809, 811. 102 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 20; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 17; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 5; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 769 f. In diese Richtung auch Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 61; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 17; Liebscher, ZIP 2001, 853, 865. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 44; Hommelhoff/Witt in FrankfKomm. WpÜG, § 39 WpÜG Rz. 15. 103 Zur Berücksichtigung von Fehlern bei der Berechnung vgl. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 9. 104 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 46. 105 Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820, 823; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 20; Liebscher, ZIP 2001, 853, 865. 106 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 21 mit Fn. 27. 107 Dafür Santelmann, AG 2002, 497, 499; jetzt auch nicht mehr befürwortend Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 7. 108 Vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 20 mit Fn. 26.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 39 § 16
anwendbar109. Obwohl sich die Kleinaktionäre der Zielgesellschaft dann in einer mit einem Übernahmeangebot vergleichbaren Situation befinden können, lässt der Wortlaut der Norm keine Erweiterung auf solche Fälle zu. Der Gesetzgeber verlangt in § 16 Abs. 2 WpÜG ausdrücklich ein Übernahmeangebot und begreift dieses gemäß § 29 WpÜG als den Erwerb von mindestens 30 % der Stimmrechte, ohne auf das (erstmalige) Vorliegen einer faktischen Kontrollsituation abzustellen110. Die dahinter stehende Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, Fälle, in denen der Bieter bereits vor Inkrafttreten des WpÜG über eine Beteiligung in Höhe von mindestens 30 % an der Zielgesellschaft verfügte, pauschal von dem Anwendungsbereich des Übernahmeangebots auszunehmen, ist auch insoweit zu akzeptieren111. Gegen eine Erweiterung der Norm spricht auch die praktische Schwierigkeit, den (gewollten) Erwerb tatsächlicher Kontrolle im Einzelfall festzustellen. 4. Aktionärsstellung Wie die Vergangenheit gezeigt hat, wird das Gefangenendilemma besonders bei Belegschaftsaktionären der Zielgesellschaft akut, die erfahrungsgemäß erst dann bereit sind, ihre Aktien an den Bieter zu veräußern, wenn der Erfolg der Übernahme feststeht. Sie sind denn auch in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 16 Abs. 2 WpÜG besonders angesprochen. Aus der Gesetzesbegründung und der zustimmenden Literatur, die sich häufig jeweils nur auf Belegschafts- und sonstige Kleinaktionäre bezieht, kann freilich nicht der Schluss gezogen werden, dass nur diese durch die Zaunkönigregelung geschützt sein sollten. Richtig ist vielmehr, dass jeder Aktionär der Zielgesellschaft unabhängig von der Größe seiner Beteiligung, seinen (über die finanzielle Beteiligung hinausgehenden) Bindungen an die Zielgesellschaft, seiner Koordinationsfähigkeit und seines tatsächlichen Entscheidungsdrucks in den Genuss der weiteren Annahmefrist kommt112.
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Allerdings muss es sich bei dem Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft um einen Aktionär handeln. Damit sind insbesondere Inhaber von Wandel- und Optionsanleihen von der weiteren Annahmefrist ausgeschlossen, auch wenn sich das Übernahmeangebot auf diese Wertpapiere erstreckt113.
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5. Vollständige oder teilweise Nichtannahme des Übernahmeangebots In den Genuss der weiteren Annahmefrist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG kommen Aktionäre, solange 39 sie noch Aktien der Zielgesellschaft besitzen, das Angebot also (möglicherweise schon zum Teil, aber jedenfalls) noch nicht vollständig angenommen haben114. Weder Wortlaut noch Regelungszweck des § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erfordern es, nur bei einer vollständigen Nichtannahme des Angebots von einer weiteren Annahmefrist auszugehen. Eine abweichende Auslegung wäre kaum praktikabel. Denn bei den banküblichen Verfahren zur Abwicklung von Übernahmen ist nur sehr schwer festzustellen, ob ein Aktionär eine geteilte Annahmeerklärung, die sich nicht auf alle von ihm gehaltenen Aktien be-
109 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 46; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 37 f. 110 Vgl. nur Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 35 WpÜG Rz. 64. 111 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 46. Ebenso im Ergebnis, allerdings sehr kritisch Geibel/ Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 36. 112 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 37; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 47; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 45; Noack/Zetzsche in Schwark/ Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 18; Tröger, DZWiR 2002, 353, 360; Liebscher, ZIP 2001, 853, 865. Richtig ist allerdings, dass Koordinationsdefizite bei institutionellen Anlegern in weit geringerem Maße auftreten werden, Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 126 f. 113 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 45; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 18. Eine solche Erstreckung ist rechtlich nicht erforderlich, vgl. Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 267; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 771. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 29. 114 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 10; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 48; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 45; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 18.
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§ 16 Rz. 39 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung zieht, abgegeben hat115. Im Übrigen dürfte die praktische Bedeutung dieser Frage ohnehin sehr gering sein, da in der Regel Aktionäre einheitlich über die Abgabe ihrer Aktien entscheiden. 6. Zeitpunkt des Aktienerwerbs 40
Schließlich lässt sich § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG auch nicht entnehmen, dass nur solche Aktionäre in den Genuss der weiteren Annahmefrist kommen sollten, die die Aktien vor dem Übernahmeangebot oder in Unkenntnis desselben erworben haben. Deshalb können sich auch Aktionäre, die das Übernahmeangebot gekannt und sich damit bewusst in die oben angesprochene Entscheidungssituation begeben haben, trotz der an sich fehlenden Schutzbedürftigkeit auf § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG berufen. Auch hier wäre ein anderes Ergebnis mangels Kontrollmöglichkeit kaum praktikabel. Der Konflikt zwischen individueller Schutzbedürftigkeit und Gewährleistung eines funktionierenden, weitgehend anonymen Abwicklungsprozesses ist zu Gunsten des Letzteren aufzulösen116.
III. Beginn und Ende der weiteren Annahmefrist (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) 41
Die weitere Annahmefrist beginnt mit der Veröffentlichung des vorläufigen Ergebnisses des Übernahmeangebots (§ 16 Abs. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG). Sie endet zwingend zwei Wochen später und kann nicht, beispielsweise durch die Einberufung einer Hauptversammlung, verlängert werden117. Für die Fristberechnung gelten die §§ 187 ff. BGB (vgl. oben Rz. 22)118. Nicht geregelt ist, was für den Fall gilt, dass Aktionäre das Angebot in dem Zeitraum zwischen dem Ablauf der Annahmefrist und dem Beginn der weiteren Annahmefrist annehmen. Dieser Zeitraum beträgt je nach Dauer der Auswertung einige Tage. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck sind aber auch Annahmeerklärungen in diesem Zeitraum als fristgemäß zu berücksichtigen119. Ein anderes Ergebnis wäre Förmelei und würde die Aktionäre zur erneuten Annahme zwingen.
IV. Nichtgeltung bei Fehlschlag des Übernahmeangebots (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) 42
Eine weitere Annahmefrist ist nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG nicht vorgesehen, wenn der Bieter die Wirksamkeit des Angebots vom Erwerb eines Mindestanteils der Aktien abhängig gemacht hat und dieser Mindestanteil nach Ablauf der Annahmefrist nicht erreicht wurde. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass auch die Großaktionäre der Zielgesellschaft das Angebot erst während der weiteren Annahmefrist annehmen und damit der gesetzgeberische Zweck verfehlt wird, den Kleinaktionären eine Entscheidung einzuräumen, wenn bereits Klarheit über das Zustandekommen der Übernahme besteht (vgl. dazu aber oben Rz. 31)120.
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Für die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG kommt es nicht darauf an, ob der Bieter nach Ablauf der Annahmefrist (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) bereits sachenrechtliches Eigentum an den betreffenden Wertpapieren erworben hat121. Entscheidend für das Erreichen des Mindestanteils ist insoweit der Zugang von Annahmeerklärungen in der Zahl, 115 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 38; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 48. 116 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 39. 117 Siehe auch Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 15. 118 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 46. 119 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 51; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 19. Im Ergebnis ebenso Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 47. 120 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 52; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 11. 121 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 28; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 43; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 53; im Ergebnis ebenso Merkner/ Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 53. A.A. Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 20.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 46 § 16
wie sie vom Bieter in der Angebotsunterlage festgelegt worden sind122. Eine durch das Abwicklungsverfahren oder eine ausstehende Kartellfreigabe bedingte Verzögerung des Eigentumserwerbs schadet nicht. Die Norm differenziert nicht danach, zu welchem Zeitpunkt der Bieter von dem Ergebnis des Angebots Kenntnis erlangt123. Ebenso wenig ist von Bedeutung, auf welche Weise der Bieter die von ihm festgesetzte Mindesterwerbsquote erreicht hat. Dies kann also im Rahmen des Angebotsverfahrens, aber auch außerhalb dessen durch börsliche oder außerbörsliche Aktienkäufe des Bieters verwirklicht worden sein. Eine Beschränkung auf die im Wege des Angebotsverfahrens erworbenen Aktien ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen und wäre auch mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar124. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung soll § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG entsprechende An- 44 wendung finden, wenn die Annahme des Angebots durch bestimmte (Paket-)Aktionäre oder Aktionärsgruppen zur Bedingung für die Durchführung des Angebots gemacht wurde, diese Aktionäre das Angebot aber nicht fristgerecht angenommen haben125. Begründet wird dies mit der Gefahr, dass die betreffenden Aktionäre bei einer anderen Auslegung die Bedingungen des Bieters umgehen und sich erst während der weiteren Annahmefrist für oder gegen die Annahme des Angebots entscheiden könnten126. Dies mag zwar im Einzelfall so sein, rechtfertigt aber keine Auslegung der Norm über den klaren Wortlaut hinaus. § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG verlangt, dass ein bestimmter Mindestanteil der Aktien nicht erreicht wurde, enthält aber keine weitere Ausnahme für die Nichtannahme des Angebots durch bestimmte Aktionäre. § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG gilt ferner dann nicht, wenn zwar die ursprünglich festgesetzte Mindestannahmequote nicht erreicht wird, der Bieter diese aber nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG verringert oder gänzlich auf Bedingungen verzichtet hat (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) (vgl. dazu unten § 21 WpÜG Rz. 29 ff.)127. Wenn der Bieter allerdings innerhalb der letzten zwei Wochen der Annahmefrist die Mindestannahmequote verringert oder darauf verzichtet, so verlängert sich die Annahmefrist nach § 21 Abs. 5 WpÜG um zwei Wochen128.
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V. Formelle Voraussetzungen Bei Übernahmeangeboten hat die Angebotsunterlage nach § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO stets einen Hinweis auf die weitere Annahmefrist zu enthalten. Eine Veröffentlichung des Beginns und des Endes der weiteren Annahmefrist ist dagegen nicht erforderlich129. Es ist allerdings zweckmäßig, in der Veröffentlichung des vorläufigen Ergebnisses gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG auch auf den Beginn und das Ende der weiteren Annahmefrist hinzuweisen130. Dies wird in der Praxis zumeist auch entsprechend gehandhabt131. Zusätzlich wird in der ursprünglichen Angebotsunterlage häufig bereits auf eine mögliche weitere Annahmefrist und deren voraussichtlichen Beginn hingewiesen132. Gemäß § 23 122 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 28; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 53. 123 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 55. 124 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 55; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 20. Ebenso im Ergebnis Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 44. 125 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 28; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 56. 126 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 56; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 12. 127 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 48. 128 Siehe auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 48. 129 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 57; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 48. 130 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 48. 131 Vgl. etwa die Veröffentlichung der Alliance Healthcare Deutschland Holdings 1 GmbH zum öffentlichen Übernahmeangebot an die Aktionäre der Andrae-Noris Zahn AG gemäß § 23 Abs. 1 WpÜG vom 12.1.2011 mit Hinweis auf den durch die Veröffentlichung ausgelösten Beginn und das Ende der weiteren Annahmefrist. 132 Vgl. etwa in der Angebotsunterlage der Alliance Healthcare Deutschland Holdings 1 GmbH betreffend das öffentliche Übernahmeangebot an die Aktionäre der Andrae-Noris Zahn AG vom 29.11.2010, Ziffer 4.3.
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§ 16 Rz. 46 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG ist außerdem unverzüglich nach Ablauf der weiteren Annahmefrist das Endergebnis des Angebots zu veröffentlichen. Zur Frage der analogen Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG auf die weitere Annahmefrist des § 16 Abs. 2 WpÜG vgl. § 23 WpÜG Rz. 20.
D. Verlängerte Annahmefrist im Fall der Einberufung einer Hauptversammlung (§ 16 Abs. 3 WpÜG) I. Verlängerte Annahmefrist (§ 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) 47
Wird im Zusammenhang mit dem Angebot nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Hauptversammlung der Zielgesellschaft einberufen, verlängert sich gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG die Annahmefrist auf zehn Wochen ab der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Die durch die Norm angeordnete Fristverlängerung soll es dem Vorstand der Zielgesellschaft ermöglichen, noch innerhalb einer von dem Bieter möglicherweise zunächst bewusst knapp gestalteten Annahmefrist (etwa von vier Wochen) eine Hauptversammlung der Zielgesellschaft einzuberufen, auf der die Aktionäre ihre Meinungsbildung koordinieren können, und einen etwaigen Hauptversammlungsbeschluss noch vor Ablauf der Annahmefrist durchzuführen133. 1. Hauptversammlung im sachlichen Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot
48
Die Vorschrift wird insbesondere in den bislang seltenen Fällen bedeutsam, in denen das Angebot zum Erwerb der Wertpapiere der Zielgesellschaft nicht mit dem Vorstand der Zielgesellschaft abgestimmt ist. § 16 Abs. 3 WpÜG beruht auf der ursprünglichen Konzeption des Regierungsentwurfs, der Abwehrmaßnahmen gegen solche feindlichen Übernahmen nahezu ausschließlich von einer Zustimmung der Hauptversammlung abhängig machen wollte134. Obgleich im jetzigen § 33 Abs. 1 WpÜG eine Adhoc-Hauptversammlung gar nicht erwähnt wird und § 33 Abs. 2 WpÜG lediglich Bestimmungen zu Vorratsbeschlüssen enthält, wird man davon ausgehen müssen, dass solche erst durch das konkrete Angebot ausgelöste Hauptversammlungsbeschlüsse nach wie vor (erst recht) zulässig sind (vgl. § 33 WpÜG Rz. 188)135. Im Hinblick auf mögliche Abwehrmaßnahmen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 sowie Vorratsbeschlüsse nach § 33 Abs. 2 WpÜG ist die Bedeutung von § 16 Abs. 3 WpÜG aber erheblich gesunken136. Praktisch wird § 16 Abs. 3 WpÜG (nur noch) eingreifen, wenn der Vorstand der Zielgesellschaft die Hauptversammlung ad-hoc um die Zustimmung zu Kapitalmaßnahmen außerhalb des genehmigten Kapitals oder zu sog. Holzmüller-Fällen sowie aufgrund Verlangens (§ 119 Abs. 2 AktG) ersucht, die nicht von der allgemeinen Ermächtigung des § 33 Abs. 1 WpÜG erfasst sind (vgl. näher § 33 WpÜG Rz. 188 ff.)137. Daran kann der Vorstand im Einzelfall wegen der haftungsausschließenden Wirkung des Hauptversammlungsbeschlusses (§ 93 Abs. 4 Satz 1 AktG) ein Interesse haben138. Wegen der insoweit erforderlichen Beschlussmehrheiten werden solche Maßnahmen allerdings eher die Ausnahme bleiben. Denn in vielen Fällen wird der Vorstand der Zielgesellschaft nicht mehr damit rechnen können, dass eine ausreichende Zahl von Aktionären einer entsprechende Maßnahme zustimmen wird139. Sind solche Maßnahmen gleichwohl geplant, sind sie im Hinblick auf die Vorberei133 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 46; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 Rz. 23; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 49; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 59; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 8. Für Verfassungswidrigkeit der Norm wegen Verstoßes gegen die Privatautonomie Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 38 ff. 134 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 59. 135 Zutreffend Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 13, der von einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers ausgeht. 136 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 13; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 57. 137 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 59; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 50; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 19. 138 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 13. 139 Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 132; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 59; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 57.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 50 § 16
tungszeit und die Einberufungsfristen nur durchführbar, wenn sich die Annahmefrist angemessen verlängert140. Insoweit ist § 16 Abs. 3 WpÜG sinnvoll. § 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG ist nur dann anwendbar, wenn die Hauptversammlung der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit dem Angebot des Bieters einberufen wird. Angebot im Sinne der Norm ist dabei nicht nur ein Übernahmeangebot, sondern auch ein freiwilliges Angebot sowie ein Pflichtangebot. § 16 Abs. 3 WpÜG gilt anders als § 33 WpÜG auch bei solchen Angeboten, die nicht auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind141. Der Vorstand ist demnach aufgrund von § 16 Abs. 3 WpÜG auch berechtigt, den Erfolg eines Angebots, das zwar nicht zum Erwerb der Kontrolle, aber etwa zu einem gewichtigen Einfluss führen würde, mit Hilfe eines Hauptversammlungsbeschlusses zu verhindern142. Dies gilt auch, wenn eine solche Hauptversammlung nicht auf Initiative des Vorstands, sondern auf Verlangen einer Aktionärsminderheit einberufen wird143. Eine Reduktion der Norm auf die Fälle, in denen der Bieter in der Zielgesellschaft einen gewichtigen Einfluss, also etwa eine Beteiligungsquote, die in der Hauptversammlung eine faktische Sperrminorität gewährt, erwerben will, ist allerdings mit dem klaren Wortlaut nicht vereinbar und scheitert auch an der schwierigen praktischen Grenzziehung144.
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Die Qualität des geforderten Zusammenhangs zwischen dem Angebot und der Hauptversamm- 50 lung ist durch § 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG nicht näher vorgegeben. Es ist allerdings davon auszugehen, dass der Gesetzgeber hierbei in erster Linie an Hauptversammlungen dachte, deren Beschlussgegenstände sich auf eine Abwehr des Angebots richten, oder hierzu zumindest geeignet sind (vgl. auch § 33 WpÜG Rz. 191)145. Wortlaut und Gesetzesbegründung lassen aber nicht hinreichend deutlich erkennen, dass § 16 Abs. 3 WpÜG nicht anwendbar sein soll, wenn auf der Hauptversammlung nur Beschlussgegenstände abgehandelt werden, die zwar in sachlichem Zusammenhang mit dem Angebot stehen, aber keinen Abwehrcharakter haben146. Gleiches gilt für solche Beschlussgegenstände, die nur bei Gelegenheit einer Abwehrhauptversammlung in die Tagesordnung mit aufgenommen werden (wie etwa sonstige Satzungsänderungen). Sofern für die Hauptversammlung Beschlussgegenstände vorgesehen sind, reicht es daher für die Anwendbarkeit von § 16 Abs. 3 WpÜG aus, wenn zumindest zwischen einzelnen Beschlussgegenständen der Hauptversammlung und dem Angebot ein inhaltlicher Zusammenhang besteht147. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass § 16 Abs. 3 WpÜG auch dann eingreift, wenn die Beschlüsse der Hauptversammlung der Umsetzung einer gemeinsamen Strategie von Bieter und Zielgesellschaft dienen, also etwa eine aus kartellrechtlichen oder sonstigen behördlichen Gründen notwendige Veräußerung von Vermögensgegenständen der Zielgesellschaft oder sonstige Strukturie-
140 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 46; Mülbert, IStR 1999, 83, 92. 141 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 2; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 32; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 60; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 60 f.; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 21. A.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 14; Oechsler, NZG 2001, 817, 824. 142 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 46; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 50. 143 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 51. 144 Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 8; Auf Übernahmeangebote beschränkend Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 14; jetzt auch ablehnend Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 13. 145 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 34; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 52; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 61; Merkner/Sustmann in Baums/ Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 62. 146 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 34; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 62; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 62 ff. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 52, der die objektive Eignung zur Abwehr für erforderlich hält. 147 Ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 62; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 10. Vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 34, der im Zweifel den Willen des Vorstands der Zielgesellschaft bzw. der die Einberufung nach § 122 Abs. 1 AktG verlangenden Minderheit über das Bestehen des Zusammenhangs entscheiden lassen will. Vgl. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 15, der einen Zusammenhang annimmt, wenn die Erörterung des Angebots zum Gegenstand der Tagesordnung nach § 124 AktG gemacht wird. Vgl. auch Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 54, der die Anwendbarkeit von § 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG annimmt, sofern einzelne Beschlussgegenstände objektive Eignung zur Abwehr haben.
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§ 16 Rz. 50 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung rungsmaßnahmen betreffen148. Außerdem steht auch eine sog. beschlusslose Hauptversammlung, also eine Hauptversammlung, die ausschließlich der Kommunikation der Aktionäre untereinander dient, im Zusammenhang mit dem Angebot i.S.v. § 16 Abs. 3 WpÜG149. Dies ergibt sich bereits aus dem Zweck des § 16 Abs. 3 WpÜG, der die Koordinierung der Meinungsbildung der Aktionäre untereinander sicherstellt150. Auch ist nach Ziff. 3.7 Abs. 3 DCGK die Einberufung einer Hauptversammlung für die Beratung der Aktionäre über das Übernahmeangebot empfohlen, in deren Rahmen lediglich gegebenenfalls gesellschaftsrechtliche Maßnahmen beschlossen werden können. Insofern setzt auch die Konzeption von Ziff. 3.7 Abs. 3 DCGK die Möglichkeit der Einberufung einer beschlusslosen Hauptversammlung zur Beratung der Aktionäre untereinander voraus151. 51
§ 16 Abs. 3 WpÜG gilt nicht für eine ordentliche Hauptversammlung, die (nur) rein zufällig in dem Zeitraum liegt, in dem das Angebot noch offen ist, soweit sich diese nur mit den routinemäßigen Beschlussgegenständen beschäftigt152. Denn eine solche Hauptversammlung ist nicht im Zusammenhang mit dem Angebot des Bieters einberufen worden.
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Eine weitere inhaltliche Unterscheidung zwischen solchen Beschlussgegenständen, die zur Abwehr eines konkreten Angebots geeignet sind, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, ist nicht erforderlich und wäre in der Praxis kaum durchsetzbar. Richtigerweise muss der Kapitalmarkt darauf vertrauen können, dass eine während der Annahmefrist erfolgte Einberufung einer Hauptversammlung der Zielgesellschaft zu der im Gesetz vorgesehenen Fristverlängerung auf zehn Wochen führt153. Dass es dann dazu kommen kann, dass den Aktionären der Zielgesellschaft für Beschlussgegenstände, die keinen eigentlichen Abwehrcharakter haben, wegen der Verkürzung der Einberufungsfrist für die Hauptversammlung nach § 16 Abs. 4 WpÜG eine geringere Vorbereitungs- und Überlegungsfrist zur Verfügung steht, ist hinzunehmen. Insoweit gehen die kapitalmarktrechtlichen Regelungszwecke dem allgemeinen Aktienrecht vor154. 2. Zeitlicher Zusammenhang
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§ 16 Abs. 3 WpÜG ist nur anwendbar, wenn die Hauptversammlung der Zielgesellschaft nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage folgt. Eine Einberufung im Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots nach § 10 Abs. 2 WpÜG und der Veröffentlichung der Angebotsunterlage reicht insoweit nicht aus155. Der Vorstand der Zielgesellschaft soll sich erst mit dem genauen Inhalt des Angebots auseinandersetzen156. Darüber hinaus müssen die Einberufung der
148 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 62; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 63. 149 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 69; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 17; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 64; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 10. Vgl. bspw. die Einladung zur Hauptversammlung der Pfeiffer Vacuum Technology AG zur Aussprache über das freiwillige Übernahmeangebot der Pangea GmbH im Bundesanzeiger vom 7.3.2017. 150 Ähnlich Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 64. 151 So auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 17; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 69. 152 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 15. Zur möglichen Ausnahme bei Beschlussfassung über eine außerordentliche Dividende Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 55. 153 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 63. 154 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 62 f.; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 63. A.A. Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 23; Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 73; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 16. 155 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 57; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 65; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 15; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 65; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 22. Im Ergebnis ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 36, der dies nicht als zeitlichen Zusammenhang, sondern als zeitliche Grenze bezeichnet. 156 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 15; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 65.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 56 § 16
Hauptversammlung und die Hauptversammlung selbst noch innerhalb der Annahmefrist liegen. Ansonsten besteht für die Fristverlängerung kein Bedürfnis mehr157. 3. Rechtsfolgen Die Einberufung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft führt nach § 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu 54 einer Verlängerung der von dem Bieter festgesetzten Annahmefrist auf zehn Wochen. Dies gilt unbeschadet der Vorschriften des § 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 2 WpÜG. Die dort vorgesehenen Fristverlängerungen für den Fall einer Änderung des Angebots bzw. für den Fall eines konkurrierenden Angebots bleiben damit ohne weiteres möglich158. Die Fristverlängerung des § 16 Abs. 3 WpÜG wird nicht dadurch aufgehoben, dass der Vorstand der Zielgesellschaft die Hauptversammlung wieder absagt, etwa weil es zwischenzeitlich zu einer Einigung mit dem Bieter gekommen ist. Anderenfalls wäre die Dauer der Annahmefrist für die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft kaum noch vorhersehbar159. § 16 Abs. 3 WpÜG gilt im Übrigen auch, wenn der Bieter die Annahmefrist von vorneherein auf die gesetzlich maximal zulässige Dauer von zehn Wochen festgelegt hat. Obgleich es hier gar nicht zu einer weiteren Fristverlängerung kommt, bleibt § 16 Abs. 3 WpÜG vor allem wegen der in den Sätzen 2–4 geregelten Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten (dazu unten Rz. 56 ff.) sowie dem kapitalmarktrechtlichen Transparenzerfordernis von Bedeutung. Ferner werden so Unsicherheiten über die Dauer der Annahmefrist vermieden. Eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3 WpÜG kommt insoweit nicht in Betracht160. Ein Rücktrittsrecht für die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, die das Angebot bereits angenommen haben, ist mit der Einberufung der Hauptversammlung nicht verbunden161.
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II. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten (§ 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 WpÜG) 1. Mitteilungspflichten des Vorstands (§ 16 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 WpÜG hat der Vorstand der Zielgesellschaft die Einberufung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft (nicht schon die Absicht)162 unverzüglich dem Bieter und der BaFin mitzuteilen. Die Mitteilung erfolgt idealerweise durch Übersendung eines Belegexemplars oder einer Kopie der Veröffentlichung im Bundesanzeiger163. Es sollte aber auch ausreichen, wenn der Vorstand schriftlich den Tag und den Ort der Hauptversammlung mitteilt164 sowie Angaben über die Fundstelle
157 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 56; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 65; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 66; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 9. A.A. in Bezug auf das Stattfinden der Hauptversammlung Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 37, da die Hauptversammlung z.B. noch der Kartellfreigabe dienen kann. 158 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 58; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 66. 159 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 60; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 66; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 74; Noack/Zetzsche in Schwark/ Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 24. 160 Ebenso im Ergebnis Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 67; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 18; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 75. 161 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 59. 162 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 79; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 61. A.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 18, der zur Verhinderung von Insidergeschäften im Zeitraum zwischen Entschluss und Einberufung der Hauptversammlung bereits den Entschluss des Vorstands, eine Hauptversammlung durchzuführen, für mitteilungspflichtig hält. 163 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 68. 164 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 62. A.A. Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 25 sowie Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 43 jeweils mit Hinweis auf die Bekanntmachungspflichten des § 121 Abs. 3, Abs. 4 AktG.
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§ 16 Rz. 56 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung macht, in der die Tagesordnung veröffentlicht ist. Die Tagesordnung ist allerdings in der Regel erforderlich, damit der Bieter und die BaFin überprüfen können, ob die Hauptversammlung tatsächlich im Zusammenhang mit dem Angebot des Bieters steht165. 57
Unterbleibt die Mitteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 WpÜG, verlängert sich die Annahmefrist gleichwohl nach § 16 Abs. 3 Satz 1 WpÜG. Die Mitteilung hat insoweit nur deklaratorischen Charakter166. Allerdings kann die BaFin die Vornahme der Mitteilung im Wege des Verwaltungszwangs durchsetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 3, § 46 WpÜG i.V.m. VwVfG)167. 2. Veröffentlichungspflicht des Bieters (§ 16 Abs. 3 Satz 3 WpÜG)
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Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 WpÜG hat der Bieter die Mitteilung des Vorstands der Zielgesellschaft nach § 16 Abs. 3 Satz 2 WpÜG unter Angabe des Ablaufs der Annahmefrist unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Daneben ist eine ergänzende Bekanntgabe im Internet oder über sonstige Kommunikationsmittel nicht verboten und zumindest zweckmäßig, wenn auch gesetzlich nicht zwingend erforderlich168. Die Veröffentlichungspflicht dient der Information der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft über den neuen Ablauf der Annahmefrist169. Dennoch besteht sie nur, wenn der Bieter aufgrund einer Mitteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 WpÜG Kenntnis von der Einberufung der Hauptversammlung erlangt, nicht hingegen in Fällen sonstiger Kenntniserlangung170. Außer im Fall offensichtlicher Unrichtigkeiten ist es dem Bieter nicht gestattet, die Mitteilung des Vorstands zu verändern, weil es sich insoweit um eine bloße Wiedergabe handelt171. 3. Mitteilungspflicht des Bieters (§ 16 Abs. 3 Satz 4 WpÜG)
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Schließlich ist der Bieter nach § 16 Abs. 3 Satz 4 WpÜG verpflichtet, der BaFin unverzüglich die Veröffentlichung nach § 16 Abs. 3 Satz 3 WpÜG mitzuteilen. Die Mitteilung hat nach § 45 WpÜG schriftlich oder im Wege der elektronischen Datenfernübertragung zu erfolgen172. Die in § 16 Abs. 3 Satz 4 WpÜG a.F. geregelte Pflicht zur Übersendung eines Belegs der Veröffentlichung ist aufgrund der Änderungen durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz entfallen.
165 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 68; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 18. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 62; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 43, der den Willen des Vorstands für maßgebend erachtet und einen Anruf beim Bieter für ausreichend hält. 166 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 77. 167 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 64; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 69. Zur Frage weiterer (theoretischer) Rechtsfolgen Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 43. 168 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 44, hält die Veröffentlichung im Internet vor allem im Interesse der Kleinanleger für geboten. Ferner bejahen die Zweckmäßigkeit Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 72; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 26; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 70; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 83. Kritisch Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 28. 169 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 66. Einschränkend Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 27, der nur den Hinweis auf die verlängerte Annahmefrist für sinnvoll hält, im Übrigen aber von einer unnötigen Verdopplung der Information ausgeht, da die Aktionäre der Zielgesellschaft durch die aktienrechtlichen Vorschriften über die Abhaltung einer Hauptversammlung ohnehin schon informiert sind. 170 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 66; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 70; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 85. 171 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 70; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 85; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 67. Einschränkend Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 16 WpÜG Rz. 19 für Zulässigkeit von Ausnahmen nach § 242 BGB. 172 Vgl. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 72; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/ Verse, § 16 WpÜG Rz. 86.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 64 § 16
E. Frist- und Formerfordernisse für die Einberufung und Durchführung der Hauptversammlung (§ 16 Abs. 4 WpÜG) I. Normzweck § 16 Abs. 4 WpÜG ist eine gesellschaftsrechtliche Vorschrift, die sowohl bei Angeboten zum Erwerb 60 von Wertpapieren, bei Übernahmeangeboten als auch bei Pflichtangeboten zur Anwendung kommt. Sie ist in gleicher Weise für Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland anwendbar. Modifiziert werden die Fristen und die Formalien zur zügigen Vorbereitung und Durchführung einer Hauptversammlung; denn die Zielgesellschaft und die freien Aktionäre sollen die Möglichkeit erhalten, insbesondere im Falle eines Kontrollwechsels, in einer Sonder-Hauptversammlung die Folgen des Angebots abzuwägen und sich zu entscheiden173. Die zeitnahe Durchführung der Hauptversammlung nach einem Angebot stößt aber nicht nur auf tatsächliche, sondern vor allem auch bei Anwendung der Regelvorschriften auf rechtliche Grenzen; denn das Aktiengesetz enthält eine Vielzahl von zwingenden Einberufungs-, Anmelde-, Hinterlegungs- und Mitteilungsfristen. § 16 Abs. 4 WpÜG modifiziert die zu beachtenden Fristen und Formalien, um eine SonderHauptversammlung in angemessener Frist zu ermöglichen. Das WpÜG lässt aber die Frage völlig offen, welche Beschlüsse die Aktionäre in der Hauptversammlung treffen können, sei es, um das Angebot des Bieters zu fördern oder es abzuwehren (siehe dazu Rz. 62).
61
II. Sonder-Hauptversammlung im Sinne von § 16 Abs. 3 WpÜG Die Verkürzung der Fristen und die Vereinfachung der Formvorschriften gilt nur für eine Sonder- 62 Hauptversammlung i.S.v. § 16 Abs. 3 WpÜG, also für eine Hauptversammlung „im Zusammenhang mit dem Angebot nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage“. § 16 Abs. 4 WpÜG ist daher nicht anwendbar für eine Hauptversammlung nach Veröffentlichung der Kontrollerlangung nach § 35 Abs. 1 WpÜG aber vor Abgabe des Angebots. Jedoch ist § 16 Abs. 4 WpÜG anwendbar für sonstige Beschlussgegenstände, die mit der Abgabe des Angebots nicht im Zusammenhang stehen, solange zumindest zwischen einzelnen Beschlussgegenständen der Hauptversammlung und dem Angebot ein inhaltlicher Zusammenhang besteht174. Insoweit ist, ebenso wie bereits im Rahmen von § 16 Abs. 3 WpÜG (siehe Rz. 52), das Vertrauen des Kapitalmarkts in eine Verkürzung der Fristen und eine Vereinfachung der Formvorschriften aufgrund der Einberufung einer Sonder-Hauptversammlung zu schützen. Auch eine sog. beschlusslose Hauptversammlung wird als Sonder-Hauptversammlung i.S.d. § 16 Abs. 3 WpÜG von § 16 Abs. 4 WpÜG erfasst (vgl. dazu auch Rz. 50)175.
III. Erleichterung der Einberufung (§ 16 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 WpÜG) § 123 Abs. 1 AktG verlangt für die Einberufung einer Hauptversammlung eine Einberufungsfrist von 63 mindestens 30 Tagen vor dem Tag der Versammlung. Diese Frist wird für die Sonder-Hauptversammlung durch § 16 Abs. 4 Satz 1 WpÜG auf mindestens 14 Tage verkürzt. Dabei steht es nicht nur im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands, ob er die Hauptversammlung einberuft, sondern auch, ob er von dieser Möglichkeit der Fristverkürzung Gebrauch macht. In der Satzung kann eine längere Einberufungsfrist vorgesehen sein. Dies soll dazu führen, dass dann § 16 Abs. 4 Satz 1 WpÜG keine Anwendung findet, es sei denn, die Satzung wiederholt lediglich den
173 Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 276: „Versammlung der Adressaten“. 174 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 63; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 62 f. A.A. Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 23; Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 73; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 16. 175 Siehe Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 64; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 64.
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§ 16 Rz. 64 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung Gesetzeswortlaut des § 123 Abs. 1 AktG176. Dem ist nicht zuzustimmen, weil durch § 16 WpÜG die besondere Bedeutung dieser Hauptversammlung anerkannt wird und damit auch Satzungsregelungen eingeschränkt werden, immer vorausgesetzt, dass die Satzung nicht ausdrücklich auch für eine Hauptversammlung „nach § 16 Abs. 3 WpÜG“ eine Verlängerung der Einberufungsfristen vorsieht („negativer Bestimmtheitsgrundsatz“)177. 65
Die Sätze 2 und 3 des § 16 Abs. 4 WpÜG wurden mit dem ARUG eingeführt. Sie stellen klar, dass bei der Berechnung der Einberufungsfrist der Tag der Einberufung und der Tag der Hauptversammlung nicht mitzuzählen sind. Die Frist beginnt zum Zeitpunkt des Erscheinungsdatums des Bundesanzeigers. Die Fristberechnung erfolgt, indem rückwärts gezählt wird. Soll die Hauptversammlung am 25. Mai stattfinden, so ist die Frist vom 24. Mai rückwärts zu rechnen. Die Einberufung muss demnach 14 Tage vor dem 24. Mai, folglich bis zum 10. Mai 24:00 Uhr, erfolgen178.
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Schreibt die Satzung die Anmeldung der Aktionäre gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 AktG vor, verlängert sich gemäß § 123 Abs. 2 Satz 5 AktG die Mindestfrist von 30 Tagen für die Einberufung der Hauptversammlung um die Tage der Anmeldefrist. Eine entsprechende Regelung fehlt in § 16 Abs. 4 WpÜG. Von einer Regelungslücke kann dennoch nicht ausgegangen werden, da § 16 Abs. 4 WpÜG im Übrigen explizite Verweise auf das Aktienrecht enthält. Eine analoge Anwendung des § 123 Abs. 2 Satz 5 AktG179, wie sie noch vor Inkrafttreten des ARUG vertreten wurde, kommt demnach nicht in Betracht180. Insofern bleibt es bei einer Frist von 14 Tagen, auch wenn die Satzung ein Anmeldeerfordernis enthält181. Dies entspricht auch dem Zweck, eine Hauptversammlung in angemessener Frist zu ermöglichen.
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Die Bedeutung einer kurzfristig anberaumten Hauptversammlung rechtfertigt eine Einberufung auf einen Samstag und entgegen anderer Ansicht auch auf einen Sonntag182. Infolge der Änderungen des ARUG sind jetzt auch allgemein bei Publikumsgesellschaften Hauptversammlungen an Sonn- und Feiertagen zulässig183. Angesichts des hohen Termindrucks und des Umstands, dass gerade an Sonn- und Feiertagen die arbeitenden Aktionäre an der Hauptversammlung teilnehmen können, ist dies insbesondere bei einer Sonder-Hauptversammlung i.S.v. § 16 Abs. 3 WpÜG sinnvoll.
IV. Versammlungsort (§ 16 Abs. 4 Satz 4 WpÜG) 68
Nach § 121 Abs. 5 AktG soll die Hauptversammlung am Sitz der Gesellschaft stattfinden, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Das Auffinden eines geeigneten Versammlungsortes kann aber in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen, und zwar selbst, wenn die Einberufungsfrist nicht verkürzt wird. Um insbesondere bei den Publikumsgesellschaften gleichwohl eine geeignete Stelle zu finden, wo die Hauptversammlung stattfinden kann, ist die Gesellschaft nach § 16 Abs. 4 Satz 4 WpÜG bei der Wahl des Versammlungsortes frei. § 16 Abs. 4 Satz 4 WpÜG befreit sowohl von den gesetzli-
176 So Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 75; generell gegen satzungsdurchbrechenden Charakter von § 16 Abs. 4 Satz 1 WpÜG Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 30 mit Fn. 41. 177 Wie hier: Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 73; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 89; abweichend Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 31; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 47: stets Fristverkürzung. 178 Vgl.] Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 76. 179 Ebenso Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 97; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 32. 180 So noch aufgrund von § 123 Abs. 2 Satz 2 AktG a.F., der für die Fristberechnung auf den Anmeldestichtag statt auf den Tag der Versammlung abstellte; vgl. dazu Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 82; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 29. 181 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 99; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 32. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 76. 182 Ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 75. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 77. 183 Koch in Hüffer/Koch, § 121 AktG Rz. 25: aus wichtigem Grund; kritisch Rieckers in Spindler/Stilz, § 121 AktG Rz. 79.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 71 § 16
chen als auch den satzungsmäßigen Vorgaben184. Die Grenze bildet die Zumutbarkeit für die Aktionäre. Daher soll sogar ein nichtüberdachter Ort, wenn die Witterung dies erlaubt, z.B. ein Sportstadion oder ein Festzelt, in Betracht kommen185. Auch ein Versammlungsort im Ausland ist aufgrund von § 16 Abs. 4 Satz 4 WpÜG zulässig, selbst 69 wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist186. Er muss aber nicht nur zumutbar, also etwa verkehrstechnisch erreichbar sein (z.B. Basel oder Straßburg). Voraussetzung ist auch, dass die notarielle Niederschrift nach § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG in zulässiger Weise gesichert ist. Für die Niederschrift gilt nicht die Ortsform, sondern die Geschäftsform187. Bei Auslandsbeurkundungen ist die Geschäftsform jedoch gewahrt, wenn die Niederschrift durch den ausländischen Notar gleichwertig ist. Die Belehrung durch den ausländischen Notar ist nicht erforderlich. Aufgrund der Unsicherheiten erlangen Versammlungsorte im Ausland in der Praxis bislang keine Bedeutung188.
V. Anmeldefrist, Mitteilungsfrist (§ 16 Abs. 4 Satz 5 WpÜG) Wird die in § 123 Abs. 1 Satz 1 AktG vorgegebene Einberufungsfrist von mindestens 30 Tagen durch 70 die Einberufung einer Hauptversammlung innerhalb einer Einberufungsfrist von mindestens 14 Tagen nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WpÜG unterschritten, so ordnet § 16 Abs. 4 Satz 5 WpÜG eine Verkürzung der Anmeldefrist nach § 123 Abs. 2 Satz 2 AktG sowie der Mitteilungsfrist nach § 125 Abs. 1 Satz 1 AktG an. Die Frist zwischen Anmeldung und Versammlung beträgt dann mindestens vier statt sechs Tage. Mitteilungen über die Einberufung der Hauptversammlung an Kreditinstitute und Aktionärsvereinigungen haben unverzüglich statt mindestens 21 Tage vor der Versammlung zu erfolgen. Damit ist die Einberufung der Hauptversammlung den Kreditinstituten und den Aktionärsvereinigungen zeitgleich mit dem Bieter und der BaFin nach § 16 Abs. 3 Satz 2 WpÜG mitzuteilen189. Bei der Berechnung der Fristen finden die §§ 121 Abs. 7, 123 Abs. 2 Satz 4 sowie § 125 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechende Anwendung.
VI. Erteilung von Stimmrechtsvollmachten (§ 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG) Nach § 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG hat die Gesellschaft den Aktionären die Erteilung von Stimmrechts- 71 vollmachten, soweit nach Gesetz und Satzung zulässig, zu erleichtern. Voraussetzung ist, dass die Einberufungsfrist unter 30 Tagen liegt, also von der Verkürzung der Einberufungsfrist nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WpÜG Gebrauch gemacht wird190. Nach § 134 Abs. 3 Satz 3 AktG bedarf eine Stimmrechtsvollmacht der Textform i.S.d. § 126b BGB, sofern die Satzung nicht eine Erleichterung bestimmt. § 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG begründet die Pflicht, satzungsmäßige Erleichterungen zuzulassen, etwa bei elektronischer Stimmrechtsvollmachtserteilung191, und entsprechende technische Vorkehrungen zu treffen, wobei Identifikations- und Dokumentationserfordernisse beachtet werden müssen, sodass mündliche Vollmachtserteilungen ausgeschlossen sind192. Insofern ist § 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG nur von 184 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 185 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 186 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 79; Für die Zulässigkeit in Ausnahmefällen Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 78; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 94; Steinmeyer in Steinmeyer, § 16 WpÜG Rz. 35. 187 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 79; Rieckers in Spindler/Stilz, § 121 AktG Rz. 75; Koch in Hüffer/Koch, § 121 AktG Rz. 16. Vgl. bei Rechtsprechung zur GmbH OLG Hamm v. 1.2.1974 – 15 Wx 6/74, NJW 1974, 1057; OLG Karlsruhe v. 10.4.1979 – 11 W 104/78, RIW 1979, 567, 568 und a.A. OLG Düsseldorf v. 25.1.1989 – 3 Wx 21/89, NJW 1989, 2200. 188 Vgl. Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 33; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 79. 189 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 98; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 15. 190 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 83 ff. 191 Allgemein zur elektronischen Stimmrechtsvollmacht: Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 184. 192 Vgl. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 100 ff.; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 85 f.
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§ 16 Rz. 71 Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung Bedeutung, wenn die Satzung der Gesellschaft eine Entscheidung über die Form der Vollmachtserteilung zulässt193. Von der Vollmachtserteilung zu unterscheiden ist der Nachweis der Stimmrechtsvollmacht, der gemäß § 134 Abs. 3 Satz 4 AktG auch immer mindestens durch eine elektronische Kommunikationsform erbracht werden kann194. Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass § 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG weiterhin die Gesellschaft entgegen Ziff. 2.3.2 DCGK verpflichtet, Stimmrechtsvertreter zu benennen, die von den Aktionären zur Stimmabgabe bevollmächtigt werden können195. Eine solche Verpflichtung zur Benennung eines Stimmrechtsvertreters entsteht nach dem Wortlaut von § 16 Abs. 4 Satz 6 WpÜG jedoch nur, wenn die Satzung der Zielgesellschaft eine entsprechende Ermächtigung enthält196.
VII. Mitteilungs- und Bekanntmachungspflichten (§ 16 Abs. 4 Sätze 7 und 8 WpÜG) 1. Normzweck 72
Wird die Einberufungsfrist von mindestens 30 Tagen, die § 123 Abs. 1 AktG vorsieht, nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WpÜG verkürzt, so modifizieren § 16 Abs. 4 Sätze 7 und 8 WpÜG die Mitteilungs- und Bekanntmachungspflichten gegenüber den Aktionären, Aktionärsvereinigungen und Kreditinstituten. Die Modifizierung dient der Vereinfachung, da bei einer kürzeren Einberufungspflicht das übliche Verfahren oftmals zu zeitaufwendig ist197. 2. Mitteilungen für die Aktionäre (§ 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG)
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Mitteilungen an die Aktionäre nach § 125 AktG, ein Bericht nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG und fristgerecht eingereichte Anträge von Aktionären nach § 126 Abs. 1 AktG sind allen Aktionären zugänglich und in Kurzform bekannt zu machen. Zugänglich gemacht werden die ungekürzten Mitteilungen, wenn sie bei der Gesellschaft ausgelegt und auf der Homepage der Gesellschaft eingestellt werden198. In der Regel ist zwar eine Bekanntmachung in Kurzfassung nicht ausreichend199, auch ein Hinweis auf den Bundesanzeiger oder die Homepage genügt dann nicht. § 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG erlaubt demgegenüber ausnahmsweise eine Bekanntmachung in Kurzform. Die Kurzfassung kann sehr knapp gefasst sein, vorausgesetzt, sie enthält einen Hinweis auf die Fundstelle des Langtextes auf der Website200. Um den Regelungszweck der Information der Aktionäre nach § 16 Abs. 4 WpÜG sicherzustellen, ist allerdings erforderlich, dass der wesentliche Inhalt der Mitteilungen aus der Kurzfassung selbst ersichtlich wird201. Die Kurzfassung ist als freiwillige Bekanntmachung i.S.v. § 23 Abs. 4 AktG in der von der Satzung bestimmten Form zu veröffentlichen202. 193 So Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 38; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 33. Kritisch bzgl. der Bedeutung Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 48; Rieckers in Spindler/Stilz, § 134 AktG Rz. 74. 194 Siehe hierzu Rieckers in Spindler/Stilz, § 134 AktG Rz. 77. 195 Dafür Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 48; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 102; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 86; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 16. 196 Ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 87. 197 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 88. 198 So auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 90; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 17. Analog § 126 Abs. 1 Satz 3 AktG lediglich Einstellen auf Homepage für erforderlich haltend Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 43; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 105. Ablehnend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 50. 199 Stellvertretend Koch in Hüffer/Koch, § 125 AktG Rz. 5. 200 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 201 Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 44; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 91; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 17. 202 So auch Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 106. Für zusätzliche Veröffentlichung im Bundesanzeiger Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 93. Für Veröffentlichung wie Zugänglichmachung Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 44.
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Annahmefristen; Einberufung der Hauptversammlung
Rz. 75 § 16
§ 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG modifiziert auch die aktienrechtlichen Regelungen zur Bekanntmachung von Minderheits- und Gegenanträgen. Minderheitsanträge i.S.v. § 122 Abs. 2 AktG müssen, entgegen § 124 Abs. 1 AktG, zusätzlich zu der Bekanntmachung in Kurzform auch zugänglich gemacht werden203. Gegenanträge i.S.v. § 126 AktG sind, entgegen § 126 Abs. 1 AktG, allen Aktionären durch Auslegung bei der Gesellschaft und Einstellung auf der Homepage zugänglich204 und in Kurzfassung bekannt zu machen205. Die entsprechenden aktienrechtlichen Fristen für die Einreichung der Anträge werden durch § 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG dahingehend abgeändert, dass die Anträge spätestens 7 Tage vor dem Tag der Hauptversammlung einzureichen sind, um fristgerecht zu sein206. Über die Pflicht zur Zugänglichmachung und Bekanntmachung des Berichts nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG in Kurzform hinaus ist nach dem Wortlaut § 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG nicht auf sonstige Berichte, beispielsweise im Zusammenhang mit Unternehmens- oder Verschmelzungsverträgen, anwendbar207. 3. Verzicht auf Zusendung von Mitteilungen (§ 16 Abs. 4 Satz 8 WpÜG) Wenn nach Einschätzung des Vorstands mit Zustimmung des Aufsichtsrats nicht wahrscheinlich ist, 74 dass die Unterlagen bei den Aktionären rechtzeitig eingehen, kann nach § 16 Abs. 4 Satz 8 WpÜG auf die Zusendung verzichtet werden. Der Vorstand hat diesbezüglich einen Einschätzungsspielraum und muss beurteilen, ob der Zugang der Unterlagen bei einem nicht unerheblichen Teil der Aktionäre nicht wahrscheinlich ist208. In Übereinstimmung mit der Bestimmung der qualifizierten Aktionärsminderheit nach § 122 Abs. 1, 2 AktG ist für die Beurteilung des nicht unerheblichen Teils der Aktionäre auf eine Anzahl von Aktionären, die 5 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft halten, abzustellen209. Der Begriff der Zusendung umfasst postalische Versendung und Übermittlung in elektronischer Form210. Abgesehen werden kann im Zweifelsfall vor allem von der Übersendung schriftlicher Dokumente, insbesondere, wenn sie über Informationsmittler, z.B. Depotbanken, weitergeleitet werden müssen oder ins Ausland gehen sollen211. Ein Verzicht auf die Übermittlung von Unterlagen in elektronischer Form ist dagegen nur schwer vorstellbar212. Die Regelung in § 16 Abs. 4 Satz 8 WpÜG erfasst nicht mehr ausdrücklich die Zusendung von Gegenanträgen sowie Mitteilungen durch Kreditinstitute, da diese den Aktionären nunmehr aufgrund aktienrechtlicher Regelungen von der Gesellschaft (§ 126 AktG) bzw. von dem Kreditinstitut (§ 135 Abs. 2 Satz 1 AktG) zugänglich gemacht werden müssen213.
VIII. Rechtsschutz Nach § 66 WpÜG sind für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz, also auch aus § 16 Abs. 4 WpÜG ergeben, ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Landgerichte ausschließlich zuständig. Die Rechtsstreitigkeiten sind Handelssachen i.S.d. §§ 93 bis 114 GVG. 203 Vgl. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 107. 204 Für die Form der Zugänglichmachung nach § 126 Abs. 1 Satz 3 AktG Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 94. 205 Einschränkend für sinnvolle und mehrwertbringende Kurzfassungen Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/ Verse, § 16 WpÜG Rz. 109; ablehnend Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 94. 206 Ebenfalls für eine Reduzierung der Fristen Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 42; Merkner/ Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 109. 207 Kritisch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 95; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 111. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 92. 208 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 209 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 96; Koch in Hüffer/Koch, § 125 AktG Rz. 2; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 20. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 96; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 45, die auf 25 % der Anzahl der Aktionäre abstellen. 210 Siehe Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 113. 211 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 212 So auch Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 114; Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 20. 213 Wilsing in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 23 Rz. 20.
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§ 17 Rz. 1 Unzulässigkeit der öffentlichen Aufforderung zur Abgabe von Angeboten
§ 17 Unzulässigkeit der öffentlichen Aufforderung zur Abgabe von Angeboten Eine öffentliche auf den Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft gerichtete Aufforderung des Bieters zur Abgabe von Angeboten durch die Inhaber der Wertpapiere ist unzulässig. A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleichbare Regelungen und EU-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2
III. Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote . . . . . . . . .
5
B. Inhalt der Norm und Rechtsfolgen . . . . .
6
4
A. Grundlagen 1
Nach § 17 WpÜG ist es dem Bieter nicht gestattet, in einer für ihn rechtlich unverbindlichen Weise (d.h. im Sinne einer invitatio ad offerendum) die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft öffentlich aufzufordern, ihm ihre Wertpapiere zum Erwerb anzubieten.
I. Normzweck 2
Die Begründung des Regierungsentwurfs1 erklärt das Verbot des § 17 WpÜG vor allem mit den in der Regel gravierenden Folgen, die ein Erwerbsangebot für die Zielgesellschaft, ihren Vorstand und Aufsichtsrat sowie die betroffenen Wertpapierinhaber habe. Sie verweist insbesondere auf die besonderen Anforderungen und Beschränkungen nach §§ 27 und 33 WpÜG, d.h. die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat zur Abgabe einer begründeten Stellungnahme und die Einschränkung der Handlungsfreiheit des Vorstands in Bezug auf Maßnahmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Insoweit liege § 17 WpÜG der Gedanke eines angemessenen Interessenausgleichs zu Grunde: Die Zielgesellschaft dürfe – dem in § 3 Abs. 4 Satz 2 WpÜG zum Ausdruck kommenden Gebot der Vermeidung einer Behinderung der Zielgesellschaft (§ 3 WpÜG Rz. 54 ff.) entsprechend – nicht durch Angebote belastet und behindert werden, an die der Bieter nicht gebunden sei. Ergänzend wird ausgeführt, Angebote würden ohnehin mehrheitlich als rechtlich bindend ausgestaltet; dies habe die Erfahrung der letzten Jahre vor Inkrafttreten des WpÜG gezeigt2.
3
Dass der deutsche Gesetzgeber – anders als etwa die EU-Übernahmerichtlinie, die Regelungen in Österreich, Großbritannien oder der Schweiz (dazu Rz. 4) – die öffentliche Aufforderung zur Abgabe von Angeboten ausdrücklich verbietet, erklärt sich möglicherweise dadurch, dass der zuvor geltende Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission3 die Veröffentlichung einer unverbindlichen Aufforderung, dem Bieter Wertpapiere der Zielgesellschaft anzudienen, in seinem Art. 7 Nr. 7 ausdrücklich zuließ. Allerdings waren Potestativbedingungen nach Art. 9 des Übernahmekodex ausgeschlossen. Die Regelung war insofern inkonsequent, als der Vorbehalt, ein Angebot nach freiem Ermessen annehmen oder ablehnen zu können, die allgemeinste und weitestgehende Form der Potestativbedingung ist. In den beiden Bestimmungen lag folglich ein Wertungswiderspruch. Zuletzt stand die Übernahmekommission rechtlich unverbindlichen Aufforderungen zur Angebotsangabe kritisch gegenüber. Überlegungen, die Regelung zu revidieren, sind durch das Inkrafttreten des WpÜG dann gegenstandslos geworden4.
1 BT-Drucks. 14/7034, S. 47; BR-Drucks. 574/01, S. 114. 2 Vgl. auch Bericht der Übernahmekommission, Drei Jahre Übernahmekodex, 1999, S. 33; Ausnahmefälle aus der Zeit der Geltung des Übernahmekodex werden aufgeführt bei Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 9; Sperlich/Apfelbacher in Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law – A Commentary, § 17 Rz. 2 Fn. 3. 3 Abgedruckt in AG 1998, 133. 4 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 4.
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Unzulässigkeit der öffentlichen Aufforderung zur Abgabe von Angeboten
Rz. 7 § 17
II. Vergleichbare Regelungen und EU-Richtlinie Der britische City Code on Takeover and Mergers, das österreichische Übernahmegesetz (ÜbG), die schweizerische Übernahmeverordnung (UEV) vom 21.8.2008 und die Übernahmerichtlinie5 enthalten keine mit § 17 WpÜG vergleichbare Bestimmung. Der Grund dafür wird darin gesehen, dass unverbindliche Aufforderungen zur Angebotsabgabe im Ausland kaum verbreitet seien. Daher bestehe insoweit kein Bedarf einer konkreten (gemeint wohl: einer ausdrücklichen) Regelung6. Der Sache nach – und dies ist der wichtigere Aspekt – sind „Angebote“ in der Form einer bloßen invitatio ad offerendum auch nach den genannten nationalen Regelungen und der EU-Richtlinie nicht zulässig7. Dies ergibt sich implizit aus Bestimmungen, wonach die Angebotsempfänger durch Annahme des Angebots den Erwerbsvertrag zustande bringen können, ferner daraus, dass Bedingungen sowie Rücktrittsvorbehalte nur unter engen Voraussetzungen gestattet sind. Vor allem aus einem Verbot von Potestativbedingungen8 wird man im Allgemeinen, d.h. bei Fehlen einer gegenteiligen Regelung, auch ein Verbot der unverbindlichen invitatio ad offerendum ableiten können, da diese die allgemeinste und extremste Form der Potestativbedingung ist (siehe oben Rz. 2).
4
III. Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote § 17 WpÜG gilt für einfache Erwerbsangebote ebenso wie für Übernahme- und Pflichtangebote (§§ 34, 39 WpÜG).
5
B. Inhalt der Norm und Rechtsfolgen § 17 WpÜG bringt, zusammen mit § 18 WpÜG, den Grundsatz zum Ausdruck, dass ein öffentliches 6 Erwerbsangebot grundsätzlich ein rechtlich bindender Vertragsantrag i.S.v. § 145 Halbsatz 1 BGB sein muss, der durch Annahme seitens des Angebotsadressaten innerhalb der Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 WpÜG oder der weiteren Annahmefrist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zum Vertragsschluss führt (siehe oben § 11 WpÜG Rz. 18 ff.). Daher ist auch ein freibleibendes Angebot i.S.v. § 145 Halbsatz 2 BGB unzulässig9. Bedingungen lässt das Gesetz nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 18 WpÜG zu (zu den Einzelheiten siehe § 11 WpÜG Rz. 81 ff. sowie die Kommentierung zu § 18 WpÜG). Die Regelung ist, soweit sie sich nicht nur auf Übernahme- und Pflichtangebote, sondern auch auf einfache Erwerbsangebote bezieht, während des Gesetzgebungsverfahrens und Teilen des Schrifttums als nicht erforderlich und unverhältnismäßig kritisiert worden10. Begründet wurde dies vor allem damit, dass ein solches Angebot keine wesentliche Behinderung in der Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft verursache, weil § 33 WpÜG (das sog. Verhinderungsverbot) nicht anwendbar sei. Andererseits findet im Gegensatz dazu § 27 WpÜG mit der sich daraus ergebenden erheblichen Belastung des Vorstands 5 Näheres zu diesen nationalen Regelungen und der EU-Richtlinie siehe oben § 11 WpÜG Rz. 10–14. Die EURichtlinie führt in Erwägungsgrund 22 immerhin aus, dass die Mitgliedstaaten die Unwiderruflichkeit des Angebotes festschreiben sollten. 6 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 5. 7 Dazu im Einzelnen Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 11–13. 8 So etwa in § 8 des österreichischen ÜbG, dazu Gall in Huber (Hrsg.), 2. Aufl. 2016, § 8 ÜbG Rz. 8; Rule 13 des britischen City Code on Takeovers and Mergers; zum im Ergebnis gleichen Verständnis im schweizerischen Übernahmerecht Gericke/Wiedmer, UEV, 2011, Art. 9 UEV Rz. 27; dies unterstellen auch Tschäni/Iffland/Diem, Öffentliche Kaufangebote, 2. Aufl. 2010, Rz. 460 im Zusammenhang mit dem Verbot von Potestativbedingungen; dazu auch Olgiati/Weber, takeoverpractice.ch, Anm. zu Art. 13 Abs. 1 UEV. 9 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 16; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 5; Steinmeyer in Steinmeyer, § 17 WpÜG Rz. 1; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 17 WpÜG Rz. 8; im Ergebnis ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 11. 10 Riehmer in Haarmann/Riehmer/Schüppen, § 17 WpÜG Rz. 15 ff. (= 1. Aufl. des FrankfKomm. WpÜG); DAVStellungnahmen vom April und September 2001; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 17 WpÜG Rz. 1; a.A. Sperlich/Apfelbacher in Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law – A Commentary, § 17 Rz. 1; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 7.
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§ 17 Rz. 7 Unzulässigkeit der öffentlichen Aufforderung zur Abgabe von Angeboten und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft auch bei einfachen Erwerbsangeboten Anwendung11. Für die Regelung des § 17 WpÜG spricht auch, dass sie nicht ernst gemeinten und missbräuchlichen Angeboten entgegensteht, die z.B. nur den „Markt testen“ wollen. Dadurch würde sonst ohne Risiko oder wesentlichen Aufwand für den scheinbaren Bieter im Markt Unruhe und Preisvolatilität verursacht12 und möglicherweise der Zielgesellschaft geschadet. 8
Handelt es sich bei der öffentlichen Erwerbsankündigung um eine bloße invitatio ad offerendum, so muss diese von der BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG wegen offensichtlichen Verstoßes gegen eine Vorschrift des Gesetzes untersagt werden13.
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Dagegen ist es im Hinblick auf § 17 WpÜG nicht zu beanstanden, wenn der Bieter im Vorfeld seiner Ankündigung der Angebotsabsicht nach § 10 WpÜG einzelne Aktionäre der Zielgesellschaft anspricht, um sich nach deren Bereitschaft zu erkundigen, ihre Aktien zu verkaufen oder ein etwaiges Erwerbsoder Übernahmeangebot anzunehmen14. Denn in diesen Fällen fehlt es schon am Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Aufforderung. Vielmehr hilft ein (privater) Beteiligungsaufbau vor der Durchführung des eigentlichen Angebots (sog. Stake Building) oder auch die Klärung der Veräußerungsbereitschaft von Paketaktionären der Zielgesellschaft dem Bieter, die Erfolgsaussichten des möglichen Angebotes besser beurteilen zu können. Weiß der Bieter, dass die Inhaber größerer Aktienpakete nicht veräußerungsbereit sind, dann erspart ihm diese Erkenntnis die Durchführung eines letztlich scheiternden Angebots. Dies ist auch im Interesse der Zielgesellschaft sowie ihrer Aktionäre und Mitarbeiter, die vor der Störung durch ein nicht erfolgversprechendes Angebot verschont bleibt15.
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Schwieriger abzugrenzen sind allgemeine öffentliche Interessensbekundungen. Diese dürften jedenfalls dann nicht zu beanstanden sein, wenn klar ist, dass der Interessent (noch) keine konkreten Erwerbsabsichten hat oder gar angediente Aktien erwerben will. Im Zweifel wird man hier aber einen Verstoß gegen § 17 WpÜG annehmen müssen16.
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Ebenfalls abzulehnen ist die Zulässigkeit der sog. holländischen Versteigerung (sog. Dutch auction)17. Hier fordert der Bieter die Aktionäre der Zielgesellschaft auf, ihm Aktien innerhalb einer bestimmten Preisspanne anzubieten. Diese Angebote werden dann beginnend mit dem für den Bieter günstigsten (d.h. niedrigsten) Gebot angenommen, bis ein vom Bieter angegebenes Kontingent erschöpft ist. Diese Ausgestaltung verstößt gleich gegen eine ganze Reihe von Bestimmungen des WpÜG. So liegt zum einen ein Verstoß gegen das Verbot der invitatio ad offerendum nach § 17 WpÜG vor, da ein Vertrag erst mit der Annahme durch den Bieter mit allen erforderlichen Bestandteilen (essentialia negotii) zustande kommt, zu denen insbesondere der Preis gehört18. Auch ist fraglich, ob die Erfordernisse an die Bestimmtheit der Angabe der Gegenleistung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 WpÜG eingehalten sind, da diese aus der ursprünglichen Erklärung des Bieters weder bestimmt noch bestimmbar ist (vgl. § 11 WpÜG Rz. 79)19. Schließlich läge in der Annahme von angedienten Aktien zu unterschiedlichen Prei11 In diesem Sinne auch Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 11. 12 Sperlich/Apfelbacher in Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law – A Commentary, § 17 Rz. 1; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 17 WpÜG Rz. 5. 13 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 45; Steinmeyer in Steinmeyer, § 17 WpÜG Rz. 7; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 27; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 11. 14 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 7; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 17 WpÜG Rz. 6. 15 Dazu sowie zu weiteren Fragestellungen im Rahmen des Stakebuilding: von Riegen, ZHR 167 (2003), 702; Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340; Cascante/Topf, AG 2009, 53; zu der seither eingetretenen Verschärfung der Stimmrechtsmeldepflichten Krause, AG 2011, 469; Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681; Cascante/Bingel, NZG 2011, 1086. 16 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 6. 17 Ausführlich Leuering, AG 2007, 433, 438 ff., wenngleich für den Sonderfall des Aktienrückkaufs; dieser unterliegt jedoch seit Umsetzung der Übernahmerichtlinie auch nach Auffassung der BaFin nicht (mehr) dem WpÜG, vgl. Verlautbarung der BaFin „Rückerwerb eigener Aktien nach dem WpÜG“ vom 9.8.2006, Jahresbericht der BaFin für 2006, S. 182. 18 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 25; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 4; Leuering, AG 2007, 433, 438 (insbes. 440); zu den Mindestbestandteilen eines Vertrages (essentialia negotii) Ellenberger in Palandt, 71. Aufl. 2012, vor § 145 BGB Rz. 3. 19 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 15; differenzierend auf die Einhaltung der Preisbestimmungen des WpÜG abstellend Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 17 WpÜG Rz. 8;
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Meyer
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
§ 18
sen im Rahmen des Angebots ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des § 3 Abs. 1 WpÜG; dieser Grundgedanke zeigt sich bei Übernahme- und Pflichtangeboten auch anhand der dann geltenden Nachbesserungsregelung für Parallelerwerbe während der Annahmefrist gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG (dazu § 31 WpÜG Rz. 99)20. Sollte das Verfahren bei einfachen Erwerbsangeboten zum Zuge kommen, würde außerdem das Gebot der verhältnismäßigen Zuteilung bei einer das Angebotsvolumen überschießenden Annahmequote nach § 19 WpÜG entgegenstehen21. Entsprechendes gilt für ein Angebot im Wege eines umgekehrten Bookbuilding-Verfahrens. Denn hier werden die Aktionäre der Zielgesellschaft aufgefordert, ihrerseits ein Angebot abzugeben mit der Angabe eines (Mindest-)Preises, zu dem sie bereit sind, ihre Aktien zu veräußern. Dies verstößt zunächst gegen die Vorschriften zur Angabe der Gegenleistung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 WpÜG, weil die Gegenleistung weder bestimmt noch bestimmbar ist (vgl. § 11 WpÜG Rz. 79). Zudem läge in dem „Angebot“ im Rahmen eines umgekehrten Bookbuildings eben kein bindender Antrag i.S.d. § 145 BGB, sondern – ähnlich wie schon eben bei der holländischen Versteigerung – nur eine nach § 17 WpÜG verbotene invitatio ad offerendum22.
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs (1) Ein Angebot darf vorbehaltlich § 25 nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Eintritt der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen oder im Zusammenhang mit dem Angebot für diese Personen oder Unternehmen tätige Berater ausschließlich selbst herbeiführen können. (2) Ein Angebot, das unter dem Vorbehalt des Widerrufs oder des Rücktritts abgegeben wird, ist unzulässig. A. I. II. III. IV. V.
Allgemeines . . . . . . Regelungsgegenstand . Zweck . . . . . . . . . Anwendungsbereich . Entstehung . . . . . . Kritik . . . . . . . . . .
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B. Verbot bieterkontrollierter Bedingungen (§ 18 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kontrolle über die Bedingung durch den Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontrolle über die Bedingung . . . . . . 2. Relevanter Personenkreis . . . . . . . . . a) Bieter, gemeinsam handelnde Personen, Tochterunternehmen . . . b) Organe des Bieters . . . . . . . . . . c) Berater . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausschließliche Herbeiführung des Bedingungseintritts . . . . . . . . . . . .
1 1 2 4 9 11 13 13 14 14 15 16 17 20 24
a) Mitwirkung Dritter . . . . . . . . . . b) Zusammenwirken mehrerer in § 18 Abs. 1 WpÜG genannter Personen . 4. Ausschließliche Verhinderung des Bedingungseintritts . . . . . . . . . . . . III. Sonstige Anforderungen für die Zulässigkeit von Bedingungen . . . . . . . . . . . . IV. Einzelne Bedingungen . . . . . . . . . . . . 1. Akzeptanzschwelle . . . . . . . . . . . . 2. Kartellvorbehalt . . . . . . . . . . . . . a) Kartellrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit des Kartellvorbehalts . c) Ausgestaltung des Kartellvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige behördliche Entscheidungen . a) Inhaberkontrollverfahren . . . . . . b) Außenwirtschaftskontrolle . . . . . c) Sonstige behördliche Genehmigungsvorbehalte . . . . . . . . . . .
25 27 28 31 34 34 39 40 43 47 51 51 55 56
Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 4, die aber den Widerspruch zum Verbot der invitatio ad offerendum nicht überzeugend auflösen. 20 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 7; zu § 31 Abs. 4 WpÜG: RegE BT-Drucks. 14/7034, S. 56; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 61. 21 Steinmeyer in Steinmeyer, § 17 WpÜG Rz. 5. 22 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 8; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 26; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 2; Steinmeyer in Steinmeyer, § 17 WpÜG Rz. 6.
Meyer und Krause/Favoccia
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
§ 18
sen im Rahmen des Angebots ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des § 3 Abs. 1 WpÜG; dieser Grundgedanke zeigt sich bei Übernahme- und Pflichtangeboten auch anhand der dann geltenden Nachbesserungsregelung für Parallelerwerbe während der Annahmefrist gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG (dazu § 31 WpÜG Rz. 99)20. Sollte das Verfahren bei einfachen Erwerbsangeboten zum Zuge kommen, würde außerdem das Gebot der verhältnismäßigen Zuteilung bei einer das Angebotsvolumen überschießenden Annahmequote nach § 19 WpÜG entgegenstehen21. Entsprechendes gilt für ein Angebot im Wege eines umgekehrten Bookbuilding-Verfahrens. Denn hier werden die Aktionäre der Zielgesellschaft aufgefordert, ihrerseits ein Angebot abzugeben mit der Angabe eines (Mindest-)Preises, zu dem sie bereit sind, ihre Aktien zu veräußern. Dies verstößt zunächst gegen die Vorschriften zur Angabe der Gegenleistung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 WpÜG, weil die Gegenleistung weder bestimmt noch bestimmbar ist (vgl. § 11 WpÜG Rz. 79). Zudem läge in dem „Angebot“ im Rahmen eines umgekehrten Bookbuildings eben kein bindender Antrag i.S.d. § 145 BGB, sondern – ähnlich wie schon eben bei der holländischen Versteigerung – nur eine nach § 17 WpÜG verbotene invitatio ad offerendum22.
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs (1) Ein Angebot darf vorbehaltlich § 25 nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Eintritt der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen oder im Zusammenhang mit dem Angebot für diese Personen oder Unternehmen tätige Berater ausschließlich selbst herbeiführen können. (2) Ein Angebot, das unter dem Vorbehalt des Widerrufs oder des Rücktritts abgegeben wird, ist unzulässig. A. I. II. III. IV. V.
Allgemeines . . . . . . Regelungsgegenstand . Zweck . . . . . . . . . Anwendungsbereich . Entstehung . . . . . . Kritik . . . . . . . . . .
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B. Verbot bieterkontrollierter Bedingungen (§ 18 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kontrolle über die Bedingung durch den Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontrolle über die Bedingung . . . . . . 2. Relevanter Personenkreis . . . . . . . . . a) Bieter, gemeinsam handelnde Personen, Tochterunternehmen . . . b) Organe des Bieters . . . . . . . . . . c) Berater . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausschließliche Herbeiführung des Bedingungseintritts . . . . . . . . . . . .
1 1 2 4 9 11 13 13 14 14 15 16 17 20 24
a) Mitwirkung Dritter . . . . . . . . . . b) Zusammenwirken mehrerer in § 18 Abs. 1 WpÜG genannter Personen . 4. Ausschließliche Verhinderung des Bedingungseintritts . . . . . . . . . . . . III. Sonstige Anforderungen für die Zulässigkeit von Bedingungen . . . . . . . . . . . . IV. Einzelne Bedingungen . . . . . . . . . . . . 1. Akzeptanzschwelle . . . . . . . . . . . . 2. Kartellvorbehalt . . . . . . . . . . . . . a) Kartellrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit des Kartellvorbehalts . c) Ausgestaltung des Kartellvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige behördliche Entscheidungen . a) Inhaberkontrollverfahren . . . . . . b) Außenwirtschaftskontrolle . . . . . c) Sonstige behördliche Genehmigungsvorbehalte . . . . . . . . . . .
25 27 28 31 34 34 39 40 43 47 51 51 55 56
Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 4, die aber den Widerspruch zum Verbot der invitatio ad offerendum nicht überzeugend auflösen. 20 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 7; zu § 31 Abs. 4 WpÜG: RegE BT-Drucks. 14/7034, S. 56; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 61. 21 Steinmeyer in Steinmeyer, § 17 WpÜG Rz. 5. 22 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 8; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 17 WpÜG Rz. 26; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 17 WpÜG Rz. 2; Steinmeyer in Steinmeyer, § 17 WpÜG Rz. 6.
Meyer und Krause/Favoccia
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§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 4. Gesellschafterbeschlüsse des Bieters . . 58 a) Anfechtungsrisiko . . . . . . . . . . 59 b) Rechtlich nicht erforderlicher Gesellschafterbeschluss . . . . . . . 60 c) Einschaltung eines Angebotsvehikels . . . . . . . . . . . . . . . . 61 d) Gesellschafterbeschlüsse der Muttergesellschaft des Bieters . . . . 66 5. Verfügbarkeit der Gegenleistung . . . . 67 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Kaufangebote . . . . . . . . . . . . . 68 c) Tauschangebote . . . . . . . . . . . 70 aa) Generierung der Wertpapiere . 71 bb) Börsenzulassung . . . . . . . . 73 cc) Veränderungen des Börsenkurses . . . . . . . . . . . . . . 75 6. Positive Stellungnahme der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 77 7. Unterbleiben von Abwehrmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . 83 c) Sonstige Maßnahmen . . . . . . . . 85 8. Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien . . . . . . . . . . 86 9. Wesentliche Verschlechterungen (material adverse change) . . . . . . . . 88 10. Insolvenz der Zielgesellschaft . . . . . . 94 11. Compliance-Verletzung der Zielgesellschaft; Verstoß gegen Wirtschaftsund Handelssanktionen . . . . . . . . . 97a
V. VI. VII. VIII. C. D. I. II. III. IV. V. E.
a) Einhaltung von Compliance Vorschriften . . . . . . . . . . . . b) Einhaltung von Sanktionsregeln . 12. Erkenntnisse aus einer durchzuführenden Due Diligence . . . . . . . 13. Change of control-Fälle . . . . . . . . 14. Wirksamwerden anderer Transaktionen . . . . . . . . . . . . . 15. Hauptversammlungsbeschlüsse der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . 16. Konkurrierende Angebote . . . . . . Zeitpunkt des Bedingungseintritts oder -ausfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veröffentlichung des Bedingungseintritts oder -ausfalls . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung von Bedingungen . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalt (§ 18 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . .
. 97a . 97b . .
98 101
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104
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Blick über die Grenze . . . . . . . . . . . . Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . . . Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . . . . Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der Bedingungen in Erwerbsangeboten und freiwilligen Übernahmeangeboten seit 2002 . . . . . . . . . . . . .
122 122 123 124 125 126
127
Schrifttum: Badura, MAC-Klauseln in Angeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2010; Berger/Filgut, Material-Adverse-Change-Klauseln in Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten, WM 2005, 253; Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 3. Aufl. 2008; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), AG 2016, 597; von Bülow, 10 Jahre WpÜG – eine kritische Bestandsaufnahme, in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), 2011, S. 9; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006; Bungert, Festschreibung der ungeschriebenen „Holzmüller“-Hauptversammlungs-zuständigkeiten bei der Aktiengesellschaft, BB 2004, 1345; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Busch, Die Frist für den Bedingungsverzicht gemäß § 21 Abs. 1 WpÜG – Wie lange ist ein Werktag?, ZIP 2003, 102; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb 2002, 277; Cascante/Tyrolt, 10 Jahre WpÜG – Reformbedarf im Übernahmerecht?, AG 2012, 97; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMF, NZG 2001, 420; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Regierungsentwurf des WpÜG, NZG 2001, 1003; Decher, Rechtsfragen des grenzüberschreitenden Merger of Equals, in FS Lutter, 2000, S. 1209; Drygala, Die neue deutsche Übernahmeskepsis und ihre Auswirkungen auf die Vorstandspflichten des § 33 WpÜG, ZIP 2001, 1861; Ekkenga/Hofschroer, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (Teil I), DStR 2002, 724; Fleischer, Schnittmengen des WpÜG mit benachbarten Rechtsgebieten – eine Problemskizze, NZG 2002, 545; Fuhrmann, „Gelatine“ und die Holzmüller-Doktrin – Ende einer juristischen Irrfahrt?, AG 2004, 339; Gei/Kiesewetter, Praxisrelevante Aspekte öffentlicher Übernahmen in Zeiten volatiler Märkte, AG 2012, 741; Götze, „Gelatine“ statt „Holzmüller“: Zur Reichweite ungeschriebener Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung, NZG 2004, 585; Hamann, Die Angebotsunterlage nach dem WpÜG – ein praxisorientierter Überblick, ZIP 2001, 2249; Hasselbach/Rauch, Entwicklung des Übernahmerechts 2017/2018, BB 2019, 194; Hasselbach/Wirtz, Die Verwendung von MAC-Klauseln in Angeboten nach dem WpÜG, BB 2005, 842; Henssler, Material Adverse Change-Klauseln in deutschen Unternehmenskaufverträgen – (r)eine Modeerscheinung?, in FS Huber, 2006, S. 739; Hippeli, Das öffentliche Übernahmerecht in der aktuellen Verwaltungspraxis, Der Konzern 2018, 465; Holzborn/Israel, Einflüsse wettbewerbsrechtlicher Regelungen auf das Übernahmerecht, BKR 2002, 982; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Hopt, MAC-Klauseln im Finanz- und
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Krause/Favoccia
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 2 § 18
Übernahmerecht, in FS Karsten Schmidt, 2009, S. 681; Horcher/Mayer, Aktuelle Entwicklungen bei Public M&A Transaktionen in Deutschland, CF 2019, 101; Hornuf/Zanconato, MAC-Klauseln in deutschen Übernahmeangeboten: Eine rechtstatsächliche Untersuchung, ZBB/JBB 2011, 412; Käpplinger, Die Bindung des Bieters an das Angebotsverfahren. Anforderungen an Bedingungen und Vorbehalte im WpÜG, 2008; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Krause, Prophylaxe gegen feindliche Übernahmeangebote, AG 2002, 133; Krause, Die Abwehr feindlicher Übernahmeangebote auf der Grundlage von Ermächtigungsbeschlüssen der Hauptversammlung, BB 2002, 1053; Krause, Das deutsche Übernahmegesetz vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie, ZGR 2002, 500; Krause, Zwei Jahre Praxis mit dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, NJW 2004, 3681; Kuntz, Die Auslegung von Material Adverse Change (MAC)-Klauseln in Unternehmenskaufverträgen, DStR 2009, 377; Land/ Hasselbach, Das neue deutsche Übernahmegesetz, DB 2000, 1747; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Linker/Zinger, Rechte und Pflichten der Organe einer Aktiengesellschaft bei der Weitergabe vertraulicher Unternehmensinformationen, NZG 2002, 497; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008; A. Meyer, Bindung an Übernahmeangebote in volatilen Märkten und Ausweichstrategien, in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), 2011, S. 226; K. Mertens, Die Information des Erwerbers einer wesentlichen Unternehmensbeteiligung an einer Aktiengesellschaft durch deren Vorstand, AG 1997, 541; Mielke, Zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts bei Erwerbsangeboten nach dem WpÜG, DB 2012, 1969; Mülbert, Die Zielgesellschaft im Vorschlag 1997 einer Takeover Richtlinie – zwei folgenreiche Eingriffe ins deutsche Aktienrecht, IStR 1999, 83; Mülbert/Birke, Das übernahmerechtliche Behinderungsverbot, WM 2001, 705; K.J. Müller, Gestattung der Due Diligence durch den Vorstand der Aktiengesellschaft, NJW 2000, 3452; Oechsler, Der RegE zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Regelungsbedarf auf der Zielgeraden, NZG 2001, 817; Picot/Duggal, Unternehmenskauf: Schutz vor wesentlich nachteiligen Veränderungen der Grundlagen der Transaktion durch sog. MAC-Klauseln, DB 2003, 2635; Riehmer/Schröder, Praktische Aspekte bei der Planung, Durchführung und Abwicklung eines Übernahmeangebots, BB-Beil. 5/2001; Santelmann, Notwendige Mindesterwerbsschwellen bei Übernahmeangeboten – Wann ist ein Übernahmeangebot ein Übernahmeangebot?, AG 2002, 497; Schlößer, Material Adverse Change-Klauseln in US-amerikanischen Unternehmenskaufverträgen, RIW 2006, 889; Seibt/Wollenschläger, Unternehmenstransaktionen mit Auslandsbezug nach der Reform des Außenwirtschaftsrechts, ZIP 2009, 833; Seidel/Kramer, Fusion von Linde und Praxair auch ohne Hauptversammlungsbeschluss zulässig, AG 2019, 206; Stephan/Strenger, Die Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Strukturveränderungen – ein anlassbedingter Vorschlag, AG 2017, 346; Stöcker, Widerruf oder Rücktritt von Angebotsankündigungen, NZG 2003, 993; Stoffels, Grenzen der Informationsweitergabe durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer „Due Diligence“, ZHR 165 (2001), 362; Strunk/Behnke, Die Aufsichtstätigkeit der BaFin nach dem WpÜG im Jahr 2003, in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, 2004, S. 81; Strunk/Linke, Erfahrungen mit dem Übernahmerecht aus Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in Veil/Drinkuth (Hrsg.), Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3; Thoma, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Überblick, NZG 2002, 105; Tröger, Unternehmensübernahmen im deutschen Recht (I) – Die Regelungen des WpÜG für öffentliche Angebote, DZWiR 2002, 353; J. Vetter, Öffentliche Umtauschangebote und ordentliche Kapitalerhöhung, in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1371; Wollburg/Gehling, Umgestaltung des Konzerns – Wer entscheidet über die Veräußerung von Beteiligungen einer Aktiengesellschaft?, in FS Lieberknecht, 1997, S. 133.
A. Allgemeines I. Regelungsgegenstand § 18 WpÜG beschränkt die Privatautonomie des Bieters in Bezug auf den Inhalt des Angebots. Gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG darf das Angebot keine Bedingungen enthalten, deren Eintritt der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen bzw. für diese tätige Berater ausschließlich selbst herbeiführen können. Gemäß § 18 Abs. 2 WpÜG sind Angebote unter Widerrufsoder Rücktrittsvorbehalt unzulässig.
1
II. Zweck § 18 WpÜG soll die grundsätzliche Bindung des Bieters an sein Angebot gewährleisten; der Bieter soll sich vom Angebot nicht durch eigene Willensentscheidung lösen können1. § 18 WpÜG flankiert damit die Vorschriften des § 17 WpÜG (Verbot der invitatio ad offerendum) und des § 21 WpÜG 1 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47.
Krause/Favoccia
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§ 18 Rz. 2 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs (nur „Lockerung“ von Anforderungen im Rahmen von Änderungen des Angebots). Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Bieter durch eigene Willensentscheidung nicht von dem Angebot abrücken kann, es ihm jedoch unbenommen bleibt, sich einem noch nicht bindend gewordenen Angebot durch eigene Willensentscheidung (durch Verzicht auf eine Bedingung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) zu unterwerfen. 3
§ 18 WpÜG gewährleistet die ordnungsgemäße Abwicklung von Angeboten und schützt damit die Integrität des Kapitalmarkts (Funktionenschutz) sowie im Sinne eines Rechtsreflexes auch die Interessen der Zielgesellschaft und der Adressaten des Angebots. Der Schutz der Integrität des Kapitalmarkts wird verwirklicht, indem die Vorschrift Marktverzerrungen verhindert, die dadurch entstehen können, dass interessierte Parteien zunächst ein Angebot veröffentlichen, später jedoch wieder davon abrücken, weil sie von vorneherein nicht die Absicht hatten, Wertpapiere der Zielgesellschaft zu erwerben. Für die Zielgesellschaft ist das Angebot regelmäßig eine Beeinträchtigung, weil der Vorstand seine Aufmerksamkeit nicht vollständig dem Tagesgeschäft widmen kann und Vorstand und Aufsichtsrat gemäß §§ 27, 33 WpÜG besonderen Pflichten unterliegen. Diese Beeinträchtigung erscheint nur zumutbar, wenn sich der Bieter nicht willkürlich von dem Angebot lösen kann. Soweit die Interessen der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft berührt sind, sollen sie sich bei ihren Dispositionen darauf verlassen können, dass das Angebot – jedenfalls nach Eintritt der vom Bieter formulierten Bedingungen – durchgeführt wird.
III. Anwendungsbereich 4
§ 18 Abs. 1 WpÜG findet Anwendung bei allen freiwilligen Angeboten. Die Geltung bei Erwerbsangeboten ergibt sich aus dem Wortlaut und der Stellung der Vorschrift im Dritten Abschnitt. Die Geltung bei Übernahmeangeboten folgt aus § 34 WpÜG. Soweit gefordert wird, § 18 Abs. 1 WpÜG bei einfachen Erwerbsangeboten nicht anzuwenden, weil einfache Erwerbsangebote generell bedingungsfreundlich seien2, ist dies de lege lata eindeutig anders geregelt.
5
Pflichtangebote sind ihrer Natur nach bedingungsfeindlich. Wäre dies anders, könnte sich der Bieter der Pflicht zum Erwerb der ihm von den Minderheitsaktionären angedienten Aktien allzu leicht entziehen. Dies ist in § 39 WpÜG zum Ausdruck gekommen und wird von der ganz herrschenden Meinung ebenso gesehen und ist vom Gesetzgeber gewollt, auch wenn die Formulierung missverstanden werden kann (siehe § 39 WpÜG Rz. 17). Gleichwohl sind Fälle denkbar, in denen der Bieter in einen unauflösbaren Konflikt mit anderen zwingenden gesetzlichen Vorschriften geraten kann. In derartigen Ausnahmefällen muss es zulässig sein, das Pflichtangebot unter einer Bedingung abzugeben.
6
Zu diesen Ausnahmefällen zählen zunächst die öffentlich-rechtlichen Genehmigungs-, Zustimmungs- und Untersagungsvorbehalte wie etwa die einschlägigen fusionskontrollrechtlichen Vollzugsverbote (hierzu eingehend § 39 WpÜG Rz. 18)3. Ein weiterer Ausnahmefall ist gegeben, wenn die Gegenleistung des Pflichtangebots in börsenzugelassenen liquiden Aktien besteht. Die als Gegenleistung zu gewährenden neuen Aktien müssen zu Beginn der Annahmefrist noch nicht entstanden und zum Börsenhandel zugelassen sein, müssen aber bis zur Abwicklung des Angebots zur Entstehung gebracht und zum Börsenhandel zugelassen werden (siehe § 31 WpÜG Rz. 50, 54). Der Bieter, der die Verletzung des § 31 Abs. 2 WpÜG vermeiden will, muss die Entstehung der neuen Aktien und ihre Börsenzulassung zur Bedingung erheben (siehe unten Rz. 71 f., 73). Wenn in der Angebotsunterlage vorgesehen wird, dass diese Bedingungen bis zu einem überschaubaren Zeitraum4 nach dem Ablauf der Annahmefrist eingetreten sein müssen und der Bieter beim Ausfall einer oder beider dieser Bedin-
2 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 74; vgl. auch DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 424, sowie zum RegE, NZG 2001, 1003, 1004 f. 3 Ständige Praxis der BaFin, vgl. dazu BaFin Jahresbericht für 2004, S. 205; Pflichtangebot Burda Digital GmbH/ Xing AG vom 9.11.2012, Ziff. 4, S. 13 ff.; Pflichtangebot Volkswagen AG/MAN SE vom 31.5.2011, Ziff. 12, S. 45 ff.; Pflichtangebot Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG/Volkswagen AG vom 30.4.2007, Ziff. 13, S. 40; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 5. 4 Beim Pflichtangebot sollte wie beim Übernahmeangebot ein Zeitraum von bis zu 6 Monaten zulässig sein.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 8a § 18
gungen eine Geldleistung schuldet, wird der Zweck des Pflichtangebots nicht unterlaufen5. Allerdings sahen bisher alle Pflichtangebote nur Barzahlung vor, was an praktischen Erwägungen liegen dürfte. Ob das auf vinkulierte Namensaktien gerichtete Pflichtangebot einen Ausnahmefall darstellt, der es 7 rechtfertigt, das Pflichtangebot unter einer Bedingung abzugeben6, ist zweifelhaft. Zutreffend ist, dass der Bieter die Zustimmung der Zielgesellschaft zu der Übertragung der Aktien benötigt, da anderenfalls auch ohne sie das Verpflichtungsgeschäft wirksam wäre (siehe unten Rz. 86). Diese Zustimmung kann der Bieter jedoch regelmäßig vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage einholen, denn die Zielgesellschaft ist zur Erteilung dieser Zustimmung verpflichtet, wenn sie dem Vorerwerb des Bieters zugestimmt hat (§ 53a AktG). Delisting-Angebote sind ebenfalls bedingungsfeindlich (§ 39 Abs. 3 Satz 1 BörsG). Dies gilt – anders als bei Pflichtangeboten – auch für regulatorisch erforderliche Genehmigungen. Unzulässig ist auch eine Bedingung, dass die Zielgesellschaft einen Delisting-Antrag stellt (womit feindliche Delisting-Angebote praktisch nicht umsetzbar sein dürften)7.
7a
Das Verbot von Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalten gemäß § 18 Abs. 2 WpÜG findet Anwendung bei allen Angeboten. Das folgt für Übernahmeangebote aus § 34 WpÜG und für Pflichtangebote aus § 39 WpÜG.
8
§ 18 WpÜG regelt seinem Wortlaut nach nur die Zulässigkeit von Bedingungen für das Angebot 8a selbst, also für die Wirksamkeit des Angebots oder dessen Vollzug. Nicht geregelt ist hingegen die Frage, ob die bei freiwilligen Angeboten dem Angebot vorgelagerte Veröffentlichung der Entscheidung zur Angebotsabgabe i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG unter Bedingungen gestellt werden kann. Dafür kann durchaus ein Bedürfnis bestehen8. Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung ist es daher zulässig, die Entscheidung zur Angebotsabgabe i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG unter Bedingungen zu stellen9. Hiergegen spricht, dass die Veröffentlichung der Entscheidung keine Willenserklärung und daher bedingungsfeindlich ist und es jedenfalls de lege lata an einer abweichenden übernahmerechtlichen Regelung, die eine solche Bedingung explizit für zulässig erklärt, fehlt10. Die Verwaltungspraxis sieht solche Bedingungen daher zu Recht als unzulässig an11. Rein faktisch kann sich der Bieter allerdings von der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots dadurch lösen, dass er eine fehlerhafte Angebotsunterlage einreicht und das Angebot daraufhin untersagt wird12. 5 A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 4. 6 Dafür Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 57. 7 Zur Bedingungsfeindlichkeit und den sonstigen Besonderheiten von Delisting-Angeboten siehe Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Delisting, Rz. 40.21; Bungert/Leyendecker-Langner, ZIP 2016, 49, 50. 8 Damit ließe sich z.B. die Gegenleistung frühzeitig fixieren, bevor der Aktienkurs spekulativ beeinflusst wird; ferner müsste dann das Angebot nicht mehr durchgeführt werden bzw. eine Untersagungsverfügung riskiert werden, wenn vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage feststeht, dass das Angebot nicht mehr wirksam werden kann. 9 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 10 WpÜG Rz. 30 ff.; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 115 f.; Hager, Die wertpapierangebotsrechtliche Vorankündigung, 2004, S. 155 f.; daneben gibt es Stimmen, die dem Bieter ein Recht zum Rücktritt oder Widerruf der Ankündigung einräumen, vgl. etwa Stöcker, NZG 2003, 993 (§ 18 Abs. 2 WpÜG analog); Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 10 WpÜG Rz. 145 (§ 313 BGB). Auch wurde vorgeschlagen, unter Inkaufnahme einer Ordnungswidrigkeit keine oder nur eine unvollständige Angebotsunterlage bei der BaFin einzureichen, Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 56. 10 Im Ergebnis ebenso Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 10 WpÜG Rz. 19; Santelmann/Steinhardt in Steinmeyer, § 10 WpÜG Rz. 47; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 58; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 207; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 102 ff., mit Vorschlägen für eine Neuregelung, die dem Bieter die Möglichkeit der „Rücknahme“ des Angebots gestattet. 11 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 598; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3, 29. 12 Diesen Weg scheint z.B. Andrem Power S.C.A. gewählt zu haben. Nach Ankündigung des Übernahmeangebots gemäß § 10 WpÜG an die Aktionäre der 3W Power S.A. am 22.2.2012 reichte Andrem Power S.C.A. bei der BaFin eine Angebotsunterlage ein, die unzulässige Bedingungen enthielt und behob die Fehler trotz Beanstandung der BaFin nicht. Das Angebotsverfahren wurde daher von der Bafin untersagt (siehe Untersagungsverfügung
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§ 18 Rz. 8b Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 8b
Von einer unzulässigen bedingten Entscheidung zur Angebotsabgabe ist der Fall zu unterscheiden, dass ein potentieller Bieter die Abgabe eines Angebots lediglich in Erwägung zieht bzw. in Aussicht stellt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind (z.B. im Falle einer positiv verlaufenden Due Diligence) und dies der Zielgesellschaft und den Aktionären ggf. sogar öffentlich mitteilt13. In diesem Vorstadium ist weder der Anwendungsbereich von § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG noch von § 18 WpÜG eröffnet.
8c
Umstritten ist, ob § 18 WpÜG auch auf Angebote zum Erwerb einer inländischen Zielgesellschaft mit ausschließlicher Handelszulassung der Aktien an einem organisierten Markt im EU-Ausland (vgl. § 1 Abs. 2 WpÜG) anzuwenden ist. § 1 Nr. 9 WpÜG-AnwendbarkeitsVO erklärt insoweit § 34 WpÜG für anwendbar, der wiederum auf die Vorschriften des Abschnitts 3 und damit auch auf § 18 WpÜG verweist. § 1 Nr. 9 WpÜG-AnwendbarkeitsVO ist jedoch insoweit einschränkend auszulegen, als er ausschließlich Vorschriften erfasst, die gesellschaftsrechtliche Fragen regeln (siehe § 1 WpÜG Rz. 40 ff.)14. Daher findet § 18 WpÜG keine Anwendung auf Angebote i.S.d. § 1 Abs. 2 WpÜG15.
IV. Entstehung 9
Das Verbot bieterkontrollierter Bedingungen folgt Vorbildern im britischen City Code (Rule 13), im österreichischen Recht (§ 8 ÜbG) und im Übernahmekodex (Art. 9). Die Übernahmerichtlinie enthält nur eine Rahmenvorschrift, die den Mitgliedstaaten aufgibt, die Fragen der Unwiderruflichkeit und zulässiger Bedingungen zu regeln (Art. 13 lit. e)).
10
Im Diskussionsentwurf, der nur Übernahme- und Pflichtangebote regelte, war die Unzulässigkeit bieterkontrollierter Bedingungen (§ 21 Abs. 1 DiskE)16 sowie von Rücktrittsvorbehalten (§ 21 Abs. 2 DiskE) vorgesehen. Mit dem Referentenentwurf wurde der Anwendungsbereich der Regelung auf einfache Erwerbsangebote erweitert; außerdem wurden Widerrufsvorbehalte für unzulässig erklärt. Danach erfuhr die Vorschrift keine Änderungen.
V. Kritik 11
Die Geltung des § 18 Abs. 1 WpÜG bei einfachen Erwerbsangeboten ist als unverhältnismäßige Einschränkung der Privatautonomie des Bieters kritisiert worden. Bei Übernahmeangeboten sei dies gerechtfertigt, weil die Zielgesellschaft wegen der Pflichtenbindung des Vorstands gemäß § 33 WpÜG
13
14 15 16
der BaFin vom 5.4.2012 und BaFin Jahresbericht für 2012, S. 198 f.). Ein weiteres Beispiel ist das Tauschangebot der Deutsche Wohnen AG für die Vonovia AG. Die BaFin musste das Angebot untersagen, weil die Finanzierung des Tauschangebots nach der Absage der Hauptversammlung der Deutsche Wohnen nicht mehr gesichert war. Die Bafin sagt hierzu in ihrem Jahresbericht für 2015, S. 247: „[…] Hierdurch war es der Deutsche Wohnen möglich, sich von ihrer grundsätzlichen durch die Ankündigung eines Übernahmeangebots bewirkten Verpflichtung zu lösen, eine Angebotsunterlage zu veröffentlichen. Bei dieser faktischen, durch die Gesetzessystematik geschaffenen Loslösungsmöglichkeit handelt es sich jedoch nicht etwa um ein rechtliches Rücktrittsrecht des Bieters oder eine vorgezogenen Bedingung analog zu § 18 WpÜG. Vielmehr löst die Untersagung eines Angebots weitere Rechtsfolgen aus, die den Bieter empfindlich treffen können. Infrage kommen etwa die Sperrfrist nach § 26 WpÜG, gegebenenfalls Bußgelder sowie in extremen Fällen Untersuchungen wegen Marktmißbrauchs.“ Beispiele solcher bedingten Ankündigungen waren etwa die Ankündigung der Potash Corporation (siehe die Ad-hoc-Mitteilung der K+S AG vom 25.6.2015: „Die Potash Corporation […] hat Vorstand und Aufsichtsrat der K+S Aktiengesellschaft darüber informiert, den Aktionären der Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen, einschließlich einer Due Dilligence-Prüfung, die Übernahme aller Aktien im Wege eines freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots anbieten zu wollen“) und die Ankündigung der KF 15 GmbH u.a. (siehe die ad hoc Mitteilung der Constantin Medien AG vom 5.12.2016: „[…] beabsichtigen ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. Die Unterbreitung dieser Übernahmeangebote … stehen jedoch unter den Bedingungen, dass […] eine Due Dilligence Prüfung durchführen können und […]“). Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 53; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 7; Geibel in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 6 (Nichtigkeit der überschießenden Reichweite von § 1 Nr. 9 WpÜG-AnwendbarkeitsVO). Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 7; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 6; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 16. Ausnahme: Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters (§ 21 Abs. 1 Satz 2 DiskE).
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 12b § 18
in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt werde; vor Beeinträchtigungen durch rechtlich nicht verbindliche Angebote, die zur Schädigung der in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkten Zielgesellschaft eingesetzt werden, müsse sie geschützt werden. Bei Erwerbsangeboten fehle es an dieser Beeinträchtigung, weil § 33 WpÜG nur bei Übernahmeangeboten gelte17. Dieser Unterschied ist zweifellos bedeutsam. Weil jedoch auch einfache Erwerbsangebote die Aufmerksamkeit des Vorstands binden, ihn gemäß § 27 WpÜG zur Stellungnahme verpflichten und insoweit vom Tagesgeschäft fernhalten, und weil subjektive Bedingungen eine unerwünschte Unsicherheit am Kapitalmarkt zur Folge haben können, ist die Anwendung des § 18 Abs. 1 WpÜG auch bei einfachen Erwerbsangeboten sachgerecht18. Auch die Unzulässigkeit von Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalten ist auf Kritik gestoßen. Sie entzündet sich daran, dass es dem Bieter wegen des Verbots bieterkontrollierter Bedingungen nicht möglich sei, auf Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft oder auf konkurrierende Angebote angemessen zu reagieren. Insoweit habe der Gesetzgeber den Spielraum, der sich während der weitgehend parallel verlaufenden Gesetzgebungsverfahren auf deutscher und EU-Ebene19 abzeichnete, nicht genutzt20. Daher wird nach dem Vorbild des österreichischen Rechts (§ 8 ÜbG) eine Öffnungsklausel gefordert, die dem Bieter bei Vorliegen eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes ermöglichen soll, sich von dem Angebot zu lösen21. Das Ausbleiben bestimmter Abwehrmaßnahmen kann allerdings zur Bedingung erhoben werden (siehe unten Rz. 81).
12
Weiterhin wird von der Praxis zu Recht verstärkt gefordert, dass entgegen zivilrechtlicher Grundsätze ein Verzicht auf bereits ausgefallene Angebotsbedingungen möglich sein muss (siehe unten Rz. 113 und 113a). Zwar hält die BaFin auf der Grundlage des geltenden Gesetzeswortlauts einen Verzicht auf eine Bedingung nur vor deren Eintritt bzw. deren Ausfall für zulässig22. Es entspricht allerdings nicht nur den Interessen des Bieters, sondern auch denjenigen der verkaufswilligen Aktionäre, dass auf eine Bedingung auch dann verzichtet werden kann, wenn eine aufschiebende Bedingung ausgeblieben bzw. eine auflösende Bedingung eingetreten ist23. Um diese Problematik zu lösen, war die Praxis dazu übergegangen, Angebotsbedingungen als Vollzugsbedingungen auszugestalten (siehe dazu unten Rz. 113a)24. Die BaFin hat diesem Ansatz jedoch eine klare Abfuhr erteilt, so dass man sich für die Praxis darauf einstellen muss, dass der Verzicht nicht mehr möglich ist25.
12a
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Frage des Zeitpunkts des Eintritts bzw. des Ausfalls einer Bedingung. Während grundsätzlich bis zum Ablauf der Annahmefrist Klarheit darüber bestehen muss, hatte die BaFin zunächst nur in Bezug auf eine noch ausstehende kartellrechtliche Freigabe, dann aber auch für weitere regulatorische Verfahren (z.B. außenwirtschaftsrechtlich, medienaufsichtsrechtlich) Ausnahmen zugelassen (siehe unten Rz. 108 ff.). Dies ist konsequent, da die Interessenlage ungeachtet der konkreten behördlichen Genehmigung nicht anders zu beurteilen ist26. Darüber hinaus ist es zu begrüßen, dass die BaFin diese Verwaltungspraxis auch auf von der Hauptversammlung beschlossene Kapitalmaßnahmen, z.B. im Rahmen einer Angebotskapitalerhöhung (siehe unten Rz. 72) und auch auf Drittverfahrensbedingungen (siehe unten Rz. 104) überträgt. Ferner wird zu Recht kritisiert, dass
12b
17 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 424, sowie zum RegE, NZG 2001, 1003, 1004 f. 18 Wie hier Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 6; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 15. 19 Hierzu etwa Krause, ZGR 2002, 500 ff.; Pötzsch, Übernahmerecht, S. 13 ff. 20 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 4. Ähnlich Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 729, die auf das Verhalten der Angebotsempfänger bzw. der Zielgesellschaft abstellende Potestativbedingungen de lege lata (unzutreffend) für zulässig halten. 21 Gall in Huber, § 8 ÜbG Rz. 7, 22, 24 (hiernach sollen eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Zielgesellschaft oder auch Verteidigungsmaßnahmen der Zielgesellschaft sachliche Gründe sein, die den Bieter zum Rücktritt berechtigen). 22 Siehe BaFin Jahresbericht für 2012, S. 198 f. zu der Untersagung des Angebots der Andrem Power S.C.A: „Denn ist die eine Bedingung einmal ausgefallen, ist das Angebot hinfällig und die Aktionäre können es nicht mehr annehmen.“ 23 Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 101; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 262 f. 24 Hierzu Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 27 f. 25 Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 470 f. Systematische und teleologische Gründe und auch der auf das BGB verweisende Wortlaut sprächen gegen einen nachträglichen Bedingungsverzicht. 26 Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 469; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 251.
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§ 18 Rz. 12b Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs MAC-Bedingungen nur bis zum Ende der Annahmefrist zugelassen werden, auch wenn das Angebot darüber hinaus wegen einer behördlichen Genehmigung noch in der Schwebe ist (siehe unten Rz. 93 und 111). Eine gesetzgeberische Klarstellung bzw. Erweiterung wäre in all diesen Fällen wünschenswert.
B. Verbot bieterkontrollierter Bedingungen (§ 18 Abs. 1 WpÜG) I. Bedingungen 13
§ 18 Abs. 1 WpÜG beschränkt den Bieter in seiner Freiheit, das Angebot von Bedingungen abhängig zu machen. Das Tatbestandsmerkmal „Bedingungen“ ist mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Es umfasst zunächst Bedingungen i.S.d. § 158 BGB, d.h. durch den Parteiwillen in das Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmungen, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig machen27. Eine bereits vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage ausgefallene Bedingung ist daher unzulässig; aus Sicht der Aktionäre liegt das Ereignis nicht mehr in der Zukunft. Der Sache nach könnte sich der Bieter so wieder von seiner Verpflichtung zur Übermittlung und Veröffentlichung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG) der Angebotsunterlage lösen28.
13a
Erfasst sind sowohl aufschiebende (§ 158 Abs. 1 BGB) als auch auflösende (§ 158 Abs. 2 BGB) Bedingungen. Darüber hinaus erfasst § 18 Abs. 1 WpÜG grundsätzlich auch Rechtsbedingungen, d.h. die gesetzlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts29. Hierzu zählt etwa die Genehmigung durch Behörden oder durch Dritte, die im Regelfall nicht ausschließlich vom Bieter herbeigeführt werden können. § 18 Abs. 1 WpÜG erfasst dagegen nicht Vertrags- oder Geschäftsbedingungen, d.h. Bestimmungen, die den Inhalt des Angebots und damit die beiderseitigen Rechte und Pflichten festlegen30. Diese Bedingungen sind keine Umstände, von denen die Wirksamkeit des Angebots abhängt. Demgemäß wäre es mit § 18 Abs. 1 WpÜG vereinbar, neben einer den Anforderungen des § 31 WpÜG genügenden Gegenleistung nach Wahl der Adressaten eine andere Gegenleistung anzubieten, deren Verfügbarkeit von Ereignissen abhängt, deren Eintritt der Bieter ausschließlich selbst herbeiführen kann, solange die Wirksamkeit des Angebots und die Verfügbarkeit der den Anforderungen des § 31 WpÜG entsprechenden Gegenleistung nicht vom Eintritt dieser Bedingung abhängen31.
II. Kontrolle über die Bedingung durch den Bieter 1. Kontrolle über die Bedingung 14
§ 18 Abs. 1 WpÜG verbietet Bedingungen, deren Eintritt der Bieter und bestimmte, mit ihm gemeinsam handelnde Personen ausschließlich selbst herbeiführen können. Hiermit sind die so genannten Potestativbedingungen angesprochen, durch die ein willensbestimmtes Tun oder Unterlassen eines Vertragspartners zum Bedingungsfall erhoben wird32. Rechtstheoretisch lassen sich hiervon die sogenannten Wollensbedingungen unterscheiden, die den Einritt der Rechtswirkungen des Geschäfts al27 Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 158 BGB Rz. 1; Westermann in MünchKomm. BGB, § 158 BGB Rz. 8. 28 Siehe Untersagungsbescheid der BaFin vom 5.4.2012 zu Lasten der Andrem Power S.C.A., Ziff. 2b und BaFin Jahresbericht für 2012, S. 198 f. Die BaFin weist dabei zu Recht darauf hin, dass die Angebotsunterlage zudem unwahr wäre, weil von Anfang an klar ist, dass das Angebot nicht angenommen werden kann. 29 Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 158 BGB Rz. 5; Westermann in MünchKomm. BGB, § 158 BGB Rz. 54; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 8. 30 Bei einem Teilangebot etwa die Höchstzahl der Wertpapiere, die der Bieter zu erwerben beabsichtigt; zum Begriff der Vertrags- bzw. der Geschäftsbedingung etwa Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 158 BGB Rz. 3; Armbrüster in Erman, Vor § 158 BGB Rz. 4. 31 Ähnlich Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 Rz. 12 f.; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 18. 32 Armbrüster in Erman, Vor § 158 BGB Rz. 12; Westermann in MünchKomm. BGB, § 158 BGB Rz. 19.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 18 § 18
lein vom Willen einer Partei abhängig machen33. Eine Wollensbedingung wäre etwa die im Ermessen einer Partei liegende Feststellung des Eintritts oder Nichteintritts einer Bedingung oder überhaupt die Erklärung einer Partei, das Geschäft gegen sich gelten zu lassen. Sowohl Wollensbedingungen als auch Potestativbedingungen sind gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG unzulässige Bedingungen, weil der Bieter ihren Eintritt ausschließlich selbst herbeiführen kann34. 2. Relevanter Personenkreis Zu dem Personenkreis, der gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG keine Kontrolle über die Bedingungen haben darf, zählen der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen, deren Tochterunternehmen und im Zusammenhang mit dem Angebot für diese Personen oder Unternehmen tätige Berater.
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a) Bieter, gemeinsam handelnde Personen, Tochterunternehmen Die Begriffe „Bieter“, „gemeinsam handelnde Personen“ und „Tochterunternehmen“ sind in § 2 Abs. 4 bis 6 WpÜG legaldefiniert.
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b) Organe des Bieters Tritt eine juristische Person als Bieter auf, stellt sich die Frage, welches ihrer Organe den Bieter für Zwecke des § 18 Abs. 1 WpÜG repräsentiert. Das Geschäftsführungsorgan (Vorstand) und die ihm nachgeordneten Personen, die zur Vertretung des Bieters berechtigt sind, zählen in jedem Fall zum Kreis derjenigen, deren Willensbetätigung dem Bieter zuzurechnen ist35. Das Überwachungsorgan (Aufsichtsrat) zählt ebenfalls dazu, und zwar unabhängig davon, ob die Bedingung auf ein Ereignis abstellt, das nach der internen Zuständigkeitsordnung des Bieters die Mitwirkung des Überwachungsorgans erfordert, oder ob das Überwachungsorgan den Eintritt der Bedingung aus anderen Gründen verhindern kann36.
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Der Bieter wird grundsätzlich auch durch seine Gesellschafterversammlung (Hauptversammlung) 18 repräsentiert. Die Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung wäre daher grundsätzlich als Potestativbedingung unzulässig37. Gleichwohl ist sie zulässig, denn das Verbot gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG gilt „vorbehaltlich § 25“. Diese Ausnahmevorschrift zu § 18 Abs. 1 WpÜG38 verpflichtet den Bieter, die Zustimmung seiner Gesellschafterversammlung unverzüglich, spätestens jedoch bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist, herbeizuführen, setzt also voraus, dass der Bieter das Angebot unter die Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung stellen darf. Sie steht in Zusammenhang mit der Reglung in § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, die dem Bieter aufgibt, die von seinem Geschäftsführungsorgan getroffene Entscheidung zur Abgabe eines Angebots auch dann zu veröffentlichen, wenn ein im Innenverhältnis erforderlicher Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich ist39. 33 Armbrüster in Erman, 13. Aufl. 2011, Vor § 158 BGB Rz. 12; Westermann in MünchKomm. BGB, § 158 BGB Rz. 21. Die Terminologie schwankt; nicht immer wird zwischen Potestativ- und Wollensbedingungen unterschieden, vgl. etwa Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 158 BGB Rz. 10. 34 Busch, AG 2002, 145, 150; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 33; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 3; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 5; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 14; vgl. auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 18. 35 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 33; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 92. 36 Ähnlich Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 14; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 89; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 4; Merkner/Sustmann in Baums/ Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 33, 35. 37 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1005; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 12; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 73, § 25 WpÜG Rz. 3. 38 Zutr. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1005. 39 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2253; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 73; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 728 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 42; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 13.
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§ 18 Rz. 19 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 19
Im Einzelfall kann die Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung des Bieters gleichwohl unzulässig sein, etwa wenn derjenige, der wirtschaftlich hinter dem Angebot steht, nicht selbst als Bieter fungiert, sondern eine Tochtergesellschaft als Angebotsvehikel einschaltet. In derartigen Fällen kann aber die Bedingung der Zustimmung der Muttergesellschaft des Bieters in Betracht kommen (siehe unten Rz. 66). c) Berater
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Gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG sind Bedingungen unzulässig, deren Eintritt Berater des Bieters, der mit ihm gemeinsam handelnden Personen oder deren Tochterunternehmen nicht ausschließlich selbst herbeiführen können. Die Einbeziehung von Beratern in den relevanten Personenkreis soll verhindern, dass das Verbot von Potestativbedingungen umgangen wird, indem die Entscheidung über die Wirksamkeit des Angebots auf Personen übertragen wird, die im Interesse des Bieters bzw. des ihm zuzuordnenden Personenkreises tätig werden40.
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Der Begriff des Beraters ist gesetzlich nicht definiert. Der Zweck der Vorschrift (Umgehungsschutz) gebietet grundsätzlich eine weite Auslegung, d.h. Einbeziehung aller Personen, die aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen für den Bieter bzw. dem ihm zuzuordnenden Personenkreis Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Angebot erbringen41. Dies sind regelmäßig Rechtsberater, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Investmentbanken, Umweltgutachter, Unternehmensberater und sonstige Berater. Unzulässig wäre daher etwa die Bedingung, dass ein vom Bieter mandatierter Berater nach Durchführung einer entsprechenden Due Diligence bestätigt, dass in dem untersuchten Bereich bei der Zielgesellschaft keine schwerwiegenden Risiken bestehen42. Zulässig ist es hingegen, einem vom Bieter beauftragten unabhängigen Sachverständigen die Feststellung des Eintritts z.B. einer MACKlausel zu überlassen (siehe unten Rz. 91)43.
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Kreditinstitute, die allein mit der technischen Abwicklung des Angebots betraut sind (z.B. Umtauschtreuhänder), wären demnach nur einbezogen, wenn sie den Bieter in Bezug auf die abwicklungsbezogenen Angaben in der Angebotsunterlage oder in sonstiger Weise beraten44. Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die die Finanzierungsbestätigung gemäß § 13 WpÜG ausstellen, werden allein durch die Ausstellung dieser Bescheinigung noch nicht zum Berater45. Etwas anderes gilt, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Bieter im Zusammenhang mit dieser Bestätigung, bei der Finanzierung des Angebots oder in anderer Hinsicht beraten hat46.
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Ein Berater ist in den Personenkreis des § 18 Abs. 1 WpÜG nur dann einbezogen, wenn er „im Zusammenhang mit dem Angebot“ beraten hat. Ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang der Beratungsleistung mit dem konkret abgegebenen Angebot ist erforderlich, aber auch hinreichend. Von § 18 Abs. 1 WpÜG nicht erfasst sind Berater, die dem Bieter oder ihm zuzuordnenden Personen lediglich allgemein im Zusammenhang mit Angeboten gemäß WpÜG Informationen gegeben oder ausschließlich im Vorfeld des Angebots, aber ohne Bezug hierzu, beraten haben47.
40 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 16; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 38. 41 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 17; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 39; weiter Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 179 (auch ohne vertragliche Vereinbarung). 42 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 42; Apfelbacher/Brems in Apfelbacher u.a.German Takeover Law – A Commentary, 2002, § 18 Rz. 7. 43 A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 10. 44 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 16; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 40. 45 Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 96. 46 Busch, AG 2002, 145, 147 (Fn. 14); Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 16; Merkner/ Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 40. 47 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 17; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 41; a.A. Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 181.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 27 § 18
3. Ausschließliche Herbeiführung des Bedingungseintritts § 18 Abs. 1 WpÜG verbietet Bedingungen, deren Eintritt der Bieter oder eine Person des in der Vorschrift bezeichneten Personenkreises „ausschließlich selbst herbeiführen“ kann.
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a) Mitwirkung Dritter Das Merkmal „ausschließlich“ ist wörtlich zu verstehen48. Bedingungen, deren Eintritt das Zusam- 25 menwirken einer in § 18 Abs. 1 WpÜG bezeichneten Person und eines Dritten erfordert, sind Bedingungen, deren Eintritt der in der Vorschrift bezeichnete Personenkreis nicht ausschließlich selbst herbeiführen kann; sie sind grundsätzlich zulässig. Eine erweiternde Auslegung, der zufolge auch solche Bedingungen unzulässig sind, deren Eintritt von einem Dritten herbeigeführt werden kann, deren Tätigkeit der Bieter nach allgemeiner Lebenserfahrung vollständig kontrolliert, erscheint zu weitgehend49. Nach dieser Auslegung könnte eine Behörde, die auf Antrag des Bieters und bei Vorliegen der übrigen Entscheidungsvoraussetzungen zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet ist, ein vom Bieter kontrollierter Dritter sein50. Hierunter fiele etwa auch die zuständige Kartellbehörde – ein unhaltbares Ergebnis, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers, der von der Zulässigkeit des Kartellvorbehalts ausging51. Eventueller Missbrauch durch Unterlassung der erforderlichen Mitwirkungshandlungen – etwa wenn 26 vom Bieter im Rahmen des kartellrechtlichen Fusionskontrollverfahrens Auskunft verlangt wird und er diese nicht oder nur unvollständig erteilt – ist mit den hierfür vorgesehen Instrumenten zu bekämpfen. Zwar ist zu bezweifeln, dass die BaFin den Bieter zwingen kann, derartige erforderliche Mitwirkungshandlungen vorzunehmen52. Jedoch ist der Bieter nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen53 grundsätzlich verpflichtet, das Erforderliche zu tun, um die Genehmigung zu erwirken54. Verletzt er diese Förderungspflicht, kann er sich gegenüber den Adressaten des Angebots gemäß § 280 Abs. 1, § 283 BGB schadensersatzpflichtig machen55. Soweit erforderlich, wird dabei die Wirksamkeit der den Schadensersatzansprüchen zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Verträge zwischen dem Bieter und den Aktionären über den Erwerb der Aktien, deren Erfüllung rechtlich unmöglich wird, nach § 162 Abs. 1 BGB fingiert56. Für Zwecke der hier in Frage stehenden Sekundäransprüche ist dies auch bei der Erwirkung behördlicher Genehmigungen möglich, fingiert wird insoweit allerdings nicht das Vorliegen der behördlichen Genehmigung, sondern die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts, das dann Grundlage für die Sekundaransprüche ist57. b) Zusammenwirken mehrerer in § 18 Abs. 1 WpÜG genannter Personen Ob Bedingungen, deren Eintritt der Bieter und eine andere in § 18 Abs. 1 WpÜG bezeichnete Person ausschließlich gemeinsam herbeiführen können, unzulässig sind, geht aus dem Wortlaut der Vor48 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 18 f.; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 30. 49 So aber Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 19 f., der für kartellrechtliche Genehmigungen dann aber im Ergebnis doch auch zum Schluss kommt, dass diese zulässig sind. 50 So in der Tat Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 19. Dagegen zu Recht Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 32. 51 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 52 EbensO Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 19 (keine Rechtsgrundlage für Einschreiten der BaFin). 53 Statt aller Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 242 BGB Rz. 33 m.w.N. 54 Für entsprechende Förderungspflichten Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 93; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 20; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 110; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 185; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 46; ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 82 für das Börsenzulassungsverfahren. 55 Im Ergebnis ebenso Busch, AG 2002, 145, 146; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 19; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 39 WpÜG Rz. 69; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 185. 56 Busch, AG 2002, 145, 146; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 35 WpÜG Rz. 218 Fn. 439. 57 Busch, AG 2002, 145, 146; im Ergebnis ebenso Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 184; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 46.
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§ 18 Rz. 27 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs schrift („oder“) nicht eindeutig hervor. Hiernach könnte man die gesetzliche Anordnung so verstehen, dass nur solche Bedingungen unzulässig sind, die entweder ausschließlich vom Bieter oder ausschließlich von mit ihm gemeinsam handelnden Personen einschließlich Tochtergesellschaften oder ausschließlich von im Zusammenhang mit dem Angebot tätigen Beratern herbeigeführt werden können. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift müssen aber auch solche Bedingungen unzulässig sein, die die genannten Personen ausschließlich gemeinsam herbeiführen können58. 4. Ausschließliche Verhinderung des Bedingungseintritts 28
Gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG unzulässig sind solche Bedingungen, deren Eintritt der Bieter oder eine Person des in der Vorschrift bezeichneten Personenkreises ausschließlich selbst herbeiführen kann. Teilweise wird vorgeschlagen, die Vorschrift analog anzuwenden, wenn der Bieter bzw. der in § 18 Abs. 1 WpÜG genannte Personenkreis den Eintritt der Bedingung ausschließlich selbst verhindern kann59.
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Hierfür wäre eine planwidrige Regelungslücke erforderlich. Insoweit ist zu differenzieren: Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs wollte der Gesetzgeber Bedingungen zulassen, die die Wirksamkeit des Angebots von noch ausstehenden kartellrechtlichen oder sonstigen behördlichen Entscheidungen abhängig machen60. Weil dem Gesetzgeber diese Fälle vor Augen standen, ist eine planwidrige Regelungslücke insoweit zu verneinen. Dies muss auch für andere behördliche Verfahren – etwa die Eintragung einer Kapitalerhöhung im Handelsregister oder die Börsenzulassung neuer Aktien – gelten. Insoweit ist die Analogiebildung nicht möglich61. Der Bieter ist allerdings verpflichtet, die erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen (siehe oben Rz. 26).
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Ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, wird auch für andere Fälle diskutiert. Wenn etwa ein Bieter das Angebot davon abhängig machen will, dass ein bestimmter Vertrag mit einem Dritten (etwa über den Kauf eines Aktienpakets) zustande kommt, könnte er das Angebot entweder unter die aufschiebende Bedingung des Zustandekommens oder die auflösende Bedingung des Nichtzustandekommens dieses Vertrages stellen. Die auflösende Bedingung wäre gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG unzulässig, weil der Bieter das Nichtzustandekommen ausschließlich selbst herbeiführen kann. Dagegen wäre die aufschiebende Bedingung nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 WpÜG zulässig, weil der Bieter den Vertragsschluss nicht ausschließlich selbst herbeiführen kann. Hier wäre der Bedingungseintritt unter den Voraussetzungen des § 162 BGB zu fingieren. Die Wertpapierinhaber müssten jedoch einen Zivilprozess gegen den Bieter anstrengen, wären für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 BGB beweispflichtig und stünden somit schlechter als bei analoger Anwendung des § 18 Abs. 1 WpÜG. Außerdem wäre während der Schwebezeit unsicher, wie sich der Aktionärskreis der Zielgesellschaft zusammensetzt. Dies wird daher zu Recht als planwidrige Regelungslücke angesehen62. Eine planwidrige Lücke soll auch dann vorliegen, wenn der Bieter den Bedingungseintritt zwar formal nicht ausschließlich selbst herbeiführen kann, ihn aber nach allgemeiner Lebenserfahrung oder üblicher Geschäftspraxis vollständig kontrolliert63. In den genannten Konstellationen erscheint die analoge Anwendung des § 18 Abs. 1 WpÜG jedoch eher bedenklich64. Abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten des Nachweises ist eine Abgrenzung zu „normalen“, nicht vollständig vom Bieter kontrollierten Entscheidungen im Vorhinein bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Bedingung kaum sinnvoll möglich und dürfte zu eher zufälligen Ergebnissen führen. 58 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 19; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 7; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 31. 59 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 43 f.; a.A. Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 6; für direkte Anwendung Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 12. 60 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47. 61 Adolff/Meister/Randell/Stephan, S. 154 f.; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 82, 87; Merkner/ Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 44 f.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 25; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 22. 62 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 43 f.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 22 ff.; im Ergebnis auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 12; a.A. Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 6; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 9 f. 63 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 19. 64 Siehe auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 20, der vor allem behördliche Fälle vor Augen hat.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 33 § 18
III. Sonstige Anforderungen für die Zulässigkeit von Bedingungen Der Vorschrift des § 18 Abs. 1 WpÜG ist der Gedanke zu entnehmen, dass sich der Bieter nur dann 31 von seinem Angebot lösen dürfen soll, wenn die Voraussetzungen eines präzise formulierten, insbesondere für die Aktionäre der Zielgesellschaft objektiv nachvollziehbaren Tatbestands eingetreten sind (Bestimmtheitsgebot)65. Problematisch sind insbesondere solche Bedingungen, die dem Bieter in Bezug auf die Frage, ob die Bedingung eingetreten oder ausgefallen ist, einen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum einräumen. Wenn der Bieter in derartigen Fällen selbst entscheiden kann, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht, bzw. nur der Verzicht auf die Bedingung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG Sicherheit in Bezug auf den Bedingungseintritt verschaffen kann, steht die Bedingung mit § 18 Abs. 1 WpÜG nicht im Einklang66. Auch Bedingungen, die generalklauselartig formuliert sind bzw. in ihrem Kern auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, sind nicht unproblematisch. Daher darf der Bieter dem Aktionär der Zielgesellschaft etwa nicht die Prüfung auferlegen, ob ein Umstand „wesentlich“ oder „vernünftigerweise“ zu erwarten ist, auch wenn der Bieter gerade im Rahmen von komplexen Sachverhalten ein nachvollziehbares Interesse an der Verwendung unbestimmter Begriffe hat67. Weil die BaFin – anders als der Takeover Panel – keine Befugnis zur Feststellung des Eintritts oder Nichteintritts einer Bedingung besitzt, müssten die Wertpapierinhaber im Zweifel ihre Erfüllungsansprüche vor den Zivilgerichten geltend machen68. Die Darlegungs- und Beweislast für den Bedingungseintritt trägt diejenige Partei, die Rechte aus dem Rechtgeschäft herleiten will69. Ob die Unsicherheit über den Vollzug des Angebots, die – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – auch in zeitlicher Hinsicht durchaus erhebliche Dimensionen erreichen kann, mit dem Schutzzweck des § 18 Abs. 1 WpÜG zu vereinbaren ist, ist daher im Einzelfall sorgfältig zu prüfen70. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG hat der Bieter die Angebotsunterlage in einer Form abzufassen, die ihr Verständnis und ihre Auswertung erleichtert (Klarheitsgebot). Im Einzelfall kann das Verständnis des Angebots durch eine Vielzahl von Bedingungen beeinträchtigt werden71. Wenn ein durchschnittlicher Wertpapierinhaber ohne Spezialkenntnisse die Angebotsunterlage nicht verstehen kann, soll ein Verstoß gegen das in § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG verankerte Klarheitsgebot vorliegen72. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Klarheitsgebot nicht eine Frage des „Ob“, sondern eine Frage des „Wie“ regelt. Wenn die vom Bieter vorgefundene Realität und demzufolge die von ihm aufgestellten Bedingungen komplex sind, kann das Klarheitsgebot nicht die Unzulässigkeit derartiger Bedingungen stützen, sondern nur die verständliche Darstellung dieser Bedingungen fordern. Insoweit darf von einem durchschnittlichen Wertpapierinhaber erwartet werden, dass er anschaulichen Erklärungen etwa von Finanzkennzahlen (wie etwa EBITDA oder Nettofinanzverbindlichkeiten73) folgen kann.
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Schließlich dürfen die vom Bieter gewählten Bedingungen nicht dem Grundsatz widersprechen, dass gemäß § 3 Abs. 4 WpÜG das Angebotsverfahren rasch durchzuführen ist und die Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus behindert werden darf (Beschleunigungsgrundsatz). Dies bedeutet nicht, dass Bedingungen, die erst nach Ablauf der Annahmefrist eintreten können, per se unzulässig sind (siehe unten Rz. 108 ff.)74. Wenn allerdings schon bei
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65 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 23; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 47; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 26. 66 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 23; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 2; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 47; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 26. 67 Siehe BaFin Jahresbericht für 2011, S. 224. 68 Busch, AG 2002, 145, 152. 69 Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 158 BGB Rz. 14; Rövekamp in Bamberger/Roth, 2. Aufl. 2007, § 158 BGB Rz. 42. 70 Restriktiver (zu MAC-Klauseln) Berger/Filgut, WM 2005, 253, 255. 71 Liebscher, ZIP 2001, 853, 862. 72 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 49. 73 Vgl. Übernahmeangebot Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.9, S. 49; Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 12.1.6, S. 109 f.; United Internet/Drillisch AG vom 26.5.2017, Ziff. 10.1.2, S. 52; BCP Crystal Acquisition GmbH & Co. KG/Celanese AG vom 2.2.2004, Ziff. 4 lit. (a) (iv) und (vii), S. 48 f. und 50 f. 74 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 50.
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§ 18 Rz. 33 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs Abgabe des Angebots feststeht, dass eine aufschiebende Bedingung innerhalb des vom Bieter definierten Zeitraums praktisch nicht eintreten kann, ist die Belastung der Zielgesellschaft mit einem derartigen Angebot nicht gerechtfertigt und die Bedingung unzulässig75. 33a
Ob Angebotsbedingungen der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen, ist umstritten. Nach der überwiegenden Meinung handelt es sich bei den in der Angebotsunterlage enthaltenen Klauseln um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB76. Da der Erwerb von Wertpapieren nicht als Vertrag auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts zu qualifizieren ist, steht § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB dem nicht entgegen77. Gegen die Anwendung der §§ 305 ff. BGB wird vorgebracht, dass die Angebotsvorschriften des WpÜG den Gestaltungsspielraum des Bieters abschließend regeln und damit ein Rückgriff auf die allgemeine zivilrechtliche Inhaltskontrolle ausgeschlossen sei78. Weiterhin ist fraglich, ob die §§ 305 ff. BGB Klauseln erfassen, die nicht den Inhalt des Vertrages, sondern die Voraussetzungen für dessen Abschluss regeln79. Ohnehin regelt das WpÜG das Rechtsinstitut der Bedingung umfassend, so dass die praktische Bedeutung der Frage eher gering ist80.
IV. Einzelne Bedingungen 1. Akzeptanzschwelle 34
Die Festlegung einer Akzeptanzschwelle, d.h. einer Mindestbeteiligung, einer Mindestzahl der Wertpapiere oder eines Mindestanteils der Stimmrechte, von deren Erreichen die Wirksamkeit des Angebots abhängt, ist – wie sich aus § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG ergibt – grundsätzlich zulässig81. Diese Bedingung ist in der Praxis weit verbreitet, weil der Bieter damit sicherstellt, das Angebot nur durchführen zu müssen, wenn er den Schwellenwert erreicht, der ihm das Erreichen seiner Ziele ermöglicht. Übliche Schwellenwerte wären etwa: der Erwerb der einfachen Mehrheit der Stimmrechte, wenn es dem Bieter auf die Sicherstellung der unternehmerischen Kontrolle ankommt82, 75 % der Stimmrechte, wenn der Bieter einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag oder umwandlungsrechtliche Maßnahmen implementieren möchte, oder 90 bzw. 95 % des Grundkapitals, wenn er am Squeeze-Out der Minderheitsaktionäre interessiert ist83. Der Wert einer Mindestannahmeschwelle 75 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 4; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 50. 76 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 23; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 11 WpÜG Rz. 29; Geibel/ Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 3; Käpplinger, Die Bindung des Bieters an das Angebotsverfahren, 2008, S. 4 ff.; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 141 ff.; Assmann/ Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 83; a.A. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 11 WpÜG Rz. 31; differenzierend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 8. 77 Steinhardt/Nestler in Steinmeyer, § 11 WpÜG Rz. 6; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 86; Oechsler, NZG 2001, 817, 821. 78 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 11 WpÜG Rz. 31. 79 Dafür Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 84; dagegen Käpplinger, Die Bindung des Bieters an das Angebotsverfahren, 2008, S. 7 ff.; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 89. 80 Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 143 ff.; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 84. 81 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 29; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 405; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 26; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 114. 82 Zur vorzeitigen Abberufung von Mitgliedern des Aufsichtsrats nach einem Übernahmeangebot vgl. etwa Krause, AG 2002, 133, 141. 83 Die 95 %-Schwelle ist beim aktien- und übernahmerechtlichen Squeeze-out maßgeblich, die 90 %-Schwelle beim verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out nach § 62 Abs. 5 UmwG. In der Anfangszeit nach Inkrafttreten des WpÜG lagen die Schwellenwerte tendenziell höher und es gab nur wenige Fälle, in denen später auf diese hohen Schwellenwerte (zwischen 70–95 %) verzichtet wurde. Mindestannahmeschwellen sind noch immer gebräuchlich, liegen aber tendenziell eher bei 50–60 % bzw. werden nachträglich auf diese Größenordnung reduziert, was u.a. mit dem Andienungsverhalten von Index Fonds zusammenhängt, siehe z.B. Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 12.1.1., S. 106 f. und Änderung des Angebots am 23.10.2017 (Absenkung der Mindestannahmeschwelle von 75 % auf 60 %; S. 3).
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 36 § 18
kann sich entweder ausschließlich auf die im Rahmen des Angebots gelieferten Aktien beziehen oder etwaige Vorbesitze des Bieters mitberücksichtigen84. Wenn der Streubesitz in der Zielgesellschaft gering ist, kann eine Akzeptanzschwelle zur Folge haben, 35 dass der Vollzug des Angebots vom Annahmeverhalten eines oder mehrerer Großaktionäre abhängt. Dies ist grundsätzlich zulässig. Das Angebot kann auch unter die Bedingung der Zustimmung namentlich genannter Aktionäre gestellt werden; hierin liegt nicht zwingend ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 3 Abs. 1 WpÜG85. Wenn allerdings der Bieter die Akzeptanzschwelle nur durch den Erwerb eines von einem Großaktionär gehaltenen Aktienpakets erreichen kann und der Abschluss des hierauf gerichteten Vertrages vom Bieter kontrolliert wird, kann diese Bedingung unzulässig sein86. In allen Fällen, in denen das öffentliche Angebot unmittelbar87 oder mittelbar (über die definierte Mindestannahmequote88) von der Durchführung eines Paketerwerbs abhängig gemacht wird, müssen nicht nur die Bedingungen des öffentlichen Angebots, sondern auch die Bedingungen für den Paketerwerb nach § 18 WpÜG zulässig sein und in der Angebotsunterlage offengelegt werden. Alternativ kann der Bieter – was allerdings wegen des fehlenden Gleichlaufs für den Bieter Gefahren birgt – in der Angebotsunterlage klarstellen, dass das Angebot nicht vom Vollzug des Paketvertrags abhängt, wenn dieser an bestimmten Bedingungen scheitert, die nicht im Einklang mit § 18 WpÜG sind. Ohne eine dieser beiden Vorgehensweisen könnte § 18 WpÜG über den Umweg des Paketerwerbs leicht ausgehebelt werden89. Ob ein höherer Schwellenwert als 95 % des Grundkapitals als Bedingung zulässig ist, ist problema- 36 tisch90. Das Überschreiten etwa von 99 % des Grundkapitals wäre zwar keine gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG unzulässige Potestativbedingung. Im Regelfall – insbesondere bei hohem Streubesitz oder einem feindlichen Übernahmeangebot – wird das Überschreiten dieses Schwellenwertes jedoch extrem unwahrscheinlich sein, so dass das „Angebot“ einer gemäß § 17 WpÜG unzulässigen invitatio ad offerendum gleichkäme. Da der Bieter grundsätzlich nach freiem Belieben entscheiden kann, die Akzeptanzschwelle herabzusetzen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) oder ganz auf sie zu verzichten (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG), hätte er es wie bei einer invitatio ad offerendum in der Hand, das Angebot durch einen frei bestimmten Willensakt wirksam werden zu lassen. Eine solche Lockerung der Bindung an das Angebot wäre mit dem Zweck der §§ 17, 18 WpÜG nicht vereinbar91. Weil die Beteiligung von mehr als 95 % gegenüber einer Beteiligung von exakt 95 % keinen zusätzlichen Nutzen mit sich bringt, ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob diese Akzeptanzschwelle im Einzelfall von sachlichen Gründen gestützt oder zur Umgehung des § 18 WpÜG eingesetzt wird92. Gegebenenfalls wäre die Veröffentlichung der Angebotsunterlage gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG oder jedenfalls die Bedingung93 zu un84 Seibt, CFL 2011, 213, 231 unter Hinweis darauf, dass der Bieter dann gegebenenfalls Aktien aus dem Vorbesitz veräußern kann, ohne sich dem Vorwurf der Vereitelung des Bedingungseintritts auszusetzen. 85 Vgl. z.B. Übernahmeangebot NTT DATA EUROPE GmbH/itelligence AG vom 13.11.2007, Ziff. 3.5 (3), S. 11: (teilweise) Annahme durch Vorstandsvorsitzenden der Zielgesellschaft und dessen Ehefrau; siehe auch Merkner/ Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 98; a.A. Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 11; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 110; a.A. auch noch die 1. Aufl. 86 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 34, 98. 87 Übernahmeangebot Shield Bidco Limited/Utimaco Safeware AG vom 10.6.2010, Ziff. 13.1.1, S. 32. 88 Übernahmeangebot der SAG Beteiligungs GmbH/IDS Scheer AG vom 17.8.2009, Ziff. 6.4 u. 12.1.1, S. 16, 32. 89 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 27; Hasselbach/Wirtz, BB 2005, 842, 845; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 104 f. 90 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425; Busch, AG 2002, 145, 146 f.; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 111; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 28, 90; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 195, 284; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 101; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 30. Vgl. auch Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 26 zur Praxis der BaFin, Annahmeschwellen von 99 % als unzulässig zu betrachten. Dementsprechend findet sich auch in keinem der bisher veröffentlichten Übernahmeangebote oder freiwilligen Erwerbsangebote ein höherer Schwellenwert. Selbst 95 % sind heute selten; in den letzten Jahren war 90 % der höchste Schwellenwert (zuletzt Übernahmeangebot Finedining Capital GmbH/WMF AG vom 14.7.2014, Ziff. 12.1.2, S. 27). 91 Busch, AG 2002, 145, 147. 92 Busch, AG 2002, 145, 147; a.A. Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 111 (unzulässig); für eine Beweislastumkehr: Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 101; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 158. 93 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 101.
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§ 18 Rz. 36 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs tersagen94. Entsprechendes dürfte auch bei einem an sich zulässigen Schwellenwert von 95 % des Grundkapitals gelten, wenn der Bieter nur wenige Aktien im Vorbesitz hält und sich keine weiteren Aktienpakete gesichert hat. 37
Bei Übernahmeangeboten kann es aus taktischen Gründen empfehlenswert sein, eine Akzeptanzschwelle vorzusehen95. Ohne Akzeptanzschwelle hätten die Wertpapierinhaber (jedenfalls bei wortlautgemäßer Auslegung des § 16 Abs. 2 WpÜG – siehe hierzu § 16 WpÜG Rz. 31) keinen Anreiz, das Angebot während der Annahmefrist anzunehmen, denn sie könnten dies während der weiteren Annahmefrist des § 16 Abs. 2 WpÜG immer noch tun. Dies ist anders, wenn der Bieter eine Akzeptanzschwelle gesetzt hat: Wenn er sie verfehlt (und nicht zulässigerweise96 auf sie verzichtet97), gibt es keine weitere Annahmefrist. Folglich stehen die Aktionäre unter einem gewissen Druck, das Angebot anzunehmen98.
38
Theoretisch denkbar erscheint auch eine Höchstannahmequote, bei deren Überschreiten das Angebot unwirksam wird. Im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes, den Bieter an seinem Angebot festzuhalten, wird die Höchstannahmequote zu Recht als problematisch angesehen99. In der Sache handelt es sich hierbei um ein Teilangebot nach § 19 WpÜG100, das somit allenfalls bei einem einfachen Erwerbsangebot in Betracht kommt (vgl. §§ 19, 32 WpÜG), und für das dann dessen Regeln gelten müssen, d.h. der Bieter kann sich nicht nach § 18 Abs. 1 WpÜG von dem Angebot lösen, sondern hat die eingereichten Aktien verhältnismäßig zu berücksichtigen101. 2. Kartellvorbehalt
39
Der Erwerb von Aktien aufgrund eines öffentlichen Angebots kann einen kartellrechtlichen Zusammenschlusstatbestand verwirklichen und daher der Freigabe durch die zuständige Kartellbehörden bedürfen. a) Kartellrechtliche Rahmenbedingungen
40
Nach deutschem Kartellrecht erfüllt der Erwerb einer Kontroll- bzw. Mehrheitsbeteiligung die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 GWB. Solange der Erwerb vom Bundeskartellamt nicht freigegeben ist oder als freigegeben gilt, darf er grundsätzlich nicht vollzogen werden (§ 40 Abs. 2 Satz 1 und 2 GWB). Ein Verstoß hiergegen hat nach § 41 Abs. 1 Satz 2 GWB zur Folge, dass das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam ist. Jedoch sind Zusammenschlüsse im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebots gemäß § 41 Abs. 1a GWB102 – wie auch nach europäischen Recht (siehe dazu Rz. 41 unten) – vom Vollzugsverbot ausgenommen, sofern der Zusammenschluss unverzüglich beim Bundes94 A.A. Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 284 (keine Untersagung möglich). 95 Eine Verpflichtung hierzu lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. 96 Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 283; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 54, 99 f.; a.A. Santelmann, AG 2002, 497, 499. 97 Dafür kann es wiederum taktische Gründe geben. Vgl. z.B. Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 12.1.1., S. 39 f. und Änderung des Angebots am 23.10.2017 (Absenkung der Mindestannahmeschwelle von 75 % auf 60 %); Übernahmeangebot Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13.1.1, S. 45 und Änderungen des Angebots am 17.5.2011 (Absenkung der Mindestannahmeschwelle von 50 % auf 30 % verbunden mit einer Aufstockung des Angebots). 98 Eingehend Busch, AG 2002, 145, 147; ebenso Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 20 und § 18 WpÜG Rz. 31; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 194; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 99. 99 Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 111; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 102; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 31; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 100; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 124. 100 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 11; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 11. 101 Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 20; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 102. 102 Eingeführt mit der 8. GWB Novelle (BGBl. 2013 I, S. 1738 ff. Bis zur Einführung von § 41 Abs. 1a GWB durch die 8. GWB Novelle war der Erwerb schwebend unwirksam.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 43 § 18
kartellamt angemeldet wird und die Stimmrechte nicht oder nur mit Zustimmung des Bundeskartellamts zur Erhaltung des Wertes seiner Investition ausgeübt werden. Die EG-Fusionskontrollverordnung (FKVO)103 unterwirft Unternehmenszusammenschlüsse grundsätzlich ebenfalls einem Vollzugsverbot und sieht für öffentliche Übernahmeangebote eine Ausnahme vor und ordnet lediglich ein Stimmverbot an: Gemäß Art. 7 Abs. 2 FKVO steht das Vollzugsverbot der Durchführung eines Angebots nämlich nicht entgegen, wenn der Bieter die mit den Wertpapieren verbundenen Stimmrechte nicht (oder nur mit Zustimmung der Kommission zur Erhaltung des Wertes seiner Investition) ausübt104. Die FKVO war Vorbild für den mit der 8. GWB Novelle eingeführten § 41 Abs. 1 a GWB (siehe dazu Rz. 40 oben). Folglich kann der Bieter die ihm angedienten Aktien bereits vor der Freigabe des Zusammenschlusses erwerben. Wird der Zusammenschluss nach Vollzug des Angebots untersagt, dauert das Stimmverbot fort; im Fall einer Entflechtungsentscheidung muss das Angebot rückabgewickelt bzw. anderweitig desinvestiert werden. Folglich kann der Bieter sowohl bei Geltung der deutschen als auch der europäischen Fusionskontrolle ein Interesse daran haben, die Wirksamkeit der zustande kommenden Kauf- bzw. Tauschverträge und die Wirksamkeit der dinglichen Übertragungsgeschäfte von der Freigabe des Zusammenschlusses abhängig zu machen105.
41
Die Übernahme einer deutschen Zielgesellschaft kann auch den Anzeige- und Wartepflichten des U.S.amerikanischen Hart-Scott-Rodino Antitrust Improvements Act (HSR Act)106 unterliegen, wenn die Zielgesellschaft auf dem U.S.-amerikanischen Markt präsent ist und bestimmte Schwellenwerte des HSR Act hinsichtlich Umsatz/Aktiva und Transaktionswert erfüllt sind. Anders als das europäische und das deutsche Recht sieht der HSR Act keine Ausnahme vom Vollzugsverbot im Zusammenhang mit öffentlichen Übernahmeangeboten vor. Die Übernahme kann erst vollzogen werden, wenn die Notifizierungs- und Berichtsformulare bei der U.S.-Kartellbehörde Federal Trade Commission FTC eingereicht wurden und die einschlägigen Wartefristen verstrichen oder beendet worden sind. Abhängig vom Tätigkeitsgebiet der Zielgesellschaft können die Fusionskontrollvorschriften weiterer Länder zu beachten sein. Auch insoweit wird der Bieter ein Interesse daran haben, das Angebot erst dann zu vollziehen, wenn dies ohne Verletzung dieser Vorschriften möglich ist.
42
b) Zulässigkeit des Kartellvorbehalts Die Bedingung der Freigabe des Zusammenschlussvorhabens durch die zuständigen Kartellbehörden 43 (bzw. des Ablaufs der einschlägigen Wartezeiten) ist zulässig107, denn weder der Bieter noch die ihm zurechnenden Personen können den Eintritt dieser Bedingung ausschließlich selbst herbeiführen. Dass der Bieter auf die Erteilung der Freigabe Einfluss nehmen kann (etwa indem er einen erforderlichen Antrag nicht stellt oder von der Behörde verlangte Auskünfte nicht erteilt), spricht nicht gegen dieses Ergebnis. Insoweit unterliegt der Bieter einer Förderungspflicht: Er hat alles Erforderliche zu tun, damit das Freigabeverfahren ordnungsgemäß und ohne unnötige Verzögerungen durchgeführt werden kann108.
103 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („FKVO“), ABl. EU Nr. L 24 v. 29.1.2004, S. 1. 104 Holzborn/Israel, BKR 2002, 982, 985; Bosch/Kobbelt in Thaeter/Brandi, Teil 4 Rz. 92. 105 Näher Holzborn/Israel, BKR 2002, 982, 984; Meyer-Lindemann in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 4.77. Wegen des Rückabwicklungsrisikos wartet der Bieter in aller Regel die Freigabe ab. Je nach Lage der Dinge kann es im Interesse des Bieters liegen, auf die Aufnahme eine derartige Bedingung zu verzichten und das Angebot schon vor der Freigabe zu vollziehen. Das ist aber nur in enger Abstimmung mit den Kartellbehörden möglich. Die VodafoneAirtouch plc hatte dieses Risiko beim Übernahmeangebot an die Aktionäre der Mannesmann AG übernommen; vgl. Angebotsunterlage vom 23.12.1999, S. 18 f., 31. 106 Title 15 U.S.C. § 18a as amended. 107 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47; Busch, AG 2002, 145, 146; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 32; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 39; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 33; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 101; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse § 18 WpÜG Rz. 64. 108 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 93; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 19; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 110; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/ Verse, § 18 WpÜG Rz. 64.
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§ 18 Rz. 44 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 44
Entgegen der früheren Auffassung, die mit Blick auf die ratio legis des § 18 Abs. 1 WpÜG den Kartellvorbehalt grundsätzlich nur dann für zulässig hielt, wenn die Fusionskontrollanmeldung bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage bei der zuständigen Behörde eingereicht worden war109, ist es heute herrschende Meinung und entspricht auch der Praxis der BaFin, dass die Zulässigkeit der Kartellbedingung nicht von der erforderlichen Fusionskontrollanmeldung abhängig ist110. Aus tatsächlichen Gründen wird es dem Bieter oftmals nicht möglich sein, das Zusammenschlussvorhaben bis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage bei den Kartellbehörden in allen relevanten Rechtsordnungen anzumelden. Ihm bleiben nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots bzw. des Erreichens der Kontrollschwelle nach § 10 Abs. 1 bzw. § 35 Abs. 1 WpÜG im Regelfall nur knapp 6 Wochen bis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG). Vor der formalen Anmeldung müssen gegebenenfalls noch informelle Vorverfahren durchlaufen werden. Zudem ist der Bieter für die die Zusammenstellung der für die Anmeldungen erforderlichen Informationen auf die Mitwirkung der Zielgesellschaft angewiesen, die nicht immer gewährt wird.
45
Nach deutschem Kartellrecht kann das Zusammenschlussvorhaben angemeldet werden, sobald der Zusammenschluss hinreichend klar vorgezeichnet ist und eine konkrete Vollzugsabsicht besteht; das Bundeskartellamt ist nicht verpflichtet, allein auf „Planspielen“ beruhende, prophylaktische Anmeldungen zu prüfen111. In objektiver Hinsicht muss das Vorhaben soweit konkretisiert sein, dass die gemäß § 39 Abs. 3 GWB erforderlichen Angaben gemacht werden können112. In subjektiver Hinsicht muss die konkrete Zusammenschlussabsicht wenigstens eines beteiligten Unternehmens bestehen113; eine Einigung oder ein Vertrag zwischen den Parteien des Zusammenschlusses ist nicht erforderlich, weil bestimmte Zusammenschlussformen – etwa öffentliche, insbesondere „feindliche“ Übernahmeangebote – sogar gegen den Willen einer Partei vollzogen werden können114. Vielmehr genügt es, dass der Bieter intern seine Entscheidung zur Abgabe des Angebots getroffen hat; die Zustimmung aller Organe ist nicht erforderlich115. Die Streitfrage, ob der Vollzug des Zusammenschlusses absehbar bevorstehen muss (d.h. innerhalb des Prognosezeitraums von regelmäßig drei bis fünf Jahren)116, spielt bei Angeboten nach dem WpÜG in der Praxis keine Rolle. Somit ist festzuhalten, dass die Anmeldefähigkeit spätestens mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots gemäß § 10 WpÜG eingetreten ist117.
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Nach der FKVO ist die Anmeldung möglich, sobald „die beteiligten Unternehmen der Kommission gegenüber glaubhaft gemacht haben, dass sie gewillt sind, einen Vertrag zu schließen, oder im Fall eines Übernahmeangebots öffentlich ihre Absicht zur Abgabe eines solchen Angebots bekundet haben“ (Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 FKVO). Der Begriff „die beteiligten Unternehmen“ bezieht sich auf beide 109 So noch Vorauflage und Meyer-Lindemann in Baums/Thoma/Verse, Stand Mai 2012, Einleitung Rz. 4.93. 110 Stöcker in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 4.136 f.; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 32; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse § 18 WpÜG Rz. 66; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 35. Siehe auch die Beispiele aus der jüngeren Praxis Übernahmeangebot Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 10.1.1, S. 39: „Die Bieterin wird die Anmeldung kurzfristig nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage bei der Europäischen Kommission einreichen. Der zeitliche Verlauf des Verfahrens lässt sich jedoch nicht genau vorhersagen“; Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/ Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 11.1.1, S. 101: „Die Bieterin, Linde AG und Praxair haben vor, die formale Anmeldung so bald wie möglich einzureichen und sind dazu in ständigem Kontakt mit den Dienststellen der Europäischen Kommission. Wie bereits erwähnt, soll die formale Anmeldung umgehend eingereicht werden. Der zeitliche Verlauf des Verfahrens lässt sich jedoch nicht genau vorhersagen“. 111 Kallfaß in Langen/Bunte, 13. Aufl. 2018, § 39 GWB Rz. 3; Bosch in Bechtold/Bosch, 9. Aufl. 2018, § 39 GWB Rz. 7. 112 Kallfaß in Langen/Bunte, 13. Aufl. 2018, § 39 GWB Rz. 3; Paschke in FrankfKomm. Kartellrecht, § 39 GWB Rz. 4. 113 Bosch in Bechtold/Bosch, 9. Aufl. 2018, § 39 GWB Rz. 7. 114 So ausdrücklich Kallfaß in Langen/Bunte, 13. Aufl. 2018, § 39 GWB Rz. 4; Thomas in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 39 GWB Rz. 28. 115 Paschke in FrankfKomm. Kartellrecht, § 39 GWB Rz. 4; Kallfaß in Langen/Bunte, 13 Aufl. 2018, § 39 GWB Rz. 3. 116 Dafür KG v. 21.7.1995 – Kart 19/94, WuW/E OLG 5494; Kallfaß in Langen/Bunte, 13. Aufl. 2018, § 39 GWB Rz. 3; dagegen Bosch in Bechtold/Bosch, 6. Aufl. 2010, § 39 GWB Rz. 7 ff. 117 Stöcker in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 4.121.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 49 § 18
Tatbestandsalternativen; im Fall eines feindlichen Übernahmeangebots liegt es in der Natur der Sache, dass allein der Bieter gemeint sein kann (die Vertragsschlüsse mit den veräußernden Wertpapierinhabern können erst nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage erfolgen). Folglich ist die geplante Übernahme als Zusammenschlussvorhaben anmeldefähig, sobald der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe des Angebots gemäß § 10 WpÜG veröffentlicht hat118. c) Ausgestaltung des Kartellvorbehalts Der Kartellvorbehalt kann unterschiedlich ausgestaltet werden. Statt lediglich auf die Freigabe ab- 47 zustellen, kann der Bieter beispielsweise die uneingeschränkte Freigabe (d.h. die Freigabe ohne Bedingungen oder Auflagen gemäß § 40 Abs. 3 Satz 1 GWB bzw. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 FKVO) zur Bedingung erheben119. Dies ist auch dann zulässig, wenn bei Veröffentlichung des Angebots absehbar ist, dass der Zusammenschluss nicht ohne Auflagen freigegeben wird. Wollte man dies anders sehen, müsste der Bieter Inhalt und Umfang der Auflage bei Veröffentlichung des Angebots vorhersehen können, was kaum möglich erscheint120. An die Bedingung der uneingeschränkten Freigabe knüpft sich das Problem, wie der Bieter verfahren 48 kann, wenn die kartellrechtliche Freigabe unter einer für ihn akzeptablen Auflage erteilt wird und er das Angebot gleichwohl gegen sich gelten lassen will. Nach zivilrechtlichen Grundsätzen wäre die Bedingung ausgefallen und das Angebot endgültig unwirksam121; durch den nachträglichen Verzicht auf die Bedingung könnte das Angebot nicht wieder „aufleben“. Interessengerecht ist dieses Ergebnis nicht: Wenn der Bieter an seinem Vorhaben festhalten will, müsste er ein zweites Angebot abgeben122; dies läuft dem Beschleunigungsgebot des § 3 Abs. 4 Satz 1 WpÜG zuwider123. Daher spricht einiges dafür, für übernahmerechtliche Zwecke zuzulassen, dass der Bieter auch noch nach der Freigabe unter Auflagen analog § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG auf die Bedingung verzichten und das Angebot wirksam werden lassen kann (siehe auch unten Rz. 113a)124. De lege lata muss der Bieter jedoch berücksichtigten, dass die BaFin den nachträglichen Verzicht auf eine bereits ausgefallene Bedingung nicht akzeptiert und zwar unabhängig davon, ob es sich terminologisch um Angebots- oder Vollzugsbedingungen handelt125. Weil die fusionskontrollrechtliche Prüfungsfrist gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 GWB grundsätzlich vier Monate (bei Eintritt in das Hauptprüfverfahren) bzw. gemäß Art. 10 Abs. 3 FKVO grundsätzlich bis zu 90 Arbeitstage (falls die Kommission in eine vertiefte Untersuchung eintritt) beträgt, kann die Freiga-
118 119 120 121 122 123
Stöcker in Baums/Thoma/Verse, Einleitung Rz. 4.120. Zu weiteren Gestaltungen Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 36. Busch, AG 2002, 145, 146. Vgl. Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 158 BGB Rz. 3. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 13. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 26, 71 ff. Der Bieter könnte den Eintritt des geschilderten Problems vermeiden, indem er das Angebot nicht unter die Bedingung der uneingeschränkten Freigabe, sondern lediglich allgemein unter die Bedingung der Freigabe stellt. Dann aber müsste er das Angebot auch gegen sich gelten lassen, wenn die Auflage nicht akzeptabel ist; dies ist nicht interessengerecht. 124 Eingehend Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 72; im Ergebnis ebenso Busch, AG 2002, 145, 146; Holzborn/Israel, BKR 2002, 982, 985; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 37; a.A. Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 22; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 19; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 13; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 286 (aber a.A. in Rz. 198); differenzierend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 33, der einen nachträglichen Verzicht für zulässig hält, sofern die Angebotsunterlage diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht, so auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 26. Die Praxis versuchte das Problem dadurch zu lösen, dass anstelle von Angebotsbedingungen bloße Vollzugbedingungen im Sinne einer Fälligkeitsbestimmung verwendet wurden, vgl. etwa Übernahmeangebot Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13, S. 45 ff.; siehe dazu Seibt, CFL 2011, 213, 233; von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 9, 17 f.; kritisch dazu Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 27 f. Die BaFin hat diesem Ansatz eine klare Abfuhr erteilt, siehe dazu Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 471. 125 Siehe dazu Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 470 f. Systematische und teleologische Gründe und auch der auf das BGB verweisende Wortlaut sprächen gegen einen nachträglichen Bedingungsverzicht.
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§ 18 Rz. 49 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs be im Einzelfall erst nach dem Ablauf der Annahmefrist vorliegen. Die BaFin hat folgerichtig126 Abweichungen vom Regelfall zugelassen, dass die Bedingung spätestens bis zum Ablauf der Annahmefrist eingetreten sein muss (siehe hierzu Rz. 108 ff.). Bis zu welchem Zeitpunkt die Bedingung eingetreten sein muss, ist durch Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu bestimmen (siehe unten Rz. 110). Bezieht sich die Bedingung auf eine für den Bieter extrem wichtige Freigabeentscheidung, kann der Eintritt der Bedingung mehrere Monate nach Ablauf der Annahmefrist immer noch zulässig sein127. Der längst mögliche Zeitraum bis zum sogenannten Enddatum nach Ablauf der Annahmefrist war von der BaFin zunächst eher kürzer (3–6 Monate), wurde dann u.a. als Reaktion auf die den immer komplexeren Fusionskontrollverfahren v.a. in grenzüberschreitenden Sachverhalten und in regulierten Industrien auf bis zu 12 Monate ausgedehnt und kann heute im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände sogar darüber hinausgehen, wenn zusätzliche Schutzvorkehrungen im Interesse der Aktionäre vorgesehen werden128. 50
Zulässig ist auch die Bedingung, dass ein anderer als der mit dem Angebot verfolgte Zusammenschluss von der zuständigen Kartellbehörde freigegeben worden ist129. Hierfür besteht ein Bedürfnis, wenn die beiden Zusammenschlussvorhaben in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Das andere Zusammenschlussvorhaben muss bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage noch nicht angemeldet sein, der Bieter und die ihm zuzurechnenden Personen müssen aber – soweit es sich bei dem weiteren Zusammenschlussvorhaben um eines des Bieters bzw. der ihm zurechenbaren Personen handelt im Unterschied zu einem Zusammenschlussvorhaben der Zielgesellschaft selbst, auf das der Bieter keinen Einfluss hat – das Erforderliche tun, damit dieses andere Fusionskontrollverfahren ordnungsgemäß und ohne unnötige Verzögerung durchgeführt werden kann (siehe hierzu allgemein Rz. 43)130. 3. Sonstige behördliche Entscheidungen a) Inhaberkontrollverfahren
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Die für den Kartellvorbehalt angestellten Erwägungen gelten entsprechend, wenn der Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft aus anderen Gründen von einer behördlichen Entscheidung im Inoder Ausland abhängt.
52
Beim Erwerb von Wertpapieren an Zielgesellschaften aus der Finanzbranche131 sind aufsichtsrechtliche Untersagungsvorbehalte zu beachten. Wer eine bedeutende Beteiligung an bestimmten Unternehmen der Finanzindustrie erwerben will, hat die Absicht des Erwerbs den zuständigen Aufsichtsbehörden anzuzeigen (sog. Inhaberkontrollverfahren). Dies betrifft zum Beispiel – Unternehmen aus der Bank- und Finanzdienstleistungsbranche: Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 2c KWG),
126 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 62; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 117; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 91; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 50, 70. 127 Holzborn/Israel, BKR 2002, 982, 988; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 118 (drei bis vier Monate); Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 30; Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 470 mit Beispielen in Fn. 48. 128 Siehe hierzu ausführlich Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 470 mit Beispielen in Fn. 48 und 49. Bei dem Übernahmeverfahren E.ON/innogy vom 27.4.2018 wurde etwa ein Long Stop Date von rd. 17,5 Monaten nach Ablauf der Annahmefrist zugelassen (Annahmefrist bis 6.7.2018, Enddatum bis 31.12.2019, vgl. S. 6 der Angebotsunterlage). 129 So etwa im Fall des Übernahmeangebots RAG Projektgesellschaft mbH/Degussa AG vom 19.6.2002, Ziff. 11, S. 24; siehe auch Übernahmeangebot der Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.4, S. 45 f.: Bedingung war der Vollzug der Nacco Übernahme, einer Übernahme der Zielgesellschaft, die von den Kartellbehörden bis dato nur unter Auflagen freigegeben war. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 69; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 38. 130 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 69. 131 Die Darstellung beschränkt sich im Folgenden auf Unternehmen, die über eine entsprechende Erlaubnis in Deutschland verfügten. Da die Anzeigepflichten aber überwiegend auf europäischen Richtlinien basieren, unterliegt jedenfalls der Erwerb von regulierten Unternehmen in anderen EU/EWR-Mitgliedstaaten vergleichbaren Anforderungen.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 54a § 18
– Unternehmen aus der Versicherungsbranche: Erst- und Rückversicherungsunternehmen (§ 17 VAG), Pensionsfonds (§ 237 Abs. 1 i.V.m. § 17 VAG), Pensionskassen (§ 232 Abs. 1 i.V.m. § 17 VAG) sowie Versicherungs-Holdinggesellschaften und gemischte Finanzholding-Gesellschaften (§ 293 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 VAG), – Kapitalverwaltungsgesellschaften, die mindestens einen OGAW verwalten (§ 19 KAGB) und – im Bereich der Zahlungsdienste: Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute (§ 14 ZAG). Vergleichbare Verfahren gelten für Börsenträger (§ 6 BörsG), zentrale Gegenparteien im Rahmen des OTC-Derivatehandels (Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012) und Zentralverwahrer (Art. 27 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014). Die Inhaberkontrollanzeige soll sicherstellen, dass den Aufsichtsbehörden ausreichende Informationen 53 über Veränderungen in der Gesellschafterstruktur regulierter Unternehmen zur Verfügung stehen. Hierdurch soll zum einen die Einspeisung inkriminierter Gelder in das Finanzsystem verhindert werden (Geldwäschebekämpfung). Zum anderen soll die Funktionsfähigkeit der Institute im Interesse der Stabilität des Finanzsektors und ihrer Gläubiger (z.B. Einleger und Versicherungsnehmer) geschützt werden132. Aufgrund der Anzeige haben die Aufsichtsbehörden die Möglichkeit, die Zuverlässigkeit, Seriosität und finanzielle Solidität des Erwerbers zu prüfen. Gelangt die Aufsichtsbehörde z.B. zu der Einschätzung, dass der Erwerber nicht zuverlässig ist oder aus anderen Gründen nicht den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Instituts zu stellenden Ansprüchen genügt oder – insbesondere für Bieter aus Staaten außerhalb des EWR relevant – wenn die wirksame Aufsicht über das beaufsichtigte Unternehmen durch die Verbindung mit dem Erwerber beeinträchtigt wird, kann die zuständige Aufsichtsbehörde den beabsichtigten Erwerb untersagen133. Der Zeitraum, in dem die Aufsichtsbehörde die Anzeige prüfen kann (Beurteilungszeitraum), beträgt 54 in der Regel 60 Arbeitstage ab dem Datum des Schreibens, mit dem die Behörde den Eingang der vollständigen Anzeige bestätigt hat134. Darüber hinaus kann die Aufsichtsbehörde weitere Informationen und Unterlagen anfordern, was zu einer Verlängerung des Beurteilungszeitraums führen kann. Die Aufsichtsbehörde kann dem Erwerber vor Ablauf des Beurteilungszeitraums mitteilen, dass gegen den Vollzug der Transaktion keine Bedenken bestehen (non-objection letter). Andernfalls muss das Ende des Beurteilungszeitraums abgewartet werden, bevor der Erwerb der Wertpapiere vollzogen werden darf (Vollzugsverbot)135. Die möglichst frühe Einreichung einer vollständigen Inhaberkontrollanzeige ist in Übernahmesituationen oft praktisch schwer darstellbar. Insbesondere im Fall des Kontrollerwerbs sind sehr umfangreiche Angaben auch zum künftigen Geschäftsplan und der geplanten geschäftlichen Entwicklung des regulierten Unternehmens erforderlich. Dies erfordert mitunter eine gewisse Kooperation oder jedenfalls Offenlegung von Geschäfts- und Finanzinformationen durch die Zielgesellschaft. Ferner sind gerade bei ausländischen Bietern die von den Aufsichtsbehörden geforderten Nachweise nicht immer einfach zu erbringen. Praktisch kann es daher geboten sein, zunächst eine vorläufige Anzeige einzureichen, die bei Vorliegen der notwendigen Informationen später vervollständigt wird. Dies kann gerade in komplexen Transaktionen dazu führen, dass der Erwerb erst deutlich nach Ablauf von 60 Arbeitstagen nach Veröffentlichung des Angebots vollzogen werden kann. Eine bedeutende Beteiligung ist das direkte oder indirekte Halten von mindestens 10 % des Kapitals oder der Stimmrechte am Unternehmen der Finanzbranche136. Ein Inhaberkontrollverfahren ist daher nicht nur dann erforderlich, wenn die Zielgesellschaft selbst zu dem relevanten Kreis der regulierten Unternehmen gehört. Auch dann, wenn eine Zielgesellschaft unmittelbar oder mittelbar eine bedeutende Beteiligung an einem solchen Unternehmen hält, ist beim Erwerb von Wertpapieren an der Zielgesellschaft ein Inhaberkontrollverfahren zu durchlaufen. Hält die Zielgesellschaft z.B. eine Beteiligung 132 Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 2c KWG Rz. 2 f.; Grote in Prölls/Dreher, 13. Aufl. 2018, § 17 VAG Rz. 6; Wieland in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 19 KAGB Rz. 8 ff. 133 Vgl. zu den Untersagungsgründen im Einzelnen: § 2c Abs. 1b KWG, § 18 Abs. 1 VAG, § 19 Abs. 2 KAGB, § 14 Abs. 1 Satz 2 ZAG i.V.m. § 2c Abs. 1b KWG. 134 § 2c Abs. 1a KWG, § 17 Abs. 4 VAG, § 19 Abs. 2 KAGB, § 14 Abs. 1 Satz 2 ZAG i.V.m. § 2c Abs. 1a KWG. 135 Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 2c KWG Rz. 26; Wieland in Assmann/Wallach/Zetzsche, § 19 KAGB Rz. 66. 136 § 1 Abs. 9 KWG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 36 VO (EU) Nr. 575/2013, § 7 Nr. 3 VAG, § 1 Abs. 19 Nr. 6 KAGB, § 1 Abs. 7 ZAG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 36 VO (EU) Nr. 575/2013.
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54a
§ 18 Rz. 54a Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs an einem konzerneigenen Pensionsfonds oder Versicherungsunternehmen (Captive) oder einer konzerneigenen regulierten Leasing- bzw. Factoringgesellschaft, kann ein entsprechendes Inhaberkontrollverfahren erforderlich sein. Eine mittelbare bedeutende Beteiligung kann nach verschiedenen Anpassungen der Definition der bedeutenden Beteiligung sogar dann bestehen, wenn die Beteiligung nicht durch Mehrheitsbeteiligungen oder Kontrolle vermittelt wird. Sie besteht auch dann, wenn „durchgerechnet“ mehr als 10 % des Kapitals erworben werden soll (sog. Multiplikationsmethode, wie z.B. beim Erwerb einer 30 %-Beteiligung an einem Unternehmen, das 40 % an einem regulierten Institut hält). Entsprechende Anzeigepflichten bestehen außerdem bei einem Aufstocken der Beteiligung, wenn dabei bestimmte Schwellenwerte (20, 30 oder 50 %) überschritten werden137. 54b
Die zuständige Behörde in Deutschland ist regelmäßig die BaFin, wobei behördenintern unterschiedliche Säulen verantwortlich sein können (z.B. Säule VA für Versicherungsunternehmen, Säule WA für Finanzdienstleistungsinstitute, die Wertpapierdienstleistungen erbringen). Zum Teil sind die Anzeigen daneben auch bei der Bundesbank einzureichen. Bei Kreditinstituten, die unmittelbar oder mittelbar durch die EZB beaufsichtigt werden (CRR-Kreditinstitute), ist seit der Einführung des einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus (SSM) die EZB zuständige Behörde. Prozedural besteht hier die Besonderheit, dass die Anzeige weiterhin an die nationale Aufsichtsbehörde (BaFin) zu erfolgen hat, das Inhaberkontrollverfahren aber durch förmlichen Beschluss der EZB abgeschlossen wird (Art. 15 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 und Art. 85 ff. der Verordnung (EU) Nr. 468/2014).
54c
Anders als im Rahmen der kartellrechtlichen Fusionskontrolle, bei dem das Vollzugsverbot für Übernahmeangebote nicht strikt gilt (siehe oben Rz. 40 f. zu § 41 Abs. 1a GWB und Art. 7 Abs. 2 FKVO) muss der Bieter mit Blick auf das Vollzugsverbot beim Inhaberkontrollverfahren (siehe oben Rz. 53) das Angebot zwingend unter die Bedingung stellen, dass die BaFin den beabsichtigten Beteiligungserwerb nicht innerhalb des Beurteilungszeitraums untersagt oder die Unbedenklichkeit des Erwerbs mitgeteilt hat. Zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts siehe unten Rz. 108 ff. b) Außenwirtschaftskontrolle
55
Bis zum Jahr 2009 beschränkte sich die außenwirtschaftliche Erwerbs- und Beteiligungskontrolle auf besonders sicherheitsrelevante Industrien138. Die Befugnisse zur Kontrolle ausländischer Investitionen wurden seitdem in mehreren Schritten erheblich erweitert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) kann im Grundsatz einen Erwerb oder eine Beteiligung an einem Unternehmen von mindestens 25 % durch einen unionsfremden Investor untersagen, wenn infolge dessen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ist. Vom Anwendungsbereich sind auch mittelbare Erwerbe erfasst139. Dadurch soll eine Umgehung der Kontrollbefugnisse durch die Zwischenschaltung eines Akquisitionsvehikels verhindert werden140. Die letzte Erweiterung des Außenwirtschaftsrechts erfolgte durch die 12. Verordnung zur Änderung der AWV vom 19.12.2018141. Hierdurch wurde insbesondere der Schwellenwert für besonders sicherheitsrelevante Unternehmen im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 AWV auf 10 % abgesenkt. Dieser niedrigere Schwellenwert gilt ebenfalls für Unternehmen des Rüstungssektors sowie Hersteller sensibler IT-Systeme, die der sektorspezifischen Prüfung des § 60 AWV unterliegen. Für alle übrigen Unternehmen bleibt es bei der Schwelle von 25 % (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV). Zu den besonders sicherheitsrelevanten Unternehmen des § 55 Abs. 1 Satz 2 AWV gehören beispielsweise Betreiber von kritischer Infrastruktur im Sinne des BSI-Gesetzes sowie Entwickler von Software für kritische Infrastruktur. Neuerdings zählen auch Medienunternehmen, die zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen, zu den besonders sicherheitsrelevanten Unternehmen (§ 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AWV).
137 § 2c Abs. 1 Satz 6 KWG, § 17 Abs. 1 Nr. 2 VAG, § 19 Abs. 1 Satz 2 KAGB i.V.m. § 2c Abs. 1 Satz 6 KWG, § 14 Abs. 1 Satz 2 ZAG i.V.m. § 2c Abs. 1 Satz 6 KWG. 138 Vgl. dazu Krause, BB 2009, 1082. 139 Siehe §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 56 AWV. 140 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 77; Weitnauer, GWR 2019, 81, 82. 141 BAnz AT 28.12.2018 V1.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 55d § 18
Weitere Änderungen wird die Außenwirtschaftskontrolle durch die neue EU-Verordnung zur Schaf- 55a fung eines Rahmens für die Prüfung ausländischer Direktinvestitionen142 erfahren. In der Verordnung ist insbesondere vorgesehen, dass sich die Mitgliedstaaten gegenseitig über laufende Prüfverfahren informieren und hierzu jeweils Stellung nehmen können (Art. 6 VO 2019/452). Sofern Unionsinteressen betroffen sind, kann auch die EU-Kommission eine Stellungnahme abgeben (Art. 8 VO 2019/452), die vom prüfenden Mitgliedsstaat „umfassend“ zu berücksichtigen sein soll143. Die Verordnung gilt ab dem 11.10.2020 (Art. 17 VO 2019/452). Es ist damit zu rechnen, dass die geförderte Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere zu einer Verlängerung der Prüffristen führen wird144. Im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung nach § 55 AWV kann das BMWi gemäß § 55 Abs. 3 AWV innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Kenntniserlangung vom Abschluss des Erwerbsgeschäfts (bei öffentlichen Angeboten ab Kenntniserlangung von der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots oder von der Veröffentlichung der Kontrollerlangung) entscheiden, ob es den Erwerb prüfen will (sogenannte Aufgreiffrist). Hinsichtlich der Beteiligung an einem besonders sicherheitsrelevanten Unternehmen im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 AWV, für die der Schwellenwert von 10 % gilt, obliegt dem Erwerber eine Meldepflicht gegenüber dem BMWi (§ 55 Abs. 4 AWV). Darüber hinaus übermittelt die BaFin gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 WpÜG die erforderlichen Informationen an das BMWi. Eröffnet das BMWi ein Prüfverfahren, hat der Erwerber zunächst die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Nach Eingang der vollständigen Unterlagen hat das BMWi weitere vier Monate (§ 59 Abs. 1 AWV), um über die Untersagung und mögliche Anordnungen zur Wahrung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu entscheiden. Gemäß § 15 Abs. 2 AWG steht der schuldrechtliche Vertrag für die Dauer des Verfahrens unter der auflösenden Bedingung der Untersagung. Es besteht damit die Gefahr, dass im Falle einer Untersagungsverfügung das bereits durchgeführte Angebot nach den §§ 812 ff. BGB rückabgewickelt werden muss145.
55b
Im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung nach § 60 AWV besteht ebenfalls eine Meldepflicht des 55c Erwerbers (§ 60 Abs. 3 AWV). Eröffnet das BMWi innerhalb von drei Monaten das Prüfverfahren, hat der Erwerber ebenso wie bei der sektorübergreifenden Prüfung die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Nach Eingang der Unterlagen hat das BMWi drei Monate, um über die Untersagung oder den Erlass von Anordnungen zur Gewährleistung wesentlicher Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu entscheiden. Eröffnet das BMWi nicht innerhalb von drei Monaten nach der Meldung des Erwerbs ein Prüfverfahren, gilt die Freigabe als erteilt (§ 61 Satz 2 AWV). Das Erwerbsgeschäft ist in diesem Fall nach § 15 Abs. 3 AWG schwebend unwirksam bis zur Erteilung der Freigabe oder der Freigabefiktion im Fall des Ablaufs der Drei-Monats-Frist zur Eröffnung eines Prüfverfahrens. Rechtssicherheit kann in den Fällen der sektorübergreifenden Prüfung nach § 55 AWV durch die Möglichkeit der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 58 AWV erreicht werden. Erforderlich ist ein schriftlicher Antrag, der den geplanten Erwerb, den Erwerber und dessen Geschäftsfeld in den Grundzügen darstellt; er kann bereits im Vorfeld der Transaktion gestellt werden146. Stehen dem Erwerb keine Bedenken im Hinblick auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland entgegen, besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung147. Die Bescheinigung gilt als erteilt, wenn das BMWi nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags ein Prüfverfahren einleitet (§ 58 Abs. 2 AWV). Wird innerhalb der zwei Monate 142 Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.3.2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Prüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union. 143 Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.3.2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Prüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union, Erwägungsgrund 19. 144 Dammann de Chapto/Brüggemann, NZKart 2019, 93, 96. 145 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 78, Kiem, CFL 2011, 179, 182; Marquardt/Pluskat, DStR 2009, 1314, 1319; Seibt/Wollenschläger, ZIP 2009, 833, 841; vgl. dazu auch Begr. RegE, BT-Drucks. 16/10730 v. 30.10.2008, S. 15. 146 Vgl. etwa Übernahmeangebot OEP Technologie B.V./SMARTRAC N.V. vom 11.10.2010, Ziff. 12.4, S. 26; Übernahmeangebot Pelikan International Corporation Berhad/Herlitz AG vom 11.1.2010, Ziff. 14.2, S. 48. Die Bearbeitung seitens des BMWi erfolgt in aller Regel kurzfristig, vgl. Kiem, CFL 2011, 179, 183; Merkner/ Sustmann in Paschos/Fleischer, § 16 Rz. 65 (je nach Sachverhalt bereits innerhalb von 10 Tagen). 147 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 79; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 44; Krause, BB 2009, 1082, 1085.
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55d
§ 18 Rz. 55d Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs ein Prüfverfahren eingeleitet, gelten die allgemeinen Grundsätze und Fristen für die sektorübergreifende Prüfung. 55e
Gegen eine Bedingung, die das Angebot von einer unterbliebenen Untersagung durch das BMWi oder der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig macht, bestehen keine Bedenken148. c) Sonstige behördliche Genehmigungsvorbehalte
56
Je nach Lage der Dinge können weitere Genehmigungsvorbehalte nach sonstigen Vorschriften des öffentlichen Wirtschaftsrechts149 oder nach haushaltsrechtlichen Vorschriften150 bestehen. Auch in diesen Fällen kann der Bieter sein Angebot unter die Bedingung stellen, dass die erforderliche Freigabe bzw. Unbedenklichkeitsbestätigung erteilt oder der Beteiligungserwerb innerhalb der Annahmefrist nicht untersagt wird.
57
Dem Bieter ist, die Wirksamkeit seines Angebots von der Erteilung einer bestimmten verbindlichen Auskunft der Finanzbehörden zu einschlägigen steuerlichen Fragen abhängig zu machen151. In der Praxis werden diese Fragen jedoch regelmäßig vor der Entscheidung des Bieters zur Abgabe des Angebots geklärt. 4. Gesellschafterbeschlüsse des Bieters
58
Der Wortlaut des § 18 Abs. 1 WpÜG („vorbehaltlich § 25“) lässt es zu, dass der Bieter die Wirksamkeit seines Angebots von der Zustimmung der eigenen Gesellschafterversammlung abhängig macht152. Diese Ausnahme ist erforderlich, weil der Bieter gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG (vorbehaltlich einer Befreiung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) verpflichtet ist, seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots zu veröffentlichen, auch wenn ein hierfür erforderlicher Beschluss seiner Gesellschafterversammlung noch nicht gefasst ist153. Gemäß § 25 WpÜG muss dieser Beschluss spätestens fünf Werktage vor Ablauf der Annahmefrist herbeigeführt werden154. Das gilt allerdings nicht für einen im Zusammenhang mit dem Angebot stehenden Kapitalerhöhungsbeschluss des Bieters. Dieser muss vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage vorliegen (siehe unten Rz. 71). Dass die Wirksamkeit des Angebots von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung des Bieters abhängig sein kann, birgt verschiedene Risiken. a) Anfechtungsrisiko
59
Deutsche Publikumsgesellschaften, die als Bieter agieren und die Wirksamkeit des Angebots von der Zustimmung der eigenen Hauptversammlung abhängig machen, laufen regelmäßig Gefahr, dass der Hauptversammlungsbeschluss von einzelnen Aktionären mit Anfechtungsklagen angegriffen wird. Die Rechtswirkungen des Hauptversammlungsbeschlusses entfallen ex tunc mit Rechtskraft des der Anfechtungsklage stattgebenden Urteils155. Der Regelung des § 25 WpÜG, die die Beschlussfassung 148 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 78 f.; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 43; vgl. auch Übernahmeangebot Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13.1.3. lit. (a), S. 46; Übernahmeangebot Shield Bitco Limited/Utimaco Safeware AG vom 10.6.2010, Ziff. 13.1.2, S. 31. 149 Hierzu eingehend Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 50 ff. Beispiele für weitere industriespezifische Erlaubnisse enthalten etwa das Übernahmeangebot der Lotto24 AG/ZEAL Network SE vom 31.1.2019, Ziff. 11.2, S. 33 (Glückspielrechtliche Erlaubnis) und das Übernahmeangebot der Sky German Holdings GmbH/Sky Deutschland AG vom 3.9.2013, Ziff. 12.1.3 und 12.1.4, S. 39 f.: (Medienkonzentrationsrechtliche Freigabe). 150 Etwa § 65 Abs. 3 BHO; vgl. DB Sechste Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH/Stinnes AG vom 6.8.2002, Ziff. 11.1. 151 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 54. 152 Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 14/7477, S. 52; so auch schon Begr. RegE, BTDrucks. 14/7034, S. 48. 153 Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 405; Krause, NJW 2002, 705, 709. 154 Kritisch hierzu Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 217. 155 Koch in Hüffer/Koch, § 248 AktG Rz. 4 ff.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 60 § 18
bis spätestens fünf Tage vor Ablauf der Annahmefrist genügen lässt, ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber das Anfechtungsrisiko für akzeptabel gehalten hat. Demnach ist es zulässig, die Zustimmung der Hauptversammlung ohne weitere Sicherungsmaßnahmen wie Anfechtungsverzichte etc. zur Bedingung zu erheben. Dem Bieter steht es frei, dieses Risiko einzugehen oder vorzusehen, dass das Angebot nur wirksam wird, wenn während der Anfechtungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG) keine Anfechtungsklage erhoben wird156. Entscheidet sich der Bieter für Letzteres, muss er die Beschlussfassung seiner Hauptversammlung grundsätzlich so terminieren, dass die Anfechtungsfrist vor dem Ablauf der Annahmefrist endet, denn grundsätzlich muss bis zum Ablauf der Annahmefrist Klarheit darüber herrschen, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht (siehe unten Rz. 108). Aus der Sicht des Bieters erscheint es interessengerecht, in Bezug auf Gesellschafterbeschlüsse gemäß § 25 WpÜG eine Ausnahme von diesem Grundsatz zuzulassen, denn die Bestandskraft eines erforderlichen Beschlusses ist für die Durchführbarkeit des Angebots von zentraler Bedeutung157. b) Rechtlich nicht erforderlicher Gesellschafterbeschluss Verbreitet wird es als missbräuchlich angesehen, dass das Geschäftsführungsorgan des Bieters das An- 60 gebot unter die Bedingung einer rechtlich nicht erforderlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung stellt; damit werde die vom Gesetz bezweckte rechtliche Bindung an das Angebot unterlaufen. Daher soll die Bedingung nur zulässig sein, wenn die Zustimmung der Gesellschafterversammlung nach den Binnenregeln der Bietergesellschaft oder nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen erforderlich ist158. Dem wäre zuzustimmen, wenn sich die Erforderlichkeit bis zum Ablauf der Prüfungsfrist des § 14 Abs. 2 WpÜG rechtssicher feststellen ließe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Seit der „Holzmüller“Entscheidung des BGH159 war in der Literatur umstritten, ob der Erwerb von Unternehmen und Beteiligungen einen Hauptversammlungsbeschluss erfordert160. Daher wurde, wenn das Angebot Teil einer komplexeren Gesamttransaktion war, aus Gründen der Vorsicht regelmäßig die Hauptversammlung befragt161. Nachdem die „Gelatine“-Entscheidungen des BGH vom 26.4.2004162 in Bezug auf den Beteiligungserwerb keine abschließende Klarheit geschaffen haben163, kann sich ein gewissenhafter und vorsichtiger Vorstand nach wie vor veranlasst sehen, die Hauptversammlung vorsorglich zu befragen. Hierzu ist er gemäß § 119 Abs. 2 AktG auch berechtigt. Es erscheint nicht sachgerecht, dieses Recht aus Gründen der übernahmerechtlichen Missbrauchsprävention auszuhöhlen164. Ein Missbrauch sollte, wenn überhaupt, nur dann angenommen werden, wenn die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zweifelsfrei nicht erforderlich ist165. Wie die Diskussionen und Klagen aus Anlass 156 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 79; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 13 Fn. 36; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 88. 157 Mielke, DB 2012, 1969, 1971; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 88. Mielke, DB 2012, 1969, 1971; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 13. 158 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 24; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 11. 159 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158. 160 Dafür etwa Lutter in FS Stimpel, 1985, S. 825, 850 ff.; Baums/Vogel in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, 1998, Rz. 9.27; Bouchon/Müller-Michaels in Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 7. Aufl. 2010, Teil XI Rz. 69 f.; Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Vor § 311 AktG Rz. 42; dagegen etwa Groß, AG 1994, 266, 271 ff.; Timm, ZIP 1993, 114, 117; Wollburg/Gehling in FS Lieberknecht, 1997, S. 133, 152; Busch, AG 2002, 145, 148. 161 So etwa in den Fällen Daimler/Chrysler, Hoechst/Rhône-Poulenc und den nicht zur Durchführung gelangten Vorhaben VIAG/Algroup, Deutsche Telekom/Telecom Italia; zum Ganzen Decher in FS Lutter, 2000, S. 1209, 1223, 1225. Siehe auch das freiwillige Erwerbsangebot der Nordag AG/B.U.S. Berzelius Umwelt-Service AG vom 12.7.2002, Ziff. 5, S. 8 f. (Holzmüller-Beschluss der Hauptversammlung des Bieters als Bedingung). 162 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, AG 2004, 384 = NZG 2004, 571; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02, NZG 2004, 575; hierzu Bungert, BB 2004, 1345; Fuhrmann, AG 2004, 339; Götze, NZG 2004, 58. 163 Götze, NZG 2004, 585, 588 (kein Beschluss erforderlich); zweifelnd Bungert, BB 2004, 1345, 1350. 164 Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 405 (noch vor „Gelatine“) und Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 693 (nach „Gelatine“). 165 Ähnlich Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 75; Thoma, NZG 2002, 105, 107; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 87; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 227, 246 f.; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 24 (Zweifel dürfen nicht zu Las-
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§ 18 Rz. 60 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs aktueller Übernahmen zeigen166, ist heute – fast 40 Jahre nach der Holzmüller-Entscheidung (1982) bzw. 15 Jahre nach den Gelatine-Entscheidungen (2004) – bedauerlicherweise immer noch nicht geklärt, wann die Gesellschafterversammlung zustimmen muss, so dass ein Bedürfnis für die Zulässigkeit der Bedingung besteht und dies von der BaFin auch anerkannt wird167. c) Einschaltung eines Angebotsvehikels 61
In der Mehrzahl der bisher durchgeführten Angebotsverfahren fungierte als Bieter eine Zweckgesellschaft (special purpose vehicle), die von dem wirtschaftlich hinter dem Angebot stehenden Investor für die Abgabe des Angebots gegründet worden war. Wenn der Investor Alleingesellschafter des Angebotsvehikels ist und das Vehikel die Zustimmung seiner Gesellschafterversammlung zur Bedingung des Angebots erhebt, wird dies allgemein als missbräuchlich angesehen: Die Bedingung würde nämlich regelmäßig nicht der Einhaltung der gesellschaftsinternen Kompetenzordnung dienen, sondern – als reine Formsache – dem Investor ein verdecktes Rücktrittsrecht einräumen168.
62
Wie dieses Problem zu lösen ist, ist umstritten: Eine Auffassung will § 162 BGB anwenden169. Demnach wäre es zulässig, das Angebot mit der Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu veröffentlichen. Wenn die Zustimmung nicht erteilt wird, müssten die Wertpapierinhaber, die das Angebot angenommen haben, den Bieter auf Erfüllung in Anspruch nehmen. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 BGB wären sie beweispflichtig. Wegen der möglichen Beweisschwierigkeiten und wegen der Unsicherheit über die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises der Zielgesellschaft bis zur Beendigung des Rechtsstreits ist diese Lösung mit den Schutzzwecken des WpÜG jedoch nur bedingt vereinbar.
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Vielmehr wäre es interessengerecht, die Zulässigkeit der Bedingung im Gestattungsverfahren zu klären. In diesem Rahmen wäre der in § 18 Abs. 1 WpÜG zugunsten der Gesellschafterversammlung gemachte Vorbehalt entsprechend dem Willen des Gesetzgebers170, dem Charakter des § 25 WpÜG als Ausnahmevorschrift und dem Schutzzweck des § 18 Abs. 1 WpÜG restriktiv auszulegen. Außerdem wäre zu berücksichtigen, dass die Einschaltung eines Vehikels nicht den vom Gesetzgeber vorausgesetzten Regelfall darstellt. Daher wird erwogen, den hinter dem Angebotsvehikel stehenden Investor entgegen dem Wortlaut des § 2 Abs. 4 WpÜG als „Bieter“ anzusehen171. Vorzugswürdig erscheint es demgegenüber, den Investor, der die Aktien der Zielgesellschaft jedenfalls mittelbar erwirbt, als mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG zu qualifizieren172. Weil die Entscheidung über die Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung des Angebotsvehi-
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ten des Bieters gehen); a.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 11 (Zulässigkeit nur, wenn Zustimmung der Hauptversammlung rechtlich zwingend); noch anders Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 12; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 189 ff. (Erforderlichkeit des Gesellschafterbeschlusses irrelevant). Siehe etwa LG München I v. 20.12.2018, AG 2019, 225 (Feststellungsklage der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) zum Angebotsverfahren Linde/Praxair) und die Diskussion in der Literatur, siehe etwa Seidel/Kramer, AG 2019, 206 ff. und Stephan/Strenger, AG 2017, 346 (mit Vorschlägen zur Kodifizierung von Holzmüller). Siehe Übernahme E.ON Verwaltungs SE/Innogy SE vom 27.4.2018, Ziff. 13.1.2, S. 53. Die Übernahme wurde explizit unter die Bedingung gestellt, dass zwischen Veröffentlichung der Angebotsunterlage und Eintritt der letzten sonstigen Vollzugsbedingung keine Entscheidung eines deutschen Gerichts vorliegt, die den Vollzug des Übernahmeangebots und/oder die Übertragung der Mehrheitsbeteiligung an der Zielgesellschaft auf Grundlage der Holzmüller-Gelatine Rechtsprechung des BGH ohne eine zustimmende Entscheidung der HV untersagen oder rechtswidrig machen würde. Siehe dazu Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 473 und Horcher/Mayer, CF 2019, 101, 104. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48; ferner DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425; Land/Hasselbach, DB 2000, 1747, 1751; Liebscher, ZIP 2001, 853, 862; Oechsler, NZG 2001, 817, 821; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 14; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 109; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 30; Merkner/Sustmann in Paschos/Fleischer, § 16 Rz. 19. Oechsler, NZG 2001, 817, 821; Busch, AG 2002, 145, 146; Tröger, DZWiR 2002, 353, 360. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48. Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 44. Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 14.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 66 § 18
kels auf der Ebene des Investors regelmäßig eine Geschäftsführungsangelegenheit ist, unterläge das Angebot einer Bedingung, die von einer mit dem Bieter gemeinsam handelnden Person ausschließlich herbeigeführt werden kann. Aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 WpÜG ergäbe sich zwanglos, dass eine solche Bedingung unzulässig wäre173. Der Fall, dass das als Bieter fungierende Angebotsvehikel ein joint venture mehrerer an dem An- 64 gebot wirtschaftlich interessierter Personen ist, ist nach den gleichen Grundsätzen zu lösen. Wenn sämtliche Gesellschafter des Vehikels als gemeinsam handelnde Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG zu qualifizieren sind (siehe dazu § 2 WpÜG Rz. 92 und 117a), wäre die Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung des Vehikels gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG unzulässig (zum Zusammenwirken mehrerer Personen siehe oben Rz. 27). Wenn die als Bieter fungierende Gesellschaft Minderheitsgesellschafter hat, die nicht als gemeinsam 65 handelnde Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG qualifiziert werden können, liegt der in § 25 WpÜG vorausgesetzte Regelfall vor. Hier dient die Befassung der Gesellschafterversammlung des Bieters regelmäßig der Wahrung der innergesellschaftlichen Kompetenzordnung und dem Schutz der Minderheitenrechte. Folglich wäre die Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung in diesem Fall grundsätzlich zulässig. Gleichwohl kann der Zustimmungsvorbehalt missbräuchlich sein, etwa wenn die Verwaltung des Bieters im Einvernehmen mit dem Mehrheitsgesellschafter handelt und eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung des Bieters vor der Entscheidung zur Abgabe des Angebots unter Wahrung der Vertraulichkeit und Suspendierung von der Veröffentlichungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 WpÜG möglich gewesen wäre174. Im Einzelfall können die Dinge auch so liegen, dass die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft die Bedingung de facto ausschließlich selbst herbeiführen kann175. Die oben in Rz. 63 dargelegten Überlegungen sprechen dafür, derartige Fälle nicht über § 162 BGB zu lösen, sondern bereits im Gestattungsverfahren zu prüfen, ob eine missbräuchliche Umgehung des § 18 Abs. 1 WpÜG vorliegt. Wenn die Angebotsunterlage mit der fraglichen Bedingung veröffentlicht wird, weil ein Missbrauch zunächst verneint wird, sich der Missbrauch aber später herausstellt, ist immer noch Raum für die Anwendung des § 162 BGB. d) Gesellschafterbeschlüsse der Muttergesellschaft des Bieters Macht der Bieter sein Angebot von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung seiner Muttergesellschaft abhängig, ist dies grundsätzlich eine unzulässige Potestativbedingung, weil eine mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person (siehe oben Rz. 63) den Eintritt der Bedingung ausschließlich selbst herbeiführen kann176. Die Legalausnahme des § 25 WpÜG greift nicht ein, weil sie nur für Gesellschafterbeschlüsse des Bieters gilt. Wenn allerdings ein eigens für die Abgabe des Angebots gegründetes Angebotsvehikel als Bieter im Sinne des Gesetzes fungiert und die Muttergesellschaft wirtschaftlich gesehen der Bieter ist, kann die Verpflichtung des Vehikels zur Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG unter Umständen mit der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft in Konflikt geraten. Bei teleologischer Betrachtung sind die § 18 Abs. 1, § 25 WpÜG weit auszulegen, so dass es zulässig wäre, in derartigen Fällen auf die Beschlussfassung bei der Muttergesellschaft abzustellen177. Dies muss auch gelten, falls das Angebot von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung einer gemeinsam handelnden Person i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG abhängig gemacht wird178. 173 Im Ergebnis ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 22; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 30; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 89; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 44; nicht ganz eindeutig Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 74, § 25 WpÜG Rz. 13. 174 BT-Drucks. 14/7034, S. 48; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 74. 175 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 22. 176 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 84. 177 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 77, 89, § 25 WpÜG Rz. 13; im Ergebnis auch Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 109; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 99 f. 178 Vgl. Übernahmeangebot Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, Ziff. 6.7, S. 32 und Ziff. 14.1 lit. (c), S. 90 (Zustimmung der NYSE Euronext Aktionäre); Übernahmeangebot
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§ 18 Rz. 67 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 5. Verfügbarkeit der Gegenleistung a) Allgemeines 67
Die Bedingung, dass dem Bieter die für die Erfüllung der zustande kommenden Kauf- bzw. Tauschverträge erforderlichen Mittel bei Ablauf der Annahmefrist zur Verfügung stehen oder dass dem Bieter gegebene Kreditzusagen bis zur vollständigen Abwicklung des Angebots aufrecht erhalten und nicht eingeschränkt werden (Finanzierungsvorbehalt), wird teilweise als Verstoß gegen § 18 Abs. 1 WpÜG angesehen179. Ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 WpÜG läge allerdings nur vor, wenn der Bieter die Gegenleistung aus eigenen Mitteln aufbringt oder die kreditgebenden Banken – ausnahmsweise180 – als mit dem Bieter gemeinsam handelnde Personen oder als Berater zu qualifizieren wären. Finanzierungsvorbehalte sind jedoch nicht nur an § 18 Abs. 1 WpÜG, sondern auch an § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu messen. Nach dieser Vorschrift trägt der Bieter die Finanzierungsverantwortung für sein Angebot; dies gilt für Kauf- und Tauschangebote gleichermaßen (siehe § 13 WpÜG Rz. 1). Hiernach wäre jedenfalls ein unbeschränkter Finanzierungsvorbehalt unzulässig181. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob einzelne Umstände, die zu den Voraussetzungen der Verfügbarkeit der Gegenleistung gehören, zur Bedingung erhoben werden können. b) Kaufangebote
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Bei fremdfinanzierten Angeboten ist fraglich, ob und inwieweit der Bieter das Angebot davon abhängig machen darf, dass die Kreditzusage wegen des Eintritts einer in der Kreditzusage als material adverse change („MAC“) definierten wesentlichen Verschlechterung widerrufen wird182. Für die Beantwortung der Frage ist auf die Umstände abzustellen, auf die sich die fragliche MAC-Klausel bezieht. Zunächst sind solche Bedingungen auszuscheiden, deren Eintritt der Bieter oder eine mit ihm zusammenwirkende Person oder deren Tochterunternehmen allein herbeiführen kann; die Übernahme derartiger MAC-Klauseln in das Angebot verstieße gegen § 18 Abs. 1 WpÜG183. Weiterhin ist zu prüfen, ob die als MAC definierten Umstände von der Finanzierungsverantwortung des Bieters umfasst sind; die Übernahme derartiger MAC-Klauseln verstieße gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Insoweit ist zu unterscheiden: Die wesentliche Verschlechterung von Umständen in der Sphäre der Zielgesellschaft (Target MAC) und die wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Economy MAC) haben mit der Finanzierungsverantwortung des Bieters regelmäßig nichts zu tun; sie können – in den durch das Bestimmtheitsgebot gesteckten Grenzen – in die Angebotsunterlage übernommen werden (näher hierzu in Rz. 91 f.). Inwieweit der Widerruf der Kreditzusage wegen der wesentlichen Verschlechterung von Umständen in der Sphäre des Bieters (Bidder MAC) zur (auflösenden) Bedingung erhoben werden darf, ist streitig184. Wenn man zutreffend davon ausgeht, dass der Bieter im Verhältnis zu seinen Kreditgebern nicht verpflichtet ist, die Geltung des § 490 BGB abzubedingen (siehe hierzu § 13 WpÜG Rz. 57 f.), wäre es grundsätzlich zulässig, den Widerruf der Kredit-
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HLDCO123 Plc/Deutsche Börse Aktiengesellschaft vom 1.6.2016, Ziff.14.1.A.3, S. 102 (Genehmigung der LSEG Aktionäre). Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 84; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 34 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 22. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 2 WpÜG Rz. 122. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 140; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 142 f.; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 172 f.; Busch, AG 2002, 145, 147; Liebscher, ZIP 2001, 853, 862. Siehe zum Spannungsfeld Angebots- und Finanzierungssicherheit vs. Ausstiegsoptionalität A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226 ff. Die Finanzierungsbestätigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG darf keine derartigen Vorbehalte enthalten; siehe § 13 WpÜG Rz. 103. Busch, AG 2002, 145, 147; Merkner/Sustmann in Paschos/Fleischer, § 16 Rz. 21; A. Meyer in Mülbert/Kiem/ Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 253 f., der aus der Sphäre des Bieters stammende Umstände, die zur Kündigung eines zur Finanzierung des Angebots aufgenommenen Kredits berechtigen, jedenfalls dann als Angebotsbedingung zulässig erachtet, wenn sie außerplanmäßig sind und ihr Eintritt objektiv feststellbar ist. Dafür Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 205; dagegen Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 85; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 141. Vermittelnd A. Meyer in Mülbert/ Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 226, 253 f.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 72 § 18
zusage wegen der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Bieters in einem den Anforderungen des § 490 BGB genügenden Ausmaß zur Bedingung zu erheben185. Soweit der Bieter die erforderlichen Geldmittel durch eine Kapitalerhöhung aufnimmt und nicht durch einen Überbrückungskredit zwischenfinanziert, gelten die sogleich in Rz. 70 ff. dargestellten Grundsätze entsprechend.
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c) Tauschangebote Besteht die Gegenleistung in Wertpapieren, erscheinen aus der Sicht des Bieters verschiedene Bedingungen empfehlenswert – insbesondere dann, wenn die Gegenleistung den Anforderungen des § 31 Abs. 2 WpÜG genügen muss. Ihre Zulässigkeit beurteilt sich wie folgt:
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aa) Generierung der Wertpapiere Gemäß § 31 Abs. 2 WpÜG ist nicht erforderlich, dass die als Gegenleistung zu gewährenden Aktien 71 bereits bei Beginn der Annahmefrist existieren (siehe § 31 WpÜG Rz. 50). Der Bieter kann also neue Aktien ausgeben, deren Entstehung die Leistung der Sacheinlage – d.h. die Übereignung der Aktien der Zielgesellschaft an den Bieter – und die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister voraussetzt. Mit Rücksicht auf die Finanzierungsverantwortung des Bieters gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist vom Bieter jedenfalls zu verlangen, dass er die Voraussetzungen dafür schafft, dass die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfolgen wird. Das Angebot darf daher nicht unter die Bedingung gestellt werden, dass ein entsprechender Kapitalerhöhungsbeschluss gefasst wird. Dieser muss vielmehr bereits bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage vorliegen (siehe hierzu § 13 WpÜG Rz. 67)186. Ob der Bieter sein Angebot auch von der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses oder der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung abhängig machen darf, ist streitig. Nach einer Auffassung soll der Vorbehalt der Schaffung neuer Aktien in Tauschangeboten generell unzulässig sein187. Die Gegenauffassung tritt dafür ein, dass auch die Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses188 oder auch die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung189 zur Bedingung des Angebots erhoben 185 Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 205; Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 688 f.; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 85; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 112; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 50. Die bislang veröffentlichten Angebotsunterlagen sehen alle keinen bidder MAC vor. 186 Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 284; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 13 WpÜG Rz. 5; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 52; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 23; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 14; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 13 WpÜG Rz. 57; Marsch-Barner/Oppenhoff in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 37; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/ Verse, § 18 WpÜG Rz. 140; A. Meyer in Mülbert/Wittig/Kiem, 10 Jahre WpÜG, S. 227, 238 f., 247, 255; J. Vetter in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1371, 1385 ff. Das entspricht der Verwaltungspraxis der BaFin, siehe Ausführungen im Jahresbericht der BaFin für 2010, S. 222 zum Übernahmeangebot der ACS S.A. an die Aktionäre der Hochtief AG; ferner Jahresbericht der BaFin für 2015, S. 248 zum Tauschangebot der Deutsche Wohnen AG an die Aktionäre der Vonovia S.E., das untersagt weden musste, da nach Absage der Hauptversammlung zur Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nicht mehr von einer sicheren Finanzierung des Tauschangebots ausgegangen werden konnte; ferner Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 87. 187 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 36; wohl auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 3. 188 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 112; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 22; J. Vetter in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1371, 1388; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, § 10 Rz. 124; unklar Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 52; Sohbi in Heidel, § 18 WpÜG Rz. 3 Fn. 9; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 14 Fn. 26. 189 Busch, AG 2002, 145, 147; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 112; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 87; A. Meyer in Mülbert/Wittig/Kiem, 10 Jahre WpÜG, S. 227, 255; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 9; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 22; J. Vetter in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1371, 1390. Das entspricht der Verwaltungspraxis der BaFin, siehe dazu das Übernahmeangebot ACS S.A./Hochtief AG vom 1.12.2010, Ziff. 13.1.6, S. 45 f. und das Übernahme-
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§ 18 Rz. 72 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs werden kann. Dieser Auffassung ist zu folgen. Wenn der Bieter die Möglichkeit der Verlängerung der Übermittlungsfrist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG in Anspruch nimmt (was z.B. bei Direktbeschlüssen der Hauptversammlung in Betracht kommt), kann er die zeitlichen Abläufe so strukturieren, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss noch vor der Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin gefasst wird. Hiermit würde er seiner Finanzierungsverantwortung genügen. Die Bedingung der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses schützt ihn im Wesentlichen vor dem Risiko, neue Aktien liefern zu müssen, obwohl der Kapitalerhöhungsbeschluss Gegenstand von Anfechtungsklagen geworden ist. Zur Übernahme des Anfechtungsrisikos ist er jedoch nicht verpflichtet (siehe zum Ganzen § 13 WpÜG Rz. 46, 68). Die weitergehende Bedingung der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung schützt den Bieter davor, dass ein Aktionär nach Eintragung der Kapitalerhöhung versucht, die Durchführung noch zu verhindern190. 72a
Die Frage, bis wann eine Bedingung spätestens eingetreten bzw. ausgefallen sein muss (siehe im Einzelnen unten Rz. 108 ff.), spielt bei der Angebotskapitalerhöhung eine besonders große Rolle, da Anfechtungsklagen den Prozess in die Länge ziehen können und die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung erst erfolgen kann, nachdem die Sacheinlage erbracht ist (§§ 188 Abs. 2 Satz 1, 36a Abs. 2, 36 Abs. 1 AktG). Hier ist es ausnahmsweise zulässig, dass die Frist für den Eintritt der Bedingung erst nach Ablauf der Annahmefrist endet191. bb) Börsenzulassung
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Gemäß § 31 Abs. 2 WpÜG ist nicht erforderlich, dass die als Gegenleistung gewährten Aktien schon zu Beginn der Annahmefrist zum Handel an einem organisierten Markt gemäß § 2 Abs. 7 WpÜG zugelassen sind (siehe § 31 WpÜG Rz. 54). Vielmehr genügt es, wenn die Zulassung vor der Übereignung an die Adressaten des Angebots bewirkt worden ist192. Soweit die als Gegenleistung vorgesehenen neuen Aktien an einer deutschen Wertpapierbörse zugelassen werden sollen, wäre ihre Zulassung vor dem angebot Delta Beteilungen AG/Beta Systems Software AG vom 22.2.2006, Ziff. 5.7 lit. (b) und (c), S. 13; Übernahmeangebot TLG IMMOBILIEN AG/WCM Beteiligungs- und Grundbesitz-Aktiengesellschaft vom 27.6.2017, Ziff. 11.1.1, S. 55. 190 J. Vetter in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1371, 1390, der zu Recht darauf hinweist, dass die zusätzliche Bedingung der Wertprüfung durch einen unabhängigen Prüfer (§ 183 Abs. 3 AktG) nicht mehr nötig ist. 191 Siehe zum Ganzen Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 609 und Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 469; ferner Krause, ZGR 2002, 500, 515; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 150; 6 Monate: J. Vetter in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1371, 1389, 1393; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, § 10 Rz. 124. Vgl. ferner das Übernahmeangebot Delta Beteiligungen AG/Beta Systems Software AG vom 22.2.2006, das als aufschiebende Bedingung unter anderem vorsah, dass der Sachkapitalerhöhungsbeschluss und die Durchführung dieser Sachkapitalerhöhung bis zum 15.9.2006 in das Handelsregister eingetragen wird, Ziff. 5.7 lit. (b) und (c), S. 13 (knapp 6 Monate nach dem Ende der Annahmefrist am 22.3.2006). Siehe auch Übernahmeangebot ACS S.A./Hochtief AG vom 1.12.2010, Ziff. 13.1.6, S. 45 f. (keine Untersagung der Durchführung der Angebotskapitalerhöhung beim Eintritt der letzten unerfüllten Vollzugsbedingung, die bis spätestens 30.6.2011 erfüllt sein mussten) und Ziff. 13.4, S. 46 (auflösende Bedingung für den Fall, dass die Angebotskapitalerhöhung nicht binnen eines Monats nach Zurverfügungstellung der eingereichten Aktien eingetragen ist); Übernahmeangebot der Deutsche Annington Immobilien SE/Gagfah S.A. vom 19.12.2014, Ziff. 11.1.2, S. 56 (Eintragung der Angebotskapitalerhöhung bis spätestens 6 Monate nach Ablauf der (ggf. verlängerten) Annahmefrist); Übernahmeangebot der Adler Real Estate Aktiengesellschaft/Westgrund Aktiengesellschaft vom 30.4.2015, Ziff. 11.1 (a), S. 63 (Eintragung der Durchführung der Angebotskapitalerhöhung bis spätestens 31.10.2015, d.h. ca. 5 Monate nach Ablauf der Annahmefrist am 28.5.2015); Übernahmeangebot alstria office REIT-AG/DO Deutsche Office AG vom 21.8.2015, Ziff. 11.1.1, S. 51 (Eintragung der Durchführung der Angebotskapitalerhöhung bis spätestens fünf Bankarbeitstage nach Ablauf der Weiteren Annahmefrist); Übernahmeangebot DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate AG/Fair Value Reit AG vom 14.10.2015, Ziff. 12.11, S. 87 (Eintragung der Durchführung der Angebotskapitalerhöhung bis zum 31.1.2016, d.h. ca. 2,5 Monate nach Ablauf der Annahmefrist am 16.11.2015); Übernahmeangebot Vonovia SE/Deutsche Wohnen AG vom 1.12.2015, Ziff. 11.1.2, S. 78 (Eintragung des Sachkapitalerhöhungsbeschlusses und dessen Durchführung bis spätestens 15.7.2016, d.h. ca. 5,5 Monate nach Ablauf der Annahmefrist am 26.1.2016; Übernahmeangebot der TLG IMMOBILIEN AG/WCM Beteiligungs- und Grundbesitz-Aktiengesellschaft vom 27.6.2017, Ziff. 11.1.1, S. 55 f. (Eintragung der Durchführung der Angebotskapitalerhöhung bis spätestens 6 Monate nach Ablauf der (ggf. verlängerten) Annahmefrist). 192 BT-Drucks. 14/7034, S. 55.
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Rz. 76 § 18
Ablauf der Annahmefrist gar nicht möglich, weil die deutschen Wertpapierbörsen nur Aktien zulassen, die bereits zur Entstehung gelangt sind193, die neuen Aktien aber erst mit der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister – d.h. nach dem Ablauf der Annahmefrist – entstehen. Da der Bieter – vom Fall des § 32 Abs. 4 BörsG abgesehen – beim Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 32 Abs. 3 BörsG zwar einen einklagbaren Anspruch auf Zulassung hat194, diese aber nicht garantieren kann, sollte im Interesse des Bieters, der gemäß § 31 Abs. 2 WpÜG an einem regulierten Markt zugelassene Aktien liefern muss, und im Interesse der Aktionäre auch die Zulassung der Aktien zum Börsenhandel eine zulässige Bedingung sein195. In der Praxis wird davon – soweit ersichtlich – nur bei Zulassung der Angebotsaktien im Ausland Gebrauch gemacht196. Mit Rücksicht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist der Bieter allerdings gehalten, alles Erforderliche zu tun, um das Zulassungsverfahren ordnungsgemäß und zügig durchzuführen (siehe hierzu § 13 WpÜG Rz. 79).
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cc) Veränderungen des Börsenkurses Bei Tauschangeboten könnte sich die Bedingung empfehlen, dass der Kurs der Aktie des Bieters während der Annahmefrist einen bestimmten Wert nicht überschreitet. Mit dieser Bestimmung kann sich der Bieter davor schützen, die als Gegenleistung vorgesehenen neuen Aktien unter Verstoß gegen § 255 Abs. 2 AktG „zu billig“ auszugeben, bzw. ganz allgemein verhindern, die Beteiligung seiner Altaktionäre über ein bestimmtes Niveau hinaus zu verwässern (näher § 7 WpÜG-AngVO Rz. 9 ff.).197
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Gegen die Zulässigkeit einer Bedingung, die das Angebot hinfällig werden lässt, wenn der Kurs der Aktie des Bieters während der Annahmefrist einen bestimmten Wert übersteigt, bestehen nach zutreffender Auffassung keine Bedenken198. Teilweise wird allerdings danach differenziert, ob die Bedingung auf die aktienrechtliche Unzulässigkeit der Ausgabe der neuen Aktien abhebt; andere börsenkursbezogene Bedingungen sollen unzulässig sein199. Dem ist nicht zu folgen. Die hierfür angeführte Begründung – für eine solche Bedingung sei kein Bedürfnis ersichtlich, so dass sie objektiv willkürlich sei – hat keinen erkennbaren gesetzlichen Anknüpfungspunkt. Das Argument, der Vorstand des Bieters könne
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193 Hierzu etwa Busch, AG 2002, 145, 148; Krause, NJW 2002, 705, 710; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 23; ein Börsenzulassungsprospekt ist – anders als früher – wegen der Ausnahmebestimmungen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WpPG hingegen unabhängig vom Volumen der Kapitalerhöhung nicht mehr erforderlich. 194 Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 73. 195 Busch, AG 2002, 145, 148; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 53; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 82; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 6; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 113; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 150; Sohbi in Heidel, § 18 WpÜG Rz. 3; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 22; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 112; J. Vetter in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 1371, 1390 f., der darauf hinweist, dass eine Praxis der BaFin hierzu allerdings noch nicht veröffentlicht ist. 196 Siehe z.B. Übernahmeangebot der HLDCO123 PLC/Deutsche Börse AG vom 1.6.2016, Ziff. 14.1.B.6, S. 103: Zulassung der Angebotsaktien an der London Stock Exchange. Ohne Bedingung dagegen z.B. Übernahmeangebot Linde plc/Linde Aktiengesellschaft vom 15.8.2017, Ziff. 10.1., S. 79: Die Bieterin wird sicherstellen, dass die Angebotsaktien zum Zeitpunkt der Übertragung auf die einreichenden Linde-Aktionäre zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen wurden. 197 Das Tauschangebot der E.ON Energie AG an die Aktinäre der E.ON Bayern AG vom 21.5.2003 stand unter der Bedinung, dass der Kurs der als Gegenleistung angebotenen Aktien der E.ON AG einen bestimmten Kurs nicht unterschreitet (Ziff. 5.4., S. 23 f.). Begründet wurde dies mit der staken Volatilität der Aktienmärkte. 198 Busch, AG 2002, 145, 151; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 152; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 113; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 19; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 260 f. A.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann § 18 WpÜG Rz. 44 („im Einzelfall zu leicht vom Bieter beeinflussbar und daher nicht hinreichend transparent“). Die veröffentlichten Angebotsunterlagen sehen aber regelmäßig keine Bedingungen in Bezug auf den Börsenkurs des Bieters oder der Zielgesellschaft vor. Eine Ausnahme ist das Tauschangebot der E.ON Energie AG/E.ON Bayer AG vom 21.5.2003, das in Ziff. 10, S. 30 für eine Sonderkonstellation (Squeeze-Out Barabfindung sollte den Aktionären über den Lauf der Angebotsfrist zugutekommen) eine solche Bedingung enthält (Unterschreiten des Stichtagskurses der Bieteraktie). 199 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 64.
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§ 18 Rz. 76 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs durch den Rückkauf eigener Aktien auf den Börsenkurs der Aktienkurs Einfluss nehmen, findet im Gesetz ebenfalls keine Stütze200. Unzulässig sind solche Bedingungen, deren Eintritt der Bieter bzw. die anderen in § 18 Abs. 1 WpÜG genannten Personen ausschließlich selbst herbeiführen können. Weil der Börsenkurs der Aktie des Bieters während des Übernahmeverfahrens wesentlich durch die Bewertung des Tauschangebots und seiner Erfolgsaussichten durch den Kapitalmarkt geprägt sein wird, wird man kaum davon ausgehen (geschweige denn beweisen) können, dass der Bieter bzw. sein Vorstand einen Kursanstieg allein herbeiführen kann. 6. Positive Stellungnahme der Zielgesellschaft 77
Für viele Bieter (insbesondere Finanzinvestoren) kommt eine feindliche Übernahme nicht in Frage. Diese Bieter versuchen regelmäßig, mit den Organen der Zielgesellschaft noch in der Vorbereitungsphase Einvernehmen über das geplante Angebot und seine Unterstützung zu erzielen. Inhalt und Umfang derartiger Vorfeldvereinbarungen sind Verhandlungssache, weswegen Bieter ihre Idealvorstellungen nicht immer durchsetzen können. Dies geht nicht selten darauf zurück, dass sich die Verwaltung der Zielgesellschaft durch die Zusage weitreichender Unterstützung selbst bei Kenntnis des Entwurfs der Angebotsunterlage in das Dilemma manövriert, bei einer Änderung der Umstände (etwa bei Abgabe eines konkurrierenden Angebots mit höherer Gegenleistung durch einen Dritten) nur entweder die vereinbarte Stellungnahme abgeben oder ihre aktien- und übernahmerechtlichen Pflichten erfüllen zu können. Die Verwaltung wird sich daher regelmäßig vorbehalten, unter bestimmten – mit dem Bieter ausgehandelten – Umständen von ihrer Unterstützungspflicht Abstand nehmen zu dürfen (siehe § 22 WpÜG Rz. 72a). Vor diesem Hintergrund haben Bieter regelmäßig ein objektiv nachvollziehbares Interesse daran, die Wirksamkeit ihres Angebots von einer (uneingeschränkt) positiven Stellungnahme der Verwaltung abhängig zu machen201.
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Mit § 18 Abs. 1 WpÜG ist die Bedingung der positiven Stellungnahme des Vorstands grundsätzlich vereinbar, weil im Regelfall weder der Bieter noch mit ihm zusammenwirkende Personen oder deren Tochtergesellschaften die positive Stellungnahme der Verwaltung der Zielgesellschaft ausschließlich selbst herbeiführen können202. Lediglich bei einem Management Buy-out wäre die Bedingung unzulässig, weil der Vorstand als mit dem Bieter zusammenwirkende Person den Bedingungseintritt ausschließlich selbst herbeiführen kann203.
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Gleichwohl ist es nach Auffassung der BaFin unzulässig, das Angebot unter die Bedingung zu stellen, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft das Angebot positiv bewerten oder sogar seine Annahme empfehlen. Weil diese Bedingung dem Vorstand der Zielgesellschaft erheblichen Einfluss auf den Erfolg des Angebots verschafft, sei sie mit der Konzeption des Gesetzes, die Entscheidung über den Erfolg des Angebots in die Hände der Aktionäre zu legen, nicht vereinbar204. Dem wird entgegengehalten, dass das Interesse des Bieters an dieser Bedingung die Bedenken gegenüber dem erhöhten Einfluss des Vorstands überwiege205 und dass den Aktionären eine Geschäftschance entginge, wenn der Bieter, der die Unterstützung durch die Verwaltung der Zielgesellschaft nicht zur Bedingung erhe-
200 Hierzu zutreffend Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 134; ähnlich Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 186. 201 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 71; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 117; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 29. 202 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 71; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 29 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 44. 203 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 8; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 120. 204 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 29. Siehe aber Übernahmeangebot AMS Acquisition B.V./Teleplan International N.V. vom 10.1.2011, Ziff. 12.1. lit. (f), S. 40. Hier lag ausnahmsweise bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine öffentlich bekanntgemachte Empfehlung vor. Dass sich der Bieter darauf einstellen darf, leuchtet sein. Das Angebot sah dementsprechend als Bedingung vor, dass weder Teleplan, der Vorstand noch der Aufsichtsrat ihre Empfehlung zurückziehen. 205 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 71.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 82 § 18
ben kann, von vornherein von der Abgabe eines Angebots absähe206. Im Übrigen sei es der Bieter selbst, der dem Vorstand diese Rechtsmacht einräume207. Die besseren Argumente sprechen indes für die Auffassung der BaFin. Nicht nur der vom Bieter her- 80 beigeführte, direkte Einfluss des Vorstands auf den Erfolg des Angebots ist mit der Konzeption des Gesetzes nicht vereinbar208. Auch das Dilemma des mit der Bedingung konfrontierten Vorstands, mit der Abgabe einer – gemäß § 27 WpÜG grundsätzlich zulässigen – negativen Stellungnahme eine Handlung vorzunehmen, durch die der Erfolg im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG unmittelbar verhindert wird, steht mit der Konzeption des Gesetzes nicht im Einklang: Einerseits könnte der Vorstand die negative Stellungnahme abgeben und damit § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verletzen. Andererseits könnte er gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG. die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen. Damit würde die Stellungnahme des Vorstands unter einen Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Aufsichtsrats gestellt. Dies aber ist mit § 27 WpÜG nicht zu vereinbaren, weil Vorstand und Aufsichtsrat jeweils eigenverantwortlich zu dem Angebot Stellung zu nehmen haben. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass es dem Bieter freisteht, sein Angebot von der fraglichen Bedingung abhängig zu machen oder nicht, so dass die negative Stellungnahme des Vorstands nicht als unzulässige Abwehrmaßnahme im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG qualifiziert werden kann. Das Verhinderungsverbot des § 33 WpÜG ist nämlich keine Schutzvorschrift zugunsten des Bieters, sondern schützt die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre (siehe hierzu § 33 WpÜG Rz. 5). Schließlich spricht für die Unzulässigkeit der Bedingung, dass sich der Bieter bereits in der Vorbereitungsphase hinreichender Unterstützung des Vorstands der Zielgesellschaft versichern kann, was in der Praxis auch geschieht. Durch die zu diesem Zweck geschlossenen Vereinbarungen kann der Bieter zwar das Risiko des Scheiterns nicht vollständig ausschließen. Jedoch ist dies ein Risiko, das seiner Sphäre entspringt und daher auch von ihm getragen werden muss. 7. Unterbleiben von Abwehrmaßnahmen a) Allgemeines Bedingungen, die die Wirksamkeit des Angebots davon abhängig machen, dass die Verwaltung der Zielgesellschaft während des Angebotsverfahrens keine Abwehrmaßnahmen ergreift, sind grundsätzlich zulässig209. Allerdings sind die einzelnen Maßnahmen präzise zu definieren, damit der Bedingungseintritt objektiv und rechtssicher festgestellt werden kann210 (zu einzelnen Abwehrmaßnahmen siehe § 33 WpÜG Rz. 88 ff.).
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Das Angebot kann auflösend bedingt durch die Vornahme oder aufschiebend bedingt durch die Nicht-Vornahme der zu definierenden Abwehrmaßnahmen abgegeben werden. Die Beweislast für den Bedingungseintritt trägt bei der auflösenden Bedingung derjenige, der sich auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts beruft211; dies wäre, wenn Adressaten des Angebots auf Abnahme ihrer Wertpapiere klagen, der Bieter. Bei der aufschiebenden Bedingung hingegen trägt derjenige die Beweislast, der aus
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206 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 119 (eine Bedingung der „uneingeschränkt unterstützenden Stellungnahme“ der Verwaltung der Zielgesellschaft wird jedoch für unzulässig gehalten); Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 30. 207 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 44. 208 Ähnlich Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 694, der eine entsprechende Bedingung allerdings dann für zulässig erachtet, wenn sie an die positive Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat anknüpft und darin auch keinen Verstoß gegen § 27 WpÜG sieht. 209 Begr. RegE BT-Drucks. 14/7034, S. 47 f.; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2253; Busch, AG 2002, 145, 149; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 405; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 42 ff.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 46 ff.; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 66; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 8. 210 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 29; Riehmer/Schröder, BBBeil. 5/2001, S. 6; Hamann, ZIP 2001, 2249, 2253 (Fn. 61); Busch, AG 2002, 145, 149 f.; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 108; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 67 (anders noch die Vorauflage). 211 Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 158 BGB Rz. 14; vgl. auch Westermann in MünchKomm. BGB, § 158 BGB Rz. 49.
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§ 18 Rz. 82 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs dem vollwirksamen Rechtsgeschäft Rechte herleitet212; dies wäre der Aktionär, der den Bieter auf Erfüllung in Anspruch nimmt. Folglich dürfte sich für den Bieter in der Regel die aufschiebende Bedingung empfehlen213. In Ausnahmefällen kommt auch die aufschiebende Bedingung der Vornahme einer bestimmten Maßnahme in Betracht, etwa die Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien an den Bieter (siehe hierzu Rz. 86 f.) oder die Beseitigung anderer Strukturen oder Mechanismen, die dem Aktienerwerb oder der Ausübung der Kontrolle nach vollendetem Erwerb entgegenstehen und im Interesse des Bieters vor dem Ablauf der Annahmefrist beseitigt werden sollen214. b) Kapitalmaßnahmen 83
Die Bedingung, dass die Zielgesellschaft während des Angebots keine Kapitalmaßnahmen vornimmt, ist zulässig215 und weit verbreitet. Die Bedingung wird sich empfehlen, wenn der Bieter befürchten muss, dass die Zielgesellschaft ihr Kapital (etwa durch Ausnutzung genehmigten Kapitals) erhöht. Anderenfalls würde sich die zu zahlende Gesamtgegenleistung erheblich erhöhen, weil die Gegenleistung regelmäßig in einem bestimmten Geldbetrag (bzw. einer bestimmten Zahl von Wertpapieren) je Aktie der Zielgesellschaft bemessen ist und der Bieter sein Angebot nach zutreffender, aber nicht unbestrittener Auffassung216 nicht auf die bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage ausgegebenen Aktien beschränken kann (siehe hierzu § 1 WpÜG Rz. 30, § 32 WpÜG Rz. 15).
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Bei der Formulierung der Bedingung besitzt der Bieter vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Dass das Angebot schon dann hinfällig wird, wenn die Zielgesellschaft eine Hauptversammlung gemäß § 16 Abs. 3 WpÜG und/oder zur Beschlussfassung über eine Kapitalmaßnahme einberuft, erscheint nicht zweckmäßig217. Eher wäre auf die Kapitalerhöhung selbst abzustellen. Die Bedingung könnte etwa lauten, dass das Grundkapital der Zielgesellschaft während der Annahmefrist um nicht mehr als einen bestimmten Betrag oder einen bestimmten Prozentsatz erhöht wird218 oder umgekehrt ließe sich ein Mindestvolumen festsetzen, um zu vermeiden, dass bereits eine kleine Kapitalerhöhung das Angebot zu Fall bringen kann219. Denkbar wäre aber auch, allein auf die Ausnutzung eines bestehenden genehmigten Kapitals abzustellen und die Ausgabe neuer Aktien aus bedingtem Kapital (etwa durch Ausübung von Aktienoptionen) zu akzeptieren. Ebenfalls möglich wäre eine (auflösende) Bedingung, die die Unwirksamkeit des Angebots bei jeder, d.h. auch bei einer geringfügigen, Kapitalerhöhung zur Folge hat, auf die der Bieter gegebenenfalls gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG verzichtet, wenn sich er212 Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, Einf. v. § 158 BGB Rz. 14; vgl. auch Westermann in MünchKomm. BGB, § 158 BGB Rz. 49. 213 Zum Ganzen Busch, AG 2002, 145, 149. 214 Vgl. etwa das Übernahmeangebot Olivetti/Telecom Italia in Bezug auf die Zustimmung des Inhabers der „Goldenen Aktie“; vgl. Schmid, AG 1999, 402, 405. 215 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 69; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 37; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 27. Diese Bedingung wurde im Falle des Übernahmeangebots der Marsella Holdings S.à.r.l./Braas Monier Building Group S.A. vom 13.10.2016 relevant. Die Zielgesellschaft erhöhte das Kapital aus Gesellschaftsmitteln in den Grenzen, die das Übernahmeangebot zuließ und beschloss eine Zwischendividende, beides Maßnahmen, die das Angebot verteuerten. Daran schlossen sich Rechtsstreitigkeiten an, die dann im Rahmen eines BCA beigelegt wurden und mit einer Erhöhung der Angebotsgegenleistung einhergingen (siehe dazu Ergänzende Stellungnahme des Verwaltungsrats vom 28.12.2016. 216 Wie hier Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 20; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 16; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 68, § 32 WpÜG Rz. 6; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 111; a.A. Geibel/Süßmann in Geibel/Süßmann, 2. Aufl. 2008, § 18 WpÜG Rz. 44; Angerer/Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 66 f.; differenzierend Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 14 f. 217 Siehe das erste Übernahmeangebot der Pangea GmbH/Pfeiffer Vacum Technology AG vom 13.2.2017, Ziff. 13.1.4, S. 42 f. Das Angebot stand unter der Bedingung, dass die Zielgesellschaft keine Hauptversammlung nach § 16 Abs. 3 WpÜG einberuft. Die Zielgesellschaft berief daraufhin für den 3.4.2017 eine solche Hauptversammlung ein. Damit war die Vollzugsbedingung ausgefallen und das Angebot gescheitert. Später wurde den Aktionären ein zweites erfolgreiches Angebot gemacht (siehe BaFin Jahresbericht für 2017, S. 147). 218 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 69; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 113. 219 A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 256.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 86 § 18
gibt, dass er die Erhöhung der Gesamtgegenleistung finanzieren kann (zur Zulässigkeit des nachträglichen Bedingungsverzichts siehe unten Rz. 113)220. Weil der Verzicht eine Änderung des Angebots darstellt und das Angebot nach Veröffentlichung dieser Änderung noch mindestens zwei Wochen zur Annahme offen stehen muss (§ 21 Abs. 5 WpÜG), läuft der Bieter in diesem Fall allerdings Gefahr, dass die Zielgesellschaft bis zum Ablauf der verlängerten Annahmefrist eine Kapitalmaßnahme durchführt (insbesondere genehmigtes Kapital ausnutzt). Wenn diese Kapitalerhöhung vor Ablauf der Annahmefrist wirksam wird und die Erwerber der neuen Aktien noch rechtzeitig die Annahme des Angebots erklären, müsste der Bieter, wenn § 32 WpÜG Anwendung findet, auch die neuen Aktien erwerben221. c) Sonstige Maßnahmen Bedingungen, die die Wirksamkeit des Angebots daran knüpfen, dass die Zielgesellschaft keine Strukturveränderungen vornimmt, sind zulässig222 und weit verbreitet. Dies gilt insbesondere für die Veräußerung von wichtigen Vermögensgegenständen oder Unternehmensteilen (crown jewels)223, Satzungsänderungen224, Dividendenausschüttungen225, Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz226 oder sonstige Maßnahmen wie etwa der Abschluss neuer Kreditverträge227 oder Veränderungen im Vorstand oder Aufsichtsrat228, die die Zielgesellschaft für den Bieter unattraktiv machen.
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8. Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien Erstreckt sich das Angebot auf vinkulierte Namensaktien, ist die dingliche Übertragung der Aktien 86 aufschiebend bedingt durch die Zustimmung der Gesellschaft (§ 68 Abs. 2 AktG). Der Bieter wird regelmäßig daran interessiert sein, die Wirksamkeit seines Angebots von der Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung der Aktien abhängig zu machen, weil das Verpflichtungsgeschäft anderenfalls auch ohne Zustimmung der Gesellschaft wirksam wäre229 und die Zielgesellschaft zur Erteilung der Zustimmung nicht verpflichtet ist. Wenn die Satzung keine abweichende Regelung trifft, liegt die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung beim Vorstand. Er hat gemäß den Vorgaben der Satzung und ansonsten nach pflichtgemäßem, die Gesellschaftsinteressen und die Interessen der übertragungswilligen Aktionäre abwägendem und durch das Gleichbehandlungsgebot (§ 53a AktG) gebundenem Ermessen zu entscheiden230.
220 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 38; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 113. 221 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 38. 222 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 47 f. 223 Vgl. Übernahmeangebot ACS S.A./HOCHTIEF AG vom 1.12.2010, Ziff. 13.1.4 lit. (a), S. 44 (Verkauf von Vermögensgegenständen von mehr als 3,5 Mrd. Euro); Übernahmeangebot der E.ON Verwaltungs SE/Innogy SE vom 27.4.2018, Ziff. 13.1.6, S. 55 f. 224 Vgl. Terex Industrial Holding AG/Demag Cranes AG vom 19.5.2011, Ziff. 13.1.5, S. 51 (keine Änderung von Mehrheitsverhältnissen; Übernahmeangebot der E.ON Verwaltungs SE/Innogy SE vom 27.4.2018, Ziff. 13.1.5, S. 55f (keine Erhöhung von Mehrheitserfordernissen). 225 Vgl. Übernahmeangebot Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13.1.4. lit. (b), S. 47 (keine Dividendenausschüttung über einen bestimmten Betrag); Übernahmeangebot Warwick Holding GmbH/ VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.2010, S. 49 f. (Verbot jeglicher Dividende). 226 Vgl. Übernahmeangebot Lenovo Germany Holding GmbH/Medion AG vom 28.6.2011, Ziff. 13.1.5., S. 38 (keine Liquidations-, Umwandlungs- und/oder Beschlüsse zum Abschluss von Unternehmensverträgen); Übernahmeangebot TLG IMMOBILIEN AG/WCM-Beteiligungs- und Grundbesitz AG vom 27.6.2017, Ziff. 11.1.4 (keine Maßnahmen nach dem UmwG). 227 Vgl. Übernahmeangebot AMS Acquisition B.V./Teleplan International N.V. vom 10.1.2011, Ziff. 12.1.2(v), S. 43 (kein Abschluss eines neuen Kreditvertrages); Übernahmeangebot Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.9, S. 49 f. (keine wesentliche Neuverschuldung). 228 Vgl. Übernahmeangebot der Pelikan International Corporation Berhad/Herlitz AG vom 11.1.2010, Ziff. 15.1 lit. (g), S. 52 (später verzichtet). 229 Koch in Hüffer/Koch, § 68 AktG Rz. 16. 230 BGH v. 1.12.1986 – II ZR 287/85, NJW 1987, 1019, 1020; LG Aachen v. 19.5.1992 – 41 O 30/92, AG 1992, 410, 411 ff.; Koch in Hüffer/Koch, § 68 AktG Rz. 15 m.w.N.
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§ 18 Rz. 87 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 87
Eine Bedingung, die die Wirksamkeit des Angebots von der Zustimmung der Zielgesellschaft gemäß § 68 Abs. 2 AktG abhängig macht, ist grundsätzlich zulässig231, weil die Zustimmung regelmäßig nicht vom Bieter oder den anderen, in § 18 Abs. 1 WpÜG angesprochenen Personen ausschließlich selbst herbeigeführt werden kann232. Lediglich bei einem Management Buy-out wäre die Bedingung unzulässig, weil der Vorstand als mit dem Bieter zusammenwirkende Person den Bedingungseintritt ausschließlich selbst herbeiführen kann233. Die Bedingung ist auch mit der grundsätzlichen Konzeption des Gesetzes, die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre zu sichern, vereinbar, obwohl sie die Entscheidung über das Zustandekommen des schuldrechtlichen Geschäfts in die Hände des Vorstands der Zielgesellschaft legt (zu diesem Argument siehe bereits Rz. 79 f.). Der Einfluss des Vorstands auf den Erfolg der Gesamttransaktion geht nämlich auf die Vinkulierung der Aktien, d.h. eine Maßnahme der Zielgesellschaft zurück. Dass sich der Bieter auf diese Besonderheit einstellt, ist nicht zu beanstanden. 9. Wesentliche Verschlechterungen (material adverse change)
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Material adverse change-Klauseln sind Bestimmungen, die die Wirksamkeit des Angebots vom Ausbleiben bestimmter wesentlicher Verschlechterungen während der Annahmefrist (bzw. vor Vollzug des Angebots) abhängig machen. Ihre Aufnahme in die Angebotsunterlage ist vor dem Hintergrund sinnvoll, dass bei öffentlichen Erwerbsangeboten eine Due Diligence nur in Grenzen möglich ist und eine umfassende Due Diligence eher selten durchgeführt werden kann234, oft gibt es nur Gespräche mit dem Top-Management. Diese, in der Praxis auch als „MAC“ bezeichneten Klauseln können ganz verschiedene Verschlechterungen zum Gegenstand haben. Sie können – wie im Vereinigten Königreich und in den USA bei Übernahmeangeboten seit langem üblich – auf wesentliche Verschlechterungen bei der Zielgesellschaft bzw. in ihrem Konzern abstellen (Target MAC oder Company MAC)235. Nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001 finden aber auch Klauseln, die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten oder andere, gesamtwirtschaftliche Verschlechterungen zum Gegenstand haben (Economy MAC oder Market MAC), über ihr bisheriges Anwendungsgebiet hinaus bei anderen Kapitalmarkttransaktionen236 und beim Unternehmenskauf237 Interesse. Wesentliche Verschlechterungen bei den Zielgesellschaften waren in den Leitsätzen für Übernahmeangebote der Börsensachverständigenkommission von 1979238 angesprochen239. Bei Angeboten gemäß Übernahmekodex waren MAC-Klauseln selten240. Die BaFin hat zunächst nur die Veröffentlichung von Angebotsunterlagen ohne derartige Klauseln gestattet241, seit Mitte 2003242 jedoch Company und Market MAC-Bedingungen unter bestimmten Vo-
231 Vgl. Übernahmeangebot Allianz AZL Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG/Allianz LebensversicherungsAG vom 28.2.2007, Ziff. 6.2, S. 16. 232 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 50; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 55; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 91. 233 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 81; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 50. 234 Hasselbach/Wirtz, BB 2005, 842, 843; Henssler in FS Huber, 2006, S. 739, 752; Hornuf/Zanconato, ZBB/JBB 2011, 412. 235 Vgl. das Übernahmeangebot WPP Group plc/Tempus Group plc vom 20.8.2001 mit der Bedingung, dass „since 31 December 2000 and save as disclosed … no material adverse change or deterioration having occurred in the business, assets, financial or trading position or profits or prospects of any member of the wider Tempus Group“; hierzu Busch, AG 2002, 145, 150. 236 Busch, WM 2001, 1277; Groß in Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, 2000, Rz. 10/324 sub XII.1.d); allg. zu MACKlauseln im Finanz- und Übernahmerecht Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681. MVHdB IV WirtschaftsR III/ Riederer Form. Riederer, Münchener Vertragshandbuch, Bd. 4, 8. Aufl. 2018, Form. IV.5 Material Adverse Change (MAC) Clause. 237 Kiem, Kaupfreisregelungen beim Unternehmenskauf, 2. Aufl. 2018, Rz. 6 ff. 238 Abdruck in Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 28. Aufl. 1989, Anhang 18. 239 Busch, AG 2002, 147, 150 m.w.N. 240 Etwa im Angebot VodafoneAirtouch plc/Mannesmann AG, dessen Definition der „Behindernden Maßnahmen“ auch einige Umstände enthielt, die außerhalb der Einflusssphäre der Zielgesellschaft lagen und eher eine wesentliche Verschlechterung darstellten. 241 Krause, NJW 2004, 3681, 3683. 242 Erstmals im Übernahmeangebot Robert Bosch GmbH/Buderus AG vom 8.5.2003, Ziff. 9 lit. (c), S. 15.
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raussetzungen zugelassen (zum Bidder MAC siehe Rz. 68). Heute sind sie in zahlreichen Übernahmeangeboten enthalten243. MAC-Bedingungen sind grundsätzlich zu Recht zulässig244. Wegen § 18 Abs. 1 WpÜG darf die 89 Feststellung der wesentlichen Verschlechterung allerdings nicht im Ermessen des Bieters oder mit ihm zusammenwirkender Personen oder deren Tochtergesellschaften stehen245. Darüber hinaus muss die Verschlechterung eine gewisse Erheblichkeit besitzen, d.h. nicht nur geringen Gewichts oder von kurzer Dauer sein246, denn mit den Wertungen der §§ 17, 18 WpÜG wäre es nicht vereinbar, wenn der Bieter bereits bei relativ unbedeutenden Verschlechterungen von der Durchführung des Übernahmeangebots absehen könnte247. Dass der Bieter die Wirksamkeit nur vom Ausbleiben schwerster, der Geschäftsgrundlage nahe kommender Verschlechterungen abhängig machen darf248, lässt sich aus den §§ 17, 18 WpÜG jedoch nicht herleiten249. MAC-Bedingungen müssen so formuliert werden, dass sich der Bedingungseintritt, d.h. der Eintritt 90 der wesentlichen Verschlechterung, objektiv und rechtssicher feststellen lässt (Bestimmtheitsgebot – hierzu allgemein Rz. 31). Dies folgt zunächst daraus, dass wegen § 18 Abs. 1 WpÜG nicht an eine Erklärung des Bieters über den Bedingungseintritt angeknüpft werden kann, wenn dem Bieter bei der Entscheidung über die Abgabe dieser Erklärung noch ein gewisser Beurteilungsspielraum verbleibt250. Anders als nach der Praxis im Vereinigten Königreich kann auch nicht an die Erklärung eines verfahrensnahen Überwachungsorgans angeknüpft werden, weil die BaFin – anders als der Takeover Panel – keine Befugnis zur Feststellung des Eintritts einer MAC-Bedingung besitzt. Im Zweifel müssten die Wertpapierinhaber ihre Erfüllungsansprüche vor den Zivilgerichten durchsetzen. Die bis zur rechtskräftigen Entscheidung andauernde Unsicherheit über den Vollzug des Angebots ist mit dem Schutzzweck des § 18 Abs. 1 WpÜG nicht ohne weiteres zu vereinbaren251. Die Notwendigkeit präzise formulierter MAC-Bedingungen folgt außerdem aus dem Klarheitsgebot des § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG. Allerdings sind das Ob und das Wie sorgfältig voneinander zu trennen: Ob der Bieter eine bestimmte MAC-Bedingung in das Angebot aufnehmen will, ist eine Frage seiner Privatautonomie. Diese findet ihre Schranken in den Wertungen der §§ 17, 18 WpÜG. Wie der Bieter die Klausel formuliert, liegt ebenfalls in seiner Privatautonomie. Insoweit unterliegt er dem Klarheitsgebot. Hierauf lässt sich aber nur ein Verbot unklarer Begrifflichkeiten und Formulierungen, nicht aber eine materielle Inhaltskontrolle von MAC-Bedingungen stützen252. Mit Rücksicht auf das Bestimmtheits- und das Klarheitsgebot fordert die BaFin, dass eine Target 91 MAC-Bedingung entweder an konkrete Kennzahlen (etwa aus der Bilanzanalyse) oder andere gesetz243 Siehe Übersicht zur Auswertung der Angebotsbedingungen Rz. 127 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 114 (Übersicht über die Häufigkeit von Angebotsbedingungen). 244 Busch, AG 2002, 145, 150; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 405; Berger/Filgut, WM 2005, 253, 254 ff.; Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 691; allgemein zur Unbedenklichkeit derartiger Bedingungen Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 93 (Fn. 487); Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 103; Steinmeyer, in Steinmeyer § 18 WpÜG Rz. 24; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 42. 245 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 58; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 128; Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 692 f. 246 Busch, AG 2002, 145, 150; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 124; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 42. 247 Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-ChangeKlauseln, 2006, S. 215 ff. 248 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 62; Oechsler, NZG 2001, 817, 822. 249 Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 695; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 258. Geibel/Süßmann in Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 42 Fn. 72: „zu weitgehend und den Grundsatz der Privatautomie außer Acht lassend“. 250 Hasselbach/Wirtz, BB 2005, 842, 843; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 211; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann § 18 WpÜG Rz. 42; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 21; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 103. 251 Restriktiver Berger/Filgut, WM 2005, 253, 255. 252 Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 689, 696. Siehe auch Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 26; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 42 Fn. 73.
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§ 18 Rz. 91 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs lich definierte oder eindeutig feststellbare Umstände anknüpft. Beispielsweise hat sie das Netto-Eigenkapital laut konsolidierter Bilanz der Zielgesellschaft253, das Konzern- oder Jahresergebnis vor Steuern254, das Betriebsergebnis (EBIT)255, das EBITDA256 oder den „Netto-Konzernumsatz“257 als geeignete Kennzahlen zugelassen. Auch die Anknüpfung an die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Zielgesellschaft258, an den Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals259, an die Zerstörung von Produktionsstätten der Zielgesellschaft infolge höherer Gewalt260 oder an den Verlust von Vermögensgegenständen im Sinne der Buchwertminderung261 war gestattungsfähig. Die BaFin verlangt zudem, dass die Konkretisierung des wesentlich nachteiligen Ereignisses nicht durch eine zu große Anzahl an Indikatoren erfolgt262. 91a
Um die Feststellung des Bedingungseintritts zweifelsfrei zu ermöglichen, forderte die BaFin zunächst, dass die Veröffentlichung des Bedingungseintritts per Ad hoc-Mitteilung als Voraussetzung der Hinfälligkeit des Angebots in die Angebotsunterlage aufgenommen wird263. In einem Fall, in dem der Vorstand der Zielgesellschaft ein größeres Aktienpaket hielt und ein Konflikt zwischen seinem Verkaufsinteresse und seiner Verpflichtung zur Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung befürchtet wurde, gestattete die BaFin dem Bieter, die Hinfälligkeit des Angebots davon abhängig zu machen, dass ein Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter über den Eintritt der Bedingung befinden und seine Entscheidung kurz vor Ablauf der Annahmefrist veröffentlichen sollte264. Die Praxis ist dazu übergegangen, für die Feststellung, ob ein Target MAC vorliegt, alternativ die tatsächliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung oder die Bestätigung durch einen unabhängigen Gutachter, dass eine Pflicht hierzu bestand, zuzulassen265, teilweise wird sogar nur auf die Bestätigung durch den Gutachter abgestellt, unabhängig von einer Ad hoc-Pflicht266. Der eingeschaltete Dritte darf nicht aus der Einflusssphäre des Bieters stammen267. Dadurch wird gewährleistet, dass dem Bieter kein Beurteilungsspielraum verbleibt und sich die Aktionäre zuverlässig Kenntnis vom Eintritt der Bedingung verschaffen können268. In praktischer Hinsicht ist zu bemerken, dass mit einem Target MAC allenfalls Extrem-Fälle abgefangen werden können, da die Zielgesellschaft nicht zur Mitwirkung verpflichtet ist (siehe unten Rz. 91b) und
253 Übernahmeangebot ITT Industries German Holding GmbH/WEDECO AG Water Technology vom 9.12.2003, Ziff. 3.2.3, S. 8 f. 254 Übernahmeangebot Robert Bosch GmbH/Buderus AG vom 8.5.2003, Ziff. 9 lit. (c), S. 15; Übernahmeangebot Dritte BV GmbH/Schering AG vom 13.4.2006, Ziff. 6.1.3, S. 26; Übernahmeangebot AREVA/Repower Systems AG vom 5.2.2007, Ziff. 13.1 lit. (b), S. 34 f. 255 Übernahmeangebot ITT Industries German Holding GmbH/WEDECO AG Water Technology vom 9.12.2003, Ziff. 3.2.3, S. 8 f.; DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate AG/Fair Value Reit AG vom 14.10.2015, Ziff. 12.1.4 S. 88. 256 Übernahmeangebot BCP Crystal Acquisition GmbH & Co. KG/Celanese AG vom 2.2.2004, Ziff. 4 lit. (a) (iv), S. 48 f.; Übernahmeangebot Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.6, S. 46. 257 Übernahmeangebot Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, Ziff. 14.1 (i), S. 94. 258 Übernahmeangebot Diebold Inc./Wincor Nixdorf AG vom 5.2.2016, Ziff. 11.1.8, S. 77. 259 Übernahmeangebot Vonovia SE/Deutsche Wohnen AG vom 1.12.2015, Ziff. 11.1.2010, S. 87. 260 Übernahmeangebot Carlsberg Deutschland GmbH/Holsten Brauerei AG vom 12.2.2004, Ziff. 10 lit. (d) (i) und (iii), S. 20 f. 261 Übernahmeangebot Grohe Asia AG/Joyou AG vom 28.3.2011, Ziff. 12.1.3, S. 49. 262 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 131; Hasselbach/Wirtz, BB 2005, 842, 844. 263 Übernahmeangebot Robert Bosch GmbH/Buderus AG vom 8.5.2003, Ziff. 9 lit. (c), S. 15. 264 Übernahmeangebot ITT Industries German Holding GmbH/WEDECO AG Water Technology vom 9.12.2003, Ziff. 3.2.3, S. 9. Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 28. 265 Übernahmeangebot Lenovo Germany Holding GmbH/Medion AG vom 28.6.2011, Ziff. 13.1.4, S. 36 ff.; Übernahmeangebot MBT Systems AG/Roth & Rau AG vom 5.5.2011, Ziff. 13.1.2 lit. (a), S. 49 f.; Übernahmeangebot TLG IMMOBILIEN AG/WCM Beteiligungs- und Grundbesitz AG vom 27.6.2017, Ziff. 11.1.5, S. 58. 266 Übernahmeangebot Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, Ziff. 14.1 lit. (h) und (i), S. 94. 267 Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 697 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 25. 268 Hasselbach/Wirtz, BB 2005, 842, 845; vgl. auch Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 97, der daran zweifelt, dass in der Praxis eine (mittelbare) Einflussnahme des Bieters auf den Gutachter stets ausgeschlossen werden kann.
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der Bieter den Gutachter daher nicht auf bloßen Verdacht hin bitten wird, aktiv zu werden269. Um zu vermeiden, dass ein Angebot in Unkenntnis einer bereits ausgefallenen Bedingung vollzogen wird und der Bieter infolgedessen dem Risiko einer Rückabwicklung ausgesetzt ist, sollte in der Angebotsunterlage festgelegt werden, dass die Bedingungen als eingetreten gelten, falls der externe Gutachter nicht vor oder an dem Tag der Veröffentlichung nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG den Ausfall der Bedingung bestätigt270. Zu beachten ist allerdings, dass die Zielgesellschaft nicht verpflichtet ist, dem Sachverständigen die 91b zur Gutachtenerstellung notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen271. Eine solche Verpflichtung der Geschäftsführung der Zielgesellschaft lässt sich insbesondere nicht aus der vorwirkenden Treuepflicht und damit verbundener Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Bieter ableiten. Hiergegen spricht schon, dass dem Bieter – vorbehaltlich des § 18 WpÜG – die Ausgestaltung des freiwilligen Angebots und damit auch der Bedingungen freisteht. Erachtet der Bieter den Target MAC als Angebotsbedingung für erforderlich, so obliegt es ihm, für eine rechtssichere Ausgestaltung zu sorgen. So ließe sich die Mitwirkung der Zielgesellschaft bei der Überprüfung bspw. im Rahmen eines Business Combination Agreement absichern. Dass die sinnvolle Ausgestaltung der Bedingung dem Bieter obliegt, legt auch der Vergleich mit der Situation beim Pflichtangebot nahe. Dieses kann der Bieter gerade nicht unter Bedingungen wie einen Target MAC stellen. Möchte sich der Bieter nun im Rahmen eines freiwilligen Angebots durch die Aufnahme von Bedingungen schützen, bedarf es einer besonderen Begründung, warum sich der Bieter dann darüber hinaus auch der Zielgesellschaft gewissermaßen als „Erfüllungsgehilfe“ für seine Angebotsbedingung bedienen können soll. Durch das Erfordernis der Mitwirkung begibt sich der Bieter letztlich freiwillig in die Hand der Zielgesellschaft. Dementsprechend bedarf es keiner besonderen Rücksichtnahme der Zielgesellschaft in Form der gebotenen Mitwirkung an der Feststellung des Bedingungseintritts bzw. Bedingungsausfalls. Auch aus § 33 WpÜG kann keine Mitwirkungspflicht abgeleitet werden, auch wenn rein tatsächlich der Erfolg des Angebots verhindert werden kann, etwa wenn es sich um eine aufschiebende Bedingung handelt, deren Eintritt nur festgestellt werden kann, wenn die Zielgesellschaft mitwirkt. Zum einen schützt die Norm schon im Grundsatz nur die Aktionäre als Adressaten des Angebots und nicht den Bieter272. Zum anderen handelt es sich um eine reine Verbotsnorm273. Insofern lassen sich aus § 33 WpÜG keine aktiven Handlungspflichten für die Geschäftsführung der Zielgesellschaft ableiten. Schließlich betrifft die Preisgabe einer für eine MAC-Klausel relevanten Information auch nicht das Pflichtenprogramm der Zielgesellschaft im Sinne der allgemeinen zivilrechtlichen Vorgaben (§ 241 BGB). Bereits die Annahme einer rechtlichen Sonderverbindung im Sinne von § 311 Abs. 2 BGB zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft bereitet Schwierigkeiten. Denn das Angebot richtet sich unmittelbar an die Aktionäre der Zielgesellschaft. Selbst wenn man insofern aufgrund der Einflussmöglichkeiten der Zielgesellschaft den Anwendungsbereich des § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB bemühen mag, folgt daraus noch keine aktive Mitwirkungspflicht in Form einer Informationsbeschaffung. Economy MAC-Bedingungen werfen in Bezug auf das Bestimmtheits- und Klarheitsgebot weniger Pro- 92 bleme auf. Die BaFin hat das Ausbleiben der behördlich angeordneten Schließung von Banken und Börsen für den Kundenverkehr durch die Bundesregierung gemäß § 47 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 KWG oder vergleichbare ausländische Exekutivorgane, die Einstellung des Devisenhandels in Deutschland oder den USA, die Einführung von Währungs- und Devisenkontrollgesetzen in Deutschland oder den USA und das Absinken eines bestimmten Börsenindex um eine bestimmte Zahl von Punkten als Be-
269 Es dürfte daher – wenn überhaupt – nur wenige Fälle geben, in denen ein Bieter den Gutachter gebeten hat, zur Feststellung eines Target-MAC „aktiv zu werden“ und soweit ersichtlich gibt es keine Fälle, in denen ein Gutachter einen Bedingungsausfall festgestellt hat. 270 Siehe etwa Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 12.2, S. 111; Übernahmeangebot Marsella Holdings S.à r.l./Braas Monier Building Group SE vom 14.10.2016, Ziff. 11. 1. 2, S. 43. 271 von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 9, 17; Merkner/Sustmann in Paschos/Fleischer, § 16 Rz. 104; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 131. 272 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 9. 273 Zum Verbotscharakter Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 10; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 1, 24; siehe auch bereits Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57.
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§ 18 Rz. 92 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs dingungen zugelassen274. In der Praxis spielen derartige externe Maßstäbe eine deutlich geringere Rolle als Faktoren, die sich auf Umstände der Zielgesellschaft beziehen275. 93
Nach der mittlerweile gefestigten Verwaltungspraxis der BaFin muss die MAC-Bedingung bis zum Ende der Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 1 WpÜG eingetreten sein, auch wenn das Angebot – etwa wegen eines Kartellvorbehalts oder einer anderen, an ein behördliches Vollzugsverbot anknüpfenden Bedingung – möglicherweise erst erhebliche Zeit nach dem Ablauf der Annahmefrist abgewickelt wird276. Demgegenüber fordert die Literatur, dass die Wirksamkeit des Angebots vom Ausbleiben wesentlicher Verschlechterungen bis zum Eintritt der fusionskontrollrechtlichen Freigabe (oder einer vergleichbaren anderen Bedingung) abhängig gemacht werden kann277. Dies ist interessengerecht und sollte auch in die Praxis Eingang finden (näher Rz. 111). 10. Insolvenz der Zielgesellschaft
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Ein Unterfall wesentlicher Verschlechterungen, bei dem das Interesse des Bieters, sich vom Angebot zu lösen, offensichtlich ist, ist die Insolvenz der Zielgesellschaft. Schon mit dem Eintritt der Überschuldung oder der Zahlungsunfähigkeit ist der Vorstand grundsätzlich einem Zahlungsverbot unterworfen (§ 92 Abs. 2 AktG). Kann die Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigt werden, hat der Vorstand spätestens nach drei Wochen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15a Abs. 1 InsO). Außerdem besteht das Risiko, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem Gläubiger beantragt wird (§ 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 InsO). Nach der Stellung des Insolvenzantrags kann das Insolvenzgericht anordnen, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam werden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO). Es kann dem Schuldner sogar ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO), so dass die Verfügungsmacht und Verwaltungsbefugnis über das Vermögen der Zielgesellschaft auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht (§ 22 Abs. 1 InsO). Schließlich geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsmacht über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO).
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Ob der Bieter vorsehen darf, dass das Angebot bei Beantragung oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Zielgesellschaft hinfällig wird, wurde in ersten Stellungnahmen als nicht gesichert angesehen278. Mittlerweile ist klar, dass derartige Bedingungen grundsätzlich zulässig sind279. Dass der Bieter das Insolvenzrisiko der Zielgesellschaft tragen muss, lässt sich weder aus § 18 Abs. 1 WpÜG noch aus anderen Vorschriften des Gesetzes herleiten. Auch die Annahme, die Bedingung sei nur dann zulässig, wenn sich die Zielgesellschaft in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet und ihre
274 Vgl. z.B. Übernahmeangebot BCP Crystal Acquisition GmbH & Co. KG/Celanese AG vom 2.2.2004, Ziff. 4 lit. (a) (viii), S. 51 f. aus den Anfangsjahren und aus jüngerer Zeit Übernahmeangebot Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.5, S. 46 und Übernahmeangeobt Voltaire Finance B.V./Wild Bunch AG vom 15.2.2019, siehe Ziff. 13.1.5, S. 46). Neben dem Abstellen auf Börsenindizes wie etwa DAX 30, MDAX oder Dow Jones Euro Stoxx 50 sollte auch der Verweis auf andere Indizes (z.B. Credit-Default Indizes wie den iTraxx Europe Crossover, der die Lage auf den Kreditmärkten abbildet) zulässig sein. 275 Hornuf/Zanconato, ZBB/JBB 2011, 412, 416. 276 Strunk/Behnke in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, 2004, S. 81, 84; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 29 f.; zustimmend Berger/Filgut, WM 2005, 253, 257 ff.; Hasselbach/Wirtz, BB 2005, 842, 846; anders noch Übernahmeangebot Robert Bosch GmbH/Buderus AG vom 8.5.2003, Ziff. 9 lit. (c), S. 15 (Zulässigkeit des Eintritts der MAC-Bedingung bis zum Ende der weiteren Annahmefrist). 277 Busch, AG 2002, 145, 151; a.A. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 126. 278 Apfelbacher in Apfelbacher u.a., § 18 WpÜG Rz. 18; Geibel in Geibel/Süßmann, 2. Aufl. 2008, § 18 WpÜG Rz. 51. 279 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 28; siehe auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 61; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 50; Merkner/ Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 132 f.; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 47. Die von Oechsler, NZG 2001, 817, 822, vertretenen Einschränkungen betreffen die Abwicklung bei Störung der Geschäftsgrundlage, nicht die Zulässigkeit einer Bedingung.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 97a § 18
Sanierung beabsichtigt ist280, findet im Gesetz keine Stütze (wenngleich dies den Hauptanwendungsfall darstellen dürfte). Im Hinblick auf § 18 Abs. 1 WpÜG erscheint es unproblematisch, den Eintritt eines Insolvenzgrun- 96 des zur Bedingung des Angebots zu erheben (siehe bereits oben Rz. 91). Soweit die Bedingung auf die Stellung des Insolvenzantrags abstellt, müssen Anträge des Bieters und der anderen in § 18 Abs. 1 WpÜG genannten Personen – die, wenn sie Gläubiger der Zielgesellschaft sind, zur Antragstellung berechtigt wären (§ 13 InsO) – aus der Bedingung ausgenommen sein281. Die Forderung, dass die Bedingung zusätzlich das Vorliegen eines Insolvenzgrundes enthalten muss, findet in § 18 Abs. 1 WpÜG keine Stütze282. Die Bedingung, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Zielgesellschaft 97 unterbleibt, begegnet ebenfalls keinen grundsätzlichen Bedenken283. Teilweise wird sie nur für zulässig gehalten, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage noch nicht absehbar war284. Dies erscheint zutreffend, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens während der Annahmefrist praktisch sicher ist und die Bedingung daher als ein gegen die Wertungen der §§ 17, 18 WpÜG verstoßender versteckter Rücktrittsvorbehalt zu qualifizieren wäre. Weiterhin wird gefordert, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur dann zur Bedingung des Angebots erhoben werden darf, wenn sie nicht auf einen vom Bieter (oder einer anderen in § 18 Abs. 1 WpÜG genannten Person) nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage gestellten Antrag zurückgeht285. Aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 WpÜG ist dies nicht herzuleiten, denn diese Personen können die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausschließlich selbst herbeiführen. Hierin einen versteckten Rücktrittsvorbehalt zu sehen, erscheint eher fernliegend, wenn man bedenkt, dass ein Insolvenzverfahren regelmäßig nicht vor Ablauf von drei Monaten ab Antragstellung – und somit normalerweise nicht vor Ende der Annahmefrist – eröffnet wird. 11. Compliance-Verletzung der Zielgesellschaft; Verstoß gegen Wirtschafts- und Handelssanktionen a) Einhaltung von Compliance Vorschriften Seit längerer Zeit lässt die BaFin auch Bedingungen zu, nach denen bis zum Ablauf der Annahmefrist kein wesentlicher „Compliance-Verstoß“ eingetreten sein darf, der entweder von der Zielgesellschaft in rechtlich zulässiger Weise gemäß Art. 17 MAR veröffentlicht wurde oder im Falle der Nichtveröffentlichung eine Insiderinformation gemäß Art. 7 MAR darstellt286. Gegen die Zulässigkeit derartiger Be280 So Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 59; a.A. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 133. 281 Ähnlich Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 47; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 61. Die BaFin hat aber auch Übernahmeangebote, die diese Einschränkung nicht enthielten, zugelassen; siehe etwa Übernahmeangebot Lavena Holding 4 GmbH/Pro Sieben Sat. 1 Media AG vom 30.1.2007, Ziff. 6.3.3 (b), S. 25 f. Die neueren Angebotsunterlagen stellen demgegenüber auf die Antragstellung durch die Zielgesellschaft oder eine Gruppengesellschaft ab, siehe etwa Übernahmeangebot Voltaire Finance B.V./Wild Bunch AG vom 15.2.2019, Ziff. 13.1.2., S. 45; Übernahmeangebot Pulver BidCo GmbH/ Scout24 AG vom 28.3.2019, Ziff. 12.1.6, S. 36. 282 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 61. 283 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 47; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 61; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 133; wohl auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 7. Siehe z.B. Übernahmeangebot Nidda Healthcare Holding AG/ STADA Arzneimittel AG vom 19.7.2017, Ziff. 12.1.5, S. 46; Übernahmeangebot E.ON Verwaltungs SE/innogy SE vom 27.4.2018, Ziff. 13.1.3, S. 54. Übernahmeangebot Voltaire Finance B.V./Wild Bunch AG vom 15.2.2019, Ziff. 13.1.2., S. 45; Übernahmeangebot Pulver BidCo GmbH/Scout24 AG vom 28.3.2019, Ziff. 12.1.6, S. 36. 284 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 133 (aber ohne Begründung). 285 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 133; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 61; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 47. 286 Vgl. Übernahmeangebote Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 12.1.7, S. 110; Pangea GmbH/Pfeiffer Vacuum Technology AG vom 12.4.2017, Ziff. 13.1.8, S. 44; Marsella Holdings S.à r.l./ Braas Monier Building Group S.A. vom 14.10.2016, Ziff. 11.1.7, S. 46.; DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate AG/Fair Value Reit AG vom 14.10.2015, Ziff. 12.1.5, S. 89.
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97a
§ 18 Rz. 97a Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs dingungen bestehen keine Bedenken287. Die Anzahl der Angebote mit Compliance-Vorbehalt ist gestiegen. Die Angebote sind eine Reaktion auf spektakuläre Korruptionsfälle, die in der Vergangenheit durch die Presse gingen und hohe Geldbußen und das Risiko der Rückabwicklung von Transaktionen nach sich zogen. Da der Begriff Compliance allerdings nicht legal definiert ist und die Verletzung (nur) ethisch moralischer Vorschriften ebenso davon erfasst wird wie der Verstoß gegen rechtlich sanktionierte Verbote, kommt dem Bestimmtheitsgebot (siehe oben Rz. 31) besondere Bedeutung zu288. Der Tatbestand der „Compliance-Verletzung“, d.h. die maßgeblichen Rechtsvorschriften289, muss hinreichend genau umschrieben sein, so dass ihr Eintritt oder die Feststellung ihres Eintritts nicht im Ermessen des Bieters steht290. Wie auch bei einer MAC-Bedingung bietet es sich an, für den Eintritt der Bedingung auf die Feststellung durch einen unabhängigen Gutachter291 oder eine Ad hoc-Veröffentlichung abzustellen292, wobei die Zielgesellschaft auch hier nicht zur Mitwirkung verpflichtet ist (siehe dazu oben Rz. 91a und 91b). b) Einhaltung von Sanktionsregeln 97b
Geopolitische Konflikte führten in den letzten Jahren vermehrt zur Verhängung von Wirtschaftsund Handelssanktionen mit strengen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen im Falle von Verstößen. Der Bieter kann daher ein Interesse haben, dass die Zielgesellschaft keine oder jedenfalls keine problematischen Beziehungen mit Personen unterhält, die einem Sanktionsregime unterfallen. Vor diesem Hintergrund hat die BaFin jüngst eine Bedingung zugelassen, wonach (vereinfacht gesagt) von einem unabhängigen Gutachter vor Ablauf der Annahmefrist zu bestätigen war, dass die Zielgesellschaft keine vertraglichen Beziehungen mit Personen unterhält, die dem Sanktionsregime des U.S. Office of Foreign Assets Contral (OFAC) des U.S. Department of the Treasury unterfallen293. Der Unterschied zu den üblichen Compliance- und MAC-Bedingung liegt darin, dass dort die Bedingung bei normalem Verlauf der Dinge ohne jedwedes Zutun eines Gutachters eintritt (z.B. der MAC- oder der Compliance-Verstoß tritt ein oder bleibt aus) und der Gutachter nicht in jedem Fall, sondern nur dann tätig werden muss, wenn der Bieter Sorge hat, dass es zu einem MAC- oder zu einem Compliance-Verstoß kam. Bei Sanktionen-Bedingungen der vorbezeichnenten Art kann die Bedingung demgegenüber von vornherein nur dadurch erfüllt werden, dass der Gutachter aktiv wird und positiv die Compliance mit den Sanktionen feststellt. Rein tatsächlich muss sich der Bieter daher gut überlegen, ob er eine solche Bedingung aufnimmt. Die Geschäftsbeziehungen werden in aller Regel nicht öffentlich recherchierbar sein, so dass der Gutachter in besonderem Maße auf die Mitwirkung der Gesellschaft angewiesen ist, zu der diese wiederum nicht verpflichtet ist (siehe oben Rz. 91b). In rechtlicher Hinsicht gilt für die Zulässigkeit solcher Sanktionen-Bedingungen zunächst das zu den Compliance- und MAC-Bedingungen Gesagte weitgehend entsprechend (siehe Rz. 88 ff. und 97a). Insbesondere muss der Tatbestand der Sanktionen-Bedingung hinreichend bestimmt sein, damit die Feststellung des Eintritts nicht im Ermessen des Bieters steht. Je nachdem, wie weit eine solche Sanktions-Bedingung im Hinblick auf direkte oder indirekte Beziehungen oder Berührungspunkte zu Personen oder Ländern von Sanktionslisten gefasst ist, könnte niemand – nicht einmal die Zielgesellschaft selbst – sicher bestätigen, dass keinerlei Beziehungen oder Berührungspunkte in sämtlichen potentiell denkbaren Konstellationen bestehen. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Bedingung so zu formulieren, dass der 287 Erstmalig hat die BaFin im Übernahmeangebot Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13.1.6, S. 47 ff. eine Angebotsunterlage mit Compliance Bedingung zugelassen (BaFin Jahresbericht für 2011, S. 228). Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 134. Geibel/Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 46; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 32a. 288 Vgl. dazu BaFin Jahresbericht für 2011, S. 224, 228. 289 Vgl. etwa Übernahmeangebot Siemens Industry Automation Holding AG/IBS AG excellence, collaboration, manufacturing vom 29.2.2012, Ziff. 7.1.6, S. 22: Bestimmungen des Strafgesetzbuchs und der strafrechtlichen Nebenbestimmungen sowie alle sonstigen anwendbaren supranationalen und nationalen Rechtsvorschriften oder Regelungen bezüglich Korruption, Bestechung, Bestechlichkeit, Schmiergeldzahlung, Vorteilsannahme bzw. -gewährung oder Geldwäsche. 290 Seibt, CFL 2011, 213, 232; BaFin Jahresbericht für 2011, S. 228. 291 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 136; vgl. BaFin Jahresbericht für 2011, S. 222. 292 Vgl. etwa Übernahmeangebot Terex Industrial Holding AG/Demag Cranes AG vom 19.5.2011, Ziff. 13.1.8, S. 51 f. 293 Übernahmeangebot der Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.3, S. 44 f.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 101 § 18
Bieter damit nicht selbst gegen die Antiboykott-Bestimmungen des deutschen Rechts oder der EU verstößt294. Eine rechtliche Besonderheit ergibt sich schließlich noch daraus, dass die Bedingung nur eintreten kann, wenn der Gutacher die Einhaltung der Regeln feststellt. Es muss daher durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass der Gutachter tatsächlich aktiv wird (z.B. durch einen unwiderruflichen Auftrag des Bieters bei Genehmigung der Angebotsunterlage; Vertrag zugunsten der Aktionäre). Überließe man es hingegen dem Bieter, ob er einen Auftrag erteilt, läge mittelbar eine unzulässige Wollensbedingung vor (siehe dazu oben Rz. 14). 12. Erkenntnisse aus einer durchzuführenden Due Diligence Wenn der Bieter keine Gelegenheit gehabt hat, vor der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Ab- 98 gabe des Angebots eine Due Diligence bei der Zielgesellschaft durchzuführen, stellt sich die Frage, ob er die Wirksamkeit seines Angebots davon abhängig machen kann, dass ihm die Verwaltung der Zielgesellschaft bis zum Ablauf der Annahmefrist Gelegenheit zur Durchführung einer Due Diligence einräumt295 und in ihrem Rahmen keine Umstände bekannt werden, die seine Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Zielgesellschaft wesentlich nachteilig verändern. Das Bedürfnis nach einer solchen Bedingung kann bei unter hohem Zeitdruck abgegebenen Angeboten praktisch werden. Bei derartigen Due-Diligence-Vorbehalten stellt sich das Problem, dass der Vorstand der Zielgesell- 99 schaft durch diese Bedingung direkten Einfluss auf den Erfolg des Angebots erhält. Bei der insoweit vergleichbaren Bedingung der positiven Stellungnahme des Vorstands vertritt die BaFin zutreffend die Auffassung, dass die Einräumung dieses Einflusses gegen die Konzeption des Gesetzes, die Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg des Angebots in die Hände der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft zu legen, verstößt (siehe oben Rz. 79 f.). Anders als in jener Konstellation befindet sich der Vorstand jedoch nicht in dem Dilemma, die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG für die Verweigerung der Due Diligence erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats nicht einholen zu können (zum Ganzen siehe oben Rz. 80). Ob dies die Zulässigkeit der Bedingung rechtfertigen kann296, ist nicht frei von Zweifeln. Wenn man die Bedingung für zulässig hält, gelten in Bezug auf die Bestimmbarkeit des Bedingungseintritts und die Erheblichkeit der in Erfahrung gebrachten negativen Umstände die gleichen Anforderungen wie für MAC-Bedingungen (siehe oben Rz. 90 ff.)297. Außerdem ist die Bedingung unzulässig, wenn die Verwaltung der Zielgesellschaft dem Bieter eindeutig mitgeteilt hat, dass sie die Durchführung einer Due Diligence auf keinen Fall gestatten werde. In diesem Fall wäre die Bedingung als versteckter Rücktrittsvorbehalt anzusehen, der den Wertungen der §§ 17, 18 WpÜG widerspricht298. Praktisch geworden ist all das bislang nicht. Die Praxis behilft sich mit MAC-Bedingungen.
100
13. Change of control-Fälle Der Bieter wird regelmäßig daran interessiert sein, dass für den Geschäftsbetrieb der Zielgesellschaft bedeutsame Vertragsbeziehungen nach der Durchführung des Angebots bestehen bleiben und nicht – wie dies auf der Grundlage von change of control-Klauseln möglich wäre – automatisch wegfallen bzw. gekündigt werden können.
294 Siehe zu internationalen Wirtschaftssanktionen und Anti-Boykott Bestimmungen Lauterwein, DB 2017, 103 ff. 295 Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit und den Schranken einer Due Diligence vgl. Fleischer in Spindler/Stilz, § 93 AktG Rz. 170; Hölters, § 93 AktG Rz. 183; Hemeling, ZUR 169 (2005), 274, 278 ff. 296 So im Ergebnis Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 65; a.A. Merkner/Sustmann in Baums/ Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 117. Ebenso zweifelnd Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 48. 297 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 65. 298 Thoma/Stöcker in Baums/Thoma/Verse, Stand 2011, § 18 WpÜG Rz. 134 Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 31.
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101
§ 18 Rz. 102 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 102
Grundsätzlich bestehen gegen eine (auflösende) Bedingung, die das Angebot bei Kündigung wesentlicher Verträge hinfällig werden lässt, keine Bedenken299. Um die rechtssichere Feststellung des Bedingungseintritts zu ermöglichen, muss die Bedingung genau angeben, welche Vertragsbeziehungen nach der Durchführung des Angebots fortbestehen müssen bzw. nicht beendet werden dürfen300.
103
Demgegenüber wäre eine Bedingung, die auf die automatische Beendigung wesentlicher Verträge abstellt, unzulässig, wenn die in diesen Verträgen enthaltenen change of control-Klauseln bei Erfolg des Angebots die Beendigung des Vertragsverhältnisses notwendig zur Folge haben und dies dem Bieter (etwa infolge einer vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage durchgeführten Due Diligence oder aufgrund von Informationen in den übernahmerelevanten Angaben im (Konzern-)Lagebericht nach §§ 289a und 315a HGB) bekannt ist301. Mit dem Zweck der §§ 17, 18 WpÜG, den Bieter an seinem Angebot festzuhalten, stünde dies nicht in Einklang. 14. Wirksamwerden anderer Transaktionen
104
In bestimmten Situationen kann es im Interesse des Bieters liegen, die Wirksamkeit des Angebots vom Wirksamwerden bzw. vom Vollzug einer anderen Transaktion abhängig zu machen. Das relevante Ereignis kann etwa die kartellrechtliche Freigabe der anderen Transaktion302 sein oder die Eintragung eines umwandlungsrechtlichen Vorgangs im Handelsregister303, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung des Fusionspartners bei sog. Merger of Equals304 oder die Nichtuntersagung anderer Bausteine einer Gesamttransaktion, wenn diese miteinander „stehen und fallen“ sollen (Interkonditionalität)305 oder Hauptversammlungsbeschlüsse. Derartige Bedingungen sind grundsätzlich zulässig, solange nicht die Wirksamkeit bzw. der Vollzug der anderen Transaktion ausschließlich vom Bieter und dem in § 18 Abs. 1 WpÜG bezeichneten Personenkreis herbeigeführt werden kann und solange eine angemessene zeitliche Grenze gesetzt wird, nach deren Überschreiten das Angebot hinfällig wird. Folglich müssen auch etwaige aufschiebende Bedingungen in diesem Vertrag so formuliert sein, dass ihr Eintritt oder die Feststellung ihres Eintritts nicht in das Ermessen des Bieters oder einem anderen Angehörigen des in § 18 Abs. 1 WpÜG bezeichneten Personenkreises gestellt ist (siehe bereits oben Rz. 35 zu Paketerwerben). Diese Bedingungen können im Einzelfall auch über den Ablauf der Annahmefrist hinaus laufen306. Zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts siehe unten Rz. 108 ff. 15. Hauptversammlungsbeschlüsse der Zielgesellschaft
105
Der Bieter kann ein Interesse daran haben, dass die Hauptversammlung der Zielgesellschaft bestimmte Beschlüsse fasst, etwa über die Abberufung und Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, über 299 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 57; Holzborn in Bad Homburger Hdb., C 116; siehe etwa Übernahmeangebot Aurelius Development Invest GmbH/Hanse Yachts AG vom 9.9.2011, Ziff. 13.1, S. 32; Übernahmeangebot Sky German Holdings GmbH/Sky Deutschland AG vom 3.9.2014, Ziff. 12.1.7 lit. (b), (c), S. 41 f.; Übernahmeangebot Voltaire Finance B.V./Wild Bunch AG vom 15.2.2019, Ziff. 13.1.4 lit. (b), S. 46. 300 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 7; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 138. 301 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 57. 302 So etwa das Übernahmeangebot der Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.4 und 6.3.2., S. 26 f., 45 f., das aufschiebend bedingt war auf den Vollzug der Übernahme der Nacco durch die Zielgesellschaft. Diese Übernahme durfte erst erfolgen, wenn zuvor kartellrechtliche Auflagen zum Abverkauf eines Teils von Nacco erfüllt waren; Übernahmeangebot RAG Projektgesellschaft mbH/Degussa AG vom 24.6.2002, das aufschiebend bedingt war auf den Vollzug des Verkaufs der von der RAG an der Ruhrgas AG gehaltenen Beteiligung an die E.ON AG; vgl. Ziff. 11 (c). Dieser Vertrag unterlag wiederum bestimmten aufschiebenden Bedingungen; vgl. Ziff. 11 (i)–(iv). 303 Apfelbacher/Brems in Apfelbacher u.a., § 18 WpÜG Rz. 17 m.w.N. 304 So etwa das Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 12.1.4., S. 108; Übernahmeangebot der Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, Ziff. 14.1.d, S. 90; Übernahmeangebot der HLDCO123 PLC/Deutsche Börse AG vom 1.6.2016, Ziff. 14.1.A.3, S. 102 f. 305 Übernahmeangebot der E.ON Verwaltungs SE/Innogy SE vom 27.4.2018, Ziff. 6.8, S. 15 f. und Ziff. 13.1.2. 306 Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 473.
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Krause/Favoccia
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 108 § 18
die Änderung der Satzung oder – wenn dies für die Erwirkung der fusionskontrollrechtlichen Freigabe erforderlich ist – über die nach den Grundsätzen der „Holzmüller“ und „Gelatine“-Rechtsprechung erforderliche Zustimmung zur Veräußerung wesentlicher Unternehmensteile oder Beteiligungen. Gegen die Zulässigkeit derartiger Bedingungen bestehen keine Bedenken307. 16. Konkurrierende Angebote Die Bedingung, dass bis zum Ablauf der Annahmefrist kein konkurrierendes Angebot eines Dritten 106 abgegeben (bzw. nach § 10 WpÜG angekündigt) wird, ist zulässig308. Ohne eine derartige Bedingung liefe der Bieter Gefahr, Wertpapiere von den Adressaten, die sein Angebot angenommen und von ihrem Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG keinen Gebrauch gemacht haben, erwerben zu müssen, auch wenn er an der Verfolgung seines Angebots nach dem Auftreten des konkurrierenden Angebots kein Interesse mehr hat309. Stellt der Bieter das Angebot unter die aufschiebende Bedingung des NichtAuftretens konkurrierender Angebote, kann er durch Verzicht auf diese Bedingung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) und gleichzeitige Erhöhung der Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) auf das Konkurrenzangebot reagieren – wegen § 21 Abs. 1 WpÜG allerdings nur bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist310 (zur Zulässigkeit des nachträglichen Bedingungsverzichts siehe unten Rz. 113 und 113a). Alternativ kann sich der Bieter auch dadurch schützen, dass er die Wirksamkeit seines Angebots von einer zureichenden Mindestannahmequote (etwa 50 % des Grundkapitals) abhängig macht311. In der deutschen Übernahmepraxis war die Bedingung des Ausbleibens konkurrierender Angebote anfänglich unüblich, ist aber mittlerweile öfter anzutreffen312. Die anfänglichen Bedenken, dass eine derartige Bedingung am Kapitalmarkt nicht vermittelbar wäre, haben sich als nicht zutreffend erwiesen313.
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V. Zeitpunkt des Bedingungseintritts oder -ausfalls Nach allgemeiner Auffassung muss eine aufschiebende Bedingung grundsätzlich bis zum Ablauf der Annahmefrist eingetreten (bzw. eine auflösende Bedingung ausgefallen) sein314. Im Gesetz ist dies – 307 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 80; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 115. So etwa das Übernahmeangebot der Warwick Holding GmbH/VTG AG vom 24.8.2018, Ziff. 11.1.4 und 6.3.2., S. 26 f., 45 f., das aufschiebend bedingt war auf den Vollzug der Übernahme der Nacco durch die Zielgesellschaft. Diese Übernahme durfte erst erfolgen, wenn zuvor kartellrechtliche Auflagen zum Abverkauf eines Teils von Nacco erfüllt waren. 308 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 51; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 52; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 72; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/ Verse, § 18 WpÜG Rz. 114. 309 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 114; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 53; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 51; Oechsler, NZG 2001, 817, 822. 310 A.A. offenbar Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 51. 311 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 114. 312 Vgl. etwa Übernahmeangebote Bandai GmbH/Zapf Creation AG vom 28.6.2006, Ziff. 3.4.6, S. 12; Übernahmeangebot SolarWorld AG/Solarparc AG vom 31.12.2010, Ziff. 11.1, S. 34; Übernahmeangebot Deutsche Bank AG/Deutsche Postbank AG vom 7.10.2010, Ziff. 11.1.1, S. 37, und zuletzt Übernahmeangebot Siemens Industry Automation Holding AG/IBS AG vom 29.2.2012, Ziff. 7.1.7, S. 23; Übernahmeangebot Diebold, Inc./Wincor Nixdorf AG vom 5.2.2016, Ziff. 11.1.9, S. 77; Übernahmeangebot Tahoe Investors GmbH, Brilliant 1953 GmbH/ALNO AG vom 16.11.2016 bzw. 30.11.2016, Ziff. 13.1.6. 313 So aber noch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 72. 314 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 29 unter Hinweis darauf, dass die Praxis der BaFin bei dem Übernahmeangebot der Robert Bosch GmbH für die Buderus AG noch großzügiger war; Liebscher, ZIP 2001, 853, 862; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 58; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 91; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 51; Mielke, DB 2012, 1969, 1970; im Ergebnis ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 16 ff.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 33.
Krause/Favoccia
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§ 18 Rz. 108 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs außer für die Mindestannahmeschwelle (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) und Gesellschafterbeschlüsse des Bieters (§ 25 WpÜG) – nicht geregelt; auch in den Begründungen der verschiedenen Gesetzentwürfe ist diese Frage nicht angesprochen. Jedoch lässt sich aus der systematischen Auslegung der § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 25 sowie § 33 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG, dem Schutzzweck der Regelung über die weitere Annahmefrist (§ 16 Abs. 2 WpÜG) sowie dem Beschleunigungsgrundsatz (§ 3 Abs. 4 Satz 1 WpÜG) und dem Behinderungsverbot (§ 3 Abs. 4 Satz 2 WpÜG) entnehmen, dass der Gesetzgeber offensichtlich davon ausging, dass der Eintritt oder Ausfall einer Bedingung bis zum Ende der Annahmefrist feststehen muss315. 109
Von diesem Grundsatz sind Ausnahmen zu machen, wenn der Bedingungseintritt bis zum Ende der Annahmefrist nicht möglich oder nicht hinreichend sicher ist316. Nachdem die BaFin eine Ausnahme zunächst nur für Verfahren vor den zuständigen Kartellbehörden zugelassen hatte317, gestattet sie eine Ausnahme mittlerweile auch für andere behördliche Genehmigungsverfahren, die bis zum Ablauf der Annahmefrist nicht abgeschlossen sein können318 sowie für Angebotskapitalerhöhungen (siehe oben Rz. 72) oder Drittverfahrensbedingungen (siehe oben Rz. 104), verlangt dann aber, dass den Aktionären, die das Angebot angenommen haben, ein Ausgleich für die damit verbundenen Nachteile in Form der Gewährung eines zusätzlichen Rücktrittsrechtes oder durch die Ermöglichung des Börsenhandels mit den eingereichten Aktien gewährt wird319. Ein Rücktrittsrecht für die gesamte Schwebezeit bis zum Bedingungseintritt ist für den Bieter problematisch, weil es ihm die Planungssicherheit nimmt. In der Praxis wird daher regelmäßig von der zweiten Variante Gebrauch gemacht320 (zu weiteren Schutzvorkehrungen siehe unten Rz. 110a).
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Weil das Angebot im Interesse aller Betroffenen nicht auf unbestimmte Zeit schwebend unwirksam sein darf321 und sich der Bedingungseintritt objektiv und rechtssicher feststellen lassen muss, hat der Bieter für den Bedingungseintritt eine angemessene Frist zu bestimmen. Die Frist ist angemessen, 315 Eingehend Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 29 f.; Mielke, DB 2012, 1969, 1971, siehe ferner Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 469 f. 316 Busch, AG 2002, 145, 146; Fleischer, NZG 2002, 545, 550; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 62; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 91; Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 469; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 51; Mielke, DB 2012, 1969, 1971 f.; zum Bedingungseintritt bei Pflichtangeboten auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 39 WpÜG Rz. 55, 57; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 35 WpÜG Rz. 217.; Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 35 WpÜG Rz. 230 ff. 317 BaFin Jahresberichte für 2003, S. 205 und für 2004, S. 205; näher Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 30 f. 318 Vgl. etwa das Übernahmeangebot Axel Springer AG/ProSiebenSat.1 Media AG vom 16.9.2005; Ziff. 6.3, S. 28 (Eintritt der Bedingungen im Hinblick auf die kartell- und medienaufsichtsrechtlichen Verfahren bis zum 26.7.2006, ca. 9,5 Monate nach dem Ende der Annahmefrist); siehe auch das Übernahmeangebot Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13.3, S. 50 (Eintritt der Bedingungen in Bezug auf die kartell- bzw. außenwirtschaftsrechtlichen Verfahren bis zum 31.12.2011, ca. 5,5 Monate nach dem Ende der Annahmefrist), das Übernahmeangebot Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 2.5.2011, Ziff. 14.1(f), S. 91 ff. (Eintritt bankaufsichtsrechtlicher Genehmigungen bis 31.3.2012, ca. 8,5 Monate nach dem Ende der Annahmefrist), das Übernahmeangebot Acceleratio Capital N.V./GfK SE vom 21.12.2016, Ziff. 12.1.1, S. 29 ff. (Eintritt der Bedingungen in Bezug auf die kartellrechtlichen Verfahren, ca. 7,5 Monate nach dem Ende der Annahmefrist) das Übernahmeangebot BKB Beteiligungs Holding AG/Oldenburgische Landesbank AG vom 19.7.2017, Ziff 12.1, S. 29 f. (Eintritt der Bedingungen in Bezug auf die kartell- und bankrechtliche Verfahren bis zum 22.6.2018, ca. 10 Monate nach dem Ende der Annahmefrist) und das Übernahmeangebot Fortum Deutschland SE/Uniper SE vom 7.11.2017, Ziff. 12.1, S. 44 ff. (Eintritt der Bedingungen in Bezug auf die kartellrechtlichen Verfahren bis zum 31.10.2018, ca. 9,5 Monate nach dem Ende der Annahmefrist); Übernahmeangebot Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 12.1.2, S. 107(Eintritt kartellrechtlicher Freigaben und CFIUS-Freigabe bis zum 24.10.2018, 12 Monate nach dem Ende der Annahmefrist); Übernahmeangebot der E.ON Verwaltungs SE/innogy SE vom 27.4.2018, Ziff. 13.1.1(Eintritt kartellrechtlicher Freigaben bis zum 31.12.2019, knapp 18 Monate nach dem Ende der Annahmefrist (6.7.2018), siehe zu diesem Fall Rz. 110a). 319 Siehe BaFin Jahresbericht für 2005, S. 175; Untersagungsbescheid der BaFin vom 5.4.2012 zu Lasten der Andrem Power S.C.A., Ziff. 2c; vgl. auch Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 470. 320 S. auch Horcher/Mayer, CF 2019, 101, 104, die darauf hinweisen, dass andernfalls die Höhe der finalen Annahmequote über einen langen Zeitraum ungewiss wäre und zudem gerade eine postive Aktienkursentwicklung der Zielgesellschaft im relevanten Zeitraum für den Bieter nachteilig wäre. Beispiele siehe Fn. 334. 321 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 110a § 18
wenn sie den Besonderheiten der Bedingung Rechnung trägt und die Interessen des Bieters am Aufschub des Vollzugs und die Interessen der Zielgesellschaft und der Wertpapierinhaber an der raschen Durchführung des Verfahrens adäquat zum Ausgleich bringt322. Hiernach kann es etwa eine Rolle spielen, welche Bedeutung das Vorhaben für den Bieter hat, ob das Angebot mit der Zielgesellschaft abgestimmt ist, ob die Aktionäre die Möglichkeit haben, in der Schwebezeit nach Ablauf der Annahmefrist bis zu dem definierten Zeitpunkt in den dem Bieter angedienten Aktien zu handeln323 oder ob der Bieter ihnen nach Ablauf einer angemessenen Zeit ein Rücktrittsrecht einräumt324. Im gewählten Beispiel der behördlichen Genehmigung wäre daher auf die im Verwaltungsverfahren vorgeschriebenen bzw. üblichen Fristen abstellen325, nicht zuletzt um eine Pflichtenkollision des Bieters zu vermeiden (Pflicht zum Vollzug nach Übernahmerecht, der aber bis zur Behördenentscheidung rechtlich oder faktisch untersagt ist)326. Für länger laufende Drittverfahrensbedingungen ist zu prüfen, ob die Aktionäre der Zielgesellschaft ein besonderes, über das allgemeine Vollzugsinteresse hinausgehendes Interesse an den Umständen haben, die durch die Drittverfahrensbedingungen abgesicherten werden (z.B. umfassende Reorganisation des Geschäfts zweier beteiligter Unternehmen)327. Eine starre zeitliche Obergrenze328 verbietet sich329. Das wird zu Recht auch von der BaFin anerkannt. Wie zahlreiche prominente Beispiele aus der jünge- 110a ren Praxis zeigen, werden die Freigabeverfahren vor den Kartell- und sonstigen Behörden immer komplexer und damit langwieriger. Ein hartes Enddatum würde damit Transaktionen vielfach unmöglich machen. Im Einklang damit hat die BaFin das Enddatum (Longstop-Date), bis zu dem behördliche Genehmigungen vorliegen müssen, sukzessive verlängert und weitere Ausnahmefälle anerkannt330. Sie ist kürzlich über die bis dahin als absolutes Maximum angesehene Dauer von 12 Monaten (entsprechend der gesetzlichen Nacherwerbsfrist gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG) hinausgegangen und hat in einem konkreten Fall aufgrund der dortigen besonderen Umstände (komplexe transnationale Kartellprüfung im Energiesektor und Brexit-bedingte Sondereffekte) ein Enddatum zugelassen, das knapp 18 Monate nach Ende der Annahmefrist lag331. Die Ausweitung des Longstop-Date über 12 Monate ist über den konkreten Ausnahmefall denkbar, es müssen jedoch besondere Umstände dargetan werden können. Die Verlängerung des relevanten Zeitraums setzt nach der Praxis der BaFin zusätzliche Schutzmaßnahmen zugunsten der Aktionäre in Form einer verlängerten Nacherwerbsfrist und entsprechender Veröffentlichungen voraus. Der Bieter muss sich in der Angebotsunterlage verpflichten, über die gesetzliche Nacherwerbsfrist des § 31 Abs. 5 WpÜG hinaus, den Aktionären, die das Angebot angenommen haben, die Differenz zu einer höheren Gegenleistung als der Angebotsgegenleistung bis zum Ablauf des Longstop-Date auch dann zu zahlen, wenn die gesetzliche Nacherwerbsfrist bereits abgelaufen 322 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 91; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 51. 323 Relevant wurde dies erstmals im Übernahmeverfahren UniCredit/HVB. UniCredit verpflichtete sich, einen Dritten als Designated Sponsor zu benennen, um einen liquiden Handel der eingereichten Aktien an der Börse zu gewährleisten. Den angedienten Aktien wird dann eine separate Kennnummer (ISIN) zugeteilt. Siehe Übernahmeangebot UniCredito Italiano S.p.A./Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft vom 10.10.2005, Ziff. 10.8, S. 24; Übernahmeangebot der Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, Ziff. 12.8, S. 73. 324 Siehe BaFin Jahresbericht für 2010, S. 223 und Übernahmeangebot der ACS S.A./Hochtief AG vom 1.12.2010, Ziff. 16.1, S. 55. Die BaFin forderte von ACS, den annehmenden Aktionären ein voraussetzungsloses Rücktrittsrecht nach Veröffentlichung der Annahmequote aus der weiteren Annahmefrist einzuräumen. Das Rücktrittsrecht wurde bis zum 7. Bankarbeitstag nach der Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG eingeräumt. 325 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 30; Mielke, DB 2012, 1969, 1971; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 23. 326 Siehe auch Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 469 f. 327 Siehe auch Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 473 f. 328 Hierfür Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 66 (drei Wochen nach Ablauf der Annahmefrist); ähnlich Liebscher, ZIP 2001, 853, 862 (zeitnah nach Ablauf der Annahmefrist); kritisch dazu Holzborn/Israel, BKR 2002, 982, 988. 329 Mielke, DB 2012, 1969, 1971 f.; Steinmeyer, in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 33. 330 Siehe dazu eingehend Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 469 f. 331 Übernahmeangebot der E.ON Verwaltungs SE/innogy SE vom 27.4.2018, Ziff. 13.1.1: Ende der Annahmefrist 6.7.2018. Longstop Date für die fusionskontrollrechtlichen Freigaben 31.12.2019.
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§ 18 Rz. 110a Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs ist. Damit wird ein Gleichlauf von Nacherwerbsfrist und Longstop-Date sichergestellt. Der Bieter muss ferner die Veröffentlichung entsprechender Nacherwerbe im relevanten Zeitraum sicherstellen und durch einen Notar überwachen lassen. Diese Maßnahmen treten neben die bereits bekannten Schutzvorkehrungen zugunsten der Aktionäre (Rücktrittsrecht und Sicherstellung eines hinreichenden liquiden Börsenhandels, siehe dazu oben Rz. 109)332. 111
Solange das Angebot wegen einer ausstehenden behördlichen Genehmigung nach Ablauf der Annahmefrist noch in der Schwebe ist, läuft der Bieter Gefahr, dass bis zum Vollzug des Angebots wesentliche Verschlechterungen (material adverse changes) eintreten oder eine bei Ablauf der Annahmefrist erreichte Akzeptanzschwelle aufgrund von Rücktrittserklärungen wieder unterschritten wird. Er hat daher ein berechtigtes Interesse daran, sich bis zum Vollzug des Angebots auf derartige Bedingungen berufen zu können333. Die BaFin hat dies bisher jedoch nicht zugelassen334. Für die Akzeptanzschwelle sei in § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ausdrücklich normiert, dass sie bis zum Ablauf der Annahmefrist erreicht sein müsse. Im Übrigen könne die weitere Annahmefrist des § 16 Abs. 2 WpÜG ihre Schutzfunktion nur erfüllen, wenn die Wertpapierinhaber, die über die Wahrnehmung dieser „letzten Annahmemöglichkeit“ zu entscheiden haben, im Zeitpunkt ihrer Entscheidung wissen, ob das Angebot vollzogen wird oder nicht. Im Fall des Kartellvorbehalts müssten diese Interessen jedoch u.a. wegen der Kosten der Rückabwicklung zurückstehen335. Dies ist nachvollziehbar, kann aber rechtspolitisch nicht befriedigen. Im Übrigen wäre den Interessen der Wertpapierinhaber noch besser Rechnung getragen, wenn man die weitere Annahmefrist entgegen § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erst nach Erteilung der behördlichen Genehmigung anlaufen ließe: Weil nach der Erteilung dieser Genehmigung feststeht, dass das Angebot vollzogen wird, könnten die betroffenen Wertpapierinhaber in vollständiger Kenntnis der Sachlage über die Wahrnehmung der „letzten Annahmemöglichkeit“ entscheiden. Bezieht man in diese Betrachtung ein, dass der Gesetzgeber offensichtlich davon ausging, dass der Eintritt einer Bedingung bis zum Ende der Annahmefrist feststehen muss (siehe oben Rz. 108), wird deutlich, dass § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG planwidrig zu weit reicht. Die Geltung der Vorschrift könnte also teleologisch reduziert werden. Die dadurch aufgeworfenen Verfahrensfragen sollten sich lösen lassen, insbesondere wenn der Bieter bereit ist, die Wertpapierinhaber über ihre Depotbanken über den Beginn der weiteren Annahmefrist zu unterrichten336.
VI. Veröffentlichung des Bedingungseintritts oder -ausfalls 112
Eine Verpflichtung des Bieters, den Eintritt bzw. Ausfall von Bedingungen zu veröffentlichen, ist im WpÜG nicht ausdrücklich vorgesehen. Weil diese Information für die Wertpapierinhaber jedoch von erheblicher Bedeutung ist und die Wertpapierinhaber gemäß § 3 Abs. 2 WpÜG ein Recht darauf haben, in Kenntnis der Sachlage entscheiden zu können, wird zutreffend eine planwidrige Regelungslücke angenommen, die durch Analogie zu den sonstigen Informations- und Veröffentlichungspflichten des
332 Siehe dazu eingehend Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 469 f. 333 Busch, AG 2002, 145, 151; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2008, S. 184 f.; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 262; Mielke, DB 2012, 1969, 1972; a.A. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 53. 334 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 26; zustimmend Berger/Filgut, WM 2005, 253, 258 f.; vgl. aber das Übernahmeangebot Dritte BV GmbH (100-prozentige Tochtergesellschaft der Bayer AG)/Schering AG vom 13.4.2006: Nach US-amerikanischem Recht war das Angebot bis zur Genehmigung der deutschen Kartellbehörden offen, so dass Bayer den US-amerikanischen Aktionären für diese Zeit ein unbedingtes Rücktrittsrecht hätte einräumen müssen. Wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes hätte allen Schering-Aktionären der Rücktritt ermöglicht werden müssen, was jedoch möglicherweise zu einem Absinken der Beteiligung unter die Mindestannahmeschwelle von 75 % nach Ablauf der Annahmefrist geführt hätte. Hierauf hätte sich Bayer aber nicht mehr berufen können, so dass aufgrund dessen die SEC in Abstimmung mit der BaFin Bayer davon befreite, den Aktionären wegen der noch ausstehenden kartellrechtlichen Genehmigung ein Rücktrittsrecht einzuräumen, vgl. BaFin Jahresbericht für 2006, S. 183; Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 1, 10 f. 335 Zu den Gründen Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 31. 336 Auf der Grundlage dieses Regelungskonzepts könnte auch daran gedacht werden, den Bedingungsverzicht nach Ablauf der Annahmefrist zuzulassen (zum nachträglichen Bedingungsverzicht siehe unten Rz. 113).
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 113 § 18
Gesetzes auszufüllen ist. Folglich ist der Bedingungseintritt bzw. -ausfall in der Form des § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG unverzüglich zu veröffentlichen337.
VII. Änderung von Bedingungen Die nachträgliche Änderung von Bedingungen ist nur in den Grenzen des § 21 WpÜG möglich. Hiernach kann der Bieter die von ihm aufgestellte Mindestakzeptanzschwelle verringern (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) oder auf Bedingungen insgesamt verzichten (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG). Derartige Änderungen sind spätestens bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist zu veröffentlichen (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG)338. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Feiertage auch von den einzelnen Bundesländern individuell festgelegt werden können. Um die Gleichbehandlung aller Wertpapierinhaber zu gewährleisten und dem Erfordernis des Kapitalmarkts einer einheitlichen Fristenregelung Rechnung zu tragen, sind nur bundeseinheitliche Feiertage nicht als Werktage anzusehen, d.h. es sind lediglich lokale Feiertage – sei es am Sitz der Zielgesellschaft, des Bieters oder an einem Börsenplatz, an dem Aktien der Zielgesellschaft gehandelt werden – bei der Fristberechnung als Werktage zu berücksichtigen339. Der Bieter sollte – entgegen der Praxis der BaFin340 – auch dann noch auf eine Bedingung verzichten können, wenn sie bereits ausgefallen ist und das Angebot nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen endgültig unwirksam wäre. Hiergegen wird zwar vorgebracht, dass dem Bieter dadurch ein faktisches Rücktrittsrecht eingeräumt werden, wenn er vorsorglich Bedingungen einbaue und im Nachhinein dann immer noch entscheiden könne, ob er nicht doch an dem Angebot festhalten wolle. Das widerspreche den Wertungen von § 18 Abs. 2 WpÜG341. Im Übernahmeverfahren ist die Konsequenz der endgültigen Hinfälligkeit des Angebots allerdings nicht interessengerecht342. Der Bieter will sich gerade an dem Angebot festhalten lassen. Ihn darauf zu verweisen, ein neues Angebot vorzulegen, ist weder in seinem Interesse, noch im Interesse der Zielgesellschaft, die in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt wird, noch im Interesse der Aktionäre, die ihre Aktien nicht einreichen könnten. Stattdessen ist analog § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG von der Zulässigkeit des „nachträglichen Bedingungsverzichts“ auszugehen (siehe hierzu auch Rz. 48)343.
337 Im Ergebnis ebenso Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 62; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 94; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 14; Merkner/ Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 55. Siehe auch Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 27, die aus Sicht der BaFin darauf hinweisen, dass das Erreichen bzw. Verfehlen der Mindestannahmequote so bald als möglich veröffentlicht werden soll, um Marktverzerrungen und -spekulationen zu vermeiden, die andernfalls entstehen können, weil nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG die weitere Annahmefrist nicht besteht, wenn die Mindestannahmequote verfehlt wird und daher ein Bedürfnis besteht, bald zu erfahren, ob das Angebot erfolgreich war oder nicht. 338 Zur Fristberechnung siehe Busch, ZIP 2003, 102. 339 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13; für Berücksichtigung lokaler Feiertagen am Sitz der Zielgesellschaft: Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 35 und Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 4; für Berücksichtigung lokaler Feiertage am Sitz des Bieters, der Zielgesellschaft und den Börsenhandelsplätzen der Aktien der Zielgesellschaft: § 21 WpÜG Rz. 21; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, § 14 Rz. 169; für Berücksichtigung sämtlicher lokaler Feiertage: Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 20; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 23; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 37; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39 Fn. 64 und § 16 WpÜG Rz. 10. 340 Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 471; BaFin Jahresbericht für 2017, S. 147 (zum gescheiterten ersten Übernahmeangebot der Pangea GmbH/Pfeiffer Vacuum Techology AG). 341 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 22; im Ergebnis auch Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 151 f. 342 So auch Stephan, AG 2011, 307; zu den praktischen Schwierigkeiten des Verbots des nachträglichen Bedingungsverzichts Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 99 ff. mit Vorschlägen für eine Neuregelung. 343 Eingehend Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 72; im Ergebnis ebenso Busch, AG 2002, 145, 146; Holzborn/Israel, BKR 2002, 982, 985; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 63; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 37; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 262; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 19; a.A. Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 22; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 13; Thaeter in Thaeter/ Brandi, Teil 2 Rz. 286 (aber a.A. in Rz. 198); differenzierend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21
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§ 18 Rz. 113a Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs 113a
Die Praxis ist dazu übergegangen, Bedingungen als Vollzugsbedingung im Sinne von Fälligkeitsbestimmungen zu regeln344, auf die im Laufe des Angebotsverfahrens jederzeit verzichtet werden kann345. Die schuldrechtlichen Kaufverträge kommen damit wirksam zustande, während das dingliche Rechtsgeschäft bedingt ist. Um dies aufzulösen, enthalten die entsprechenden Angebote regelmäßig den Zusatz, dass das Angebot erlösche, falls die Vollzugsbedingungen nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetreten seien und der Bieter nicht auf sie verzichtet habe346. Dadurch stehen die Kaufverträge de facto unter der auflösenden Bedingung des Eintritts der Vollzugsbedingungen347. Hierdurch wird deutlich, dass die Möglichkeit eines nachträglichen Bedingungsverzichts allein eine Frage der Formulierung der Bedingung (ist)348 und – entgegen der Praxis der BaFin – unabhängig davon zulässig sein sollte349.
VIII. Rechtsfolgen 114
Ob sich die vom Bieter in der Angebotsunterlage vorgesehenen Bedingungen in den Grenzen des rechtlich Zulässigen halten, unterliegt der Prüfung durch die BaFin (§ 14 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG). Ist die Bedingung offensichtlich rechtswidrig (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG), hat die BaFin die Veröffentlichung der Angebotsunterlage zu untersagen (siehe hierzu § 15 WpÜG Rz. 11 ff.). In der Praxis werden die Bedingungen daher regelmäßig vor der Übermittlung der Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 1 WpÜG mit der BaFin abgestimmt.
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Auch nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage kann die Rechtmäßigkeit einer Bedingung in Frage stehen, etwa wenn eine auflösende Bedingung eingetreten ist und ein Wertpapierinhaber, der das Angebot angenommen hat, die Bedingung für unzulässig hält. Nachdem die BaFin die Veröffentlichung der Angebotsunterlage gestattet hat, kommt eine Untersagung des Angebots oder der Bedingung aus diesem Grund nicht mehr in Betracht. Die Untersagungsbefugnisse des § 15 WpÜG bilden diesen Fall nicht ab. Der Rückgriff auf § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG ist gesperrt, weil der Bieter und die Wertpapierinhaber nach der Gestattungsentscheidung darauf vertrauen dürfen, dass die im Rahmen der Gestattungsentscheidung geprüften Gesichtspunkte nicht erneut aufgegriffen und zur Grundlage der Untersagung des Angebots gemacht werden350. Hält ein Wertpapierinhaber eine eingetretene auflösende Bedingung für rechtswidrig, muss er den Bieter vor einem zuständigen Zivilgericht auf Erfüllung in Anspruch nehmen351. Die Gestattungsentscheidung der BaFin hat für die rechtliche Beurtei-
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WpÜG Rz. 33, der einen nachträglichen Verzicht für zulässig hält, sofern die Angebotsunterlage diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Vgl. etwa Übernahmeangebot BKB Beteiligungsholding AG/Oldenburgische Landesbank AG vom 19.7.2017, Ziff. 12., S. 29 ff.; TLG IMMOBILIEN AG/WCM Beteiligungs- und Grundbesitz AG vom 27.7.2017, Ziff. 11.1, S. 55 ff.; Pangea GmbH/Pfeiffer Vacuum Technology AG vom 12.4.2017, Ziff. 13.1, S. 40 ff. Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13, S. 45 ff.; Übernahmeangebot ACS S.A./HOCHTIEF AG vom 1.12.2010, Ziff. 13, S. 44 ff.; siehe dazu Seibt, CFL 2011, 213, 233; von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 9, 17 f.; kritisch dazu Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 27 f. Seibt, CFL 2011, 213, 233; von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 9, 17 f.; A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 269. Vgl. Übernahmeangebot Engine Holding GmbH/Tognum AG vom 6.4.2011, Ziff. 13.3, S. 50; Übernahmeangebot ACS S.A./HOCHTIEF AG vom 1.12.2010, Ziff. 13.3, S. 46. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 27. Stephan, AG 2011, 307; a.A. Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 471, der dieses Vorgehen als praeter legem bezeichnet und darauf hinweist, dass nach Auffassung der BaFin – ungeachtet der unterschiedlichen Bezeichnung „Angebots“- versus „Vollzugs“-Bedingung – der Verzicht nur vorab erfolgen könne und dafür Systematik, Wortlaut und Teleologie ins Feld führt. Zutreffend Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 28; a.A. Hippeli, Der Konzern 2018, 465, 471. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 158; a.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 12. Busch, AG 2002, 145, 152.
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Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 118 § 18
lung der Bedingung keine Präjudizwirkung352. Weiterhin hat das Gericht durch Auslegung zu ermitteln, ob nur die Bedingung oder das Angebot insgesamt nichtig ist. Im Zweifel ist das Angebot insgesamt nichtig (§ 139 BGB)353. Der Bieter kann diese Konsequenz abwenden, indem er (rechtzeitig) auf die Bedingung verzichtet. Nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage kann auch der Eintritt einer Bedingung in Streit stehen. Eine Befugnis der BaFin, diese Tatfrage allgemeinverbindlich festzustellen, ist im Gesetz nicht enthalten. Wenn sich jedoch der Bieter auf den Nichteintritt einer aufschiebenden Bedingung beruft und dies angesichts des zugrunde liegenden Sachverhalts einen Missstand darstellt, kann die BaFin die unzutreffende Berufung auf den Nichteintritt der Bedingung nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG untersagen und den Bieter auch nicht zur Durchführung des Angebots zwingen354. Die BaFin hat – anders als etwa das Takeover Panel355 – gerade keine Befugnis zur Feststellung des Eintritts einer Bedingung. Den Wertpapierinhabern bleibt es selbstverständlich unbenommen, den Bieter auf Erfüllung in Anspruch zu nehmen und die Frage von einem zuständigen Zivilgericht (§ 66 WpÜG) klären zu lassen.
116
C. Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalt (§ 18 Abs. 2 WpÜG) Das Verbot von Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalten gemäß § 18 Abs. 2 WpÜG hat nach zutreffender Auffassung zwei Normzwecke: Einerseits soll es dem Bieter die Möglichkeit nehmen, sich durch die Ausübung eines selbst eingeräumten Gestaltungsrechts von dem abgegebenen Angebot wieder zu lösen. Andererseits soll es verhindern, dass eine gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG unzulässige Bedingung als Rücktritts- oder Widerrufsvorbehalt ausgestaltet wird und somit die Anforderungen des § 18 Abs. 1 WpÜG umgangen werden356. Nach der Gegenauffassung soll der Normzweck des § 18 Abs. 2 WpÜG allein im Schutz vor der Umgehung des § 18 Abs. 1 WpÜG bestehen357. Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und die Begründung des Regierungsentwurfs erscheint dies jedoch als eine unzulässige Verkürzung.
117
Diesen Normzwecken entsprechend sind Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalte stets unzulässig. Auch Umstände, die gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG zu einer Bedingung erhoben werden könnten, können nicht zum Gegenstand eines Widerrufs- oder Rücktrittsvorbehalts gemacht werden. Eine einschränkende Auslegung oder teleologische Reduktion dergestalt, dass sich das Verbot auf solche Vorbehalte beschränkt, bei denen der Bieter, mit ihm zusammenwirkende Personen oder deren Tochterunternehmen den Eintritt des Widerrufs- bzw. Rücktrittsgrunds ausschließlich selbst herbeiführen können358 oder die ohne Bindung an bestimmte Umstände ohne weiteres durch eine Willenserklärung ausgeübt werden können359, kommt nicht in Betracht360. Der Grund hierfür liegt in der Rechtsnatur des Wider-
118
352 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 163; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 79; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 12. 353 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 12; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 162; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 95 (grundsätzlich nur Nichtigkeit der Bedingung); differenzierend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 57. 354 Anders noch die 1. Aufl.; siehe auch Busch, AG 2002, 145, 152; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 163; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 78. 355 Rule 13.5 of the Takeover Code. 356 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 54; wohl auch Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 77; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 97; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 18 WpÜG Rz. 23; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 158. 357 Busch, AG 2002, 145 (Fn. 2); Stöcker, NZG 2003, 993, 994. 358 Busch, AG 2002, 145 (Fn. 2); Stöcker, NZG 2003, 993, 994. 359 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 18 WpÜG Rz. 13. 360 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 1, 65 ff.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 77; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 97; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 54; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 159; Sohbi in Heidel, § 18 WpÜG Rz. 4.
Krause/Favoccia
487
§ 18 Rz. 118 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs rufs- bzw. Rücktrittsvorbehalts: Er ist ein Gestaltungsrecht des Bieters und kann daher, anders als eine Bedingung, das Übernahmeverfahren immer nur aufgrund einer – für die Wertpapierinhaber und die Zielgesellschaft nicht vorhersehbaren – Entscheidung des Bieters beenden. Vereinzelt wird diese Regelung nicht für konsequent gehalten, weil auch der Verzicht auf eine zulässige Bedingung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) für die Wertpapierinhaber und die Zielgesellschaft nicht vorhersehbar sei361. Diese Kritik erscheint jedoch unberechtigt, weil der Bedingungsverzicht die Verlängerung der Annahmefrist (§ 21 Abs. 5 WpÜG) und die Rücktrittsmöglichkeit für die Wertpapierinhaber, die das Angebot schon angenommen haben (§ 21 Abs. 4 WpÜG), zur Folge hat362. 119
§ 18 Abs. 2 WpÜG ist analog anzuwenden, wenn das Angebot eine praktisch unerfüllbare aufschiebende Bedingung enthält. In diesem Fall könnte der Bieter nämlich allein durch den Verzicht auf die Bedingung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG), d.h. allein aufgrund eigener Willensbetätigung, über die Durchführung des Angebots entscheiden363. Weiterhin ist § 18 Abs. 2 WpÜG auf solche auflösenden Bedingungen analog anzuwenden, die auch noch nach der Abwicklung des Angebots eintreten und dessen Rückabwicklung zur Folge haben können364. Auflösende Bedingungen sind demnach nur zulässig, wenn sie vorsehen, dass der Bedingungseintritt bzw. -ausfall spätestens bis zur Abwicklung des Angebots eingetreten sein muss365.
120
Die Rechtsfolgen eines Angebots, das einen unzulässigen Widerrufs- oder Rücktrittsvorbehalt enthält, unterscheiden sich nicht von den Rechtsfolgen eines Angebots mit einer gemäß § 18 Abs. 1 WpÜG unzulässigen Bedingung. Regelmäßig wird der unzulässige Vorbehalt bei der Prüfung der Angebotsunterlage auffallen und, wenn der Bieter nicht entsprechend nachbessert, das Angebot wegen eines offensichtlichen Verstoßes gegen die gesetzlichen Vorschriften untersagt werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG).
121
Im Schrifttum wird diskutiert, ob neben § 18 WpÜG das allgemeine zivilrechtliche Institut der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) Anwendung findet. Die überwiegende Meinung hält eine Berufung des Bieters hierauf für grundsätzlich zulässig366. Als denkbare Fallkonstellationen kommen Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft, konkurrierende Angebote sowie schwerwiegende Äquivalenzstörungen in Betracht367. Entgegen ihres Ausnahmecharakters erhielte die Vorschrift somit einen weiten Anwendungsbereich. Hiergegen spricht der Zweck des Angebotsverfahrens, den Bieter so weit wie möglich an sein Angebot zu binden und ihm eine Loslösung nur in den von ihm ausdrücklich und von Anfang an vorgesehenen Konstellationen zuzugestehen368. Ein Rückgriff auf § 313 BGB erübrigt sich daher regelmäßig und ist allenfalls auf extreme Ausnahmefälle zu beschränken369. Ein Bedürfnis hierfür ist etwa in Situationen vorstellbar, in denen nach Ablauf der Annahmefrist aber vor Ablauf der eingeräumten Frist für die Erteilung der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, in einer Zeit also, in der sich der Bieter nicht mehr auf einen market MAC berufen kann, eine nicht vorhersehbare erhebliche Marktstörung eintritt370. Als Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage
361 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 97. 362 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 54 (Fn. 121). 363 Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 77; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 98; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 161; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 68; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 38. So auch die BaFin für eine bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage bereits ausgefallene aufschiebende Bedingung (siehe Untersagungsbescheid vom 5.4.2012 zu Lasten der Andrem Power S.C.A., Ziff. 2b). 364 Sohbi in Heidel, § 18 WpÜG Rz. 4; a.A. Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 161. 365 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 56. 366 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 127; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 35; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 70; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 79; Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere MaterialAdverse-Change-Klauseln, 2006, S. 117 f.; Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 692; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 215; Berger/Filgut, WM 2005, 253, 256. 367 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 73 f.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 74. 368 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 99 f. 369 Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 18 WpÜG Rz. 127; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 100; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 35. 370 A. Meyer in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 226, 263 f.
488
Krause/Favoccia
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Rz. 124 § 18
ist vorrangig der Vertrag anzupassen. Dem Bieter tritt bei einem Übernahmeangebot jedoch keinem konkreten Vertragspartner, sondern einer Vielzahl an Angebotsadressaten gegenüber, so dass einzig der Rücktritt (§ 313 Abs. 3 Satz 1 BGB) als zulässige Rechtsfolge in Frage kommt371.
D. Blick über die Grenze I. Übernahmerichtlinie Art. 6 Abs. 3 lit. h) der Übernahmerichtlinie bestimmt, dass alle Bedingungen, an welche das Angebot geknüpft ist, in der Angebotsunterlage enthalten sein müssen. Darüber hinaus enthält die Übernahmerichtlinie jedoch keine konkreten Vorgaben dazu, welche Bedingungen, Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalte zulässig sind, sondern überlässt dies der Regelung durch die Mitgliedstaaten (Art. 13 lit. e) der Übernahmerichtlinie)372.
122
II. Vereinigtes Königreich Nach dem Takeover Code373 des Vereinigten Königreichs muss jedes Übernahmeangebot unter der Be- 123 dingung stehen, dass der Bieter nach Durchführung des Angebots 50 % des Grundkapitals hält374. Dies gilt auch für Pflichtangebote375. Außerdem muss das Angebot, wenn es der Freigabe der zuständigen Kartellbehörde bedarf, einen Kartellvorbehalt enthalten376. Auch dies gilt für Pflichtangebote377. Darüber hinaus sind solche Bedingungen zulässig, deren Eintritt nicht vom Ermessen oder der Kontrolle des Leitungsorgans des Bieters abhängt. Das Takeover Panel kann im Einzelfall von dieser Beschränkung befreien378. Widerrufs- und Rücktrittsvorbehalte sind nur ausnahmsweise zulässig im Hinblick auf Umstände, deren Eintreten oder Nichteintreten für den Bieter von zentraler Bedeutung für sein Angebot sind379. Das Takeover Panel kann im Einzelfall Ausnahmen zulassen, insbesondere bei Konkurrenzangeboten anderer Bieter oder bei Verteidigungsmaßnahmen der Zielgesellschaft380.
III. Österreich Das österreichische Übernahmegesetz381 erlaubt in § 8 öÜbG nur solche Bedingungen und Rücktrittsvorbehalte, die sachlich gerechtfertigt sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Bedingung oder der Rücktrittsvorbehalt auf Rechtspflichten des Bieters beruht oder der Eintritt der Bedingung oder die Geltendmachung das Rücktrittsrecht nicht ausschließlich vom Ermessen des Bieters abhängt. Pflichtangebote sind gemäß § 25b Abs. 3 öÜbG bedingungsfeindlich, sofern nicht die Bedingung gesetzlich geboten ist.
371 Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 216; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 70; Berger/Filgut, WM 2005, 253, 256; Hopt in FS K. Schmidt, 2009, S. 681, 692; wohl auch Buermeyer, Bedingungen in öffentlichen Übernahmeangeboten, insbesondere Material-Adverse-Change-Klauseln, 2006, S. 120, 241 ff.; a.A. Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 35. 372 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 2; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 6; Steinmeyer in Steinmeyer, § 18 WpÜG Rz. 2. 373 Fassung vom 12.9.2016; abrufbar unter www.thetakeoverpanel.org.uk. 374 Rule 10; hierzu Rabinowitz in Weinberg/Blank on Takeovers and Mergers, Rz. 4–4012 ff.; kurzer Überblick bei Zinser, RIW 2001, 481, 483. 375 Rule 9.3 (a); Rabinowitz in Weinberg/Blank on Takeovers and Mergers, Rz. 4–8033 ff. 376 Rule 12.1; hierzu Rabinowitz in Weinberg/Blank on Takeovers and Mergers, Rz. 4–4022 f. 377 Rule 9.4; Rabinowitz in Weinberg/Blank on Takeovers and Mergers, Rz. 4–8038 ff. 378 Rule 13.1 und Note 1 zu Rule 13; Rabinowitz in Weinberg/Blank on Takeovers and Mergers, Rz. 4–4020 f. 379 Rule 13.5 (a). 380 Zinser, RIW 2001, 481, 486. 381 Fassung vom 13.1.2010; abrufbar unter www.takeover.at.
Krause/Favoccia
489
124
§ 18 Rz. 125 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
IV. Schweiz 125
Die Übernahmeverordnung der Schweizer Übernahmekommission382 lässt Bedingungen in freiwilligen Übernahmeangeboten zu, soweit der Bieter hieran ein begründetes Interesse hat, Art. 13 Abs. 1 UEV. Zulässig sind gemäß Art. 13 Abs. 2 UEV jedoch nur solche Bedingungen, deren Eintritt der Bieter selbst nicht maßgeblich beeinflussen kann. Art. 13 Abs. 3 UEV bestimmt ferner eine Förderungspflicht des Bieters, alle ihm zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintritt von Bedingungen herbeizuführen, die von seiner Mitwirkung abhängen. Pflichtangebote sind nach der Finanzmarktinfrastrukturverordnung FINMA383 grundsätzlich bedingungsfeindlich, es sei denn, Bedingungen sind durch wichtige Gründe gerechtfertigt. Wichtige Gründe liegen insbesondere vor, wenn der Erwerb eine behördliche Genehmigung voraussetzt, Art. 38 Abs. 2 lit. a) FINMA.
V. Frankreich 126
Im französischen Übernahmerecht ist das öffentliche Angebot grundsätzlich unwiderruflich und bedingungsfeindlich. Jedoch ist es dem Bieter erlaubt, sich für den Fall, dass eine vorher festgesetzte Mindestbeteiligung an der Zielgesellschaft nicht erreicht wird, eine Rücknahme des Angebots vorzubehalten. Hierbei gestattet die AMF (Autorité des Marchés Financiers) für gewöhnlich eine Mindestannahmeschwelle von bis zu zwei Dritteln der Anteile oder Stimmrechte. Das gleiche gilt im Falle einer erforderlichen wettbewerbsrechtlichen Genehmigung. Ferner darf der Bieter mit Zustimmung der AMF von seinem Angebot zurücktreten; die Zustimmung wird insbesondere erteilt, wenn die Zielgesellschaft während der Angebotsperiode Handlungen vornimmt, die eine wesentliche Änderung der Tatsachengrundlage, auf der das Angebot beruht, nach sich ziehen oder wenn sich konkurrierende Bieter schlussendlich entscheiden, ein gemeinsames Angebot abzugeben. Ein gesetzliches Widerrufsrecht, über dessen Ausübung die AMF lediglich benachrichtigt werden muss, entsteht im Falle eines konkurrierenden Übernahmeangebots.
E. Übersicht der Bedingungen in Erwerbsangeboten und freiwilligen Übernahmeangeboten seit 2002 127
Die nachfolgende Übersicht zeigt, welche Bedingungen seit Inkrafttreten des WpÜG im Jahr 2002 in einfachen Erwerbsangeboten und freiwilligen Übernahmeangeboten verwendet wurden. Pflichtangebote sowie Delisting-Angebote nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BörsG sind nicht erfasst, da sie grundsätzlich bedingungsfeindlich sind (siehe oben Rz. 5, 7a). Für Teilangebote siehe die Übersicht bei § 19 WpÜG Rz. 25. Die Übersicht zeigt anschaulich, dass Bedingungen als Reaktion auf das jeweilige Marktumfeld eingesetzt werden.
382 Verordnung der Schweizer Übernahmekommission vom 21.8.2008 über öffentliche Kaufangebote (UEV); Fassung vom1.1.2016; abrufbar unter www.takeover.ch. 383 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraV-FINMA); Fassung vom 1.1.2016; abrufbar unter www. takeover.ch.
490
Krause/Favoccia
Luz (C-BC) Bidco GmbH/OSRAM Licht AG
EP Global Commerce VI GmbH/ Metro AG
TE Connectivity Sensors Germany Holding AG/First Sensor AG
22.7.2019
10.7.2019
8.7.2019
Traviata II S.à.r.l./ Axel Springer SE
united vertical media GmbH/11880 Solutions AG
23.7.2019
5.7.2019
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
20 %
–
67,5 % Stammaktien (Mindestannahmeschwelle nicht erreicht; nur 41,7 %)
70 % (abzgl. von der Zielgesellschaft gehaltener eigener Aktien)
–
Mindestannahmequote
+
+
+
+
–
Kartellfreigabe
Außenwirtschaftsrechtliche Freigabe; Medienkonzentrationsrechtliche Freigaben (BRD, A)
Außenwirtschaftsrechtliche Freigabe
–
Außenwirtschaftsrechtliche Freigabe
–
–
Target-MAC: – Kein Insolvenzverfahren bis zum Ablauf der Annahmefrist
Target MAC: – Keine Insolvenz von First Sensor bis zum Ablauf der Annahmefrist
Target MAC: – Kein Insolvenzverfahren bis zum Ablauf der Annahmefrist
Target MAC: – Kein Insolvenzverfahren bis zum Ablauf der Annahmefrist
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– wesentliche Kapitalmaßnahme – nachteiliger Hauptversammlungsbeschluss
– Begebung von Instrumenten, die ein Recht auf Bezug von First-Sensor-Aktien gewähren – Kapitalerhöhung – Aktiensplit – Umwandlungsmaßnahme – Unternehmensvertrag
–
– wesentliche Kapitalerhöhung bis zum Ablauf der Annahmefrist
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen in Erwerbsangeboten und freiwillige Übernahmeangeboten seit 2002 [Stand Ende Juli 2019]
Zustimmung der Zielgesellschaft zur Übertragung der Aktien auf Traviata B.V.
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
491
492
Krause/Favoccia
Deutsche Balaton AG/EASY SOFTWARE AG
Fosun International Limited/Tom Tailor Holding SE
Pulver BidCo GmbH/Scout24 AG
1.4.2019
28.3.2019
Bieter-/ZielGesellschaft
15.4.2019
Datum
50 % + 1 Aktie (Mindestannahmeschwelle nicht erreicht; nur 42,8 %)
–
–
Mindestannahmequote
+
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Target MAC: – Ausgabe oder Ga– kein Insolvenzverrantie von Bezugsfahren bis zum Abrechten, Optionen, lauf der Annahme(Wandel-) Anleihen frist oder sonstigen Finanzinstrumenten Market MAC: durch Scout24, die – keine wesentliche ein Recht auf Bezug Verschlechterung des von Scout24-Aktien Marktumfelds (kein gewähren Rückgang des DAX – Gewährung, Ver30 um mehr als kauf, Verpflichtung 27,5 %) zum Verkauf, Übertragungen oder anderweitige Veräußerung (etwaiger) eigener Aktien durch Scout24, außer zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen
–
–
Market-MAC: – keine wesentliche Verschlechterung des Marktumfelds (kein Rückgang des MDAX unter bestimmte Schwelle)
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Shareholder Value Beteiligungen AG und Shareholder Value Management AG/INTERSHOP Communications AG
Voltaire Finance B.V./Wild Bunch AG
Datum
20.3.2019
15.2.2019
30 %
–
Mindestannahmequote
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
Target MAC: – Keine Insolvenz der Wild Bunch AG – Keine Insolvenz der Wild Bunch SA oder
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– Beschluss der HV der Zielgesellschaft über Dividendenausschüttungen – Beschluss der HV der Zielgesellschaft, der einer 3/4-Mehrheit bedarf
– Beschlussfassung einer HV von Scout24 zur Genehmigung einer Kapitalerhöhung, eines Aktiensplit, einer Zusammenlegung von Aktien oder einer Änderung der mit Aktien verbundenen Rechte oder der Art von Aktien, einer Änderung der Satzung von Scout24, der Ausschüttung einer Dividende, einer Maßnahme nach dem deutschen UmwG oder des Abschlusses eines Unternehmensvertrages iS von §§ 291, 292 AktG
Keine Abwehrmaßnahmen
– Keine (teilweise) Kündigung und/ oder kein (teilweises) Fälligstellen des Kreditrahmens
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
493
494
Krause/Favoccia
ZEAL Network SE/ Lotto24 AG (Tauschangebot)
Warwick Holding GmbH/VTG AG
30.10.2018
Bieter-/ZielGesellschaft
31.1.2019
Datum
–
50 % + 1 Aktie
Mindestannahmequote
+
–
Kartellfreigabe
–
– Außenwirtschafts- Target MAC: rechtliche Freigabe – Vollzug der NACCO– OFAC SanktionierÜbernahme te Personen-Com- – Keine wesentliche pliance Verschlechterung – Kein Verbot und (Einzelfall: mind. keine Unwirksam35 Mio. Euro, wiekeit des Angebots derkehrendes Ereignis mind. 20 Mio. Euro) – Kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals von VTG – Keine Insolvenz
– Glücksspielrechtliche Erlaubniserteilung – Glückspielrechtliche Unbedenklichkeit
einer weiteren französischen Tochtergesellschaft Market MAC: – Nichteintritt einer wesentlichen Verschlechterung des Marktes
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– wesentliche Transaktion (über 100 Mio. Euro) – wesentliche Neuverschuldung (mehr als 200 Mio. Euro) – Dividende – Kapitalmaßnahmen
– wesentliche Kapitalerhöhung oder Begebung von Wandlungs-, Optionsoder sonstigen Rechten, die insgesamt zur Ausgabe von mehr als 1.207.744 neuen Lotto24-Aktien führt oder berechtigt
Keine Abwehrmaßnahmen
– Kein wesentlicher Compliance-Verstoß
–
über eine revolvierende Kreditlinie im Umfang von 30 Mio. Euro
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Jiye Auto Parts GmbH/Grammer AG
Brodview Industries AG/Westag Getalit AG
E.ON Verwaltungs SE/innogy SE
Datum
25.6.2018
11.6.2018
27.4.2018
–
–
50 % + 1 Aktie (reduziert auf 36 % + 1 Aktie mit Änderung der Angebotsunterlage vom 18.7.2018)
Mindestannahmequote
+
+
+
Kartellfreigabe
–
–
– Deutschland: Außenwirtschaftsrechtliche Freigabe – VRC: NDRC Benachrichtigung, MOFCOM Bescheinigung, SAFE Registrierung
Keine Abwehrmaßnahmen
Sonstige Bedingungen
–
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Keine Entschei– Kein Insolvenzver(Kapitalerhöhung/ dung durch Behörfahren -herabsetzung; Teide oder Gericht, – Keine wesentliche lung/Zusammenledie Vollzug des AnVerschlechterung des gung der Aktien gebots untersagt EBITDA – Satzungsänderung, oder rechtswidrig die Erhöhung Mehrmacht
–
Target MAC: – Kapitalmaßnahmen – Kein wesentlicher – Kein Verlust in Höhe (Erhöhung GrundCompliance-Verdes Grundkapitals kapital) stoß und keine Insolvenz – Dividenden oder Kader Grammer oder pitalerhöhung aus bestimmter TochterGesellschaftsmitteln unternehmen – Vornahme bestimm– Keine wesentliche ter SatzungsändeVerschlechterung rungen und kein Auflösungsbeschluss – Einberufung einer Hauptversammlung außer aufgrund des Verlangens eines Aktionärs – wesentlichen Transaktionen
Market MAC: – Keine wesentliche Verschlechterung des Marktumfelds (Verzicht mit Änderung der Angebotsunterlage vom 30.10.2018)
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
495
496
Krause/Favoccia
SHW Beteiligungs GmbH/SHW AG
Studhalter Investment AG und Highlight Communications AG/Constantin Medien AG
Dr. Helmut Rothenberger Holding GmbH/NORDWEST Handel AG
Fortum Deutschland SE/Uniper SE
White Elephant S.à 51 % r.l./exceet Group SE
29.3.2018
18.12.2017
14.11.2017
7.11.2017
23.10.2017
–
–
–
–
–
Mindestannahmequote
AEPF III 15 S.à r.l./ Fair Value REIT-AG
Bieter-/ZielGesellschaft
16.4.2018
Datum
–
+
+
+
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
– Freigabe nach Russischem Auslandsinvestitionsgesetz – Freigabe nach Russischem Gesetz über Strategische Investitionen
–
–
– bankaufsichtsTarget MAC rechtlich (Inhaber- – kein Insolvenzverkontrollverfahren) fahren Market MAC – DAX
– Medienrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung durch ZAK
–
–
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
–
–
heitserfordernisse zum Inhalt hat – formelles Aktienrückkaufprogramm – Veräußerung wesentlicher Vermögensgegenstände
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Tiancheng (Germany) Pharmaceutical Holdings AG/Biotest AG
Linde Public Limited Company/Linde AG (Tauschangebot)
Nidda Healthcare Holding AG/ STADA Arzneimittel AG
BKB Beteiligungsholding AG/Oldenburgische Landesbank AG
Datum
18.5.2017
15.8.2017
19.7.2017
19.7.2017
63 %
–
75 % (reduziert auf 60 % mit Änderung der Angebotsunterlage vom 23.10.2017)
–
Mindestannahmequote
+
+
+
+
Kartellfreigabe
Target MAC – Kein Insolvenzverfahren
Target MAC – EBITDA
–
– Dividendenausschüttung über einem bestimmten Sockelbetrag – wesentliche Kapitalerhöhung (Grundkapital um mehr als 5 %)
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
– Kein wesentlicher Compliance-Verstoß – Zustimmung der Praxair-Aktionäre – Keine Unterlassungsverfügung oder Unwirksamkeit bzgl. des Tauschangebots oder der Praxair Verschmelzung
–
Sonstige Bedingungen
– bankaufsichtsTarget MAC – Kapitalmaßnahmen – Bestätigung als rechtlich (Inhaber- – Kein Verlust in Höhe (Bezugsangebot für übergeordnetes kontrollverfahren) der Hälfte des neue Aktien; WanUnternehmen – bankrechtlich Grundkapitals del-/Optionsanleidurch BaFin (Einlagensiche– Kein Insolvenzverhen) rungsfonds) fahren – Satzungsänderungen (Erhöhung Mehrheitserfordernis; Aktiensplit oder -zusammenlegung; Än-
–
– SEC muss Registration Statement für wirksam erklären
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi, CFIUS)
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
497
498
Krause/Favoccia
Summit Hero Holding GmbH/ Epigenomics AG
8.6.2017
75 %
TLG IMMOBILIEN 50,0 % + 1 Aktie AG/WCM Beteiligungs- und Grundbesitz AG (Tauschangebot)
27.6.2017
Mindestannahmequote
Pierer Industrie AG/ 30 % SHW AG (Verzicht mit Änderung der Angebotsunterlage vom 19.7.2017)
Bieter-/ZielGesellschaft
11.7.2017
Datum
–
–
+
Kartellfreigabe
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi)
–
–
derung der mit den Aktien verbundenen Rechte)
Keine Abwehrmaßnahmen
Sonstige Bedingungen
–
– Kapitalmaßnahmen – Eintragung An(Erhöhung Grundgebotskapitalerhökapital, Begebung hung I bis spätesWandlungs-/Optitens 6 Monate ons-/sonstige Rechnach Ablauf der te) Annahmefrist – Veräußerung eigener Aktien – Dividendenausschüttung – Maßnahmen nach dem UmwG – Satzungsänderungen Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Kein Insolvenzantrag (Erhöhung Grund– Keine wesentliche kapital, Aufhebung/ Verschlechterung des Schaffung bedingtes Geschäftsbetriebs oder genehmigtes Kapital) Market MAC – Dividendenaus– Keine wesentliche schüttungen Verschlechterung des – Liquidation Marktes (MSCI
Target MAC – Keine wesentliche Verschlechterung (FFO I) – Kein Wesentlicher Steuerschaden
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Kein Verbot oder – Keine wesentliche (Erhöhung GrundUnwirksamkeit des Änderung und/oder kapital; Ausgabe von ÜbernahmeangeVerschlechterung des Wandlungs-/Optibots (von Behörde Geschäftsbetriebs onsrechten; Aufin EU oder USA) und/oder der Strukhebung oder Schaftur der Zielgesellfung von bedingtem schaft oder genehmigtem Kapital) Market MAC – DAX
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
United Internet/ Drillisch AG
Tiancheng (Germany) Pharmaceutical Holdings AG/Biotest AG
BHS Verwaltungs AG/BHS tabletop AG
Nidda Healthcare Holding AG/ STADA Arzneimittel AG
Pangea GmbH/ Pfeiffer Vacuum Technology AG
Datum
26.5.2017
18.5.2017
27.4.2017
27.4.2017
12.4.2017
–
–
75 % (reduziert auf 67,5 % mit Änderung der Angebotsunterlage vom 7.6.2019) (Mindestannahmeschwelle nicht erreicht; nur 65,52 %)
75 %
–
Mindestannahmequote
+
+
+
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
– außenwirtschaftsrechtlich (CFIUS)
–
– Dividendenausschüttung über einem gewissen Sockelbetrag – Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung) – Übertragung/Veräußerung eigener Aktien
–
–
–
– Maßnahmen nach dem UmwG – Unternehmensverträge – Satzungsänderungen
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Kein wesentlicher – Kein Insolvenzver(keine wesentliche Compliance-Verfahren Kapitalerhöhung) stoß der Zielgesell– Kein Verlust in Höhe – Dividendenausschaft der Hälfte des schüttung in wesentGrundkapitals licher Höhe – EBITDA – Satzungsänderungen (Erhöhung MehrMarket MAC heitserfordernis, Ak– TecDAX tiensplit oder -zusammenlegung, Ver-
Target MAC – Kein Insolvenzverfahren
–
–
–
World Health Care Index)
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
499
500
Krause/Favoccia
Accenture Digital Holdings GmbH/ SinnerSchrader AG
Msg systems AG/ Msg life AG
Pangea GmbH/ Pfeiffer Vacuum Technology AG
Project Diamant Bidco AG/KAP-Beteiligungs-AG
22.2.2017
13.2.2017
22.12.2016
Bieter-/ZielGesellschaft
27.3.2017
Datum
+
+
–
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
–
–
–
–
änderung Ausstattung oder Art von Aktien) – wesentliche Transaktion
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Kein Verlust in Höhe (Einberufung HV der Hälfte des mit TOP zu KapitalGrundkapitals maßnahmen; Kapi– Kein Insolvenzvertalerhöhung aus gefahren nehmigtem Kapital; – EBITDA Ausgabe neuer Aktien/Wandelanleihen Market MAC etc.) – TecDAX – wesentliche Transaktion – Einberufung einer HV – Ausfall der Angebotsbedingung „keine Einberufung einer HV“ (ao HV von Pfeiffer für 3.4.2017 angesetzt)
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– Kein wesentlicher Compliance-Verstoß der Zielgesellschaft
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Marsella Holdings S.à r.l./Braas Monier Building Group SE
Tahoe Investors GmbH und Brilliant 1953. GmbH/ALNO AG
16.11.2016
14.10.2016
HomeAdvisor GmbH/MyHammer Holding AG
21.11.2016
30 %
–
–
Müller adress 25 % + 1 Aktie GmbH/MyHammer (MindestannahmeHolding AG schwelle nicht erreicht)
5.12.2016
18,54 %
Acceleratio Capital N.V./GfK SE
21.12.2016
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
+
+
+
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
– Freigabe durch australische Investitionskontrollbehörde
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
– keine Unterlassungs- oder sonstige behördliche Verfügungen gegen Vollzug des Angebots
Sonstige Bedingungen
Target MAC – EBITDA – Grundkapital
– Kapitalmaßnahmen – kein wesentlicher (wesentliche ErhöCompliance-Verhung Grundkapital) stoß der Zielgesell– wesentliche Dividenschaft denausschüttung
Target MAC – Satzungsänderungen – Kein besseres kon– Kein Insolvenzantrag (bzgl. Erhöhung kurrierendes An– Kein Verlust in Höhe Mehrheitserfordernis gebot der Hälfte des oder Aktiensplit/Zu- – Kein Verbot oder Grundkapitals sammenlegung von Unwirksamkeit des Aktien) Angebots (fest– Erhöhung des gestellt von BehörGrundkapitals de in EU oder – Neubesetzung AR USA) – Transaktion – Kein wesentlicher – Erwerb/Veräußerung Compliance-Vereigener Aktien, Bestoß der Zielgesellgebung Wandlungs-/ schaft Optionsrechte – Einberufung einer oHV
–
–
Target MAC – Keine wesentliche Verschlechterung (EBITDA)
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
501
502
Krause/Favoccia
Capital Stage AG/ 50 % + 1 Aktie Chorus Clean Energy AG (Tauschangebot)
Investmentgesellschaft für langfristige Investoren TGV/ Kromi Logisitk AG
Mecca International 30 % (BVI) Limited/Kuka AG
28.7.2016
22.7.2016
16.6.2016
–
60 % (reduziert auf 50 % mit Änderung der Angebotsunterlage vom 6.10.2016)
Grand Chip Investment GmbH/ Aixtron SE
29.7.2016
75 % (Mindestannahmeschwelle nicht erreicht; nur 47,3 %)
Mindestannahmequote
GE Germany Holdings AG/SLM Solutions Group AG
Bieter-/ZielGesellschaft
26.9.2016
Datum
+
+
+
–
+
Kartellfreigabe
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi, CFIUS)
–
–
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi; CFIUS) – NDRC-Verfahren – SAFE-Verfahren
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi)
–
–
– Erhöhung des Grundkapitals außer zur Abwicklung von bestehenden und ausgeübten Aktienoptionen
– Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung)
– Beschluss über wesentliche Dividendenausschüttung – Satzungsänderungen wesentliche Transaktion
Keine Abwehrmaßnahmen
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – kein Verlust in Höhe (kein Bezugsangebot der Hälfte des während AnnahmeGrundkapitals frist, keine Wandel-/
–
–
Target MAC – Konzernumsatz (regulatorische MAE) Market MAC – DAX – TecDAX
Target MAC – Kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
– Eintragung der Angebotskapitalerhöhung bis spätestens 31.1.2017
–
– kein wesentlicher Compliance-Verstoß der Zielgesellschaft – kein Angriff auf Schutzrechte des SLM-Konzerns durch Gericht oder anderweitig
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
1.2.2016
Comfort Enterprise (Germany) GmbH/ Medisana AG
Diebold, Inc./ 67,6 % Wincor Nixdorf AG
5.2.2016
–
75 % (reduziert auf 60 % mit Änderung der Angebotsunterlage vom 11.7.2016)
HLDC0123 PLC/ Deutsche Börse AG (Tauschangebot)
1.6.2016
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
+
+
Kartellfreigabe
–
Wirksamkeit des Regristrierungsformulars (SEC)
–
Target MAC – EBITDA – keine Überschuldung – kein Insolvenzverfahren Market MAC – DAX
– finanzaufsichtsTarget MAC rechtlich (u.a. Bel- – kein Insolvenzvergien, Deutschland, fahren Frankreich, Italien, – keine entgegensteLuxemburg, Norhenden hoheitlichen wegen, Schweiz, Rechtsakte Vereinigtes Königreich, USA, Singapur)
–
– Ausgabe eigener Aktien – Erhöhung des Grundkapitals
–
Optionsanleihen etc. ausgegeben – Satzungsänderungen
– DDTC-Genehmigung
– kein Insolvenzverfahren
Keine Abwehrmaßnahmen
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– kein wesentlicher Compliance-Verstoß der Zielgesellschaft – kein besseres konkurrierendes Angebot – kein Verbot oder Unwirksamkeit (festgestellt von Behörde in EU, USA, Brasilien, China, Kolumbien, Russland, Türkei, Kanada, Australien oder Japan)
– Genehmigung der LSE-Aktionäre – Keine Ungültigkeit des Scheme – Scheme-Genehmigung – Börsennotierung der HoldCo-Aktien – HoldCo keine Finanzholdinggesellschaft
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
503
504
Vonovia SE/Deutsche Wohnen AG
DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate AG/Fair Value REIT-AG (Tauschangebot)
WPP Jubilee Limited/Syzygy AG
Guo GmbH & Co. KG/Powerland AG
14.10.2015
16.9.2015
4.9.2015
Bieter-/ZielGesellschaft
1.12.2015
Datum
Krause/Favoccia
75,0 %
50,1 %
–
57,10 % (reduziert auf 50 % mit Änderung der Angebotsunterlage vom 25.1.2016)
Mindestannahmequote
–
+
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
Target MAC – EBITDA
Sonstige Bedingungen
–
–
–
–
– kein wesentlicher Compliance-Verstoß durch die Zielgesellschaft – Durchführung der Angebotskapitalerhöhung
– Kapitalmaßnahmen – Eintragung Kapi– Satzungsänderungen talerhöhungen – Dividendenaus– kein wesentlicher schüttung Compliance-Ver– Liquidation stoß der Zielgesell– wesentliche Transschaft aktion – Begebung wesentlicher Wandlungsrechte
Keine Abwehrmaßnahmen
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – kein Verlust in Höhe (Erhöhung Grundder Hälfte des kapital um mehr als Grundkapitals 10 %) – kein Insolvenzverfahren – keine wesentliche Verschlechterung wichtiger Finanzkennzahlen (Konzern-EBIT, KonzernFFO)
Target MAC – keine wesentliche Verschlechterung (FFO I) – keine wesentliche Erhöhung des Grundkapitals – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals – kein Insolvenzverfahren Market MAC – DAX – MDAX
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
alstria office REIT AG/DO Deutsche Office AG
EnBW Energie Baden-Württemberg AG/ZEAG Energie AG
Adler Real Estate AG/WESTGRUND AG
21.8.2015
17.8.2015
30.4.2015
Corestate Ben BidCoAG/YOUNIQ AG
Sino-German Ecopark Handels- und Beratungs GmbH/ German Brokers AG
24.8.2015
9.3.2015
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
69,6 %
–
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
+
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
– staatsvermögensverwaltungsrechtlich (SASAC) –
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
– Eintragung Kapitalerhöhung – kein wesentlicher Compliance-Verstoß der Zielgesellschaft
–
Sonstige Bedingungen
–
–
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Eintragung Kapi– kein Verlust in Höhe (keine wesentliche talerhöhung der Hälfte des Erhöhung des Grundkapitals Grundkapitals um – kein Insolvenzvermehr als 10 %) fahren – Beschluss über Dividendenausschüttung – Satzungsänderungen (bzgl. Veränderung Mehrheitserfordernis) – Liquidation
Market MAC – DAX
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – EBITDA – FFO – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
505
506
Krause/Favoccia
DMG MORI GmbH/DMG MORI SEIKI AKTIENGESELLSCHAFT
VMS Deutschland HoldingsGmbH/ MeVis Medical Solutions AG
Wüstenrot Württembergische AG/ Württembergische Lebensversicherung Aktiengesellschaft
REG European HoldingsB.V./ PETROTEC AG
11.2.2015
27.1.2015
19.1.2015
19.1.2015
–
75 %
–
–
50 % (reduziert auf 40 % mit Änderung der Angebotsunterlage vom 9.3.2015)
KB Holding GmbH/ Vossloh Aktiengesellschaft
16.2.2015
Mindestannahmequote
Arrow Central Eu- 75 % rope Holding Munich GmbH/DATA MODUL Aktiengesellschaft Produktion und Vertrieb von elektronischen Systemen
Bieter-/ZielGesellschaft
23.2.2015
Datum
–
–
–
–
–
–
+
–
–
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi)
Keine Abwehrmaßnahmen
–
Target MAC – Schlusskurs der Namensaktie der Zielgesellschaft darf nicht an drei aufeinanderfolgenden Handelstagen unter 13,53 Euro liegen
–
Market MAC – MDAX
Market MAC – DAX
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital)
–
Target MAC – Gewinnverwen– keine wesentliche dungsbeschluss Verschlechterung (Rückgang des Unternehmenswerts um 25 %) – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
– Keine Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Deutsche Anning57 % ton Immobilien SE/ GAGFAH S.A. (Kombiniertes Barund Tauschangebot)
TOCOS Beteiligung GmbH/HAWESKO Holding AG
SWARCO AG/Swarco Traffic Holding AG
BNP Paribas Beteiligungsholding AG (vormals Skylinehöhe 80. V V AG)/ DAB Bank AG
19.12.2014
21.11.2014
22.9.2014
15.9.2014 –
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
+
–
–
+
Kartellfreigabe
– bankenaufsichtsrechtlich
–
–
–
–
–
Target MAC – keine außergewöhnlichen Geschäftsvorfälle Market MAC – DAX
Target MAC – keine Insolvenz – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals Market MAC – FTSE EPRA/ NAREIT – MDAX – FFO
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Sonstige Bedingungen
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung; Ausnutzung genehmigter Kapitalia; Erwerb eigener Aktien; Ausgabe Wandel-/ Optionsanleihen) – Satzungsänderungen – Sonderdividende – Unternehmensverträge – Vermögensübertragungen
– kein Widerspruch der BdB und PdB
–
–
– Kapitalmaßnahmen – Eintragung der An(wesentliche Erhögebotskapitalerhöhung Grundkapital) hung – bestimmte Satzungs- – kein wesentlicher änderungen Compliance-Ver– keine Einberufung stoß einer oHV – Dividendenausschüttung – Liquidationsbeschluss – wesentliche Transaktionen
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
507
508
Sky German Holdings GmbH/Sky Deutschland AG
Dürr Technologies GmbH/Homag Group AG
FS Technology Holding S.à r.l./First Sensor AG
Meibah InternationalGmbH/Schumag Aktiengesellschaft
Finedining Capital GmbH/WMF AG
21.8.2014
28.7.2014
21.7.2014
14.7.2014
Bieter-/ZielGesellschaft
3.9.2014
Datum
Krause/Favoccia
90 % (nach Abzug der eigenen Aktien der Zielgesellschaft)
–
–
–
–
Mindestannahmequote
+
–
–
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
– medienaufsichtsrechtlich
–
–
Market MAC – CDAX-PerformanceIndex
–
Target MAC – EBITDA – Keine Kündigung und kein Wegfall von Bundesligaoder ChampionsLeague-Rechten – Keine Kündigung und kein Wegfall von Übertragungslizenzen – kein Insolvenzverfahren – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Sonstige Bedingungen
–
–
–
–
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen – Zustimmung der (Kapitalerhöhung/ BSkyB-Aktionäre -herabsetzung, Optizum Erwerb der ons-/Wandelrechte) Zielgesellschaft – Dividendenaus– keine Untersaschüttung gungsverfügung – Unternehmensverträge oder Gewinnbeteiligungsvereinbarungen – Auflegung von Aktienoptionsplänen – Ausgabe von Aktienoptionen – Ausgabe neuer Aktien – Vermögensübertragung – Gestattung einer Beteiligung – Eingehung von Finanzverbindlichkeiten
Keine Abwehrmaßnahmen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Aurea Software FZ LLC/update software AG
E Funktionstechnik Holding AG/ EHLEBRACHT Aktiengesellschaft
Weidmüller Beteiligungsgesellschaft mbH/R. STAHL Aktiengesellschaft
Amadeus Corporate Business AG/i:FAO Aktiengesellschaft
2.7.2014
23.6.2014
20.5.2014
30.4.2014
Adler Real Estate AG/Estavis AG
Steinzeug Invest GmbH/Deutsche Steinzeug Cremer Breuer AG
10.7.2014
25.4.2014
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
50 %
–
50 % + 1 Aktie
50,1 %
–
Mindestannahmequote
–
+
+
–
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals EBITDA
Target MAC – kein Insolvenz- oder vergleichbares Verfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
– Kapitalmaßnahmen Eintragung Kapital– Satzungsänderungen erhöhung – Dividendenausschüttung – Liquidation
– Kapitalmaßnahmen – Satzungsänderungen
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital; Ausgabe Bezugsrechte; Ausnutzung genehmigtes Kapital) – Beschluss einer Dividendenausschüttung – HV-Beschluss, der 3/4-Mehrheit bedarf
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
509
510
Dragonfly GmbH & Co. KGaA/Celesio AG
Alsterhöhe 1. V V AG (künftig: MAQUET Medical Systems AG)/ PULSION Medical Systems SE
Edge Holding GmbH/P&I Personal & Informatik Aktiengesellschaft
Dragonfly GmbH & 75 % Co. KGaA/Celesio AG
28.2.2014
14.1.2014
18.12.2013
5.12.2013
75 %
AC Cluster GmbH & Co. KG/ transtec Aktiengesellschaft
5.3.2014
Krause/Favoccia –
–
–
–
Mindestannahmequote
Augur Financial Holding Zwei GmbH & Co. KG/ Schnigge Wertpapierhandelsbank AG
Bieter-/ZielGesellschaft
17.3.2014
Datum
+
+
+
+
+
–
Kartellfreigabe
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi)
–
–
– außenwirtschaftsrechtlich (BMWi)
–
–
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen – Dividendenausschüttung – HV-Beschluss, der einer 3/4 -Mehrheit bedarf – Ausgabe neuer Aktien
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
– Vollzug des Kaufvertrags zum Erwerb aller Geschäftsanteile an der Argon GmbH
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
AVIC International Engineering Holdings Pte. Ltd., Europe Project Management Pte. Ltd., Europe Technology Investment Pte. Ltd., Europe Engineering Holdings Pte. Ltd./KHD Humbold Wedag International AG
CANCOM SE/ PIRONET NDH Aktiengesellschaft
Goldin Fund Pte. Ltd./Gigaset AG
GraceB S.à r.l./ Joyou AG
Deutsche Wohnen AG/GSW Immobilien AG
Datum
21.11.2013
18.11.2013
13.11.2013
6.11.2013
2.10.2013
75 %
56 %
–
–
–
Mindestannahmequote
+
+
+
+
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Target MAC – EBITDA – FFO – kein Insolvenzverfahren
–
–
–
– keine Untersagung eines Gerichts oder einer Behörde
–
–
–
Sonstige Bedingungen
– Kapitalmaßnahmen – kein wesentlicher (Erhöhung um mehr Compliance-Verals 10 %) stoß – Dividendenausschüttung
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital; Ausgabe neuer Aktien; Antrag auf Eintragung oder Eintragung Erhöhung Grundkapital; Bezugsrechte – Satzungsänderungen – Maßnahmen nach UmwG
Target MAC – Satzungsänderungen – keine Insolvenz – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals Market MAC – DAX
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
511
512
Krause/Favoccia
Michael Steuler/ Norddeutsche Steingut Aktiengesellschaft
23.8.2013
–
ADCURAM Fertig- 2.164.424 Aktien bautechnik Holding (ca. 87,98 %) AG/Bien-Zenker AG
19.9.2013
–
Mindestannahmequote
Bucher Beteiligungsverwaltung AG/Jetter AG
Bieter-/ZielGesellschaft
30.9.2013
Datum
–
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Keine Überschuloder vergleichbare dung oder ZahlungsHandlungen (Kapiunfähigkeit talerhöhung; Schaffung Optionsrechte/ Wandelschuldverschreibungen) – Ausschüttung Dividende – Auflösung Rücklage – Erwerb eigener Aktien – Veräußerung oder Erwerb von Vermögensgegenständen/Beteiligungen/ Unternehmensteilen ab bestimmtem Wert – Aufnahme Fremdkapital in bestimmten Umfang – Abschluss Unternehmensverträge
– kein Verlust in Höhe – Satzungsänderungen der Hälfte des – LiquidationsbeGrundkapitals schlüsse
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– Vollzug von Vorerwerb
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
abcfinance Beteiligungs AG/ Dresdner Factoring AG
Azkoyen, S.A./ primion Technology AG
REWE Markt GmbH/WASGAU Produktions & Handels AG
Blitz 13-310 GmbH (zukünftig S&E Kapital GmbH)/Adler Modemärkte AG
Korian Deutschland 75 % AG/Curanum AG
28.6.2013
17.6.2013
2.5.2013
11.4.2013
21.1.2013
49,96 %
70 %
75 %
Vodafone Vierte Verwaltungsgesellschaft mbH/Kabel Deutschland Holding AG
30.7.2013
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
+
+
+
–
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
– finanzmarktaufsichtsrechtlich (Inhaberkontrollverfahren)
–
–
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren der Zielgesellschaft, der Wasgau Food oder einer Tochtergesellschaft – keine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft, der Wasgau Food oder eines Tochterunternehmens
–
–
Market MAC – MDAX
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
Sonstige Bedingungen
– Kapitalmaßnahmen – Dividendenausschüttung – Satzungsänderungen
– Kapitalmaßnahmen
–
–
– Kapitalmaßnahmen – Vollzug von Betei– Maßnahmen nach ligungserwerb an UmwG Aktionärin der – VermögensübertraZielgesellschaft gungen (Wasgau Food) – Veränderung der – kein Widerspruch von der Wasgau in GesellschafterFood gehaltenen Akliste der Wasgau tien der ZielgesellFood schaft
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
513
514
Krause/Favoccia
NTT Data Europe GmbH & Co KG/ intelligence AG
Beauty Holding Three AG/Douglas Holding AG
Vienna GmbH/vwd Vereinigte Wirtschaftsdienste Aktiengesellschaft
Informatica Deutschland AG/ Heiler Software AG
31.10.2012
25.10.2012
22.10.2012
Bieter-/ZielGesellschaft
16.11.2012
Datum
67,50 %
90 %
75 %
86,805 %
Mindestannahmequote
–
–
+
–
Kartellfreigabe
– außenwirtschaftsrechtliche Freigabe
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen – Dividendenausschüttung – Satzungsänderungen – Liquidationsbeschlüsse – Umwandlungsbeschlüsse – Unternehmensverträge – Vermögensübertragungen
–
– Liquidationsbeschlüsse – Umwandlungsbeschlüsse – Unternehmensverträge – Ausgabe von Instrumenten, die Bezugsrechte gewähren
Keine Abwehrmaßnahmen
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – konsolidiertes Eigen- – Dividendenauskapital schüttung – kein Insolvenzver– Auflösung von fahren Rücklagen
Target MAC – Konzern-EBITDA – kein Insolvenzantrag – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals Market MAC – MDAX
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– keine ComplianceVerletzung der Zielgesellschaft
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
ATON Engineering AG/Rücker AG
23.8.2012
56 %
–
Mindestannahmequote
Deutsche Balaton 25 % AG/Allerthal-Werke AG
Redline Capital Management S.A./ artnet AG
31.8.2012
23.8.2012
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
+
–
Kartellfreigabe
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
Sonstige Bedingungen
–
– Dividendenausschüttung
–
Target MAC – Satzungsänderungen – Vollzug von Vor– kein Insolvenzantrag – Kapitalmaßnahmen erwerb (Kapitalerhöhung, Ausnutzung genehmigtes Kapital; Bezugsrechte oder Umtauschrechte) – Dividendenausschüttung
Target MAC – Satzungsänderungen – kein Insolvenzverfahren – kein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals Market MAC – DAX
– keine Zahlungsunfä- – Vermögensübertrahigkeit oder Übergung schuldung – Unternehmensver– keine Einstellung träge von Zahlungen/ – AktienoptionsproGeschäftstätigkeit gramme – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien – Fremdkapitalaufnahme
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
515
516
Finedining Capital GmbH/WMF Württembergische Metallwarenfabrik AG
TRM Beteiligungsgesellschaft mbH/ FORTEC Elektronik AG
Vue Beteiligungs AG/CinemaxX
Scherzer & Co. AG/ Allerthal-Werke AG
Allgeier SE/EASY SOFTWARE AG
PAR Investment Partners, L.P./ Advanced Inflight Alliance AG
9.8.2012
7.8.2012
26.7.2012
24.7.2012
11.7.2012
Bieter-/ZielGesellschaft
16.8.2012
Datum
Krause/Favoccia
75 %
–
–
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
+
–
–
–
–
–
Target MAC – Konzernumsatz – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– Satzungsänderungen – Kapitalmaßnahmen – Dividendenausschüttung – Auflösung von Rücklagen – Unternehmensverträge – Maßnahmen nach UmwG – Vermögensübertragung – Aktienoptionsprogramme
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
AIG Century GmbH & Co. KGaA/AIRE GmbH & Co. KGaA
FPS Beteiligungs AG/RHÖNKLINIKUM AG
TKH Technologie Deutschland AG/ Augusta Technologie AG
12.6.2012
18.5.2012
11.5.2012
AMG Invest GmbH/Graphit Kropfmühl AG
Andritz Beteiligungsgesellschaft IV GmbH/Schuler AG
2.7.2012
14.3.2012
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
+
75 %
1,84 %
+
–
+
Kartellfreigabe
90 %
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – EBITDA – konsolidiertes Eigenkapital – kein Insolvenzverfahren – keine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – Grundkapital – keine Einstellung von Zahlungen/Geschäftstätigkeit Market MAC – DAX
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
Sonstige Bedingungen
–
–
– Kapitalmaßnahmen – keine Compliance– DividendenausVerletzung der schüttung Zielgesellschaft – Auflösung von Rücklagen – Unternehmensverträge – Vermögensübertragung – Aktienoptionsprogramme – Pensionsverpflichtungen – Gewährung von Darlehen – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien
– Dividendenausschüttung
–
– Kapitalmaßnahmen
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
517
518
LDK Solar Germany 50 % Holding GmbH/ sunways AG
Herr Klaus Wecken/ WESTGRUND AG
Pon Holding Germany GmbH/Derby Cycle AG
Aurelius Development Invest GmbH/ HanseYachts AG
13.2.2012
19.12.2011
21.10.2011
Krause/Favoccia
9.9.2011
–
–
–
Mindestannahmequote
Siemens Industry 75 % Automation Holding AG/IBS AG excellence, collaboration, manufacturing
Bieter-/ZielGesellschaft
29.2.2012
Datum
–
–
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
Target MAC – Bestätigung bestimmter Banken: kein Berufen auf bekannte Verletzung aus Kreditverträgen sowie keine Kündi-
–
–
–
Target MAC – Netto-Umsatzerlös – Grundkapital – kein Insolvenzverfahren – keine Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen – keine Einstellung von Zahlungen/Geschäftsbetrieb – Zahlungsverzug – keine vorzeitige Fälligstellung von Verbindlichkeiten
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Sonstige Bedingungen
–
–
–
–
–
–
–
–
– Satzungsänderungen – keine Compliance– Kapitalmaßnahmen Verletzung der – DividendenausZielgesellschaft schüttung – kein konkurrieren– Auflösung von des Angebot Rücklagen – Maßnahmen nach UmwG – Unternehmensverträge – Vermögensübertragung – Aktienoptionsprogramme – Pensionsverpflichtungen
Keine Abwehrmaßnahmen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Deutsche Balaton AG/W.E.T. Automotive Systems AG
Lenovo Germany Holding GmbH/ Medion AG
VictorianFibre Holding GmbH/ Versatel AG
SMS GmbH/elexis AG
QSC AG/INFO Gesellschaft für Informationssysteme AG
Terex Industrial 51 % Holding AG/Demag Cranes AG
20.7.2011
28.6.2011
28.6.2011
15.6.2011
9.6.2011
19.5.2011
50 %
51 %
Erwin Hymer Vermögensverwaltungs AG/HYMER AG
9.9.2011
–
–
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
+
–
+
+
+
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital; Bezugsrechte; Schaffung/Nutzung genehmigtes Kapital) – Maßnahmen nach UmwG – Unternehmensverträge – Liquidation
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Target MAC – Satzungsänderungen – keine Compliance– Grundkapital (Erhöhung GrundVerletzung der – kein Insolvenzantrag kapital; kein BezugsZielgesellschaft
–
–
–
Target MAC – Umsatz – EBIT
–
–
gung von Kreditverträgen aufgrund von Change of controlKlauseln
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
519
520
Krause/Favoccia
Alpha Beta Nether- 75 % lands Holding N.V./ Deutsche Börse AG
Amerigon Europe GmbH/W.E.T. Automotive Systems AG
4.5.2011
11.4.2011
71,8 %
MBT Systems GmbH/Roth & Rau AG
5.5.2011 +
–
Mindestannahmequote
Deutsche Balaton AG/MISTRAL Media AG
Bieter-/ZielGesellschaft
5.5.2011
Datum
+
+
+
–
Kartellfreigabe
–
– Wirksamkeit des Registration Statements – finanzmarktaufsichtsrechtlich, IRS Ruling/Rulings bzgl. Zielgesellschaft und NYSE Euronext
–
–
–
Target MAC – Nettokonzernumsatz (gilt auch in Bezug auf NYSE Euronext) Market MAC – keine Einstellung des Devisenhandels oder Fremdkapitalmarktes
Target MAC – Konzern-EBITDA – Grundkapital – kein Insolvenzantrag Market MAC – DAX 30
Target MAC – Grundkapital – Eigenkapital – kein vorläufiger Insolvenzverwalter – kein Insolvenzantrag
Market MAC – DAX 30
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahmen – Vermögensübertragung – Dividendenausschüttung
–
angebot; keine Wandel-Optionsschuldverschreibungen) – Kapitalmaßnahmen – Vermögensübertragung
Keine Abwehrmaßnahmen
–
– Zustimmung der Hauptversammlung der NYSE Euronext – keine nachteiligen Verfügungen oder Anordnungen eines Gerichts oder einer Behörde
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Grohe Asia AG/ Joyou AG
Asklepios Kliniken GmbH/MEDICLIN AG
CROSS Informatik GmbH/All for One Midmarket AG
FH Finanzholding AG/Ehlebracht AG
AMS Acquisition B.V./Teleplan International N.V.
28.3.2011
24.3.2011
17.3.2011
14.2.2011
10.1.2011
75 %
9,87 %
Engine Holding 50 % GmbH/Tognum AG
6.4.2011
–
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
+
–
–
–
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
– außenwirtschaftsrechtlich
–
–
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – EBITDA – Maßnahmen nach – keine Handelsaussetdem UmwG zung der Aktien der – DividendenausZielgesellschaft schüttung
–
–
–
Sonstige Bedingungen
– keine Kündigung des Merger Protokolls – kein konkurrierendes Angebot
–
–
–
– keine behördlichen oder gerichtlichen Anordnungen, die Erwerb untersagen
– Beschluss über Ver- – keine Compliancewendung des BilanzVerletzung der gewinns Zielgesellschaft – Dividendenausschüttung
Keine Abwehrmaßnahmen
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Verlust von Vermögensgegenständen – kein Insolvenzantrag – Ausscheiden von Vorstandsmitglied Market MAC – SSE Composite Index – Banken-/Börsenschließung in VR China
Market MAC – MDAX
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
521
522
Krause/Favoccia
NECKARPRI GmbH/EnBW Energie Baden-Württemberg AG
SolarWorld AG/ Solarparc AG
Brambles Investment Limited/IFCO Systems N.V.
TAG Immobilien AG/Colonia Real Estate AG
ACS, Actividades de Construcción y Servicios, S.A./HOCHTIEF AG (Tauschangebot)
31.12.2010
23.12.2010
20.12.2010
1.12.2010
Bieter-/ZielGesellschaft
7.1.2011
Datum
–
–
–
–
–
Mindestannahmequote
+
–
+
–
+
Kartellfreigabe
– finanzaufsichtsrechtlich
–
–
–
–
–
–
Market MAC – DAX 30
Market MAC – DAX 30
Target MAC – EBITDA – Eigenkapital
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Sonstige Bedingungen
– Vermögensübertragung
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital; Bezugsrechte; genehmigtes Kapital)
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital ab bestimmtem Umfang)
–
–
– keine nachteiligen Verfügungen oder Anordnungen eines Gerichts oder einer Behörde in Bezug auf bestimmte Tochtergesellschaft der Zielgesellschaft
– kein konkurrierendes Angebot
–
– kein konkurrierendes Angebot
–
– Auflösung von – keine nachteiligen Rücklagen Verfügungen oder – VermögensübertraAnordnungen eines gung Gerichts oder einer – KreditvereinbarunBehörde gen – Garantien/Bürgschaften – Rücknahme der Empfehlung des Angebots
Keine Abwehrmaßnahmen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Alliance Healthcare Deutschland Holdings 1 GmbH/Andreae-Noris Zahn Aktiengesellschaft
OPE Technologie B.V./SMARTRAC N.V.
Deutsche Bank AG/ Deutsche Postbank AG
IDUNA Vereinigte Lebensversicherungen aG für Handwerk, Handel und Gewerbe
Herr Wolfgang Dinkelacker, Sedlmayr Grund und Immobilien KgaA/Dinkelacker AG
Shield Bidco Limited/Utimaco Safeware AG
Datum
29.10.2010
11.10.2010
7.10.2010
14.7.2010
23.6.2010
10.6.2010
–
–
–
–
–
–
–
+
–
–
+
Kartellfreigabe
–
Mindestannahmequote
– außenwirtschaftsrechtlich
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Market MAC – EURO STOXX Banks-Index
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital; Bezugsrechte; genehmigtes Kapital)
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
– Vollzug von Vorerwerb
–
–
– kein konkurrierendes Angebot
–
–
– keine nachteiligen Verfügungen oder Anordnungen eines Gerichts oder einer Behörde, die Angebotskapitalerhöhung untersagen
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
523
524
Herr Günther Leibinger/AdCapital AG
Argon GmbH & Co. KG/P&I Personal & Informatik AG
Thüga Holding GmbH & Co. KgaA, Thüga AG, Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH/Mainova AG
Pelikan International Corporation Berhad/Herlitz AG
22.3.2010
18.3.2010
11.1.2010
Bieter-/ZielGesellschaft
22.5.2010
Datum
Krause/Favoccia
75 %
–
–
–
Mindestannahmequote
+
–
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Target MAC – Ausübung von Akti- – Freigabe bestimm– kein Involvenzantrag enoptionen ter Sicherheiten – Satzungsänderung durch Banken– Kapitalmaßnahmen konsortium – Wandel-/Optionsan- – kein Rücktritt von leihe Vorerwerben – Auflösung von – LöschungsbewilliRücklagen gung Buchgrund– Maßnahmen nach schuld UmwG – Unternehmensverträge – Veränderung in AR – Restrukturierung – Vermögensübertragung – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien – Inanspruchnahme von Bankkrediten
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
SKion GmbH/ ALTANA AG
MHG Media Holdings GmbH/ PROCON MultiMedia AG
Robert Bosch GmbH/aleo solar AG
Datum
9.11.2009
4.11.2009
31.8.2009
75 %
80 %
–
Mindestannahmequote
+
+
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
Target MAC – EBIT – keine Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Target MAC – Zerstörung von Vermögenswerten – Tod von Vorstandsmitgliedern – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital; Optionsanleihen, Wandelschuldverschreibungen) – Umwandlungsmaßnahmen – Vermögensübertragung
– Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung, genehmigtes Kapital, bedingtes Kapital; Wandelanleihen, Optionsanleihen) – Aktienoptionen – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung – Eingehung von Verbindlichkeiten – Verzicht auf Ansprüche – Änderung von Anstellungsverträgen der Vorstandsmitglieder
–
– Unterstützung eines konkurrierenden Angebots
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
525
526
SAG Beteiligungs GmbH/IDS Scheer AG
Giesecke & Devrient GmbH/secunet Security Networks AG
NTT Communications Deutschland GmbH/Integralis AG
Vestcorp AG/Ehlebracht AG
FMI – Film-, Medien- und Internetbeteiligungen GmbH/Odeon Film AG
Finanzmarktstabilisierungsfond (SoFFin)/Hypo Real Estate Holding AG
17.8.2009
30.7.2009
25.6.2009
8.6.2009
17.4.2009
Bieter-/ZielGesellschaft
17.8.2009
Datum
Krause/Favoccia
75 %
47,68 %
–
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
+
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – EBITDA – Konzern-Nettoeigenkapital – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen (keine Kapitalerhöhung und kein Verkauf eigener Aktien) – Vermögensübertragung – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien – Dividendenausschüttung – Unterstützung eines konkurrierenden Angebots
–
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital)
– Vertragsabschlüsse – Eingehung von Verbindlichkeiten
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
White Beteiligungsgesellschaft mbH/ nextevolution AG
KYOCERA MITA Corporation/TA Triumpf-Adler AG
„PERUNI“ Holding GmbH/PC-Ware Information Technologies AG
Skion GmbH/ ALTANA AG
Azkoyen, S.A./Primion Technology AG
Augur Financial Holding Vier GmbH & Co. KG/ cash.life AG
9.2.2009
16.12.2008
28.11.2008
21.11.2008
20.11.2008
15.10.2008
AURELIUS Opportunity Development GmbH/BerentzenGruppe AG
Analytik Jena AG/ CyBio AG
2.4.2009
8.9.2008
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
+
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Market MAC – Dow Jones – Euro Stoxx 50
Target MAC – Unternehmenswert – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Nutzung bedingtes oder genehmigtes Kapital) – Vermögensübertragung
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
527
528
TDK Germany GmbH/EPCOS AG
Sophos Holdings GmbH/Utimaco Safeware AG
Shire Deutschland Investments GmbH/Jerini AG
Schaeffler KG/ Continental AG
Robert Bosch GmbH/ersol Solar Energy AG
21.8.2008
13.8.2008
30.7.2008
4.7.2008
Bieter-/ZielGesellschaft
25.8.2008
Datum
Krause/Favoccia
50,5 %
56 %
–
–
–
Mindestannahmequote
+
+
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
– außenwirtschaftsrechtlich
–
–
–
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren
Target MAC – Netto-Eigenkapital – EBIT – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Kapitalmaßnahmen – Vermögensübertragung – Abschluss bestimmter Lieferverträge – Übernahme von Garantien etc.
– Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung, genehmigtes Kapital; Bezugsrechte/Umtauschrechte; Wandel-/Optionsanleihen)
–
– Kapitalmaßnahmen Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung, Ausnutzung genehmigtes Kapital; Bezugsrechte oder Umtauschrechte) – Satzungsänderung – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung
– Kapitalmaßmaßnahmen – Dividendenausschüttung
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
CSS Computer 75 % Security Solutions Erwerbs GmbH/ COMPUTERLINKS AG
EM.Sport Media AG/Constantin Film AG
ING Direct N.V./ Interhyp AG
STRABAG SE/ STRABAG AG
Eczacibasi Yapi Gerrecleri San. Ce Tic A.S., Eczacibasi Holding A.S./ burgbad AG
Herr Dr. Philipp Daniel Merckle/ Graphit Kropfmühl AG
HRE Investment 20 % Holdings L.P./Hypo Real Estate AG
4.7.2008
25.6.2008
20.6.2008
17.6.2008
9.6.2008
28.5.2008
23.5.2008 –
–
+
–
–
–
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
– finanzmarktaufsichtsrechtlich
–
–
–
– bankaufsichtsrechtlich
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Unternehmenswert
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Kapitalmaßnahmen (keine Kapitalerhöhung, keine Ausgabe von Aktien oder
–
– Kapitalmaßnahmen Kapitalmaßnahmen (keine Reorganisation/Kapitalerhöhung) – Ausgabe neuer Aktien – Maßnahmen nach UmwG – Dividendenausschüttung – Unternehmensbeteiligungen
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
– Vollzug von Vorerwerb
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
529
530
Krause/Favoccia
Pyramus S.à.r.l./ D+S europe AG
AMG Invest GmbH/Graphit Kropfmühl AG
MPC Münchmeyer Petersen Capital AG/HCI Capital AG
Grainger FRM GmbH/Francono Rhein-Main AG
Swiss Life Beteiligungs GmbH/ AWD Holding
28.4.2008
12.3.2008
3.3.2008
14.1.2008
Bieter-/ZielGesellschaft
15.5.2008
Datum
70 %
–
–
–
–
Mindestannahmequote
+
+
–
+
Kartellfreigabe
– finanzmarktaufsichtsrechtlich
– finanzmarktaufsichtsrechtlich
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Konzern-EBITDA – Konzerneigenkapital – Nettobuchwert – kein Insolvenzverfahren Market MAC – EPRA Germany Index – keine Einstellung des Devisenhandels – keine Währungs-/ Devisenkontrollbeschränkungen
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– Kapitalmaßnahmen (Grundkapital) – Satzungsänderung – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung
–
–
–
Wandelschuldverschreibungen, keine Teilung oder Zusammenlegung von HRE-Aktien)
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Computershare Beteiligungs GmbH & Co. KG/VEM Aktienbank AG
Norddeutsche Landesbank – Girozentrale/Deutsche Hypothekenbank AG
FLUXX AG/ SPORTWETTEN.DE AG
SBW SchweizerBeteiligungs-Werte AG/FHR Finanzhaus AG
NTT DATA Europe GmbH & Co. KG/ itelligence AG
Datum
19.12.2007
5.12.2007
23.11.2007
13.11.2007
13.11.2007
54,7 %
75 %
–
–
–
Mindestannahmequote
+
–
–
+
+
Kartellfreigabe
–
– bankaufsichtsrechtlich
–
–
– bankaufsichtsrechtlich
Target MAC – Konzernumsatz – EBITDA – kein Insolvenzverfahren
–
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren – kein Bankenmoratorium oder Einstellung des Bank- und Börsenverkehrs gem. § 47 KWG
Target MAC – keine Überschuldung/Zahlungsunfähigkeit – kein Widerruf der Teilbanklizenz – keine Maßnahmen nach §§ 46 oder 46a KWG
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
– keine Veränderungen im VO – Vollzug von Vorerwerb
Sonstige Bedingungen
– Kapitalmaßnahmen – Annahme durch (Kapitalerhöhung) VO-Vorsitzenden – Veräußerung eigener und Ehefrau Aktien – Nichteinberufung – DividendenausHauptversammschüttung lung – Vermögensübertragung
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
531
Boursorama SA/ OnVista AG
RCM Beteiligungs 75 % AG/SM Wirtschaftsberatungs AG
Udai Vermögensverwaltung GmbH/ Röder Zeltsysteme und Service AG
Alcon, Inc./WaveLight AG
Holtzbrinck Networks GmbH/ Abacho AG
31.10.2007
16.10.2007
15.10.2007
13.8.2007
9.8.2007
532
Krause/Favoccia
75 %
MEIF II Energie Beteiligungen & Co. KG/Techem AG
–
–
–
–
Mindestannahmequote
5.11.2007
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
+
–
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – EBIT – kein Insolvenzverfahren
–
Market MAC – DAX 30
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahme (Kapitalerhöhung; Aktienoptionen; genehmigtes oder bedingtes Kapital) – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung – Kündigung des Business Combination Agreement
–
–
–
–
– Unternehmensverträge – Joint-Venture-Verträge
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Omega I S.à.r.l./ PrimaCom AG
Red & Black Lux S.à.r.l./Hugo Boss AG
E/LHS Acquisition GmbH/LHS AG
Summit Real-Estate Lambda GmbH/ Deutsche Real Estate AG
26.7.2007
12.7.2007
9.7.2007
27.6.2007
50,1 %
Erwerbsgesellschaft 95 % der S-Finanzgruppe mbH & Co. KG/ Landesbank Berlin Holding AG
1.8.2007
–
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
+
+
–
Kartellfreigabe
–
–
–
– bankaufsichtsrechtlich
–
–
Target MAC – Konzernumsatz
Target MAC – Unternehmenswert – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse – Nicht-Befreiung von Angebotspflicht im Hinblick auf Vorerwerb – Nichtannahme des Angebots durch das Land Berlin
Sonstige Bedingungen
–
–
–
– Vollzug von Vorerwerb – Zustimmung einer Bank zur Abtretung eines Darlehens – Beitritt des Bieters zu einem Darlehenskaufvertrag
– keine nachteiligen Verfügungen oder Anordnungen eines Gerichts oder einer Behörde
– Vollzug von Vorerwerb
– Kapitalmaßnahmen – kein konkurrieren(Erhöhung Grunddes Angebot kapital) – Ausgabe neuer Aktien – Teilung, Zusammenlegung oder Neueinteilung von Aktien – Vermögensübertragung
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
533
534
Krause/Favoccia
Sapardis S.A./Puma AG Rudolf Dassler Sport
Salzgitter Mannesmann GmbH/ Klöckner-Werke AG
Siemens AG/IBS 75 % Aktiengesellschaft excellence, collaboration, manufacturing
14.5.2007
30.4.2007
23.4.2007
–
–
–
Mindestannahmequote
QXL GmbH/ ricardo.de AG
Bieter-/ZielGesellschaft
27.6.2007
Datum
+
+
+
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Netto-Umsatzerlös – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital) – Dividendenausschüttung – Auflösung von Rücklagen – Maßnahmen nach UmwG – Unternehmensverträge – Vermögensübertragung
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
– kein konkurrierendes Angebot
– Vollzug von Vorerwerb
–
–
– Umstrukturierung Zielgesellschaft Amtniederlegung in AR – Amtsniederlegung in GF – Angebot führt bei Ziel-gesellschaft nicht zu einer Steuerbelastung von mehr als EUR 3 Mio.
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
TS Metropolis S.à.r.l./a.a.a. aktiengesellschaft allgemeine anlageverwaltung
ALL3MEDIA Deutschland AG/ MME Moviement AG
Suzlon Windenergie GmbH/Repower Systems AG
Allianz AZL Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG/ Allianz-Lebensversicherungs AG
Reverse Logistics GmbH/CCR Logistic Systems AG
Datum
5.4.2007
29.3.2007
28.2.2007
28.2.2007
20.2.2007
75 %
–
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
+
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Netto-Eigenkapital – EBIT – kein Insolvenzverfahren
Target MAC – Eigenkapital – EBITDA – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Zustimmung der Zielgesellschaft zur Übertragung der Aktien im Rahmen des Vollzug des Angebots
–
– Vollzug von Vorerwerb
–
Sonstige Bedingungen
– Kapitalmaßnahmen – keine nachteiligen (Erhöhung GrundVerfügungen oder kapital, Ausgabe von Anordnungen eines Aktien) Gerichts oder einer Behörde
–
– Kapitalmaßnahme (Kapitalerhöhung/ Nutzung bedingtes Kapital ab gewissem Umfang)
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahmen – Dividendenausschüttung
–
– Aktienoptionsprogramme – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien – Pensionsverpflichtungen – Bonusprogramme
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
535
536
AREVA/Repower Systems AG
ACM Projektentwicklung GmbH/ Leica Camera AG
Lavena Holding 4 GmbH/ProSiebenSat. 1 Media AG
Mustaphar 5. Verwaltungs GmbH/ Hamborner AG
2.2.2007
30.1.2007
25.1.2007
Bieter-/ZielGesellschaft
5.2.2007
Datum
50 %
Krause/Favoccia –
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren Market MAC – DAX 30
Target MAC – EBITDA – Konzerneigenkapital – kein Insolvenzverfahren Market MAC – DAX 30 – keine Währungs-/ Devisenkontrollbeschränkungen
–
Target MAC – Jahresergebnis vor Steuern
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital; Nutzung genehmigtes Kapital; Bezugs-/Umtauschrechte) – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung, Bezugs-/Umtauschrechte) – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung
–
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital, Bezugs-/ Umtauschrechte) – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung
Keine Abwehrmaßnahmen
– kein konkurrierendes Angebot – keine Verlängerung der Annahmefrist
– Vollzug von Vorerwerb
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Beko Holding AG/ Triplan AG
GBH Acquisition GmbH/Grundstücks- und Baugesellschaft AG
Heat Beteiligungs III GmbH/Techem AG
Buzzi Unicem S.p.A./Dyckerhoff AG
Pixelpark AG/ Elephant Seven AG
Küchen Holding GmbH/ALNO AG
Blitz F05-417 GmbH/Kampa AG
MEIF II Energie Beteiligungen GmbH & Co. KG
Datum
11.1.2007
16.12.2006
14.12.2006
7.12.2006
2.12.2006
27.11.2006
18.11.2006
16.11.2006
70,5 %
75 %
95 %
50,1 %
–
–
–
–
Mindestannahmequote
+
–
+
–
–
+
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
– –
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren Market MAC – DAX 30
–
–
–
–
Target MAC – Umsatz Market MAC – DAX 30
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Satzungsänderung – Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital, Nutzung genehmigtes Kapital) – Dividendenausschüttung – Vermögensübertragung
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen – Vermögensübertragung
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
– kein konkurrierendes Angebot – keine Verlängerung der Annahmefrist
–
–
– Aktien erreichen den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Umtauschaktien
–
–
– Vollzug von Vorerwerb
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
537
538
UCB SA, UCB SB GmbH/Schwarz Pharma AG
Eurofins Genomics B.V./MWG Biotech AG
Optco Acquisitions GmbH/LINOS AG
DH-Capital GmbH & Co. KG, OH Beteiligungen GmbH & Co. KG/ LION bioscience AG
QSC AG/Broadnet AG
Crystal Capital GmbH/WMF Württembergische Metallwarenfabrik AG
16.9.2006
24.8.2006
15.8.2006
22.7.2006
13.7.2006
Bieter-/ZielGesellschaft
10.11.2006
Datum
Krause/Favoccia
30 %
75 %
–
–
–
–
+
–
–
+
+
Kartellfreigabe
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Ergebnis vor Ertragssteuern
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Sonstige Bedingungen
–
–
–
– Kapitalmaßahmen
–
–
–
–
– keine nachteiligen Gesetze bzw. Verfügungen oder Anordnungen eines Gerichts oder einer Behörde
–
– Kapitalmaßnahmen – Annahme durch (Kapitalerhöhung, Familienaktionäre Aktiensplit, Neuklassifizierungen von Aktien) – Vermögensübertragung – Dividendenausschüttung
Keine Abwehrmaßnahmen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
DRB Beteiligungs GmbH & Co. KG/ Dolerit-Basalt Grundwert- und Beteiligungs i.L.
GFP Vermögensverwaltungs GmbH & Co. Beteiligungs KG/Odeon Film AG
24.5.2006
18.5.2006
Bandai GmbH/Zapf 75 % Creation AG
28.6.2006
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren Market MAC – Dow Jones – Euro Stoxx 50 – DAX 30
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Sonstige Bedingungen
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen – kein konkurrieren– Dividendenausdes Angebot schüttung – Auflösung von Rücklagen – Maßnahmen nach UmwG – Unternehmensverträge – Änderungen im AR – Vermögensübertragung – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien – Aktienoptionsprogramme – Pensionsverpflichtungen – Bonusprogramme – Unternehmensbeteiligungen – Verteidigungsmaßnahmen i.S.v. § 33 WpÜG
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
539
540
Dritte BV GmbH/ Schering AG
Generali Beteiligungs AG/AMB Generali Holding AG
Delta Beteiligungen AG/Beta Systems Software AG
Adecco Germany Holding GmbH/ DIS Deutscher Industrie Service AG
Emerson Electric Nederland B.V./ Knürr AG
RAG Projektgesellschaft mbH/ Degussa AG
AXA/AXA Konzern AG
25.3.2006
22.2.2006
6.2.2006
2.2.2006
27.1.2006
9.1.2006
Bieter-/ZielGesellschaft
13.4.2006
Datum
Krause/Favoccia
95 %
95 %
75 %
–
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
+
–
–
+
Kartellfreigabe
–
– behördliche Genehmigungen
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Sonstige Bedingungen
Market MAC – Dow Jones – Euro Stoxx 50 – DAX 30
–
–
Target MAC – Netto-Eigenkapital – EBIT – kein Insolvenzverfahren
Target MAC – Grundkapital – keine Insolvenzanmeldung
Market MAC – DAX 30 – 10-Jahres-EuroSwapsatz
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
– Eintragung von Beschluss und Durchführung der Sachkapitalerhöhung
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – keine nachteiligen – Jahresergebnis vor (Erhöhung GrundGesetze bzw. VerSteuern kapital, Ausgabe/Teifügungen oder Anlung/Zusammenleordnungen eines Market MAC gung/Neueinteilung Gerichts oder einer – keine Einstellung des von Aktien) Behörde Devisenhandels oder – Umwandlungsmaßder Fremdkapitalnahmen märkte – Vermögensübertra– DAX 30 gung
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Singulus Technologies AG/STEAG Hama Tech AG
HSW GmbH/ SENATOR Entertainment AG
16.12.2005
29.11.2005
Herr Kurt Krieger/ Möbel Walther AG
Etex Holding GmbH/Creaton AG
20.12.2005
17.11.2005
Sumida Holding Germany GmbH/ VOGT electronic AG
22.12.2005
75 %
ELK Fertighaus AG/ 75 % Bien-Zenker AG
Isabell Finance Vermögensverwaltung GmbH/ INTERSEROH AG
5.1.2006
–
–
–
–
–
Mindestannahmequote
26.11.2005
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
Krause/Favoccia –
–
–
+
–
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Unternehmenswert
–
Target MAC – EBITDA
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
– Satzungsänderungen – Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital) – Dividendenausschüttung – Auflösung von Rücklagen – Maßnahmen nach UmwG – Unternehmensverträge – Vermögensübertragung – Belastung mit Sicherheiten
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
– Vollzug von Vorerwerb
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
§ 18
541
542
Krause/Favoccia
Aktieninvestor.com AG und Herr Dr. Michael Briem/ TV-Loonland
NDO Services B.V./ arxes Network Communication Consulting AG
Stationery Products 60 % S.à.r.l./Herlitz AG
25.10.2005
8.10.2005
23.9.2005
60 %
DKM Asset Ma95 % nagement AG/DKM Wertpapierhandelsbank AG
9.11.2005
–
–
Mindestannahmequote
SAP AG/SAP Systems Integration AG
Bieter-/ZielGesellschaft
15.11.2005
Datum
–
–
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – kein Insolvenzverfahren
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
– Satzungsänderung – Eintritt der Voll– Kapitalmaßnahmen zugsbedingungen – Dividendenausdes neuem Bankschüttung darlehens der Ziel– Auflösung von gesellschaft Rücklagen – Maßnahmen nach UmwG – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien – Unternehmensverträge – Änderungen im AR – Vermögensübertragung – Inanspruchnahme von Bankdarlehen – Eingehung von Verbindlichkeiten
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Deutsche Balaton AG/ihre Aktionäre
NDO Services B.V./ arxes Network Communication Consulting AG
UniCredito Italiano 65 % S.p.A./Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG
Nachtwache Acquisition GmbH/G. Kromschröder AG
Solvay Organics GmbH/Girindus AG
8.9.2005
1.9.2005
26.8.2005
4.8.2005
22.7.2005
51 %
75 %
Axel Springer AG/ ProSiebenSat. 1 Media AG
16.9.2005
–
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
+
–
+
–
–
+
Kartellfreigabe
–
–
– aufsichtsrechtlich
–
–
– medienaufsichtsrechtlich
–
–
–
–
–
Target MAC – konsolidiertes Eigenkapital – keine Zahlungsunfähigkeit
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
–
–
– Unternehmensbeteiligungen – Empfehlung zur Annahme eines konkurrierenden Angebots – keine Ausübung von Optionsrechten
Keine Abwehrmaßnahmen
– Gebrauchmachen von genehmigtem Kapital und Ausgabe an Bieter – keine nachteiligen Verfügungen oder Anordnungen eines Gerichts oder einer Behörde
– Vollzug von Vorerwerb
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
543
544
Krause/Favoccia
Spohn Cement AG/ HeidelbergCement AG
Stotmeister Erwerbs 32,01 % GmbH & Co. KG/ Sto AG
E.ON Energie AG/ Contigas DeutscheEnergie AG
cellent AG/tiscon AG Infosystems
OJSC Konzern „KALINA“/ Dr. Scheller Cosmetics AG
Grundstücks- und Baugesellschaft AG/ eigene Aktionäre
28.6.2005
31.5.2005
11.5.2005
24.3.2005
4.2.2005
20.1.2005
21 %
95 %
Deutsche Beteiligungs AG/ihre Aktionäre
30.6.2005
50 %
–
–
–
–
Mindestannahmequote
SC Beteiligungsgesellschaft mbH/ Süd-Chemie AG
Bieter-/ZielGesellschaft
19.7.2005
Datum
–
–
–
–
–
+
–
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Konzernergebnis – keine vorzeitige Fälligstellung von Bankkrediten
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
– Kapitalmaßnahmen (keine Maßnahmen der Kapitalbeschaffung, mit Ausnahme einer bedingten Kapitalerhöhung, oder der Kapitalherabsetzung)
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital oder Stimmrechte)
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
HeidelbergCementAG/Teutonia Zementwerk AG
BorgWarner/Beru AG
Deutsche Telekom AG/T-Online International AG
edding AG/eigene Aktionäre
Körber AG/Wink75 % ler + Dünnebier AG
Viacom Holdings Germany LLC/VIVA Media AG
19.1.2005
8.12.2004
26.11.2004
17.11.2004
7.10.2004
24.8.2004
–
–
–
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
+
–
–
–
+
–
Kartellfreigabe
– medienaufsichtsrechtlich
–
–
–
–
–
–
Target MAC – konsolidiertes Eigenkapital – kein Insolvenzverfahren Market MAC – kein Bankenmoratorium – keine Aussetzung der Währungsmärkte
Target MAC – kein Insolvenzverfahren
–
–
Target MAC – EBITDA
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
– Kapitalmaßnahmen (Erhöhung Grundkapital) – Dividendenausschüttung – Maßnahmen nach UmwG – Verschlechterung von Vermögensgegenstände – Vermögensübertragung – Eingehung von Verbindlichkeiten – Unternehmensbeteiligungen – Anstieg des Personalaufwands – Tarifverträge/Betriebsvereinbarungen
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
– keine nachteiligen Verfügungen oder Anordnungen eines Gerichts oder einer Behörde – keine Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften – Erhalt der Rundfunklizenzen
–
– kein konkurrierendes Angebot
–
–
– Vollzug von Vorerwerb
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
545
546
Krause/Favoccia
IPCar Beteiligungs GmbH/P&I Personal Informatik AG
Telco Holding S.à.r.l./debitel AG
Continental AG/ Phoenix AG
RB Brauholding GmbH/Brau und Brunnen AG
1.6.2004
26.4.2004
24.3.2004
Bieter-/ZielGesellschaft
27.7.2004
Datum
75 %
–
–
–
Mindestannahmequote
+
+
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
– Aktienoptionsplan – Unterstützung eines konkurrierenden Angebots – Programmerwerbsverträge – Satellitenleasingverträge – Mietverträge – Programmcharakter
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – keine Zerstörung (Erhöhung Grundvon Betriebsstätten kapital) – kein Insolvenzver– Dividendenausfahren schüttung Market MAC – DAX 30 – kein Bankenmoratorium oder Börsenschließung
Target MAC – konsolidiertes Eigenkapital – konsolidierter EBITDA
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
– Vollzug von Vorerwerb
– Vollzug von Vorerwerb
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Laontae Beteiligungs GmbH/Felten & Guilleaume
Beiersdorf AG/eigene Aktionäre
23.12.2003
BCP Crystal 85 % Acquisition GmbH/ Celanese AG
2.2.2004
16.1.2004
Carlsberg Deutschland GmbH/Holsten-Brauerei AG
12.2.2004
75 %
Giesecke & Devrient/secunet Security Networks AG
10.3.2004
–
–
–
Mindestannahmequote
Bieter-/ZielGesellschaft
Datum
–
–
+
+
+
Kartellfreigabe
–
–
– versicherungsaufsichtsrechtlich
–
–
–
–
–
Target MAC – EBITDA Market MAC – kein Bankenmoratorium oder Schließung von Kreditinstituten – keine Einstellung des Devisenhandels bzw. keine Beschränkungen – Dow Jones Index
Target MAC – keine Zerstörung von Betriebsstätten – Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
Sonstige Bedingungen
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen – keine nachteiligen (Erhöhung GrundVorschriften, bekapital) hördliche oder ge– Maßnahmen nach richtliche AnordUmwG nungen – Erwerb/Veräußerung eigener Aktien – Vermögensübertragung – Eingehung von Verbindlichkeiten – Unternehmensbeteiligungen – Forderungsverzicht/ -abtretung – Empfehlung zur Annahme eines konkurrierenden Angebots
– Kapitalmaßnahmen (Begebung neue Aktien oder Wandelschuldverschreibungen)
–
Keine Abwehrmaßnahmen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
547
548
Agilisys B.V./infor business solutions AG
ITT Industries German Holding GmbH/WEDECO AG Water Technology
2016091 Ontario Inc./IXOS Software AG
BorgWarner Europe Inc./Aktiengesellschaft Kühnle, Kopp & Kausch
Spütz AG/eigene Aktionäre
Systems Union Group plc./MIS AG
Isosolar Nordic Holding AG/ Autania AG
9.12.2003
1.12.2003
29.11.2003
18.11.2003
1.11.2003
23.10.2003
Bieter-/ZielGesellschaft
9.12.2003
Datum
Krause/Favoccia
85 %
67 %
95 %
75 %
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
–
+
+
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
Target MAC – Aktiva
Target MAC – Netto-Eigenkapital – EBIT
–
–
–
–
– Kapitalmaßnahmen (Ausgabe stimmberechtigtes Kapital oder Wandlungsoder Optionsrechte)
–
Target MAC – Kapitalmaßnahmen – Aktiva (Ausgabe stimm– keine Zahlungsunfäberechtigter Aktien higkeit/Überschulaus genehmigtem dung oder bedingtem Kapital)
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
– Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft des Bieters zur Ausgabe von Umtauschaktien
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
GFKL Financial Services AG/ABIT AG
Axel Springer/eigene Aktionäre
2016090 Ontario Inc./Gauss Interprise AG
Buzzi Unicem S.p.A./Dyckerhoff AG
GlobalWare AG/ GAP AG
Scholz & Friends Holding GmbH/ Scholz & Friends
Datum
10.10.2003
10.10.2003
22.9.2003
20.8.2003
1.8.2003
18.7.2003
50 %
50 %
75 %
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
– Zustimmung der Hauptversammlung der Zielgesellschaft zu Verschmelzungsvertrag mit Tochtergesellschaft des Bieters
Sonstige Bedingungen
–
–
–
–
–
–
–
–
– Bestätigung des Einbringungswerts der Kapitalerhöhung des Bieters
Target MAC – Kapitalmaßnah– kein nach § 15 – EBITDA men(Ausgabe WpHG relevanter – keine Zahlungsunfästimmberechtigtes Verstoß gegen higkeit/ÜberschulKapital oder WandRechtsvorschriften dung lungs- oder Optionsdurch den Vorrechte) stand der Zielge– Vermögensübertrasellschaft gung – keine Einleitung – Eingehung von Vergerichtlicher oder bindlichkeiten schiedsgerichtli– Erwerb eigener Akticher Streitigkeiten en oder Verwaltungs– Unternehmensbeteiverfahren ligung
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
549
550
Krause/Favoccia
Coherent Holding GmbH/Lambda Physik AG
Rheinmetall Berlin Verwaltungsgesellschaft mbH/Kolbenschmidt Pierburg AG
E.ON Energie AG/ E.ON Bayern AG
Siemens AG/Cycos AG
Robert Bosch 50 % GmbH/Buderus AG
AS Deutschland GmbH/Jado AG
4.6.2003
23.5.2003
21.5.2003
8.5.2003
8.5.2003
7.5.2003
95 %
95 %
95 %
Brain Force Software AG/NSE Software AG
6.6.2003
95 %
2026140 Ontario Inc./W.E.T. Automotive Systems AG
26.6.2003
–
–
–
–
Mindestannahmequote
Ruhrgas Industries GmbH/G. Kromschröder AG
Bieter-/ZielGesellschaft
26.6.2003
Datum
–
+
+
–
–
–
–
+
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Target MAC – Konzernergebnis
–
– Aktienkurs der als Gegenleistung angebotenen Aktien der Muttergesellschaft des Bieters darf einen bestimmten Wert nicht unterschreiten
–
–
–
Target MAC – Operatives Konzernergebnis
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
–
– Vollzug von Vorerwerb verstößt nicht gegen geänderte Rechtslage
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Procter/Gamble Germany Management GmbH/Wella AG
TFG Venture Capital AG & Co. KgaA/ i:FAO AG
Eurofins Scientific S.A./GeneScan Europe AG
BestmeatCompany B.V./A. Moksel AG
EdCar Beteiligungs GmbH & Co. KG/ Edscha AG
Dr. Johann Inselkammer/INKA Aktiengesellschaft für Beteiligungen
Sommer S.A./Tarkett Sommer AG
Thiel Logistik AG/ Microlog Logistics AG
Sandvik Holding GmbH/Walter AG
Bayerische Hypound Vereinsbank AG/HVB Real Estate Bank AG
Datum
28.4.2003
12.4.2003
1.4.2003
23.1.2003
7.12.2002
29.11.2002
28.11.2002
1.11.2002
29.10.2002
19.9.2002
13,3 %
95 %
75 %
50 %
–
–
–
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
–
–
–
+
+
–
–
–
Kartellfreigabe
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
–
–
–
–
– Vollzug von Vorerwerb
–
–
– Vollzug von Vorerwerb
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
551
552
DB Sechste Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH/Stinnes AG
Bilfinger Berger AG/ Rheinhold & Mahla AG
Nordag AG/B.U.S. Berzelius UmweltService AG
VTG Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH/VTG-Lehnkering AG
KWL Kraftwerk Laufenburg
Media[netCom] AG/Internolix AG
NewMedia SparkHolding GmbH/ Spütz AG
RAG Projektgesellschaft mbH/ Degussa AG
BNP Paribas/ Consors Discount Broker AG
AWD Holding AG/ tecis Holding AG
12.7.2002
12.7.2002
5.7.2002
2.7.2002
2.7.2002
1.7.2002
24.6.2002
12.6.2002
6.6.2002
Bieter-/ZielGesellschaft
7.8.2002
Datum
Krause/Favoccia
75 %
95 %
–
–
–
–
–
–
–
–
Mindestannahmequote
–
–
+
–
–
–
–
–
+
+
Kartellfreigabe
–
–
– Zustimmung BRD und NRW
–
–
–
–
–
–
– haushaltsrechtlich
Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Keine Abwehrmaßnahmen
–
–
– Vollzug einer anderen Transaktion
–
– Eintragung der Kapitalerhöhungsbeschlüsse des Bieters
–
–
– Zustimmung der Hauptversammlung des Bieters
–
–
Sonstige Bedingungen
§ 18 Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Bieter-/ZielGesellschaft
Finba Bakery Europe AG/Kamps AG
Texas Instruments Incorporated/Condat AG
A. Racke GmbH + Co/C.A. kupferberg & Cie. KGaA
Deutsche Balaton AG/Beta Systems Software AG
United United Internet AG/Adlink Internet Media AG
Adecco S.A./ jobpilot AG
CLC AG/CAMELOT Tele.Communication.Online. AG
OgilvyOne worldwide GmbH & Co. KG/Concept AG!
DePfa Holding plc/ DePfa Deutsche Pfandbriefbank AG
Datum
25.5.2002
3.4.2002
23.3.2002
20.3.2002
19.3.2002
19.3.2002
18.3.2002
23.2.2002
19.1.2002
90 %
75 %
75 %
95 %
23,12 %
–
–
–
50 % (muss auch bei Angebotsvollzug vorliegen)
Mindestannahmequote
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+
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Kartellfreigabe
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Sonstige behördliche MAC Erlaubnisse
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– keine Abwehrmaßnahmen i.S.d. § 33 Abs. 1 und 2 WpÜG)
Keine Abwehrmaßnahmen
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–
– Mindestannahmequote von Vorerwerb ist erfüllt
–
Sonstige Bedingungen
Bedingungen; Unzulässigkeit des Vorbehalts des Rücktritts und des Widerrufs
Krause/Favoccia
§ 18
553
§ 19 Rz. 1 Zuteilung bei einem Teilangebot
§ 19 Zuteilung bei einem Teilangebot Ist bei einem Angebot, das auf den Erwerb nur eines bestimmten Anteils oder einer bestimmten Anzahl der Wertpapiere gerichtet ist, der Anteil oder die Anzahl der Wertpapiere, die der Bieter erwerben kann, höher als der Anteil oder die Anzahl der Wertpapiere, die der Bieter zu erwerben sich verpflichtet hat, so sind die Annahmeerklärungen grundsätzlich verhältnismäßig zu berücksichtigen. A. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . .
1
B. Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . C. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 7
D. I. II. III.
Das Zuteilungsverfahren . . . . . . . . . . Grundsatz der pro rata-Zuteilung . . . . . Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung der das Angebot übersteigenden Annahmeerklärungen . . . . . . . . . IV. Folgen bei Angebotsunterzeichnung . . . . V. Änderung der Zuteilungsregeln . . . . . .
. . .
9 9 12
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15 16 17
VI. Transparenz des Verfahrens . . . . . . . . . . VII. Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . . E. I. II. III. IV. V. F.
Blick über die Grenze . . . . . . . . . Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der Teilangebote seit 2002 .
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. . . . . . .
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18 19 20 20 21 22 23 24 25
A. Regelungsgegenstand 1
§ 19 WpÜG regelt die Sachverhalte, in denen der Bieter sein Angebot auf einen bestimmten Teil des Grundkapitals oder eine bestimmte Anzahl der Wertpapiere begrenzt hat und eine darüber hinausgehende Anzahl von Wertpapierinhabern ihre Wertpapiere dem Bieter veräußern möchte. In diesen Fällen sind verkaufsbereite Wertpapierinhaber grundsätzlich anteilmäßig zu berücksichtigen. Die Regelung ist Ausfluss des in § 3 Abs. 1 WpÜG verankerten allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes und verhindert, dass bei das Angebot übersteigenden Annahmeerklärungen eine Zuteilung nach anderen Kriterien, beispielsweise nach dem Prioritätsprinzip, erfolgt1 oder das Angebot von vornherein nur gegenüber bestimmten Aktionären abgegeben wird2. In der Praxis kommen Teilangebote eher selten vor3.
B. Anwendungsbereich der Norm 2
Die Vorschrift findet nur Anwendung auf öffentliche Erwerbsangebote, d.h. auf freiwillige Angebote, die entweder zum Erwerb einer Beteiligung dienen, die unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Beteiligung unterhalb der Kontrollschwelle des § 29 WpÜG bleibt, oder, sofern schon eine Kontrollbeteiligung besteht, auf die Aufstockung dieser Beteiligung zielen4. Dabei bestimmt § 19 WpÜG nicht die Zulässigkeit von Teilangeboten, sondern unterstellt deren Zulässigkeit. Die Zulässigkeit von Teil1 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 3; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 5; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 3; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 5; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 2; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 1 ff.; a.A. Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 4, wonach ein Verfahren nach dem Prinzip „first come first serve“ mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sei. 2 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 2. 3 Von den von der BaFin veröffentlichten Angeboten der Jahre 2009 und 2010 wurde nur jeweils eines als Teilangebot abgegeben, in 2011 zwei Teilangebote, in 2012 drei Teilangebote, in 2013 und 2014 jeweils ein Teilangebot, in 2015 zwei Teilangebote, in 2016 ein Teilangebot, in 2017 kein Teilangebot und in 2018 zwei Teilangebote, siehe die Übersicht der Teilangebote in Rz. 25. 4 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 13; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 6; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 3. Zu den Auswirkungen einer sog. Creeping-in-Regelung auf den Anwendungsbereich von § 19 WpÜG vgl. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 7.
554
Favoccia
Zuteilung bei einem Teilangebot
Rz. 4 § 19
angeboten bei Erwerbsangeboten ergibt sich wiederum im Umkehrschluss aus § 32 WpÜG. Danach sind Übernahmeangebote, die sich nur auf einen Teil der Aktien der Zielgesellschaft erstrecken, unzulässig, und zwar auch dann, wenn sich das Übernahmeangebot ausschließlich auf nicht an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 7 WpÜG notierte Wertpapiere der Zielgesellschaft bezieht (siehe hierzu § 32 WpÜG Rz. 11). Unzulässig sind Teilangebote ferner bei Pflichtangeboten; die Geltung von § 19 WpÜG ist für Pflichtangebote durch die Regelung in § 39 WpÜG ausgeschlossen. Bei Übernahme- und Pflichtangeboten ist der Bieter mithin grundsätzlich5 verpflichtet, alle von der Zielgesellschaft emittierten Aktien in sein Angebot einzubeziehen6. Ebenfalls nicht anwendbar ist § 19 WpÜG für den Fall, dass sich das Angebot ausschließlich auf nicht zugelassene Wertpapiere beschränkt (vgl. § 1 WpÜG Rz. 29)7. Und Delisting-Angebote müssen nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BörsG ebenfalls zwingend Vollangebote sein. § 19 WpÜG erfasst auch Angebote für Wertpapiere, die keine Stimmrechte beinhalten, z.B. Wandelschuldverschreibungen oder Optionsscheine8; dies gilt selbst dann, wenn sie auf den Erwerb von über 30 % dieser Wertpapiere gerichtet sind9. Hingegen findet § 19 WpÜG keine Anwendung auf den Erwerb eigener Aktien durch die Zielgesellschaft, da insoweit § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 bis 5 AktG i.V.m. § 53a AktG leges specialis sind10. § 19 WpÜG findet auch keine Anwendung bei Angeboten nach § 1 Abs. 2 WpÜG (Zielgesellschaft mit Sitz im Inland und ausschließlicher Auslandszulassung), da diese Regelung ein Übernahme- oder Pflichtangebot voraussetzt. Mangels Verweis in § 1 Abs. 4 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AnwendbarkeitsVO gilt dies auch für Angebote i.S.d. § 1 Abs. 3 WpÜG (Zielgesellschaft im Ausland und Zulassung im Inland und/oder Drittstaaten).
3
Eine Beschränkung des Angebots bei öffentlichen Erwerbsangeboten ist lediglich im Hinblick auf 4 den Anteil am Grundkapital oder die Zahl der Wertpapiere möglich. Unzulässig ist insbesondere die Beschränkung auf einzelne namentlich benannte Aktionäre oder auf bestimmte Aktionärstypen, z.B. Arbeitnehmer oder Aktionäre mit Mindestaktienzahl11. Der Bieter kann darüber hinaus sein Angebot auch auf bestimmte Wertpapiergattungen beschränken. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass aus teleologischer Warte lediglich dann ein Teilangebot i.S.d. § 19 WpÜG vorliegen kann, wenn es sich auf einen Teil der jeweiligen Gattung beschränkt.12 Denn würden alle Aktien der jeweiligen Gattung Gegenstand des Angebots sein, könnte der durch § 19 WpÜG geregelte Fall der Überzeichnung nicht eintreten, weshalb in einem solchen Fall zwar ein Teilangebot im allgemeinen Sprachgebrauch, jedoch kein Teilangebot i.S.d. § 19 WpÜG vorliegt.13 Erfasst das Angebot etwa ausschließlich einen Teil der stimmrechtslosen Vorzugsaktien, handelt es sich um ein zulässiges Teilangebot, da die Kontrollschwelle nicht erreicht werden kann14. Bei einem Teilangebot gerichtet auf den Erwerb eines Teils der Stamm5 Ausnahmemöglichkeiten bestehen lediglich unter den Voraussetzungen des § 24 WpÜG und wenn der Bieter von der Verpflichtung, ein Übernahmeangebot abzugeben, nach § 37 WpÜG befreit wurde, siehe Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 37 WpÜG Rz. 97; Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 37 WpÜG Rz. 188. 6 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 13; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 6; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 3; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwarz/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 1; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 2; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 7 f.; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 7, der es contra legem für zulässig hält, freiwillige Übernahmeangebote als Teilangebote abzugeben, zumindest dann, wenn die BaFin vom Pflichtangebot gemäß § 37 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 WpÜG-AngVO befreien müsse. 7 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 27; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 1 WpÜG Rz. 41. 8 Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 3; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 7; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 2; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 1. 9 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 7; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 2. 10 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 14; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 14; a.A. Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1517 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 5; vgl. hierzu die geänderte Verwaltungspraxis der BaFin seit Schreiben vom 9.8.2006, wonach das WpÜG bei einem öffentlichen Angebot zum Rückerwerb eigener Aktien keine Anwendung (mehr) findet. 11 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 11. 12 A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 12, 21, der auch dann von einem Teilangebot i.S.d. § 19 WpÜG ausgeht, wenn sich das Angebot auf den Erwerb sämtlicher Wertpapiere einer Gattung richtet. 13 So auch Thoma, in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 11. 14 Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 6; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 23.
Favoccia
555
§ 19 Rz. 4 Zuteilung bei einem Teilangebot aktien ist wegen § 32 WpÜG erforderlich, dass entweder bereits Kontrolle bestand, oder jedenfalls durch das Angebot die Kontrolle nicht überschritten wird.15 Darüber hinaus ist eine Beschränkung auf Wertpapiere, die bis zur Veröffentlichung eines Angebots ausgegeben werden, unzulässig. Zwar führt dies dazu, dass der Bieter bei Abgabe des Angebots nicht den genauen Umfang seiner Verpflichtung kennt. Allerdings gebietet es der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß § 3 Abs. 1 WpÜG, sämtlichen Aktionären die Möglichkeit der Veräußerung ihrer Aktien zu eröffnen. Folglich werden auch aufgrund einer Kapitalerhöhung ausgegebene junge Aktien im Falle der Überzeichnung des Angebots pro rata berücksichtigt. 5
Berücksichtigt werden nur Aktien, die innerhalb der Annahmefrist eingereicht werden; die weitere Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG gilt nur für Übernahmeangebote16.
6
Im Gesetz ist nicht ausdrücklich geregelt, ob Inhaber von Wertpapieren, deren Aktien dem Bieter zugerechnet werden oder die sich gegenüber dem Bieter zur Nichtannahme des Angebots verpflichtet haben, Adressaten des Teilangebots sind. Auswirkungen hat das vor allem bei der Frage der Zuteilung im Falle einer Überzeichnung. Die Erstreckung des Angebots auf diese Personen wird jedenfalls für die gemeinsam handelnden Personen zum Teil verneint, weil es der Bieter hier in der Hand hätte, die Zahl der effektiv hinzuzuerwerbenden Aktien zu reduzieren, wenn auch die Aktien der gemeinsam handelnden Personen eingereicht werden könnten und mit einzuberechnen wären17. Es spricht einiges dafür, dass gemeinsam handelnde Personen nach § 2 Abs. 5 und 6 WpÜG nicht Angebotsadressaten sein können, auch wenn die Gefahr des Missbrauchs bei Teilangeboten eher gering sein dürfte. Die bisherigen Teilangebote sehen jedoch keine Einschränkung vor, sondern stellen vertraglich über Nichtannahme- und Depotsperrvereinbarungen sicher, dass es insoweit nicht zu einer Überzeichnung kommt und sehen für die theoretische Möglichkeit der Überzeichnung generell abstrakt vor, dass die Annahmeerklärungen verhältnismäßig berücksichtigt werden und abgerundet wird18, was dafür spricht, dass nach Auffassung der BaFin nur die vom Bieter selbst gehaltenen Aktien vom Teilangebot ausgeschlossen sind. Dies entspricht der Praxis der BaFin, wonach auch für die Gegenleistung für Aktien gemeinsam handelnder Personen und Aktien, die Finanzierung der Gegenleistung nach § 13 Abs. 1 WpÜG sichergestellt werden muss, was in der Praxis dann in der Regel durch qualifizierte Nichtannahmeversprechen erfolgt (vgl. § 13 WpÜG Rz. 79a).
C. Historie 7
Der Wortlaut von § 19 WpÜG ist im Gesetzgebungsverfahren unverändert geblieben. Der Diskussionsentwurf des BMF vom 29.6.2000 bezog sich noch ausschließlich auf Übernahmeangebote und enthielt in diesem Rahmen ein Verbot von Teilangeboten (§ 22 DiskE-WpÜG). Der Übernahmekodex regelte in Art. 10 Satz 1 die verhältnismäßige Zuteilung für den Fall, dass die Annahmeerklärungen das Angebot überstiegen. Dabei war die Möglichkeit zur Abgabe eines Teilangebots nicht auf freiwillige Angebote beschränkt. Allerdings wurde aus einer Gesamtschau von Art. 1 ÜbK (Grundsatz der Gleichbehandlung) und Art. 16 ÜbK (Pflichtangebot) die Pflicht des Bieters abgeleitet, im Falle
15 Die von Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 4 vertretene Ansicht unter Hinweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 3 Abs. 1 WpÜG, wonach „der Bieter sein Wertpapiererwerbsangebot nicht etwa nur gegenüber einem Teil der Inhaber von Wertpapieren derselben Gattung abgeben“ darf, widerspricht der hier vertretenen Auffassung nicht. Denn auch ein der Höhe nach auf einen Teil der Wertpapiere bezogenes Angebot richtet sich an alle Aktionäre, im Fall der Überzeichnung erfolgt die Zuteilung jedoch gerade nur pro rata (siehe hierzu unten unter Rz. 9). Eine Differenzierung nach dem Angebotsadressat würde in der Tat gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 3 Abs. 1 WpÜG verstoßen. Der Verweis bei Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 4 Fn. 8 deutet darauf hin, dass die hier vertretene Unterscheidung ebenfalls als maßgeblich angesehen wird. 16 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 7. 17 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 16 ff.; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 3. 18 Vgl. Angebot Erwin Hymer Vermögensverwaltungs AG/Hymer AG vom 9.9.2011, Ziff. 4.2 und 11.6 a.E., S. 6 f., 25; Angebot Strabag SE/Strabag AG vom 17.6.2008, Ziff. 14.3, S. 33; Angebot der EnBW Energie BadenWürttemberg AG/ZEAG Energie AG am 17.8.2015, Ziff. 4.1, 10.4., S. 14, 29.
556
Favoccia
Zuteilung bei einem Teilangebot
Rz. 10 § 19
eines auf den Erwerb der Kontrolle gerichteten Angebots, dieses sämtlichen Wertpapierinhabern zu unterbreiten19. Die europäische Übernahmerichtlinie regelt Teilangebote nicht ausdrücklich, unterstellt jedoch außerhalb von Pflichtangeboten, bei denen sich das Angebot an alle Wertpapierinhaber zu richten hat (Art. 5 Abs. 1 Satz 2), deren Zulässigkeit. So bezieht die Definition des „Übernahmeangebots“ in Art. 2 Abs. 1 lit. a) ausdrücklich auch Angebote mit ein, die auf den Erwerb eines Teils der Wertpapiere der Zielgesellschaft gerichtet sind. Darüber hinaus hat der Bieter nach Art. 6 Abs. 3 lit. f) in der Angebotsunterlage den Mindest- und Höchstanteil oder die Mindest- und Höchstzahl der Wertpapiere anzugeben, zu deren Erwerb er sich verpflichtet.
8
D. Das Zuteilungsverfahren I. Grundsatz der pro rata-Zuteilung Kommt es zu einer Überzeichnung20 des Angebots, so ordnet § 19 WpÜG die verhältnismäßige Zuteilung der Wertpapiere an diejenigen Wertpapierinhaber an, die die Annahme erklärt haben. Umstritten ist, ob durch die Regelung des § 19 WpÜG jede Annahmeerklärung bei einem Teilangebot unter der gesetzlichen Bedingung der Nicht-Überzeichnung steht und für den Fall der Überzeichnung kraft Gesetzes modifiziert wird21 oder aber die Annahmeerklärung bereits nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt so auszulegen ist, dass der Erklärende im Fall der Überzeichnung auch mit einer pro rata-Zuteilung einverstanden ist22. Letzterer Ansicht ist im Hinblick auf die Verpflichtung des Bieters zur Information der Wertpapierinhaber in der Angebotsunterlage zuzustimmen. Nach § 11 Abs. 4 WpÜG i.V.m. § 2 Abs. 6 WpÜG-AngVO hat der Bieter bei einem Teilangebot nicht nur Angaben über die Limitierung seines Angebots zu machen, sondern auch über die verhältnismäßige Zuteilung nach § 19 WpÜG. Damit erklärt sich der annehmende Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft auch mit der pro rata-Zuteilung einverstanden, sofern die Annahmeerklärungen das Angebot des Bieters übersteigen23. Für den Fall, dass dies nicht vom Willen des Annehmenden umfasst ist, müsste und könnte er dies ausdrücklich erklären24. Dafür kann bei Aktionären, die ein größeres Paket halten, durchaus ein Bedürfnis bestehen, etwa dann, wenn der Aktionär wegen des Unterschreitens bestimmter Schwellenwerte damit verbundene Minderheitenrechte verlieren würde, was zwar bei einem vollständigen Verkauf akzeptabel für ihn wäre, nicht aber bei einem Teilrückzug.
9
Bei der verhältnismäßigen Zuteilung sind die gemäß dem Angebot zu erwerbenden Wertpapiere zu den erwerbbaren Wertpapieren zueinander ins Verhältnis zu setzen. Hat der Bieter beispielsweise sich
10
19 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 3; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 4; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 4. 20 In der Praxis sind Überzeichnungen bei Teilangeboten oftmals nur theoretisch möglich, wenn und weil mit gemeinsamen handelnden Personen, ohne deren Annahme keine Überzeichnung eintreten kann, Nichtannahmevereinbarungen getroffen wurden (siehe oben Rz. 6 mit Beispielen in der Fußnote dazu). 21 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 15 f.; ähnlich Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 7 (nachträgliche Änderung des Schuldverhältnisses kraft Gesetzes); demgegenüber spricht sich Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 19 WpÜG Rz. 2, für ein einseitiges Rechtsgeschäft eigener Art aus, das nach seinem Verpflichtungsgegenstand dem eines Vorvertrages vergleichbar sei. Danach verpflichte sich der Bieter, eingehende Anträge der Aktionäre der Zielgesellschaft grundsätzlich nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes anzunehmen. 22 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 14 ff.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 26; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 6. 23 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 15; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 36 f.; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 15, der selbst bei ausdrücklichem Hinweis auf § 19 WpÜG in der Angebotsunterlage an der Vereinbarkeit mit dem tatsächlichen Erklärungswillen des durchschnittlichen Wertpapierinhabers zweifelt. 24 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 6, der dies allerdings angesichts der technischen Abwicklung bei öffentlichen Angeboten für einen eher theoretischen Fall hält. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 18, der den Wertpapierinhaber nicht für berechtigt hält, sich einseitig für den Fall, dass keine vollständige Zeichnung erfolgt, den Rücktritt von der Annahmeerklärung vorzubehalten.
Favoccia
557
§ 19 Rz. 10 Zuteilung bei einem Teilangebot verpflichtet, 250 000 Stammaktien zu erwerben und ihm sind 1 Mio. Aktien angedient worden, so beträgt das Verhältnis zwischen dem Angebot des Bieters und den auf Grund der Annahmeerklärung zu erwerbenden Aktien 1/4. Die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft sind damit in Höhe von 1/4 anteilsmäßig bei der Zuteilung zu berücksichtigen. Bei Angeboten, die sich auf mehrere Wertpapiergattungen erstrecken, hat die Zuteilung getrennt nach jeder Gattung zu erfolgen25. 11
Umstritten ist der Fall, dass ein Wertpapierinhaber die Annahme für mehr Wertpapiere erklärt als er im Zeitpunkt der Annahme des Angebots tatsächlich hält (sog. tendering short). Hierbei ist nicht auf die tatsächlich vorhandene Menge beim Annehmenden abzustellen26, sondern auf die in der Annahmeerklärung angegebene Anzahl an Wertpapieren27. Den Bieter trifft auch keine Pflicht zur effektiven Überprüfung des konkreten Leistungsvermögens der einzelnen Aktionäre28. Kann der Wertpapierinhaber seine Pflichten zur Übertragung der Wertpapiere nicht vollständig erfüllen, verletzt er seine schuldrechtlichen Lieferpflichten29. Gegebenenfalls muss er also weitere Wertpapiere zukaufen30 oder Schadensersatz leisten. Ob hingegen der Bieter in diesem Fall eine Nachzuteilung vornehmen kann, scheint fraglich. Eine Pflicht hierzu dürfte jedenfalls nicht bestehen, weil es um eine Leistungsstörung in einem konkreten Vertragsverhältnis geht und es keine gesetzliche Grundlage dafür gibt, daraus einen Anspruch der anderen Aktionäre abzuleiten. Angesichts der technischen Abwicklung bei öffentlichen Angeboten ist ein short tendering allerdings wohl nur theoretisch denkbar.
II. Ausnahmen 12
Die gesetzliche Vorgabe der verhältnismäßigen Berücksichtigung im Fall der Überzeichnung gilt lediglich grundsätzlich. Abweichungen können demnach vorgenommen werden, sofern dies unter Beachtung der Interessen der Wertpapierinhaber sachlich gerechtfertigt ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Bieter pauschal die vollständige Berücksichtigung kleinerer Wertpapierbestände in der Angebotsunterlage vorsieht, um die andernfalls entstehenden Splitterbeteiligungen zu vermeiden31. Zwar führt dies zu einer Benachteiligung von Großaktionären32, jedoch hat der Bieter mit Blick auf das Verhältnis von Beteiligungswert und entsprechenden Transaktionskosten ein schützenswertes Interesse an der Vermeidung von Kleinstbeständen33. Umgekehrt fehlt es an der praktischen Notwendigkeit,
25 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 9; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 21; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 24; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 6; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 19 WpÜG Rz. 4; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 40; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 8; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 28. 26 So aber Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 19 WpÜG Rz. 5; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 33. 27 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 20; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 23; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 9, der darauf hinweist, dass der Aktionär auf diese Weise sicherstellen kann, dass er bei Überzeichnung sämtliche ihm gehörenden Aktien veräußern kann; siehe auch Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 5 (ermöglicht Spekulation auf zukünftige Kursentwicklung); unklar Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 7 Fn. 10. 28 So aber Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 19 WpÜG Rz. 5. 29 Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 9. 30 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 20. 31 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 30, Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 24; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 15; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 12; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 7; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 13; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 42; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 31. Gleichwohl wurde dieses Verfahren in der früheren Praxis bei Teilangebot zum Erwerb eigener Aktien teilweise ausdrücklich ausgeschlossen, vgl. Angebot Deutsche Balaton AG/ eigene Aktionäre vom 8.9.2005, Ziff. 6.3, S. 15 f.; Angebot edding AG/eigene Aktionäre vom 17.11.2004, Ziff. 6.3, S. 12; Angebot Spütz AG/eigene Aktionäre v. 14.11.2003; Ziff. 6.3, S. 11 f. 32 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 42. 33 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 12; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 24. a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 42.
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Favoccia
Zuteilung bei einem Teilangebot
Rz. 13 § 19
Splitterbeteiligungen vollständig unberücksichtigt zu lassen34, so dass eine solche Regelung unzulässig wäre35. Ferner würde eine Zuteilung, die auf den Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärungen abstellt (sog. Windhundverfahren) oder nur bestimmte Aktionärstypen berücksichtigt, gegen das Gleichbehandlungsgebot (§ 3 Abs. 1 WpÜG) verstoßen (siehe oben Rz. 1). Dieses Verfahren würde ohnehin nicht in Einklang mit § 3 Abs. 2 WpÜG stehen, da die Aktionäre bei ihrer Entscheidung unter Druck gesetzt würden, das Angebot möglichst früh anzunehmen36. Auch die Zuteilung nach einem Losverfahren ist jedenfalls dann unzulässig, wenn eine verhältnismäßige Zuteilung noch möglich ist37. Entstehen durch die Zuteilung Bruchteile von Aktien (im obigen Beispiel: Kleinaktionär hat die Annahme für 30 Aktien erklärt, so dass er 7,5 Aktien übertragen müsste), muss dem Bieter abweichend von der pro rata-Zuteilung eine Rundung der Anzahl der Aktien möglich sein38. Er kann hierzu in der Angebotsunterlage festlegen, dass in diesen Fällen die Bruchteile einheitlich auf- bzw. abgerundet werden39. Zudem wird diskutiert, ob der Bieter darüber hinaus auch befugt ist, erst nach Ablauf der Annahmefrist für jeden Wertpapierinhaber individuell über die jeweilige Rundung zu entscheiden. Die daraus resultierende Ungleichbehandlung der Inhaber gleicher Wertpapiergattungen ist sachlich gerechtfertigt, da es dem Bieter nur so möglich ist, von seinem gesetzlich eingeräumten Recht zum Erwerb eines bestimmten Anteils oder eine bestimmte Anzahl von Wertpapieren Gebrauch zu machen und nicht mehr oder weniger Aktien erwerben zu müssen, als beabsichtigt40. Im Übrigen hält sich die Ungleichbehandlung – es geht jeweils um den Erwerb bzw. Nichterwerb eines einzigen Wertpapiers – in Grenzen41. Allerdings sollte der Bieter sich dieses Recht schon in der Angebotsunterlage vorbehalten. In der Annahme des Angebots liegt dann zugleich der Verzicht auf völlige Gleichbehandlung42.
34 Vgl. Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 30, wonach die Streitfrage keine praktische Bedeutung habe. 35 Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 15; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 12; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 25; der dies bei eindeutiger und klarer Bezeichnung in der Angebotsunterlage für zulässig hält. Dieser Ansicht kann sub specie § 3 Abs. 1 WpÜG nicht gefolgt werden. 36 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 3, 27; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 2; Geibel/ Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 5, Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 3 f. 37 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 31; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 27; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 13, der jedoch in extrem gelagerten Ausnahmefällen das Losverfahren für zulässig hält, so etwa, wenn die vom Bieter vorgegebene Höchstmenge durch die Berücksichtigung von Klein- und Kleinstbeständen (nahezu) ausgeschöpft wurde und den übrigen Aktionären nur geringe Stückzahlen abgenommen werden könnten. 38 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 19; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 10 f.; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 26 ff.; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 10; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 30; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 41. 39 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 26 f.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 30. In der Praxis wurden bisher ausschließlich Regelungen getroffen, die ein Abrunden vorsehen, vgl. Angebot Deutsche Balaton Biotech AG/Biofrontera AG vom 28.5.2018, Ziff. 5,7, S. 20; Angebot SHW Beteiligungs GmbH/ SHW AG vom 29.3.2018, Ziff. 6.6, S. 17; Angebot Müller adress GmbH/MyHammer Holding AG vom 5.12.2016, Ziff. 14.6, S. 42; Angebot EnBW Baden-Württemberg AG/ZEAG Energie AG vom 17.8.2015, Ziff. 10.4, S. 29; Angebot Wüstenrot & Württembergische AG/Württembergische Lebensversicherung Aktiengesellschaft vom 19.1.2015, Ziff. 13.6, S. 33; Angebot Deutsche Balaton Aktiengesellschaft/aleo solar Aktiengesellschaft vom 9.10.2014, Ziff. 5.7, S. 16; Angebot Deutsche Balaton Aktiengesellschaft/FORIS AG vom 23.10.2013, Ziff. 5.7, S. 18; Angebot Deutsche Balaton Aktiengesellschaft/Beta Systems Software Aktiengesellschaft vom 27.11.2012, Ziff. 5.7, S. 18; Angebot Erwin Hymer Vermögensverwaltungs AG/HYMER AG vom 9.9.2011, Ziff. 11.6, S. 25; Angebot Deutsche Balaton AG/W.E.T. Automotive Systems vom 20.7.2011, Ziff. 5.7, S. 15; Angebot HRE Investments Holdings L.P./Hypo Real Estate Holding AG vom 23.5.2008, Ziff. 10.5, S. 33. 40 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 27 f.; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 30; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 12; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 11; kritisch dazu Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 19). 41 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 27; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 12. 42 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 28 f.
Favoccia
559
13
§ 19 Rz. 14 Zuteilung bei einem Teilangebot 14
Im Fall eines Tauschangebots gelten die vorgenannten Grundsätze entsprechend. Zudem hat der Bieter die Möglichkeit, für die verbleibenden Wertpapierbruchteile einen Spitzenausgleich in bar anzubieten43. Individualvereinbarungen mit einzelnen Aktionären außerhalb des Angebotsverfahrens verstoßen weder gegen § 19 WpÜG noch gegen den übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 WpÜG44.
III. Behandlung der das Angebot übersteigenden Annahmeerklärungen 15
Übersteigen die Annahmeerklärungen und damit die Anzahl der angebotenen Wertpapiere die vom Bieter nachgefragte Menge, stellt sich die Frage, ob der Bieter diesen über das Angebot hinausgehenden Teil ebenfalls zu den Bedingungen des Angebots erwerben kann45 oder ob es hierzu der Unterbreitung eines neuen Angebots bedarf46. Richtigerweise wird man den Bieter zu der Abgabe eines neuen Angebots verpflichten müssen: Ist der Bieter bereit, mehr Wertpapiere zu erwerben, als er dies in seinem ursprünglichen Angebot erklärt hat, handelt es sich um eine Änderung des Angebots. Eine solche ist jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 21 WpÜG möglich. Die dort genannten Voraussetzungen liegen jedoch bei der Berücksichtigung der in der Angebotsunterlage festgesetzten Zahl von Annahmeerklärungen nicht vor47. Darüber hinaus verlangt das Gesetz, dass der Bieter mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage ein verbindliches Angebot abgibt (vgl. § 17 WpÜG, Verbot sog. Invitatio-ad-offerendum-Angebote). Bei einem Teilangebot hat der Bieter sein verbindliches Angebot gerade auf eine bestimmte Beteiligungsquote bzw. auf eine bestimmte Zahl von Wertpapieren beschränkt; darüber hinaus reicht seine verbindliche Erklärung im Rahmen des Angebots nicht. Für eine rechtstechnische Einordnung der über das Angebot hinausgehenden Annahmeerklärungen als neue Angebote der Wertpapierinhaber, deren Annahme durch den Bieter es nicht mehr bedarf48, fehlt damit der gesetzliche Anknüpfungspunkt49.
IV. Folgen bei Angebotsunterzeichnung 16
Kommt es zu einer Unterzeichnung des Angebots, erreicht der Bieter also nicht die von ihm angestrebte Beteiligungshöhe, ist fraglich, ob der Bieter die angebotenen Aktien annehmen kann bzw. muss. Fehlt eine ausdrückliche Regelung in der Angebotsunterlage, ist der Angebotsinhalt nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen vom Empfängerhorizont aus zu ermitteln50. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Bieter alle ihm angebotenen Aktien erwerben will51. Um Unklarheiten seitens der Aktionäre zu vermeiden, sollte bei Teilangeboten in der Angebotsunterlage eine entsprechende Rege43 Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 13. 44 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 33; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 15; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 26 f. 45 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 28 ff. 46 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 19 WpÜG Rz. 8; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 4, 34 ff.; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 16; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 35 (anders nur, wenn der Mehrerwerb zum Ausgleich von Bruchteilen dient); Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 39; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 9. 47 So auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 19 WpÜG Rz. 8; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 35; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 48, der nur eine Verminderung der Höchstmenge für unzulässig erachtet, die Erhöhung der Höchstmenge aber mit Rücksicht auf das Rücktrittsrecht nach § 21 Abs. 4 WpÜG und die Möglichkeit, mehr Aktien an den Bieter verkaufen zu können, für zulässig hält. 48 So Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 28. 49 Im Ergebnis auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 39, wonach die Annahme eines unbedingten Neuangebots eine „reine Fiktion“ darstelle. 50 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 13; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 10. 51 Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 10; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 24; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 13.
560
Favoccia
Zuteilung bei einem Teilangebot
Rz. 18 § 19
lung dieses Falles enthalten sein52. Strebt der Bieter den exakten Erwerb einer bestimmten Anteils oder einer bestimmten Anzahl an Wertpapieren an, empfiehlt es sich, das Teilangebot von der aufschiebenden Bedingung des Erreichens dieser Beteiligungshöhe abhängig zu machen53.
V. Änderung der Zuteilungsregeln Umstritten ist, ob der Bieter die Zuteilungsregeln nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage modifizieren kann. Richtig ist, dass dies eine nicht von § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG gedeckte Änderung des Angebots darstellen würde und daher unzulässig ist54. Dem Bieter muss es jedoch möglich sein, unter Umständen auf besondere Entwicklungen des Angebots zu reagieren. Voraussetzung dafür ist, dass entsprechende Regeln bereits in der Angebotsunterlage so festgelegt sind, dass klar erkennbar ist, in welchen Konstellationen welche Regeln Anwendung finden und dem Bieter insofern kein wesentlicher Entscheidungsspielraum zukommt55.
17
VI. Transparenz des Verfahrens Zentrales Anliegen des WpÜG ist die Sicherstellung einer ausreichenden Transparenz des Angebots- 18 verfahrens56. Dementsprechend hat der Bieter bei Teilangeboten gemäß § 11 Abs. 4 WpÜG i.V.m. § 2 Nr. 6 WpÜG-AngVO Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft in der Angebotsunterlage über den prozentualen Höchstanteil oder die Höchstzahl der Wertpapiere zu informieren, zu deren Erwerb er sich verpflichtet. Zusammen mit den Angaben nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 4 WpÜG i.V.m. § 2 Nr. 5 WpÜG-AngVO zu den bei Angebotsabgabe bereits gehaltenen bzw. zuzurechnenden Wertpapieren lässt sich so anhand der Angebotsunterlage feststellen, wie viele Anteile der Bieter nach Durchführung des Angebots maximal hält. Darüber hinaus hat er nach § 11 Abs. 4 WpÜG i.V.m. § 2 Nr. 6 Halbsatz 2 WpÜG-AngVO Auskunft über die konkrete Zuteilungsregelung (d.h. pro-rata und/oder Ausnahmen) zu geben57. Im Hinblick auf eine mögliche Untersagung des Angebots nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG auf Grund fehlender oder unrichtiger Angaben ist es angezeigt, sich über die beabsichtigte Regelung vor Übermittlung der Angebotsunterlagen mit der Bundesanstalt in Verbindung zu setzen58.
52 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 13; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 24; Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 10. 53 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 3, 13. Siehe etwa das Teilangebot der Müller adress GmbH/ MyHammer Holding AG vom 5.12.2016, das auf 28,56 % beschränkt war und eine Mindestannahmequote von 25 % plus eine MyHammer Holding AG-Aktie des zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Handelsregister eingetragenen Grundkapitals vorsah (Ziff. 3, 7.1 (b), S. 13, 22, f.). 54 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 33; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 9; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 20; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 36; a.A. Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 19. 55 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 33; siehe auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 29; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 47, der die Zulässigkeit eines Änderungsvorbehalts ablehnt. Weitergehend demgegenüber Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 19, der in besonderen Ausnahmefällen eine nachträgliche Änderung bei Veröffentlichung analog § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG bis zum Ende der Annahmefrist für zulässig erachtet. 56 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 1, 28 f. 57 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 36; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 42; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 17; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 36; siehe auch Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 79 (insbes. bei Ausnahme vom Grundsatz der verhältnismäßigen Zuteilung). 58 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 18; Steinmeyer in Steinmeyer, § 19 WpÜG Rz. 16.
Favoccia
561
§ 19 Rz. 19 Zuteilung bei einem Teilangebot
VII. Rechtsfolgen bei Verstößen 19
Sind die Zuteilungsregeln zulässig, hält sich der Bieter jedoch nicht an sie, können die übergangenen Wertpapierinhaber von ihm Abnahme und Bezahlung der angedienten Wertpapiere in dem Umfang verlangen, in dem sie bei Einhaltung der Zuteilungsregeln berücksichtigt worden wären59. Für den Fall des Annahmeverzugs des Bieters (§§ 293 ff. BGB) können sie darüber hinaus Schadensersatz sowie Verzugszinsen verlangen60. Hat der Bieter einen Dritten unzulässigerweise bevorzugt, ergibt sich hieraus kein Anspruch, mit dem Dritten gleichgestellt zu werden. Eine Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht61. Gegebenenfalls macht sich der Vorstand des Bieters aber gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Maßnahmen der BaFin gemäß § 4 WpÜG dürften wegen des fehlenden Drittschutzes der Norm dagegen eher nicht in Betracht kommen. Sind die Zuteilungsregeln unzulässig oder bezieht sich das Teilangebot auf Pflicht- oder Übernahmeangebote, ist das Angebot von der BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 WpÜG zu untersagen62. Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Zuteilungsregeln mit der BaFin vorab zu besprechen63.
E. Blick über die Grenze I. Vereinigtes Königreich 20
Nach dem City Code on Takeovers and Mergers64 sind Teilangebote zulässig, wenn das Takeover Panel seine Zustimmung erteilt hat (Rule 36.1). Bei Teilangeboten, die nicht dazu führen können, dass der Bieter mehr als 30 % der Stimmrechte des Unternehmens erwirbt (und damit die Kontrollschwelle überschreitet), wird das Panel gemäß Rule 36.1 Satz 2 seine Zustimmung regelmäßig erteilen. Teilangebote, die sich auf mehr als 30 % der Stimmrechte beziehen, sind dagegen grundsätzlich nur eingeschränkt möglich. Je nach Höhe der angestrebten Beteiligung setzen diese Teilangebote voraus, dass weitere formelle und inhaltliche Voraussetzungen65 insbesondere zum Schutz der Minderheitsaktionäre66 erfüllt sind (Rule 36.2 bis 36.6). Die Gleichbehandlung aller Aktionäre ist einer der zentralen Grundsätze bei der Ausgestaltung von Teilangeboten nach dem City Code on Takeovers and Mergers67. So sind Teilangebote allen Aktionären der jeweiligen Aktiengattung zu unterbreiten (Rule 36.7 Satz 1). Bei mehreren Aktiengattungen ist der Bieter verpflichtet, für jede Aktiengattung ein vergleichbares Angebot abzugeben, wenn der Bieter darauf abzielt, mehr als 30 % der Stimmrechte des Unternehmens zu erwerben (Rule 36.8). Soweit die
59 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 46; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 20; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 34; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 10. 60 Glade in Heidel, § 19 WpÜG Rz. 17; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 34; Thoma in Baums/ Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 46; Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 20. 61 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 19 WpÜG Rz. 10; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 46; wohl auch Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 19 WpÜG Rz. 20, die jedoch aufgrund der konkreten Abwicklung über den Zentralverwalter und die Depotstellen darauf verweisen, dass sich dieses Problem in der Praxis nicht stellen dürfte. 62 So handelte es sich etwa bei dem Übernahmeangebot der MAXX International Inc. (MAXX) an die Aktionäre der Travel24.com AG um ein verbotenes Teilangebot, siehe BaFin Jahresbericht 2008, S. 183. 63 So auch Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 44. 64 Fassung vom 12.9.2016; abrufbar unter www.thetakeoverpanel.org.uk. 65 So wird das Panel seine Zustimmung bei einem Angebot über mehr als 30 % der Stimmrechte eines Unternehmens regelmäßig nicht erteilen, wenn der Bieter in den letzten zwölf Monaten vor dem Antrag auf Zustimmung oder in einem Zeitraum, in dem das Teilangebot bereits ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, eine wesentliche Anzahl von Aktien an der Gesellschaft erworben hat (Rule 36.2). Weitere inhaltliche und formelle Bedingungen sind in Rule 36.3 bis 36.6 beschrieben. 66 Button, A Practitioner’s Guide To The City Code On Takeovers And Mergers, 2006/2007 ed., Sec. 5.3; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 50; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 7; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 17. 67 Button, A Practitioner’s Guide To The City Code On Takeovers And Mergers, 2006/2007 ed., Sec. 5.3.
562
Favoccia
Zuteilung bei einem Teilangebot
Rz. 23 § 19
Anzahl der angedienten Aktien die Höhe des Teilangebots überschreitet, ist der Bieter ferner verpflichtet, die andienenden Aktionäre anteilig zu berücksichtigen (Rule 36.7 Satz 2).
II. Österreich Freiwillige Erwerbsangebote, die sich lediglich auf einen Teil der Aktien der Zielgesellschaft beziehen, 21 sind auch in Österreich grundsätzlich zulässig und gesetzlich vorgesehen (§ 1 Nr. 1 öÜbG). Pflichtangebote im Falle eines Kontrollerwerbs im Sinne des § 22 öÜbG müssen sich jedoch stets auf alle Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft beziehen und können somit nicht als Teilangebote ausgestaltet werden68. Ebenso wie im deutschen Übernahmerecht wird die Kontrollschwelle in Österreich bei einem Erwerb von mehr als 30 % der Stimmrechte des Zielunternehmens überschritten (§ 22 Abs. 2 und 3 öÜbG). Ähnlich wie § 19 WpÜG sieht auch das ÜbG zur Sicherung der Aktionärsgleichbehandlung69 bei einem Teilangebot eine verhältnismäßige Berücksichtigung von Annahmeerklärungen vor, wenn die Menge der Beteiligungspapiere, hinsichtlich derer Annahmeerklärungen abgegeben werden, größer ist als die Menge der Beteiligungspapiere, die der Bieter erwerben wollte (§ 20 Satz 1 ÜbG). Berücksichtigt wird die Annahmeerklärung jedes Beteiligungspapierinhabers dabei in dem Verhältnis, in dem das Teilangebot zur Gesamtheit der zugegangenen Annahmeerklärungen steht (§ 20 Satz 2 ÜbG). Dem Bieter steht es frei, in der Angebotsunterlage Ausnahmen zur Vermeidung unrunder Aktienbestände festzulegen (§ 7 Nr. 5 i.V.m. § 20 Satz 3 ÜbG).
III. Schweiz Für die Schweiz setzt die Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (UEV)70 die Zulässigkeit der Abgabe von Teilangeboten in Art. 21 Abs. 1 Halbsatz 2 voraus71. Ausgeschlossen sind Teilangebote dann, wenn sie sich auf den Erwerb von insgesamt mehr als 33 1/3 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft beziehen. In diesem Fall muss sich das Angebot auf alle börsennotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft erstrecken (Art. 135 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel, FinfraG). Der Grenzwert kann in der Satzung der Zielgesellschaft bis auf 49 % der Stimmrechte angehoben werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist in Art. 9 UEV und Art. 127 Abs. 2 FinfraG beschrieben. Kann der Anbieter bei einem Teilangebot nicht alle Annahmeerklärungen erfüllen, muss er diese anteilsmäßig berücksichtigen (Art. 9 Abs. 5 Satz 3 UEV).
22
IV. Frankreich Im französischen Übernahmerecht ist der Bieter grundsätzlich verpflichtet, sein Angebot auf sämtliche außenstehenden Aktien der Zielgesellschaft zu beziehen. Lediglich im Falle eines vereinfachten Angebots (offre publique simplifiée) kann der Bieter den Erwerb auf einen bestimmten Anteil der Stimmrechte des Zielunternehmens beschränken (Article 233-1-3 Règlement Général de l’Autorité des Marchés Financiers, RGAMF72). Ein vereinfachtes Angebot bedarf der Zustimmung der AMF (Autorité des Marchés Financiers), die nur erteilt werden kann, wenn sich das Angebot (zusammen mit den bereits vom Bieter direkt oder mittelbar gehaltenen Aktien) insgesamt auf nicht mehr als 10 % der Stimmrechte des Zielunternehmens bezieht. 68 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 9; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 15; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 48. 69 Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 47. 70 Abrufbar über die Internetseite der Übernahmekommission unter www.takeover.ch. 71 Vgl. dazu auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 10; Thoma in Baums/Thoma/Verse, § 19 WpÜG Rz. 49; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 16. 72 Arrêté du 12 novembre 2004 portant homologation des livres II à VI du règlement général de l’Autorité des marchés financiers (RGAMF); abrufbar unter www.legifrance.gouv.fr.
Favoccia
563
23
§ 19 Rz. 24 Zuteilung bei einem Teilangebot
V. USA 24
Nach dem Securities Exchange Act aus dem Jahre 1934 (SEA) darf der Bieter auch zum Zwecke eines Kontrollerwerbs73 Teilangebote aussprechen. Im Falle eines überzeichneten Teilangebotes ist der Bieter verpflichtet, die angedienten Aktien pro-rata anzunehmen (Sec. (d) (6) SEA).
F. Übersicht der Teilangebote seit 2002 25
Die nachfolgende Übersicht enthält die seit Inkrafttreten des WpÜG im Jahr 2002 veröffentlichten Teilangebote. Daraus wird ersichtlich, dass es sich bei den Teilangeboten in den Anfangsjahren nahezu ausschließlich um öffentliche Angebote zum Rückerwerb eigener Aktien handelte. Mit Schreiben vom 9.8.2006 hat die BaFin ihre Verwaltungspraxis dahingehend geändert, dass das WpÜG bei einem öffentlichen Angebot zum Rückerwerb eigener Aktien keine Anwendung (mehr) findet. Bei den danach veröffentlichten Teilangeboten handelt es sich überwiegend um Aufstockungsangebote, bei denen eine Überzeichnung wegen des vom Bieter bzw. der mit ihm gemeinsam handelnden Personen gehaltenen Vorbesitzes und entsprechender Abreden, das Angebot nicht anzunehmen, theoretisch zwar denkbar, aber praktisch nicht relevant war. Dementsprechend sind die Zuteilungsregeln auch knapp gehalten und beschränken sich auf die Anordnung der verhältnismäßigen Berücksichtigung und der generellen Abrundung bei Bruchteilen. Eine Ausnahme stellt das auf den Erwerb von mind. 20 % und max. 24,9 % gerichtete Teilangebot des US-Finanzinvestors JC Flowers für die Hypo Real Estate dar. Der Vorbesitz belief sich auf 0 Aktien74. Bei den bisherigen Teilangeboten handelte es sich ganz überwiegend um reine Barangebote75.
73 Traugott/Schaefer, NZG 2004, 158, 160. 74 Angebot der HRE Investments Holdings L.P./Hypo Real Estate AG vom 23.5.2008. Siehe dazu Börsen-Zeitung vom 17.4.2008 (rechtliches Neuland mit öffentlichem Teilangebot.). 75 Angebot der Deutsche Balaton Biotech AG/Biofrontera AG vom 28.5.2018, bei dem die Gegenleistung neben einer Barkomponente auch Optionsscheine vorsah (Ziff. 6, S. 21 f.).
564
Favoccia
Maruho Deutschland GmbH/ Biofrontera AG
Deutsche Balaton Biotech AG/ Biofrontera AG
SHW Beteiligungs GmbH/SHW AG
Müller adress GmbH/MyHammer Holding AG
EnBW Energie Baden-Württemberg AG/ZEAG Energie AG
Wüstenrot & Württembergische AG/Württembergische Lebensversicherung AG
Deutsche Balaton AG/aleo solar AG 5,45 % (i.L.)
Deutsche Balaton AG/FORIS AG
Deutsche Balaton AG/Beta Systems Software AG
Deutsche Balaton AG/Allerthal Werke AG
Scherzer & Co. AG/Allerthal-Werke 24,9 % AG
15.4.2019
28.5.2018
29.3.2018
5.12.2016
17.8.2015
19.1.2015
9.10.2014
23.10.2013
27.11.2012
23.8.2012
26.7.2012
29,18 %
5,02 %
23,30 %
11,48 %
1,74 %
28,56 %
25,72 %
14,07 %
9,68 %
1,12 %
Deutsche Balaton Biotech AG, DELPHI Unternehmensberatung Aktiengesellschaft/Biofrontera AG
21.6.2019
Angebotshöhe
Bieter-/Zielgesellschaft
Datum
0%
0%
45,65 %
0,02 %
3,84 %
84,56 %
98,26 %
1,36 %
49,38 %
15,93 %
20,31 %
25,70 %
Vorbesitz (inkl. ghP)
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Namen lautende Stückaktien
auf den Namen lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Namen lautende Stückaktien
auf den Namen lautende Stückaktien
auf den Namen lautende Stückaktien
Aktiengattung
Übersicht der Teilangebote seit 2002 bis Juli 2019 [Stand 15.8.2019]
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
Zuteilungsregeln bei Überzeichnung
Zuteilung bei einem Teilangebot Rz. 25 § 19
Favoccia
565
566
Erwin Hymer Vermögensverwaltungs AG/HYMER AG
Deutsche Balaton AG/ W.E.T. Automotive Systems AG
Herr Günther Leibinger/ AdCapital AG
FMI – Film-, Medien- und Internetbeteiligungen GmbH/ Odeon AG
STRABAG SE/STRABAG AG
HRE Investments Holdings L.P./ Hypo Real Estate Holding AG
Allianz AZL Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG/Allianz Lebensversicherungs-AG
Buzzi Unicem S.p.A./ Dyckerhoff AG
Generali-Beteiligungs-GmbH/ AMB Generali Holding AG
RAG Projektgesellschaft mbH/ Degussa AG
Deutsche Balaton AG/ eigene Aktionäre*
20.7.2011
20.5.2010
8.6.2009
17.6.2008
23.5.2008
28.2.2007
17.12.2006
25.3.2006
27.1.2006
8.9.2005
Bieter-/Zielgesellschaft
9.9.2011
Datum
Favoccia 5%
7,04 %
29,12 %
5,1 %
8,97 %
24,9 %
33,4 %
12,46 %
4,64 %
1,5625 %
20,19 %
Angebotshöhe
4,88 %
92,96 %
70,88 %
94,9 %
91,03 %
0%
66,6 %
71 %
48,13 %
10,98 %
79,81 %
Vorbesitz (inkl. ghP)
auf den Inhaber lautende Nennbetragsaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stammaktien (Vollangebot bzgl. Vorzugsaktien)
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
Aktiengattung
– generelle Abrundung – keine bevorrechtigte Berücksichtigung von Kleinstbeständen (100 Aktien) trotz Ermächtigung durch Hauptversammlung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
–
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
–
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
Zuteilungsregeln bei Überzeichnung
§ 19 Rz. 25 Zuteilung bei einem Teilangebot
Deutsche Beteiligungs AG/ eigene Aktionäre*
Grundstücks- und Baugesellschaft AG/eigene Aktionäre*
edding AG/eigene Aktionäre*
Beiersdorf AG/eigene Aktionäre*
Spütz AG/eigene Aktionäre*
Axel Springer AG/ eigene Aktionäre*
Nordag AG/B.U.S. Berzelius Umwelt-Service AG
United Internet AG/ Adlink Internet Media AG
30.6.2005
20.1.2005
17.11.2004
23.12.2003
18.11.2003
10.10.2003
12.7.2002
19.3.2002
37,13 % des jeweils gehaltenen Aktienbestandes
34,24 % der Stammaktien; 86,62 % der Vorzugsaktien
10 %
7,33 %
10 %
8,11 %
9,44 %
10 %
Angebotshöhe
62,27 %
65,77 % der Stammaktien; 13,38 % der Vorzugsaktien
0%
2,67 %
0%
1,89 %
0%
0%
Vorbesitz (inkl. ghP)
auf den Namen lautende Stückaktien
Stamm- und Vorzugsaktien
auf den Namen lautende Stückaktien
auf den Namen lautende Namensstückaktien
auf den Inhaber lautende Vorzugsstückaktien
auf den Inhaber lautende Vorzugsstückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
auf den Inhaber lautende Stückaktien
Aktiengattung
–
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung – keine bevorrechtigte Berücksichtigung von Kleinstbeständen (50 Aktien) trotz Ermächtigung durch Hauptversammlung
– generelle Abrundung
– generelle Abrundung – keine bevorrechtigte Berücksichtigung von Kleinstbeständen (50 Aktien) trotz Ermächtigung durch Hauptversammlung
– generelle Abrundung – keine bevorrechtigte Berücksichtigung von Kleinstbeständen (50 Aktien) trotz Ermächtigung durch Hauptversammlung
– generelle Abrundung
Zuteilungsregeln bei Überzeichnung
* Mit Schreiben vom 9.8.2006 hat die BaFin ihre Verwaltungspraxis dahingehend geändert, dass das WpÜG bei einem öffentlichen Angebot zum Rückerwerb eigener Aktien keine Anwendung findet.
Bieter-/Zielgesellschaft
Datum
Zuteilung bei einem Teilangebot Rz. 25 § 19
Favoccia
567
§ 20 Rz. 1 Handelsbestand
§ 20 Handelsbestand (1) Die Bundesanstalt lässt auf schriftlichen Antrag des Bieters zu, dass Wertpapiere der Zielgesellschaft bei den ergänzenden Angaben nach § 11 Abs. 4 Nr. 2, den Veröffentlichungspflichten nach § 23, der Berechnung des Stimmrechtsanteils nach § 29 Abs. 2 und der Bestimmung der Gegenleistung nach § 31 Abs. 1, 3 und 4 und der Geldleistung nach § 31 Abs. 5 unberücksichtigt bleiben. (2) Ein Befreiungsantrag nach Absatz 1 kann gestellt werden, wenn der Bieter, die mit ihm gemeinsam handelnden Personen oder deren Tochterunternehmen 1. die betreffenden Wertpapiere halten oder zu halten beabsichtigen, um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis kurzfristig zu nutzen und 2. darlegen, dass mit dem Erwerb der Wertpapiere, soweit es sich um stimmberechtigte Aktien handelt, nicht beabsichtigt ist, auf die Geschäftsführung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen. (3) Stimmrechte aus Aktien, die auf Grund einer Befreiung nach Absatz 1 unberücksichtigt bleiben, können nicht ausgeübt werden, wenn im Falle ihrer Berücksichtigung ein Angebot als Übernahmeangebot abzugeben wäre oder eine Verpflichtung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 bestünde. (4) Beabsichtigt der Bieter Wertpapiere, für die eine Befreiung nach Absatz 1 erteilt worden ist, nicht mehr zu den in Absatz 1 Nr. 1 genannten Zwecken zu halten oder auf die Geschäftsführung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, ist dies der Bundesanstalt unverzüglich mitzuteilen. Die Bundesanstalt kann die Befreiung nach Absatz 1 außer nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes widerrufen, wenn die Verpflichtung nach Satz 1 nicht erfüllt worden ist. A. I. II. III.
Grundlagen . . . . . . . . Entstehung der Norm . . Normzweck . . . . . . . . Vergleichbare Regelungen
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
B. Voraussetzungen für eine Befreiung (§ 20 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Reichweite des Befreiungstatbestands . . . II. Halten der Wertpapiere im Handelsbestand (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . III. Halten der Wertpapiere im Spekulationsbestand (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG) . . . . .
. . . .
1 1 4 8
. .
12 13
.
15
.
24
IV. Fehlende Absicht der Einflussnahme (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . .
29
C. Verfahrensfragen (§ 20 Abs. 1, 3 und 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Antragsberechtigung . . . . . . . . . . III. Inhalt des Antrags . . . . . . . . . . . IV. Entscheidung der Bundesanstalt . . . V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . VI. Beendigung der Befreiung . . . . . . .
36 37 38 40 42 44 54
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
Schrifttum: Cahn, Probleme der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach dem WpHG bei Veränderungen des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Gesellschaften, AG 1997, 502; Hirte, Der „Handelsbestand“ – Bindeglied zwischen Kapitalmarkt- und Konzernrecht, in FS Wiedemann, 2002, S. 955; Holzborn/Blank, Die Nichtzurechnung nach §§ 20, 36 WpÜG und die Befreiung vom Pflichtangebot nach § 37 WpÜG, §§ 8 ff. WpÜG-AngVO, NZG 2002, 948; Holzborn/Friedhoff, Die gebundenen Ausnahmen der Zurechnung nach dem WpÜG – Die Tücken des Handelsbestandes nach § 20 WpÜG, WM 2002, 948; Meyer, Änderungen im WpÜG durch die Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie, WM 2006, 1135; Vogel, Der Handelsbestand im Übernahmerecht – Offene Fragen des § 20 WpÜG, NZG 2005, 537; Wagner, Das neue Wertpapiererwerbs- und -übernahmegesetz (WpÜG), Die Bank 2002, 66.
A. Grundlagen I. Entstehung der Norm 1
Der Regierungsentwurf des WpÜG sah in § 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG zunächst vor, dass nur Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die an einem organisierten Markt zugelassen sind, berechtigt sein sollten, einen Antrag auf Nichtberücksichtigung von im Handelsbestand gehaltenen Wertpapieren zu
568
Seiler
Handelsbestand
Rz. 4 § 20
stellen1. Diese Beschränkung wurde erst in der Schlussphase des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des Finanzausschusses aufgehoben und die Regelung auch auf andere Unternehmen erstreckt2. Der Finanzausschuss sah ein Bedürfnis für die Erweiterung, weil auch Unternehmen, die nicht Wertpapierdienstleister sind, im Rahmen der Verwaltung ihres Vermögens in Wertpapiere investieren, ohne dass damit notwendigerweise eine (für die Zwecke des WpÜG relevante) unternehmerische Beteiligung verbunden sein muss (vgl. dazu Rz. 13)3. Auf Empfehlung des Finanzausschusses wurde deshalb auch die ursprüngliche Formulierung der Befreiungsvoraussetzung, die (entsprechend § 23 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F.) auf Wertpapiere im Handelsbestand (von Wertpapierdienstleistungsunternehmen) Bezug nahm, durch die jetzige Formulierung in § 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG ersetzt. Entsprechend wurde auch § 20 Abs. 4 Satz 1 WpÜG angepasst, der für die Beendigung der Befreiung ebenfalls nicht mehr auf das Halten der Wertpapiere im „Handelsbestand“ abstellt (vgl. unten Rz. 54). Im Diskussionsentwurf war die jetzt in § 20 WpÜG enthaltene Befreiungsmöglichkeit noch allein auf die Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots beschränkt4.
2
Die Übernahmerichtlinie5 sieht keine § 20 WpÜG vergleichbare Regelung vor. Art. 5 Abs. 3 überlässt es den Mitgliedstaaten, Methoden zur Feststellung des kontrollbegründenden Stimmrechtsanteils festzulegen. Entsprechend beschäftigt sich auch die derzeit stattfindende Überprüfung der Anwendung der Übernahmerichtlinie nicht mit Regelungen zur Einordnung des Handelsbestandes6. § 20 WpÜG ist – bis auf begriffliche Anpassungen nach Errichtung der BaFin – seit seiner Einführung unverändert geblieben.
3
II. Normzweck Die Vorschriften des WpÜG über das Halten und die Zurechnung von Stimmrechten gelten im Grund- 4 satz für alle Wertpapiere, die von einem Bieter, mit ihm gemeinsam handelnden Personen oder deren Tochterunternehmen gehalten werden. Dies ist aber nicht immer sachgerecht, insbesondere dann nicht, wenn die Wertpapiere nicht zum Zwecke einer unternehmerischen Beteiligung gehalten werden, sondern lediglich der Vermögensanlage dienen. § 20 WpÜG greift dieses Problem auf. Die Bestimmung ermöglicht vor allem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, aber auch anderen Unternehmen, die mit Wertpapieren handeln oder spekulieren, diese Tätigkeit auch dann fortzuführen, wenn sie selbst als Bieter, gemeinsam handelnde Personen eines anderen Bieters oder als deren Tochterunternehmen Beteiligte eines öffentlichen Angebots sind7. Erfasst werden damit etwa die Kommissionsgeschäfte der Wertpapierdienstleistungsunternehmen für Anleger (§§ 18 ff. DepotG) sowie OTCGeschäfte von sog. Market-Makern, die auch außerhalb der Börsenöffnungszeiten Kurse stellen und eine ausreichende Liquidität in den Aktien zur Verfügung stellen müssen8. Gleiches gilt für MarketMaker, die über Terminbörsen wie die Eurex Geschäfte anbieten und sich zur eigenen Absicherung ihrer Position bereits vor Fälligkeit einer Option auf Aktien mit diesen eindecken können müssen9. Schließlich zielt § 20 auch auf Versicherungsunternehmen, institutionelle Anleger oder Industrieunter1 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 13. In § 33 Abs. 3 Nr. 5 des Referentenentwurfs war noch ausdrücklich geregelt, dass der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft durch diese mit dem Ziel, diese einem genehmigten Handelsbestand zuzuführen, als mit dem Neutralitätsgebot des § 33 Abs. 1 WpÜG vereinbar gelten sollte. Diese ausdrückliche Regelung ist mit der Entschärfung des Verhinderungsverbots entbehrlich geworden. Der Erwerb von Wertpapieren zum Handelsbestand bildet jetzt in diesen Grenzen einen Sonderfall von § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpÜG; vgl. RefE, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 374, 389. 2 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7477, S. 20. 3 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7477, S. 52. 4 Vgl. § 35 Abs. 2 DiskE, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 237, 254. 5 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, Text im Anhang S. 1713. 6 Bericht der Europäischen Kommission zur Anwendung der Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote vom 28.6.2012, COM(2012) 347 final. 7 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48. 8 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 1. 9 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 1.
Seiler
569
§ 20 Rz. 4 Handelsbestand nehmen ab, die zur Gewinnoptimierung Eigengeschäfte in Aktien durchführen10. Diesen (und anderen Fällen) ist gemeinsam, dass der Erwerb der Wertpapiere durch das jeweilige Unternehmen Durchgangscharakter hat, der Weiterveräußerung dient und nicht auf eine dauernde Inhaberschaft und eine damit verbundene Kontrolle der Zielgesellschaft abzielt (vgl. dazu näher unten Rz. 14)11. 5
Eine Befreiung nach § 20 WpÜG bewirkt, dass die betreffenden Stimmrechte in der Person des Aktionärs, mit dem die Stimmrechte verbunden sind, nicht berücksichtigt werden. Besonders wichtig wird die Vorschrift, wenn ohne eine Befreiung des zu solchen Zwecken gehaltenen Wertpapierbestands ein Pflichtangebot (§ 35 WpÜG) abzugeben wäre12. Für freiwillige Angebote gilt die Regelung ebenfalls, entfaltet aber nur beschränkte Bedeutung13. Die Befreiungsvorschrift soll einen ungestörten Wertpapierhandel gewährleisten14. Sie soll damit nach der Vorstellung des Gesetzgebers Marktirritationen vermeiden und dazu dienen, die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts sicherzustellen15.
6
§ 20 WpÜG orientierte sich ursprünglich an der für den Bereich der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Veränderungen wesentlicher Beteiligungen geltenden Sondernorm des § 23 WpHG a.F. (nun § 36 WpHG)16. Nachdem § 23 WpHG a.F. an die Vorgaben der Transparenzrichtlinie17 angepasst wurde18, ist ein Gleichlauf der Vorschriften heute allerdings kaum noch erkennbar19. Die zu 36 WpHG (§ 23 WpHG a.F.) entwickelten Überlegungen können daher nur mit Bedacht auf § 20 WpÜG übertragen werden20. Im Übrigen stehen § 20 WpÜG und § 36 WpHG nebeneinander; eine Befreiung nach § 36 WpHG wirkt nicht automatisch auch als Befreiung nach § 20 WpÜG21. Vgl. zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Einzelnen unten Rz. 14.
7
Die praktische Bedeutung der Norm ist bisher gering geblieben. Die Jahresberichte der BaFin für die Jahre 2017 und 2016 weisen ausschließlich Befreiungsanträge nach §§ 36, 37 WpÜG aus22. Auf die Befreiungsanträge nach § 20 WpÜG geht die BaFin nicht gesondert ein.
III. Vergleichbare Regelungen 8
Der Übernahmekodex beschränkte die Regelung ebenso wie noch der Diskussionsentwurf auf Pflichtangebote. Nach Art. 16 Abs. 3 des Übernahmekodex blieben Stimmrechte für die Berechnung der zum Pflichtangebot führenden Kontrollschwelle unberücksichtigt, wenn sie zum Handelsbestand
10 11 12 13 14 15 16 17
18
19 20 21 22
Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 1. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 1. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 1; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 2. Zutreffend Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 5. Vgl. dagegen Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 6 f, der die Auffassung vertritt, die Norm hätte systematisch bei den Ausnahmen von Pflichtangeboten geregelt werden müssen. Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 1. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 3; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 20 WpÜG Rz. 2. Kritisch insoweit Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 3. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48. Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 390 v. 31.12.2004, S. 38. Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG), BGBl. I 2007, 10. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 2. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 5 f. Kritisch zur Übertragung des Regelungskonzepts des § 23 WpHG auf § 20 WpÜG Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 4. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 1; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 1 mit Fn. 1. Siehe Jahresbericht der BaFin 2016, S. 191; Jahresbericht der BaFin 2017, S. 148.
570
Seiler
Handelsbestand
Rz. 14 § 20
gehörten und nach § 23 Abs. 2 a.F. WpHG für sie eine Befreiung durch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel erteilt worden war23. Nach § 24 Abs. 2 a.F. des österreichischen Übernahmegesetzes (ÜbG) konnte die Übernahmekommission durch Verordnung für die Tätigkeit von Kreditinstituten im Rahmen ihrer Wertpapiergeschäfte Ausnahmen von der Angebotspflicht vorsehen, soweit dies die Vermögensinteressen der Aktionäre nicht beeinträchtigte und für die ordnungsgemäße Führung der Bankgeschäfte notwendig oder zweckmäßig war. Die entsprechenden Ausnahmen regelte § 11 der Ersten Verordnung der Übernahmekommission zum Übernahmegesetz vom 9.3.199924. Der Österreichische Verfassungsgerichtshof stellte jedoch am 6.10.2006 fest, dass die Einräumung der Verordnungsermächtigung an die Übernahmekommission verfassungswidrig war25. § 24 Abs. 2 a.F. des ÜbG wurde daraufhin aufgehoben. Ob im Handelsbestand gehaltene Wertpapiere unberücksichtigt bleiben können, beurteilt sich daher heute allgemein nach § 24 Abs. 1 ÜbG. Maßgeblich ist danach, ob die Beteiligung einen beherrschenden Einfluss auf die Zielgesellschaft vermitteln kann26.
9
Auch in der Schweiz gibt es keine Regelung, die im Handelsbestand oder im Spekulationsbestand ge- 10 haltene Wertpapiere privilegiert. Allerdings sieht Art. 136 FinfraG, insbesondere für den Fall nur vorübergehender Überschreitung des Grenzwertes, eine Befreiungsmöglichkeit von der Angebotspflicht bei Kontrollerwerb sowie in sonstigen berechtigten Fällen vor. Der britische Takeover Code sieht keine § 20 WpÜG vergleichbare Befreiungsmöglichkeit für einen Handels- oder Spekulationsbestand vor. Nach seinem Regelungskonzept besteht Kontrolle grundsätzlich unabhängig davon, ob diese tatsächlich ausgeübt werden soll.
11
B. Voraussetzungen für eine Befreiung (§ 20 Abs. 2 WpÜG) Voraussetzung für die Stellung eines Befreiungsantrags nach § 20 Abs. 1 WpÜG ist, dass der Bieter, die mit ihm gemeinsam handelnde Person oder deren Tochterunternehmen die betreffenden Wertpapiere hält oder zu halten beabsichtigt, um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis kurzfristig zu nutzen (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG; dazu Rz. 15 ff.). Ferner muss der Bieter darlegen, dass mit dem Erwerb der Wertpapiere nicht beabsichtigt ist, auf die Geschäftsführung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG; dazu Rz. 29 ff.). § 20 WpÜG gilt nicht (mehr) nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen, sondern für jeden potentiellen Bieter (vgl. oben Rz. 1).
12
I. Reichweite des Befreiungstatbestands Eine Befreiung nach § 20 Abs. 1 WpÜG setzt voraus, dass die Wertpapiere gehalten werden (sollen), um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis kurzfristig zu nutzen (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG). Diese Formulierung ist während des Gesetzgebungsverfahrens an die Stelle der ursprünglichen Wendung „Halten im Handelsbestand“ getreten, da ein Handelsbestand nur von einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen gehalten werden kann27, die Beschränkung auf Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber gerade fallen gelassen werden sollte (oben Rz. 1).
13
Die jetzige Formulierung führt allerdings zu Unklarheiten, weil sie den Eindruck erweckt, als sei entgegen der Überschrift nur (noch) der Spekulationsbestand, nicht aber (auch) der Handelsbestand ge-
14
23 Vgl. Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 201, 206. 24 Vgl. zur alten Rechtslage Diregger/Kalss/Winner, Das österreichische Übernahmerecht, Rz. 158. 25 Entscheidung G 151-153/05-17, V 115-117/05-17 vom 6.10.2006, abrufbar unter https://rdb.manz.at/docu ment/ris.vfghr.JFR_09938994_05G00151_01. 26 Vgl. auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 12. 27 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 7; Nicht-Wertpapierdienstleistungsunternehmen erbringen keine Wertpapierdienstleistungen i.S.v. § 2 Abs. 8 WpHG und können daher für solche Geschäfte auch keinen besonderen Bestand beanspruchen.
Seiler
571
§ 20 Rz. 14 Handelsbestand meint28. Die Unklarheiten werden dadurch verstärkt, dass die ursprüngliche Parallelnorm § 23 WpHG a.F. ausdrücklich zwischen dem Handelsbestand (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F.) und dem Spekulationsbestand (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 a.F. WpHG) unterschied29 und die in § 20 WpÜG verwendete Formulierung genau dem Begriff des Spekulationsbestandes nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 WpHG a.F. entspricht. Die besseren Gründe sprechen indes gleichwohl gegen eine Übertragung der Begriffsbildung des § 23 WpHG a.F. auf § 20 WpÜG und für eine Einbeziehung auch des Handelsbestands. Denn der Gesetzgeber wollte mit der durch den Finanzausschuss geänderten Formulierung in § 20 WpÜG den Kreis der privilegierten nichtunternehmerischen Beteiligung erweitern und nicht einschränken30. Bei einem nur an der wortgleichen Formulierung in § 23 Abs. 2 Nr. 1 WpHG a.F. orientierten Verständnis würde dagegen den Wertpapierdienstleistungsunternehmen entgegen der gesetzlichen Intention auch die Berücksichtigung von Handelsbeständen verwehrt, die keine Spekulationsbestände sind. Das beträfe etwa Wertpapiere, die zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen wie der Wertpapierleihe (vgl. unten Rz. 17) dienen, aber nicht gehalten werden, um auf kurzfristige Kursschwankungen reagieren zu können31. Ein solch enges Verständnis der Norm würde die Tätigkeit der Wertpapierdienstleistungsunternehmen erheblich einschränken32. Im Übrigen ist das Wortlautargument der Gegenauffassung nicht zwingend. Denn für das hier vertretene Ergebnis kann auch auf die im Gesetzgebungsverfahren nicht geänderte Überschrift der Norm verwiesen werden, die ausdrücklich vom Handelsbestand spricht. § 20 Abs. 2 Nr. 1 umfasst daher (entsprechend § 23 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 WpHG a.F.) sowohl den Spekulationsbestand als auch den Handelsbestand33.
II. Halten der Wertpapiere im Handelsbestand (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG) 15
Wie oben gesagt, ist eine Befreiung nach § 20 Abs. 1 WpÜG entgegen dem missverständlichen Wortlaut von § 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG (nur) für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 10 WpHG auch dann möglich, wenn die Wertpapiere als Teil des Handelsbestandes gehalten werden (sollen).
16
Wertpapiere im Handelsbestand sind zunächst nur solche Wertpapiere, die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Eigenbestand hält und über die es frei und uneingeschränkt verfügen (handeln) kann34. Hierunter können unter Umständen auch Wertpapiere fallen, die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen für Dritte erworben hat35. Dies dürfte insbesondere für Fälle gelten, in denen zwar bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Dritten die Rechte aus den Wertpapieren zustehen, das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber Eigentümer der Wertpapiere ist und frei über diese verfügen kann (sog. rights of use). Eine Beschränkung der Dispositionsbefugnis des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, wie sie typischerweise angenommen wird, wenn Wertpapiere für Rechnung Drit28 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 7; Vogel, NZG 2005, 537, 538; Wagner, Die Bank 2002, 66, 69. 29 Zur Begriffsverwirrung auch aus dem Blickwinkel von § 23 WpHG a.F. vgl. Uwe H. Schneider in Assmann/ Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 2a. Zur Kritik an dem Begriff „Spekulationsbestand“ Claussen, AG 1996, 286, 288 mit dem Vorschlag, den Begriff „Handels- oder Spekulationsbestand“ zu nutzen. Dieser Vorschlag hat sich bisher nicht durchgesetzt; Hirte in KölnKomm. WpHG, § 23 WpHG Rz. 14. 30 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 7; Wagner, Die Bank 2002, 66, 69; Hirte in FS Wiedemann, 2002, S. 955, 959; ausführlich zu dieser Thematik auch Vogel, NZG 2005, 537, 538 f. 31 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 7. 32 Für Personen, die keine Wertpapierdienstleistungen erbringen, bleibt es dagegen bei der wörtlichen Auslegung der Norm, weil diese keinen Handelsbestand in diesem Sinne halten können (vgl. oben Rz. 13 mit Fn. 27). 33 So im Ergebnis Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 62; Hirte in FS Wiedemann, 2002, S. 955, 959; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 7; Wagner, Die Bank 2002, 66, 69; Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 5. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 11 sowie Rz. 40; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 9 f.; unklar Holzborn/Blank, NZG 2002, 948, 949; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 2; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 15. 34 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 67; Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 949; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 8. 35 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 32. A.A. zu § 36 WpHG: Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 8; Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 4; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 6.
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Handelsbestand
Rz. 20 § 20
ter erworben oder gehalten werden36, ist dann gerade nicht gegeben. Dabei kann nun insbesondere auf die Definition des Handelsbuchs in Art. 4 Abs. 86 CRR-Verordnung37 zurückgegriffen werden, wonach „alle Positionen in Finanzinstrumenten und Waren, die ein Institut entweder mit Handelsabsicht oder zur Absicherung anderer mit Handelsabsicht gehaltener Positionen des Handelsbuchs hält“ zum Handelsbuch zählen. Die Positionen, die nicht hierzu zählen, können dem Anlagebuch zugerechnet werden, wenngleich die CRR-Verordnung dieses nicht definiert38. Dem Handelsbestand zuzurechnen sind insbesondere Wertpapiere, die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit dem Angebot von Wertpapierdienstleistungen i.S.v. § 2 Abs. 8 WpHG erwirbt oder veräußert. Dies schließt den Erwerb oder die Veräußerung von Wertpapieren unmittelbar im Kundenauftrag ein, und zwar im Grundsatz sowohl im Wege offener als auch bei mittelbarer Stellvertretung (vgl. oben Rz. 16)39. Ferner sind dem Handelsbestand Bestände zuzurechnen, die zur Erfüllung von Darlehensverträgen40 dienen, die nach deren Hereinnahme zum anschließenden Verleih bestimmt sind (Wertpapierleihe)41 sowie solche, die zu befristeten Maßnahmen wie dem Market-Making oder der Stabilisierung dienen sollen42. Schließlich können hierzu die Wertpapiere zählen, die eine Bank als Depositary Bank im Rahmen eines ADR-Programms hält43.
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Teilweise wird vertreten, dass auch die Wertpapiere, die ein Kreditinstitut im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion erwirbt, um sie dann am Kapitalmarkt zu platzieren, dem Handelsbestand zuzurechnen seien44. In den seltenen Fällen, in denen ein einzelnes Kreditinstitut im Rahmen einer Emission mehr als 30 % der Aktien zur Weiterplatzierung an Dritte übernimmt, wird in der Praxis indes ein Befreiungsantrag nach § 37 WpÜG gestellt (siehe § 37 WpÜG Rz. 48, 54). Eine Zurechnung der Anteile der anderen Konsorten scheidet nach § 30 Abs. 2 WpÜG mangels abgestimmten Verhaltens typischerweise ebenfalls aus45.
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Wertpapiere des Anlagebestandes sind dagegen solche, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Geschäftsbetrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB), also dem Anlage-, und nicht dem Umlaufvermögen zugewiesen sind (dauerhaftes Halten)46. Ferner gehören Wertpapiere nicht mehr zum Handelsbestand, sondern zum Anlagebestand, wenn mit deren Hilfe eine Paketbeteiligung aufgebaut werden soll47. Anderes gilt wiederum dann, wenn das Paket zeitnah weiterveräußert oder über die Börse gestreut werden soll48.
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Fraglich ist, ob auch der Handelsbestand nur dann für die Zwecke des § 20 WpÜG privilegiert ist, wenn er kurzfristig gehalten wird. Dagegen spricht, dass auch die Parallelnorm des § 23 Abs. 1 Nr. 2
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36 Vgl. Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 6. 37 Verordnung (EU) 575/2013 vom 26.6.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 646/2012, ABl. EU L 173 v. 27.6.2013, S. 1 ff. 38 Vgl. Dürselen in Boss/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, Art. 4 CRR-VO, Rz. 287. 39 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 67. 40 Dazu Begr. RegE zu § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG, BT-Drucks. 12/6679, S. 84; siehe auch Art. 1 Nr. 1 i.V.m. Abschnitt A Nr. 1 Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie; Vogel, NZG 2005, S. 38. 41 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 7; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/ Mülbert, § 36 WpHG Rz. 12; Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 4; Bayer in MünchKomm. AktG, Anh. § 22, § 23 WpHG Rz. 4; Vogel, NZG 2005, 38. 42 Schnorbus, AG 2004, 113, 121; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 773. 43 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 67. 44 Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 773; Schnorbus, AG 2004, 113, 126. 45 Insbesondere werden die im Übernahmevertrag getroffenen Abreden nicht im Sinne von § 30 Abs. 2 WpÜG „in Bezug auf die Zielgesellschaft“, sondern lediglich anlässlich und bezüglich der Kapitalmaßnahme getroffen. 46 Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 950; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 11; Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 4; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 6. 47 Bayer in MünchKomm. AktG, Anh. § 22, § 23 WpHG Rz. 5. 48 Im Ergebnis zutreffend Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 4. A.A. wohl Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 67; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 20 Rz. 9; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 13; ohne klare Stellungnahme Bayer in MünchKomm. AktG, Anh. § 22, § 23 WpHG Rz. 5.
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§ 20 Rz. 20 Handelsbestand WpHG a.F. kein Kurzfrist-Erfordernis normierte49. Auf der anderen Seite ist der geringe zeitliche Abstand zwischen An- und Verkauf für die Charakterisierung als bloßer Handelsbestand typisch. Deshalb wird bei (beabsichtigtem) längerfristigem Halten das Vorliegen eines Handelsbestandes eher zu verneinen sein. Der (beabsichtigten) Länge des Haltens kommt also zumindest indizielle Bedeutung zu50. 21
Ungeachtet der oben beschriebenen Unterscheidungsmerkmale lässt sich der Handelsbestand nicht allein objektiv vom Anlagebestand abgrenzen51. Für die Abgrenzung sind auch subjektive Merkmale (mit-)entscheidend52. Die im Bankbilanzrecht entwickelten Grundsätze sind insoweit entsprechend heranzuziehen53. Erforderlich ist demnach, dass die Geschäftsführung des Antragstellers über die entsprechende Zuordnung zum Handelsbestand beschlossen hat54. Der Beschluss ist zu dokumentieren (aktenkundig zu machen)55. Schließlich ist der Handelsbestand auf entsprechenden gesonderten Konten zu führen. Diese sind vom übrigen Wertpapierbestand zu trennen56.
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Bei der Frage, in welchem Umfang ein Unternehmen einen Handelsbestand ausweist, hat die Geschäftsführung zwar einen unternehmerischen Ermessensspielraum57. Allerdings ist der Zuschnitt der Geschäftstätigkeit des Unternehmens nicht gänzlich unbedeutend58. So steigt die Begründungslast im Rahmen des Antrags auf Erlaubnis, wenn der Handelsbestand eines Papiers im Verhältnis zu dem darin getätigten oder erfahrungsgemäß zu erwartenden Umsatz besonders hoch ist59.
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Auf den Handelsbestandskonten muss sodann ein Umsatz stattfinden, der die Zuordnung der betreffenden Wertpapiere zum Handelsbestand rechtfertigt60. Erfolgt über längere Zeit kein Umsatz in den dem Handelsbestand zugewiesenen Aktien, ist eine weitere Zuordnung der Konten insgesamt bzw. der behaupteten Anzahl der Wertpapiere (substantiiert) zu begründen und ggf. zu revidieren61. Zur fehlenden Absicht der Einflussnahme (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG) vgl. Rz. 29 ff.
49 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 68. A.A. wohl Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/ Mülbert, § 36 WpHG Rz. 12, der auch für den Handelsbestand auf die Kurzfristigkeit des Haltens abstellt. 50 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 68. 51 Ebenso im Ergebnis Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 70; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 14; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 7. Noch weitergehend Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 949, die ausschließlich auf subjektive Kriterien abstellen wollen. 52 Dafür spricht auch der Wortlaut der Bestimmung („Halten“ oder „zu halten beabsichtigt“). 53 Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 949; vgl. dazu auch Krumnow/Sprißler/Bellavite-Hövermann/Kemmer/ Steinbrücker, Rechnungslegung der Kreditinstitute, 1994, § 340e HGB Rz. 34, 36; Prahl/Neumann, WPg 1991, 729, 732. 54 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 70. Vgl. ferner Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 16; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 7; siehe auch Begr. RegE Bankbilanzrichtlinie-Gesetz (zu § 340e HGB), BT-Drucks. 11/6275, S. 22. 55 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 70; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 17; Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 949; Krumnow/Sprißler/Bellavite-Hövermann/Kemmer/ Steinbrücker, Rechnungslegung der Kreditinstitute, 1994, § 340e Rz. 34. 56 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 70; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 24; Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 4. – Zur Frage, ob die tatsächliche Einrichtung solcher Konten auch das Dokumentationserfordernis erfüllt, vgl. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 70; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 15; Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 4; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 7 (reicht aus) sowie Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 949 (reicht nicht aus). Die Praxis sollte sich aus Vorsichtsgründen nach der letzteren Ansicht richten. 57 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 16; insoweit übereinstimmend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 71. 58 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 16; tendenziell großzügiger Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 71. 59 Ähnlich Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 16; vgl. auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 71. 60 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 25; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 71. 61 Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 4.
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Handelsbestand
Rz. 28 § 20
III. Halten der Wertpapiere im Spekulationsbestand (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG) Daneben ist nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG eine Befreiung für Wertpapiere möglich, die als Teil des Spekulationsbestandes gehalten werden (sollen). Insofern gelten im Hinblick auf die Abgrenzung zu anderen Wertpapierbeständen des Unternehmens zunächst die Überlegungen zum Handelsbestand entsprechend (oben Rz. 16).
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Die Wertpapiere müssen gehalten werden, um kurzfristig auf Kursschwankungen reagieren zu können. Das Merkmal der Kurzfristigkeit bezieht sich dabei auf das Halten der Wertpapiere und nicht auf die Schnelligkeit der Reaktion auf Kursschwankungen62. Erforderlich ist mithin die Absicht, die betreffenden Wertpapiere nur kurzfristig zu halten.
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Welcher Zeitraum in diesem Sinne als kurzfristig angesehen werden kann, ist in der Rechtslehre umstritten. Nach einer (strengen) Auffassung ist der in §§ 4 f. WpÜG-AngVO festgelegte 3-Monats-Zeitraum zugrunde zu legen63. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass ein Zeitraum von 3 Monaten, der im Sinne des WpÜG bzw. der WpÜG-AngVO die untere Grenze für eine Dauerhaftigkeit darstelle, nicht mehr kurzfristig im Sinne von § 20 WpÜG sein könne64. Allerdings ist zweifelhaft, ob dem für §§ 4 f. WpÜG-AngVO maßgebenden Zeitraum eine auch für § 20 WpÜG gültige Aussage entnommen werden kann. Die besseren Gründe sprechen dafür, statt auf drei Monate grundsätzlich auf den Zeitraum von bis zu einem Jahr abzustellen65. Zwar kann dafür nicht mehr auf die entsprechende Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. zur Versteuerung von Veräußerungserlösen verwiesen werden66. Allerdings gilt nach wie vor, dass eine Ausübung von Stimmrechten, die nach § 20 Abs. 3 WpÜG unter Umständen untersagt wird, ohnehin grundsätzlich nur einmal im Jahr auf der ordentlichen Hauptversammlung möglich ist67.
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Haben sich in dem 12-Monats-Zeitraum keine Kursunterschiede ergeben, aufgrund derer Veräußerungsgewinne hätten erzielt werden können, dürfen die Wertpapiere allerdings auch über diesen Zeitraum hinaus gehalten werden (kein Zwang zur Verlustrealisierung)68. Voraussetzung dafür ist, dass der Erwerber nach wie vor die Absicht hat, die Wertpapiere zu Spekulationszwecken zu halten und keine Umwidmung in den Dauerbestand vornimmt69. Im Grundsatz ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Erwerber bei größeren Beständen im Hinblick auf handelsrechtliche Bewertungsvorschriften einen bestimmen Anteil (Bodensatz) an Werten längerfristig hält70.
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Im Übrigen gelten die gleichen Kriterien wie bei der Zuordnung des Handelsbestandes (oben Rz. 16). Eine Offenlegung der Anlagestrategie des Bieters ist nicht erforderlich. Genauso wenig hat der Bieter
28
62 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 27; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 10; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 75; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 4. 63 So etwa Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 950; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 15, der mit der „gefährlichen Reichweite“ des Ausnahmetatbestands argumentiert; im Ergebnis auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 2. 64 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 2. 65 So etwa Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG WpÜG Rz. 10; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 20; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 27; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 20 Rz. 12; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 75. 66 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 27 zur alten Rechtslage. Vgl. aber auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 75, der in Anlehnung an § 23 Abs. 1 lit. b) EStG a.F. für eine grundsätzliche 6-Monats-Frist eintritt. 67 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 27. 68 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 28; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 20 WpÜG Rz. 12. Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 36 WpHG Rz. 31; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 4; vgl. auch Bayer in MünchKomm. AktG, Anh. § 22, § 23 WpHG Rz. 10, der wegen der Abhängigkeit von der Kursentwicklung die zeitliche Komponente generell für zweitrangig hält. 69 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 10; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 28. 70 Näher Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 75; Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 12; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 17.
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§ 20 Rz. 28 Handelsbestand besondere Vorstellungen in Bezug auf die erwarteten Unterschiede zwischen An- und Verkaufspreis darzulegen71. Auch für den Umfang des Bestandes gibt es keine starre Obergrenze72.
IV. Fehlende Absicht der Einflussnahme (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG) 29
Der Bieter hat schließlich darzulegen, dass er nicht die Absicht hat, mit den (stimmberechtigten)73 Wertpapieren auf die Geschäftsführung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen (Zölibatserklärung)74.
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Die Regelung in § 20 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG überrascht auf den ersten Blick, weil die Geschäftsführung, also der Vorstand der Zielgesellschaft75, rechtlich (außerhalb von § 308 AktG) ohnehin nicht unmittelbar zu beeinflussen ist (§§ 119 Abs. 2, 76 Abs. 1 AktG). Gleichwohl hat die Bestimmung bei näherem Zusehen ihre Berechtigung, weil sie auch die faktische oder mittelbare Beeinflussung des Vorstands verhindern will76. Dabei lässt sie das Stimmrecht des Bieters – im Normalfall – unberührt. Doch stellt es eine schädliche (mittelbare) Einflussnahme i.S.v. § 20 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG dar, wenn der Bieter durch sein Stimmrecht etwa an der Bestellung der (von den Anteilseignern gestellten) Aufsichtsratsmitglieder mitwirkt (§ 101 AktG), weil damit über § 84 Abs. 1 AktG ein mittelbarer Einfluss auf den Vorstand begründet wird77. Die Mitwirkung an Beschlüssen zur Änderung der Satzung, etwa im Rahmen von Kapitalmaßnahmen, ist ebenfalls eine unzulässige mittelbare Beeinflussung (§ 83 Abs. 2 AktG)78. Daneben sind anderen Formen der tatsächlichen Einflussnahme wie Ratschläge, Anregungen an die Geschäftsleitung oder ihr gegenüber geäußerte Erwartungen erfasst (vgl. auch §§ 311 ff. AktG)79. Auch die Erhebung einer Anfechtungsklage kann schädlich sein, weil damit Einfluss auf die Umsetzung der Entscheidung der (übrigen) Aktionäre genommen wird80. Bestehen personelle Verflechtungen zwischen der Zielgesellschaft und dem Bieter, z.B. durch Aufsichtsratsmitglieder, die dem Bieter zugeordnet sind, sollten organisatorische Vorkehrungen geschaffen werden, die einer faktischen Einflussnahme auf den Vorstand entgegenwirken81. Keinen schädlichen Einfluss begründet dagegen der Bezug von Dividenden und die Ausübung des Fragerechts auf der Hauptversammlung.
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Soweit es um die Ausübung des Stimmrechts geht, muss sich die Zölibatsabsicht nur auf die Aktien beziehen, für die die Befreiung beantragt wird. In Bezug auf andere Aktien außerhalb des Handelsoder Spekulationsbestandes bleibt die Geltendmachung von Einfluss im Wege des Stimmrechtes dagegen zulässig82. Bei allen übrigen faktischen Einflussnahmen ist eine Differenzierung danach, ob 71 72 73 74
75 76 77 78
79 80 81 82
Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 76. A.A. Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 17. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 76. Vgl. aber auch Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 12. Zu anderen Wertpapieren vgl. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 77. Vgl. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 6; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 78, sowie Hirte in FS Wiedemann, 2002, S. 955, 960, der die Auffassung vertritt, diese auf Art. 9 Abs. 1 der Transparenz-Richtlinie zurückgehende Anforderung diene nur der verfahrensmäßigen Kontrolle der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG, weil die Hereinnahme in den Handels- oder Spekulationsbestand nach deutschem Verständnis bereits das Fehlen der Absicht der Einflussnahme (mit-)enthalte. Sie stelle insofern eine unnötige Verdopplung dar. Dafür spricht einiges, doch ergeben sich daraus in praktischer Hinsicht keine Unterschiede, so dass die Frage an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden muss. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 12. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 12; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 36. Cahn, AG 1997, 502, 508. Darauf will Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 3 den Anwendungsbereich der Norm beschränken. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 79; Hirte in FS Wiedemann, 2002, S. 955, 961; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 17 mit Fn. 33, der nur Veranlassungen i.S.v. §§ 311 ff. AktG als Einflussnahme auf die Geschäftsführung, die sonstigen Fälle aber als zulässige Wahrnehmung von Aktionärsrechten begreift. Dem steht entgegen, dass auch durch die Wahrnehmung von Aktionärsrechten auf die Geschäftsführung Einfluss genommen werden kann. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 79. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 79. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 36. Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 23; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 80; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 12. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 18.
576
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Handelsbestand
Rz. 37 § 20
diese nur auf dem (insoweit unbeachtlichen) Anlagebestand oder auch auf dem Handels- bzw. Spekulationsbestand beruhen, nur schwierig möglich. Dies gilt vor allem dann, wenn die Gesellschaft die (tatsächliche) höhere Beteiligung des Bieters im Zeitpunkt der Einflussnahme kennt83. Insoweit sollte sich der Bieter im Zweifel insgesamt der tatsächlichen Einflussnahme enthalten84. Aus § 20 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG ergibt sich keine (selbstständig durchsetzbare) Pflicht des Bieters, entsprechend der dargelegten Absicht zu handeln, also von etwaigen Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsleitung keinen Gebrauch zu machen85. Eine entsprechende Selbstbindung kann dem Wortlaut der Norm nicht entnommen werden. Richtig ist allerdings, dass die Voraussetzungen der Befreiung entfallen, wenn der Bieter tatsächlich unternehmerischen Einfluss ausübt (dazu oben Rz. 30)86.
32
Eine Befreiung nach § 20 WpÜG kann sowohl für den gegenwärtigen als auch für den zukünftigen Wertpapierbestand beantragt werden87. Wird der Antrag auf Befreiung für Aktien gestellt, die der Bieter bereits erworben hat, muss die Zölibatserklärung im Zeitpunkt der Antragstellung (nicht schon zum Zeitpunkt des Erwerbs) bestehen88. Werden die Wertpapiere erst nach der Antragstellung erworben, muss die Absicht fehlender Einflussnahme sowohl im Zeitpunkt der Antragstellung als auch im Zeitpunkt des Erwerbs bestehen89.
33
Das Gesetz erklärt sich nicht zu der Frage, wie die fehlende Absicht der Einflussnahme auf die Geschäftsführung dargelegt werden soll. Richtigerweise sollte nicht mehr verlangt werden als eine entsprechende Erklärung der Geschäftsführung des Antragstellers90.
34
Die Zölibatserklärung bezieht sich im Übrigen nur auf den Antragsteller selbst. Welche Absichten ein Dritter verfolgt, für den der Antragsteller Wertpapiere erworben und seinem Handels- oder Spekulationsbestand zugeordnet hat, ist unerheblich, soweit diese dem Dritten nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG zugerechnet werden91.
35
C. Verfahrensfragen (§ 20 Abs. 1, 3 und 4 WpÜG) Die Befreiungsentscheidung nach § 20 Abs. 1 WpÜG (Erlaubnis) durch die BaFin geschieht auf der Grundlage eines begünstigenden Verwaltungsakts i.S.v. §§ 35 ff. VwVfG92.
36
I. Antrag Die Erlaubnis wird nur auf Antrag erteilt, der der Schriftform genügen muss (siehe dazu § 45 WpÜG und die Kommentierung zu § 45 WpÜG). Der Antrag ist durch die gesetzlich oder rechtsgeschäftlich
83 Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 4, 24. Vgl. auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 80; Hirte in FS Wiedemann, 2002, S. 955, 962. 84 So wohl auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 80 sowie Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 20 i.V.m. Rz. 18 mit Fn. 34; vgl. ferner Cahn, AG 1997, 502, 509. A.A. Diekmann in Baums/ Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 35; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 24. 85 Zutreffend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 17; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 11. A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 79; Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 951; Cahn, AG 1997, 502, 509. 86 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 17. 87 Vgl. Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 21; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 12. 88 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 37; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 82; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 12. 89 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 37. 90 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 31; etwas großzügiger Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 82 (Erklärung der vertretungsberechtigten Organe des Antragstellers); vgl. auch Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 24. Strenger demgegenüber Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 20, der ein Mehr an Glaubhaftmachung verlangt. 91 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 81; vgl. auch Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 30; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 20. 92 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 17.
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37
§ 20 Rz. 37 Handelsbestand zur Vertretung ermächtigten Personen in deutscher Sprache zu stellen93. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung, kann aber bereits vor dem Erwerb der Wertpapiere gestellt werden (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG). Im Übrigen kann die BaFin auch bis zur endgültigen Entscheidung eine vorläufige Befreiung erteilen94.
II. Antragsberechtigung 38
Antragsberechtigt ist der Bieter (§ 2 Abs. 4 WpÜG)95. Dies schließt insbesondere auch den zum Pflichtangebot nach § 35 Abs. 2 WpÜG verpflichteten Bieter ein.
39
Der Bieter hat auch für die ihm nach § 30 zuzurechnenden Wertpapierbestände (z.B. einen Handelsoder Spekulationsbestand einer Tochtergesellschaft) selbst einen Antrag zu stellen, weil nur ihn die Rechtsfolgen einer Befreiung treffen96. Im Unterschied zu § 36 WpHG (§ 23 WpHG a.F.) spielt die Tatsache, ob die Wertpapiere in einen dort vorhandenen Handels- und Spekulationsbestand einzurechnen sind, keine Rolle97. Entsprechendes gilt bei den anderen Zurechnungsgründen des § 30 WpÜG. Durch die Befreiung beeinträchtigte Rechte des Dritten werden in dem Befreiungsverfahren nach § 28 VwVfG gewahrt. Einer eigenen Antragsberechtigung des Dritten bedarf es insoweit nicht98.
III. Inhalt des Antrags 40
Zum Umfang der erforderlichen Angaben gilt im Grundsatz § 26 Abs. 2 VwVfG99. Aus dem Antrag müssen die Wertpapiere, für die eine Befreiung beantragt wird, hervorgehen100. Dabei dürfte es genügen, wenn der Antrag im Voraus für ein bestimmtes Bestandsvolumen gestellt wird101. Eine Einschränkung der Antrags auf einzelne Freistellungen ist nicht möglich, da die Wertpapiere entweder insgesamt dem strategischen Bestand des Bieters zuzurechnen sind oder nicht102. Im Antrag sind die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 20 Abs. 2 WpÜG glaubhaft zu machen. Wird der Antrag für bereits gehaltene Wertpapiere gestellt, ist der Nachweis gesonderter Kontenführung des Handelsbzw. Spekulationsbestandes zu führen103. Einer weitergehenden Darlegung der Gründe, warum die Wertpapiere im Handels- oder Spekulationsbestand gehalten werden (sollen), bedarf es nicht104. Zur Zölibatserklärung vgl. oben Rz. 29 ff. Eine ausdrückliche Erklärung, dass mit der Inanspruchnahme
93 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 18 mit weiteren Einzelheiten; Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 7; ebenso Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 47. 94 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 28; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 2; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 31. 95 Vgl. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 19 ff. mit weiteren Einzelheiten. 96 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 4; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 25; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 20 WpÜG Rz. 6. 97 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 39 mit weiteren Einzelheiten; ebenso für § 23 WpHG a.F. Cahn, AG 1997, 502, 511; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 7. 98 A.A. Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 7. 99 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 41. 100 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 42; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 23. Für eine Auslegung im Sinne eines im Zweifel alle Möglichkeiten umfassenden Antrags Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 7. 101 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 4. 102 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 23; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 4. A.A. Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 28; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 42. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 26. 103 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 23; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 30; vgl. auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 43 (zumindest empfehlenswert). 104 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 43.
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Handelsbestand
Rz. 44 § 20
der Erlaubnis keine Irreführung des Publikums verbunden ist, dürfte ebenfalls nicht erforderlich sein, weil sie bereits konkludent im Antrag enthalten ist105. Der Antrag kann nur für einen bestimmten Einzelfall mit Blick auf eine bestimmte Zielgesellschaft erteilt werden106. Eine Pauschalbefreiung bestimmter Aktienbestände ist anders als früher bei § 23 WpHG a.F.107 nicht möglich, weil § 20 WpÜG nicht auf die dauerhafte Überwachung eines Handelsbestands, sondern auf ein konkretes Angebotsverfahren angelegt ist108.
41
IV. Entscheidung der Bundesanstalt Liegen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 WpÜG vor, hat die BaFin dem Antrag zu entsprechen. Es handelt sich um einen gebundenen Verwaltungsakt109. Die BaFin hat insoweit kein Ermessen.
42
Die Beweis- und Feststellungslast dafür, dass die Wertpapiere, für die die Befreiung beantragt wird, 43 zum Handels- bzw. Spekulationsbestand gehören (sollen), obliegt dem Antragsteller110. Bleiben unaufklärbare Zweifel an der Zugehörigkeit zum Handels- oder Spekulationsbestand, ist der Antrag abzuweisen111. Da auf die Befreiung ein Anspruch besteht, kann sie nur unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 VwVfG mit Nebenbestimmungen (etwa einer Befristung) versehen werden. Eine automatische Befristung der Befreiung auf höchstens ein Jahr ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und daher abzulehnen112. Widerruf und Rücknahme der Befreiung sind grundsätzlich nach §§ 48 und 49 VwVfG möglich113. Zusätzlich enthält § 20 Abs. 4 Satz 2 WpÜG eine spezielle Widerrufsermächtigung (dazu unten Rz. 55). Zu Rechtsmitteln gegen eine (teilweise) Versagung bzw. gegen Rücknahme oder Widerruf vgl. §§ 41, 48 ff. WpÜG. Einstweiliger Rechtsschutz steht analog § 123 Abs. 1 VwGO zur Verfügung (einstweilige Anordnung)114.
V. Rechtsfolgen Soweit die Erlaubnis erteilt wird, bleiben die Wertpapiere der Zielgesellschaft bei sämtlichen der in § 20 Abs. 1 WpÜG genannten Pflichten unberücksichtigt (vgl. oben Rz. 5). Sie müssen in der Angebotsunterlage bei den ergänzenden Angaben nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG115, und bei den Veröffentlichungspflichten nach § 23 WpÜG116, vor allem aber bei der Berechnung des ein Pflichtangebot auslösenden Stimmrechtsanteils nach § 29 Abs. 2 WpÜG und bei der Bestimmung der Gegenleistung nach § 31 Abs. 1, 3 und 4 WpÜG und der Geldleistung nach § 31 Abs. 5 WpÜG nicht einbezogen werden117. 105 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 24; weitergehend Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 45, 65. 106 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 28; Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 951. 107 Begr. RegE zu § 23 Abs. 1 WpHG a.F., BT-Drucks. 12/6679, S. 54; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 42, 46. 108 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 25. 109 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 48; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 45; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 27; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 5; Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948, 949. 110 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 41; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 26. 111 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 46; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 26. 112 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 6. 113 Vgl. dazu Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 60 ff.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 30, 31. 114 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 64; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 35. 115 Vgl. Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 9; einschränkend Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 10. 116 Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 9. 117 Näher Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 51; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 33 f.; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 11; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 8 f.
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44
§ 20 Rz. 45 Handelsbestand 45
Aus der Befreiung folgt nicht nur ein Recht, sondern auch die Pflicht des Antragstellers, seine Stimmrechte – und zwar insgesamt – nicht zu berücksichtigen118. Der Gegenansicht, die dem Antragsteller insoweit ein Wahlrecht einräumen will, kann nicht gefolgt werden. Gegen diese spricht bereits der Wortlaut des § 20 Abs. 1 WpÜG, der nicht auf eine Ermessensentscheidung des Bieters hindeutet. Vor allem geht der Kapitalmarkt davon aus, dass Marktteilnehmer von einer Befreiungsmöglichkeit nach § 20 WpÜG auch Gebrauch machen119. Will der Begünstigte die Befreiung nicht ausnutzen, hat er dies der BaFin mitzuteilen. Diese Mitteilung ist dann je nach Verfahrensstand als Rücknahme des Zulassungsantrags oder als Verzicht zu werten.
46
Die Befreiung kann sich sowohl auf bestimmte (individualisierte) Wertpapiere als auch auf einen Wertpapierbestand beziehen, der mittels entsprechender Kontoführung oder durch einen genannten Höchstbetrag definiert ist (vgl. auch oben Rz. 33)120. Innerhalb des Rahmens der erteilten Befreiung bleiben Veränderung des Bestandes möglich, ohne dass damit die Befreiungswirkungen verloren gingen121.
47
Eine Befreiungsentscheidung nach § 20 Abs. 1 WpÜG lässt ein Stimmrecht grundsätzlich unberührt (vgl. oben Rz. 30). Von diesem Grundsatz enthält § 20 Abs. 3 WpÜG eine wichtige Ausnahme (nur) für stimmberechtigte Aktien122 dann, wenn bei deren Berücksichtigung ein Angebot als Übernahmeangebot abzugeben wäre oder eine Verpflichtung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zur Abgabe eines Pflichtangebots bestünde. Eine Befreiung nach § 20 Abs. 1 WpÜG entlastet den Antragssteller in solchen Fällen von der Qualifikation eines Angebots als Übernahmeangebot (§ 29 Abs. 2 WpÜG) oder der Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots (§ 35 Abs. 1 und 2 WpÜG). Die Folge des Stimmrechtsverlustes, die § 59 WpÜG für die Verletzung eben dieser Pflicht vorsieht, bleibt aber bestehen123.
48
Die Norm stellt eine hypothetische Betrachtung an: Die Qualifikation eines Angebotes als Übernahmeangebot (§ 29 Abs. 2 WpÜG) darf nur deshalb nicht vorzunehmen bzw. die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebotes (§ 35 Abs. 1 und 2 WpÜG) nur deshalb nicht entstanden sein, weil Stimmrechte nach § 20 Abs. 1 WpÜG freigestellt sind124.
49
Das Stimmverbot gilt entgegen einer zum Teil vertretenen Auffassung auch dann, wenn dem Bieter Wertpapiere nach § 30 WpÜG zuzurechnen sind, die von ihm aber praktisch nicht geltend gemacht werden können125. Die Erstreckung des Ruhens von Mitgliedschaftsrechten auf Aktien Dritter ist auch ansonsten geltendes Recht (§ 71d Satz 4 i.V.m. § 71b AktG)126. Auch der Wortlaut von § 20 Abs. 3 WpÜG steht dem nicht entgegen; dieser spricht ausdrücklich nicht von Stimmrechten (nur) des Bieters127.
50
Nach § 20 Abs. 3 WpÜG bleiben nur die Stimmrechte unberücksichtigt, die gerade für das Erreichen oder Überschreiten der entsprechenden Stimmrechtsschwellen ursächlich sind (sog. kleine Lösung)128. Die (wohl überwiegende) Gegenauffassung, nach der alle von der Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 118 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 52; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 37. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 31; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 75. 119 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 52; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 37. 120 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 6; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 38. 121 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 38. 122 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 10. 123 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 42. 124 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 11; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 44. 125 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 12. A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 45 mit Hinweis auf Cahn, AG 1997, 502, 512 und Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 12. 126 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 12. 127 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 12. 128 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 55; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 14; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 38; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 11; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 20 WpÜG Rz. 26. Eben-
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Handelsbestand
Rz. 54 § 20
WpÜG erfassten Stimmrechte unberücksichtigt zu bleiben (sog. große Lösung)129, überzeugt letztlich nicht. Für die kleine Lösung spricht die Begründung zum Regierungsentwurf, nach der Stimmrechte aus 51 Aktien, für die eine Befreiung nach § 20 Abs. 1 WpÜG erteilt wurde, (nur) „insoweit“ einer Ausübungssperre unterliegen, als im Falle eines Angebotes die Vorschriften über das Übernahmeangebot anzuwenden wären oder ein Pflichtangebot abzugeben wäre130. Auch der Gesetzeszweck spricht für die kleine Lösung: Die Norm dient dem Umgehungsschutz. Sie soll verhindern, dass der Bieter aufgrund einer Befreiung nach § 20 Abs. 1 WpÜG die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt und danach die ihm zustehenden Stimmrechte nutzt, um entgegen seiner Zölibatserklärung Einfluss auf die Geschäftsführung auszuüben. Dem Gesetzeszweck ist Genüge getan, wenn (nur) dies verhindert wird, d.h. gerade die Stimmrechte gesperrt werden, die zur Überschreitung der Schwellenwerte führen. Der kleinen Lösung stehen auch praktische Erwägungen nicht entgegen: Soweit dem Bieter Wertpapiere Dritter nach § 30 zuzurechnen sind, kann kein Problem darin liegen, dass das Gesetz keine Anhaltspunkte dafür enthält, welche Bestände zu berücksichtigen sind und welche nicht131. Zur Berechnung ist eine konsolidierte Betrachtung vorzunehmen, bei der sämtliche dem Bieter zuzurechnenden Stimmrechte einschließlich derer, die nach § 20 Abs. 1 WpÜG befreit sind, aufaddiert werden132. Allerdings gilt ein sich daraus ergebendes Stimmverbot für die Stimmrechte, die die Schwelle von 30 % abzüglich einer Stimme überschreiten, nur für die Stimmrechte aus nach § 20 Abs. 1 WpÜG befreiten Aktien133.
52
Die Rechtsfolgen bei Ausübung des Stimmrechts entgegen einem Verbot nach § 20 Abs. 3 WpÜG richten sich nach § 59 WpÜG134. Kommt es dennoch zur Stimmrechtsausübung, ist der Hauptversammlungsbeschluss nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar135. Auch kann die Ausübung des Stimmrechts zum Widerruf der Befreiung führen136.
53
VI. Beendigung der Befreiung Nach § 20 Abs. 4 WpÜG ist der Bieter zur Mitteilung an die BaFin verpflichtet, wenn er die Wert- 54 papiere der Zielgesellschaft, für die eine Befreiung erteilt worden ist, umwidmet, um sie als strategisches Investment im Anlagebestand zu halten und/oder Einfluss auf die Geschäftsführung auszuüben. Die Mitteilung hat unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) und in der von § 45 WpÜG verlangten Form zu geschehen. Für das Entstehen der Mitteilungspflicht kommt es auf die Absicht, nicht erst auf deren Umsetzung an137.
129 130 131 132 133 134 135 136 137
so im Rahmen von § 23 WpHG a.F. Holzborn/Friedhoff, WM 2002, 948; Uwe H. Schneider in Assmann/ Uwe H. Schneider, 4. Aufl. 2006, § 23 WpHG Rz. 101; Cahn, AG 1997, 502, 508 f. A.A. Oechsler in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 38; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 46 ff.; Hirte in FS Wiedemann, 2002, S. 955, 963 ff.; Klepsch in Steinmeyer, § 20 WpÜG Rz. 24; Schwark in Schwark/Zimmer, § 23 WpHG Rz. 23; Opitz in Schäfer/Hamann, § 23 WpHG Rz. 58. Vgl. Nachweise in vorheriger Fn. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49. So aber Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 38. Ein Missbrauchsrisiko wegen fehlender Unterscheidbarkeit der Wertpapiere sieht Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 20 WpÜG Rz. 12. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 56; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 38; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 12. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 56; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 38; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 20 WpÜG Rz. 13. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 49. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 49; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 41; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 16; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 20 WpÜG Rz. 27. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 49. Ebenso für die Parallelfrage im WpHG Opitz in Schäfer/ Hamann, § 23 WpHG Rz. 31. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 17.
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§ 20 Rz. 55 Handelsbestand 55
Nach § 20 Abs. 4 Satz 2 WpÜG kann die BaFin die Befreiung widerrufen, wenn der Bieter seine Mitteilungspflicht verletzt. Die Widerrufsmöglichkeit tritt neben eine solche nach §§ 48, 49 VwVfG138. Auch inhaltliche Verstöße gegen die Vorgaben des § 20 Abs. 2 WpÜG berechtigen zum Widerruf der Befreiung nach § 20 Abs. 4 Satz 2 WpÜG139. Ein Verstoß gegen die Norm ist nicht bußgeldbewehrt (keine Erwähnung in § 60 WpÜG)140.
§ 21 Änderung des Angebots (1) Der Bieter kann bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist 1. die Gegenleistung erhöhen, 2. wahlweise eine andere Gegenleistung anbieten, 3. den Mindestanteil oder die Mindestzahl der Wertpapiere oder den Mindestanteil der Stimmrechte, von dessen Erwerb der Bieter die Wirksamkeit seines Angebots abhängig gemacht hat, verringern oder 4. auf Bedingungen verzichten. Für die Wahrung der Frist nach Satz 1 ist auf die Veröffentlichung der Änderung nach Absatz 2 abzustellen. (2) Der Bieter hat die Änderung des Angebots unter Hinweis auf das Rücktrittsrecht nach Absatz 4 unverzüglich gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 zu veröffentlichen. § 14 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 gilt entsprechend. (3) § 11 Abs. 1 Satz 2 bis 5, Abs. 3, §§ 12, 13 und 15 Abs. 1 Nr. 2 gelten entsprechend. (4) Im Falle einer Änderung des Angebots können die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die das Angebot vor Veröffentlichung der Änderung nach Absatz 2 angenommen haben, von dem Vertrag bis zum Ablauf der Annahmefrist zurücktreten. (5) Im Falle einer Änderung des Angebots verlängert sich die Annahmefrist um zwei Wochen, sofern die Veröffentlichung der Änderung innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ablauf der Angebotsfrist erfolgt. Dies gilt auch, falls das geänderte Angebot gegen Rechtsvorschriften verstößt. (6) Eine erneute Änderung des Angebots innerhalb der in Absatz 5 genannten Frist von zwei Wochen ist unzulässig. A. I. II. III. IV.
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung der Norm . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleichbare Regelungen . . . . . . . . Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote . . . . . .
. . . .
. . . .
1 1 3 5
. . .
9
B. Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . II. Zeitrahmen für eine Angebotsänderung nach § 21 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . III. Zur Frage der Erweiterung auf Veröffentlichungen nach § 10 WpÜG . . . . . . . .
. . . .
. . . .
10 10
. .
11
. .
16
IV. Alternativ-Angebote . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtswirkungen einer Änderung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Erlaubte Änderungsmöglichkeiten . . . . . . 1. Erhöhung der Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . 2. Angebot einer anderen Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) . . . . . 3. Herabsetzung der Mindestannahmeschwelle (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedingungsverzicht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . .
138 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 18. 139 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 54. 140 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 58.
582
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17 19 22 22 26
29 32
§ 20 Rz. 55 Handelsbestand 55
Nach § 20 Abs. 4 Satz 2 WpÜG kann die BaFin die Befreiung widerrufen, wenn der Bieter seine Mitteilungspflicht verletzt. Die Widerrufsmöglichkeit tritt neben eine solche nach §§ 48, 49 VwVfG138. Auch inhaltliche Verstöße gegen die Vorgaben des § 20 Abs. 2 WpÜG berechtigen zum Widerruf der Befreiung nach § 20 Abs. 4 Satz 2 WpÜG139. Ein Verstoß gegen die Norm ist nicht bußgeldbewehrt (keine Erwähnung in § 60 WpÜG)140.
§ 21 Änderung des Angebots (1) Der Bieter kann bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist 1. die Gegenleistung erhöhen, 2. wahlweise eine andere Gegenleistung anbieten, 3. den Mindestanteil oder die Mindestzahl der Wertpapiere oder den Mindestanteil der Stimmrechte, von dessen Erwerb der Bieter die Wirksamkeit seines Angebots abhängig gemacht hat, verringern oder 4. auf Bedingungen verzichten. Für die Wahrung der Frist nach Satz 1 ist auf die Veröffentlichung der Änderung nach Absatz 2 abzustellen. (2) Der Bieter hat die Änderung des Angebots unter Hinweis auf das Rücktrittsrecht nach Absatz 4 unverzüglich gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 zu veröffentlichen. § 14 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 gilt entsprechend. (3) § 11 Abs. 1 Satz 2 bis 5, Abs. 3, §§ 12, 13 und 15 Abs. 1 Nr. 2 gelten entsprechend. (4) Im Falle einer Änderung des Angebots können die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die das Angebot vor Veröffentlichung der Änderung nach Absatz 2 angenommen haben, von dem Vertrag bis zum Ablauf der Annahmefrist zurücktreten. (5) Im Falle einer Änderung des Angebots verlängert sich die Annahmefrist um zwei Wochen, sofern die Veröffentlichung der Änderung innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ablauf der Angebotsfrist erfolgt. Dies gilt auch, falls das geänderte Angebot gegen Rechtsvorschriften verstößt. (6) Eine erneute Änderung des Angebots innerhalb der in Absatz 5 genannten Frist von zwei Wochen ist unzulässig. A. I. II. III. IV.
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung der Norm . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleichbare Regelungen . . . . . . . . Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote . . . . . .
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B. Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . II. Zeitrahmen für eine Angebotsänderung nach § 21 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . III. Zur Frage der Erweiterung auf Veröffentlichungen nach § 10 WpÜG . . . . . . . .
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10 10
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IV. Alternativ-Angebote . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtswirkungen einer Änderung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Erlaubte Änderungsmöglichkeiten . . . . . . 1. Erhöhung der Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . 2. Angebot einer anderen Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) . . . . . 3. Herabsetzung der Mindestannahmeschwelle (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedingungsverzicht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . .
138 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 20 WpÜG Rz. 18. 139 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 20 WpÜG Rz. 54. 140 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 20 WpÜG Rz. 58.
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Änderung des Angebots 5. Berichtigungen oder Aktualisierungen der Angebotsunterlage . . . . . . . . . . . 6. Weitere Änderungen . . . . . . . . . . . . 7. Individuelle Vereinbarungen mit einzelnen Veräußerern . . . . . . . . . . .
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C. Veröffentlichungspflichten (§ 21 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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D. Entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Angebotsunterlage (§ 21 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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E. Rücktrittsrecht (§ 21 Abs. 4 WpÜG) . . . .
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Rz. 1 § 21
I. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsfolgen bei Nichtausübung des Rücktrittsrechts . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen bei Ausübung des Rücktrittsrechts . . . . . . . . . . . .
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F. Verlängerung der Annahmefrist (§ 21 Abs. 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . G. Unzulässigkeit einer erneuten Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 6 WpÜG) . . . . .
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Schrifttum: Aha, Rechtsschutz der Zielgesellschaft bei mangelhaften Übernahmeangeboten, AG 2002, 160; Assmann, Erwerbs-, Übernahme- und Pflichtangebote aus Sicht der Bietergesellschaft, AG 2002, 114; Assmann/Bozenhardt, Übernahmeangebote als Regelungsproblem zwischen gesellschaftsrechtlichen Normen und zivilrechtlichen Verhaltensgeboten, in Übernahmeangebote, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1; Berrar, Die Finanzierungsbestätigung nach § 13 WpÜG, ZBB 2002, 174; Böckmann/Kießling, Möglichkeiten der BaFin zur Beendigung von Übernahmeschlachten nach dem WpÜG, DB 2007, 1796; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Busch, Die Frist für den Bedingungsverzicht gem. § 21 Abs. 1 WpÜG – Wie lange ist ein Werktag?, ZIP 2003, 102; Cascante/ Tyrolt, 10 Jahre WpÜG – Reformbedarf im Übernahmerecht?, AG 2012, 97; Deutscher Anwaltverein e.V., Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins e.V. zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen für ein Gesetz zu Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WÜG) (April 2001), NZG 2001, 420; Ekkenga/Hofschroer, Das Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz (I), DStR 2002, 724; Frehse, Die Angebotsänderung nach § 21 WpÜG – Erfolgsgarant oder doch nur hinausgezögertes Scheitern des öffentlichen Erwerbs- oder Übernahmeangebots?, BB 2018, 2312; Klemm/ Reinhardt, Verbesserungspotenziale im deutschen Übernahmerecht, NZG 2007, 281; Land/Hasselbach, Das neue deutsche Übernahmegesetz, DB 2000, 1747; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Oechsler, Rechtsgeschäftliche Anwendungsprobleme bei öffentlichen Übernahmeangeboten, ZIP 2003, 1330; Oechsler, Der Regierungsentwurf zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Regelungsbedarf auf der Zielgeraden!, NZG 2001, 817; Oechsler, Rechtsgeschäftliche Anwendungsprobleme bei öffentlichen Übernahmeangeboten, ZIP 2003, 1330; Peltzer, Übernahmeangebote nach künftigem EU-Recht und dessen Umsetzung in deutsches Recht, in Übernahmeangebote, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 179; Pennington, The City Code on Takeovers and Mergers, in FS Duden, 1977, S. 379; von Riegen, Rechtsverbindliche Zusagen zur Annahme von Übernahmeangeboten (sog. „irrevocable undertaktings“), ZHR 167 (2003), 702; Riehmer/Schröder, Der Entwurf des Übernahmegesetzes im Lichte von Vodafone/Mannesmann, NZG 2000, 820; Riehmer/Schröder, Praktische Aspekte bei der Planung, Durchführung und Abwicklung eines Übernahmeangebots, BB-Beilage 5-2001, 1; Roth/ Zinser, Österreichisches Übernahmegesetz vom 1.1.1999: Musterregelung für das deutsche Recht?, EWS 2000, 233; Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, Rechtsprobleme konkurrierender Übernahmeangebote nach dem WpÜG, AG 2007, 137; Schüppen, Übernahmegesetz ante portas! – Zum Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen“, WPg 2001, 958; Singhof/Weber, Bestätigung der Finanzierungsmaßnahmen und Barabfindungsgewährleistung nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, WM 2002, 1158; Stephan, Angebotsaktualisierung, AG 2003, 551; Stöcker, Widerruf oder Rücktritt von Angebotsankündigungen, NZG 2003, 993; Tröger, Unternehmensübernahmen im deutschen Recht (I), DZWiR 2002, 353; Wegen/Fröhlich, Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), in Blättchen/Wegen, Übernahme börsennotierter Unternehmen, 2003; Zinser, Der britische City Code on Takeovers and Mergers in der Fassung vom 9.3.2001, RIW 2001, 481.
A. Grundlagen I. Entstehung der Norm § 21 WpÜG ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens – abgesehen von der Einfügung eines Verweises in § 21 Abs. 3 WpÜG auf die Vorschriften über den Inhalt der Angebotsunterlage im Referenten-
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§ 21 Rz. 1 Änderung des Angebots entwurf – unverändert geblieben1. Kritik an der Regelung ist während des Gesetzgebungsverfahrens nicht geäußert worden2. Seit dem Inkrafttreten des WpÜG blieb § 21 WpÜG unverändert. 2
Auf europäischer Ebene gibt es zu dem von § 21 WpÜG erfassten Regelungskomplex keine vergleichbar detaillierten Bestimmungen. Art. 13 lit. b) der Übernahmerichtlinie der Europäischen Union vom 21.4.20043 enthält lediglich einen Auftrag an die Mitgliedstaaten, in der nationalen Gesetzgebung Regelungen zur Änderung des Angebots vorzusehen. Den Mitgliedstaaten ist damit bei der inhaltlichen Ausgestaltung ein Entscheidungsspielraum eröffnet, soweit die allgemeinen Grundsätze der Richtlinie nicht verletzt werden4.
II. Normzweck 3
§ 21 WpÜG ist eine Norm aus dem Vertragsrecht der öffentlichen Übernahmeangebote. Die Bestimmung ermöglicht es dem Bieter, sein Angebot in einigen Punkten einseitig (unter Umständen auch mehrfach5) zu ändern, um damit die Attraktivität und Erfolgsaussichten des Angebots (auch angesichts möglicherweise veränderter Umstände) zu erhöhen6, ohne dann das gesamte Verfahren erneut von Anfang an durchlaufen zu müssen7. Allerdings schränkt § 21 WpÜG die rechtsgeschäftliche Freiheit des Bieters bei der Aus- bzw. Umgestaltung des Angebotsverfahrens zum Schutz der Zielgesellschaft und der Aktionäre ein und erlaubt nur gewisse Änderungen8. Nach zutreffendem Verständnis der Norm bewirkt diese schließlich eine Gleichbehandlung der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, weil die geänderten Bedingungen auch dann gelten, wenn die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft das ursprüngliche Angebot bereits angenommen haben (vgl. dazu unten Rz. 19 ff.).
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§ 21 Abs. 1 WpÜG der Norm beruht auf dem Rechtsgedanken, dass die besondere Belastung der Zielgesellschaft durch ein öffentliches Angebot nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Bieter rechtsgeschäftlich fest an die Angebotsbedingungen gebunden wird9. Die Norm verbietet nachträgliche Änderungen eines bereits abgegebenen Angebots deshalb zwar nicht generell, beschränkt die Zulässigkeit von Änderungen aber auf solche, die zugunsten der Aktionäre der Zielgesellschaft wirken, weil sie das Angebot verbessern10. § 21 Abs. 2 WpÜG regelt Veröffentlichungs- und Hinweispflichten des Bieters im Falle einer Änderung des Angebots. § 21 Abs. 3 WpÜG erklärt hinsichtlich der formalen und inhaltlichen Anforderungen an die Änderung des Angebots Regelungen über das ursprüngliche Angebot betreffend 1 Vgl. RefE, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 374, 385. In § 36 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion vom Juli 1997, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz, S. 209, 215, war dagegen noch vorgesehen, dass Änderungen des Angebots nur bis zu Beginn der letzten Woche der Annahmefrist zulässig sein sollten. 2 Vgl. Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 2; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 3. 3 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, Text im Anhang S. 1713. 4 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 8, der die sich daraus ergebenden nationalen Unterschiede für akzeptabel hält. 5 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 41; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 12; Assmann, AG 2002, 114, 123. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 21 Abs. 6 WpÜG (zu Abs. 6 vgl. unten Rz. 56 f. im Text). Zu den Grenzen mehrerer dicht aufeinander folgender Änderungen im Hinblick auf das Verbot der Marktverzerrung (§ 3 Abs. 5 WpÜG) vgl. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 12. 6 Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 2; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 1; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 1. 7 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49. 8 Vgl. Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 161; Tröger, DZWiR 2002, 353, 360; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 90; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 1; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 1. 9 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1; Tröger, DZWiR 2002, 353, 360. 10 Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 8; Tröger, DZWiR 2002, 353, 360; Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 154, 178; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 1.
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Änderung des Angebots
Rz. 7 § 21
die Veröffentlichung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 bis 5, Abs. 3 WpÜG), die Haftung (§ 12 WpÜG), die Finanzierung (§ 13 WpÜG) sowie die Untersagung des Angebots durch die BaFin (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG) für entsprechend anwendbar. Das Rücktrittsrecht gemäß § 21 Abs. 4 WpÜG gewährleistet, dass den Aktionären der Zielgesellschaft Änderungen nicht gegen ihren Willen aufgedrängt werden können11. Die Verlängerung der Annahmefrist nach § 21 Abs. 5 WpÜG soll verhindern, dass Aktionäre ohne ausreichende Überlegungsfrist zu einer Entscheidung über das geänderte Angebot gezwungen werden12. § 21 Abs. 6 WpÜG beschränkt die Zahl hintereinander geschalteter Änderungsmöglichkeiten während der Verlängerung der Annahmefrist zur Begrenzung der mit dem Angebot verbundenen Behinderung der Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft13.
III. Vergleichbare Regelungen Art. 14 des Übernahmekodex14 enthielt keine mit § 21 WpÜG vergleichbare Regelung. Stattdessen 5 war im Übernahmekodex vorgesehen, dass der Bieter anstelle einer Änderung des ursprünglichen Angebots ein parallel zu dem ursprünglichen Angebot zu veröffentlichendes Alternativ-Angebot vorlegen sollte. Die Abgabe eines solchen Alternativ-Angebots war nach Art. 14 Satz 1 des Übernahmekodex insbesondere dann möglich, wenn nach Veröffentlichung des ursprünglichen Angebots bessere konkurrierende Angebote durch Dritte abgegeben wurden. In einem solchen Fall gestattete Art. 14 Satz 2 des Übernahmekodex insbesondere eine mit der Übernahmekommission abzustimmende Verlängerung der ursprünglichen Angebotsfrist. Wertpapierinhaber, die das ursprüngliche Angebot bereits angenommen hatten, konnten nach Art. 14 Satz 4 des Übernahmekodex von dem ursprünglichen Angebot zurücktreten und das bessere Angebot annehmen. Das österreichische Übernahmegesetz erlaubt es dem Bieter ebenfalls, die in seinem Angebot vorgesehene Gegenleistung während der Laufzeit des Angebot zu verbessern und das Angebot zugunsten der Beteiligungsinhaber auch sonst zu ändern (§ 15 Übernahmegesetz)15. Für die Veröffentlichung des geänderten Angebots gelten die Bestimmungen über die Veröffentlichung des ursprünglichen Angebots entsprechend. Der Bieter hat das verbesserte oder sonst geänderte Angebot frühestens am vierten und spätestens am siebten Börsentag nach Eingang der Anzeige bei der Übernahmekommission zu veröffentlichen. Nach § 15 Abs. 3 Übernahmegesetz nehmen an verbesserten Gegenleistungen auch die zu diesem Zeitpunkt bereits erklärten Annahmen teil. Dies gilt ebenfalls für sonstige Änderungen zugunsten des Aktionärs, es sei denn, dass dieser widerspricht16.
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Art. 15 Abs. 1 der schweizerischen Übernahmeverordnung gestattet Änderungen eines veröffentlichten Angebots nur für den Fall, dass die Änderung insgesamt gesehen zugunsten der Empfänger wirken17. Dies erlaubt auch einzelne nachteilige Veränderungen, soweit im Ergebnis von einer Verbesserung des Angebots auszugehen ist. Gemäß Art. 15 Abs. 3 der Übernahmeverordnung kann die Änderung bis zum Ablauf des letzten Börsentags der Angebotsfrist erfolgen. Sie ist in der gleichen Form wie das ursprüngliche Angebot zu veröffentlichen (Art. 15 Abs. 2 Übernahmeverordnung). Wird eine Änderung jedoch weniger als 10 Börsentage vor Ablauf des Angebots veröffentlicht, ist die Angebotsfrist nach Anzeige der Änderung um weitere zehn Börsentage zu verlängern18. Beide Fristen werden auf fünf
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11 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 52. 12 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 50; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1. 13 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 4; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1. 14 Vgl. Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 201, 205. 15 Vgl. Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, 3. Aufl. 2013, Österr. Übernahmerecht Rz. 169; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 6. 16 Roth/Zinser, EWS 2000, 233, 237. 17 Vgl. Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 4. 18 Vgl. Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 4; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 7.
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§ 21 Rz. 7 Änderung des Angebots Börsentage verkürzt, wenn der Bericht der Zielgesellschaft zusammen mit der Änderung veröffentlicht wird (Art. 15 Abs. 4 Übernahmeverordnung). 8
Der britische Takeover Code enthält Regelungen zur Änderung des Angebots in den Rules 32 und 33. Dabei unterscheidet der Takeover Code zwischen Änderungen des ursprünglichen Angebots (revision) und der Abgabe eines neuen Angebots, das neben das bisherige Angebot tritt (alternative offer). Auch in Großbritannien ist eine Änderung des ursprünglichen Angebots grundsätzlich nur zugunsten der Aktionäre der Zielgesellschaft zulässig19. Allerdings kommt in Ausnahmefällen auch eine Änderung des Angebots zum Nachteil der Aktionäre der Zielgesellschaft in Betracht. Wird das Angebot geändert, hat die verbleibende Annahmefrist für das geänderte Angebot mindestens 14 Tage zu betragen (Rule 32.1 lit. c) Takeover Code)20. Dies bedeutet, dass die Änderung des Angebots mindestens 14 Tage vor Ablauf der Annahmefrist veröffentlicht werden muss. Zu einer Verlängerung der Annahmefrist kommt es nicht. Rule 32.2 Takeover Code bestimmt, dass Änderungen dann nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig sind, wenn das ursprüngliche Angebot von dem Bieter als endgültig bezeichnet worden ist (no increase statement). Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Änderung eine Erhöhung oder eine Verminderung der angebotenen Gegenleistung herbeigeführt werden soll21. Aktionäre der Zielgesellschaft, die das ursprüngliche Angebot bereits angenommen haben, sind nach Rule 32.3 Takeover Code im Fall einer Änderung berechtigt, die in dem geänderten Angebot offerierte Gegenleistung zu erhalten22. Im Grundsatz finden diese Regelungen auch auf den Fall eines neben das ursprüngliche Angebot tretenden Alternativ-Angebots Anwendung (Rule 33.1 Takeover Code)23.
IV. Geltung der Vorschrift für Übernahmeangebote und Pflichtangebote 9
§ 21 WpÜG gilt für freiwillige ebenso wie für Übernahme- und Pflichtangebote (zu Ausnahmen siehe unter Rz. 29 und Rz. 35)24. Zu Alternativ-Angeboten vgl. unten Rz. 17 f.
B. Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 1 WpÜG) I. Anwendungsbereich 10
Sobald die Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 3 WpÜG veröffentlicht ist, sind Änderungen des Angebots nach § 21 WpÜG zu beurteilen. Vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage sind Änderungen der Angebotsunterlage dagegen grundsätzlich uneingeschränkt möglich25. So ist insbesondere denkbar, dass der Bieter sein Angebot noch während des Laufs des Prüfungsverfahrens durch die BaFin nach § 14 Abs. 1 WpÜG modifiziert. Dies führt dann freilich dazu, dass die geänderte Angebotsunterlage der BaFin erneut zur Gestattung vorgelegt werden muss26. Nach der Gestattung der Veröffentlichung des Angebots gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG sind Änderungen des Angebots theoretisch (immer noch) ohne Beachtung des § 21 WpÜG denkbar. Da die Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 2 WpÜG nach der Gestattung durch die BaFin vom Bieter aber unverzüglich zu veröffentlichen ist, handelt es sich hierbei nur um einen zeitlich sehr begrenzen Zeitraum. Außerdem geht die BaFin bei ihrer 19 Vgl. Zinser, RIW 2001, 481, 486. 20 Vgl. Zinser, RIW 2001, 481, 486; Pennington in FS Duden, S. 379, 389; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 5. 21 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 5. 22 Vgl. Pennington in FS Duden, S. 379, 389; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 5. 23 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 5. 24 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 1; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 2; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 9; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 3; Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins e.V. zum Referentenentwurf vom April 2001, NZG 2001, 420, 425. 25 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 10; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 1 mit Fn. 1. 26 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 10.
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Änderung des Angebots
Rz. 12 § 21
Gestattung davon aus, dass die von ihr gestattete Unterlage mit der zu veröffentlichenden Unterlage übereinstimmt. Eigenmächtige, von der BaFin nicht mehr kontrollierte Änderungen in diesem Zeitraum sind daher mit der Gefahr eine Untersagungsverfügung gemäß § 15 Abs. 1 und 2 WpÜG verbunden27.
II. Zeitrahmen für eine Angebotsänderung nach § 21 WpÜG Nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage ist eine Änderung des Angebots nur bis zu einem 11 Werktag vor Ablauf der Annahmefrist möglich (§ 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG)28. Die Bestimmung der Frist hat in der Praxis Schwierigkeiten hervorgerufen. Nach richtiger Auffassung müssen zwischen dem Ende der in der Angebotsunterlage bestimmten Annahmefrist und der Veröffentlichung der Angebotsänderung mindestens 24 Stunden liegen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass zwischen der Veröffentlichung und dem Ende der Annahmefrist ein Werktag frei bleibt29. Endet die Annahmefrist also etwa an einem Mittwoch um 24:00 Uhr, so hat die Veröffentlichung der Änderung bis Dienstag 24:00 Uhr zu erfolgen30. Da die Änderung des Angebots aber gemäß § 14 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG im Bundesanzeiger bekanntzumachen ist, sind die Vorlaufzeiten für die Veröffentlichung mit einzubeziehen, so dass die Frist nicht voll ausgeschöpft werden kann31. Die bestehenden Regelungen für den Zeitrahmen bei der Herabsetzung der Mindestannahmeschwelle bzw. den Verzicht auf eine Mindestannahmeschwelle nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG sind kritisch zu sehen und weisen Reformbedarf auf32. Insbesondere institutionelle Anleger erhalten sich ein höchstmögliches Maß an Flexibilität, indem sie ihre Aktien oftmals erst am letzten Tag der Annahmefrist in das Angebot liefern33. An diesem Tag kann der Bieter de lege lata jedoch nicht mehr die Herabsetzung oder den Verzicht erklären. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG muss dies bis zu einem Werktag vor Ablauf der Annahmefrist geschehen, wobei nach § 21 Abs. 1 Satz 2 für die Wahrung der Frist auf die Veröffentlichung nach § 21 Abs. 2 WpÜG abzustellen ist. Der Bieter muss deshalb die Herabsetzung der Mindestannahmeschwelle bzw. den Verzicht hierauf zu einem Zeitpunkt erklären, zu dem er nicht einschätzen kann, ob die Mindestannahmeschwelle letztlich erreicht werden wird oder nicht34. Die besseren Gründe sprechen deshalb dafür, einem Vorschlag zur Gesetzesänderung zu folgen, wonach der Bieter nachträglich auf die Mindestannahmeschwelle verzichten oder diese herabsetzen können soll, wenn den Aktionären dann ebenfalls eine verlängerte Annahmefrist i.S.v. § 21 Abs. 5 WpÜG und ein Rücktrittsrecht nach § 21 Abs. 4 WpÜG eingeräumt wird35. Eine andere Fristberechnung gilt, wenn – wie in der Praxis überwiegend – die Annahmefrist des Angebots zu einer bestimmten Uhrzeit an einem Tag (zumeist 12:00 Uhr mittags) endet36. Hier ist § 187 27 Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1331. 28 Vgl. zum Normzweck Mielke in Beckmann/Kersting/Mielke, Übernahmerecht, Rz. B 164. Zur Koordinierung bei weltweit ausgelegten Angeboten vgl. Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820, 823. 29 Busch, ZIP 2003, 102, 104; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 20; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 393. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 34; Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 4; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 169 sowie im Rahmen der vergleichbaren Fristenregelung in § 9 VerkProspG a.F. die BaFin, vgl. etwa Bekanntmachung des BAWe vom 6.9.1999, BAnz. vom 21.9.1999, S. 16180, § 9 Abs. 1. 30 Ausführlich Busch, ZIP 2003, 102, 103; ferner Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 33 f. 31 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39; Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 140. 32 So schon Klemm/Reinhardt, NZG 2007, 281, 285; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 99 ff. 33 Vgl. Klemm/Reinhardt, NZG 2007, 281, 282; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, S. 3, 26 f. 34 Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 100; Klemm/Reinhardt, NZG 2007, 281, 282. 35 Ausführlich Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 102. 36 Diese Praxis beruht auf dem Bedürfnis, noch am selben Werktag die Umbuchung der eingereichten Aktien in die ihnen zugewiesene Wertpapier-Kenn-Nummer durch die Depotbanken sicher zu stellen und so die unter dieser WKN eingebuchten Stückzahlen bei der Clearstream Banking AG abfragen zu können. Auf diese Weise kann die vorletzte Meldung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG zeitnah veröffentlicht werden; vgl. Busch, ZIP 2003, 102, 103.
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§ 21 Rz. 12 Änderung des Angebots Abs. 1 BGB maßgebend, wonach der letzte Tag der Annahmefrist bei der Fristberechnung nicht mitzuzählen ist37. Dies führt dazu, dass in dem Beispielsfall eine Änderung des Angebots nur bis einschließlich Montags zulässig ist38. Feiertage sind nach Maßgabe des § 193 BGB zu berücksichtigen. An die Stelle eines staatlich anerkannten allgemeinen Feiertags tritt der nächste Werktag. Dabei ist auf sämtliche lokalen Feiertage am Sitz des Bieters und den Börsenhandelsplätzen der Zielgesellschaft abzustellen39. 13
Endet die Annahmefrist an einem Montag um 24:00 Uhr, ist die Veröffentlichung am Samstag, bei dem es sich um einen Werktag handelt (§ 193 BGB), dagegen ausreichend40. Anders ist es wiederum, wenn die Annahmefrist montags um 12:00 Uhr endet. In diesem Fall ist die Änderung spätestens an dem vorangehenden Donnerstag zu veröffentlichen, weil den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft für die Annahme regelmäßig weder der Samstag noch der Sonntag zur Verfügung steht (es sei denn Annahmeerklärungen gegenüber dem depotführenden Kreditinstitut sind ausnahmsweise auch an einem Samstag möglich)41.
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Folgt die Veröffentlichung der Änderung verspätet, so ist sie unzulässig. Sie bleibt dann gegenüber den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft ohne Rechtswirkungen42. Bei einem verspäteten Verzicht auf das Erreichen einer Mindestannahmeschwelle könnten sich die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft also darauf berufen, das Angebot sei wegen Nichterreichens der Schwelle gescheitert und die Rückbuchung ihrer Aktien in die alte Wertpapier-Kenn-Nummer fordern43. Allerdings kommt es gleichwohl zu einer Verlängerung der Annahmefrist um zwei Wochen (§ 21 Abs. 5 Satz 2 WpÜG), da die verspätete Veröffentlichung nur einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S.v. § 21 Abs. 5 Satz 2 WpÜG darstellt44.
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Etwas anderes gilt wiederum dann, wenn die Veröffentlichung der Änderung erst nach Ablauf der Annahmefrist erfolgt. Dann greift auch § 21 Abs. 5 Satz 2 WpÜG nicht mehr ein und die Änderung bleibt gänzlich wirkungslos. Die gilt auch etwa für den Fall, dass die zur Bedingung gemachte vollständige Kartellfreigabe erst nach Ablauf der Annahmefrist unter Auflagen erteilt wird. Dem Bieter ist es dann nicht mehr möglich, einen aus seiner Sicht möglicherweise sinnvollen Bedingungsverzicht zu erklären. Dies erschließt sich bereits rein begrifflich daraus, dass ein bereits abgeschlossenes Angebot nicht mehr geändert werden kann. Außerdem würden anderenfalls die Interessen der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft verletzt, die sich bei ihrer Entscheidung darauf verlassen haben, dass das Angebot am Nichteintritt der aufschiebenden Bedingung scheitern wird45. Nach Abschluss der Annahmefrist können sich die Wertpapierinhaber auch redlicherweise nicht mehr auf eine durch die verspätete Veröffentlichung einer Angebotsänderung hervorgerufene Irritation berufen46. Dem Bieter bleibt nur die Abgabe eines neuen Angebots, dass allerdings gegebenenfalls den Grenzen des § 26 unterliegen kann.
37 Busch, ZIP 2003, 102, 103; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13 für Nichtanwendbarkeit der §§ 187 ff. BGB. 38 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 34; Busch, ZIP 2003, 102, 103. 39 So auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39 mit Fn. 64; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 169. Nur bundeseinheitliche Feiertage Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 20. Nur Feiertage am Sitz der Zielgesellschaft Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 35. 40 Busch, ZIP 2003, 102, 103; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 6; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13. 41 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39. 42 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 9; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 14; Busch, ZIP 2003, 102, 103 mit Fn. 15. 43 Busch, ZIP 2003, 102, 103. 44 Die verspätete Angebotsänderung kann außerdem als Ordnungswidrigkeit gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1b WpÜG geahndet werden, vgl. dazu auch Busch, ZIP 2003, 102, 103. 45 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 29. 46 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 14.
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Änderung des Angebots
Rz. 17 § 21
III. Zur Frage der Erweiterung auf Veröffentlichungen nach § 10 WpÜG Fraglich ist, ob § 21 WpÜG auf Veröffentlichungen nach § 10 WpÜG über die Entscheidung zur Ab- 16 gabe eines Angebots entsprechend anwendbar ist47. Dies kann Bedeutung erlangen, wenn der Bieter in seiner Vorankündigung nach § 10 WpÜG (freiwillig) Angebotsbedingungen in Aussicht stellt, die über den gesetzlichen Mindestumfang einer solchen Mitteilung hinausgehen, weil sie z.B. bereits Angaben über die Höhe der anzubietenden Gegenleistung enthalten. In einem solchen Fall sollten sich die Kapitalmarktteilnehmer zwar im Grundsatz auf die Veröffentlichungen nach § 10 WpÜG verlassen können, zumal sich die Preisbildung der Wertpapiere der Zielgesellschaft nach der Mitteilung wesentlich an den in der Veröffentlichung nach § 10 WpÜG enthaltenen Informationen orientieren wird48. Dennoch ist davon auszugehen, dass der Bieter von den in der Ankündigung gemachten Angaben auch außerhalb der in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG genannten Fälle wieder abrücken kann49. Zum einen gibt der Wortlaut des § 21 WpÜG für eine solche erweiternde Auslegung nichts her. Zum anderen ist erst in der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 2 WpÜG die Abgabe eines verpflichtenden Angebots i.S.v. § 145 BGB zu erblicken50. Deshalb ist es nicht zwangsläufig geboten, dass die in der Veröffentlichung nach § 10 WpÜG gemachten Angaben mit den Angaben in der späteren Angebotsunterlage (vorbehaltlich § 21 WpÜG) identisch sind. Dafür spricht weiter, dass nur die Angebotsunterlage, nicht aber die Veröffentlichung nach § 10 WpÜG der (materiellen) Untersuchung durch die BaFin unterliegt (§ 14 WpÜG), die gegebenenfalls zu Änderungen der Aussagen des Bieters führen kann51. Letztlich streitet gegen eine analoge Anwendung, dass dem Bieter ansonsten die Möglichkeit genommen würde, noch auf die Reaktionen des Marktes einzugehen52. Der Schutz des Kapitalmarkts vor Irreführung bei Abweichung von dem nach § 10 WpÜG Vorangekündigten kann auf anderem Wege, etwa durch eine Ad hoc-Meldung des Bieters nach Art. 17 MAR gewährleistet werden53.
IV. Alternativ-Angebote Änderungen des Angebots nach § 21 WpÜG sind von einem Alternativ-Angebot (oder Neuangebot), also einem während des Laufs der Annahmefrist von dem ursprünglichen Bieter abgegebenen, neben das weiterlaufende ursprüngliche Angebot tretenden neuen Angebot zu unterscheiden54. Auch wenn ein Alternativ-Angebot im WpÜG nicht ausdrücklich geregelt ist, bestehen an der Zulässigkeit im Grundsatz keine Zweifel. Da den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft bei einem Alternativ-Angebot immer die Möglichkeit verbleibt, das ursprüngliche Angebot anzunehmen, sind Alternativ-Angebote grundsätzlich nicht an § 21 Abs. 1 WpÜG und den dort enthaltenen Einschränkungen zu messen55. Für eine analoge Anwendung der § 22 Abs. 2 und Abs. 3 WpÜG auf Alternativ-Angebote ist mangels Vergleichbarkeit mit einem konkurrierenden Angebot durch einen Dritten entgegen einer teil-
47 Dafür etwa Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 11; dagegen etwa Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 5; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333. Zur Frage des Widerrufs oder Rücktritts von Angebotsankündigungen Stöcker, NZG 2003, 993. 48 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 11; a.A. Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 3. 49 Ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1a; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 3; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333. 50 Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333; Stöcker, NZG 2003, 993. 51 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1a; Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1333. 52 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1a. 53 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 1a. Vgl. auch Stöcker, NZG 2003, 993, der unter gewissen Umständen einen Widerrufsvorbehalt in der Ankündigung nach § 10 WpÜG für zulässig hält und bei einem danach erfolgenden Widerruf des Angebots insgesamt als actus contrarius eine Erklärung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG (analog) verlangt. 54 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 15; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 5. Gegen die Zulässigkeit Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.141. 55 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 15; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 9. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 5.
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§ 21 Rz. 17 Änderung des Angebots weise vertretenen Auffassung kein Raum56. Nicht unter den Begriff des Alternativ-Angebots fallen dagegen Regelungen in dem ursprünglichen Angebot, die alternative Gegenleistungen vorsehen, zwischen denen der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft wählen kann. 18
Ebenfalls nicht durch § 21 WpÜG beschränkt sind zeitlich dicht aufeinander folgende öffentliche Angebote, bei denen der Bieter erst einen niedrigen Preis offeriert und einen Teil der Aktien erwirbt, bevor er in einem zweiten öffentlichen Angebot einen höheren Preis bietet und den Markt „leerfegt“ (sog. Staffelangebote oder street sweep)57. Dabei ist allerdings die Mindestpreisregel des § 31 Abs. 5 WpÜG zu beachten (vgl. dazu § 31 WpÜG Rz. 130 ff.)58. Praktisch geworden ist diese Handlungsoption bislang nicht.
V. Rechtswirkungen einer Änderung des Angebots 19
Abgesehen von der Regelung in § 21 Abs. 4 WpÜG (dazu sogleich unten Rz. 45 ff.) sind die Rechtswirkungen einer Änderung des Angebots in § 21 WpÜG nicht ausdrücklich geregelt. Insbesondere fragt sich, wie sich Änderungen des Angebots auf die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft auswirken, die das Angebot bereits vor der Veröffentlichung der Änderung angenommen haben. Die Gesetzesbegründung legt den Schluss nahe, dass in diesem Fall die Annahmen wirksam bleiben sollen, den Wertpapierinhabern aber ein Rücktrittsrecht nach § 21 Abs. 4 WpÜG zusteht59.
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Dieses Ergebnis wäre aber nicht sachgerecht und ergibt sich auch nicht zwingend aus dem Wortlaut der Norm. Vielmehr spricht der Gesetzeszweck und das allgemeine Gleichbehandlungsgebot (§ 3 Abs. 1 WpÜG), in Anlehnung an § 15 Abs. 3 des österreichischen Übernahmegesetzes60 für die Annahme, dass das geänderte Angebot kraft Gesetzes für und gegen alle Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft wirkt, und zwar unabhängig davon, ob sie das Angebot bereits angenommen haben oder nicht61. Aus § 21 Abs. 4 WpÜG ergibt sich danach für die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, die das ursprüngliche Angebot bereits angenommen haben, kein Zwang, vor der Annahme des geänderten Angebots zunächst den Rücktritt von dem durch die vorherige Annahme bereits zustande gekommenen Aktienkauf- bzw. Tauschvertrag zu erklären, bevor sie das geänderte Angebot annehmen können62. Dieser Weg wäre unnötig umständlich und würde voraussetzen, dass die Wertpapierinhaber, die das Angebot bereits angenommen haben, ständig auf nachträgliche Veröffentlichungen des Bieters achten, um eine mögliche Schlechterstellung zu vermeiden63. Da die nach § 21 Abs. 1 WpÜG möglichen Änderungen die Rechtsstellung der Wertpapierinhaber ausschließlich verbessern, ist vielmehr gemäß
56 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 5. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 16; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 9. 57 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 14; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 13. 58 Riehmer/Schröder, BB-Beilage 5-2001, 1, 12 f. 59 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49. Deutlicher noch der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom Juli 1997, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 209, 215 („im Falle einer Änderung […] erlischt das Angebot“). 60 Vgl. dazu Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, 3. Aufl. 2013, Österr. Übernahmerecht Rz. 171; Roth/Zinser, EWS 2000, 233, 237. 61 Stephan, AG 2003, 551, 560; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 18; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 9; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 46; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 17; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 51; wohl auch von Riegen, ZHR 167 (2003), 702, 714; vgl. auch Assmann/Bozenhardt, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1, 92; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 174; nur für den Fall der Erhöhung der Gegenleistung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 17. A.A. Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 30; Riehmer/Schröder, BB-Beilage 5-2001, 1, 13; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 394; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 21 und wohl auch Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 179; Tröger, DZWiR 2002, 353, 361; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 729; Schüppen, WPg 2001, 958, 964. 62 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 18; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 54. 63 Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 10; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 46.
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Änderung des Angebots
Rz. 23 § 21
§§ 133, 157 BGB anzunehmen, dass die Wertpapierinhaber diesem Änderungsantrag jeweils nach § 151 BGB stillschweigend zustimmen, sofern sie nicht von ihrem Rücktrittsrecht nach § 21 Abs. 4 WpÜG Gebrauch machen64. § 21 Abs. 4 WpÜG ist insoweit mit § 333 BGB vergleichbar. Die Wertpapierinhaber müssen sich die vermeintlich vorteilhafte Änderung nicht gegen ihren Willen aufdrängen lassen, müssen andererseits aber nicht aktiv werden, wenn sie mit dem verbesserten Angebot einverstanden sind65. Die Vergabe einer gesonderten Wertpapier-Kenn-Nummer bzw. ISIN für die Wertpapiere, hinsichtlich derer das Angebot bereits angenommen wurde, steht einer Änderung des Angebots in aller Regel nicht entgegen. Die zum Verkauf eingereichten Aktien tragen insoweit die Berechtigung des Bieters, im gesetzlich zulässigen Umfang Änderungen des Angebots vorzunehmen, mit sich. Dies wirkt auch gegenüber einem eventuellen Dritterwerber der Aktien66.
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VI. Erlaubte Änderungsmöglichkeiten 1. Erhöhung der Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG ist der Bieter berechtigt, den Aktionären der Zielgesellschaft in dem geänderten Angebot eine erhöhte Gegenleistung anzubieten. So kann der Bieter bei einem Barangebot den pro Aktie gebotenen Geldbetrag und bei einem Tauschangebot die pro Aktie gebotene Aktienzahl erhöhen67. Ebenfalls kann er bei von Anfang an wahlweise versprochenen Gegenleistungen nur jeweils eine der Gegenleistungen erhöhen68. Gleichfalls unproblematisch ist der Fall, dass der Bieter bei einem Barangebot (erstmals) zusätzlich eine in Aktien bestehende Gegenleistung oder bei einem Tauschangebot eine ergänzende Barkomponente anbietet oder die Zahl der zusätzlich angebotenen Gegenleistung erhöht (vgl. näher zu gemischten Angeboten § 31 WpÜG Rz. 63 ff.)69. Bei der erhöhten Gegenleistung kann es sich aber immer nur um eine Geldleistung in Euro oder liquide, zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 7 WpÜG zugelassene Aktien handeln. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erlaubt damit die im amerikanischen Rechtskreis bekannten Methoden des sog. Low Ball Offer und der sog. Planned Revision, bei denen das zunächst niedrige angesetzte Angebot je nach Marktakzeptanz sukzessive erhöht wird70. Dagegen findet § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG auf Parallelerwerbe i.S.v. § 31 Abs. 4 WpÜG keine Anwendung (vgl. ausführlich Rz. 39)71.
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In aller Regel unzulässig ist es dagegen, wenn der Bieter statt einer ursprünglich angebotenen Geldleistung nunmehr ausschließlich Aktien oder aber einen reduzierten Geldbetrag und zusätzlich Aktien
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64 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 18; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 18. Vgl. a.A. auch Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 36 ff., der die Aufnahme einer Klausel über beredtes Schweigen in die Angebotsunterlage fordert. 65 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 18; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 45 f.; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 9 f. 66 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 19. 67 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 2; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 12; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 22; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 9; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 367; Diekmann in Baums/ Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 15; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 6. Vgl. dazu bereits Assmann/Bozenhardt, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1, 91. 68 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 27; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 162. 69 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 12; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 22; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 15. Kritisch zu zusätzlichen Zusagen von liquiden Aktien dagegen Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 23 ff.; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 4. 70 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 12; Liebscher, ZIP 2001, 853, 865; Diekmann in Baums/ Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 13. Vgl. dazu bereits Assmann/Bozenhardt, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1, 91. 71 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 23; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 16.
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§ 21 Rz. 23 Änderung des Angebots anbietet, weil anderenfalls § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG leerliefe72. Dies gilt auch, wenn deren Gegenwert in der Summe über die ursprünglich angebotene Gegenleistung hinausgehen (soll). Denn es ist nicht gesichert, dass im Zeitpunkt des Eingangs der Gegenleistung bei den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft nach Abschluss des Angebotsverfahrens tatsächlich noch eine Erhöhung der ursprünglichen Gegenleistung vorliegt. Ist der Kurswert der angebotenen Aktien in der Zwischenzeit gesunken, kann sich die Gegenleistung im Ergebnis sogar reduziert haben. Im Übrigen können mit der Bewertung der als Gegenleistung angebotenen Aktien Bewertungsschwierigkeiten verbunden sein, die der Gesetzgeber an dieser Stelle verhindern wollte73. Plant der Bieter einen solchen vollständigen oder teilweisen Wechsel in die Aktie, kann er dies nur über den Weg eines Alternativ-Angebots umsetzen. Ebenfalls nicht von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG gedeckt und damit unzulässig ist ein Verzicht des Bieters auf die bisher den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft in Rechnung gestellten Kosten für die Annahme des Angebots74. 24
Eine Erhöhung der Gegenleistung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG bleibt auch möglich, wenn der Bieter dies in der Angebotsunterlage durch ein sog. No Increase-Statement eigentlich ausdrücklich ausgeschlossen hat75. Denn die Erhöhung der Gegenleistung bleibt auch in diesem Fall für Wertpapierinhaber vorteilhaft. Den damit verbundenen Unsicherheiten am Kapitalmarkt76 ist durch § 21 Abs. 4 WpÜG begegnet, der den Wertpapierinhabern ein Rücktrittsrecht (siehe dazu Rz. 45 ff.) einräumt. Auch die Bedenken, dass sich die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft bei ihrer Entscheidung über die Annahme des Angebots von der vorzeitigen Festlegung endgültiger Konditionen haben (mit-)beeinflussen lassen, müssen vor diesem Hintergrund zurückstehen, zumal sie – wenn sie nicht zurücktreten – an den verbesserten Konditionen automatisch teilhaben (vgl. dazu oben Rz. 19 ff.)77. Dem Argument, dass Anleger, die das ursprüngliche Angebot nicht angenommen haben, sich auf die Erklärung des Bieters verlassen dürfen müssen78, ist entgegenzuhalten, dass diese Anleger durch die Veröffentlichungspflicht nach § 21 Abs. 2 WpÜG geschützt werden79. Entgegen der englischen Praxis (Rule 32.2 des Takeover Code), ist daher eine Abweichung von No Increase-Statements zulässig.
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Eine variable Ausgestaltung der Gegenleistung bereits in der Angebotsunterlage (etwa Festlegung eines endgültigen Umtauschverhältnisses in Abhängigkeit von der Entwicklung des Börsenkurses der Aktie des Bieters während der Annahmefrist) ist zulässig und nicht an § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG zu messen (vgl. § 31 WpÜG Rz. 32)80. Gleiches gilt für Regelungen in der Angebotsunterlage, die eine Rücksichtnahme auf Sondereffekte bei der Zielgesellschaft wie beispielsweise einen Aktiensplit, eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln oder ähnliches berücksichtigen und die Gegenleistung entsprechend anpassen. Solche Anpassungsmechanismen sorgen gerade dafür, dass die Gegenleistung materiell unverändert bleibt81.
72 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 2; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 17; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 24 (jedenfalls für den Regelfall); Frehse, BB 2018, 2312, 2013. 73 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 2; vgl. auch Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 279. 74 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 28. 75 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 2; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 29. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 25; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 30 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 5; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 167. 76 Vgl. dazu Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 31; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 5. 77 Im Ergebnis ebenso Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 29. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 36. 78 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 36. 79 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 2. 80 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 25; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 11; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 19; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 18. 81 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 25; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 18a.
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Änderung des Angebots
Rz. 28 § 21
2. Angebot einer anderen Gegenleistung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG ist es zulässig, dass der Bieter den Wertpapierinhabern der Zielge- 26 sellschaft ein nachträgliches Wahlrecht zwischen verschiedenen Gegenleistungen anbietet. In der Praxis handelt es sich dabei vor allem um das zusätzliche Angebot einer Barzahlung, wenn die zunächst angebotenen Aktien nicht auf hinreichende Akzeptanz treffen82. Der Bieter hat dabei beide Gegenleistungen über die gesamte Angebotsdauer sicherzustellen83. Kennzeichnend für die Norm ist, dass es sich immer um ein zusätzliches Angebot zugunsten der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft handeln muss84. Dem Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft steht es daher in Fällen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG nach wie vor frei, die ursprünglich angebotene Gegenleistung anzunehmen85. Aus dem Erfordernis, die andere Gegenleistung wahlweise zu der ursprünglichen anzubieten und dem allgemeinen Gebot, Aktionäre der Zielgesellschaft nicht ungebührlich unter Zeitdruck zu setzen, ergibt sich, dass sich die Wahl des Aktionärs über die ganze Laufzeit des ursprünglichen Angebots, einschließlich der Frist nach § 16 Abs. 2 WpÜG erstrecken muss. Die Befristung einer besonders günstigen Leistungsalternative ist daher nicht gestattet86. Wenn der Bieter ursprünglich nur eine Tauschleistung angeboten hat, ist er bei Vorerwerben gegen Geldleistung i.S.v. § 31 Abs. 3 WpÜG dazu verpflichtet, zusätzlich wahlweise eine Geldleistung anzubieten und eine Angebotsänderung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG durchzuführen87. Die neu offerierte Gegenleistung muss qualitativ nicht höherwertiger sein als der Gegenstand des ers- 27 ten Angebots. Zum einen will § 21 Abs. 1 WpÜG Auseinandersetzungen um die Bewertung von Bargegenüber Tauschangeboten vermeiden (vgl. bereits oben Rz. 23). Zum anderen bleibt es den Aktionären überlassen, die alte Gegenleistung abzufordern88. Im Fall eines Übernahmeangebots verlangt auch § 31 WpÜG nichts anderes89. Denn selbst wenn die wahlweise angebotene Gegenleistung die von § 31 WpÜG i.V.m. §§ 4–6 WpÜG-AngVO geforderte Art oder Höhe unterschreitet, bleibt den Wertpapierinhabern immer noch das erste, den Anforderungen des § 31 WpÜG genügende Angebot90. Eine rein quantitative Veränderung der Gegenleistung in dem Alternativ-Angebot gegenüber dem ursprünglichen Angebot kommt dem gegenüber nicht in Betracht. Eine Erhöhung der Gegenleistung unter Berufung auf § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG könnte für den Bieter zwar insbesondere dann Sinn machen, wenn er das Angebot einer höheren Gegenleistung unter besondere (etwa) zeitliche Beschränkungen stellen will91. Solche Prämien für rasche Entscheidung sind jedoch im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „wahlweise“ und den Zweck der Norm abzulehnen92. Außerdem sollten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG quantitative Erhöhungen der Gegenleistung unbedingt erfolgen93. Aus ei82 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 26; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 20; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 7. 83 Vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29; siehe zur Finanzierungsbestätigung Berrar, ZBB 2002, 174, 176. 84 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 13; Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 281; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 70. 85 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 14; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 7. 86 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 6; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 14; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 26. 87 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 8; Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 150. 88 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 4; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 371. 89 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 15; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29. 90 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 21; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 5; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 371. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 26; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 7, die die wahlweise Gegenleistung nur unter den Voraussetzungen der § 31 Abs. 2 WpÜG i.V.m. §§ 4–6 WpÜG-AngVO zulassen. 91 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 27; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 3. 92 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 3. 93 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 3.
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§ 21 Rz. 28 Änderung des Angebots nem Gegenschluss zu § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG ergibt sich auch, dass eine Herabsetzung der Gegenleistung im Alternativ-Angebot nicht in Betracht kommt, weil § 21 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG nur Erhöhungen der Gegenleistung erlaubt94. 3. Herabsetzung der Mindestannahmeschwelle (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) 29
Diese Bestimmung ist für die Praxis in den Fällen einfacher öffentlicher Erwerbsangebote und Übernahmeangebote besonders relevant. Sie stellt einen Sonderfall des Bedingungsverzichts nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG dar95. Eine (spätere) Verringerung der Mindestannahmeschwelle i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG erfordert zunächst, dass diese wirksam zur Bedingung des Angebots gemacht wurde (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 18 Abs. 1 WpÜG)96. Damit scheidet die Norm bei Pflichtangeboten aus, da diese bedingungsfeindlich sind (vgl. § 39 WpÜG Rz. 17)97. Ist eine Annahmeschwelle wirksam vereinbart worden, enthält § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG für den Umfang der späteren Absenkung keine Vorgaben98. Deshalb ist auch im Fall eines anfänglich auf den Erwerb der Kontrolle gerichteten Übernahmeangebots eine Absenkung auf einen Schwellenwert von unter 30 % der Stimmrechte zulässig99. Gleichfalls ist es nicht erforderlich, dass die Mindestannahmeschwelle so weit herabgesetzt wird, dass diese zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Änderung bereits erreicht wurde100. Der Bieter muss sich die Veränderung der Mindestannahmeschwelle auch nicht bereits in den Angebotsunterlagen vorbehalten haben101. Bedeutung erlangt die Herabsetzung der Mindestannahmeschwelle nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG zudem im Zusammenhang mit der Sperrfrist nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, da so die Möglichkeit zur Abgabe eines neuen Angebots unter Umständen gewahrt werden kann.
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§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG darf nicht dazu benutzt werden, dem Bieter ein konkludentes Rücktrittsrecht von dem Angebot einzuräumen, in dem z.B. die Mindestannahmeschwelle von Anfang an so hoch gesetzt wird, dass das Angebot nur nach einer Absenkung der Schwelle erfolgreich durchgeführt werden kann102. Bei der Annahme eines versteckten Rücktrittsrechts durch Festsetzung eines (zu) hohen Schwellenwerts ist allerdings Zurückhaltung geboten (vgl. § 18 WpÜG Rz. 36). Die Herabsetzung üblicher Schwellenwerte von etwa 75 % der Stimmrechte oder 95 % des Grundkapitals wird in aller Regel zulässig sein103. 94 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 3. 95 Ähnlich Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 9; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 20; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 28. 96 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 22; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 7; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 372. 97 Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 372; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 22; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 12; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 8; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 165. 98 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 10; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 18; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 23; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 373; Kalss in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 51 Rz. 51. 99 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 10; Frehse, BB 2018, 2312, 2314. 100 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 17; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 25; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 165. 101 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 32. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 33. 102 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 30; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 23; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 8; Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins e.V. zum Referentenentwurf vom April 2001, NZG 2001, 420, 425. Kritisch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 18. 103 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 30; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 24. Insgesamt kritisch jedoch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 33 (für Streichung der Norm de lege ferenda); vgl. auch Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins e.V. zum Referentenentwurf vom April 2001, NZG 2001, 420, 425, in der die Offenlegung der Voraussetzungen für eine Absenkung der Schwellenwerte in der Angebotsunterlage gefordert wird. Vgl. als Beispiel die Be-
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Änderung des Angebots
Rz. 32 § 21
(Nur) die quantitative Herabsetzung der Mindestzahl der Wertpapiere bzw. der Stimmrechte der Ziel- 31 gesellschaft, von dessen Erwerb der Bieter die Wirksamkeit seines Angebots ursprünglich abhängig gemacht hat, ist nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG zulässig, nicht dagegen eine inhaltliche Veränderung bei der Gestaltung der Beteiligungsquote. So ist ein unzulässiger Übergang auf eine andere Berechnungsart anzunehmen, wenn der Bieter nicht mehr auf eine bestimmte Zahl der zu erreichenden Stimmrechte, sondern auf eine Mindestzahl der (bloßen) Wertpapiere abstellen will. Dies ist jedenfalls dann unzulässig, wenn dadurch das Erreichen der Schwelle für ein erfolgreiches Angebot erschwert wird104. Unklarheiten im Hinblick auf die Herabsetzung der Schwelle können von der BaFin mit einer Untersagung der Veröffentlichung der Änderung gemäß § 21 Abs. 3 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG sanktioniert werden105. 4. Bedingungsverzicht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) Nach dieser für die Praxis ebenfalls besonders relevanten Bestimmung106 ist der Bieter berechtigt, auf 32 Bedingungen, die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 18 Abs. 1 WpÜG wirksam festgesetzt wurden, bis zum Ende der Änderungsfrist nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu verzichten. Dabei wird vor allem der gänzliche Verzicht auf Mindestannahmeschwellen oder MAC-Klauseln sowie auf die Nichtvornahme von Abwehrhandlungen der Zielgesellschaft in Betracht kommen, weniger dagegen der Verzicht auf (häufig ohnehin indispensable) Rechtsbedingungen wie etwa die Kartellfreigabe oder behördliche Genehmigungen107. Ein Verzicht auf solche Bedingungen liegt im Interesse der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, da auf diese Weise der durch die ursprünglich vereinbarte Bedingung ausgelöste Schwebezustand beseitigt wird108. Der Begriff der Bedingungen entspricht dabei § 158 BGB, der Begriff des Verzichtes ist im Sinne von § 397 Abs. 1 BGB zu verstehen109. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG steht im Einklang mit diesen zivilrechtlichen Normen, die einen einseitigen Verzicht auf Bedingungen in Verfügungsgeschäften ermöglichen, solange die Bedingung ausschließlich der verzichtenden Partei nützt110. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln ein Verzicht auf Bedingungen in einem Verpflichtungsgeschäft grundsätzlich eines Änderungsvertrags bedarf111. Denn die Annahme des Angebots durch die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft enthält in der Praxis der Angebotsgestaltung bereits die dingliche Einigung über die Übertra-
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kanntmachung der Ontario Inc. gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG betreffend das Übernahmeangebot an alle Aktionäre der W.E.T. Automotive Systems Aktiengesellschaft vom 5.8.2003, mit der der Bieter die aufschiebende Bedingung des Erreichens einer Annahmequote von 95 % auf 75 % des Grundkapitals herabgesenkt hat. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 7; für absolute Unzulässigkeit Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 31. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 7. Vgl. als Beispiele aus der Praxis die Pflichtveröffentlichung der Robert Bosch GmbH gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG betreffend das freiwillige Erwerbsangebot an alle Aktionäre der aleo Solar AG vom 25.9.2009, in der der Bieter auf die Mindestannahmeschwelle von 75 % der Stimmrechte verzichtet hat. Ebenso erfolgte ein Verzicht auf die zunächst festgelegte Mindestannahmeschwelle z.B. in den Übernahmeverfahren der TDK Germany GmbH zum Erwerb der Aktien der Epcos AG vom 22.9.2008. Busch, ZIP 2003, 102; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 13. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 374; Diekmann in Baums/Thoma/ Verse, § 21 WpÜG Rz. 28. Insgesamt kritisch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 33 (für Streichung der Norm de lege ferenda). Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 8. Vgl. dazu nur Soergel/Wolf, § 158 BGB Rz. 33 m.w.N. Vgl. Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 374 (allerdings mit anderer Begründung); Thun in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 19. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 32 und Busch, ZIP 2003, 102 mit Fn. 11, der deshalb dem Bieter aus Vorsichtsgründen rät, sich einen Verzicht in der Angebotsunterlage vorzubehalten. Vgl. zu der Frage des Verzichts auf eine Bedingung in einem Verpflichtungsgeschäft nur Soergel/Wolf, § 158 BGB Rz. 33. Einen solchen Verzichtsvorbehalt enthält etwa Ziffer 13.2 der Angebotsunterlage der lenovo Germany Holding GmbH betreffend das öffentliche Übernahmeangebot an die Aktionäre der Medion AG vom 28.6.2011.
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§ 21 Rz. 32 Änderung des Angebots gung der zum Verkauf angemeldeten Aktien der Zielgesellschaft, die dann nur noch unter dem Vorbehalt des Eintritts bzw. des Verzichts auf die aufschiebenden Bedingungen steht112. 33
Auch der nach § 397 BGB zulässige Teilverzicht ist nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG erlaubt113. Denn wie in § 397 Abs. 1 BGB impliziert die Rechtsmacht zum vollständigen Erlass stets auch die Rechtsmacht zum teilweisen. Auch § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG, der einen Sonderfall des Teilverzichts auf eine Bedingung (nämlich eine Herabsetzung der Annahmequote) vorsieht, steht daher nicht entgegen. Es gelangt den Aktionären der Zielgesellschaft nur zum Vorteil, wenn der Bieter ihnen durch einen teilweisen Bedingungsverzicht auf halbem Weg entgegenkommt114.
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Der Verzicht auf Bedingungen muss allerdings eindeutig sein und darf nicht seinerseits mit neuen Bedingungen verknüpft werden115. Der Verzicht kann auch noch nach dem Eintritt einer auflösenden bzw. dem Ausfall einer aufschiebenden Bedingung erfolgen116. Hat der Bieter also das Angebot zum Beispiel davon abhängig gemacht, dass bestimmte wirtschaftliche Ereignisse bei der Zielgesellschaft nicht eintreten, und kommt es dennoch zu der adressierten wirtschaftlichen Veränderung, so wird das Angebot abweichend von allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen nicht automatisch hinfällig, solange die Frist des § 21 Abs. 1 WpÜG noch nicht abgelaufen ist117.
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Wegen der Bedingungsfeindlichkeit von Pflichtangeboten findet § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG auf Pflichtangebote keine Anwendung (vgl. § 39 WpÜG Rz. 17)118. Weitere Folge eines wirksamen Verzichts auf eine Mindestannahmeschwelle nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG ist, dass keine Sperrfrist nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG entsteht119. 5. Berichtigungen oder Aktualisierungen der Angebotsunterlage
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§ 21 WpÜG gilt nicht für Berichtigungen (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG) bzw. Aktualisierungen der Angebotsunterlage (vgl. näher dazu § 12 WpÜG Rz. 30 ff.), weil diese nicht die Konditionen des Angebots ändern120. Einer analogen Anwendung von § 21 Abs. 4 WpÜG und damit der Einräumung eines Rücktrittsrechts bedarf es nicht. § 21 Abs. 4 WpÜG beruht auf der (fehlerhaften, vgl. Rz. 19 f.) Vorstellung, zur Annahme eines verbesserten Angebots bedürfe es zunächst des Rücktritts von der bereits erklärten Annahme, zielt aber nicht auf den Schutz der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft im Fall einer Verschlechterung des Angebots ab121. Es spricht aber nichts dagegen, Aktualisierungen
112 Vgl. exemplarisch Ziffer 12.2.2c) der Angebotsunterlage der Alliance Healthcare Deutschland Holdings 1 GmbH betreffend das öffentliche Übernahmeangebot an die Aktionäre der Andreae-Noris Zahn Aktiengesellschaft vom 29.11.2010 sowie Ziffer 13.2.3c) der Angebotsunterlage der NECKARPRI GmbH an die Aktionäre der EnBW Energie Baden-Württemberg AG vom 7.1.2011. 113 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 8; Frehse, BB 2018, 2312, 2315. A.A. Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 20; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.137; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 166. 114 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 8. 115 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 33; Frehse, BB 2018, 2312, 2315. 116 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 33; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 28; Merkner/Sustmann in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 16 Rz. 41. A.A. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 13; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 22; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 32 (es sei denn, der Bieter habe sich den Verzicht in der Angebotsunterlage ausdrücklich vorbehalten). 117 Vgl. in diesem Zusammenhang Berger/Filgut, WM 2005, 253, 257. 118 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 27; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 374; Apfelbacher/ Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 9; Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins e.V. zum Referentenentwurf vom April 2001, NZG 2001, 420, 425. 119 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 10; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 25. 120 Ebenso gegen die Anwendbarkeit von § 21 WpÜG etwa Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 11; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 32, Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 17; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 378; Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 2. 121 Zutreffend Stephan, AG 2003, 551, 560; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 65. A.A. Aha, AG 2002, 160, 166; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 35.
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Änderung des Angebots
Rz. 39 § 21
der Angebotsunterlage zusammen mit einer Angebotsänderung nach § 21 WpÜG zu veröffentlichen122. 6. Weitere Änderungen Weitere Änderungen des Angebots außerhalb der in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG aufgeführten Fällen sind 37 nicht zulässig, auch wenn sie sich (vorgeblich) ebenfalls zu Gunsten der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft auswirken würden123. Das Gesetz enthält keinen Auffangtatbestand, aus dem man die Zulässigkeit sonstiger Änderungen herleiten könnte124. Ein anderes Ergebnis würde zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen, die der Gesetzgeber durch die Katalogbestimmung gerade verhindern wollte. Außerdem fehlt das Korrektiv einer Vorabprüfung der Zulässigkeit einer Änderung durch die BaFin (vgl. unten Rz. 44). Dies gilt etwa im Grundsatz für eine Verlängerung der Annahmefrist (vgl. aber § 16 WpÜG Rz. 14 betreffend die Zulässigkeit einer bieterseitigen Verlängerung der Annahmefrist bei entsprechendem Vorbehalt)125, aber auch für die nachträgliche Einräumung eines Rücktrittsrechts zugunsten der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft126 oder eine Erhöhung der Zahl der von dem Bieter zu erwerbenden Wertpapiere der Zielgesellschaft im Fall eines Teilangebots127. Allerdings steht es dem Bieter bei einem Teilangebot frei, faktisch mehr Wertpapiere zu erwerben als von ihm angeboten oder ein neues Angebot abzugeben. Außerdem dürfte es zulässig sein, in das ursprüngliche Teilangebot eine auflösende Bedingung für den Fall des Überschreitens einer bestimmten Annahmeschwelle aufzunehmen128. Bewegt sich der Bieter innerhalb der durch § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG gesetzten Grenzen, findet § 315 Abs. 1 BGB keine Anwendung. Es verbleibt die allgemeine Missbrauchsaufsicht der BaFin (§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 WpÜG).
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7. Individuelle Vereinbarungen mit einzelnen Veräußerern Dem Bieter ist es durch § 21 WpÜG nicht untersagt, mit einzelnen Wertpapierinhabern individualvertraglich Änderungen des (ihnen gemachten) Angebots herbeizuführen, die über § 21 Abs. 1 WpÜG hinausgehen. Denn ein Erwerb der Wertpapiere der Zielgesellschaft durch den Bieter bleibt auch außerhalb des öffentlichen Angebots zulässig (vgl. § 31 Abs. 4 WpÜG und dazu § 31 WpÜG Rz. 99 ff.). Allerdings muss es sich bei diesen Absprachen um Individualvereinbarungen handeln. Die massen-
122 Vgl. als Beispiel die Bekanntmachung der Ontario Inc. gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG betreffend das Übernahmeangebot an alle Aktionäre der W.E.T. Automotive Systems Aktiengesellschaft vom 5.8.2003, die gleichzeitig eine Aktualisierung der Angebotsunterlage enthält. Zutreffend wird dort das Rücktrittsrecht nach § 21 Abs. 4 WpÜG nicht auch auf die Aktualisierung erstreckt. 123 Assmann, AG 2002, 114, 123; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 28; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 9; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 375; Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 179; Mielke in Beckmann/Kersting/Mielke, Das neue Übernahmerecht, Rz. B 166; Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 2; ebenso im Ergebnis Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 14. Grundsätzlich ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 20 mit Ausnahmen in Rz. 34 ff. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13 f. mit dem Argument, ein Verbot weiterer als der in § 21 WpÜG genannten Änderungen hätte wegen des Grundsatzes der Privatautonomie im Gesetz deutlich zum Ausdruck kommen müssen. 124 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 20. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13 f. 125 Für ein generelles Verbot der Verlängerung der Annahmefrist Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 5; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 27; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 9. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 34; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 11; Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 2. 126 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 10; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 376. 127 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 20. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 34. 128 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 15; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 20.
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§ 21 Rz. 39 Änderung des Angebots hafte Ansprache von Wertpapierinhabern mit dem Ziel, mit diesen jeweils „individuell“ Änderungsvereinbarungen abzuschließen, dürfte als Umgehung des § 21 Abs. 1 WpÜG unzulässig sein129. Soweit dies nicht rechtsgeschäftlich vereinbart ist, nehmen die außerhalb des Angebots gefundenen Vertragspartner umgekehrt an Verbesserungen des Angebots im Rahmen von § 21 Abs. 1 nicht teil130. Werden in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der Angebotsunterlage und dem Ergebnis zum Ablauf der Annahmefrist Wertpapiere der Zielgesellschaft außerhalb des öffentlichen Angebots erworben, können die Regelungen des § 21 WpÜG vermieden werden. Vielmehr hat dann der Bieter nach § 31 Abs. 4 WpÜG allen Aktionären den (regelmäßig) höheren Marktpreis zu gewähren, sog. „kalte Erhöhung“131. Da die Rechtsfolge des § 31 Abs. 4 WpÜG von Gesetzes wegen eintritt, stellt dieser Vorgang keine Angebotsänderung i.S.v. § 21 WpÜG dar132. In der Folge wird weder nach § 21 WpÜG die Annahmefrist verlängert oder den Aktionären ein Rücktrittsrecht eingeräumt, wenn sie das ursprüngliche Angebot angenommen haben, noch hat der Bieter nach § 13 WpÜG eine neue Finanzierungsbestätigung abzugeben oder die Formalitäten nach § 11 Abs. 1 WpÜG einzuhalten133. Im Ergebnis kann der Bieter so die Gegenleistung außerhalb des Rahmens von § 21 WpÜG erhöhen134. In der Praxis ist dieses Vorgehen verbreitet135.
C. Veröffentlichungspflichten (§ 21 Abs. 2 WpÜG) 40
Die Änderung des Angebots wird erst mit dessen Veröffentlichung nach § 21 Abs. 2 WpÜG wirksam136. Gegenstand der Veröffentlichungspflicht gemäß § 21 Abs. 2 WpÜG ist die Änderung als solche sowie ein Hinweis auf das nach § 21 Abs. 4 WpÜG bestehende Rücktrittsrecht. Die Veröffentlichung erfolgt in der Form der zweispurigen Publikation nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG. Im Fall einer Veröffentlichung der Änderung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 2. Fall WpÜG durch Hinweisbekanntmachung und Bereithaltung der Änderungsmitteilung zur kostenlosen Ausgabe ist es nicht erforderlich, dass der Hinweis auf das Rücktrittsrecht auch in der Hinweisbekanntmachung enthalten ist. Eine Veröffentlichung in der Änderungsmitteilung selbst ist ausreichend. Dabei ist gemäß § 21 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 3 WpÜG und § 2 Nr. 4 WpÜG-AngVO auch anzugeben, welche Maßnahmen zur Ausübung des Rücktrittsrechts und zur Annahme des geänderten Angebots ergriffen werden müssen.
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Bei der Veröffentlichung des geänderten Angebots ist erneut auf das Rücktrittsrecht nach § 21 Abs. 4 WpÜG hinzuweisen, ohne dass dieser Hinweis drucktechnisch besonders hervorgehoben sein müss-
129 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oehsler, § 21 WpÜG Rz. 10; vgl. auch von Riegen, ZHR 167 (2003), 702, 710. 130 Vgl. als Beispiel die Bekanntmachung der Ontario Inc. gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG betreffend das Übernahmeangebot an alle Aktionäre der W.E.T. Automotive Systems Aktiengesellschaft vom 5.8.2003. Dort wird zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Herabsetzung der Annahmeschwelle im Angebot nicht automatisch auch zugunsten eines Aktionärs wirkt, mit dem der Bieter außerhalb des Angebots einen Paket-Kaufvertrag abgeschlossen hatte. 131 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 206; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 14; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 163. 132 Siehe im Zusammenhang mit dem Bieterkampf um REpower Systems AG BaFin, Jahresbericht 2007, S. 192. Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 16; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13. A.A. Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 153. 133 Siehe Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 23; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 163. Kritisch Oechsler, NZG 2001, 817, 826. 134 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 206. 135 So im Bieterkampf um REpower Systems AG, vgl. die Änderung des freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots der AREVA an die Aktionäre der REpower Systems AG vom 5.11.2007, und im Bieterkampf um Techem AG, vgl. die Änderung des freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots der MEIF II Energie Beteiligungs GmbH & Co. KG an die Aktionäre der Techem AG vom 11.1.2007, S. 3. Siehe dazu auch Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 1, 20; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 206. 136 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 41; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 380.
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Änderung des Angebots
Rz. 42 § 21
te137. Auch ein vollständiger Neuabdruck des gesamten Angebots ist nicht geboten138. Ausreichend ist, die Angebotsänderung zu beschreiben bzw. die geänderte Textpassage mit einer Bezugnahme auf das ursprüngliche Angebot zu veröffentlichen139. Angaben, die Bestandteil der ursprünglichen Angebotsunterlage hätten werden müssen, wenn diese bereits in Form der Änderung erfolgt wäre, sind allerdings ebenfalls zu veröffentlichen. Dies ergibt sich aus dem in § 21 Abs. 3 WpÜG enthaltenen Verweis auf § 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG140. Wenn also erstmalig Wertpapiere als Gegenleistung angeboten werden, sind die Angaben nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WpÜG sowie nach § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO i.V.m. § 7 WpPG in die Änderungsmitteilung aufzunehmen141. Wird die Gegenleistung erhöht, ist auch die geänderte Finanzierungsbestätigung mit der Änderungsmitteilung zu veröffentlichen142. Ein gesonderter Hinweis auf eine eventuelle Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG wird vom Gesetzgeber nicht verlangt, ist aber aus Transparenzgesichtspunkten sinnvoll143. Im Übrigen ist auf die verlängerte Annahmefrist im Fall einer Änderung des Angebots bereits in der Angebotsunterlage hinzuweisen (§ 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO). Die Veröffentlichung ist der BaFin unverzüglich mitzuteilen (§ 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) und die Angebotsunterlage ist dem Vorstand der Zielgesellschaft unverzüglich nach der Veröffentlichung zu übermitteln (§ 14 Abs. 4 WpÜG)144. Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft sind dann gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 WpÜG verpflichtet, ihre Stellungnahme zu dem geänderten Angebot abzugeben, wobei sich die erneute Stellungnahme auf die geänderten Teile beschränken kann145. Unter Umständen kann auch eine zusätzliche Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung nach Art. 17 MAR durch den Bieter und/oder durch die Zielgesellschaft über die Änderung des Angebots geboten sein146.
137 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39. Vgl. als Beispiel die Bekanntmachung der Terex Industrial Holding AG gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG betreffend das Übernahmeangebot an alle Aktionäre der Demag Cranes AG vom 16.6.2011 mit Hinweis auf das Rücktrittsrecht. 138 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 24; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 41; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 33; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 40; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 29. A.A. Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 6, der eine Pflicht zur vollständigen Neuveröffentlichung in Ausnahmefällen auf dem Transparenzgebot ableiten will. 139 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 172. 140 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 40. 141 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 26; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 40; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 33; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 383; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 36. 142 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 45; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 40; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 37; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 30; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 34; Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 179; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 19; Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 7; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 10 Rz. 56. 143 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 42. 144 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 26; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 41. 145 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 10; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 27. Beispielhaft die Gemeinsame Ergänzende Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Demag Cranes AG zur Änderung des freiwilligen öffentlichen Kaufangebots der Terex Industrial Holding AG gemäß § 27 WpÜG vom 22.6.2011. 146 So in Bezug auf § 15 WpHG a.F. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 42; vgl. auch Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 388; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 25 sowie Diekmann in Baums/ThomaBaums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 44.
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§ 21 Rz. 43 Änderung des Angebots
D. Entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Angebotsunterlage (§ 21 Abs. 3 WpÜG) 43
Auf die Angebotsänderung finden gemäß § 21 Abs. 3 WpÜG die für das ursprüngliche Angebot geltenden § 11 Abs. 1 Satz 2 bis 5 und Abs. 3 WpÜG betreffend den Inhalt, § 12 WpÜG betreffend die Haftung, § 13 WpÜG zur Finanzierung und § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG zur Untersagung des (geänderten) Angebots entsprechende Anwendung. Zu den sich daraus ergebenden Anforderungen im Einzelnen kann auf die Kommentierung zu den jeweiligen Vorschriften verwiesen werden.
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§ 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 WpÜG sind dagegen in § 21 Abs. 3 WpÜG nicht in Bezug genommen. Es besteht also keine Verpflichtung des Bieters, die Änderungsbekanntmachung der BaFin zu einer Vorabprüfung vorzulegen oder diese innerhalb einer gesetzlich bestimmten Frist zu veröffentlichen147. § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG ist dagegen trotz des fehlenden Verweises auf diese Norm in § 21 Abs. 3 WpÜG entsprechend anwendbar, wenn die nach § 11 Abs. 2 WpÜG und der WpÜG-AngVO vorgeschriebenen Angaben, die in besonders gelagerten Ausnahmefällen auch bei der Angebotsänderung erforderlich sind, fehlen148.
E. Rücktrittsrecht (§ 21 Abs. 4 WpÜG) 45
Im Falle einer Änderung des Angebots können die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die das Angebot vor Veröffentlichung der Änderung nach § 21 Abs. 2 WpÜG angenommen haben, nach § 21 Abs. 4 WpÜG von dem Vertrag zurücktreten, solange die Annahmefrist noch nicht abgelaufen ist. Der Rücktritt ist gegenüber dem Bieter oder der von diesem in der Angebotsunterlage bzw. der Änderungsbekanntmachung genannten Stelle (insbesondere der depotführenden Bank) als Rücktrittsgegner i.S.v. § 349 BGB zu erklären149. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll das Rücktrittsrecht es ermöglichen, von der bereits erklärten Annahme des Angebots wieder Abstand zu nehmen, wenn sie mit der Änderung nicht einverstanden sind. Da nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ohnehin nur eine Änderung des Angebots zugunsten der Aktionäre zulässig ist, ist die praktische Bedeutung des Rücktrittrechts begrenzt (vgl. zur automatischen Nachbesserung bereits oben Rz. 19 ff.)
I. Tatbestandsvoraussetzungen 46
Das Rücktrittsrecht besteht, wenn eine Änderung des Angebots i.S.v. § 21 WpÜG vorliegt. Dabei muss es sich regelmäßig um eine nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zulässige Änderung handeln, weil nur diese rechtsgeschäftlich wirksam zustande kommt150. Das Rücktrittsrecht ist nicht an Sachgründe gebunden. Der Aktionär kann daher die Änderungen nach § 21 Abs. 4 WpÜG zur Abstandnahme nutzen, obwohl eine Annahme des veränderten Angebots nach objektiver Betrachtung seine Stellung gegenüber dem früheren Stand nur verbessern würde151. Jede Abänderung des öffentlichen Angebots wird damit für den Bieter zu einem riskanten Geschäft, weil er bereits sicher gebunden geglaubte Aktionäre wieder verlieren kann. Dies kann Anreiz sein, das Angebot bereits von Anfang an so auszugestalten, dass eine Änderung nicht mehr erforderlich ist, und ist der rechtspolitischen Kritik, die in
147 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 45; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 50; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 46; Mielke in Beckmann/Kersting/Mielke, Übernahmerecht, Rz. B 168. 148 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 45; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 45. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 48. 149 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 60; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 41. 150 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 47; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 19. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 54. 151 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 20; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 47.
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Änderung des Angebots
Rz. 50 § 21
der Bestimmung wie etwa der des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG eine (unerwünschte) Ermutigung der Bieters zu knapper Kalkulation des öffentlichen Angebots sieht, entgegenzuhalten152. Zum Rücktritt berechtigt sind Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die das Angebot bereits angenommen haben. Der Berechtigte muss also die vom Bieter nach § 2 Nr. 4 WpÜG-AngVO festgelegten Maßnahmen ergriffen haben153. Das Rücktrittsrecht kann auch noch dann ausgeübt werden, wenn die Wertpapiere bereits dinglich auf den Bieter übertragen wurden154. Die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft können dabei ihr Rücktrittsrecht nicht nur insgesamt, sondern auch nur für einen Teil der betroffenen Wertpapiere ausüben155. Die Ausübung des Rücktrittsrechts ist nicht davon abhängig, dass der zurücktretende Wertpapierinhaber im Anschluss hieran das geänderte Angebot annimmt. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann der Ausübung des Rücktrittsrechts insoweit nicht entgegenstehen156.
47
Das Rücktrittsrecht besteht auch dann, wenn der Bieter hierauf entgegen § 11 Abs. 4 Nr. 1 und § 21 Abs. 2 WpÜG nicht hingewiesen hat157. Das Rücktrittsrecht kann jederzeit vom Zeitpunkt der Veröffentlichung der Änderung bis zum Ablauf der Annahmefrist ausgeübt werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Zugang der Rücktrittserklärung bei dem Bieter bzw. bei der von dem Bieter in der Angebotsunterlage und der Änderungsbekanntmachung benannten Stelle (in der Regel depotführende Bank) maßgebend158. § 21 Abs. 4 WpÜG findet darüber hinaus auf Aktualisierungen und Berichtigungen der Angebotsunterlage keine analoge Anwendung (vgl. bereits Rz. 36)159.
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II. Rechtsfolgen 1. Rechtsfolgen bei Nichtausübung des Rücktrittsrechts Wird das Rücktrittsrecht nicht oder verspätet ausgeübt, bleiben die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, die das Angebot bereits angenommen haben, an das geänderte Angebot zu den geänderten Konditionen gebunden. Aktionäre, der Zielgesellschaft, die ihre Aktien bereits zur Annahme des Angebots eingereicht hatten und auch das geänderte Angebot weiterhin annehmen wollen, brauchen also nichts zu veranlassen (vgl. dazu bereits oben Rz. 19 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Annahmeerklärung vor oder nach der Veröffentlichung der Änderung abgegeben wurde.
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2. Rechtsfolgen bei Ausübung des Rücktrittsrechts Nach Ausübung des Rücktrittsrechts können die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft die von ihnen 50 bereits eingereichten Wertpapiere wieder zurückverlangen. Andererseits bleiben sie aber nach wie vor berechtigt, das geänderte Angebot etwa nach dem Ablauf einer gewissen Überlegungsfrist doch noch
152 Vgl. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 2 und 20. Zur rechtspolitischen Kritik siehe Peltzer in Assmann u.a., ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 179, 231. 153 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 21. 154 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 57; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 43. 155 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 64; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 53. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 47; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 42. 156 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 48; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 398; Mielke in Beckmann/Kersting/Mielke, Übernahmerecht, Rz. B 170; so jetzt auch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 56 ff. 157 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 49; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 175. 158 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 50. A.A. für Abgabe Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 38; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 45. 159 So auch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 54; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 32. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 35.
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§ 21 Rz. 50 Änderung des Angebots anzunehmen. Die Rücktrittsfolgen beurteilen sich grundsätzlich nach den §§ 346 ff. BGB160. Bereits empfangene Leistungen wie z.B. das Eigentum an den Aktien haben die Parteien nach § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren161. Ist dies nicht mehr möglich, haften sie nach § 346 Abs. 2 BGB auf Wertersatz162. Um Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung zu vermeiden, kann es sich für den Bieter empfehlen, die Einzelheiten der Rückabwicklung bereits in der Angebotsunterlage zu regeln163. Das Bedürfnis für eine ausdrückliche Regelung besteht jedoch nicht, wenn – wie zumeist – in dem Angebot vorgesehen ist, dass die Übertragung des Eigentums an den eingereichten Aktien erst nach Ablauf der Annahmefrist und dem Eintritt etwaiger aufschiebender Bedingungen vollzogen wird. In diesem Fall bedarf es keiner besonderen Rückabwicklung164. Der Rücktritt führt dann lediglich zum Erlöschen des schuldrechtlichen Vertragsverhältnisses. Sind die eingereichten Wertpapiere bereits in einer gesonderten Wertpapier-Kenn-Nummer eingebucht, ist der Bieter verpflichtet, die Rückbuchung der Wertpapiere in die ursprüngliche WKN/ISIN zu veranlassen.
F. Verlängerung der Annahmefrist (§ 21 Abs. 5 WpÜG) 51
Wenn (und nur wenn)165 die Veröffentlichung der Änderung des Angebots innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ablauf der Annahmefrist erfolgt, verlängert sich die Annahmefrist für die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG um zwei Wochen. Damit trägt § 21 Abs. 5 WpÜG dem Anliegen des Gesetzgebers Rechnung, den zeitlichen Entscheidungsdruck auf die Aktionäre der Zielgesellschaft zu vermindern (§ 3 Abs. 2 WpÜG)166. Der Bieter soll nicht durch eine rasche Veränderung der Bedingungen eine ebenso rasche wie unüberlegte Entscheidung der Aktionäre der Zielgesellschaft provozieren können167. Den Aktionären der Zielgesellschaft soll immer eine Frist von mindestens zwei Wochen zur Verfügung stehen, in der sie sich das Angebot überlegen können168.
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Die Fristverlängerung greift nach § 21 Abs. 5 Satz 2 WpÜG auch dann ein, wenn das Angebot gegen Rechtsvorschriften (auch solche außerhalb des WpÜG) verstößt und das Angebot daher möglicherweise untersagt wird. Damit soll vermieden werden, dass ein Streit über die Zulässigkeit eines geänderten Angebots Unklarheiten am Markt über die Angebotsfrist auslöst169.
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Eine Verlängerung der Annahmefrist nach § 21 Abs. 5 WpÜG kommt aber nur in Betracht, solange eine Änderung des Angebots noch möglich ist, also die reguläre Frist des § 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG einschließlich einer möglichen gesetzlichen Verlängerung nach §§ 16 Abs. 3, 22 Abs. 2 Satz 1 WpÜG noch nicht abgelaufen ist170. Die weitere Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist insoweit aus-
160 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 31; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 47; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 60; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 41. 161 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 43; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 31. 162 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 23; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 31. 163 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 54; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 41. 164 Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 399; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 53. 165 Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, § 21 Rz. 1; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 47. 166 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 24; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 66; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 177. 167 Vgl. dazu bereits Assmann/Bozenhardt, ZGR-Sonderheft 9, 1990, S. 1, 87 f. 168 Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 179; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 59; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39. 169 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 49 f.; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 24; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 56; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 69; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 61; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 52; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 39. 170 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 25.
602
Seiler
Änderung des Angebots
Rz. 57 § 21
genommen, weil zu diesem Zeitpunkt aus Sicht des Bieters das Angebot bereits beendet ist171. Während der weiteren Annahmefrist ist also eine Änderung des Angebots nicht mehr möglich172. Die verlängerte Annahmefrist beginnt erst unmittelbar mit dem Ablauf der im Zeitpunkt der Änderung des Angebots laufenden Annahmefrist und nicht bereits mit der ordnungsgemäßen Veröffentlichung des geänderten Angebots oder im Zeitpunkt der Mitteilung an die BaFin (§ 14 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 WpÜG)173. Eine gesonderte Veröffentlichung über den Zeitpunkt des Beginns der gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG verlängerten Annahmefrist ist gesetzlich nicht erforderlich, kann sich aber empfehlen174.
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Sowohl in der ursprünglichen Angebotsunterlage als auch bei der Veröffentlichung der Änderung des 55 Angebots ist auf die Fristverlängerung nach § 21 Abs. 5 WpÜG hinzuweisen (§ 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO i.V.m. §§ 21 Abs. 3, 11 Abs. 4 Nr. 1 WpÜG). Dieser Hinweis muss drucktechnisch (etwa durch Fettdruck) nicht besonders hervorgehoben sein175. Dennoch geschieht dies in der Praxis häufig.
G. Unzulässigkeit einer erneuten Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 6 WpÜG) Innerhalb der Verlängerungsfrist des § 21 Abs. 5 WpÜG sind erneute Änderungen des Angebots grundsätzlich unzulässig. Dies bestimmt § 21 Abs. 6 WpÜG, der damit die Vorstellungen des Gesetzgebers zum Schutz der Zielgesellschaft vor zeitlich unbegrenzter Lähmung ihrer Geschäftsführung durch eine Abfolge von Änderungen umsetzt176. Die Regelung ist auch eine Konkretisierung von § 3 Abs. 4 WpÜG. Zugleich stellt die Norm sicher, dass den Aktionären der Zielgesellschaft in jedem Fall für ihre Entscheidung über das Angebot zwei Wochen nach der letzten Änderung durch den Bieter verbleiben177. Die Unzulässigkeit einer erneuten Änderung nach § 21 Abs. 6 WpÜG erstreckt sich auch auf den Zeitraum der weiteren Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG178.
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Ein allgemeines Verbot der mehrfachen Änderung des Angebots ist der Bestimmung über ihren direkten Anwendungsbereich hinaus nicht zu entnehmen179. Außerhalb der in § 21 Abs. 6 WpÜG genannten Frist sind daher auch mehrfach hintereinander stattfindende Änderungen möglich. § 21 Abs. 6 WpÜG findet auch dann keine Anwendung, wenn es während der Verlängerungsfrist zu einer weiteren Verlängerung kommt, die nicht durch ein Verhalten des Bieters hervorgerufen wird. Insbesondere konkurrierende Angebote während der Verlängerungsfrist, die nach § 22 Abs. 2 WpÜG zu einer nochmaligen Verlängerung der Annahmefrist führen, können den Bieter daher zu einer erneuten Änderung seines Angebots berechtigen, ohne dass dem § 21 Abs. 6 WpÜG entgegenstünde180. Die sich dadurch möglicherweise ergebende Auktionssituation eines raschen gegenseitigen Überbietens wird vom Zweck
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171 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 25. 172 Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 180; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 15. 173 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 55; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 67. 174 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 55; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 40. 175 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 57. 176 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 26; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 49. 177 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 26; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 49. 178 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.130; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 40. 179 Assmann, AG 2002, 114, 123; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 27; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 71; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 51; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 41; Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, German Takeover Law, 2002, § 21 Rz. 1; Sohbi in Heidel, § 21 WpÜG Rz. 11. 180 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 59; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 25; Paschos/Goslar in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 14 Rz. 178.
Seiler
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§ 22 Konkurrierende Angebote des § 22 WpÜG gerade gedeckt181. In der Literatur wird diese Möglichkeit der Angebotsänderung ganz abgelehnt182 oder zumindest stark eingeschränkt183, um so die Handlungsfähigkeit der Zielgesellschaft zu erhalten. Teilweise wird auch die Einführung eines formalisierten und zeitlich begrenzten Bieterwettstreits vorgeschlagen184. Mit Blick auf den Wortlaut von § 21 Abs. 6 WpÜG, der nur das Angebot desjenigen Bieters erfasst, der die Änderung innerhalb der letzten zwei Wochen veröffentlicht, ist bei einem konkurrierenden Angebot der Ausschluss oder die Einschränkung der Möglichkeit des Bieters zu einer erneuten Änderung seines Angebots jedoch abzulehnen185. Im Übrigen stellt das Tatbestandsmerkmal „Änderungen“ klar, dass ein neues öffentliches Angebot durch den Bieter auch innerhalb der in § 21 Abs. 5 WpÜG genannten Frist nicht verboten ist186.
§ 22 Konkurrierende Angebote (1) Konkurrierende Angebote sind Angebote, die während der Annahmefrist eines Angebots von einem Dritten abgegeben werden. (2) Läuft im Falle konkurrierender Angebote die Annahmefrist für das Angebot vor Ablauf der Annahmefrist für das konkurrierende Angebot ab, bestimmt sich der Ablauf der Annahmefrist für das Angebot nach dem Ablauf der Annahmefrist für das konkurrierende Angebot. Dies gilt auch, falls das konkurrierende Angebot geändert oder untersagt wird oder gegen Rechtsvorschriften verstößt. (3) Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die das Angebot angenommen haben, können bis zum Ablauf der Annahmefrist vom Vertrag zurücktreten, sofern der Vertragsschluss vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage des konkurrierenden Angebots erfolgte. A. I. II. III. IV. V.
Überblick . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . Zweck . . . . . . . . . . . Entstehung . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie Kritik . . . . . . . . . . . .
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B. Begriff des konkurrierenden Angebots (§ 22 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbundene Unternehmen und gemeinsam handelnde Personen . . . . . . . . . 2. Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Während der Annahmefrist . . . . . . . . .
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1 1 3 7 9 10
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12 13 17
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18 23 25 27
C. Synchronisierung der Annahmefristen (§ 22 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungen der Angebote . . . . . . . . 1. Verlängerung der Annahmefristen . . a) Änderung des konkurrierenden Angebots . . . . . . . . . . . . . . . b) Änderung des ursprünglichen Angebots . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mehrfachänderungen . . . . . . . . . . 3. Parallel- und Nacherwerb . . . . . . . III. Untersagung oder Verstoß gegen Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mitteilungspflicht gemäß § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO . . . . . . . . . . . . . . .
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30 30 34 34
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36 38 40a
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D. Rücktrittsrecht (§ 22 Abs. 3 WpÜG) . . . . I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . .
47 48
181 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 26; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 18 Rz. 43 ff. Kritisch Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 208; Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 21. 182 Bereits für Unzulässigkeit des konkurrierenden Angebots Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 146 ff.; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 209. 183 Für einmalige Änderung durch konkurrierenden Bieter Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 54; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 74. 184 Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1800 f.; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.148. 185 Im Ergebnis ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 59; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 25. 186 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 27.
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Seiler und Krause
§ 22 Konkurrierende Angebote des § 22 WpÜG gerade gedeckt181. In der Literatur wird diese Möglichkeit der Angebotsänderung ganz abgelehnt182 oder zumindest stark eingeschränkt183, um so die Handlungsfähigkeit der Zielgesellschaft zu erhalten. Teilweise wird auch die Einführung eines formalisierten und zeitlich begrenzten Bieterwettstreits vorgeschlagen184. Mit Blick auf den Wortlaut von § 21 Abs. 6 WpÜG, der nur das Angebot desjenigen Bieters erfasst, der die Änderung innerhalb der letzten zwei Wochen veröffentlicht, ist bei einem konkurrierenden Angebot der Ausschluss oder die Einschränkung der Möglichkeit des Bieters zu einer erneuten Änderung seines Angebots jedoch abzulehnen185. Im Übrigen stellt das Tatbestandsmerkmal „Änderungen“ klar, dass ein neues öffentliches Angebot durch den Bieter auch innerhalb der in § 21 Abs. 5 WpÜG genannten Frist nicht verboten ist186.
§ 22 Konkurrierende Angebote (1) Konkurrierende Angebote sind Angebote, die während der Annahmefrist eines Angebots von einem Dritten abgegeben werden. (2) Läuft im Falle konkurrierender Angebote die Annahmefrist für das Angebot vor Ablauf der Annahmefrist für das konkurrierende Angebot ab, bestimmt sich der Ablauf der Annahmefrist für das Angebot nach dem Ablauf der Annahmefrist für das konkurrierende Angebot. Dies gilt auch, falls das konkurrierende Angebot geändert oder untersagt wird oder gegen Rechtsvorschriften verstößt. (3) Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die das Angebot angenommen haben, können bis zum Ablauf der Annahmefrist vom Vertrag zurücktreten, sofern der Vertragsschluss vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage des konkurrierenden Angebots erfolgte. A. I. II. III. IV. V.
Überblick . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . Zweck . . . . . . . . . . . Entstehung . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie Kritik . . . . . . . . . . . .
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B. Begriff des konkurrierenden Angebots (§ 22 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbundene Unternehmen und gemeinsam handelnde Personen . . . . . . . . . 2. Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Während der Annahmefrist . . . . . . . . .
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1 1 3 7 9 10
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C. Synchronisierung der Annahmefristen (§ 22 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungen der Angebote . . . . . . . . 1. Verlängerung der Annahmefristen . . a) Änderung des konkurrierenden Angebots . . . . . . . . . . . . . . . b) Änderung des ursprünglichen Angebots . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mehrfachänderungen . . . . . . . . . . 3. Parallel- und Nacherwerb . . . . . . . III. Untersagung oder Verstoß gegen Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mitteilungspflicht gemäß § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Rücktrittsrecht (§ 22 Abs. 3 WpÜG) . . . . I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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181 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 26; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-HdB, § 18 Rz. 43 ff. Kritisch Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 208; Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 21. 182 Bereits für Unzulässigkeit des konkurrierenden Angebots Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 146 ff.; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 209. 183 Für einmalige Änderung durch konkurrierenden Bieter Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 54; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 74. 184 Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1800 f.; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.148. 185 Im Ergebnis ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 59; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 25. 186 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 21 WpÜG Rz. 27.
604
Seiler und Krause
§ 22
Konkurrierende Angebote II. Rücktrittsrecht bei Änderungen . . . . . . . III. Ausübung des Rücktrittsrechts . . . . . . . IV. Rechtsfolgen der Ausübung des Rücktrittsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Mitteilungspflicht gemäß § 2 Nr. 11 WpÜG-AngVO . . . . . . . . . . . . . . . . E. Weitere Aspekte konkurrierender Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorbeugung gegen konkurrierende Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarungen mit der Zielgesellschaft a) Exklusivität . . . . . . . . . . . . . .
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II.
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F. I. II. III. IV.
b) Break fees . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarungen mit Aktionären (irrevocables) . . . . . . . . . . . Due Diligence bei konkurrierenden Angeboten . . . . . . . . . . . . . . . Blick über die Grenze . . . . . . . . Vereinigtes Königreich . . . . . . . . Österreich . . . . . . . . . . . . . . . Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . Frankreich . . . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Bachmann, Vorstandspflichten bei freundlichen Übernahmeangeboten, in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), 2011, S. 191; Bachmann, Konkurrierende Angebote, in Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 109; Banerjea, Der Schutz von Übernahmeund Fusionsplänen – Überlegungen zur Zulässigkeit und Gestaltung sog. Deal-Protection-Abreden, DB 2003, 1489; Banerjea, Due Diligence beim Erwerb von Aktien über die Börse, ZIP 2003, 1730; Bebchuk, The Case for Facilitating Competing Tender Offers, 95 Harv. L. Rev. 1028 (1982); Bebchuk, The Case for Facilitating Competing Tender Offers, A Reply and Extension, 35 Stan. L. Rev. 23 (1982); Becker, Verhaltenspflichten des Vorstands bei feindlichen Übernahmen, ZHR 163 (2001), 280; Birkner (Hrsg.), Handbuch Übernahmerecht, Bd. I, 2012; Böckmann/Kießling, Möglichkeiten der BaFin zur Beendigung von Übernahmeschlachten nach dem WpÜG, DB 2007, 1796; Brandi/Süßmann, Neue Insiderregeln und Ad hoc-Publizität – Folgen für Ablauf und Gestaltung von M&ATransaktionen, AG 2004, 642; Bungert, Pflichten des Managements bei der Abwehr von Übernahmeangeboten nach US-amerikanischem Gesellschaftsrecht, AG 1994, 297; Cramton/Schwartz, Using Auction Theory to Reform Takeover Regulation, 7 J.L. Econ. & Org. 27 (1991); DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMF, NZG 2001, 420; Decher, Rechtsfragen des grenzüberschreitenden Merger of Equals, in FS Lutter, 2000, S. 1209; Drygala, Deal Protection in Verschmelzungs- und Unternehmenskaufverträgen – eine amerikanische Vertragsgestaltung auf dem Weg ins deutsche Recht, WM 2004, 1413 (Teil I) und 1457 (Teil II); Easterbrook/Fischel, The Proper Role of a Target’s Management in Responding to a Tender Offer, 94 Harv. L. Rev. 1161 (1981); von Falkenhausen, Gleichbehandlung der Bieter, in Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 93; Fleischer, Konkurrenzangebote und Due Diligence, ZIP 2002, 651; Fleischer, Der Zusammenschluss von Unternehmen im Aktienrecht, ZHR 172 (2008), 538; Fleischer, Zulässigkeit und Grenzen von BreakFee-Vereinbarungen im Aktien- und Kapitalmarktrecht, AG 2009, 345; Fleischer/Körber, Der Rückerwerb eigener Aktien und das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2001, 2589; Fuhrmann, Kapitalmarktrechtliche Anforderungen an Marktsondierungen vor Kapitalmaßnahmen und öffentlichen Übernahmen, WM 2018, 593; Fürhoff/Wölk, Aktuelle Fragen zur Ad hoc-Publizität, WM 1997, 449; Gilson, Seeking Competitive Bids Versus Pure Passivity in Tender Offer Defense, 35 Stan. L. Rev. 51 (1982); Guinomet, Break-Fee-Vereinbarungen, 2003; Habersack, Due Umplatzierung von Aktien und das Verbot der Einlagenrückgewähr, in FS Hommelhoff, 2012, S. 303; Hilgard, Break-up Fees beim Unternehmenskauf, DB 2008, 286; Hirte, Verteidigung gegen Übernahmeangebote und Rechtsschutz des Aktionärs gegen die Verteidigung, ZGR 2002, 623; Hopt, Aktionärskreis und Vorstandsneutralität, ZGR 1993, 534; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapierhandelsgesetz, ZHR 159 (1995), 135; Hopt, Übernahmen, Geheimhaltung und Interessenkonflikte: Probleme für Vorstände, Aufsichtsräte und Banken, ZGR 2002, 333; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 382; Hopt/Kumpan, Insidergeschäfte und Ad-hoc-Publizität bei M&A, ZGR 2017, 765; Kallmeyer, Die Mängel des Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission, ZHR 161 (1997), 435; Kerber, Die Übernahme und Veräußerung börsennotierter Unternehmen in Frankreich, WM-Sonderbeil. 3/1988; Klein/Stucki, Öffentliche Übernahmeangebote (OPA/OPE) in Frankreich, RIW 2001, 488; Klemm/Reinhardt, Verbesserungspotentiale im deutschen Übernahmerecht, NZG 2007, 281; Krämer/Gillessen/Kiefner, Das „Telekom III“-Urteil des BGH – Risikozuweisungen an der Schnittstelle von Aktien- und Kapitalmarktrecht, CFL 2011, 328; Krause, Die erweiterte Beteiligungstransparenz bei börsennotierten Aktiengesellschaften, AG 2011, 469; Krieger, Das neue Übernahmegesetz: Preisfindung beim Übernahmeangebot und Neutralitätspflicht des Vorstands der Zielgesellschaft, in RWSForum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289; Liekefett, Bietergleichbehandlung bei öffentlichen Übernahmeangeboten, AG 2005, 802, 806 ff.; Linker/Zinger, Rechte und Pflichten der Organe einer Aktiengesellschaft bei der Weitergabe vertraulicher Unternehmensinformationen, NZG 2002, 497; Lutter, Due Diligence des Erwerbers beim Kauf einer Beteiligung, ZIP 1997, 613; Maier-Reimer, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, ZHR 165 (2001), 258; K. Mertens, Die Information des Erwerbers einer wesentlichen Unternehmensbeteiligung an einer Aktiengesellschaft durch deren Vorstand, AG 1997, 541; Meyer/Kiesewetter, Rechtliche Rahmenbedingungen des Beteiligungsaufbaus im Vorfeld von Unternehmensübernahmen, WM 2009, 340; Mülbert/Birke,
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§ 22 Rz. 1 Konkurrierende Angebote Das übernahmerechtliche Behinderungsverbot, WM 2001, 705; Mülbert/Wilhelm, Haftungsübernahme als Einlagenrückgewähr – Überlegungen zu § 57 AktG im Nachgang zu Telekom III, in FS Hommelhoff, 2012, S. 747, 773 ff.; K.J. Müller, Gestattung der Due Diligence durch den Vorstand der Aktiengesellschaft, NJW 2000, 3452; von Nussbaum, Die Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft eines Übernahmeangebots, 2003; Oechsler, Der RegE zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz – Regelungsbedarf auf der Zielgeraden, NZG 2001, 817; Paul/Horan, Deal Protection in France, Germany, Italy, The Netherlands and the UK, European Lawyer, July/August 2002, S. 5; Pötzsch/Möller, Das künftige Übernahmerecht, WM-Sonderbeil. 2/2000; Rieckers, Treuepflichten versus Vertragsfreiheit – Neues zur Wirksamkeit von Deal-Protection-Klauseln in der Rechtsprechung Delawares, RIW 2003, 668; von Riegen, Rechtsverbindliche Zusagen zur Annahme von Übernahmeangeboten (sog. „irrevocable undertakings“), ZHR 167 (2003), 702; Riehmer/Schröder, Praktische Aspekte bei der Planung, Durchführung und Abwicklung eines Übernahmeangebots, BB-Beil. 5/2001; Romano, A Guide to Takeovers: Theory, Evidence and Regulation, in Hopt/Wymeersch (Hrsg.), European Takeovers – Law and Practice, 1992, S. 3; Roschmann/Frey, Geheimhaltungsverpflichtungen der Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften bei Unternehmenskäufen, AG 1996, 449; Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, Rechtsprobleme konkurrierender Übernahmeangebote nach dem WpÜG, AG 2007, 137; Saywell/Gamble, The Break Fee – a useful negotiating tool, PLC 12/1999, 31; Schäfer/Dreyling, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, 2002; Schiessl, Konkurrierende Angebote im Übernahmerecht, in Liber amicorum für Martin Winter, 2011, S. 569; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, 1994; Schroeder, Darf der Vorstand der Aktiengesellschaft dem Aktienkäufer eine Due Diligence gestatten?, DB 1997, 2161; Schüppen, Übernahmegesetz ante portas! – Zum Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, WPg 2001, 958; Schwartz, Search Theory and the Tender Offer Auction, 2 J.L. Econ. & Org. 229 (1986); Seibt, Verschmelzung einer AG auf eine AG zur Aufnahme, in Seibt (Hrsg.), Becksches Formularhandbuch Mergers and Acquisitions, 3. Aufl. 2018, S. 1543; Seibt, Übernahmerecht: Update 2010/2011, CFL 2011, 213; Seibt/Wunsch, Investorenvereinbarungen bei öffentlichen Übernahmen, Der Konzern 2009, 195; Sieger/Hasselbach, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmenskäufen, BB 2000, 625; Stern, United Kingdom, in A Practitioner’s Guide to Takeovers and Mergers in the European Union, 3. Aufl. 2001, S. 525 ff.; Stoffels, Grenzen der Informationsweitergabe durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer „Due Diligence“, ZHR 165 (2001), 362; Ströhmann, Corporate Lockups nach U.S.-amerikanischem und deutschem Gesellschaftsrecht, 2003; Strunk/Salomon/Holst, Aktuelle Entwicklungen im Übernahmerecht, in Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1; Thaeter/Abbas, Kommentar Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz, in Das Deutsche Bundesrecht (Loseblatt), Stand Juli 2011; Tröger, Unternehmensübernahmen im deutschen Recht (Teil I), DZWiR 2002, 353; Viandier, OPA – OPE et autres offres publiques, 1999; Weisner, Verteidigungsmaßnahmen gegen unfreundliche Übernahmeversuche in den USA, Deutschland und nach europäischem Recht, 2000; v. Werder/Braun/Fromholzer, Der Unternehmenskauf börsennotierter Unternehmen und seine Besonderheiten (Public Deal), in Eilers/Koffka/Mackensen/Paul (Hrsg.), Private Equity, 3. Aufl. 2018; Wey/ Huber, Aus der Praxis der Übernahmekommission, SZW 2001, 144; Winter/Harbarth, Verhaltenspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, ZIP 2002, 1; Zetzsche, Die Marktsondierung nach Art. 11 MAR, AG 2016, 610; Ziegler/Stancke, Kostenersatz beim Abbruch von Vertragsverhandlungen in M&A-Transaktionen, M&A Review 2008, 28; Ziemons, Die Weitergabe von Unternehmensinterna an Dritte durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft, AG 1999, 492; Zinser, Übernahmeangebote (takeover bids) im englischen und deutschen Recht, 2000.
A. Überblick I. Regelungsgegenstand 1
Die Vorschrift regelt die Auswirkungen eines konkurrierenden Angebots auf ein bereits laufendes Angebot. Einerseits bewirkt das konkurrierende Angebot eine Verlängerung der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots in der Weise, dass der Fristenlauf beider Angebote synchronisiert wird. Andererseits löst das konkurrierende Angebot ein gesetzliches Rücktrittsrecht der Wertpapierinhaber aus, die das ursprüngliche Angebot bei Veröffentlichung des konkurrierenden Angebots bereits angenommen haben.
2
Das konkurrierende Angebot selbst wird durch § 22 WpÜG nicht geregelt. Vielmehr gelten insoweit die allgemeinen Vorschriften.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 7 § 22
II. Zweck Die Ermöglichung konkurrierender Angebote gehört zu den Kernzielen des vom Gesetzgeber gewählten ökonomischen Konzepts der Regulierung von Übernahmeangeboten. Nur wenn Erwerbsinteressenten miteinander in Wettbewerb treten können, kann die auktionsartige Situation entstehen, die den Wertpapierinhabern grundsätzlich die Wahl des besseren (teureren) Angebots und damit die Allokation der in der Zielgesellschaft gebundenen unternehmerischen Ressourcen an den besten Nutzer ermöglicht. Dies erfordert einerseits die Senkung der Eintrittsbarrieren für konkurrierende Angebote und andererseits Verfahrensvorschriften, die sicherstellen, dass das ursprüngliche und das konkurrierende Angebot im Wettbewerb um die Annahme durch die Wertpapierinhaber gleiche Chancen haben1.
3
Die Synchronisierung der Annahmefristen gemäß § 22 Abs. 2 WpÜG bezweckt die Schaffung gleicher verfahrensmäßiger Rahmenbedingungen für das ursprüngliche und das konkurrierende Angebot2. Ohne diese Vorschrift würde die Annahmefrist des konkurrierenden Angebots regelmäßig erst nach dem Ende der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots ablaufen. Hiermit käme der konkurrierende Bieter in den Genuss eines nicht gerechtfertigten taktischen Vorteils, denn er könnte ankündigen, die Gegenleistung nach Ablauf der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots zu erhöhen. Wenn dies möglich wäre, erschiene es nicht fernliegend, dass die Wertpapierinhaber hierauf spekulieren und die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots verstreichen lassen. Insoweit kommt § 22 Abs. 2 WpÜG auch den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft zugute, denn sie können sich frei von taktischen Zwängen für das aus ihrer Sicht bessere Angebot entscheiden.
4
Das Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG dient der Senkung der Eintrittsbarrieren für konkur- 5 rierende Angebote. Die Vorschrift versetzt den konkurrierenden Bieter in die Lage, auch die Wertpapiere zu erwerben, deren Inhaber sich bereits an den ersten Bieter gebunden haben. Beide Bieter können somit denselben Adressatenkreis erreichen. Auch dies kommt den Wertpapierinhabern, die das ursprüngliche Angebot bereits angenommen haben und ein aus ihrer Sicht besseres konkurrierendes Angebot annehmen wollen, zugute. Konkurrierende Angebote sind ein wichtiges Instrument für die Abwehr feindlicher Übernahmeangebote3. Die Suche nach derartigen Angeboten gehört gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpÜG zu den Handlungen, die der Vorstand der Zielgesellschaft ohne Ermächtigung der Hauptversammlung vornehmen darf, um den Erfolg eines feindlichen Angebots zu verhindern. Durch die Senkung der Eintrittsbarrieren wird diese Abwehrstrategie ermöglicht; durch die Synchronisierung der Annahmefristen ist sichergestellt, dass weder das „feindliche“ erste Angebot noch das konkurrierende Angebot in regulatorischer Hinsicht bevorzugt wird.
6
III. Entstehung Im Übernahmekodex hatten § 22 Abs. 2 WpÜG überhaupt keinen und § 22 Abs. 3 WpÜG nur einen 7 entfernt ähnlichen Vorläufer. Gemäß Art. 14 Sätze 1 und 2 Übernahmekodex war der Bieter bei Abgabe „besserer Angebote seitens Dritter“ berechtigt, innerhalb der ursprünglichen Annahmefrist ein für die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft „besseres Angebot“ vorzulegen und die ursprüngliche Angebotsfrist in Abstimmung mit der Übernahmekommission zu verlängern. Die automatische Verlängerung der Annahmefrist (oder eine Verpflichtung hierzu) war dagegen nicht vorgesehen. Gemäß Art. 14 Satz 3 Übernahmekodex hatte der Bieter für die Gleichbehandlung der Aktionäre zu sorgen, die sein Angebot bereits angenommen hatten. Gemäß Art. 14 Satz 4 Übernahmekodex konnten Wertpapierinhaber von dem bereits angenommenen Angebot zurücktreten, um „das bessere Angebot“ anzunehmen. Folglich konnte der Bieter durch Eintritt in die Konditionen des konkurrierenden Angebots verhindern, dass dieses Rücktrittsrecht zur Entstehung gelangte. Das Merkmal des „besseren“ Angebotes als Voraussetzung des Rücktrittsrechts bedeutete ein durchaus fragwürdiges Wertungselement. 1 Bebchuk, 95 Harv. L. Rev. 1028 (1982); Gilson, 35 Stan. L. Rev. 51 (1982); aus der Debatte um das WpÜG vgl. etwa Fleischer, ZIP 2002, 651, 653; Mülbert/Birke, WM 2001, 705, 712; Oechsler, NZG 2001, 817, 825. 2 So auch Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 195. 3 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 1; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 2.
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§ 22 Rz. 8 Konkurrierende Angebote 8
Die Regelungen des § 22 WpÜG waren im Wesentlichen bereits im Diskussionsentwurf enthalten (§ 24 DiskE). Im Referentenentwurf wurde lediglich die Terminologie an den erweiterten Anwendungsbereich des Gesetzes angepasst („Angebot“ statt „Übernahmeangebot“, „Wertpapiere“ statt „Aktien“).
IV. EU-Übernahmerichtlinie 9
§ 22 WpÜG entspricht den Vorgaben der Übernahmerichtlinie: Nach deren Art. 13 lit. c) müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Vorschriften zur Regelung konkurrierender Angebote in Kraft sind.
V. Kritik 10
Die Förderung von Auktionen durch § 22 WpÜG begegnet Kritik aus ökonomischer Sicht, soweit man den Lehrmeinungen der neoliberalen Chicago School of Law and Economics folgt. Hiernach sind auktionsfördernde Regeln den Interessen der Aktionäre abträglich, weil sie die Häufigkeit von Übernahmeangeboten verringern: Sie treiben den für die Übernahme zu zahlenden Preis in die Höhe, verringern damit den Gewinn des obsiegenden Bieters, bringen ggf. den ersten Bieter um die Früchte seiner Suche nach einer geeigneten Zielgesellschaft und verringern somit die Anreize für eine solche Suche. Weniger Übernahmeangebote haben nach dieser Auffassung eine Schwächung des Marktes für Unternehmenskontrolle und dessen management-disziplinierenden Wirkungen zur Folge, was letzten Endes zu Lasten der Aktionäre gehe4. Die Gegenauffassung bezweifelt, dass auktionsfördernde Regeln die Häufigkeit von Übernahmeangeboten verringern. Sie hält die Kosten der Suche nach potentiellen Zielgesellschaften für niedrig; außerdem könne der ursprüngliche Bieter Aktien, die er im Vorfeld seines Angebots günstig erworben hat, dem konkurrierenden Bieter im Zuge seines Angebots teuer verkaufen5. Weiterhin seien Auktionsverfahren allokationseffizient, weil sie die Ressourcen der Zielgesellschaft dem besten Verwender zuführen6. Schließlich seien auktionsfördernde Regeln auch ex ante geeignet, die Aktionärsrendite zu maximieren, weil sie den ersten Bieter dazu veranlassen, von vornherein eine attraktive Gegenleistung anzubieten, um andere Interessenten von der Abgabe konkurrierender Angebot abzuhalten7.
11
Aus juristischer Sicht wurde für problematisch gehalten, dass die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots durch mehrere hintereinander geschaltete konkurrierende Angebote theoretisch bis ins Unendliche verlängert werden könnte8. Um dieses Problems Herr zu werden, wird gefordert, dass der Gesetzgeber eine Höchstgrenze für die Verlängerung aller Angebote bestimmen oder die BaFin unter Berücksichtigung der Belange der Zielgesellschaft und nach Maßgabe des Einzelfalls zur Bestimmung des endgültigen Fristablaufs für alle Angebote ermächtigen soll9. Eine solche „Guillotine“-Regelung könnte in Anlehnung an das österreichische Recht (§ 19 Abs. 1d ÜbG), an das Schweizer Recht (Art. 48 Abs. 5 ÜbVO) oder nach dem Vorbild des britischen Takeover Code gestaltet werden10. Auch wäre ein von der BaFin gestaltetes nicht-öffentliches Auktionsverfahren denkbar11. Dies sind wichtige Überlegungen. Allerdings ist zu bedenken, dass das beschriebene Problem in Deutschland noch nicht auf4 5 6 7 8 9 10 11
Easterbrook/Fischel, 94 Harv. L. Rev. 1161 (1981); Schwartz, 2 J.L. Econ. & Org. 229 (1986). Bebchuk, 35 Stan. L. Rev. 23 (1982); Gilson, 35 Stan. L. Rev. 51 (1982). Bebchuk, 95 Harv. L. Rev. 1028 (1982); Gilson, 35 Stan. L. Rev. 51 (1982). Überblick über die verschiedenen Strömungen bei Romano in Hopt/Wymeersch, European Takeovers, 1992, S. 29 ff. Steinhardt in Steinmeyer § 22 WpÜG Rz. 1; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 16; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 2, 12, 43 f. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 2, 45 f, Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1801; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 210. Zum österreichischen Recht Huber in Huber, § 19 ÜbG Rz. 33; zum englischen Modell Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1797 f. Dafür Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.148; Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1800; wohl auch Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 210.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 11a § 22
getreten und selbst in der internationalen Praxis extrem selten ist. Seit Inkrafttreten des WpÜG gab es in Deutschland extrem wenige konkurrierende Angebote12. Dass konkurrierende Angebot in Deutschland so selten sind, dürfte u.a. darauf zurückzuführen sein, dass Kontrollaktionäre nach wie vor eine wichtige Rolle spielen13. Im Übrigen könnte die BaFin im Rahmen ihrer allgemeinen Missstandsaufsicht einschreiten und die im Einzelfall erforderlichen Anordnungen treffen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG). Dies gilt nicht nur dann, wenn eine Vielzahl konkurrierender Angebote vorliegt oder wenn die konkurrierenden Angebote von mit dem Bieter verbundenen Unternehmen abgegeben werden14, sondern auch dann, wenn der Bieterkampf sich so extrem in die Länge zieht, dass die Gebote, Übernahmeverfahren rasch durchzuführen (§ 3 Abs. 4 Satz 1 WpÜG) und die Zielgesellschaft nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit zu behindern (§ 3 Abs. 4 Satz 2 WpÜG), nicht mehr eingehalten werden15 (eingehend hierzu Rz. 39 f.). Es ist zwar richtig, dass § 22 WpÜG einen Bieterwettstreit duldet16. Exzesse finden jedoch an den Grundsätzen des § 3 Abs. 4 WpÜG ihre Schranken. Vereinzelt wird gefordert, konkurrierende Angebote als „Angebote oder Entscheidungen zur Abgabe 11a eines Angebots“ zu definieren, damit die Rechtsfolgen des § 22 Abs. 2 und 3 WpÜG nicht erst mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage (siehe Rz. 25), sondern bereits mit der Veröffentlichung der Entscheidung des Konkurrenten zur Abgabe des Angebots gemäß § 10 Abs. 1 WpÜG ausgelöst werden17. Dies wird damit begründet, dass Aktionäre von der Annahme eines veröffentlichten Angebots schon dann abgehalten werden können, wenn während der Annahmefrist ein weiteres Angebot (ggf. mit höherer Gegenleistung) angekündigt wird. Nach geltender Rechtslage würde sich die Annahmefrist des ersten Angebots nicht verlängern, so dass der erste Bieter auf das angekündigte Angebot nur noch eingeschränkt reagieren könnte (etwa mit Parallelerwerb während der weiteren Annahmefrist seines Angebots), während der zweite Bieter ungleich längere Zeit hätte, sein Angebot zu verbessern18. Wenn man jedoch die Rechtsfolgen des § 22 WpÜG bereits an die Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 1 WpÜG anknüpfte, hätte der erste Bieter Chancengleichheit. Dies sind wichtige Überlegungen. Problematisch ist jedoch, dass auf die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots gemäß § 10 WpÜG nicht zwingend ein Angebot nachfolgt19. Daher wäre stattdessen zu erwägen, dem Erstbieter das Recht einzuräumen, die Annahmefrist seines Angebots bis zur Abgabe des anderen Angebots zu verlängern und, wenn dieses Angebot abgegeben wird, die Rechtsfolgen des § 22 Abs. 2 und 3 WpÜG eintreten zu lassen20.
12 Übernahmeangebot Heat Beteiligungs III GmbH/Techem AG vom 14.12.2006; Übernahmeangebot Suzlon Windenergie GmbH/REpower Sytems AG vom 28.2.2007; Erwerbsangebot Deutsche Balaton AG/AllerthalWerke AG vom 23.8.2012; das Angebot Bayer/Schering vom 13.4.2006 war kein konkurrierendes Angebot, denn das zuvor angekündigte Angebot der Merck KGaA wurde vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage untersagt; auch das Übernahmeangebot Vonovia SE/Deutsche Wohnen AG vom 1.12.2015 war kein konkurrierendes Angebot, denn es richtete sich nicht an die Aktionäre der Zielgesellschaft, sondern an die Aktionäre des Bieters des angekündigten (und später von der BaFin untersagten) Übernahmeangebots Deutsche Wohnen AG/LEG Immobilien AG (vgl. Untersagungsbescheid der BaFin vom 28.10.2015). 13 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 192 f.; Seibt, CFL 2011, 213, 218. 14 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 16; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 10; Diekmann in Baums/Thoma, § 22 WpÜG Rz. 12. 15 So auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 12, 46. 16 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 211. 17 Klemm/Reinhardt, NZG 2007, 281, 285; ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 14. 18 v. Werder/Braun/Fromholzer in Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, Kapitel II Rz. 107; Hasselbach in Köln Komm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 14; noch anders Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 14 (BaFin könne de lege lata eine solche Veröffentlichung gemäß § 4 WpÜG verbieten oder Auflagen erteilen). 19 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 200. 20 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 201 f.
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§ 22 Rz. 12 Konkurrierende Angebote
B. Begriff des konkurrierenden Angebots (§ 22 Abs. 1 WpÜG) 12
§ 22 Abs. 1 WpÜG enthält die Legaldefinition des Begriffs der konkurrierenden Angebote. Konkurrierende Angebote sind Angebote, die während der Annahmefrist eines Angebots von einem Dritten abgegeben werden.
I. Angebot 13
Nur ein „Angebot“ kann ein konkurrierendes Angebot sein. Angebote sind freiwillige oder auf Grund einer Verpflichtung gemäß WpÜG erfolgende öffentliche Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren einer Zielgesellschaft (§ 2 Abs. 1 WpÜG). Folglich kommen einfache Erwerbsangebote, Übernahmeangebote und Pflichtangebote als konkurrierende Angebote in Frage. Der Paketerwerb und der Erwerb über die Börse sind kein „Angebot“ i.S.d. § 22 WpÜG21.
14
Um ein konkurrierendes Angebot sein zu können, muss sich das Angebot auf dieselbe Gattung von Wertpapieren wie das ursprüngliche Angebot beziehen22. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut, ergibt sich aber aus der (amtlichen) Überschrift des § 22 WpÜG, dem Willen des Gesetzgebers und dem Schutzzweck der Vorschrift. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass das konkurrierende Angebot den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft neben der Annahme oder Ablehnung des ursprünglichen Angebots eine weitere Entscheidungsmöglichkeit eröffnet23. Auch der Schutzzweck des § 22 WpÜG (Herstellung gleicher Ausgangsbedingungen durch Verlängerung der Annahmefrist, Senkung der Eintrittsbarrieren durch das Rücktrittsrecht) setzt voraus, dass sich das konkurrierende Angebot jedenfalls auch auf die Wertpapiere erstreckt, die vom ursprünglichen Angebot erfasst waren. Der Umfang der Angebote muss nicht identisch sein; jedoch muss es mindestens einen Wertpapierinhaber geben, der zwischen den beiden Angeboten wählen kann24. Folglich können auch zwei Teilangebote verschiedener Bieter (etwa eines für 10 % und eines für 20 %) konkurrierende Angebote sein25.
15
Der Begriff des konkurrierenden Angebots setzt nicht voraus, dass die Gegenleistung des konkurrierenden Angebots die Gegenleistung des ursprünglichen Angebots übersteigt. Ein „besseres“ Angebot ist nicht erforderlich26. Ob das konkurrierende Angebot dem ursprünglichen Angebot vorzuziehen ist, haben allein die Aktionäre zu entscheiden.
16
Im Übrigen gelten für das konkurrierende Angebot die allgemeinen Vorschriften. Insbesondere hat der konkurrierende Bieter eine Angebotsunterlage zu erstellen, sie der BaFin zur Gestattung der Veröffentlichung vorzulegen und sie nach dieser Gestattung unverzüglich zu veröffentlichen. Zu den Mitteilungspflichten gemäß § 2 Nrn. 9 und 11 WpÜG-AngVO siehe unten Rz. 44 ff. und 64 ff.
II. Eines Dritten 17
Konkurrierende Angebote sind „von einem Dritten“ abgegebene Angebote. Wer „Dritter“ ist, ist nach zutreffender Auffassung allein anhand formaler Kriterien zu bestimmen. „Dritter“ ist demnach jede vom Bieter verschiedene natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung. 21 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 3. 22 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 16; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 11; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 19. 23 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50. 24 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 17; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 11; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 2; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 5; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 19 f. 25 Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 5; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 7. 26 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 4; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 16; ebenso Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 107; Riehmer/Schröder, BB-Beilage 5/ 2001, S. 13. Anders noch Art. 14 Übernahmekodex sowie die Regelung in Frankreich (Art. 232-7 Règlement Général AMF); zur (insoweit identischen) Vorgängerregelung Klein/Stucki, RIW 2001, 488.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 23 § 22
1. Verbundene Unternehmen und gemeinsam handelnde Personen Nach dem vorstehend Gesagten kann „Dritter“ i.S.d. § 22 Abs. 1 WpÜG auch ein mit dem Bieter verbundenes Unternehmen oder eine mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person sein27.
18
Bei erstem Besehen erscheint dieses Ergebnis wenig sachgerecht. Wenn man lediglich formal abgrenzt, könnte der Bieter, der eine Tochtergesellschaft zur Abgabe eines weiteren Angebots veranlasst, sein eigenes Angebot über die Grenzen des § 21 WpÜG hinaus ändern und zur Annahme offen halten. Es kommt hinzu, dass dem Bieter die von seinen Tochterunternehmen gehaltenen Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft gemäß § 30 WpÜG zugerechnet werden28. Dies mögen valide Argumente sein, soweit in Frage steht, ob die BaFin die Veröffentlichung derartiger Angebote gestatten darf. Wie das folgende Beispiel belegt, kann es für Zwecke des § 22 WpÜG hierauf jedoch nicht ankommen.
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Unterstellt man, es lägen das Angebot des Bieters und ein konkurrierendes Angebot eines fremden 20 Dritten vor, der ursprüngliche Bieter habe daraufhin eine seiner Tochtergesellschaften zur Abgabe eines dritten Angebots veranlasst und die BaFin habe die Veröffentlichung dieses Angebots gestattet, würde die Auffassung, die das Angebot der Tochtergesellschaft nicht als Angebot eines „Dritten“ ansieht, zu dem Ergebnis gelangen, dass das Angebot der Tochtergesellschaft kein konkurrierendes Angebot i.S.d. § 22 Abs. 1 WpÜG ist. Folglich würde die Synchronisierung der Annahmefristen der beiden ersten Angebote mit diesem dritten Angebot unterbleiben. Wenn also die Tochtergesellschaft für ihr Angebot eine Annahmefrist bestimmt, die nach dem Ablauf der Annahmefristen der beiden ersten Angebote endet, hätte sich der ursprüngliche Bieter – über seine Tochtergesellschaft – genau den taktischen Vorteil gesichert, den der Gesetzgeber mit der Synchronisierung der Annahmefristen unterbinden wollte. Wie sich aus diesem Beispiel ergibt, stünde die Einbeziehung verbundener Unternehmen und gemeinsam handelnder Personen mit dem Schutzzweck des § 22 WpÜG, den Wertpapierinhabern die freie Wahl zwischen den verschiedenen Angeboten zu eröffnen, nicht in Einklang. Es kommt hinzu, dass bei nicht offensichtlichem Näheverhältnis zwischen dem ursprünglichen Bieter und dem Dritten Unsicherheit darüber eintreten könnte, ob das Angebot ein konkurrierendes ist oder nicht. Eine Ermächtigung der BaFin, dies für und gegen alle verbindlich festzustellen, besteht nicht. Schließlich hätte die Erwähnung verbundener Unternehmen und gemeinsam handelnder Personen in § 22 Abs. 1 WpÜG nahe gelegen, wenn der Gesetzgeber diese Personen nicht als Dritte angesehen hätte29.
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Folglich bleibt es bei der formalen Abgrenzung. In Missbrauchsfällen – etwa wenn die Bestimmungen 22 über die Höchstdauer der Annahmefrist (§ 16 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) oder die Beschränkung auf eine einmalige Änderung des Angebots während der letzten zwei Wochen der Annahmefrist (§ 21 Abs. 6 WpÜG) durch das Angebot einer mit dem Bieter gemeinsam handelnden Person umgangen werden sollen – hätte die BaFin das Angebot der mit dem Bieter gemeinsam handelnden Person zu untersagen30. 2. Zielgesellschaft Die Zielgesellschaft konnte nach vormals zutreffender Auffassung „Dritter“ i.S.d. § 22 WpÜG sein31. 23 Solange die BaFin Angebote zum Rückerwerb eigener Aktien als Anwendungsfall des WpÜG behan27 Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 5; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 15 ff.; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.142; a.A. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 5 f.; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 14; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 17; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 5; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 303; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 5; differenzierend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 8. 28 So im Ergebnis DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 8; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 14; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 17; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 303. 29 Zutreffend Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 17 f. 30 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 18. 31 So nur noch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 3; weiterhin nach österreichischem Recht Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 7.
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§ 22 Rz. 23 Konkurrierende Angebote delte (siehe hierzu § 2 WpÜG Rz. 38 ff.), konnte ein während der Annahmefrist eines anderen Angebots veröffentlichtes Rückerwerbsangebot der Zielgesellschaft daher ein konkurrierendes Angebot i.S.d. § 22 WpÜG darstellen32. Nachdem die BaFin diese Praxis aufgegeben hat und Angebote zum Rückerwerb eigener Aktien nicht länger als Angebote i.S.d. § 2 Abs. 1 WpÜG behandelt (siehe hierzu § 2 WpÜG Rz. 41), können solche Rückerwerbsangebote auch keine konkurrierenden Angebote i.S.d. § 22 Abs. 1 WpÜG sein33. 24
Das Gegenangebot der Zielgesellschaft auf Aktien des Bieters (pac man defense – hierzu § 33 WpÜG Rz. 110 f.) wird gemeinhin nicht als konkurrierendes Angebot angesehen34. Teilweise wird dies damit begründet, dass die Zielgesellschaft nicht „Dritter“ sein könne35. Entscheidend ist jedoch, dass das ursprüngliche und das konkurrierende Angebot zumindest teilkongruent sein müssen, sich also zumindest teilweise auf den Erwerb derselben Gattung von Wertpapieren richten müssen, da ansonsten der Schutzzweck des § 22 WpÜG nicht eingreift (siehe oben Rz. 3 ff.)36. Gleichwohl wäre es sachgerecht, die Annahmefristen des ursprünglichen Angebots und des Gegenangebots (gegebenenfalls analog § 22 Abs. 2 WpÜG oder im Wege einer Gesamtanalogie) zu synchronisieren37, um „Waffengleichheit“ zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft herzustellen38.
III. Abgabe 25
Das konkurrierende Angebot muss abgegeben sein, um die Rechtsfolgen gemäß § 22 Abs. 2 und 3 WpÜG auszulösen. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 3 WpÜG veröffentlicht ist39. Die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots gemäß § 10 Abs. 3 WpÜG oder die Übermittlung der Angebotsunterlage an die BaFin genügen nicht40.
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Das Merkmal der Abgabe ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn das konkurrierende Angebot gemäß § 15 WpÜG untersagt wird. Erfolgt die Untersagung vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage, fehlt es an der Abgabe – die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots bleibt unbeeinflusst. Erfolgt die Untersagung dagegen nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage, ist das Angebot abgegeben und löst die Rechtsfolgen der § 22 Abs. 2 und 3 WpÜG aus. Auch § 22 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ist erst anwendbar, nachdem das konkurrierende Angebot abgegeben worden ist41.
32 Zur ehemaligen Praxis Steinhardt in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 9. 33 Wackerbarth in Münch Komm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 23 und § 22 WpÜG Rz. 6; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 15 ff.; im Ansatz Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 17; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 13; Sohbi in Heidel, § 22 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 5; zuletzt BaFin Jahresbericht 2017, S 147. 34 So auch Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 200. 35 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 13; Sohbi in Heidel, § 22 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 5. 36 So auch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 17. 37 A.A. Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 200. 38 In Frankreich wurde dies im Zuge des Gegenangebots der Elf Aquitaine S.A. an die Aktionäre der TotalFina S.A. diskutiert; vgl. Viandier, OPA-OPE, Ziff. 2087 (keine automatische Synchronisierung gemäß Art. 5-2-7 des damals geltenden Règlement Général du Conseil des Marchés Financiers (CMF), aber Ermessen des CMF gemäß Art. 5-1-13 Règlement Général CMF). 39 Begr. RegE zu § 22 Abs. 3 WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 50. Dort wird inzident festgestellt, dass erst ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage des konkurrierenden Angebots beide Angebote vorliegen. 40 Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 4; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 11; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 15; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 14; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 200; kritisch: Klemm/Reinhardt, NZG 2007, 281, 282 und 285. 41 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 15.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 30 § 22
IV. Während der Annahmefrist Um ein konkurrierendes Angebot sein zu können, muss das Angebot während der „Annahmefrist“ 27 des ursprünglichen Angebotes abgegeben werden. Diese Frist beginnt gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 WpÜG mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage des ursprünglichen Angebots und endet grundsätzlich an dem vom Bieter festgelegten Termin. Verlängert sich die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots, etwa weil der Bieter das Angebot ändert (§ 21 Abs. 5 WpÜG), ist das Ende der derartig verlängerten Annahmefrist maßgeblich42. Die zweiwöchige „weitere Annahmefrist“ gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist nicht Teil der in § 22 28 Abs. 1 WpÜG angesprochenen Annahmefrist. Während der weiteren Annahmefrist abgegebene Angebote lösen daher weder die Synchronisierung der Annahmefristen gemäß § 22 Abs. 2 WpÜG noch das Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG aus. Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes: Das Gesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen der „Annahmefrist“ gemäß § 16 Abs. 1 WpÜG und der „weiteren Annahmefrist“ gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG und hält diese Unterscheidung auch an anderer Stelle durch43. Außerdem spricht der Schutzzweck des § 16 Abs. 2 WpÜG dagegen, die weitere Annahmefrist für Zwecke des § 22 WpÜG zu berücksichtigen: Die weitere Annahmefrist soll den Wertpapierinhabern, die das ursprüngliche Angebot während der Annahmefrist nicht angenommen haben, die nachträgliche Annahme des Angebots ermöglichen (siehe hierzu § 16 WpÜG Rz. 28 ff.). Ihr Zweck besteht nicht darin, den Wertpapierinhabern, die das ursprüngliche Angebot schon angenommen haben, eine Rücktrittsmöglichkeit einzuräumen oder Dritte in die Lage zu versetzen, das ursprüngliche Angebot nach Ablauf seiner Annahmefrist noch zum Scheitern zu bringen44. Demnach muss ein weiterer Bieter, der von den Rechtsfolgen des § 22 WpÜG profitieren will, seine Angebotsunterlage spätestens am letzten Tag der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots veröffentlichen45. Am gleichen Tag abgegebene Angebote können ebenfalls konkurrierende Angebote i.S.d. § 22 Abs. 1 WpÜG sein. Selbst wenn im Einzelfall nicht mehr festzustellen ist, welches Angebot zuerst abgegeben worden ist, steht fest, dass jedenfalls eines der Angebote während der Annahmefrist des anderen Angebots veröffentlicht worden ist46 (zur Bestimmung der Annahmefrist siehe unten Rz. 32).
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C. Synchronisierung der Annahmefristen (§ 22 Abs. 2 WpÜG) I. Allgemeines Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 WpÜG hat die Abgabe eines konkurrierenden Angebots die Verlängerung 30 der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots zur Folge, wenn die Annahmefrist des konkurrierenden Angebots zu einem späteren Zeitpunkt endet, als dies für das ursprüngliche Angebot vorgesehen war. In diesem Fall – der in der Praxis den Regelfall darstellen dürfte – werden die Annahmefristen des ursprünglichen und des konkurrierenden Angebots miteinander synchronisiert. Die Synchronisierung erfolgt kraft Gesetzes mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage des konkurrierenden Angebots; eine Veröffentlichung des ursprünglichen Bieters über die Verlängerung der Annahmefrist seines Angebots wäre rein deklaratorisch47. 42 Oechsler, NZG 2001, 817, 825; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 12; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 12. 43 Vgl. etwa § 23 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 WpÜG. 44 Oechsler, NZG 2001, 817, 824 f.; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 13; Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 6; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 12; Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 4; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 25 f. 45 Oechsler, NZG 2001, 817, 824 f.; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 14; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 12. 46 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 15; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 15; Sohbi in Heidel, § 22 WpÜG Rz. 3; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 3; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 28; im Ergebnis auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 10. 47 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 20.
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§ 22 Rz. 31 Konkurrierende Angebote 31
In § 22 WpÜG nicht geregelt ist der Fall, dass die Annahmefrist des konkurrierenden Angebots vor dem Ablauf der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots endet. In diesem Fall kommt eine Synchronisierung der Annahmefristen grundsätzlich nicht in Betracht48. Im Regelfall hat es der konkurrierende Bieter nämlich in der Hand, die Annahmefrist seines Angebots so zu wählen, dass dem ursprünglichen Bieter kein taktischer Vorteil entsteht. Da § 22 Abs. 2 WpÜG nicht den Schutz des konkurrierenden Bieters vor sich selbst, sondern die Beseitigung eines möglichen taktischen Nachteils des ursprünglichen Bieters bezweckt, wäre die Synchronisierung der Annahmefristen in diesem Fall nicht erforderlich49. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Wertpapierinhaber nach dem Schutzzweck des § 22 Abs. 2 WpÜG bis zum Ablauf der jeweils längeren Annahmefrist zur Annahme aller abgegebenen Angebot in der Lage sein sollen50. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Bestimmung nämlich trotz einschlägiger Hinweise und Formulierungsvorschläge51 nicht entsprechend geändert52.
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Ausnahmsweise kommt eine Synchronisierung in Betracht, wenn mehrere Angebote am gleichen Tag abgegeben werden. Für die Bestimmung des Fristenlaufs beider Angebote wäre grundsätzlich die Feststellung erforderlich, welches das ursprüngliche und welches das konkurrierende Angebot ist53. Anders als in der vorstehend behandelten Konstellation kann sich in diesem Fall keiner der Bieter auf die Annahmefrist des anderen Bieters einstellen. Außerdem kann im Einzelfall nur unter Schwierigkeiten festzustellen sein, welches das erste Angebot ist; selbst der Fall nachweislich gleichzeitig veröffentlichter Angebote ist denkbar. Hier würde der Schutzzweck des § 22 WpÜG nahe legen, nicht die Zufälligkeit der Veröffentlichungsreihenfolge über den Fristenlauf entscheiden zu lassen, sondern das Angebot mit der längeren Annahmefrist als das konkurrierende Angebot zu behandeln und die Annahmefrist des anderen Angebots entsprechend anzugleichen54.
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Werden während eines laufenden Angebots mehrere konkurrierende Angebote abgegeben, verlängern sich die Annahmefristen der bereits laufenden Angebote gemäß dem oben Rz. 30 dargestellten Grundsatz, sofern die Annahmefrist des zuletzt veröffentlichten Angebots nach dem Ende der Annahmefristen der bisher vorliegenden Angebote abläuft. Insoweit können mehrmalige Verlängerungen der Annahmefrist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 WpÜG eintreten.
48 Im Ergebnis auch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 19; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 24; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 18; Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 411; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 311; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 34; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 12; Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 142 f.; Schiessl in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 569, 579; a.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 8; wohl auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 7; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 197 f. 49 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425 f.; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 18; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 24; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 34; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 12; Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 143; Thaeter/Abbas in Bundesrecht (Loseblatt) – WpÜG, § 22 Rz. 1; a.A. Bachmann in Mülbert/ Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 198. 50 So etwa DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425 f. (Rechtsfolge aber wohl nur de lege ferenda); wohl auch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 7; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 12 f. 51 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425 f.; Oechsler, NZG 2001, 817, 825. 52 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 18; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 24. 53 Für das Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG ist dies unerheblich, da es bei taggleicher Veröffentlichung kaum zur Annahme eines der Angebote durch Wertpapierinhaber gekommen sein kann; vgl. Thun in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 21. 54 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 21; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 15, 25; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 4, 7; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 19; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 37.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 37 § 22
II. Änderungen der Angebote 1. Verlängerung der Annahmefristen Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 WpÜG verlängert sich die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots auch dann, wenn das konkurrierende Angebot geändert wird.
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a) Änderung des konkurrierenden Angebots Aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ergibt sich unmittelbar, dass sich die Annahmefrist 35 des ursprünglichen Angebots verlängert, wenn das konkurrierende Angebot geändert wird und infolgedessen gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG eine Verlängerung der Annahmefrist des konkurrierenden Angebots eintritt. Die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots verlängert sich auch dann, wenn die Annahmefrist des konkurrierenden Angebots zunächst vor dem Ende der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots abgelaufen und damit zunächst keine Synchronisierung der Angebotsfristen eingetreten wäre (siehe oben Rz. 31), jedoch sich die Annahmefrist des konkurrierenden Angebots gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG verlängert, was zur Folge hätte, dass die Annahmefrist des konkurrierenden Angebots nach dem Ablauf der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots enden würde55. b) Änderung des ursprünglichen Angebots In § 22 Abs. 2 Satz 2 WpÜG nicht geregelt ist dagegen der Fall, dass das ursprüngliche Angebot geändert wird. Dass dieser Fall gleich im Zusammenhang mit dem ersten konkurrierenden Angebot praktisch wurde56, war vorherzusehen, denn die Verbesserung des Angebots (etwa durch die Erhöhung der Gegenleistung oder den Verzicht auf Bedingungen) ist eine nahe liegende Reaktion des ursprünglichen Bieters auf das konkurrierende Angebot. Erfolgt diese Änderung in den letzten zwei Wochen der (synchronisierten) Annahmefrist, verlängert sich gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots. Diese Verlängerung bliebe aber nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 WpÜG ohne Auswirkung auf die Laufzeit des konkurrierenden Angebots – weder die Voraussetzungen seines Satzes 1 noch die seines Satzes 2 sind erfüllt, weil die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots nicht vor Ablauf der Annahmefrist des konkurrierenden Angebots endet. Da der Gesetzgeber den Vorschlag, dass sich die Annahmefristen bei konkurrierenden Angeboten stets nach der längsten Annahmefrist richten sollten57, nicht gefolgt ist, wird teilweise vertreten, dass die Verlängerung der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots für das konkurrierende Angebot keine Folgen habe58.
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Diese Ansicht ist abzulehnen. Auf ihrer Grundlage fiele dem ursprünglichen Bieter ein erheblicher taktischer Vorteil zu: Er könnte sein Angebot im letztmöglichen Zeitpunkt der synchronisierten Annahmefrist noch ändern, ohne dass dem konkurrierenden Bieter noch die Zeit bliebe, hierauf angemessen zu reagieren. Es ist evident, dass dieses Ergebnis dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 2 WpÜG und der Absicht des Gesetzgebers widerspricht. Gleiche Rahmenbedingungen für beide Angebote lassen sich nur erreichen, wenn auch die Verlängerung der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots über das Ende der Annahmefrist des konkurrierenden Angebots hinaus zur Synchronisierung der Annahmefristen führt. Hiernach ist davon auszugehen, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die durch Analogie zu § 22 Abs. 2 Sätze 1 und 2 WpÜG zu schließen ist59. Die BaFin hat daher im Bieterkampf um die Techem AG zutreffend entschieden, dass die gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG eintretende Verlänge-
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55 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 23; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 19. 56 Geändertes Angebot MEIF II Energie Beteiligungen GmbH & Co. KG/Techem AG vom 11.1.2007. 57 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 425 f. 58 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 18; widersprüchlich Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 316, 318. 59 So im Ergebnis auch Oechsler, NZG 2001, 817, 825; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 7; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 25 f.; Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 8; Noack/ Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 16; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 36; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 27 (anders noch in der Vorauflage); Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 197; Schiessl in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 569, 579.
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§ 22 Rz. 37 Konkurrierende Angebote rung der Annahmefrist des ersten Angebots eine entsprechende Verlängerung der Annahmefrist des konkurrierenden Angebots nach sich zieht60. 2. Mehrfachänderungen 38
Ebenfalls nicht geregelt ist die Frage, ob nach der Änderung eines Angebots und der hierdurch bewirkten Verlängerung beider Annahmefristen wiederum die Möglichkeit besteht, das Angebot zu ändern und damit gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG wiederum eine Verlängerung der (synchronisierten) Annahmefristen zu bewirken. Insofern ist zu unterscheiden:
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Der Bieter, der sein Angebot zuletzt geändert und hiermit die Verlängerung der synchronisierten Annahmefristen verursacht hat, ist wegen § 21 Abs. 6 WpÜG an der erneuten Änderung seines Angebots gehindert. Der Bieter, der sein Angebot zuletzt nicht geändert hat, ist dagegen nicht gemäß § 21 Abs. 6 WpÜG gesperrt: Zunächst verwirklicht er nicht die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 WpÜG, weil er sich nicht „innerhalb der in (§ 21) Absatz 5 genannten Frist“, sondern innerhalb der gemäß bzw. analog § 22 Abs. 2 WpÜG verlängerten Frist befindet. Außerdem soll er nach Sinn und Zweck des § 22 Abs. 2 WpÜG gerade in der Lage sein, auf das verbesserte Angebot des anderen Bieters mit einer Verbesserung des eigenen Angebots zu reagieren. Die Bieter können sich also abwechselnd überbieten61. Nach anderer Ansicht soll der Bieter, dessen Änderung die Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG ausgelöst hat, an weiteren Änderungen seines Angebots gemäß § 21 Abs. 6 WpÜG gehindert sein; der andere Bieter soll berechtigt sein, sein Angebot zu ändern, aber entsprechend dem Rechtsgedanken des § 21 Abs. 6 WpÜG nur noch einmal62. Diese Ansicht erscheint wenig überzeugend, weil sie den Bieter, der sein Angebot zuerst ändert und dadurch die Verlängerung der Annahmefrist auslöst, ohne sachlichen Grund benachteiligt – er kann nicht mehr reagieren, wenn der andere Bieter sein Angebot noch ändert63. Zudem sperrt sie den Bieter, der sein Angebot zuerst ändert, gegen den Wortlaut des § 21 Abs. 6 WpÜG auch noch nach Ablauf der durch ihn ausgelösten Zweiwochenfrist, wenn der andere Bieter sein Angebot ändert und sich deswegen die Annahmefrist des Angebots des zuerst ändernden Bieters gemäß § 22 Abs. 2 WpÜG (analog) verlängert. Nach noch anderer Ansicht soll die von einem Bieter ausgelöste Änderungssperre gemäß § 21 Abs. 6 WpÜG für beide Angebote gelten – mit der Folge, dass keiner der Bieter sein Angebot ändern kann, wenn die gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG verlängerte Annahmefrist angelaufen ist64. Auch diese Ansicht erscheint wenig überzeugend, weil sie den Bieter, der sein Angebot zuerst ändert, ohne sachlich gerechtfertigten Grund bevorzugt – er hätte das „letzte Wort“ und könnte seinen Konkurrenten überbieten, ohne dass dieser ihn noch übertrumpfen könnte65. Zudem widerspricht sie dem Wortlaut des § 21 Abs. 6 WpÜG: Die Vorschrift nimmt die Änderung „des Angebots“ in Bezug und meint damit das Angebot, das die Fristverlängerung gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG ausgelöst hat, nicht aber das Angebot eines Konkurrenten66. Demnach ist mit dem Wortlaut des § 21 Abs. 6 WpÜG und dem Sinn und Zweck des § 22 WpÜG (hierzu Rz. 3 ff.) nur die Lösung vereinbar, die es den konkurrierenden Bietern ermöglicht, sich abwechselnd zu überbieten.
60 BaFin Jahresbericht 2007, S. 191 f. 61 So auch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 29 f.; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 59 u. § 22 WpÜG Rz. 28; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 24; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 43; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 7; Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1797, 1801; Schiessl in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 569, 581; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 45 f. 62 Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 21; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 54; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 17; Rz. 29 (aber a.A. in Rz. 30). 63 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 209. 64 Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 146; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 209 f. 65 A.A. nun Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 18. 66 Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1797; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 18.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 40a § 22
Auch wenn die Erfahrungen aus den USA belegen, dass der Prozess des gegenseitigen Überbietens in aller Regel spätestens nach jeweils einer Angebotsverbesserung zum Stillstand kommt67, wäre es theoretisch möglich, dass dieses gegenseitige Überbieten unbegrenzt fortdauert und die Zielgesellschaft somit auf unbestimmte Zeit „belagert“ und ihre Verwaltung gemäß § 27 WpÜG zu Stellungnahmen zu jeder Änderung der Angebote gezwungen wird. Dieser Konflikt zwischen dem Interesse der Zielgesellschaft (an einer raschen Durchführung des Angebotsverfahrens) einerseits und den Interessen der Bieter (an gleichen Ausgangsbedingungen) und der Wertpapierinhaber (an einer Verbesserung der Gegenleistung) andererseits lässt sich mit folgendem Zweistufenmodell interessengerecht auflösen: Auf der ersten Stufe wird den Interessen der Bieter und der Wertpapierinhaber Vorrang gegeben. Nur wenn sich die jeweiligen Bieter gegenseitig überbieten können, ist der Erfolg des materiell besten Angebots gewährleistet. Der Erfolg des materiell besten Angebots ist aus Gründen der optimalen Ressourcenallokation, wegen der Interessen der Wertpapierinhaber an der Veräußerung zu den besten Bedingungen und wegen der Interessen der Bieter, allein aufgrund des materiell besten Angebots obsiegen zu können, sachgerecht. Weil die miteinander konkurrierenden Bieter in der Praxis nicht über unbegrenzte Mittel verfügen und daher nur begrenzte Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Angebote besitzen werden, ist zu erwarten, dass das Hin und Her wechselseitiger fristverlängernder Änderungen irgendwann zum Stillstand kommt. Daher erscheint es auch vor dem Hintergrund des Beschleunigungsinteresses der Zielgesellschaft vertretbar, dass die Interessen der Bieter und der Wertpapierinhaber auf der ersten Stufe Vorrang haben. Die zweite Stufe wird ausgelöst, wenn sich der Bieterkampf so extrem in die Länge zieht, dass die Gebote, Übernahmeverfahren rasch durchzuführen (§ 3 Abs. 4 Satz 1 WpÜG) und die Zielgesellschaft nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit zu behindern (§ 3 Abs. 4 Satz 2 WpÜG), nicht mehr eingehalten werden. Dies ist ein Missstand, gegen den die BaFin mit geeigneten Anordnungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 21 Abs. 3 WpÜG einschreiten kann68. Wann die Schwelle zum Exzess überschritten ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Weil es seit Inkrafttreten des WpÜG nur zwei konkurrierende Angebote gegeben und in deren Rahmen ein exzessives Wettbieten nicht stattgefunden hat, konnte die BaFin noch keine Verwaltungspraxis zu dieser Thematik entwickeln69.
40
3. Parallel- und Nacherwerb Die Gegenleistung kann sich nicht nur durch privatautonome Änderung des Angebots gemäß § 21 Abs. 1 WpÜG, sondern auch durch Parallelerwerb zu einer höheren als der in der Angebotsunterlage versprochenen Gegenleistung und der hieran anknüpfenden gesetzlichen Anordnung des § 31 Abs. 4 WpÜG erhöhen. Bieter bevorzugen diesen Weg, weil sie nach der Verwaltungspraxis der BaFin70 dann keine Änderung des Angebots veröffentlichen und keine Finanzierungsbestätigung über den Erhöhungsbetrag vorlegen müssen. Diese Praxis konnte auch schon im Rahmen konkurrierender Angebote
67 Soweit ersichtlich, blieben Bietergefechte wie der Kampf der Viacom Inc. und der QVC Networks Inc. um die Paramount Communications Inc. aus dem Jahr 1993, in dessen Verlauf Viacom ihr Angebot zweimal und QVC einmal erhöhten, eine seltene Ausnahme; zu dieser „Übernahmeschlacht“ vgl. Bungert, AG 1994, 297, 298. 68 Eingehend Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1800; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 45 f.; in diese Richtung auch Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 16; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 10; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 18 Rz. 50; a.A. Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 211. 69 Strunk/Salomon/Host in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 21; Schiessl in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 569, 581. Weiterführende Überlegungen bei Böckmann/Kießling, DB 2007, 1796, 1798 ff. 70 BaFin Jahresbericht 2007, S. 192 (betreffend den Bieterkampf um die REpower Systems AG); Strunk/Salomon/ Host in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 19 f.; ebenso die h.M.: Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 50 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 14; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 23; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 50; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 16; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 13; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.150; Schiessl in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 569, 580; dezidiert a.A. Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 151 ff.
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40a
§ 22 Rz. 40a Konkurrierende Angebote beobachtet werden71. Diese Art der Erhöhung der Gegenleistung löst weder ein Rücktrittsrecht gemäß § 21 Abs. 4 WpÜG noch eine Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG und auch keine Änderungssperre gemäß § 21 Abs. 6 WpÜG aus; die Zielgesellschaft ist nicht verpflichtet, zu derartigen Erhöhungen der Gegenleistung gemäß § 27 WpÜG Stellung zu nehmen72. Weil die Erhöhung der Gegenleistung durch Parallelerwerb kein Rücktrittsrecht gemäß § 21 Abs. 4 WpÜG auslöst, sind Aktionäre, die das Angebot des Bieterkonkurrenten angenommen haben, an ihre Annahmeerklärungen gebunden und können das durch Parallelerwerb erhöhte Angebot nicht annehmen73. Der Weg zur höheren Gegenleistung wird ihnen nur eröffnet, wenn der obsiegende und der unterlegene Bieter beschließen, in einer Art und Weise zu kooperieren, durch die sie zu gemeinsam handelnden Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG werden74. 40b
Der Nacherwerb zu einer höheren als der in der Angebotsunterlage versprochenen Gegenleistung – etwa während der weiteren Annahmefrist – hat im Ergebnis dieselben Folgen. Die den Aktionären geschuldete Geldleistung setzt sich dann aus der gemäß Angebot geschuldeten Gegenleistung und dem gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG geschuldeten Erhöhungsbetrag zusammen.
III. Untersagung oder Verstoß gegen Rechtsvorschriften 41
Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 WpÜG erfolgt die Synchronisierung der Annahmefristen auch dann, wenn das konkurrierende Angebot untersagt wird oder gegen Rechtsvorschriften verstößt. Die – im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens kritisierte75 – Vorschrift dient der Rechtssicherheit: Sie will vermeiden, dass Zweifel über die Zulässigkeit eines konkurrierenden Angebots zu Unsicherheiten bei der Bestimmung des Ablaufs der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots führen76.
42
Die Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 WpÜG setzt allerdings ein konkurrierendes Angebot voraus; hierfür wiederum ist Voraussetzung, dass eine entsprechende Angebotsunterlage veröffentlicht wurde. Eine Synchronisierung der Annahmefristen gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 WpÜG kommt also nur in Betracht, wenn die Untersagung durch die BaFin nach der Abgabe des konkurrierenden Angebots (d.h. nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage) erfolgt77.
43
Wird ein konkurrierendes Angebot ohne Gestattung der BaFin veröffentlicht, dürfte ein Missstand gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG vorliegen. In einem solchen Fall wird man die BaFin für ermächtigt halten müssen, nicht nur die Untersagung des Angebots (§ 15 WpÜG), sondern auch die Nichtverlängerung der Annahmefrist mit Wirkung für und gegen alle verfügen zu können78.
IV. Mitteilungspflicht gemäß § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO 44
Gemäß § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO ist jeder Bieter verpflichtet, in der Angebotsunterlage auf die mögliche Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 22 Abs. 2 WpÜG hinzuweisen. Der ursprüngliche Bieter kann diesen Hinweis nur abstrakt geben, da bei Veröffentlichung seines Angebots nicht abzusehen ist, ob während der Annahmefrist ein konkurrierendes Angebot abgegeben wird und wann dessen Annahmefrist abläuft.
45
Ob der konkurrierende Bieter den Wertpapierinhabern in seiner Angebotsunterlage mitteilen muss, dass sich die Annahmefrist des ursprünglichen Angebots gemäß § 22 Abs. 2 WpÜG verlängert, ist um71 Die Bieterkonkurrenten AREVA und Suzlon Energy erhöhten ihre Angebote jeweils einmal durch Parallelerwerb. 72 Vgl. BaFin Jahresbericht 2007, S. 192; dezidiert a.A. Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 153. 73 BaFin Jahresbericht 2007, S. 192. 74 BaFin Jahresbericht 2007, S. 192. 75 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 426; Schüppen, WPg 2001, 958, 964 f. 76 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50. 77 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 32; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 19; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 32; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 42. 78 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 14.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 49 § 22
stritten. Nach zutreffender Auffassung lässt sich indes eine derartige Verpflichtung aus § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO nicht herleiten, da die Vorschrift dem Bieter nur einen abstrakten Hinweis auf die Verlängerung der Annahmefrist seines eigenen Angebots abverlangt79. Selbstverständlich bleibt es dem Bieter unbenommen, auf diese Folgen konkret hinzuweisen80. Wenn man davon ausgeht, dass der Bieter zur Aktualisierung wesentlicher Angaben in der Angebotsunterlage verpflichtet ist, soweit diese Angaben nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage unrichtig geworden sind (siehe hierzu § 11 WpÜG Rz. 50), erscheint es konsequent anzunehmen, dass der Bieter in einer Veröffentlichung auf die Verlängerung der Annahmefrist seines Angebots durch das konkurrierende Angebot hinweisen muss81. Diese Veröffentlichung ist jedoch nur deklaratorischer Natur; die Fristverlängerung tritt auch ohne die Veröffentlichung ein.
46
D. Rücktrittsrecht (§ 22 Abs. 3 WpÜG) § 22 Abs. 3 WpÜG gewährt den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft, die das ursprüngliche Angebot angenommen haben, ein gesetzliches Rücktrittsrecht, wenn ein konkurrierendes Angebot abgegeben wird. Diese Regelung bildet die Grundlage dafür, dass sich die Wertpapierinhaber zwischen verschiedenen Angeboten frei entscheiden und anstelle des ursprünglichen Angebots das konkurrierende, möglicherweise „bessere“ Angebot annehmen können82.
47
I. Voraussetzungen Rücktrittsberechtigt sind die „Inhaber von Wertpapieren“, die das ursprüngliche Angebot angenom- 48 men haben. Bei streng am Wortlaut orientierter Auslegung würde dies bedeuten, dass die Rücktrittsberechtigung entfällt, sobald der Bieter das Eigentum an den angedienten Wertpapieren erworben hat; dann nämlich wären die Zurücktretenden bei Ausübung des Rücktrittsrechts nicht mehr Inhaber der Wertpapiere. Nach dem Schutzzweck des § 22 WpÜG kann es hierauf jedoch nicht ankommen83. Das Ergebnis einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung erscheint auch für den Fall korrekturbedürftig, dass der Wertpapierinhaber, der das Angebot angenommen hat, seine Aktien an der Börse weiterveräußert84. Hier muss das Rücktrittsrecht auf den Erwerber übergehen, auch wenn er nicht der Inhaber von Wertpapieren ist, der das ursprüngliche Angebot angenommen hat. Das Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG setzt voraus, dass der Vertragsschluss – d.h. die Annahme des ursprünglichen Angebots – vor Veröffentlichung des konkurrierenden Angebots erfolgte85. Auf die Kenntnis des annehmenden Wertpapierinhabers von dem konkurrierenden Angebot kommt es nicht an86. Erfolgt der Vertragsschluss nach der Veröffentlichung des konkurrierenden Angebots, be79 Ähnlich Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 20; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 33; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 39; a.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 2 (für Hinweis auf die das ursprüngliche Angebot treffenden Rechtsfolgen). 80 Vgl. Angebotsunterlage Heat Beteiligungs III GmbH/Techem AG vom 14.12.2006 (S. 7); Angebotsunterlage Suzlon Windenergie GmbH/REpower Systems AG vom 28.2.2007 (S. 7). 81 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 40; a.A. Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 18 Rz. 53. 82 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 33; Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 11; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 21; zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpÜG bereits Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 106 ff. 83 Zutreffend Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 16; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 17; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 48. 84 Bieter treffen für diesen Fall regelmäßig Vorsorge, indem sie für die angedienten Aktien eine separate Wertpapierkennnummer (ISIN) beantragen und die angedienten Aktien entsprechend umbuchen lassen; bis zur Abwicklung des Angebots werden dann wertpapiertechnisch zwei Gattungen der Wertpapiere der Zielgesellschaft gehandelt („angediente“ und „nicht angediente“). 85 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 34; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 21; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 35. 86 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 35.
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49
§ 22 Rz. 49 Konkurrierende Angebote steht für dieses Rücktrittsrecht kein Bedürfnis, weil sich die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, wenn beide Angebote vorliegen, in Kenntnis aller Umstände für eines der beiden Angebote entscheiden können87. 50
Der „Vertragsschluss“ setzt nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen den Zugang der Annahmeerklärung des Wertpapierinhabers beim Bieter bzw. seinen Bevollmächtigten voraus. Der Schutzzweck des § 22 Abs. 3 WpÜG gebietet allerdings, insoweit nicht auf den Zugang der Annahmeerklärung beim Bieter, sondern auf die Abgabe der Annahmeerklärung durch den Wertpapierinhaber abzustellen88: Weil der Wertpapierinhaber seine Annahmeerklärung regelmäßig an seine Depotbank übermittelt und diese mit der Weiterleitung der Annahmeerklärung an den Bieter bzw. dessen Empfangsbevollmächtigte beauftragt, der Zugang beim Empfangsbevollmächtigten des Bieters aber regelmäßig erst einige Tage nach Abgabe der Annahmeerklärung erfolgt, würde ein Wertpapierinhaber, wenn das konkurrierende Angebot zwischen Abgabe und Zugang seiner Annahmeerklärung veröffentlicht wird, an dem Vertragsschluss mit dem ursprünglichen Bieter festgehalten, ohne dass er sich bei Abgabe seiner Annahmeerklärung in Kenntnis aller Umstände für eines der beiden Angebote hätte entscheiden können. Die Alternative – Abstellen auf den Zugang beim Bieter bzw. bei seinem Empfangsbevollmächtigten und Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB – wäre höchst unpraktikabel und böte keinen zureichenden Schutz89: Ein Wertpapierinhaber, der sich die Möglichkeit zur Annahme eines potentiellen konkurrierenden Angebots offenhalten möchte, müsste zunächst überwachen, ob nach der Annahme des ursprünglichen Angebots ein konkurrierendes Angebot abgegeben wird. Nach Veröffentlichung des konkurrierenden Angebots müsste er schnellstens eine Widerrufserklärung übersenden. Aber selbst wenn der Wertpapierinhaber noch so schnell reagiert, wäre unsicher, ob die Widerrufserklärung die Annahmeerklärung auf ihrem Weg zum Bieter noch überholen kann. Dies spricht dafür, auf die Abgabe der Annahmeerklärung abzustellen. Selbst wenn der Wertpapierinhaber positive Kenntnis davon hätte, dass die Abgabe eines konkurrierenden Angebots bevorsteht (etwa weil der konkurrierende Bieter seine Entscheidung zur Abgabe des Angebots gemäß § 10 Abs. 3 WpÜG veröffentlicht hat), wäre er für Zwecke des § 22 Abs. 3 WpÜG schutzwürdig: Weil nämlich der konkurrierende Bieter die Konditionen seines Angebots in der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 WpÜG noch nicht offen legen muss (siehe § 10 WpÜG Rz. 47), wird der Wertpapierinhaber die vollständige Kenntnis der Sachlage regelmäßig erst mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage des konkurrierenden Angebots erwerben können90.
51
Das Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG wird auch dadurch abgelöst, dass innerhalb der (gegebenenfalls gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 WpÜG verlängerten) Annahmefrist des ersten Angebots ein drittes Angebot abgegeben wird91. Von diesem Rücktrittsrecht können auch die Wertpapierinhaber Gebrauch machen, die das erste Angebot nach der Abgabe des zweiten Angebots angenommen haben. Wenn der Rücktritt wirksam geworden ist, können sie auch das zweite Angebot annehmen, da es ihnen dann freisteht, welches Angebot sie annehmen wollen.
II. Rücktrittsrecht bei Änderungen 52
§ 22 Abs. 3 WpÜG regelt den Rücktritt vom ursprünglichen Angebot, wenn ein konkurrierendes Angebot abgegeben worden ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob auch ein Rücktritt vom konkurrierenden Angebot möglich ist. Insoweit sind verschiedene Konstellationen denkbar:
53
Der Fall, dass zunächst ein Wertpapierinhaber das konkurrierende Angebot angenommen hat, danach der ursprüngliche Bieter das konkurrierende Angebot überbietet und der Wertpapierinhaber 87 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50; Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 14; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 21. 88 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 35; Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 14; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 35; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 11; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 323; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 15; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 50 ff.; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 23. 89 Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 14. 90 A.A. Tröger, DZWiR 2002, 353, 361 (Fn. 90). 91 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 36.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 56 § 22
vom konkurrierenden Angebot zurücktreten will, ist in § 22 Abs. 3 WpÜG nicht geregelt; die Vorschrift regelt nur den Rücktritt vom ursprünglichen Angebot. Auch § 21 Abs. 4 WpÜG ist nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur den Rücktritt von dem geänderten Angebot ermöglicht. Der Wertpapierinhaber könnte demnach das bessere Angebot des ursprünglichen Bieters nicht annehmen – ein Ergebnis, das dem gesetzgeberischen Willen kaum entsprechen dürfte. Wenn gleiche Ausgangsbedingungen für die konkurrierenden Angebote herrschen und sich die Wertpapierinhaber in Kenntnis aller Umstände endgültig für eines der beiden Angebote entscheiden können sollen92, wäre den Wertpapierinhabern der Rücktritt vom konkurrierenden Angebot analog § 22 Abs. 3 WpÜG zu ermöglichen93. Dieses Ergebnis entspricht der Verwaltungspraxis der BaFin, die in der beschriebenen Konstellation den Wertpapierinhabern, die das konkurrierende Angebot angenommen haben, ein Rücktrittsrecht einräumt94. Der Fall, dass zunächst der Wertpapierinhaber in Kenntnis beider Angebote das ursprüngliche Angebot angenommen hat und danach der konkurrierende Bieter sein Angebot ändert, ist in § 22 Abs. 3 WpÜG ebenfalls nicht geregelt; § 22 Abs. 3 WpÜG ermöglicht den Rücktritt vom ursprünglichen Angebot nur dann, wenn die Annahme des ursprünglichen Angebots vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage des konkurrierenden Angebots erfolgte. § 21 Abs. 4 WpÜG ermöglicht nur den Rücktritt vom geänderten, nicht aber vom jeweils anderen Angebot. Folglich hätte der Wertpapierinhaber auch in dieser Konstellation kein Rücktrittsrecht, wenn man sich am Wortlaut des Gesetzes festhielte. Um das gesetzgeberische Ziel zu erreichen, müsste dem Wertpapierinhaber auch in dieser Konstellation analog § 22 Abs. 3 WpÜG der Rücktritt ermöglicht werden95. Dieses Ergebnis entspricht ebenfalls der Verwaltungspraxis der BaFin96.
54
Der Fall, dass der Wertpapierinhaber ein Angebot angenommen hat und der Bieter des anderen Angebots die Gegenleistung seines Angebots durch Parallelerwerb zu einer höheren als der in seiner Angebotsunterlage versprochenen Gegenleistung erhöht (§ 31 Abs. 4 WpÜG), ist nach der Verwaltungspraxis der BaFin und der h.M. kein Anwendungsfall des § 21 WpÜG und daher keine Änderung des Angebots (siehe oben Rz. 40a). Demnach löst derartiger Parallelerwerb auch kein Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG aus. Für den Nacherwerb gilt dies entsprechend.
54a
III. Ausübung des Rücktrittsrechts Die Ausübung des Rücktrittsrechts erfolgt durch Rücktrittserklärung. Dies ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung97; die Rücktrittserklärung muss dem Bieter also zugehen, um wirksam zu werden.
55
Ob der Rücktritt in Bezug auf alle von der Annahmeerklärung umfassten Wertpapiere erklärt werden 56 muss oder auch ein Teilrücktritt möglich ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Da der Wertpapierinhaber frei entscheiden kann, mit wie vielen seiner Wertpapiere er das Angebot annimmt, sollte er auch frei entscheiden können, in welchem Umfang er sein Rücktrittsrecht ausübt98. Der Wortlaut („vom Ver92 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50. 93 Oechsler, NZG 2001, 817, 825; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 49; Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 17; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 19; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 20; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 59 ff.; Strunk/Salomon/Host in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 18; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 198 f.; Schiessl in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 569, 579; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 40 (keine Analogie, da Wertpapierinhaber mit der Annahme bis zum letzten Tag der Annahmefrist warten können sowie oftmals entsprechende Rücktrittsrechte freiwillig eingeräumt werden). 94 BaFin Jahresbericht 2007, S. 192 (betreffend den Bieterkampf um die Techem AG). 95 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 49; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 22 WpÜG Rz. 20; Schiessl in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 569, 579 f.; a.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 40. 96 BaFin Jahresbericht 2007, S. 192 (betreffend den Bieterkampf um die Techem AG). 97 Grüneberg in Palandt, § 349 BGB Rz. 1. 98 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 53 und § 21 Rz. 64; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 38.
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§ 22 Rz. 56 Konkurrierende Angebote trag zurücktreten“) steht dem nicht entgegen; dass die Grundsätze des § 3 WpÜG oder Sinn und Zweck des § 22 WpÜG dem Teilrücktritt entgegenstehen, ist nicht erkennbar. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnte der Wertpapierinhaber das Ergebnis eines Teilrücktritts erreichen, indem er zunächst vollständig zurücktritt und dem Bieter sodann eine geringere Zahl von Wertpapieren andient. 57
Gleichermaßen ist nicht ersichtlich, weswegen es dem Bieter nicht freistehen soll, in der Angebotsunterlage zu regeln, dass der Rücktritt nur für alle von der Annahmeerklärung umfassten Wertpapiere erklärt werden kann. Ob man hierin (im Ergebnis unzutreffend) eine überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB sehen will, kann dahinstehen, denn bei der Angebotsunterlage handelt es sich nach zutreffender Ansicht nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen99 (näher § 11 WpÜG Rz. 27 ff.)
58
§ 22 Abs. 3 WpÜG bestimmt keinen Empfänger der Rücktrittserklärung. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen würde dies bedeuten, dass die Rücktrittserklärung dem Bieter bzw. einem seiner Bevollmächtigten zugehen muss. Der Bieter darf nach erweiternder Auslegung des § 2 Nr. 11 WpÜGAngVO (nach anderer Auffassung nach § 2 Nr. 4 WpÜG analog) den Empfänger der Rücktrittserklärung in der Angebotsunterlage bezeichnen, sofern dies das Rücktrittsrecht der Wertpapierinhaber nicht unangemessen beeinträchtigt100.
59
Das Rücktrittsrecht muss bis zum Ablauf der (gegebenenfalls gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 WpÜG verlängerten) Annahmefrist des ursprünglichen Angebots ausgeübt werden. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen bedeutet dies, dass die Rücktrittserklärung dem Bieter bzw. seinem Bevollmächtigten bis zum Ende der Annahmefrist zugegangen sein muss101. Anders als im Zusammenhang mit der Frage, ob nach der Annahme des ursprünglichen Angebots überhaupt ein Rücktrittsrecht besteht (hierzu siehe oben Rz. 50), ist es weder zum Schutz der Wertpapierinhaber noch aus Praktikabilitätsgründen erforderlich, für die Frage, ob das Rücktrittsrecht fristgerecht ausgeübt worden ist, auf den Zeitpunkt der Abgabe der Rücktrittserklärung abzustellen: Infolge § 22 Abs. 2 Satz 1 WpÜG (und gegebenenfalls auch § 21 Abs. 5 WpÜG) hat jeder Wertpapierinhaber genügend Zeit, sich auf den Ablauf der Annahmefrist einzustellen. Demzufolge kann er seine Rücktrittserklärung rechtzeitig auf den Weg bringen. Auch wäre es überzogen, ihm das Risiko abzunehmen, dass seine Rücktrittserklärung den Bieter nicht erreicht: Der Bieter hat keinen Einfluss darauf, ob sich der Wertpapierinhaber eines zuverlässigen Kommunikationsmittels bedient. Zudem benötigt der Bieter kurzfristig nach Ablauf der Annahmefrist Sicherheit darüber, für wie viele Aktien das Angebot angenommen worden ist102.
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Eine besondere Form der Rücktrittserklärung ist nicht vorgeschrieben. Solange in der Angebotsunterlage keine Regelungen getroffen werden, gelten die allgemeinen Regeln, d.h. der Rücktritt kann gegenüber dem Bieter ausdrücklich oder konkludent, schriftlich oder mündlich erklärt werden. Zur organisatorischen Vereinfachung wird es sich regelmäßig empfehlen, die näheren Modalitäten der Ausübung des Rücktrittsrechts in der Angebotsunterlage zu regeln. Wenn man die Angebotsunterlage – entgegen der hier vertretenen Auffassung (siehe § 11 WpÜG Rz. 27 ff.) – als Allgemeine Geschäftsbedingungen ansähe103, dürfte die Erklärung des Rücktritts gegenüber der Erklärung der Annahme nicht derartig erschwert werden, dass das Rücktrittsrecht der Wertpapierinhaber unangemessen beeinträchtigt wird104. In der Praxis wird regelmäßig der Adressat für die Entgegennahme der Rücktrittserklärung bestimmt und die Rücktrittserklärung an die Schrift- oder Textform gebunden105. Als zusätzliche Alternative
99 Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 18 Rz. 61. 100 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 43; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 38. 101 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 38 ff.; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 37; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 324; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 57. 102 Hiervon könnte abhängen, ob eine Annahmeschwelle erreicht worden ist und gegebenenfalls eine weitere Annahmefrist zu laufen beginnt. Unsicherheit über diese Umstände wäre in keiner Weise interessengerecht. 103 Geibel/Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 11 WpÜG Rz. 3; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 23. 104 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 42; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 38; Wackerbarth in Münch Komm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 25. 105 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 41; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 38; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 55.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 65 § 22
kann der Bieter auch die elektronische Form bzw. E-Mail zulassen106; als ausschließliche Form dürfte dies jedoch – bei unterstellter Anwendung der §§ 305 ff. BGB – gegen § 309 Nr. 13 BGB verstoßen107. In der Praxis wird für die Annahme des Angebots häufig auf die Umbuchung der betroffenen Wertpapiere in eine gesonderte Wertpapier-Identifikationsnummer (ISIN108) abgestellt. Gleichermaßen wird für die Wirksamkeit des Rücktritts häufig auf die Rückbuchung der Wertpapiere in die ursprüngliche Wertpapier-Identifikationsnummer abgehoben. Auch wenn man (unzutreffend) die Angebotsunterlage als Allgemeine Geschäftsbedingungen ansähe, würde ein gemäß § 309 Nr. 13 BGB unzulässiges besonderes Zugangserfordernis hierdurch nicht begründet. Vor dem Hintergrund der praktischen Notwendigkeiten der Durchführung und Abwicklung von öffentlichen Angeboten ist diese Vorschrift einschränkend dahin auszulegen, dass die Bindung der Rücktrittserklärung an eine strengere Form als die Schriftform und an besondere Zugangserfordernisse zulässig ist, wenn die Annahmeerklärung denselben Erfordernissen unterworfen ist109.
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IV. Rechtsfolgen der Ausübung des Rücktrittsrechts Mit der Ausübung des Rücktrittsrechts verwandelt sich der zwischen dem Bieter und dem Wertpapier- 62 inhaber geschlossene Kauf- bzw. Tauschvertrag gemäß § 346 BGB in ein Abwicklungsverhältnis. Solange der Leistungsaustausch noch nicht stattgefunden hat, hat es mit der Aufhebung der vertraglichen Verpflichtungen sein Bewenden. Sollten die Wertpapiere ausnahmsweise bereits an den Bieter übereignet worden sein, hätte dieser sie zusammen mit zwischenzeitlich empfangenen Dividenden (§§ 100, 99 Abs. 2 BGB) unverzüglich Zug um Zug gegen Rückgewähr der vom Wertpapierinhaber etwa schon empfangenen Gegenleistung zurückzuübertragen. Der Bieter kann sich in der Angebotsunterlage vorbehalten, dass der zurücktretende Wertpapierinhaber die dem Bieter durch den Rücktritt entstandenen Aufwendungen zu ersetzen hat110. Weitergehende Zahlungen darf der Bieter nicht verlangen, da hierdurch die Ausübung des Rücktrittsrechts unzulässig erschwert und der Schutzzweck des § 22 WpÜG unterlaufen werden könnte. Soweit in der Angebotsunterlage nichts Abweichendes geregelt ist, trägt die mit dem Rücktritt verbundenen Transaktionskosten (Bankspesen, Portokosten etc.) der zurücktretende Wertpapierinhaber. Dies gilt auch dann, wenn sich der Bieter in der Angebotsunterlage verpflichtet hat, die den Wertpapierinhabern durch die Annahme des Angebots entstehenden Transaktionskosten zu ersetzen. Gesetzlich geboten ist lediglich, dass der Bieter den Wertpapierinhabern den Rücktritt nicht unangemessen erschweren darf, weil anderenfalls der Schutzzweck des § 22 WpÜG unterlaufen werden könnte. Dagegen ist der Bieter nicht verpflichtet, den Wertpapierinhabern den Rücktritt zu erleichtern111.
63
V. Mitteilungspflicht gemäß § 2 Nr. 11 WpÜG-AngVO Gemäß § 2 Nr. 9 WpÜG-AngVO ist jeder Bieter verpflichtet, in der Angebotsunterlage auf das Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG hinzuweisen. Der ursprüngliche Bieter kann diesen Hinweis nur abstrakt geben, da bei Veröffentlichung seines Angebots nicht abzusehen ist, ob während der Annahmefrist ein konkurrierendes Angebot abgegeben wird.
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Ob der konkurrierende Bieter den Wertpapierinhabern in seiner Angebotsunterlage mitteilen muss, dass sie berechtigt sind, gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG vom ursprünglichen Angebot zurückzutreten, ist umstritten. Nach zutreffender Auffassung lässt sich indes eine derartige Verpflichtung aus § 2 Nr. 11 WpÜG-AngVO nicht herleiten, da die Vorschrift dem Bieter nur einen abstrakten Hinweis auf das
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106 107 108 109 110
Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 55. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 38. Näher zur ISIN Heidelbach in Schwark/Zimmer, § 32 BörsG Rz. 27. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 56. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 39; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 67. 111 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 39.
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§ 22 Rz. 65 Konkurrierende Angebote Recht zum Rücktritt von der Annahme seines eigenen Angebots abverlangt112. In der Praxis wird der konkurrierende Bieter diesen Hinweis schon im eigenen Interesse in die Angebotsunterlage aufnehmen. 66
Auch wenn man davon ausgeht, dass der Bieter zur Aktualisierung wesentlicher Angaben in der Angebotsunterlage verpflichtet ist, soweit diese Angaben nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage unrichtig geworden sind (siehe hierzu § 11 WpÜG Rz. 50), besteht nach der Veröffentlichung des konkurrierenden Angebots keine Verpflichtung des ursprünglichen Bieters, in einer Veröffentlichung auf das nunmehr konkret entstandene Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG hinzuweisen. Der Grund besteht darin, dass die Entstehung des konkreten Rücktrittsrechts, anders als die Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 22 Abs. 2 WpÜG, nicht die Unrichtigkeit von Angaben in der Angebotsunterlage zur Folge hat113. Eine – dem Bieter freistehende freiwillige – Veröffentlichung114 wäre, wie im Fall des Hinweises auf die Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 22 Abs. 2 WpÜG, nur deklaratorischer Natur115.
E. Weitere Aspekte konkurrierender Angebote I. Vorbeugung gegen konkurrierende Angebote 67
Jeder Bieter hat typischerweise ein Interesse daran, dass konkurrierende Angebote ausbleiben. Daher liegt es nahe, Maßnahmen zu treffen, die die Verhinderung konkurrierender Angebote (bzw. zumindest die Verbesserung der Ausgangsbedingungen gegenüber möglichen konkurrierenden Angeboten) zum Ziel haben. Hierfür kommen Vereinbarungen mit einzelnen Aktionären oder – bei „freundlichen“ Angeboten – mit dem Vorstand der Zielgesellschaft in Betracht. Zulässigkeit und Grenzen derartiger Vereinbarungen sind in § 22 WpÜG nicht geregelt. 1. Vereinbarungen mit der Zielgesellschaft a) Exklusivität
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Exklusivitätsvereinbarungen zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft können verschiedene Gestalten annehmen: In ihrer strengsten Ausprägung kann die Exklusivitätsvereinbarung jede Form von Verhandlungen mit möglichen konkurrierenden Bietern und die Weitergabe von Informationen an dieselben untersagen (no talk provision). Weniger strenge Varianten untersagen lediglich die aktive Suche nach einem konkurrierenden Bieter (no shop provision, window shop provision) oder lassen die aktive Suche nach einem konkurrierenden Angebot innerhalb eines engen Zeitrahmens zu (market test provision). Die Terminologie ist nicht einheitlich116. Daher ist stets zu prüfen, was sich hinter der fraglichen Bestimmung verbirgt117. Nachstehend geht es allein um Exklusivitätsvereinbarungen zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft.
69
Für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen ist nach dem Zeitpunkt ihres Abschlusses zu unterscheiden: Vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots (§ 10 WpÜG) abgeschlossene Vereinbarungen beurteilen sich grundsätzlich allein nach aktienrechtlichen Grundsätzen118, weil der zeitliche Anwendungsbereich des WpÜG zum Zeitpunkt des
112 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 63; a.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 22 WpÜG Rz. 2. 113 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 64. 114 Vgl. Angebotsunterlage Heat Beteiligungs III GmbH/Techem AG vom 14.12.2006 (S. 7 f.); Angebotsunterlage Suzlon Windenergie GmbH/REpower Systems AG vom 28.2.2007 (S. 7). 115 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 22 WpÜG Rz. 65. 116 Vgl. Fleischer, ZIP 2002, 651, 655; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 556; Banerjea, DB 2003, 1489, 1494; Rieckers, RIW 2003, 668 f. 117 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 13, prüft etwa in der Angebotsunterlage enthaltene no shop- und break-fee-Klauseln. 118 Drygala, WM 2004, 1457, 1459; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 561; a.A. Ströhmann, S. 224 ff., 309 ff. (gesellschafts- und schuldrechtliche Maßstäbe).
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Konkurrierende Angebote
Rz. 70b § 22
Abschlusses der Vereinbarung noch nicht eröffnet ist119. Soweit sich der Vorstand jedoch zu Förderungshandlungen nach der Veröffentlichung gemäß § 10 WpÜG (etwa einer positiven Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG) verpflichtet, strahlen die maßgeblichen übernahmerechtlichen Vorschriften auf das Vorfeld des Angebots aus120. Nach der Veröffentlichung gemäß § 10 WpÜG abgeschlossene Vereinbarungen sind an den einschlägigen aktienrechtlichen und übernahmerechtlichen Grundsätzen zu messen121. In aktienrechtlicher Hinsicht können Exklusivitätsvereinbarungen unter den Gesichtspunkten des 70 Verbots der Vorwegbindung, der Wahrung des Gesellschaftsinteresses und der Gleichbehandlung der Aktionäre problematisch sein. Das Verbot der Vorwegbindung ergibt sich aus § 76 Abs. 1 AktG und besagt, dass sich der Vorstand in Bezug auf die künftige Ausübung seines Leitungsermessens nicht binden darf122. Die Verpflichtung des Vorstands, im Interesse der Gesellschaft zu handeln, folgt aus § 76 Abs. 1, § 93 Abs. 1 AktG123. Hiernach muss der Vorstand, der über den Abschluss einer Exklusivitätsvereinbarung entscheidet, nicht nur berücksichtigen, ob das vom Bieter vorgeschlagene unternehmerische Konzept im Interesse der Gesellschaft liegt, sondern auch ob der Bieter nach Einschätzung des Vorstands den Übernahmeplan auch ohne Exklusivitätsabrede weiterverfolgen wird, welche Gegenleistung der Bieter anzubieten plant und unter welche Bedingungen das Angebot gestellt werden soll. Die Höhe der Gegenleistung und die Bedingungen sind nicht nur deswegen relevant, weil die Aktionäre an einer möglichst hohen Gegenleistung interessiert sind und der Vorstand dieses Interesse grundsätzlich fördern darf (siehe § 3 WpÜG Rz. 31 ff.), sondern auch deswegen, weil sie hinreichende Gewähr dafür bieten sollte, dass das Angebot, wenn sich die Gesellschaft erst einmal „in play“ befindet, auch Erfolg hat124. Die Verpflichtung des Vorstands zur Gleichbehandlung der Aktionäre folgt aus § 53a AktG. Eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung verschiedener (aktueller und potentieller) Bieter lässt sich aus dieser Vorschrift jedoch nicht herleiten125. Allerdings darf der Vorstand nicht einseitig zu seinen Gunsten oder zugunsten eines anderen Aktionärs Partei nehmen, wenn hierfür kein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt126. Die übernahmerechtlichen Schranken von Exklusivitätsvereinbarungen bestehen darin, dass der Vorstand sich nicht verpflichten kann, nach der Veröffentlichung gemäß § 10 WpÜG gegen übernahmerechtliche Vorschriften zu verstoßen. Insoweit strahlen insbesondere die §§ 3, 27 und 33 WpÜG auf das Angebotsvorfeld aus. Eine übernahmerechtliche Pflicht zur Gleichbehandlung verschiedener Bieter gibt es nach zutreffender Ansicht nicht (eingehend Rz. 95 ff.).
70a
Nach diesen aktienrechtlichen und übernahmerechtlichen Grundsätzen bestehen gegen eine no shop provision keine Bedenken, wenn der Vorstand nach sorgfältiger Abwägung der dafür und dagegen sprechenden Umstände zu dem Ergebnis gelangt, dass die Durchführung des geplanten Angebots im Interesse der Gesellschaft liegt. Vorfeldwirkungen des § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpÜG stehen der no shop provision nicht entgegen; nach dieser Vorschrift ist der Vorstand zur Suche nach einem konkurrierenden Bieter zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet127. Demnach handelt der Vorstand nicht pflichtwidrig, wenn er sich verpflichtet, nur noch in einem engen Zeitrahmen bzw. überhaupt nicht aktiv nach einem konkurrierenden Bieter zu suchen128. Wenn die Abwägung dies trägt, kann auch die Ver-
70b
119 Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 10; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 44; Banerjea, DB 2002, 1489, 1496; Drygala, WM 2004, 1457, 1458. 120 Hopt, ZGR 2002, 333, 363; Fleischer, ZIP 2002, 651, 654, 656. 121 Drygala, WM 2004, 1457, 1462. 122 Fleischer in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 1 Rz. 60; Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 Rz. 49 f. 123 Fleischer in Spindler/Stilz, § 76 AktG Rz. 24 ff.; Spindler in MünchKomm. AktG, § 76 Rz. 59 ff. 124 Ebenso Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 561 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 203. 125 Drygala, WM 2004, 1457, 1459; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 567. 126 BGH v. 22.10.2007 – II ZR 184/06, AG 2008, 164, 164 f.; von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 93, 95 f. 127 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 214; ausführlich hierzu § 33 WpÜG Rz. 168 ff. 128 Banerjea, DB 2003, 1498, 1494; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 560 ff.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 203; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 214; wohl auch Drygala, WM 2004, 1457, 1459. Zur Verweigerung der Due Diligence siehe unten Rz. 94 ff.
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§ 22 Rz. 70b Konkurrierende Angebote pflichtung, keine Informationen an Dritte zu geben (insbesondere keine Due Diligence eines Dritten zu gestatten), zulässig sein129. 71
Demgegenüber ist die Vereinbarung einer no talk provision, d.h. der Verpflichtung, mit weiteren potentiellen Bietern nicht in Verhandlungen einzutreten, problematisch. Von einer solchen Klausel gebunden müsste der Vorstand jeden Kontakt ablehnen, wenn sich ein konkurrierender Bieterinteressent bei ihm meldet130. Der Vorstand hätte dann keine Möglichkeit, die Informationen zu gewinnen, die er benötigt, um auf einen dem zunächst geförderten Übernahmeplan eindeutig überlegenen Konkurrenzvorschlag angemessen zu reagieren. Im Regelfall dürfte daher eine derartige Exklusivitätsbindung nur unter besonderen Umständen und nur für einen eng begrenzten Zeitraum zulässig sein131. Weil aber derartige Verpflichtungen stets das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses sind, verbieten sich verabsolutierende Wertungen.
72
Wenn die Exklusivitätsvereinbarung eine board recommendation provision vorsieht, die den Vorstand zur Abgabe einer unterstützenden Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG verpflichtet, verstößt er regelmäßig gegen das Verbot der Vorwegbindung132. Von dieser Klausel gebunden läuft der Vorstand Gefahr, sich in eine Pflichtenkollision hineinzumanövrieren: Wenn ein konkurrierendes Angebot abgegeben wird, das dem ursprünglichen Angebot objektiv überlegen ist, befindet sich der Vorstand in dem Dilemma, zu diesem Angebot gemäß § 27 WpÜG in Kenntnis aller dann relevanten Umstände objektiv und allein unter Orientierung am Gesellschaftsinteresse Stellung nehmen zu müssen133 (siehe hierzu § 27 WpÜG Rz. 33) und, wenn er diese Verpflichtung erfüllt, die Vereinbarung mit dem ursprünglichen Bieter zu verletzen. Umgekehrt würde er, wenn er die Exklusivitätsvereinbarung erfüllt, gegen seine übernahmerechtlichen (und, wenn das konkurrierende Angebot das Gesellschaftsinteresse wesentlich besser fördert als das ursprüngliche Angebot, auch seine aktienrechtlichen) Pflichten verstoßen134.
72a
Ob derartige Exklusivitätsvereinbarungen, die Vereinbarung vergleichbarer Unterstützungspflichten bzw. der Verpflichtung zu einem entsprechenden Bemühen unwirksam sind135, ist zweifelhaft. Auf ein allgemeines Prinzip der Bietergleichbehandlung136 lässt sich dies jedenfalls nicht stützen, weil ein solches Prinzip aus § 22 WpÜG nicht abzuleiten ist (siehe unten Rz. 84). Vielmehr muss sich der Vorstand selbst schützen, etwa indem er sich in der Exklusivitätsvereinbarung das Recht vorbehält, sich unter den dort näher definierten Umständen (etwa bei entgegenstehenden Rechtspflichten) von seiner Unterstützungspflicht loszusagen (fiduciary out)137.
73
Wird die Exklusivitätsvereinbarung nach der Veröffentlichung des Bieters gemäß § 10 WpÜG abgeschlossen (etwa mit einem „weißen Ritter“), ist sie zusätzlich an § 3 Abs. 3 und § 33 WpÜG zu messen. Die Vorschriften gewähren dem Vorstand keine Handlungsspielräume jenseits des Aktienrechts (siehe § 33 WpÜG Rz. 128 ff.), so dass über die Bindungen des Aktienrechts (und des § 3 Abs. 3 WpÜG) hinaus lediglich ein Verstoß gegen das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 WpÜG in Frage stehen kann. Wie sich aus § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ergibt, kann der Vorstand auch in der Übernahmephase einen Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen als dem Bieter anbahnen. Hieraus wird hergelei129 Ähnlich Drygala, WM 2004, 1457, 1459. 130 Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 562. 131 Ähnlich Banerjea, DB 2003, 1489, 1495; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 562 f.; Bachmann in Mülbert/Kiem/ Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 214. 132 Banerjea, DB 2003, 1489, 1494; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 558; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202; Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 214. 133 Bachmann in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 109, 122; Bachmann in Mülbert/ Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 214, weist darauf hin, dass solche „Board Recommendation“-Abreden dann unzulässig sind, wenn sie den Vorstand in der Freiheit behindern, die gesetzlich vorgeschrieben Stellungnahme unbefangen abzugeben. 134 Weisner, Verteidigungsmaßnahmen, 2000, S. 256; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 558 f.; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202. 135 So wohl Drygala, WM 2004, 1457, 1462; zutreffend dagegen Banerjea, DB 2003, 1489, 1492. 136 Fleischer, ZIP 2002, 651, 654, 656. 137 Zum „fiduciary out“ in der US-amerikanischen Rechtspraxis vgl. Drygala, WM 2004, 1413, 1415 f.; Banerjea, DB 2003, 1489, 1495; zur deutschen Praxis Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 559; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 202.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 75 § 22
tet, dass das Übernahmerecht der Exklusivitätsvereinbarung mit dem „weißen Ritter“ nicht entgegensteht138. Wenn man dem folgt, sollte der Vorstand allerdings im eigenen Interesse geeignete Befreiungstatbestände von der Unterstützungspflicht aushandeln, weil er sich nicht von den Pflichten gemäß §§ 27, 3 Abs. 3 WpÜG befreien kann (siehe oben Rz. 72). Wegen der aktien- und übernahmerechtlichen Pflichtenbindungen muss er darlegen können, dass den Interessen der Gesellschaft durch den Zusammenschluss mit dem „weißen Ritter“ besser gedient ist als mit dem ersten Bieter139. b) Break fees In Großbritannien und in den USA hat sich die Praxis herausgebildet, „freundliche“ Übernahmeangebote durch Vereinbarungen zu flankieren, die die Zielgesellschaft für den Fall, dass sie das Scheitern des Angebots zu vertreten hat, zur Zahlung einer Geldleistung (break fee, break-up fee, termination fee, drop dead fee oder auch inducement fee)140 an den Bieter verpflichten141. Soweit öffentlich bekannt, betragen diese break fees in den USA regelmäßig 2 bis 5 %; im Vereinigten Königreich betrugen sie – solange sie zulässig waren (siehe Rz. 104) – regelmäßig 0,5 bis 1 % des Transaktionsvolumens (ermittelt auf der Grundlage der vom Bieter angebotenen Gegenleistung)142. Dieses Konzept dringt nach Deutschland vor. In der Transaktionspraxis haben sich solche Klauseln u.a. in den Fällen Hoechst/ Rhône Poulenc143, Techem/BC Partners144 sowie Deutsche Börse/NYSE Euronext145 Verwendung gefunden oder waren zumindest Gegenstand von Verhandlungen146. Soweit die Literatur über break fees berichtet147, wird allerdings nicht immer deutlich, ob die break fee-Vereinbarung nur von einer Seite angestrebt oder tatsächlich abgeschlossen wurde, ob die Zahlung nur von den Gesellschaftern oder auch von der betroffenen Zielgesellschaft versprochen wurde148 und welche Rechtsform die betroffene Gesellschaft hatte.
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Der Zweck derartiger Vereinbarungen besteht regelmäßig darin, dass der Bieter, der für die Planung und Durchführung des Angebots erhebliche finanzielle Ressourcen aufwendet, auf der Grundlage einer einfach zu handhabenden, pauschalierenden Regelung Kostenersatz erhalten soll, wenn sein Angebot scheitert149. Ihr Zweck kann aber auch darin bestehen, die Zielgesellschaft zur Durchführung der Transaktion anzuhalten (bzw. sie für Vertragsbrüchigkeit zu bestrafen)150. Je nachdem, wie diese „Strafe“ bemessen ist, kann sie eine so empfindliche finanzielle Belastung darstellen, dass ein potentieller konkurrierender Bieter, der nicht nur die Übernahme der Zielgesellschaft, sondern indirekt auch
75
138 Banerjea, DB 2003, 1489, 1495 f.; Drygala, WM 2004, 1457, 1462. 139 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1383 f.; Schwennicke in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 48 f.; Drygala, WM 2004, 1457, 1462. 140 Die Terminologie ist uneinheitlich; vgl. Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 557; Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1838 ff. 141 Paul/Horan, European Lawyer, July/August 2002, S. 5; Saywell/Gamble, PLC 12/1999, 31 ff. 142 Zu den USA vgl. Drygala, WM 2004, 1413, 1414; Fleischer, AG 2009, 345, 347 f.; zum Vereinigten Königreich vgl. Saywell/Gamble, PLC 12/1999, 31, 32; Fleischer, AG 2009, 345, 348. Zwischenzeitlich waren derartige Zahlungen auf maximal 1 % des Transaktionswerts begrenzt (note 1(a) on Rule 21.2 Takeover Code); seit dem 20.9.2011 sind von der Zielgesellschaft versprochene break fees generell unzulässig (siehe unten Rz. 104). 143 Dazu Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 626. 144 Angebotsunterlage Heat Beteiligungs III GmbH/Techem AG vom 14.12.2006, S. 22. 145 Angebotsunterlage Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, Anlage 2, S. A-136. 146 Übernahme Bayer/Schering, Börsen-Zeitung vom 14.4.2006, S. 11. 147 Decher in FS Lutter, 2000, S. 1209, 1211 ff.; Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625; Schlitt in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 6 Rz. 82 f. 148 Zahlungspflicht nur der Gesellschafter in LG Paderborn v. 24.8.2000 – 2 O 132/00, NZG 2000, 899, 900; ebenso die Business Combination Agreements für die Zusammenschlüsse Daimler/Chrysler und Hoechst/ Rhône-Poulenc; vgl. Decher in FS Lutter, 2000, S. 1209, 1211 ff.; Hopt, ZGR 2002, 333, 362. 149 So etwa Ziff. 8.8 des Vertrags über den Zusammenschluss zwischen der Hoechst AG und der Rhône-Poulenc S.A. zur Aventis S.A. aus dem Jahr 1999; abgedr. bei Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 626; vgl. weiter Hilgard, BB 2008, 286, 287; Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 30; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.172; Fleischer, AG 2009, 345, 346; Seibt in Formularhandbuch, K.II.2.19, S. 1839. 150 Hilgard, BB 2008, 286, 287; Fleischer, AG 2009, 345, 346.
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§ 22 Rz. 75 Konkurrierende Angebote die Zahlung der break fees an den ursprünglichen Bieter zu finanzieren hätte, von der Abgabe eines konkurrierenden Angebots absieht151. 76
Als Auslöser für die Fälligkeit der break fees kommen verschiedene Ereignisse in Betracht, etwa eine Stellungnahme des Vorstands, die den Aktionären nicht die Annahme des Angebots empfiehlt, eine bereits gegebene Annahmeempfehlung zurücknimmt oder in wesentlicher Hinsicht zum Nachteil des Bieters ändert oder ein konkurrierendes Angebot unterstützt152. Auch ein „weißer Ritter“, der auf Veranlassung des Vorstands der Zielgesellschaft ein konkurrierendes Angebot abgeben soll (siehe hierzu § 33 WpÜG Rz. 163 ff.), könnte zur Abgeltung seines Aufwands an der Zahlung von break fees interessiert sein, wenn sein Angebot scheitert153.
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Bei der Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit von break fee-Vereinbarungen ist, wie bei Exklusivitätsvereinbarungen allgemein, nach dem Zeitpunkt des Abschlusses zu unterscheiden (siehe hierzu oben Rz. 69). Wird eine break fee-Vereinbarung vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 WpÜG) abgeschlossen, beurteilt sich die Zulässigkeit nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen. Da die vereinbarte break fee auch nach Ankündigung eines Übernahmeangebots fällig werden kann, entfalten die übernahmerechtlichen Vorschriften Ausstrahlungswirkung auf das Vorfeld des Angebots. Werden break fee-Vereinbarungen hingegen nach der Veröffentlichung gemäß § 10 WpÜG abgeschlossen, ist die Zulässigkeit an den aktienrechtlichen und übernahmerechtlichen Vorschriften zu beurteilen.
77a
In aktienrechtlicher Hinsicht können break fee-Vereinbarungen im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten154 im Hinblick auf das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs, das Verbot der Einlagenrückgewähr und die Verpflichtung des Vorstands auf das Gesellschafts- bzw. Unternehmensinteresse problematisch sein. Bei besonders hohen break fees kann auch das Verbot der Vorwegbindung relevant sein. Das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs gemäß § 71a Abs. 1 AktG untersagt dem Vorstand, Finanzierungs- und Hilfsgeschäfte abzuschließen, mit denen die Gesellschaft es Dritten ermöglicht, Aktien der Gesellschaft zu erwerben155. Das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 AktG verbietet der Gesellschaft, die geleisteten Einlagen an ihre Aktionäre zurückgewähren und über den Bilanzgewinn hinausgehendes Vermögen an die Aktionäre zu verteilen156. Die Verpflichtung des Vorstands, im Gesellschaftsinteresse zu handeln, ergibt sich aus § 76 Abs. 1, § 93 Abs. 1 AktG157. Bei der Entscheidungsfindung über den Abschluss einer break fee-Vereinbarung hat der Vorstand die Vorteile und die Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen, wobei u.a. verhandlungstaktische Vorteile (z.B. Aushandlung einer höheren Gegenleistung und besserer Angebotsbedingungen) und strategische Vorteile (z.B. erwartete Synergieeffekte) in Betracht kommen158. Das Verbot der Vorwegbindung besagt, dass sich der Vorstand in Bezug auf die künftige Ausübung seines Leitungsermessens nicht binden darf159.
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Ein Verstoß gegen das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs (§ 71a Abs. 1 AktG) scheint auf den ersten Blick nicht vorzuliegen, weil die Zahlung gerade für den Fall versprochen ist, dass das Angebot fehlschlägt, d.h. ein Erwerb der Aktien unterbleibt160. Allerdings erfasst § 71a AktG nach seinem Sinn und Zweck nicht nur die Gewährung von Vorschüssen, Darlehen und Sicherheiten, sondern auch sonstige Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen, die mit dem Erwerb von Aktien
151 Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers, S. 182. 152 Hilgard, BB 2008, 286, 286; Fleischer, AG 2009, 345, 346; Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1839 f. 153 Banerjea, DB 2003, 1489, 1490; Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 30. 154 Zu anderen Konstellationen Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 627 ff.; Drygala, WM 2004, 1457, 1458 ff. 155 Hüffer/Koch, § 71a AktG Rz. 1. 156 Hüffer/Koch, § 57 AktG Rz. 1; Henze in Großkomm. AktG, § 57 AktG Rz. 39 ff.; Drygala in KölnKomm. AktG, § 57 AktG Rz. 16. 157 Fleischer in Spindler/Stilz, § 76 AktG Rz. 24 ff.; Spindler in MünchKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 59 ff. 158 Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 32 f. 159 Fleischer in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 1 Rz. 60; Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 49 f. 160 Banerjea, DB 2003, 1489, 1493; Guinomet, Break Fee-Vereinbarungen, 2003, S. 267; Drygala, WM 2004, 1457, 1461, 1466 f.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 81 § 22
der Gesellschaft in einem funktionalen Zusammenhang stehen161. Im englischen Recht, dem Vorbild der Regelung des § 71a AktG, ist für die Anwendbarkeit des Verbots der financial assistance maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Abschlusses der break fee-Vereinbarung eine finanzielle Absicherung des geplanten Aktienerwerbs durch die Gesellschaft beabsichtigt war162. Vor diesem Hintergrund wird argumentiert, dass bereits die Übernahme des Kostenrisikos durch die Zielgesellschaft, die über die Voraussetzungen der Haftung aus culpa in contrahendo wegen schuldhaften Abbruchs der Vertragsverhandlungen hinausgeht, eine Unterstützungshandlung sei, weil sie das Risiko des Bieters mildere und daher bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Sicherheit darstelle163. Dem ist entgegenzuhalten, dass § 71a AktG zwar das mit der Bestellung einer Sicherheit einhergehen- 79 de Risiko der Inanspruchnahme sanktioniert, diese Sanktion aber voraussetzt, dass der Erwerbsinteressent Aktionär wird. Bei der break fee-Vereinbarung sind hingegen sowohl die Inanspruchnahme als auch der Erwerb der Aktien bedingt – und zwar typischerweise so, dass sie sich gegenseitig ausschließen164. Hiernach kommt ein Verstoß gegen § 71a AktG nicht in Betracht165. Wenn man diesem Argument nicht folgen will, ist zu berücksichtigen, dass das break fee-Versprechen die Qualität einer wirtschaftlichen Sicherheit – wenn überhaupt – erst dann gewinnen kann, wenn es dazu dient, die mit dem Angebot verbundenen finanziellen Risiken des Bieters auf die Zielgesellschaft abzuwälzen166 oder wenn der Versuch des Aktienerwerbs wegen der mangelnden Finanzkraft des Bieters ohne das break fee-Versprechen ausgeschlossen bzw. wesentlich erschwert gewesen wäre167. Dagegen wäre pauschalierter Kostenersatz eine Zielsetzung, die mit dem Kapitalerhaltungszweck des § 71a AktG vereinbar wäre, solange die finanziellen Risiken des Angebots im Wesentlichen vom Bieter getragen werden. Jedenfalls dann, wenn die Höhe der break fees 1 % des Transaktionswertes nicht übersteigt und folglich 99 % der mit dem Angebot verbundenen finanziellen Risiken beim Bieter verbleiben, wäre das break fee-Versprechen regelmäßig mit § 71a Abs. 1 AktG vereinbar168. Weil aber auch diese Prozentzahlen im Einzelfall zu hoch (overinclusive) oder zu niedrig (underinclusive) angesetzt sein können169, wird man die Angemessenheit jeder break fee unter Abwägung aller Umstände sorgfältig prüfen müssen170. Anderes muss gelten, wenn das break fee-Versprechen darauf abzielt, dass der potentielle Bieter während der Vorbereitungsphase Aktien erwirbt, die er nach dem Scheitern der Übernahme behalten darf. Wenn die break fees aus dem Vermögen der Gesellschaft abfließen, ist in der Tat die Frage aufgeworfen, ob nicht die Zielgesellschaft den Erwerb dieser Aktien im Vorgriff auf das in den Blick genommene öffentliche Angebot finanziert hat171. Ein Verstoß gegen § 71a AktG scheidet jedoch aus, wenn eine solche gemeinsame Zielsetzung fehlt. Insbesondere bei abredewidrigem Aktienerwerb fehlt es an dem in § 71a AktG vorausgesetzten funktionalen Zusammenhang zwischen der Unterstützung und dem Erwerb172.
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Das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 AktG) untersagt nicht nur die offene, sondern auch die durch andere Rechtsgeschäfte verdeckte Rückgewähr von Gesellschaftsvermögen an die Ak-
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161 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, 1994, S. 186 f.; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a AktG Rz. 19; ähnlich Lutter/Drygala in KölnKomm. AktG, § 71a AktG Rz. 9 f. 162 Saywell/Gamble, PLC 12/1999, 31, 34 f. 163 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a Rz. 29; Hilgard, BB 2008, 286, 293; in der Tendenz auch Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 629 im Anschluss an die Literatur zum englischen Recht (etwa Saywell/Gamble, PLC 12/1999, 31, 34 f.); a.A. Lutter/Drygala in KölnKomm. AktG, § 71a AktG Rz. 7, 13 (die Zusage der Ausgleichszahlung sichere nicht den Erwerb von Aktien, sondern mindere die Folgen des Scheiterns). 164 Drygala, WM 2004, 1457, 1467; Hilgard, BB 2008, 286, 293 f.; Fleischer, AG 2009, 345, 353. 165 Hüffer/Koch, § 71a AktG Rz. 3; Grigoleit/Rachlitz in Grigoleit, § 71a AktG Rz. 15. 166 Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers, S. 183. 167 Dazu LG Paderborn v. 28.4.2000 – 2 O 132/00, NZG 2000, 899; Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 629; Ziegler/ Stancke, M&A Review 2008, 28, 34; Fleischer, AG 2009, 345, 353. 168 Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 628; Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 35; Hilgard, BB 2008, 286, 292; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.178; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 204; Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1842. 169 Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 564; Fleischer, AG 2009, 345, 351. 170 Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1840. 171 Drygala, WM 2004, 1457, 1461, 1467; Fleischer; ZHR 172 (2008), 538, 566. 172 Drygala, WM 2004, 1457, 1461 (Fn. 145); allgemein zum Erfordernis des übereinstimmenden Parteiwillens Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a AktG Rz. 35.
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§ 22 Rz. 81 Konkurrierende Angebote tionäre173. Es ist nicht nur auf Leistungen an gegenwärtige Aktionäre anwendbar, sondern auch auf Leistungen an künftige Aktionäre, sofern die Leistung der Gesellschaft im Hinblick auf den geplanten Aktienerwerb erbracht wird174. Insofern gilt allerdings das Gleiche wie bei § 71a Abs. 1 AktG: Wenn sich die Zahlung der break fees und der Erwerb der in Frage stehenden Aktien gegenseitig ausschließen, kommt ein Verstoß gegen § 57 AktG nicht in Betracht – die Zahlungsverpflichtung entsteht ja nur dann, wenn das Übernahmeangebot scheitert175. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Bieter nicht Aktionär der Zielgesellschaft ist176. 82
Das break fee-Versprechen kann selbst dann mit § 57 AktG im Einklang stehen, wenn der Bieter bereits Aktionär ist; dies setzt aber voraus, dass die Zahlung an den Aktionär nicht wegen seiner Mitgliedschaft erfolgt177, denn Umsatzgeschäfte zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären, bei denen der Leistung der Gesellschaft eine angemessene Gegenleistung des Aktionärs gegenübersteht, so dass sie auch zwischen fremden Dritten hätten abgeschlossen sein können, sind mit § 57 Abs. 1 AktG vereinbar178. Nach dem Telekom III-Urteil des BGH sollen nur „konkrete, bilanziell messbare Vorteile“ als Kompensation anzuerkennen sein179. Diese bilanzielle Betrachtungsweise wird von der herrschenden Literatur abgelehnt – unter anderem deswegen, weil sie nicht im Wortlaut der Vorschrift angelegt ist und die spiegelbildliche Leistung an den Aktionär die Bilanzierungsfähigkeit nicht voraussetzt180. Nicht einmal der vom BGH im entschiedenen Fall vermisste Freistellungsanspruch hätte diesen Anforderungen genügt; mangels Bezifferbarkeit wäre er nicht bilanzierungsfähig gewesen. Wie der damalige Vorsitzende des Zweiten Senats später klargestellt hat, wollte der Senat verhindern, dass als Gegenleistung nicht fassbare, schwammige Vorteile (wie z.B. die Präsenz an einer bestimmten Börse) berücksichtigt würden. Nur feste, messbare Vorteile für die Gesellschaft sollten anerkannt werden181. Demnach sollte eine break fee-Vereinbarung, die einem vom Vorstand mit nachvollziehbaren Gründen für wirtschaftlich sinnvoll gehaltenen Zweck dient und der Höhe nach angemessen ist, weiterhin mit § 57 Abs. 1 AktG vereinbar sein, sofern die Vorteile für die Gesellschaft konkret erfassbar und bezifferbar sind. Vergleichsgrößen wären die Vorteile der Gesellschaft bei erfolgreicher Transaktion und die zu zahlende break fee im Fall eines Fehlschlags182.
82a
Das break fee-Versprechen an den Bieter ist regelmäßig auch keine Leistung an die Aktionäre. Zwar können auch mittelbare Vermögenszuwendungen gegen § 57 Abs. 1 AktG verstoßen; dies ist aber nur dann der Fall, wenn sie vom Aktionär veranlasst sind und in seinem wirtschaftlichen Interesse erfolgen183. Selbst wenn man argumentiert, dass das break fee-Versprechen im wirtschaftlichen Interesse der Aktionäre liegt, weil es einen konkurrierenden Bieter veranlassen soll, ein höheres Angebot abzugeben, würde es regelmäßig an der Veranlassung durch die Aktionäre fehlen. Wenn hingegen das
173 Henze in Großkomm. AktG, § 57 AktG Rz. 39 ff.; Drygala in KölnKomm. AktG, § 57 AktG Rz. 37. 174 OLG München v. 13.11.2007 – XI ZR 294/07, NZG 2008, 106, 106; Henze in Großkomm. AktG, § 57 Rz. 80; Hüffer/Koch, § 57 AktG Rz. 18; Drygala in KölnKomm. AktG, § 57 AktG Rz. 82; Bayer in MünchKomm. AktG, § 57 AktG Rz. 111. 175 Seibt in Formularhandbuch M&A, K. II.2.19, S. 1842 f. 176 Fleischer, AG 2009, 345, 352; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.175; Seibt in Formularhandbuch M&A, K. II.2.19, S. 1842 f. 177 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.175; Banerjea, DB 2003, 1489, 1493; auf ein neutrales Drittgeschäft abstellend Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 33; auf das Gesellschaftsinteresse abstellend Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 565; noch anders Grigoleit/Rachlitz in Grigoleit, § 71a AktG Rz. 15 (Maßstab nur § 93 AktG). 178 Henze in Großkomm. AktG, § 57 AktG Rz. 35; Drygala in KölnKomm. AktG, § 57 AktG Rz. 35; Rieckers in MünchHdb. AG, § 16 Rz. 59; Hüffer/Koch, § 57 AktG Rz. 7. 179 BGH v. 31.5.2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 = AG 2011, 548, 551, Rz. 26. 180 Bayer in MünchKomm, § 57 AktG Rz. 86; Hüffer/Koch, § 57 AktG Rz. 8 f., 15; Habersack in FS Hommelhoff, 2012, S. 303, 306 ff.; Mülbert/Wilhelm in FS Hommelhoff, 2012, S. 747, 773 ff.; Krämer/Gillessen/Kiefner, CFL 2011, 328, 330 f.; Diskussionsbeiträge in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, 2012, S. 24 ff. 181 Bergmann in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, 2012, S. 27. 182 Fleischer in K. Schmidt/Lutter, § 57 AktG Rz. 28; Hüffer/Koch, § 57 AktG Rz. 10; Rieckers in MünchHdb. AG, § 16 Rz. 67. 183 BGH v. 31.5.2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 = AG 2011, 548, 549, Rz. 16 ff.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 84 § 22
break fee-Versprechen auf Veranlassung eines wesentlich beteiligten Aktionärs gegeben wird, kann eine verbotene Einlagenrückgewähr vorliegen184. Ferner ist der Vorstand auf das Interesse der Gesellschaft verpflichtet und unterliegt dem Verbot der 83 Vorwegbindung. Vor dem Hintergrund, dass eine Aktiengesellschaft grundsätzlich kein Interesse daran hat, wer ihre Aktionäre sind185, dürfte die Zulässigkeit des break fee-Versprechens voraussetzen, dass die geplante Transaktion für die Zielgesellschaft Vorteile birgt, die über die bloße Änderung der Zusammensetzung des Aktionärskreises hinausgehen186. In Betracht kommen etwa die Ersparnis von Kosten aufgrund von Skaleneffekten, Synergien aus dem Zusammenschluss mit einem strategischen Investor187 oder der Zugang zu den finanziellen Ressourcen und Kontakten eines Finanzinvestors188. Unter diesen Umständen dürften gegen break fee-Versprechen, die nach Art, Umfang und Betrag der Zusage darauf beschränkt sind, die dem Bieter entstanden Kosten zu ersetzen, keine Bedenken bestehen189. Dagegen überschreitet der Vorstand seine Geschäftsführungsbefugnis, wenn die versprochenen break fees ein solches Gewicht besitzen, dass seine künftigen Ermessensentscheidungen und insbesondere seine Stellungnahme gemäß § 27 nur noch zugunsten des Empfängers der break fees ausfallen können, auch wenn sich neue Alternativen ergeben, die im Hinblick auf die Interessen der Gesellschaft der Transaktion mit dem Empfänger der break fees klar überlegen sind190. Bei derartig hohen break fees verstößt der Vorstand gegen das Verbot der Vorwegbindung191. Im Übrigen gelten dieselben Maßstäbe wie für andere Maßnahmen der Übernahmeprophylaxe (siehe hierzu § 33 WpÜG Rz. 243 ff.). In übernahmerechtlicher Hinsicht können break fee-Vereinbarungen unter den Gesichtspunkten 84 des Verhinderungsverbots gemäß § 33 Abs. 1 WpÜG und der Verpflichtung des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft auf das Interesse der Zielgesellschaft gemäß § 3 Abs. 3 WpÜG problematisch sein. Ein Verstoß gegen eine vermeintliche Verpflichtung der Zielgesellschaft zur Gleichbehandlung verschiedener Bieter kommt nicht in Betracht, weil eine solche Verpflichtung nach zutreffender Auffassung nicht existiert192. Für eine derartige Gleichbehandlungspflicht lässt sich zwar das Argument anführen, dass die Vereinbarung einer break fee potentielle weitere Bieter von der Abgabe konkurrierender Angebote abhalten und so den Wettbewerb auf dem Markt für Unternehmenskontrolle verzerren könnte193. Die besseren Argumente sprechen jedoch gegen eine Pflicht zur Bietergleichbehandlung: Die Verpflichtung, einem Bieter versprochene break fees auch anderen Bietern versprechen zu müssen, käme einem kapitalmarktrechtlichen Kontrahierungszwang gleich. Wirtschaftlich gesehen würde dies darauf hinauslaufen, dass die Zielgesellschaft konkurrierende Angebote subventionieren müsste194. Dies könnte „Trittbrettfahrer“ dazu animieren, ein nicht ernstgemeintes Angebot abzugeben, um im Fall des (gewünschten) Scheiterns die break fee zu kassieren. Diese Situation wäre mit dem
184 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.175. 185 Ekkenga in KölnKomm. AktG, § 186 AktG Rz. 99; Lutter, ZIP 1997, 613, 616 ff.; Hopt, ZGR 1993, 534, 545 ff.; Hopt, ZGR 2002, 333, 363; Roschmann/Frey, AG 1996, 449 ff.; Schroeder, DB 1997, 2161 ff.; Ziemons, AG 1999, 492, 495; offener Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 259; Banerjea, DB 2003, 1489, 1490 f.; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 563. 186 Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 628; Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 182; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 563; Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 33. 187 Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1841; Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 33. 188 Adolff/Meister/Randell/Stephan, Public Company Takeovers in Germany, S. 182; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 563. 189 Hopt, ZGR 2002, 333, 363; Guinomet, Break fee-Vereinbarungen, 2003, S. 245 ff.; Ziegler/Stancke, M&A Review 2008, 28, 32 f.; Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1841; Drinkuth in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.174; wohl auch Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 628; großzügiger Banerjea, DB 1489, 1490 f.; Drygala, WM 2004, 1457, 1459 f. 190 Ähnlich Hopt, ZGR 2002, 333, 363. 191 Fleischer in Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 1 Rz. 60; Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 49 f. 192 Drygala, WM 2004, 1457, 1458; Hilgard, BB 2008, 286, 292; Fleischer, ZHR 172 (2008), 538, 563; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.171; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 59; im Ansatz auch Fleischer, ZIP 2002, 651, 656 (im Ergebnis aber wie hier). 193 Fleischer, AG 2009, 345, 349. 194 Fleischer, AG 2009, 345, 349.
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§ 22 Rz. 84 Konkurrierende Angebote Prinzip, dass die Zielgesellschaft nicht über einen angemessenen Zeitraum in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden darf (§ 3 Abs. 4 WpÜG), nicht zu vereinbaren. 84a
Das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist erst nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots anwendbar (siehe § 33 WpÜG Rz. 62 ff.), gilt also nur für break fee-Vereinbarungen, die eine Abwehrfusion oder ein Konkurrenzangebot flankieren195. Der Abschluss der break fee-Vereinbarung durch den Vorstand der Zielgesellschaft kann im Einzelfall eine Handlung sein, durch die der Erfolg des ursprünglichen Angebots verhindert werden könnte196. Dies setzt aber voraus, dass die vereinbarten break fees so massiv in die Vermögenssubstanz der Gesellschaft eingreifen, dass den Aktionären keine andere Wahl bleibt, als für die Abwehrfusion zu stimmen bzw. das von den break fees flankierte konkurrierende Angebot anzunehmen197.
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Wenn die break fee-Vereinbarung verhindernde Wirkung besitzt, stellt sich die Frage, ob sie durch einen der Ausnahmetatbestände des § 33 WpÜG legitimiert sein kann. Aus § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpÜG lässt sich diese Legitimation nicht herleiten, denn die Vorschrift privilegiert nur die Suche nach einem konkurrierenden Bieter, nicht aber die Flankierung seines Angebots durch break fees198. Eine Legitimation gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG wird sich regelmäßig verbieten, weil der Vorstand durch die Vereinbarung einer break fee in der hier fraglichen Höhe die Grenzen seiner Geschäftsführungsbefugnis überschreiten dürfte199. Eine Rechtfertigung auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG wäre grundsätzlich möglich, kann aber – weil § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG keine Handlungsspielräume jenseits des Aktienrechts eröffnet – nur solche Abreden legitimieren, die aktienrechtlich zulässig sind. Flankieren die break fees eine geplante Abwehrfusion, überschreitet der Vorstand seine Geschäftsführungsbefugnis, wenn die Hauptversammlung wegen des break fee-Versprechens faktisch keine andere Wahl hat, als der Abwehrfusion zuzustimmen200. Unterstützen die break fees dagegen ein konkurrierendes Angebot, ist es eine Frage des Einzelfalls, ob der Aufsichtsrat den Vorstand gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG vom Verhinderungsverbot befreien kann oder aus aktienrechtlichen Gründen hieran gehindert ist201.
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Auch nach dem übernahmerechtlichen Grundsatz gemäß § 3 Abs. 3 WpÜG ist der Vorstand der Zielgesellschaft zur Wahrung des Gesellschafts- bzw. Unternehmensinteresses verpflichtet. Er verletzt diese Pflicht, wenn die vereinbarte break fee nach Art und Höhe so schwerwiegend wäre, dass sich der Vorstand in der Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG nur noch zugunsten des Gläubigers der break fee aussprechen könnte.
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Ein break fee-Versprechen, das gegen das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs verstößt (§ 71a Abs. 1 AktG), ist nichtig202. Verstößt die break fee-Vereinbarung gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 AktG), führt dies allein noch nicht zur Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts; vielmehr werden die Rückgewährpflichten des § 62 AktG ausgelöst203. Handlungen des Vorstands, die dem Interesse der Gesellschaft zuwiderlaufen, sind im Außenverhältnis grundsätz-
195 Banerjea, DB 2003, 1489, 1495 f.; wohl auch Drygala, WM 2004, 1457, 1458, 1462; a.A. Hopt, ZGR 2002, 333, 363, der § 33 WpÜG allerdings nicht für anwendbar, sondern für „tangiert“ hält, weil die zugesagten Unterstützungshandlungen während der Annahmefrist vorgenommen werden sollen und sich der Vorstand insoweit nicht präjudizieren dürfe. 196 Für das Vereinigte Königreich vgl. Panel Statement 1999/10 (16.7.1999). 197 Banerjea, DB 2003, 1489, 1496; Drygala, WM 2004, 1457, 1465; Hilgard, BB 2008, 286, 292; Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1843. 198 Krieger in RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 314; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 5; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 79; Drygala, WM 2004, 1457, 1465. 199 Guinomet, Break fee-Vereinbarungen, 2003, S. 192 ff.; Drygala, WM 2004, 1457, 1465. 200 Drygala, WM 2004, 1457, 1460 f. 201 Beispiele bei Drygala, WM 2004, 1457, 1465 f.; Seibt in Formularhandbuch M&A, K.II.2.19, S. 1843. 202 Hilgard, BB 2008, 286, 294; zur Nichtigkeit des Kausalgeschäftes: Hüffer/Koch, § 71a AktG Rz. 4; Lutter/Drygala in KölnKomm. AktG, § 71a Rz. 50, Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a AktG Rz. 40; a.A. Cahn in Spindler/Stilz, § 71a AktG Rz. 50 (Nichtigkeit auch des Erfüllungsgeschäfts). 203 BGH v. 12.3.2013 – II ZR 179/12, BGHZ 196, 312 = AG 2013, 431, Rz. 14 ff.; Hüffer/Koch, § 57 AktG Rz. 32; Bayer in MünchKomm. AktG, § 57 AktG Rz. 230.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 88 § 22
lich wirksam204. Allerdings können die Vorstandsmitglieder gemäß § 93 Abs. 2 AktG persönlich haftbar sein205. Im Übrigen kann die BaFin für vorsätzliche oder leichtfertige Verstöße gegen das Verhinderungsverbot des § 33 WpÜG Geldbußen gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 8 WpÜG verhängen (siehe hierzu und zu zivilrechtlichen Ansprüchen § 33 WpÜG Rz. 299 ff.). Ob der Bieter oder die Zielgesellschaft zur Offenlegung der break fee-Vereinbarung verpflichtet sind, ist im Gesetz nicht angesprochen. In den Katalogtatbeständen für den Inhalt der Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 2 WpÜG-AngVO) und der begründeten Stellungnahme (§ 27 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) sind break fee-Vereinbarungen nicht erwähnt. Weil die Angebotsunterlage die Angaben enthalten muss, die notwendig sind, um den Wertpapierinhabern eine Entscheidung „in Kenntnis der Sachlage“ (§ 11 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) zu ermöglichen, und weil diese Angaben „richtig und vollständig“ sein müssen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG), wird – nicht zu Unrecht – vertreten, dass die break fee-Vereinbarung in der Angebotsunterlage offen zu legen ist206. Noch wichtiger erscheint die Offenlegung in der Stellungnahme des Vorstands gemäß § 27 WpÜG, denn die Tatsache, dass sich der Vorstand an einen bestimmten Bieter gebunden und dies mit einer break fee-Vereinbarung flankiert hat, gehört zu den Umständen, die der Aktionär kennen muss, um die Stellungnahme zutreffend beurteilen zu können (siehe hierzu § 27 WpÜG Rz. 57).
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Ob der Abschluss der break fee-Vereinbarung Publizitätspflichten des Bieters oder der Zielgesell- 87 schaft auslöst, ist zweifelhaft. Für die Publizitätspflicht des Bieters gemäß § 10 Abs. 1 WpÜG käme es darauf an, ob sich im Abschluss der break fee-Vereinbarung die Entscheidung zur Durchführung der Transaktion manifestiert. Dies ist eine Frage des Einzelfalls207; die Annahme, die break fee-Vereinbarung verkörpere stets die Entscheidung zur Abgabe des Angebots208, erscheint zu weitgehend. Wenn der Bieter eine börsennotierte Gesellschaft ist, stellt sich darüber hinaus die Frage, ob der Abschluss der break fee-Vereinbarung gemäß Art. 17 MarktmissbrauchsVO ad hoc-publizitätspflichtig ist. Die gegebenenfalls kursrelevante und daher offen zu legende Information i.S.d. Art. 7 Abs. 1 MarktmissbrauchsVO ist im Regelfall nicht der Abschluss der break fee-Vereinbarung, sondern die Entscheidung zur Abgabe des Angebots. Weil gemäß Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MarktmissbrauchsVO auch solche Umstände als Insiderinformation gelten, von denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft eintreten werden, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Entscheidung zur Abgabe des Angebots beim Abschluss der break fee-Vereinbarung hinreichend wahrscheinlich bevorsteht. Ist dies zu bejahen, besteht grundsätzlich eine Ad hoc-Publizitätspflicht; § 10 Abs. 6 WpÜG entfaltet insoweit keine Sperrwirkung209, liefert aber einen klaren Anhaltspunkt dafür, dass der Aufschub der Ad hoc-Mitteilung gemäß Art. 17 Abs. 4 MarktmissbrauchsVO zum Schutz der berechtigten Interessen des Bieters erforderlich ist. Demnach bräuchte der Bieter bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 4 MarktmissbrauchsVO unmittelbar nach dem Abschluss der break fee-Vereinbarung keine Ad hoc-Mitteilung zu veröffentlichen. Wenn man davon ausgeht, dass die Ad hoc-Publizitätspflicht der Zielgesellschaft durch § 10 Abs. 6 WpÜG nicht gesperrt wird, stellt sich die Frage, ob der Abschluss der break fee-Vereinbarung eine Insiderinformation ist, die sie gemäß Art. 17 Abs. 1 MarktmissbrauchsVO veröffentlichen muss. Die Insiderinformation i.S.d. Art. 7 MarktmissbrauchsVO ist im Regelfall nicht der Abschluss der break fee-Vereinbarung, sondern die endgültige Entscheidung der Parteien, die „freundliche“ Übernahme der Zielgesellschaft durchzuführen210. Jedoch gelten gemäß Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MarktmissbrauchsVO auch solche Umstände als Insiderinformation, von denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass 204 Hüffer/Koch, § 82 AktG Rz. 3, 14; Spindler in MünchKomm. AktG, § 82 AktG Rz. 27, 45; Fleischer in Spindler/Stilz, § 82 AktG Rz. 37. 205 Hüffer/Koch, § 93 AktG Rz. 36 ff.; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 93 AktG Rz. 21; Fleischer in Spindler/ Stilz, § 93 AktG Rz. 176 ff. 206 Hopt, ZGR 2002, 333, 363. 207 Hopt, ZGR 2002, 333, 342 (Fn. 26). 208 So Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 630; zurückhaltender Banerjea, DB 2003, 1489, 1497. 209 Veil/Brüggemeier in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 10 Rz. 14; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 17 Rz. 49; wohl auch Brandi/Süßmann, AG 2004, 642, 651, 652. 210 Krause in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rz. 127; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 7 Rz. 376; Hopt/Kumpan, ZGR 2017, 765, 797 ff.; Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 630; Hopt, ZGR 2002, 333, 342 f.; Banerjea, DB 2003, 1489, 1497 f.
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§ 22 Rz. 88 Konkurrierende Angebote sie in Zukunft eintreten werden. Folglich kommt es entscheidend darauf an, ob im Zeitpunkt des Abschlusses der break fee-Vereinbarung die Entscheidung zur Durchführung der Transaktion in diesem Sinne hinreichend wahrscheinlich ist. Auch dies ist eine Frage des Einzelfalls211. Sollte der Abschluss der break fee-Vereinbarung die Qualität der Insiderinformation besitzen, wäre die Zielgesellschaft, weil sie als Partei der break fee-Vereinbarung von der Insiderinformation unmittelbar betroffen ist, grundsätzlich gemäß Art. 17 Abs. 1 MarktmissbrauchsVO veröffentlichungspflichtig212. Weil die Entscheidung zur Durchführung des Angebots nicht getroffen, sondern nur hinreichend wahrscheinlich sein muss, kann die Veröffentlichungspflicht der Zielgesellschaft im Einzelfall eintreten, bevor der Bieter die Entscheidung zur Abgabe des Angebots veröffentlichen muss. Weil es nicht im Interesse der Zielgesellschaft liegt, sich der Öffentlichkeit als Übernahmekandidatin zu präsentieren, bevor der Bieter sich endgültig zur Abgabe seines Angebots entschieden hat, ist die Zielgesellschaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 4 MarktmissbrauchsVO berechtigt, von der Veröffentlichung abzusehen213. Dass die Ad hoc-Mitteilung der Zielgesellschaft die Tatsache der Vereinbarung einer break fee, deren Auslöser und deren Höhe enthalten muss214, erscheint nicht zutreffend. Mitzuteilen ist das kursrelevante Ereignis. Dies ist im Regelfall nur der Umstand, dass das Angebot hinreichend wahrscheinlich bevorsteht. 2. Vereinbarungen mit Aktionären (irrevocables) 89
Nicht nur zur Verbesserung der Ausgangsbedingungen gegenüber möglichen konkurrierenden Angeboten, sondern auch ganz allgemein zur Sicherstellung einer hohen Annahmequote wird ein Bieter typischerweise daran interessiert sein, sich schon vor der Veröffentlichung seiner Entscheidung zur Abgabe des Angebots möglichst viele Wertpapiere der Zielgesellschaft sichern. Soweit dem Bieter die Aktionärsstruktur der Zielgesellschaft bekannt ist, wird es in seinem Interesse liegen, jedenfalls mit den Inhabern der größten Aktienpakete Vereinbarungen über die Veräußerung der Aktien an ihn zu treffen215.
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Die Kontaktaufnahme mit Aktionären der Zielgesellschaft vor der Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe des Angebots mit dem Ziel, sich die Unterstützung dieser Aktionäre zu sichern, unterliegt den Vorgaben der MarktmissbrauchsVO, insbesondere dem Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen (Art. 10 Abs. 1) bzw. den speziellen Vorschriften zu Marktsondierungen (Art. 11 Abs. 2)216. Der zeitliche Anwendungsbereich dieser Vorschriften ist erst eröffnet, wenn eine Insiderinformation vorliegt. Dass der Bieter Vorgespräche mit Aktionären der Zielgesellschaft aufnimmt, um die Erfolgschancen eines möglichen Angebots auszuloten, ist im Regelfall keine Insiderinformation217. Folglich ist die Ansprache von Paketaktionären zur Sondierung ihrer Verkaufsbereitschaft in diesem frühen Stadium regelmäßig zulässig218. Hat sich hingegen der Übernahmeplan des Bieters soweit ver-
211 Zu denkbaren Einzelfällen vgl. Krause in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rz. 127; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 7 Rz. 376; Hopt/Kumpan, ZGR 2017, 765, 797 ff.; Hopt, ZGR 2002, 333, 342 (Fn. 26). 212 Zur Rechtslage unter der MarktmissbrauchsVO Krause in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rz. 127; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 7 Rz. 376; Hopt/Kumpan, ZGR 2017, 765, 797 ff. So schon zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der MarktmissbrauchsVO Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 153 (Fn. 75); Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 452. 213 Zu den Voraussetzungen des Aufschubs der Veröffentlichung von Insiderinformationen bei M&A Transaktionen vgl. Veil/Brüggemeier in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 10 Rz. 93 ff., 127; Hopt/Kumpan, ZGR 2017, 765, 782 ff. 214 Dafür Sieger/Hasselbach, BB 2000, 625, 630. 215 Hopt, ZGR 2002, 333, 339 f.; von Riegen, ZHR 167 (2003), 702, 727 f. 216 Meyer in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rz. 78; Brellochs in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 11 Rz. 58; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Art. 11 VO Nr. 596/2014 Rz. 7. 217 Krause in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rz. 127; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 7 Rz. 375; Hopt/Kumpan, ZGR 2017, 765, 794 f. 218 Hopt/Kumpan, ZGR 2017, 765, 794; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 10 Rz. 162; zur Rechtslage vor Inkrafttreten der MarktmissbrauchsVO Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340, 342.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 90 § 22
dichtet, dass das Vorhandensein dieses Plans eine Insiderinformation darstellt219, ist der Anwendungsbereich der genannten Vorschriften der MarktmissbrauchsVO eröffnet. Im Vorfeld eines Übernahmeangebots ist die Kontaktaufnahme mit den Aktionären der Zielgesellschaft eine Marktsondierung gemäß Art. 11 Abs. 2 MarktmissbrauchsVO220 und unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift insiderrechtlich zulässig. Dies ist der Fall, wenn die weitergegebenen Informationen erforderlich sind, um den angesprochenen Aktionären zu ermöglichen, sich eine Meinung darüber zu bilden, ob sie zur Abgabe ihrer Aktien bereit sind. Zudem muss die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots vom Vorliegen hinreichender Verkaufsbereitschaft abhängen221. Ob Dritte (z.B. Investmentbanken) die Marktsondierung für den Bieter vornehmen können, ist umstritten222. Umstritten ist ebenfalls, ob die Kontaktaufnahme mit den Aktionären der Zielgesellschaft auch im Vorfeld eines einfachen Erwerbsangebots und eines Pflichtangebots eine Marktsondierung i.S.d. Art. 11 Abs. 2 MarktmissbrauchsVO darstellt223. Wenn der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht eröffnet ist, beurteilt sich die Zulässigkeit der Kontaktaufnahme mit Aktionären der Zielgesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen, d.h. den Kriterien des Weitergabeverbots gemäß Art. 10 Abs. 1 MarktmissbrauchsVO. Hiernach muss die mit der Kontaktaufnahme verbundene Weitergabe der Insiderinformation unerlässlich und verhältnismäßig sein224. Insoweit hat sich die Rechtslage durch das Inkrafttreten der MarktmissbrauchchsVO nicht geändert. Demnach liegt ein Verstoß gegen das Weitergabeverbot nicht vor, wenn eine begrenzte Zahl von Aktionären angesprochen wird und diese als Verkäufer objektiv in Frage kommen225. Dem Inhalt von Vereinbarungen mit Aktionären der Zielgesellschaft sind nur wenige Grenzen ge- 90 setzt226. Soweit der sofortige Erwerb der Wertpapiere vorgesehen ist, werden bei Überschreiten der relevanten Schwellenwerte die Mitteilungspflichten gemäß § 33 Abs. 1 WpHG und bei Erreichen bzw. Überschreiten von 30 % der Stimmrechte die Veröffentlichungspflicht gemäß § 35 Abs. 1 WpÜG und die Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Angebots gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG ausgelöst. Die Einräumung einer dinglichen Call-Option hätte wegen der Zurechnungstatbestände in § 34 Abs. 1 Nr. 5 WpHG und § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG die gleichen Rechtsfolgen (siehe hierzu § 30 WpÜG Rz. 111 ff.). Wenn der Bieter am frühzeitigen Beteiligungserwerb (und ggf. an der Abgabe eines Pflichtangebots) nicht interessiert ist, kommt der Abschluss schuldrechtlicher Vereinbarungen in Betracht, die den Wertpapierinhaber verpflichten, seine Wertpapiere an den Bieter zu veräußern – also Kaufverträge, schuldrechtliche Call-Optionen oder unwiderrufliche Zusagen von Wertpapierinhabern, ihre Aktien dem Bieter im Zuge des öffentlichen Angebots anzudienen (irrevocables)227. Diese Vereinbarungen sind unter den Voraussetzungen des § 38 WpHG offen zu legen228. Im Übrigen sind insbesondere § 10 Abs. 1 Satz 1 und § 31 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 31 Abs. 2–4 WpÜG und § 4 WpÜG-AngVO zu be219 Hierzu Krause in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rz. 127; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 7 Rz. 372 ff. 220 Hopt/Kumpan, ZGR 2017, 765, 795; Meyer in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 8 Rz. 78. 221 Zu den Voraussetzungen im Einzelnen: Meyer in Meyer/Veil/Rönnau, Hdb. zum Marktmissbrauchsrecht, § 6 Rz. 78; Brellochs in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 11 Rz. 71 ff.; Assmann in Assmann/ Uwe H. Schneider/Mülbert, Art. 11 VO Nr. 596/2014 Rz. 34 ff. 222 Delegation zulässig: Zetzsche, AG 2016, 610, 612; Fuhrmann, WM 2018, 593, 598; Brellochs in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 11 Rz. 59; Delegation unzulässig: Hopt/Kumpan in Schimansky/Bunte/ Lwowski, § 107 Rz. 112; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Art. 11 VO Nr. 596/2014 Rz. 25. 223 Dafür: Zetzsche, AG 2016, 610, 612; Brellochs in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 11 Rz. 65; dagegen: Fuhrmann, WM 2018, 593, 597 f.; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Art. 11 VO Nr. 596/2014 Rz. 27. 224 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Art. 10 VO Nr. 596/2014 Rz. 20, 57. 225 Vorauflage Rz. 89; Hopt, ZGR 2002, 333, 339 f.; von Riegen, ZHR 167 (2003), 702, 727 f.; weitergehend Meyer/ Kiesewetter, WM 2009, 340, 342 f.; Klöhn in Klöhn, MarktmissbrauchsVO Kommentar, Art. 10 Rz. 162. 226 Zu verschiedenen Gestaltungen vgl. von Riegen, ZHR 167 (2003), 702, 711 ff., 717 ff. 227 Zu irrevocables eingehend von Riegen, ZHR 167 (2003), 702; zur englischen Praxis Paul/Horan, European Lawyer, July/August 2002, S. 5, 6; Stern in Takeovers and Mergers in the European Union, 3. Aufl. 2001, S. 525, 544 (Ziff. 16. 7. 8). 228 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 38 WpHG Rz. 52; zur Vorgängernorm § 25a WpHG a.F. Krause, AG 2011, 469, 479; Cascante/Bingel, NZG 2011, 1086, 1094 f.; zu irrevocables, BaFin Emittentenleitfaden, Modul B – Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile, Stand: 30.10.2018, I.2.8.1.2, S. 43.
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§ 22 Rz. 90 Konkurrierende Angebote achten: § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zwingt den Erwerber – wenn sich in der Vereinbarung eine endgültige Entscheidung zur Abgabe eines Angebots manifestiert – zur unverzüglichen Veröffentlichung dieser Entscheidung; § 31 Abs. 6 WpÜG regelt i.V.m. § 31 Abs. 2–4 WpÜG und § 4 WpÜG-AngVO die Relevanz der vereinbarten Gegenleistung für die im öffentlichen Angebot vorzusehende Gegenleistung. 91
Im Zusammenhang mit konkurrierenden Angeboten stellt sich die Frage, ob die Wertpapierinhaber, die mit dem ursprünglichen Bieter eine Vereinbarung über die Veräußerung ihrer Wertpapiere geschlossen haben, analog § 22 Abs. 3 WpÜG zum Rücktritt von ihren Zusagen berechtigt sind229. Dies ist zu verneinen, weil die Wertpapierinhaber, die derartige Vereinbarungen abschließen, nicht schutzbedürftig sind. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass das Rücktrittsrecht nicht nur dem Interesse einzelner Aktionäre diene, sondern auch dem Interesse der konkurrierenden Bieter und der „freien“ Aktionäre230, über deren Schutz gebundene Aktionäre nicht zu verfügen berechtigt sind231. Würde man das Rücktrittsrecht auch auf irrevocables ausdehnen, bestünde die Gefahr, dass Bieter, die sich nicht auf Vorfeldzusagen verlassen können, ihre Angebotsvorhaben angesichts der finanziellen Risiken nicht realisieren. Dies würde dem Markt für Unternehmenskontrolle schaden232. Zudem wäre selbst bei Anerkennung eines Rücktrittsrechts des Wertpapierinhabers fraglich, ob konkurrierenden Bietern damit gedient wäre: Es ist nämlich nicht gewährleistet, dass die Gebundenen auch von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch machen233. Weil Wertpapierinhaber zum Abschluss von irrevocables nicht gezwungen sind, können sie die aus ihrer Sicht erforderlichen Bedingungen und Rücktrittsrechte mit dem Bieter frei aushandeln234. Denkbar wäre daher etwa die Vereinbarung eines zeitlich begrenzten Rücktrittsrechts für den Fall, dass ein konkurrierendes Angebot mit einer signifikant höheren (betragsmäßig definierten) Gegenleistung abgegeben wird. Soweit die Wertpapierinhaber ihre Aktien in das öffentliche Angebot „hineinverkauft“ haben, können sie von den so zustande gekommenen Kaufverträgen selbstverständlich gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG zurücktreten; sie verletzen damit aber ihre Pflichten nach dem irrevocable, wenn nicht die Voraussetzungen vorliegen, unter denen sie sich den Rücktritt vorbehalten haben.
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Anlässlich der Umsetzung der Übernahmerichtlinie stellt sich die Frage, ob Kaufverträge und irrevocables von der Durchgriffsregel (§ 33b Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 WpÜG) (hierzu § 33b WpÜG Rz. 22 ff.) erfasst werden. Gemäß § 33b Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 WpÜG gelten „zwischen Aktionären vereinbarte Übertragungsbeschränkungen von Aktien“, während der Annahmefrist nicht gegenüber dem Bieter. Wenn der Bieter bereits Wertpapiere der Zielgesellschaft erworben hat und somit Wertpapierinhaber im Sinne der Richtlinie ist, ließe sich argumentieren, dass der Abschluss eines Kaufvertrags bzw. die Vereinbarung eines irrevocable den anderen Wertpapierinhaber daran hindert, seine Wertpapiere an einen konkurrierenden Bieter zu veräußern. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Kaufverträge und irrevocables auf die Veräußerung der Aktien abzielen und somit Übernahmen fördern, während nach der ratio legis des § 33b WpÜG nur solche Vereinbarungen dem Durchgriff unterliegen sollen, die generell auf die Verhinderung von Übernahmen abzielen235.
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Der ursprüngliche Bieter wird daran interessiert sein, eventuell erworbene Wertpapiere an den konkurrierenden Bieter zu veräußern, wenn abzusehen ist, dass das konkurrierende Angebot erfolgreich sein wird. Dem steht nichts entgegen: Soweit ihm Aktien der Zielgesellschaft gehören, kann er 229 In Frankreich und Italien sind die mit dem ursprünglichen Bieter geschlossenen Vereinbarungen mit Veröffentlichung des konkurrierenden Angebots gegenstandslos; vgl. Art. 232-10 Abs. 2 Règlement Général AMF; siehe auch Paul/Horan, European Lawyer, July/August 2002, S. 5, 6. 230 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 13. 231 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 22 WpÜG Rz. 44; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 26 ff., spricht sich für eine Unwirksamkeit jeglicher Formen von außerhalb des öffentlichen Angebots gemachten Absprachen (u.a. irrevocables mit Vertragsstrafen) aus, die geeignet sind, die gesetzlichen Vorgaben für Pflichtangebote zu umgehen; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 22 WpÜG Rz. 13 (aber unklar, ob Rücktrittsausschluss nur für Angebotsunterlage oder darüber hinaus gelten soll). 232 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 215. 233 Bachmann in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 191, 216; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 22 WpÜG Rz. 27. 234 Krause, AG 2011, 469, 479; so auch die Praxis in Großbritannien; vgl. Paul/Horan, European Lawyer, July/August 2002, S. 5, 6. 235 Kiem in Baums/Thoma/Verse, § 33b WpÜG Rz. 18.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 95 § 22
das Angebot des konkurrierenden Bieters annehmen. Soweit ihm Aktien angedient werden und er, weil er sich nicht durch eine Akzeptanzschwelle geschützt hat, nach Ablauf der Annahmefrist Eigentum an diesen Aktien erwirbt, wird die Gelegenheit zum „Durchhandeln“ regelmäßig während der weiteren Annahmefrist des konkurrierenden Angebots bestehen.
II. Due Diligence bei konkurrierenden Angeboten Bieter sind typischerweise daran interessiert, vor der Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots eine Due Diligence bei der Zielgesellschaft durchzuführen. Bei der Zielgesellschaft fällt die Entscheidung über die Zulassung der Due Diligence nach herrschender Auffassung in die Zuständigkeit des Vorstands236, der hierüber nach eigenem Ermessen grundsätzlich einstimmig237 zu entscheiden hat (zu Einzelheiten siehe § 35 WpÜG Rz. 241). Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG und, soweit Zugang zu Insiderinformationen gewährt wird, das Weitergabeverbot gemäß Art. 10 Abs. 1 MarktmissbrauchsVO stehen der Zulassung der Due Diligence nicht per se entgegen238, bilden aber einen bedeutsamen Gesichtspunkt im Rahmen der vom Vorstand zu treffenden Gesamtabwägung239. Ermessensleitender Orientierungspunkt im Rahmen der Abwägung ist das Gesellschaftsinteresse240.
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Wie sich der Vorstand der Zielgesellschaft zu verhalten hat, wenn ein „freundlicher“ Bieter eine Due Diligence durchgeführt hat und sodann ein konkurrierender feindlicher Bieter die Durchführung einer Due Diligence verlangt241 oder wenn ein „feindliches“ Angebot angekündigt worden ist und der vom Vorstand angesprochene potentielle „weiße Ritter“ vor der Ankündigung seines konkurrierenden Angebots eine Due Diligence durchführen will, ist im WpÜG nicht angesprochen. Ob sich die Zielgesellschaft gegenüber einem Bieter verpflichten kann, konkurrierenden Bietern die Durchführung einer Due Diligence zu verweigern, ist im WpÜG nicht geregelt. Diese Fragen erscheinen durchaus regelungswürdig242. Im Takeover Code243, im französischen244 und im schweizerischen Recht245 ist vorgesehen, dass die Zielgesellschaft den ursprünglichen und den konkurrierenden Bieter in Bezug auf die Offenlegung gesellschaftsinterner Informationen grundsätzlich gleichbehandeln muss246. Auch der
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236 Roschmann/Frey, AG 1996, 449, 451 f.; K. Mertens, AG 1997, 541 ff.; K.J. Müller, NJW 2000, 3452 ff.; Linker/ Zinger, NZG 2002, 497; a.A. Ziemons, AG 1999, 492, 495, 500. 237 K.J. Müller, NJW 2000, 3452, 3453 f.; Ziemons, AG 1999, 492, 500; Linker/Zinger, NZG 2002, 497, 498; a.A. Schroeder, DB 1997, 2161, 2162. 238 So aber Lutter, ZIP 1997, 613, 617; ähnlich Ziemons, AG 1999, 492, 495. 239 Hopt/Roth in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 304; K. Mertens, AG 1997, 541, 544 ff.; K.J. Müller, NJW 2000, 3452, 3453 f.; Stoffels, ZHR 165 (2001), 362, 371 ff. 240 Hüffer/Koch, § 93 AktG Rz. 6 ff.; von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 93, 99. Insoweit können auch die Interessen einzelner verkaufswilliger Aktionäre an der Offenlegung der im Rahmen der Due Diligence zu erhebenden Informationen berücksichtigt werden, ebenso eventuelle Geheimhaltungsinteressen einzelner Aktionäre, nicht aber persönliche Interessen der Vorstandsmitglieder (etwa am Fortbestand ihrer Organzugehörigkeit); vgl. Fleischer, ZIP 2002, 651, 652; Stoffels, ZHR 165 (2001), 362, 374. 241 Zu dieser Konstellation vgl. etwa die Empfehlung der schweizerischen Übernahmekommission in der Sache Stancroft Trust Limited/Intersport Holding PSC AG vom 11.8.2000, www.takeover.ch; hierzu Wey/Huber, SZW 2001, 144, 146; Panel Statement in der Sache HSBC Holdings plc/Lloyds Bank plc/Midland Bank plc vom 12.5.1992. 242 Wenn man eine Verpflichtung der Zielgesellschaft zur Gleichbehandlung konkurrierender Bieter gesetzlich verankern wollte, wäre in diesem Rahmen zu regeln, in welchem Umfang der „feindliche“ Bieter einen Anspruch auf Zugang zu den Interna der Zielgesellschaft hat. Die Notwendigkeit der raschen Durchführung des Übernahmeverfahrens und das Interesse der Zielgesellschaft am Schutz vor der Ausforschung durch den „feindlichen“ Bieter legen nahe, das Informationsrecht des „feindlichen“ Bieters nach dem Vorbild der Rule 20.2 des Takeover Code zu begrenzen. 243 Takeover Code, Rule 20.2. 244 Commission des Opérations de Bourse, Recommandation no. 2003-01, abgedr. in Bulletin Mensuel COB, Octobre 2003, no. 383, S. 2, 4 (Sub II-1). 245 Art. 49 Abs. 1 UEV-UEK. 246 Näher Fleischer, ZIP 2002, 651, 652 f. Zu beachten ist allerdings, dass der „feindliche“ Bieter gemäß Note 1 on Rule 20.2 Takeover Code gerade nicht die Herausgabe der dem „freundlichen“ Bieter zugänglich gemachten Informationen verlangen kann, sondern spezifische Fragen stellen muss.
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§ 22 Rz. 95 Konkurrierende Angebote Übernahmekodex hatte vorgesehen, dass der Vorstand der Zielgesellschaft nach pflichtgemäßem Ermessen und im Interesse der Wertpapierinhaber verpflichtet ist, anderen Personen als dem ursprünglichen Bieter, die ihrerseits ein ernsthaftes Interesse an der Übernahme der Zielgesellschaft glaubhaft gemacht haben, die gleichen Informationen wie dem ursprünglichen Bieter zur Verfügung zu stellen247. In Österreich248 wurde über diese Form der Gleichbehandlung konkurrierender Bieter diskutiert. In anderen Ländern gibt es dagegen, soweit ersichtlich, kein Recht des konkurrierenden Bieters auf Durchführung einer Due Diligence. 96
Unter Berufung insbesondere auf den Takeover Code wird auch in Deutschland angenommen, dass die Zielgesellschaft generell249 oder unter bestimmten Umständen250 zur informationellen Gleichbehandlung konkurrierender Bieter verpflichtet sei. Allerdings ist zweifelhaft, ob das Schweigen des WpÜG eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes darstellt, die der Ausfüllung durch Analogie oder Rechtsfortbildung zugänglich ist.
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Ob eine Unvollständigkeit des Gesetzes planwidrig ist, ist durch historische und teleologische Auslegung des Gesetzes zu ermitteln251. In den verschiedenen Gesetzentwürfen und ihren Begründungen ist die Thematik der Durchführung einer Due Diligence bei konkurrierenden Angeboten mit keinem Wort erwähnt. Allerdings müssen dem Gesetzgeber die Regelung im Übernahmekodex252 sowie im Takeover Code und im schweizerischen Recht bekannt gewesen sein, denn es ist bekannt, dass die zuständigen Referenten im Bundesministerium der Finanzen ausführliche rechtsvergleichende Erhebungen durchgeführt haben253, damit das WpÜG eines seiner wesentlichen Ziele – Orientierung an international üblichen Standards254 – erreichen konnte255. Dies scheint auf ein beredtes Schweigen hinzudeuten. Außerdem war den Referenten bekannt, dass über die Zulässigkeit der Due Diligence bei Aktiengesellschaften und die zu ihrer Durchführung rechtlich erforderlichen Rahmenbedingungen streitig diskutiert wurde (siehe oben Rz. 94). Ganz offensichtlich wollten die Referenten der (noch nicht zum Ende gekommenen) aktienrechtlichen Diskussion und den dort vorgeschlagenen differenzierenden Lösungen nicht vorgreifen.
98
Ob die Schutzzwecke des Gesetzes verdeutlichen, dass die Frage der informationellen Gleichbehandlung konkurrierender Bieter planwidrig ungeregelt geblieben ist, ist unsicher. Zu den vom Gesetzgeber formulierten Zielen256 bzw. den in § 3 WpÜG niedergelegten allgemeinen Prinzipien gehört die Gleichbehandlung konkurrierender Bieter jedenfalls nicht257: Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 WpÜG verpflichtet zur Gleichbehandlung der „Inhaber der Wertpapiere“, nicht zur Gleichbehandlung meh-
247 Art. 2 Abs. 2 Übernahmekodex; hierzu Kallmeyer, ZHR 161 (1997), 435, 446 f.; Zinser, Übernahmeangebote, S. 186 f. 248 Die h.M. nimmt dort trotz des Fehlens einer gesetzlichen Regelung ein Informationsrecht des konkurrierenden Bieters an; vgl. Fleischer, ZIP 2002, 651, 653 m.w.N. 249 Hirte, ZGR 2002, 623, 640; Hopt, ZGR 2002, 333, 358; Fleischer, ZIP 2002, 651, 653 f.; Liekefett, AG 2005, 802, 806 ff. 250 Schwennicke in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 14. 251 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 373. 252 Vgl. die Erwähnung des Übernahmekodex in Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 27. 253 Niederschlag etwa in Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeilage 2/2000, S. 17, 24, 29. 254 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 255 Deutlich Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 388, mit der Forderung, dass daher die unter dem City Code (und anderen europäischen Übernahmeregeln) gemachten Erfahrungen bei der Auslegung und Kommentierung des WpÜG über das herkömmliche Postulat der Einbeziehung rechtsvergleichender Erfahrungen hinaus zu berücksichtigen seien. 256 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 28 (Leitlinien für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren, Transparenz für Wertpapierinhaber und Arbeitnehmer, Stärkung der Stellung der Minderheitsaktionäre, Orientierung an internationalen Standards – Hervorhebungen vom Verf.). 257 Die informationelle Gleichbehandlung käme den Wertpapierinhabern allerdings indirekt zugute, denn der konkurrierende Bieter könnte nach einer zufriedenstellend verlaufenden Due Diligence wahrscheinlich eine höhere Gegenleistung anbieten, als ihm dies ohne eine Due Diligence möglich wäre; Cramton/Schwartz, 7 J.L. Econ & Org. 27, 35 (1991); Romano in Hopt/Wymeersch, European Takeovers, 1992, S. 3, 36. Gleichwohl erscheint die Auslegung überzogen, dass die ratio legis des § 22 auch einen derartigen indirekten Schutz der Wertpapierinhaber umfasse.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 99 § 22
rerer Bieter258. Das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu einer aktiven Gleichbehandlungspflicht auszubauen259, erscheint nicht angängig: Der Schutzzweck des § 33 Abs. 1 WpÜG besteht darin, den Aktionären die freie Entscheidung über die Annahme eines Angebots bzw. bei Vorliegen mehrerer Angebote die Wahl zwischen den Angeboten zu ermöglichen. Ein Diskriminierungsverbot lässt sich hieraus nicht herleiten260. Aus der Mindestannahmefrist (§ 16 Abs. 1 WpÜG), den in der Angebotsunterlage zu veröffentlichenden Angaben (§ 11 Abs. 2 WpÜG) und dem Rücktrittsrecht gemäß § 22 Abs. 3 WpÜG eine konkurrenzfördernde Grundhaltung des Gesetzes herzuleiten261, erscheint sehr weitgehend262. Die Vorschriften der § 16 Abs. 1, § 11 Abs. 2 WpÜG dienen in erster Linie der Gewährleistung eines fairen und geordneten Angebotsverfahrens und der Transparenz für die Wertpapierinhaber; die vierwöchige Mindestannahmefrist mag konkurrierende Angebote ermöglichen – eine Förderung derselben ist nicht erkennbar. Allenfalls § 22 Abs. 3 WpÜG ist eine konkurrenzfördernde Grundhaltung zu entnehmen. Dass diese verfahrensrechtliche Regelung ihren Zweck verfehlt, wenn ihr nicht eine Regel über den gleichen Informationszugang zur Seite gestellt wird263, lässt sich jedenfalls aus praktischer Sicht nicht bestätigen264. Es kommt hinzu, dass der Vorstand der Zielgesellschaft – anders als nach englischem Recht265 oder dem Recht von Delaware266 – gemäß § 3 Abs. 3 WpÜG auf das Interesse der Gesellschaft verpflichtet ist und in diesem Rahmen zwar die Interessen der Aktionäre an der Wahrnehmung einer attraktiven Veräußerungsmöglichkeit fördern darf, jedoch auch andere in der Gesellschaft zusammenfließende Interessen (etwa von Arbeitnehmern, Gläubigern etc.) berücksichtigen muss (zu Einzelheiten siehe § 3 WpÜG Rz. 31 ff.)267. Außerdem befreit das WpÜG den Vorstand nicht von seiner aktienrechtlichen Verpflichtung, die Gestattung der Due Diligence vom Ergebnis der Abwägung der Chancen und Risiken für das Unternehmen abhängig zu machen (siehe oben Rz. 94). Im Rahmen dieser Abwägung hat er zu berücksichtigen, ob es sich bei dem Bieter um einen Wettbewerber oder einen „neutralen“ Finanzinvestor handelt. Wenn gute Gründe des Gesellschaftsinteresses dafür sprechen, darf er dem Finanzinvestor die Due Diligence gestatten und sie dem Wettbewerber verweigern268. Wäre er zur Gleichbehandlung der Bieter verpflichtet, könnte er nur einheitlich entscheiden. Wenn also in der Person nur eines Bieters Gründe für die Versagung liegen, dürfte der Vorstand überhaupt keine Due Diligence zulassen. Folglich könnte ein Wettbewerber, nachdem der Vorstand einem Finanzinvestor die Durchführung einer Due Diligence gestattet hat, an den Vorstand herantreten und unter dem Vorbringen, die Abgabe eines konkurrierenden Angebots zu erwägen, gleiche Behandlung verlangen269. Weil der Vorstand niemals sicher sein kann, ob sich nicht zu einem späteren Zeitpunkt ein Wettbewerber meldet, der die Gesellschaft „ausspähen“ könnte, dürfte er als vorsichtiger Geschäftsleiter niemandem
258 Drygala, WM 2004, 1457, 1463; Fleischer, ZIP 2002, 651, 654; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.171. 259 So aber Hirte, ZGR 2002, 623, 640; weitere Nachweise bei Fleischer, ZIP 2002, 651, 653. 260 Zutr. Fleischer, ZIP 2002, 651, 654. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, müsste die Diskriminierung unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG zulässig sein. 261 So Fleischer, ZIP 2002, 651, 653 f. 262 Zutreffend Drygala, WM 2004, 1457, 1463. 263 In diesem Sinne Fleischer, ZIP 2002, 651, 654. 264 Den Übernahmekampf um die französische Paribas S.A. im Jahr 1999 konnte die „feindliche“ Banque Nationale de Paris S.A. gegen die „freundliche“ Société Générale S.A. ohne Durchführung einer Due Diligence für sich entscheiden. 265 Vgl. Fleischer, ZIP 2002, 651, 652 f. m.w.N.; von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 93, 102. 266 Vgl. Rieckers, RIW 2003, 668, 669; Drygala, WM 2004, 1457, 1463 (jeweils m.w.N.); von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 93, 101. 267 Entgegen Drygala, WM 2004, 1457, 1463 f., ist die Stellung des Vorstands aber nicht mit der Stellung des Managements einer Pennsylvania Corporation vergleichbar, weil ersterer den Beschränkungen des § 33 Abs. 1 WpÜG unterliegt, während letzterer zu weitreichenden Abwehrmaßnahmen berechtigt ist. 268 Maier-Reimer, ZHR 163 (2001), 258, 264 f.; Fleischer, ZIP 2002, 651, 654 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 77; Drygala, WM 2004, 1457, 1464; Hasselbach, NZG 2004, 1087, 1094; Seibt, CFL 2011, 213, 220; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.171. 269 Hopt, ZGR 2002, 333, 358; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 77.
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99
§ 22 Rz. 99 Konkurrierende Angebote eine Due Diligence zu gestatten – vor dem Hintergrund der positiven ökonomischen Effekte einer Due Diligence270 ein untragbares Ergebnis. 100
Da hiernach die Historie und die Schutzzwecke des WpÜG gegen das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke sprechen, verbietet sich eine Analogie. Auch wenn man dies rechtspolitisch als wenig befriedigend empfinden mag, muss es jedenfalls de lege lata dabei bleiben, dass der Vorstand der Zielgesellschaft nach eigenem, pflichtgemäßen Ermessen über die Gestattung der Due Diligence des „feindlichen“ Bieters entscheidet271.
F. Blick über die Grenze I. Vereinigtes Königreich 101
Das Regime konkurrierender Angebote unter dem Takeover Code erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Seine Rule 33.1 (Timing and Revision) verweist in Bezug auf die Annahmefrist auf Rule 31 und in Bezug auf Änderungen des konkurrierenden Angebots auf Rule 32. Gemäß Rule 31.6(a)(i) gewährt der Takeover Panel beim Auftreten eines konkurrierenden Angebots regelmäßig eine Ausnahme von der Regel, dass ein Übernahmeangebot spätestens am 60. Tag nach seiner Abgabe unconditional as to acceptances geworden sein muss272, d.h. der Bieter unter Berücksichtigung der ihm angedienten Aktien mehr als 50 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft erworben haben muss273. Die Synchronisierung der Annahmefristen derart, dass der Fristenlauf des konkurrierenden Angebots für beide Angebote maßgeblich ist, ergibt sich erst aus den Anmerkungen zu Rule 31.6274.
102
Die Problematik, dass zwei Bieter, die sich fortlaufend überbieten, die Zielgesellschaft theoretisch unendlich lange „belagern“ können, stellt sich nicht, weil Änderungen eines Angebots nach dem 46. Tag der Annahmefrist nicht mehr zulässig sind275. Maßgeblich ist insofern für beide Bieter der 46. Tag der Annahmefrist des konkurrierenden Angebots. Der Takeover Panel muss eine Frist setzen, innerhalb derer die Bieter auf eine Änderung des Angebots des jeweils anderen Bieters, die am 46. Tag erfolgt, noch reagieren können276. Im Übrigen genießt der Takeover Panel relativ weites Ermessen, dieses Auktionsverfahren auszugestalten277; insbesondere kann es eine Frist für die letztmalige Änderung der Angebote setzen278. Ein solches Auktionsverfahren wurde vom Takeover Panel im Bieterwettstreit zwischen der Tata Steel UK Ltd. und der Companhia Siderúrgica National Acquisitions Ltd. um die Corus Group plc durchgeführt279.
103
Die Aktionäre, die das ursprüngliche Angebot angenommen haben, sind erst ab dem 21. Tag nach dem ersten closing zum Rücktritt berechtigt, sofern nicht das ursprüngliche Angebot bis dahin unconditional as to acceptances geworden ist, der Bieter sich bis dahin also schon mehr als 50 % der Stimmrechte gesichert hat280. Weil das erste closing frühestens mit Ablauf des 21. Tages nach dem Versand der Angebotsunterlage stattfinden darf281, besteht das Rücktrittsrecht frühestens ab dem 42. Tag der Annahmefrist.
270 Hierzu eingehend Banerjea, ZIP 2003, 1730, 1731 f., 1734 ff. 271 So auch § 33 WpÜG Rz. 165; ebenso von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, S. 127; Drygala, WM 2004, 1457, 1464 f.; von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 93, 106; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 18 Rz. 10 f.; ähnlich Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 7, 10. 272 Takeover Code, Rule 31.6 Satz 1. 273 Takeover Code, Rule 10. 274 Notes on Rule 31.6, note 2. 275 Takeover Code, Rule 32.5 Satz 2, Appendix 8. 276 Takeover Code, Rule 32.5 Satz 2, Appendix 8. 277 Takeover Code, Rule 32.5 Sätze 1 und 4. 278 Notes on Rule 32.5, Appendix 8 („Guillotine“). 279 http://www.thetakeoverpanel.org.uk/wp-content/uploads/2008/12/2007-03.pdf; dazu ausführlich: Böckmann/ Kießling, DB 2007, 1796, 1797 f. 280 Takeover Code, Rule 34. 281 Takeover Code, Rule 31.1.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 106a § 22
Break fee-Vereinbarungen waren bis zum 19.9.2011 generell zulässig, sofern die von der Zielgesellschaft versprochenen break fees 1 % des Transaktionswerts nicht überstiegen und der board der Zielgesellschaft und ihr financial adviser gegenüber dem Takeover Panel bestätigten, dass die break fee nach ihrer Überzeugung im besten Interesse der Aktionäre lag282. Seit dem 20.9.2011 sind von der Zielgesellschaft versprochene break fees bzw. inducement fees generell untersagt283. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn Zielgesellschaft eine break fee-Vereinbarung mit einem einzigen konkurrierenden Bieter zu einem Zeitpunkt abschließt, zu dem ein feindliches Angebot eines anderen Bieters vorliegt und der konkurrierende Bieter seinen festen Willen zum Ausdruck gebracht hat, ein konkurrierendes Angebot abgeben zu wollen284. Weitere Voraussetzungen sind, dass die versprochene break fee 1 % des Transaktionswerts nicht übersteigt, und nur dann fällig wird, sofern eines der miteinander konkurrierenden Angebote für bedingungslos gültig erklärt wird285. Durch diese Privilegierung der Suche nach einem Konkurrenzangebot (white knight) sollte die Position der Zielgesellschaft gestärkt werden, nachdem erkannt worden war, dass break fee-Vereinbarungen potentielle weitere Bieter von der Abgabe konkurrierender Angebote abgehalten hatten oder ihre Konkurrenzangebote einen entsprechenden Abschlag enthielten286.
104
Informationen, die ein Bieter im Zuge einer Due Diligence bei der Zielgesellschaft erhalten hat, muss 105 die Zielgesellschaft einem konkurrierenden Bieter auf dessen Verlangen unverzüglich zur Verfügung stellen, auch wenn dieser konkurrierende Bieter weniger willkommen ist als der ursprüngliche Bieter287. Der konkurrierende, weniger willkommene Bieter ist aber nicht berechtigt, mit einer allgemein gehaltenen Anfrage alle Informationen zu erhalten, die dem ursprünglichen Bieter zugänglich gemacht wurden; vielmehr muss er spezifische Fragen stellen, um die gewünschten Informationen zu erheben288. In diesen Grenzen ist die Diskriminierung des weniger willkommenen Bieters zulässig289.
II. Österreich Im Zuge des ÜbRÄG wurden im Jahr 2006 die Regelungen der wesentlichen Aspekte konkurrierender Angebote, die bis dahin in der 1. Übernahmeverordnung (1. ÜbV) enthalten waren, in das Übernahmegesetz (ÜbG)290 integriert291. Die bis dahin geltende Regelung des § 16 Abs. 3 der 1. ÜbV, wonach konkurrierende Angebote, deren Gegenleistung hinter der des ursprünglichen Angebots zurückbleibt, unzulässig sind, wurde gestrichen292.
106
Eine Legaldefinition des Begriffs Konkurrenzangebot fehlt im ÜbG. Nach allgemeiner Ansicht sind unter Konkurrenzangeboten Angebote Dritter zu verstehen, die während der Annahmefrist eines Angebots abgegeben werden. Allerdings sind nur solche Angebote als konkurrierend zu betrachten, die jedenfalls zum Teil auf den Erwerb von Wertpapieren derselben Gattung gerichtet sind, auf die sich auch das ursprüngliche Angebot richtet293. Der Bieter des Konkurrenzangebots darf nicht identisch mit dem ursprünglichen Bieter oder mit einem mit diesem gemeinsam handelnden Rechtsträger
106a
282 Takeover Code, Rule 21.2 Abs. 1 Satz 2 a.F. 283 Takeover Code, Rule 21.2 (a); zu den Gründen vgl. Code Committee – Public Consultation Paper 2011/11 (Review on certain aspects of the regulation of takeover bids; proposed amendments to the Takeover Code) vom 21.3.2011, abrufbar unter: http://www.thetakeoverpanel.org.uk/wp-content/uploads/2008/11/PCP201101.pdf (Abruf 14.8.2019). 284 Notes on Rule 21.2, note 1 („Competing offerors“). 285 Notes on Rule 21.2, note 1 (a) & (b). 286 Code Committee – Public Consultation Paper 2011/11 (Review on certain aspects of the regulation of takeover bids; proposed amendments to the Takeover Code) vom 21.3.2011, Section B: 3.2 (a) & (b), S. 37 f. 287 Takeover Code, Rule 21.3 Satz 1. 288 Notes on Rule 21.3, note 1. 289 Vgl. Fleischer, ZIP 2002, 651, 652 m.w.N. 290 Österr. BGBl. I Nr. 127/1998; i.d.F. öBGBl. I Nr. 107/2017. 291 Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 3. 292 Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 3; zur Kritik an der alten Regelung siehe Vorauflage: Löber in Huber, 1999, § 17 ÜbG Rz. 3. 293 Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 6; Thaler in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 15.2, S. 161.
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§ 22 Rz. 106a Konkurrierende Angebote sein294. § 17 ÜbG kennt keine qualitative Beschränkung. Werden mehrere Konkurrenzangebote abgegeben, so löst jedes der Konkurrenzangebote für sich die Rechtsfolgen des § 17 ÜbG aus295. 107
Die Annahmefristen bereits vorliegender Angebote verlängern sich durch die Abgabe eines konkurrierenden Angebots bis zum Ende der Annahmefrist des konkurrierenden Angebots296. Das ÜbG macht darüber hinaus eine Reihe weiterer Vorgaben, die über die Regelungen des § 22 WpÜG hinausgehen. Hiernach müssen die Annahmefristen aller Angebote spätestens 10 Wochen nach Beginn der Annahmefrist des ersten Angebots enden297. Die Übernahmekommission kann diese Frist bei Vorliegen konkurrierender oder verbesserter Angebote angemessen verlängern, soweit dadurch die Zielgesellschaft in ihrer Tätigkeit nicht ungebührlich behindert wird298. Die Annahmefrist des konkurrierenden Angebots darf zwei Wochen nicht unterschreiten und nicht vor Ablauf der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots enden299. Die automatische Fristverlängerung tritt allerdings dann nicht ein, wenn der Bieter sich vorbehalten hatte, von seinem Angebot zurückzutreten, wenn ein günstigeres Angebot abgegeben wird, und er diesen Rücktritt erklärt300, oder wenn er sein Angebot auf die Abgabe eines Konkurrenzangebots auflösend bedingt hat und ihm keine Möglichkeit zum Verzicht auf diese Bedingung zustand301.
108
Das Rücktrittsrecht vom ursprünglichen Angebot ist in § 17 Satz 1 ÜbG geregelt. Hiernach sind Aktionäre berechtigt, ihre Annahme des ursprünglichen Angebots zu widerrufen, sofern das konkurrierende Angebot vor Ablauf der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots veröffentlicht wird. Die Ausübung des Rücktrittsrechts begründet für den Aktionär keine Verpflichtungen, insbesondere braucht er das Konkurrenzangebot nicht anzunehmen302. Liegen mehrere Angebote vor und wird eines von ihnen verbessert, können die Aktionäre von vorangegangenen Annahmeerklärungen zurücktreten303. Das Rücktrittsrecht muss bis spätestens vier Börsetage vor Ablauf der ursprünglichen (nicht der gemäß § 19 Abs. 1 ÜbG synchronisierten) Annahmefrist ausgeübt werden304.
III. Schweiz 109
Das schweizerische Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG) regelt in Art. 133 Abs. 1 nur das Grundprinzip, dass die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft zwischen konkurrierenden Angeboten die freie Wahl haben müssen. Im Übrigen sind konkurrierende Angebote in der aufgrund Art. 133 Abs. 2 FinfraG von der Schweizer Übernahmekommission erlassenen Übernahmeverordnung vom 21.8.2008 (UEV) geregelt305.
110
Ein konkurrierendes Angebot darf spätestens am letzten Börsentag vor Ablauf des ursprünglichen Angebots mit der Voranmeldung oder dem Angebotsprospekt veröffentlicht werden306. Bei einem konkurrierenden Angebot, das mittels Voranmeldung angekündigt wird, ist spätestens nach fünf Börsentagen der Angebotsprospekt zu veröffentlichen307. Das konkurrierende Angebot dauert gleich lang wie das ursprüngliche Angebot, mindestens jedoch zehn Börsentage308. Läuft das konkurrierende Angebot nach dem ursprünglichen Angebot ab, verlängert sich der Ablauf des ursprünglichen Angebots auto294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308
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Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 6; Thaler in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 15.2, S. 161. Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 8; Thaler in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 15.5, S. 163. § 19 Abs. 1c Satz 2 ÜbG. § 19 Abs. 1d Satz 1 ÜbG. § 19 Abs. 1d Satz 2 ÜbG. § 19 Abs. 1c Satz 1 ÜbG. § 19 Abs. 1c Satz 1 a.E. ÜbG. Gall in Huber, § 19 ÜbG Rz. 33. Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 11; Thaler in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 15.5, S. 164. § 17 Satz 2 ÜbG. § 17 Satz 1 ÜbG; § 17 ÜbG verweist ausdrücklich auf die ursprüngliche Annahmefrist nach § 19 Abs. 1 ÜbG; siehe dazu Zollner in Huber, § 17 ÜbG Rz. 11. Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote vom 21.8.2008; im Internet abrufbar unter http://www.admin.ch/ch/d/sr/9/954.195.1.de.pdf [14.8.2019]. Art. 50 Abs. 1 UEV. Art. 50 Abs. 2 UEV. Art. 50 Abs. 3 UEV.
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Konkurrierende Angebote
Rz. 113 § 22
matisch bis zum Ablauf des konkurrierenden Angebots309. Das ursprüngliche Angebot kann spätestens am fünften Börsentag vor dem Ablauf seiner (synchronisierten) Annahmefrist geändert werden310. Es muss grundsätzlich zehn Börsentage zur Annahme offen stehen311. Um zu verhindern, dass sich die Gesamtdauer des Verfahrens übermäßig hinauszieht, kann die Übernahmekommission insbesondere die Maximaldauer der verschiedenen Angebote festsetzen und die Fristen für die Änderung von Angeboten verkürzen312. Die Wertpapierinhaber sind bei Veröffentlichung eines konkurrierenden Angebots bis zum Ablauf der Annahmefrist zum Widerruf ihrer Annahmeerklärungen in Bezug auf das ursprüngliche Angebot berechtigt313.
111
Die Zielgesellschaft hat den Grundsatz der Gleichbehandlung gegenüber allen Bietern zu wahren; 112 insbesondere hat sie allen Bietern die gleichen Informationen zur Verfügung zu stellen314. Folglich darf der konkurrierende Bieter eine Due Diligence bei der Zielgesellschaft durchführen, wenn auch der ursprüngliche Bieter eine solche Due Diligence durchgeführt hat315. Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter ist materieller Natur; demnach sind dem konkurrierenden Bieter nicht nur die Informationen offen zu legen, die der ursprüngliche Bieter im Zuge seiner Due Diligence erhalten hat, sondern auch die Informationen, die ihm auf anderem Wege bekannt geworden sind (etwa wegen der Mitgliedschaft von Vertretern des ursprünglichen Bieters im Verwaltungsrat der Zielgesellschaft)316. Ferner hat ein Bieter, der sein Angebot vorangemeldet bzw. veröffentlicht hat, nicht nur gegenüber anderen Bietern einen Anspruch auf Gleichbehandlung, sondern auch gegenüber einem potentiellen Bieter (z.B. white knight), der noch kein Angebot angekündigt oder veröffentlicht hat (d.h. weder durch Voranmeldung noch durch Publizität des Angebotsprospekts) und der unter Umständen kein Angebot abgeben wird317. Demzufolge muss die Zielgesellschaft einem Bieter, der sein Angebot abgegeben hat, die Due Diligence gewähren, wenn sie bereits einen potentiellen Bieter zur Due Diligence zugelassen hat318. Umgekehrt gilt dies jedoch nicht319. Denn ein potentieller Bieter kann von der Zielgesellschaft nicht verlangen, dass ihm dieselbe Due Diligence eingeräumt wird, wie dem Bieter, der sein Angebot schon veröffentlicht hat. Begründet wird dies unter anderem damit, dass der zeitliche Anwendungsbereich des Übernahmerechts noch nicht eröffnet ist, solange der potentielle Bieter sein Angebot noch nicht angekündigt bzw. veröffentlicht hat320.
IV. Frankreich Konkurrierende Angebote sind im Règlement Général der Autorité des Marchés Financiers („AMF“)321 geregelt. Danach sind konkurrierende Angebote nur zulässig, wenn sie inhaltlich „besser“ sind als das ursprüngliche Angebot. Dies wäre nach dem Règlement etwa der Fall, wenn entweder (i) im Falle eines 309 310 311 312 313 314 315 316
317 318 319 320 321
Art. 51 Abs. 1 UEV. Art. 52 Abs. 1 UEV. Art. 52 Abs. 3 UEV. Art. 48 Abs. 5 UEV. Art. 51 Abs. 2 UEV. Art. 49 Abs. 1 UEV. Empfehlung der Übernahmekommission in der Sache Stancroft Trust Limited/Intersport Holding PSC AG vom 7.8.2000 (www.takeover.ch). Empfehlung der Übernahmekommission in der Sache Stancroft Trust Limited/Intersport Holding PSC AG vom 11.8.2000, bestätigt durch Verfügung der Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission vom 19.9.2000; hierzu Wey/Huber, SZW 2001, 144, 146; Fleischer, ZIP 2002, 651, 653; Gericke/Wiedmer, Art. 49 UEV Rz. 11. Vgl. Empfehlung I. i.S. SIG Holding AG vom 26.10.2006, Erw. 5.2.2.3; Empfehlung I i.S. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 15.7.2005, Erw. 2.11.3. Gericke/Wiedmer, Art. 49 UEV Rz. 11; Höhn/Lang/Roelli, Öffentliche Übernahmen, E. 5.4.3.1 Rz. 49. Leitentscheid des Bundesgericht BGE 133 II 232, Erw. 3.3.3; dazu von Falkenhausen in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, S. 93, 103. Höhn/Lang/Roelli, Öffentliche Übernahmen, E. 5.4.3.1 Rz. 49. In der Fassung vom 29.10.2018; abrufbar unter https://www.amf-france.org/reglement/RG-en-vigueur (Abruf 14.8.2019).
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113
§ 22 Rz. 113 Konkurrierende Angebote Kaufangebots die Gegenleistung des konkurrierenden Angebots die Gegenleistung des ursprünglichen Angebots um mindestens 2 % übersteigt, (ii) im Falle eines Tauschangebotes das konkurrierende Angebot eine bedeutende Verbesserung gegenüber den Konditionen des ursprünglichen Angebots enthält oder (iii) die Bedingungen des konkurrierenden Angebots zwar denen des ursprünglichen Angebots entsprechen, aber der konkurrierende Bieter – anders als der ursprüngliche Bieter – keine Mindestannahmeschwelle festsetzt322. 114
Ein geplantes konkurrierendes Angebot kann ab dem Beginn der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots und spätestens fünf Börsentage vor dessen Ablauf an die AMF übermittelt werden323. Sobald das konkurrierende Angebot veröffentlicht ist, synchronisiert die AMF die Annahmefristen dergestalt, dass der jeweils späteste der von den Bietern festgesetzten Ablauftermine für den Ablauf der Annahmefristen aller Angebote maßgeblich ist324. Die AMF kann die Annahmefristen darüber hinaus verlängern325.
115
Sobald ein konkurrierendes Angebot veröffentlicht ist, sind alle bis dahin abgegebenen Erklärungen über die Annahme des ursprünglichen Angebots automatisch unwirksam326.
116
Der ursprüngliche Bieter kann sein Angebot und das konkurrierende Angebot bis spätestens fünf Handelstage vor dem Ende der Annahmefrist seines Angebots überbieten327. Hierfür gelten dieselben Voraussetzungen wie für den ursprünglichen Bieter: Die Verbesserung des Angebots ist nur zulässig, wenn entweder (i) bei einem Kaufangebot die Gegenleistung des letzten geänderten Angebots um mindestens 2 % überboten wird, (ii) bei einem Tauschangebot eine wesentliche Verbesserung der Konditionen erfolgt oder (iii) der Bieter auf eine Mindestannahmeschwelle verzichtet328. Wenn die AMF die Veröffentlichung eines derartig verbesserten Angebots zulässt, entscheidet sie gleichzeitig darüber, ob die Annahmefristen verlängert und die bisher abgegebenen Annahmeerklärungen für unwirksam erklärt werden329. Nach Ablauf von mehr als zehn Wochen seit Beginn der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots kann die AMF eine Ausschlussfrist für die Übermittlung der verbesserten Angebote oder ein Datum für die jeweiligen letzten Gebote der Bieterkonkurrenten festsetzen330.
§ 23 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots (1) Der Bieter ist verpflichtet, die Anzahl sämtlicher ihm, den mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen zustehenden Wertpapiere der Zielgesellschaft einschließlich der Höhe der jeweiligen Anteile und der ihm zustehenden und nach § 30 zuzurechnenden Stimmrechtsanteile und die Höhe der nach den §§ 38 und 39 des Wertpapierhandelsgesetzes mitzuteilenden Stimmrechtsanteile sowie die sich aus den ihm zugegangenen Annahmeerklärungen ergebende Anzahl der Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind, einschließlich der Höhe der Wertpapier- und Stimmrechtsanteile 1. nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage wöchentlich sowie in der letzten Woche vor Ablauf der Annahmefrist täglich, 2. unverzüglich nach Ablauf der Annahmefrist, 3. unverzüglich nach Ablauf der weiteren Annahmefrist und
322 323 324 325 326 327 328 329 330
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Art. 232-7 Règlement Général; zur Vorgängerregelung vgl. etwa Klein/Stucki, RIW 2001, 488, 490. Art. 232-5 Règlement Général. Art. 232-10 Abs. 1 Satz 2 Règlement Général. Art. 231-34 Règlement Général. Art. 232-10 Abs. 2 Règlement Général. Art. 232-6 Règlement Général. Art. 232-7 Règlement Général. Art. 232-8 Règlement Général. Art. 232-12 und Art. 232-13 Règlement Général.
Krause und Assmann
§ 22 Rz. 113 Konkurrierende Angebote Kaufangebots die Gegenleistung des konkurrierenden Angebots die Gegenleistung des ursprünglichen Angebots um mindestens 2 % übersteigt, (ii) im Falle eines Tauschangebotes das konkurrierende Angebot eine bedeutende Verbesserung gegenüber den Konditionen des ursprünglichen Angebots enthält oder (iii) die Bedingungen des konkurrierenden Angebots zwar denen des ursprünglichen Angebots entsprechen, aber der konkurrierende Bieter – anders als der ursprüngliche Bieter – keine Mindestannahmeschwelle festsetzt322. 114
Ein geplantes konkurrierendes Angebot kann ab dem Beginn der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots und spätestens fünf Börsentage vor dessen Ablauf an die AMF übermittelt werden323. Sobald das konkurrierende Angebot veröffentlicht ist, synchronisiert die AMF die Annahmefristen dergestalt, dass der jeweils späteste der von den Bietern festgesetzten Ablauftermine für den Ablauf der Annahmefristen aller Angebote maßgeblich ist324. Die AMF kann die Annahmefristen darüber hinaus verlängern325.
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Sobald ein konkurrierendes Angebot veröffentlicht ist, sind alle bis dahin abgegebenen Erklärungen über die Annahme des ursprünglichen Angebots automatisch unwirksam326.
116
Der ursprüngliche Bieter kann sein Angebot und das konkurrierende Angebot bis spätestens fünf Handelstage vor dem Ende der Annahmefrist seines Angebots überbieten327. Hierfür gelten dieselben Voraussetzungen wie für den ursprünglichen Bieter: Die Verbesserung des Angebots ist nur zulässig, wenn entweder (i) bei einem Kaufangebot die Gegenleistung des letzten geänderten Angebots um mindestens 2 % überboten wird, (ii) bei einem Tauschangebot eine wesentliche Verbesserung der Konditionen erfolgt oder (iii) der Bieter auf eine Mindestannahmeschwelle verzichtet328. Wenn die AMF die Veröffentlichung eines derartig verbesserten Angebots zulässt, entscheidet sie gleichzeitig darüber, ob die Annahmefristen verlängert und die bisher abgegebenen Annahmeerklärungen für unwirksam erklärt werden329. Nach Ablauf von mehr als zehn Wochen seit Beginn der Annahmefrist des ursprünglichen Angebots kann die AMF eine Ausschlussfrist für die Übermittlung der verbesserten Angebote oder ein Datum für die jeweiligen letzten Gebote der Bieterkonkurrenten festsetzen330.
§ 23 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots (1) Der Bieter ist verpflichtet, die Anzahl sämtlicher ihm, den mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen zustehenden Wertpapiere der Zielgesellschaft einschließlich der Höhe der jeweiligen Anteile und der ihm zustehenden und nach § 30 zuzurechnenden Stimmrechtsanteile und die Höhe der nach den §§ 38 und 39 des Wertpapierhandelsgesetzes mitzuteilenden Stimmrechtsanteile sowie die sich aus den ihm zugegangenen Annahmeerklärungen ergebende Anzahl der Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind, einschließlich der Höhe der Wertpapier- und Stimmrechtsanteile 1. nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage wöchentlich sowie in der letzten Woche vor Ablauf der Annahmefrist täglich, 2. unverzüglich nach Ablauf der Annahmefrist, 3. unverzüglich nach Ablauf der weiteren Annahmefrist und
322 323 324 325 326 327 328 329 330
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Art. 232-7 Règlement Général; zur Vorgängerregelung vgl. etwa Klein/Stucki, RIW 2001, 488, 490. Art. 232-5 Règlement Général. Art. 232-10 Abs. 1 Satz 2 Règlement Général. Art. 231-34 Règlement Général. Art. 232-10 Abs. 2 Règlement Général. Art. 232-6 Règlement Général. Art. 232-7 Règlement Général. Art. 232-8 Règlement Général. Art. 232-12 und Art. 232-13 Règlement Général.
Krause und Assmann
Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 2 § 23
4. unverzüglich nach Erreichen der für einen Ausschluss nach § 39a Abs. 1 und 2 erforderlichen Beteiligungshöhe gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 zu veröffentlichen und der Bundesanstalt mitzuteilen. § 14 Abs. 3 Satz 2 und § 31 Abs. 6 gelten entsprechend. (2) Erwerben bei Übernahmeangeboten, bei denen der Bieter die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat, und bei Pflichtangeboten der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage und vor Ablauf eines Jahres nach der Veröffentlichung gemäß Absatz 1 Nr. 2 außerhalb des Angebotsverfahrens Aktien der Zielgesellschaft, so hat der Bieter die Höhe der erworbenen Aktien- und Stimmrechtsanteile unter Angabe der Art und Höhe der für jeden Anteil gewährten Gegenleistung unverzüglich gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 zu veröffentlichen und der Bundesanstalt mitzuteilen. § 31 Abs. 6 gilt entsprechend. A. Gegenstand und Entwicklung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . I. Erforderliche Angaben . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angaben über den aktuellen tatsächlichen Wertpapier- und Stimmrechtsbestand . . a) Anzahl der Wertpapiere . . . . . . . . b) Anteil am Grundkapital . . . . . . . . c) Stimmrechtsanteile . . . . . . . . . . . 3. Angaben über dem Bieter zugegangene Annahmeerklärungen . . . . . . . . . . . . II. Veröffentlichungs-, Mitteilungs- und Übersendungspflichten . . . . . . . . . . . . 1. Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . a) Art der Veröffentlichung . . . . . . . . b) Zeitpunkte der Veröffentlichung . . . . aa) Veröffentlichungen im Laufe der Annahmefrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) . . . . . . . . bb) Ergebnisbekanntmachung nach Ablauf der ersten Annahmefrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG)
1 4 4 4 8 8 13 15 17 18 19 19 20 20
cc) Ergebnisbekanntmachung nach Ablauf der weiteren Annahmefrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . dd) Erreichen der für ein „Squeezeout“ erforderlichen Beteiligungshöhe (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitteilungs- und Übersendungspflichten C. Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten auslösende Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . III. Veröffentlichungspflicht . . . . . . . . . . . . 1. Zu veröffentlichende Angaben . . . . . . . 2. Zeitpunkt und Art der Veröffentlichung . IV. Mitteilungspflichten . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsfolgen von Verstößen . . . . . . . . . E. Verhältnis zu anderweitigen Publizitätsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
27a 28 30 30 33 41 41 43 47 48 51
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Schrifttum: Bartelt, § 23 – Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots, 2003; Burgard, Kapitalmarktrechtliche Lehren aus der Übernahme Vodafone-Mannesmann, WM 2000, 611; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52; Knaack, Directors’ Dealings bei Erwerbs- und Übernahmeangeboten, AG 2016, 58; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Neumann/Ogorek, Reichweite und verfassungsrechtliche Grenzen der Veröffentlichungsund Mitteilungspflichten des § 23 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 WpÜG bei fehlendem Kontrollerwerb, BB 2010, 1297; Pötzsch/ Möller, Das künftige Übernahmerecht, WM 2000, Beil. 2, S. 22; Witt, Regelmäßige „Wasserstandsmeldungen“ – unverzichtbarer Bestandteil eines künftigen Übernahmegesetzes, NZG 2000, 809. Siehe im Übrigen das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Gegenstand und Entwicklung der Vorschrift Die Vorschrift legt dem Bieter angebots- und angebotsverfahrensspezifische Veröffentlichungs- 1 pflichten und diesen entsprechende Mitteilungspflichten gegenüber der BaFin auf (zum Verhältnis zu anderen Publizitätsvorschriften außerhalb des WpÜG siehe unten Rz. 51). Die aus § 23 Abs. 1 WpÜG folgenden Veröffentlichungspflichten sollen „während des Verfahrens am Markt Transparenz über die Beteiligung des Bieters, der mit ihm gemeinsam handelnden Personen Assmann
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2
§ 23 Rz. 2 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots und deren Tochtergesellschaften an der Zielgesellschaft sowie über die Akzeptanz des Angebots schaffen“1. Sie stellen damit eine Ausprägung des in § 3 Abs. 2 WpÜG niedergelegten Transparenzgrundsatzes dar, nach dem Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft u.a. über ausreichende Informationen verfügen müssen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können. Um die Adressaten eines Angebots im Rahmen der Annahmefrist über die Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse und die Akzeptanz des Angebots auf dem Laufenden zu halten, ist der Bieter zur wiederholten Veröffentlichung aktualisierter Angaben über den Wertpapier- und Stimmrechtsbestand der Bieterseite (das sind, neben dem Bieter, die mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen) verpflichtet (sog. Wasserstandsmeldungen). Die sich aus § 23 Abs. 2 WpÜG ergebenden Veröffentlichungspflichten des Bieters sind dagegen in erster Linie darauf gerichtet, Anleger, die das (im Rahmen eines erfolgreichen Übernahmeangebots oder eines Pflichtangebots unterbreitete) Angebot des Bieters angenommen haben, über außerhalb des Angebotsverfahrens vorgenommene Geschäfte zu informieren, um ihnen so die Durchsetzung von Nachbesserungsansprüchen nach § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG in Bezug auf die ihnen versprochene oder gewährte Gegenleistung zu ermöglichen2. Die Vorschrift ist verfassungsgemäß, namentlich verstößt sie nicht gegen das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Recht des Bieters auf informationelle Selbstbestimmung3. 3
Seit ihrem Erlass hat die Vorschrift drei Änderungen erfahren: Mit der ersten, auf Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes vom 8.7.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz – ÜbernRLUG)4 zurückgehenden Änderung wurde § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG der Bestimmung die Regelung des Nr. 4 hinzugefügt, welche dem Bieter eine Veröffentlichungspflicht für den Fall auferlegt, dass er in der Lage ist, einen Ausschluss der Minderheitsaktionäre (Squeeze-out) nach § 39a WpÜG durchzuführen. Es handelt sich insoweit um eine Folgeänderung der sich aus § 23 WpÜG ergebenden Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten, die auf die Einfügung des neuen Abschnitts 5a („Ausschluss, Andienungsrecht“) in das WpÜG durch Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes vom 8.7.2006 zurückgeht. Eine zweite, durch Art. 2 des Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz) vom 5.4.20115 veranlasste Änderung betrafen die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichenden und der BaFin mitzuteilenden Stimmrechtsanteile und erweitert die bis dahin zu veröffentlichenden bzw. mitzuteilenden Stimmrechtsanteile um solche, die nach §§ 25, 25a WpHG a.F. – zum Zwecke der Vermeidung des „Anschleichens“ an eine Zielgesellschaft – dem Emittenten und der BaFin mitzuteilen waren und heute nach §§ 38 und 39 WpHG mitzuteilen sind. In einer dritten Änderung der Vorschrift wurde durch Art. 9 Nr. 3 des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) vom 23.6.20176 in Abs. 1 Satz 1 die bisherige Angabe „§§ 25 und 25a Wertpapierhandelsgesetz“ durch die neue Angabe „§§ 38 und 39 Wertpapierhandelsgesetz“ ersetzt, um sie der neuen Zählweise der Bestimmungen des WpHG durch Art. 3 des 2. FiMaNoG anzupassen.
B. Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 1 WpÜG I. Erforderliche Angaben 1. Überblick 4
Im Hinblick auf die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG von einem Bieter zu veröffentlichenden und der BaFin mitzuteilenden Informationen sind zwei Klassen von Angaben zu unterscheiden: Zum einen 1 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50. Kritisch zur Erreichung dieses Ziels durch die Transparenzanforderungen in dieser Vorschrift etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 7; Liebscher, ZIP 2001, 853, 865; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 28; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 26; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 95. 2 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. 3 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 6; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 10. 4 BGBl. I 2006, 1426. 5 BGBl. I 2011, 538. 6 BGBl. I 2017, 1693.
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Assmann
Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 7 § 23
Angaben über den im jeweiligen Veröffentlichungszeitpunkt erreichten Wertpapierbestand des Bieters, der mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen sowie über den Stimmrechtsbestand des Bieters im Hinblick auf sämtliche Wertpapiere der Zielgesellschaft, d.h. auch solche, die nicht Gegenstand des Angebots sind (näher unten Rz. 8 ff.), und zum anderen Angaben über den im jeweiligen Veröffentlichungszeitpunkt aktuellen Wertpapier- und Stimmrechtsbestand des Bieters aus den ihm zugegangenen Annahmeerklärungen in Bezug auf die Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind (näher unten Rz. 17 ff.). Die nach § 23 Abs. 1 WpÜG in der ersten Klasse von Angaben erforderlichen Informationen über den 5 jeweils aktuellen tatsächlichen Wertpapier- und Stimmrechtsbestand sind denen vergleichbar, die nach § 2 Nr. 5 WpÜG-AngVO in der nach § 14 Abs. 3 WpÜG zu veröffentlichenden Angebotsunterlage anzuführen sind, doch gehen sie teils über diese hinaus, teils bleiben sie hinter diesen zurück. Das ist im Interesse eines integrierten und effizienten Publizitätssystems weder hilfreich noch sachlich geboten. Korrekturbedarf besteht auch bei der sprachlichen Gestaltung von § 23 Abs. 1 WpÜG, die missglückt ist und bereits zu erheblichen Verwirrungen bei ihrer Auslegung geführt hat7. Das ist umso bedenklicher als (vorsätzliche oder leichtfertige) Verstöße gegen § 23 Abs. 1 WpÜG bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten darstellen (siehe unten Rz. 48). Im Überblick stellen sich die vom Bieter nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG (jeweils zu den in Nr. 1 bis 6 Nr. 4 angegebenen Zeitpunkten) zu veröffentlichenden und mitzuteilenden Angaben wie folgt dar: (1) Angaben über den aktuellen tatsächlichen Wertpapier- und Stimmrechtsbestand. Anzugeben sind: – Die Anzahl sämtlicher der dem Bieter zustehenden Wertpapiere der Zielgesellschaft und der damit verbundene Anteil am Grundkapital der Gesellschaft. – Die Anzahl sämtlicher der den mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen zustehenden Wertpapiere der Zielgesellschaft und der damit verbundene Anteil am Grundkapital der Gesellschaft. – Die Anzahl sämtlicher den Tochterunternehmen der mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen zustehenden Wertpapiere der Zielgesellschaft und der damit verbundene Anteil am Grundkapital der Gesellschaft. – Der Stimmrechtsanteil aus den dem Bieter zustehenden Wertpapieren. – Der Stimmrechtsanteil auf Grund der dem Bieter nach § 30 WpÜG zuzurechnenden Stimmrechte, ohne Aufschlüsselung nach Zurechnungstatbeständen. – Die Höhe der nach §§ 38 und 39 WpHG mitzuteilenden Stimmrechtsanteile. (2) Angaben über den aktuellen, sich aus zugegangenen Annahmeerklärungen ergebenden Wertpapier- und Stimmrechtsbestand des Bieters. Anzugeben sind: – Die Anzahl der Wertpapiere aus den dem Bieter zugegangenen Annahmeerklärungen. – Der Anteil der Wertpapiere aus den dem Bieter zugegangenen Annahmeerklärungen am Grundkapital der Zielgesellschaft. – Der Anteil der Stimmrechte aus den dem Bieter zugegangenen Annahmeerklärungen an allen Stimmrechten der Zielgesellschaft. Keine Veröffentlichungspflichten bestehen in Bezug auf solche Wertpapiere der Zielgesellschaft, die nach § 20 Abs. 1 WpÜG von der BaFin auf Antrag des Bieters von den Veröffentlichungspflichten des § 23 WpÜG ausgenommen wurden.
7 Siehe dazu die Hinweise in den nachfolgenden Erläuterungen der einzelnen Angaben, die § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG vom Bieter verlangt. Deshalb wird teils empfohlen, bis zu einer autoritativen Auslegung dem weitesten Verständnis des § 23 Abs. 1 WpÜG zu folgen (etwa Mann/Apfelbacher in Apfelbacher/Barthelmess/Buhl/von Dryander, § 23 WpÜG Rz. 7, S. 216), was allerdings eine beträchtliche Ausweitung der tatsächlich erforderlichen Angaben zur Folge hätte.
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7
§ 23 Rz. 8 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots 2. Angaben über den aktuellen tatsächlichen Wertpapier- und Stimmrechtsbestand a) Anzahl der Wertpapiere 8
Der Bieter hat nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zunächst, jeweils getrennt8, die Anzahl sämtlicher der ihm, der mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen zustehenden Wertpapiere der Zielgesellschaft anzugeben. Wer als mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person anzusehen ist, ergibt sich aus der entsprechenden Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 5 WpÜG, wobei Tochterunternehmen des Bieters als mit diesem gemeinsam handelnde Personen gelten (§ 2 Abs. 5 Satz 2 WpÜG). Der Begriff des Tochterunternehmens ist in § 2 Abs. 6 WpÜG definiert.
9
Die Verpflichtung zur Angabe der Anzahl sämtlicher der dem Bieter, der mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen jeweils zustehenden Wertpapiere der Zielgesellschaft soll deutlich machen, dass sich die diesbezüglichen Angaben nicht auf diejenigen Wertpapiere der Zielgesellschaft beschränken sollen und dürfen, die Gegenstand des Angebots sind, sondern sich auf alle der von der Zielgesellschaft ausgegeben Wertpapiere (i.S. des § 2 Abs. 2 WpÜG) beziehen müssen9.
10
Dem Bieter, den mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen zustehende Wertpapiere sind diejenigen, an denen die fraglichen Personen bzw. Unternehmen (im Folgenden auch: Betroffene) ein dingliches, gegen jedermann wirkendes Recht haben10, als dessen stärkstes das Eigentum anzusehen ist, wohingegen der bloße Besitz kein solches Recht darstellt. Deshalb sind auch Wertpapiere einzubeziehen, die ein Betroffener auf Grund eines echten Pensionsgeschäfts oder einer Wertpapierleihe (welche rechtlich i.d.R. ein Wertpapier-Darlehensgeschäft nach § 607 BGB ist) zu Eigentum erwirbt, wobei hier unerheblich ist, ob der Betroffene aus den geliehenen Wertpapieren ein Stimmrecht hat. Nicht dem Betroffenen zustehend sind dagegen solche Wertpapiere, die i.S. von § 69 AktG nicht allein dem Betroffenen, sondern mehreren Berechtigten in Rechtsgemeinschaft zustehen.
11
Auf Grund des nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WpÜG entsprechend anwendbaren § 31 Abs. 6 WpÜG stehen den Wertpapieren, die einem Betroffenen zustehen, solche Wertpapiere gleich, die Gegenstand von Vereinbarungen sind, denen zufolge die Übereignung von Wertpapieren der Zielgesellschaft verlangt werden kann.
12
Eine Aufschlüsselung der Wertpapiere nach Wertpapiergattungen ist nicht erforderlich11. Das Gesetz gibt dazu keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere gibt der Begriff „sämtliche“, dem eine anderweitige Bedeutung zukommt (siehe oben Rz. 4, 9), für eine solche Auslegung der Vorschrift nichts her. b) Anteil am Grundkapital
13
Des Weiteren muss der Bieter die Höhe der jeweiligen Anteile angeben. Gemeint ist damit der Anteil der gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ihrer Anzahl nach benannten Wertpapiere (des Bieters sowie der
8 Ebenso etwa Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 7; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 15, 21; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 11; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 98; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 9. A.A. Thun in Anger/Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 15 (getrennte Angabe nur für dem Bieter zustehenden und ihm nur zuzurechnenden Anteile); Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 3. 9 Etwa auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 29; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 22; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 97; Thun in Angerer/Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 10. 10 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 30 („dinglich zustehen“); Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 51 („dinglich zustehen“); Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 12 WpÜG Rz. 6 („dingliche Inhaberschaft“); Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 16 („dinglich zuzurechnen sind“); Sohbi in Heidel, § 23 WpÜG Rz. 4; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 11 (betroffene Person muss „Eigentum an den betreffenden Wertpapieren innehaben“). A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 7 f. („Anzugeben sind … auch solche Wertpapiere, die an den Bieter verkauft, aber noch nicht übereignet sind“). 11 Ebenso jetzt etwa Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 9. A.A. Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 13.
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Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 16 § 23
mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen) am Grundkapital der Zielgesellschaft12. Das wird im Schrifttum zum Teil anders gesehen13, jedoch zu Unrecht: Wenn § 23 Abs. 1 Satz 1 14 WpÜG von der „Höhe der jeweiligen Anteile“ spricht, ist damit der jeweilige Anteil derjenigen Personen gemeint, welche die Vorschrift, diesem Satzteil vorausgehend, anführt. Des Weiteren besteht kein Anhaltspunkt, dass sich der Begriff Anteil, anders als im aktienrechtlichen Sprach- und Regelungsgebrauch üblich und soweit nicht ausdrücklich vom Stimmrechtsanteil die Rede ist, auf etwas anderes als den Anteil am Grundkapital bezieht. Dafür spricht auch, dass es dem Gesetz mit den Angaben über den Wertpapierbestand der in § 23 Abs. 1 WpÜG benannten Personen darum geht, den Angebotsempfängern ein Bild über die Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft zu verschaffen, wozu neben den Stimmrechtsanteilen vor allem – nicht zuletzt, weil das AktG im Hinblick auf besondere Aktionärsrechte vielfach an diese Größe anknüpft – die Beteiligung am Grundkapital gehört. Da der Bieter nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nur die jeweilige Anzahl der ihm und den an dieser Stelle genannten Dritten zustehenden Wertpapiere zu benennen hat, besteht auch hier kein Anlass, eine Aufspaltung nach Aktiengattungen in Erwägung zu ziehen oder eine solche durch die Verwendung des Begriffs des Anteils als indiziert anzusehen. c) Stimmrechtsanteile Des Weiteren ist der Bieter verpflichtet, Angaben über seinen aktuellen Stimmrechtsbestand zu ma- 15 chen. Das Gesetz verlangt diesbezüglich Angaben einerseits über dem Bieter zustehende und – getrennt von diesen (siehe unten Rz. 16) – über dem Bieter nach § 30 WpÜG zuzurechnende Stimmrechtsanteile und andererseits über die Höhe der nach den §§ 38 und 39 WpHG dem Emittenten und der BaFin mitzuteilenden Stimmrechtsanteile. Angaben über die Stimmrechtsanteile der mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen und der Tochterunternehmen derselben sind nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht erforderlich. Anzugeben sind die dem Bieter zustehenden oder ihm zuzurechnenden Stimmrechtsanteile und nicht die Anzahl der Stimmrechte14. Die dem Bieter zustehenden und ihm nach § 30 WpÜG zuzurechnenden Stimmrechtsanteile sind getrennt auszuweisen und nicht zu einem Wert zu addieren15. Hätte der Gesetzgeber die kumulierte Ausweisung dieser Werte in einem Wert gewollt, hätte er ohne weiteres auf die Nennung des § 30 WpÜG in Abs. 1 Satz 1 verzichten und (wie im Hinblick auf § 31 Abs. 6 WpÜG geschehen) die entsprechende Anwendung der Vorschrift in § 23 Abs. 2 WpÜG anordnen können. Ebenso eindeutig ist eine nach den einzelnen Zurechnungstatbeständen des § 30 WpÜG getrennte Ausweisung der dem Bieter zuzurechnenden Stimmrechte nicht erforderlich16, denn in den Fällen, in denen solches gewollt ist, wird dies – wie etwa in § 35 Abs. 1 Satz 3 WpÜG und in § 2 Nr. 5 WpÜG-AngVO – ausdrücklich angeordnet. Der Wortlaut der an den „Bieter“ anknüpfenden Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verlangt nur Angaben über die „ihm“ – dem Bieter – nach § 30 WpÜG zuzurechnenden Stimmrechte. Während der Bieter verpflichtet ist, sowohl die Anzahl der ihm zustehenden Wertpapiere (einschließlich der Höhe der jeweiligen Anteile) als auch die Anzahl der den mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochtergesellschaften zustehenden Wertpapiere (nebst der Höhe der jeweiligen Anteile) zu veröffentlichen und mitzuteilen, verlangt § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG keine Angaben über die Stimmrechtsanteile, die den mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochtergesellschaf12 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 10; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 23 WpÜG Rz. 4; Sohbi in Heidel, § 23 WpÜG Rz. 4; auch Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 23. 13 Etwa von Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 13, der hier vom Anteil an der jeweiligen Wertpapiergattung ausgeht. 14 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 46; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 67. A.A. Witt, NZG 2000, 809, 817, zu § 25 des Diskussionsentwurfs eines Übernahmegesetzes. 15 Ebenso Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 13, 15; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 8. 16 Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 32 f., 46; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 69; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 8; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 23 WpÜG Rz. 3; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 15; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 98; i.E. auch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 15; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 12.
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§ 23 Rz. 16 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots ten entsprechend § 30 WpÜG zuzurechnen sind. Das verwundert insoweit als § 2 Nr. 5 WpÜG-AngVO solche Angaben für die Angebotsunterlage verlangt und die Angaben nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG insoweit als die Fortschreibung der diesbezüglichen Angaben für den Verlauf des Angebotsverfahrens zu den in dieser Vorschrift angeführten Zeitpunkten zu verstehen ist. Deshalb ist erwogen worden, im Wege der teleologischen Ausweitung die von § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verlangten Angaben zu den Stimmrechtsanteilen nach Art und Umfang denjenigen anzupassen, wie sie § 2 Nr. 5 WpÜG-AngVO für die Angebotsunterlage verlangt17. Abgesehen davon, dass ein Verstoß gegen die solchermaßen erweiterte Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG wegen des auch im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Analogieverbots schwerlich der bußgeldrechtlichen Bewehrung nach § 60 Abs. Nr. 1 lit. b) WpÜG unterworfen werden kann, ergibt sich eine Kettenzurechnung nach dem Muster des § 2 Nr. 5 WpÜG-AngVO schon aus der Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 WpÜG und Abs. 2 Satz 318: Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 WpÜG stehen dem Bieter Tochterunternehmen in der Weise gleich, dass auch auf sie die in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 WpÜG angeführten Zurechnungstatbestände Anwendung finden und die Stimmrechte des Tochterunternehmens dem Bieter in voller Höhe zugerechnet werden. Entsprechendes gilt für Dritte, mit denen der Bieter oder sein Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft (i.S. von § 30 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 WpÜG) abstimmt, indem nach § 30 Abs. 2 Satz 3 WpÜG für die Berechnung des Stimmrechtsanteils des Dritten die Zurechnungstatbestände des § 30 Abs. 1 WpÜG Anwendung finden. 16a
Des Weiteren sind Angaben über die Stimmrechtsanteile zu machen, die der Bieter nach § 38 und § 39 WpHG dem Emittenten und der BaFin mitzuteilen hat. Die Mitteilungspflichten nach §§ 38, 39 WpHG hat der Gesetzgeber mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5.4.2011 (siehe oben Rz. 3) in Gestalt der seinerzeitigen §§ 25 und 25a WpHG a.F. in das WpHG eingeführt, um das unbemerkte „Anschleichen“ von Unternehmen an einen Emittenten (i.S. des § 2 Abs. 13 WpHG) zu verhindern19. Ein solches war bis dahin möglich, weil die wertpapierhandelsrechtlichen Vorschriften zur Beteiligungstransparenz – neben dem Halten von Stimmrechten – unter den Finanzinstrumenten, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, mit Stimmrechten verbundene Aktien zu erwerben, nur solche Instrumente erfassten, die Finanzinstrumente i.S. des § 2 Abs. 2b WpHG a.F. waren, so dass verschiedene andere Gestaltungsmöglichkeiten zur Erlangung von Stimmrechten an einem Emittenten von einer Mitteilungspflicht ausgeschlossen blieben. Generalklauselartig20 sollte § 25a WpHG a.F. die Mitteilungspflichten des WpHG auf alle Finanzinstrumente und sonstigen Instrumente erstrecken, die nicht bereits vom gleichzeitig neu gefassten § 25 WpHG (a.F.) und seinem Begriff der „sonstigen Instrumente“ erfasst waren und es ihrem Inhaber faktisch oder wirtschaftlich ermöglichten, mit Stimmrechten verbundene und bereits ausgegebene Aktien eines Emittenten zu erwerben21. Die Anknüpfung an die Mitteilungspflichten nach §§ 25, 25a WpHG a.F. in § 23 Abs. 1 WpÜG diente „der Verbesserung der Transparenz im Rahmen von Übernahmeverfahren nach dem WpÜG“. Dieser „Offenlegungspflicht in den sog. Wasserstandsmeldungen“ wurde vor allem für den Fall besondere Bedeutung zugemessen, in dem „der Kapitalmarkt unsicher ist, ob eine vom Bieter vorgesehene Mindestannahmeschwelle zum Ablauf der Annahmefrist erreicht werden wird“22. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass ein erheblicher Positionsaufbau in Finanzinstrumenten und sonstigen Instrumenten „ein deutliches Zeichen für eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit des Angebotes“ sei23. Zu den Stimmrechten, die heute nach §§ 38 und 39 WpHG mitteilungspflichtig sind,
17 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 21. Entsprechenden Korrekturbedarf mahnt schon Witt, NZG 2000, 809, 817, zu dem § 23 WpÜG entsprechenden § 25 des Diskussionsentwurfs eines Übernahmegesetzes an. 18 I.E. wie hier auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 35; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 58. 19 Vgl. RegE BT-Drucks. 17/3628, S. 1, 2; Uwe H. Schneider in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, § 38 WpHG Rz. 2, 11. 20 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 25a WpHG Rz. 13 m.w.N. (Ziel, „Vermeidungs- und Umgehungsstrategien entgegenzuwirken“ ist „nicht erreicht“ worden). 21 Vgl. RegE BT-Drucks. 17/3628, S. 1, 19. 22 Vgl. RegE BT-Drucks. 17/3628, S. 1, 25. 23 Vgl. RegE BT-Drucks. 17/3628, S. 1, 25/26.
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Assmann
Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 19 § 23
ist auf die Erläuterung der Bestimmungen in der Kommentarliteratur zu verweisen24. Nach ausdrücklicher Bestimmung in §§ 25 Abs. 2a, 25a Abs. 1 Satz 5 WpHG a.F. schied eine Mitteilungspflicht nach diesen Bestimmungen aus, soweit die Zahl der Stimmrechte aus Aktien, für die ein Angebot zum Erwerb auf Grund eines Angebots nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz angenommen wurde, gemäß § 23 Abs. 1 WpÜG offenzulegen war. Eine entsprechende Regelung fehlt in §§ 38, 39 WpHG, so dass – anders als zuvor – nicht mehr von einem Vorrang der übernahmerechtlichen Offenlegungspflicht vor der wertpapierhandelsrechtlichen ausgegangen werden kann. 3. Angaben über dem Bieter zugegangene Annahmeerklärungen Über die Angaben zum tatsächlichen Wertpapier- und Stimmrechtsbestand des Bieters sowie zum 17 Wertpapierbestand der mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen hinaus muss der Bieter zu den verschiedenen der in § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG angeordneten Veröffentlichungszeitpunkten jeweils aktuelle Angaben zu der sich aus den ihm zugegangenen Annahmeerklärungen ergebenden Anzahl der Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind, sowie der Höhe des mit diesen Wertpapieren verbundenen Wertpapieranteils (d.h. den Anteil am Grundkapital der Zielgesellschaft, oben Rz. 13) machen. Diese Angaben sollen die Adressaten des Angebots über dessen Akzeptanz im jeweiligen Veröffentlichungszeitpunkt informieren. Im Hinblick auf den Zugang der Annahmeerklärung gelten die Regeln des BGB über den Zugang von Willenserklärungen25. In die Abwicklung des Angebots eingeschaltete Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind Empfangsboten26. Darüber hinaus sind vor allem die diesbezüglichen Angebotsbedingungen zu berücksichtigen. Mangels auch nur des geringsten Anhaltspunkts im Gesetzeswortlaut sind Rücktrittserklärungen eines Angebotsadressaten, der das Angebot angenommen hatte, auch wenn sie vorgesehen und rechtlich zulässig sind, nicht zu veröffentlichen und mitzuteilen, sondern nur bei den im nächsten Veröffentlichungsund Mitteilungszeitpunkt vorzunehmenden Angaben zu berücksichtigen27.
II. Veröffentlichungs-, Mitteilungs- und Übersendungspflichten Die in § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG aufgeführten Angaben sind zu den in dieser Bestimmung angeführten Zeitpunkten gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen und der BaFin mitzuteilen. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG muss der Bieter der BaFin einen Beleg über die jeweilige Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG übersenden.
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1. Veröffentlichungspflichten a) Art der Veröffentlichung Die Angaben nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG sind, wie die Angebotsunterlage, durch Bekanntgabe im 19 Internet und, darüber hinaus, durch Bekanntgabe im Bundesanzeiger oder, alternativ dazu, durch Bereithalten zur kostenlosen Ausgabe bei einer geeigneten Stelle im Inland (sog. Schalterpublizität)28 zu veröffentlichen. Wird alternativ zur Bekanntgabe im Bundesanzeiger die Schalterpublizität gewählt, ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen, bei welcher Stelle die Angebotsunterlage bereit gehalten wird und unter welcher Adresse die nach §§ 23 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG gebotene Ver24 Siehe Uwe H. Schneider in Assmann/Mülbert/Uwe H. Schneider, § 38 WpHG Rz. 14-54, § 39 WpHG Rz. 4 f. Zu den mitteilungspflichtigen Stimmrechten nach §§ 25, 25a WpHG a.F. siehe Uwe H. Schneider in Assmann/ Uwe H. Schneider, WpHG, 6. Aufl. 2012, § 25 WpHG Rz. 8 ff., § 25a WpHG Rz. 14 ff. 25 Siehe die Erläuterung in den einschlägigen Kommentaren zum BGB zu § 130 BGB. Zum vorliegenden Zusammenhang etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 37. 26 A.A. („Empfangsvertreter“) Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 39 f.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 60; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 14; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 13 Fn. 36. 27 Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 39 f.; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 18; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 14. A.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 6. 28 Auch Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 19.
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§ 23 Rz. 19 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots öffentlichung der Angebotsunterlage im Internet erfolgt ist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG). Zu Einzelheiten siehe die Erläuterungen zu § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG in § 14 WpÜG Rz. 31 ff. b) Zeitpunkte der Veröffentlichung aa) Veröffentlichungen im Laufe der Annahmefrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) 20
Nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 WpÜG (mit der die Annahmefrist zu laufen beginnt, § 16 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) und bis zum Ablauf der (ggf. nach § 21 Abs. 5 oder § 22 Abs. 2 WpÜG verlängerten) ersten Annahmefrist (i.S. von § 16 Abs. 1 WpÜG) sind die Angaben nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG wöchentlich zu veröffentlichen, in der letzten Woche vor Ablauf der Annahmefrist jedoch täglich. Eine Erweiterung der Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG auf die weitere Annahmefrist für den Fall eines Übernahmeangebots hätte der Gesetzgeber, wäre dies gewollt gewesen, ohne weiteres vornehmen können. Zudem beginnt eine weitere Annahmefrist nach ganz herrschender Ansicht nur zu laufen, wenn der Bieter die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat29, so dass ein diesbezügliches Informationsinteresse der Angebotsadressaten nicht zu erkennen ist. Dies zusammengenommen ist eine planwidrige Regelungslücke, welche die analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG auf die weitere Annahmefrist30 rechtfertigen würde, nicht zu erkennen31.
21
Im Interesse der Adressaten des Angebots (an der Verringerung von Suchkosten) sollte die wöchentliche Veröffentlichung an dem Tag der auf die Veröffentlichung der Angebotsunterlage folgenden Woche, zu dem auch die Angebotsunterlage veröffentlicht wurde, erfolgen und, soweit nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erforderlich, in diesem Turnus fortgesetzt werden. Zwingend angeordnet in dem Sinne, dass mit Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Frist i.S. des § 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt, ist dies jedoch in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG nicht32. Das gilt sowohl für die erstmalige Veröffentlichung nach Nr. 1 als auch für den hierauf folgenden Veröffentlichungsturnus. Andererseits ist eine gleichmäßige Information der Adressaten des Angebots bezweckt, weshalb größere oder wiederholte Abweichungen von dem vorstehend bezeichneten Beginn und Turnus der Veröffentlichungen durchaus einen Missstand i.S. des § 4 Abs. 1 WpÜG darstellen und die BaFin zum Eingreifen im Zuge der Missbrauchsaufsicht veranlassen können.
22
Entsprechendes gilt für die aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG folgende Pflicht zur täglichen Veröffentlichung in der letzten Woche vor Ablauf der Annahmefrist, mit der dem Umstand Rechnung getragen werden soll, dass ein Großteil der Wertpapierinhaber, insbesondere die institutionellen Investoren, regelmäßig erst sehr kurz vor Ablauf der Frist eine Entscheidung über die Annahme des Angebots treffen33. Die Pflicht zur täglichen Veröffentlichung beginnt regelmäßig sieben Tage vor Ablauf der Annahmefrist (bspw. am Freitag der Vorwoche, wenn die Annahmefrist mit dem Ablauf des Donnerstags in der Folgewoche endet). Die verbreitet vertretene Einschränkung der kalendertäglichen Veröffent-
29 Siehe § 16 WpÜG Rz. 34. Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 11; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 770; Geibel in Angerer/Geibel/Süßmann, § 16 WpÜG Rz. 37; Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 61; Merkner/Sustmann in Baums/Thoma/Verse, § 16 WpÜG Rz. 43; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 16 WpÜG Rz. 17; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 17; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 20. A.A. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 16 WpÜG Rz. 44; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 15. 30 Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 82 ff. 31 So i.E. auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 55 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 18; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 6; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 31; Sohbi in Heidel, § 23 WpÜG Rz. 7; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 23; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 25; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 18. 32 Ebenso i.E. Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 21. A.A. wohl Diekmann in Baums/Thoma/ Verse, § 23 WpÜG Rz. 51, der den Wochenzyklus unter Anwendung von § 188 BGB und § 193 BGB analog bestimmen will; auch Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 76. 33 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 50.
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Assmann
Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 26 § 23
lichungspflicht34 auf Börsentage35 ist nicht einsichtig, alles andere als „weitgehend“ konsentiert36, und kann, zumal jede Veröffentlichung von Angaben nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG retrospektiv in dem Sinne ist, dass sie sich günstigstenfalls auf die Verhältnisse des Vortags bezieht, sicher nicht damit begründet werden, dass außerhalb der Börsentage keine Annahmeerklärungen oder Wertpapiertransaktionen möglich seien. Wäre die „börsen“-tägliche Veröffentlichung gewollt, hätte der Gesetzgeber diesen Zusatz unschwer anbringen können. § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG regelt den Inhalt und den Zeitpunkt von Veröffentlichungspflichten über die dem Bieter zugegangenen Annahmeerklärungen, lässt aber offen, auf welchen Stichtag sich die jeweiligen Informationen beziehen müssen. Angesichts des Umstands, dass die Annahmeerklärungen in der Regel nicht an den Bieter zu übermitteln sind und ihre Weiterleitung an denselben Zeit in Anspruch nimmt, kann der Bieter nur zu einer den technischen Möglichkeiten entsprechenden zeitnahen und den maßgeblichen Stichtag der Angaben bezeichnenden Veröffentlichung verpflichtet sein. Das kann schon deshalb hingenommen werden, weil der Bieter regelmäßig ein Interesse hat, mit den Veröffentlichungen die Akzeptanz seines Angebots zu illustrieren und deshalb die neuesten Daten zu veröffentlichen.
23
bb) Ergebnisbekanntmachung nach Ablauf der ersten Annahmefrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) Des Weiteren sind die Angaben nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) 24 nach Ablauf der (ggf. nach § 21 Abs. 5 oder § 22 Abs. 2 WpÜG verlängerten) ersten Annahmefrist (i.S. des § 16 Abs. 1 WpÜG) zu veröffentlichen (sog. Ergebnisbekanntmachung). Dadurch soll der Markt über den endgültigen Ausgang des Angebotsverfahrens informiert werden. Handelt es sich bei dem Angebot um ein Übernahmeangebot, beginnt – für den Fall der Kontrollerlangung des Bieters (siehe oben Rz. 20) – mit der Veröffentlichung der Ergebnisbekanntmachung darüber hinaus die sog. weitere Annahmefrist nach § 16 Abs. 2 WpÜG zu laufen, d.h. die zweiwöchige Frist, innerhalb deren die Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot nicht angenommen haben, dieses nachholen können („Zaunkönigregelung“).
25
Nach Art. 7 Nr. 15 des Übernahmekodex (Einl. Rz. 19) war in der Angebotsunterlage der Zeitpunkt 26 anzugeben, „zu dem das Ergebnis des Angebots veröffentlicht wird“, wobei die Übernahmekommission – im Hinblick auf den mit einer Ergebnisfeststellung regelmäßig verbundenen Zeitaufwand – davon ausging, dass eine Veröffentlichung bis spätestens fünf Arbeitstage nach Ende der Angebotsfrist zu erfolgen habe. § 23 WpÜG enthält keine vergleichbare Regelung, sondern verlangt, dass die Ergebnisbekanntmachung unverzüglich nach dem Ablauf der Angebotsfrist vorzunehmen ist. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Zusammenführung aller Annahmeerklärungen und die Ergebnisfeststellung auch bei sorgfältiger Vorbereitung derselben einige Zeit in Anspruch nimmt. Das Erfordernis unverzüglicher Ergebnisveröffentlichung kann deshalb nur bedeuten, dass diese „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) nach der Ermittlung des Ergebnisses vorzunehmen ist. Dabei ist der Bieter allerdings – nicht zuletzt auf Grund des allgemeinen Grundsatzes der raschen Verfahrensdurchführung nach § 3 Abs. 4 WpÜG – verpflichtet, zumutbare organisatorische Vorkehrungen zu treffen, um zu einer schnellstmöglichen Ergebnisfeststellung zu gelangen. Das sollte in Maßnahmen münden, die es jedenfalls erlauben, die Veröffentlichung der Ergebnisfeststellung – wie seinerzeit von der Übernahmekommission vertreten – innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Ablauf der Annahmefrist vorzunehmen37. 34 Ebenso Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 20; Sohbi in Heidel, § 23 WpÜG Rz. 6 (werktäglich). 35 So Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 53; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 16; Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 29; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 26; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 22; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 16. 36 So aber Riehmer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 17 Rz. 29 (besteht „weitgehender Konsens, dass börsentägliche Mitteilungen erforderlich sind“). 37 Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 17. Das Schrifttum ist aber uneinheitlich. Fünf Börsentage, ggf. auf ein anschließendes Wochenende zu erstrecken: Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 57; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 80. Sieben Kalendertage: Thun in Angerer/Gei-
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§ 23 Rz. 27 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots cc) Ergebnisbekanntmachung nach Ablauf der weiteren Annahmefrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) 27
Handelt es sich bei dem Angebot um ein Übernahmeangebot, beginnt – sofern nicht der Bieter das Angebot von dem Erwerb eines Mindestanteils der Aktien der Zielgesellschaft abhängig gemacht hat und dieses Ziel verfehlt wurde (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) – mit der Veröffentlichung der Ergebnisbekanntmachung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG die sog. weitere Annahmefrist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu laufen (siehe oben Rz. 25). In diesem Falle ist es angezeigt, der ersten Ergebnisbekanntmachung eine zweite folgen zu lassen. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG ist der Bieter deshalb verpflichtet, unverzüglich (das dazu oben Rz. 26 Ausgeführte gilt hier entsprechend) nach Ablauf der weiteren Annahmefrist die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erforderlichen Angaben zu veröffentlichen. Während der Laufzeit einer weiteren Annahmefrist sind keine laufenden Mitteilungen i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG erforderlich (siehe oben Rz. 20). dd) Erreichen der für ein „Squeeze-out“ erforderlichen Beteiligungshöhe (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG)
27a
Unverzüglich zu veröffentlichen und der BaFin mitzuteilen ist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG38 auch das Erreichen der für einen Ausschluss nach § 39a Abs. 1 und 2 WpÜG – dem übernahmerechtlichen „Squeeze-out“ – erforderlichen Beteiligung in Höhe von 95 % des stimmberechtigten Grundkapitals (§ 39a Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, „dass in der Zielgesellschaft verbliebene Aktionäre die notwendigen Informationen erhalten, um ihr Andienungsrecht nach § 39c WpÜG („Sell out“) auszuüben“39. Die aufgrund des Gesetzes vom 8.7.2006 (Rz. 3) neu in das Gesetz gelangte Regelung stellt mithin eine Folgeänderung zur Einfügung des neuen Abschnitts 5a („Ausschluss, Andienungsrecht“) in das WpÜG durch dasselbe Gesetz dar (dazu Rz. 3). Für die Feststellung der Beteiligungshöhe sind gemäß dem in Nr. 4 in Bezug genommenen § 39a Abs. 2 WpÜG die Bestimmung des § 16 Abs. 2 und Abs. 4 AktG entsprechend anwendbar. Siehe dazu im Einzelnen die Erläuterungen zu § 39a WpÜG Rz. 42 f., 72 f., 125, 128. Auch wenn das Andienungsrecht des § 39c WpÜG nur den Aktionären zusteht, die nach einem Übernahmeangebot in der Zielgesellschaft verblieben sind, sollen sie doch schon während des Angebotsverfahrens darüber informiert werden, ob die Voraussetzungen eingetreten sind, unter denen der Bieter die übrigen Aktionäre nach § 39a Abs. 1 WpÜG aus der Zielgesellschaft ausschließen kann, und die Aktionäre, die das Angebot nicht annehmen, über ihr damit verbundenes Andienungsrecht nach § 39c Satz 1 WpÜG auch nach Ablauf der Annahmefrist aus der Zielgesellschaft ausscheiden können. 2. Mitteilungs- und Übersendungspflichten
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Den Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG korrespondieren entsprechende Mitteilungspflichten gegenüber der BaFin, d.h., die Angaben, die der Bieter nach § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG in den in Nr. 1–3 angeführten Zeitpunkten zu veröffentlichen hat, sind zugleich solche, die er der BaFin – jeweils zu denselben Zeitpunkten, in denen die Veröffentlichung vorzunehmen ist – mitteilen muss. Für die Form dieser Mitteilung gilt § 45 WpÜG. Danach müssen die Mitteilungen in schriftlicher Form erfolgen, doch ist eine Übermittlung im Wege der elektronischen Datenfernübertragung zulässig, wenn der Absender zweifelsfrei zu erkennen ist.
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Darüber hinaus hat der Bieter (nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WpÜG i.V.m. dem gemäß dieser Bestimmung entsprechend anwendbaren § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) der BaFin die im Bundesanzeiger nach §§ 23 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG vorzunehmenden Veröffentlichungen, d.h. entweder die Bekanntgabe der Angebotsunterlage oder die Hinweisbekanntmachungen für den Fall der Schalterpu-
bel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 29. Lediglich zwei Werktage: Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 18a. 38 Nr. 4 wurde der Vorschrift durch das Gesetz vom 8.7.2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (BGBl. I 2006, 1426) hinzugefügt; siehe Rz. 3. 39 RegE BT-Drucks. 16/1003, S. 19.
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Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 32 § 23
blizität, unverzüglich in der sich aus § 45 WpÜG ergebenden Form (siehe Rz. 28) mitzuteilen (siehe dazu § 14 WpÜG Rz. 39).
C. Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 2 WpÜG I. Regelungsgehalt § 23 Abs. 2 WpÜG verpflichtet den Bieter, Angaben zu veröffentlichen und der BaFin mitzuteilen, die für die von einem Übernahmeangebot oder einem Pflichtangebot betroffenen Aktionäre im Hinblick auf die ihnen nach Maßgabe von § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG (bei Pflichtangeboten i.V.m. § 39 WpÜG) zustehenden Ansprüche auf Nachbesserung der Gegenleistung für die Annahme des Angebots von Bedeutung sind.
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Auslöser der Pflicht zur Veröffentlichung der in § 23 Abs. 2 Satz 1 WpÜG angeführten Angaben ist der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft (bzw. der Abschluss von Vereinbarungen i.S. von § 23 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) außerhalb des Angebotsverfahrens in dem Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 WpÜG und dem Ablauf eines Jahres nach der Veröffentlichung der Ergebnisbekanntmachung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG, im Falle von Übernahmeangeboten allerdings nur dann, wenn der Bieter auf Grund des Angebots die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat40. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass diejenigen Aktionäre, die ein auf den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft i.S. des § 29 WpÜG gerichtetes Angebot angenommen haben, keinen Anspruch auf Nachbesserung der Gegenleistung nach § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG geltend machen können, wenn das Angebot – was auf Grund seiner entsprechenden Ausgestaltung denkbar ist – wirksam wurde, obwohl die Kontrolle über die Zielgesellschaft tatsächlich nicht erreicht werden konnte.
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Diesbezüglich mag man einwenden, es sei „systematisch verfehlt“, dass diese Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG bei Übernahmeangeboten erst aus der Regelung des § 23 Abs. 2 WpÜG deutlich werde41. Soweit die Kritik darüber hinaus geht, beruht sie auf der Annahme, Ansprüche aus § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG seien auch dann begründet, wenn ein Übernahmeangebot nicht zur Kontrollerlangung des Bieters geführt habe, aber gleichwohl durchgeführt worden und wirksam sei42. Da diese Prämisse nicht zu teilen ist, kann zwischen § 23 Abs. 2 und § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG auch kein auf einem redaktionellen Versehen beruhender Widerspruch bestehen, der durch „Auslegung“ des § 23 Abs. 2 WpÜG zu korrigieren wäre43. Zunächst macht bereits die Begründung des RegE WpÜG44 zu § 23 Abs. 2 WpÜG deutlich, dass die Beschränkung von Nachbesserungsansprüchen bei Übernahmeangeboten nach§ 31 Abs. 4 und 5 WpÜG auf den Fall der Kontrollerlangung beabsichtigt ist und dem Gesetzgeber bei der sprachlichen Fassung von § 23 Abs. 2 WpÜG kein Versehen unterstellt werden darf. Sodann ist zwar zu konzedieren, dass weder die Gesetzesbegründung zu § 23 Abs. 2 WpÜG noch diejenige zu § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG eine besondere Rechtfertigung für die in § 23 Abs. 2 WpÜG zu Grunde gelegte Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG anführt, doch bedeutet dies nicht, dass eine solche in der Sache nicht bestünde: Die Vorschrif-
32
40 Ebenso Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 35 f.; Sohbi in Heidel, § 23 WpÜG Rz. 8; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 32; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 21. Auch Neumann/Ogorek, BB 2012, 1298 ff. mit Ablehnung einer erweiternden Auslegung der Vorschrift (S. 1298) und ausführlichen Überlegungen zu ihrer (befürworteten) analogen Anwendung auf den Fall, dass der Bieter die Kontrollmehrheit nicht erlangt hat (S. 1299 ff.); Schröder/Niggemann in Schüppen/Schaub, § 51 Rz. 135. 41 So wohl Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 35. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 31. 42 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 59; Neumann/Ogorek, BB 2012, 1298; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 89 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 21; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, § 23 Rz. 33; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 38 ff., § 31 WpÜG Rz. 58 f. 43 So aber Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 89; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 21; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 39 ff., § 31 WpÜG Rz. 59. Auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 59; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 89. 44 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51.
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§ 23 Rz. 32 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots ten des § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG sind nicht nur, wie in der Begründung zum RegE WpÜG45 betont, Ausprägungen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes46, sondern auch Ausfluss des Gedankens, dass alle Aktionäre gleichmäßig an der im Zusammenhang mit der Kontrollerlangung gezahlten Kontrollprämie beteiligt werden müssten. Wenn eine Kontrolle nicht erlangt wurde, gibt es diesbezüglich auch nichts zu verteilen. Hinzu kommt, dass die den klaren Wortlaut der Vorschrift missachtende Annahme, § 23 Abs. 2 WpÜG gelte auch für den Fall, dass der Bieter keine Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt habe, angesichts der bußgeldrechtlichen Bewehrung der Vorschrift nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) WpÜG und des auch im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden47, aus dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Analogieverbots nicht aufrechtzuerhalten ist48.
II. Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten auslösende Vorgänge 33
Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten des Bieters nach § 23 Abs. 2 WpÜG ergeben sich unter der Voraussetzung, dass (1) der Bieter auf Grund eines Übernahmeangebots die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt oder ein Pflichtangebot abgegeben hat (2) und – der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen – in dem Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 WpÜG und dem Ablauf eines Jahres nach der Veröffentlichung der Ergebnisbekanntmachung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG – außerhalb des Angebotsverfahrens (3) Aktien der Zielgesellschaft erworben haben.
34
Bei Pflichtangeboten ist § 23 Abs. 2 WpÜG stets anwendbar, bei Übernahmeangeboten i.S. des § 29 Abs. 1 WpÜG dagegen nur dann, wenn sie dem Bieter die Kontrolle (§ 29 Abs. 2 WpÜG) über die Zielgesellschaft verschafft haben (siehe oben Rz. 32). Deshalb sind die sich aus § 23 Abs. 2 WpÜG ergebenden Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten im Falle von Pflichtangeboten auch stets unverzüglich nach der Vornahme der in § 23 Abs. 2 WpÜG bezeichneten Geschäfte, im Falle von Übernahmeangeboten dagegen erst dann unverzüglich vorzunehmen, wenn der Erfolg des Angebots i.S. der Kontrollerlangung feststeht.
35
Mit dem Bieter gemeinsam handelnde Personen sind natürliche oder juristische Personen, die ihr Verhalten im Hinblick auf ihren Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft oder ihre Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft mit dem Bieter aufgrund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmen (§ 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG). Tochterunternehmen des Bieters – d.h. Unternehmen, die als Tochterunternehmen i.S. des § 290 HGB gelten oder auf die der Bieter einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, ohne dass es auf die Rechtsform oder den Sitz ankommt (§ 2 Abs. 6 WpÜG) – gelten als mit diesem gemeinsam handelnde Personen (§ 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG).
36
Wie § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG, auf dessen Umsetzung sich die nach § 23 Abs. 2 WpÜG erforderlichen Angaben beziehen, ist Gegenstand der nach § 23 Abs. 2 WpÜG erforderlichen Angaben allein der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft, worunter der dingliche Rechtserwerb zu verstehen ist49. Nach dem auf Grund von § 23 Abs. 2 Satz 2 WpÜG entsprechend anwendbaren § 31 Abs. 6 WpÜG stehen dem Erwerb jedoch Vereinbarungen gleich, auf Grund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann (§ 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG)50. Die Ausübung eines gesetzlichen Bezugsrechts auf Grund einer Erhöhung des Grundkapitals der Zielgesellschaft gilt dagegen nicht als Erwerb (§ 31 Abs. 6 Satz 2 45 46 47 48 49
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. BVerfG v. 29.11.1989 – 2 BvR 1491/87, BVerfGE 81, 132, 135 m.w.N. A.A. Neumann/Ogorek, BB 2012, 1301 f. um den akzeptierten Preis eines gespaltenen Normverständnisses. Etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 62; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.135 zu Fn. 1. 50 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 62; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Rz. 60.135 nach Fn. 1; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 37; Sohbi in Heidel, § 23 WpÜG Rz. 9.
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Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 41 § 23
WpÜG). Das hat u.a. zur Folge, dass (im Übrigen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 WpÜG erfüllende) Geschäfte über Aktien der Zielgesellschaft auch dann Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach § 23 Abs. 2 WpÜG auslösen, wenn lediglich das Verpflichtungsgeschäft in dem von § 23 Abs. 2 WpÜG festgelegten Zeitraum (siehe unten Rz. 39) erfolgte. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung ist allerdings zwischen (eigentlichen) Erwerbsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 2 Satz 1 WpÜG und den nach § 23 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 31 Abs. 6 WpÜG Erwerbsgeschäften gleichstehenden Geschäften zu unterscheiden (siehe unten Rz. 44). Für die Veröffentlichungs- und Mitteilungspflicht aus § 23 Abs. 2 WpÜG ist es dem Wortlaut der 37 Vorschrift nach unerheblich, ob der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft börslich oder außerbörslich erfolgt. Dabei wurde offensichtlich übersehen, dass § 31 Abs. 5 RegE WpÜG auf Grund eines entsprechenden Vorschlags des Finanzausschusses51 dahingehend abgeändert wurde, dass Nachbesserungsansprüche nach § 31 Abs. 5 WpÜG nur auf der Grundlage des Erwerbs von Aktien der Zielgesellschaft „außerhalb der Börse“ entstehen können. Da die Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach § 23 Abs. 2 WpÜG jedoch keine weitergehenden Publizitätspflichten begründen sollen, als sie im Hinblick auf die Entstehung und die Höhe von Nachbesserungsansprüchen nach § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG erforderlich sind, erscheint eine (an § 31 Abs. 5 WpÜG angepasste) teleologische Reduktion des § 23 Abs. 2 WpÜG in der Weise gerechtfertigt, dass der Bieter von den nach der Veröffentlichung (der sog. Ergebnisbekanntmachung) gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG vorgenommenen und im Übrigen von § 23 Abs. 2 WpÜG erfassten Erwerbsvorgängen – so auch die Praxis der BaFin – nur diejenigen zu veröffentlichen und mitzuteilen hat, die außerhalb der Börse erfolgten52. Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten lösen solche Erwerbsgeschäfte und erwerbsgleiche Vor- 38 gänge jedoch nur aus, wenn sie außerhalb des Angebotsverfahrens erfolgen. Das ist dann anzunehmen, wenn sie nicht auf Annahmeerklärungen der Adressaten des Angebots beruhen53. Ganz sicher ist dies dann der Fall, wenn sie nach Beendigung des Angebotsverfahrens erfolgen, d.h. (sofern nicht eine Fristverlängerung nach § 21 Abs. 5 WpÜG oder § 22 Abs. 2 WpÜG in Betracht kommt) im Falle von Pflichtangeboten nach Ablauf der Annahmefrist nach §§ 39, 16 Abs. 1 WpÜG und im Falle von Übernahmeangeboten nach Ablauf der weiteren Annahmefrist nach §§ 34, 16 Abs. 2 WpÜG. Von § 23 Abs. 2 WpÜG werden darüber hinaus Erwerbsvorgänge (Rz. 44), die innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgen, nämlich solche, die nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 WpÜG und vor Ablauf eines Jahres nach der Veröffentlichung der sog. Ergebnisbekanntmachung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG vorgenommen werden. Ausreichend ist, dass das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, auf Grund dessen die Übereignung von Aktien verlangt werden kann, in diesem Zeitraum abgeschlossen wurde (§ 23 Abs. 2 Satz 2, § 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG). Die Berechnung der Jahresfrist erfolgt nach Maßgabe von §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB.
39
Die Veröffentlichungs- und Mitteilungspflicht nach § 23 Abs. 2 WpÜG entfällt nicht etwa dadurch, dass die mitzuteilenden Angaben (siehe unten Rz. 41 f.) nicht zu einer Nachbesserung der Gegenleistung nach § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG führen54.
40
III. Veröffentlichungspflicht 1. Zu veröffentlichende Angaben Im Hinblick auf die nach § 23 Abs. 2 WpÜG Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten auslösenden Erwerbsvorgänge (siehe oben Rz. 33 ff.) hat der Bieter die Höhe der erworbenen Aktien- und 51 Siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7477 v. 14.11.2001, S. 68. 52 Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 61; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 24; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, § 23 Rz. 33; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 42, vor allem auf die entsprechende BaFin-Praxis hinweisend. A.A. Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 33; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 31. 53 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. Auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 60; Pötzsch/Möller, WM 2000, Beil. 2, S. 22; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 36. 54 Ebenso Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 28; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 37, 48.
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§ 23 Rz. 41 Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots Stimmrechtsanteile unter Angabe der Art und Höhe der für jeden Anteil gewährten Gegenleistung anzugeben. Dem Wortlaut des Gesetzes widersprechend, verlangt ein Teil des Schrifttums auch die Veröffentlichung der Anzahl der erworbenen Wertpapiere55. 42
In Bezug auf die Art der gewährten Gegenleistung ist insbesondere anzugeben, ob diese in Geld oder Wertpapieren erfolgte. Im letzteren Falle sind die Wertpapiere, auch im Hinblick auf die erforderlichen Angaben zur Höhe der Gegenleistung, näher zu bezeichnen. In Bezug auf die Höhe der Gegenleistung sind (nicht zuletzt wegen der Gleichbehandlung von Erwerbsgeschäften mit erwerbsgleichen Verpflichtungsgeschäften nach § 23 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 31 Abs. 6 WpÜG) unter „gewährten“ Gegenleistungen auch rechtwirksam versprochene anzusehen56. 2. Zeitpunkt und Art der Veröffentlichung
43
Die Veröffentlichung der nach § 23 Abs. 2 WpÜG vorgeschriebenen Angaben ist unverzüglich nach dem Erwerb der Aktien oder der Vornahme der diesem gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 31 Abs. 6 WpÜG gleichgestellten Vereinbarungen nach Maßgabe von § 14 Abs. 3 WpÜG vorzunehmen.
44
Auslöser der Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung der nach § 23 Abs. 2 WpÜG vorgeschriebenen Angaben ist regelmäßig der Erwerb von Aktien im Sinne des dinglichen Erwerbs. Nur ausnahmsweise ist dagegen – entsprechend dem Zweck des von § 23 Abs. 2 Satz 2 WpÜG für entsprechend anwendbar erklärten § 31 Abs. 6 WpÜG, Umgehungen u.a. der Nachbesserungsregelungen in § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG zu vermeiden57 – auf den Abschluss des auf den Erwerb von Aktien gerichteten Verpflichtungsgeschäfts (als Vereinbarung i.S. des § 31 Abs. 6 WpÜG) abzustellen, nämlich dann, wenn der Zeitpunkt der Erfüllung in der Weise hinausgeschoben ist, dass er allein vom Erwerber bestimmt werden kann oder außerhalb der von § 23 Abs. 2 WpÜG gesetzten Frist (von einem Jahr nach der Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) liegt.
45
Auf ein Übernahmeangebot ist § 23 Abs. 2 WpÜG nur dann anwendbar, wenn der Bieter durch dieses die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat (siehe oben Rz. 34 ff.). Deshalb kann die Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung nach § 23 Abs. 2 WpÜG in diesem Fall auch erst in dem Zeitpunkt eintreten, in dem diese Voraussetzung gegeben ist. Erlangt hat der Bieter die Kontrolle auf Grund der ihm zugehenden Annahmeerklärungen jedoch erst mit dem Ablauf der ersten Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 WpÜG. Erst von diesem Zeitpunkt an ist der Bieter deshalb zur unverzüglichen Veröffentlichung der nach § 23 Abs. 2 WpÜG erforderlichen Angaben in Bezug auf alle seit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage vorgenommenen und im Übrigen von der Vorschrift erfassten Geschäfte verpflichtet.
46
Zu den sich aus § 14 Abs. 3 WpÜG ergebenden Anforderungen an die Veröffentlichung siehe neben den Erläuterungen zu dieser Bestimmung auch die Hinweise oben Rz. 19.
IV. Mitteilungspflichten 47
Die nach § 23 Abs. 2 WpÜG zu veröffentlichenden Angaben sind zugleich solche, die der Bieter unverzüglich der BaFin mitzuteilen hat (§ 23 Abs. 2 Satz 1 WpÜG). Für die Form dieser Mitteilung gilt § 45 WpÜG. Da § 23 Abs. 2 WpÜG hinsichtlich der Veröffentlichungspflicht nur auf § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG (nicht aber auch auf § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) verweist, ist der Bieter nicht verpflichtet, der BaFin die Veröffentlichung nach § 23 Abs. 2 WpÜG mitzuteilen. 55 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 65 (redaktionelles Versehen); Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 27; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 40 (redaktionelles Versehen); Sohbi in Heidel, § 23 WpÜG Rz. 8; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 27 (Wortlaut „spielt … keine Rolle“). Wie hier Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 29; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 43. 56 Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 66; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 94; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 40; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 30; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 46 (auch „vereinbarte Vergütung“); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 28. 57 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57.
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Veröffentlichungspflichten des Bieters nach Abgabe des Angebots
Rz. 51 § 23
D. Rechtsfolgen von Verstößen Der Bieter handelt ordnungswidrig, wenn er vorsätzlich oder leichtfertig – entgegen § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG oder § 23 Abs. 2 Satz 1 WpÜG die Veröffentlichung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WpÜG); Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 500.000 Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG); – entgegen § 23 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 2 WpÜG einen Beleg nicht, nicht richtig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig übersendet (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG; Bußgeldrahmen: Geldbuße bis zu 200.000 Euro, § 60 Abs. 3 WpÜG).
48
Die nach § 23 WpÜG zu veröffentlichenden Angaben sind keine solchen, die in einer nach § 14 WpÜG zu veröffentlichenden Angebotsunterlage zu aktualisieren wären58. Deshalb haftet der Bieter für unzutreffende Angaben auch nicht nach § 12 WpÜG59.
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§ 23 Abs. 1 WpÜG ist kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB60: Die Bestimmung dient in erster 50 Linie der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit eines Angebotsverfahrens als einer Transaktionsform, indem sie Transparenz über die Beteiligung des Bieters, der mit ihm gemeinsam handelnden Personen und deren Tochtergesellschaften an der Zielgesellschaft sowie über die Akzeptanz des Angebots zu gewährleisten versucht. Sie dient dementsprechend dem Schutz einer Vielzahl von Beteiligten und Marktteilnehmern, wie etwa der Information der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, der Zielgesellschaft, potentiellen konkurrierenden Bietern sowie des Publikums und den Wettbewerbern der Ziel- und Bietergesellschaft. Darüber hinaus ist – zumal angesichts des durch § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG gewährten Schutzes der Angebotsadressaten – nicht erkennbar, dass die Bestimmung gerade (auch) dem schadensrechtlichen Schutz jedes einzelnen Adressaten dienen soll. Dagegen lässt sich § 23 Abs. 2 WpÜG als Schutzgesetz betrachten61, weil die Vorschrift vorrangig der Durchsetzung der gesetzlichen Nachbesserungsansprüche von Anlegern nach § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG in Bezug auf die ihnen versprochene oder gewährte Gegenleistung dienen soll und die sich aus § 23 Abs. 2 WpÜG ergebenden Pflichten nicht als vertragliche zu verstehen sind.
E. Verhältnis zu anderweitigen Publizitätsvorschriften Bei den Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 1 und 2 WpÜG handelt es sich um angebots- und angebotsverfahrensspezifische Publizitätspflichten. Deshalb bleiben Veröffentlichungspflichten des Bieters, die – wie namentlich diejenigen in Bezug auf Insiderinformationen aus Art. 17 VO Nr. 596/
58 A.A. in Bezug auf die Angaben nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG für den Zeitraum des Laufs der Annahmefrist Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 75 f., doch handelt es bei den nach § 23 Abs. 1 Satz Nr. 1 WpÜG verlangten Angaben nicht um solche der Angebotsunterlage, die der Pflicht zur Aktualisierung derselben unterliegen. 59 Ebenso Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 14 WpÜG Rz. 14, wobei nach Oechsler, ZIP 2003, 1330, 1331, eine Haftung aus cic in Betracht kommen soll; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 42; Thun in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 52. A.A. Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 99 ff., demzufolge § 12 WpÜG teils (bei Verstößen gegen § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 WpÜG) direkt, teils (im Übrigen) analog anwendbar sein soll. Diesem zumindest in Bezug auf Angaben nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG folgend: Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 75 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 30 f. 60 Ablehnend auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 32; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 40. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 77; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 106. Generell gegen die Schutzgesetzeigenschaft des § 23 WpÜG Oechsler in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 23 WpÜG Rz. 14 (Transparenzpflichten dienen nicht dem Schutz der „individuellen Vermögensinteressen des einzelnen Aktionärs“, auch wenn dies nur im Hinblick auf Ansprüche aus cic formuliert wird); Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 40 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 32. 61 Insoweit wie Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 77; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 106. A.A. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 32; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 41.
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§ 24 Grenzüberschreitende Angebote 2014 (sog. Ad-hoc-Publizität)62, in Bezug auf Mitteilung, Veröffentlichung und Übermittlung von Veränderungen des Stimmrechtsanteils nach §§ 33 ff. WpHG63, in Bezug auf die Erlangung eines bestimmten Anteilsbesitzes eines Unternehmens an einer AG oder von einer AG an einer anderen Kapitalgesellschaft nach §§ 20 f. AktG64 sowie in Bezug auf Eigengeschäfte von Führungskräften nach Art. 19 VO Nr. 596/2014 (sog. Directors’ Dealings)65 – anderen Zwecken dienen, von den Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 1 und 2 WpÜG unberührt.
§ 24 Grenzüberschreitende Angebote Hat der Bieter bei grenzüberschreitenden Angeboten zugleich die Vorschriften eines anderen Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums einzuhalten und ist dem Bieter deshalb ein Angebot an alle Inhaber von Wertpapieren unzumutbar, kann die Bundesanstalt dem Bieter auf Antrag gestatten, bestimmte Inhaber von Wertpapieren mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in dem Staat von dem Angebot auszunehmen. A. Das Regelungsproblem . . . . . . . . . . . . B. Regelungsgegenstand und Regelungszweck: Ausschluss ausländischer Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . .
1
D. EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . .
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E. Die Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . I. Grenzüberschreitendes Angebot . . . . . . II. Pflicht zur Beachtung von Rechtsvorschriften eines Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums . . . . . . . . . . . 1. Anwendung ausländischen Rechts . . . . 2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . a) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Australien . . . . . . . . . . . . . . . d) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichtenkollision . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . .
. .
8 8
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10 10 13 14 17 18 19 20 21 22 23
4 6
a) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Barangebote . . . . . . . . . . bb) Umtauschangebote . . . . . . b) Andere Staaten . . . . . . . . . . . 3. Andere Erschwerungen für den Bieter
. . . . .
. . . . .
23 24 31 35 37
Das Erlaubnisverfahren . . . . . . . . . Darlegung der Antragsvoraussetzungen Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . .
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G. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausschluss bestimmter ausländischer Wertpapierinhaber von dem Angebot . . . . . . . II. Ermessen der BaFin und Ermessensreduzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Genehmigungsfiktion . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Die Rechtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Praxis der BaFin . . . . . . . . . . . . . . II. Versendungsbeschränkungen („Distributionsbeschränkungen“) . . . . . . . . . . .
55 55
F. I. II. III.
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47 48 51 53
57
Schrifttum: Aha, Die Cross-Border Rules der SEC und ihre Bedeutung für das deutsche Kapitalmarktrecht, AG 2002, 313; Basnage/Curtin, Cross-border Tender Offers and Other Business Combination Transactions and the U.S. Federal Securities Laws: An Overview, The Business Lawyer 71 (2016), 459; Baum/Breidenbach, Die wachsende internationale Verflechtung der Wertpapiermärkte und die Regelungspolitik der U.S. Securities and Exchange
62 Auch, noch zu § 15 WpHG a.F., etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 25; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 33 ff.; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 23 WpÜG Rz. 13; Technau/ Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 104; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 4. 63 Ebenso, noch zu den Vorgängervorschriften §§ 21 ff. WpHG a.F., etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 25, 70 ff.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 33 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 5; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 9; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 35; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 100; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 4 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 4. 64 Etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 72; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 36. 65 Noch zur Vorgängervorschrift des § 15a WpHG a.F. Knaack, AG 2016, 58, 59 f. (zu Reformbedarf 60 ff.).
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Uwe H. Schneider/Rosengarten
§ 24 Grenzüberschreitende Angebote 2014 (sog. Ad-hoc-Publizität)62, in Bezug auf Mitteilung, Veröffentlichung und Übermittlung von Veränderungen des Stimmrechtsanteils nach §§ 33 ff. WpHG63, in Bezug auf die Erlangung eines bestimmten Anteilsbesitzes eines Unternehmens an einer AG oder von einer AG an einer anderen Kapitalgesellschaft nach §§ 20 f. AktG64 sowie in Bezug auf Eigengeschäfte von Führungskräften nach Art. 19 VO Nr. 596/2014 (sog. Directors’ Dealings)65 – anderen Zwecken dienen, von den Veröffentlichungspflichten nach § 23 Abs. 1 und 2 WpÜG unberührt.
§ 24 Grenzüberschreitende Angebote Hat der Bieter bei grenzüberschreitenden Angeboten zugleich die Vorschriften eines anderen Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums einzuhalten und ist dem Bieter deshalb ein Angebot an alle Inhaber von Wertpapieren unzumutbar, kann die Bundesanstalt dem Bieter auf Antrag gestatten, bestimmte Inhaber von Wertpapieren mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in dem Staat von dem Angebot auszunehmen. A. Das Regelungsproblem . . . . . . . . . . . . B. Regelungsgegenstand und Regelungszweck: Ausschluss ausländischer Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . .
1
D. EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . .
7
E. Die Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . I. Grenzüberschreitendes Angebot . . . . . . II. Pflicht zur Beachtung von Rechtsvorschriften eines Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums . . . . . . . . . . . 1. Anwendung ausländischen Rechts . . . . 2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . a) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Australien . . . . . . . . . . . . . . . d) Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichtenkollision . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . .
. .
8 8
. . . . . . . . . . .
10 10 13 14 17 18 19 20 21 22 23
4 6
a) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Barangebote . . . . . . . . . . bb) Umtauschangebote . . . . . . b) Andere Staaten . . . . . . . . . . . 3. Andere Erschwerungen für den Bieter
. . . . .
. . . . .
23 24 31 35 37
Das Erlaubnisverfahren . . . . . . . . . Darlegung der Antragsvoraussetzungen Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
41 41 44 46
G. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausschluss bestimmter ausländischer Wertpapierinhaber von dem Angebot . . . . . . . II. Ermessen der BaFin und Ermessensreduzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Genehmigungsfiktion . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
H. Die Rechtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Praxis der BaFin . . . . . . . . . . . . . . II. Versendungsbeschränkungen („Distributionsbeschränkungen“) . . . . . . . . . . .
55 55
F. I. II. III.
. . . .
47 48 51 53
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Schrifttum: Aha, Die Cross-Border Rules der SEC und ihre Bedeutung für das deutsche Kapitalmarktrecht, AG 2002, 313; Basnage/Curtin, Cross-border Tender Offers and Other Business Combination Transactions and the U.S. Federal Securities Laws: An Overview, The Business Lawyer 71 (2016), 459; Baum/Breidenbach, Die wachsende internationale Verflechtung der Wertpapiermärkte und die Regelungspolitik der U.S. Securities and Exchange
62 Auch, noch zu § 15 WpHG a.F., etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 25; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 33 ff.; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 23 WpÜG Rz. 13; Technau/ Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 104; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 4. 63 Ebenso, noch zu den Vorgängervorschriften §§ 21 ff. WpHG a.F., etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 25, 70 ff.; Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 33 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 23 WpÜG Rz. 5; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 9; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 35; Technau/Berrar in Paschos/Fleischer, § 13 Rz. 100; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 23 WpÜG Rz. 4 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 4. 64 Etwa Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 23 WpÜG Rz. 72; Steinhardt in Steinmeyer, § 23 WpÜG Rz. 36. 65 Noch zur Vorgängervorschrift des § 15a WpHG a.F. Knaack, AG 2016, 58, 59 f. (zu Reformbedarf 60 ff.).
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Grenzüberschreitende Angebote
Rz. 1 § 24
Commission, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 6; Behnke, Erste praktische Erfahrungen mit dem Ausschluss ausländischer Anteilsinhaber nach § 24 WpÜG, WM 2002, 2229; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), AG 2016, 597; Brügger/Dubs, Zum internationalen Anwendungsbereich der börsenrechtlichen Übernahmeordnung bei freiwilligen Übernahmeangeboten, SZW 2000, 69; Büscher, Zur Verfassungswidrigkeit der Anwendung des WpÜG auf den öffentlichen Erwerb eigener Aktien, ZBB 2006, 107; Cascante/Tyrolt, 10 Jahre WpÜG – Reformbedarf im Übernahmerecht?, AG 2012, 97; Deutscher Anwaltverein e.V., Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins e.V. zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), NZG 2001, 1003; Dürig, Kollisionsrechtliche Anknüpfung bei öffentlichen Übernahmeangeboten, RIW 1999, 746; Habermeier, Neue Wege zum Wirtschaftskollisionsrecht, 1997; von Hein, Grundfragen des europäischen Übernahmekollisionsrechts, AG 2001, 213; von Hein, Europäische Harmonisierung des Gesellschaftsrechts im kapitalmarktrechtlichen Kontext, in Nobel (Hrsg.), Internationales Gesellschaftsrecht einschließlich internationales Kapitalmarktrecht, Bern 2002, S. 37; von Hein, Zur Kodifikation des europäischen Übernahmekollisionsrechts, ZGR 2005, 528; Helmis, USA – Regulierung von Unternehmensübernahmen, RIW 2001, 825; Holzborn, Ausschluss ausländischer Aktionäre nach § 24 WpÜG, BKR 2002, 67; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt, Administration von Übernahmeverfahren – Aktuelle Entwicklungen in der Aufsichtspraxis, in: Kämmerer/Veil (Hrsg.), Übernahme- und Kapitalmarktrecht in der Reformdiskussion, Tübingen, 2013, S. 3; Kronke, Capital Markets and Conflict of Law, Recueil des cours, 286 (2000), 249; Lenz, Das WpÜG in der Praxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, NJW 2003, 2073; Lenz/Linke, Das WpÜG in der aufsichtsrechtlichen Praxis, AG 2002, 361; Letzel, Das Pflichtangebot nach dem WpÜG, BKR 2002, 293; Maul/Muffat-Jeandet, Die EU-Übernahmerichtlinie – Inhalt und Umsetzung in nationales Recht, AG 2004, 221 (Teil I), 306 (Teil II); Meier-Schatz/Gasser, Zum räumlichen Anwendungsbereich der Übernahmeregeln, SZW 2000, 121; Meier-Schatz/Gasser, Analyse der Praxis der Übernahmekommission, in Weber (Hrsg.), Neue Entwicklungen im Kapitalmarktrecht, Zürich 2000; Merkt, Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln?, Gutachten G für den 64. Deutschen Juristentag, Börsenrechtliches Teilgutachten, 2002, S. G 127; Möller/Pötzsch, Das neue Übernahmerecht – Der Regierungsentwurf vom 11.7.2001, ZIP 2001, 1256; Mülbert, Übernahmerecht zwischen Kapitalmarktrecht und Aktien(konzern)recht – die konzeptionelle Schwachstelle des RegE WpÜG, ZIP 2001, 1221; Nobel, Überblick über die Entwicklung im Internationalen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, in Nobel (Hrsg.), Internationales Gesellschaftsrecht einschließlich internationales Kapitalmarktrecht, Bern 2002, S. 9; Pohlmann, Rechtsschutz der Aktionäre der Zielgesellschaft im Wertpapiererwerbs- und Übernahmeverfahren, ZGR 2007, 1; Ryngaert, Cross-Border Takeover Regulation: a Transatlantic Perspective, ECFR 2007, 434; Uwe H. Schneider, Internationales Kapitalmarktrecht, AG 2001, 269; Schnyder, Takeovers and Conflicts of Law, in Ferrarini/Hopt/Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets in the Age of the Euro, The Hague, London, New York 2002, S. 427; Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, 1996; Seibt, Reform der EU-Übernahmerichtlinie und des deutschen Übernahmerechts, ZIP 2012, 1; Süßmann, Anwendungsprobleme des WpÜG, WM 2003, 1453; Unger/Witzel, § 24 WpÜG – Ausschluss australischer Aktionäre? Australischer Lösungsansatz für das WpÜG?, RIW 2005, 429; Veranneman/Gärtner, Grenzüberschreitende Tauschangebote nach dem WpÜG, AG 2009, 648; Zimmer, Aufsicht bei grenzüberschreitenden Übernahmen, ZGR 2002, 731.
A. Das Regelungsproblem Das Übernahmerecht ist ein Querschnittsrecht aus kapitalmarktrechtlichen (bzw. aufsichtsrecht- 1 lichen) und zivilrechtlichen, insbesondere gesellschaftsrechtlichen Normen. Abhängig von der Qualifikation als Gesellschafts-, Kapitalmarkt- oder Verbraucherschutzrecht können sich unterschiedliche kollisionsrechtliche Folgen ergeben. Soweit das Übernahmerecht als Gesellschaftsrecht anzusehen ist, bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem Sitz- bzw. dem Gründungsstaat der Zielgesellschaft1. Bei einer Klassifikation als Kapitalmarktrecht (bzw. Aufsichtsrecht) würde hingegen der Territorialitätsgrundsatz gelten; bei Betonung des verbraucherschützenden Aspekts kommt eine Anknüpfung an die Nationalität oder den Wohnsitz der Aktionäre der Zielgesellschaft in Betracht. Ausgehend vom Verständnis des jeweiligen Gesetzgebers können nationale Regelungen daher unterschiedliche Anknüpfungsgrundlagen vorsehen.
1 Ryngaert, ECFR 2007, 434, 435 ff.
Uwe H. Schneider/Rosengarten
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§ 24 Rz. 2 Grenzüberschreitende Angebote 2
Das WpÜG knüpft seine Anwendung an den Inlandssitz einer deutschen AG oder KGaA und die Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem organisierten Markt2 im Europäischen Wirtschaftsraum. Ausländische Übernahmerechte knüpfen demgegenüber ihre Anwendung vielfach an andere Sachverhalte, z.B. an den Wohnsitz oder Sitz der Aktionäre, an den Ort der Leitung und/oder den Ort der „Kotierung“3. Ein allseitiges, d.h. Verweisungen auf ausländisches Übernahmerecht enthaltendes Übernahmekollisionsrecht fehlt dagegen bislang. Ein solches entsteht auch nicht schon durch eine Ausdehnung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung4. Ein allgemeines Wirtschaftskollisionsrecht, welches die konfligierenden Regelungsansprüche im Einzelfall in Einklang zu bringen geeignet sein könnte, zeichnet sich nur in Grundlinien ab5. Eine Anerkennung in der Staatenpraxis lässt sich zumindest derzeit jedoch noch nicht nachweisen. Daher kann es bei grenzüberschreitenden Sachverhalten dazu kommen, dass neben dem deutschen Übernahmerecht zugleich das Übernahmerecht von zwei oder mehr ausländischen Staaten Geltung beansprucht6.
3
Ist aber bei grenzüberschreitenden Angeboten neben dem deutschen Übernahmerecht auch ausländisches Übernahmerecht anwendbar, so sind die Folgen dieser Normenhäufung häufig problematisch7 und es entsteht ein Normenkonflikt8. Die Pflichten des Bieters, die Anforderungen an die Angebotsunterlage, die Veröffentlichungspflichten und Veröffentlichungsfristen usw. können in den einzelnen Rechtsordnungen ganz unterschiedlich ausgeprägt sein und sich widersprechen9. Das kann zu Pflichtenkollisionen führen, einen unvertretbaren Zeit-, Finanz- und Personalaufwand verursachen und dadurch das Angebot insgesamt in Frage stellen10. In der übernahmerechtlichen Praxis wird die aus der Anwendung unterschiedlicher nationaler Vorschriften resultierende Konfliktlage z.T. als wesentlicher Grund dafür angesehen, dass es in Deutschland bis dato nur wenige grenzüberschreitende Aktientauschangebote gegeben hat11.
B. Regelungsgegenstand und Regelungszweck: Ausschluss ausländischer Aktionäre 4
Die übernahmerechtliche Praxis versuchte schon frühzeitig, dem Problem der kumulativen Anwendung inländischen und ausländischen Übernahmerechts dadurch Rechnung zu tragen, dass die Angebotsunterlage sog. „Disclaimer“ („Ausschlusserklärung“) enthielt. Damit sollten Aktionäre der Zielgesellschaft einer bestimmten Nationalität oder mit Wohnsitz oder Sitz in einem bestimmten Staat ausgeschlossen werden12. 2 Dieser ist als regulierter Markt an einer Börse im Inland und geregelter Markt i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. EU Nr. L 145 v. 30.4.2004, S. 1 – inzwischen ersetzt durch Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 der Richtlinie 2014/65/EU, ABl. EU Nr. L 173 v. 12.6.2014, S. 349 –, definiert, vgl. § 2 Abs. 7 WpÜG. 3 Siehe zum Ort der Kotierung etwa den Entscheid der Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission vom 30.9.1999 in der Sache Übernahmeangebot LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton, Paris, für die TAG Heuer International SA, Luxemburg, zit. nach Brügger/Dubs, SZW 2000, 69; sowie dazu näher unten Rz. 19. 4 A.A. von Hein, AG 2001, 213, 219 ff. 5 Dazu Schnyder, Wirtschaftskollisionsrecht, 1990; Schnyder in FS Buxbaum, 2000, S. 516 ff. 6 Das ist Folge des „Effekts der kumulativen Anwendung des öffentlichen Kapitalmarktrechts“ (allgemein: Uwe H. Schneider, AG 2001, 269, 273), hier also des „Effekts der kumulativen Anwendung des öffentlichen Übernahmerechts“. 7 Siehe dazu von Hein, ZGR 2005, 528, 533. 8 Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in: Kämmerer/Veil, S. 16. 9 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51; Holzborn, BKR 2002, 67, 74; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 11 f. 10 Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsauschusses zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), NZG 2001, 1003, 1005. 11 So das Ergebnis einer im Hinblick auf die Diskussion über eine Reform der EU-Übernahmerichtlinie und des deutschen Übernahmerechts durchgeführten Experten-Umfrage: Seibt, ZIP 2012, 1, 6. 12 Beispiele bei Rahlf in Bad Homburger Hdb., S. 105 Fn. 333. Die frühere Praxis der Geschäftsstelle der vormaligen Übernahmekommission (vor Inkrafttreten des WpÜG) ging dahin, Disclaimer für Aktionäre mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland nach ausführlicher Begründung des Ausschlusses durch den Bieter i.d.R. für zulässig zu erklären; Holzborn, BKR 2002, 67 ff.
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Uwe H. Schneider/Rosengarten
Grenzüberschreitende Angebote
Rz. 7 § 24
Die (bloß materiellrechtlich wirkende)13 Befreiungsvorschrift des § 24 WpÜG stellt die Zulässigkeit einer Ausschlusserklärung unter den Genehmigungsvorbehalt der BaFin und damit auf eine gesetzliche Grundlage. Zugleich wird sie gegenüber der früheren Rechtslage erheblich weiter reichenden Voraussetzungen unterworfen. Grund hierfür ist die mit dem Ausschluss bestimmter Aktionäre von dem Erwerbsangebot einhergehende Einschränkung des übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgebots (vgl. § 3 Abs. 1 WpÜG)14. Rechtfertigung sind die aus kollisionsrechtlichen Gegebenheiten folgenden Unzuträglichkeiten für den Bieter (siehe oben Rz. 2 f.), welche im Einzelfall ein mit allen eingriffswilligen Rechtsordnungen konformes Übernahmeangebot ausschließen können.
5
C. Entstehungsgeschichte § 24 WpÜG war in seiner jetzigen Form zunächst weder im Diskussionsentwurf noch im Referentenentwurf enthalten. Beide Vorschläge sahen in § 26 WpÜG vielmehr sogar ergänzende Veröffentlichungspflichten gegenüber ausländischen Aktionären vor. Allerdings galt dies nur für Zielgesellschaften, deren Aktien an einem organisierten Markt innerhalb des EWR zugelassen sind. § 24 WpÜG wurde erstmals im Regierungsentwurf eingefügt. Die Vorschrift blieb im weiteren Gesetzgebungsverfahren unverändert.
6
D. EU-Übernahmerichtlinie Auch die europäische Übernahmerichtlinie15 enthält ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 7 Abs. 1 lit. a). Eine besondere Ausnahmeregelung für grenzüberschreitende Angebote ist – ebenso wie in den Vorentwürfen – zwar nicht vorgesehen. Allerdings sind die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 5 befugt, abweichende Regelungen zu erlassen und/oder ihre Aufsichtsbehörden zu Ausnahmen zu ermächtigen, um den auf nationaler Ebene festgelegten Fällen Rechnung zu tragen „oder andere besondere Fälle“ zu berücksichtigen16. Darin liegt gegenüber dem gescheiterten Richtlinienvorschlag von 200117, wonach „bei bestimmten Arten von Fällen und auf der Grundlage einer mit Gründen versehenen Entscheidung in Einzelfällen, in denen dies angemessen erscheint“, Ausnahmen bewilligt werden konnten, eine Konkretisierung. Auch die in der Übernahmerichtlinie gewählte Fassung dürfte den Mitgliedstaaten für eine durch Normenhäufung veranlasste Ausschlussregelung aber ausreichenden Spielraum lassen18. § 24 WpÜG ist daher ungeachtet der Frage, ob außereuropäische Kapitalanleger überhaupt in den Schutzbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes der Übernahmerichtlinie einzubeziehen sind, als eine nach Art. 4 Abs. 5 zulässige, mithin unionsrechtskonforme Ausnahmevorschrift anzusehen19. Anlässlich des Inkrafttretens der Übernahmerichtlinie bestand somit kein Bedarf zur Änderung von § 24 WpÜG.
13 Gegen eine Einordnung als Kollisionsnorm ausdrücklich: von Hein, ZGR 2005, 528, 543; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 3. 14 Zu den dogmatischen Grundlagen im Kapitalmarktrecht Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 253; Reul, Die Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei privaten Kontrolltransaktionen, 1991, S. 134 ff. 15 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates v. 21.4.2004, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. 16 Dazu Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 229. 17 ABl. EG Nr. C 21 v. 24.1.2001, S. 1. 18 So auch Behnke, WM 2002, 2229, 2229; ebenso wohl Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 8; zum gescheiterten Richtlinienentwurf schon von Hein, AG 2001, 213, 232. 19 von Hein, ZGR 2005, 528, 560; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 8; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 4; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 7; Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 1.
Uwe H. Schneider/Rosengarten
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§ 24 Rz. 8 Grenzüberschreitende Angebote
E. Die Tatbestandsvoraussetzungen I. Grenzüberschreitendes Angebot 8
Der Ausschluss von bestimmten Aktionären setzt voraus, dass es sich um ein „grenzüberschreitendes Angebot“ handelt. In Betracht kommen ein Erwerbsangebot, ein Übernahmeangebot und ein Pflichtangebot20, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Bar- oder ein Tauschangebot handelt21. Das Angebot ist „grenzüberschreitend“, wenn Aktionäre der Zielgesellschaft ihren Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht am Sitz der Gesellschaft, also im Inland, sondern im Ausland haben22. Maßgebend ist, dass das Angebot aus diesem Grund23 seine Wirkung im Ausland entfaltet24. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob das Angebot im Ausland veröffentlicht wird und die Aktionäre im Ausland ausdrücklich etwa durch Werbung über die Grenze angesprochen werden. Ein grenzüberschreitendes Angebot stellt somit die Regel dar, weil es in der Bundesrepublik Deutschland so gut wie keine börsennotierte Aktiengesellschaft mit ausschließlich Aktionären gibt, die ihren Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.
9
Einstweilen frei.
II. Pflicht zur Beachtung von Rechtsvorschriften eines Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums 1. Anwendung ausländischen Rechts 10
Ob der Bieter zusätzlich zu den Vorschriften des WpÜG auch solche eines anderen Staates zu beachten hat, richtet sich danach, ob das Angebot von dem räumlichen Anwendungsbereich des ausländischen Übernahmerechts erfasst wird. An dieser Stelle muss ermittelt werden, unter welchen Voraussetzungen die ausländische Jurisdiktion die Anwendung ihrer Übernahmeregelungen an den Sachverhalt anknüpft25.
11
Allerdings kommen für § 24 WpÜG von vornherein ausschließlich die Rechtsordnungen solcher Staaten, die nicht zu den Vertragsstaaten über den Europäischen Wirtschaftsraum gehören, in Betracht. Der Grund für diese Einschränkung ist darin zu sehen, dass die übernahmerechtlichen Bestimmungen innerhalb des Vertragsgebiets als ausreichend harmonisiert und die Gefahr von Pflichtenkollisionen bzw. unzumutbaren Erschwernissen für den Bieter als nicht gegeben angesehen werden26 – eine Einschätzung, die sich auch nach dem Inkrafttreten der EU-Übernahmerichtlinie wegen der Vielzahl der darin vorgesehenen Optionsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten und Unternehmen als zweifelhaft erweist27. 20 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 9; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 24 WpÜG Rz. 2. 21 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 10. 22 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 606. 23 Hingegen soll für eine Eignung des Ausschlusses nach § 24 zur Vermeidung der Pflichtenkollision genügen, wenn dieser für die Nichtanwendung ausländischer Vorschriften mitursächlich ist: Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 18 ff.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 28 f. 24 Aha, AG 2002, 313, 323; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 24 WpÜG Rz. 3; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 148; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 9; Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 1; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 11: grenzüberschreitende Wirkung nur bei ausländischer Börsenzulassung. 25 Vgl. dazu Uwe H. Schneider, AG 2001, 269, 276; Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 557 ff.; zum europäischen Übernahmekollisionsrecht Dürig, RIW 1999, 746, 748 ff.; von Hein, AG 2001, 213, 214 ff.; Zimmer, ZGR 2002, 731, 742. 26 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 16; aufgrund einer dahingehenden Einschätzung des Gesetzgebers auch ausdrücklich gegen eine entsprechende Anwendung des § 24 WpÜG im Verhältnis zu EWRStaaten Lenz/Linke, AG 2002, 361, 365; kritisch hierzu von Hein, ZGR 2005, 528, 534; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 398. 27 Vgl. dazu Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 310 ff.; KOM(2012) 347 endg., S. 5 und den u.a. zugrundeliegenden externen Takeover Bids Directive Assessment Report, S. 106 f. (https://publications.europa.eu/en/publica
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Uwe H. Schneider/Rosengarten
Grenzüberschreitende Angebote
Rz. 16 § 24
Der Dispens nach § 24 WpÜG hängt entgegen dem im Indikativ gefassten Gesetzeswortlaut nicht davon ab, dass der Bieter die Pflicht zur Einhaltung der ausländischen Rechtsordnung tatsächlich hat28. Dies zu vermeiden ist gerade der Sinn der Vorschrift. Es kommt vielmehr lediglich darauf an, dass dies der Fall wäre, wenn die betreffenden ausländischen Aktionäre nicht ausgeschlossen würden. Gemeint und ausreichend ist daher die bloße Hypothese der Fremdrechtsanwendung. In der bestehenden Fassung ist der Wortlaut als Konditionalsatz zu verstehen und gedanklich wie folgt zu ergänzen: Falls der Bieter bei einem grenzüberschreitenden Angebot die Vorschriften (…) zu beachten hätte, kann die BaFin (…).
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2. Einzelfälle Die nach dem gesetzlichen Ausschluss von EWR-Staaten praktisch bedeutsamsten und für § 24 WpÜG verbleibenden Rechtsordnungen sind die der Vereinigten Staaten, Australien, Kanada, Japan und mit Einschränkungen die der Schweiz29. Sie knüpfen die extraterritoriale Anwendung ihres Übernahmerechts in unterschiedlicher Art und Weise an30.
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a) USA Nach US-amerikanischem Übernahmerecht unterliegen Übernahmeangebote an Aktionäre mit Sitz 14 oder Wohnsitz in den USA dem amerikanischen Kapitalmarktrecht, und zwar auch dann, wenn die Zielgesellschaft ihren Sitz im Ausland hat oder an einer ausländischen Börse gelistet ist31. Rechtsgrundlage ist Sec. 14(d) Securities Exchange Act 1934 (SEA) und die hierzu von der SEC erlassene Regulation 14D32. Anknüpfungsmoment ist danach zwar der Gebrauch von „means of interstate commerce“ im Rahmen des Übernahmeangebots. Ein solcher wird jedoch bereits dann angenommen, wenn der Bieter vernünftigerweise vorhersehen kann, dass ein amerikanischer Anleger seine Anteile auf das Angebot hin in den amerikanischen Markt verkauft33. Systematisch handelt es sich dabei um die – von einem sehr weitgehenden Anlegerschutzverständnis getragene – Anknüpfung an eine mögliche Auswirkung auf den inländischen Markt (effects test). Zusätzlich zu den bundesgesetzlichen Regelungen des Securities Exchange Act beanspruchen u.U. noch einzelstaatliche Regelungen Geltung34. Die Folge dieser Rechtslage war, dass amerikanische Aktionäre in der Vergangenheit von Übernahme- 15 angeboten ausgeschlossen wurden35. Weil sich auf diese Weise sowohl der Anlegerschutz als auch die Markteffizienz in ihr Gegenteil verkehrten, erließ die Securities and Exchange Commission eine Reihe von Ausnahmetatbeständen
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tion-detail/-/publication/67501b75-7583-4b0d-a551-33051d8e27c1#p_portal2012flexpaper_WAR_portal2012 portlet_INSTANCE_A37mcJYPrfjK, letzter Abruf 22.8.2019). So auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 9. Holzborn, BKR 2002, 67, 68 und 72 ff.; Lenz/Linke, AG 2002, 361, 365. Vgl. dazu auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 24 WpÜG Rz. 17; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 17; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rn. 159; ausführlich Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 59 ff. Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 462 ff.; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 151; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 24 WpÜG Rz. 17; Einzelheiten bei: Aha, AG 2002, 313, 314 ff.; ferner: von Hein, AG 2001, 213, 224; Uwe H. Schneider, AG 2001, 269, 276; Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 574 ff.; für das Marktortprinzip de lege ferenda auch: Merkt, Gutachten G für den 64. Deutschen Juristentag, 2002, S. G 128. US-Kapitalmarktnormen sind zu finden unter: www.sec.gov (Stand: August 2019). Vgl. die Nachweise bei Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 574, Fn. 750 u. 759; Ryngaert, ECFR 2007, 434, 450; zum Ganzen Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 519 ff. Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 465; Behnke, WM 2002, 2229, 2234; dazu auch Helmis, RIW 2001, 825, 830 ff. SEC, Release Nr. 33–7759: Von 31 Übernahmeangeboten im Jahr 1997 in Großbritannien waren in 30 Fällen die US-Aktionäre ausdrücklich ausgenommen worden; siehe dazu schon Baum/Breidenbach, WM Sonderbeilage 6/1990, S. 7; ferner von Hein, AG 2001, 213, 224; Uwe H. Schneider, AG 2001, 269, 276; Ryngaert, ECFR 2007, 434, 441.
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§ 24 Rz. 16 Grenzüberschreitende Angebote (Exemptive Rules for Cross-Border Offers)36, die mit Wirkung zum 8.12.2008 noch erweitert wurden.37 Ihnen kommt für § 24 WpÜG insoweit maßgebliche Bedeutung zu, als sie bei der Feststellung, ob dem Bieter die Einhaltung US-amerikanischen Rechts unzumutbar ist, relevant sind (dazu unten Rz. 34). b) Kanada 17
Die Anwendung der nunmehr für alle kanadischen Provinzen einschließlich Ontario im National Instrument 62-104 geregelten Übernahmevorschriften knüpft daran an, ob es in dem jeweiligen Gebiet ansässige Aktionäre gibt. Eine Anwendbarkeit des kanadischen Übernahmerechts scheidet immer dann aus, wenn innerhalb der jeweiligen Provinz weniger als 50 Aktionäre ansässig sind und diese weniger als 2 % der Aktien der Zielgesellschaft halten (Sec. 4.5 sowie 4.11 des National Instrument 62-104)38. Wegen dieser niedrigen Schwellenwerte wird der Bieter daher häufig die Anwendung kanadischen Übernahmerechts auch bei solchen Zielgesellschaften zu gewärtigen haben, die keine spezifischen Bezüge zu diesem Staat aufweisen39. c) Australien
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Das australische Übernahmerecht ist auf Zielgesellschaften, die außerhalb Australiens inkorporiert wurden, nicht anwendbar40. Auch eine exterritoriale Ausstrahlungswirkung der australischen Übernahmevorschriften bei einem mittelbaren Stimmrechtserwerb an einer in Australien inkorporierten Untergesellschaft der Zielgesellschaft scheidet wegen der im Jahre 2000 für derartige „mittelbare“ Akquisitionen geschaffenen Freistellung in Sec. 611 no. 14 CA 2001 aus41. Unerheblich ist schließlich auch, ob es sich um ein Bar- oder Tauschangebot handelt42. Im Falle eines Tauschangebots sind allerdings die australischen „Fundraising Provisions“ in Chapter 6D des CA 2001 zu beachten, wonach der Bieter ein diesen Bestimmungen entsprechendes Prospekt veröffentlichen muss (zur Frage, ob daraus eine Unzumutbarkeit im Sinne von § 24 WpÜG resultieren kann, Rz. 36). d) Schweiz
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Nach Art. 125 Abs. 1 lit. a des schweizerischen Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG) kommen die nationalen Übernahmevorschriften zur Anwendung, wenn das Ziel eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz ist, deren Aktien ganz oder teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind. Art. 125 Abs. 1 lit. b FinfraG legt fest, dass dies auch für Gesellschaften mit Sitz im Ausland gilt, sofern deren Aktien mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz hauptkotiert sind. Letzteres ist eine Klarstellung gegenüber Art. 22 Abs. 1 BEHG a.F.43, welcher lediglich von „schweizerischer Gesellschaft“ sprach, ohne ausdrücklich festzulegen, ob hiervon auch Gesellschaften mit Sitz im Ausland erfasst waren. Die Möglichkeit einer Anwendung von schweizerischem Übernahmerecht auch auf ausländische Gesellschaften ließ sich seinerzeit vielmehr zum einen daraus ableiten, dass das schweizerische IPR, anders als das deutsche, der Grün-
36 SEC, Release Nr. 33–7759, 34–42054, 39–2378, International Series Nr. 1208. 37 SEC, Release Nr. 33–8957, 34–58597; Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 469 f. 38 Behnke, WM 2002, 2229, 2234 zur insoweit gleichlautenden früheren Fassung des Ontario Securities Act; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 61a. 39 Die von Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 60 angeführte Ausnahmeregelung der „Foreign issuer bid exemption“ (Sec. 4.4 sowie 4.10 des National Instrument 62-104) mit vorteilhafteren Schwellenwerten für den Bieter dürfte an diesem Ergebnis in der Regel nichts ändern, da sie sich nur auf Zielgesellschaften bezieht, die Namensaktien ausgegeben haben. 40 Das australische Übernahmerecht in Chapter 6 des australischen Corporations Act 2001 [CA 2001] ist nämlich nur auf Gesellschaften anwendbar, die die Definition der „company“ in Sec. 9 CA 2001 oder der „listed bodies“ in Sec. 603 CA 2001 erfüllen. Beide setzen aber die Gründung der Gesellschaft in Australien voraus. 41 Unger/Witzel, RIW 2005, 429, 430. 42 Unger/Witzel, RIW 2005, 429, 430 f.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 62; a.A. im Hinblick auf Tauschangebote: Holzborn, BKR 2002, 67, 75 f.; Behnke, WM 2002, 2229, 2235. 43 Aufgehoben durch Art. 158 i.V.m. Anhang zum FinfraG m.W.v. 1.1.2016 (Art. 164 FinfraG).
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Grenzüberschreitende Angebote
Rz. 22 § 24
dungstheorie folgt44. „Schweizerische Gesellschaft“ konnte also z.B. auch eine Gesellschaft sein, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hatte und damit dem WpÜG unterfiel (§ 1 WpÜG). Zum anderen hatte die Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission mit Entscheid vom 30.9.1999 in Sachen LVMH Moët Hennesy Louis Vuitton, Paris, und TAG Heuer International SA, einer Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg, die Aufsicht an sich gezogen und verfügt, dass das Übernahmeangebot dem schweizerischen Börsengesetz unterliege, obwohl die Zielgesellschaft eine Gesellschaft nach Luxemburger Recht war. Zwar handele es sich weder um eine nach schweizerischem Recht gegründete Gesellschaft, noch habe diese ihren Sitz in der Schweiz. Die Mehrheit der Anteile liege jedoch in der Schweiz und sie werde aus der Schweiz heraus geleitet. Die Luxemburger Gesellschaft sei lediglich eine Verwaltungsholding, die ihren Sitz nur aus steuerlichen Gründen in Luxemburg genommen habe. Folglich musste der Bieter schon vor der ausdrücklichen Regelung durch Art. 125 Abs. 1 lit. b FinfraG bei Bezügen der Zielgesellschaft zur Schweiz die Einzelheiten der Leitungs- und Anteilseignerstruktur berücksichtigen, um zu ermitteln, ob er – auch – das schweizerische Übernahmerecht zu beachten hatte oder nicht45. Im Zuge der gesetzlichen Klarstellung einer möglichen Kollision von schweizerischem und ausländischem Übernahmerecht legt Art. 125 Abs. 2 FinfraG nun Voraussetzungen fest, unter denen bei einer solchen Kollision auf die Anwendung des schweizerischen Rechts verzichtet werden kann. Konflikte mit schweizerischem Recht erscheinen jedoch nach wie vor nicht ausgeschlossen. Diese können aus einer möglichen Inkompatibilität der Vorschriften über konkurrierende Angebote (Art. 48 ff. UEV) mit § 22 WpÜG folgen46. e) Japan Sehr weitgehend in seiner extraterritorialen Rechtsanwendung ist auch das japanische Übernahmerecht. Nach dem Financial Instruments and Exchange Act ist dieser vom Bieter auch dann zu beachten, wenn die Zielgesellschaft ihren Sitz im Ausland hat, aber ihre Anteile an einer Börse in Japan oder außerbörslich gehandelt werden, die Zielgesellschaft Anteile im Wege eines öffentlichen Angebots in Japan begeben hat oder die Zahl der dort ansässigen Aktionäre 1.000 oder mehr beträgt.47
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III. Unzumutbarkeit Als zentrales Tatbestandsmerkmal für den Ausschluss muss das Angebot an alle Inhaber von Wert- 21 papieren „unzumutbar“ sein, weil der Bieter die Vorschriften eines anderen Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums einzuhalten hat. Dies kann rechtliche Gründe, etwa in Gestalt divergierender Bieterpflichten haben. Zweifelhaft ist dagegen, ob darüber hinaus auch rechtliche Unsicherheiten und zusätzliche Risiken oder gar unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastungen dazu führen können, dass die Einbeziehung bestimmter ausländischer Aktionäre „unzumutbar“ ist. 1. Pflichtenkollision Eine Pflichtenkollision entsteht, wenn das ausländische Recht, welches der Bieter ohne Ausnahme- 22 regelung einzuhalten hätte, und das WpÜG einander widersprechende Anordnungen vorsehen48. In diesem Fall soll nach der Gesetzesbegründung ein Angebot an alle Aktionäre stets unzumutbar sein, weil es dem Bieter unmöglich sei, die rechtlichen Vorgaben einzuhalten. Man spricht dann auch von „echter Pflichtenkollision“ oder unauflösbarem Normenkonflikt49. In der Praxis dürften hierbei vor allem die Bieterpflichten in der Phase nach der Entscheidung für ein öffentliches Angebot bedeutsam werden, da die nach § 14 Abs. 1 WpÜG mit vier bzw. maximal acht Wochen knapp bemessene Frist 44 von Hein, AG 2001, 213, 217. 45 A.A. Versteegen in KölnKomm WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 63, der eine Kollision der Anwendungsbereiche des WpÜG und des BEHG a.F. ausschloss. 46 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 13. 47 Näher Shiota, Mergers & Acquisition Law Guide 2016 (www.mhmjapan.com/content/files/00020855/MA2016_Japan.pdf (letzter Abruf 22.8.2019). 48 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. 49 Vgl. Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 8; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 17.
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§ 24 Rz. 22 Grenzüberschreitende Angebote zur Erstellung der Angebotsunterlage zu Abstimmungen mit ausländischen Wertpapieraufsichtsbehörden kaum Raum lässt50 und zudem mit der Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG kollidieren würde. Darüber hinaus können ferner die ausländischen Bestimmungen zu Annahme- und Prüfungsfristen, Anmeldungs-, Registrierungs- und Veröffentlichungspflichten denen des WpÜG widersprechen51. Hier kann dem Bieter weder eine Zuwiderhandlung gegen deutsches noch gegen ausländisches Recht zugemutet werden. Das folgt schon daraus, dass die Verletzung der entsprechenden deutschen Pflichten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann (vgl. § 60 WpÜG) und aufsichtsrechtliche Untersagungsverfügungen befürchten lässt. Zu den Anforderungen an die Darlegung der Pflichtenkollision siehe unten Rz. 41 f. 2. Einzelfälle a) USA 23
Der Umfang der Bieterpflichten nach den US-amerikanischen Vorschriften zum Übernahmerecht hängt zum einen von der den Aktionären der Zielgesellschaft angebotenen Gegenleistung ab. Zum anderen kommt es darauf an, ob deren Aktien zum Zwecke der Zulassung an einer US-amerikanischen Wertpapierbörse registriert sind52. aa) Barangebote
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Bei einem Barangebot (sog. tender offer) zum Kauf von Anteilen einer nicht in den Vereinigten Staaten zugelassenen Zielgesellschaft (non-registered securities) treffen den ausländischen Bieter nach der maßgeblichen Regulation 14E zum Securities Exchange Act zwar Sonderbestimmungen betreffend die Mindestannahmefrist, deren Verlängerung und die Änderung der Gegenleistung53. Diese – im Wesentlichen der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken dienenden – Vorschriften stehen jedoch nicht im Widerspruch zu denen des WpÜG. Insbesondere folgt hieraus keine Verzögerungsgefahren mit sich bringende Pflicht zur Erstellung einer Vorlage an die SEC54.
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Anders verhält es sich, wenn es sich bei den Anteilen der Zielgesellschaft um zum Zwecke der Zulassung an einer US-amerikanischen Börse nach Sec. 12 SEA registrierte Wertpapiere (registered securities) handelt, was bei einer Reihe deutscher Gesellschaften der Fall ist. Hier findet Sec. 14(d) SEA einschließlich der dazu erlassenen Regulation 14D Anwendung. Es ergeben sich weitergehende Pflichten, namentlich die eines tender offer statements gemäß Schedule TO (Rule 14d-100)55, sowie der Unterbreitung einer Angebotsunterlage und deren Verteilung an die Aktionäre56. Offenkundige Pflichtenkollisionen mit dem WpÜG folgen daraus aber nicht, so dass der Anwendung der Sec. 14(d) SEA ebenfalls keine Unzumutbarkeit i.S.d. § 24 WpÜG zu entnehmen sein dürfte57.
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Selbst dieser Mehraufwand aus der Anwendbarkeit des US-amerikanischen Rechts lässt sich jedoch häufig vermeiden, da das US-amerikanische Recht selbst bereits Ausnahmeregelungen für ausländische
50 Holzborn, BKR 2002, 67, 74; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 398. 51 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 23. 52 Vgl. Behnke, WM 2002, 2229, 2233; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 44 ff.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 44 ff.; Übersicht bei Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-Hdb., § 19 Rz. 49. 53 Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 467, 479 ff.; dazu näher Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 42 ff.; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 20. 54 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 45; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 163. 55 Rule 14d-3 zum Securities Exchange Act; s. näher auch Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 489 ff. 56 Zu den weiteren Einzelheiten vgl. Rules 14d-2 bis 14d-11 zum Securities Exchange Act sowie Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 489 ff. 57 So auch Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 48; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 163; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 20; a.A. selbst bei Eingreifen der Tier II Exemptions (zu diesen unten Rz. 29 f., 32); Behnke, WM 2002, 2229, 2233.
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Grenzüberschreitende Angebote
Rz. 30 § 24
Zielgesellschaften (sogenannte foreign private issuer58) bereit hält, die den Normenkonflikt vermeiden. Rechtsgrundlage der Ausnahmen ist die Final Rule Cross-Border Tender and Exchange Offers, Business Combinations and Rights Offerings59, die zuletzt durch die Final Rule vom 19.9.2008 mit Wirkung zum 8.12.2008 geändert und dabei in ihrer Anwendbarkeit erweitert wurde60. Den Ausnahmen liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die Pflichten des Bieters an der Zahl der betrof- 27 fenen Wertpapierinhaber in den Vereinigten Staaten zu orientieren hat. Bei einer Anteilseignerquote von höchstens 10 % erfolgt eine weitgehende Befreiung von den Bieterpflichten (sog. Tier I Exemptions), und zwar unabhängig davon, ob die Gegenleistung als Barangebot oder als Tauschangebot erfolgt61. Die Beteiligungsquote ist zu einem vom Bieter frei wählbaren Zeitpunkt zwischen 60 Tagen vor und 30 Tagen nach Beginn des Angebots zu errechnen. Bei der Berechnung sind Paketbeteiligungen von mehr als 10 % – anders als vom Bieter gehaltene Aktien – nicht mehr herauszurechnen. Das Unterschreiten der Beteiligungsschwelle wird nach amerikanischem Recht grundsätzlich vermutet.62 Anders verhält es sich bei besserem Wissen des Bieters, bei vorwerfbarer Unkenntnis oder wenn das Handelsvolumen in den USA über 10 % liegt63. Die Tier I Exemptions begünstigen den Bieter in umfangreicher Weise64: Zum einen ist er von zahlreichen der zum Securities Exchange Act erlassenen Vorschriften entbunden (oben Rz. 24 f.; zu den weiteren Folgen für Umtauschangebote Rz. 32 f.)65, darunter insbesondere von der Unterbreitung eines tender offer statements bei registered securities. Zum anderen ist dem Bieter gestattet, die nach einzelstaatlichen Regelungen (Blue Sky Laws) bestehenden Registrierungserfordernisse durch Ausschluss der in dem betreffenden Bundesstaat ansässigen Aktionäre zu vermeiden66. Bestehen bleiben Regelungen, die den Bieter dazu verpflichten, US-Aktionäre gegenüber anderen Wertpapierinhabern, insbesondere hinsichtlich der Gegenleistung gleich zu behandeln67, und über die Konditionen des Angebots in englischer Sprache zu unterrichten68. Die hiernach bestehenden Pflichten begründen nach zustimmungswürdiger Auffassung des Schrifttums jedoch keine „Unzumutbarkeit“ nach § 24 WpÜG69.
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Auch wenn die Beteiligung amerikanischer Aktionäre die 10 %-Schwelle überschreitet, kommen bis zu einer Anteilseignerquote von 40 % Ausnahmen von den US-Übernahmeregelungen in Betracht (Tier II Exemptions).
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Kernstück der Tier II Exemptions ist die Erlaubnis, das Übernahmevorhaben in zwei getrennte Angebote aufzuteilen, von denen das eine dem US-Recht, das andere dem für den Emittenten maßgeblichen Recht unterliegt70. Darüber hinaus befreien die Regelungen den Bieter auch von einzelnen Pflichten der Regulations 14D und 14E zum Securities Exchange Act.71
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58 Zur Definition Rule 3B-4 zum Securities Exchange Act sowie Rule 405 zum Securities Act; abgedruckt bei Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 470, dort Fn. 40. 59 SEC, Release Nr. 33–7759, 34–42054, 39–2378, International Series Nr. 1208, vgl. Rule 14d-1(c) und (d) zum Securities Exchange Act bzw. Rule 800, 801 und 802 zum Securities Act; dazu Brown/Ferrara/Bird/Kubek/Regner, Takeovers, 3. Aufl., § 13.02. 60 SEC, Release Nr. 33–8957, 34–58597; Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 469 f. 61 Vgl. zu den eingeschränkten Bieterpflichten Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 53 f. 62 Rule Instructions to Rule 14d-1(c) und (d), Nr. 3 zum Securities Exchange Act. 63 Rule Instructions to Rule 14d-1(c) und (d), Nr. 3 zum Securities Exchange Act. 64 Vgl. die näheren Einzelheiten unter Rule 14(d)-1(c) zum Securities Exchange Act, Rule 802 zum Securities Act; dazu Aha, AG 2002, 313, 317 ff. 65 Näher Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 475 ff. 66 Rule 14d-1(c)(2)(ii) zum Securities Exchange Act. 67 Rule 14d-1(c)(2) zum Securities Exchange Act. 68 Rule 14d-1(c)(3) zum Securities Exchange Act. 69 Behnke, WM 2002, 2229, 2233; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 51; Holzborn, BKR 2002, 67, 75; Lenz/Linke, AG 2002, 361, 365; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 158; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 53 f.; dagegen wohl Aha, AG 2002, 313, 324, der meint, eine Einbeziehung ausländischer Aktionäre sei generell nur gerechtfertigt, wenn die Zielgesellschaft bislang auf den betreffenden Kapitalmärkten aktiv geworden sei. 70 Aha, AG 2002, 313, 321. 71 Rule 14d-1(d) zum Securities Exchange Act.
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§ 24 Rz. 31 Grenzüberschreitende Angebote bb) Umtauschangebote 31
Bei Umtauschangeboten (exchange offers), bei denen als (Teil der) Gegenleistung Wertpapiere in den Vereinigten Staaten angeboten werden sollen, kommt neben den Bestimmungen über Erwerbsangebote des SEA auch Sec. 5 des Securities Act von 1933 zur Anwendung72. Daraus folgt die Notwendigkeit, ein Zulassungsdokument (registration statement) zu erstellen, welches der SEC zur Genehmigung vorzulegen ist73. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen erfordert erfahrungsgemäß einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand und ist auch mit Prospekthaftungsrisiken verbunden74. Auch ist der Bieter zur Erlangung diverser Informationen darauf angewiesen, dass ihm die Zielgesellschaft diese für die Erstellung des Zulassungsdokuments (registration statement) zur Verfügung stellt, was in der Regel nur bei freundlichen Übernahmen der Fall ist.75
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Unproblematisch sind allerdings die Fälle, in denen die Tier I Exemptions Anwendung finden, denn nach den Tier I Exemptions ist der Bieter auch von der Notwendigkeit eines Zulassungsdokuments (registration statement) befreit76. Wie im Falle der Verwendung bereits registrierter Wertpapiere als Gegenleistung, bedarf es hier lediglich der Dokumentation des Übernahmeangebots gegenüber der SEC (Formular CB)77. Die Tier II Exemptions sehen demgegenüber keine Befreiung von der Notwendigkeit eines Zulassungsdokuments (registration statement) vor78. Für die Fälle, in denen die Tier I Exemptions nicht anwendbar sind, hatte es die BaFin daher in der Vergangenheit gestattet, US-amerikanische Aktionäre nach § 24 WpÜG von einem Umtauschangebot auszuschließen79. Ein solcher Ausschluss galt jedoch von vorneherein nicht für sogenannte Qualified Institutional Buyers (QIBs), da sie von der Prospektpflicht ausgenommen sind und insoweit schon kein unlösbarer Normenkonflikt besteht80.
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Nach neuerer Verwaltungspraxis der BaFin muss jedoch davon ausgegangen werden, dass zumindest bei freundlichen Umtauschangeboten auch US-amerikanische Privatanleger nicht ohne weiteres von dem Angebot ausgenommen werden können. Insbesondere seit den Umtauschangeboten der Alpha Beta Netherlands Holding N.V. an die Aktionäre der Deutsche Börse AG sowie des Angebots der Diebold, Inc., an die Aktionäre der Wincor Nixdorf AG geht die BaFin davon aus, dass die Einbeziehung US-amerikanischer Privatanleger selbst dann möglich und zumutbar ist, wenn der Bieter ein Zulassungsdokument (registration statement) einreichen muss81. Es wird insbesondere darauf verwiesen, dass die SEC das Problem der unterschiedlichen zeitlichen Anforderungen des US-amerikanischen Rechts und des deutschen Rechts dadurch entschärft habe, dass sie es im Rahmen des sogenannten early commencement zulässt, die Angebotsunterlage einschließlich des beigefügten Zulassungsdokuments (registration statement) schon zu veröffentlichen, bevor das endgültige Zulassungsdokument (registration statement) von der SEC genehmigt wird82. Dies wird in der Praxis jedoch nur zum gewünschten Erfolg führen, wenn der Bieter zu jenem Zeitpunkt hinreichend sicher sein kann, dass das Zulassungsdokument (registration statement) ohne Änderungen (die dann wieder den WpÜG-Vorschriften zur Änderung von Angeboten unterliegen würden) später tatsächlich von der SEC genehmigt wird83. Wenn man auch davon ausgehen muss, dass die BaFin die Einbeziehung US-amerikanischer Privat72 Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 468 und 500 ff. 73 Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 508 ff.; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/ Veil, S. 21. 74 Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A § 57 Rz. 165. 75 Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 508 f.; vgl. Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A § 57 Rz. 165. 76 Rule 802 zum Securities Act von 1933; vgl. auch Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 468 und 476; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 21. 77 Rule 802(a)(3) zum Securities Act. 78 Rule 802 zum Securities Act; vgl. Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459 ff. zum Ganzen sowie dort S. 479. 79 Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A § 57 Rz. 166. Siehe auch Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 19. 80 Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 19; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A § 57 Rz. 166. 81 Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 167; vgl. auch BaFin, Jahresbericht 2013, S. 180. 82 Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 21. 83 Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 21 f.
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Grenzüberschreitende Angebote
Rz. 36 § 24
anleger bei Umtauschangeboten nicht per se als unzumutbar ansieht, so dürfte die Abstimmung der verschiedenen (insbesondere zeitlichen) Anforderungen der Rechtsordnungen bei Einreichung eines Zulassungsdokuments (registration statement) im Einzelfall (insbesondere bei feindlichen Übernahmen) immer wieder zu praktischen Schwierigkeiten führen.84 Wohl auch vor diesem Hintergrund hat es die BaFin zum Beispiel im Falle der Umtauschangebote Deutsche Annigton/GAGFAH und alstria office/Deutsche Office in 2015 zugelassen, dass der Bieter für bestimmte US-amerikanische Aktionäre eine Abwicklung des Umtauschangebots im Wege eines sogenannten vendor placement durchgeführt hat85. Durch ein solches vendor placement kann häufig die Notwendigkeit eines Zulassungsdokuments (registration statement) vermieden werden.86 Das geschieht dadurch, dass das Umtauschangebot für die betroffenen Aktionäre den Effekt eines Barangebots hat: Die Aktien, die den betroffenen Aktionären als Gegenleistung zu verschaffen wären, werden in deren Namen über die Börse verkauft und der Erlös wird an die betroffenen Aktionäre ausgekehrt87. Ein solches Verfahren setzt jedoch voraus, dass der Markt für die im Rahmen des Umtauschangebots als Gegenleistung angebotenen Aktien hinreichend liquide und robust ist, die Anzahl der im Rahmen des vendor placement über die Börse veräußerten Aktien relativ gering ist (verglichen mit der Zahl der insgesamt gehandelten Wertpapiere des Bieters) und die Abwicklung des vendor placement zeitnah zum Angebot erfolgt88. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die im Rahmen des Umtauschangebots angebotenen Aktien unmittelbar nach Abschluss des Angebots verkauft werden, was aus deutscher Sicht zur Folge hat, dass der Verkauf nach Ablauf der weiteren Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG erfolgen muss89. Dies dürfte insbesondere dann zu Schwierigkeiten führen, wenn aufgrund ausstehender Angebotsbedingungen (etwa Einholung der Kartellfreigabe) die Abwicklung des Umtauschangebots aus deutscher Sicht noch nicht möglich ist90. Derartige praktische Schwierigkeiten werden zu berücksichtigen sein, wenn im Einzelfall zu entscheiden ist, ob die Möglichkeit eines vendor placement als milderes Mittel anstelle eines Ausschlusses der US-amerikanischen Privataktionäre nach § 24 WpÜG in Betracht kommt91. Auch ist bei dieser Abwägung zu berücksichtigen, dass die SEC angekündigt hat, keine sogenannten „vendor placement no-action letters“ mehr auszustellen, in denen dem Bieter bestätigt wird, dass der von ihm vorgesehene Mechanismus ausreichend ist, um die Registrierung seiner Aktien nach dem amerikanischen Recht zu vermeiden92.
34
b) Andere Staaten Auch die Beachtung anderer Rechtsordnungen, namentlich Kanadas und Japans (oben Rz. 17, 20) kann für den Bieter „unzumutbar“ sein93. Eine für § 24 WpÜG beachtliche Pflichtenkollision kommt auch hier zumindest bei einem vom Bieter beabsichtigten Tauschangebot mit in den betreffenden Staaten nicht zugelassenen Wertpapieren in Betracht94.
35
Hingegen folgt im Falle von Australien aus den bei einem Tauschangebot zu beachtenden Prospekt- 36 pflichten regelmäßig keine Pflichtenkollision, die dem Bieter eine Erstreckung des Angebots auf dort 84 Vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 49, 58; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 53; Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 11; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-Hdb., § 19 Rz. 59; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 165, 170. 85 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 606; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 170; vgl. auch BaFin, Jahresbericht 2015, S. 248. 86 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 606; näher zu den Voraussetzungen SEC, Release Nr. 33–8917, 34–57781. 87 Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, S. 506 ff.; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 606; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 170. 88 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 606; Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 507. 89 Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 170. 90 Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 170. 91 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 607. 92 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 607; dazu auch die Ankündigung der SEC, Release Nr. 33–8917, 34–57781 sowie Basnage/Curtin, The Business Lawyer 71 (2016), 459, 507. 93 Dazu Behnke, WM 2002, 2229, 2234; Holzborn, BKR 2002, 67, 75 f.; zu Befreiungsmöglichkeiten Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 160 ff.; vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 13 f.; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 159; a.A. Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 10. 94 Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 18 f., unter Hervorhebung Japans.
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§ 24 Rz. 36 Grenzüberschreitende Angebote ansässige Wertpapierinhaber „unzumutbar“ machen würde95. Dies resultiert daraus, dass der Bieter regelmäßig von der Pflicht zur Einreichung eines förmlichen Prospekts befreit ist96 und stattdessen lediglich eine den Anforderungen der Sec. 710, 711 CA 2001 genügende Übersetzung der deutschen Angebotsunterlage einzureichen hat. Die nach australischem Recht erforderlichen Angaben sind dabei weitestgehend deckungsgleich mit den von § 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO i.V.m. der Prospektverordnung geforderten; ansonsten können zusätzliche Informationen der Angebotsunterlage als Anlage beigefügt werden. 3. Andere Erschwerungen für den Bieter 37
Nicht eindeutig ist, ob das Tatbestandsmerkmal der „Unzumutbarkeit“ auch durch rein tatsächliche erhebliche finanzielle oder organisatorische Erschwerungen des Erwerbs erfüllt sein kann. Die Gesetzesbegründung verweist darauf, dass eine aus den grenzüberschreitenden Wirkungen resultierende finanzielle Mehrbelastung nicht bereits zur Unzumutbarkeit führe97. Erforderlich solle vielmehr sein, dass der Bieter in vorhersehbarer Weise auch bei Anwendung aller möglichen Sorgfalt nicht in der Lage sein wird, die rechtlichen Vorgaben einzuhalten. Daraus wird vielfach gefolgert, dass die Unzumutbarkeit lediglich durch Pflichtenkollisionen im oben genannten Sinne ausgelöst werden könne98.
38
Zwingend ist das nicht. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Begründung legen diese Folgerung nahe. Der Normtext stellt ausdrücklich auf die „Unzumutbarkeit“, nicht auf die Unmöglichkeit der Einhaltung fremden Rechts ab. Die „Unzumutbarkeit“ beschreibt darüber hinaus nach allgemeiner Terminologie ein subjektiv an sich mögliches, im Einzelfall vom Normadressaten billigerweise aber nicht zu erwartendes Verhalten. Wenn die Gesetzesbegründung davon spricht, dass wirtschaftliche Erschwernisse „nicht bereits“ zur Unzumutbarkeit führen99, lässt das ebenfalls Raum, dass diese jedenfalls in einer Gesamtschau mit anderen Übernahmehindernissen bejaht werden könnte. Auch die grundlegende Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und dessen partielle Einschränkung durch § 24 WpÜG rechtfertigt eine Beschränkung auf die objektive Pflichtenkollision nicht von vornherein100. Das gilt umso mehr, als den Besonderheiten des Einzelfalls durch das der BaFin eingeräumte Ermessen Rechnung getragen werden kann.
39
Bei der Beantwortung der Frage, ob die grenzüberschreitenden Wirkungen eines Angebots im Rahmen einer Gesamtschau zur Unzumutbarkeit führen, sind insbesondere die folgenden Kriterien zu berücksichtigen: Das Erfordernis der Mitwirkung ausländischer Aufsichtsbehörden kann zu einer beträchtlichen Verzögerung führen101. Ebenso sind die Zahl der von einem Ausschluss betroffenen ausländischen Wertpapierinhaber, der mit ihrer Einbeziehung verbundene Aufwand im Verhältnis zum 95 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 62; Unger/Witzel, RIW 2005, 429, 430 f.; a.A. Holzborn, BKR 2002, 67, 75. 96 Australian Securities and Investment Commission Class Order (CO) 92/716 sowie Policy Statements 72 und 151. 97 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. 98 Behnke, WM 2002, 2229, 2232; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 24 WpÜG Rz. 4; Holzborn, BKR 2002, 67, 68; wohl auch Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 6; Apfelbacher/Niggemann in Paschos/Fleischer, Übernahmerecht-Hdb., § 19 Rz. 54 ff.; Klepsch/Schmiady/von Buchwaldt in Kämmerer/Veil, S. 17 f.; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 606 und Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 24 WpÜG Rz. 16. 99 Begr. BT Drucks. 14/7034, S. 51. 100 Für Unzumutbarkeit der Einhaltung ausländischer Übernahmeregelungen wegen rein tatsächlichem, insbesondere wirtschaftlichem Aufwand, der die Unterbreitung des Angebots insgesamt in Frage stellen und unter Berücksichtigung des Anteils der in bestimmten Territorien befindlichen Wertpapiere am Grundkapital sowie der Größe des Zielunternehmens außer Verhältnis stehen würde, auch Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins e.V. zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), NZG 2001, 1003, 1005; zust. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 21; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 15; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 14 ff. 101 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 20; Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins e.V. zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), NZG 2001, 1003, 1005; vgl. auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 14 f.
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Rz. 42 § 24
gesamten Volumen der Transaktion sowie die Leistungsfähigkeit des Bieters in die Betrachtung einzubeziehen102. Bedeutsam ist zudem, ob es sich um ein einfaches Erwerbsangebot oder um ein Übernahme- bzw. Pflichtangebot handelt, da die Möglichkeit der Abgabe eines Teilangebotes im Rahmen eines einfachen Erwerbsangebotes für den Ausschluss ausländischer Wertpapierinhaber unter erleichterten Bedingungen spricht103. Soweit allerdings eine alternative Gestaltung des Angebots möglich ist, welche die Unzumutbarkeit entfallen ließe, ist der Bieter darauf zu verweisen104. Dies liegt etwa bei Zielgesellschaften mit Aktionären mit Sitz oder Wohnsitz in den USA nahe, wenn der Bieter die Möglichkeit hat, durch ein vendor placement die Notwendigkeit eines registration statement unter dem Securities Act zu vermeiden (oben Rz. 34) und damit bereits die Entstehung einer Pflichtenkollision zu verhindern105. Unter dem Aspekt treuwidrigen Verhaltens kann eine vorangegangene Förderung des Anteilserwerbs durch im Ausland ansässige Personen seitens des Bieters dem Ausschluss dieser Wertpapierinhaber entgegenstehen106.
40
F. Das Erlaubnisverfahren I. Darlegung der Antragsvoraussetzungen Nach der Gesetzesbegründung hat der Bieter die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 24 WpÜG eingehend darzustellen und zu belegen107. Dieses Erfordernis steht zwar in gewissem Gegensatz zu dem nach § 24 VwVfG geltenden Untersuchungsgrundsatz108; aus praktischen Erwägungen ist der Bieter jedoch faktisch zur Darlegung der entscheidungserheblichen Umstände gezwungen, um das Risiko einer nachteiligen Entscheidung der BaFin zu verringern109.
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Zunächst bedarf es der Darlegung der konkreten rechtlichen Pflichtenkollision, die entstehen würde, 42 wenn der Bieter zu einem Angebot an die auszuschließenden ausländischen Aktionäre verpflichtet bliebe bzw. der tatsächlichen Erschwernisse, die ein Angebot an alle Aktionäre mit sich bringen würde. Dabei kann es bereits zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals der Unzumutbarkeit erforderlich sein, Ausführungen zum Vorhandensein einer bestimmten Anzahl von im Ausland ansässigen Aktionären zu machen110. Überdies ist die Anzahl der Aktionäre auch für die Annahme einer Unzumutbarkeit aus anderen Gründen (Rz. 38) als einer „echten“ Pflichtenkollision (Rz. 22) relevant. Außerdem stellt die Ansässigkeit einer bestimmten Zahl von Aktionären im Geltungsbereich des ausländischen Übernahmerechts häufig das Anknüpfungskriterium für dessen Anwendbarkeit dar (Rz. 2). In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass der Bieter u.U. den Wohnsitz bzw. Sitz der Aktionäre der Zielgesellschaft in der Regel nicht aus öffentlich zugänglichen Quellen in Erfahrung bringen kann. Die Praxis lässt hier Erleichterungen zu111. So genügt der BaFin als Nachweis die Notierung der Aktien
102 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 21; ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 25 f., wobei eine Unzumutbarkeit bei einem Anteil der betroffenen Wertpapierinhaber von deutlich über 10 % ausscheide; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, BeckHdb. M&A, § 57 Rz. 161; enger Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 24 WpÜG Rz. 6, der eine Unzumutbarkeit bereits bei Überschreiten der Grenze des § 327a AktG ablehnt. 103 Vgl. im Einzelnen Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 27; ebenso Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 25. 104 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 26. 105 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 607, aber auch zu den Grenzen eines Verweises auf eine Ausgestaltung als vendor placement. 106 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 26; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 24 WpÜG Rz. 7; einschränkend Aha, AG 2002, 313, 323 Fn. 161. 107 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. 108 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 33; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 19; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 24 WpÜG Rz. 13. 109 Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 33; vgl. auch § 26 Abs. 2 Satz 1, 2 VwVfG. 110 Vgl. bspw. zu den Schwellenwerten im US-amerikanischen Recht Rz. 27, 29. 111 Allerdings scheitern Anträge nach § 24 WpÜG häufig an der fehlenden Glaubhaftmachung des Vorhandenseins ausländischer Aktionäre, vgl. Lenz, NJW 2003, 2073, 2075.
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§ 24 Rz. 42 Grenzüberschreitende Angebote der Zielgesellschaft an einer entsprechenden Börse112. Sind Namensaktien ausgegeben, so kann der Blick in das Aktienregister Aufschluss über die Anteilseignerstruktur geben113. Bei Inhaberaktien können Stimmrechtsmeldungen nach § 33 WpHG bzw. die auf entsprechende Daten spezialisierten Marktinformationsdienste befragt werden. Als Indiz kann auch das Vorliegen von Betriebsstätten im Ausland herangeführt werden114, denkbar etwa bei Mitarbeiterbeteiligungen der Zielgesellschaft. 43
Ob bei der Prüfung ausländischen Anteilsbesitzes die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Aufsichtsamt zweckmäßig und mit Rücksicht auf die zügige Durchführung des Verfahrens überhaupt möglich ist, muss im Einzelfall entschieden werden115.
II. Maßgeblicher Zeitpunkt 44
Das Gesetz schweigt zu der Frage, ab und bis zu welchem Zeitpunkt der Antrag nach § 24 WpÜG spätestens gestellt werden darf bzw. muss. Teilweise wird die Ansicht vertreten, der Bieter habe sein Begehren spätestens bis zu dem Zeitpunkt einzureichen, der für die Übermittlung der Angebotsunterlage vorgesehen ist116. Danach wäre die vierwöchige Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu beachten, die im Regelfall auf acht Wochen verlängert werden dürfte. Zur Begründung wird auf die Verpflichtung des Bieters zur Einreichung einer vollständigen Angebotsunterlage, § 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG, hingewiesen. Ein späterer Ausschluss habe die Qualität einer Änderung der Angebotsbedingungen. Er gehe notwendig zu Lasten der Aktionäre und sei im Änderungskanon des § 21 WpÜG nicht enthalten.
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Zutreffend ist, dass von einem Bieter erwartet werden kann, dass er bereits bei der Vorbereitung der Transaktion die Notwendigkeit eines Ausschlusses bestimmter ausländischer Aktionäre prüft. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass § 24 WpÜG selbst zunächst keine Ausschlussfrist formuliert. Die Notwendigkeit zum Ausschluss und die die Unzumutbarkeit begründenden Umstände können zudem erst in der Folgezeit offenbar werden. Zu denken ist etwa an den Fall, dass eine ausländische Aufsichtsbehörde in nicht vorherzusehender Weise eine für den Bieter nachteilige Rechtsauffassung einnimmt. Weder dem Bieter noch den ausländischen Aktionären kann aber daran gelegen sein, dass von der Ausschlussmöglichkeit des § 24 WpÜG umfassend Gebrauch gemacht werden muss, weil diese anderenfalls präkludiert wird. Der Umstand, dass § 24 WpÜG nicht im Änderungskatalog des § 21 WpÜG enthalten ist, steht ebenfalls nicht entgegen. Der Ausschluss von dem Angebot und die Vornahme von inhaltlichen Änderungen sind voneinander zu unterscheiden. Für die verbleibenden Aktionäre schlägt sich der Ausschluss bestimmter ausländischer Aktionäre auch nicht automatisch in einer nachteiligen Änderung der Angebotsbedingungen nieder. Der Ausschluss ist auch nicht Teil der Angebotsunterlage, sondern Gegenstand eines selbständigen Genehmigungsverfahrens117.
III. Beteiligte 46
Die Beteiligung am Antragsverfahren richtet sich mangels einer eigenständigen Regelung im WpÜG nach § 13 VwVfG118. Der Bieter ist als Antragsteller nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG am Verfahren beteiligt. Die von dem beantragten Ausschluss potentiell betroffenen Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb des EWR haben dagegen keinen 112 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 24 WpÜG Rz. 3; für die tatsächliche Vermutung ausländischen Anteilsbesitzes Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 15. 113 Behnke, WM 2002, 2229, 2231; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 24 WpÜG Rz. 3; a.A. Riehmer/Schröder, BB 2001, Beilage 5, S. 1, 2 f. 114 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 24 WpÜG Rz. 3. 115 A.A. Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 17, der von einer Verpflichtung des Aufsichtsamts zur Einholung eines Sachverständigengutachtens ausgeht. 116 Behnke, WM 2002, 2229, 2230; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 35; Holzborn, BKR 2002, 67, 68; Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 19. 117 Dazu Behnke, WM 2002, 2229, 2230; so auch Lenz/Linke, AG 2002, 361, 364. 118 OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 1/03, Der Konzern 2003, 617, 618 f.; Ihrig, ZHR 167 (2003), 315, 344 f.; Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 98; Pohlmann in KölnKomm. WpÜG, § 48 WpÜG Rz. 31, 39; Pohlmann, ZGR 2007, 1, 22.
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Rz. 51 § 24
Anspruch darauf, am Verfahren beteiligt zu werden. Insbesondere sind sie nicht nach § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG notwendig hinzuzuziehen, denn der Ausgang des Verfahrens hat für sie keine rechtsgestaltende Wirkung. Weder kommen ihnen aus dem WpÜG subjektiv-öffentliche Rechte zu, noch betrifft die Entscheidung der BaFin private Rechte, da den Aktionären der Zielgesellschaft kein zivilrechtlicher Anspruch auf Abgabe eines Angebots zusteht119. Es steht allerdings im Ermessen der BaFin, sie wegen der Berührung ihrer Individualinteressen als einfache Beteiligte nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 VwVfG hinzuzuziehen120.
G. Rechtsfolge I. Ausschluss bestimmter ausländischer Wertpapierinhaber von dem Angebot Die BaFin kann den Ausschluss von bestimmten Inhabern von Wertpapieren mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem Staat außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums gestatten. Der durch § 3 Abs. 1 WpÜG geschaffene umfassende Kontrahierungszwang für den Bieter wird insoweit aufgehoben. Die von dem Ausschluss betroffenen Aktionäre haben selbst dann keine Möglichkeit zur Annahme des Erwerbs-, Übernahme- oder Pflichtangebots, wenn sie auf andere Weise hiervon erfahren.
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II. Ermessen der BaFin und Ermessensreduzierung Die Gestattung des Ausschlusses steht im Ermessen der BaFin. Sie übt dieses Ermessen gemäß den allgemeinen Grundsätzen aus (vgl. § 40 VwVfG).
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Das der BaFin eingeräumte Ermessen reduziert sich zugunsten des Bieters, wenn die Unzumutbarkeit die Folge einer unvermeidbaren Pflichtenkollision ist. In dieser Lage hat die Gestattung des Ausschlusses als Regelfall zu erfolgen121.
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An eine Ermessensreduzierung zu Lasten des Bieters ist zu denken, wenn es sich um ein Übernahme- 50 angebot nach §§ 29 ff. WpÜG handelt. § 32 WpÜG stellt zwar klar, dass ein Ausschluss von bestimmten Wertpapierinhabern auch im Rahmen des Übernahmeangebots zulässig ist. Hierbei darf aber nicht aus den Augen verloren werden, dass es sich bei dem Angebot an alle Aktionäre in der Übernahmesituation um die bedeutsamste Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes handelt. Bei Pflichtangeboten stellt die Sicherstellung der Ausstiegsmöglichkeit der freien Aktionäre aus der in die Konzernierung oder Zerschlagung laufenden Zielgesellschaft zu gleichen Bedingungen ein zentrales Anliegen jedes Übernahmerechts dar. Das individuelle Interesse der vom Ausschluss betroffenen Aktionäre ist insoweit besonders zu gewichten. Hier könnte man daran zweifeln, ob die Gestattung in anderen Fällen als der Pflichtenkollision gewährt werden darf.
III. Genehmigungsfiktion Die Gestattung des Ausschlusses muss nicht ausdrücklich erfolgen. Ist der entsprechende Antrag des Bieters schon in der Angebotsunterlage enthalten, so erstreckt sich die in § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG enthaltene Genehmigungsfiktion auch auf den Ausschluss der betreffenden Anlegergruppe122.
119 Pohlmann, ZGR 2007, 1, 23, 28. 120 Pohlmann, ZGR 2007, 1, 22. 121 Vgl. Klepsch in Steinmeyer, § 24 WpÜG Rz. 15; noch weitergehend Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 30, der von einer Ermessensreduzierung auf null ausgeht; a.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 30. 122 Behnke, WM 2002, 2229, 2230; Holzborn, BKR 2002, 67, 68; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 19 a.E.
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§ 24 Rz. 52 Grenzüberschreitende Angebote 52
Wird der Antrag nicht in der Angebotsunterlage, sondern zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, so bedarf es allerdings einer ausdrücklichen Bekanntgabe der Gestattung nach den allgemeinen Vorschriften.
IV. Rechtsbehelfe 53
Gegen die Versagung der Gestattung kann der Bieter gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 WpÜG bei dem nach § 6 Abs. 1 WpÜG zuständigen Widerspruchsausschuss Widerspruch einlegen. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, ist die Verpflichtungsbeschwerde gemäß § 48 Abs. 3 WpÜG, gerichtet auf ermessensfehlerfreie Bescheidung bzw. im Falle einer Ermessensreduktion auf null unmittelbar auf Erlass des Gestattungsbescheides unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides, statthaft123. Aus § 48 Abs. 4 WpÜG folgt die ausschließliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main.
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Die von einer Gestattung des Ausschlusses betroffenen Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft sind mangels betroffener subjektiv-öffentlicher Rechte weder widerspruchs- noch beschwerdebefugt und können demzufolge nicht gegen die dem Antrag des Bieters entsprechende Entscheidung der BaFin vorgehen124.
H. Die Rechtspraxis I. Die Praxis der BaFin 55
Die BaFin gestattete den Ausschluss von Wertpapierinhabern mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im außereuropäischen Ausland seit Inkrafttreten des WpÜG bei acht der insgesamt rund 500 in diesem Zeitraum erfolgten Angebote125. Dabei handelt es sich um das am 1.6.2016 veröffentlichte Angebot der HLDCO123 PLC an die Aktionäre der Deutsche Börse AG, das am 2.10.2013 veröffentlichte Angebot der Deutsche Wohnen AG an die Aktionäre der GSW Immobilien AG, das am 27.6.2011 veröffentliche Angebot der Alpha Beta Netherlands Holding N.V. an die Aktionäre der Deutsche Börse AG, das am 1.12.2010 veröffentliche Angebot der ACS, Actividades de Construcción y Servicios, S.A. an die Aktionäre der HOCHTIEF AG, das am 10.11.2006 veröffentlichte gemeinsame Angebot der UCB SA und der UCB SP GmbH an die Aktionäre der Schwarz Pharma AG, das am 26.8.2005 veröffentlichte Angebot der UniCredito Italiano S.p.A. an die Aktionäre der Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, das am 20.8.2003 veröffentlichte Angebot der Buzzi Unicem S.p.A an die Aktionäre der Dyckerhoff AG sowie das am 19.1.2002 veröffentlichte Angebot der DePfa Holding plc an die Aktionäre der DePfa Deutsche Pfandbriefbank AG. Der Ausschluss bezog sich in sechs Fällen auf in Japan ansässige Anleger (Ausnahme: Angebot der Buzzi Unicem S.p.A. und der Deutsche Wohnen AG). Mit Ausnahme der Angebote der Alpha Beta Netherlands Holding N.V. und der HLDCO123 PLC wurden zudem in den USA ansässige Wertpapierinhaber ausgeschlossen. Von dem gemeinsamen Angebot der UCB SA und der UCB SP GmbH, dem Angebot der UniCredito Italiano S.p.A. und dem Angebot der DePfa Holding plc waren außerdem Aktionäre mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Australien ausgeschlossen. Zusätzlich war das letztgenannte Angebot auch nicht an Aktionäre in Kanada gerichtet. Der Ausschluss erfasste dagegen grundsätzlich nicht in den betreffenden Staaten ansässige „institutionelle“ Anleger126. Die Gegenleistung bestand bei allen acht Angeboten (zumindest teilweise) in Aktien des Bieters. 123 A.A. scheinbar Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 40; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 39, die eine Anfechtungsbeschwerde nach § 48 Abs. 1 WpÜG als statthaftes Rechtsmittel ansehen. Eine Anfechtungsbeschwerde bzw. der zuvor einzulegende Anfechtungswiderspruch dürften jedoch dem Rechtsschutzziel des Bieters, der den Erlass der Gestattung bzw. zumindest eine ermessensfehlerfreie Bescheidung begehrt, nicht genügen. 124 Pohlmann, ZGR 2007, 1, 31 ff.; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 40; a.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 40; Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 108 f. 125 Abrufbar unter: www.bafin.de (Stand: August 2019). 126 Als Rückausnahme vom Angebotsausschluss waren in Japan qualifizierte institutionelle Investoren (tekikaku kikan toshika) im Sinne von Art. 2 Abs. 3 (i) des japanischen Wertpapier- und Börsengesetzes (Financial In-
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Grenzüberschreitende Angebote
Rz. 59 § 24
Eine Aussage darüber, in wie vielen weiteren Fällen ein Ausschluss nach § 24 WpÜG vom Bieter be- 56 antragt, aber von der BaFin verweigert wurde, lässt sich anhand der veröffentlichten Angebotsunterlagen naturgemäß nicht treffen. Dennoch lässt sich aufgrund der geringen Anzahl von Gestattungen konstatieren, dass die Vorschrift des § 24 WpÜG keine große Praxisrelevanz besitzt. Unabhängig davon, ob die geringe Anzahl der erfolgten Ausschlüsse nach § 24 WpÜG auf eine restriktive Gestattungspraxis der BaFin oder eine Zurückhaltung der Bieter bei der Beantragung wegen der faktisch127 hohen Anforderungen an die Darlegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 24 WpÜG zurückzuführen ist, bleibt festzuhalten, dass der Norm nicht die angesichts der Problematisierung im Schrifttum128 zu erwartende Bedeutung zukommt. Sofern man unterstellt, dass sich die dem Rechtsgedanken des § 24 WpÜG zugrundeliegende Pflichtenkollision wegen der zumeist internationalen Aktionärsstruktur börsennotierter Gesellschaften häufig ergibt und Angebote nicht im Blick darauf oder wegen der Rechtsunsicherheit, ob die BaFin einen entsprechenden Ausschluss gestatten würde, vollständig unterblieben sind, muss die übernahmerechtliche Praxis eine andere, ebenso wirksame Lösung zur Abwendung dieses Konflikts entwickelt haben.
II. Versendungsbeschränkungen („Distributionsbeschränkungen“) Tatsächlich behilft sich die Praxis, indem sie sog. Versendungs- oder Distributionsbeschränkungen 57 in die Angebotsunterlagen aufnimmt, welche die Zusendung der Angebotsunterlage an Inhaber von Wertpapieren mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Staaten außerhalb des EWR untersagen129. Damit soll die Anwendung ausländischen Übernahmerechts von Rechtsordnungen, die (auch) an die Zusendung von Angebotsunterlagen an Inhaber von Wertpapieren mit Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland anknüpfen, vermieden werden130. Eine derartige Versendungs- oder Distributionsbeschränkung ist mittlerweile in jedem veröffentlich- 58 ten Angebot enthalten und vermag den Bieter in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle trotz vereinzelt geäußerter Zweifel131 hinreichend vor der Anwendbarkeit konfligierenden Drittstaatenrechts zu schützen. Im Blickpunkt des Schrifttums stand nach Inkrafttreten des WpÜG die Frage, ob derartige Versendungsbeschränkungen der Genehmigung nach § 24 WpÜG bedürfen. Sie wurde frühzeitig unter Hinweis darauf verneint, die in den betroffenen Staaten ansässigen Aktionäre würden bei entsprechender Formulierung von der Möglichkeit zur Annahme des Angebots nicht ausgeschlossen132. Nach dem Erlass der europäischen Übernahmerichtlinie sind Versendungsbeschränkungen innerhalb der EU unzulässig. Zugleich dürfte sich das praktische Bedürfnis für derartige Beschränkungen angesichts der in Art. 4 Abs. 2 enthaltenen kollisionsrechtlichen Harmonisierung in Bezug auf die
127
128 129 130 131 132
struments and Exchange Act, Gesetz Nr. 25 von 1948) zugelassen. Für die USA siehe bereits Rz. 32 a.E. zu Qualified Institutional Buyers (QIBs) im Sinne von Rule 144A-(a)(1) des Securities Act. In Australien gibt es vergleichbare Regelungen für Sophisticated Investors und Professional Investors im Sinne von Sec. 708 Abs. 8 und 11 des CA 2001. Obwohl die BaFin nach § 24 VwVfG den für ihre Entscheidung relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat (hierzu Rz. 41), ist der Bieter de facto gezwungen, alle relevanten Informationen bereits in seinem Antrag darzulegen, um das Risiko einer ablehnenden Entscheidung zu verringern (Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 33). Vgl. nur Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 1 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 24 WpÜG Rz. 1 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 24 WpÜG Rz. 1; Sohbi in Heidel, § 24 WpÜG Rz. 1. Dazu Behnke, WM 2002, 2229, 2235; Holzborn, BKR 2002, 67, 69 ff. Bsp. bei Holzborn, BKR 2002, 67, 69; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 165. Veranneman/Gärtner, AG 2009, 648, 652 f. bezweifeln, ob Distributionsbeschränkungen genügen, um das Risiko einer Pflichtenkollision auszuschließen; a.A. wohl Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 18. Veranneman/Gärtner, AG 2009, 648, 652 f. Bröcker/Weisner, Übernahmeangebote, Rz. 107; Holzborn, BKR 2002, 67, 69; Diekmann in Baums/Thoma/ Verse, § 24 WpÜG Rz. 10; Rahlf in Bad Homburger Hdb., Rz. 164 ff.; so auch Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 17; für eine Gestattungspflicht analog § 24 WpÜG scheinbar Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 24 WpÜG Rz. 64.
Uwe H. Schneider/Rosengarten
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59
§ 25 Rz. 1 Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters EU-Mitgliedstaaten aber auch erledigt haben. Eine Anknüpfung an die Versendung der Angebotsunterlage ist hiernach nicht vorgesehen.
§ 25 Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters Hat der Bieter das Angebot unter der Bedingung eines Beschlusses seiner Gesellschafterversammlung abgegeben, hat er den Beschluss unverzüglich, spätestens bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist, herbeizuführen. A. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .
1 3
C. Herbeiführung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . .
8
D. Unverzüglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . E. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 12
Schrifttum: Berger/Filgut, Material-Adverse-Change-Klauseln in Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten, WM 2005, 253; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), Finanz Betrieb 2002, 277; Geßler, Einberufung und ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten, in FS Stimpel, 1985, S. 771; Groß, Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Erwerb und Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen, AG 1994, 266; Hasselbach/Wirtz, Die Verwendung von MAC-Klauseln in Angeboten nach dem WpÜG, BB 2005, 842; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Krause, Zwei Jahre Praxis mit dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, NJW 2004, 3681; Land, Das neue deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz. Anmerkungen zum Regierungsentwurf, DB 2001, 1707; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2007; Stöcker, Widerruf und Rücktritt von Angebotsankündigungen, NZG 2003, 993.
A. Regelungszweck 1
Die Bedeutung von § 25 WpÜG erschließt sich aus einer Gesamtschau mit § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 2 Nr. 5 sowie §§ 17 und 18 WpÜG. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hat der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich zu veröffentlichen. Diese Verpflichtung besteht auch, wenn für die Entscheidung der Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters erforderlich und ein solcher Beschluss noch nicht erfolgt ist, § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG. Bedingungen in Übernahmeangeboten, z.B. Veränderungen der Finanz-Kennzahlen, MAC-Klauseln, usw. sind zwar zulässig, § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WpÜG. Nach § 18 WpÜG darf ein Angebot aber nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Eintritt der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen oder im Zusammenhang mit dem Angebot für diese Personen oder Unternehmen tätige Berater ausschließlich selbst herbeiführen können. § 25 WpÜG macht von dieser Unzulässigkeit von Potestativbedingungen eine Ausnahme. Die Vorschrift erlaubt, dass der Bieter sein Angebot unter der Bedingung eines Beschlusses seiner Gesellschafterversammlung abgeben kann. Er hat in diesem Fall den Beschluss unverzüglich, spätestens bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist, herbeizuführen. Damit wird dem Interesse der Zielgesellschaft, dem Interesse der Wertpapierinhaber und dem Interesse des Bieters Rechnung getragen. Die Zielgesellschaft und deren Wertpapierinhaber sind an einer zügigen Durchführung des Verfahrens interessiert. Der Bieter hat die Möglichkeit, die notwendigen Beschlüsse, auch nach Abgabe des Angebots, herbeizuführen.
2
Zu verhindern gilt es Missbräuche; denn § 25 WpÜG eröffnet die Möglichkeit, sich vom Angebot durch Gesellschafterbeschluss zu lösen. Jedoch kann diese Missbrauchsprävention nicht durch eine im Wege der Auslegung gewonnene Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Gesellschafter des Bieters erfolgen. Weder der Wortlaut noch der Zweck des § 25 WpÜG rechtfertigen einen derartigen Ein-
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Uwe H. Schneider/Rosengarten
§ 25 Rz. 1 Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters EU-Mitgliedstaaten aber auch erledigt haben. Eine Anknüpfung an die Versendung der Angebotsunterlage ist hiernach nicht vorgesehen.
§ 25 Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters Hat der Bieter das Angebot unter der Bedingung eines Beschlusses seiner Gesellschafterversammlung abgegeben, hat er den Beschluss unverzüglich, spätestens bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist, herbeizuführen. A. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .
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C. Herbeiführung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . .
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D. Unverzüglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . E. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Berger/Filgut, Material-Adverse-Change-Klauseln in Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangeboten, WM 2005, 253; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Cahn/Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), Finanz Betrieb 2002, 277; Geßler, Einberufung und ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten, in FS Stimpel, 1985, S. 771; Groß, Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Erwerb und Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen, AG 1994, 266; Hasselbach/Wirtz, Die Verwendung von MAC-Klauseln in Angeboten nach dem WpÜG, BB 2005, 842; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Krause, Zwei Jahre Praxis mit dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, NJW 2004, 3681; Land, Das neue deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz. Anmerkungen zum Regierungsentwurf, DB 2001, 1707; Matthes, Das bedingte öffentliche Erwerbsangebot, 2007; Stöcker, Widerruf und Rücktritt von Angebotsankündigungen, NZG 2003, 993.
A. Regelungszweck 1
Die Bedeutung von § 25 WpÜG erschließt sich aus einer Gesamtschau mit § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 2 Nr. 5 sowie §§ 17 und 18 WpÜG. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hat der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich zu veröffentlichen. Diese Verpflichtung besteht auch, wenn für die Entscheidung der Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters erforderlich und ein solcher Beschluss noch nicht erfolgt ist, § 10 Abs. 1 Satz 2 WpÜG. Bedingungen in Übernahmeangeboten, z.B. Veränderungen der Finanz-Kennzahlen, MAC-Klauseln, usw. sind zwar zulässig, § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WpÜG. Nach § 18 WpÜG darf ein Angebot aber nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Eintritt der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen oder im Zusammenhang mit dem Angebot für diese Personen oder Unternehmen tätige Berater ausschließlich selbst herbeiführen können. § 25 WpÜG macht von dieser Unzulässigkeit von Potestativbedingungen eine Ausnahme. Die Vorschrift erlaubt, dass der Bieter sein Angebot unter der Bedingung eines Beschlusses seiner Gesellschafterversammlung abgeben kann. Er hat in diesem Fall den Beschluss unverzüglich, spätestens bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist, herbeizuführen. Damit wird dem Interesse der Zielgesellschaft, dem Interesse der Wertpapierinhaber und dem Interesse des Bieters Rechnung getragen. Die Zielgesellschaft und deren Wertpapierinhaber sind an einer zügigen Durchführung des Verfahrens interessiert. Der Bieter hat die Möglichkeit, die notwendigen Beschlüsse, auch nach Abgabe des Angebots, herbeizuführen.
2
Zu verhindern gilt es Missbräuche; denn § 25 WpÜG eröffnet die Möglichkeit, sich vom Angebot durch Gesellschafterbeschluss zu lösen. Jedoch kann diese Missbrauchsprävention nicht durch eine im Wege der Auslegung gewonnene Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Gesellschafter des Bieters erfolgen. Weder der Wortlaut noch der Zweck des § 25 WpÜG rechtfertigen einen derartigen Ein-
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Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters
Rz. 6 § 25
griff in die Mitgliedschaftsrechte und die organschaftliche Kompetenzordnung1. Stattdessen hat die BaFin einer missbräuchlichen Ausnutzung des § 25 WpÜG im Rahmen der allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG zu begegnen2.
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift ist nur auf einfache Erwerbsangebote und Übernahmeangebote anzuwenden, nicht aber auf Pflichtangebote3. Pflichtangebote sind gesetzlich angeordnet und gehen nicht auf eine Entscheidung der Bietergesellschaft zurück4. Also entfällt auch die Möglichkeit, das Angebot von einer Bedingung abhängig zu machen. Insoweit ist § 25 WpÜG eine Ausnahmeregelung zu § 18 Abs. 1 WpÜG.
3
Auf Rechtsform und Sitz der Bietergesellschaft kommt es nicht an, so dass § 25 WpÜG nicht nur für die AG, sondern auch für die GmbH, Personengesellschaften sowie Auslandsgesellschaften gilt.
4
Als Anwendungsfälle kommen insbesondere Konstellationen in Betracht, in denen die Durchführung des Angebots einen Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Änderung des Unternehmensgegenstandes des Bieters erfordert5. Kapitalmaßnahmen, die zur Finanzierung des Angebots erforderlich sind, unterfallen hingegen nicht § 25 WpÜG. Wie sich aus §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 3 WpÜG ergibt, müssen die diesbezüglichen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung des Bieters bereits vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage gefasst werden6.
5
Außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der Norm sind weitere Sachverhalte denkbar, bei 6 denen eine Bedingung des Angebots durch eine Beschlussfassung in entsprechender Anwendung von § 25 WpÜG in Betracht kommt: So ist zwar ein Beschluss durch die Gesellschafterversammlungen von Tochterunternehmen oder mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen in § 25 WpÜG nicht ausdrücklich erwähnt. In Anwendung des Rechtsgedankens von § 18 Abs. 1 WpÜG sollte aber auch ein dadurch bedingtes Angebot zulässig sein7. Bezüglich der Tochterunternehmen ist diese Möglichkeit aber auf solche Fälle einzuschränken, in denen die Geschäftsführungsorgane des Bieters nicht bereits selbst in ihrer Eigenschaft als Vertreter des Bieters in der Gesellschafterversammlung des Tochterunternehmens einen solchen Beschluss fassen können8. Eine analoge Anwendung ist ebenso für die Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung des herrschenden Unternehmens zu bejahen9. Jedenfalls bei einer Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft (sog. „Special Purpose Vehicle“ bzw. „SPV“), die nur als Transaktionsvehikel zur Abgabe des Angebots gegründet oder erworben wurde und hinter der 1 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 9; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 25 WpÜG Rz. 1; Steinmeyer in Steinmeyer, § 25 WpÜG Rz. 4; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 4. 2 Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 10; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 20. 3 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 1; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 8. 4 Begr. RegE., BT-Drucks. 14/7034, S. 62 (bei Pötzsch, S. 225). 5 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 3; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 2. Ob hingegen der Erwerb der Zielgesellschaft nach den „Holzmüller/Gelatine-Entscheidungen“ des BGH bzw. vergleichbaren Regeln für andere Gesellschaftsformen einen Gesellschafterbeschluss des Bieters erfordern kann (so Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 2), ist zweifelhaft (so auch Diekmann in Baums/Thoma/ Verse, § 25 WpÜG Rz. 3). 6 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 14; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 25 WpÜG Rz. 2; Stöcker, NZG 2003, 993, 997 (ausdrücklich auch gegen eine analoge Anwendung von § 25 WpÜG mangels Regelungslücke). 7 A.A. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 2. Die BaFin scheint ebenfalls von der Zulässigkeit einer solchen Analogie auszugehen, da die Bedingung des Übernahmeangebots der Alpha Beta Netherlands Holding N.V. an die Aktionäre der Deutsche Börse Aktiengesellschaft (abrufbar unter: www.bafin.de, Stand: August 2019) durch die Beschlussfassung der Aktionäre der NYSE Euronext – welche eine mit dem Bieter gemeinsam handelnde Person i.S.v. § 2 Abs. 5 Satz 1 WpÜG darstellte – nicht beanstandet wurde. 8 Denkbar wäre bspw., dass der Bieter zwar aufgrund von Bestellungsrechten eine Mehrheit der Mitglieder des Leitungsorgans einer Gesellschaft ernennen kann (d.h., es würde sich um ein Tochterunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 HGB handeln), ihm aber trotz seiner Gesellschafterstellung nicht die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht. 9 A.A. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 2.
Uwe H. Schneider/Rosengarten
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§ 25 Rz. 6 Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters wirtschaftlich deren Muttergesellschaft als eigentlicher Bieter steht, wird man das Angebot zulässigerweise von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft abhängig machen dürfen10. Eine entsprechende Anwendung des § 25 WpÜG auf die Angebotsankündigung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist dagegen mit Blick auf den Zweck der Vorschrift abzulehnen11. Die Ausnahme vom generellen Verbot von Potestativbedingungen rechtfertigt sich schließlich gerade aus dem Zwang zur sofortigen Veröffentlichung der Angebotsankündigung in § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Wäre bereits die Bedingung der Angebotsankündigung zulässig, hätte es der Vorschrift des § 25 WpÜG nicht bedurft. 7
Eine teleologische Reduktion des § 25 WpÜG ist hingegen zu befürworten, wenn das Geschäftsführungsorgan des Bieters personenidentisch mit dem Mehrheitsgesellschafter des Bieters ist (bspw. ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH). Denn in diesem Fall ist die Ausnahme vom Verbot von Potestativbedingungen nicht durch die gesellschaftsrechtliche Kompetenzverteilung auf Seiten des Bieters gerechtfertigt; vielmehr würde ansonsten quasi ein „Rücktrittsrecht“ vom Angebot geschaffen.
C. Herbeiführung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung 8
Bei der Bedingung eines Angebots durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters kommt es nicht darauf an, ob eine solche Zustimmung für das Angebot gesetzlich vorgesehen ist oder nicht12. Sofern sich der Bieter allerdings für die Aufnahme der Bedingung in die Angebotsunterlage entschieden hat, ist er verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zur Herbeiführung einer fristgerechten Beschlussfassung zu ergreifen. Obwohl der Wortlaut des § 25 WpÜG nahezulegen scheint, dass der Bieter zur Herbeiführung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu dem Beschluss verpflichtet wäre, kann eine derart weitreichende Rechtsfolge mit Blick auf die organschaftliche Kompetenzverteilung im Gesellschaftsrecht und die Entscheidungsfreiheit der Gesellschafter des Bieters (Rz. 2) nicht angenommen werden13.
9
In Abhängigkeit von der konkreten Situation kann die Pflicht des Bieters allerdings unterschiedlich ausgeprägt sein. Im Regelfall, in dem das Angebot durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung des Bieters bedingt ist, hat der Bieter die Gesellschafterversammlung unverzüglich einzuberufen und den Gesellschaftern die zur Beschlussfassung erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Ist darüber hinaus eine weitere Mitwirkung von Organen des Bieters erforderlich (bspw. die Unterbreitung einer entsprechenden Beschlussvorlage durch den Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nach § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG), besteht insofern eine Mitwirkungspflicht. Darüber hinaus hat der Bieter im Rahmen seiner Möglichkeiten auf eine positive Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung hinzuwirken (Einwirkungspflicht)14. In den Fällen der analogen Anwendung des § 25 WpÜG kann die Pflicht auch ein bestimmtes Stimmverhalten des Bieters beinhalten (etwa bei der Bedingung durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung eines Tochterunternehmens; Rz. 6).
10
Das Vorliegen eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses ist unverzüglich nach seinem Zustandekommen zu veröffentlichen15.
D. Unverzüglichkeit 11
Ist das Angebot von der nach § 25 WpÜG zulässigen Bedingung abhängig gemacht, so besteht für den Bieter die aufsichtsrechtliche Pflicht, den Beschluss „unverzüglich“ i.S.v. § 121 Satz 1 BGB, spä10 11 12 13
Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 77, § 25 WpÜG Rz. 13. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 9. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 2. Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 4 ff.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 25 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 3; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 1, 3; anders noch 1. Aufl., § 25 WpÜG Rz. 5. 14 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 3; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 5. 15 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 9.
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Sperrfrist
§ 26
testens bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist16, herbeizuführen. Bestehen bei dem Bieter gesetzliche Ladungsfristen usw., so rechtfertigt § 25 WpÜG in der Regel keine Verkürzung. Zu den Pflichten des geschäftsführenden Organs des Bieters gehört es, dies bei Abgabe des Angebots zu bedenken.
E. Rechtsfolgen Hat die Gesellschafterversammlung dem Angebot des Bieters zugestimmt, so bleibt das Angebot wirksam und kann entsprechend angenommen werden. Stimmt die Gesellschafterversammlung dem Angebot nicht zu, so ist es unwirksam. Unerheblich ist dabei das Verhalten des Bieters. Selbst wenn er den Bedingungseintritt treuwidrig vereitelt haben sollte, führt dies aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zur Wirksamkeit des Angebotes – insbesondere nicht im Wege der Fiktion des Bedingungseintritts nach § 162 Abs. 1 BGB17.
12
Ist der Gesellschafterbeschluss nicht fristgerecht, also spätestens bis zum fünften Werktag vor Ablauf 13 der Annahmefrist, zustande gekommen, so wird z.T. vertreten, dass der Bedingungseintritt gleichwohl noch herbeigeführt werden kann. Aus dem Umstand, dass der Bieter noch bis spätestens einen Werktag vor Ablauf der Annahmefrist auf die Bedingung insgesamt verzichten kann (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG), wird geschlossen, dass ein zustimmender Gesellschafterbeschluss ebenfalls noch nach Ablauf der 5-Tage-Frist aber vor Ablauf der Annahmefrist ergehen könne und die Bedingung somit eingetreten sei18. Rechtstechnisch kann das Ergebnis (Wirksamkeit des Angebots) jedoch nur wie folgt herbeigeführt werden: Da § 25 WpÜG nicht nur eine Soll-Vorschrift ist, führt die Verletzung der Rechtspflicht zur Fristeinhaltung dazu, dass die Bedingung endgültig nicht eingetreten ist. Allerdings ist das Angebot dann zunächst nur bis zum Ende der Angebotsfrist „schwebend unwirksam“, da der Bieter in der Tat noch gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG auf die Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung verzichten kann. Macht er von diesem Recht Gebrauch (weil die Gesellschafterversammlung zugestimmt hat), so ist das Angebot endgültig wirksam, doch verlängert sich gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG die Angebotsfrist um zwei Wochen. Hat die Gesellschafterversammlung des Bieters dem Angebot zugestimmt, ist der Beschluss aber wirksam angefochten oder nichtig, so hat dies keinen Einfluss auf das Angebot. Die Bestandskraft des Beschlusses ist für den Bedingungseintritt nach § 25 WpÜG nicht erforderlich19. Das Angebot darf nicht mit Zweifeln an der Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses belastet werden. Außerdem stünden einer Rückabwicklung praktisch kaum lösbare Schwierigkeiten entgegen. Deshalb ist der Anfechtungskläger allein auf Schadensersatzansprüche gegen Bieter bzw. dessen Organe zu verweisen20.
§ 26 Sperrfrist (1) Ist ein Angebot nach § 15 Abs. 1 oder 2 untersagt worden, ist ein erneutes Angebot des Bieters vor Ablauf eines Jahres unzulässig. Gleiches gilt, wenn der Bieter ein Angebot von dem Erwerb eines Mindestanteils der Wertpapiere abhängig gemacht hat und dieser Mindestanteil nach Ab16 Zur Fristberechnung vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 4 ff. 17 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 12; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 25; Steinmeyer in Steinmeyer, § 25 WpÜG Rz. 13; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 7. 18 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 26; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 19; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 25 WpÜG Rz. 3; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 10; a.A. noch 1. Aufl., § 25 WpÜG Rz. 10. 19 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 21; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 12; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 22. 20 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 23; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 12; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 21 f.
Uwe H. Schneider/Rosengarten und Assmann
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Sperrfrist
§ 26
testens bis zum fünften Werktag vor Ablauf der Annahmefrist16, herbeizuführen. Bestehen bei dem Bieter gesetzliche Ladungsfristen usw., so rechtfertigt § 25 WpÜG in der Regel keine Verkürzung. Zu den Pflichten des geschäftsführenden Organs des Bieters gehört es, dies bei Abgabe des Angebots zu bedenken.
E. Rechtsfolgen Hat die Gesellschafterversammlung dem Angebot des Bieters zugestimmt, so bleibt das Angebot wirksam und kann entsprechend angenommen werden. Stimmt die Gesellschafterversammlung dem Angebot nicht zu, so ist es unwirksam. Unerheblich ist dabei das Verhalten des Bieters. Selbst wenn er den Bedingungseintritt treuwidrig vereitelt haben sollte, führt dies aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zur Wirksamkeit des Angebotes – insbesondere nicht im Wege der Fiktion des Bedingungseintritts nach § 162 Abs. 1 BGB17.
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Ist der Gesellschafterbeschluss nicht fristgerecht, also spätestens bis zum fünften Werktag vor Ablauf 13 der Annahmefrist, zustande gekommen, so wird z.T. vertreten, dass der Bedingungseintritt gleichwohl noch herbeigeführt werden kann. Aus dem Umstand, dass der Bieter noch bis spätestens einen Werktag vor Ablauf der Annahmefrist auf die Bedingung insgesamt verzichten kann (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG), wird geschlossen, dass ein zustimmender Gesellschafterbeschluss ebenfalls noch nach Ablauf der 5-Tage-Frist aber vor Ablauf der Annahmefrist ergehen könne und die Bedingung somit eingetreten sei18. Rechtstechnisch kann das Ergebnis (Wirksamkeit des Angebots) jedoch nur wie folgt herbeigeführt werden: Da § 25 WpÜG nicht nur eine Soll-Vorschrift ist, führt die Verletzung der Rechtspflicht zur Fristeinhaltung dazu, dass die Bedingung endgültig nicht eingetreten ist. Allerdings ist das Angebot dann zunächst nur bis zum Ende der Angebotsfrist „schwebend unwirksam“, da der Bieter in der Tat noch gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG auf die Bedingung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung verzichten kann. Macht er von diesem Recht Gebrauch (weil die Gesellschafterversammlung zugestimmt hat), so ist das Angebot endgültig wirksam, doch verlängert sich gemäß § 21 Abs. 5 WpÜG die Angebotsfrist um zwei Wochen. Hat die Gesellschafterversammlung des Bieters dem Angebot zugestimmt, ist der Beschluss aber wirksam angefochten oder nichtig, so hat dies keinen Einfluss auf das Angebot. Die Bestandskraft des Beschlusses ist für den Bedingungseintritt nach § 25 WpÜG nicht erforderlich19. Das Angebot darf nicht mit Zweifeln an der Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses belastet werden. Außerdem stünden einer Rückabwicklung praktisch kaum lösbare Schwierigkeiten entgegen. Deshalb ist der Anfechtungskläger allein auf Schadensersatzansprüche gegen Bieter bzw. dessen Organe zu verweisen20.
§ 26 Sperrfrist (1) Ist ein Angebot nach § 15 Abs. 1 oder 2 untersagt worden, ist ein erneutes Angebot des Bieters vor Ablauf eines Jahres unzulässig. Gleiches gilt, wenn der Bieter ein Angebot von dem Erwerb eines Mindestanteils der Wertpapiere abhängig gemacht hat und dieser Mindestanteil nach Ab16 Zur Fristberechnung vgl. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 4 ff. 17 Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 12; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 25; Steinmeyer in Steinmeyer, § 25 WpÜG Rz. 13; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 7. 18 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 26; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 19; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 25 WpÜG Rz. 3; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 25 WpÜG Rz. 10; a.A. noch 1. Aufl., § 25 WpÜG Rz. 10. 19 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 21; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 12; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 22. 20 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 23; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 25 WpÜG Rz. 12; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 25 WpÜG Rz. 21 f.
Uwe H. Schneider/Rosengarten und Assmann
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§ 26 Rz. 1 Sperrfrist lauf der Annahmefrist nicht erreicht wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn der Bieter zur Veröffentlichung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 Satz 1 verpflichtet ist. (2) Die Bundesanstalt kann den Bieter auf schriftlichen Antrag von dem Verbot des Absatzes 1 Satz 1 und 2 befreien, wenn die Zielgesellschaft der Befreiung zustimmt. A. Inhalt, Zweck und Entwicklung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . B. Angebotssperre (§ 26 Abs. 1 WpÜG) I. Anwendungsbereich (§ 26 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . II. Sperrgründe (§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . .
III. Sperrfrist (§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gegenstand der Sperre . . . . . . . . . . . . .
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C. Befreiung von der Angebotssperre (§ 26 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . .
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D. Rechtsfolgen von Verstößen . . . . . . . . .
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Schrifttum: Siehe das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Inhalt, Zweck und Entwicklung der Vorschrift 1
Der Regelungsgehalt der Vorschrift ist im Kern der Folgende: Hat die BaFin ein Wertpapiererwerbsangebot oder ein Übernahmeangebot gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 WpÜG untersagt oder ist ein solches gescheitert, weil der Bieter nicht den zur Bedingung des Angebots gemachten Mindestanteil von Wertpapieren des Zielunternehmens erlangte, darf der Bieter vor Ablauf einer Sperrfrist von einem Jahr kein weiteres Wertpapiererwerbsangebot oder ein Übernahmeangebot abgeben (§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG), es sei denn, die BaFin befreit ihn nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 WpÜG von diesem Verbot. Pflichtangebote sind von dieser Regelung nicht erfasst (§ 26 Abs. 1 Satz 3 WpÜG)1. Das hat u.a. zur Folge, dass der Bieter, der während des Laufs einer Angebotssperre die Kontrolle (§ 30 Abs. 2 WpÜG) über die Zielgesellschaft erlangt, ungeachtet der Sperre gleichwohl ein Pflichtangebot nach Maßgabe von § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG abgeben muss. Die Vorschrift ist seit ihrem Erlass nicht geändert worden.
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Zweck der einjährigen Sperrfrist ist es, die Zielgesellschaft, deren Wertpapiere Gegenstand eines Erwerbs- oder Übernahmeangebots waren, davor zu schützen, schon kurz nach der Untersagung oder des Scheiterns eines Angebots zum Ziel eines neuerlichen Angebots desselben Bieters zu werden2. Dabei wird das Interesse der Zielgesellschaft an der ungestörten Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit höher bewertet als das Interesse des Bieters, jederzeit ein neues Wertpapiererwerbs- oder Übernahmeangebot abgeben zu können. Das Interesse der Zielgesellschaft an der ungestörten Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit muss dagegen zurücktreten, wenn der Bieter im Laufe der Sperrfrist die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt: In diesem Falle ginge eine dem Bieter, der sich regelwidrig verhalten hat oder mit seinem Angebot erfolglos blieb, auferlegte Sperrfrist zu Lasten der Minderheitsaktionäre, die durch die Regeln über ein Pflichtangebot geschützt werden sollen3. Das darin zum Ausdruck kommende Regelungskonzept steht nicht nur in Einklang mit dem in § 3 Abs. 4 Satz 2 WpÜG (im Zusammenhang mit dem Beschleunigungsgrundsatz) formulierten Grundsatz, die Zielgesellschaft dürfe nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden (Behinderungsverbot, siehe § 3 WpÜG Rz. 54 ff.), sondern entspricht auch den Vorschriften in Art. 3 Abs. 1 lit. f), Abs. 2 lit. b) der Übernahmerichtlinie vom 21.4.20044. Der vorstehend ausgeführte Regelungszweck gilt gleichermaßen für die Bestimmungen von § 26 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WpÜG5. Dass die 1 2 3 4
Kritisch Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 4. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1581. 5 Dazu heißt es in der Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52: „Nach Satz 1 ist ein erneutes Angebot durch einen Bieter unzulässig, dem ein früheres Angebot nach § 15 untersagt wurde. Gleiches gilt, wenn der Bieter zwar
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Sperrfrist
Rz. 6 § 26
Sperrfrist nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG an Umständen ansetzt, die nicht durch ein fehlerhaftes Verhalten des Bieters herbeigeführt wurden, rechtfertigt weder den Befund, die in dieser Bestimmung enthaltene Regelung diene nicht dem angeführten Zweck des § 26 WpÜG, noch den Schluss, die Vorschrift sei mangels erkennbaren Normzwecks verfassungswidrig6. Weder die Anordnung der Angebotssperre noch die vom Gesetz angeordnete Sperrfrist fallen international aus dem Rahmen: So finden sich nur wenige Länder, die (wie die Schweiz) ganz auf eine Angebotssperre verzichten oder (wie etwa Österreich, siehe § 21 ÜbG) im Hinblick auf die die Angebotssperren auslösenden Gründe strenger sind als die Regelung des WpÜG. Auch die Erstreckung der Sperrfrist auf Erwerbsangebote (d.h. auf Angebote, die nicht auf die Erlangung einer Kontrollmehrheit gerichtet sind)7, ist kein Spezifikum des WpÜG. Die Sperrfrist von einem Jahr ist in den Ländern, die eine § 26 Abs. 1 WpÜG vergleichbare Angebotssperre kennen, der Standard.
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B. Angebotssperre (§ 26 Abs. 1 WpÜG) I. Anwendungsbereich (§ 26 Abs. 1 Satz 3 WpÜG) Auf Grund der Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 3 WpÜG erfasst die Vorschrift nur freiwillige Angebote, d.h. Wertpapiererwerbs- und Übernahmeangebote; auf Pflichtangebote findet sie keine Anwendung. Untersagt die BaFin ein Pflichtangebot nach § 15 Abs. 1 oder 2 WpÜG, löst dies keine Angebotssperre aus. Darf der Bieter vor Ablauf einer Sperrfrist von einem Jahr kein weiteres Wertpapiererwerbsangebot oder ein Übernahmeangebot abgeben (§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG), so schließt dies die Veröffentlichung einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots innerhalb der Sperrfrist zumindest für den Fall aus, dass die Veröffentlichung der Angebotsunterlage und damit die Abgabe des Angebots nach dem vom Gesetz vorgesehen Verfahrensablauf noch innerhalb der Sperrfrist erfolgen müsste (siehe unten Rz. 13). Abzustellen ist mithin auf den Zeitpunkt der Abgabe des rechtsverbindlichen Angebots und nicht auf Handlungen zur Anbahnung und Vorbereitung desselben. Siehe im Einzelnen unten Rz. 12 f.
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II. Sperrgründe (§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG) Die Vorschrift nennt zwei Fälle, welche die Angebotssperre auslösen: Zum einen die Untersagung eines Wertpapiererwerbs- oder Übernahmeangebots durch die BaFin nach § 15 Abs. 1 oder 2 WpÜG (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG), und zum anderen das Scheitern eines solchen Angebots auf Grund des Umstands, dass der Bieter sein Angebot – als Bedingung i.S. des § 18 Abs. 1 WpÜG – von dem Erwerb eines Mindestanteils der Wertpapiere abhängig machte und dieser nach Ablauf der Annahmefrist nicht erreicht wurde (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG).
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Die Untersagung eines Wertpapiererwerbs- oder Übernahmeangebots löst eine Angebotssperre nur aus, wenn sie aufgrund der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 oder 2 WpÜG erfolgte8. Würde die BaFin ein Angebot, ohne dass ein Fall des § 15 Abs. 1 oder 2 WpÜG vorläge, auf der Grundlage ihrer Aufgaben und Befugnisse zur Missstandsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG untersagen, was grundsätzlich denkbar, aber wenig wahrscheinlich ist, würde dies keine Angebotssperre nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auslösen. Unerheblich ist, dass gegen die Untersagung Widerspruch (§§ 41 ff.
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ein Angebotsverfahren durchgeführt hat, dieses jedoch auf Grund der mangelnden Akzeptanz der Wertpapierempfänger gescheitert ist. In beiden Fällen überwiegt das Interesse der Zielgesellschaft an einer ungestörten Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit das Interesse eines Bieters, kurze Zeit später erneut ein Angebotsverfahren durchzuführen“. 6 So aber Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 3 ff. Wie hier ablehnend Angerer in Angerer/ Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 6. 7 Kritisch hierzu die Stellungnahme des DAV-Handelsrechtsausschusses vom April 2001, NZG 2001, 420, 426 (Ziff. 2. zu § 26); Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 40. 8 Auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 7; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 15; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 3; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 17; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 4.
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§ 26 Rz. 6 Sperrfrist WpÜG) und nachfolgend Beschwerde (§§ 48 ff. WpÜG) eingelegt wurden, da – außer im Falle einer anderweitigen Anordnung des Beschwerdegerichts nach § 50 Abs. 3 WpÜG – weder Widerspruch (siehe § 42 WpÜG) noch Beschwerde (siehe § 49 WpÜG) in Bezug auf die Untersagungsverfügung aufschiebende Wirkung entfalten. Das heißt, dass es auf die Bestandskraft der Untersagungsverfügung nicht ankommt9. Andererseits ist, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ankäme, erforderlich, dass die Verfügung ordnungsgemäß bekanntgegeben – also wirksam i.S. des § 43 Abs. 1 VwVfG – und nicht – i.S. des § 44 VwVfG – nichtig ist10. 7
Als weiterer Sperrgrund kommt nur der Nichteintritt der Bedingung des Erwerbs eines Mindestanteils der Wertpapiere, nicht aber eine Bedingung anderer Art in Betracht11. Der Sperrgrund des Nichterreichens eines Mindestanteils (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) setzt voraus, dass der Bieter den Erwerb eines Mindestanteils der Wertpapiere zur Bedingung (siehe oben Rz. 5) der Annahme seines Angebots machte und auch während des Angebots aufrecht erhält12. Angebote, die auf den Erwerb der Kontrollmehrheit gerichtet sind, d.h. solche, welch objektiv die Möglichkeit eines Kontrollerwerbs implizieren (Übernahmeangebote i.S.d. § 29 Abs. 1 WpÜG), sind nicht bereits deshalb bedingte Angebote, weil die Erlangung der Kontrolle nach § 29 Abs. 2 WpÜG die Erlangung von mindestens 30 % der Stimmrechte an der Zielgesellschaft voraussetzt13.
III. Sperrfrist (§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG) 8
Für den Fall, dass die Angebotssperre wegen einer Untersagung des Angebots durch die BaFin nach § 15 Abs. 1 oder 2 WpÜG eintritt, unterliegt der Bieter nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG einer einjährigen Sperre, die in dem Zeitpunkt beginnt, in dem die Untersagungsverfügung dem Bieter bekannt gegeben wird (§ 43 Abs. 1 VwVfG)14. Gegen die Verfügung eingelegte Rechtsmittel (Widerspruch nach § 41 WpÜG und ggf. Beschwerde nach § 48 WpÜG) haben auf die Sperrfrist keine Auswirkung (vgl. oben Rz. 6).
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Eine einjährige Sperre gilt gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG auch dann, wenn das Angebot scheiterte, weil der Bieter nicht den stipulierten Mindestanteil an Wertpapieren erlangte. In diesem Falle beginnt die Frist mit dem Ablauf der Annahmefrist nach § 16 WpÜG15.
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Zu dem in der Sperrfrist unzulässigen Verhalten siehe unten Rz. 12 f.
9 Ganz h.M. vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 25 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 15; Glade in Heidel, § 26 WpÜG Rz. 4; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 5; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 2; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 18; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 18; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 5. 10 Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 19 f., 30; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 5. I.E. auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 15, der zwar Vollziehbarkeit verlangt, aber insoweit auf den fehlenden Suspensiveffekt von Widerspruch und Beschwerde gegen die die Sperre auslösende Untersagungsverfügung der Aufsichtsbehörde hinweist. 11 Heute wohl unstreitig. Siehe Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 8; Diekmann in Baums/ Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 22 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 6; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 3; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 21; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 23; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 3. 12 § 26 WpÜG nicht anwendbar bei Verzicht auf die Bedingung während der Annahmefrist: Angerer in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 8; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 25. 13 Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 20, § 29 Rz. 22; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 6; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 19; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 24; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 3. 14 Vgl. Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 17; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 32. 15 Vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 29; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 27, 31; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 32; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 7. A.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 4.
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Sperrfrist
Rz. 13 § 26
IV. Adressaten Der Angebotssperre unterliegt nur der Bieter, dem i.S. von § 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ein Angebot un- 11 tersagt wurde oder der mit seinem Angebot i.S. von § 26 Abs. 1 Satz 2 WpÜG erfolglos blieb. Während auch diejenigen Bieter sind, die zu einer Bietergemeinschaft gehörten (§ 2 Abs. 4 WpÜG: Abgabe eines Angebots „gemeinsam mit anderen Personen“), sind diejenigen, die mit dem Bieter oder den Bietern i.S. von § 2 Abs. 4 WpÜG lediglich i.S. von § 2 Abs. 5 WpÜG gemeinsam handelten, keine Bieter, so dass sie nicht der Sperrfrist unterfallen16. Das gilt auch für Tochterunternehmen des Bieters, die gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 WpÜG nur als mit dem Bieter „gemeinsam handelnde“ Personen zu betrachten sind17.
V. Gegenstand der Sperre Gegenstand der Sperre ist die Abgabe eines erneuten freiwilligen Erwerbs- oder Übernahmeangebots (§ 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG). Die Abgabe eines Angebots im Rechtssinne (siehe § 14 WpÜG Rz. 33) erfolgt durch die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG. Allein sie darf nicht innerhalb der Sperrfrist von § 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WpÜG erfolgen (siehe bereits oben Rz. 4)18. Dafür spricht schon der – wegen der bußgeldrechtlichen Bewehrung der Vorschrift und der Vermeidung einer mehrgleisigen (zivilrechtlichen, aufsichtsrechtlichen und bußgeldrechtlichen) Normanwendung – deutliche Wortlaut der Bestimmung19. Zudem ist der hier maßgebliche Zweck der (als Ausdruck des allgemeinen Behinderungsverbots des § 3 Abs. 4 WpÜG anzusehenden) Sperrfrist, Neuanläufe eines gescheiterten Bieters im Interesse der Fortsetzung der der normalen Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft (siehe oben Rz. 2) über einen angemessenen Zeitraum zu unterbinden, auch damit – nicht zuletzt wegen der zwingenden zeitlichen Nähe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots und der Veröffentlichung des Angebots aufgrund der Regelungen in § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG – hinreichend gewahrt.
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Untersagt das Gesetz in § 26 Abs. 1 WpÜG lediglich die Abgabe eines erneuten Angebots innerhalb der in dieser Bestimmung genannten Sperrfrist, so schließt dies die Vornahme anderer Akte – etwa solcher zur Vorbereitung eines erneuten Angebots – nicht aus. Einer besonderen Behandlung bedarf insoweit nur die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1 WpÜG. Soll sie zu einem Zeitpunkt vorgenommen werden, der es erlaubt, dass die Veröffentlichung der Angebotsunterlage, d.h. die Abgabe des neuerlichen Angebots, nach dem vom Gesetz vorgesehenen Verfahrens- und Zeitablauf – die Angebotsunterlage ist nach § 14 Abs. 1 WpÜG innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung der BaFin zu übermitteln und muss dann mindestens zehn Tage
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16 Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 33 f. (mit dem Vorbehalt „unbefriedigend“); Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 14, 36; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 9. Im Ausgangspunkt ebenso: Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 36, aber mit methodisch nicht vertretbaren Korrekturversuchen ebd. Rz. 37 ff.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 8, mit dem Hinweis, „in extremen Konstellationen“ sei Umgehungsversuchen nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG im Wege der Missbrauchsaufsicht zu begegnen. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 17 f. auf der Grundlage einer eigenwilligen Methodik. 17 Vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 33 f. („unbefriedigend“). Im Ausgangspunkt ebenso: Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 40, aber mit methodisch bedenklichem Korrekturversuch ebd. Rz. 42; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 8 (siehe auch die Anm. in voriger Fn.). A.A. Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 9 (siehe auch die Anm. in voriger Fn.); Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 4 (Umgehungsschutz; redaktionelles Versehen; Normenspaltung ist hinzunehmen). 18 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 31 f.; Glade in Heidel, § 26 WpÜG Rz. 7; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 4; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 22; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 35. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 13, 32 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 9; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 6. 19 So, trotz anderweitiger sachlicher Bedenken, namentlich Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 35; auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 14.
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§ 26 Rz. 13 Sperrfrist nach Eingang der Übermittlung bei der BaFin veröffentlicht werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 WpÜG) – außerhalb der Sperrfrist des § 26 Abs. 1 WpÜG liegt, bestehen gegen die Veröffentlichung der Entscheidung in der Sperrfrist keine Bedenken20. Eine Irreführung des Publikums, die Behinderungen der Zielgesellschaft und Marktverzerrungen wären allein dann zu befürchten, wenn die Veröffentlichung der Entscheidung wegen § 26 Abs. 1 WpÜG nicht zur Abgabe des Angebots in Gestalt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach Ablauf der Sperrfrist führen könnte; in diesem Falle wäre die Veröffentlichung auch nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG durch die BaFin zu untersagen (siehe unten Rz. 21)21. Wird innerhalb der Sperrfrist lediglich eine Entscheidung zur Abgabe eines erneuten Angebots nach Ablauf der Sperrfrist getroffen, so löst diese unter einer Zeitbestimmung stehende und wie eine bedingte Entscheidung (siehe dazu § 10 WpÜG Rz. 12) zu behandelnde Entscheidung (vgl. §§ 163, 158 BGB) eine Veröffentlichungspflicht nach § 10 WpÜG nur nach Maßgabe der Zeitbestimmung aus, d.h. regelmäßig erst für den Zeitpunkt des Ablaufs der Sperrfrist.
C. Befreiung von der Angebotssperre (§ 26 Abs. 2 WpÜG) 14
Die BaFin kann den Bieter vom Verbot des § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 WpÜG befreien, wenn der Bieter schriftlich einen entsprechenden Antrag stellt und die Zielgesellschaft der Befreiung zustimmt (§ 26 Abs. 2 WpÜG). Die Sperrfrist nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 WpÜG dient in erster Linie dem Schutz der Zielgesellschaft (siehe oben Rz. 2), doch „können Fälle auftreten, bei denen sich die Sperrfrist auf Grund unerwarteter Entwicklungen bei der Zielgesellschaft als unbillig erweisen kann“22. Als ein solcher Fall stand dem Gesetzgeber insbesondere derjenige vor Augen, in dem ein „Bieter, dessen eigenes Angebot vor einigen Monaten erfolglos war, von der Zielgesellschaft, die dem Versuch einer Übernahme durch einen Dritten ausgesetzt ist, gebeten“ wird, „als weißer Ritter ein konkurrierendes Angebot abzugeben“23. Stimmt die Zielgesellschaft der Befreiung zu, entfällt der Schutzzweck der Vorschrift. In diesem Fall ist die Einhaltung der Sperrfrist unangemessen, sofern der Zustimmung nicht sachfremde Erwägungen zu Grunde liegen (siehe auch unten Rz. 18).
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Die Befreiung kann nur auf Grund eines diesbezüglichen schriftlichen Antrags des Bieters erfolgen, für dessen Form § 45 WpÜG gilt24. Die Zustimmung der Zielgesellschaft ist keine Antrags-, sondern eine Befreiungsvoraussetzung (siehe unten Rz. 16).
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Weitere unverzichtbare Voraussetzung einer Befreiung nach § 26 Abs. 2 WpÜG ist die Zustimmung der Zielgesellschaft. Sie einzuholen ist, nachdem der Bieter seinen schriftlichen Befreiungsantrag gestellt hat, Sache der BaFin (§ 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG), es sei denn, der Bieter hat – wozu er nicht verpflichtet ist – seinem Antrag bereits eine rechtsverbindliche Zustimmungserklärung der Zielgesellschaft (siehe unten Rz. 17) beigefügt25.
20 Wie hier Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 22; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 34 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 14; auch Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 32, der allerdings eine Einschränkung der Befugnis zur Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots innerhalb der Sperrfrist, wie sie hier vertreten wird, nicht erkennen lässt. A.A., d.h. generell gegen die Zulässigkeit zur Veröffentlichung einer Entscheidung zur Abgabe eines erneuten Angebots innerhalb der Sperrfrist dagegen Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 13, 32 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 9; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 6. 21 So auch Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 34 f. 22 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51/52. 23 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52, mit der Folgerung: „Hier schafft die in Absatz 2 enthaltene Regelung die Möglichkeit für das Bundesaufsichtsamt, von dem Verbot eines erneuten Angebots eine Ausnahme zu bewilligen“. 24 Vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 13; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 38; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 13; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 6; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 10 mit Fn. 17. I.E. auch Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 44. 25 Vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 14; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 30; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 46; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 13.
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Assmann
Sperrfrist
Rz. 20 § 26
Für die Erteilung der Zustimmung ist regelmäßig der Vorstand der Gesellschaft zuständig26. Sofern 17 die Zustimmung nach § 26 Abs. 2 WpÜG nicht ihrerseits kraft Satzung zu den Geschäften zählt, denen der Aufsichtsrat zustimmen muss, bedarf es dessen Zustimmung nicht27. Auch eine Zustimmung der Hauptversammlung ist, weil eine Zustimmung nach § 26 Abs. 2 WpÜG nicht in den Katalog der nach § 119 Abs. 1 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung unterliegenden Vorgänge fällt, nicht erforderlich28. Auch wenn sie den Weg für eine Transaktion freigibt, die eine Änderung des Anteilsbesitzes nach sich ziehen kann, ist die Zustimmung des Vorstands nach § 26 Abs. 2 WpÜG selbst keine strukturändernde Maßnahme, die der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfte. Eine Zustimmungspflicht der Hauptversammlung besteht selbst dann nicht, wenn der Vorstand der Zielgesellschaft den gesperrten Bieter unter Inaussichtstellung der Zustimmung nach § 26 Abs. 2 WpÜG als „white knight“ zur Abgabe eines konkurrierenden Angebots auffordert, da dies keine der Zustimmung der Hauptversammlung unterliegende Abwehrmaßnahme darstellt (§ 33 Abs. 1 Satz 2, Alt. 2 WpÜG). Hat der Bieter den Antrag gestellt und die Zielgesellschaft ihre Zustimmung erteilt, liegt es im Ermessen der BaFin, ob sie dem Antrag stattgibt. Ihre Ermessensentscheidung (§ 40 VwVfG) hat die BaFin auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung vorzunehmen29. Für die Einräumung einer Ermessensentscheidung trotz Zustimmung der Zielgesellschaft und des darin zum Ausdruck kommenden Verzichts auf die ihrem Schutz dienende Angebotssperre (siehe Rz. 2) ist vor allem die Gefahr maßgeblich, dass die Zustimmung unter dem Einfluss sachfremder Erwägungen erteilt wurde30. So ist es denkbar, dass der Vorstand der Zielgesellschaft durch die „Inaussichtstellung einer lukrativen Position nach einer erfolgreichen Übernahme“31 oder durch das Versprechen anderer Vorteile zur Erteilung der Zustimmung veranlasst wurde.
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Die Befreiungsentscheidung erfolgt kostenfrei, da sie in dem Katalog kostenpflichtiger Amtshandlungen (§ 47 WpÜG) nicht aufgeführt ist. Gegen eine dem Antrag des Bieters nicht stattgebende Entscheidung der BaFin kann der Bieter Widerspruch einlegen (§ 41 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Gegen die dem Widerspruch nicht abhelfende Entscheidung ist die Beschwerde statthaft (§§ 48 Abs. 1, 51 Abs. 1 WpÜG).
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D. Rechtsfolgen von Verstößen Der Bieter, der vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 26 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 WpÜG ein Angebot abgibt, handelt ordnungswidrig (§ 60 Abs. 1 Nr. 7 WpÜG). Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro geahndet werden (§ 60 Abs. 3 WpÜG).
26 Ganz h.M., etwa Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 15; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 41; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 13; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 31; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 48; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 11. 27 Ebenso Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 17; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 41; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 13; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 32; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 48; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 11. 28 Ganz h.M., etwa Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 17; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 42; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 13; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 33; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 48; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 11. 29 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 45; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 28. 30 Für die Berücksichtigungsfähigkeit dieses Umstands auch Glade in Heidel, § 26 WpÜG Rz. 13; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 14; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 37. A.A. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 20; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 45; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 54. 31 Beispiel nach Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52.
Assmann
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§ 26 Rz. 21 Sperrfrist 21
Ein Angebot, das entgegen § 26 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 WpÜG abgegeben werden soll oder abgegeben wurde, kann die BaFin zwar nicht nach § 15 Abs. 1 WpÜG32, jedoch nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG untersagen33.
§ 27 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft (1) Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot sowie zu jeder seiner Änderungen abzugeben. Die Stellungnahme muss insbesondere eingehen auf 1. die Art und Höhe der angebotenen Gegenleistung, 2. die voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots für die Zielgesellschaft, die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, die Beschäftigungsbedingungen und die Standorte der Zielgesellschaft, 3. die vom Bieter mit dem Angebot verfolgten Ziele, 4. die Absicht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, soweit sie Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft sind, das Angebot anzunehmen. (2) Übermitteln der zuständige Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft dem Vorstand eine Stellungnahme zu dem Angebot, hat der Vorstand unbeschadet seiner Verpflichtung nach Absatz 3 Satz 1 diese seiner Stellungnahme beizufügen. (3) Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben die Stellungnahme unverzüglich nach Übermittlung der Angebotsunterlage und deren Änderungen durch den Bieter gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 zu veröffentlichen. Sie haben die Stellungnahme gleichzeitig dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern zu übermitteln. Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben der Bundesanstalt unverzüglich die Veröffentlichung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 mitzuteilen. A. I. II. III.
IV. V. VI. VII. VIII.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung der Vorschrift . . . . . . . . . 1. Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . 2. Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . Kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
1 1 4 7 7 11
.
12
. . . .
18 20 21 27
B. Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats (§ 27 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . I. Pflicht zur begründeten Stellungnahme . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Adressaten der Norm . . . . . . . . . . 3. Begründungspflicht . . . . . . . . . . . 4. Prüfungs- und Ermittlungspflichten . 5. Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt der Stellungnahme . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angaben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
30 30 30 35 44 45 50 53 53
.
54
32 In Betracht kommt allein der Untersagungsgrund aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG, der aber seinem klaren Wortlaut nach von gesetzeswidrigen Angaben in der Angebotsunterlage und nicht von Verstößen gegen Verfahrensbestimmungen ausgeht. Vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 39. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 48; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 10; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 4; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 15; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 43; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 59 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 23. 33 A.A. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 39, der § 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG als eine § 4 WpÜG ausschließende Vorschrift (lex specialis) betrachtet.
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Assmann und Krause/Pötzsch
§ 26 Rz. 21 Sperrfrist 21
Ein Angebot, das entgegen § 26 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 WpÜG abgegeben werden soll oder abgegeben wurde, kann die BaFin zwar nicht nach § 15 Abs. 1 WpÜG32, jedoch nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG untersagen33.
§ 27 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft (1) Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot sowie zu jeder seiner Änderungen abzugeben. Die Stellungnahme muss insbesondere eingehen auf 1. die Art und Höhe der angebotenen Gegenleistung, 2. die voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots für die Zielgesellschaft, die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, die Beschäftigungsbedingungen und die Standorte der Zielgesellschaft, 3. die vom Bieter mit dem Angebot verfolgten Ziele, 4. die Absicht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, soweit sie Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft sind, das Angebot anzunehmen. (2) Übermitteln der zuständige Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft dem Vorstand eine Stellungnahme zu dem Angebot, hat der Vorstand unbeschadet seiner Verpflichtung nach Absatz 3 Satz 1 diese seiner Stellungnahme beizufügen. (3) Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben die Stellungnahme unverzüglich nach Übermittlung der Angebotsunterlage und deren Änderungen durch den Bieter gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 zu veröffentlichen. Sie haben die Stellungnahme gleichzeitig dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern zu übermitteln. Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben der Bundesanstalt unverzüglich die Veröffentlichung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 mitzuteilen. A. I. II. III.
IV. V. VI. VII. VIII.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung der Vorschrift . . . . . . . . . 1. Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . 2. Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . Kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats (§ 27 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . I. Pflicht zur begründeten Stellungnahme . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Adressaten der Norm . . . . . . . . . . 3. Begründungspflicht . . . . . . . . . . . 4. Prüfungs- und Ermittlungspflichten . 5. Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt der Stellungnahme . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angaben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . .
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30 30 30 35 44 45 50 53 53
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32 In Betracht kommt allein der Untersagungsgrund aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG, der aber seinem klaren Wortlaut nach von gesetzeswidrigen Angaben in der Angebotsunterlage und nicht von Verstößen gegen Verfahrensbestimmungen ausgeht. Vgl. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 39. A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 26 WpÜG Rz. 48; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 26 WpÜG Rz. 10; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 26 WpÜG Rz. 4; Steinmeyer in Steinmeyer, § 26 WpÜG Rz. 15; Scholz in FrankfKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 43; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 59 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 26 WpÜG Rz. 23. 33 A.A. Angerer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 26 WpÜG Rz. 39, der § 15 Abs. 3 Satz 2 WpÜG als eine § 4 WpÜG ausschließende Vorschrift (lex specialis) betrachtet.
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Assmann und Krause/Pötzsch
§ 27
Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft 3. Angaben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . a) Art und Höhe der Gegenleistung (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . aa) Art der Gegenleistung . . . . bb) Höhe der Gegenleistung . . . b) Folgen des Angebots (Nr. 2) . . . aa) Zielgesellschaft . . . . . . . . bb) Arbeitnehmer . . . . . . . . c) Vom Bieter verfolgte Ziele (Nr. 3) d) Annahme des Angebots durch Organmitglieder (Nr. 4) . . . . . 4. Handlungsempfehlung . . . . . . . . III. Änderung des Angebots . . . . . . . . . IV. Aktualisierung . . . . . . . . . . . . . . V. Konkurrierende Angebote . . . . . . . .
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61
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61 62 64 74 77 79 82
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. 83 . 90 . 93 . 95 . 103
C. Stellungnahme des Betriebsrats oder der Arbeitnehmer (§ 27 Abs. 2 WpÜG) . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stellungnahme des Betriebsrats . . . . . . III. Stellungnahme der Arbeitnehmer . . . . . IV. Beifügungspflicht . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz und Ausnahmen . . . . . . 2. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Frist und Verfahren . . . . . . . . . . . D. Verfahrensvorschriften (§ 27 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Veröffentlichung (§ 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übermittlung an Betriebsrat oder Arbeitnehmer (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) . . . III. Mitteilung der Veröffentlichung an die BaFin (§ 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG) . . . . E. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anordnung der BaFin . . . . . . . . . . . II. Ordnungswidrigkeiten . . . . . . . . . . . III. Haftung für fehlerhafte Stellungnahmen . 1. Ansprüche gegen den Vorstand der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
104 104 111 113 116 116 120 122
. 124 . 124 . 128 . . . . .
132 134 134 135 139
a) Ansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . aa) Vertragliche Ansprüche . . . . . bb) Ansprüche aus vorvertraglichem Schuldverhältnis . . . . . cc) Ansprüche aus analoger Anwendung des § 12 WpÜG . . . . dd) Ansprüche aus allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . ee) Ansprüche aus § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG (i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 AktG) . . . . . . . ff) Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz hh) Ansprüche aus § 826 BGB . . . b) Ansprüche der Zielgesellschaft . . . . c) Ansprüche des Bieters . . . . . . . . 2. Ansprüche gegen den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . a) Ansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . b) Ansprüche der Zielgesellschaft . . . . c) Ansprüche des Bieters . . . . . . . . 3. Ansprüche gegen die Zielgesellschaft . . 4. Ansprüche gegen den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft . . a) Ansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . b) Ansprüche der Zielgesellschaft . . . . c) Ansprüche des Bieters . . . . . . . . 5. Haftungsausschluss? . . . . . . . . . . . IV. Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . F. I. II. III.
Blick über die Grenze Vereinigtes Königreich Österreich . . . . . . . Schweiz . . . . . . . .
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. 140
Schrifttum: van Aubel, Vorstandspflichten bei Übernahmeangeboten, 1995; Baums, Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären?, Gutachten F zum 63. Deutschen Juristentag, 2002; Baums/Stöcker, Rückerwerb eigener Aktien und WpÜG, in FS Wiedemann, 2002, S. 703; Becker, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, ZHR 165 (2001), 280; Berg/Stöcker, Anwendungs- und Haftungsfragen zum Deutschen Corporate Governance Kodex, WM 2002, 1569; Cahn, Grenzen des Markt- und Anlegerschutzes durch das WpHG, ZHR 162 (1998), 1; Cannivé/Suerbaum, Die Fairness Opinion bei Sachkapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften: Rechtliche Anforderungen und Ausgestaltung nach IDW S8, AG 2011, 317; Decher, Die Fairness Opinion in der aktien- und übernahmerechtlichen Praxis, in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 99; Deutscher Anwaltverein – Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RefE des BMF für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, NZG 2001, 420; Diekmann/ Fleischmann, Umgang mit Interessenkonflikten in Aufsichtsrat und Vorstand der Aktiengesellschaft, AG 2013, 141; Diekmann/Merkner, Die praktische Anwendung des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien, ZIP 2004, 836; Dreher, Change of Control-Klauseln bei Aktiengesellschaften, AG 2002, 214; Ebenroth/Daum, Die Kompetenzen des Vorstands einer Aktiengesellschaft bei der Durchführung und Abwehr unkoordinierter Übernahmen (Teil I), DB 1991, 1105; Ebke, Die zivilrechtliche Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat für fehlerhafte Stellungnahmen nach § 27 WpÜG, in FS Hommelhoff, 2012, S. 161; Edelmann, Haftung von Vorstandsmitglie-
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§ 27 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft dern für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen – Besprechung der Infomatec-Urteile des BGH, BB 2004, 2031; Ekkenga/ Hofschroer, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (Teil I), DStR 2002, 724; Fitting u.a., Betriebsverfassungsgesetz, 29. Aufl. 2018; Fleischer, Organpublizität im Aktien-, Bilanz- und Kapitalmarktrecht, NZG 2006, 561; Fleischer, Die Fairness Opinion bei M&A-Transaktionen zwischen Markt und Recht, in FS Hopt, 2010, S. 2753; Fleischer, Zur rechtlichen Bedeutung der Fairness Opinion im deutschen Aktien- und Übernahmerecht, ZIP 2011, 201; Fleischer/Körber, Der Rückerwerb eigener Aktien und das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2001, 2589; Fleischer/Schmolke, Zum Sondervotum einzelner Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder bei Stellungnahmen nach § 27 WpÜG, DB 2007, 95; Fortmann, Die Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten der Zielgesellschaft, 2010; Friedl, Die Haftung des Vorstands und Aufsichtsrats für eine fehlerhafte Stellungnahme gemäß § 27 I WpÜG, NZG 2004, 448; Grobys, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, NZA 2002, 1; Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges“ Recht, 1996; Harbarth, Die Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats zur Gegenleistung bei Übernahmeangeboten, ZIP 2004, 3; Hasselbach, Taking Private – aktuelle Themen bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen, BB 2015, 1033; Herrmann, Zivilrechtliche Abwehrmaßnahmen gegen unfreundliche Übernahmeversuche in Deutschland und Großbritannien, 1993; Hess/Schlochauer/Worzella/Glock/Nicolai/Rose, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 8. Aufl. 2011; Hippeli, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BaFin-Journal 7/2014, 17; Hippeli/Hofmann, Die Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft nach § 27 WpÜG in der Anwendungspraxis der BaFin, NZG 2014, 850; Hippeli/Klepsch, „No, not yet or never?“ – zur Reichweite der Bindungswirkung von negativen Absichtserklärungen im Übernahmerecht, WM 2016, 1205; Hirte/Schander, Die Organpflichten bei Unternehmensübernahmen, in von Rosen/Seifert (Hrsg.), Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, 1999, S. 341; Hopt, Aktionärskreis und Vorstandsneutralität, ZGR 1993, 534; Hopt, Kapitalmarktrecht (mit Prospekthaftung) in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, in 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Band II, 2000, S. 497; Hopt, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen – Zur aktien- und übernahmerechtlichen Rechtslage in Deutschland und Europa, in FS Lutter, 2000, S. 1361; Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz – Gemeinsamer Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie und Diskussionsentwurf des Übernahmegesetzes, in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Hopt, Übernahmen, Geheimhaltung und Interessenkonflikte: Probleme für Vorstände, Aufsichtsräte und Banken, ZGR 2002, 333; Hopt, Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen in Übernahmeauseinandersetzungen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2005; Immenga, Öffentliche Übernahmeangebote (Takeover bids), SAG 1975, 89; Kiem, Investorenvereinbarungen im Lichte des Aktien- und Übernahmerechts, AG 2009, 301; Kiesewetter/Kreymborg, Die Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat gem. § 27 WpÜG – ein Praxisbericht (Januar 2007-Juni 2013), CFL 2013, 105; Kindler/Horstmann, Die EU-Übernahmerichtlinie – Ein „europäischer“ Kompromiss, DStR 2004, 866; Kort, Rechte und Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei Übernahmeversuchen, in FS Lutter, 2000, S. 1421; Kossmann, Bewertungspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat nach § 27 WpÜG unter Berücksichtigung von IDW ES 8, NZG 2011, 46; Krämer/ Kiesewetter, Rechtliche und praktische Aspekte einer Due Diligence aus öffentlich zugänglichen Informationsquellen einer börsennotierten Gesellschaft, BB 2012, 1679; Krause, Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; Krause, Zwei Jahre Praxis mit dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, NJW 2004, 3681; Krause/Graser/Klüwer/ Nestler, Fairness Opinion nach IDW ES 8: Mehrwert durch Standardisierung?, BB 2010, 1587; Kubalek, Die Stellungnahme der Zielgesellschaft zu öffentlichen Angeboten nach dem WpÜG, 2006; Lappe/Stafflage, Fairness Opinion im Transaktionsgeschäft, CFL 2010, 312; Leyendecker/Kleinhenz, Keine Wertindikation im Rahmen der Stellungnahme nach § 27 WpÜG, BB 2011, 2952; Leyendecker-Langner, Die Stellungnahme nach § 27 WpÜG bei Interessenkonflikten von Organmitgliedern, NZG 2016, 1213; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl. 2006; Maier-Reimer, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, ZHR 165 (2001), 258; Maul/Muffat-Jeandet, Die EU-Übernahmerichtlinie – Inhalt und Umsetzung in nationales Recht, AG 2004, 221 (Teil I), 306 (Teil II); Merkt, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, ZHR 165 (2001), 224; Mohamed, Ansprüche der Wertpapierinhaber bei einer fehlerhaften Stellungnahme nach § 27 Abs. 1 WpÜG, DStR 2015, 2290; Möllers, Verfahren, Pflichten und Haftung, insbesondere der Banken, bei Übernahmeangeboten, ZGR 2002, 664; Mülbert, Die Zielgesellschaft im Vorschlag 1997 einer TakeoverRichtlinie – zwei folgenreiche Eingriffe ins deutsche Aktienrecht, IStR 1999, 83; Rasner, Die Pflichten der Zielgesellschaft bei unfreundlichen Übernahmeangeboten nach dem neuen deutschen WpÜG, 2005; Rieckers/LeyendeckerLangner, Neubesetzung des Aufsichtsrats bei öffentlichen Übernahmen, NZG 2013, 167; Schiessl, Fairness Opinions im Übernahme- und Gesellschaftsrecht, ZGR 2003, 814; Schwetzler/Aders/Salcher/Bornemann, Die Bedeutung der Fairness Opinion für den deutschen Transaktionsmarkt, Finanz Betrieb 2005, 106; Seibt, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, DB 2002, 529; Seibt, Rechtsschutz im Übernahmerecht – Gesellschaftsrechtliche und öffentlich-rechtliche Grundsätze, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 337; Seibt, Übernahmerecht: Update 2010/2011, CFL 2011, 213; Seibt, Verhaltenspflichten und Handlungsoptionen der Leitungsund Aufsichtsorgane in Übernahmesituationen, in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 148; Seibt, Verhaltenspflichten und Handlungsoptionen des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft in Übernahmesituationen, in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119; Seibt/Wunsch, Investorenvereinbarungen bei öffentlichen Übernahmen, Der Konzern 2009, 195; Ulmer, Der deutsche Corporate Governance Kodex – ein neues Regulierungsinstrument für
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 6 § 27
börsennotierte Aktiengesellschaften, ZHR 166 (2002), 150; E. Vetter, Interessenkonflikte im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bei der Abgabe der Stellungnahme nach § 27 WpÜG, in FS Hopt, 2010, S. 2657; Weishaupt, Schadensersatzansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft im Falle einer fehlerhaften Stellungnahme nach § 27 WpÜG, 2007; Westhoff, Die Fairness Opinion, 2006; Wiesner, Die neue Übernahmerichtlinie und die Folgen, ZIP 2004, 343; Winner, Die Zielgesellschaft in der freundlichen Übernahme, 2002; Witte, Diskussionsentwurf zur Regelung von Unternehmensübernahmen: Abwehrmöglichkeiten des Vorstands der Zielgesellschaft, BB 2000, 2161; Zinser, Der Entwurf eines Übernahmegesetzes, ZRP 2001, 363; Zöllner, Die sogenannten Gesellschafterklagen im Kapitalgesellschaftsrecht, ZGR 1988, 392.
A. Überblick I. Regelungsgegenstand § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verpflichtet den Vorstand und den Aufsichtsrat einer Zielgesellschaft, eine begründete Stellungnahme zu dem Angebot sowie zu jeder seiner Änderungen abzugeben. Satz 2 konkretisiert diese Pflicht durch eine nicht abschließende Aufzählung von Gesichtspunkten, auf die die Stellungnahme eingehen muss. Danach muss sich die Stellungnahme insbesondere mit der Gegenleistung, den voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots und den vom Bieter mit dem Angebot verfolgten Zielen auseinandersetzen. Außerdem ist mitzuteilen, ob Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats, soweit sie Wertpapiere der Zielgesellschaft halten, beabsichtigen, das Angebot anzunehmen.
1
Haben der zuständige Betriebsrat oder die Arbeitnehmer dem Vorstand eine Stellungnahme zu dem Angebot übermittelt, verpflichtet § 27 Abs. 2 WpÜG den Vorstand, diese seiner eigenen Stellungnahme beizufügen.
2
§ 27 Abs. 3 WpÜG enthält Verfahrensvorschriften zur Veröffentlichung der Stellungnahme (Satz 1), zu deren Übermittlung an den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer (Satz 2) und zur Mitteilung der Veröffentlichung an die BaFin (Satz 3).
3
II. Normzweck Nach dem in § 3 Abs. 2 WpÜG verankerten Transparenzprinzip sollen alle Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft über ausreichende Informationen verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können1. Die in § 27 Abs. 1 WpÜG verankerte Verpflichtung der Verwaltung der Zielgesellschaft zur Stellungnahme stellt eine Ausprägung dieses Grundsatzes dar2. Die Stellungnahme bildet das Gegenstück zur Angebotsunterlage des Bieters, wirkt damit einer einseitigen Informationspolitik des Bieters entgegen und schafft für die Angebotsadressaten durch Rede und Gegenrede eine ausgewogene Entscheidungsgrundlage3.
4
Die in § 27 Abs. 2 WpÜG enthaltene Regelung bezweckt, dass die Angebotsadressaten nicht nur über 5 die Haltung der Verwaltung, sondern auch der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft zu dem Angebot informiert werden4; sie verbreitert die Informationsbasis der Wertpapierinhaber daher um einen weiteren Aspekt. Die Verfahrensregeln des § 27 Abs. 3 WpÜG sichern die hinreichende Verbreitung der von der Zielgesellschaft ausgehenden Informationen unter Berücksichtigung des in § 3 Abs. 4 WpÜG verankerten Beschleunigungsgrundsatzes und erleichtern der BaFin, die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 27 Abs. 1 und 2 WpÜG zu überwachen.
1 OLG Frankfurt v. 22.3.2007 – 12 U 77/06 – juris, Rz. 47. 2 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52; OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 194. 3 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 95 f.; ähnlich Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 851. 4 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52.
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§ 27 Rz. 7 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
III. Entstehung der Vorschrift 1. Gesetzgebungsverfahren 7
Eine Verpflichtung zur Stellungnahme war bereits im DiskE des Bundesministeriums der Finanzen enthalten (§ 30 WpÜG)5, traf dort jedoch nur den Vorstand, nicht aber den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft. Auch der obligatorische Inhalt der Stellungnahme war weniger breit angelegt: Eine Verpflichtung, auf die Art und Höhe der Gegenleistung oder auf die künftigen Beschäftigungsbedingungen und die Standorte der Zielgesellschaft im Falle eines erfolgreichen Angebots einzugehen, war nicht vorgesehen. Darüber hinaus fehlte eine ausdrückliche Pflicht zur Beifügung der Stellungnahme der Arbeitnehmer; vielmehr war nur „die Position“ der Arbeitnehmer in die Stellungnahme aufzunehmen. Schließlich war auch eine Übermittlung der Stellungnahme des Vorstands an den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer nicht vorgesehen.
8
Im RefE des Bundesministeriums der Finanzen (§ 27 WpÜG)6 wurde auf Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes in § 27 Abs. 2 WpÜG eine ausdrückliche Pflicht des Vorstands, seiner Stellungnahme diejenige des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer beizufügen, aufgenommen.
9
Gegenüber dem RefE wurde im RegE7 der obligatorische Inhalt der Stellungnahme präzisiert und ergänzt. In § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpÜG wurde klargestellt, dass die Stellungnahme sich nur auf die voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots beziehen muss, zugleich aber festgelegt, dass hier auch auf die Beschäftigungsbedingungen und die Standorte der Zielgesellschaft einzugehen ist. Darüber hinaus wurde die Verpflichtung des Vorstands zur Übermittlung seiner Stellungnahme an den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer aufgenommen (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WpÜG).
10
Im anschließenden parlamentarischen Verfahren wurde auf Grund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages8 neben dem Vorstand auch der Aufsichtsrat in die Verpflichtung zur Abgabe einer Stellungnahme nach § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG einbezogen; entsprechende Folgeänderungen erfolgten in § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Abs. 3 WpÜG. Durch die Einbeziehung des Aufsichtsrats, die während des Gesetzgebungsverfahrens von mehreren Seiten gefordert worden war9, sollte ausweislich der Begründung des Finanzausschusses die Gesamtverantwortung von Vorstand und Aufsichtsrat betont und die Informationsbasis für die Angebotsbeteiligten verbreitert werden10. Zugleich wurden hiermit de facto die Einflussmöglichkeiten der Arbeitnehmervertreter auf die Stellungnahme verstärkt11. Darüber hinaus wurde der obligatorische Inhalt der Stellungnahme erneut ergänzt, diesmal um die Verpflichtung, auch zur Art und Höhe der angebotenen Gegenleistung Stellung zu nehmen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpÜG). In der Begründung des Finanzausschusses wird zutreffend darauf hingewiesen, dass diese von besonderer Bedeutung für die Entscheidungsfindung der Wertpapierinhaber ist. 2. Änderungen
11
Als Folge des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22.4.200212 wurde die in § 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG ursprünglich enthaltene Bezeichnung „Bundesaufsichtsamt“ (für den Wertpapierhandel) mit Wirkung zum 1.5.2002 durch die Bezeichnung „Bundesanstalt“ (für Finanzdienstleistungsaufsicht) ersetzt13.
5 6 7 8 9 10 11 12 13
Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 237, 252. Abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 374, 387. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 15. BT-Drucks. 14/7477, S. 22 f., 52 f. U.a. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 427. BT-Drucks. 14/7477, S. 52 f. Seibt, DB 2002, 529, 531. BGBl. I 2002, 1310. Art. 1 Nr. 18 der Ersten Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 29.4.2002, BGBl. I 2002, 1495; siehe hierzu Einleitung Rz. 56.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 15 § 27
Durch Art. 1 Nr. 13 des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 8.7.200614 wurde die in § 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG enthaltene Verpflichtung zur Übersendung eines Belegs über die Veröffentlichung der Stellungnahmen des Vorstands und Aufsichtsrats an die BaFin durch die Verpflichtung zur Mitteilung der Veröffentlichung ersetzt. Die Änderung ist eine Folge der Ersetzung der Zeitungspublizität durch die Bekanntgabe im Bundesanzeiger in § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG (siehe § 14 WpÜG Rz. 3a).
11a
IV. Anwendungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften Auf Grund ihrer systematischen Stellung im Abschnitt 3 des WpÜG gilt die Verpflichtung zur Stellungnahme nach § 27 WpÜG für sämtliche Angebote im Anwendungsbereich des WpÜG, d.h. für einfache Erwerbsangebote, Übernahme- und Pflichtangebote.15 Dem während des Gesetzgebungsverfahrens geäußerten Petitum, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Übernahmeangebote zu beschränken16, ist der Gesetzgeber nicht gefolgt (näher unten Rz. 27).
12
Bei Angeboten i.S.d. § 1 Abs. 3 WpÜG auf Zielgesellschaften mit Sitz im EU-Ausland, aber alleiniger 12a oder vorrangiger Notierung der Aktien in Deutschland, sind die Vorschriften des deutschen WpÜG nur anzuwenden, soweit sie Fragen der Gegenleistung, des Inhalts der Angebotsunterlage und des Angebotsverfahrens betreffen. Daran könnte man bei § 27 WpÜG nur dann zweifeln, wenn man die Norm – nach hiesiger Auffassung unzutreffend – als gesellschaftsrechtliche Pflicht verortet (zur kapitalmarkt- oder gesellschaftsrechtlichen Einordnung siehe unten Rz. 18 f.). Der Verordnungsgeber hat sich in Bezug auf diese Wertung zurückgehalten: Die WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung konkretisiert § 1 Abs. 2 und 3 WpÜG, ohne § 27 WpÜG als eine der anwendbaren Vorschriften zu benennen. Die WpÜG-Anwendbarkeitsverordnung enthält jedoch keine abschließende Aufzählung der anwendbaren deutschen Vorschriften17. Maßgeblich ist demnach allein das Gesetz. Die Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats gemäß § 27 WpÜG ist Bestandteil des Angebotsverfahrens und weist unmittelbaren Bezug zum Inhalt der Angebotsunterlage auf. Die Pflicht aus § 27 WpÜG ist auf die Vorgaben zur Angebotsunterlage zugeschnitten. Daher ist auch § 27 WpÜG in Fällen des § 1 Abs. 3 WpÜG anwendbar mit der Folge, dass Vorstand und Aufsichtsrat eine Stellungnahme nach Maßgabe des deutschen Übernahmerechts abzugeben haben. Auf den Erwerb eigener Aktien des Bieters ist das WpÜG – und damit auch § 27 WpÜG – nach Auffas- 13 sung der BaFin18 nicht anwendbar (vgl. § 2 WpÜG Rz. 41). Doch auch wenn man die Auffassung zugrunde legen würde, das WpÜG sei grundsätzlich auf den Erwerb eigener Aktien anzuwenden (zum Streitstand § 2 WpÜG Rz. 38 ff.), wäre die Verpflichtung zur Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG nach ganz herrschender Meinung19 auf derartige Fälle nicht anwendbar. § 27 WpÜG setzt ersichtlich eine Personenverschiedenheit von Bieter und Zielgesellschaft voraus; da eine Stellungnahme der Verwaltung der Zielgesellschaft zu ihrem eigenen Angebot keinen Sinn ergibt, wäre § 27 WpÜG hier jedenfalls teleologisch zu reduzieren. Zum Verhältnis von § 27 WpÜG zu dem in § 3 Abs. 2 WpÜG verankerten Transparenzprinzip siehe oben Rz. 4.
14
Im Hinblick auf den in § 27 WpÜG geregelten obligatorischen Inhalt der Stellungnahme ist die Vorschrift lex specialis zu § 28 WpÜG. Die BaFin kann daher eine Stellungnahme, die sich auf den gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 WpÜG geforderten Mindestinhalt beschränkt, nicht als Werbung nach
15
14 BGBl. I 2006, 1426; siehe hierzu Einleitung Rz. 60 ff. 15 Eine analoge Anwendung des § 27 WpÜG auf Angebote, auf die das WpÜG keine Anwendung findet, ist abzulehnen; Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1135. 16 DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RefE, NZG 2001, 420, 426. 17 Santelmann in Steinmeyer, § 1 WpÜG Rz. 48. 18 BaFin-Schreiben vom 9.8.2006, abrufbar unter www.bafin.de, in Abkehr vom BaFin-Merkblatt vom 5.7.2005. 19 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 14; Harbarth in Baums/ Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 6; ebenfalls Baums/Stöcker in FS Wiedemann, 2002, S. 703, 713, 749; Diekmann/ Merkner, ZIP 2004, 836, 837 f., die sich generell gegen eine Anwendbarkeit des WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien aussprechen.
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§ 27 Rz. 15 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft § 28 Abs. 1 WpÜG untersagen. Werden diese Grenzen überschritten, ist § 28 WpÜG dagegen anwendbar20. 16
Die Pflicht zur Abgabe einer Stellungnahme nach § 27 WpÜG besteht als eigenständige Verpflichtung der Verwaltung der Zielgesellschaft neben dem in § 33 WpÜG verankerten übernahmerechtlichen Verhinderungsverbot21. § 27 WpÜG ist schon deshalb nicht lex specialis zu § 33 WpÜG22, weil § 27 WpÜG – anders als § 33 WpÜG – auch für einfache Erwerbsangebote gilt und die Stellungnahme nicht dem Verhinderungsverbot unterfällt, da sie den Aktionären nicht das Letztentscheidungsrecht über die Annahme oder Ablehnung des Angebots des Bieters aus der Hand nimmt (siehe § 33 WpÜG Rz. 84).
17
Ziff. 3.7 des Deutschen Corporate Governance Kodex23 enthält ebenfalls eine Verpflichtung des Vorstands und Aufsichtsrats einer Zielgesellschaft zur begründeten Stellungnahme. Die Regelung ist jedoch inhaltlich weniger konkret ausgestaltet als § 27 WpÜG und zudem – im Gegensatz zu § 27 WpÜG, der auch einfache Erwerbsangebote und Pflichtangebote erfasst – auf Übernahmeangebote beschränkt. Kommt die Verwaltung einer Zielgesellschaft ihren Verpflichtungen gemäß § 27 WpÜG nach, erfüllt sie zugleich die Vorgaben der Ziff. 3.7 Deutscher Corporate Governance Kodex; die letztgenannte Regelung hat daher keinen eigenständigen Anwendungsbereich.
V. Kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtliche Einordnung 18
Die Pflicht des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zur Stellungnahme nach § 27 WpÜG ist kapitalmarktrechtlicher Natur24. Sie ist funktional das Pendant zur an den Kapitalmarkt gerichteten Angebotsunterlage des Bieters25 und Ausfluss des Transparenzprinzips (siehe oben Rz. 4), einem der zentralen Grundsätze des Kapitalmarktrechts. Die Pflicht zur Stellungnahme dient der Information nicht nur der Aktionäre, sondern auch anderer Inhaber von Wertpapieren nach § 2 Abs. 2 WpÜG, damit diese ihre Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots „in Kenntnis der Sachlage“ treffen können (§ 3 Abs. 2 WpÜG). Die Stellungnahme ist zu veröffentlichen; sie wendet sich also nicht nur an die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, sondern darüber hinaus an den gesamten Kapitalmarkt26. Sie ist auch anders als das gesellschaftsrechtliche Auskunftsrecht der Aktionäre nach § 131 AktG unabhängig von der Hauptversammlung27. Schließlich ist die Norm Gegenstand kapitalmarktrechtlicher Aufsicht28.
19
Schon vor Inkrafttreten des WpÜG wurde für den Vorstand – nicht aber für den Aufsichtsrat – einer Zielgesellschaft im Übernahmefall nach ganz h.M. eine gesellschaftsrechtliche Pflicht zur Stellungnahme angenommen29, wobei diese aus der Interessenwahrungspflicht des Vorstands, auf die auch die
20 Ebenso Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 7; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 11; ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 16; für generellen Vorrang des § 27 demgegenüber Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 2; differenzierend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 18. 21 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1380; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 19; Goslar in Paschos Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 10. 22 So aber Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 2; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 12; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 58. 23 Deutscher Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 15.5.2012, im Internet abrufbar unter www.cor porate-governance-code.de. 24 Ebenso Mülbert, IStR 1999, 83, 88; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 248; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 421, 430; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 6 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 16; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 9; zur kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Einordnung eingehend aus jüngerer Zeit Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 74 ff., 93 ff., 104 ff. 25 Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 421. 26 Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 246; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 430; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 97. 27 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 7. 28 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 1. 29 Statt aller Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 129; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1380, jeweils m.w.N.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 21 § 27
Begründung des Regierungsentwurfs verweist30, der Verpflichtung des Vorstands zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nach § 76 AktG oder einer aus § 93 AktG folgenden besonderen Treuepflicht gegenüber den Aktionären abgeleitet wurde. Die konkrete kapitalmarktorientierte Ausgestaltung des § 27 WpÜG (siehe vorstehende Rz. 18) lässt sich hiermit jedoch nicht erklären. Für die grundsätzliche Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Stellungnahme fehlt zudem bis heute eine tragfähige gesellschaftsrechtliche Begründung; die teilweise31 herangezogene vollkommen anders ausgestaltete Berichts- und Rechenschaftspflicht des Aufsichtsrats gegenüber der Hauptversammlung (vgl. § 171 Abs. 2 AktG) erscheint jedenfalls kaum überzeugend. Auch der Umstand, dass Normadressat nicht die Gesellschaft, sondern deren Organe sind, spricht nicht zwingend für eine gesellschaftsrechtliche Einordnung32, da die Angaben nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG nur Sinn ergeben, wenn hier auf die Organmitglieder, nicht aber die Gesellschaft abgestellt wird. Vor diesem Hintergrund spricht mehr dafür, die Norm nicht (auch) im Gesellschafts-, sondern ausschließlich im Kapitalmarktrecht zu verorten33.
VI. Wirtschaftliche Bedeutung In der Praxis kommt der Stellungnahme der Verwaltung der Zielgesellschaft bei öffentlichen Angeboten, insbesondere bei Übernahmeangeboten, erhebliche Bedeutung zu34. Bei feindlichen Übernahmeangeboten steht dabei das Recht zur Stellungnahme im Vordergrund. Hier fungiert die Stellungnahme als wichtige Abwehrwaffe35 (die nicht dem Verhinderungsverbot des § 33 WpÜG unterfällt, siehe oben Rz. 16), bei der die Verwaltung der Zielgesellschaft die Nachteile des Angebots des Bieters offen legen und versuchen wird, die Angebotsadressaten von der Überlegenheit ihres Unternehmenskonzeptes36 zu überzeugen. Bei freundlichen Angeboten tritt demgegenüber der Aspekt der Pflicht zur Stellungnahme in den Vordergrund, da hier die Verwaltung im allgemeinen kein Interesse hat, kritische Punkte des Angebots herauszustellen und so die Annahme des Angebots durch die Adressaten zu gefährden37.
20
VII. EU-Übernahmerichtlinie Art. 9 Abs. 5 Übernahmerichtlinie38 enthält ebenfalls eine Verpflichtung, zu dem Angebot des Bieters 21 Stellung zu nehmen. Normadressat der Verpflichtung ist „das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan“ der Zielgesellschaft. Ob hierunter im dualistischen System neben dem Vorstand auch der Aufsichtsrat zu verstehen ist, ist in der Richtlinie nicht ausdrücklich festgelegt. Aus dem Hinweis in Art. 9 Abs. 6 Übernahmerichtlinie, nach dem „für die Zwecke von (Art. 9) Absatz 2“ der Begriff Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan im dualistischen System sowohl den Vorstand als auch den Aufsichtsrat umfasst, lässt sich weder ein „Erst recht“ – noch ein Umkehrschluss ableiten, da durch die letztgenannte Regelung die Frage bewusst nur für die in Art. 9 Abs. 2 geregelten Abwehrmaßnahmen entschieden werden sollte39. Bei funktionaler Betrachtung spricht viel für eine alleinige Verpflichtung des Vorstands40; jedoch kann
30 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 31 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 17; dem folgend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 16; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 9; Friedl, NZG 2004, 448, 449. 32 So aber Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 1. 33 Für kapitalmarkt- und verbandsrechtliche Doppelnatur dagegen Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 16; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 1; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 20 f.; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 105 f. 34 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 35 Krause, NJW 2002, 705, 711. 36 Zu dem in der internationalen Übernahmepraxis üblichen Wettbewerb der Konzepte siehe Becker, ZHR 165 (2001), 280, 281. 37 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 16; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 13. 38 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. Art. 9 Abs. 5 wird ergänzt durch die Erwägungsgründe 17 und 23 Satz 2. 39 Zutreffend Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 232; AG 2004, 306, 307. 40 So auch Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 307.
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§ 27 Rz. 21 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft die Frage im Ergebnis offen bleiben, da § 27 WpÜG sowohl den Vorstand als auch den Aufsichtsrat zur Stellungnahme verpflichtet. Europarechtlich ist dies zulässig, weil die Mitgliedstaaten über die Anordnungen der Richtlinie hinausgehende zusätzliche und strengere Bestimmungen vorsehen können (Art. 3 Abs. 2 lit. b) Übernahmerichtlinie). 22
Art. 9 Abs. 5 Satz 1 Übernahmerichtlinie verlangt seitens der Zielgesellschaft eine mit Gründen versehene Stellungnahme, die unter anderem auf die Auswirkungen des Angebots auf die Interessen der Gesellschaft, insbesondere der Beschäftigung, die strategische Planung des Bieters für die Zielgesellschaft und die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und Standorte entsprechend den in Art. 6 Abs. 3 lit. i) Übernahmerichtlinie für die Angebotsunterlage geforderten Angaben eingeht.
23
Nach Art. 9 Abs. 5 Satz 2 Übernahmerichtlinie hat das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft seine Stellungnahme gleichzeitig den Arbeitnehmervertretern oder – in Ermangelung solcher Vertreter – den Arbeitnehmern selbst zu übermitteln.
24
Nach Art. 9 Abs. 5 Satz 3 Übernahmerichtlinie hat das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft seiner Stellungnahme eine Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter zu den Auswirkungen auf die Beschäftigung beizufügen, sofern diese Stellungnahme rechtzeitig bei ihm eingeht. Von einer Stellungnahme der Arbeitnehmer beim Fehlen einer Arbeitnehmervertretung ist nicht die Rede. Dies ist ein offensichtliches Redaktionsversehen, denn die Möglichkeit der Stellungnahme der Arbeitnehmer ist in Erwägungsgrund 23 Satz 2 ausdrücklich angesprochen.
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In Erwägungsgrund 23 Satz 2 Übernahmerichtlinie ist allerdings von den Arbeitnehmern „der betroffenen Gesellschaften“ die Rede. Wie sich aus Satz 1 ergibt, sind hiermit die Arbeitnehmer von Bieter- und Zielgesellschaft oder ihre Vertreter gemeint. Hieraus lässt sich allerdings nicht herleiten, dass die Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertreter des Bieters einen Anspruch darauf haben sollen, dass ihre Stellungnahme der Angebotsunterlage des Bieters bzw. der Stellungnahme der Verwaltung der Zielgesellschaft beizufügen ist41. Dagegen spricht zunächst, dass nur die in der Richtlinie enthaltenen Artikel, nicht aber die Erwägungsgründe umzusetzen sind. Weiterhin spricht Art. 8 Abs. 2 Übernahmerichtlinie gegen einen Anspruch auf Veröffentlichung mit der Angebotsunterlage; diese Vorschrift ordnet an, dass die Angebotsunterlage bekanntzumachen und (sodann) den Arbeitnehmervertretern bzw. den Arbeitnehmern unverzüglich zur Verfügung zu stellen ist. Gegen einen Anspruch auf Veröffentlichung mit der Stellungnahme der Verwaltung der Zielgesellschaft spricht außerdem, dass dies eine Veröffentlichungspflicht „auf der falschen Seite“ zur Folge hätte. Auch Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Übernahmerichtlinie lässt erkennen, dass die Arbeitnehmerbeteiligung nur auf die eigene Arbeitnehmerschaft beschränkt sein soll. Zutreffend erscheint allerdings, dass nach Auffassung des Richtliniengebers die Arbeitnehmer(vertreter) des Bieters – deren Meinungsäußerungsfreiheit eine Selbstverständlichkeit ist – die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, vom Bieter Unterstützung bei der Veröffentlichung ihrer Stellungnahme verlangen zu können, etwa durch Veröffentlichung der Stellungnahme auf der Website des Bieters42.
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Umsetzungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber im Rahmen des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 8.7.200643 bestand nicht44. § 27 Abs. 1 verpflichtet sowohl den Vorstand als auch den Aufsichtsrat zur Abgabe einer Stellungnahme. Der von der Richtlinie geforderte Inhalt der Stellungnahme wird durch § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 WpÜG erfasst45. Die gleichzeitige Übermittlung der Stellungnahme an die Arbeitnehmerschaft sieht bereits § 27 Abs. 3 Satz 2 WpÜG vor; die Pflicht zur Beifügung der Stellungnahme der Arbeitnehmerschaft folgt aus § 27 Abs. 2 WpÜG. Die den Erwägungsgründen zu entnehmenden Vorstellungen des Richtliniengebers über eine Unterstützung der Ar-
41 Für Ersteres aber Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 180 ff.; für Letzteres Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 872 f.; einen Änderungsbedarf auch bejahend Wiesner, ZIP 2004, 343, 349. 42 Siehe hierzu auch Wiesner, ZIP 2004, 343, 349. 43 BGBl. I 2006, 1426; siehe hierzu Einleitung Rz. 60 ff. 44 Die oben Rz. 11a dargestellte Änderung des § 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG im Rahmen des ÜbernahmerichtlinieUmsetzungsgesetzes war nicht durch zwingende Richtlinienvorgaben veranlasst. 45 Einschränkend („entspricht weitgehend der deutschen Rechtslage“) Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 307 (jedoch ohne nähere Erläuterung).
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 30 § 27
beitnehmerschaft bei der Veröffentlichung ihrer Stellungnahme haben im Richtlinientext keinen Niederschlag gefunden, so dass hieraus ebenfalls kein Umsetzungsbedarf resultierte.
VIII. Kritik Rechtspolitisch wird die Verpflichtung der Verwaltung der Zielgesellschaft zur Stellungnahme im Grundsatz fast46 einhellig begrüßt. Teilweise wird jedoch der Anwendungsbereich der Regelung, die für sämtliche Angebote gilt, als zu weitgehend kritisiert und gefordert, die Pflicht zur Stellungnahme auf Übernahmeangebote zu beschränken47. Dem ist zu widersprechen48. Auch mit einfachen Erwerbsangeboten können erhebliche Beteiligungen, etwa Sperrminoritäten, aufgebaut werden, die die Verhältnisse bei der Zielgesellschaft substanziell verändern49. Und auch bei Aufstockungsangeboten, d.h. Angeboten, mit denen eine bestehende Kontrollposition ausgebaut werden soll, ist es für die Adressaten des Angebots durchaus von Interesse, die Auffassung der Verwaltung – beispielsweise im Hinblick auf geplante Satzungsänderungen oder einen Squeeze out – zu erfahren50.
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Teilweise wird eine Ergänzung der gesetzlichen Vorgabe des obligatorischen Inhalts der Stellungnahme befürwortet: So sollen etwa abweichende Auffassungen einzelner Mitglieder der Verwaltung zur Stellungnahme (split boards)51 sowie bestehende Interessenkonflikte52 offen zu legen sein. Zudem soll der sachverständige Rat eines unabhängigen Dritten zwingend eingeholt und den Aktionären in der Stellungnahme zugänglich gemacht werden53. Darüber hinaus wird kritisiert, dass im Gegensatz zur Angebotsunterlage des Bieters (§ 12 WpÜG) eine eigenständige Haftungsregelung für die Stellungnahme der Verwaltung der Zielgesellschaft fehlt54.
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Schließlich wird die in § 27 Abs. 2 WpÜG enthaltene Pflicht zur Beifügung der Stellungnahme des Be- 29 triebsrats bzw. der Arbeitnehmer zum Teil als überzogen angesehen, da sie sich nicht auf Übernahmeangebote beschränke und zu überflüssigen Ablauferschwernissen führe55. Auch übertreffe der dort verankerte Arbeitnehmerschutz noch den des Umwandlungsrechts, obwohl der Schutzbedarf in Umwandlungsfällen höher sei56.
B. Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats (§ 27 Abs. 1 WpÜG) I. Pflicht zur begründeten Stellungnahme 1. Grundlagen § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verpflichtet den Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zur Stellungnahme zu dem Angebot und zu jeder seiner Änderungen. Bereits aus dem Wort „Stellungnahme“ er-
46 Kritisch zur Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Stellungnahme (aber wenig überzeugend) Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 367 ff. 47 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 426; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 18; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 2. 48 Ebenso Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 370 ff. 49 Zu Auswirkungen von Einstiegsangeboten siehe Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 65 f. 50 Zu Auswirkungen von Aufstockungsangeboten siehe Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 64 f., 112. 51 Hopt, ZGR 2002, 333, 354 f., der eine solche Verpflichtung im Wege teleologischer Interpretation schon aus der lex lata ableitet. 52 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 98 f.; Fleischer, NZG 2006, 561, 567; tendenziell auch Hopt, ZGR 2002, 333, 363 f. 53 Hopt, ZGR 2002, 333, 355; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 97; Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 372 ff. 54 Hopt, ZGR 2002, 333, 355 f. 55 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 3; kritisch zum Umfang der Arbeitnehmerrechte im WpÜG auch Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 378 ff. 56 Seibt, DB 2002, 529, 530 f.; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 3.
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§ 27 Rz. 30 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft gibt sich, dass Vorstand und Aufsichtsrat Stellung zu beziehen haben, d.h. eine Beurteilung des Angebots vornehmen müssen. Eine reine Wiedergabe von Fakten oder Auflistung von Argumenten genügt nicht. 31
Die Stellungnahme des Vorstands bzw. Aufsichtsrats hat grundsätzlich eine Handlungsempfehlung zu enthalten. Hierzu heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs, dass die Stellungnahme sowohl zustimmenden als auch ablehnenden Charakter haben kann, im Einzelfall jedoch auch eine Stellungnahme denkbar ist, die sich einer konkreten Handlungsempfehlung an die Angebotsadressaten enthält57. Zu Einzelheiten siehe unten Rz. 90 ff.
32
Aus dem der Vorschrift zu Grunde liegenden Transparenzgebot (siehe dazu Rz. 4) ergibt sich das Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit der Stellungnahme. So muss unmissverständlich erkennbar sein, ob die Annahme oder Ablehnung angeraten wird oder ob eine Handlungsempfehlung unterbleibt. Ob dieser Hinweis bereits zu Beginn der Stellungnahme erfolgt58, ist eine Geschmacksfrage. Auch ist Wiedergabe von Fakten und deren Bewertung klar zu trennen59.
33
Maßstab für die Beurteilung des Angebots durch den Vorstand und den Aufsichtsrat ist gemäß § 3 Abs. 3 WpÜG das Gesellschaftsinteresse60. Hierzu gehören nach der Begründung des Regierungsentwurfs61 nicht nur die Interessen der Aktionäre, sondern auch diejenigen der Arbeitnehmer, der Gesellschaft insgesamt und des Gemeinwohls (zum Ganzen näher § 3 WpÜG Rz. 33 ff.)62. Maßstab der Beurteilung ist aber auch das Interesse der Wertpapierinhaber am Erhalt einer angemessenen Gegenleistung (angesprochen insbesondere in § 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 4 WpÜG). Eigeninteressen der Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats bleiben unberücksichtigt63. Bei der Beurteilung stehen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat ein weiter Spielraum zu64.
34
Eine ausdrückliche Regelung, in welcher Sprache die Stellungnahme abzugeben ist, fehlt. Da die Stellungnahme jedoch das funktionale Pendant zur Angebotsunterlage darstellt (siehe oben Rz. 4), die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 WpÜG in deutscher Sprache abzufassen ist, muss Gleiches auch für die Stellungnahme gelten65. 2. Adressaten der Norm
35
Die Pflicht zur Stellungnahme trifft nach § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG den Vorstand und den Aufsichtsrat, d.h. die Verwaltungsorgane der Gesellschaft, nicht die einzelnen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder66. Zu den Auskunftspflichten der einzelnen Mitglieder über deren Absicht, als Aktionäre das Angebot anzunehmen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG), siehe unten Rz. 86.
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Die für die jeweiligen Beschlüsse der Organe geltenden Mehrheitserfordernisse richten sich nach dem AktG. Danach hat der Vorstand die Stellungnahme einstimmig zu beschließen, es sei denn, Satzung
57 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 58 Dafür Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 10. 59 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 50; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 13; vor Inkrafttreten des WpÜG für die aus dem Aktienrecht abgeleitete Stellungnahmepflicht auch schon Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 130. 60 Ebenso Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 97; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 22; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 31; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 75. 61 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35 (zu § 3 Abs. 3 WpÜG) und S. 52 (zu § 27 Abs. 1 WpÜG). 62 Wie hier Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 16; gegen diesen Interessenpluralismus Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 21. 63 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 97; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 22; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 31. 64 OLG Düsseldorf v. 16.1.2004 – I-16 W 63/03, WM 2004, 728, 732 = AG 2004, 207; vgl. auch Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 22; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 7; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 74. 65 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 81. 66 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 22; missverständlich Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 8.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 37 § 27
oder Geschäftsordnung enthalten eine hiervon abweichende Regelung (§ 77 Abs. 1 AktG)67. Für den Aufsichtsrat gilt demgegenüber das Mehrheitsprinzip (§ 108 Abs. 1 AktG, § 29 MitbestG)68. Sind einzelne Organmitglieder auf Grund von Interessenkonflikten befangen, sind diese Konflikte 37 in der Stellungnahme darzulegen (siehe unten Rz. 58). Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich diese befangenen Organmitglieder an der Beschlussfassung des Organs über die Stellungnahme beteiligen dürfen. Hiervon wird grundsätzlich allgemein ausgegangen69. Die befangenen Organmitglieder müssen ihren Interessenkonflikt in geeigneter Art und Weise zur Kenntnis geben70. Bei einem schweren Interessenkonflikt – etwa bei einem Doppelmandat bei Bieter und Zielgesellschaft – besteht ein Mitwirkungsverbot, das zum Ausschluss des Organmitglieds von Beratung und Beschlussfassung berechtigt71. Ob sich die befangenen Organmitglieder – wenn sie an der Beschlussfassung mitwirken – enthalten müssen oder dies dürfen, ist ungeklärt72. Jedenfalls ein Enthaltungsrecht ist zu bejahen73. Die BaFin hat in ihrer Verwaltungspraxis bislang die Enthaltung befangener Organmitglieder akzeptiert74. Ungeklärt ist ebenfalls, ob befangene Organmitglieder – ganz gleich, ob sie an Beratung und Beschlussfassung des Organs mitwirken oder nicht – zur Abgabe von Sondervoten berechtigt oder verpflichtet sind75. Die BaFin ist gegen die freiwillige Veröffentlichung eines Sondervotums jedenfalls nicht eingeschritten76. Konsequenz einer Enthaltung oder eines Sondervotums wäre allerdings, dass dann, wenn die Zielgesellschaft für Entscheidungen des Vorstands77 nichts anderes geregelt hat, das Einstimmigkeitsprinzip gilt und somit kein Beschluss über die Stellungnahme (bzw. bei entsprechender Abschichtung kein Beschluss über die vom Interessenkonflikt betroffenen Teile, etwa die Handlungsempfehlung) zu Stande kommt78. Mit dem Verzicht auf eine Stellungnahme wäre eine Ordnungswidrigkeit verwirklicht (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WpÜG). Mit dem Verzicht auf eine konkrete Handlungsempfehlung wäre den Wertpapierinhabern wenig geholfen; ihnen wäre eher gedient (und die ratio legis des § 27 WpÜG eher erfüllt), wenn die nicht befangenen Organmitglieder die Handlungsempfehlung des betroffenen Organs auch allein aussprechen könnten79. Die dogmatische Ableitung dieser interessengerechten Lösung ist jedoch schwierig. Eine vorsichtige Erweiterung des Rechtsgedankens des nach allgemeiner Meinung nur bei Rechtsstreit und Rechtsgeschäften mit der Gesellschaft analog angewandten § 34 BGB (Stimmverbot des befangenen Organmitglieds)80 erscheint ebenso denkbar wie eine auf dem 67 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 25; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 9; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG WpÜG Rz. 13. 68 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 9; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 17. 69 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 22; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 20; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 13; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 11; dies problematisierend jedoch Hopt, ZGR 2002, 333, 371 f.; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 31; Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 148 f. 70 Leyendecker-Langner, NZG 2016, 1213 ff. 71 E. Vetter in FS Hopt, 2010, S. 2657, 2672 ff.; Leyendecker-Langner, NZG 2016, 1213 ff.; weitergehend Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1113, 1142 f. (gegebenfalls Ruhenlassen des Organamtes für den Zeitraum der Übernahme oder sogar Amtsbeendigung). 72 Tendenziell für Enthaltung Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 20; dagegen Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 22; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 13; rechtsvergleichend Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381 (in Fn. 84). 73 Im Ergebnis ebenso für Mitglieder des Aufsichtsrats Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 31. 74 Vgl. etwa Stellungnahme des Aufsichtsrats der MAN SE zum Pflichtangebot der Volkswagen Aktiengesellschaft vom 7.6.2011, S. 4. 75 Dafür Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1113, 1142 f. 76 So beim Übernahmeangebot Adecco/DIS Deutsche Industrie Service AG (2006). 77 Bei Entscheidungen des Aufsichtsrats dürfte dies kaum praktisch werden, weil börsennotierte Aktiengesellschaften regelmäßig dem Mehrheitsprinzip folgen. 78 Vgl. auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 13; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 11. 79 Ähnlich Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 20; für den Aufsichtsrat auch Hopt, ZGR 2002, 333, 371. 80 Statt aller Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 77 AktG Rz. 38 ff.; Koch in Hüffer/Koch, § 77 AktG Rz. 8 (jeweils m.w.N.).
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§ 27 Rz. 37 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft Transparenzprinzip des § 3 Abs. 2 WpÜG basierende Durchbrechung der binnenrechtlichen Beschlusserfordernisse. 38
Umstritten ist, ob und in welcher Detailtiefe die Stellungnahmen von Vorstand und Aufsichtsrat darauf einzugehen haben, ob sie vom jeweiligen Organ einstimmig oder, wenn nach der jeweiligen Satzung oder Geschäftsordnung möglich, unter Gegenstimmen oder Enthaltungen verabschiedet worden sind (split boards). Hier streiten transparenzfreundliche kapitalmarktrechtliche Argumente gegen transparenzfeindliche gesellschaftsrechtliche Gegenargumente81. Teilweise wird eine Verpflichtung, über abweichendes Stimmverhalten zu informieren, unter Verweis auf die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten82, zu denen auch das Abstimmungsverhalten gehört83, grundsätzlich abgelehnt84. Überzeugender erscheint indes, im Wege praktischer Konkordanz sowohl das Transparenzgebot als auch die Vertraulichkeitsinteressen und -pflichten zur Geltung kommen zu lassen und den Zielkonflikt so aufzulösen, dass auf der Prinzipienebene das in § 27 WpÜG konkretisierte Transparenzgebot des § 3 Abs. 2 WpÜG den aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten vorgeht und die Vertraulichkeitsinteressen auf der nachgelagerten Ebene der Einzelausformung zur Entfaltung gelangen85. Für den Vorrang des Transparenzgebots auf der Prinzipienebene sprechen der grundsätzlich zwingende Charakter anlegerschützender Publizitätsvorschriften, die in § 27 WpÜG angelegte Regelungstendenz zur Offenlegung unterschiedlicher Sichtweisen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verlangt Stellungnahmen von Vorstand und Aufsichtsrat, § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG die Offenlegung der Annahmeabsichten der einzelnen Organmitglieder) und die vergleichsweise geringe Eingriffsintensität einer Offenlegung abweichender Einschätzungen86. Bejaht man – wie hier – eine grundsätzliche Verpflichtung zur Offenlegung, stellt sich auf der nachgelagerten Ebene der Einzelausformung die Frage, wie weit diese Transparenzpflicht reicht. Aus dem Transparenzprinzip ist abzuleiten, dass den Angebotsadressaten zumindest die Stimmverhältnisse im Vorstand und Aufsichtsrat mitgeteilt werden87, da diese Informationen für die Beurteilung der Aussagekraft der Stellungnahme von erheblicher Bedeutung sind. Darüber hinaus genießen die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten grundsätzlichen Vorrang. Demnach besteht regelmäßig keine Verpflichtung, die Namen der gegen die Mehrheit abstimmenden Organmitglieder oder die wesentlichen Streitpunkte mit ihren Argumenten offenzulegen, wenngleich eine freiwillige Veröffentlichung des Stimmverhaltens der „Meinungsführer“ und die Benennung der wesentlichen Meinungsunterschiede wünschenswert wäre88. Eine Rechtspflicht zur Veröffentlichung ausformulierter abweichender Sondervoten89 lässt sich aus dem kapitalmarktrechtlichen Transparenzprinzip ebenso wenig herleiten90 wie ein spiegelbildliches Recht eines dissentierenden Organmitglieds auf Veröffentlichung seines abweichenden Sondervotums; insoweit genießen die aktienrechtlichen Vertraulichkeitspflichten und die Pflicht zur kollegialen Zusammenarbeit91 Vorrang, sofern nicht ein ent-
81 Zum Ganzen Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 96 ff. 82 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 6, 14, 17. 83 Statt aller Koch in Hüffer/Koch, § 93 AktG Rz. 30, § 116 AktG Rz. 9 m.w.N. 84 Seibt, DB 2002, 529, 534; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 9; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 14, 17; Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 355. 85 Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 98; eine grundsätzliche Verpflichtung zur Offenlegung bejahen auch Hopt, ZGR 2002, 333, 354 f.; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 419; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 25 f.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rz. 672 ff.; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 160; tendenziell auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 11. 86 Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 98. 87 Vgl. etwa gemeinsame Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Deutsche Börse AG, S. 4. 88 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rz. 672 ff.; a.A. Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 99 (Verpflichtung zur Namhaftmachung der dissentierenden Organmitglieder und zur Benennung der maßgeblichen Streitpunkte). 89 In diese Richtung gehend Hopt, ZGR 2002, 333, 354 f.; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 419; Harbarth in Baums/ Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 25 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 21; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 160; wohl auch Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 2 Rz. 44. 90 Ebenso Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 98 ff.; ebenso und ausführlich auch Fortmann, Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten, S. 145 ff. 91 Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1113, 1138.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 42 § 27
sprechender Dispens erteilt wurde92. Wenn ein Sondervotum veröffentlicht wird, spricht das – auch in § 27 Abs. 2 WpÜG zum Ausdruck kommende – Gebot konzentrierter Anlegerinformation dafür, abweichende Minderheitsvoten zusammen mit der Stellungnahme des jeweiligen Organs in einem Dokument zu veröffentlichen93, zumindest aber der Stellungnahme als Anlage beizufügen und als ein Dokument auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Publikationsweg zu veröffentlichen. Angesichts der im Vergleich zum Vorstand erheblich geringeren Sitzungsfrequenz des Aufsichtsrats94 wird die nächste ordentliche Aufsichtsratssitzung regelmäßig nicht unmittelbar im Anschluss an die Veröffentlichung der Angebotsunterlage terminiert sein. In derartigen Fällen besteht eine Pflicht des Aufsichtsratsvorsitzenden zur Einberufung einer außerordentlichen Sitzung, damit der Aufsichtsrat seiner Stellungnahmepflicht innerhalb der Frist des § 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG nachkommen kann95.
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Eine Übertragung der Aufgabe auf einen endgültig beschließenden Ausschuss nach § 107 Abs. 3 AktG wird zu Recht als zulässig erachtet96 und ist, insbesondere sofern sich kurzfristige Einberufungen bei dem betreffenden Unternehmen als schwierig gestalten, verstärkt in Betracht zu ziehen97. Die Übertragung auf einen Ausschuss hat sich auch als von der BaFin akzeptierter Weg herausgebildet, in einem Interessenkonflikt befangene Aufsichtsratsmitglieder von der Beratung und Beschlussfassung auszuschließen, um zu verhindern, dass sich die ihre Befangenheit begründenden Interessenkonflikte in der Stellungnahme des Aufsichtsrats inhaltlich niederschlagen98.
40
Die Stellungnahme des Aufsichtsrats erlangt vor allem in den Fällen eines Management Buy-out Bedeutung, da hier Vorstand und Bieter üblicherweise gleichgerichtete Interessen haben und der Vorstand daher im Regelfall zu einer unbefangenen Stellungnahme aus Sicht der Zielgesellschaft nicht in der Lage sein wird99.
41
Vorstand und Aufsichtsrat sind nicht verpflichtet, ihre Stellungnahmen in einem Dokument gemeinsam abzugeben oder sogar eine gemeinsame Stellungnahme zu erarbeiten100. Auch eine Verpflichtung des Vorstands, seine Stellungnahme im Vorfeld mit dem Aufsichtsrat zu erörtern oder abzustimmen, besteht nicht101; der Gesetzgeber ging jedoch davon aus, dass dies in der Praxis in aller Regel angezeigt ist102. Durch die Verpflichtung – und das Recht – des Aufsichtsrats zu einer eigenen Stellungnahme ist nämlich sichergestellt, dass die Angebotsadressaten von seiner ggf. abweichenden Auffassung Kenntnis erlangen. Aus demselben Grund dürfte auch ein Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats nach § 111
42
92 Wie hier Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 113; im Ergebnis auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 22; weitere Ausnahmefälle anerkennend Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1113, 1139. 93 Für eine entsprechende Verpflichtung Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 99 f.; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 160. 94 Nach § 110 Abs. 3 Satz 1 AktG hat der Aufsichtsrat bei börsennotierten Gesellschaften zwingend zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abzuhalten. 95 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 4; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 21; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 19; Beckmann in Beckmann/Kersting/ Mielke, Übernahmerecht, C 11; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 16; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 109 f. 96 Seibt, DB 2002, 529, 531; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 21; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 16; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 32; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 110 f. 97 Ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 21. 98 Seibt, CFL 2011, 213, 236; kritisch jedenfalls bei schweren Interessenkonflikten E. Vetter in FS Hopt, 2010, S. 2657, 2672 ff., der dem Ausschluss befangener Mitglieder wegen der kapitalmarktrechtlichen Besonderheiten der Stellungnahme nach § 27 WpÜG Vorrang vor dem Erfordernis aktienrechtlicher Beschlussfähigkeit einräumt; vgl. zur Zusammensetzung des Ausschusses Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1124 f. 99 Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 14; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 18; siehe ferner Schiessl, ZGR 2003, 814, 829. 100 In der Begr. des BT-Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/7477, S. 53, wird ausdrücklich die Möglichkeit zur Abgabe getrennter Stellungnahmen erwähnt. 101 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 18; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1382 (auf Basis des DiskE). 102 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52; so auch Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1137.
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§ 27 Rz. 42 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft Abs. 4 Satz 2 AktG unzulässig sein103. Kommen Vorstand und Aufsichtsrat zu einer übereinstimmenden Bewertung des Angebots, steht ihnen jedoch frei, eine gemeinsame Stellungnahme abzugeben und hierdurch deren Gewicht zu erhöhen104. 43
Handelt es sich bei der Zielgesellschaft um eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, treten an die Stelle des Vorstands die Komplementäre der Gesellschaft105. 3. Begründungspflicht
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§ 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verlangt die Abgabe einer begründeten Stellungnahme. Entscheidend sind für den Adressaten nachvollziehbare wertende Elemente106, d.h. eine positive, negative oder in bestimmten Fällen neutrale Positionierung in Bezug auf die Aussagen des Angebots107. Inhaltsleere oder formelhafte Ausführungen, bloße Kenntnisnahme von Aussagen des Bieters oder Stellungnahmen, die eine lediglich pauschale Bewertung des Angebots vornehmen, genügen dem nicht108. Die Verpflichtung zur Begründung soll sicherstellen, dass die Angebotsadressaten über ausreichende Informationen verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können; sie ist zentral für die Verwirklichung des Transparenzgebots nach § 3 Abs. 2 WpÜG. In der Praxis ist zu beobachten, dass die Stellungnahmen in ihrer Struktur zunehmend standardisiert sind109. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass die Stellungnahme nach allgemeiner – auch hier vertretener – Ansicht auf alle relevanten Aspekte des Angebots einzugehen hat und demgemäß die Struktur der Angebotsunterlage in gewissem Umfang spiegeln muss. Trotz aller Hilfe, die die Standardisierung bieten kann, ist sorgfältig darauf zu achten, dass der Sinn und Zweck der Begründungspflicht nicht verfehlt wird110. 4. Prüfungs- und Ermittlungspflichten
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Grundlage der Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats sind insbesondere die Angaben des Bieters in der Angebotsunterlage111. In welchem Umfang die dort enthaltenen Angaben zu überprüfen sind und ob eine Verpflichtung besteht, darüber hinaus Informationen, die für die Beurteilung des Angebots von Relevanz sein können, zu beschaffen, ist umstritten112.
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Richtigerweise ist davon auszugehen, dass für den Vorstand und Aufsichtsrat bei Erstellung der Stellungnahme unverändert die allgemeinen aktienrechtlichen Anforderungen gelten. Danach hat der Vorstand die Stellungnahme mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzufertigen (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG). Somit wird man eine genaue Überprüfung der Angaben des 103 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 18; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 28; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 67 f.; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 113; a.A. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 427 (der RefE sah allerdings noch keine Stellungnahmepflicht des Aufsichtsrats vor). 104 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52; für Zulässigkeit einer gemeinsamen Stellungnahme die h.A., vgl. auch Seibt, CFL 2011, 213, 236 m.w.N. 105 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 29. 106 So schon BaFin, Jahresbericht 2003, S. 205; dies bestätigend Hippeli, BaFin-Journal 7/2014, 17, 18. 107 Hippeli, BaFin-Journal 7/2014, 17, 18; Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 853. 108 OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 196; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 98; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 30; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 2. 109 Ebenso Seibt, CFL 2011, 213, 236. 110 Noch kritischer Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 852 (Herausbildung von Standards sei nicht zu begrüßen). 111 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 112 Für eine sehr weitgehende Informationsbeschaffungspflicht Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1437 f.; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 21; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 17, 32; Schiessl, ZGR 2003, 814, 827; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 67 ff.; (teilweise sehr) restriktiv dagegen van Aubel, Vorstandspflichten, S. 64 f.; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 10 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 27; Beckmann in Beckmann/Kersting/Mielke, Übernahmerecht, C 7; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 21 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 12; zu Auswirkungen von Einstiegsangeboten siehe Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 123 ff., 126 f.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 49 § 27
Bieters in der Angebotsunterlage durch den Vorstand verlangen müssen, soweit dies in der begrenzten zur Verfügung stehenden Zeit möglich ist. Angaben, die der Vorstand in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht genau überprüfen kann, hat er wenigstens auf Plausibilität zu untersuchen. Gleiches gilt für Angaben, die kraft ihrer Natur nur einer Plausibilitätsprüfung zugänglich sind, etwa zukunftsbezogene Aussagen (siehe auch unten Rz. 75). Im Einzelfall kann sich aus § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG eine Verpflichtung des Vorstands ergeben, nicht vorliegende Informationen zu beschaffen, sofern aus seiner Sicht eine fundierte Stellungnahme ohne diese Informationen nicht möglich ist. Die letztgenannte Verpflichtung beschränkt sich jedoch nur auf kurzfristig zu beschaffende Informationen, da die Stellungnahme gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG unverzüglich abzugeben ist113. Sind für die Angebotsadressaten wichtige Informationen nicht verfügbar, hat der Vorstand in seiner Stellungnahme hierauf hinzuweisen.
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Für den Aufsichtsrat gelten die für den Vorstand vorgeschriebenen Sorgfaltsmaßstäbe des § 93 Abs. 1 48 AktG nach § 116 AktG entsprechend. Weil der Aufsichtsrat nach der eindeutigen Gesetzesvorgabe eine eigene Stellungnahme abzugeben hat, darf sich seine Stellungnahme sich nicht auf eine bloße Kontrolle der Stellungnahme des Vorstands beschränken. Außerdem bildet die Stellungnahme des Aufsichtsrats ein wichtiges Korrektiv zur Stellungnahme des Vorstands: Obwohl der Vorstand eigene Interessen außer Betracht zu lassen hat, lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass seine Stellungnahme durch derartige Motive beeinflusst wird114. Daher trifft auch den Aufsichtsrat eine Prüfungs- und ggf. Ermittlungspflicht115. Wegen seiner (gegenüber dem Vorstand beschränkten) organisatorischen Möglichkeiten dürfen die Anforderungen hieran aber nicht überspannt werden. Daher wird man den Aufsichtsrat für berechtigt halten müssen, Zugang zu den vom Vorstand ermittelten Informationen zu erhalten116. Da die Stellungnahme des Aufsichtsrats als Korrektiv zur Stellungnahme des Vorstands gedacht ist, darf sich der Aufsichtsrat allerdings nicht blind auf die vom Vorstand zur Verfügung gestellten Informationen verlassen. Eigene Ermittlungspflichten des Aufsichtsrats sind wegen der im Vergleich zum Vorstand regelmäßig beschränkten organisatorischen Möglichkeiten und wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit jedoch nur anzunehmen, wenn die vom Vorstand beschafften Informationen offensichtlich unzutreffend oder unvollständig sind117. Anders als der DiskE des Bundesministeriums der Finanzen118 sieht das WpÜG keine allgemeine 49 Pflicht der Zielgesellschaft zur Beiziehung von Sachverständigen, beispielsweise eines Wirtschaftsprüfers, einer Investmentbank oder eines Rechtsanwalts, vor. Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft sind daher grundsätzlich nicht verpflichtet, sich bei Abfassung ihrer Stellungnahmen externen Rats zu bedienen119. Im Hinblick auf das in § 3 Abs. 2 WpÜG verankerte Transparenzgebot muss anderes jedoch gelten, wenn die Verwaltung ohne entsprechenden Rat nicht in der Lage ist, ihre Pflichten nach § 27 WpÜG ordnungsgemäß zu erfüllen120. Dies gilt jedenfalls für die Stellungnahme zu einer so 113 Sich dem anschließend Fortmann, Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten, S. 159 ff. Ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 17, 32; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 12; eine Ermittlungspflicht ganz ausschließend Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 11; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 22; wohl für eine starke Ermittlungspflicht Goslar in Paschos/ Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 32. 114 Näher Schiessl, ZGR 2003, 814, 829. 115 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 Rz. 17; Schiessl, ZGR 2003, 814, 829; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 110 f. 116 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 71. 117 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 71; strenger Schiessl, ZGR 2003, 814, 829. 118 § 14 DiskE, abgedruckt bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 237, 246. 119 OLG Düsseldorf v. 16.1.2004 – I-16 W 63/03, WM 2004, 728, 732 = AG 2004, 207; Hopt, ZGR 2002, 333, 355; Möllers, ZGR 2002, 664, 685 ff.; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 97; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 12; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 53; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 33; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 7; Schiessl, ZGR 2003, 814, 828; Harbarth, ZIP 2004, 3, 9; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 72; Seibt, CFL 2011, 213, 236; Fleischer, ZIP 2011, 201, 206; Decher in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 99, 105, speziell zur Fairness Opinion S. 110; kritisch zur Streichung des § 14 DiskE in der Entstehungszeit des WpÜG Hopt in FS Koppensteiner, 2001, S. 61, 78 f. 120 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 97; Harbarth, ZIP 2004, 3, 9; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 72; Kossmann, NZG 2011, 46, 51; Fleischer, ZIP 2011, 201, 206; Goslar
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§ 27 Rz. 49 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zentralen Frage wie der Angemessenheit der Gegenleistung. Könnte sich die Verwaltung mit dem Hinweis begnügen, dass sie dies mangels sachverständiger Beratung nicht beurteilen könne, würde das gesetzgeberische Ziel, mit der Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG ein Gegengewicht zur Angebotsunterlage und damit die für eine sachgerechte Entscheidung der Wertpapierinhaber erforderliche Transparenz zu schaffen, vereitelt121. Ein bloßer Hinweis, dass eine Beurteilung der Angemessenheit mangels sachverständigen Rats nicht erfolgen kann, ist in derartigen Fällen nicht ausreichend122. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Vorstand bzw. Aufsichtsrat stets zur Beiziehung sachverständigen Rates (etwa durch Einholung einer fairness opinion123 oder einer inadequacy opinion (siehe unten Rz. 73)) verpflichtet wäre; wenn er die Angemessenheit der Gegenleistung auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beurteilen kann, kann er auf dessen Beratung selbstverständlich verzichten124. Werden Sachverständige hinzugezogen, folgt aus der Verpflichtung zur vollständigen Information (siehe unten Rz. 54), dass die wesentlichen Ergebnisse des sachverständigen Rates in der Stellungnahme mitzuteilen sind125. Demnach sind die Organe der Zielgesellschaft, die eine fairness opinion oder inadequacy opinion eingeholt haben, verpflichtet, das Ergebnis dieser opinion und deren wesentliche Grundlagen mitzuteilen. Eine Verpflichtung, den opinion letter126 des Sachverständigen als Anlage zur Stellungnahme zu veröffentlichen, besteht nicht127 – auch wenn dies in der Praxis häufig geschieht128. Erst recht besteht keine Verpflichtung129 zur Offenlegung des valuation memorandums130. Auch wenn eine Verpflichtung zur Einschaltung externen Sachverstandes nicht besteht, scheint sich die Hinzuziehung eines Sachverständigen im Zuge der allgemein erhöhten Neigung zur Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen und der Dokumentation der gefundenen Ergebnisse bei Organentscheidungen seit der Kodifizierung der sog. Business Judgment Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zu intensivieren131. Die Fairness Opinion deckt allerdings nur einen Teil der Erwägungen ab, die Vorstand und Aufsichtsrat nach § 27
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in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 33; ähnlich Schiessl, ZGR 2003, 814, 824; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 24; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 33. Zutreffend Harbarth, ZIP 2004, 3, 9; Fleischer, ZIP 2011, 201, 206; a.A. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 12; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 33. A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 33. Hierzu eingehend Schiessl, ZGR 2003, 814; Schwetzler/Aders/Salcher/Bornemann, Finanz-Betrieb 2005, 106; Lappe/Stafflage, CFL 2010, 312; Decher in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 99, 111; Fleischer, ZIP 2011, 201, 206; Cannivé/Suerbaum, AG 2011, 317. So auch OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 202. Im Ergebnis ebenso Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 420 (im Anschluss an Rule 25.1 Takeover Code); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 13; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 37 (sprechen allerdings nur von einem Können und keiner Pflicht); vgl. auch Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 33; Fleischer, ZIP 2011, 201, 210 f.; Decher in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 99, 111. Verdichtete Darstellung der Transaktion, der bereitgestellten Informationen, der angewandten Bewertungsverfahren und der abschließenden Beurteilung; vgl. Schwetzler/Aders/Salcher/Bornemann, Finanz Betrieb 2005, 106, 108. Decher in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 99, 111; Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 112; a.A. Fleischer, ZIP 2011, 201, 210; Westhoff, Fairness Opinion, S. 264, 266; sowie die Best-Practice Empfehlungen des DVFA, C.1.2.1 sowie IDW S8, Rz. 62. Aders/Schwetzler, CFB 2011, 208; Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 856 halten den praktischen Mehrwert der hinzugefügten Fairness Opinion für eher unbedeutend. Decher in Liber amicorum Martin Winter, 2011, S. 99, 111; Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 112; Lappe/Stafflage, CFL 2010, 312, 316; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 76; a.A. Fleischer, ZIP 2011, 201, 210; Westhoff, Fairness Opinion, S. 264, 267; kritisch Schüppen in FS Haarmann, 2015, S. 211, 255 (die Veröffentlichung des opinion letters ohne valuation memorandum könne irreführend sein). Ausführliche Darstellung der Transaktion, der angewandten Bewertungsverfahren und der gefundenen Ergebnisse; vgl. Schwetzler/Aders/Salcher/Bornemann, Finanz-Betrieb 2005, 106, 108. Das OLG Stuttgart sieht jedenfalls keine grobe Pflichtverletzung, wenn das valuation memorandum nicht offengelegt wird, OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 243. Statistischer Überblick bei Seibt, CFL 2011, 213, 237 sowie Fleischer in FS Hopt, 2010, S. 2753, 2755; nichtstaatliche Standardsetzer haben auf diese Zunahme mit der Veröffentlichung eigener Leitlinien reagiert, vgl. Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA), Grundsätze für Fairness Opinions, Version 2.0 vom November 2008 sowie Institut der Wirtschaftsprüfer, Standard: Grundsätze für die Erstellung von Fairness Opinions (IDW S 8); zu letzterem Graser/Klüwer/Nestler, BB 2010, 1587 ff.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 53 § 27
WpÜG anzustellen haben, und ist kein Ersatz für ihre eigenverantwortliche Würdigung der Angemessenheit der Gegenleistung132. 5. Grenzen Die Begründung des Regierungsentwurfs weist zu Recht darauf hin, dass das Recht des Vorstands und 50 seiner einzelnen Mitglieder, im Rahmen der Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG ihre Einschätzung des Angebots zu veröffentlichen, nur insoweit besteht, als sich aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen nichts anderes ergibt133. Hiernach stellt sich die Frage, ob und inwieweit Vorstand und Aufsichtsrat bei der Erfüllung ihrer Stellungnahmepflicht ihren weitreichenden Verschwiegenheitspflichten (§ 93 Abs. 1 Satz 2, § 116 AktG) unterliegen. Weil die Verletzung der Stellungnahmepflicht ordnungswidrig (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG) und die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht strafbar (§ 404 AktG; § 38 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 WpHG) ist, ist dies von erheblicher praktischer Bedeutung. Teile der Literatur haben die Verschwiegenheitspflicht als vorrangig angesehen, um das Geheimhaltungsinteresse der Zielgesellschaft zu schützen134. Nach der Gegenansicht muss es dem Stellung beziehenden Organ ausnahmsweise gestattet sein, preisrelevante Informationen im Interesse der Aktionäre zu veröffentlichen und sich insoweit über die Interessen der Gesellschaft hinwegzusetzen135. Demgegenüber erscheint es vorzugswürdig, analog § 293a AktG danach zu differenzieren, ob das Bekanntwerden der fraglichen Tatsachen geeignet ist, der Zielgesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen136. Allerdings ist das Stellung beziehende Organ nur insoweit von der Verschwiegenheitspflicht befreit, wie dies zur Befriedigung des Informationsbedarfs der Wertpapierinhaber erforderlich ist137 (zur Offenlegung abweichenden Stimmverhaltens in den Organen (split boards) siehe oben Rz. 38). Soweit die Unterlassung von Angaben Lücken der Stellungnahme zur Folge hat, ist in der Stellungnahme darauf hinzuweisen und zu begründen, welche Gründe der Offenlegung entgegenstehen138. Die Begründung braucht allerdings nicht so präzise zu sein, dass sie den befürchteten Nachteil zur Folge hätte139.
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Zusätzliche Grenzen ergeben sich ferner u.a. aus dem Verbot, Dritten auf der Grundlage der Kenntnis einer Insiderinformation die Veräußerung von Insiderpapieren zu empfehlen (§ 14 Abs. 1 Nr. 3, § 38 Abs. 1 Nr. 2, § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG), dem Verbot der Marktmanipulation (§§ 20a, 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG) und dem Verbot unrichtiger Darstellungen (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG).
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II. Inhalt der Stellungnahme 1. Grundlagen § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG verpflichtet Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zur Abgabe einer Stellungnahme „zu dem Angebot“ sowie „zu jeder seiner Änderungen“. § 27 Abs. 1 Satz 2 WpÜG 132 Schiessl, ZGR 2003, 814, 825; Westhoff, Fairness Opinion, S. 109; Fleischer, ZIP 2011, 201, 209; Kossmann, NZG 2011, 46, 53. 133 BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 134 Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157, 1159; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381, 1394; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 24. 135 Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 105. 136 Hirte/Schander in von Rosen/Seifert, Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 341, 357; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 17; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 13; unklar Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 24; anders Herrmann, Zivilrechtliche Abwehrmaßnahmen, 1993, S. 91 (Analogie zu § 131 AktG). 137 Hierzu Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 24. 138 Ähnlich auch Fortmann, Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten, S. 76, der zwischen Stellungnahme- und Verschwiegenheitspflicht vermittelnd dafür plädiert, jedenfalls einen Hinweis auf die Existenz geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen sowie eine Erklärung über deren Auswirkungen auf das Angebot aufzunehmen. 139 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 76; für § 293a AktG vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 293a AktG Rz. 33; Hüffer, 9. Aufl. 2010, § 293a AktG Rz. 20.
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§ 27 Rz. 53 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft führt eine Reihe von Gesichtspunkten an, auf die die Stellungnahme einzugehen hat. Wie der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 WpÜG („insbesondere“) sowie die Systematik und der Schutzzweck des § 27 Abs. 1 WpÜG nahelegen, erschöpft sich der obligatorische Inhalt der Stellungnahme nicht in den Angaben, die gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 WpÜG vorgeschrieben sind140. Allerdings legen Vertreter der BaFin Wert darauf, dass überbordende Ausführungen oder sogar Wiederholungen von Informationen aus der Angebotsunterlage vermieden werden; sie weisen darauf hin, dass sich Umfang und Detaillierungsgrad der Ausführungen nach dem Zweck des § 27 WpÜG – hoher Informationseffizienz – bestimmen141. 2. Angaben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG 54
Die Stellungnahme hat auf alle dem Vorstand bzw. Aufsichtsrat – nach Erfüllung etwaiger Ermittlungsund Prüfungspflichten (siehe oben Rz. 45 ff.) – bekannten Gesichtspunkte einzugehen, die aus der Perspektive der Wertpapierinhaber für die Beurteilung des Angebots, insbesondere der Angemessenheit der Gegenleistung, vernünftigerweise von Bedeutung sein können (Vollständigkeitsgebot)142. Folglich hat die Stellungnahme nicht nur auf die in der Angebotsunterlage angesprochenen Gesichtspunkte abzuheben, sondern auch die kritischen Aspekte des Angebots zu beleuchten – soweit der Vorstand und der Aufsichtsrat in der begrenzten zur Verfügung stehenden Zeit die Möglichkeit haben, diese zu erkennen143.
55
Der wichtigste Anknüpfungspunkt der Stellungnahme ist die Angebotsunterlage. Sie stellt das Angebot aus der Sicht des Bieters dar und muss die gemäß § 11 WpÜG sowie § 2 WpÜG-AngVO erforderlichen Angaben enthalten, die der Gesetzgeber als unentbehrliche Entscheidungsgrundlage der Wertpapierinhaber angesehen hat. Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben zu prüfen, ob die Angebotsunterlage diese Angaben enthält und – soweit sie dies nach Erfüllung etwaiger Ermittlungspflichten ersehen können (hierzu siehe oben Rz. 45 ff.) – ob diese Angaben zutreffend und vollständig sind144. Soweit die Angebotsunterlage Informationen enthält, die über das gemäß § 11 WpÜG und § 2 WpÜG-AngVO Erforderliche hinausgehen, haben Vorstand und Aufsichtsrat – soweit nach Erfüllung ihrer Ermittlungspflichten möglich – auch diese Informationen auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, denn auch diese Informationen können für die Entscheidung der Wertpapierinhaber von Bedeutung sein145.
56
Sind die Angaben in der Angebotsunterlage nach Auffassung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zutreffend und vollständig, braucht dies in der Stellungnahme nicht ausdrücklich angesprochen zu werden. Die in jüngerer Zeit zu beobachtende wörtliche Wiedergabe ganzer Passagen aus der Angebotsunterlage stellt sich vor diesem Hintergrund als entbehrlich dar. Können Vorstand und Aufsichtsrat dagegen ersehen, dass die Angebotsunterlage unzutreffende bzw. unvollständige Angaben enthält, haben sie in ihrer Stellungnahme darauf hinzuweisen. Soweit es ihnen nach Erfüllung ihrer Ermittlungspflichten möglich ist, haben sie unzutreffende Angaben zu berichtigen146. Ob sie lückenhafte Angaben zu vervollständigen haben, ist zweifelhaft147. Soweit die Lückenhaftigkeit geeignet ist, die Wertpapierinhaber bei ihrer Entscheidung irrezuleiten, sind Vorstand und Aufsichtsrat verpflichtet, auf die Lücken jedenfalls hinzuweisen und, soweit sie dies innerhalb der begrenzten zur Verfügung stehenden Zeit leisten können, diese Lücken zu schließen. Aus § 27 WpÜG lässt sich aber nicht
140 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 97; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 Rz. 33. 141 Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 851 f. 142 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 32; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 11; ebenso bereits Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 105; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381; siehe auch die Checklisten von Seibt in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1119, 1133; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, 2017, § 22 Rz. 21. 143 Strenger offensichtlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 11. 144 Ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 17; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 35; Harbarth, ZIP 2004, 3, 4. 145 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 17; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 35. 146 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 36. 147 Dafür Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 36.
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Krause/Pötzsch
Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 58 § 27
herleiten, dass der Gesetzgeber den Organen der Zielgesellschaft generell die Funktion des „Lückenfüllers“ für eine unvollständige Angebotsunterlage des Bieters zugewiesen hat148. Auch wenn die Angaben in der Angebotsunterlage zutreffend und vollständig sind, kann es geboten sein, auf einzelne, für die Entscheidung der Wertpapierinhaber besonders bedeutsame Gesichtspunkte näher einzugehen. Insoweit kann, je nach den Umständen des Einzelfalls, eine Stellungnahme zu der Person des Bieters und den hinter ihm stehenden (sog. wirtschaftlicher Bieter) oder mit ihm gemeinsam handelnden Personen erforderlich sein149. Zu den gemäß Satz 1 offen zu legenden Umständen gehören auch sogenannte inducement fees oder break fees150, d.h. Abreden über eine Zahlungsverpflichtung der Zielgesellschaft an den Bieter für den Fall, dass das Angebot des Bieters fehlschlägt, etwa weil ein höheres konkurrierendes Angebot abgegeben wird und die Organe der Zielgesellschaft entscheiden, die Annahme dieses konkurrierenden Angebots zu empfehlen (näher hierzu § 22 WpÜG Rz. 74 ff.). Diese Zahlungsversprechen fallen nicht unter § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG, weil diese Vorschrift nur die Veröffentlichung der Folgen des erfolgreichen Angebots verlangt.
57
Das Gesetz verlangt jedoch nicht die in Stellungnahmen gemäß § 27 WpÜG mitunter zu beobachten- 57a den Erläuterungen, welche generellen Folgen die Annahme oder Ablehnung des Angebots des Bieters für die Aktionäre der Zielgesellschaft hat. Darlegungen, wonach, wer das Angebot annimmt, von späteren Wertsteigerungen der Zielgesellschaft nicht mehr profitiert, oder umgekehrt, dass, wer Aktionär der Zielgesellschaft bleibt, nicht zwangsläufig eine erneute Ausstiegschance zu den Bedingungen des WpÜG oder zu einem ebenso hohen Preis erhält, sind gemäß § 27 WpÜG nicht erforderlich. Darüber hinaus sind Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft verpflichtet, eigene Interessen 58 und daraus resultierende Konflikte offen zu legen151. Dies umfasst von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern bereits empfangene Geldleistungen bzw. geldwerte Vorteile, zu ihren Gunsten abgegebene Anreizversprechen152, Leistungszusagen für den Fall des Kontrollwechsels aufgrund einer Übernahme (change of control-Klauseln)153 sowie Vereinbarungen des Bieters mit der Zielgesellschaft bzw. einzelnen Organmitgliedern der Zielgesellschaft über die zukünftige Gestaltung ihrer Organaufgaben154, die Teilnahme an Managementbeteiligungsprogrammen155 oder eventuelle Amtsniederlegungsvereinbarungen156. Bei Mitgliedern des Aufsichtsrats können Interessenkonflikte außerdem dann bestehen, wenn sie von einem Großaktionär entsandt sind und dieser ein Erwerbsangebot ab-
148 Wohl a.A. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 36. 149 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 36; ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 31, 44. 150 Hopt, ZGR 2002, 333, 363 f. 151 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 21; Fleischer/ Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 98; Fleischer, NZG 2006, 561, 565; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 34; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 36 f.; eingehend Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 128 ff. 152 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 15 (aber unzutreffende Einordnung als Anwendungsfall des Satzes 2 Nr. 2); Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 36; wie hier wohl auch Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 21; Fleischer, NZG 2006, 561, 565; Seibt in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 148, 181. 153 Dreher, AG 2002, 214, 220 f. (aber unzutreffende Einordnung als Anwendungsfall des Satzes 2 Nr. 2); Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 131. 154 Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 109 f. (und zwar sowohl bei der Zielgesellschaft als auch bei der Bietergruppe). 155 Kiem, AG 2009, 301, 312; Seibt, CFL 2011, 213, 236; Seibt in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 148, 181. Angaben zur zukünftigen Übernahme von Tätigkeiten beim Bieter bzw. der Bietergruppe durch Organmitglieder der Zielgesellschaft: vgl. gemeinsame Stellungnahme Vorstand und Aufsichtsrat der Medion AG vom 4.7.2011, S. 3; gemeinsame Stellungnahme Vorstand und Aufsichtsrat der Roth & Rau AG vom 16.5.2011, S. 34; Angaben zu einer späteren Teilnahme von Organmitgliedern der Zielgesellschaft an Managementbeteiligungsprogrammen: vgl. gemeinsame Stellungnahme Vorstand und Aufsichtsrat der SMARTRAC N.V. vom 14.10.2010, S. 20; gemeinsame Stellungnahme Vorstand und Aufsichtsrat der Utimaco AG vom 14.6.2010, S. 28. 156 Dazu und zur Bindungswirkung einer bloßen Niederlegungsabsicht Rieckers/Leyendecker-Langner, NZG 2013, 167, 172.
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§ 27 Rz. 58 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft gibt157. Die Interessenkonflikte sind zu erläutern. Wenn sachverständiger Rat eingeholt wurde, sind die wesentlichen Grundzüge dieses Rates mitzuteilen (siehe oben Rz. 49). Zu der Frage, ob und inwieweit unterschiedliches Stimmverhalten der Organmitglieder offenzulegen ist, siehe oben Rz. 38. 59
Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft sind nicht verpflichtet, etwa geplante Abwehrmaßnahmen in der Stellungnahme mitzuteilen158. Dies würde die „Waffengleichheit“ zwischen Bieter und Zielgesellschaft gefährden.
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Anders als etwa nach dem Takeover Code ist auch der wesentliche Inhalt der laufenden Dienstverträge der Organmitglieder in der Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG nicht offenzulegen159. Auch eine Verpflichtung, die innerhalb von zwei Jahren vor dem Beginn der Annahmefrist geschlossenen wichtigen Verträge unter Angabe ihres wesentlichen Inhalts in der Stellungnahme aufzuführen, besteht nicht160. 3. Angaben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 WpÜG a) Art und Höhe der Gegenleistung (Nr. 1)
61
Die Verpflichtung des Vorstands und Aufsichtsrats, zu Art und Höhe der Gegenleistung Stellung zu nehmen, ist der „Kern der Stellungnahme“161, denn die Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung durch die Verwaltung der Zielgesellschaft ist für die Entscheidung der Wertpapierinhaber ein besonders bedeutsamer, wenn nicht sogar häufig der entscheidende Gesichtspunkt162. aa) Art der Gegenleistung
62
Eine Stellungnahme zur Art der Gegenleistung ist jedenfalls bei Tauschangeboten veranlasst. Insbesondere bei einfachen Erwerbsangeboten, deren Gegenleistung nicht in liquiden, börsenzugelassenen Aktien bestehen muss, haben die Adressaten des Angebots ein Interesse daran, von unabhängiger Seite zu erfahren, welche Rechte die als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere einräumen und ob diese Wertpapiere innerhalb eines vertretbaren Zeitraums zu angemessenen Bedingungen veräußert werden können. Bei Übernahme- und Pflichtangeboten haben Vorstand und Aufsichtsrat dazu Stellung zu nehmen, ob die angebotenen Aktien die gemäß § 31 Abs. 2 WpÜG vorausgesetzte Liquidität163 und Börsenzulassung besitzen. Um den Wert des Angebots zu verdeutlichen, kann der Vergleich mit einer Geldleistung erforderlich sein164; hat der Bieter diesen Vergleich selbst vorgenommen, ist hierzu Stellung zu beziehen.
63
Besteht die Gegenleistung in einer Geldleistung, soll nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht auf eine Gegenleistung in Aktien einzugehen sein, wenn diese attraktiver sein kann165. Dies erscheint allerdings nur dann sachgerecht, wenn ganz ausnahmsweise konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, 157 Schiessl, ZGR 2003, 814, 833 f. 158 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 47; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 38; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 22; a.A. Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 32; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 19; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 8. 159 Vgl. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 23; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 38; Fleischer, NZG 2006, 561, 565; alle Bezug nehmend auf Dienstverträge, die noch länger als ein Jahr laufen. Für Verträge mit einer kürzeren Laufzeit gilt dies erst recht. 160 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 23. 161 Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 262. 162 Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 14/7477, S. 53; DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 426; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 14; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 96. 163 Eine Verpflichtung zur Stellungnahme insoweit bejahend Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 263; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 30; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 14; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 38; Kossmann, NZG 2011, 46, 50; nur auf die Möglichkeit zur Stellungnahme verweisend Schwennicke in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 14; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 21. 164 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 38; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 40. 165 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 38; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 40.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 66 § 27
dass eine bestimmte – naheliegende – Gegenleistung in Aktien für den typischen Aktionär der Zielgesellschaft attraktiver wäre166. Allgemeine Erwägungen dergestalt, dass für bestimmte Wertpapierinhaber der Erhalt einer Geldleistung und für andere Wertpapierinhaber der Erhalt einer Gegenleistung in Aktien vorteilhaft sein kann, können eine Verpflichtung zum Vergleich der Geldleistung mit einer Gegenleistung in Aktien nicht begründen, verbieten es dem Stellung nehmenden Organ aber auch nicht, einen derartigen Vergleich anzustellen167. bb) Höhe der Gegenleistung Die Stellungnahme zur Höhe der Gegenleistung erfordert Ausführungen und eine Aussage zu der Frage, ob Vorstand bzw. Aufsichtsrat die angebotene Gegenleistung für angemessen halten168. Vorstand und Aufsichtsrat können dies wegen ihrer Kenntnis der Geschäftsentwicklung und des Entwicklungspotenzials der Gesellschaft besonders sachkundig beurteilen. Als Wahrer fremder Interessen haben sie die Essenz ihrer Kenntnisse den Wertpapierinhabern zur Verfügung zu stellen. Spricht der Vorstand bzw. der Aufsichtsrat zugleich eine Handlungsempfehlung aus, liegt hierin keine gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG verbotene, auf die Kenntnis einer Insiderinformation gestützte Verkaufsempfehlung, weil § 27 diese Empfehlung bei zutreffender Auslegung gerade fordert und somit der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG als lex specialis vorgeht.
64
Vorstand und Aufsichtsrat können die Gegenleistung nicht bereits deswegen als angemessen bezeichnen, weil sie dem höheren der beiden Mindestpreise der § 4 bzw. §§ 5, 6 WpÜG-AngVO entspricht169. Die Einschätzung des wirklichen Werts der Aktie durch die Verwaltung spielt nämlich regelmäßig eine wichtige Rolle für die Entscheidung vieler Wertpapierinhaber über die Annahme oder Ablehnung des Angebots. Die Veröffentlichung dieser Einschätzung versetzt die Wertpapierinhaber in die Lage, in Bezug auf ein wesentliches Element des Angebots „in Kenntnis der Sachlage“ (§ 3 Abs. 2 WpÜG) zu entscheiden. Ob die Wertpapierinhaber ihre Entscheidung maßgeblich auf das Verhältnis der angebotenen Gegenleistung zum wirklichen Wert der Wertpapiere stützen170 oder ihre Entscheidung auf weiteren Kriterien fußt171, kann dahinstehen.
65
Da sich die angebotene Gegenleistung regelmäßig am aktuellen Börsenkurs der Wertpapiere der Zielgesellschaft orientieren wird, haben Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft darauf einzugehen, ob der aktuelle Börsenkurs den Wert der Zielgesellschaft angemessen reflektiert172. Zum wirklichen Wert der Zielgesellschaft werden Vorstand und Aufsichtsrat regelmäßig eine Meinung haben. Um diese Meinung abzusichern, wäre grundsätzlich eine Unternehmensbewertung durchzuführen. Da diese jedoch nach allgemein anerkannten Methoden – etwa auf der Grundlage des Ertragswerts oder des discounted cash flow (DCF) gemäß IDW-Standard – innerhalb der kurzen Frist des § 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG regelmäßig nicht zu leisten ist173, kann die Absicherung der Aussage über die Angemessenheit des Börsenkurses auch auf der Grundlage anderer praktikabler Bewertungsverfahren (etwa Multiplika-
66
166 In der Tendenz zutreffend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 38; dem folgend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 19. 167 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 40. 168 OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 198; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 39; Harbarth, ZIP 2004, 3 f.; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 41; a.A. Louven in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 14 (Bezeichnung als angemessen oder zu niedrig sei genügend). 169 Zutreffend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 41 f.; ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 39. 170 So wohl Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 41 f. 171 Insoweit kann die Chance der Realisierbarkeit des wirklichen Wertes an der Börse oder durch ein anderes Angebot genauso eine Rolle spielen wie die Aussicht, Aktionär einer konzernierten Gesellschaft zu werden, wenn damit zu rechnen ist, dass die Mehrheit der Wertpapierinhaber, die keine Chance sieht, einen besseren Wert als die angebotene Gegenleistung zu realisieren, das Angebot annimmt; vgl. Krause, Übernahmeangebot, S. 108 ff. 172 Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 37 ff.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 39. 173 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 97; Harbarth, ZIP 2004, 3, 6 f.; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 43; differenzierend bei lange bekannter Angebotsabsicht Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 66.
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§ 27 Rz. 66 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft torverfahren) oder historischer Vorerwerbspreise erfolgen174. Zu der Frage, ob die Verwaltung zur Einschaltung sachverständiger Berater verpflichtet ist, siehe oben Rz. 49. 67
Ob die Bewertung auf stand alone-Basis oder unter Berücksichtigung von Synergieeffekten durchzuführen ist, ist umstritten175. Rechtsprechung und herrschende Lehre zur Abfindung beim Unternehmensvertrag lehnen die Berücksichtigung von Synergieeffekten ab, weil der Normzweck der Regelung des § 305 AktG darin besteht, den Aktionären das Ausscheiden aus der Gesellschaft ohne wirtschaftliche Nachteile zu ermöglichen176. Die Entscheidungssituation der Adressaten eines WpÜG-Angebots ist insofern anders gelagert, als die Abfindung nicht aus Anlass des Austritts aus der abhängigen Gesellschaft nach vollzogener Strukturänderung, sondern zur Ermöglichung des Kontrollwechsels (bei Übernahmeangeboten) bzw. der Aufstockung der bereits bestehenden Kontrollbeteiligung (bei Pflichtangeboten und Erwerbsangeboten jenseits der Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG) oder zum Aufbau einer Beteiligung unterhalb der Kontrollschwelle anzubieten ist und das Erreichen dieser Ziele vom kollektiven Annahmeverhalten der Aktionäre abhängig ist. Für diese Situation erscheint es nachvollziehbar, dass die Wertpapierinhaber ein Interesse daran haben, die Höhe der Synergieeffekte zu kennen, um sich so ein Bild davon zu verschaffen, ob der Bieter ein „faires“ Angebot vorgelegt hat. Eine Rechtspflicht des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Berücksichtigung der Synergieeffekte in ihrer Stellungnahme ist im Ergebnis jedoch nicht anzunehmen, weil sie als Organe der Zielgesellschaft regelmäßig nicht in der Lage sein werden, die nach dem unternehmerischen Konzept des Bieters zu erwarteten Synergieeffekte zu beurteilen. Ob dies anders ist, wenn Vorstand und Aufsichtsrat ausnahmsweise zur Beurteilung der Synergieeffekte imstande sind, ist offen177. Eine Verpflichtung des Bieters, den Organen der Zielgesellschaft diese Beurteilung zu ermöglichen, besteht grundsätzlich nicht.
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Bei Tauschangeboten bestehen regelmäßig besondere Schwierigkeiten, weil die Verwaltung der Zielgesellschaft mangels Zeit und Zugang zur Unternehmensplanung des Bieters keine Ertragswert- bzw. DCF-Bewertung der als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere durchführen kann. Die Verwaltung darf daher – wie bei der Bewertung der Zielgesellschaft – auf andere, schneller durchführbare Verfahren (etwa Multiplikatorverfahren) zurückgreifen. Nach Möglichkeit sind die als Gegenleistung angebotenen Wertpapiere und die Wertpapiere der Zielgesellschaft nach den gleichen Methoden zu bewerten178.
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In der Stellungnahme können Vorstand und Aufsichtsrat die Gegenleistung für angemessen oder zu niedrig erklären179. Sie sind berechtigt, ihre Beurteilung auf eine vollumfängliche Prüfung der Angemessenheit der Gegenleistung zu stützen. Insbesondere sind sie nicht gezwungen, zwar vertretbaren, aber ihrer Auffassung nach unzutreffenden Einschätzungen des Bieters zu folgen, da anderenfalls die Verwaltung zur Einnahme einer Gegenposition nicht in der Lage und dies mit der Funktion der Stellungnahme als Gegenstück zur Angebotsunterlage (hierzu siehe oben Rz. 4) nicht vereinbar wäre180. Vorstand und Aufsichtsrat können also eine der Höhe nach vertretbare Gegenleistung für unangemessen erklären, wenn sich dies auf der Grundlage einer anderen, ebenfalls vertretbaren Bewertung rechtfertigen lässt.
174 Hierzu Harbarth, ZIP 2004, 3, 7 f. 175 Für Berücksichtigung von Synergien, soweit der Vorstand hierzu aufgrund ihm zugänglicher Informationen über den Bieter in der Lage ist, Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 32; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 39; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 20; dafür, aber ausdrücklich eine Pflicht verneinend Harbarth, ZIP 2004, 3, 8; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 46; grundsätzlich für stand alone-Basis und nur ausnahmsweise Berücksichtigung von leicht erkennbaren Synergieeffekten auch Fortmann, Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten, S. 104 ff. 176 BGH v. 4.3.1998 – II ZB 5/97, BGHZ 138, 136, 140 = AG 1998, 286; Koch in Hüffer/Koch, § 305 AktG Rz. 21 ff. m.w.N. 177 Für Berücksichtigung Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 46. 178 Harbarth, ZIP 2004, 3, 8 f.; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 47; eingehend zur Bewertung von Tauschangeboten Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 148 ff. Zum Parallelproblem bei der Verschmelzung BayObLG v. 18.12.2002 – 3 Z 116/00, AG 2003, 569, 570 ff.; Drygala in Lutter, § 5 UmwG Rz. 28 f. 179 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 14. Theoretisch denkbar wäre auch der Fall, dass die Verwaltung die Gegenleistung für zu hoch hält; dies dürfte aber kaum jemals praktisch werden. 180 Harbarth, ZIP 2004, 3, 9.
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Krause/Pötzsch
Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 73a § 27
Die Gegenleistung ist für angemessen zu erklären, wenn sie dem Wert der Wertpapiere entspricht 70 oder darüber hinausgeht. Der Wert der Wertpapiere ist grundsätzlich der im Rahmen der Unternehmensbewertung ermittelte Wert bzw. die ermittelte Bandbreite. Wurden verschiedene Bewertungsmethoden angewandt, sind alle Bewertungsergebnisse zu berücksichtigen181. Liegt der durch die Unternehmensbewertung ermittelte Wert erheblich über dem Börsenkurs, stellt sich die Frage, welchen dieser Werte die Verwaltung als Vergleichsmaßstab heranzuziehen hat, wenn die angebotene Gegenleistung genau zwischen diesen Werten liegt. Diese Frage gewinnt in zwei Fällen praktische Bedeutung: Wenn die Verwaltung ein „freundliches“ Angebot unterstützen und die Gegenleistung für angemes- 71 sen erklären möchte, hat sie sich zu fragen, ob sie an dem durch Unternehmensbewertung gefundenen Wert als Vergleichsmaßstab festhalten muss. Davon ausgehend, dass die Wertpapierinhaber ihre Entscheidung über die Annahme des Angebots vom Angemessenheitsvotum der Verwaltung abhängig machen, hat die Verwaltung bei ihrer Entscheidung das wohlverstandene Interesse der Wertpapierinhaber zu berücksichtigen. Würde sie die Angemessenheit der Gegenleistung wegen des Vergleichs mit dem Börsenkurs bejahen, würde sie die Wertpapierinhaber dazu veranlassen, ihre Titel zu veräußern und eine Prämie auf den Börsenkurs zu realisieren, damit aber auf die Chance, die Titel zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Preis zu veräußern, zu verzichten. Gleichwohl kann es im wohlverstandenen Interesse der Wertpapierinhaber liegen, die angebotene Prämie zu realisieren und die erhaltene Gegenleistung ggf. neu zu investieren, etwa wenn es aufgrund des Marktumfelds oder anderer Umstände auf absehbare Zeit unwahrscheinlich ist, dass sich der Börsenpreis dem durch Unternehmensbewertung ermittelten Wert annähern wird. Unter diesen Umständen wäre es nicht pflichtwidrig, wenn die Verwaltung die Gegenleistung am Börsenkurs messen und sie für angemessen erklären würde182. Demgegenüber steht die Verwaltung bei einem „feindlichen“ Angebot vor der Frage, ob sie an dem durch Unternehmensbewertung gefundenen Wert als Vergleichsmaßstab festhalten darf. Da der Börsenkurs durch die Kräfte von Angebot und Nachfrage gebildet wird und die im Rahmen des Angebots angesprochenen Aktionäre ihre Beteiligung regelmäßig an der Börse erworben haben, wird man das Abrücken vom Börsenkurs als Vergleichsmaßstab nur auf der Grundlage einer sorgfältigen Begründung für zulässig halten können. Daher muss die Verwaltung zum Entwicklungspotenzial der Zielgesellschaft Stellung beziehen183. Wenn der Börsenkurs einen durch Unternehmensbewertung gefundenen Wert seit mehreren Jahren nicht mehr erreicht hat oder in einer Baisse auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist, dass er sich dem Niveau des durch die Unternehmensbewertung gefundenen Wertes wieder annähern wird, sind besonders schwerwiegende Argumente erforderlich, um die Heranziehung des durch die Unternehmensbewertung ermittelten Wertes als Vergleichsmaßstab zu rechtfertigen184.
72
In welchem Umfang die von der Verwaltung veranlassten Bewertungen zum Inhalt der Stellungnah- 73 me gemacht werden müssen, hängt davon ab, ob das Stellung beziehende Organ die Gegenleistung für angemessen oder zu niedrig erklärt. Hält das Organ die Gegenleistung für angemessen, kann es mit einer kurzen Begründung sein Bewenden haben. Hält das Organ die Gegenleistung dagegen für zu niedrig, wird man es als verpflichtet ansehen müssen, entweder eine Anhaltsziffer für den durch die Unternehmensbewertung ermittelten Wert mitzuteilen185 oder die Unangemessenheit in anderer Art und Weise, etwa durch kritische und fundierte Auseinandersetzung mit der Höhe der Gegenleistung in der Stellungnahme und gegebenenfalls Unterfütterung der vertretenen Position durch die inadequacy opinion eines unabhängigen Sachverständigen zu belegen186. Eine Verpflichtung zur Offenlegung der Bewertungsgrundlagen besteht grundsätzlich nicht, weil das Stellung beziehende Organ durch die Offenlegung Gefahr liefe, seine Verschwiegenheitspflichten zu verletzen187. Zunehmend sind Stellungnahmen zu beobachten, wohl nach dem Vorbild der Usancen in den Vereinigten Staaten, mit denen Vorstand und Aufsichtsrat das Angebot aus strategischer Sicht begrüßen, 181 182 183 184 185 186 187
Harbarth, ZIP 2004, 3, 9. Harbarth, ZIP 2004, 3, 10. OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 200; OLG Frankfurt v. 22.3.2007 – 12 U 77/06 – juris, Rz. 47. Harbarth, ZIP 2004, 3, 9; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 48. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 49. Leyendecker/Kleinhenz, BB 2011, 2952, 2954 ff. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 14; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 49; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 138 ff.
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73a
§ 27 Rz. 73a Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft die angebotene Gegenleistung jedoch als zu niedrig ablehnen und als „Auktionator“ im Interesse der Aktionäre auf eine höhere Gegenleistung hinzuwirken versuchen188. Hier begegnet auch in Deutschland gelegentlich die aus den Vereinigten Staaten bekannte sog. inadequacy opinion, die die Gegenleistung als unangemessen („inadequate“) charakterisiert, wenn entweder der wahre Wert der Aktien der Zielgesellschaft höher ist als die vom Bieter angebotene Gegenleistung oder der Bieter bei Anlegung vernünftiger Maßstäbe in der Lage wäre, für die Aktien der Zielgesellschaft eine höhere als die angebotene Gegenleistung zu bezahlen (oder eine Transaktionsstruktur zu wählen, die für die Aktionäre höhere Transaktionssicherheit bietet, z.B. durch den Verzicht auf Bedingungen), oder ein hinreichend identifizierter Dritter bei Anlegung vernünftiger Maßstäbe für die Aktien der Zielgesellschaft eine höhere Gegenleistung zahlen könnte189. Hiernach kann – auf den ersten Blick paradox – eine vom Bieter angebotene Gegenleistung „fair“ im Sinne einer fairness opinion, aber dennoch unangemessen im Sinne einer inadequacy opinion sein. Vorstand und Aufsichtsrat haben bei der Entscheidung, ob sie eine fairness opinion oder eine inadequacy opinion in Auftrag geben, einen weiten Beurteilungsspielraum190. b) Folgen des Angebots (Nr. 2) 74
Einen der Schwerpunkte der Stellungnahme bilden – jedenfalls bei Übernahmeangeboten – regelmäßig die Ausführungen zu den voraussichtlichen Folgen eines erfolgreichen Angebots für die Zielgesellschaft, die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, die Beschäftigungsbedingungen und die Standorte der Zielgesellschaft. Für Zwecke des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG ist unter einem „erfolgreichen“ Angebot das Angebot zu verstehen, das vollzogen wird und somit dem Bieter die Möglichkeiten der Ausübung unternehmerischen Einflusses und der Durchführung von Strukturmaßnahmen einräumt, die mit der angestrebten (und ggf. durch eine Akzeptanzschwelle abgesicherten) Beteiligung zur Verfügung stehen191. Bei „feindlichen“ Angeboten wird die Verwaltung hier typischerweise die Aspekte anführen, die nach ihrer Auffassung gegen die Annahme des Angebots sprechen. Bei „freundlichen“Angeboten birgt dieser Teil der Stellungnahme die Gefahr der Schönfärberei192 (zu den haftungsrechtlichen Folgen siehe unten Rz. 140 ff., 159 ff.). Für die Wertpapierinhaber sind die Ausführungen der Verwaltung zu den Folgen des Angebots deswegen von Bedeutung, weil Hinweise auf negative Folgen eine Einschätzung der Risiken ermöglichen, die mit dem Verbleib in der vom Bieter übernommenen Zielgesellschaft verbunden wären bzw. Hinweise auf positive Folgen – etwa höhere Synergien als vom Bieter angegeben – mögliche Spielräume des Bieters zur Erhöhung seines Angebots erkennen lassen193.
75
Die Stellungnahme gemäß Nr. 2 hat sich insbesondere auf die Angaben des Bieters in der Angebotsunterlage über seine strategische Planung in Bezug auf die Zielgesellschaft zu stützen194. Die Anforderungen an die Angebotsunterlage gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG sind insoweit wesentlich konkreter als die Anforderungen an die Stellungnahme gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG; sie können daher grundsätzlich auch zur Konkretisierung des Inhalts der Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG herangezogen werden195. Weil die Verwaltung nur zu den „voraussichtlichen“ Folgen eines erfolgreichen Angebots Stellung nehmen muss, ist sie insofern nur zu einer Plausibilitätskontrolle der Angebotsunterlage verpflichtet196 (siehe hierzu auch oben Rz. 46).
188 Seibt, CFL 2011, 213, 217 f. mit Hinweisen zur US-amerikanischen sog. Revlon Auctioneering Rule, basierend auf der Entscheidung in Sachen Revlon, Inc. v. MacAndrews & Forbes Holdings, Inc. (506 A.2d 173 (Del. 1986). 189 Seibt, CFL 2011, 213, 237; Seibt in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 148, 183. 190 Seibt, CFL 2011, 213, 237; Seibt in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 148, 183. 191 Dies problematisierend Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 Rz. 22 (aber im Ergebnis unklar). 192 OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 251; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 40. 193 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 51. 194 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52; Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 853 benennen hier insbesondere vom Bieter bereits angekündigte Strukturmaßnahmen. 195 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 41. 196 OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 205; Seibt, DB 2002, 529, 534; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 25 (unter Bezugnahme auf die Angaben nach Nr. 3).
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 78 § 27
Fraglich ist, ob auch auf unveröffentlichte Zielvorstellungen des Bieters einzugehen ist, die der Ver- 76 waltung der Zielgesellschaft – etwa im Rahmen von dem Angebot vorausgehenden Verhandlungen – bekannt geworden sind. Hierfür sprechen sowohl Wortlaut als auch ratio der Vorschrift. Angesichts des zwingenden Charakters der Regelung sind auch entgegenstehende Vertraulichkeitsvereinbarungen unbeachtlich. Allerdings ist der Verwaltung der Zielgesellschaft nur zuzumuten, zu hinreichend konkreten und im Streitfall auch nachweisbaren Zielen des Bieters Stellung zu nehmen197. Seit Inkrafttreten des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7.8.2006198 sind in die Angebotsunterlage gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 auch Angaben zur strategischen Planung in Bezug auf die Geschäftstätigkeit des Bieters aufzunehmen, soweit diese von dem Angebot betroffen ist (näher § 11 WpÜG Rz. 111 ff.). Eine mit § 11 WpÜG korrespondierende explizite Verpflichtung zur Stellungnahme zur strategischen Planung des Bieters ist in § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG nicht vorgesehen (und war durch die Übernahmerichtlinie auch nicht veranlasst). Allerdings haben nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WpÜG Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft auch zu den vom Bieter mit dem Angebot verfolgten Zielen Stellung zu nehmen, was regelmäßig auf die Geschäftstätigkeit des Bieters und seine strategische Planung abzielen dürfte (siehe auch unten Rz. 82).
76a
aa) Zielgesellschaft Im Rahmen der Stellungnahme zu den voraussichtlichen Folgen für die Zielgesellschaft haben Vorstand bzw. Aufsichtsrat darzulegen, weswegen der Erfolg des Angebots nach ihrer Einschätzung Vorteile oder Nachteile für die Zielgesellschaft und ihre Aktionäre mit sich bringen wird. Die Stellungnahme hat insoweit auf alle relevanten Gesichtspunkte einzugehen, die in der Angebotsunterlage angesprochen worden sind. Sie hat weitere Gesichtspunkte anzusprechen, wenn anderenfalls ein unzutreffendes Bild des Angebots vermittelt würde199. Insoweit kann es geboten sein, auf gesellschaftsrechtliche oder kartellrechtliche Schwierigkeiten, erforderlich werdende Änderungen der Kapitalstruktur (z.B. eine drohende hohe Verschuldung des Bieters als Folge der Übernahmefinanzierung) oder besondere Umstände oder Hindernisse im Marktumfeld hinzuweisen200. Wenn diese Auswirkungen nicht bei der Zielgesellschaft, sondern bei wichtigen Tochtergesellschaften eintreten, ist auch darauf einzugehen. Schließlich gehört zur Stellungnahme zu den Folgen des erfolgreichen Angebots auch eine Erklärung zu der Frage, ob die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats beabsichtigen, ihre Ämter fortzuführen, wenn das Angebot erfolgreich ist201.
77
Hat der Bieter in der Angebotsunterlage geäußert, dass er einen Unternehmensvertrag abzuschließen, eine Umwandlungsmaßnahme durchzuführen, die Börsennotierung einzustellen oder den Squeezeout der Minderheitsaktionäre durchzuführen beabsichtigt, müssen Vorstand und Aufsichtsrat hierzu Stellung nehmen202. Es steht ihnen frei, ob sie der Darstellung der Angebotsunterlage folgen oder eine eigene zusammenhängende Darstellung der von ihnen erwarteten bzw. bei erfolgreichem Angebot für notwendig gehaltenen Maßnahmen und deren Auswirkungen auf die Zielgesellschaft geben wollen. Eine Verpflichtung, über alle nur denkbaren Handlungsalternativen zu spekulieren, besteht jedoch nicht203.
78
197 198 199 200 201
Zum Ganzen Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 16. BGBl. I 2006, 1426; siehe hierzu Einl. Rz. 60 ff. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42 f. Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 37 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 49. Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 728; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 43; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 53; a.A. Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 19 (pflichtgemäßes Ermessen, ob hierzu Stellung genommen wird). 202 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 53. 203 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 17; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 53.
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§ 27 Rz. 79 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft bb) Arbeitnehmer 79
Die Verpflichtung, in der Stellungnahme auf die Folgen eines erfolgreichen Angebots für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, die Beschäftigungsbedingungen und die Standorte der Zielgesellschaft einzugehen, soll die Verwaltung dazu anhalten, eine mögliche Beeinträchtigung der Arbeitnehmerinteressen nach Vollzug des Angebots zu erkennen und diese im Wege praktischer Konkordanz auszugleichen204. Da Vorstand und Aufsichtsrat auf das Gesellschaftsinteresse mit dem oben (Rz. 33) beschriebenen Inhalt verpflichtet sind, dürfen sie, auch wenn sie das Angebot ablehnen, nicht einseitig Partei für die Arbeitnehmer ergreifen, sondern müssen zumindest auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der vom Bieter geplanten Maßnahmen und ihre Bedeutung für die Gesellschaft und die Aktionäre berücksichtigen205.
80
Folgen für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, die Beschäftigungsbedingungen und die Standorte der Zielgesellschaft können eintreten, wenn der Bieter den Verkauf einzelner Geschäftssparten, die Verlagerung einzelner Betriebe, die Aufgabe bestimmter Standorte oder Personalabbau angekündigt hat oder derartige Schritte zu erwarten sind. In diesen Fällen kann die Verwaltung der Zielgesellschaft verpflichtet sein, zum Fortbestand der betriebsverfassungsrechtlichen Organe und der unternehmerischen Mitbestimmung nach Abschluss der Umstrukturierung206, zur Geltung von Tarifverträgen207, zu den Auswirkungen der geplanten Personalmaßnahmen208 oder den individualarbeitsrechtlichen Folgen für die Arbeitnehmer oder bestimmte Arbeitnehmergruppen209 Stellung zu beziehen. Anders als bei den umwandlungsrechtlichen Informationspflichten210 ist im Rahmen des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG auch auf die bloß mittelbaren Folgen des erfolgreichen Angebots für die Arbeitnehmer einzugehen – anderenfalls hätte die Vorschrift praktisch kaum einen Anwendungsbereich211.
81
Die Stellungnahme des Vorstands bzw. Aufsichtsrats zu den voraussichtlichen Folgen des Angebots entfaltet keine Bindungswirkung gegenüber den Arbeitnehmern oder dem Betriebsrat, da sie allein der Information der Wertpapierinhaber dient. Folglich können weder Arbeitnehmer noch Betriebsrat unter Verweis auf die Stellungnahme verhindern, dass von der Angebotsunterlage oder anderen Äußerungen der Verwaltung abweichende Maßnahmen getroffen werden212. c) Vom Bieter verfolgte Ziele (Nr. 3)
82
Vorstand und Aufsichtsrat haben weiterhin zu den vom Bieter verfolgten Zielen Stellung zu nehmen213. Diese Ziele sind eng verknüpft mit den Folgen des Angebots, zu denen bereits gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG Stellung zu nehmen ist. Während jedoch mit den Folgen die Auswirkungen auf der Ebene der Zielgesellschaft gemeint sind, zielt die Stellungnahme zu den Zielen auf die Ebene des Bieters ab. In der Praxis erfolgt die Stellungnahme zu beiden Punkten jedoch oft in einem gemeinsamen Kapitel214. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass beide Punkte klar voneinander abgegrenzt 204 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 17. 205 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 17; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 43. 206 Seibt, DB 2002, 529, 530; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 39; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 43; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 27. 207 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 17; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 54. 208 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 17; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 27; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 54. 209 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 39. 210 Seibt, DB 2002, 529, 533; zur – umstrittenen – Parallelproblematik bei Umwandlungen siehe Simon in Semler/Stengel, § 5 UmwG Rz. 64 ff. 211 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 Rz. 43; siehe ferner Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 118 ff. zur Abgrenzung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Folgen. 212 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 17; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 55. 213 Entgegen Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 26, besteht diese Pflicht nicht nur bei feindlichen Übernahmen. 214 Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 108.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 84 § 27
sind, um Ungenauigkeiten und Bewertungslücken zu vermeiden215. An dieser Stelle ist also dazu Stellung zu nehmen, ob der Bieter das Angebot wie in der Angebotsunterlage dargestellt umsetzen kann, ob konzern- oder kartellrechtliche Hindernisse entgegenstehen und ob vom Bieter angestrebte Synergieeffekte realisierbar erscheinen. Ist der Bieter eine Zweckgesellschaft (special purpose vehicle), ist auf die Ziele der hinter diesem Vehikel stehenden Personen einzugehen216. Im Normalfall ist der Bieter nicht verpflichtet, die erklärten Ziele auch umzusetzen. Ein einklagbarer Anspruch kann sich aber ergeben, wenn sich der Bieter in einem Business Combination Agreement gegenüber der Zielgesellschaft zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet hat217. d) Annahme des Angebots durch Organmitglieder (Nr. 4) Schließlich müssen die Mitglieder des Vorstands bzw. Aufsichtsrats, die Inhaber von Wertpapieren der 83 Zielgesellschaft sind, mitteilen, ob sie beabsichtigen, das Angebot anzunehmen. Für die Wertpapierinhaber ist dies eine wichtige Information, weil die Organmitglieder in der Regel einen Wissensvorsprung über die Verhältnisse der Zielgesellschaft genießen und die Wertpapierinhaber aus dem Transaktionsverhalten der Organmitglieder Rückschlüsse auf die Attraktivität des Angebots218 und die Glaubwürdigkeit der Stellungnahme219 ziehen können220. Unterschiedliche Absichten einzelner Organmitglieder können darauf schließen lassen, dass man das Angebot unterschiedlich bewerten kann221. Nichtsdestotrotz handelt es sich hierbei nur um ein Indiz, andere Annahme- oder Ablehnungsgründe sind nicht auszuschließen222. Vor Inkrafttreten des WpÜG war eine Mitteilungspflicht über das beabsichtigte Annahmeverhalten auf der Grundlage des Aktienrechts verneint worden223. Der Verpflichtung zur Offenlegung des beabsichtigten Annahmeverhaltens liegen ähnliche Erwägungen zugrunde wie der Verpflichtung zur Offenlegung von Eigengeschäften von Führungskräften gemäß Art. 19 MarktmissbrauchsVO224. Vereinzelt angemeldete verfassungsrechtliche Bedenken wegen der Beeinträchtigung der Privatsphäre der Organmitglieder erscheinen vor diesem Hintergrund nicht stichhaltig225, zumal auch das Geheimhaltungsinteresse der Organmitglieder börsennotierter Gesellschaften durch ihre herausgehobene Stellung relativiert wird226. Die Mitteilungspflicht gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG differenziert nicht nach der Größe der Beteiligung, erstreckt sich also auch auf Kleinstbeteiligungen227. Sind Organmitglieder an der Zielgesellschaft mittelbar beteiligt, ist eine Mitteilungspflicht dann anzunehmen, wenn das betroffene Organmitglied die zwischengeschaltete Vermögensverwaltungsgesellschaft kontrolliert und somit zur An215 Von einer verbundenen Darstellung ganz abratend Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 854; a.A. Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 50; für die meisten Fälle empfehlend Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 47. 216 Zum Ganzen Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 44; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 56. 217 Dazu und zum in der Praxis mittlerweile häufiger verwendeten Business Combination Agreement Kiesewetter/ Kreymborg, CFL 2013, 105, 108 f. 218 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 19; Beckmann in Beckmann/Kersting/Mielke, Übernahmerecht, Rz. C 9. 219 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 45. 220 Die Regelung ausdrücklich begrüßend daher Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381 f.; kritisch dagegen Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 18. 221 Zinser, ZRP 2001, 363, 365 f.; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 58; Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 96. Unterschiedliches Annahmeverhalten kann aber auch auf unterschiedliche Interessen der Organmitglieder zurückgehen. 222 Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 109 f.; in Bezug auf § 15a WpHG a.F. Krämer/Kiesewetter, BB 2012, 1679, 1685. 223 Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 130; Hopt, ZGR 1993, 534, 557; a.A. Immenga, SAG 1975, 89, 94. 224 Sethe/Hellgardt in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Art. 19 MAR Rz. 8 ff.; Zimmer/Osterloh in Schwark/ Zimmer, § 15a WpHG Rz. 8 ff. 225 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 45; Fleischer, NZG 2006, 561, 568; a.A. Witte, BB 2000, 2161, 2164; Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1439. 226 Fleischer, NZG 2006, 561, 568. 227 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 59.
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§ 27 Rz. 84 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft nahme des Angebots veranlassen kann228. Für die Aussagekraft der Mitteilung spielt es nämlich keine Rolle, ob die Beteiligung unmittelbar oder mittelbar gehalten wird. Gleiches muss gelten, wenn das mittelbar beteiligte Organmitglied beabsichtigt, die Anteile der Vermögensverwaltungsgesellschaft an den Bieter zu veräußern. Auf diesem Weg kann zwar das Angebot nicht angenommen werden; jedoch kommt wegen der Aussagekraft dieses Annahmeverhaltens eine analoge Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG in Betracht. Die Pflichten des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG erstrecken sich jedoch nicht auf Organmitgliedern nahestehende Personen229. 85
Soweit sich Organmitglieder gleich entscheiden, d.h. übereinstimmend Aktien der Zielgesellschaft halten und diese Aktien ganz oder zu einem übereinstimmenden Anteil abgeben wollen, kann die Mitteilung der Annahmeabsicht einheitlich erfolgen230. Wollen einige Organmitglieder das Angebot annehmen und andere nicht oder zu einem abweichendem prozentualen Anteil, ist dies in der Stellungnahme unter namentlicher Nennung mitzuteilen. Für die Wertpapierinhaber kann es von erheblichem Interesse sein zu wissen, welche Organmitglieder die Annahme und welche die Ablehnung favorisieren231. An diesem Interesse ändert sich durch die zusätzlich bestehende Mitteilungspflicht der Organmitglieder gemäß Art. 19 MarktmissbrauchsVO nichts, weil diese Mitteilung den Markt u.U. erst nach Abschluss des Angebots erreicht und damit keinen Anhaltspunkt für die Entscheidung über das Angebot bietet. Die Mitteilungspflicht erfasst allerdings nur die Annahmeabsicht, nicht die Zahl der von den jeweiligen Organmitgliedern gehaltenen Wertpapiere232, wobei die BaFin mittlerweile auch in solchen Fällen eine individualisierte Aufstellung der jeweiligen Beteiligung verlangt233. Beabsichtigen einzelne Organmitglieder, das Angebot nur teilweise anzunehmen, ist mitzuteilen, mit welchem prozentualen Anteil sie die Annahme und mit welchem die Ablehnung beabsichtigen234. Wäre nur mitzuteilen, dass das betroffene Organmitglied teilweise annehmen und teilweise ablehnen will, könnte die Aussagekraft der Mitteilung durch eine abweichende Entscheidung hinsichtlich weniger Wertpapiere verfälscht und der Zweck der Mitteilungspflicht unterlaufen werden235. Sind Organmitglieder bei Abgabe ihrer Stellungnahme noch unentschlossen, ob sie das Angebot annehmen sollen, ist dies in die Stellungnahme aufzunehmen236. Eine Verpflichtung, sich in die eine oder andere Richtung festzulegen bzw. sich ohne entsprechende Absicht in die eine oder andere Richtung zu erklären, lässt sich aus dem Gesetz nämlich nicht herleiten. Soweit Organmitglieder keine Wertpapiere der Zielgesellschaft besitzen, ist dies ebenfalls mitzuteilen, da anderenfalls die Aussagekraft einer Mitteilung über die Annahme- oder Ablehnungsabsicht anderer Organmitglieder beeinträchtigt sein könnte237.
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Die einzelnen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sind verpflichtet, ihre jeweiligen Annahme- oder Ablehnungsabsichten der Gesellschaft mitzuteilen. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG setzt voraus, dass die Organmitglieder der Gesellschaft Mitwirkungspflichten in dem Umfang schulden, wie das Stellung beziehende Organ die fraglichen Informationen zur pflichtgemäßen Berichterstattung über die jeweiligen Annahme- oder Ablehnungsabsichten benötigt; anderenfalls liefe die Vorschrift leer238.
228 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42; Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 48; dies nur bei einem Anteil von 100 % an der Tochtergesellschaft eindeutig bejahend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 59. 229 Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 48; Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 854; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 87; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 46; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 12. 230 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 46. 231 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 60; Fleischer, NZG 2006, 561, 565; so jetzt auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 46, ebenso Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42. 232 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 19; Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 47; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 46; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 17. 233 Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 109. 234 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 61; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 46; ebenso Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 42. 235 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 61. 236 Eingehend Harbarth in Baums/Thoma,/Verse § 27 WpÜG Rz. 63. 237 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 46; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 60. 238 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1382.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 91 § 27
Gegenstand der Mitteilung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG sind Absichten. Da sich Absichten 87 ändern können, erwächst aus ihrer Kundgabe in der Stellungnahme keine Verpflichtung, das Angebot entsprechend dieser Kundgabe anzunehmen oder abzulehnen239. Wenn allerdings ein Organmitglied seine Absicht ändert, ist dies auf dem in § 27 Abs. 3 WpÜG vorgesehenen Weg zu veröffentlichen240 (zur Aktualisierungspflicht siehe unten Rz. 95 ff.). Der Grund liegt darin, dass das Wissen um das Annahmeverhalten der Verwaltungsmitglieder für die Wertpapierinhaber von erheblicher Bedeutung ist und sie daher zeitnah über den status quo informiert sein müssen. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn Vorstand und Aufsichtsrat bis zu einer Änderung des Angebots zuwarten dürften241. Auch die Absichten von Organmitgliedern, die sich in einem Interessenkonflikt befinden, sind gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG zu veröffentlichen242. Gründe, die dagegen sprechen, sind nicht ersichtlich, da der Interessenkonflikt ohnehin offen zu legen und zu erläutern ist (siehe oben Rz. 58).
88
Im Einzelfall können die Stellung beziehenden Organe zur Erläuterung der Angaben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG verpflichtet sein. Dies kann etwa in Betracht kommen, wenn die betreffende Angabe erkennbar das Risiko birgt, dass die Wertpapierinhaber unzutreffende Schlüsse aus ihr ziehen. Offenlegungsbedürftig wäre etwa der Fall, dass ein Organmitglied das Angebot allein deswegen nicht annehmen will, weil er einer lock up-Verpflichtung unterliegt, er also aus rechtlichen Gründen an der Annahme gehindert ist243.
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4. Handlungsempfehlung Die Stellungnahme des Vorstands bzw. Aufsichtsrats hat grundsätzlich eine Handlungsempfehlung zu enthalten (siehe oben Rz. 31). Im Einzelfall ist jedoch auch eine Stellungnahme denkbar, die sich einer konkreten Handlungsempfehlung enthält244. Dies erscheint allerdings nur im Ausnahmefall zulässig, etwa bei einem argumentativen Patt245 oder bei Interessenkonflikten. Hier wird man von Vorstand und Aufsichtsrat gleichwohl verlangen müssen, dass sie (wie sogleich dargestellt) die Argumente für und gegen eine Annahme in der Stellungnahme darlegen. Ob sie darüber hinaus begründen müssen, warum sie sich zur Abgabe einer Empfehlung außerstande sehen246, ist zweifelhaft. Regelmäßig dürfte aus den übrigen Angaben in der Stellungnahme hinreichend deutlich werden, weswegen von einer Handlungsempfehlung abgesehen wird.
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Um die Handlungsempfehlung herauszuarbeiten, haben Vorstand und Aufsichtsrat die Vor- und Nachteile des Angebots nach sachlicher Bedeutung zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. In der Stellungnahme sind die Gründe anzuführen, die den Vorstand bzw. den Aufsichtsrat zu seiner Empfehlung veranlasst haben247.
91
239 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 20; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 48; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 18; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 28; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 62; wohl a.A. Hippeli/Klepsch, WM 2016, 1205 ff. (Bindungswirkung nicht auszuschließen, wenn die Stellungnahme hinsichtlich der Annahmeabsicht keinen Änderungsvorbehalt enthält). 240 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 62; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 210; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 86; jetzt auch Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 43; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 47 (Mitteilungspflicht nur wenn Änderung der Annahmeabsicht wesentlich); noch anders (keine Mitteilungspflicht) Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 20; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 18; Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 353, 375 ff. (keine Mitteilungspflicht de lege lata, aber Gesetzesänderung wünschenswert); Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 132 (keine Mitteilungspflicht). 241 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 43 (aber ohne Begründung); jetzt auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 47; a.A. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 20. 242 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 65. 243 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 66. 244 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 245 So treffend Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 99. 246 Dafür Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 99; Harbarth, ZIP 2004, 3, 10. 247 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 99; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 83; eine Liste der in der Vergangenheit vorgebrachten Ablehnungsgründe findet sich bei Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 106.
Krause/Pötzsch
717
§ 27 Rz. 92 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft 92
Da die Stellungnahme den Wertpapierinhabern eine Entscheidungshilfe liefern soll, stellt sich die Frage, ob sich Vorstand und Aufsichtsrat bei ihrer Handlungsempfehlung ausschließlich an den Interessen der Wertpapierinhaber orientieren dürfen oder ob – in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 3 WpÜG und allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätzen – auch insoweit die Interessen der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zu berücksichtigen sind. Die Anordnung des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG, dass die Stellungnahme auch auf die Folgen des Angebots für die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft eingehen muss, und die Begründung des Regierungsentwurfs248 legen nahe, dass sich die Handlungsempfehlung nicht allein an den Interessen der Wertpapierinhaber orientieren darf249. Aber auch eine ausschließliche Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer wäre unzulässig250. Um einer Irreführung der Wertpapierinhaber vorzubeugen, ist in der Stellungnahme herauszustellen, ob andere Interessen als die der Wertpapierinhaber für die Handlungsempfehlung ausschlaggebend waren251. Grundsätzlich besteht aber keine Verpflichtung zur Neutralität252.
III. Änderung des Angebots 93
Wird das Angebot geändert, haben sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat zu dem geänderten Angebot erneut Stellung zu nehmen. Die teilweise vertretene Auffassung, eine erneute Stellungnahme des Aufsichtsrats im Falle einer Änderung sei nur dann erforderlich, wenn einzelne seiner Mitglieder nach Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden ihre Absicht über Annahme oder Ablehnung des Angebots geändert haben oder wenn ein nicht unwesentlicher Teil der Mitglieder des Aufsichtsrats seine Beurteilung des Angebots geändert hat253, ist angesichts des Wortlauts und des Schutzzwecks des § 27 WpÜG abzulehnen254. Vor dem Hintergrund der Möglichkeit, die Pflicht zur Stellungnahme auf einen Ausschuss zu delegieren (siehe oben Rz. 40), und angesichts der vorhandenen technischen Möglichkeiten einer kurzfristigen Abstimmung (Telefon- oder Videokonferenz, vgl. § 108 Abs. 4 AktG) besteht im Übrigen auch kein Bedürfnis für ein Abweichen von der gesetzlichen Vorgabe255.
94
Die Pflicht zur Stellungnahme beschränkt sich grundsätzlich auf die Änderungen des Angebots256. Sofern diese Änderungen Folgewirkungen auf andere Bereiche des Angebots entfalten oder zu einer anderen Gesamtbeurteilung des Angebots führen, ist hierauf in der Stellungnahme ebenfalls einzugehen257. Gleichermaßen hat die Stellungnahme auch solche Gesichtspunkte zu behandeln, die von der Änderung des Angebots nicht berührt sind, deren Beurteilung sich aber seit der letzten veröffentlichten Stellungnahme geändert hat258. Gleiches muss gelten, wenn sich der zu Grunde liegende Sachverhalt geändert hat.
248 BT-Drucks. 14/7024, S. 52. 249 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 85; a.A. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 38. 250 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 17; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 43. 251 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 85. 252 OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18, Rz. 205. 253 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 4; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 23. 254 Eingehend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 89; ablehnend auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 25; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 10; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 114. 255 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 25; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 10; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 16, 21; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 89. 256 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 23; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 52; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 25; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 21; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 88. 257 Wie hier Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 23; a.A. wohl Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 52; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 21. 258 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 23; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 88; a.A. offenbar Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 52.
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Krause/Pötzsch
Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 98 § 27
IV. Aktualisierung Vorstand und Aufsichtsrat sind zur Berichtigung ihrer Stellungnahme verpflichtet, wenn die in der Stellungnahme enthaltenen Angaben bei Abgabe der Stellungnahme unzutreffend oder unvollständig waren. Die vorsätzliche oder leichtfertige Veröffentlichung einer nicht richtigen oder nicht vollständigen Stellungnahme ist eine Ordnungswidrigkeit (siehe unten Rz. 135). Die Berichtigungspflicht folgt aus dem vorausgegangenen pflichtwidrigen Tun259 und wird in der Praxis von der BaFin auch eingefordert260.
95
Werden die in der Stellungnahmen enthaltenen, ursprünglich zutreffenden und vollständigen Angaben nachträglich (d.h. wegen einer Änderung des Sachverhalts nach Abgabe der Stellungnahme und vor Ablauf der Annahmefrist) unzutreffend oder unvollständig, ist umstritten, ob dies eine Pflicht zur unverzüglichen Aktualisierung der Stellungnahme auslöst261 oder ob eine Pflicht zur Aktualisierung erst dann entsteht, wenn der Bieter sein Angebot i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG geändert hat und nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erneut Stellung zu nehmen ist262. Ob Vorstand und Aufsichtsrat zur Aktualisierung ihrer Stellungnahme verpflichtet sind, ist im Gesetz nicht angesprochen. Dies ist allerdings nicht als bewusster gesetzgeberischer Wille anzusehen; auch die Pflicht zur Aktualisierung der Angebotsunterlage (hierzu § 12 WpÜG Rz. 31 f.) ist nicht im Gesetz angesprochen. Die Ad hoc-Publizitätspflicht der Zielgesellschaft gemäß § 15 WpHG kann diese Lücke nicht schließen, da nicht alle Änderungen des Sachverhalts, die die Stellungnahme nachträglich fehlerhaft machen, geeignet sein werden, den Börsenkurs der Zielgesellschaft während der Annahmefrist erheblich zu beeinflussen.
96
Auch wenn man die Haftung des Vorstands bzw. Aufsichtsrats für eine fehlerhafte Stellungnahme 97 analog § 12 WpÜG ablehnt (zur Haftung siehe unten Rz. 143), sprechen die besseren Gründe dafür, eine bis zum Ende der Annahmefrist bestehende Pflicht zur Aktualisierung der Stellungnahme im Hinblick auf die gemäß § 27 Abs. 1 WpÜG aufzunehmenden Angaben anzunehmen, soweit diese von wesentlicher Bedeutung sind. Die ratio legis des § 27 WpÜG besteht darin, den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft eine zutreffende und vollständige Stellungnahme der Organe der Zielgesellschaft zugänglich zu machen, um ihnen eine Entscheidung „in Kenntnis der Sachlage“ (§ 3 Abs. 2 WpÜG) zu ermöglichen. Diesen Zweck kann nur eine aktuelle, nicht durch veränderte Umstände überholte Stellungnahme erfüllen263. Außerdem bildet die Stellungnahme das Pendant zur Angebotsunterlage. Wenn der Bieter verpflichtet ist, die in der Angebotsunterlage enthaltenen Angaben von wesentlicher Bedeutung bis zum Ende der Annahmefrist zu aktualisieren (hierzu § 12 WpÜG Rz. 31 f.), kann für die Stellungnahme der Verwaltung nichts anderes gelten: Wäre die Angebotsunterlage zu aktualisieren, die Stellungnahme hingegen nicht, liefen die Wertpapierinhaber Gefahr, ihre jeweilige Entscheidung auf der Grundlage einseitiger Information und somit nicht „in Kenntnis der Sachlage“ (§ 3 Abs. 2 WpÜG) zu treffen264. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin besteht keine Verpflichtung zur Aktualisierung der Stellungnahme, wenn sich die Gegenleistung aufgrund eines Parallelerwerbs nach § 31 Abs. 4 WpÜG erhöht oder ein konkurrierendes Angebot nach § 22 WpÜG veröffentlicht wird265. Es fehle bei § 27 Abs. 1 WpÜG an einer ausdrücklichen Aktualisierungspflicht, wie sie bei anderen kapitalmarktrechtlichen Normen wie zum Beispiel § 27a Abs. 1 Satz 2 WpHG a.F. (jetzt § 43 Abs. 1 Satz 2 WpHG) oder § 16 Abs. 1 WpPG zu finden ist266.
97a
Dass Wertpapierinhaber, die das Angebot vor der Veröffentlichung der aktualisierten Stellungnahme angenommen haben, sich nicht auf die aktualisierte Stellungnahme hätten stützen können, spricht
98
259 Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 206; Möllers, ZGR 2002, 664, 674. 260 Hasselbach, BB 2015, 1033, 1038. 261 Dafür Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 69; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 90 ff.; so jetzt auch Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 56. 262 So Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 110 f. unter Verweis auf die BaFin-Praxis. 263 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 91; zur Angebotsunterlage Möllers, ZGR 2002, 664, 675. 264 Zustimmend Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 210. 265 Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 110. 266 Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 110 f.
Krause/Pötzsch
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§ 27 Rz. 98 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft nicht gegen die Aktualisierungspflicht. Die ratio legis des § 27 WpÜG besteht nämlich darin, dass die Wertpapierinhaber, die sich noch nicht entschieden haben, sich auf eine zutreffende und vollständige Stellungnahme stützen können267. Nicht ohne Grund entscheiden sich daher insbesondere die institutionellen Anleger erst kurz vor dem Ende der Annahmefrist, ob sie das Angebot annehmen oder nicht. Auch das Analogieverbot im Ordnungswidrigkeitenrecht steht der Aktualisierungspflicht nicht entgegen. Allerdings kann die Unterlassung der Aktualisierung mangels ausdrücklicher Regelung nicht ordnungswidrig sein; das Analogieverbot zwingt somit zu einer „gespaltenen Auslegung“ der Vorschrift (siehe auch Rz. 138). 99
Zu einer Aktualisierung zwingen nur Änderungen der für die Entscheidung der Wertpapierinhaber wesentlichen Umstände. Die Wesentlichkeit ist unproblematisch zu bejahen, wenn der Vorstand bzw. Aufsichtsrat seine Einschätzung der Angemessenheit der Gegenleistung ändert (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpÜG) oder eine andere Handlungsempfehlung ausspricht. Wegen der Signalwirkung für die Wertpapierinhaber ist auch die Änderung der Annahmeabsicht eines Organmitglieds zu den wesentlichen Änderungen zu rechnen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpÜG). Ob eine Änderung des Sachverhalts hinsichtlich der Folgen des erfolgreichen Angebots für die Zielgesellschaft und ihre Arbeitnehmer (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG) oder hinsichtlich der Ziele des Bieters (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WpÜG) für die Entscheidung der Wertpapierinhaber von wesentlicher Bedeutung ist, ist eine Frage des Einzelfalls268.
100
Zur Aktualisierung ist nur das Organ verpflichtet, dessen Stellungnahme unzutreffend bzw. unvollständig ist.
101
Die aktualisierte Stellungnahme ist gemäß § 27 Abs. 3 WpÜG zu veröffentlichen. Die Aktualisierung kann sich auf die wesentlichen Umstände beschränken, in Bezug auf die die ursprüngliche Stellungnahme nicht mehr zutreffend bzw. nicht mehr vollständig ist. Ob es zur Vermeidung der Irreführung der Wertpapierinhaber erforderlich ist, die ursprüngliche Stellungnahme vollständig durch eine aktualisierte Stellungnahme zu ersetzen ist, ist eine Frage des Einzelfalls.
102
Vorstand und Aufsichtsrat sind auch dann zur Abgabe einer erneuten Stellungnahme berechtigt, wenn die ursprüngliche Stellungnahme weder unzutreffend noch unvollständig ist. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn die in der ursprünglichen Stellungnahme enthaltenen Ausführungen ergänzt werden sollen. Denkbar ist aber auch, dass eine in der ursprünglichen Stellungnahme enthaltene vertretbare Einschätzung durch eine andere vertretbare Einschätzung ersetzt werden soll269.
102a
Bei einer Aktualisierung wegen Änderung des Angebots gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ist es zulässig, auf die ursprüngliche Stellungnahme Bezug zu nehmen und lediglich die Änderungen darzustellen, wenn dieses Verfahren die Lesbarkeit der Änderungsstellungnahme im konkreten Fall nicht über Gebühr beeinträchtigt. Ändert sich die Angebotsunterlage mehrfach, kann theoretisch eine Änderungsstellungnahme mehrere Änderungen der Angebotsunterlage abdecken. In der Praxis wird dabei jedoch zu berücksichtigen sein, dass Vorstand und Aufsichtsrat auf jede Änderung unverzüglich zu reagieren haben und die geänderte Stellungnahme, die auf mehrere Änderungen reagiert, für die zeitlich erste Änderung der Angebotsunterlage meist nicht mehr unverzüglich sein dürfte.
V. Konkurrierende Angebote 103
Bei konkurrierenden Angeboten haben Vorstand und Aufsichtsrat nicht nur zu dem ursprünglichen, sondern auch zu dem konkurrierenden Angebot Stellung zu nehmen. Dabei ist in der Stellungnahme auch darauf einzugehen, welches der Angebote aus Sicht der Verwaltung vorzugswürdig ist270. Der
267 268 269 270
720
Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 93. Ebenso Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 210 f. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 95; wohl a.A. Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 855. Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1380; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 26; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 15; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 96; a.A. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 16 („eine Pflicht zur Handlungsempfehlung besteht nicht.“).
Krause/Pötzsch
Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 107 § 27
Verwaltung steht es jedoch auch frei, sämtliche Angebote abzulehnen271. Zu weiteren Aspekten konkurrierender Angebote siehe § 22 WpÜG Rz. 67 ff.
C. Stellungnahme des Betriebsrats oder der Arbeitnehmer (§ 27 Abs. 2 WpÜG) I. Allgemeines § 27 Abs. 2 WpÜG verpflichtet den Vorstand, eine ihm vom zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, von den Arbeitnehmern übermittelte Stellungnahme zu dem Angebot seiner eigenen Stellungnahme beizufügen. Unberührt hiervon bleibt die Verpflichtung, seine eigene Stellungnahme unverzüglich nach Übermittlung der Angebotsunterlage bzw. deren Änderungen zu veröffentlichen. Eine Beifügungspflicht für den Aufsichtsrat besteht nicht. Die Regelung bezweckt, dass die Angebotsadressaten nicht nur über die Haltung der Verwaltung, sondern auch der Arbeitnehmerschaft informiert werden272; sie verbreitert daher deren Informationsbasis273. Zugleich ermöglicht sie den Arbeitnehmern, an herausgehobener Stelle ihre Position zu dem Angebot, insbesondere zu ggf. geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Zielgesellschaft, zu veröffentlichen.
104
Aus § 27 WpÜG folgt ein Recht, nicht aber eine Pflicht der Arbeitnehmerseite zur Stellungnahme274. Eine Frist zur Abgabe der Stellungnahme sieht das Gesetz ebenfalls nicht vor. Jedoch sollte die Stellungnahme schon im eigenen Interesse der Arbeitnehmerseite dem Vorstand rechtzeitig angekündigt und zügig übermittelt werden, um zu vermeiden, dass diese dem Vorstand erst nach Veröffentlichung seiner Stellungnahme zugeht, da der Kapitalmarkt diesem Dokument erhebliche Aufmerksamkeit beimisst. Näher zum Verfahren und zur Verpflichtung zu einer nachträglichen Veröffentlichung siehe unten Rz. 122 f.
105
Die Stellungnahme der Arbeitnehmerseite ist dem Vorstand so zu übermitteln, dass ihm ermöglicht wird, die Stellungnahme seiner eigenen beizufügen. Eine nur mündliche Erklärung wird dem nicht gerecht, zumal der Vorstand die Stellungnahme ohne eine inhaltliche Änderung beizufügen hat (siehe unten Rz. 116); die Stellungnahme hat daher schriftlich275, per E-Mail oder Telefax276 zu erfolgen. In jedem Fall muss der Absender der Stellungnahme zweifelsfrei zu erkennen sein277.
106
Im Gegensatz zur Stellungnahme des Vorstands enthält das Gesetz keine Vorgaben hinsichtlich des Inhalts der Stellungnahme der Arbeitnehmerseite. Aus der systematischen Stellung des § 27 Abs. 2 WpÜG ergibt sich, dass die für den Vorstand geltenden Vorgaben des § 27 Abs. 1 WpÜG auch nicht entsprechend anzuwenden sind278. Als Mindestvoraussetzung wird man allerdings zu fordern haben, dass die Stellungnahme sich mit dem konkreten Angebot des Bieters auseinandersetzt279. Wie die Stellungnahme der Verwaltung ist die Stellungnahme der Arbeitnehmerseite nicht auf die Beurteilung der vom Bieter in der Angebotsunterlage gemachten Angaben beschränkt, sondern kann auch auf nicht vom Bieter erwähnte Gesichtspunkte eingehen (zu den inhaltlichen Grenzen der Stellungnahme siehe
107
271 272 273 274
275 276 277 278 279
Zutreffend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 97. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. In der Praxis kommt ihr allerdings nur geringe Bedeutung zu; vgl. Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 851. Wie hier Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 93; für Pflicht zur Stellungnahme, sofern ein Betriebsrat besteht und die Mehrheit der Beschäftigten des Zielgesellschaft eine eindeutige Position zu dem Angebot bezieht, dagegen Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 131 ff.; im Gesetz findet diese Auffassung jedoch keine Stütze. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 26; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 67; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 54; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 30. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 54; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 30; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 109. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 26; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 67; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 54. Abw. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 57; wie hier dagegen Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 105. Ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 27; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 33; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 105.
Krause/Pötzsch
721
§ 27 Rz. 107 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft unten Rz. 117 f.). Die Stellungnahme kann sowohl zustimmenden als auch ablehnenden Charakter haben; da keine Pflicht zur Stellungnahme besteht, ist theoretisch auch eine Enthaltung denkbar280. Eine Verpflichtung zur Abstimmung mit den Stellungnahmen des Vorstands oder Aufsichtsrats besteht nicht. 108
Wie die Verwaltung kann sich auch der Betriebsrat bei Abfassung seiner Stellungnahme von externen Sachverständigen beraten lassen281; Entsprechendes gilt für die Arbeitnehmer282. Ein Kostenerstattungsanspruch steht dem Betriebsrat dann zu, wenn die betriebsverfassungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind283. Erforderlich ist danach eine vorherige Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Gesellschaft (§ 80 Abs. 3, § 40 Abs. 1 BetrVG) und die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit284. Für die Arbeitnehmer besteht mangels Anspruchsgrundlage kein Kostenerstattungsanspruch285.
109
Besteht zwischen Vorstand (sowie ggf. Aufsichtsrat) und Arbeitnehmerseite Einigkeit über die Bewertung des Angebots, ist auch die Abgabe einer gemeinsamen Stellungnahme zulässig286.
110
Fraglich ist, ob ein Recht der Arbeitnehmerseite zur (erneuten) Stellungnahme und eine hiermit korrespondierende Pflicht des Vorstands zur Beifügung auch bei Änderungen des Angebots besteht. Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 WpÜG ist dies nicht der Fall, da dort im Gegensatz zu § 27 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nur auf das Angebot, nicht jedoch auf Änderungen des Angebots Bezug genommen wird. Die ratio der Vorschrift, die für die Angebotsadressaten eine möglichst breite Informationsbasis schaffen will, spricht jedoch für eine analoge Anwendung der Vorschrift in derartigen Fällen, d.h. ein solches Recht der Arbeitnehmerseite und eine hiermit korrespondierende Verpflichtung des Vorstands287. Dass nach § 21 WpÜG nur Änderungen zulässig sind, die aus Sicht der Angebotsadressaten zu einer Verbesserung des Angebots führen, steht dem nicht entgegen, da die Interessen der Angebotsadressaten und der Arbeitnehmerseite nicht zwingend identisch sein müssen – und dies häufig auch nicht sind.
II. Stellungnahme des Betriebsrats 111
Die Bestimmung des zuständigen Betriebsrats folgt den gleichen Grundsätzen, die für die Pflicht zur Unterrichtung über die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) und die Übermittlung der Angebotsunterlage (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG) gelten288. Zuständig kann je nach Sachlage der Betriebsrat, der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat sein (näher § 10 WpÜG Rz. 74 f.).
280 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 281 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 29; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 58; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 33; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 107. 282 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 61; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 108. 283 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 29; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 58; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 29; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 107; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 138 f. 284 BAG v. 26.2.1992 – 7 ABR 51/90, NZA 1993, 86, 88; zum Ganzen näher Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 29. 285 Im Ergebnis ebenso (aber kritisch) Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 142 f. 286 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 42; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 24, 52; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 145. 287 Ebenso Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 115; tendenziell auch Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 145 f. (Recht zur Stellungnahme, sofern Änderungen Auswirkungen auf Arbeitnehmerbelange haben); a.A. grundsätzlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 55 (erneutes Stellungnahmerecht nur in Ausnahmefällen); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 31. 288 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 40 (zu § 10 WpÜG), S. 45 (zu § 14 WpÜG) und S. 52 (zu § 27 WpÜG).
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Krause/Pötzsch
Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 114 § 27
Erhält der Vorstand die Stellungnahme eines unzuständigen Betriebsrats, besteht nach der gesetzlichen Vorgabe keine Verpflichtung zur Beifügung289. Dies gilt auch dann, wenn der zuständige Betriebsrat keine Stellungnahme abgibt290. Ist die Stellungnahme ersichtlich auf ein Versehen bei der Bestimmung der Zuständigkeit zurückzuführen, sollte der Vorstand den betreffenden Betriebsrat über dessen Unzuständigkeit informieren.
112
III. Stellungnahme der Arbeitnehmer Besteht bei der Zielgesellschaft kein Betriebsrat291, haben die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft gemäß 113 § 27 Abs. 2 WpÜG unmittelbar ein Recht zur Stellungnahme. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass immer dann, wenn ein Betriebsrat besteht, der Vorstand nicht zur Beifügung von Stellungnahmen der Arbeitnehmer oder anderer Organe der Betriebs- oder Unternehmensverfassung292 verpflichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat keine Stellungnahme abgegeben hat293. Werden dem Vorstand nicht nur eine, sondern mehrere, ggf. zahlreiche Stellungnahmen der Arbeit- 114 nehmer bzw. einzelner Arbeitnehmergruppen übermittelt, stellt sich die Frage, ob der Vorstand sämtliche Stellungnahmen beifügen muss. Teilweise wird dies bejaht bzw. wird empfohlen, alle Stellungnahmen beizufügen – jedenfalls bis zu einer gerichtlichen Klärung der Frage294. Der Wortlaut des § 27 Abs. 2 WpÜG („übermitteln … die Arbeitnehmer … eine Stellungnahme“) und der der Vorschrift zu Grunde liegende Transparenzgedanke sprechen jedoch gegen eine Verpflichtung des Vorstands, alle Stellungnahmen der Arbeitnehmer beizufügen: den Angebotsadressaten ist nämlich nicht damit geholfen, mit zahlreichen unabgestimmten Stellungnahmen einzelner Arbeitnehmer konfrontiert zu werden. Auch praktische Erwägungen sprechen gegen eine Pflicht zur Beifügung aller Stellungnahmen, da die einzelnen Stellungnahmen kaum gleichzeitig beim Vorstand eingehen werden. Es liegt daher nahe, von den Arbeitnehmern eine Koordination ihrer Stellungnahmen – etwa im Rahmen einer Betriebsversammlung295 – zu verlangen296. Gelingt dies nicht und gehen dem Vorstand mehrere (u.U. widersprechende) Stellungnahmen einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen zu, spricht viel dafür, dass der Vorstand keine dieser Stellungnahmen beizufügen hat297. Allerdings sollte der Vorstand, sofern die Anzahl der Stellungnahmen dies organisatorisch möglich macht, die jeweiligen Absender auf das Erfordernis einer Koordination ihrer Stellungnahmen hinweisen.
289 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 56; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 30; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 101; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 25; für den Fall der zusätzlichen Stellungnahme eines unzuständigen Betriebsrats auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 32. 290 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 56; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 101. 291 Europäischer Betriebsrat und Sprecherausschuss gelten nicht als Betriebsrat i.S.d. § 27 Abs. 2 WpÜG; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 94; a.A. Wackerbarth in MüchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 10, Rz. 75a, Rz. 32. 292 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 25. 293 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 56; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 101. 294 Haouache in Heidel, § 27 WpÜG Rz. 7; für die Veröffentlichung grundsätzlich aller eingegangenen Stellungnahmen Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 25; differenzierend nach der Anzahl der Stellungnahmen Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 102. 295 So der Vorschlag von Seibt, DB 2002, 529, 535. 296 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 59 f.; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 35; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 31; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 139 ff. 297 Im Ergebnis ebenso Seibt, DB 2002, 529, 535; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 59; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 35; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 31; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 30; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 34.
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§ 27 Rz. 115 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft 115
Die Arbeitnehmer sind nicht berechtigt, ihre Stellungnahme während der Arbeitszeit zu erstellen; ein (arbeits- oder übernahmerechtlicher) Anspruch auf Freistellung besteht nicht298.
IV. Beifügungspflicht 1. Grundsatz und Ausnahmen 116
Im Gegensatz zum DiskE, der vom Vorstand nur die Aufnahme der „Position“ des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer in seine Stellungnahme verlangte (siehe oben Rz. 7), ist der Vorstand nach der Gesetz gewordenen Fassung verpflichtet, die betreffende Stellungnahme seiner eigenen Stellungnahme „beizufügen“. Hieraus – sowie aus dem Transparenzgebot – folgt, dass inhaltliche Veränderungen an der Stellungnahme wie z.B. Kürzungen, Ergänzungen oder Zusammenfassungen grundsätzlich unzulässig sind299. Auch eine Kommentierung der Stellungnahme ist grundsätzlich unzulässig300. Dies hindert den Vorstand jedoch nicht daran, sich in seiner eigenen Stellungnahme mit den Argumenten des Betriebsrats auseinanderzusetzen301.
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Über die Grenzen der Pflicht zur (unveränderten und unkommentierten) Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer besteht Streit. Teilweise wird angenommen, eine Pflicht zur Beifügung entfalle bereits dann, wenn die Stellungnahme in Bezug auf das Angebot bedeutungslos sei302. Dem ist zu widersprechen, da die Beurteilung der Relevanz der Stellungnahme – schon aus Rechtssicherheitsgründen303 – nicht dem Vorstand, sondern den Adressaten der Stellungnahme, d.h. den Wertpapierinhabern, überlassen bleiben sollte. Auch ein Heranziehen der Kriterien des § 126 Abs. 2 AktG304, bei deren Vorliegen Gegenanträge im Vorfeld einer Hauptversammlung den anderen Aktionären nicht zugänglich gemacht werden müssen, ist (mit Ausnahme der in der nachfolgenden Rz. dargestellten Fälle) abzulehnen, da der „Kampf der Argumente“ durch Stellungnahmen insbesondere bei Übernahmeangeboten nicht mit dem (relativ) sachlichen Rahmen einer Hauptversammlung vergleichbar ist305.
118
Generell wird man dem Vorstand nur in engen Grenzen ein Prüfungsrecht und eine Möglichkeit der Zurückweisung einräumen können, da die Verantwortung für die Stellungnahme auch bei einer Beifügung ausschließlich bei deren Erstellern, dem Betriebsrat bzw. den Arbeitnehmern, verbleibt. So kommt eine Zurückweisung dann in Betracht, wenn die Stellungnahme sich überhaupt nicht mit dem konkreten Angebot auseinandersetzt (sondern beispielsweise ausschließlich allgemeinpolitische Äußerungen enthält), da § 27 Abs. 2 WpÜG nur zur Weiterleitung einer „Stellungnahme zu dem Angebot“ verpflichtet; enthält die Stellungnahme dagegen auch nur teilweise sachliche Bezüge zu dem Angebot, ist sie in ihrer Gesamtheit zu veröffentlichen306. Keine Pflicht zur Beifügung besteht ferner dann, wenn der Vorstand sich durch die Beifügung selbst strafbar machen würde307. Unzumutbar wird die Beifügung schließlich sein, wenn die Stellungnahme selbst einen strafbaren Inhalt (z.B. Beleidigungen) auf298 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 32; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 61; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 25; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 108; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 143. 299 Grobys, NZA 2002, 1, 5 f.; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 33; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 32; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 23; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 36; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 111. 300 Grobys, NZA 2002, 1, 6; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 33; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 32; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 23. 301 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 33. 302 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 34; Seibt, DB 2002, 529, 534 („völlig unbedeutend“). 303 Ebenso Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 358. 304 Hierfür Grobys, NZA 2002, 1, 6; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 34; Seibt, DB 2002, 529, 534; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 25. 305 Zutreffend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62; dem folgend Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 33 f.; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 150; ablehnend auch Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 357 f. 306 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 111. 307 Seibt, DB 2002, 529, 534.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 122 § 27
weist308 oder etwa in der Stellungnahme Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft verraten werden309. Enthält die Stellungnahme des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer offensichtlich falsche Angaben, besteht zwar eine Pflicht zur Beifügung, jedoch wird man hier dem Vorstand ausnahmsweise zur Wahrnehmung der Interessen der Zielgesellschaft die Möglichkeit zur Richtigstellung – und damit zur Kommentierung – einräumen müssen310. Im Falle einer gemeinsamen Stellungnahme von Vorstand (ggf. Aufsichtsrat) und Betriebsrat bzw. Arbeitnehmern (hierzu oben Rz. 109) ist die Verpflichtung zur Beifügung mangels gesonderter Stellungnahme der Arbeitnehmerschaft gegenstandslos.
119
2. Form Der Vorstand hat die Stellungnahme der Arbeitnehmerseite seiner eigenen Stellungnahme „beizufügen“. Dieser Verpflichtung kann der Vorstand nachkommen, indem er beide Stellungnahmen in einem Dokument zusammenfasst311. Hierbei ist deutlich zu machen, dass es sich um zwei verschiedene Stellungnahmen handelt312. Es genügt, dass die Stellungnahme des Betriebsrats der Stellungnahme des Vorstands als Anlage beigefügt wird313.
120
Möglich ist jedoch auch, die Stellungnahme des Vorstands und die der Arbeitnehmerseite in zwei gesonderten Dokumenten niederzulegen314. In diesem Fall sind allerdings beide Dokumente gemeinsam gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG nach den in § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG genannten Vorgaben (Internetpublizität sowie Bundesanzeiger oder Schalterpublizität, näher § 14 WpÜG Rz. 34 ff., 37 ff.) zu veröffentlichen. Eine Differenzierung bei den Veröffentlichungsformen (Bundesanzeiger hinsichtlich der Stellungnahme des Vorstands, Schalterpublizität bzgl. der Stellungnahme der Arbeitnehmerseite) ist danach nicht zulässig315.
121
3. Frist und Verfahren Nach § 27 Abs. 2 WpÜG lässt die Verpflichtung zur Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats oder der Arbeitnehmer die Verpflichtung des Vorstands unberührt, seine eigene Stellungnahme gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG unverzüglich zu veröffentlichen. Eine Verpflichtung des Vorstands, mit der Abgabe seiner Stellungnahme bis zur Übermittlung der Stellungnahme der Arbeitnehmerseite zu warten, besteht daher nicht316. Eine andere Betrachtungsweise ist nur bei Umgehungssachverhalten angezeigt, bei denen die Übermittlung der Stellungnahme durch die Arbeitnehmerschaft bereits angekündigt wurde und kurzfristig bevorsteht317. In der Praxis wird es für den Vorstand der Zielgesellschaft regelmäßig angezeigt sein, bereits bei Übermittlung der Angebotsunterlage des Bieters nach § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG Kontakt mit dem zuständigen Betriebsrat bzw. den Arbeitnehmern
308 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 34; Seibt, DB 2002, 529, 534; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 73; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 34; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62. 309 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 34. 310 Ebenso Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 21, 33; für Korrekturpflicht Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 150; a.A. Seibt, DB 2002, 529, 534 (keine Pflicht zur Beifügung). 311 Weitergehend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62 (dementsprechende Verpflichtung). 312 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62. 313 Kiesewetter/Kreymborg, CFL 2013, 105, 114. 314 Ebenso Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 112; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 102; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 62. 315 Ebenso jetzt auch Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 36; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 71; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 36; differenzierend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 112, deren Argumentation, die auf den Umfang der Stellungnahme der Arbeitnehmeseite abstellt, nach der Umstellung des Bundesanzeigers auf das elektronische Format jedoch gegenstandslos geworden ist. 316 Seibt, DB 2002, 529, 534; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 64; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 113. 317 Ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 64.
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122
§ 27 Rz. 122 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft aufzunehmen, um zu klären, ob und wann eine Stellungnahme der Arbeitnehmerseite zu erwarten ist318. 123
Geht dem Vorstand die Stellungnahme erst nach Veröffentlichung seiner eigenen Stellungnahme zu, ist umstritten, ob der Vorstand jedenfalls bis zum Ablauf der Annahmefrist nach § 16 Abs. 1 WpÜG zu einer nachträglichen Veröffentlichung der Stellungnahme der Arbeitnehmerschaft verpflichtet ist319. Aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 WpÜG oder der Begründung des Regierungsentwurfs lässt sich eine Verpflichtung zur nachträglichen Veröffentlichung nicht entnehmen; die in der Vorschrift angeordnete Pflicht zur Beifügung setzt vielmehr begrifflich voraus, dass der Vorstand seine Stellungnahme noch nicht veröffentlicht hat. Nicht zu verkennen ist allerdings, dass das der Norm zu Grunde liegende Transparenzgebot für eine nachträgliche Veröffentlichungspflicht spricht, sofern die Stellungnahme noch rechtzeitig vor Ablauf der Annahmefrist eingeht, da auf diese Weise eine möglichst breite Informationsbasis für die Angebotsadressaten geschaffen wird. Hierfür spricht zudem, dass anderenfalls das Recht auf Beifügung allzu sehr zur Disposition des Vorstands stünde. Im Ergebnis ist daher eine nachträgliche Veröffentlichungspflicht analog § 27 Abs. 2 WpÜG zu bejahen, die auf dieselbe Weise zu erfolgen hat, auf die auch die Stellungnahme des Vorstands veröffentlicht wurde. Zu der hiermit verbundenen „gespaltenen Auslegung“ siehe unten Rz. 138.
D. Verfahrensvorschriften (§ 27 Abs. 3 WpÜG) I. Veröffentlichung (§ 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) 124
§ 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG verpflichtet den Vorstand und den Aufsichtsrat zur unverzüglichen Veröffentlichung ihrer Stellungnahme zu dem Angebot und zu dessen Änderungen. Für den Vorstand beginnt die Frist mit der Übermittlung der Angebotsunterlage an ihn durch den Bieter gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG. Eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zur Übermittlung an den Aufsichtsrat fehlt. Aus § 90 Abs. 1 Satz 3 AktG, der eine unverzüglich zu erfüllende320 Berichtspflicht aus wichtigem Anlass vorsieht, lässt sich jedoch eine Übermittlungspflicht des Vorstands an den Aufsichtsratsvorsitzenden ableiten321, dem seinerseits die Übermittlung an die übrigen Aufsichtsratsmitglieder obliegt.
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Die Stellungnahmen des Vorstands und Aufsichtsrats sind „unverzüglich“, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB), gerechnet ab Übermittlung der Angebotsunterlage durch den Bieter gemäß § 14 Abs. 4 WpÜG, zu veröffentlichen. Die allgemein angenommene Regelobergrenze von zwei Wochen322 erscheint hier angemessen323 und wird auch von der Rechtsprechung herangezogen324. In seltenen Fäl318 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 319 Bejahend Grobys, NZA 2002, 1, 6; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 38 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 65; Thiel in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 54 Rz. 34; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 113 f.; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 152 ff., 155 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 61; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 103; so jetzt auch Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 74; sowie Noack/Holzborn in Schwark/ Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 28; verneinend DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 427; Seibt, DB 2002, 529, 534 f.; Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 359; Fortmann, Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten, S. 126 ff.; widersprüchlich Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 36. 320 Vgl. nur Koch in Hüffer/Koch, § 90 AktG Rz. 9; Spindler in MünchKomm. AktG, § 90 AktG Rz. 31 f. 321 Abw. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 67, der eine Übermittlungspflicht aus einer erweiterten Auslegung des § 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG herleitet. 322 Vgl. Ellenberger in Palandt, § 121 BGB Rz. 3. 323 Krause, NJW 2002, 705, 711; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 421; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 77; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 67; Harbarth, ZIP 2004, 3, 6; Harbarth in Baums/Thoma/ Verse, § 27 WpÜG Rz. 121; Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 105; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 43; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, Rz. 60.164; a.A. Seibt, DB 2002, 529, 534; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 Rz. 38 (Mindestfrist von zwei Wochen); Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 40 (Differenzierung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat). 324 OLG Frankfurt a.M. v. 8.12.2005 – WpÜG-OWi 1/05, ZIP 2006, 428, 429 = AG 2006, 207 (im entschiedenen Fall Veröffentlichung nach 16 Tagen nicht mehr unverzüglich).
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 126 § 27
len und bei Vorliegen ganz besonderer Umstände und Erschwernisse kann jedoch auch eine Stellungnahme nach Ablauf von zwei Wochen noch unverzüglich sein325. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Stellungnahme um Anmerkungen der BaFin ergänzt werden muss, soweit die ursprüngliche Stellungnahme keine groben Fehler enthielt326. In Betracht kommen hier etwa besonders komplexe Sachverhalte oder die Notwendigkeit zur Einschaltung externen Sachverstands (hierzu oben Rz. 49)327. Umgekehrt kann das für das gesamte Übernahmeverfahren geltende Beschleunigungsgebot des § 3 Abs. 4 WpÜG bei einfach gelagerten Sachverhalten auch dazu führen, dass nur die Veröffentlichung binnen einer kürzeren Zeitspanne noch unverzüglich ist, denn ausschlaggebend sind die Umstände des Einzelfalls328. In jedem Fall müssen die Stellungnahmen so rechtzeitig vor Ablauf der Annahmefrist veröffentlicht werden, dass die Angebotsadressaten diese noch in angemessener Zeit in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen können329. Insoweit besteht eine gewisse Wechselwirkung mit der Dauer der Annahmefrist330. Dabei gilt auch für den Aufsichtsrat, dass die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung der Stellungnahme mit der Übermittlung der Angebotsunterlage durch den Bieter an den Vorstand der Zielgesellschaft gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 WpÜG beginnt. Auf die Weiterleitung durch den Vorstand an den Aufsichtsrat kommt es nicht an; eine zögerliche interne Weiterleitung vermag den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft nicht zu entlasten331, zumal hier Beweisschwierigkeiten zu befürchten sind. Auf die Grundlage der Übermittlungspflicht des Vorstands an den Aufsichtsrat im Aktien- (§ 90 Abs. 1 Satz 3 AktG) oder Kapitalmarktrecht (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG analog) kommt es dabei spätestens seit der Umsetzung der Übernahmerichtlinie ins nationale Recht nicht mehr an. Denn § 10 WpÜG sieht nun die Veröffentlichung der Angebotsunterlage im Internet vor. Sie kann und wird in der Praxis vom Bieter häufig elektronisch an die Zielgesellschaft übermittelt. Damit ist eine gleichtägige Weiterleitung durch den Vorstand an den Aufsichtsrat unproblematisch möglich. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs332 und der herrschenden Auffassung333 kann die Stel- 126 lungnahme auch gleichzeitig mit der Angebotsunterlage veröffentlicht werden. Dies ist insbesondere bei freundlichen Übernahmen denkbar, wenn Verhandlungen zwischen dem Bieter und der Zielgesellschaft vorausgegangen sind und Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft die Angebotsunterlage schon im Vorfeld einsehen konnten334. Eine Verpflichtung, bei früherer Einsichtnahme entsprechend früher Stellung nehmen zu müssen, besteht jedoch nicht; die Stellungnahmefrist wird nur durch die Weiterleitung der finalen, von der BaFin zur Veröffentlichung freigegebenen Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 4 WpÜG in Gang gesetzt. Wenn sich der Vorstand entscheidet, seine Stellungnahme gleichzeitig mit der Angebotsunterlage zu veröffentlichen, bedeutet dies nicht, dass das Recht des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer auf Beifügung ihrer Stellungnahme nach § 27 Abs. 2 WpÜG verkürzt würde, da den Vorstand in diesem Fall eine nachträgliche Veröffentlichungspflicht trifft (siehe oben Rz. 123). Allerdings ist nach der Praxis der BaFin und einer in der Literatur vertretenen Auffassung335 eine nicht nur zeitgleiche, sondern gemeinsame Veröffentlichung der Stellungnahme mit der Angebotsunterlage in einem Dokument unzulässig. Für diese Auffassung spricht, dass hier aus Sicht der An325 OLG Frankfurt a.M. v. 8.12.2005 – WpÜG-OWi 1/05, ZIP 2006, 428, 429 = AG 2006, 207, 208; Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 362, hält maximal eine Frist von drei Wochen für vertretbar. 326 Hasselbach, BB 2015, 1033, 1038. 327 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 67. 328 OLG Frankfurt a.M. v. 8.12.2005 – WpÜG-OWi 1/05, ZIP 2006, 428, 429 = AG 2006, 207, 208. 329 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 43; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 67. 330 Vgl. Krause, NJW 2004, 3681, 3683. 331 So auch Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 856; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 67; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 121; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 77; Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 108; differenzierend zwischen Vorstand und Aufsichtsrat Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 27 WpÜG Rz. 38, 40. 332 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 333 Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 62; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 44; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 38; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 27; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 122; Rasner, Pflichten der Zielgesellschaft, S. 363 f. 334 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 122. 335 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 24; Seydel in KölnKomm. WpÜG, § 11 WpÜG Rz. 80; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 120.
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§ 27 Rz. 126 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft gebotsadressaten Bieter und Zielgesellschaft kaum mehr als unterschiedliche Beteiligte wahrgenommen werden und eine allzu starke Beeinflussung im Hinblick auf eine Annahme des Angebots die Folge sein kann. 127
Die Form der Veröffentlichung der Stellungnahmen richtet sich nach den Vorgaben des § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG (Internetpublizität sowie Bundesanzeiger oder Schalterpublizität, näher § 14 WpÜG Rz. 34 ff., 37 ff.); sie ist identisch mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage durch den Bieter. Im Gegensatz zur Angebotsunterlage (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) ist allerdings nicht vor der Veröffentlichung mitzuteilen, unter welcher Internetadresse die Veröffentlichung erfolgt. Im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 3 Abs. 2 WpÜG spricht daher viel dafür, dass die Veröffentlichung grundsätzlich auf der Homepage der Zielgesellschaft zu erfolgen oder diese zumindest auf die Fundstelle zu verweisen hat336.
II. Übermittlung an Betriebsrat oder Arbeitnehmer (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WpÜG) 128
§ 27 Abs. 3 Satz 2 WpÜG verpflichtet den Vorstand und den Aufsichtsrat, ihre Stellungnahmen gleichzeitig mit der Veröffentlichung dem zuständigen Betriebsrat oder, sofern ein solcher nicht besteht, unmittelbar den Arbeitnehmern zuzuleiten337. Vergleichbare Unterrichtungs- bzw. Übermittlungspflichten des Vorstands gegenüber der Arbeitnehmerschaft bestehen im Hinblick auf die Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) und die Angebotsunterlage (§ 14 Abs. 4 Satz 2 WpÜG); die dortigen Ausführungen gelten hier entsprechend (siehe § 10 WpÜG Rz. 74 ff., § 14 WpÜG Rz. 49).
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Zu übermitteln ist jeweils die vollständige Stellungnahme, nicht nur der Teil, der Bezüge zur Arbeitnehmerschaft aufweist338.
130
Im Falle einer gemeinsamen Stellungnahme von Vorstand bzw. Aufsichtsrat und Arbeitnehmerschaft entfällt eine Übermittlungspflicht, da hiermit für die Arbeitnehmerseite kein Informationsgewinn verbunden wäre339.
131
Gleichzeitig erfolgt eine Zuleitung dann, wenn sie durch zwei unmittelbar aufeinander folgende Geschäftshandlungen erfolgt; wann der Erfolg eintritt, ist unerheblich340.
III. Mitteilung der Veröffentlichung an die BaFin (§ 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG) 132
§ 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG verpflichtet den Vorstand und Aufsichtsrat, unverzüglich der BaFin die Veröffentlichung der Stellungnahmen gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpÜG (Bundesanzeiger oder Schalterpublizität) mitzuteilen; eine Mitteilungspflicht über die Veröffentlichung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WpÜG (Internetpublizität) besteht nicht. Eine Mitteilung innerhalb von 3 Tagen nach Veröffentlichung ist noch rechtzeitig, eine Mitteilung eine Woche nach Veröffentlichung dagegen nicht341. Die BaFin akzeptiert in diesem Zusammenhang auch eine Mitteilung per E-Mail342.
336 Vgl. auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 71; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 119. 337 Zum Verhältnis dieser Unterrichtungspflicht zu den betriebsverfassungsrechtlichen Unterrichtungspflichten siehe Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 127 ff. 338 Seibt, DB 2002, 529, 535; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 45; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 74; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 125. 339 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 46; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 74; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 128. 340 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 45; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 39. 341 Vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 22.4.2003 – WpÜG-OWi 3/02, ZIP 2003, 2117 und BaFin, Jahresbericht 2004, S. 204; beide zur früheren Fassung des § 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG, nach der ein Nachweis über die Veröffentlichung statt der Mitteilung der Veröffentlichung erforderlich war. 342 Hippeli/Hofmann, NZG 2014, 850, 856.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 138 § 27
Die Mitteilungspflicht umfasst auch die beizufügende Stellungnahme des Betriebsrats oder der Arbeitnehmer. Bejaht man – wie hier (siehe oben Rz. 123) – eine Verpflichtung zur nachträglichen Veröffentlichung der Stellungnahme analog § 27 Abs. 2 WpÜG, erstreckt sich die Mitteilungspflicht analog § 27 Abs. 3 WpÜG auch auf diese Veröffentlichung343.
133
E. Rechtsfolgen I. Anordnung der BaFin Verstoßen Vorstand oder Aufsichtsrat der Zielgesellschaft gegen § 27 WpÜG, kommen Anordnungen 134 der BaFin zur Beseitigung oder Verhinderung von Missständen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG in Betracht.
II. Ordnungswidrigkeiten Verstöße gegen § 27 WpÜG bilden in der Praxis der BaFin einen Schwerpunkt bei den Bußgeldverfahren. Nimmt der Vorstand oder Aufsichtsrat entgegen § 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG vorsätzlich oder leichtfertig die Veröffentlichung der Stellungnahme nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vor, verwirklicht er eine Ordnungswidrigkeit (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WpÜG), die mit Geldbuße bis zu 2,5 Mio. Euro (§ 60 Abs. 3 WpÜG)344 und gegenüber einer juristischen Person mit Geldbuße bis zu 5 Mio. Euro bzw. 2 % des Gesamtumsatzes des vorausgegangenen Geschäftsjahres (§ 60 Abs. 4 Nr. 2 WpÜG) geahndet werden kann. Darüber hinaus kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden (§ 60 Abs. 5 WpÜG). Die Ordnungswidrigkeit müsste auch den Fall umfassen, dass der Vorstand die rechtzeitig eingegangene Stellungnahme der Arbeitnehmerseite der Veröffentlichung nicht beifügt, weil auch die nicht vollständige Veröffentlichung ordnungswidrig ist345.
135
Nimmt der Vorstand bzw. Aufsichtsrat entgegen § 27 Abs. 3 Satz 2 WpÜG vorsätzlich oder leichtfer- 136 tig die Übermittlung der Stellungnahme an den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vor, handelt er ordnungswidrig (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. c WpÜG)346; dies ist mit Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro belegt (§ 60 Abs. 3 WpÜG). Für juristische Personen gilt ein Bußgeldrahmen bis zu 2 Mio. Euro (§ 60 Abs. 4 Nr. 3 WpÜG). Darüber hinaus kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden (§ 60 Abs. 5 WpÜG). Teilt der Vorstand bzw. Aufsichtsrat entgegen § 27 Abs. 3 Satz 3 WpÜG vorsätzlich oder leichtfertig der BaFin die Veröffentlichung der Stellungnahme nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig mit, ist dies eine Ordnungswidrigkeit (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG), die mit Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro geahndet werden kann. Für juristische Personen gilt ein Bußgeldrahmen bis zu 2 Mio. Euro (§ 60 Abs. 4 Nr. 3 WpÜG). Darüber hinaus kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden (§ 60 Abs. 5 WpÜG).
137
Verstöße gegen Pflichten, die aus der analogen Anwendung des § 27 WpÜG hergeleitet werden, können wegen des strafrechtlichen Analogieverbots nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Dies gilt namentlich für die Pflicht zur Aktualisierung der Stellungnahme (siehe oben Rz. 95 ff.) und die Verpflichtung zur nachträglichen Veröffentlichung der Stellungnahme der Arbeitnehmerseite (siehe
138
343 Ebenso Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 78; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 129. 344 A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 44 (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WpÜG). Wie hier Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 72; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 131. 345 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 72; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 43; a.A. Seibt, DB 2002, 529, 535 f. 346 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 76; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 45.
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§ 27 Rz. 138 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft oben Rz. 123). Das Analogieverbot zwingt somit zu einer – aus dem WpHG bekannten, dort aber umstrittenen – „gespaltenen Auslegung“347 (siehe dazu bereits Rz. 98).
III. Haftung für fehlerhafte Stellungnahmen 139
Anders als in § 12 WpÜG für die Angebotsunterlage ist in § 27 WpÜG nicht geregelt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Haftung für die Verletzung der Stellungnahmepflicht in Betracht kommt348. 1. Ansprüche gegen den Vorstand der Zielgesellschaft
140
Als Gläubiger von Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand der Zielgesellschaft kommen die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft, die Zielgesellschaft selbst sowie der Bieter, nicht jedoch der Betriebsrat oder einzelne Arbeitnehmer in Frage, da letztere nicht Adressaten der Stellungnahme sind349. Ganz gleich, auf welche rechtliche Grundlage sich der Schadensersatzanspruch stützt, kann ein Wertpapierinhaber nur anspruchsberechtigt sein, wenn er seine Aktionärsstellung im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Stellungnahme und damit im Zeitpunkt der für den Schaden ursächliche Handlung innehatte350. a) Ansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft aa) Vertragliche Ansprüche
141
Ansprüche der Wertpapierinhaber gegen Mitglieder des Vorstands nach vertragsrechtlichen Grundsätzen können nur dann bestehen, wenn Vorstandspflichten verletzt werden, die Schutzwirkung zugunsten der Aktionäre entfalten. Eine solche Schutzwirkung wird von der herrschenden Auffassung verneint351. bb) Ansprüche aus vorvertraglichem Schuldverhältnis
142
Schadensersatzansprüche aufgrund vorvertraglichen Schuldverhältnisses (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, 3 BGB) setzen die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens voraus352. Ein solcher Vertrauenstatbestand ist hier nicht gegeben, weil sich die Stellungnahme nicht an bestimmte Wertpapierinhaber, sondern an den Kapitalmarkt allgemein bzw. an die Wertpapierinhaber als Personengruppe richtet353. cc) Ansprüche aus analoger Anwendung des § 12 WpÜG
143
Während des Gesetzgebungsverfahrens wurde im Schrifttum diskutiert, den Vorstand für die Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung haften zu
347 Dafür Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 9 ff.; Wagner in MünchKomm. BGB, 5. Aufl. 2009, § 823 BGB Rz. 330 m.w.N.; dagegen Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, WpHG, Einl. Rz. 35. 348 Für einen im WpÜG normierten Haftungstatbestand für fehlerhafte Stellungnahmen de lege ferenda: Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 183 ff. 349 So auch Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 430; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 133 (aber ohne Begründung). 350 Mohamed, DStR 2015, 2290, 2290 f. 351 Habersack, Die Mitgliedschaft, 1996, S. 205; Zöllner, ZGR 1988, 392, 408 f.; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 134; zur GmbH Uwe H. Schneider in Scholz, § 43 GmbHG Rz. 213; a.A. Baums, 63. DJT, S. 232 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 1080 (zur GmbH); Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 169 ff. 352 Müller in Bad Homburger Hdb., D 29; Friedl, NZG 2004, 448, 452. 353 Friedl, NZG 2004, 448, 452; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 173 ff. (der auch bezweifelt, dass die Organe mit der Stellungnahme überhaupt den Vertragsschluss beeinflussen).
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 145 § 27
lassen354. Die Haftung für die fehlerhafte Stellungnahme ist im Gesetz jedoch nicht ausdrücklich geregelt worden. Daher stellt sich die Frage, ob eine planwidrige Regelungslücke besteht, die durch analoge Anwendung des § 12 WpÜG oder der Grundsätze der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gefüllt werden kann. Das Bestehen einer solchen Regelungslücke ist zu verneinen355. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der o.g. Diskussion einen Haftungstatbestand nur für die Fehlerhaftigkeit der Angebotsunterlage, nicht aber für die Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme eingeführt. dd) Ansprüche aus allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung In der Literatur wird die Haftung des Vorstands (bzw. Aufsichtsrats) nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung erwogen356. Da Rechtsprechung und Literatur jede marktbezogene, an eine bestimmte Zahl von Personen gerichtete schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der fraglichen Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Eindruck eines solchen Inhalts erwecken soll, als Prospekt ansehen357, erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung zur Anwendung gelangen.
144
De lege lata sind Ansprüche, die sich auf die Grundsätze der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekt- 145 haftung stützen, allerdings abzulehnen. Anders als ein Prospekt, der über ein vom Prospektersteller (oder einer ihm zuzurechnenden Person) vertriebenes Produkt informieren und dessen Absatz fördern soll358, wird die Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG nicht von Personen abgegeben, die sich in einer Verkaufs- bzw. Werbesituation befinden359. Anders als der Prospekt ist die Stellungnahme auch nicht die einzige bzw. wichtigste Informationsquelle, die dem Anleger zur Beurteilung der Chancen und Risiken zur Verfügung steht. Mithin sind wesentliche, für die Herausbildung der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung entscheidende Gesichtspunkte360 nicht gegeben. Schließlich spricht gegen die Haftung aus allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung, dass der Gesetzgeber bewusst keine Haftung für die Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme vorgesehen hat und man diese gesetzgeberische Entscheidung durch die Bejahung eines Prospekthaftungsanspruchs konterkarieren würde361. Wenn man eine Verantwortlichkeit nach Prospekthaftungsgrundsätzen annehmen wollte, läge zudem ein Wertungswiderspruch darin, dass der Bieter gemäß § 12 WpÜG für fehlerhafte Angaben nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haftet, die Organe der Zielgesellschaft nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung aber auch für leichte Fahrlässigkeit haften müssten.
354 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1363, 1399; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 246 f.; Seibt, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 337, 360; siehe auch Becker, ZHR 165 (2001), 280, 284 f.; bereits lange zuvor Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 98 f. 355 Friedl, NZG 2004, 448, 452 f.; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 135; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 180 f.; so jetzt auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 34; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 167 f.; zweifelnd Hopt, ZGR 2002, 333, 355 f.; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 27; Brandi in Thaeter/Brandi, Teil 3 Rz. 179. 356 Befürwortend Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 431; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 86; Fleischer/ Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 99; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 182 ff., 198 f.; Schwark in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 35; Mohamed, DStR 2015, 2290, 2293. 357 BGH v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, BGHZ 191, 310, 317 mit Verweis auf Stimmen in der Literatur (z.B. Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 67) und Ausführungen zu § 264a StGB in der Regierungsbegründung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drucks. 10/318, 23; aus der Literatur außerdem Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, § 45 Rz. 47 ff.; siehe auch Hopt in Baumbach/Hopt, Anh. § 177a HGB Rz. 59 ff.; vgl. auch Schwark in Schwark/Zimmer, §§ 44, 45 BörsG Rz. 16. 358 Hopt in Festgabe 50 Jahre BGH, Bd. II, 2000, S. 497, 525, 527; Berg/Stöcker, WM 2002, 1569, 1581; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 139; Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 78; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 172. 359 Friedl, NZG 2004, 448, 453; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 139; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 55; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 172. 360 Hierzu BGH v. 26.9.1991 – VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 218; Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 35 ff. 361 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 139; gegen eine Prospekthaftung auch Fortmann, Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten, S. 241 ff.
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§ 27 Rz. 146 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft ee) Ansprüche aus § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG (i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 AktG) 146
Mitglieder des Vorstands der Zielgesellschaft können den Aktionären unter den Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 117 Abs. 2 Satz 1 AktG zum Schadensersatz verpflichtet sein362. Diese Vorschrift will die Integrität des Verwaltungshandelns sichern und dadurch das Vermögen der Aktionäre schützen363. Ansprüche hieraus kommen etwa in Betracht, wenn der Bieter oder Mitglieder des Vorstands der Zielgesellschaft andere Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder zur Abgabe einer fehlerhaften Stellungnahme bestimmen. Die Ersatzpflicht kann auch dann bestehen, wenn die Stellungnahme überhaupt nicht bzw. verspätet abgegeben wird364. Die Haftung des bestimmenden Vorstandsmitglieds setzt Vorsatz voraus (§ 117 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die nicht bestimmenden Vorstandsmitglieder haften gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 AktG dann, wenn sie unter Verletzung ihrer Pflichten gehandelt haben, also insbesondere auch dann, wenn sie fahrlässig dem bestimmenden Einfluss anderer Vorstandsmitglieder oder Dritter, die vorsätzlich handeln, nachgeben, deswegen eine fehlerhafte Stellungnahme des Vorstandes abgegeben wird und hierdurch die Aktionäre der Zielgesellschaft geschädigt werden365.
147
Beim Aktionär entstehende Schäden wegen der Wertminderung seiner Aktien („Reflexschäden“) sind nicht ersatzfähig; vielmehr muss der Aktionär einen Schaden in seiner eigenen Vermögenssphäre erlitten haben. Dies kommt etwa in Betracht, wenn er seine Aktien infolge einer fehlerhaften Stellungnahme verkauft366. Wenn er das Angebot infolge einer fehlerhaften Stellungnahme nicht annimmt und die Aktien später einer Wertminderung erfahren, liegt hierin ein nicht ersatzfähiger „Reflexschaden“367.
148
Die Fälle, in denen die Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 Satz 3 bzw. § 117 Abs. 5 AktG vorliegen und eine Schadensersatzpflicht ausgeschlossen ist, dürften in der Praxis selten sein. ff) Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB
149
Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung der Mitgliedschaft der Aktionäre der Zielgesellschaft sind abzulehnen. Nach herrschender Auffassung genießt die Mitgliedschaft zwar als absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB deliktsrechtlichen Schutz368; wie weit dieser Schutz reicht, ist jedoch umstritten369. Wenngleich einzelne Stimmen erwägen, die durch eine fehlerhafte Stellungnahme verursachte Veräußerung der Aktien als Verletzung des Mitgliedschaftsrechts zu werten370, dürfte die Entscheidung des Gesetzgebers, für die Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme keine zivilrechtliche Haftung vorzusehen, Sperrwirkung gegenüber Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB entfalten371. gg) Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz
150
Die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB setzt ein Schutzgesetz – d.h. ein Gesetz, das nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht ausschließlich den Schutz der Allgemeinheit, sondern den Schutz 362 Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 1, 104 (Fn. 547); Louven in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 52; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 93; Harbarth in Baums/Thoma/ Verse, § 27 WpÜG Rz. 152; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 196 ff. (für Aufstockungs- und Pflichtangebote). 363 Statt aller Koch in Hüffer/Koch, § 117 AktG Rz. 1. 364 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 153; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 176. 365 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 152; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 176. 366 Friedl, NZG 2004, 448, 450; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 177. 367 Friedl, NZG 2004, 448, 450; weitergehend Mohamed, DStR 2015, 2290, 2295 (entgangener Gewinn gemäß § 252 BGB ersatzfähig, aber analog § 12 Abs. 2 WpÜG nur bei grober Fahrlässigkeit). 368 Mertens/Cahn in KölnKomm. AktG, § 93 AktG Rz. 210 ff.; Habersack, Die Mitgliedschaft, 1996, S. 117 ff., 142 f., 144, 297 ff. m.w.N.; Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 470 m.w.N. 369 Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 471 ff. 370 Nicht komplett ausschließend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 140 m.w.N.; a.A. Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 163 f. 371 Ebenso für den Fall der Fahrlässigkeit Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 140; zur Sperrwirkung allgemein Habersack, Die Mitgliedschaft, 1996, S. 202 ff.; im Ergebnis zustimmend, aber die hiesige Argumentation anzweifelnd Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 80; a.A. Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 177 (keine Sperrwirkung).
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 152 § 27
eines Einzelnen oder eines bestimmten Personenkreises bezweckt – voraus372. Die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 27 WpÜG lässt einen gesetzgeberischen Willen, der auf einen Schutzgesetzcharakter hindeutet, nicht erkennen: Die Erläuterung, dass die Stellungnahme der Information der Wertpapierinhaber über die Beurteilung des Angebots durch den Vorstand diene373, verdeutlicht das Interesse der Allgemeinheit an der geordneten Abwicklung von Wertpapiererwerbsangeboten und hat damit den kapitalmarktrechtlichen Funktionenschutz im Visier374. Auch die Ausführung, der Vorstand komme durch die Stellungnahme zugleich seiner gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung zur sachgerechten Wahrnehmung der in der Gesellschaft zusammentreffenden Interessen nach, deren Träger neben den Aktionären die Arbeitnehmer und das Gemeinwohl seien375, war nicht als Hinweis auf einen möglichen Schutzgesetzcharakter des § 27 WpÜG gedacht. Vom Schutz des Vermögens der Wertpapierinhaber ist nicht die Rede. Wenn man aber – entgegen der oben Rz. 19 vertretenen Auffassung – § 27 WpÜG (auch) gesellschaftsrechtlich verortet, wäre die Berücksichtigung der Interessen der Wertpapierinhaber in der Stellungnahme in ihrem Kernbereich nichts anderes als die Konkretisierung von Pflichten, die der Vorstand auf aktienrechtlicher Grundlage schuldet376. Weil jedoch § 93 AktG nach allgemeiner Meinung kein Schutzgesetz zugunsten der Aktionäre ist377, begründet die Verletzung dieser Pflichten auch nach dieser Auffassung keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB378. Aus der Bedeutung der Stellungnahme des Vorstands für die Entscheidungsfindung der Wertpapier- 151 inhaber lässt sich die Schutzgesetzqualität des § 27 WpÜG ebenfalls nicht ableiten379. Das Fehlen einer § 15 Abs. 6 WpHG a.F. entsprechenden Regelung kann den Schutzgesetzcharakter gemäß § 27 WpÜG ebenfalls nicht begründen380, da § 15 WpHG (neu Art. 17 MAR) nach dem Willen des Gesetzgebers nicht als drittschützende Vorschrift konzipiert war381. An dieser Konzeption des § 15 WpHG (neu Art. 17 MAR) haben auch die durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz eingeführten spezialgesetzlichen Schadensersatzpflichten der §§ 37b, 37c WpHG nichts geändert382. Auf die Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG sind diese Vorschriften ohnehin nicht anwendbar383. Gegen den Schutzgesetzcharakter des § 27 WpÜG spricht schließlich auch die Entscheidung des Gesetzgebers, für die Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme keine § 12 WpÜG vergleichbare Haftungsvorschrift vorzusehen; würde man § 27 WpÜG als Schutzgesetz begreifen, würde diese Entscheidung in ihr Gegenteil verkehrt384. Hiernach kommen Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB wegen fehlerhafter Stellungnahme 152 nur dann in Betracht, wenn andere Schutzgesetze verletzt worden sind385. Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG scheiden nach zutreffender Auffassung aus. Die Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG ist nämlich keine Darstellung i.S.d. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, da sie keinen 372 Statt aller Spickhoff in Soergel, 13. Aufl. 2005, § 823 BGB Rz. 186 ff.; Wagner in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2017, § 823 BGB Rz. 498 ff. 373 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 374 Friedl, NZG 2004, 448, 450; so auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 143; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 179; a.A. Weishaupt, Schadensersatzansprüche der Wertpapierinhaber, S. 147. 375 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 376 Hierzu Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 122 ff. 377 Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 469 m.w.N. 378 Zutreffend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 143; im Ergebnis auch Goslar in Paschos/Fleischer, Hdb. WpÜG, § 22 Rz. 123. 379 Zutreffend Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 144. 380 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 145; a.A. Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 92; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 169. 381 Stellungnahme des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum 2. Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 12/7918, S. 102. 382 Edelmann, BB 2004, 2031. 383 Hopt, ZHR 266 (2002), 383, 431; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 145. 384 So auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 146; Fortmann, Stellungnahme von Vorständen und Aufsichtsräten, S. 227 ff.; im Ergebnis ebenso Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 51; Müller in Bad Homburger Hdb., D 29; Brandi in Thaeter/Brandi, Teil 3 Rz. 177; Friedl, NZG 2004, 448, 450; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 178 ff.; a.A. Seibt in RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 337, 359 f.; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 27 WpÜG Rz. 34; Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 165 ff., 169; Weishaupt, Schadensersatzansprüche der Wertpapierinhaber, S. 140, 147, ausführlich zu einer Unterscheidung von der Haftung nach § 12 WpÜG S. 188 ff.; Mohamed, DStR 2015, 2290, 2294. 385 Näher Friedl, NZG 2004, 448, 451 f.
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§ 27 Rz. 152 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft umfassenden Bericht über den Vermögensstand der Gesellschaft zu geben hat386. Zu den möglichen Schutzgesetzen zählen auch §§ 263, 266 StGB. Sie sanktionieren aber nur vorsätzliches Verhalten. hh) Ansprüche aus § 826 BGB 153
Die fehlerhafte Stellungnahme kann Schadensersatzansprüche gemäß § 826 BGB auslösen, wenn der Vorstand den Wertpapierinhabern dadurch vorsätzlich und in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zufügt. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Wertpapierinhaber durch eine bewusst unrichtige Stellungnahme getäuscht und zu einer unzutreffenden Beurteilung des Angebots veranlasst werden387. Nach der ratio legis steht einem Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB nicht entgegen, dass der Gesetzgeber von einer § 12 WpÜG entsprechenden Haftungsvorschrift für die Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme abgesehen hat388. Auch § 117 AktG entfaltet keine Sperrwirkung389.
154
Schadensersatzansprüche gemäß § 826 BGB setzen die Unrichtigkeit oder die Unvollständigkeit der Stellungnahme390 in Bezug auf erhebliche Umstände391 voraus. Umstände sind dann erheblich, wenn ein verständiger Wertpapierinhaber sie bei seiner Entscheidung berücksichtigen würde392. Umstände, die die Angemessenheit der Gegenleistung betreffen, dürften regelmäßig erheblich sein393. Unvollständigkeit ist gegeben, wenn die Angaben fehlen, die für die Entscheidung eines durchschnittlichen Wertpapierinhabers über die Annahme oder Ablehnung des Angebots erheblich sind394. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Vorstand in der Stellungnahme die ihm vom Bieter im Hinblick auf die Empfehlung des Angebots gewährten Vorteile nicht offenlegt395, in der Stellungnahme enthaltene Prognosen zu günstig oder zu ungünstig sind396 oder Werturteile nicht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruhen397 oder kaufmännisch nicht vertretbar sind398. Der Schaden des Wertpapierinhabers kann darin bestehen, dass er seine Aktien auf Grund der fehlerhaften Stellungnahme unter Wert veräußert oder ein angemessenes Angebot nicht annimmt399. b) Ansprüche der Zielgesellschaft
155
Ansprüche der Zielgesellschaft gegen den Vorstand, der seine Stellungnahmepflicht gemäß § 27 WpÜG verletzt, kommen unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 2 AktG in Betracht. Insoweit ist allerdings nur ein eigener Schaden der Gesellschaft ersatzfähig, nicht jedoch der Schaden, der den Aktionären auf Grund der auf der fehlerhaften Stellungnahme beruhenden Annahme oder Ablehnung
386 Friedl, NZG 2004, 448, 451 f. (anders aber auf S. 453); differenzierend Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 169 f. 387 Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 53; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 148; eingehend zur Haftung aus § 826 BGB Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 171 ff. Zur Haftung für bewusst falsche Ad hoc-Mitteilungen gemäß § 826 BGB vgl. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664; BGH v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668; BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, BB 2004, 1816. 388 Im Ergebnis ebenso Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 149. 389 Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 480; Friedl, NZG 2004, 448, 452; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 180 (Fn. 105). 390 Vgl. § 12 Abs. 1 WpÜG, § 21 Abs. 1 WpPG; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 53; Friedl, NZG 2004, 448; zur Prospekthaftung Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 39 ff. 391 Vgl. § 12 Abs. 1 WpÜG, § 246a StGB; ähnlich Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 53; Friedl, NZG 2004, 448; zur Prospekthaftung Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 39 ff. 392 Vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG; zur Prospekthaftung vgl. Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 49; Schwark in Schwark/Zimmer, §§ 44, 45 BörsG Rz. 18. 393 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 150. 394 Zur Prospekthaftung vgl. Assmann in Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 5 Rz. 55 ff. 395 Friedl, NZG 2004, 448; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 150. 396 Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 263; Friedl, NZG 2004, 448. 397 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381; Ebke in FS Hommelhoff, 2012, S. 161, 180 f. 398 Steinmeyer in Steinmeyer, § 27 WpÜG Rz. 68; Friedl, NZG 2004, 448 f. 399 Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 1, 104 (Fn. 547); Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 91; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 151.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 161 § 27
des Angebots entstanden ist400. Der Schaden der Gesellschaft kann etwa darin bestehen, dass Wertpapierinhaber erfolgreich Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft geltend machen oder, soweit dies nachzuweisen ist, Synergieeffekte auf Grund des Scheiterns der Übernahme ausbleiben. c) Ansprüche des Bieters Ansprüche des Bieters gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz scheiden aus, weil weder § 27401, § 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) WpÜG noch § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG402 oder – mangels Vermögensbetreuungspflicht des Vorstands gegenüber dem Bieter – § 266 StGB Schutzgesetze zu Gunsten des Bieters darstellen. Allenfalls § 263 StGB könnte als Schutzgesetz in Betracht kommen.
156
Ansprüche des Bieters können sich allerdings auf § 826 BGB stützen, wenn die Mitglieder des Vorstands dem Bieter vorsätzlich und in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einen Schaden zufügen403. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Vorstand die Wertpapierinhaber durch eine bewusst unrichtige Stellungnahme in die Irre führt und sie so zu einer unzutreffenden Beurteilung des Angebots verleitet.
157
Der Bieter, dem deswegen ein Schaden entsteht, weil die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft das Angebot auf Grund einer fehlerhaften Stellungnahme nicht annehmen, kann sich nicht deswegen auf die zu Gunsten der Aktionäre bestehenden Anspruchsgrundlagen stützten, weil er selbst Aktionär der Zielgesellschaft ist404. Der Schaden resultiert nämlich aus seiner Stellung als Bieter, nicht aus seiner Stellung als Aktionär.
158
2. Ansprüche gegen den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft a) Ansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft Ansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft gegen den Aufsichtsrat können auf der Grundlage der § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB oder § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, des § 826 BGB oder des § 117 Abs. 1 AktG bestehen405. Die Ausführungen zu den Ansprüchen gegen den Vorstand der Zielgesellschaft gelten entsprechend (siehe oben Rz. 141 ff.).
159
b) Ansprüche der Zielgesellschaft Ansprüche der Zielgesellschaft gegen Mitglieder des Aufsichtsrats kommen auf der Grundlage des § 116 Satz 1 AktG i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG in Betracht, wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – die Stellungnahmepflicht als spezielle Ausprägung der aktienrechtlichen Berichts- und Rechenschaftspflicht des Aufsichtsrats gegenüber der Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) ansieht (hierzu oben Rz. 19). Im Übrigen kann auf die für den Vorstand herausgearbeiteten Grundsätze verwiesen werden (siehe oben Rz. 155).
160
c) Ansprüche des Bieters Ansprüche des Bieters sind auf der Grundlage des § 826 BGB denkbar. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Haftung des Vorstands verwiesen werden (siehe oben Rz. 156 ff.). 400 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 83; Brandi in Thaeter/Brandi, Teil 3 Rz. 182; Friedl, NZG 2004, 448, 449; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 154. 401 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 94 (jedenfalls die Schutzgesetzeigenschaft gegenüber dem Bieter verneinend); Friedl, NZG 2004, 448, 453; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 155. 402 A.A. Friedl, NZG 2004, 448, 453. Die Stellungnahme gemäß § 27 WpÜG ist jedoch keine Darstellung i.S.d. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG (siehe oben Rz. 152). 403 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 94; Friedl, NZG 2004, 448, 453; Harbarth in Baums/Thoma/ Verse, § 27 WpÜG Rz. 156. 404 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 157. 405 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 158; a.A. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 58 (nur § 826 BGB); wiederum a.A. Weishaupt, Schadensersatzansprüche der Wertpapierinhaber, S. 166 (auch § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 WpÜG).
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161
§ 27 Rz. 162 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft 3. Ansprüche gegen die Zielgesellschaft 162
Wenn deliktische Schadensersatzansprüche gegen Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder bestehen, stellt sich die Frage, ob die Zielgesellschaft hierfür analog § 31 BGB haftet. Gegen diese Haftung könnte sprechen, dass die Verpflichtung aus § 27 WpÜG nicht die Zielgesellschaft, sondern deren Organe trifft. Weil jedoch die Stellungnahme des Vorstands bzw. Aufsichtsrats von den Wertpapierinhabern als Stellungnahme der Zielgesellschaft und Vorstand bzw. Aufsichtsrat als Organe der Zielgesellschaft wahrgenommen werden, ist eine Haftung der Zielgesellschaft analog § 31 BGB zu bejahen406. Soweit Ansprüche der Aktionäre in Rede stehen, ist problematisch, dass mit der Leistung von Schadensersatz an einzelne Gesellschafter gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 AktG verstoßen werden könnte. Ob und inwieweit Schadensersatzansprüche bestehen, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang diese Schadensersatzansprüche Vorrang vor den Kapitalerhaltungsvorschriften genießen407. 4. Ansprüche gegen den Betriebsrat bzw. die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft a) Ansprüche der Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft
163
Ansprüche gegen den Betriebsrat sind nicht gegeben, weil er nur eine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsfähigkeit besitzt408. Jedoch können deliktische Schadensersatzansprüche gegen einzelne Betriebsratsmitglieder bestehen. Da der Betriebsrat – anders als der Vorstand und der Aufsichtsrat – nicht zur Stellungnahme verpflichtet ist, kommt eine Haftung wegen unterbliebener oder verspäteter Stellungnahme nicht in Betracht409. Gibt der Betriebsrat hingegen eine Stellungnahme ab, können Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz, gemäß § 826 BGB wegen der Fehlerhaftigkeit der Stellungnahme oder gemäß § 117 AktG bestehen, weil auch die fehlerhafte Stellungnahme des Betriebsrats bzw. der Arbeitnehmer einen Schaden der Wertpapierinhaber verursachen kann410. b) Ansprüche der Zielgesellschaft
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Ansprüche der Zielgesellschaft gegen Mitglieder des Betriebsrats bzw. Arbeitnehmer der Zielgesellschaft können gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz oder gemäß § 826 BGB bestehen411. Ein gesetzliches Schutzverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Betriebsratsmitglied besteht nach zutreffender herrschender Auffassung nicht412. c) Ansprüche des Bieters
165
Ansprüche des Bieters gegen den Betriebsrat bzw. Arbeitnehmer der Zielgesellschaft können nur gemäß § 826 BGB bestehen. Insoweit kann auf die Ausführungen zu Ansprüchen gegen den Vorstand und Aufsichtsrat verwiesen werden (siehe oben Rz. 156 ff., 161).
406 Zur Anwendbarkeit des § 31 BGB bei Ansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder vgl. Hadding in Soergel, 13. Aufl. 1999, § 31 BGB Rz. 11; Weick in Staudinger, Neubearb. 2005, § 31 BGB Rz. 38. 407 Für Haftung der Gesellschaft Mohamed, DStR 2015, 2290, 2295; allgemein Möllers in KölnKomm. WpÜG, § 12 WpÜG Rz. 94 ff.; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 169. 408 Fitting u.a., BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 1 Rz. 195 ff., 209 m.w.N.; Hess in Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose, BetrVG, 8. Aufl. 2011, Einl. Rz. 102. 409 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 162. 410 Wie hier Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 162; a.A. Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 27 WpÜG Rz. 57 (§ 826 BGB); Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 27 WpÜG Rz. 27 (Haftung analog § 12 WpÜG); wohl auch Horstmann, Arbeitsrechtliche Maßnahmen, S. 157 f. 411 Fitting u.a., BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 1 Rz. 214 ff.; Hess in Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose, BetrVG, 8. Aufl. 2011, Einl. Rz. 109; vgl. auch Weishaupt, Schadensersatzansprüche der Wertpapierinhaber, S. 223 (Schutzgesetzeigenschaft des § 27 Abs. 2 WpÜG zugunsten der Aktionäre ablehnend). 412 Fitting u.a., BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 1 Rz. 213 m.w.N.; Hess in Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai/ Rose, BetrVG, 8. Aufl. 2011, Einl. Rz. 104.
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Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft
Rz. 169 § 27
5. Haftungsausschluss? Soweit man einen Anspruch nach den vorstehend erörterten Anspruchsgrundlagen annimmt, stellt sich die Frage, ob die Haftung wegen fehlerhafter oder unvollständiger Stellungnahme ausgeschlossen werden kann. Mit der Rechtsnatur der Stellungnahmepflicht als gesetzlicher Verpflichtung ist dies nicht vereinbar413. Soweit man Ansprüche gemäß § 93 AktG, §§ 116, 93 AktG oder § 117 AktG annimmt, ergibt sich dies ebenfalls aus der zwingenden Natur dieser aktienrechtlichen Vorschriften414. Für Ansprüche, die vorsätzliches Handeln voraussetzen (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz bzw. § 826 BGB) folgt dies außerdem aus § 276 Abs. 3 BGB. Die mitunter in Stellungnahmen anzutreffenden Haftungsfreizeichnungsklauseln verfehlen somit ihren Zweck. Hat ein Organmitglied einer unzutreffenden Stellungnahme des Vorstands bzw. Aufsichtsrats widersprochen und ein zutreffendes Minderheitsvotum abgegeben (zur Veröffentlichungspflicht derartiger split boards siehe oben Rz. 38), entfällt seine persönliche Haftung, da ein Organmitglied nicht für einen rechtswidrigen Beschluss haftet, gegen den es sich ausgesprochen hat415.
166
IV. Unterlassungsansprüche Unterlassungsansprüche der Wertpapierinhaber gegen rechtswidrige Maßnahmen des Vorstands bzw. Aufsichtsrats könnten, wenn überhaupt, nur nach den Grundsätzen der „Holzmüller“- bzw. „Gelatine“-Entscheidungen des BGH416 in Betracht kommen. Dies würde voraussetzen, dass durch die Verletzung der Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung in die Rechtsstellung der Aktionäre eingegriffen worden ist, also der Vorstand bzw. Aufsichtsrat seine aktienrechtlichen Kompetenzen überschritten hat417. § 27 WpÜG ist jedoch keine Kompetenzvorschrift418, sondern begründet eine kapitalmarktrechtliche Pflicht des Vorstands und des Aufsichtsrats. Unterlassungsansprüche gegen den Vorstand bzw. Aufsichtsrat sind daher nicht gegeben419.
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F. Blick über die Grenze I. Vereinigtes Königreich Die Pflicht zur Stellungnahme der Zielgesellschaft bzw. deren Organen gehört international zum kapi- 168 talmarktrechtlichen Standard. Besonders detaillierte Regelungen enthält der britische Takeover Code. Seine Rule 25.1 verpflichtet die Geschäftsleitung (board of directors) zur Stellungnahme zu Übernahmeund Pflichtangeboten420 gegenüber den Aktionären. Nach Rules 3.1, 25.1 hat die Geschäftsleitung sachverständige unabhängige Beratung (competent independent advice) einzuholen; die wesentlichen Ergebnisse der Beratung sind den Aktionären mitzuteilen. Die Geschäftsleitung hat zu den in der Angebotsunterlage enthaltenen Aussagen über die vom Bieter mit der Zielgesellschaft und deren Arbeitnehmern verfolgten Absichten Stellung zu nehmen (Rule 25.1); es besteht jedoch keine Pflicht zur Beifügung einer Stellungnahme der Arbeitnehmerseite. Die Beteiligungsverhältnisse der Zielgesellschaft (unter Berücksichtigung u.a. von Tochtergesellschaften und Pensionsfonds) und der Mitglieder ihrer Geschäftsleitung am Bieter sowie an der Zielgesellschaft 413 414 415 416 417 418 419 420
A.A. Friedl, NZG 2004, 448, 453 f. (aber abwegig). Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 165. Fleischer, BB 2004, 2645, 2648; Fleischer/Schmolke, DB 2007, 95, 97. BGH v. 25.2.1985 – II ZR 174/80 – Holzmüller, BGHZ 83, 122, 134; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, AG 2004, 384 = NZG 2004, 571; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02 – Gelatine, NZG 2004, 575. Ebenroth/Daum, DB 1991, 1105, 1108 f.; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 2, 17. Ebenso Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 202. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 27 WpÜG Rz. 166; im Ergebnis a.A. Kubalek, Stellungnahme der Zielgesellschaft, S. 203 f. (Anspruch gegen Zielgesellschaft sowie deren Vorstand und Aufsichtsrat analog § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs 2 BGB, § 27 WpÜG). Andere öffentliche Angebote werden vom Anwendungsbereich des Takeover Code nicht erfasst, sondern unterfallen den Rules Governing Substantial Acquisitions of Shares (SARs), die keine Stellungnahmepflicht auf Seiten der Zielgesellschaft vorsehen.
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§ 27 Rz. 169 Stellungnahme des Vorstands und Aufsichtsrats der Zielgesellschaft selbst sind umfassend darzulegen. Auch ist der seit Beginn der Annahmefrist erfolgte Handel der Zielgesellschaft und der Mitglieder ihrer Geschäftsleitung in Wertpapieren der Zielgesellschaft und des Bieters offenzulegen. Zudem haben die Mitglieder der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft Angaben darüber zu machen, ob sie beabsichtigen, das Angebot anzunehmen (Rule 25.2). Auch muss die Stellungnahme Einzelheiten zu allen Dienstleistungsverträgen der Zielgesellschaft mit Mitgliedern der Geschäftsführung enthalten (Rule 25.5). Hinzu treten Angaben zu Abreden der Zielgesellschaft mit Dritten über Aktien und andere Wertpapiere (Rule 25.6) sowie zu wesentlichen Verträgen, die die Zielgesellschaft oder deren Tochterunternehmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverlaufs (ordinary course of business) in den letzten zwei Jahren vor dem Angebot abgeschlossen haben (Rule 25.7). 170
Treten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Geschäftsleitung über die Beurteilung des Angebots auf (split boards), sind die Minderheitsvoten zu veröffentlichen (Note 2 on Rule 25.1). Bestehen Interessenkonflikte bei Mitgliedern der Geschäftsleitung, müssen diese offen gelegt werden; zugleich sollen die betroffenen Mitglieder sich grundsätzlich nicht an der Abfassung der Stellungnahme beteiligen (Note 3 on Rule 25.1).
171
Nach Rule 25.1 (a) ist die Stellungnahme sobald wie möglich, in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage, abzugeben.
II. Österreich 172
§ 14 Abs. 1 Satz 1 des österreichischen Übernahmegesetzes (ÜbG) verpflichtet den Vorstand und den Aufsichtsrat einer Zielgesellschaft, unverzüglich nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage sog. begründete Äußerungen zu dem Angebot zu verfassen. In Anlehnung an Rule 3.1 Takeover Code besteht eine Verpflichtung der Zielgesellschaft zur Beiziehung eines unabhängigen Sachverständigen (§ 13 ÜbG). Dieser hat das Angebot sowie die Äußerungen des Vorstands und des Aufsichtsrats schriftlich zu beurteilen (§ 14 Abs. 2 ÜbG).
173
Die Stellungnahmen haben insbesondere eine Beurteilung darüber zu enthalten, ob die angebotene Gegenleistung und der sonstige Inhalt des Angebots dem Interesse aller Aktionäre (sowie sonstiger Inhaber von Beteiligungspapieren i.S.d. § 1 Nr. 4 ÜbG) angemessen Rechnung tragen. Ferner ist zu beurteilen, welche Auswirkungen das Angebot auf die Zielgesellschaft, insbesondere die Arbeitnehmer, die Gläubiger und das öffentliche Interesse aufgrund der strategischen Planung des Bieters voraussichtlich haben wird (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ÜbG). Sehen sich Vorstand oder Aufsichtsrat außerstande, eine abschließende Empfehlung abzugeben, was in der Praxis häufig der Fall ist421, sind zumindest die Argumente für und gegen eine Annahme darzustellen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ÜbG). Eine obligatorische Stellungnahme der Arbeitnehmerseite ist nicht vorgesehen; wird diese freiwillig abgegeben, hat der Vorstand diese zusammen mit seiner Äußerung zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 ÜbG).
174
Gesetzliche Regelungen zur Veröffentlichung von Minderheitsmeinungen einzelner Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder (split boards) und zur Behandlung von Interessenkonflikten fehlen. In der österreichischen Literatur wird jedoch eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Minderheitsmeinungen aus dem auch im österreichischen Recht verankerten Transparenzgebot (§ 3 Nr. 2 ÜbG) abgeleitet422. Interessenkonflikte führen nach verbreiteter Meinung im Allgemeinen zu einem Stimmrechtsausschluss der betroffenen Organmitglieder423.
175
Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft haben ihre Äußerungen unverzüglich zu verfassen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 ÜbG). Der Vorstand hat die Äußerungen zusammen mit einer ggf. vorliegenden Äußerung des Betriebsrats und der Beurteilung des Sachverständigen innerhalb von 10 Börsetagen nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage, spätestens aber 5 Börsetage vor Ablauf der Annahmefrist, zu veröffentlichen. Vor der Veröffentlichung sind die Stellungnahmen der Übernahmekommission anzuzeigen und gleichzeitig dem Betriebsrat zu übermitteln (§ 14 Abs. 3 ÜbG).
421 Vgl. Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. WpÜG, ÜbG Rz. 16. 422 Winner, Zielgesellschaft, 2002, S. 166. 423 Vgl. Kalss in MünchKomm. AktG, § 107 AktG Rz. 200 (zum Aufsichtsrat gemäß § 92 öAktG) m.w.N.
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Werbung
§ 28
III. Schweiz Art. 132 Abs. 1 Satz 1 des schweizerischen Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das 176 Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG)424 verpflichtet den Verwaltungsrat einer Zielgesellschaft, den Inhabern von Beteiligungspapieren einen Bericht vorzulegen, in dem er zu dem Angebot Stellung nimmt. Eine gesetzliche Verpflichtung, hierbei einen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen, besteht nicht. Die in dem Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft enthaltenen Informationen müssen wahr 177 und vollständig sein (Art. 132 Abs. 1 Satz 2 FinfraG). Weitere Anforderungen im Hinblick auf den Inhalt des Berichts ergeben sich aus Art. 30 ff. der Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (UEV), die auf Grund der Ermächtigung in Art. 132 Abs. 3 FinfraG erlassen wurde. Danach muss der Bericht alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (Art. 30 Abs. 1 UEV). Insbesondere sind – soweit dem Verwaltungsrat bekannt – die Absichten aller Aktionäre darzulegen, die mehr als 3 % der Stimmrechte besitzen (Art. 31 Abs. 1 UEV). Darüber hinaus sind bereits beschlossene und geplante Abwehrmaßnahmen in den Bericht aufzunehmen (Art. 31 Abs. 2 UEV). Der Verwaltungsrat hat das Recht, nicht aber die Pflicht, eine konkrete Handlungsempfehlung zur Annahme oder Ablehnung des Angebots abzugeben; er kann sich auch darauf beschränken, die Vor- und Nachteile des Angebots darzulegen (Art. 30 Abs. 3 UEV). In jedem Fall ist jedoch eine klare Begründung sowie die Darlegung aller wesentlichen Elemente erforderlich, die die Stellungnahme beeinflusst haben (Art. 30 Abs. 4 UEV). Sofern offensichtlich überwiegende Gesellschaftsinteressen bestehen, können einzelne Informationen im Bericht weggelassen werden (Art. 31 Abs. 3 UEV). Eine Stellungnahme der Arbeitnehmerseite ist nicht vorgesehen. Vorgaben zur Veröffentlichung von Minderheitsmeinungen einzelner Verwaltungsratsmitglieder (split boards) bestehen nicht. Ausdrücklich angeordnet ist jedoch die Verpflichtung, in dem Bericht auf Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Dabei ist insbesondere offen zu legen, ob Verträge oder andere Verbindungen mit dem Bieter bestehen, die Mitglieder auf Antrag des Bieters gewählt wurden oder ob sie wiedergewählt werden sollen. Ferner ist Rechenschaft darüber zu geben, welche Maßnahmen zur Vermeidung von aus Interessenkonflikten resultierenden Nachteilen für die Angebotsempfänger getroffen wurden (Art. 32 UEV).
178
Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft kann bereits im Angebotsprospekt des Bieters veröffentlicht werden. Wird der Bericht nicht im Angebotsprospekt veröffentlicht, muss er spätestens am 15. Börsentag nach Veröffentlichung des Angebots landesweit bekannt gemacht werden (Art. 33 Abs. 1, 2 UEV).
179
§ 28 Werbung (1) Um Missständen bei der Werbung im Zusammenhang mit Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren zu begegnen, kann die Bundesanstalt bestimmte Arten der Werbung untersagen. (2) Vor allgemeinen Maßnahmen nach Absatz 1 ist der Beirat zu hören. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . B. Untersagung bestimmter Arten der Werbung (§ 28 Abs. 1 WpÜG) . . . I. Werbung im Zusammenhang mit Angeboten . . . . . . . . . . . . . . . II. Missstand . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Maßstäbe . . . . . . .
. . . . .
1
2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unterbindung des Missstands . . . . . . . . .
16 20
. . . . .
6
. . . . . . . . . . . . . . .
6 13 13
C. Anhörung des Beirats bei beabsichtigten allgemeinen Maßnahmen (§ 28 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
D. Verhältnis zum UWG und Anwendbarkeit des UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
424 Die Reglung entspricht direkt der ehemaligen Regelung nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 des schweizerischen Bundesgesetzes über die Börsen und den Effekthandel.
Krause/Pötzsch und Assmann
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Werbung
§ 28
III. Schweiz Art. 132 Abs. 1 Satz 1 des schweizerischen Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das 176 Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG)424 verpflichtet den Verwaltungsrat einer Zielgesellschaft, den Inhabern von Beteiligungspapieren einen Bericht vorzulegen, in dem er zu dem Angebot Stellung nimmt. Eine gesetzliche Verpflichtung, hierbei einen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen, besteht nicht. Die in dem Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft enthaltenen Informationen müssen wahr 177 und vollständig sein (Art. 132 Abs. 1 Satz 2 FinfraG). Weitere Anforderungen im Hinblick auf den Inhalt des Berichts ergeben sich aus Art. 30 ff. der Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (UEV), die auf Grund der Ermächtigung in Art. 132 Abs. 3 FinfraG erlassen wurde. Danach muss der Bericht alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (Art. 30 Abs. 1 UEV). Insbesondere sind – soweit dem Verwaltungsrat bekannt – die Absichten aller Aktionäre darzulegen, die mehr als 3 % der Stimmrechte besitzen (Art. 31 Abs. 1 UEV). Darüber hinaus sind bereits beschlossene und geplante Abwehrmaßnahmen in den Bericht aufzunehmen (Art. 31 Abs. 2 UEV). Der Verwaltungsrat hat das Recht, nicht aber die Pflicht, eine konkrete Handlungsempfehlung zur Annahme oder Ablehnung des Angebots abzugeben; er kann sich auch darauf beschränken, die Vor- und Nachteile des Angebots darzulegen (Art. 30 Abs. 3 UEV). In jedem Fall ist jedoch eine klare Begründung sowie die Darlegung aller wesentlichen Elemente erforderlich, die die Stellungnahme beeinflusst haben (Art. 30 Abs. 4 UEV). Sofern offensichtlich überwiegende Gesellschaftsinteressen bestehen, können einzelne Informationen im Bericht weggelassen werden (Art. 31 Abs. 3 UEV). Eine Stellungnahme der Arbeitnehmerseite ist nicht vorgesehen. Vorgaben zur Veröffentlichung von Minderheitsmeinungen einzelner Verwaltungsratsmitglieder (split boards) bestehen nicht. Ausdrücklich angeordnet ist jedoch die Verpflichtung, in dem Bericht auf Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Dabei ist insbesondere offen zu legen, ob Verträge oder andere Verbindungen mit dem Bieter bestehen, die Mitglieder auf Antrag des Bieters gewählt wurden oder ob sie wiedergewählt werden sollen. Ferner ist Rechenschaft darüber zu geben, welche Maßnahmen zur Vermeidung von aus Interessenkonflikten resultierenden Nachteilen für die Angebotsempfänger getroffen wurden (Art. 32 UEV).
178
Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft kann bereits im Angebotsprospekt des Bieters veröffentlicht werden. Wird der Bericht nicht im Angebotsprospekt veröffentlicht, muss er spätestens am 15. Börsentag nach Veröffentlichung des Angebots landesweit bekannt gemacht werden (Art. 33 Abs. 1, 2 UEV).
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§ 28 Werbung (1) Um Missständen bei der Werbung im Zusammenhang mit Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren zu begegnen, kann die Bundesanstalt bestimmte Arten der Werbung untersagen. (2) Vor allgemeinen Maßnahmen nach Absatz 1 ist der Beirat zu hören. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . B. Untersagung bestimmter Arten der Werbung (§ 28 Abs. 1 WpÜG) . . . I. Werbung im Zusammenhang mit Angeboten . . . . . . . . . . . . . . . II. Missstand . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Maßstäbe . . . . . . .
. . . . .
1
2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unterbindung des Missstands . . . . . . . . .
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. . . . .
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6 13 13
C. Anhörung des Beirats bei beabsichtigten allgemeinen Maßnahmen (§ 28 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Verhältnis zum UWG und Anwendbarkeit des UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
424 Die Reglung entspricht direkt der ehemaligen Regelung nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 des schweizerischen Bundesgesetzes über die Börsen und den Effekthandel.
Krause/Pötzsch und Assmann
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§ 28 Rz. 1 Werbung Schrifttum: Harrington, Werbung bei Übernahmeangeboten, 2003; Harrington, Werbung und Missstand bei der Werbung gemäß § 28 WpÜG, 2012; Hopt, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, in FS Lutter, 2000, S. 1361; Kort, Rechte und Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei Übernahmeversuchen, in FS Lutter, 2000, S. 1421; Krause, Zur „Pool- und Frontenbildung“ im Übernahmekampf und zur Organzuständigkeit für Abwehrmaßnahmen gegen „feindliche“ Übernahmeangebote, AG 2000, 217; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Riehmer/Schröder, Der Entwurf des Übernahmegesetzes im Lichte von Vodafone/Mannesmann, NZG 2000, 820; Winter/Harbarth, Verhaltenspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmeangeboten, ZIP 2002, 1; Witte, Diskussionsentwurf zur Regelung von Unternehmensübernahmen: Abwehrmöglichkeiten des Vorstands der Zielgesellschaft, BB 2000, 2161. Siehe im Übrigen das Allgemeine Schrifttumsverzeichnis.
A. Einleitung 1
Nicht nur die internationale Erfahrung1, sondern auch das Übernahmeverfahren Vodafone/Mannesmann2, welches – Ende 1999/Anfang 2000 – noch vor Erlass des WpÜG am 20.12.2001 (Einl. Rz. 32) über die Bühne gegangen ist, haben gezeigt, dass öffentliche Angebote regelmäßig von intensiven Werbemaßnahmen sowohl des Bieters wie der Zielgesellschaft begleitet werden. Im Falle Vodafone/Mannesmann etwa nahmen die Werbekampagnen des Bieters und der Zielgesellschaft solche Formen an, dass sich die Übernahmekommission veranlasst sah, die Parteien aufzufordern, auf korrekte Information zu achten. Sicher hätte die Kommission weitergehende Maßnahmen ergriffen, hätte der Übernahmekodex dies zugelassen3.
2
Auch das für die Gewährleistung lauterer Werbung im Geschäftsverkehr maßgebliche UWG vermag in dieser Situation nur beschränkte Hilfe zu bieten: Vor der Reform des UWG durch das Gesetz vom 3.7.20044 hing seine Aktivierung im Ergebnis doch allein von der Bereitschaft des jeweiligen Bieters und der jeweiligen Zielgesellschaft5 ab, Unterlassungsansprüche wegen sittenwidriger oder irreführender Werbung nach §§ 1 (i.V.m. § 2), 3 UWG a.F. und ggf. wegen Kreditschädigung oder Verleumdung auch nach §§ 14, 15 UWG a.F. geltend zu machen6. Hinzu kam, dass sich nach den vorgenannten, auf einen anderen Wettbewerb als den um die Annahmeentscheidung der Aktionäre der Zielgesellschaft zugeschnittenen Vorschriften nur partielle Aspekte dessen erfassen ließen, was man als einen (ein funktionsfähiges Übernahmeverfahren gefährdenden) Missstand bei der Werbung im Rahmen von Angebotsverfahren ansehen könnte. Daran hat sich auch nach der Reform des UWG, die sich in erster Linie auf eine Flurbereinigung des materiellen Unlauterkeitsrechts beschränkt7, nichts Wesentliches geändert. Das gilt insbesondere für die in §§ 8–10 UWG (und namentlich in Bezug auf Zuwiderhandlungen gegen das generalklauselartige Verbot unlauteren Wettbewerbs nach § 3 UWG in § 8 Abs. 3 UWG) beantwortete Frage, wem im Falle des Verstoßes gegen die Verbotstatbestände der §§ 3–7 UWG welche Ansprüche zustehen. Danach ist die Durchsetzung der Regeln des unlauteren Wettbewerbs – sieht man von den strafbewehrten Vorschriften in §§ 16–19 UWG ab – im Kern auch weiterhin Wettbewerbern, Wettbewerbs- und Verbraucherverbänden sowie den Industrie- und Handelskammern und den Handelskammern (siehe § 8 Abs. 3 UWG) zugewiesen. Verbraucher bzw. Anleger gehören jedenfalls nicht und Anlegerschutzverbände nicht ohne weiteres zu den Anspruchsberechtigten. Zur Anwendbarkeit des UWG siehe näher unten Rz. 25 f.
3
Angesichts dessen ist es im Hinblick auf den mit dem WpÜG verfolgten Zweck, ein faires und geordnetes, auf die Schaffung von Transparenz ausgerichtetes Angebotsverfahren zu gewährleisten, folge1 2 3 4 5
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 1, 52. Vgl. Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820. Vgl. Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820. BGBl. I 2004, 1414. Auch das setzte im Hinblick auf die Anwendung von §§ 1 und 3 UWG a.F. voraus, dass man die Werbung des Bieters und der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten als eine solche „im geschäftlichen Verkehr“ und „zu Zwecken des Wettbewerbs“ zu betrachten bereit war. 6 Von den übrigen, zumindest im Hinblick auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen Verstoßes gegen §§ 1, 3 UWG a.F. nach § 13 Abs. 2 UWG a.F. Klagebefugten, kamen allenfalls die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern in Betracht, was unter und neben anderem belegt, dass das Gesetz auf die Kontrolle von Werbekampagnen nicht zugeschnitten war. 7 Vgl. etwa Janssen/Odörfer/Wiume, Das neue UWG, 2004.
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Werbung
Rz. 7 § 28
richtig, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als Aufsichtsbehörde mit § 28 WpÜG eine spezielle Kompetenz zur Missstandsaufsicht über Werbung im Zusammenhang mit Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren zu geben. Dementsprechend ist die Bestimmung auch als besondere Ausprägung der allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG zu betrachten. Das schließt nicht aus, sondern legt es sogar nahe, bei der Missbrauchsaufsicht über Werbung auf die Vorschriften des UWG und namentlich die zu deren Konkretisierung ergangene Rechtsprechung zurückzugreifen. Vorbilder der Vorschrift sind § 23 KWG und § 92 WpHG (§ 36b WpHG a.F.). Eine funktionale Entsprechung findet sie in § 15 WpPG bzw. § 16 VermAnlG (früher zunächst § 8e und dann, ab Juli 2005, § 8j des zwischenzeitlich aufgehobenen VerkProspG), doch sind die Eingriffsbefugnisse der BaFin in diesen Bestimmungen, welche nur auf die Untersagung irreführender Angaben über den Umfang der Prüfung eines Prospekts nach § 13 WpPG bzw. § 8 VermAnlG gerichtet sind, erheblich eingeschränkt. Die Vorschrift ist seit ihrem Erlass nicht geändert worden.
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Rechtspolitisch wäre es erwägenswert (gewesen), Werbung im Zusammenhang mit Wertpapier- 5 erwerbsangeboten grundsätzlich auszuschließen und die Beteiligten auf feste Informationsformen festzulegen. Eine solche Regelung fand sich zunächst in Rule 19.48 und findet sich heute in Rule 20.5.(a) des City Code on Takeovers and Mergers, welche bestimmt: „Except for advertisements which are listed in categories (i) to (v) of paragraph (c) or otherwise with the consent of the Panel, the publication of advertisements during the course of an offer by or on behalf of an offeror or the offeree company is prohibited“. Zur Vermeidung von Überregulierung, von der Art. 19.4 des City Code a.F. und Rule 20.5.(c) mit seinen zahlreichen Rückausnahmen einen Geschmack zu geben vermag, ist der im WpÜG gewählte Weg jedenfalls vorzugswürdig. Auch hätten im Falle eines grundsätzlichen Werbeverbots verfassungsrechtliche Bedenken, namentlich unter dem Gesichtspunkt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, nicht lange auf sich warten lassen.
B. Untersagung bestimmter Arten der Werbung (§ 28 Abs. 1 WpÜG) I. Werbung im Zusammenhang mit Angeboten Die der BaFin durch die Vorschrift eingeräumte Untersagungskompetenz beschränkt sich auf eine solche gegen Werbung im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren. Um wessen Werbung es sich hierbei handelt, ist unerheblich, d.h. als Adressaten der Untersagung kommen nicht nur der Bieter, die mit ihm gemeinsam handelnden Personen, konkurrierende Bieter oder die Zielgesellschaft in Betracht, sondern auch jeder Dritte, der die zu beanstandende Werbung vornimmt9. Die Untersagung kann „sowohl den Inhalt [als] auch den Umfang der Werbung und die zu ihrer Übermittlung eingesetzten Medien zum Gegenstand haben“10.
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Der zur Bestimmung der Regelungsreichweite des § 28 Abs. 1 WpÜG zu Grunde zu legende, der Ab- 7 grenzung zu anderen, von der Vorschrift nicht erfassten Kommunikationsformen dienende Werbebegriff kann sich nur beschränkt an den absatz- oder beschaffungsorientierten Definitionsversuchen orientieren, wie sie im Hinblick auf die werbungsbezogenen Regelungen des UWG entwickelt wurden11. Gleiches gilt für die Auslegung des Begriffs der Werbung, wie er in anderen (darunter auch kapi8 Nachzulesen bei Hirte, WpÜG, S. 349, 446: „The publication of advertisements connected with an offer or potential offer is prohibited unless the advertisement falls within one of the categories listed below“. 9 Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 25, 55; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 18; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 14; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 13. A.A. Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 5, 9, insoweit, als diese Sympathiewerbung Dritter als nicht erfasst ansehen und ein geschäftliches oder kapitalmarktliches Interesse des Dritten verlangen. 10 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 1, 52. 11 Ebenso im Hinblick auf den schutzzweckbezogen auszulegenden Werbungsbegriff in § 23 KWG Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO Nr. 596/2014, 5. Aufl. 2016, § 23 KWG Rz. 6. Anders, sich an den wettbewerbsrechtlichen Werbungsbegriff anlehnend, Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 16 ff.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 4.
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§ 28 Rz. 7 Werbung talmarktrechtlichen) Gesetzen (siehe oben Rz. 4) verwandt wird. Die Auslegung des Begriffs der Werbung in § 28 Abs. 1 WpÜG ist vielmehr an dem durch das WpÜG geschaffenen Ordnungsrahmen von Angeboten und die aus diesem heraus erwachsenden Gesetzlichkeiten von Angeboten auszurichten (dazu im Folgenden, Rz. 8)12. 8
In diesem Sinne ist als Werbung im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren jeder freiwillige (siehe unten Rz. 10), planvolle Einsatz von Maßnahmen, namentlich von Kommunikationsmitteln, anzusehen, der die Angebotsadressaten zur Annahme oder Ablehnung eines Angebots bewegen soll13, sei es durch unmittelbare (allgemein oder direkt, etwa mittels adressierter Mail-Outs oder E-Mails, an die Angebotsadressaten gerichtete) oder sei es durch mittelbare über die Beeinflussung der öffentlichen Meinung (Stimmung) oder der Meinung von Fachleuten (Analysten, Presse) herbeigeführte Ansprache der Angebotsadressaten14. Dabei ist es als unerheblich anzusehen, ob sich die als Werbung in Betracht kommende Maßnahme auf die Übermittlung von Informationen in Gestalt von Tatsachen, Meinungen oder Rechtsauffassungen beschränkt oder (auch) anpreisender oder suggestiver Mittel bedient15. Als Werbung kann deshalb bspw. auch eine Reihe oder gar Serie von Kommentaren oder Informationen zum Angebot angesehen werden16. Von reinen Meinungsäußerungen (insbesondere Dritter), die von § 28 Abs. 1 WpÜG unberührt sind und bleiben müssen17, lässt sich Werbung am besten nach dem Kriterium des planvollen Einsatzes abgrenzen, wie es Bestandteil der vorstehend ausgeführten Definition von Werbung ist; dazu weniger geeignet ist dagegen das Merkmal der Einwirkungsabsicht18, weil selbst reine und singuläre Meinungsäußerungen – ansonsten wären sie ohnehin schon unbeachtlich – regelmäßig mit der Absicht einhergehen, den Erfolg eines Angebots zu beeinflussen.
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Dadurch sind von vornherein Werbemaßnahmen (einschließlich Maßnahmen der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit) des Bieters oder der Zielgesellschaft, die inhaltlich – obschon zeitlich parallel zu einem solchen Angebot vorgenommen – keine konkrete Verbindung zum Angebot aufweisen oder unterschwellig herzustellen versuchen, vielmehr im Rahmen des allgemeinen Geschäftsbetriebs erfolgen, von einer Untersagung nach § 28 WpÜG ausgeschlossen19. Andererseits werden von der Vorschrift aber auch vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 WpÜG vorgenommene Werbemaßnahmen erfasst, wenn sie nur einen hinreichenden sachlichen und zeitlichen Bezug zu dem späteren Angebot aufweisen20. Das dürfte allerdings, nicht zuletzt wegen des straf- bzw. bußgeldbewehrten insiderrechtlichen (§§ 14, 38 Abs. 1 Nr. 1–3 WpHG) und übernahmerechtlichen Verbots der Bekanntgabe einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebots in anderer als der in § 10 Abs. 1 und 3 WpÜG bestimmten Weise (§§ 10 Abs. 3 Satz 3, 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG), in der Praxis kaum vorkommen.
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Auszuscheiden sind dagegen alle nicht freiwilligen, an die Abgabe eines Angebots und das dadurch eingeleitete Angebotsverfahren in seinem jeweiligen Stadium anknüpfenden gesetzlichen oder auf be12 Zustimmend namentlich Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 8. Auch Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 5. 13 Ebenso etwa Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 8. Ähnlich Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 16; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 1; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 4. Weiter Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 4 („Jedes Verhalten, das darauf abzielt oder geeignet ist, die Entscheidung der Aktionäre oder sonstiger Wertpapierinhaber … zu beeinflussen“), und ähnlich Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 5. 14 Ähnlich Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 1. Enger Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 16; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 4. 15 Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 1. 16 Ebenso Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 24. 17 Ebenso Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 6; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 18; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 15; Steinmeyer in Steinmeyer, § 28 WpÜG Rz. 2. 18 So aber Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 15. 19 Ebenso Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 14; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 9. 20 Vgl. Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 8; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 26; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 17, 20. A.A. Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 5.
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Werbung
Rz. 13 § 28
hördlichen Anordnungen beruhenden Handlungs-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten21. Sie sind nicht der Werbung zu dienen bestimmt. Auch wenn sie von den Betroffenen rechtswidrig mit Werbung befrachtet werden, ist es weder geboten noch angemessen, sie nach Maßgabe und nach den Maßstäben von § 28 WpÜG einer Kontrolle zu unterwerfen22. Erfasst werden demgegenüber auf das Angebot eingehende Analysten- und Pressekonferenzen, sog. Road-Shows und sonstige Präsentationen des Unternehmens, weil es nicht darauf ankommt, ob sich die Werbung an einen bestimmten Adressatenkreis oder das Publikum richtet23.
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Die zu beanstandende Werbung muss im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren stehen, was voraussetzt, dass die Werbung der Beeinflussung des Angebots dienen soll (oben Rz. 8). Das ist bei einer im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs des Werbenden24 vorgenommenen Produktwerbung oder allgemeinen Public-Relations- oder Image-Werbung nicht anzunehmen25.
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II. Missstand 1. Begriff und Maßstäbe Die Frage, ob die Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten zum Erwerb 13 von Wertpapieren als Missstand anzusehen sind, ist nicht ausschließlich unter Rückgriff auf die an der Lauterkeit produkt- oder dienstleistungsbezogener Wettbewerbsmaßnahmen ausgerichteten Regeln des UWG zu beantworten. Um als Missstand i.S. des § 28 Abs. 1 WpÜG angesehen werden zu können, müssen die zu beurteilenden Werbemaßnahmen vielmehr – gleich ob sie einen Verstoß gegen Vorschriften des UWG darstellen oder nicht – im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Ordnung von Angebotsverfahren nach Maßgabe der Bestimmungen des WpÜG gewürdigt werden26. Dass eine Werbung gegen Vorschriften des UWG verstößt, kann als Aufgreiftatbestand oder Indiz gelten, rechtfertigt aber noch nicht per se die Annahme eines Missstands27. Umgekehrt setzt ein Missstand i.S. von § 28 Abs. 1 WpÜG nicht notwendigerweise einen Verstoß gegen das UWG (zu dessen Anwendbarkeit unten Rz. 25 f.) voraus28. Das bedeutet, dass Werbemaßnahmen, die – wie bspw. die von der Geschäfts21 So auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 2; im Ansatz ebenso Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 9; Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 6; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 9; Steinmeyer in Steinmeyer, § 28 WpÜG Rz. 2. A.A. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 21, 24; auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 20 in Bezug auf Stellungnahmen nach § 27 WpÜG; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 7. 22 Ebenso Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 9. I.E. auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 2 namentlich zu Stellungnahmen von Vorstand, Aufsichtsrat und Arbeitnehmervertretung. A.A. für in gesetzlich verlangten Dokumenten (wie Stellungnahmen) „versteckte“ Werbung etwa Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 20; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 9. 23 Ebenso Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 4; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 20, 25, 35; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 3; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 8, 10; Steinmeyer in Steinmeyer, § 28 WpÜG Rz. 2; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 11. A.A. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 9; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 22. 24 A.A. selbst für diesen Fall Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 23. 25 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 19; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 4; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 11; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 5, 9; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 8. 26 Vgl. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 38. Dem entspricht die im Hinblick auf den in § 6 Abs. 2 KWG umschriebenen Schutzzweck des KWG und der Aufgaben der BaFin vorzunehmende Auslegung des Missstandsbegriffs in § 23 KWG, etwa Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO Nr. 596/2014, 5. Aufl. 2016, § 23 KWG Rz. 8. 27 Ebenso Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 38; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 7; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 13. Weiter gehend Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 16. 28 Vgl. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 38; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 7; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 15; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 12.
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§ 28 Rz. 13 Werbung führung der Zielgesellschaft ausgehende und in Konflikt mit dem sog. Neutralitätsgebot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG gelangende exzessive Werbung der Zielgesellschaft (dazu näher unten Rz. 16) – nach dem UWG nicht als unlauter (§§ 3–7 UWG), insbesondere nicht als irreführend (§ 5 UWG), zu beanstanden sind, durchaus Missstände nach § 28 Abs. 1 WpÜG darstellen können. 14
In diesem Sinne und entsprechend der Auslegung des in § 4 Abs. 1 Satz 2 WpÜG verwandten Missstandsbegriffs (siehe § 4 WpÜG Rz. 11) stellen Werbemaßnahmen einen Missstand dar, wenn sie (unter besonderer Berücksichtigung der in § 3 WpÜG niedergelegten „allgemeinen Grundsätze“ sowie ihrer speziellen Ausprägungen im Gesetz) die ordnungsgemäße Durchführung von Angeboten erheblich29 beeinträchtigen oder im Zusammenhang mit der Durchführung von Angeboten, unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und des Publikums, erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt mit sich bringen.
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Wie im Zusammenhang mit der Regelung der allgemeinen Missstandsaufsicht durch die BaFin in § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WpÜG ist es auch im Hinblick auf die spezielle Missstandsaufsicht über Werbemaßnahmen nicht erforderlich, dass der Missstand bereits eingetreten ist. Vielmehr ist die BaFin über die Beseitigung eines eingetretenen Missstands hinaus auch befugt, Missständen entgegenzuwirken und ihren Eintritt zu verhindern30. Sowohl durch das einen eingetretenen Missstand beseitigende als auch durch das einem Missstand vorbeugende Einschreiten „begegnet“ die Behörde Missständen31. Folgerichtig ist auch nicht zu verlangen, dass es sich bei dem als Missstand in Betracht kommenden Vorgang um einen dauerhaften, wiederholten oder der Gefahr der Wiederholung oder Nachahmung unterliegenden Regelverstoß handelt32. 2. Einzelfälle
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Dem Umfang nach exzessive Werbung der Zielgesellschaft, die in den Verantwortungsbereich des Vorstands fällt, ist in erster Linie ein verbandsrechtliches Problem (der Zielgesellschaft)33 und kein solches des Angebotsverfahrens34, kann aber unter den Gesichtspunkten der Verletzung der Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft nach § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und der Beeinträchtigung der freien und informierten Entscheidungsfindung der Adressaten des Angebots auch zu einem Missstand im angebotsrechtlichen Sinne werden35. Da bei der Beurteilung dieser Frage auch die Werbemaßnahmen des Bieters – auf die zu reagieren dem Vorstand der Zielgesellschaft nicht generell untersagt ist – zu beachten sind, können auch diese zu einem Missstand werden, zumal dann, wenn sich Bieter- und Zielgesellschaft in ihren Werbekampagnen gegenseitig hochschaukeln.
29 Für das Erfordernis einer erheblichen Beeinträchtigung etwa auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 34; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 22 („gewisse Intensität“). 30 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 1, 52. Siehe auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 36; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 13; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 18; Steinmeyer in Steinmeyer, § 28 WpÜG Rz. 3; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 12. Für Missstandsmaßnahmen der BaFin nach § 23 KWG auch Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRRVO Nr. 596/2014, 5. Aufl. 2016, § 23 KWG Rz. 8 (Maßnahmen gegen zu befürchtenden Missstand). 31 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 1, 52. 32 Ebenso Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 35. A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 22. 33 Wie hier auch Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 10 zu Fn. 12. Im Verbandsrecht wird diese Werbung allerdings dahingehend behandelt, dass Werbung der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten als Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands weder der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf noch im Wege der Aktionärsklage angegriffen werden kann. Siehe LG Düsseldorf v. 14.12.1999 – 10 O 495/99 Q – Mannesmann/Vodafone, AG 2000, 233; Krause, AG 2000, 217 ff.; Liebscher, ZIP 2001, 853, 867; Witte, BB 2000, 2161, 2163 f. A.A. Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1440 f.; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 17 f., unter Berufung auf § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG als Kompetenznorm. 34 In diesem Ausgangspunkt übereinstimmend etwa Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 47; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 10; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 15. 35 Ähnlich Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 17; Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 47.
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Assmann
Werbung
Rz. 23 § 28
Eine Werbung des Bieters, die geeignet ist, über den Umfang der Prüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin irrezuführen, kann (wie u.a. auch in § 15 Abs. 6 Satz 2 WpPG und § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 VermAnlG zum Ausdruck kommt) einen Missstand darstellen. Gleiches gilt für Werbung unter Hinweis auf eine behördliche Beaufsichtigung des Verfahrens36.
17
Werbung der Zielgesellschaft, die auf die Nationalität des Bieters (oder Ansässigkeit der Bietergesellschaft im Ausland) oder die Gefährdung nationaler Interessen als Konsequenz eines erfolgreichen Angebots abstellt, ist nicht per se als Missstand zu betrachten, kann aber nach der Art und Intensität, in der solche Argumente vorgetragen werden, zu einem solchen werden37. Das gilt erst recht für den Fall, dass die diesbezüglichen (Meinungs-)Äußerungen schlechterdings jeglicher sachlichen Rechtfertigung entbehren. Hier ist allerdings ein (u.a. durch die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit geprägter) Bereich betroffen, in dem die BaFin Zurückhaltung zu üben hat.
18
Entsprechendes gilt für andere, negative Folgen einer erfolgreichen Übernahme ausmalende Aussagen in der Werbung der Zielgesellschaft, gegen die vorzugehen erst in dem Falle als gerechtfertigt erscheint, dass sie Ausmaße erreicht, welche sie als eine unlautere Werbung mit Angst oder mit Gefühlen38 in einer für geordnete Verfahren (siehe Rz. 14) nicht hinnehmbaren Form39 erscheinen lassen.
19
III. Unterbindung des Missstands Missständen bei der Werbung vermag die BaFin nach § 28 Abs. 1 WpÜG nur in der Weise zu begegnen, 20 dass sie bestimmte Arten der Werbung im Hinblick auf ihren Inhalt, ihren Umfang als auch ihrer Übermittlung durch bestimmte Medien (siehe oben Rz. 6) untersagt. Die Untersagung liegt dagegen im Ermessen der Behörde. Adressat der Untersagungsverfügung ist derjenige, der auf die zu beanstandende Weise wirbt (siehe oben Rz. 6). Die Untersagung kann sich sowohl gegen spezielle Werbemaßnahmen in einem konkreten Übernahmeverfahren als auch generell gegen bestimmte Werbemaßnahmen in Angebotsverfahren richten40. Das ergibt sich schon daraus, dass § 28 Abs. 2 WpÜG von der BaFin verlangt, vor der Ergreifung einer „allgemeinen Maßnahme“ den Beirat anzuhören.
21
Dadurch, dass die Bundesanstalt nur bestimmte Arten der Werbung untersagen kann, ergeben sich praktisch keine Einschränkungen ihrer Untersagungsbefugnisse. Soweit sie gegen bestimmte Werbemethoden (Werbeformen), wie etwa die telefonische Ansprache von Angebotsadressaten im Wege des „cold calling“, vorgehen will, steht außer Frage, dass es sich bei einer hiergegen gerichteten Untersagungsverfügung um eine solche handeln würde, die eine bestimmte Art der Werbung verbietet. In gleicher Weise ist aber auch die Werbeaussage41 selbst, d.h. ihr Inhalt, eine Art der Werbung: Deshalb kann die Behörde nicht nur gegen bspw. Fehlvorstellungen hervorrufende, Ängste erzeugende und für die eigene Sache nützliche oder nationale Ressentiments aufbauende Slogans als spezifischen Arten sittenwidriger oder irreführender Werbung vorgehen, sondern auch gegen schlichte Falschangaben in Anzeigen, soweit sie einen Missstand darstellen, d.h. die ordnungsgemäße Durchführung von Angeboten wegen der Irreführung oder Täuschung namentlich der Angebotsadressaten erheblich beeinträchtigen. M.a.W. ist die Werbung mit Falschangaben in gleicher Weise eine Art der Werbung wie die unlautere, insbesondere irreführende. Gleiches gilt für den Umfang der Werbung.
22
Wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Anordnung der BaFin nach § 28 Abs. 1 WpÜG zuwiderhandelt, begeht nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG eine Ordnungswidrigkeit.
23
36 Auch Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 22. 37 Vgl. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 44; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 22; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 16. 38 Ähnlich auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 44; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 22. 39 Ebenso Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 8 („nur in extremen Ausnahmefällen“ ein Missstand). 40 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 1, 52. Siehe auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 54. 41 Ebenso Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 16.
Assmann
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§ 28 Rz. 24 Werbung
C. Anhörung des Beirats bei beabsichtigten allgemeinen Maßnahmen (§ 28 Abs. 2 WpÜG) 24
Bevor die BaFin generell bestimmte Werbeformen oder Werbeaussagen untersagt (siehe oben Rz. 21), ist nach § 28 Abs. 2 WpÜG der Beirat zu hören. An den Rat oder einen Beschluss des Beirats ist die Behörde nicht gebunden42. Verfügungen („allgemeine Maßnahmen“, „Allgemeinverfügungen“) nach § 28 Abs. 1 WpÜG sind, auch wenn sie – entgegen § 28 Abs. 2 WpÜG – ohne vorherige Anhörung des Beirats ergingen, wirksam43 und von Dritten nicht anzugreifen.
D. Verhältnis zum UWG und Anwendbarkeit des UWG 25
Die Vorschriften des UWG sind neben § 28 WpÜG unbeschränkt anwendbar44.
26
Sowohl der Bieter und konkurrierende Bieter als auch potentielle Bieter, das Zielunternehmen oder der werbende Dritte können – unter sich und im Verhältnis zum Zielunternehmen45 – Mitbewerber i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sein, sofern zwischen ihnen nur ein konkretes Wettbewerbsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG)46 besteht. Dabei ist nicht allein auf das Wettbewerbsverhältnis im Zusammenhang mit einem Angebotsverfahren abzustellen, sondern auch auf das der fraglichen Unternehmen in Bezug auf die Förderung des eigenen oder fremden Absatzes oder Bezugs von Waren oder den Bezug von Dienstleistungen i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Deshalb ist sowohl das Verhalten des Bieters als auch dasjenige des Zielunternehmens im Angebotsverfahren, obwohl nur mittelbar auf die Förderung des jeweils eigenen oder fremden Absatzes oder Bezugs von Waren oder den Bezug von Dienstleistungen bezogen, als eine Wettbewerbshandlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu betrachten.
42 Vgl. Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 65; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 31; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 28 WpÜG Rz. 15; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 21. 43 Ebenso Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 28 WpÜG Rz. 18. A.A. Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 28 WpÜG Rz. 21 („rechtswidrig“); Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 67, der die Maßnahme unter dieser Voraussetzung für rechtswidrig und vom Adressaten – wer ist das? – nach § 48 WpÜG für angreifbar erklärt; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 31, beschränkt sich auf das Urteil „rechtswidrig“; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 22, setzt den Vorbehalt hinzu: „soweit sie (d.h. die Maßnahme, d. Verf.) den Charakter eines Verwaltungsakts hat“; mit der gleichen Einschränkung Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 19. 44 I.E. ebenso Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 37; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 35; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 29. 45 Ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Bieter und Zielunternehmen bejahen (noch nach dem UWG a.F.) auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 37; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 35; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 29. 46 Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis liegt nach der Begründung zum RegE zum neuen UWG, BT-Drucks. 15/1487 v. 22.8.2003, S. 1, 16, vor, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselbeziehung besteht. Vgl. auch Harbarth in Baums/Thoma/Verse, § 28 WpÜG Rz. 37; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 28 WpÜG Rz. 29.
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Assmann
Abschnitt 4 Übernahmeangebote
§ 29 Begriffsbestimmungen (1) Übernahmeangebote sind Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind. (2) Kontrolle ist das Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft aus dem Bieter gehörenden Aktien der Zielgesellschaft oder dem Bieter nach § 30 zugerechneten Stimmrechten an der Zielgesellschaft. Stimmrechte aus Aktien, die zu einem von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Sondervermögen gehören, das kein Spezialsondervermögen ist und dessen Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen, gelten für die Anwendung von Satz 1 als Stimmrechte der Kapitalverwaltungsgesellschaft. A. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. I. II. III.
Übernahmeangebote (§ 29 Abs. 1 WpÜG) Zweck der Norm . . . . . . . . . . . . . . . Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbare Vorschriften . . . . . . . . . .
C. Kontrolle (§ 29 Abs. 2WpÜG) . I. Begriff der Kontrollerlangung . . II. Berechnung der Kontrollschwelle 1. Vorzugsaktien . . . . . . . . . 2. Kapitalmaßnahmen . . . . . .
. . . . .
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1
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2 2 4 7
. . . . .
8 8 17 18 19
3. 4. 5. 6. 7.
Mehrstimmrechte . . . . . . . . . . . . . Stimmrechtseinschränkungen . . . . . . Halten der Stimmrechte . . . . . . . . . Zurechnung von Stimmrechten . . . . . Kapitalverwaltungsgesellschaften (§ 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . 8. Mittelbarer Kontrollerwerb . . . . . . . 9. Berechnung des Stimmrechtsanteils bei der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Befreiungsmöglichkeiten . . . . . . . . . .
. . . .
20 21 22 23
. .
24 24
. .
25 26
Schrifttum: Assmann, Verhaltensregeln für freiwillige öffentliche Übernahmeangebote, AG 1995, 563; Assmann, Übernahmeangebote im Gefüge des Kapitalmarktrechts, insbesondere im Lichte des Insiderrechts, der Ad-hoc-Publizität und des Manipulationsverbots, ZGR 2002, 697; Benner-Heinacher, Mindeststandards für Übernahmeregelungen in Deutschland, DB 1997, 2521; Börsensachverständigenkommission, Standpunkte zur künftigen Regelung von Unternehmensübernahmen, 1999; Fleischer/Körber, Der Rückerwerb eigener Aktien und das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BB 2001, 2589; Harbarth, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, ZIP 2002, 321; Houben, Die Gestaltung des Pflichtangebots unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes und der effizienten Allokation der Unternehmenskontrolle, WM 2000, 1873; Lenz/Behnke, Das WpÜG im Praxistest – Ein Jahr Angebotsverfahren unter der Regie des neuen Gesetzes, BKR 2003, 43; Liebscher, Das Übernahmeverfahren nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2001, 853; Pötzsch/Möller, Das künftige Übernahmerecht, WM 2000, Sonderbeil. 2; Mülbert, Übernahmerecht zwischen Kapitalmarktrecht und Aktien(konzern)recht – die konzeptionelle Schwachstelle des RegE WpÜG, ZIP 2001, 1221; Santelmann, Notwendige Mindesterwerbsschwellen bei Übernahmeangeboten, AG 2002, 497; Scholz, Das Übernahme- und Pflichtangebot bei der KGaA, NZG 2006, 445; Schuster, Neue Regeln für Übernahmen, Die Bank 1995, 609; Strenger, Das deutsche Übernahmegesetz, WM 2000, 952.
A. Übersicht Das WpÜG regelt öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 1 WpÜG). Dabei unterscheidet es zwischen drei Arten von Angeboten: den so genannten einfachen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren (Abschnitt 3, §§ 10–28 WpÜG), den Übernahmeangeboten (Abschnitt 4, §§ 29–34 WpÜG) und den Pflichtangeboten (Abschnitt 5, §§ 35–39 WpÜG). Bei der materiellrechtlichen Regelung dieser Arten von Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren bedient sich der Gesetzgeber des Baukastenprinzips (vgl. Einl. Rz. 39, § 10 WpÜG Rz. 1 f.): Die Vorschriften über einfache Erwerbsangebote im 3. Abschnitt enthalten Bestimmungen, die grundsätzlich für alle öffentlichen Angebote zum Erwerb von Wertpapieren gelten; für Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle über eine Zielgesellschaft gerichtet sind, enthält der 4. Abschnitt zusätzliche spezielle Regeln; und auf Pflichtangebote schließlich finden die Vorschriften des 5. Abschnitts Anwendung, die wiedeAssmann/Favoccia
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§ 29 Rz. 1 Begriffsbestimmungen rum auf den Bestimmungen des 3. und des 4. Abschnitts aufbauen und ihrerseits spezielle Regelungen für Angebote enthalten, die diejenige Person abzugeben hat, die unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt hat (§ 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Zwar definiert § 29 WpÜG lediglich den Begriff des Übernahmeangebots (Abs. 1) und den hierfür maßgeblichen Begriff der Kontrolle (Abs. 2 Satz 1), um auf diese Weise den Anwendungsbereich der Vorschriften des Abschnitts 4 (§§ 29–34 WpÜG) zu bestimmen, doch dient sie damit mittelbar auch der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Vorschriften über einfache Erwerbsangebote im 3. Abschnitt, dem keine Definition eines einfachen Erwerbsangebots vorausgestellt ist, so dass sich diese als öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren (i.S. von § 1 WpÜG) umschreiben lassen, die nicht auf den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft (i.S. von § 29 WpÜG) gerichtet sind. Darüber hinaus ist die Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft, wie sie in § 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG definiert ist, eine der zentralen Voraussetzungen, unter denen nach § 35 Abs. 1 WpÜG eine Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots entsteht.
B. Übernahmeangebote (§ 29 Abs. 1 WpÜG) I. Zweck der Norm 2
Die Bestimmung dient zum einen der Definition der Begriffe „Übernahmeangebote“ und „Kontrolle“ und trifft zum anderen eine Bestimmung über den Anwendungsbereich des Abschnitts 4 (Übernahmeangebote) insgesamt.
3
In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die grundsätzliche Frage, warum der Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, freiwillige Übernahmeangebote einem speziellen Regelungsregime zu unterwerfen und in zentralen Bereichen den Pflichtangeboten gleichzustellen (vgl. Rz. 7)1. Dies gilt sicherlich in besonderem Maße für die gesetzliche Anordnung, dass auch Übernahmeangebote der Mindestpreisregelung (§ 31 WpÜG) unterliegen. Der grundsätzlichen regulatorischen Gleichbehandlung von freiwilligen Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten liegt die Überlegung zugrunde, dass jemand, der eine Kontrollmehrheit aufgrund eines freiwilligen Übernahmeangebots erlangt hat, nicht verpflichtet sein soll, im Anschluss an dieses Übernahmeangebot nunmehr ein weiteres – diesmal als Pflichtangebot ausgestaltetes – Angebot abzugeben, da dies zu unnötigem Zeit- und Kostenaufwand führen würde. Eine solche „befreiende Wirkung“ des freiwilligen Angebots im Hinblick auf ein nachfolgendes Pflichtangebot ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn das freiwillige Übernahmeangebot bereits den Anforderungen unterliegt, die für ein Pflichtangebot gelten, da ansonsten die für ein Pflichtangebot geltenden Schutzmechanismen durch ein freiwilliges Übernahmeangebot unterlaufen werden könnten2.
II. Definition 4
Aus dem Gesetz ergibt sich, dass es sich bei Übernahmeangeboten um freiwillige öffentliche Angebote handelt, die auf den Erwerb der Kontrolle in Bezug auf die Zielgesellschaft des Angebots gerichtet sind. Übernahmeangebote können als Kauf- oder Tauschangebote (§ 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG), aber nur als Vollangebote und nicht als Teilangebote (§ 32 WpÜG) abgegeben werden. Die Frage, wann ein Angebot auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet ist, ist anhand eines objektiven Maßstabs zu beantworten, wohingegen die – subjektiven – Vorstellungen und mit dem Angebot verfolgten Absichten des Bieters unbeachtlich sind3. Es genügt, dass das Angebot nach seinen Bedingungen bei dessen vollständiger
1 Kritisch hierzu Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1223 ff., 1229. 2 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 3 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 44 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 20; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 18; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 4; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 29 WpÜG Rz. 2; Sohbi in Heidel, § 29 WpÜG Rz. 2; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 16.
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Assmann/Favoccia
Begriffsbestimmungen
Rz. 5 § 29
Annahme zum Erwerb der Kontrolle des Bieters führen würde4. Somit ist für das Vorliegen eines Übernahmeangebots nicht erforderlich, dass der Bieter nach Abschluss des Angebotsverfahrens auch tatsächlich über 30 % der Stimmrechte an der Zielgesellschaft verfügt5. Für den Beurteilungszeitpunkt ergibt sich hieraus das Erfordernis einer Ex-ante Betrachtung6. Maßgeblich sollte somit im Ausgangspunkt sein, dass zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots – d.h. mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 WpÜG die Möglichkeit besteht, dass der Bieter die Kontrolle erlangt7. Dies wiederum ist zu ermitteln unter Berücksichtigung einerseits der Gesamtzahl der Stimmrechte in Bezug auf die Zielgesellschaft (siehe unten Rz. 17 ff.), andererseits der Zahl der vom Bieter (unter Abzug der – etwa nach § 20 und § 36 WpÜG nicht zu berücksichtigenden oder ihm nach § 30 WpÜG zuzurechnenden Stimmrechte) gehaltenen Stimmrechte und seines daraus zu ermittelnden Stimmrechtsanteils sowie der maximal vom Bieter mittels des Angebots zu erlangenden Stimmrechte. Es wäre allerdings nicht sachgerecht, auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage abzustellen, wenn der Bieter ein freiwilliges Angebot nach § 10 WpÜG ankündigt und dann bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage durch unbedingte Vorerwerbe oder aufgrund Zurechnung die 30 %-Schwelle im Kontext des Übernahmevorhabens bereits überschreitet. Wollte man es hier für entscheidend halten, dass der Bieter im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage bereits die Kontrolle hat, dann würde das den in diesen Fällen bestehenden zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem vom Bieter gewollten Übernahmeangebot künstlich ausblenden. Der Bieter muss dann nicht auf ein Pflichtangebot umstellen, sondern kann weiterhin ein freiwilliges Übernahmeangebot veröffentlichen. Der Bieter muss bei Überschreiten der 30 %-Schwelle auch keine Mitteilung nach § 35 Abs. 1 WpÜG veröffentlichen8. Und ist erst einmal ein Übernahmeangebot abgegeben, so scheidet jede anderweitige Qualifikation desselben auch dann aus, wenn sich danach die Umstände so geändert haben, dass die Kontrollerlangung ausgeschlossen ist9. Auch die europäische Übernahmerichtlinie10 stellt bei der Definition des „Übernahmeangebots“ in der Form des freiwilligen Angebots darauf ab, dass das Angebot den Erwerb der Kontrolle der Zielgesellschaft zum Ziel hat (Art. 2 Abs. 1 lit. a). Im Interesse der Schutzbedürftigkeit der Anleger sind auch 4 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 39, 44; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 21; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 6. 5 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 44 („Allein die theoretische Möglichkeit … ist ausreichend“); Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 21; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 18; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 3; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 6; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 14. 6 Siehe von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 44, 47 ff.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 30; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 5; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 21. 7 Wobei die Details nicht einheitlich beurteilt werden: v. Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 49; 59 (Angebotsveröffentlichung; spätere Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen); Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 13, 30; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 7. Davon abweichend werden andere Zeitpunkte benannt. Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 WpÜG Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 10; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 18. 8 So auch die Praxis der BaFin, vgl. dazu auch Merkblatt zur Auslegung des § 35 Abs. 3 WpÜG durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 12.7.2007, insbesondere Fallgruppe 1, abrufbar unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/WA/mb_070712_35wpueg.html; siehe auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 10, der zu Recht auf das fehlende Schutzbedürfnis der Aktionäre hinweist; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht, § 11 Rz. 383. Im Ergebnis auch Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 12 (ein nach § 10 WpÜG angekündigtes Übernahmeangebot kann in diesem Fall weiter verfolgt und mit befreiender Wirkung (§ 35 Abs. 3 WpÜG) durchgeführt werden, obgleich das Angebot im eigentlichen Sinne nicht mehr auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet ist); a.A. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 21 f.; Assmann in Assmann/Pötzsch/Uwe H. Schneider, 2. Aufl. 2013, § 29 WpÜG Rz. 6. 9 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 59 ff.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 8; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 10; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 21. 10 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EU Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1581.
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§ 29 Rz. 5 Begriffsbestimmungen hier objektive Kriterien bei der näheren Bestimmung des Begriffs des Übernahmeangebots zugrunde zu legen; Bedarf für eine Anpassung des WpÜG auf Grund europäischen Rechts ergibt sich damit nicht. 6
Durch das Erfordernis, dass Übernahmeangebote auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sein müssen, ergibt sich, dass Angebote, mit denen nur eine Beteiligung an einer Gesellschaft unterhalb der Kontrollschwelle angestrebt wird – so genannte Einstiegsangebote – keine Übernahmeangebote sind und damit nur dem allgemein für einfache öffentliche Erwerbsangebote geltenden 3. Abschnitt unterfallen. Wird bei einem Einstiegsangebot allerdings die Kontrollschwelle erreicht, ist der Bieter zur Abgabe eines Pflichtangebots verpflichtet. Der sicherste Weg, ein solches Pflichtangebot als Folge eines Einstiegsangebots zu vermeiden, besteht darin, es als Teilangebot i.S.d. § 19 WpÜG abzugeben, d.h. es auf den Erwerb eines bestimmten Anteils oder einer bestimmten Anzahl von Wertpapieren der Zielgesellschaft zu beschränken. § 29 Abs. 1 WpÜG unterfallen ebenfalls nicht solche öffentlichen Angebote, die aus einer bereits bestehenden Kontrollstellung heraus erfolgen und auf die Festigung dieser Position gerichtet sind – so genannte Aufstockungsangebote11.
III. Anwendbare Vorschriften 7
Für Übernahmeangebote finden neben den Vorschriften des 3. Abschnitts die Sonderregelungen des 4. Abschnitts Anwendung. Damit gelten für Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind, besondere Vorgaben im Hinblick auf die Art und Höhe der zu gewährenden Gegenleistung (§ 31 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngVO), auf die Pflicht zum Vollangebot (§ 32 WpÜG) sowie auf die besonderen Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft (§ 33 WpÜG).
C. Kontrolle (§ 29 Abs. 2 WpÜG) I. Begriff der Kontrollerlangung 8
Das Gesetz geht von der Kontrolle an einer Gesellschaft aus, wenn mindestens 30 % der Stimmrechte an dem Zielunternehmen gehalten werden. Abzustellen ist ausschließlich auf den Stimmrechtsanteil des Bieters; sein Anteil am Kapital der Zielgesellschaft ist unerheblich12. Die Einführung einer Kontrollschwelle von 30 % der Stimmrechte war insbesondere im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens stark umstritten. Teilweise wurde gefordert, völlig auf eine prozentuale Festlegung im Gesetz zu verzichten13. Andere sprachen sich wiederum für eine niedrigere14 bzw. eine höhere15 Kontrollschwelle aus.
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Die europäische Übernahmerichtlinie (siehe oben Rz. 5) macht hinsichtlich des Kontrollbegriffs keine verbindlichen Vorgaben. Vielmehr bestimmt Art. 5 Abs. 3, dass der Stimmrechtsanteil, der eine Kontrolle im Sinne der Richtlinie begründet, und die Art der Berechnung dieses Anteils sich nach den Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, bestimmen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Grenze von 30 % an Regelungen in anderen europäischen Staaten orientiert. Gleiche bzw. vergleichbare Schwellenwerte haben neben Großbritannien (mindestens 30 %) und
11 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 18; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 17; Harbarth, ZIP 2002, 321, 324; Liebscher, ZIP 2001, 853, 857; Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1225 mit Fn. 31; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 4, 6; Pötzsch/Möller, WM 2000, Sonderbeil. 2, S. 17; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 6. 12 Unstreitig. Vgl. etwa von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 75; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 40; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 14; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 15. 13 Benner-Heinacher, DB 1997, 2521, 2522. 14 Strenger, WM 2000, 952. 15 Börsensachverständigenkommission, Standpunkte, 1999, S. 16; Assmann, AG 1995, 563, 571; Schuster, Die Bank 1995, 609, 611 f.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 12 § 29
Österreich (mehr als 30 %) auch die Schweiz (ein Drittel) und Frankreich (mehr als ein Drittel)16. Darüber hinaus zeigen – ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs – die Präsenzen in den Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen, dass bei einer Beteiligung von 30 % in den meisten Fällen eine Hauptversammlungsmehrheit besteht17. Das ist nach wie vor so. Die Möglichkeiten der Stimmabgabe durch Briefwahl (§ 118 Abs. 2 AktG) haben das nicht wesentlich geändert. Mit Blick auf die Planungssicherheit der beteiligten Unternehmen sowie die größere Rechtssicherheit sowohl für Bieter und Zielgesellschaft und deren Aktionäre einerseits als auch für die Aufsichtsbehörde andererseits war einem festen Prozentsatz der Vorzug zu geben; der für die Praxis notwendigen Flexibilität kann durch die Befreiungstatbestände der §§ 36 und 37 WpÜG Rechnung getragen werden18. Der (formelle) übernahmerechtliche Kontrollbegriff steht somit neben dem aktienrechtlichen (materiellen) Abhängigkeitsbegriff19. Die Abhängigkeit einer Gesellschaft nach § 17 Abs. 1 AktG kann demnach im Einzelfall zu bejahen sein, ohne dass die Kontrollschwelle erreicht wird20. Umgekehrt kann ein Gesellschafter die übernahmerechtliche Kontrollschwelle überschritten haben, obwohl die Gesellschaft von einem anderen Gesellschafter (etwa mit höherem Stimmrechtsanteil) i.S.d. § 17 Abs. 1 AktG abhängig ist21. In diesen Fällen kommt dann eine Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Übernahmeangebots in Betracht (§ 37 Abs. 2 Satz 1 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 1 der WpÜG-Angebotsverordnung).
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Das Auseinanderfallen von aktienrechtlichem Abhängigkeitstatbestand und übernahmerechtlichem Kontrolltatbestand zieht die Frage nach möglichen Schutzlücken nach sich, die es ggf. zu schließen gilt. Dies könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn sich die an einer börsennotierten Gesellschaft bisher von mehreren Personen gemeinsam ausgeübte Kontrolle zu einer alleinigen – faktischen – Kontrolle eines Mehrheitsaktionärs wandelt22. Hierbei sind verschiedene Fragestellungen zu unterscheiden: (1) Besteht ein Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre, wenn die bislang von mehreren Gesellschaftern gemeinsam ausgeübte Kontrolle zu einer alleinigen Kontrolle eines Aktionärs aus dem bisherigen Kreis der kontrollierenden Gesellschafter wird? (2) Bejaht man ein solches grundsätzliches Schutzbedürfnis, welche Anforderungen sind an einen derartigen Kontrollwechsel im Sinne des WpÜG zu stellen?
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Ein Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre mit der Folge der Verpflichtung zur Unterbreitung 12 eines Pflichtangebotes beim Wechsel von einer gemeinsamen zu einer alleinigen Kontrolle könnte mit dem Argument verneint werden, dass die kontrollierenden Mehrheitsgesellschafter zum Zeitpunkt der Beteiligung an dem Unternehmen den übrigen Aktionären bekannt waren und sie jederzeit damit rechnen mussten, dass sich die gemeinsame Kontrolle zu einer alleinigen Kontrolle eines der Mehrheitsgesellschafter wandeln kann. Diese Sichtweise würde indes verkennen, dass sich durch den Wech16 Rule 9.1 City Code on Takeovers and Mergers; § 2 Abs. 2 des österreichischen Übernahmegesetzes; Art. 135 Abs. 1 des schweizer Finanzmarktinfrastrukturgesetzes; Artikel 5-5-2 der französischen Generalverordnung der CMF vom 18.12.2000. 17 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. 18 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 111 f. 19 BGH v. 15.12.2011 – I ZR 129/10, AG 2012, 594, 596: „Die Vorschrift des § 29 Abs. 2 WpÜG enthält … eine eigenständige, an den spezifischen Zwecken des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes ausgerichtete Begriffsbestimmung, die die in anderen Gesetzen verwendeten Kontrollbegriffe unberührt lässt und umgekehrt auch nicht mit dem Begriff der konzernrechtlichen Abhängigkeit nach § 17 AktG gleichgesetzt werden kann“. Siehe auch Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 37; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 73, 79 f.; Harbarth, ZIP 2002, 321, 323; Noack in Schwark/ Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 22. 20 Für eine tatbestandliche Harmonisierung der Voraussetzungen der aktienrechtlichen Abhängigkeit und des Kontrollbegriffs des WpÜG Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1225 ff. 21 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 37. 22 Mit dieser Fragestellung musste sich die Bundesanstalt im Fall France Telekom S.A./MobilCom AG beschäftigen. Die Bundesanstalt hat im Ergebnis die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebotes durch France Telekom S.A. an die Aktionäre der MobilCom AG verneint, da ein Kontrollwechsel bei MobilCom AG nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2002 nicht stattgefunden habe. Vielmehr sei ein Pflichtangebot erst dann abzugeben, wenn France Telekom S.A. 30 % der Stimmrechte an der MobilCom AG unmittelbar hält und damit die alleinige Kontrolle erlangt, vgl. Pressemitteilung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 1.8.2002; vgl. zu dieser Fragestellung auch Verse, NZG 2009, 1331.
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§ 29 Rz. 12 Begriffsbestimmungen sel der Kontrolle auf einen Aktionär die Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen erheblich geändert haben. Der Alleinkontrolleur braucht bei der geschäftspolitischen Ausrichtung nunmehr keine Rücksicht mehr auf andere Gesellschafter und mögliche Absprachen mit diesen zu nehmen. Gerade bei Beteiligung von Wettbewerbern an einem dritten Unternehmen wird regelmäßig von einem „check and balance“ der Mitgesellschafter auszugehen sein. Dieses Gleichgewicht geht bei einem Wechsel von gemeinsamer Kontrolle zu alleiniger Kontrolle verloren. Ausfluss dieser veränderten Machtverhältnisse könnte beispielsweise sein, dass der Alleinkontrolleur beschließt, mit dem Ziel der Gewinnung von Synergien die Zielgesellschaft in die eigene Unternehmensorganisation einzubinden. Dies spricht insgesamt dafür, bei einem Wechsel von gemeinsamer Kontrolle zu alleiniger Kontrolle einen Kontrollwechsel zu bejahen und den Alleinkontrolleur zur Abgabe eines Angebots nach § 35 WpÜG zu verpflichten23. 13
Hinsichtlich der Anforderungen an den Kontrollbegriff des WpÜG hat der Gesetzgeber sich dafür entschieden, an einen bestimmten Stimmrechtsanteil anzuknüpfen. Dies bedeutet für den Fall des Ausscheidens eines Mehrheitsgesellschafters bei gleichzeitigem Erwerb dieser Anteile durch einen bisherigen Mitkontrolleur, dessen unmittelbar von ihm gehaltener Stimmrechtsanteil vor dem Erwerb unterhalb von 30 % lag, dass ein Kontrollwechsel stattgefunden hat. Dementsprechend stellt ein öffentliches Angebot, mit dem die Position des bisherigen Kontrollgesellschafters ausgetauscht werden soll, ein Angebot dar, das auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet ist24.
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Schwieriger ist dagegen die rechtliche Beurteilung, wenn es bei der bisherigen Zusammensetzung der Mehrheitsgesellschafter mit der entsprechenden Stimmrechtsverteilung bleibt25, sich aber innerhalb dieses Kreises der Mehrheitsgesellschafter die Machtverhältnisse derart verschoben haben, dass aus der bisherigen gemeinsamen Kontrolle der Gesellschafter – faktisch – eine Alleinkontrolle eines Gesellschafters geworden ist. Diese kann beispielsweise daraus resultieren, dass einer der Gesellschafter seinen bisherigen Einfluss auf Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft an den anderen Mehrheitsgesellschafter verloren hat. Für die Frage der Kontrolle sind neben den vom Aktionär selbst gehaltenen Stimmrechtsanteilen die Stimmrechte maßgeblich, die ihm nach § 30 WpÜG zugerechnet werden. Bei der gemeinsamen Kontrollausübung ist insbesondere der Tatbestand des § 30 Abs. 2 WpÜG einschlägig. Danach erfolgt eine wechselseitige Zurechnung der Stimmrechte in voller Höhe, sofern der Bieter (oder sein Tochterunternehmen) mit einem Dritten sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft in nach § 30 Abs. 2 WpÜG relevanter Weise abstimmt (vgl. hierzu Ausführungen zu § 30 WpÜG Rz. 144 ff.). Solange diese Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern besteht, erfolgt auch die wechselseitige Zurechnung. Haben sich die Machtverhältnisse in einem Unternehmen nunmehr gleichwohl derart verändert, dass maßgebliche Entscheidungen der Geschäftspolitik nur durch einen Mehrheitsaktionär bestimmt werden, besteht aus Sicht der Minderheitsaktionäre oftmals kein Unterschied zu dem Fall der Veräußerung der Anteile eines Mehrheitsaktionärs an den anderen. Demzufolge könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass der Inhaber der – faktischen – Alleinkontrolle verpflichtet ist, den übrigen Aktionären der Zielgesellschaft ein Angebot zu unterbreiten.
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Dagegen sprechen jedoch der Wortlaut des § 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG und die Intention des Gesetzgebers. § 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG definiert die Kontrolle als das Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Der Gesetzgeber hat sich damit für einen festen Grenzwert entschieden, bei dessen Erreichen die Kontrolle vermutet wird. Ein Abweichen hiervon sieht das Gesetz nur nach „oben“ vor, d.h. in bestimmten Fällen wird die Kontrolle trotz des Erreichens der 30 %-Schwelle verneint (vgl. § 36 und § 37 WpÜG i.V.m. §§ 8 ff. WpÜG-AngVO). Ausnahmeregelungen, nach denen die Kontrolle auch dann zu bejahen ist, wenn der Anteilsbesitz weniger als 30 % beträgt, enthält das Gesetz nicht. Hintergrund für das Fehlen derartiger Sonderregelungen sind die mit diesen einhergehenden Rechtsunsicherheiten, da diese „implizite“ Kontrollausübung häufig nur sehr
23 Vgl. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 35 WpÜG Rz. 128-134. 24 Vgl. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 17; Harbarth, ZIP 2002, 321, 323; Lenz/Behnke, BKR 2003, 43, 49; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 29 WpÜG Rz. 8. 25 Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Bundesanstalt über ein mögliches Pflichtangebot von France Telekom S.A. an die Aktionäre der MobilCom AG hielt France Telekom 28,5 % und der frühere Vorstandschef und Unternehmensgründer von MobilCom, Gerhard Schmidt, knapp 50 %.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 19 § 29
schwer feststellbar sein wird26. Diese Rechtsunsicherheit wollte der Gesetzgeber aber gerade vermeiden27. Gegen eine Ausweitung des Kontrollbegriffs auf Fälle der faktischen Kontrolle spricht auch das 16 Problem der Abgrenzbarkeit. Auch außerhalb des Falls des Übergangs der faktischen Kontrolle von mehreren Gesellschaftern auf einen einzelnen sind Konstellationen denkbar, bei denen Beteiligungen unterhalb von 30 % erworben werden und mit diesem Stimmrechtsanteil in einem Unternehmen, beispielsweise auf Grund sehr geringer HV-Präsenzen, faktisch die Kontrolle ausgeübt wird. Auch in diesen Fällen ist zu konstatieren, dass sich der Gesetzgeber mit der Einführung einer festen Kontrollschwelle dafür entschieden hat, bei Beteiligungen unterhalb von 30 % das Instrumentarium des WpÜG für Pflichtangebote aus den zuvor genannten Gründen nicht zur Anwendung kommen zu lassen.
II. Berechnung der Kontrollschwelle Bei der Berechnung der prozentualen Höhe der Stimmrechte und bei der Kontrollschwelle ist jeweils 17 auf die Gesamtzahl der stimmberechtigten Aktien, nicht auf die Hautversammlungspräsenzen der jeweiligen Gesellschaft abzustellen. Vorteil dieser Betrachtungsweise ist, dass die gesetzlichen Vorgaben eindeutig und Beteiligungsverhältnisse leichter zu ermitteln sind. Die Gesamtzahl der stimmberechtigten Aktien ist wiederum ins Verhältnis zu den vom Bieter gehaltenen Stimmrechten zu setzen. Bei der Bestimmung der beiden Gruppen ergeben sich zahlreiche Einzelfragen. 1. Vorzugsaktien Bei der Berechnung der Kontrollschwelle bleiben stimmrechtslose Vorzugsaktien regelmäßig unberücksichtigt28. Eine Einbeziehung in den Stimmrechtsanteil erfolgt jedoch dann, wenn das Stimmrecht unter den Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 AktG wieder auflebt29. In einem solchen Fall stehen Vorzugsaktionären die gleichen Stimmrechte zu wie den Stammaktionären und demzufolge die gleichen Einflussmöglichkeiten auf die weitere Entwicklung des Unternehmens; damit ist auch der sachliche Grund für eine unterschiedliche Bewertung im Rahmen der Berechnung des Stimmrechtsanteils entfallen.
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2. Kapitalmaßnahmen Auf die Bestimmung des Stimmrechtsanteils und des Zeitpunkts, zu dem eine Kontrollposition erlangt wird, wirken sich auch Kapitalmaßnahmen der Zielgesellschaft aus. Dies ist jedoch erst zu dem Zeitpunkt der Fall, in dem die jeweilige Kapitalmaßnahme rechtswirksam eintritt; der bloße Beschluss einer Kapitalmaßnahme reicht dazu nicht aus30: Im Fall der Kapitalerhöhung verändert sich das Grundkapital mit der Eintragung der Durchführung der Erhöhung (§ 189 AktG). Handelt es sich um einen Fall der ordentlichen Kapitalherabsetzung, ist der Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses der Hauptversammlung über die Herabsetzung des Grundkapitals maßgeblich (§ 224 AktG). Werden die Aktien eingezogen, ist entweder auf den Zeitpunkt der Eintragung des HV-Beschlusses oder aber, sofern die Einziehung der Aktien nachfolgt, auf den Zeitpunkt der Einziehung abzustellen. Überschreitet ein Aktionär durch die Einziehung von Aktien die Kontrollschwelle, kann die Bundesanstalt auf Antrag gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 5 WpÜG-AngVO von der Pflicht zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG befreien. Bei bedingten Kapitalerhöhungen ist auf den Zeitpunkt der Ausgabe der neuen Aktien abzustellen, da diese Kapitalmaßnahme erst mit Ausgabe der Bezugsaktien wirksam wird (§ 200 AktG). Mit Kapitalmaßnahmen während einer laufenden Übernah26 Houben, WM 2000, 1873, 1878. 27 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. 28 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 86; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 30; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 20. 29 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 87; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 20; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 26. 30 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 87; Harbarth, ZIP 2002, 321, 325.
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§ 29 Rz. 19 Begriffsbestimmungen me kann der Bieter mit seiner Beteiligung auch wieder unter die Kontrollschwelle verwässert werden mit der Folge, dass bei späterem Überschreiten der 30 %-Schwelle erneut ein Übernahme- oder ein Pflichtangebot abzugeben wäre. Daher ist vor allem bei feindlichen Übernahmen zu überlegen, ob der Bieter sein Angebot unter die Bedingung stellen sollte, dass die Zielgesellschaft keine Kapitalmaßnahmen oder nur in einem bestimmten Umfang vornimmt (vgl. hierzu Ausführungen zu § 18 WpÜG Rz. 83). 3. Mehrstimmrechte 20
Hat die Zielgesellschaft von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, Mehrstimmrechtsaktien beizubehalten (§ 5 Abs. 1 bis 6 EGAktG), sind diese mit der Anzahl der durch sie verkörperten Stimmen bei der Ermittlung des Stimmrechtsanteils zu berücksichtigen31. Eine kontrollierende Beteiligung ist auch dann gegeben, wenn die Mehrstimmrechte auf einzelne Beschlussgegenstände beschränkt werden und die Kontrollschwelle nur bei Beschlussgegenständen erreicht wird, die von untergeordneter Bedeutung sind32. In diesem Fall kommt jedoch eine Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach § 37 Abs. 1 WpÜG in Betracht33. 4. Stimmrechtseinschränkungen
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Bestehende Hindernisse bei der Ausübung der Stimmrechte stehen der Berücksichtigung der betroffenen Aktien bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Stimmrechte, anhand derer die Kontrollschwelle zu ermitteln ist, nicht entgegen34. Entsprechend der Regelung im WpHG zur Berechnung des meldepflichtigen Stimmrechtsanteils35 sind Aktien, bei denen gesetzlich ein Ruhen der Stimmrechte angeordnet ist (§ 44 WpHG, § 59 WpÜG), bei der Ermittlung der 30 %-Schwelle zu berücksichtigen36. Das Gleiche gilt bei eigenen Aktien der Zielgesellschaft37 oder im Fall wechselseitiger Beteiligungen (§ 328 Abs. 1 Satz 1 AktG)38. Für die Berücksichtigung dieser Aktien spricht, dass ihr Inhaber über die Wertpapiere verfügen kann, nur an der Ausübung der Stimmrechte gehindert ist. 5. Halten der Stimmrechte
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Die Kontrolle setzt das Halten der Stimmrechte voraus. Damit umschreibt das Gesetz zum einen, dass der Bieter Aktionär der Zielgesellschaft sein muss, da er nur als solcher befugt ist, das Stimmrecht auszuüben (vgl. § 12 Abs. 1, § 29 Abs. 2 Satz 1 AktG). Schon daraus folgt, dass derjenige, der nur Vertreter oder gar nur Stimmrechtsvertreter des Aktionärs ist, nicht derjenige ist, der das Stimmrecht aus
31 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 89; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 27; vgl. zur Parallelproblematik in § 33 WpHG Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/ Mülbert, § 33 WpHG Rz. 37 ff. 32 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 89; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 35. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 49. 33 Harbarth, ZIP 2002, 321, 326. 34 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. 35 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 33 WpHG Rz. 57. 36 Ebenso Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 22, 27. 37 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. Ferner von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 141; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 59; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 38; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 33; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 26; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 31. Siehe auch Jahresbericht der BaFin 2014, S. 234 zur Änderung der Verwaltungspraxis zur Stimmrechtszurechnung eigener Aktien über Tochterunternehmen; eigene Aktien im Besitz von Tochterunternehmen werden nicht mehr zugerechnet, vor allem um den sich in der Praxis ansonsten ergebenden Problemen (v.a. wegen der knappen Fristen im Rahmen von Befreiungsanträgen nach § 37 WpÜG und Stimmrechtsmitteilungen nach WpHG) Rechnung zu tragen. A.A. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593 f.; Harbarth, ZIP 2002, 321, 326 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 56 (mit anderweitigem Vorschlag). 38 So auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 27; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 31.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 22 § 29
den Aktien der Gesellschaft hält39. Das schließt es nicht aus, dass einem Bieter die Stimmrechte, die er als Vertreter für Dritte ausüben kann, nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG zugerechnet werden. Zum anderen setzt das Halten der Stimmrechte voraus, dass der Bieter für eine gewisse Dauer Aktionär der Zielgesellschaft ist40. Dies ist für die Frage der Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebotes von Bedeutung. Dabei macht die Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 WpÜG deutlich, dass nicht jede (sei es auch noch so kurzzeitige) Verfügungsbefugnis über Aktien die Pflicht zur Abgabe eines Angebots auslöst. Darüber hinaus muss der Bieter Kenntnis von seiner Beteiligung in Höhe der Kontrolle haben bzw. hätte nach den Umständen um seine Kontrollstellung wissen müssen41. In der Regel hält derjenige die Stimmrechte an der Zielgesellschaft, der Eigentümer der Wertpapiere ist, welche die Stimmrechte gewähren42. Dabei kommt es auf den Rechtsgrund der Eigentumserlangung nicht an. Deshalb ist auch derjenige Halter, dem im Zuge der Wertpapierleihe Wertpapiere darlehensweise übereignet wurden43. Seine Qualifikation als Halter von Stimmrechten verliert der Eigentümer der Wertpapiere erst im Falle des Eigentumsverlusts. Halter ist der Eigentümer von Aktien deshalb auch dann, wenn er zwar schuldrechtlich zur Übertragung von Aktien der Zielgesellschaft verpflichtet ist, diese aber noch nicht übereignet wurden44. Ebenso verhält es sich selbst für den Fall, dass bereits ein dingliches Anwartschaftsrecht an der Aktie begründet wurde45. Da für den Erwerb von Namensaktien die Eintragung im Aktienregister keine Voraussetzung ist, sondern lediglich ein Hindernis für die Wahrnehmung des Stimmrechts darstellt, ist Halter des Stimmrechts auch derjenige Aktionär, der noch nicht im Aktienregister eingetragen ist46. Wurden die Wertpapiere dem Bieter zur Sicherheit übereignet, so hält er als Eigentümer der Wertpapiere – mangels anderweitiger Vereinbarungen über die Stimmrechtsausübung – die Stimmrechte aus den ihm übereigneten Papieren47. Entsprechendes gilt für die Sicherungsübereignung von Wertpapieren durch den Bieter an einen Dritten, doch sind dem Bieter in diesem Falle die Stimmrechte aus den zur Sicherheit übertragenen Aktien aufgrund der bieterspezifischen Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG zuzurechnen, es sei denn, der Dritte ist zur Ausübung der Stimmrechte aus diesen Aktien befugt und bekundet die Absicht, die Stimmrechte unabhängig von den Wertungen des Bieters auszuüben. Sieht die Sicherungsübereignung im Hinblick auf die Stimmrechtsausübung eine anderweitige Regelung vor, so kommt eine Zurechnung der Stimmrechte aus den zur Sicherheit übertragenen Papieren nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG in Betracht. Entsprechendes gilt in Bezug auf die einer Bank übertragenen Wertpapiere, für die Depositary Receipts – bekanntestes Beispiel sind die American Depositary Receipts (ADR’s) – ausgegeben werden48. Im Übrigen sind bei der Ermittlung der Stimmrechte nach § 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG die Zurechnungstatbestände des § 30 WpÜG zu berücksichtigen (siehe Rz. 23).
39 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 40; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 21; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 18. 40 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 19 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 46. 41 Für eine Unkenntnis genügt nicht, dass der Aktionär davon ausgeht, seine Anteile bereits wirksam auf Dritte übertragen zu haben, und sich später herausstellt, dass die Übertragung wegen Verstoßes gegen § 191 AktG nichtig war, vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 30.1.2005 – WpÜG Owi 1/04, NZG 2006, 792. 42 LG Frankfurt a.M. v. 13.3.2009 – 3-5 O 328/08, AG 2009, 422, 423 unter 2.b). Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 94; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 40; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 20; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 21; Sohbi in Heidel, § 29 WpÜG Rz. 2; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 18. 43 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 95. 44 OLG Frankfurt a.M. v. 30.11.2005 – WpÜG-Owi 1/04, AG 2006, 798, 799 unter 1.a) am Ende und in dieser Sache auch BGH v. 31.5.2006 – 2 ARs 78/06 2 AR 8/06, wistra 2006, 391; LG Frankfurt a.M. v. 13.3.2009 – 3-5 O 328/08, AG 2009, 422, 423 unter 2.b). Siehe auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 95; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 46 f.; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 24. 45 Siehe von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 95 mit dem Hinweis, hier komme eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG an den Erwerber in Betracht. 46 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 100; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 36. 47 Vgl. Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 18. 48 Vgl. Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 18.
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§ 29 Rz. 23 Begriffsbestimmungen 6. Zurechnung von Stimmrechten 23
Bei der Ermittlung der Stimmrechte sind die Zurechnungstatbestände des § 30 WpÜG einzubeziehen. Unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 und 2 WpÜG werden Stimmrechte aus Aktien, die nicht im Eigentum des Bieters stehen, diesem für die Berechnung des Stimmrechtsanteils zugerechnet. Von besonderer praktischer Bedeutung sind dabei die Zurechnungstatbestände des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG (Stimmrechte aus Aktien, die einem Tochterunternehmen gehören), des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG (Stimmrechte aus Aktien, die einem Dritten gehören und von diesem für Rechnung des Bieters gehalten werden) sowie des § 30 Abs. 2 WpÜG (Stimmrechte aus Aktien, die einem Dritten gehören, und eine Bindung bei der Ausübung der Stimmrechte aufgrund einer „acting in concert“-Vereinbarung zwischen Bieter oder seinem Tochterunternehmen mit dem Dritten besteht). Zu den Einzelheiten und den weiteren Zurechnungstatbeständen siehe die Ausführungen zu § 30 WpÜG. 7. Kapitalverwaltungsgesellschaften (§ 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG)
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Stimmrechte aus Aktien, die zu einem von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Sondervermögen gehören, das kein Spezialsondervermögen ist und dessen Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen (sog. Miteigentumslösung, siehe dazu § 30 WpÜG Rz. 59), gelten gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG bei der Berechnung der Kontrollschwelle nach Abs. 2 Satz 1 als Stimmrechte der Kapitalverwaltungsgesellschaft (siehe zur fehlenden Erforderlichkeit einer solchen Zurechnung bei Kapitalverwaltungsgesellschaften mit sog. Treuhandlösung § 30 WpÜG Rz. 59). Als Halter der Stimmrechte gilt somit die Kapitalverwaltungsgesellschaft, nicht der Anleger.49 Die Aufnahme dieser Sondervorschrift für Kapitalverwaltungsgesellschaften in das WpÜG erfolgte aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom 20.11.2015.50 Die zuvor bestehende Rechtslage wurde hierdurch nicht geändert.51 Vielmehr wurde lediglich die zuvor in § 94 Abs. 2 Satz 3 KAGB a.F. befindliche Regelung in das WpÜG überführt.52 8. Mittelbarer Kontrollerwerb
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Ein Wertpapiererwerbsangebot, das nicht auf den Erwerb der Kontrolle der Zielgesellschaft des Angebots gerichtet ist – etwa weil es sich um ein Aufstockungsangebot aus einer bereits bestehenden Kontrollstellung heraus handelt (siehe oben Rz. 6) –, wird nicht etwa dadurch zu einem Übernahmeangebot, dass der Bieter mit dem Erwerb der Wertpapiere der Zielgesellschaft (und gegebenenfalls durch die Zurechnung von deren Wertpapierbesitz entsprechend § 30 WpÜG sowie die Hinzurechnung seines eigenen Wertpapierbesitzes) auch die Kontrolle über eine Tochtergesellschaft der Zielgesellschaft oder über ein bislang nicht konzerneingebundenes drittes Unternehmen erlangt. Ebenso wenig wird ein Übernahmeangebot in Bezug auf Wertpapiere der Zielgesellschaft zu einem Übernahmeangebot auch in Bezug auf die Tochterunternehmen der Zielgesellschaft53. Vielmehr kann ein solcher mittelbarer Kontrollerwerb allenfalls zur Folge haben, dass der Bieter nach Kontrollerlangung über die Zielgesellschaft ein Pflichtangebot in Bezug auf die Wertpapiere des Tochterunternehmens nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 WpÜG abzugeben hat. Entscheidend ist mithin, dass die Frage, ob ein Wertpapiererwerbsangebot auf die Erlangung der Kontrolle gerichtet ist, immer nur im Hinblick auf das Unter-
49 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 45a; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 45; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht, § 11 Rz. 70 und Rz. 276. 50 BGBl. I 2015 S. 2029. 51 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 45; vgl. zur bisherigen Rechtslage Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 30; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 128 f.; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 39 ff. 52 BT-Drucks. 18/5010, 56. S. auch § 30 WpÜG Rz. 58; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 12; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, Handbuch Übernahmerecht, § 11 Rz. 70; vgl. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 34. 53 Unklar die 1. Aufl. Wie jetzt hier ausgeführt auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 50 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 28 f.; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 18; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 10; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 15.
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Assmann/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
§ 30
nehmen (die Zielgesellschaft) zu beantworten ist, auf dessen Wertpapiere sich das Angebot beziehen soll54. 9. Berechnung des Stimmrechtsanteils bei der KGaA Die Berechnung des Stimmrechtsanteils bei der KGaA erfolgt wie bei der AG nach dem Verhältnis der absoluten Zahl der Stimmrechte zu den vom Bieter gehaltenen oder ihm zuzurechnenden Stimmrechten. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts ändert hieran auch nichts die Tatsache, dass einerseits die Aktien dem Bieter lediglich eine Stellung als Kommanditist verschaffen und andererseits aber die Beschlüsse der Hauptversammlung unter dem Zustimmungsvorbehalt des Komplementärs stehen55.
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III. Befreiungsmöglichkeiten Die Bundesanstalt kann von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG unter den Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 WpÜG befreien. Die Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG ist im Gegensatz zu § 36 WpÜG eine Ermessensentscheidung. Gründe für eine Befreiung können sich u.a. auf Grund der Art des Erlangens der Kontrolle, der mit dem Erlangen der Kontrolle beabsichtigten Zielsetzung oder der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle ergeben. Eine Konkretisierung des gesetzlichen Tatbestandes erfolgt in § 9 WpÜG-AngVO (zu den Einzelheiten siehe Ausführungen zu § 37 WpÜG).
§ 30 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung (1) Stimmrechten des Bieters stehen Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft gleich, 1. die einem Tochterunternehmen des Bieters gehören, 2. die einem Dritten gehören und von ihm für Rechnung des Bieters gehalten werden, 3. die der Bieter einem Dritten als Sicherheit übertragen hat, es sei denn, der Dritte ist zur Ausübung der Stimmrechte aus diesen Aktien befugt und bekundet die Absicht, die Stimmrechte unabhängig von den Weisungen des Bieters auszuüben, 4. an denen zugunsten des Bieters ein Nießbrauch bestellt ist, 5. die der Bieter durch eine Willenserklärung erwerben kann, 6. die dem Bieter anvertraut sind oder aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben kann, sofern er die Stimmrechte aus diesen Aktien nach eigenem Ermessen ausüben kann, wenn keine besonderen Weisungen des Aktionärs vorliegen, 7. aus denen der Bieter die Stimmrechte auf Grund einer Vereinbarung, die eine zeitweilige Übertragung der Stimmrechte ohne die damit verbundenen Aktien gegen Gegenleistung vorsieht, ausüben kann, 8. die bei dem Bieter als Sicherheit verwahrt werden, sofern dieser die Stimmrechte hält und die Absicht bekundet, sie auszuüben. 54 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 51; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 29; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 18; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 7; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 10. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 36 f. 55 Ganz h.M., vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 39; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 7, 15; Scholz, NZG 2006, 445; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 25; jetzt auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 17, der allerdings eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG in Betracht zieht.
Assmann/Favoccia und Uwe H. Schneider/Favoccia
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§ 30
nehmen (die Zielgesellschaft) zu beantworten ist, auf dessen Wertpapiere sich das Angebot beziehen soll54. 9. Berechnung des Stimmrechtsanteils bei der KGaA Die Berechnung des Stimmrechtsanteils bei der KGaA erfolgt wie bei der AG nach dem Verhältnis der absoluten Zahl der Stimmrechte zu den vom Bieter gehaltenen oder ihm zuzurechnenden Stimmrechten. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts ändert hieran auch nichts die Tatsache, dass einerseits die Aktien dem Bieter lediglich eine Stellung als Kommanditist verschaffen und andererseits aber die Beschlüsse der Hauptversammlung unter dem Zustimmungsvorbehalt des Komplementärs stehen55.
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III. Befreiungsmöglichkeiten Die Bundesanstalt kann von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG unter den Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 WpÜG befreien. Die Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG ist im Gegensatz zu § 36 WpÜG eine Ermessensentscheidung. Gründe für eine Befreiung können sich u.a. auf Grund der Art des Erlangens der Kontrolle, der mit dem Erlangen der Kontrolle beabsichtigten Zielsetzung oder der tatsächlichen Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle ergeben. Eine Konkretisierung des gesetzlichen Tatbestandes erfolgt in § 9 WpÜG-AngVO (zu den Einzelheiten siehe Ausführungen zu § 37 WpÜG).
§ 30 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung (1) Stimmrechten des Bieters stehen Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft gleich, 1. die einem Tochterunternehmen des Bieters gehören, 2. die einem Dritten gehören und von ihm für Rechnung des Bieters gehalten werden, 3. die der Bieter einem Dritten als Sicherheit übertragen hat, es sei denn, der Dritte ist zur Ausübung der Stimmrechte aus diesen Aktien befugt und bekundet die Absicht, die Stimmrechte unabhängig von den Weisungen des Bieters auszuüben, 4. an denen zugunsten des Bieters ein Nießbrauch bestellt ist, 5. die der Bieter durch eine Willenserklärung erwerben kann, 6. die dem Bieter anvertraut sind oder aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben kann, sofern er die Stimmrechte aus diesen Aktien nach eigenem Ermessen ausüben kann, wenn keine besonderen Weisungen des Aktionärs vorliegen, 7. aus denen der Bieter die Stimmrechte auf Grund einer Vereinbarung, die eine zeitweilige Übertragung der Stimmrechte ohne die damit verbundenen Aktien gegen Gegenleistung vorsieht, ausüben kann, 8. die bei dem Bieter als Sicherheit verwahrt werden, sofern dieser die Stimmrechte hält und die Absicht bekundet, sie auszuüben. 54 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 51; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 29; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 18; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 7; Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 10. A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 36 f. 55 Ganz h.M., vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 29 WpÜG Rz. 39; Noack in Schwark/Zimmer, § 29 WpÜG Rz. 7, 15; Scholz, NZG 2006, 445; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 29 WpÜG Rz. 25; jetzt auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 29 WpÜG Rz. 17, der allerdings eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG in Betracht zieht.
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§ 30 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung Für die Zurechnung nach Satz 1 Nummer 2 bis 8 stehen dem Bieter Tochterunternehmen des Bieters gleich. Stimmrechte des Tochterunternehmens werden dem Bieter in voller Höhe zugerechnet. (2) Dem Bieter werden auch Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft in voller Höhe zugerechnet, mit dem der Bieter oder sein Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmt; ausgenommen sind Vereinbarungen in Einzelfällen. Ein abgestimmtes Verhalten setzt voraus, dass der Bieter oder sein Tochterunternehmen und der Dritte sich über die Ausübung von Stimmrechten verständigen oder mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft in sonstiger Weise zusammenwirken. Für die Berechnung des Stimmrechtsanteils des Dritten gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Für die Zurechnung nach dieser Vorschrift gilt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen hinsichtlich der Beteiligungen, die von ihm im Rahmen einer Wertpapierdienstleistung nach § 2 Absatz 8 Satz 1 Nummer 7 des Wertpapierhandelsgesetzes verwaltet werden, unter den folgenden Voraussetzungen nicht als Tochterunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 6: 1. das Wertpapierdienstleistungsunternehmen übt die Stimmrechte, die mit den betreffenden Aktien verbunden sind, unabhängig vom Bieter aus, 2. das Wertpapierdienstleistungsunternehmen a) darf die Stimmrechte nur aufgrund von in schriftlicher Form oder über elektronische Hilfsmittel erteilten Weisungen ausüben oder b) stellt durch geeignete Vorkehrungen sicher, dass die Finanzportfolioverwaltung unabhängig von anderen Dienstleistungen und unter Bedingungen erfolgt, die gleichwertig sind denen der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABI. L 302 vom 17.11.2009, S. 32) in der jeweils geltenden Fassung, 3. der Bieter teilt der Bundesanstalt den Namen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens und die für dessen Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen Behörde mit und 4. der Bieter erklärt gegenüber der Bundesanstalt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind. (4) Für die Zurechnung nach dieser Vorschrift gelten Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs und EU-Verwaltungsgesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kapitalanlagegesetzbuchs hinsichtlich der Beteiligungen, die zu den von ihnen verwalteten Investmentvermögen gehören, unter den folgenden Voraussetzungen nicht als Tochterunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 6: 1. die Verwaltungsgesellschaft übt ihre Stimmrechte unabhängig vom Bieter aus, 2. die zum verwalteten Investmentvermögen gehörenden Beteiligungen im Sinne der §§ 29 und 30 werden nach Maßgabe der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/91/EU (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 186) geändert worden ist, verwaltet, 3. das Mutterunternehmen teilt der Bundesanstalt den Namen dieser Verwaltungsgesellschaft und die für deren Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen mit und 4. das Mutterunternehmen erklärt gegenüber der Bundesanstalt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind. (5) Ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, das nach § 32 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 des Kreditwesengesetzes einer Zulassung für die Finanzportfolioverwaltung oder einer Erlaubnis nach § 20 oder § 113 des Kapitalanlagegesetzbuchs bedürfte, wenn es seinen Sitz oder seine Hauptverwaltung im Inland hätte, gilt nicht als Tochterunternehmen im Sinne dieses Abschnitts, wenn 758
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§ 30
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
1. das Unternehmen bezüglich seiner Unabhängigkeit Anforderungen genügt, die denen nach Absatz 3 oder Absatz 4, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 7, jeweils gleichwertig sind, 2. der Bieter der Bundesanstalt den Namen dieses Unternehmens und die für dessen Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen Behörde mitteilt und 3. der Bieter gegenüber der Bundesanstalt erklärt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind. (6) Abweichend von den Absätzen 3 bis 5 gelten Wertpapierdienstleistungs-unternehmen und Verwaltungsgesellschaften jedoch dann als Tochterunter-nehmen im Sinne des § 2 Absatz 6, wenn 1. der Bieter oder ein anderes Tochterunternehmen des Bieters seinerseits Anteile an der von dem Unternehmen verwalteten Beteiligung hält und 2. das Unternehmen die Stimmrechte, die mit diesen Beteiligungen verbunden sind, nicht nach freiem Ermessen, sondern nur auf Grund unmittelbarer oder mittelbarer Weisungen ausüben kann, die ihm vom Bieter oder von einem anderen Tochterunternehmen des Bieters erteilt werden. (7) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über die Umstände, unter denen in den Fällen der Absätze 3 bis 6 eine Unabhängigkeit des Unternehmens vom Bieter gegeben ist. A. Regelungsgegenstand und Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
B. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . .
5
C. Verhältnis zur Zurechnung nach § 34 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
D. I. II. III. IV.
Eigenständige Auslegung . . . . . . Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . Auslegung nach Sinn und Zweck . . Unterschiedliche Rechtsfolgen . . . Unterschiedlicher unionsrechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . V. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . E. Der Grundsatz der mehrfachen Zurechnung . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
13 13 14 17
. . . . . . . .
20 21
. . . .
22
F. Der Grundsatz der Kettenzurechnung . . I. Regelungsproblem . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzlich geregelte Kettenzurechnung (§ 30 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesetzlich nicht geregelte Kettenzurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Information und Auskunft . . . . . . . . . I. Informationseinholungspflicht des Bieters . II. Auskunftsrecht des Bieters . . . . . . . . . . III. Informationspflicht des Aktionärs gegenüber dem Bieter . . . . . . . . . . . . H. Einem Tochterunternehmen gehören (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) oder zugerechnet werden (§ 30 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tochterunternehmen . . . . . . . . . . . . . II. Mutterunternehmen . . . . . . . . . . . . . III. KG und GmbH & Co. KG . . . . . . . . . .
23 23
24 27 28 28 30 32
33 33 43 45
IV. Mehrstufiger Konzern . . . . . . . . . . . . V. Mehrfache Abhängigkeit, gemeinsame Beherrschung (Gemeinschaftsunternehmen) . VI. Ausnahme für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 30 Abs. 3 WpÜG) . . . . . VII. Ausnahme für Kapitalverwaltungsgesellschaften (§ 30 Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . VIII. Rückausnahme für Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Verwaltungsgesellschaften (§ 30 Abs. 6 WpÜG) . . . . . IX. Verordnungsermächtigung zur Bestimmung der Unabhängigkeit des Wertpapierdienstleistungsunternehmens vom Bieter (§ 30 Abs. 7 WpÜG) . . . . . . J. Für Rechnung des Bieters gehalten (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) . . . . I. Der Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auslegung nach Sinn und Zweck . . . . . III. Einem Dritten gehören . . . . . . . . . . IV. „Für Rechnung“ gehalten . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliche Chancen und Risiken . 2. Einfluss auf die Stimmrechtsausübung V. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Holding und Vermögensverwaltungsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Holdingstrukturen . . . . . . . . . . . 2. Vorschaltgesellschaften . . . . . . . . . 3. Kapitalverwaltungsgesellschaften . . . VII. Wertpapierdarlehen und Wertpapierpensionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Darlehensnehmer als Bieter . . . . 3. Der Darlehensgeber als Bieter . . . . . 4. Kettenleihe . . . . . . . . . . . . . . . .
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48 50 53 58
62
63
. . . . . . . .
64 64 66 67 69 69 71 73
. . . .
84 85 87 89
. . . . .
90 90 95 98 100
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§ 30 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung 5. Wertpapierpensionsgeschäft, RepoAgreement und Sell-BuybackArrangement . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Kommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . IX. Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K. Einem Dritten als Sicherheit übertragen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) . . . . .
. 101 . 103 . 104 . 105
L. Zu Gunsten des Bieters einen Nießbrauch bestellt (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 M. Durch eine Willenserklärung erwerben kann (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG) . I. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Einseitiges Dingliches Erwerbsrecht . . . III. Bedingte Erwerbsrechte . . . . . . . . . . N. Dem Bieter anvertraut oder „aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben kann“ (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . II. Nach eigenem Ermessen . . . . . . . . . . III. Vollmachtstreuhand und Kapitalverwaltungsgesellschaften . . . . . . . . . IV. Depotstimmrecht der Kreditinstitute . . . O. Übertragung nur von Stimmrechten (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpÜG) . . . . .
. . . .
113 113 114 118
. 120 . 120 . 127 . 129 . 133 . 137
P. Beim Bieter als Sicherheit verwahrt (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WpÜG) . . . . . . 141 Q. Sein Verhalten mit dem Bieter abgestimmt (§ 30 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . I. Regelungsgegenstand und Regelungszweck II. Gleichwertigkeit mit Unionsrecht . . . . . . III. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . IV. Beteiligte der Vereinbarung oder Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mehrere Beteiligte . . . . . . . . . . . . . 2. Gemeinsamer Vertreter . . . . . . . . . . V. Form des abgestimmten Verhaltens . . . . . VI. Der Gegenstand des abgestimmten Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft; Parallelerwerb . . . . . . . . . . . 2. Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten (Fallgruppe 1) . . . . . . a) Bewusste Koordination . . . . . . . .
144 144 145 147 150 150 155 158 162 162 165 166
b) Nachhaltige Beeinflussung der Unternehmenspolitik der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtslage zu § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG a.F. . . . . . . . . . . . . cc) Neufassung von § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG durch das Risikobegrenzungsgesetz . . . . . . . . dd) Sinn und Zweck von § 30 Abs. 2 WpÜG . . . . . . . . ee) Gesetzessystematik; Erwerb von Kontrolle . . . . . . . . . . ff) Europarechtliche Grundlagen . gg) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenwirken in sonstiger Weise mit dem Ziel der Änderung der Unternehmensausrichtung (Fallgruppe 2) . . a) Die Ausgangslage . . . . . . . . . . . b) Zusammenwirken in sonstiger Weise . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Änderung der unternehmerischen Ausrichtung . . . . . . . . . . . . . . 4. Einzelfallausnahme . . . . . . . . . . . . VII. Rechtsfolge: gegenseitige Zurechnung in voller Höhe . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Beweislast und Beweisführung . . . . . . . IX. Ausgewählte Fallgestaltungen . . . . . . . . 1. Gemeinsame Beratung und Aktionärsforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Abstimmung im Aufsichtsrat . . . 3. Poolvereinbarungen . . . . . . . . . . . 4. Nahe Verwandte und Familien-Pools . 5. Gesellschaft und ihre geschäftsführenden Organmitglieder . . . . . . . . . . 6. Berater, Rechtsanwälte . . . . . . . . . 7. Konzerninterne Vereinbarung . . . . . 8. Parallelerwerb . . . . . . . . . . . . . . 9. Standstill . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. M&A Verträge . . . . . . . . . . . . . . a) Absprachen zum passiven Schutz des Status quo . . . . . . . . . . . . b) Verschriftlichung vertraglicher oder gesetzlicher Nebenpflichten . . c) Darüber hinausgehende Interessenschutzklausel . . . . . . . . . . . R. Abschließender Katalog von Zurechnungstatbeständen? . . . . . . . . . . . . .
167 167 168 169 172 173 174 177
178 178 180 181 186 192 196 199 199 201 203 205 208 209 211 213 214 215 216 218 219 220
Schrifttum: Anders/Filgut, Abgestimmte Stimmrechtsausübung – Ist die Einzelfallausnahme systemwidrig?, ZIP 2010, 1115; Arnold, Die neue konzernweite Stimmrechtszurechnung gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG, AG 2006, 567; Bachmann, Rechtsfragen der Wertpapierleihe, ZHR 173 (2009), 596; Berding, Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Grundsätze im Übernahmerecht, WM 2002, 1149; Berger/Filgut, „Acting in Concert“ nach § 30 Abs. 2 WpÜG, AG 2004, 592; Borges, Acting in Concert: Vom Schreckgespenst zur praxistauglichen Zurechnungsnorm, ZIP 2007, 357; Braun, Das einflusslose Mitglied im Stimmrechtspool, NZG 2008, 928; Brellochs, Konkretisierung des Acting in Concert durch den BGH, AG 2019, 29; Brellochs, Die Neuregelung der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungspublizität – Anmerkungen aus Sicht der M&A- und Kapitalmarktpraxis, AG 2016, 157; Brellochs, Die
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
§ 30
Auslegung der kapitalmarktrechtlichen Melde- und Zurechnungsnormen im Licht der BGH-Rechtsprechung, ZIP 2011, 2225; Buck-Heeb, Acting in Concert und Verhaltensabstimmung im Einzelfall, BKR 2019, 8; Burgard/Heimann, Beteiligungspublizität nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, WM 2015, 1445, von Bülow, Acting in Concert: Anwendungsprobleme des neuen Zurechnungstatbestands, in Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 137; von Bülow, Angebotspflicht auf Grund acting in concert bei Aufsichtsratswahl?, in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141; von Bülow/Bücker, Abgestimmtes Verhalten im Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht, ZGR 2004, 669; von Bülow/Petersen, Stimmrechtszurechnung zum Treuhänder?, NZG 2009, 1373; von Bülow/Stephanblome, Acting in Concert und neue Offenlegungspflichten nach dem Risikobegrenzungsgesetz, ZIP 2008, 1779; Cahn, Der Kontrollbegriff des WpÜG, in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 77; Cascante/Topf, „Auf leisen Sohlen?“ Stakebuilding bei der börsennotierten AG, AG 2009, 53; Casper, Acting in Concert, ZIP 2003, 1469; Casper, Acting in Concert – Grundlagen eines neuen kapitalmarktrechtlichen Zurechnungstatbestandes, ZIP 2003, 1469; Casper, Acting in Concert – Reformbedürftigkeit eines neuen kapitalmarktrechtlichen Zurechnungstatbestandes, in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005; Casper/Bracht, Abstimmung bei der Wahl des Aufsichtsrats: Ein Fall für ein Pflichtangebot?, NZG 2005, 839; DAV-Handelsrechtsausschuss: Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, NZG 2015, 1069; Diekmann, Acting in Concert: Absprachen zur Besetzung des Aufsichtsrats, DStR 2007, 445; Diekmann/Merkner, Erhöhte Transparenzanforderungen im Aktien- und Kapitalmarktrecht – ein Überblick über den Regierungsentwurf zum Risikobegrenzungsgesetz, NZG 2007, 921; Drinkuth, Gegen den Gleichlauf des Acting in concert nach § 22 WpHG und § 30 WpÜG, ZIP 2008, 676; Düchting, Acting in concert, 2010; Eidenmüller, Regulierung von Finanzinvestoren, DStR 2007, 2116; Ekkenga/ Hofschroer, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (Teil II), DStR 2002, 768; Frhr. von Falkenhausen, Die Übernahme der Postbank – Neues zum Recht des Pflichtangebots, NZG 2014, 1368; Fiedler, Mitteilungen über Beteiligungen von Mutter- und Tochtergesellschaften, 2005; Fleischer, Finanzinvestoren im ordnungspolitischen Gesamtgefüge von Aktien-, Bankaufsichts- und Kapitalmarktrecht, ZGR 2008, 185; Fleischer/Bedkowski, Stimmrechtszurechnung zum Treuhänder gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG: Ein zivilgerichtlicher Fehlgriff und seine kapitalmarktrechtlichen Folgen, DStR 2010, 933; Franck, Die Stimmrechtszurechnung nach § 22 WpHG und § 30 WpÜG, BKR 2002, 709; Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2008; Gätsch/Schäfer, Abgestimmtes Verhalten nach § 22 II WpHG und § 30 II WpÜG in der Fassung des Risikobegrenzungsgesetzes, NZG 2008, 846; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52, 62; Gesell, Abstimmung bei der Besetzung des Aufsichtsrats – zulässige Einflussnahme oder acting in concert?, in FS Maier-Reimer, 2010, S. 123; Goette, Akutelle Rechtsprechung des II. Zivilsenats zum Aktienrecht, DStR 2006, 2132; Goette, in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2006, 2007, S. 1; Habersack, Beteiligungstransparenz Adieu? – Lehren aus dem Fall Continental/Schaeffler, AG 2008, 817; Halász/Kloster, Abgestimmtes Verhalten im Sinne des § 30 Abs. 2 WpÜG im Zusammenhang mit einem Dept-Equity Swap, WM 2006, 2152; Halász/Kloster, Acting in Concert im Lichte der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung, Der Konzern 2007, 344; Hamann, In concert or not in concert?, ZIP 2007, 1088; Hammen, Analogieverbot beim acting in concert?, Der Konzern 2009, 18; Harbarth, Kontrollerlangung und Pflichtangebot, ZIP 2002, 321; Hasselbach/Rauch, Entwicklung des Übernahmerechts 2017/2018, BB 2019, 194; Hippeli, Wertpapierdarlehen bei öffentlichen Übernahmen, AG 2017, 771; Hitzer/Hauser, Stimmrechtszurechnung: acting in concert und Kettenzurechnung im Lichte der vollharmonisierenden Wirkung der Transparenzrichtlinie, NZG 2016, 1365; Holzborn/Friedhoff, Die gebundenen Ausnahmen der Zurechnung nach dem WpÜG, WM 2002, 948; Hopt, Die Änderung der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach §§ 21 ff. WpHG durch das geplante Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; Horcher/Kovács, Die Reichweite der Stimmrechtszurechnung wegen Acting in Concert nach dem BGH-Urteil v. 25.9.2018 (II ZR 190/17); Hutter/Kaulamo/Plepelits, Die Verwendung von Total Return Equity Swaps bei feindlichen Übernahmen – Eine Analyse nach deutschem und US-amerikanischem Wertpapier- und Übernahmerecht, in Gedächtnisschrift Gruson, 2009, S. 213; Kocher/Mattig, Zurechnung beim Acting in Concert nur auf kontrollierende Poolmitglieder? – Ein Problem im Kapitalmarktrecht und beim Transparanzregister, BB 2018, 1667; Kocher, Die Einzelfallausnahme beim kapitalmarktrechtlichen Acting in concert, Der Konzern 2010, 162; Korff, Das Risikobegrenzungsgesetz und seine Auswirkungen auf das WpHG, AG 2008, 692; Krause, Die „kalte“ Übernahme, in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 669; Krause, Zum richterrechtlichen Anspruch der Aktionäre auf angemessene Gegenleistung bei Übernahme- und Pflichtangeboten, AG 2014, 833; Land, Das neue deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DB 2001, 1707; Lange, Aktuelle Rechtsfragen der kapitalmarktrechtlichen Zurechnung, ZBB 2004, 22; Lange, Die Auswirkungen der Zurechnungsvorschriften des WpÜG auf Vorstandsmitglieder, Der Konzern 2003, 675; Lebherz, Publizitätspflichten bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen, WM 2010, 154; Lenz/Linke, Das WpÜG in der aufsichtsrechtlichen Praxis, AG 2002, 361; Liebscher, Die Zurechnungstatbestände des WpHG und WpÜG, ZIP 2002, 1005; Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle im Übernahmerecht, 2007, S. 162 f.; Löhdefink/Jaspers, Fortgeschrittenen Veranstaltung zum WpÜG – Die Postbank Entscheidung des BGH und ihre praktischen Implikationen, ZIP 2014, 2261; Markwardt, Diskussionsbericht zu den Referaten „Acting in Concert“ von Caspar und Pentz, ZIP 2003, 1492; Merkner/Sustmann, Vorbei mit dem unbemerkten Anschleichen an börsennotierte Unternehmen, NZG 2010, 681; Meyer/Bundschuh, Sicherungsübereignung börsennotierter Aktien, Pflichtangebot und Meldepflichten, WM 2003, 960; Meyer/Kiesewetter, Rechtliche
Uwe H. Schneider/Favoccia
761
§ 30 Rz. 1 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung Rahmenbedingungen des Beteiligungsaufbaus im Vorfeld von Unternehmensübernahmen, WM 2009, 340; Mülbert, Umsetzungsfragen der Übernahmerichtlinie – erheblicher Änderungsbedarf bei den heutigen Vorschriften des WpÜG, NZG 2004, 633; Mülbert, Übernahmerecht im Gefolge der EU-Übernahmerichtlinie, in Bankrechtstag 2006, 2007, S. 141; Nelle, Stimmrechtszurechnung und Pflichtangebot nach Umsetzung der Übernahmerichtlinie, ZIP 2006, 2057; Pentz, Acting in Concert – ausgewählte Einzelprobleme zur Zurechnung und zu den Rechtsfolgen, ZIP 2003, 1478; Pluskat, Acting in Concert in der Fassung des Risikobegrenzungsgesetzes – jetzt alles anders?, DB 2009, 383; Psaroudakis, Acting in concert in börsennotierten Gesellschaften, 2009; Redeker, Kontrollerwerb an Krisengesellschaften: Chancen und Risiken des Debt-Equity-Swap, BB 2007, 673; Renz/Rippel, Die Informationspflichten gem. §§ 21 ff. WpHG und deren Änderungen durch das Risikobegrenzungsgesetz, BKR 2008, 309; Rulf, Die Zurechnungstatbestände des WpHG und WpÜG, 2010; Saenger/Kessler, Abgestimmtes Verhalten i.S.d. § 30 Abs. 2 WpÜG bei der Aufsichtsratswahl, ZIP 2006, 837; Scheibenpflug/Tönningsen, Interessenschutzklausel als acting in concert und Rechtsfolgen eines verspäteten Übernahmeangebots, BKR 2015, 140; Schiessl, Beteiligungsaufbau mittels Cash-settled Total Return Equity-Swaps – neue Modelle und Einführung von Meldepflichten, Der Konzern 2009, 291; Schilha, Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie 2013: Neuregelungen zur Beteiligungspublizität und periodischen Finanzberichterstattung, DB 2015, 1821; K. Schmidt, Acting in concert, JbFfSt, 2007/2008, 310; Schmidt/Schlitt, Debt Equity Swap – Eine attraktive Form der Restrukturierung, Der Konzern 2009, 279; Schmidtbleicher, Das „neue“ acting in concert – ein Fall für den EuGH?, AG 2008, 73; Uwe H. Schneider, Acting in Concert – ein kapitalmarktrechtlicher Zurechnungstatbestand, WM 2006, 1321; Uwe H. Schneider, Acting in concert: Vereinbarung oder Abstimmung über Ausübung von Stimmrechten?, ZGR 2007, 440; Uwe H. Schneider/Anzinger, Institutionelle Stimmrechtsberatung und Stimmrechtsvertretung – „A quiet guru’s enormous clout“, NZG 2007, 88; Schockenhoff/Schumann, Acting in Concert – geklärte und ungeklärte Rechtsfragen, ZGR 2005, 568; Schockenhoff/ Wagner, Zum Begriff „acting in concert“, NZG 2008, 361; Seibt, Grenzen des übernahmerechtlichen Zurechnungstatbestandes in § 30 Abs. 2 WpÜG (Acting in Concert), ZIP 2004, 1829; Seibt, Stimmrechtszurechnung nach § 30 WpÜG zum Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH?, ZIP 2005, 729; Seibt/Heiser, Analyse des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Regierungsentwurf), AG 2006, 301; Sieger/Hasselbach, Wertpapierdarlehen – Zurechnungsfragen im Aktien-, Wertpapierhandels- und Übernahmerecht, WM 2004, 1370; Söhner, Die Umsetzung der Transparenzrichtlinie III, ZIP 2015, 2451; Spindler, Acting in concert-Begrenzung von Risiken durch Finanzinvestoren, WM 2007, 2357; Stadler, Zurechnung von Stimmrechten und Pflichtangebote im Rahmen von Treuhandschaften an börsennotierten Aktien, insbesondere im Falle doppelnütziger Sanierungstreuhandschaften, NZI 2009, 878; Strunk/Linke, Erfahrungen mit dem Übernahmerecht aus Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3; Strunk/Salomon/Holst, Aktuelle Entwicklungen im Übernahmerecht, in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1; Teichmann/Epe, Neuer Regelungsansatz in der kapitalmarktrechtlichen Beteiligungstransparenz: Generalklausel statt FallgruppenLösung, WM 2010, 1477; Vaupel, Ansprüche von Aktiengesellschaften gegen Stimmrechtsempfehlungen institutioneller Stimmrechtsberater, AG 2011, 63; Veil, Stimmrechtszurechnungen aufgrund von Abstimmungsvereinbarungen gem. § 22 Abs. 2 WpHG und § 30 Abs. 2 WpÜG, in FS Karsten Schmidt, 2009, S. 1645; Verse, Neues zum Rechtsschutz der Aktionäre im Übernahmerecht – Die Postbank-Entscheidung des BGH und ihre Folgen, Der Konzern 2015, 1; Vogel, Der Handelsbestand im Übernahmerecht – Offene Fragen des § 20 WpÜG, NZG 2005, 537; Wackerbarth, Die Zurechnung nach § 30 WpÜG zum Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, ZIP 2005, 1217; Weiler/Meyer, „Abgestimmtes Verhalten“ gemäß § 30 WpÜG: Neue Ansätze der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht?, NZG 2003, 909; Weiss, Der wertpapierhandelsrechtliche und übernahmerechtliche Zurechnungstatbestand des acting in concert, 2007; Wilsing/Goslar, Der Regierungsentwurf des Risikobegrenzungsgesetzes – ein Überblick, DB 2007, 2467; Winner/Schulz, Aktuelle Entwicklungen im Übernahmerecht – M&A und die Krise, Österreichisches Bankarchiv 2010, 82.
A. Regelungsgegenstand und Regelungszweck 1
Der 4. Abschnitt des WpÜG handelt von den Übernahmeangeboten. Der 5. Abschnitt regelt die Pflichtangebote.
2
Sowohl „Übernahmeangebote“ nach § 29 WpÜG als auch „Pflichtangebote“ nach § 35 WpÜG knüpfen an die „Kontrolle“ i.S.v. § 29 Abs. 2 WpÜG an. „Kontrolle“ ist nach § 29 Abs. 2 WpÜG das Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Von dieser Definition geht auch § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG aus.
3
Stimmrechte hält zunächst derjenige Bieter, dem die Aktien gehören. Darüber hinaus werden dem Bieter nach § 30 WpÜG auch Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft, die einem Dritten gehören, unter den in § 30 WpÜG näher bestimmten Umständen zugerechnet. Übernahmeangebote i.S.v. § 29 WpÜG können daher auch Angebote sein, die nicht auf den Erwerb der Aktien gerichtet sind, sondern auf den Erwerb einer Rechtsposition i.S.v. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–8 und Abs. 2 WpÜG. 762
Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 10 § 30
„Kontrolle“ erlangt haben kann i.S.v. § 35 WpÜG auch, wer nicht Aktionär geworden ist, dem aber Stimmrechte zugerechnet werden. Zur Abgabe eines Pflichtangebots kann daher auch verpflichtet sein, wer selbst keine Aktien hält, dem aber Stimmrechte in entsprechender Höhe zugerechnet werden. Bezweckt ist durch § 30 WpÜG die Ausweitung des Kontrollbegriffs1. Dem Bieter sollen all diejenigen Stimmrechte zugerechnet werden, auf deren Ausübung er von Rechts wegen oder tatsächlich Einfluss nehmen kann oder Einfluss hat2. Eingefangen werden sollen auch Vermeidungsstrategien.
4
B. Entstehungsgeschichte § 30 WpÜG wurde wiederholt geändert, durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 5 14.7.2006 (BGBl. I 2006, S. 1426), durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 5.1.2007 (BGBl. I 2007, S. 10), durch das Investmentänderungsgesetz vom 21.12.2007 (BGBl. I 2007, S. 3089), durch das Risikobegrenzungsgesetz vom 12.8.2008 (BGBl. I 2008, S. 1666), durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom 20.11.2015 (BGBl. I 2015, S. 2029) („Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz“) und zuletzt durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 23.6.2017 (BGBl. I 2017, S. 1693). Durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 5.1.2007 (BGBl. I 2007, S. 10) wurde § 30 6 Abs. 1 Nr. 6 WpÜG geändert und eine Zurechnung bei Stimmrechtsbevollmächtigten vorgesehen. Zugleich wurde in § 30 Abs. 3 WpÜG die Zurechnung bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Tochterunternehmen geregelt. Durch das Risikobegrenzungsgesetz vom 12.8.2008 (BGBl. I 2008, S. 1666) sollten die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, „dass gesamtwirtschaftlich unerwünschte Aktivitäten von Finanzinvestoren erschwert oder möglicherweise sogar verhindert werden, ohne zugleich Finanz- und Unternehmenstransaktionen, die effizienzfördernd wirken, zu beinträchtigen“3. Zugleich sollte auf die restriktive Auslegung von § 30 Abs. 2 WpÜG durch den BGH4 reagiert werden5. Im Blick hierauf wurden auch Verhaltensabstimmungen im Vorfeld von Hauptversammlungen erfasst (s. dazu unten Rz. 147 ff.). Die Änderungen erfolgten parallel zum Offenlegungsrecht im WpHG6.
7
Durch das Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 20.11.2015 (BGBl. I 8 2015, S. 2029) wurden in Absatz 1 Satz 1 die Nummern 7 und 8 angefügt, die Absätze 3 und 4 wurden geändert und die Absätze 5 bis 7 neu hinzugefügt7. Durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 23.6.2017 (BGBl. I 2017, S. 1693) wurden betreffend § 30 WpÜG lediglich redaktionelle Änderungen vorgenommen.
9
C. Verhältnis zur Zurechnung nach § 34 WpHG Offenlegungsrecht und Übernahmerecht liefen zunächst parallel. Der Gleichlauf war gewünscht, um Irritationen am Kapitalmarkt zu vermeiden. Durch nachfolgende Änderungen der §§ 21 ff. WpHG a.F. (heute §§ 33 ff. WpHG) sind das Offenlegungsrecht (d.h. die Beteiligungspublizität nach WpHG) und das Übernahmerecht auseinander gelaufen.
1 Cahn in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 77, 84. 2 OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5, 6 und 8/03, ZIP 2004, 1304, 1312; Casper, ZIP 2003, 1469; Seibt, ZIP 2004, 1829, 1830. 3 BT-Drucks. 16/7438, S. 1. 4 BGH v. 18.9.2016 – II ZR 137/05, AG 2006, 883. 5 BT-Drucks. 16/7438, S. 11. 6 BT-Drucks. 16/9821, S. 11 f. zu § 22 WpHG a.F. und S. 13 zur konsequenten Anpassung des § 30 WpÜG. 7 Die Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie ist durch eine Umstellung vom Grundsatz der Mindest- hin zur Vollharmonisierung gekennzeichnet und war ein Schritt zur Schaffung eines „level playing field“; vgl. dazu Kraack, AG 2017, 677 ff.; Seibt/Wollenschläger, ZIP 2014, 545 ff.
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10
§ 30 Rz. 11 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung 11
Das Offenlegungsrecht ruht auf drei Säulen8. Durch die §§ 33 ff. WpHG soll eine Offenlegung des Haltens oder der Zurechnung von Stimmrechten erreicht werden. Offengelegt werden soll der Stimmrechtseinfluss (1. Säule). § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG verlangt die Offenlegung des Zugriffsrechts auf mit Stimmrechten verbundenen Aktien (2. Säule) und § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG will bereits die Offenlegung der Zugriffsmöglichkeit auf mit Stimmrechten verbundenen Aktien (3. Säule) erreichen. Säule 2 wurde mit dem Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 5.1.2007 (BGBl. I 2007, S. 10) und Säule 3 mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5.4.2011 (BGBl. I 2011, S. 538) in das WpHG eingefügt.
12
Obwohl der Gesetzgeber die grundsätzliche Parallelität von Vorschriften des Offenlegungsrechts und des Übernahmerechts durchaus vor Augen hatte, wurden im Übernahmerecht keine § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpHG (vormals § 25 und § 25a WpHG a.F.9) WpHG entsprechenden Vorschriften aufgenommen10. Die Frage, ob sich im Übernahmerecht schon aus § 30 WpÜG eine Zurechnung bei schuldrechtlichen Zugriffsrechten und Zugriffsmöglichkeiten ergibt oder ob die Regelungen im Offenlegungsrecht über die Regelungen im Übernahmerecht hinausgehen können11, ist daher eindeutig im letzteren Sinne zu beantworten.
D. Eigenständige Auslegung I. Allgemein 13
Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers sind die Formulierungen in § 30 WpÜG und § 22 WpHG a.F. (seit 3.1.2018: § 34 WpHG) bewusst angeglichen worden12. Die „überschießende Rechtsangleichung“13 durch die Wortgleichheit der Vorschriften verlangt jedoch keine identische Auslegung14. Der unterschiedliche Sinn und Zweck der Vorschriften (s. dazu unten Rz. 14 ff.), die unterschiedlichen Rechtsfolgen (s. dazu unten Rz. 17 ff.), der unterschiedliche unionsrechtliche Hintergrund (s. dazu unten Rz. 20), aber auch die Historie (s. dazu unten Rz. 21) führen zu einer unterschiedlichen Auslegung von § 34 WpHG und § 30 WpÜG15. 8 S. bei Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 38 WpHG Rz. 7; hierzu auch Brellochs, AG 2016, 157, 158 f., der allerdings eine abweichende Einordnung von Säule 2 und 3 vornimmt (Säule 2 sind bei ihm die Zugriffsrechte und -möglichkeiten und Säule 3 die Meldepflichten, die aufgrund von Zusammenrechnung von Säule 1 und 2 entstehen). 9 S. dazu unten die Ausführungen zu Derivaten bei Rz. 104. 10 Vgl. BT-Drucks. 16/2498, S. 57 zum Gesetzesentwurf des Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetzes und BTDrucks. 16/7438, S. 11 zum Gesetzesentwurf des Risikobegrenzungsgesetzes. Infolge der Änderungen des § 22 WpHG a.F. wurde die Vorschrift des § 30 WpÜG entsprechend angepasst, „soweit es der Gleichlauf der Zurechnung von Stimmrechten gebietet“. Die mit dem Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetz eingeführte Erweiterung der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten für Inhaber von Finanzinstrumenten wurde demgegenüber nicht auf das WpÜG übertragen. 11 Vgl. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 7. Siehe auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 8a: Allerdings wird man nach den jüngsten Änderungen des WpHG trotz der weitgehenden Wortlautidentität nicht mehr von identischen Ergebnissen bei der Zurechnung ausgehen können. 12 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 53, 70; ebenso: Hitzer/Hauser, NZG 2016, 1365, 1370; Liebscher, ZIP 2002, 1005, 1009. 13 Zur überschießenden Umsetzung von Richtlinien: Habersack/Mayer, JZ 1999, 913; Hommelhoff in FS 50 Jahre BGH, 2000, Band 2, S. 889, 913; Kuhn, EuR 2015, 216. 14 Ebenso OLG Stuttgart v. 10.11.2004 – 20 U 16/03, AG 2005, 125, 129; Bayer in MünchKomm. AktG, § 34 WpHG Rz. 2; Borges, ZIP 2007, 357, 361; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 20; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 154; Franck, BKR 2002, 709; Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 848; Koppensteiner in KölnKomm. AktG, Anh. § 22, §§ 21 ff. WpHG Rz. 19; Mülbert in Bankrechtstag 2006, 2007, S. 141, 150; Seibt, ZIP 2005, 729, 732 f.; a.A. Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 410; Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 608; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 88. Differenzierend: Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 4. 15 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 34; Fleischer, ZGR 2008, 185, 196; Mülbert, Bankrechtstag 2006, 2007, S. 141, 150; eingehend: von Bülow/Petersen, NZG 2009, 1373. Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 19 ff.; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 201; Uwe H. Schneider, WM 2006, 1321, 1322; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 3; vgl. auch Flei-
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 17 § 30
II. Auslegung nach Sinn und Zweck Die Zurechnungsnorm des § 34 WpHG (§ 22 WpHG a.F.) ist im Regelungszusammenhang mit den §§ 33 ff. WpHG (§§ 21 ff. WpHG a.F.) zu sehen. Die Regelungen des WpHG dienen dem Funktionenschutz der Kapitalmärkte. Auch und gerade § 34 WpHG bezweckt den Funktionenschutz des Kapitalmarkts durch Information über bestehende Stimmrechte16. §§ 33 ff. WpHG n.F. erhöhen hierzu die Transparenz der Beteiligungsstruktur börsennotierter Gesellschaften17. Dieser Zweck gebietet eine weite Auslegung der §§ 33 ff. WpHG18.
14
Die Zurechnungsnorm des § 30 WpÜG steht hingegen im Regelungszusammenhang mit der im WpÜG verorteten Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots bei Kontrollerlangung eines Bieters über eine Zielgesellschaft. Die Schaffung von Transparenz spielt bei § 30 WpÜG keine Rolle19. Die Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots dient dem Zweck, einem Minderheitsaktionär im Falle einer Kontrollerlangung über das Unternehmen durch einen Dritten die Möglichkeit zu geben, seine Beteiligung an dem Unternehmen zu einem angemessenen Preis veräußern zu können20. Kontrolle ist nach § 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG definiert als „das Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft aus dem Bieter gehörenden Aktien der Zielgesellschaft oder dem Bieter nach § 30 zugerechneten Stimmrechten an der Zielgesellschaft“. Der Normzweck von § 30 WpÜG besteht somit in der Ermittlung eines Kontrolltatbestands21. Eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 und 2 WpÜG setzt deshalb voraus, dass ein Bieter einen mit dem Innehaben von Eigentum an Aktien vergleichbaren Stimmrechtseinfluss hat. Nur in einem solchen Fall ist eine Zurechnung gerechtfertigt.
15
Die Zurechnungsnormen § 34 WpHG und § 30 WpÜG dienen mithin unterschiedlichen Zwecken22. Diese unterschiedlichen Zwecke gebieten eine differenzierte Auslegung des § 30 WpÜG und des § 34 WpHG im Lichte des Sinn und Zwecks der jeweiligen Norm23. Schon aus diesem Grund verbietet sich eine unbesehene Übernahme von zu § 34 WpHG gewonnenen oder vertretenen Auslegungsgrundsätzen auf die Auslegung des § 30 WpÜG.
16
III. Unterschiedliche Rechtsfolgen Die unterschiedlichen Rechtsfolgen einer Zurechnung nach § 34 WpHG n.F. und § 30 WpÜG stehen einer einheitlichen Auslegung der Vorschriften ebenfalls entgegen. Die Zurechnung von Stimmrechten nach § 34 WpHG führt bei Überschreiten der Schwellenwerte des § 33 Abs. 1 WpHG zu einer Mitteilungspflicht gegenüber der Gesellschaft und der BaFin zur Schaffung von Beteiligungstrans-
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scher, ZGR 2008, 185, 196 ff. der auch darauf hinweist, dass bei einem angestrebten Gleichlauf zudem offenbliebe, ob sich die Auslegung des WpÜG am WpHG orientieren soll oder umgekehrt; unklar Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 1: „orientieren sich an den in § 22 enthaltenen Zurechnungsvorschriften, sind in gleicher Weise auszulegen, abschließend sowie wegen der Bußgeldbewährung nicht analogiefähig“. A.A Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 171 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 5 f. Seibt, ZIP 2005, 729, 733; Fuchs in Fuchs, WpHG, Einl. Rz. 15. Schneider, WM 2006, 1321, 1322 f.; Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 14; Seibt, ZIP 2005, 729, 733; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 677 f.; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 706. Koppensteiner in KölnKomm. AktG, Anh. § 22, §§ 21 ff. WpHG Rz. 9; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 706; Casper, ZIP 2003, 1469, 1473. von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 704. BT-Drucks. 14/7034, S. 30 linke Spalte; Meyer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 35 WpÜG Rz. 9; Schlitt in MünchKomm. AktG, § 35 WpÜG Rz. 6. Seibt, ZIP 2004, 1829, 1830 f.; Seibt, ZIP 2005, 729, 733; Schneider, WM 2006, 1321, 1325 f.; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 678; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119 f.; Fleischer, ZGR 2008, 185, 197; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 704; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 154. OLG Stuttgart, NZG 2005, 432, 436 (Rz. 66); Schneider, WM 2006, 1321, 1322: „der normative Zweck der einschlägigen Vorschriften ist ganz und gar unterschiedlich“; Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 848; Franck, BKR 2002, 709, 714; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 677 f.; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 703 f. Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 848; Schneider, WM 2006, 1321, 1322 f.; Pluskat, DB 2009, 383, 384; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119 f.; Sobhi in Heidel, § 30 WpÜG Rz. 1; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 20; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 703 f.; Borges, ZIP 2007, 357, 361.
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§ 30 Rz. 17 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung parenz. Kosten sind mit Überschreiten der Schwellenwerte – mit Ausnahme der mit der Mitteilung verbundenen Kosten – nicht verbunden24. 18
Die Zurechnung von Stimmrechten nach § 30 WpÜG führt hingegen bei Überschreiten der Kontrollschwelle des § 29 WpÜG von 30 Prozent zur Pflicht, ein Übernahmeangebot für alle Aktien der Zielgesellschaft abzugeben (§ 35 Abs. 2 WpÜG)25. Die Abgabe eines (vollfinanzierten) Pflichtangebots hat massive Kosten zur Folge26. Der damit verbundene Kontrahierungszwang ist ein erheblicher Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Bieters27. Das Pflichtangebot belastet zudem auch die Minderheitsaktionäre. Das Pflichtangebot führt dazu, dass diese unter Druck geraten, weil sie die Annahme des Angebots faktisch nicht ablehnen können (pressure to tender). Denn nehmen die Aktionäre das Pflichtangebot nicht an, müssen sie befürchten, sich als Minderheitsaktionäre in einer abhängigen Tochtergesellschaft mit einem entsprechenden Bewertungsabschlag ihrer Anteile wiederzufinden. Minderheitsanteile sind nach Durchführung eines Pflichtangebots oftmals weniger wert als in der Zeit vor dem Angebot28. Die Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots und der damit korrespondierende faktische Annahmezwang belasten den Bieter und die Minderheitsaktionäre erheblich mehr als eine bloße Mitteilung nach dem WpHG.
19
Daher muss § 30 WpÜG im Rahmen einer gebotenen rechtsfolgengerechten Auslegung und Rechtsanwendung erheblich enger ausgelegt werden als § 34 WpHG29 und es kann aus dem gleichen Wortlaut der Vorschriften allenfalls abgeleitet werden, dass die Zurechnung nach § 30 WpÜG nicht über die Zurechnung nach § 34 WpHG hinausgehen darf. Eine weite Auslegung von § 34 WpHG wäre dagegen nicht auf die Auslegung des § 30 WpÜG zu übertragen30. Andernfalls würde die Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots in Situationen bestehen, in denen keine Kontrollerlangung, sondern lediglich ein Informationsinteresse des Kapitalmarkts vorliegt. Der Zweck der Pflichtangebotsregelung würde verfehlt. Eine solche grundlose gesetzliche Anordnung der Abgabe eines Pflichtangebots wäre im Lichte der damit verbundenen Rechtsfolgen unverhältnismäßig und rechtswidrig31.
IV. Unterschiedlicher unionsrechtlicher Hintergrund 20
Auch unionsrechtliche Gründe sprechen gegen eine übereinstimmende Auslegung von § 34 WpHG und § 30 WpÜG. Beide Normen basieren jeweils auf unterschiedlichen Richtlinien. § 34 WpHG basiert auf der Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2004/109/EG), während hinter § 30 WpÜG die Übernahmerichtlinie (Richtlinie 2004/25/EG) steht. Der unionsrechtliche Hintergrund der Normen führt dazu, dass diese in unterschiedlicher Weise jeweils richtlinienkonform auszulegen sind. Das gilt aber nur im Hinblick auf die jeweils maßgebliche (unterschiedliche) Richtlinie. § 34 WpHG und § 30 WpÜG sind auch vor diesem Hintergrund unterschiedlich auszulegen32. 24 von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 155. 25 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 4 spricht zu Recht von „gravierenden Rechtsfolgen“. 26 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 35 WpÜG Rz. 42; Letzel, BKR 2002, 293, 294; Schlitt in MünchKomm. AktG, § 35 WpÜG Rz. 9; Harbarth, ZIP 2002, 321, 322; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 155. 27 Letzel, BKR 2002, 293, 294; Harbarth, ZIP 2002, 321, 322. 28 Schneider, WM 2006, 1321, 1323; Fleischer/Beuren in Paschos/Fleischer, § 3 Rz. 110 f.; Mülbert/Birke, WM 2001, 705, 713. 29 Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 848; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 678; Franck, BKR 2002, 709, 714; Fleischer, ZGR 2008, 185, 197 f.; Casper, ZIP 2003, 1469, 1473; Seibt, ZIP 2004, 1829, 1831; Schneider, WM 2006, 1321, 1323. 30 Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 4; Hamann, ZIP 2007, 1088, 1093; vgl. auch Schumann/ Schockenhoff, ZGR 2005, 568, 609. 31 Drinkuth, ZIP 2008, 676, 678 f. 32 OLG Stuttgart, NZG 2005, 432, 436 (juris Rz. 66); Hitzer/Hauser, NZG 2016, 1365, 1370; Fleischer, ZGR 2008, 185, 197; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 20; Casper, ZIP 2003, 1469, 1473; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 155 f. Siehe aber Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 173 f.; Hitzer/ Hauser, NZG 2016, 1365 ff. und Kraack, AG 2017, 677 ff., die davon ausgehen, dass § 22 WpHG a.F (heute § 34 WpHG) europarechtswidrig und damit enger auszulegen sind. A.A. auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 8: Unterschiedliche Richtlinien besagen für die Auslegung nicht das Geringste.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 23 § 30
V. Historie Der vom Gesetzgeber ursprünglich angestrebte Gleichlauf spricht nicht gegen eine unterschiedliche Auslegung. Ein einzelner Satz aus Gesetzesmaterialien kann gegenüber den Argumenten, die sich aus der teleologischen, rechtsfolgenorientierten und unionsrechtlichen Auslegung ergeben und die alle gegen einen Gleichlauf sprechen, nicht den Ausschlag für die Auslegung des § 30 WpÜG geben33. Überdies hat der Gesetzgeber selbst nach Inkrafttreten des WpÜG eine Reihe von Gesetzesänderungen im WpHG vorgenommen, ohne die jeweilige Parallelvorschrift im WpÜG anzupassen34. Dies zeigt, dass auch nach Ansicht des Gesetzgebers kein Gleichlauf mehr zwischen den Zurechnungstatbeständen der § 34 WpHG und § 30 WpÜG besteht35. Jedenfalls ist im Hinblick auf die einschneidenden Rechtsfolgen einer Zurechnung von Stimmrechten nach § 30 WpÜG allenfalls eine Übernahme der Auslegungsergebnisse zu § 30 WpÜG auf § 34 WpHG zulässig; die Übernahme einer extensiven Auslegung des § 34 WpHG für § 30 WpÜG scheidet hingegen aus36.
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E. Der Grundsatz der mehrfachen Zurechnung Werden Stimmrechte einem Bieter zugerechnet, so sind die Stimmrechte bei dem Aktionär, dessen 22 Stimmrechte zugerechnet werden, nicht hinwegzurechnen. Eine „Absorption“ (Abzug) findet nicht statt. Bei den Mitteilungspflichten nach § 33 ff. WpHG gilt daher der Grundsatz der doppelten Meldepflicht37 und im Rahmen des § 30 WpÜG der Grundsatz der mehrfachen Zurechnung38. Daher können etwa hinsichtlich derselben Stimmrechtsanteile mehrere Personen verpflichtet sein, ein Pflichtangebot abzugeben. Exemplarisch ist dies beim Abstimmen des Verhaltens durch eine Vielzahl von Personen, § 30 Abs. 2 WpÜG. Alle Beteiligten können zur Offenlegung und entsprechend zur Abgabe eines Pflichtangebots verpflichtet sein. Gegebenenfalls besteht die Möglichkeit, einen Befreiungsantrag nach § 37 Abs. 1 WpÜG zu stellen.
F. Der Grundsatz der Kettenzurechnung I. Regelungsproblem Da § 30 WpÜG einen Katalog von Zurechnungstatbeständen enthält, stellt sich die Frage, ob jeder Zu- 23 rechnungstatbestand für sich abschließend zur Anwendung gelangt (Einzelzurechnung) oder ob dem Bieter auch die dem Dritten seinerseits zuzurechnenden Stimmrechte zuzurechnen sind (Kettenzurechnung)39. Beispiel: Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG sind den Stimmrechten des Bieters auch die Stimmrechte aus Aktien zuzurechnen, die einem Tochterunternehmen des Bieters gehören. Nach 33 Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2119 f.; Fleischer, ZGR 2008, 185, 197; Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 848. 34 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 21; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 156. 35 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 21. 36 Vgl. BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, WM 2006, 2080, 2082 (Rz. 17) = AG 2006, 883: „Zudem folgt für die Auslegung der Zurechnungsbestimmungen in §§ 30 Abs. 1 und 2 WpÜG bereits aus der Bußgeldvorschrift des § 60 WpÜG i.V. mit Art. 103 Abs. 2 GG und § 3 OWiG, dass diese Zurechnungsvorschriften wortlautgemäß zu verstehen und Analogien zu Lasten des Betroffenen ausgeschlossen sind.“ Ferner von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 20; Casper, ZIP 2003, 1469, 1473; Fleischer, ZGR 2008, 185, 198; a.A. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 173; ebenso Hitzer/Hauser, NZG 2016, 1365, 1370 und Kraack, AG 2017, 677, 681, die davon ausgehen, dass § 22 WpHG a.F (heute § 34 WpHG) europarechtswidrig und damit enger auszulegen sind. 37 Ebenso für die §§ 33 ff. WpHG: Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 47; Opitz in Schäfer/Hamann, § 22WpHG Rz. 100; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 137; Uwe H. Schneider in Assmann/ Uwe H. Schneider/Mülbert, § 33 WpHG Rz. 97 ff. 38 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 29; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 49. 39 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 30 ff.; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 713; Burgard, BB 1995, 2069, 2077 spricht von „kumulierender Zurechnung“; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 30 WpÜG Rz. 3; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 71; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 23.
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§ 30 Rz. 23 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG gilt das Entsprechende für Stimmrechte aus Aktien, an denen zu Gunsten des Bieters ein Nießbrauch bestellt ist. Bei der Kettenzurechnung sind dem Bieter hiernach auch Stimmrechte aus Aktien zuzurechnen, an denen zwar nicht zu Gunsten des Bieters, wohl aber zu Gunsten eines Tochterunternehmens des Bieters ein Nießbrauch bestellt ist.
II. Gesetzlich geregelte Kettenzurechnung (§ 30 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 3 WpÜG) 24
Die Kettenzurechnung ist in zwei Fällen ausdrücklich gesetzlich geregelt. Zum einen erfolgt eine Kettenzurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, wenn einem „Tochterunternehmen“ seinerseits Stimmrechte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2–8 WpÜG zugerechnet werden. Unabhängig von der Höhe der Beteiligung ist die Zurechnung in voller Höhe vorzunehmen, § 30 Abs. 1 Satz 3 WpÜG40. Dahinter steht der Gedanke, dass das Mutterunternehmen nicht nur die Stimmrechte aus Aktien, die dem Tochterunternehmen gehören, beeinflussen kann, sondern auch die Stimmrechte, die dem Tochterunternehmen seinerseits zugerechnet werden.
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Das Entsprechende gilt nach § 30 Abs. 2 Satz 3 WpÜG bei einer Zurechnung aufgrund abgestimmten Verhaltens. Dem Bieter werden hiernach nicht nur die Stimmrechte des Dritten zugerechnet, mit dem er sein Verhalten abstimmt, sondern auch die Stimmrechte, die dem Dritten nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2–8 WpÜG zugerechnet werden. Das folgt aus der Verweisung auf § 30 Abs. 1 WpÜG. Zugerechnet werden ferner die Stimmrechte der Tochterunternehmen des Dritten. Das kann im Ergebnis zu einer mehrgliedrigen Kettenzurechnung führen: Dem Bieter werden nach § 30 Abs. 2 Satz 3 WpÜG nicht nur die Stimmrechte des Dritten und die Stimmrechte der Tochterunternehmen des Dritten, sondern auch die Stimmrechte zugerechnet, die dem Tochterunternehmen des Dritten nach § 30 Abs. 1 WpÜG zugerechnet werden.
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Werden Stimmrechte auf Grund mehrfacher Zurechnungstatbestände zugerechnet, so werden diese bei dem einzelnen Zurechnungssubjekt allerdings nicht mehrfach gezählt41.
III. Gesetzlich nicht geregelte Kettenzurechnung 27
Für eine über die gesetzlich geregelten Fälle hinausgehende Kettenzurechnung ist kein Raum42. Für die Auslegung der Zurechnungsbestimmungen in § 30 Abs. 1 und 2 WpÜG folgt bereits aus der Bußgeldvorschrift des § 60 WpÜG i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG und § 3 OWiG, dass diese Zurechnungsvorschriften wortlautgemäß zu verstehen und Analogien zu Lasten des Betroffenen ausgeschlossen sind43.
G. Information und Auskunft I. Informationseinholungspflicht des Bieters 28
Angesichts der schwerwiegenden Folgen bei unterlassenem Pflichtangebot lassen sich die in § 30 WpÜG enthaltenen Zurechnungstatbestände nur rechtfertigen, wenn erstens dem Bieter eine Infor40 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 90; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 6; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 3; differenzierend für § 22 WpHG a.F. (seit 3.1.2018: § 34 WpHG): Burgard, BB 1995, 2069, 2077; Hildner, Kapitalmarktrechtliche Beteiligungstransparenz verbundener Unternehmen, 2002, S. 100 ff.; Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 23; Witt, AG 2001, 233, 240. 41 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 33; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 15; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 201. 42 Partiell anderer Auffassung Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 20 f. (bejahend für die Kettentreuhand und verneinend für die in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3-6 WpÜG genannten Dritten, da der Meldepflichtige insoweit keinen Einfluss auf die Stimmrechte habe, die diesen Dritten zugerechnet werden; ebenso für das WpHG: Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 34 WpHG Rz. 25. 43 S. BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, WM 2006, 2080, 2082 (Rz. 17) = AG 2006, 883; ebenso verneinend (am Beispiel einer Kettentreuhand) von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 99.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 32 § 30
mationseinholungspflicht (Informationsverschaffungspflicht) obliegt, wenn diese zweitens von einem abgestimmten System von Auskunftsrechten des Bieters begleitet wird und wenn drittens den Dritten eine Informationspflicht trifft. Der Bieter hat dafür zu sorgen, dass ihm die Sachverhalte bekannt werden, die zu einer Zurechnung 29 von Stimmrechten führen. Dabei besteht das Problem, welchen Umfang diese grundsätzliche Informationsverschaffungspflicht hat, z.B. ob regelmäßig abzufragen ist oder ob nur nach Ablauf gewisser Zeiträume eine Nachfrage geboten ist. Abzustellen ist auf den Einzelfall. Ist in einem Einzelfall eine Änderung zu erwarten, die aufgrund der Zurechnung zur Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots führen wird, so ist durch den Bieter nachzufragen. Muss der Bieter davon ausgehen, dass sich bei dem Dritten, dessen Stimmrechte ihm zugerechnet werden, in regelmäßigen Abständen Änderungen im Bestand ergeben, so muss er für ein entsprechendes Informationssystem sorgen44. So können insbesondere kontrollierte Unternehmen durch das Mutterunternehmen zu verpflichten sein, taggleich Bericht zu erstatten.
II. Auskunftsrecht des Bieters Damit der Bieter seinen Pflichten nachkommen kann, bedarf es bei einzelnen Zurechnungstatbeständen eines entsprechenden Anspruchs auf Auskunft gegenüber dem Aktionär. Dieser wird sich vor allem aus vertraglichen Beziehungen zwischen dem Aktionär und dem Bieter ergeben. Ob er sich darüber hinaus auch aus gesetzlichen Regeln ergeben kann, ist im Einzelfall zu prüfen45.
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Zur Geltendmachung des Auskunftsanspruchs ist durch den Bieter vorzutragen, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er in Verbindung mit der Zurechnung nach § 30 WpÜG die Kontrollschwelle erreicht hat.
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III. Informationspflicht des Aktionärs gegenüber dem Bieter Offen gelassen ist im Gesetz, ob der Aktionär einen Dritten, etwa das herrschende Unternehmen, dem 32 die von ihm gehaltenen Aktien zugerechnet werden, über den Aktienbestand und Veränderungen hiervon unaufgefordert informieren muss. Unterlässt dies das kontrollierte Unternehmen und überschreitet das herrschende Unternehmen unter der Hinzurechnung die Kontrollschwelle, so ruhen die Rechte aus vom herrschenden Unternehmen selbst gehaltenen oder zugerechneten Aktien, solange das herrschende Unternehmen seinen übernahmerechtlichen Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG nicht nachkommt (§ 59 WpÜG). Schwerer Schaden kann entstehen, wenn das herrschende Unternehmen gleichwohl die Stimmrechte ausübt. Vor diesem Hintergrund wird man im Interesse eines ausgewogenen Auskunfts- und Informationssystems zur Sicherung der übernahmerechtlichen Pflichten verlangen können, dass der Aktionär zur Information Dritter verpflichtet ist, wenn er Anhaltspunkte dafür hat, dass die Zurechnung bei einem Dritten zur Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots führt. Dies gilt auch dann, wenn der Aktionär selbst sein Stimmrecht nicht ausüben will46.
44 So auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 19 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 73 f.; vgl. auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 47, der eine mittelbaren Informationsverschaffungspflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 WpÜG herleitet. 45 Für ein Auskunftsrecht Uwe H. Schneider in FS Brandner, 1996, S. 565, 573; siehe auch Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 24: „Im Verhältnis zu den kontrollierten Unternehmen folgt dies aus einer entsprechenden Anwendung von § 294 Abs. 3 HGB“; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 74.; insoweit a.A. Windbichler in Großkomm. AktG, § 20 AktG Rz. 51. Gegen ein Auskunftsrecht von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 46. Dieses ergebe sich weder aus § 35 Abs. 1 WpÜG noch einer anderen gesetzlichen Vorschrift. Ebenso Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 35 WpÜG Rz. 169. 46 Uwe H. Schneider in FS Brandner, 1996, S. 565, 573; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 73 ff.; a.A. von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 54, weil nicht ausdrücklich vorgesehen; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 46 ff., der einen Auskunftsanspruch verneint, aber eine mittelbare Informationsbeschaffungspflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 WpÜG herleitet.
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§ 30 Rz. 33 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
H. Einem Tochterunternehmen gehören (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) oder zugerechnet werden (§ 30 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) I. Tochterunternehmen 33
Dem Bieter zuzurechnen sind Stimmrechte aus Aktien einer Zielgesellschaft, die einem Tochterunternehmen des Bieters gehören (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG) oder dem Tochterunternehmen seinerseits zugerechnet werden (§ 30 Abs. 1 Satz 2 WpÜG).
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Dem Bieter werden die Stimmrechte der Tochterunternehmen nicht quotal abhängig von der Höhe der Beteiligungsquote, sondern in voller Höhe zugerechnet (§ 30 Abs. 1 Satz 3 WpÜG); denn der Bieter kann auf sämtliche Stimmrechte der Tochterunternehmen Einfluss nehmen. Sein Einfluss begrenzt sich nicht auf seine Beteiligungsquote47.
35
Definiert ist der Begriff „Tochterunternehmen“ in § 2 Abs. 6 WpÜG unter Verweis auf § 290 HGB48, ohne dass es dabei auf die Rechtsform oder den Sitz ankommt. „Tochterunternehmen“ kann auch eine OHG oder KG sein. Nicht verlangt ist beim „Tochterunternehmen“ ein eigener Geschäftsbetrieb oder die Absicht der Gewinnerzielung. Aus dem Wortlaut der Vorschrift könnte man zwar ableiten, dass das Tochterunternehmen „unternehmerisch“ tätig sein muss49. Dagegen sprechen aber Sinn und Zweck der Zurechnungsvorschrift50. Denn es geht nicht um die Bewältigung von Interessenskonflikten, wie dies im Konzernrecht der Fall ist, sondern um die Möglichkeit der Einflussnahme. Und diese ist ganz unabhängig davon, ob eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird. Siehe zur Definition des Tochterunternehmens § 2 WpÜG Rz. 123 ff.
36
Als „Tochterunternehmen“ kommt auch eine BGB-Gesellschaft in Betracht, die nur Aktien hält oder die als Zwischenholding Einfluss vermittelt. Hat ein Bieter Aktien in eine BGB-Gesellschaft eingebracht, an der auch ein Dritter eine Minderheitsbeteiligung hält, so muss er sich die Stimmrechte aus den Aktien zurechnen lassen, auch wenn die Gesellschaft keine weiteren Geschäfte betreibt. Auch kann eine Stiftung „Tochterunternehmen“ sein51. Die Stiftung hat zwar keine Mitglieder mit Stimmrechten. Sie kann aber faktisch beherrscht werden, wenn einer Person ein Bestellungs- oder Abberufungsrecht zusteht. Natürliche Personen können dagegen kein „Tochterunternehmen“ sein52; denn sie können nicht gesellschaftsrechtlich beherrscht sein (vgl. § 2 WpÜG Rz. 128).
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Tochterunternehmen können auch ausländische Gesellschaften sein. Entscheidend ist, dass die Stimmrechte durch das ausländische Tochterunternehmen nach den Vorgaben des Mutterunternehmens ausgeübt werden. Auch das Mutterunternehmen kann ein ausländisches Unternehmen sein. Ist ein Trust, wie ihn etwa das angloamerikanische Recht kennt, rechtsfähig, so kann er „Tochterunternehmen“ sein. Die Stimmrechte aus Aktien, die dem Trust gehören, werden aber auch den Trustees zugerechnet, wenn sie die Meinungsbildung des Trust durch Weisungsrechte oder faktisch durch Bestellungs- und Abberufungsbefugnisse der Geschäftsleiter beherrschen53.
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§ 2 Abs. 6 WpÜG unterscheidet zwei Fallgruppen zur Bestimmung von Tochterunternehmen. Zur ersten Fallgruppe gehören Unternehmen, die als Tochterunternehmen i.S.d. § 290 HGB gelten. In diesen Fällen besteht „stets“ ein beherrschender Einfluss, auch dann, wenn er nicht ausgeübt wird54. Normiert ist damit eine unwiderlegliche Vermutung, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die
47 BT-Drucks. 14/7034, S. 53; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 25; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 6; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 3; Witt, AG 2001, 233, 238. 48 Kritisch dazu Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 23. 49 So Seibt, ZIP 2005, 729; für § 22 WpHG a.F.: Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 6. 50 S. auch OLG Schleswig v. 8.12.2005 – 5 U 57/04, ZIP 2006, 421; OLG Frankfurt a.M. v. 14.11.2006 – 5 U 158/05, ZIP 2007, 864 = AG 2007, 592; Diekmann in Baums/Thoma, § 30 WpÜG Rz. 21b; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 2 WpÜG Rz. 193. 51 BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.3. 52 OLG Stuttgart v. 10.11.2004 – 20 U 16/03, NZG 2005, 432 = AG 2005, 125. 53 Ähnlich: BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.4; a.A. wohl Kindler in FS Hopt, 2010, S. 2081. 54 BT-Drucks. 16/12407, S. 117; Cahn in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 77, 85.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 42 § 30
Unternehmen Tochterunternehmen sind55. Die zweite Fallgruppe bilden Unternehmen, auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann. In beiden Fällen kommt es nicht auf die Rechtsform oder den Sitz an. Fallgruppe 1: Die unwiderlegliche Vermutung für das Vorliegen beherrschenden Einflusses besteht nach § 290 Abs. 2 HGB stets, wenn dem Bieter bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht (Nr. 1), dem Bieter bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist (Nr. 2), dem Bieter das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen (Nr. 3) oder der Bieter bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft) (Nr. 4). Siehe hierzu auch bei § 2 WpÜG Rz. 124.
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Fallgruppe 2: Tochterunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG sind ferner Unternehmen, auf die ein 40 beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann. Auch hierbei kommt es nicht auf die Rechtsform oder den Sitz des Tochterunternehmens an. Beherrschender Einfluss besteht, wenn der Bieter die Geschäftspolitik des Tochterunternehmens, insbesondere aber die Finanzpolitik56 oder die Bestellung, Abberufung, Anstellung und Vergütung der geschäftsführenden Organmitglieder wesentlich bestimmen kann. Der Einfluss kann rechtlich oder tatsächlich abgesichert sein. Er ist rechtlich abgesichert, wenn der Bieter durch Wahrnehmung seiner Stimmrechte Weisungen, insbesondere zur Wahrnehmung der Stimmrechte erteilen kann. Er ist tatsächlich abgesichert, wenn der Bieter aufgrund seines Einflusses auf die Bestellung, Abberufung oder Anstellung faktisch seine Vorstellungen zur Geschäftspolitik und zur Wahrnehmung der Stimmrechte durchsetzen kann57. Die Möglichkeit der Einflussnahme etwa auf Grund der Identität der Organmitglieder genügt. Nicht verlangt ist, dass auch tatsächlich Einfluss genommen wird58. Entherrschungsverträge lassen die Abhängigkeit nicht entfallen59; denn der Ausschluss der Stimmrechtsausübung durch Vertrag hindert nicht die Ausübung des Stimmrechts, mag diese auch vertraglich unzulässig sein. Schuldrechtliche oder sonstige faktische Abhängigkeiten, etwa als Folge von Kredit- oder Lieferverträgen, reichen nicht aus60. Dies gilt auch dann, wenn sie neben einer Beteiligung zur tatsächlichen Abhängigkeit führen61. Daher muss sich der Bieter die Stimmrechte aus Aktien seines Zulieferers oder seiner kreditgewährenden Bank nicht zurechnen lassen (s. zur 2. Fallgruppe auch bei § 2 WpÜG Rz. 126 ff.). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG zuzurechnen sind die Stimmrechte aus Aktien, die dem Tochterunternehmen „gehören“. Das sind die Aktien im Eigentum des Tochterunternehmens, und zwar auch dann, wenn sie verpfändet sind. Über § 30 Abs. 1 Satz 2 WpÜG sind dem Bieter darüber hinaus auch die Stimmrechte zuzurechnen, die dem Tochterunternehmen nach § 30 Abs. 1 S. 1 WpÜG zugerechnet werden.
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Ob die Stimmrechte dem Mutterunternehmen auch zugerechnet werden, wenn sie ruhen, z.B. weil es sich um eigene Aktien des Tochterunternehmens handelt, ist streitig. Dafür spricht, dass zeitweilige Ausübungshindernisse einer Zurechnung grundsätzlich nicht entgegenstehen (abstrakte Betrachtungsweise). Die BaFin hat 2014 allerdings ihre Verwaltungspraxis zur Stimmrechtszurechnung eigener Ak-
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Merkt in Baumbach/Hopt, § 290 HGB Rz. 9. Kosikowski/Kreher in Beck’scher Bilanz-Komm., § 290 HGB Rz. 25. LG Köln v. 5.10.2007 – 82 O 114/06, AG 2008, 336, 338; Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 19. BT-Drucks. 16/12407, S. 117. OLG Frankfurt a.M. v. 22.5.2007 – 5 U 33/06, AG 2008, 87; a.A. Schwark in Schwark/Zimmer, § 22 WpHG Rz. 40. 60 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 23a. 61 So zur Auslegung des § 17 AktG: BGH v. 26.3.1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 395 = AG 1984, 181; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rz. 16 ff., welche darauf hinweisen, dass zur Feststellung eines beherrschenden Einflusses auch im Fall einer Minderheitsbeteiligung alle denkbaren rechtlichen und tatsächlichen Umstände berücksichtigt werden, die ein zusätzliches Einflusspotential verschaffen (bspw. enge Kredit- und Lieferbeziehungen); Koch in Hüffer/Koch, § 17 AktG Rz. 8; Koppensteiner in FS Stimpel, 1985, S. 811.
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§ 30 Rz. 42 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung tien über Tochterunternehmen geändert und rechnet eigene Aktien im Besitz von Tochterunternehmen nicht mehr zu, vor allem um den sich in der Praxis ansonsten ergebenden Problemen (v.a. wegen der knappen Fristen im Rahmen von Befreiungsanträgen nach § 37 WpÜG und Stimmrechtsmitteilungen nach WpHG) Rechnung zu tragen62.
II. Mutterunternehmen 43
§ 30 Abs. 1 WpÜG bezeichnet den Bieter nicht als Mutterunternehmen. Dass dies aber gemeint ist, zeigt die Verwendung des Begriffs Mutterunternehmen in § 30 Abs. 4 WpÜG einerseits und die Verwendung des Begriffs Bieter in den vergleichbaren Regelungen in § 30 Abs. 3 und 5 WpÜG. Der Begriff „Mutterunternehmen“ versteht sich nur im Zusammenhang mit § 290 HGB. Zu sprechen ist vielmehr vom „Bieter, dem zugerechnet wird“.
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Der Bieter, dem zugerechnet wird, kann eine natürliche Person63, aber auch eine Gesellschaft jeder Rechtsform, eine Stiftung oder eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts sein. Dazu gehört eine Personengesellschaft, nämlich in der Form der OHG, der KG oder der BGB-Gesellschaft. Auch für den Bieter ist kein Geschäftsbetrieb erforderlich.
III. KG und GmbH & Co. KG 45
Steht der GmbH als Komplementärin die Geschäftsführung der KG zu und kann sie daher entscheiden, wie die Stimmrechte, die der KG zustehen, ausgeübt werden, ist sie ein Mutterunternehmen i.S.v. § 290 Abs. 1 HGB. Nicht erforderlich ist, dass die GmbH auch anderweitige unternehmerische Interessen verfolgt64. Einer Zurechnung steht nicht entgegen, dass die GmbH ihren Einfluss als geschäftsführendes Organ der KG ausüben kann.
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Die nach dem gesetzlichen Normalstatut organisierte KG ist Tochterunternehmen. Der Komplementär-GmbH werden daher die Stimmrechte aus Aktien, die der KG gehören, grundsätzlich zugerechnet. Ist der GmbH allerdings die Geschäftsführungsbefugnis entzogen, entfällt die Zurechnung65. Die Komplementär-GmbH kann auch ihrerseits Tochterunternehmen sein, was zur Kettenzurechnung führt.
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Sind weitere Komplementäre bestellt, hängt die Zurechnung davon ab, ob die GmbH bestimmen kann, wie die Stimmrechte aus den Aktien, die der KG gehören, ausgeübt werden. Das Entsprechende gilt, wenn der Komplementär eine natürliche Person ist. Auch er muss sich die Stimmrechte der KG zurechnen lassen. Die KG gilt dann als Tochterunternehmen des Komplementärs66. Ist (Allein-)Gesellschafterin der GmbH die KG (Einheitsgesellschaft), soll die GmbH nicht Mutterunternehmen sein67. In diesem Fall entscheiden letztlich die Kommanditisten über die Ausübung der Stimmrechte; ihnen werden sie zugerechnet.
62 Dafür: von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 51 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 43; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 16; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71b AktG Rz. 18. Dagegen: Busch, AG 2009, 425; Schnabel/Korff, ZBB 2007, 179, 180 und nunmehr auch die BaFin, siehe Jahresbericht der BaFin 2014, S. 234 mit ausführlicher Begründung für den Wechsel ihrer Verwaltungspraxis. Gegen eine Meldepflicht des Emittenten, der eigene Aktien erwirbt nach § 33 WpHG ferner Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 33 WpHG Rz. 53. 63 OLG Stuttgart v. 10.11.2004 – 20 U 16/03, NZG 2005, 432, 435 = AG 2005, 125; OLG Stuttgart v. 15.10.2008 – 20 U 19/07, AG 2009, 124, 129; LG Köln v. 5.10.2007 – 82 O 114/06, AG 2008, 336, 338. 64 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 22a; a.A. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 76. 65 Vgl. BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.2.1 f.; a.A. von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 330; Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 19. 66 Ebenso BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.1.5.1.2.1 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 5. 67 BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.2.2; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 22a.
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Rz. 53 § 30
IV. Mehrstufiger Konzern Bei verschachtelten Beteiligungs- und Konzernstrukturen kommt es zu erheblichen Anwendungspro- 48 blemen. Hat der Bieter mehrere Tochterunternehmen, besteht ein mehrstufiges Mutter- und Tochterverhältnis, so werden dem Bieter die Stimmrechte aller Tochterunternehmen zugerechnet. Eine Zurechnung von Schwesterunternehmen im Verhältnis zueinander findet hingegen nicht statt68. Dafür ist angesichts des klaren Wortlauts kein Raum. Im mehrstufigen Konzern kann auch ein nachgeordnetes Unternehmen seinerseits Bieter sein, dem die Stimmrechte der Enkel- und Urenkelgesellschaften zugerechnet werden. Hier entstehen Zurechnungspyramiden durch Kettenzurechnung.
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V. Mehrfache Abhängigkeit, gemeinsame Beherrschung (Gemeinschaftsunternehmen) Wirken mehrere Unternehmen derart zusammen, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss 50 auf ein anderes Unternehmen ausüben können, so gilt im deutschen Kartellrecht nach § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB jedes von ihnen als herrschendes Unternehmen. In § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG fehlt eine ausdrückliche Bestimmung für den Fall mehrfacher Abhängigkeit69 und gemeinsamer Beherrschung. Es fehlt damit auch eine ausdrückliche Bestimmung für Gemeinschaftsunternehmen. Es gilt jedoch das Entsprechende wie nach § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB: Ein Tochterunternehmen kann von mehreren Mutterunternehmen abhängig sein und von diesen gemeinsam beherrscht werden70. Genauso wenig wie § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG verlangt, dass das Mutterunternehmen eine Mehrheitsbeteiligung an dem Tochterunternehmen hält, reicht es allerdings nicht, dass die beiden Gesellschafter je 50 Prozent halten und sich faktisch vielleicht zu einer Abstimmung gezwungen sehen. Die gemeinsame Beherrschung muss auf sicherer Grundlage von vornherein und beständig gesichert sein71. Geht man hiervon aus und sieht in den in der Praxis üblichen Vermögensverwaltungsgesellschaften 51 eine Sonderform von einem Gemeinschaftsunternehmen, so sind deren Stimmrechte den Gesellschaftern des Gemeinschaftsunternehmens nicht automatisch, sondern unter den vorgenannten Voraussetzungen zuzurechnen72. Problematisch ist es, ob die Zurechnung in vollem Umfang oder quotal vorzunehmen ist. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG sind Stimmrechte eines Tochterunternehmens dem Mutterunternehmen in voller Höhe zuzurechnen. Offen bleibt, ob dies auch gilt, wenn ein Tochterunternehmen mehrere Mutterunternehmen hat, oder ob es einer teleologischen Reduktion bedarf. Für eine volle Zurechnung spricht, dass jedes Mutterunternehmen herrschend ist und Einfluss ausüben kann oder an der Leitung beteiligt ist73.
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VI. Ausnahme für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 30 Abs. 3 WpÜG) § 30 Abs. 3 WpÜG wurde ebenso wie die damalige Parallelvorschrift § 22a Abs. 2 WpHG a.F. (seit 53 3.1.2018 § 35 Abs. 2 WpHG) durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz eingeführt (s. Art. 1 68 S. auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 67 zur nicht zulässigen sidestream Zurechnung. Anders noch Uwe H. Schneider, Voraufl., Rz. 43 auf Basis des Wortlauts von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG in der Fassung durch das Übernahmerichtlinien-Umsetzungsgesetztes vom 8.7.2006; siehe dazu Schreiben der BaFin vom 21.7.2006; abgedruckt bei Consbruch/Fischer, G 41.5.). 69 S. dazu LG Bielefeld v. 12.11.1999 – 13 O 37/99, DB 2000, 266. 70 Koch in Hüffer/Koch, § 18 AktG Rz. 16. 71 BGH v. 4.3.1974 – II ZR 89/72 – Seitz-Gruppe, BGHZ 62, 193, 199; siehe auch BaFin, Emittentenleitfaden, 2018 Modul B, Ziff. I.2.5.1.5 zu § 35 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 66 ff.; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 200 ff. 72 S. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 202 zu gemeinsam investierenden Fonds. 73 OLG München v. 17.2.2005 – 23 W 2406/04, AG 2005, 407; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 204; für eine volle Zurechnung wohl auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 69. Ebenso BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.5 für § 35 Abs. 1 Nr. 2 WpHG.
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§ 30 Rz. 53 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung Nr. 11 lit. c und Art. 10 Nr. 2 lit. b Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 5.1.2007, BGBl. I 2007, S. 10) und materiell zuletzt durch das Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 20.11.2015 (BGBl. I 2015, S. 2029) geändert. Die Änderungen durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 23.6.2017 (BGBl. I, 2017, S. 1693) waren rein redaktionelle Anpassungen. 54
§ 30 Abs. 3 WpÜG enthält eine Ausnahme von der Zurechnung von Stimmrechten des Tochterunternehmens an die Muttergesellschaft. Unter den in Nr. 1 bis 4 aufgezählten kumulativen Voraussetzungen gilt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 10 WpHG hinsichtlich der Beteiligungen, die von ihm im Rahmen einer Finanzportfolioverwaltung i.S.v. § 2 Abs. 8 Satz 1 Nr. 7 WpHG verwaltet werden, nicht als Tochterunternehmen. Die Stimmrechtszurechnung wird jedoch nur im Hinblick auf die Eigenschaft als Tochterunternehmen ausgeschlossen; die Verwirklichung anderer Stimmrechtszurechnungstatbestände bleibt davon unberührt74.
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Die Zurechnung erfolgt nur dann nicht, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Stimmrechte unabhängig vom Bieter ausübt (Grundsatz der Unabhängigkeit der Stimmrechtsausübung, § 30 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG). Die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Stimmrechtsausübung ergeben sich aus §§ 2 f. TranspRLDVO. § 2 TranspRLDVO Anforderungen an die Unabhängigkeit der Stimmrechtsausübung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens vom Meldepflichtigen (1) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen übt die Stimmrechte im Sinne des § 35 Absatz 2 Nummer 1 des Wertpapierhandelsgesetzes unabhängig vom Meldepflichtigen aus, wenn 1. das Mutterunternehmen oder ein anderes Tochterunternehmen des Mutterunternehmens nicht durch unmittelbare oder mittelbare Weisungen oder in anderer Weise auf die Ausübung der Stimmrechte aus den Aktien, die von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen verwaltet werden, einwirken darf und 2. das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Stimmrechte aus den von ihm verwalteten Aktien frei und unabhängig von dem Mutterunternehmen und den anderen Tochterunternehmen des Mutterunternehmens ausübt. (2) Eine unmittelbare Weisung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 ist jede auf einen bestimmten Fall bezogene Weisung zur Stimmrechtsausübung durch das Wertpapierdienstleistungs-unternehmen. Eine mittelbare Weisung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 ist jede allgemeine oder besondere Weisung, durch die der Entscheidungsspielraum des Wertpapierdienstleistungsunternehmens in Bezug auf die Stimmrechtsausübung eingeschränkt wird, um bestimmten Geschäftsinteressen des Mutterunternehmens oder eines anderen Tochter-unternehmens des Mutterunternehmens Rechnung zu tragen. (3) Für Verwaltungsgesellschaften und Mutterunternehmen im Sinne des § 22a Absatz 3 gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
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Der Zurechnungsausschluss setzt ferner voraus, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Stimmrechte, die mit den betreffenden Aktien verbunden sind, aufgrund von in schriftlicher Form oder über elektronische Hilfsmittel erteilten Weisungen eines Dritten, der nicht zum Konzern gehört, ausübt (Grundsatz der weisungsabhängigen Stimmrechtsausübung, § 30 Abs. 3 Nr. 2 a WpÜG) oder durch geeignete Vorkehrungen sicherstellt wird, dass die Finanzportfolioverwaltung unabhängig von anderen Dienstleistungen und unter Bedingungen, die denen der OGAW-Richtlinie vom 20.12.198575, geändert durch Art. 9 der Richtlinie 2005/1/EG76, gleichwertig sind, erfolgt (Grundsatz der Unabhängigkeit des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, § 30 Abs. 3 Nr. 2 b WpÜG).
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Zwei weitere Voraussetzungen müssen nach § 30 Abs. 3 WpÜG erfüllt sein, damit keine Zurechnung erfolgt. Erstens muss der Bieter der BaFin den Namen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens und die für dessen Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen mitteilen, § 30 Abs. 3 Nr. 3 WpÜG. Diese Mitteilungspflicht ist bei sich abzeichnenden Änderungen laufend zu aktualisieren77. Zweitens hat der Bieter gegenüber der BaFin zu erklären, dass der Grundsatz der Unabhängigkeit der Stimmrechtsausübung gem. § 30 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG erfüllt ist, § 30 Abs. 3 Nr. 4 WpÜG. Näher ausgeführt wird dies durch § 3 TranspRLDVO: 74 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 103. 75 ABl. EG Nr. L 375 v. 31.12.1985, S. 3; neu gefasst durch die Richtlinie 2009/65/EG ABl. EG Nr. L 302 v. 17.11.2009, S. 32. 76 ABl. EU Nr. L 79 v. 24.3.2005, S. 9. 77 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 100.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 59 § 30
§ 3 TranspRLDVO Mitteilungspflichten des Meldepflichtigen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (1) Das Mutterunternehmen hat die Angaben nach § 35 Absatz 2 Nummer 3 des Wertpapierhandelsgesetzes fortlaufend zu aktualisieren. (2) Eine Erklärung nach § 35 Absatz 2 Nummer 4 des Wertpapierhandelsgesetzes ist hinsichtlich der von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen gehaltenen Finanzinstrumente im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes nicht erforderlich. (3) Das Mutterunternehmen hat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auf deren Verlangen nachzuweisen, dass 1. die Stimmrechte auf Grund seiner eigenen Organisationsstrukturen sowie derjenigen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens von ihm unabhängig ausgeübt werden und 2. die Personen, die über die Stimmrechtsausübung entscheiden, unabhängig handeln. Satz 1 Nr. 1 setzt voraus, dass der Meldepflichtige und das Wertpapierdienstleistungsunternehmen zumindest schriftliche Strategien und Verfahren festgelegt haben, die dazu bestimmt sind, den Informationsaustausch zwischen dem Mutterunternehmen und dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen in Bezug auf die Stimmrechtsausübung zu verhindern. Ist das Mutterunternehmen seinerseits Kunde des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder hält es Anteile an einer von diesem verwalteten Beteiligung, hat er der Bundesanstalt auf deren Verlangen auch nachzuweisen, dass ein klares schriftliches Mandat besteht, das eine unabhängige Kundenbeziehung zwischen ihm und dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorsieht. (4) Für Verwaltungsgesellschaften und Mutterunternehmen im Sinne von § 22a Absatz 3 gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
VII. Ausnahme für Kapitalverwaltungsgesellschaften (§ 30 Abs. 4 WpÜG) Eine weitere Ausnahme von der Zurechnung der Stimmrechte des Tochterunternehmens an das Mutterunternehmen enthält § 30 Abs. 4 WpÜG unter den in Nr. 1 bis 4 genannten kumulativen Voraussetzungen für Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) und EU-Verwaltungsgesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 17 KAGB hinsichtlich der Beteiligungen, die zu den von ihnen verwalteten Investmentvermögen gehören. Die Ausnahme für Kapitalverwaltungsgesellschaften wurde durch das Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 20.11.2015 (BGBl. I 2015, S. 2029) in das WpÜG eingefügt. Damit wurden die bis dahin in § 94 Abs. 2 – 5 KAGB a.F. enthaltenen Regelungen der Tochterunternehmenseigenschaft bei Kapitalverwaltungsgesellschaften und EU-Verwaltungsgesellschaften wegen der größeren sachlichen Nähe und im Interesse einer größeren Übersichtlichkeit vom KAGB ins WpÜG verlagert. Zugleich erfolgte im Interesse eines möglichst engen Gleichlaufs eine Anpassung an die Systematik des § 22a WpHG a.F. (seit 3.1.2018 § 35 WpHG)78.
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Kapitalverwaltungsgesellschaften sind Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten, § 17 KAGB. Die Definition in § 17 KAGB wird dabei durch die weiteren Begriffsbestimmungen in § 1 Abs. 14 bis 18 KAGB ergänzt79. Die Vorschrift hat große praktische Bedeutung, da eine Kapitalverwaltungsgesellschaft typischerweise eine Konzerngesellschaft eines Kreditinstituts ist80. Kapitalverwaltungsgesellschaften in der Form von Publikumsfonds verwalten oftmals Aktien und die damit verbundenen Stimmrechte81. Stimmrechte von Aktien, die zu einem von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Sondervermögen gehören, das kein Spezialsondervermögen ist und dessen Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen (sog. Miteigentumslösung, § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. KAGB), gelten nach § 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG als Stimmrechte der Kapitalverwaltungsgesellschaft und werden nicht den Anlegern zugerechnet (s. auch unten Rz. 89). Wenn die Aktien im Eigentum der Kapitalverwaltungsgesellschaft
59
78 BT-Drucks. 18/5010, 56 und 45 zum Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie. 79 Emde/Dreibus, BKR 2013, 102; Winterhalder in Boxberger/Anders/Winterhalder, § 17 KAGB Rz. 5. 80 Anders in Boxberger/Anders/Winterhalder, 1. Aufl. 2014, § 94 KAGB Rz. 9. 81 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 102. Siehe zur (Nicht-) Zurechnung bei Publikumsfonds auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 51.
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§ 30 Rz. 59 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
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stehen (sog. Treuhandlösung, § 92 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. KAGB), hält die Kapitalverwaltungsgesellschaft diese unmittelbar als direkte Inhaberin; eine Zurechnung ist nicht erforderlich. Den Anlegern wird mangels Einflusses auf die Stimmrechtsausübung in der Regel nicht anteilsmäßig zugerechnet (§ 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpÜG, siehe dazu unten Rz. 89)82. Durch die kumulative Erfüllung der Voraussetzungen der § 30 Abs. 4 Nr. 1 bis 4 WpÜG kann die Muttergesellschaft einer Kapitalverwaltungsgesellschaft dafür sorgen, dass die durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten und der Kapitalverwaltungsgesellschaft zugerechneten Aktien für Zurechnungszwecke eliminiert und nicht weiter nach oben zugerechnet werden83. Der Grund für die fehlende Zurechnung ergibt sich aus den Pflichten der Kapitalverwaltungsgesellschaft: Diese handelt betreffend das Abstimmungsverhalten der Stimmrechte aus den durch sie verwalteten Aktien weder in Abhängigkeit von ihrer Mutter, noch im eigenen Interesse, sondern allein im besten Interesse der Anleger (§ 26 Abs. 2 Nr. 2 KAGB). Aus diesem Grund ist eine Zurechnung nicht angemessen84. Nichts anderes gilt für eine Zurechnung nach den Vorschriften des WpÜG. Hierbei muss freilich bedacht werden, dass diese Ausnahme nur für eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG gilt, eine Zurechnung nach anderen Vorschriften kommt weiterhin in Betracht85. Für Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat gilt gem. § 30 Abs. 5 WpÜG Entsprechendes.
VIII. Rückausnahme für Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Verwaltungsgesellschaften (§ 30 Abs. 6 WpÜG) 62
Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen und eine Verwaltungsgesellschaft gelten nach § 30 Abs. 6 WpÜG unter den dortigen Voraussetzungen unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen in Abs. 3 bis 5 kraft gesetzlicher Fiktion als Tochterunternehmen. Die Rückausnahme von der Privilegierung nach Abs. 3 bis 5 greift ein, wenn der Bieter oder ein anderes Tochterunternehmen des Bieters seinerseits Anteile an der von dem Unternehmen verwalteten Beteiligung hält (§ 30 Abs. 6 Nr. 1 WpÜG) und das Unternehmen die Stimmrechte, die mit diesen Beteiligungen verbunden sind, nicht nach freiem Ermessen, sondern nur auf Grund unmittelbarer oder mittelbarer Weisungen ausüben kann, die ihm vom Bieter oder von einem Tochterunternehmen des Bieters erteilt werden (§ 30 Abs. 6 Nr. 2 WpÜG WpÜG). § 30 Abs. 6 Nr. 2 WpÜG wirkt angesichts des § 30 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 WpÜG auf den ersten Blick überflüssig. Jedoch geht es bei Abs. 3 und Abs. 4 um die grundsätzliche Unabhängigkeit des Wertpapierdienstleistungsunternehmens bzw. der Kapitalverwaltungsgesellschaft trotz bestehender Konzernstruktur, während Abs. 6 auf die punktuelle Unabhängigkeit der „Tochter“ trotz insofern bestehender Anteilsinhaberschaft der „Mutter“ abzielt86. Wenn also das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bzw. die Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß dem beherrschenden Einfluss der Muttergesellschaft tätig wird, greifen bereits die Ausnahmetatbestände der Abs. 3 und 4 nicht ein. Es bleibt bei einer vollumfänglichen Zurechnung der Stimmrechte des Tochterunternehmens. Ist allerdings eine grundsätzlich unabhängige Verwaltung gewährleistet, kommt es – im Falle der eigenen Beteiligung der Mutter am Sondervermögen – darauf an, ob eine (punktuelle) Einflussnahme dennoch unterbleibt. Erteilt die Mutter hinsichtlich ihres Anteils am Sondervermögen Weisungen, so findet eine auf das betroffene Sondervermögen beschränkte Zurechnung statt87; das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bzw. die Kapitalverwaltungsgesellschaft gilt insofern (d.h. bezogen auf das Sondervermögen, an dem die Beteiligung der Mutter besteht) wieder als Tochterunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG. Die Regelung in Absatz 6 entspricht der bisherigen Rückausnahme in § 30 Abs. 3 Satz 2 WpÜG a.F. für Wertpapierdienstleistungsunternehmen und § 94 Abs. 2 Satz 2 KAGB a.F.). Sie erstreckt sich jetzt allerdings auch auf Verwaltungsgesellschaften von Drittstaaten. 82 S. näher zu Kapitalanlagegesellschaften Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 67 ff. 83 Anders in Boxberger/Anders/Winterhaler, 1. Aufl. 2014, § 94 KAGB Rz. 10. 84 Dreibus/Schäfer, NZG 2009, 1289, 1291 und Röh, CCZ, 137, 138 für die entsprechenden Vorschriften im WpHG. 85 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 103. 86 Vgl. zur Parallelvorschrift des § 32 Abs. 2 Satz 2 InvG: Schmitz in Berger/Steck/Lübbehüsen, 1. Aufl. 2010, § 32 InvG Rz. 22. 87 BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.11.2.3; vgl. auch Heinrich in Emde/Dornseifer/Dreibus/ Hölscher, 1. Aufl. 2013, § 32 InvG Rz. 52; Schmitz in Berger/Steck/Lübbehüsen, 1. Aufl. 2010, § 32 InvG Rz. 22.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 68 § 30
IX. Verordnungsermächtigung zur Bestimmung der Unabhängigkeit des Wertpapierdienstleistungsunternehmens vom Bieter (§ 30 Abs. 7 WpÜG) § 30 Abs. 7 WpÜG enthält eine Ermächtigungsgrundlage an das Bundesministerium der Finanzen, durch Rechtsverordnung zu regeln, unter welchen Umständen die in § 30 Abs. 3 bis 6 WpÜG geforderte Unabhängigkeit eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens vom Bieter gegeben ist. Das Bundesministerium der Finanzen hat von der Verordnungsermächtigung gem. § 30 Abs. 7 WpÜG mit §§ 18 und 19 der TranspRLDV Gebrauch gemacht.
63
J. Für Rechnung des Bieters gehalten (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) I. Der Bieter Werden Aktien für Rechnung eines Dritten gehalten, so ist der Inhaber der Aktien formal Berechtig- 64 ter und damit Bieter nach § 29 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt. WpÜG, auch wenn er das Stimmrecht nach Weisung desjenigen ausüben muss, für den er die Aktien hält88. Bieter ist aber auch derjenige, für dessen Rechnung der formal Berechtigte die Aktien hält; ihm werden 65 die Aktien nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG zugerechnet. Es gilt der allgemeine Grundsatz der „doppelten Zurechnung“, nämlich sowohl beim zivilrechtlichen Eigentümer (der „Dritte“ i.S. des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG) als auch bei dem, für dessen Rechnung gehalten und dem daher zugerechnet wird, obwohl er die Aktien nicht selbst hält (der „Bieter“ i.S. des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG)89.
II. Auslegung nach Sinn und Zweck Das Tatbestandsmerkmal „für Rechnung eines anderen gehalten“, findet sich in unterschiedlicher Ausformulierung an vielen Stellen im Gesetz, nicht nur in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG, sondern z.B. auch in §§ 290 Abs. 3, 313 Abs. 2 und 383 HGB und in §§ 56 Abs. 3, 71a Abs. 2, 71d, 134 Abs. 1 Satz 3, 291 Abs. 1 Satz 2 AktG90. Es geht jeweils um das Auseinanderfallen von rechtlicher und wirtschaftlicher Zuordnung. Die Auslegung hat dabei jeweils im spezifischen Kontext der Norm zu erfolgen, hier also mit Blick auf die Zurechnung von Stimmrechten.
66
III. Einem Dritten gehören Die Aktien „gehören“ einem Dritten, wenn dieser Inhaber der Aktien ist („Außenverhältnis“). Einem wirtschaftlichen Eigentümer gehören die Aktien nicht; § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG ist nicht anwendbar.
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Es macht auch keinen Unterschied, wie der Dritte die Aktien erlangt hat, ob der Treugeber die Aktien an den Treuhänder übereignet oder ob etwa ein Kreditinstitut treuhänderisch im Kundenauftrag die Aktien im Markt erworben hat91.
68
88 Zum empty voting und decoupling: Osterloh-Konrad, ZGR 2012, 35; vgl. hierzu auch die aus ökonomischer Sicht sehr detaillierten Ausführungen bei Zimmermann, Das Aktiendarlehen, 2014, S. 69 ff. 89 BGH v. 19.7.2011 – II ZR 246/09, NZG 2011, 1147, 1148 f. = AG 2011, 786 zu § 22 WpHG a.F. Der BGH weist allerdings zu Recht darauf hin, dass der Begriff der doppelten Zurechnung missverständlich ist, da allein die Stimmrechte des Treuhänders dem Treugeber zugerechnet werden und es in umgekehrter Richtung keiner Zurechnung bedarf, weil der Treuhänder schon auf Grund seines Eigentums an den Aktien und seiner daraus folgenden Stimmrechte mitteilungspflichtig ist. Siehe auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 100 (keine Stimmrechtsabsorption). 90 Einen guten Überblick gibt Vedder, Zum Begriff „für Rechnung“ im AktG und im WpHG, 1999. 91 Zu dieser zivilrechtlichen Vorfrage: BGH v. 25.11.1964 – V ZR 144/62, WM 1965, 173. Siehe auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 94; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 5.
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§ 30 Rz. 69 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
IV. „Für Rechnung“ gehalten 1. Wirtschaftliche Chancen und Risiken 69
Für Rechnung des Bieters wird nur gehalten, wenn der Bieter im Verhältnis zum Dritten („Innenverhältnis“) die wesentlichen wirtschaftlichen Chancen und Risiken der Aktien92 trägt. Dazu gehören vor allem die Risiken und Chancen einer Veränderung des Börsenkurses, die Chancen einer Dividendenzahlung sowie das Insolvenzrisiko der Zielgesellschaft93, ferner das Bestandsrisiko sowie das Risiko, Abfindungs- oder Ausgleichzahlungen zu erhalten und das Bezugsrisiko94.
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Wenn die wesentlichen wirtschaftlichen Risiken bei mehreren liegen, kommt eine quotale Zurechnung in Betracht, immer vorausgesetzt die weiteren Voraussetzungen liegen beim jeweiligen Bieter vor (s. dazu Rz. 64).95 2. Einfluss auf die Stimmrechtsausübung
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Ein Halten „für Rechnung“ setzt zusätzlich zur wirtschaftlichen Komponente (Chancen und Risiken) ein „mittelbares Stimmrecht“ des Bieters voraus. Der Bieter muss die Möglichkeit haben, auf die Stimmrechtsausübung des Eigentümers der Aktien Einfluss zu nehmen96. Dabei reicht die bloß tatsächliche Möglichkeit nicht aus. Vielmehr bedarf es einer rechtlich abgesicherten Einflussmöglichkeit97. Ob dann tatsächlich Weisungen erteilt werden, ist hingegen nicht entscheidend98.
72
Der Hauptanwendungsfall von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG ist die Treuhand99 (s. dazu Rz. 73 ff.). Auf die Rechtsnatur der rechtlichen Beziehungen zwischen dem Bieter und dem Dritten kommt es
92 Ebenso OLG München v. 9.9.2009 – 7 U 1997/09, ZIP 2009, 2095 = AG 2009, 793; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 97; von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 79; Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501, 1502; Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933; Habersack, AG 2008, 817; Krause, AG 2014, 833, 838; Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 30; Verse, Der Konzern 2015, 1, 6 f.; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 31. 93 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 990 = ZIP 2014, 1623, 1628 = AG 2014, 662 (Rz. 49). 94 BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.2 zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 97; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 219; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 1; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 5. 95 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 14: quotale Zuteilung, wenn jeder separat weisungsberechtigt ist; volle Zurechnung, wenn einer Einfluss auf alle Stimmrechte hat; siehe auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 106 für den Fall mehrerer Treugeber. 96 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 990 = AG 2014, 662 (Rz. 50); von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 88; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 12 f.; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 21; siehe auch Verse, Der Konzern 2015, 1, 7, der allerdings fälschlich davon ausgeht, dass der BGH die Frage offen gelassen habe. 97 S. BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 990 = AG 2014, 662 (Rz. 52): Der BGH stellte fest, dass das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gekommen sei, „dass der Vortrag nicht ausreichend sei, weil daraus nicht hervorgehe, dass dem „gemeinsamen Verständnis“, keine Gewinne auszuschütten, eine rechtliche Bindungswirkung zugekommen sei.“ Demnach kommt es auf die rechtlich abgesicherte Einflussmöglichkeit an. Das entspricht auch der Rspr. zu § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG a.F., siehe dazu BGH 16.3.2009 – II ZR 302/06, NZG 2009, 585, 589 = AG 2009, 441 (Rz. 34) „Ebenso wenig hielt die L-Bet-GmbH die Aktien auf Grund des Darlehensvertrags „für Rechnung“ der JL-GmbH i.S. des § 22 I Nr. 2 WpHG. [… .] Dies kann jedoch – in Parallele zu § 22 I Nr. 1 WpHG – richtigerweise nur dann gelten, wenn der Darlehensgeber nach der vertraglichen Regelung auf die Stimmrechtsausübung des Darlehensnehmers Einfluss nehmen kann.“; ebenso Brellochs ZIP 201, 2225, 2227; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 98; Hippeli, AG 2017, 771, 773; Niemeyer, EWiR 2014, 541, 542. A.A. Verse, Der Konzern 2015, 1, 7, der wohl eine rein faktische Zurechnung für ausreichend hält; ebenso Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 62 ff.; gänzlich ablehnend Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 222 f. 98 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 98; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 13; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 6. 99 S. auch Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 227; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 5.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 76 § 30
nicht an. In Betracht kommen unterschiedliche Formen der Vermögensverwaltung, u.a. auf Grund von Auftrag, Geschäftsbesorgung oder Kommission.
V. Treuhand Treuhandverhältnisse an Aktien werden in der Regel rechtsgeschäftlich begründet, und zwar entweder durch Übertragung des Vollrechts an den Aktien (Treugut) auf den Treuhänder (fremdnützige Verwaltungstreuhand oder auch Vollrechtstreuhand)100 oder durch Einräumung einer Vollmacht (Vollmachtstreuhand)101. Verbunden ist damit die Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. Diese Pflicht zur Interessenwahrung wird durch das schuldrechtliche Innenverhältnis begründet. Exemplarisch für die Treuhand ist die Vermögensverwaltung, die sowohl nach dem Verwaltungstreuhand-Modell als auch nach dem Vollmachtstreuhand-Modell organisiert sein kann102.
73
Von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG erfasst wird nur die Verwaltungstreuhand und damit auch die Ver- 74 mögensverwaltung, für die das Verwaltungstreuhand-Modell gewählt wurde. Dem Treugeber, der die Aktien treuhänderisch auf den Treuhänder übertragen hat, sind die Stimmrechte in vollem Umfang zuzurechnen, wenn er allein das gesamte oder das wesentliche wirtschaftliche Risiko trägt und den Treuhänder kraft des Innenverhältnisses anweisen kann, wie die Stimmrechte auszuüben sind, was typischerweise der Fall ist103. Hat folglich ein Kunde mehrere Kreditinstitute eingeschaltet, die auf seine Rechnung Aktien erwerben und das Stimmrecht nach seinen Weisungen ausüben sollen, so werden ihm als Treugeber die Stimmen aller Aktien, die die einzelnen Kreditinstitute bereits erworben haben, zugerechnet. Bieter kann aber auch das Kreditinstitut als Treuhänder in seiner Eigenschaft als Aktionär sein; es gilt der Grundsatz der „doppelten Zurechnung“104. Die Vollmachtstreuhand wird hingegen nicht von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG erfasst. Dem Treugeber müssen die Aktien nicht zugerechnet werden; sie gehören ihm weiterhin105. Beim Treuhänder kommt eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG in Betracht106 (s. dazu unten Rz. 129 f.).
75
Ist bei einer fremdnützigen Verwaltungstreuhand der Treugeber zugleich Beteiligter eines acting in concert, so muss sich der Treuhänder die Stimmrechte der Beteiligten aus dem acting in concert nicht zurechnen lassen; es erfolgt insoweit keine Kettenzurechnung107. Für eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG beim Treuhänder wäre erforderlich, dass der Dritte, dessen Stimmrechte dem Treugeber aufgrund des acting in concert zugerechnet werden, seine Aktien „für Rechnung“ des Treuhänders hält oder der Treuhänder sich mit ihm abstimmt. Die Gleichgerichtetheit des Stimmrechtseinflusses allein reicht nicht und wäre auch nicht vom Wortlaut erfasst; sie stellt sich aus Sicht
76
100 Coing, AcP 167 (1967), 99 ff.; Mutter, AG 2006, 644; Pittroff, Die Zurechnung von Stimmrechten gem. § 30 WpÜG, 2004, S. 160; Siehe auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 5; siehe auch Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 227 ff. BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1 zu § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG. 101 Veil in K. Schmidt/Lutter, Anh. § 22 AktG, § 22 WpHG Rz. 16; Leverenz, ZBB 1995, 159, 161. Siehe auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 8; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 227. 102 Walz in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 111 Rz. 8 f. 103 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 101; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 16; siehe auch Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 230, der allerdings auch dann dem Treugeber zurechnen will, wenn im Innenverhältnis ausnahmsweise vereinbart sei, dass der Treuhänder das Stimmrecht nach eigenem Ermessen ausüben könne; ferner BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.2 zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, wonach mangels Vereinbarung eine entsprechende Interessenlage genügen soll. 104 S. bereits oben Rz. 65 mit weiteren Nachweisen; ferner von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 104; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 229. 105 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 104; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 17; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 232. 106 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 8; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 232. 107 BGH v. 19.7.2011 – II ZR 246/09, NZG 2011, 1147, 1148 f. = AG 2011, 786 zu § 22 WpHG a.F. (anderer Ansicht noch die Vorinstanz OLG München v. 9.9.2009 – 7 U 1997/09, ZIP 2009, 2095 = AG 2009, 793); Widder/Kocher, ZIP 2010, 457; von Bülow/Petersen, NZG 2009, 1373; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 99 (der zu Recht auf das Analogieverbot hinweist); Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933; a.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 70.
Uwe H. Schneider/Favoccia
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§ 30 Rz. 76 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung des Treuhänders, der keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die übrigen Stimmrechte hat, als reine Zufälligkeit dar. 77
Besondere Bedeutung gewinnt die Treuhand bei der Anschaffung und Verwahrung von Aktien im Ausland. Der Wertpapierkunde erwirbt vielfach kein Eigentum an den im Ausland angeschafften und verwahrten Papieren. Der kommissionsrechtliche Lieferanspruch wird durch § 22 DepotG ausgesetzt. Stattdessen erhält der Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Aktien aus einem Treuhandverhältnis108. Die Stimmrechte werden freilich dem Erwerber nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG zugerechnet.
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§ 33 Abs. 1 Satz 2 WpHG enthält eine besondere Regelung für Zertifikate, die Aktien vertreten. In den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen die American Depositary Receipts (ADR). Nicht der amerikanische Investor, sondern eine Depositary Bank wird Aktionär. Der Depositary Bank stehen daher alle Rechte aus der Aktie zu. Das gilt auch für das Stimmrecht. Der Investor wird nur ADR-Holder. Er wird Inhaber eines Zertifikats, das Aktien vertritt. Die genannten Zertifikate sind Schuldverschreibungen, die die Rechte aus dem Deposit Agreement verbriefen. Das ermöglicht dem ADR-Holder, als Bevollmächtigter die Stimmrechte, die der Depositary Bank als Aktionär zustehen, wahrzunehmen. § 33 Abs. 1 Satz 2 WpHG bestimmt, dass meldepflichtig nur der Inhaber der Zertifikate, nicht aber die Depotbank ist.
79
Im Übernahmerecht fehlt eine § 33 Abs. 1 Satz 2 WpHG entsprechende Vorschrift. Damit bleibt es bei der allgemeinen Regelung109. Die Stimmrechte werden von der Depositary Bank gehalten. Sie hält unmittelbar i.S.d. § 29 Abs. 2 WpÜG die Stimmrechte aus den entsprechenden Aktien. Die Inhaber der Zertifikate tragen das wirtschaftliche Risiko und können durch Weisung die Ausübung der Stimmrechte bestimmen. Ihnen sind daher nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG die Stimmrechte zuzurechnen110.
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Hat eine Gesellschaft treuhänderisch Aktien auf einen „Pensionsfonds“, organisiert etwa in Form eines Vereins, übertragen („Contractual Trust Arrangement“)111, so ist der Verein Bieter, weil er Aktionär ist. Der Gesellschaft, die ihre Pensionsverpflichtungen ausgelagert hat, sind die Stimmrechte zuzurechnen. Sie ist als Treugeberin Bieter.
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Bestehen im Blick auf dasselbe Aktienpaket Treuhandverhältnisse zu mehreren Vertragspartnern (mehrgliedriges Treuhandverhältnis), verwaltet der Dritte ein Paket für mehrere Unternehmen auf deren Rechnung, hat der Dritte die Interessen dieser Unternehmen wahrzunehmen und entsprechend Rechnung zu legen, so ist zu unterscheiden: Eine Zurechnung erfolgt in diesem Fall nach den allgemeinen Regeln, d.h. nur – und zwar quotal –, soweit sowohl die wirtschaftlichen Chancen und Risiken, die der Betreffende anteilmäßig trägt, wesentlich sind als auch sein Einfluss auf die Ausübung der Stimmrechte rechtlich abgesichert ist112.
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Hat der Dritte seinerseits als Treugeber ein weiteres Treuhandverhältnis begründet (Kettentreuhand), so ist wie folgt zu unterscheiden: Dem dazwischengeschalteten Treuhänder B (der die treuhänderisch von A empfangenen Aktien seinerseits als Treugeber an C, den letzten Treuhänder in der Kette, weitergereicht hat), werden die Aktien des C dann zugerechnet, wenn B die wesentlichen wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus den Aktien trägt und er rechtlich abgesicherten Stimmrechtseinfluss hat. A, dem ersten Treugeber in der Kette, können die Aktien des C (nicht die des B, da diesem keine Aktien gehören) ebenfalls zugerechnet werden, sofern auch er die wesentlichen wirtschaftlichen Chancen und 108 BGH v. 1.2.1988 – II ZR 152/87, WM 1988, 403; Klanten in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 72 Rz. 139 ff. 109 A.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 44, der davon ausgeht, dass den Inhabern von ADRs Stimmrechte aus den Aktien, auf die sich depositary receipts beziehen, bereits nach § 29 Abs. 2 WpÜG zustehen, sodass es keiner Zurechnung bedürfe; ebenso Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 193. 110 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 146; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 37; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 19; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 10. 111 Zur Ausgestaltung: Küppers/Louven, BB 2004, 337. 112 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 106; Pittroff, Die Zurechnung von Stimmrechten gem. § 30 WpÜG, 2004, S. 162.; a.A. Uwe H. Schneider, Voraufl., Rz. 73 (auf das wirksame Zustandekommen eines Treuhandverhältnisses kommt es nicht an); Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 230 (der nur auf die wirtschaftliche Quote abstellen möchte).
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 88 § 30
Risiken trägt und ihm durch eine Kette von Treuhandverträgen die rechtlich abgesicherte Stimmrechtsherrschaft zufällt113. Gesetzliche Treuhandverhältnisse wie Insolvenzverwaltung, Vormundschaft usw. führen nicht zu einer Verwaltungstreuhand114; denn sie erwerben nicht das Eigentum an den zur Insolvenzmasse etc. gehörenden Gegenständen.
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VI. Holding und Vermögensverwaltungsgesellschaften Wird eine Beteiligung durch eine Gesellschaft gehalten, so können damit ganz unterschiedliche Zwecke verfolgt werden. Die Gesellschaft und ihre Satzung, der Gesellschaftszweck, der Gegenstand des Unternehmens, der Umfang der Mitverwaltungsrechte der Gesellschafter, ihr Einfluss auf die Ausübung der Stimmrechte, die mit den Aktien verbunden sind, die die Gesellschaft hält, usw. können in verschiedener Weise ausgestaltet sein. Angesichts dieser Unterschiede lässt sich auch nicht einheitlich beantworten, ob eine Zurechnung gegenüber dem Gesellschafter nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG erfolgt. Auf der einen Seite stehen Holdingstrukturen etwa im Industriekonzern. Auf der anderen Seite stehen die in der Praxis aus ganz unterschiedlichen Gründen, z.B. im Hinblick auf steuerliche Privilegien oder zur Risikoabschirmung, gebildete Vermögensverwaltungsgesellschaften (Vorschaltgesellschaften). In all diesen Fällen kommt auch eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG in Betracht.
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1. Holdingstrukturen Hält ein Unternehmen neben einer anderweiten unternehmerischen Tätigkeit Beteiligungen, so tragen zwar die Gesellschafter nicht nur das Risiko der ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit; ihnen kommen auch die Chancen und Risiken der Beteiligung mittelbar zu. Damit sind die Beteiligungen aber nicht „für Rechnung des Bieters“ gehalten; denn die Beteiligungsverwaltung erfolgt im Interesse der Gesellschaft und nur mittelbar im Interesse der Gesellschafter115.
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Bei der typischen Industrieholding oder bei den Kreditinstituten mit Beteiligungsbesitz werden Stimmrechte aus Aktien, die der Holding gehören, dem Gesellschafter der Holding daher nur zugerechnet, wenn es sich um ein Mutter-/Tochterverhältnis i.S.v. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG handelt.
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2. Vorschaltgesellschaften Bei den Vermögensverwaltungsgesellschaften ist nach den unterschiedlichen Gestaltungen zu unterscheiden: Wenn die Vermögensverwaltungsgesellschaft die Beteiligungen aufgrund eines Treuhandvertrags mit einem oder mehreren Gesellschaftern auf deren Rechnung hält (Vermögensverwaltungsgesellschaft als Treuhänder) und demgemäß nach Weisung die Stimmrechte ausübt oder ausüben müsste, so sind die Stimmrechte aus diesen Aktien den Treugebern unter den oben genannten (Rz. 74 ff.) Voraussetzungen nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG zuzurechnen116.
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Anders ist die Lage indessen bei den Gesellschaften, bei denen ein besonderer Treuhandvertrag der Gesellschaft mit den Gesellschaftern fehlt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gesellschaftszweck der Vorschaltgesellschaft ausschließlich darin besteht, eine oder mehrere Beteiligungen im In-
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113 Wie hier für eine (ggf. auch mehrfache) Zurechnung nach § 30 WpÜG: von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 105; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 18; a.A. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 38 sowie Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 31. 114 Für § 30 WpÜG: von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 107; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 234; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 17; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 39; für § 34 WpHG: Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 34. 115 Ebenso für § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG: Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 22. 116 Bayer in MünchKomm. AktG, § 34 WpHG Rz. 14; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 109 ff.; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 237; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 23 (keine Besonderheiten zur Treuhand).
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§ 30 Rz. 88 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung teresse der Gesellschafter zu verwalten oder ob sie noch andere unternehmerische Zwecke verfolgt117. Es kann nicht einfach durch die Vorschaltgesellschaft durchgeschaut werden. Diese ist – wie jede andere juristische Person auch – ein eigenständiges und auf eigene Rechnung handelndes Rechtssubjekt, dem die Rechte und Pflichte zustehen, die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergeben. Es muss also wie sonst auch eine explizite Regelung dazukommen, z.B. ein Treuhandvertrag, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigt und die Chancen und Risiken und die Stimmrechtsausübung unmittelbar den hinter der Vorschaltgesellschaft stehenden Gesellschaftern zuweist. Wenn dies nicht der Fall ist, kommt eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG nicht in Betracht, wohl aber – wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen – die Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG als Tochtergesellschaft eines oder mehrerer Gesellschafter der Vorschaltgesellschaft118. 3. Kapitalverwaltungsgesellschaften 89
Wenn zu dem von Kapitalverwaltungsgesellschaften (s. zum Begriff § 17 KAGB) verwalteten Sondervermögen119 Aktien gehören, können die Aktien nach § 92 Abs. 1 Satz 1 KAGB im Eigentum der Kapitalveraltungsgesellschaft (sog. Treuhandlösung) oder im Miteigentum der Anleger (sog. Miteigentumslösung) stehen120. Stehen die Aktien des (unselbständigen) Sondervermögens121, das von der Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, im Miteigentum der Anleger, gelten die Stimmrechte kraft der expliziten gesetzlichen Fiktion in § 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG als Stimmrechte der Kapitalverwaltungsgesellschaft. Bei den Anlegern werden die Stimmrechte nicht erfasst122. Werden die Aktien demgegenüber von der Kapitalverwaltungsgesellschaft als Treuhand-Eigentümerin für Rechnung der Anleger gehalten, dann sind die Zurechnungsvorschriften nicht anwendbar, vielmehr werden diese Aktien bei der Kapitalverwaltungsgesellschaft unmittelbar als direkte Inhaberin der Stimmrechte nach § 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erfasst123. Eine (quotale) Zurechnung bei den Anlegern erfolgt jedenfalls im Regelfall schon mangels Einflusses auf die Stimmrechtsausübung nicht (vgl. §§ 93 Abs. 1 und 94 KAGB)124. Zur unabhängigen Ausübung der Stimmrechte durch Kapitalverwaltungsgesellschaften und zu den Voraussetzungen, unter denen Kapitalverwaltungsgesellschaften als Tochterunternehmen gelten, so dass von ihnen gehaltene Aktien dem Mutterunternehmen zugerechnet werden, siehe oben Rz. 58 ff.).
117 A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 83 und dieser folgend Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 23; ferner Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 44; Burgard, BB 1995, 2073. 118 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 110; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 237 f. 119 Sondervermögen gem. § 1 Abs. 10 KAGB sind inländische Investmentvermögen in Vertragsform, die durch einen Vertrag zwischen der Kapitalverwaltungsgesellschaft und dem Anleger gebildet werden und von der Verwaltungsgesellschaft für Rechnung der Anleger verwaltet werden. Im Gegensatz zu gesellschaftsrechtlich gebildeten Investmentvermögen hat das Sondervermögen keine eigene Rechtspersönlichkeit (s. Patzner/Döser/Kempf, Investmentrecht, § 1 Rz. 40). Dem rechtlich selbständig strukturierten Investmentvermögen gehören die zum Investmentvermögen gehörenden Aktien und sind daher unmittelbar nach § 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erfasst, vgl. für Meldepflichten BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.2.2. 120 Zur Terminologie BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.2.2. 121 Die gesetzliche Fiktion gilt gem. § 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG nur für Sondervermögen, nicht für „Spezialsondervermögen“. Mit Spezialsondervermögen sind wohl die heutigen Spezial-AIF gem. § 1 Abs. 6 KAGB gemeint, deren Anteile nur auf Grund von schriftlichen Vereinbarungen mit der Verwaltungsgesellschaft oder auf Grund der konstituierenden Dokumente von (semi-) professionellen Anlegern erworben werden dürfen. Bei Spezial-AIF gelten die allgemeinen Regeln siehe Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 29 WpÜG Rz. 45 Fn. 69 f. und Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 72. 122 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 70; ebenso zur Vorgängerregelung der Vorgängerregelung in § 94 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz KAGB a.F. Anders in Weitnauer/Boxberger/Anders, 1. Aufl. 2014, § 94 KAGB Rz. 14. 123 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 71; s.a. BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.2.2; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 29 WpÜG Rz. 45; Anders in Weitnauer/Boxberger/Anders, 1. Aufl. 2014, § 94 KAGB Rz. 14 zu der früher bestehenden expliziten Regelung in § 94 Abs. 2 S. 3, 2. Halbsatz KAGB a.F. 124 A.a. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 71.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 94 § 30
VII. Wertpapierdarlehen und Wertpapierpensionsgeschäft 1. Ausgangslage Bei der „Wertpapierleihe“ im weiteren Sinne handelt es sich um einen untechnischen Begriff. Es geht nicht um eine Leihe i.S. von §§ 598 ff. BGB, bei der nur der Gebrauch überlassen wird125, vielmehr sind damit Wertpapierdarlehen gemäß § 607 BGB oder Wertpapierpensionsgeschäfte gemäß § 340b HGB und diesen vergleichbaren Geschäfte wie Repo-Geschäfte oder Sell-Buyback-Arrangements gemeint126.
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Beim Wertpapierdarlehen verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer das Eigentum an den Aktien zu verschaffen127. Der Darlehensnehmer verpflichtet sich, die Aktien abzunehmen, das vereinbarte Entgelt zu zahlen und zum Ende der Laufzeit des Darlehens Aktien gleicher Art, Menge und Güte zurückzuliefern128. Wertpapierdarlehen dienen typischerweise dazu, dem Darlehensnehmer für einen gewissen Zeitraum Wertpapiere zur Verfügung zu stellen.
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Einer anderen Begriffsbildung folgt das Pensionsgeschäft i.S.v. § 340b Abs. 1 HGB. Es dient dazu, 92 dem Pensionsgeber Liquidität zu verschaffen. Die Parteien vereinbaren einen (Kassa-)Kaufvertrag verbunden mit einer (Termin-)Rückkaufsverpflichtung zu einem vorbestimmten Preis. Wirtschaftlich gesehen handelt es sich um einen besicherten, im Regelfall kurzfristigen Kredit. Beim echten Pensionsgeschäft besteht eine Rückgabepflicht des Pensionsnehmers zu einem vom Pensionsgeber zu bestimmenden Zeitpunkt (§ 340b Abs. 2 HGB). Beim unechten Pensionsgeschäft besteht keine Verpflichtung, sondern nur eine Berechtigung des Pensionsnehmers zur Rückübertragung der Wertpapiere. Unechte Pensionsgeschäfte sind damit eine Kombination zwischen Kassageschäft und einer Stillhalterposition bei einer Verkaufsoption129. Bei den Repurchase Agreements, die in der Sprache des Marktes auch als Repo-Geschäfte bezeichnet 93 werden, handelt es sich um echte Wertpapierpensionsgeschäfte gemäß § 340b HGB130. Auch hier schließen die Parteien einen Kaufvertrag unter gleichzeitiger Vereinbarung, dass dieselben oder gleichartige Aktien zum selben oder einem anderen Preis zu einem späteren Zeitpunkt von dem Erstverkäufer zurückgekauft werden. Solche Geschäfte haben unterschiedliche Zwecke. Sie dienen auch der Absicherung von Krediten, wobei der Käufer die Wertpapiere als Kreditsicherheit erhält. Bei dieser Vertragsgestaltung werden die Wertpapiere zum Marktpreis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verkauft, und zwar zuzüglich von „Zinsen“ im weiteren Sinne. Damit kommt zum Ausdruck, dass sich die Transaktion zum Zeitpunkt des Rückkaufs aus der Sicht der Vertragsparteien als eine Kreditgewährung darstellt. Dabei kommt ein Spekulationselement hinzu, wenn die Kursentwicklung berücksichtigt wird. Bei den Sell-Buyback-Arrangements schließen die Vertragsparteien zwei getrennte Kaufverträge. Beide Verträge werden zum selben Zeitpunkt abgeschlossen, freilich mit der Besonderheit, dass aufgrund des ersten Kaufvertrags die Aktien sofort auf den Käufer übertragen werden. Dagegen ist die Lieferung der Aktien aufgrund des zweiten Kaufvertrags, also durch den Käufer des ersten Kaufvertrags, gestundet. Sell-Buyback-Transaktionen sind Wertpapierpensionsgeschäften sehr ähnlich. Die Erträge aus den Aktien verbleiben beim Käufer, während sie beim Pensionsgeschäft in der Regel an den Pensionsgeber ausgekehrt werden131. Auch solche Rechtsgeschäfte stellen wirtschaftlich die Gewährung eines Kredites 125 S. Hippeli, AG 2017, 771. 882 und K.P. Berger in MünchKomm. BGB, § 607 BGB Rz. 6 ff. zur missverständlichen Begriffsverwendung Leihe. 126 BGH v. 16.3.2009 – II ZR 302/06, ZIP 2009, 908, 909 = AG 2009, 441. Siehe zu den verschiedenen Geschäftsarten Teuber in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 105 Rz. 1 ff. 127 S. dazu den Rahmenvertrag des Bundesverbandes deutscher Banken, abgedruckt in Clouth in Hopt, Vertragsund Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankgeschäfte, Bankgeschäfte Muster IV. T. 1. 128 Teuber in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 105 Rz. 1 ff.; Oulds in Kümpel/Wittig, Bankund Kapitalmarktrecht, Rz. 14.102 ff.; Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 597; Dörge, Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe, 1993, S. 37 ff.; Gesell, Wertpapierleihe und Repurchase Agreement im deutschen Recht, 1995, S. 17 ff.; Cahn/Ostler, AG 2008, 221, 222. 129 S. zu den Pensionsgeschäften Morfeld in BeckOK HGB, Häublein/Hoffmann-Theinert, 24. Edition, § 340b HGB Rz. 4 f. Teuber in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 105 Rz. 12 ff. 130 K.P. Berger in MünchKomm. BGB, § 607 BGB Rz. 8. 131 Teuber in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 105 Rz. 22.
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§ 30 Rz. 94 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung dar. Dabei dienen die Aktien als Kreditsicherheit – im wirtschaftlichen Sinne. Die Gegenleistung für die Überlassung des gezahlten Kaufpreises als Kredit erfolgt durch einen erhöhten Kaufpreis, in dem die Zinsen eingerechnet sind, vereinbart im zweiten Kaufvertrag. 2. Der Darlehensnehmer als Bieter 95
Beim Aktiendarlehen wird der Darlehensnehmer während der Darlehensdauer zum Aktionär132. Er kann daher auch nach h.A.133 das Stimmrecht ausüben, vorausgesetzt, dass das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nicht missbräuchlich war und er die Aktie nicht weiter übertragen hat.
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An diese formale Rechtsstellung knüpft das Gesetz die übernahmerechtlichen Pflichten des Darlehensnehmers an, ohne weiter danach zu fragen, ob der Rechtsinhaber das Stimmrecht nur auf Weisung eines Dritten, nämlich des Darlehensgebers, ausüben kann. Der Darlehensnehmer ist daher zum Zeitpunkt der Übertragung der Aktien angebotspflichtig134. Es findet auch keine Absorption statt, wenn und weil die Stimmrechte zusätzlich dem Darlehensgeber zugerechnet werden. Endlich ist nicht entscheidend, wie lange der Darlehensnehmer die Aktien behält; denn § 29 WpÜG kennt keine Mindestdauer, für die Aktien gehalten werden müssten.
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Ist der Darlehensnehmer ein Kreditinstitut, so können die durch das Aktiendarlehen übertragenen Aktien nach § 20 WpÜG zum befreiten Handelsbestand gehören, sodass das Stimmrecht aus den entsprechenden Aktien bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils unberücksichtigt bleibt135. 3. Der Darlehensgeber als Bieter
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Der Darlehensgeber hält nach der Übertragung der Aktien auf den Darlehensnehmer keine Aktien mehr. Ihm stehen daher keine Stimmrechte mehr zu. In Betracht kommt nur eine Zurechnung, wenn dem Darlehensgeber nicht nur weiterhin die wesentlichen Chancen und Risiken aus den verliehenen Aktien zustehen, sondern er nach der vertraglichen Vereinbarung136 auch Einfluss auf die Stimmrechtsausübung durch den Darlehensnehmer nehmen kann137. Das ist im Einzelfall zu prüfen, dürfte aber regelmäßig nicht der Fall sein138. 132 BGH v. 16.3.2009 – II ZR 302/06, BGHZ 180, 154, 168 f. = AG 2009, 441: Wertpapierleihe vermittelt dem Darlehensnehmer kein Aktieneigentum zweiter Klasse, sondern Volleigentum; Koch in Hüffer/Koch, § 133 AktG Rz. 17; Rieckers in Spindler/Stilz, § 134 AktG Rz. 39; Kort, WM 2006, 2149. 133 Koch in Hüffer/Koch, § 133 AktG Rz. 17; Rieckers in Spindler/Stilz, § 134 AktG Rz. 39; Teuber in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 105 Rz. 8. Kritisch Bachmann, ZHR 173 (2009), 596, 611 ff., der die Stimmrechtsausübung durch den Entleiher als grundsätzlich rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ansieht. 134 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 118; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 46; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 241. Die Meldepflicht nach WPHG tritt bereits mit Abschluss des Wertpapierdarlehens ein (s. BaFin, FAQ zu den Transparenzpflichten des WpHG in den Abschnitten 6 (§§ 33 ff.) und 7 (48 ff.), Stand 22.2.2019, Frage 13. 135 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 46; vgl. auch Teuber in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 105 Rz. 40. 136 Insoweit teilweise anderer Ansicht Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 94, der auch dann eine Zurechnung bejahte, wenn das Weisungsrecht dem Darlehensgeber nicht ausdrücklich überlassen wurde. Eine faktische Einwirkungsmöglichkeit sollte ausreichen und wurde unterstellt, wenn der Darlehensgeber das Kurs- und Dividendenrisiko trug. Das ist jedoch durch die Rechtsprechung des BGH mittlerweile überholt, siehe BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 990 = AG 2014, 662 (Rz. 52). 137 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 120; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 46; Hippeli, AG 2017, 771, 774; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 36, 34; Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 14 f.; Teuber in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 105 Rz. 38 (im Regelfall). A.A. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 242, der zwar im Regelfall zum selben Ergebnis kommt, aber danach differenziert, ob der Darlehensnehmer die wirtschaftlichen Chancen und Risiken trägt, was der Fall sei, wenn der Darlehensnehmer ausnahmsweise nicht nur Aktien derselben Art und Menge, sondern dieselben Aktien zurückgewähren müsse. 138 Hippeli, AG 2017, 771, 774, der zur Praxis der BaFin ausführt, dass diese bei ihrer Prüfung von der Grundannahme ausgehe, dass der Darlehensgeber weiterhin die wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus den Aktien trage, so dass es für die Frage der Zurechnung zum Darlehensgeber letztlich darauf ankomme, ob sich
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 102 § 30
Liegen die Voraussetzungen für eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG nicht vor, ist 99 weiter daran zu denken, dass dem Darlehensgeber ein schuldvertraglicher Rückübertragungsanspruch zusteht. Insoweit ist zu unterscheiden. Eine § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG entsprechende Vorschrift, die auch schuldrechtliche Lieferansprüche zurechnet, fehlt im Übernahmerecht. In Betracht kommt aber eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG, wenn der Darlehensgeber die darlehensweise übertragenen Aktien durch einseitige Willenserklärung jederzeit wieder zurückerwerben kann139, was regelmäßig nicht der Fall ist (s. zur Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG Rz. 113 ff.)140. 4. Kettenleihe Veräußert der Darlehensnehmer die Aktien weiter, entsteht eine Kettenleihe. Die Zurechnung beim 100 Darlehensgeber nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG endet und zwar auch dann, wenn die Aktien vor der nächsten Hauptversammlung wieder zurückzugeben sind141; es gelten die allgemeinen Regeln142. 5. Wertpapierpensionsgeschäft, Repo-Agreement und Sell-Buyback-Arrangement Beim echten Wertpapierpensionsgeschäft (bzw. Repurchase Agreement oder Sell-Buyback Agreement, 101 siehe oben Rz. 93 f.), verpflichtet sich der Verkäufer als Pensionsgeber, zu einem bestimmten Zeitpunkt die Aktien zurückzukaufen, und zwar zu einem zuvor näher bestimmten Preis. Der Käufer als Pensionsnehmer wird Aktionär, was übernahmerechtliche Pflichten begründen kann. Der Pensionsgeber trägt zwar typischerweise das Kursrisiko, er hat aber in der der Regel keinen Einfluss auf die Stimmrechtsausübung des Pensionsnehmers. Daher scheidet eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG im Regelfall aus. Die Zurechnung kommt nur in Betracht, wenn ausnahmsweise ein Stimmrechtseinfluss des Pensionsgebers vertraglich vereinbart ist143. Beim unechten Wertpapierpensionsgeschäft hat der Käufer zwar das Recht, die Aktien zu dem verein- 102 barten Preis zurückzugeben, der Verkäufer hat aber nicht das Recht, die Aktien zurückzuverlangen. Hier gelten dieselben Erwägungen wie beim echten Pensionsgeschäft (s. Rz. 92); zugerechnet wird nur, wenn der Pensionsgeber ausnahmsweise aufgrund der Ausgestaltung des Pensionsgeschäfts über die Ausübung der Stimmrechte entscheiden kann.144
139 140 141 142
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der Darlehensgeber vertraglich die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung vorbehalten habe. A.A. auch Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 94, der darauf abstellt, ob der Darlehensgeber ausdrücklich oder faktisch auf die Ausübung des Stimmrechts Einfluss nehmen kann. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 121; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 46. Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 36, 34. A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 96, der für diesen Fall zurechnen will. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 121; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 15. Zur Kettenleihe siehe auch BaFin Jahresbericht 2004, S. 205. Nach früherer Auffassung der BaFin entfiel nur bei der Kettenleihe, aber nicht bei der einfachen Wertpapierleihe die Zurechnung beim Darlehensgeber. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 114; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 34; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 11. A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl., Rz. 97, wonach allein im Hinblick auf das typischerweise vom Pensionsgeber getragene Kursrisiko zugerechnet wird. Dies widerspricht der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 990 = AG 2014, 662, Rz. 52). A.A. auch Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 242, der wie bei der Wertpapierleihe danach differenziert, ob der Darlehensnehmer die wirtschaftlichen Chancen und Risiken trägt. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 115; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 35; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 12; a.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 98, nach welchem allein aufgrund des Tragens des wirtschaftlichen Risikos eine Zurechnung zu bejahen ist.
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§ 30 Rz. 103 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
VIII. Kommissionsgeschäft 103
Bei Kommissionsgeschäften ist zu differenzieren: Der Kommissionär wird grundsätzlich nicht Eigentümer der Aktien, sondern handelt im eigenen Namen für fremde Rechnung145. Deshalb kommt auch eine Zurechnung der erworbenen Aktien bei dem Kommittenten nicht in Betracht, da die Stimmrechte diesem als Aktionär ohnehin zustehen (vgl. § 29 Abs. 2 WpÜG)146. In den Fällen, in denen ein Durchgangserwerb beim Kommissionär stattfindet, ist eine Zurechnung beim Kommittenten gem. § 30 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG allerdings denkbar. Eine solche Zurechnung ist aufgrund des Weisungsrechts des Kommittenten gem. § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB jedenfalls in Ermangelung abweichender vertraglicher Vereinbarungen anzunehmen, da das Weisungsrecht sich im Fall von Aktien auch auf die Ausübung des Stimmrechts bezieht147.
IX. Derivate 104
Derivate auf Aktien lösen in der Regel keine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG aus, auch wenn diese für einen Beteiligungsaufbau vorgesehen sein mögen148. Es handelt sich hierbei um Verträge, durch die ein Aktieninvestment wirtschaftlich nachgebildet wird, indem Aktien als Bezugsgröße dafür maßgebend sind, ob dem Investor ein Zahlungsanspruch in Höhe der Dividende und der Wertsteigerung der zugrundeliegenden Aktie zusteht. Die Gegenpartei des Derivats, die einen Anspruch auf Ausgleich etwaiger Wertverluste und Zahlung eines Zinses hat, sichert sich dabei häufig gegen Kursrisiken ab, indem sie die entsprechenden Referenzaktien erwirbt. Ist dies der Fall, so steht allerdings ihr allein die Stimmrechtsausübung zu, selbst wenn der Investor im Erfüllungszeitpunkt berechtigt sein sollte, die zur Absicherung gehaltenen Aktien zu erwerben149. Damit fehlt es an der im Rahmen von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG notwendigen Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung150. Eine Zurechnung kommt daher nicht in Betracht. Dieses Ergebnis wird durch die Änderungen der Meldepflichten im WpHG bestätigt. Mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5.4.2011 (BGBl. I 2011, S. 538) wurden die kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten weiter ausgedehnt. Der neu eingeführte § 25a WpHG i.d.F. vom 7.4.2011 (seit 3.1.2018: § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG) erfasste Finanzinstrumente und sonstige Instrumente, welche es ihrem Inhaber faktisch oder wirtschaftlich ermöglichten, mit Stimmrechten verbundene und bereits ausgegebene Aktien eines Emittenten zu erwerben, wobei es unerheblich war, ob die jeweils zugrundeliegende Vereinbarung statt der Lieferung von Aktien einen Barausgleich vorsah oder ermöglichte151. § 25a WpHG i.d.F. des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes wurde dann durch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom 30.11.2015 (BGBl. I 2015, S. 2029) in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG a.F. überführt. Dabei wurde zwar der Wortlaut leicht geändert, und zwar so wie es heute § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 entspricht. Mit dieser sprachlichen Anpassung war aber keine inhaltliche Änderung verbunden152. Die heutige Fassung des § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG entspricht daher inhaltlich dem mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungs145 Martinek in Oetker, § 383 HGB Rz. 19. 146 Diekmann in Baums/Thoma/Verse § 30 WpÜG Rz. 45. 147 Im Ergebnis ebenso von Bülow, in KölnKomm. WpüG § 30 WpÜG Rz. 112, der nicht auf § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB abstellt, sondern die Zurechnung mit dem „Wesen des Kommissionsgeschäfts“ begründet, und ihm folgend Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 35. 148 Diekmann in Baums/Thoma/Verse § 30 WpÜG Rz. 49a, 86a; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 36a; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 123 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 51; i.E. ebenso Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 244 ff., der dies allerdings nicht mit dem fehlenden Stimmrechtseinfluss begründet, sondern davon ausgeht, dass die Gegenpartei in der Regel die Aktien auf eigene Rechnung hält. 149 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 245; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 125. 150 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 125.; s.a. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 246, der allerdings selbst nicht auf den Stimmrechtseinfluss abstellt, sondern davon ausgeht, dass die Gegenpartei die Hedge-Position auf eigene Rechnung hält und aus diesem Grund die Zurechnung nicht in Betracht kommt. 151 BT-Drucks. 17/3628, S. 19. 152 BT-Drucks. 18/5010, S. 46.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 107 § 30
gesetz vom 5.4.2011 eingeführten § 25a WpHG a.F. Wären diese Instrumente bereits von der Meldepflicht nach dem damaligen § 22 WpHG (heute § 34 WpHG und Parallelvorschrift zu § 30 WpÜG) erfasst worden, wäre die Einfügung von § 25a WpHG a.F. durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz nicht erforderlich gewesen153. Da es im WpÜG an einer entsprechenden Vorschrift fehlt, bleibt es hier bei dem bisherigen Befund. Eine Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG wird bei der hier dargestellten Vertragsstruktur im Regelfall auch nicht in Betracht kommen, da es an der erforderlichen unmittelbaren Erwerbsposition fehlt (s. Rz. 114 ff.).
K. Einem Dritten als Sicherheit übertragen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG) Hat ein Aktionär seine Aktien verpfändet, so behält er seine mitgliedschaftliche Stellung und damit 105 auch sein Stimmrecht154. Eine Zurechnung an den Pfandgläubiger erfolgt nicht. Er ist daher auch nicht Bieter. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG ist nicht anwendbar155, und zwar auch dann nicht wenn der Inhaber der Aktie den Pfandgläubiger zur weisungsunabhängigen Ausübung des Stimmrechts ermächtigt und der Pfandgläubiger die Absicht bekundet hat, das Stimmrecht unabhängig von den Weisungen des Bieters auszuüben156. Es fehlt gleichwohl an der für § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG tatbestandlich vorausgesetzten Übertragung von Aktien157. Wird dem Pfandgläubiger eine dauerhafte Stimmrechtsvollmacht eingeräumt, kommt eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG in Betracht (s. unten Rz. 120 ff.)158; ferner kommt eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WpÜG in Betracht (s. unten Rz. 141 ff.)159 Anders ist die Lage bei der Sicherungsübereignung. Hier werden die Aktien auf den Sicherungsnehmer übertragen. Ihm steht daher auch von Rechts wegen das Stimmrecht zu. Er kann bei Schwellenerreichung daher Bieter nach § 29 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 WpÜG sein und muss sich von einer Angebotspflicht ggf. nach § 37 Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 4 WpÜG-Angebotsverordnung (Erlangung der Kontrolle zum Zwecke der Forderungssicherung) befreien lassen160.
106
Daneben kommt eine Zurechnung beim Sicherungsgeber in Betracht. Der Gesetzgeber hat dies im Rahmen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie klargestellt161. Damit hat sich
107
153 Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 36a; vgl. auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 126. 154 Koch in Hüffer/Koch, § 133 AktG Rz. 17; Rieckers in Spindler/Stilz, § 134 AktG Rz. 40. 155 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 252; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 18; Schmiady in Steinmeyer, § 36 WpÜG Rz. 32; so grundsätzlich auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse § 30 WpÜG Rz. 52a; a.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 30 WpÜG Rz. 14; BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.3.3 zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG. 156 So von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 154. Siehe auch Diekmann in Baums/Thoma/Verse § 30 WpÜG Rz. 52a, der meint, hier sei früher nach Nr. 3 und jetzt nach Nr. 8 zuzurechnen. 157 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 37; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 252; a.A. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 154, der in diesem Fall beim Pfandgläubiger zurechnen möchte; Sohbi in Heidel, § 30 WpÜG Rz. 9. 158 Schmiady in Steinmeyer, § 36 WpÜG Rz. 32; BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.3.3 zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG. 159 Diekmann in Baums/Thoma/Verse § 30 WpÜG Rz. 52a, 66 f.; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 253; BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.3.3 zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG. 160 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 100, Schmiady in Steinmeyer, § 36 WpÜG Rz. 31; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 17; a.A. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 32 und Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 101 ff., wonach dem Sicherungsnehmer nur ausnahmsweise zugerechnet werden soll, wenn er zur Ausübung der Stimmrechte befugt ist und zudem auch die Absicht bekundet, die Stimmrechte nach seinen Vorstellungen auszuüben. 161 BT-Drucks. 18/5010, S. 45: „Bei der Anwendung dieser Vorgaben wird jedoch wegen des in der Transparenzrichtlinie verankerten Grundsatzes der Maximalharmonisierung zukünftig das Konzept der sogenannten „alternativen Stimmrechtszurechnung“ – also entweder Stimmrechtzurechnung auf den Sicherungsgeber oder aber Mitteilungspflicht des Sicherungsnehmers als Eigentümer der mit Stimmrechten verbundenen Aktien – aufzugeben sein. Dies führt zu einer Angleichung an die ohnehin bereits bei der Parallelnorm des § 30 Abs. 1 Nummer 3 WpÜG verfolgte Praxis, wonach sowohl Sicherungsgeber auch auch -nehmer hinsichtlich desselben Aktienbestands Mitteilungspflichten treffen können.“
Uwe H. Schneider/Favoccia
787
§ 30 Rz. 107 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung die frühere Streitfrage dazu erledigt und es ist nunmehr klar, dass aus § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG kein Grundsatz der alternativen Zurechnung folgt162. Die BaFin hat ihre abweichende Verwaltungspraxis im Bereich der Meldepflichten nach dem WpHG ebenfalls explizit aufgegeben163. Es gelten daher die allgemeinen Regeln, so dass die Stimmrechte nicht nur beim Sicherungsnehmer als dem aktuellen zivilrechtlichen Eigentümer berücksichtigt werden, sondern zudem auch dem bisherigen Eigentümer und Sicherungsgeber zugerechnet werden können. 108
Für die Zurechnung beim Sicherungsgeber ist wie folgt zu unterscheiden: – In der Regel wird dem Sicherungsgeber das Stimmrecht nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 1 WpÜG zugerechnet. – Dies gilt nur dann nicht, wenn der Sicherungsnehmer zur Ausübung der Stimmrechte befugt ist und auch die Absicht bekundet hat, die Stimmrechte nach seinen Vorstellungen auszuüben (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 WpÜG)164. Die Bekundung muss objektiv nachvollziehbar sein, z.B. durch ein entsprechendes Schreiben des Sicherungsnehmers an den Sicherungsgeber dokumentiert sein. Der Umstand, dass der Sicherungsnehmer die sicherungsübereigneten Aktien zur Hauptversammlung anmeldet, reicht dafür nicht, denn damit ist keinerlei Aussage dazu verbunden, wie die Stimmrechte auf der Hauptversammlung ausgeübt werden: entsprechend der Weisungen des Sicherungsgebers oder nach den Vorstellungen des Sicherungsnehmers. In beiden Fällen ist eine Anmeldung erforderlich165.
109
Die in der Regel weiterhin erfolgende Zurechnung beim Sicherungsgeber rechtfertigt sich daraus, dass die Aktien und die damit verbundenen Stimmrechte nach Erfüllung der Verbindlichkeit dem ursprünglichen Aktionär wieder zufallen166. Hinzu kommt, dass der Sicherungsnehmer in der Regel das Stimmrecht nach den Weisungen des Sicherungsgebers ausüben muss, soweit dem nicht seine Sicherungsinteressen widersprechen167.
L. Zu Gunsten des Bieters einen Nießbrauch bestellt (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG) 110
Im Aktienrecht ist streitig, wem bei Bestellung eines Nießbrauchs an Aktien das Stimmrecht zusteht168. Folgt man der Ansicht, dass dem Nießbraucher das Stimmrecht zusteht, so bedarf es keiner Zurechnung, weil ihm die Stimmrechte schon nach § 29 WpÜG zugerechnet werden169. Geht man dagegen mit der h.M. davon aus, dass das Stimmrecht beim Eigentümer verbleibt, so bedarf es einer besonderen Zurechnung170. Für das WpÜG ist durch § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG entschieden, dass das Stimmrecht dem Bieter, zu dessen Gunsten ein Nießbrauch bestellt ist, zugerechnet wird.
111
Damit wird die zivilrechtliche Vorfrage, wem das Stimmrecht bei Bestellung eines Nießbrauchs bei Aktien generell oder im Einzelfall zusteht, für die Stellung als Bieter bedeutungslos171. Aus § 30 Abs. 1 162 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 251; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 38; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 24. So auch schon bisher von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 156. 163 BaFin Emittentenleitfaden, 2018, Modul B Rz. I.2.5.3.1 (Wegfall des Konzepts alternativer Stimmrechtszurechnung) für die Parallelnorm des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG unter Hinweis auf die Verwaltungspraxis der BaFin zu § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG. 164 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 38; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 19 (nach außen erkennbar). 165 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 153.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 19; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 24. 166 Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6679, S. 53. 167 Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 95 Rz. 117e. 168 Zum Streitstand: Rieckers in Spindler/Stilz, § 134 AktG Rz. 41 und Koch in Hüffer/Koch, § 133 AktG Rz. 17a. 169 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 159. 170 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 158; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 54. 171 Ebenso BaFin Emittentenleitfaden, 2018, Modul B Rz. I.2.5.4.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 114 § 30
Satz 1 Nr. 4 WpÜG folgt zudem, dass das Gesetz davon ausgeht, dass sich der Eigentümer, der den Nießbrauch gewährt hat, weiterhin die Stimmrechte anrechnen lassen muss. Eine Absorption, also ein Wegfall der Anrechnung, erfolgt nicht172. Wenn im Rahmen der Nießbrauchsbestellung vereinbart wird, dass der Berechtigte keinerlei Einfluss 112 auf die Ausübung der Stimmrechte nehmen kann, dann ist eine Zurechnung der Stimmrechte zu dem Bieter genauso wenig wie bei § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG gerechtfertigt173. Solange es jedoch an einer höchstrichterlichen Entscheidung hierzu fehlt, ist mit Blick auf den Wortlaut von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpÜG, der keine Einschränkung enthält, und im Hinblick auf die Praxis der BaFin174 zur Parallelnorm des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WpHG in der Praxis vorsorglich von einer Zurechnung auszugehen.
M. Durch eine Willenserklärung erwerben kann (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG) I. Regelungszweck § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG regelt die Zurechnung von Stimmrechten aus Aktien, die der Bieter durch Willenserklärung erwerben kann. „Erwerb“ meint dabei den dinglichen Erwerb des Eigentums an der Aktie175. Die Norm wird vielfach als „Fremdkörper“ innerhalb der Zurechnungstatbestände bezeichnet, da allein das Erwerbsrecht an einer Aktie noch keinen Einfluss auf die Ausübung des damit verbundenen Stimmrechts vermittelt176. Andererseits gewährt das Erwerbsrecht des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG im Vergleich zu den übrigen Zurechnungstatbeständen als einziges die Möglichkeit, die Aktie selbst zu erwerben und das Stimmrecht fortan als eigenes auszuüben177.
113
II. Einseitiges Dingliches Erwerbsrecht Die Zurechnung setzt voraus, dass der Bieter einseitig den Erwerb der Aktie herbeiführen kann. Der Erwerb ist dem Bieter dann einseitig möglich, wenn keine Mitwirkung eines Dritten, bspw. des derzeitigen Eigentümers, mehr erforderlich ist. Gleiches gilt für Umstände, die der Bieter nicht allein herbeiführen bzw. kontrollieren kann178, wie das Erreichen eines bestimmten Aktienkurses oder die Entwicklung eines Indexes179. Der Eigentumserwerb darf vielmehr nur noch allein vom Bieter abhängig sein180. Dies ist nicht der Fall und eine Zurechnung scheidet entsprechend aus, wenn der derzeitige Eigentümer etwaige Aktienurkunden noch an den Bieter herausgeben muss oder seine Mitwirkung bei der Umbuchung der Aktien bei der Depotbank erforderlich ist181.
172 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 39; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 259. 173 Vgl. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 53; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 13; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 158. Im Ergebnis ebenso Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 21 (Kritik berechtigt). A.a. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 109; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 257; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 39 Fn. 79. 174 BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.4. 175 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 163; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 55; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 261; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 Rz. 40; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 22; siehe auch bereits BT-Drucks. 14/7034, S. 54. 176 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 161; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 55. 177 Hierzu Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 262. 178 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 56a; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 263. 179 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 169. 180 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 56a. 181 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 57; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 266; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 42.
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§ 30 Rz. 115 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung 115
Wie schon der Gesetzgeber klargestellt hat, sind hiervon nur dingliche, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Erwerbsrechte erfasst182. Im Fall von rein schuldrechtlichen Erwerbsrechten ist zum einen noch die Erklärung des Veräußerers zur dinglichen Übereignung erforderlich und zum anderen wäre es dem Veräußerer noch möglich, den Erwerbsvorgang zu vereiteln, bspw. durch die Erhebung von Einwendungen, den Rücktritt oder schlicht durch die Nichterfüllung seiner vertraglichen Pflicht183. Schuldrechtliche Call-Optionen führen daher nicht zur Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG.
116
Trotz einseitigen Erwerbsrechts scheidet eine Zurechnung aus, wenn sie dem Bieter ohne seine Mitwirkung und ohne sein Einverständnis aufgedrängt wurde. Andernfalls könnte ein Bieter gegen seinen Willen und ohne sein Zutun zur Abgabe eines Pflichtangebots gezwungen werden. In diesen Fällen wir man jedoch zu Recht verlangen müssen, dass sich der Bieter zeitnah von dem angebotenen Erwerb distanziert und er dieses Angebot ablehnt184.
117
Das einseitige Erwerbsrecht des Bieters muss sich auf bereits bestehende Aktien beziehen. Der Erwerb von Wandel- oder Optionsanleihen führt dementsprechend regelmäßig schon mangels bereits bestehender Aktien nicht zu einer Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG. Auch wenn die Aktien bereits bestehen sollten, bedarf die Eigentumsübertragung in aller Regel noch der Mitwirkung der Zielgesellschaft, so dass der Inhaber kein einseitiges Recht zum Erwerb der Aktien hat und eine Zurechnung ausscheidet185.
III. Bedingte Erwerbsrechte 118
Der Zurechnung steht dabei nicht entgegen, dass der Bieter möglicherweise noch weitere Erklärungen oder Handlungen vornehmen muss. Dies gilt insbesondere für die Zahlung des Kaufpreises, wenn der Eigentumserwerb aufschiebend bedingt auf diese vereinbart wurde186. Hinsichtlich weiterer Bedingungen ist zu differenzieren. Kann der Bieter den Eintritt der Bedingung selbst herbeiführen, findet eine Zurechnung statt, da der Bieter jederzeit den Eigentumserwerb auslösen kann187. Paradebeispiel hierfür sind Potestativ-Bedingungen, die allein vom Willen des Bieters abhängen, wie bspw. die Abgabe der Erklärung, die Aktie erwerben zu wollen188. Kann die Option erst in der Zukunft bzw. in einem bestimmten Zeitfenster ausgeübt werden, findet eine Zurechnung erst statt, wenn der Zeitpunkt oder das Zeitfenster erreicht wurde189.
182 BT-Drucks. 14/7034, S. 54; BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 989 = AG 2014, 662 (Rz. 39 ff.); von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 163 ff.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 55 ff.; Nocke/Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 14; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 261; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 22 a.E., 24; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 41; Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 57; Falkenhausen, NZG 2014, 1368, 1371; Krause, AG 2014, 833, 838 f.; siehe auch BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.5.; a.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 114 ff.; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 25. 183 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 989 = AG 2014, 662 (Rz. 39 ff.); Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 41; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 164; BT-Drucks. 14/7034, S. 54. 184 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 172; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 56a. 185 BT-Drucks. 14/7034, S. 54; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 181; Diekmann in Baums/ Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 59; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 267; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 23. 186 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 58; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 263; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 14. 187 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 58; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 265. 188 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 168; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 265; Steinmeyer in Steinmeyer § 30 WpÜG Rz. 41. 189 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 173; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 57; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 266; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 14.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 123 § 30
Kann der Bieter den Eintritt der Bedingung hingegen nicht selbst herbeiführen, scheidet eine Zurech- 119 nung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG aus. Nicht zugrechnet werden daher Put-Optionen, die vom Willen des Veräußerers abhängen190. Eine Zurechnung scheidet ferner auch bei anderen, nicht vom Bieter kontrollierbaren Bedingungen wie einer möglicherweise erforderlichen Kartellfreigabe oder der notwendigen Zustimmung der Zielgesellschaft bei der Übertragung vinkulierter Namensaktien (§ 68 Abs. 1 AktG) aus191. Die Eintragung im Aktienregister bei Namensaktien ist hingegen keine Voraussetzungen, die eine Zurechnung ausschließt, da die Eintragung lediglich die Stimmrechtsausübung betrifft und nicht den Erwerb als solchen192.
N. Dem Bieter anvertraut oder „aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben kann“ (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG) I. Anwendungsbereich Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG werden dem Bieter Stimmrechte aus Aktien zugerechnet, die im Eigentum Dritter stehen, ihm jedoch anvertraut sind oder deren Stimmrechte er als Bevollmächtigter ausüben kann, sofern der Bieter die entsprechenden Stimmrechte nach eigenem Ermessen ausüben kann, wenn keine besonderen Weisungen vorliegen. Die Regelung entspricht § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG. Durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BGBl. I 2007, S. 10) wurde die zweite Fallgruppe der Stimmrechtsbevollmächtigung aufgenommen.
120
Demnach unterscheidet das Gesetz zwei Fallgruppen, die beide voraussetzen, dass der Bieter die Stimmrechte nach eigenem Ermessen ausüben kann (hierzu Rz. 127).
121
Fallgruppe 1: Die erste Fallgruppe des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG setzt voraus, dass die Aktien 122 dem Bieter „anvertraut“ sind. Anders als nach der alten Fassung der Parallelnorm § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG, die bis 2002 in § 22 Abs. 1 Nr. 7 WpHG a.F. voraussetzte, dass die Aktien „zur Verwahrung“ anvertraut sein müssen193, ist das Bestehen eines Verwahrungsverhältnisses für § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG keine Tatbestandsvoraussetzung194. Dementsprechend müssen die Aktien nicht vom Bieter, sondern sie können auch von einem Dritten verwahrt werden195, so lange sie dem Bieter im Sinne der Vorschrift „anvertraut“ sind. „Anvertraut sein“ verlangt wiederum nicht, dass dem Meldepflichtigen bzw. Bieter eine Verfügungsbefugnis über die Aktien zusteht. Entscheidend ist vielmehr, dass derjenige, dem zugerechnet wird, die Aktien der Zielgesellschaft zur Wahrung der Vermögensinteressen des Aktionärs anvertraut sind196. Hierzu zählen jedenfalls die Fälle, in denen die Aktien dem Bieter auf rechtsgeschäftlicher Grundlage anvertraut sind197. Nach der wohl h.M. sollen hiervon auch Fälle erfasst sein, in denen die Wahrnehmung der Vermögensinteressen aufgrund gesetzlicher Pflichten, etwa aufgrund des elterlichen Sorgerechts, einer Pflegschaft, einer Betreuung oder einer Testamentsvollstreckung erfolgt198. Nach der 190 S. nur von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 169, 175. 191 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 169; 176 ff.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 58; zur Kartellfreigabe Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 14; zu vinkulierten Namensaktien auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 42. 192 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 169, 177. 193 Geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20.12.2001 (BGBl. I 2001, S. 3822). 194 von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 160; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 60. 195 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 269; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 44; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 25. 196 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 60; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 269; BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.1. 197 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 191; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 60; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 44; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 26. 198 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 44; BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.1.; für § 34 WpHG (ehemals § 22 WpHG): Bayer in MünchKomm. AktG, § 34 WpHG Rz. 26; Petersen in Spindler/
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123
§ 30 Rz. 123 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung Verwaltungspraxis der BaFin sind jedenfalls Stimmrechte aus Aktien minderjähriger Kinder den sorgeberechtigten Eltern zuzurechnen199. 124
Anders zu beurteilen ist dies jedoch für organschaftliche Vertreter des Aktionärs (Vorstand, Geschäftsführer). Diese sind zwar ebenso mit der Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Gesellschaft als Aktionär betraut200, sie handeln jedoch als ihre Organe und nicht als davon unabhängiger Dritter. Die Gesellschaft als Aktionär handelt durch ihre Organe, so dass es dem Organ schon von vornherein nicht möglich ist, das Stimmrecht unabhängig von den Weisungen des Aktionärs auszuüben. Gerade dies setzt § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG jedoch schon nach seinem Wortlaut voraus. Stimmrechte von Aktien der Gesellschaft sind daher ihren Organen nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG zuzurechnen201.
125
Fallgruppe 2: Durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 5.1.2007 (BGBl. I 2007, S. 10) wurde die Formulierung „oder aus denen er die Stimmrechte als Bevollmächtigter ausüben kann“ eingefügt. Damit wurde Art. 10 lit. h der Transparenzrichtlinie 2004 (2004/109/EG) umgesetzt. Aufgegriffen wird der Fall, dass der Bieter zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigt ist, ohne dass ihm die Aktien „anvertraut“ sind. Hinter der Erweiterung steht der Gedanke des Gesetzgebers, dass Bevollmächtigen und Anvertrauen „nicht vollumfänglich deckungsgleich“ sind.202.
126
Zur Bevollmächtigung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG gehören auch die Fälle der Legitimationsübertragung, in deren Rahmen der Aktionär zwar das Eigentum an den Aktien behält, dem Legitimationsaktionär allerdings Besitz sowie das Recht zur Ausübung des Stimmrechts einräumt203. Nicht entscheidend ist, für wie lange die Bevollmächtigung erfolgt. So reicht auch schon die Bevollmächtigung für eine einzelne Hauptversammlung204. Hat der Bevollmächtigte seinerseits Untervollmacht erteilt, steht dies einer Zurechnung der Stimmrechte zum Untervollmachtgeber nicht entgegen. Die Stimmrechte werden unter den weiteren Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG weiterhin dem Bevollmächtigten bzw. Untervollmachtgeber und ggf. auch dem Unterbevollmächtigten zugerechnet205.
II. Nach eigenem Ermessen 127
Dem Bieter werden die Stimmrechte in beiden Fallgruppen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG nur zugerechnet, wenn er die Stimmrechte nach eigenem Ermessen ausüben kann. Maßgebend ist nicht das Außenverhältnis, sondern das Innenverhältnis zwischen dem Bieter und dem Aktionär. Ob der Bieter im Wege der offenen Stellvertretung oder im Wege der Stellvertretung für den, den es angeht, handelt, ist dementsprechend nicht entscheidend. Dem Bieter muss hinsichtlich der Ausübung des Stimm-
199 200 201 202 203 204 205
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Stilz, Anh., §§ 33–47 WpHG Rz. 51; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 34 WpHG Rz. 99; Schwark in Schwark/Zimmer, § 22 WpHG Rz. 13; Veil in K. Schmidt/Lutter, AktG, Anh. § 22, § 22 WpHG Rz. 25; Burgard, BB 1995, 2069, 2076; Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 77a; Lange, Der Konzern 2003, 678; Mutter, AG 2006, 644 (Testamentsvollstrecker); a.A. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 189; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 269; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 26. BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.1.; VGH Kassel v. 25.1.2010 – 6 A 2932,09, NZG 2010, 1307, 1308 f.; zuvor VG Frankfurt a.M. v. 1.10.2009 – 1 K 390/09 F (3), Beck RS 2010, 52576; siehe auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 44. Für den Vorstand siehe nur Spindler in MünchKomm. AktG, § 93 AktG Rz. 345. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 191; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 61; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 274; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 26; für § 34 WpHG: Bayer in MünchKomm. AktG, § 34 WpHG Rz. 26. Begr. BT-Drucks. 16/2498, S. 34 zum Gesetzesentwurf des Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetzes. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 191; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 27; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 65 ordnet dies als Unterfall des Anvertrautseins ein. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 192; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 270, 278. Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 193; BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.2.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 131 § 30
rechts ein eigener Entscheidungsspielraum eingeräumt sein206. Die Zurechnung wird dabei nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass der Aktionär Weisungen erteilen könnte207 oder der Aktionär im Einzelfall tatsächlich eine Weisung erteilt208. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Bieter in Abwesenheit einer Weisung ein eigener Entscheidungsspielraum zukommt209. Darf der Bieter das Stimmrecht ohne eine Weisung des Aktionärs gar nicht ausüben, verbleibt ihm kein eigener Entscheidungsspielraum und eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG scheidet aus210. Gleiches gilt, wenn der Bieter in Abwesenheit einer Weisung verpflichtet ist, das Stimmrecht nach einer bestimmten Maßgabe auszuüben, beispielsweise stets den Vorschlägen der Verwaltung der Zielgesellschaft zuzustimmen. Für die Beurteilung, ob dem Bieter ein eigenes Ermessen bei der Stimmrechtsausübung zukommt, spielt es keine Rolle, ob der Bieter das Stimmrecht eigennützig ausüben darf oder er verpflichtet ist, im Interesse des Aktionärs zu handeln211. Auch ist nicht maßgebend, ob der Bieter die Stimmrechte tatsächlich ausübt212.
128
III. Vollmachtstreuhand und Kapitalverwaltungsgesellschaften Ein Anwendungsfall des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG kann vor allem die Vollmachtstreuhand darstellen. Bei dieser wird das Aktieneigentum anders als bei der Vollrechtstreuhand nicht auf den Treuhänder übertragen (s. Rz. 73), sondern der Treugeber bleibt Aktionär213. Im Rahmen der Vermögensverwaltung ist der Treuhänder verpflichtet, die Aktien im Interesse des Treugebers zu verwalten, so dass sie ihm im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG „anvertraut“ sind. Zur Vermögensverwaltung durch den Treuhänder gehören die Vornahme der Anlageentscheidungen und die Wahrnehmung der Rechte aus den Aktien als Vertreter des Aktionärs, so dass dieser auch zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigt ist214.
129
Weil der Treugeber weiterhin Aktionär bleibt, werden ihm die Stimmrechte nach § 29 Abs. 2 WpÜG zugeordnet. Dem Treuhänder wiederum werden die Stimmrechte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG zugerechnet, wenn er die Stimmrechte aus diesen Aktien nach eigenem Ermessen ausüben kann. Der Treugeber mag zwar Weisungen geben können. Entscheidend ist jedoch nicht, ob ein solches Recht besteht, sondern ob der Treugeber auch tatsächlich so umfassend von der Weisungsbefugnis Gebrauch macht, dass dem Treuhänder kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Auch hängt die Zurechnung nicht davon ab, ob der Treuhänder die Stimmrechte auch tatsächlich ausübt. Bieter sind vielmehr auch solche „Vollmacht-Treuhänder“, die das Stimmrecht nicht ausüben215.
130
Für Aktien, die zu einem von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Sondervermögen gehö- 131 ren, das kein Spezialsondervermögen ist und dessen Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen (Miteigentumslösung), sieht § 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG vor, dass die Stimmrechte aus diesen Aktien als Stimmrechte der Kapitalverwaltungsgesellschaft gelten. Diese Regelung war zuvor in § 94 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 KAGB a.F. enthalten und wurde im Rahmen des Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2029) ins WpÜG überführt. Dahinter steht der Gedanke, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft andernfalls laufend die Anleger über die Aktienbestände im Sondervermögen informieren müsste, damit diese eine potentielle Kontrollerlangung 206 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/2498, S. 34 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 45. 207 von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 167; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 62; Opitz in Schäfer/Hamann, § 22 WpHG Rz. 74. 208 Ebenso von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 193. 209 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 271. 210 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 62, 63; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 271; siehe auch BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.2. 211 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 62; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 271; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 45. 212 von Bülow in KölnKomm. WpHG, § 22 WpHG Rz. 165. 213 BGH v. 13.4.1994 – II ZR 16/93, WM 1994, 896, 900. 214 Hierzu auch BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.3; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 60. 215 A.A. Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 46.
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§ 30 Rz. 131 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung feststellen können und nicht unwissentlich in die Situation geraten, dass sie ein Pflichtangebot abgeben müssen216. Stehen die Vermögensgegenstände des Sondervermögens hingegen im Eigentum der Kapitalverwaltungsgesellschaft (Treuhandlösung), erübrigt sich eine Zurechnung zur Kapitalverwaltungsgesellschaft, da diese bereits Inhaberin der Aktien ist217. Zu den Zurechnungsfragen bei Kapitalverwaltungsgesellschaften siehe oben Rz. 58 ff. 132
Eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG kommt bei Investment-Management-Gesellschaften, die keine Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des Gesetzes darstellen, also insbesondere Investment-Management-Gesellschaften mit Sitz außerhalb der EU, in Betracht, soweit diese Gesellschaften Aktien verwalten, die von rechtlich selbständigen Fondsgesellschaften gehalten werden218. Gesellschafter dieser Fondsgesellschaften sind regelmäßig institutionelle Anleger wie Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds usw. Den nicht an der Fondsgesellschaft beteiligten Investment-Management-Gesellschaften obliegt aufgrund besonderen Verwaltungsvertrags vielfach ebenso wie bei der Vollmacht-Treuhand (s. Rz. 129) neben der Verantwortung für entsprechende Anlageentscheidungen auch die Wahrnehmung der Rechte aus den Beteiligungen. Die Aktien sind dementsprechend der Investment-Management-Gesellschaft i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG anvertraut. Zuzurechnen sind die Stimmrechte daher nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG, wenn die Investment-ManagementGesellschaft nach eigenem Ermessen die Stimmrechte ausüben kann219. Eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG setzt dabei einen entsprechenden Verwaltungsvertrag voraus und erfolgt nicht schon allein aufgrund einer möglicherweise gegebenen umfassenden oder teilweisen Organidentität zwischen der Fondsgesellschaft und der Investment-Management-Gesellschaft220.
IV. Depotstimmrecht der Kreditinstitute 133
§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG hätte größte praktische Bedeutung, wenn hierdurch auch das Vollmachtstimmrecht der Kreditinstitute erfasst würde221. Nach § 128 Abs. 1 AktG haben Depotbanken den Aktionären die Einladung zur Hauptversammlung mit den Tagesordnungspunkten zu übermitteln. Beabsichtigt die Depotbank, das Stimmrecht aus den Aktien im Rahmen des Depotstimmrechts nach § 135 AktG auszuüben, hat sie den Aktionär darüber zu informieren, wie sie das Stimmrecht ausüben wird. Neben der Stimmrechtsausübung entsprechend der Vorschläge der Gesellschaft (§ 135 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AktG) kommt auch eine Ausübung entsprechend eigener Vorschläge in Betracht (§ 135 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AktG). Hinsichtlich eigener Abstimmungsvorschläge hat sich die Depotbank vom Interesse des Aktionärs leiten zu lassen und organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass Eigeninteressen aus anderen Geschäftsbereichen nicht einfließen, § 135 Abs. 2 Satz 2 AktG.
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Zweifelsfrei nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG zuzurechnen ist, wenn der Aktionär dem Kreditinstitut ausdrücklich Weisungen erteilt und das Kreditinstitut dementsprechend schon grundsätzlich über keinen eigenen Entscheidungsspielraum verfügen kann222.
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Hat der Aktionär keine Weisung erteilt, ist das Kreditinstitut grundsätzlich an die angekündigte Stimmrechtsausübung gebunden. Eine Abweichung ist nur dann möglich, wenn die Depotbank den 216 Begründung RegE Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 18/5010, S. 56. 217 So auch von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 198. 218 Ebenso BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.3.; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 199. 219 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 199; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 63; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 26; siehe auch BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.3. 220 A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 152; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 47. 221 S. dazu etwa Körber, Die Stimmrechtsvertretung durch Kreditinstitute, 1989; Schmidt, Die Stimmrechtsvertretung durch Kreditinstitute, 1994; Kohler in FS Döser, 1999, S. 225 jeweils m.w.N. zu dem umfänglichen Schrifttum; Götze, NZG 2010, 93; für eine Zurechnung de lege ferenda: Uwe H. Schneider/Burgard, DB 1996, 1766. Zur Frage, ob das Vollmachtstimmrecht der Kreditinstitute die „Abhängigkeit“ i.S.v. § 17 AktG begründen kann: Koppensteiner in KölnKomm. AktG, § 17 AktG Rz. 49 m.w.N. 222 Vgl. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 28; zu § 34 WpHG Bayer in MünchKomm. AktG, § 34 WpHG Rz. 28.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 138 § 30
Umständen nach annehmen kann, dass der Aktionär in Kenntnis der Sachlage die abweichende Stimmrechtsausübung billigen würde, § 135 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 AktG. Das Ermessen der Depotbank erstreckt sich nur auf die Unterbreitung der Abstimmungsvorschläge, nicht aber auf die spätere Ausübung der Stimmrechte223. Erteilt der Aktionär keine Weisung, geht das Gesetz davon aus, dass sich der Aktionär die rechtezeitig zuvor mitgeteilten Abstimmungsvorschläge seiner Depotbank zu eigen macht, und diese ist daran anschließend grundsätzlich auch gebunden224. Hinsichtlich der Stimmrechtsausübung verbleibt der Depotbank dementsprechend kein eigener Entscheidungsspielraum mehr. Vor diesem Hintergrund werden die Stimmrechte der Depotbank im Rahmen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG nicht zugrechnet225. Was für das Depotstimmrecht der Kreditinstitute gilt, lässt sich auf das Vollmachtstimmrecht der sons- 136 tigen institutionellen Stimmrechtsvertreter, etwa der Aktionärsvereinigungen oder sonstiger geschäftsmäßig handelnder Personen (§ 135 Abs. 8 AktG) übertragen, für die nach § 135 Abs. 8 AktG die gleichen gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten wie für das Depotstimmrecht der Kreditinstitute.226.
O. Übertragung nur von Stimmrechten (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpÜG) § 30 Abs. 1 Nr. 7 WpÜG ordnet die Zurechnung von Stimmrechten an, die auf Grund einer Vereinbarung ausgeübt werden können, die eine zeitweilige Übertragung der Stimmrechte ohne die damit verbundenen Aktien gegen Gegenleistung vorsieht. Bei den durch das Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 20.11.2015 (BGBl. I 2015, S. 2029) neu eingefügten § 30 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 WpÜG handelt es sich um Folgeänderungen, um die Änderungen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 WpHG a.F. (heute § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 WpHG) für das Übernahmerecht nachzuvollziehen227. Dabei basiert die inhaltliche Vorgabe für § 30 Abs. 1 Nr. 7 WpÜG nicht auf der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie (2013/50/EU), sondern auf Art. 10 lit. b Transparenzrichtlinie 2004 (2004/109/EG)228. Eine Umsetzung in nationales Recht unterblieb jedoch zunächst229.
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Aufgrund des nach deutschem Aktienrecht bestehenden sog. Abspaltungsverbots, wonach Mitglied- 138 schaftsrechte nicht losgelöst von der Mitgliedschaft übertragen werden können230, ist die Vorschrift nur für ausländische Zielgesellschaften nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG, d.h. mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschafsraums, relevant231. 223 So auch Begr. RegE, BT-Drucks. 16/2498, S. 35 sowie Veil in K. Schmidt/Lutter, Anh. § 22, § 22 WpHG Rz. 26. 224 S. hierzu auch Begr RegE Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/2498, S. 35. 225 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 200; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 66; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 277; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 48; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 28; siehe auch BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.6.4.; zu § 34 WpHG: BT-Drucks. 16/2498, S. 35 zum Gesetzesentwurf des Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetzes Bayer in MünchKomm. AktG, § 34 WpHG Rz. 28; Petersen in Spindler/Stilz, Anh., §§ 33-47 WpHG Rz. 51; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 34 Rz. 117; Schwark in Schwark/Zimmer, § 22 WpHG Rz. 15; Veil in K. Schmidt/Lutter, Anh. § 22 AktG, § 22 WpHG Rz. 16. 226 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 Rz. 66; für § 34 WpHG: Schwark in Schwark/Zimmer, § 22 WpHG Rz. 16. 227 Begründung RegE Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, BT-Drucks. 18/5010, S. 56. 228 S. auch BT-Drucks. 18/5010, S. 45. Vgl. auch DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2015, 1069; Art. 10 lit. b Transparenzrichtlinie 2004 adressierte dabei inhaltlich § 22 WpHG (seit dem 3.1.2018 § 34 WpHG). 229 S. hierzu den zutreffenden Hinweis bei Burgard/Heimann, WM 2015, 1445, 1449 und Söhner, ZIP 2015, 2451, 2454, dass die Umsetzung in nationales Recht nicht im Hinblick auf das aktienrechtliche Abspaltungsverbot entbehrlich gewesen ist; siehe auch DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2015, 1069, welcher darauf abstellt, dass die Umsetzung durch die Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie der „Maximalharmonisierung“ dient. 230 Das Abspaltungsverbot wird für das Aktienrecht teilweise aus § 8 Abs. 5 AktG, aber auch aus dem allgemeineren verbandsrechtlichen Grundsatz des § 717 Satz 1 BGB hergeleitet, vgl. anstatt vieler zu beiden Ansichten Dauner-Lieb in KölnKomm. AktG, § 8 AktG Rz. 44 und Vetter in Spindler/Stilz, § 8 AktG Rz. 50. 231 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 66a; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 284; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 48b; Söhner, ZIP 2015, 2451, 2454, DAV-Handelsrechtsausschuss,
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§ 30 Rz. 139 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung 139
Es kommt in diesen Fällen allein darauf an, ob nach dem Recht des Sitz-Staats die Stimmrechtsübertragungs-Vereinbarung wirksam ist232. Ob die zeitweilig so übertragenen Stimmrechte frei von Weisungen des Aktionärs ausgeübt werden können, spielt nach dem Wortlaut von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpÜG keine Rolle233.
140
Auch hier findet keine Absorption statt. Neben dem Bieter, dem die Stimmrechte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpÜG zugerechnet werden, werden die Stimmrechte weiterhin beim Aktionär nach § 29 Abs. 2 Satz 1, Alt. 1 WpÜG berücksichtigt234.
P. Beim Bieter als Sicherheit verwahrt (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WpÜG) 141
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WpÜG werden dem Bieter Stimmrechte aus Aktien zugerechnet, die bei ihm als Sicherheit verwahrt werden, sofern der Bieter die Absicht bekundet, diese Stimmrechte auszuüben. Auch diese Regelung basiert ihrem inhaltlichen Regelungsgehalt nach nicht auf der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie (2013/50/EU), sondern auf Art. 10 lit. c Transparenzrichtlinie 2004 (2004/109/EG). Eine Überführung ins deutsche Recht ist jedoch auch hier zunächst unterblieben (s. oben Rz. 137 zu § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WpÜG).
142
Fraglich ist, welche Sachverhalte von dieser Vorschrift erfasst sind. Vor allem die Abgrenzung zu § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG (Sicherungsübereignung) ist nicht klar235. Nr. 3 spricht davon, dass der Bieter Aktien einem Dritten zur Sicherheit „übertragen“ hat, während Nr. 8 auf Aktien abstellt, die der Bieter „verwahrt“ und deren Stimmrechte er „hält“. Bei Nr. 3 geht es also darum, ob dem Bieter, obwohl er nicht mehr Eigentümer ist, die Stimmrechte weiterhin zugerechnet werden können. Während bei Nr. 8 die Aktien beim Bieter sind, wobei unklar bleibt, auf welcher Grundlage. Zum Teil wird auf eine vertragstypische Aufbewahrungspflicht und eine vertragliche Sicherungsabrede abgestellt236. Wegen der unterschiedlichen Formulierung wird man wohl davon ausgehen müssen, dass mit dem Verwahren der Aktien etwas anderes gemeint ist als die Eigentümerstellung. Da der Bieter zugleich die Stimmrechte halten und die Absicht bekunden muss, sie auszuüben, spricht dies dafür, dass Nr. 8 nur auf Auslandsgesellschaften anwendbar ist, denn jedenfalls bei Aktien von deutschen Gesellschaften wäre ansonsten wegen des Abspaltungsverbots dann doch wieder das Eigentum an den Aktien erforderlich237. Wenig überzeugend ist es jedenfalls, Nr. 8 als Zurechnungsnorm für den Sicherungsnehmer im Fall der Sicherungsübereignung zu verstehen. Dies wird zum Teil aus der Gesetzesbegründung abgeleitet, wonach mit der Einführung von Nr. 8 der Grundsatz der alternativen Zurechnung bei Nr. 3 aufgegeben
232 233 234 235 236
237
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NZG 2015, 1069; vgl. auch die entsprechende Passage in der Regierungsbegründung, welche ausdrücklich darauf hinweist, dass im deutschen Recht eine separate Übertragung nur der Stimmrechte aufgrund des aktienrechtlichen Abspaltungsverbots nicht möglich ist, wohl aber z.T. nach ausländischem Recht, Begründung RegE Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, BT-Drucks. 18/5010, S. 45. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 66b. Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 48c; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 285. Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 48c; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 285; für die Möglichkeit des Bieters, im Rahmen der Stimmrechtsausübung auch seinen Willen zum Ausdruck bringen zu können jedoch Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 66c. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 286; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 49. Brellochs, AG 2016, 157, 163; Schilha in Bürgers/Körber, Aktiengesetz, § 22 WpHG Rz. 14. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 30; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 48e. Siehe auch Schürnbrand in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 22 AktG, § 22 WpHG Rz. 21. BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.8 zur Parallelnorm des § 34 Abs. 1 Nr. 8 WpHG. Im Übrigen sind die dortigen Ausführungen der BaFin nicht wirklich weiterführend, wenn dort bemerkt wird, dass bei Nr. 3 der Meldepflichte der Sicherungsgeber sei und der Sicherungsnehmer der Eigentümer sei, während bei Nr. 8 der Meldepflichtige die Aktien halte (verwahre). Brellochs, AG 2016, 157, 163 (möglicherweise werden Stimmrechte aus ausländischen Aktien erfasst); Stephan, Der Konzern 2016, 53, 56; Schilha in Bürgers/Körber, Aktiengesetz, § 22 WpHG Rz. 14.; vgl. auch Bayer in MünchKomm. AktG, § 34 WpHG Rz. 33; a.A. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 294 f., der aus den verschiedenen Sprachfassungen ableitet, dass „halten“ die Befugnis zur nicht weisungsgebundenen Stimmrechtsausübung bedeute.
Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 145 § 30
worden sei238. Dagegen spricht schon, dass es bei der Sicherungsübereignung keiner Zurechnung beim Sicherungsnehmer bedarf. Dieser ist Eigentümer; die Stimmrechte werden daher schon nach § 29 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 WpÜG berücksichtigt (s. oben Rz. 106)239. Ob eine Pfandverwahrung gem. § 17 DepotG, welche bislang unter die Nr. 6 subsumiert wurde, erfasst wird240, ist ebenso streitig241 wie die Frage, ob bei einer Pfandvereinbarung nach Eintritt der Pfandreife und dem damit verbundenen Wegfall der Weisungsberechtigung erfasst wird242.
143
Q. Sein Verhalten mit dem Bieter abgestimmt (§ 30 Abs. 2 WpÜG) I. Regelungsgegenstand und Regelungszweck § 30 Abs. 2 WpÜG regelt ebenso wie die Parallelnorm im WpHG (§ 34 Abs. 2 WpHG) die Zurechnung von Stimmrechten in Fällen des abgestimmten Verhaltens, die zumeist zusammenfassend mit dem Schlagwort „acting in concert“ bezeichnet werden. Anders als bei den Zurechnungstatbeständen in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–8 WpÜG geht es bei § 30 Abs. 2 WpÜG nicht um einen bestimmten Typus eines Rechtsverhältnisses zwischen Bieter und Drittem243. Dem Gesetzgeber ging es mit der Einführung244 des „acting in concert“ darum, Zurechnungslücken zu schließen und bestimmte internationale Verhaltensweisen zu erfassen245. International gibt es aber keinen einheitlich verstandenen Begriff des „acting in concert“246. Teilweise werden darunter alle Zurechnungsvorschriften zusammengefasst oder es werden Sachverhalte erfasst, die nach deutschem Verständnis entweder bereits in § 30 Abs. 1 WpÜG angesprochen werden oder gar nicht erfasst sind247. Für die Auslegung von § 30 Abs. 2 WpÜG sind die internationalen Vorschriften nicht entscheidend.
144
II. Gleichwertigkeit mit Unionsrecht In der Übernahmerichtlinie (Richtlinie 2004/25/EG) werden gemeinsam handelnde Personen gem. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d) definiert als „natürliche oder juristische Personen, die mit dem Bieter oder der Zielgesellschaft auf der Grundlage einer ausdrücklichen oder stillschweigenden, mündlich oder 238 Burgard/Heimann, WM 2015, 1445, 1446; Schilha, DB 2015, 1821, 1823 f.; Schilha in Bürgers/Körber, Aktiengesetz, § 22 WpHG Rz. 14 (Zurechnung beim Sicherungsnehmer dann nur unter den qualifizierten Voraussetzungen von Nr. 8 und nicht schon allein aufgrund des Aktieneigentums). 239 So zutreffend Söhner, ZIP 2015, 2451, 2454; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 291. Dagegen spricht auch, dass der Gesetzgeber selbst darauf hinweist, dass etwaige Pflichten des Sicherungsnehmers aus § 21 WpHG a.F. (heute § 33 WpHG) unberührt bleiben, also die Meldepflicht kraft Eigentümerstellung (BTDrucks. 18/5010, S. 45). 240 So ausdrücklich Söhner, ZIP 2015, 2451, 2454, welcher § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WpÜG seit dessen Einführung im Verhältnis zu § 30 Abs. 1 Nr. 6 WpÜG als lex specialis erachtet. Siehe auch BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.8; ebenso Petersen in Spindler/Stilz, Anh., §§ 33–47 WpHG Rz. 51 b. 241 Dagegen Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 296, weil der Aktionär grundsätzlich weisungsberechtigt bleibe. 242 Dafür Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 297. 243 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 67b; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 50. 244 Eingeführt in § 30 Abs. 2 WpÜG bzw. § 22 Abs. 2 WpHG a.F. (Vorgängernorm zu § 34 WpHG) durch Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20.12.2001 (BGBl. I 2001, S. 3822). 245 BT-Drucks. 14/7034, S. 53 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 67b; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 67b; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 50. 246 S. auch OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5, 6 und 8/03, ZIP 2004, 1312 = AG 2004, 617; von Bülow/ Bücker, ZGR 2004, 670; Casper, ZIP 2003, 1470; Gesell in FS Maier-Reimer, 2010, S. 123, 126. 247 S. etwa die Definition in den Notes des britischen Takeover Codes 2011 (Stand: September 2016). Dort werden Konzernsachverhalte (parent, subsidiaries and fellow subsidiaries) ebenso wie Gesellschaften und ihre geschäftsführenden Organmitglieder, nahe Verwandte und „connected advisor“ mit ihren Klienten als Beteiligte eines „acting in concert“ genannt. Erstere werden bereits in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG angesprochen und letztere fallen typischerweise nicht unter § 30 Abs. 2 WpÜG.
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145
§ 30 Rz. 145 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung schriftlich getroffenen Vereinbarung zusammenarbeiten, um die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erhalten bzw. den Erfolg des Übernahmeangebots zu vereiteln.“ Diese Definition geht einerseits über die Definition in § 30 Abs. 2 WpÜG hinaus, indem etwa – anders als nach deutschem Recht – auch der Parallelerwerb oder Vereinbarungen mit der Zielgesellschaft selbst einbezogen werden (s. dazu unten Rz. 164 und 152) und bleibt andererseits dahinter zurück, da für ein abgestimmtes Verhalten zwingend eine Vereinbarung vorausgesetzt wird und Abstimmungen in sonstiger Weise anders als nach deutschem Recht nicht ausreichend sind. 146
Die Abweichungen sind rechtmäßig248. Der europäische Gesetzgeber wollte keine einheitlichen, sondern gleichwertige, d.h. nicht willkürlich unterschiedliche Regelungen schaffen249. Wenn das Ziel des europäischen Gesetzgebers einheitliche Regelungen gewesen wären, hätte er eine Übernahmeverordnung erlassen. Der Unionsgesetzgeber hat aber bewusst nur eine Übernahmerichtlinie erlassen. Eine Richtlinie ist für einen Mitgliedstaat nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Dementsprechend heißt es auch in Erwägungsgrund 25 der Übernahmerichtlinie, dass es (nur) um die Festlegung von Mindestvorgaben geht und stellt Erwägungsgrund 26 klar, dass es sich bei der Übernahmerichtlinie lediglich um eine Rahmenregelung handelt, „die bestimmte allgemeine Grundsätze und eine begrenzte Zahl allgemeiner Vorschriften enthält, die von den Mitgliedstaaten in Form detaillierterer Bestimmungen im Einklang mit ihrer jeweiligen Rechtsordnung und ihrem kulturellen Umfeld umzusetzen sind“. Art. 5 Abs. 3 der EU-Übernahmerichtlinie überlässt die Präzisierung des Kontrollbegriffs und die Berechnung der Kontrollschwelle der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten250.
III. Entstehungsgeschichte 147
Die Zurechnung von Stimmrechten aufgrund eines „acting in concert“ war in der Vergangenheit sowohl im Inland als auch im Ausland heftig umstritten251. Die Diskussion beruhte teilweise auf einem Missverständnis; denn es geht nicht um die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Abreden unter den Aktionären, sondern nur um die Zurechnung von Stimmrechten und die damit verbundenen melderechtlichen und übernahmerechtlichen Rechtsfolgen.
148
Eingeführt wurde § 30 Abs. 2 WpÜG durch das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20.12.2001 parallel zum § 22 Abs. 2 WpHG a.F. Für die wertpapierhandelsrechtliche Mitteilungs- und Veröffentlichungspflicht gab es eine Vorgängerregelung, die abgestimmtes Verhalten erfasste, nämlich § 22 Abs. 1 Nr. 3 WpHG (in der bis zum 31.12.2011 gültigen Fassung). Dort wurde eine Zurechnung angenommen, wenn „der Meldepflichtige oder ein von ihm kontrolliertes Unternehmen eine Vereinbarung getroffen hat, die beide verpflichtet, langfristig gemeinschaftliche Ziele bezüglich der Geschäftsführung der börsennotierten Gesellschaft zu verfolgen, indem sie ihre Stimmrechte einvernehmlich ausüben.“ Der Gesetzgeber wollte mit der Neuformulierung in § 22 Abs. 2 WpHG a.F. und im Gefolge in § 30 Abs. 2 WpÜG den bisher in § 22 Abs. 1 Nr. 3 WpHG a.F. enthaltenen Zurechnungstatbestand ersetzen und erweitern252. Generell sollten mit der (Neu-)Fassung von § 22 WpHG a.F. bzw. § 30 Abs. 2 WpÜG a.F. bestimmte Sachverhalte, deren Einordnung in der Praxis zu Zweifelsfragen Anlass gegeben hatten, klargestellt und Lücken geschlossen werden253. Zugerechnet wurden jetzt Stimmrechte eines Dritten, mit denen der Bieter oder seine Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft auf Grund einer 248 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 52 f. unter Hinweis auf Begr. RegE ÜB-UG, BR-Drucks. 154/06, S. 20, wo ausgeführt wird, dass § 30 Abs. 2 WpÜG die Richtlinienvorgaben umsetzt. 249 S. Übernahmerichtlinie Erwägungsgrund 1 („… um sie gemeinschaftsweit gleichwertig zu gestalten.“) und Erwägungsgrund 3 („… zu vermeiden, dass … durch willkürliche Unterschiede … verzerrt werden.“). 250 Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 33; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 144; Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 577 Fn. 33. 251 Zur Reformdiskussion auf Grund des Vorschlags zur Revision der Transparenzrichtlinie vom 25.10.2011, KOM (2011), 683; Seibt/Wollenschläger, AG 2012, 305, 310; vgl. zur Diskussion im Rahmen der Änderung der Transparenzrichtlinie durch die Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie Burgard/Heimann, WM 2015, 1445 ff.; Hitzer/Hauser, NZG 2016, 1365 ff. 252 BT-Drucks. 14/7034, S. 54. 253 BT-Drucks. 14/7034, S. 53 f.
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 149 § 30
Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmt, ausgenommen Vereinbarungen über die Ausübung von Stimmrechten in Einzelfällen. Neu waren die Abstimmung in sonstiger Weise und die Einzelfallausnahme. Erhebliche Unsicherheit löste sodann die Entscheidung des II. Senats des BGH vom 18.9.2006254 149 („WMF-Urteil“) aus. Der Senat vertrat zu § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG a.F. die Ansicht, die Vorschrift erfasse nur solche Vereinbarungen, die sich auf die Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft beziehen, also nur auf die Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung. Dies nahm der Gesetzgeber nach intensiver Diskussion zum Anlass, durch das Risikobegrenzungsgesetz vom 12.8.2008 (BGBl. I 2008, S. 1666) den Tatbestand neu zu fassen255. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Risikobegrenzungsgesetz wollte der Gesetzgeber den Tatbestand des § 30 Abs. 2 WpÜG zunächst erheblich erweitern256. Hierdurch sollte vor allem der restriktiven Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem WMF-Urteil entgegen gewirkt werden257. Erfasst werden sollten nicht mehr nur, wie bislang, Verhaltensabstimmungen in Bezug auf die Zielgesellschaft, sondern auch in Bezug auf den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft. Ferner wurde vorgesehen, die bisherige Einzelfallausnahme durch ein Korrektiv zu ersetzen, das auf die Wirkungen des in Frage stehenden Verhaltens abstellt, so dass sich die Frage der Stimmrechtszurechnung nicht ausschließlich nach der Häufigkeit des Abstimmungsverhaltens entscheidet. Drittens sollten auch Abstimmungen außerhalb der Hauptversammlung erfasst werden258. Aufgrund zahlreicher kritischer Stellungnahmen aus Wissenschaft und Praxis259 sah der Gesetzgeber jedoch in weiten Teilen von der entsprechenden Erweiterung ab. Die Gesetz gewordene, im Vergleich zum Regierungsentwurf deutlich abgeschwächte Version von § 30 Abs. 2 WpÜG bzw. § 22 Abs. 2 WpHG a.F.260 ging im Wesentlichen auf den Vorschlag des Finanzausschusses zurück261. Beibehalten wurde der Anwendungsbereich der bisherigen Regelung, d.h. die Abstimmung in der Hauptversammlung. Neu hinzukam die Abstimmung außerhalb der Hauptversammlung, sofern die weiteren Voraussetzungen vorlagen. Beibehalten wurde auch die nicht zur Zurechnung führende Möglichkeit der Abstimmung in Einzelfällen. Verzichtet wurde hingegen auf den neuen Zurechnungstatbestand des Parallelerwerbs von Aktien, da nur ein Verhalten zu einer Zurechnung führen sollte, das eine Abstimmung in Bezug auf die Zielgesellschaft beinhaltet262.
254 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, BGHZ 169, 98 = AG 2006, 883 mit abl. Anm. Uwe H. Schneider, ZGR 2007, 440; zustimmend: Halász/Kloster, Der Konzern 2007, 344, 347; Borges, ZIP 2007, 357, 361; siehe auch Goette in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2006, 2007, S. 1, 20. 255 Zur Bilanz nach nahezu 2 Jahren: Hoppe/Michel, BaFinJournal 04/2010, 3. 256 BT-Drucks. 16/7438, S. 5 ff. 257 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 67. 258 BT-Drucks. 16/7438, S. 11. 259 Vgl. beispielhaft Möllers/Holzner, NZG 2008, 166 ff.; Timmann/Birkholz, BB 2007, 2749 ff.; Stellungnahme des DAV, NZG 2008, 60 ff.; Wilsing/Goslar, DB 2007, 2467; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 206. 260 § 22 Abs. 2 WpHG a.F. und im Gefolge § 30 Abs. 2 WpÜG geht auf Art. 10 lit. a Transparenzrichtlinie 2004 (2004/109/EG) zurück, ist aber nicht wortlautidentisch. Nach Art. 10 lit. a sind für das Bestehen einer Meldepflicht auch Stimmrechte zu berücksichtigen, „die von einem Dritten gehalten werden, mit dem diese natürliche oder juristische Person eine Vereinbarung getroffen hat, die beide verpflichtet, langfristig eine gemeinsame Politik bezüglich der Geschäftsführung des betreffenden Emittenten zu verfolgen, indem sie die von ihnen gehaltenen Stimmrechte einvernehmlich ausüben“. Siehe dazu BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.10, Fn. 60: „Auch hier gilt eine Ausnahme vom europarechtlichen Grundsatz der Maximalharmonisierung aufgrund des Gleichlaufs mit der übernahmerechtlichen Parallelvorschrift des § 30 Abs. 2 WpÜG.“ 261 Vgl. Finanzausschuss zum RegE Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/9821, S. 11 f.; Diekmann in Baums/ Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 67a. 262 BT-Drucks. 16/9821, S. 11 f.
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§ 30 Rz. 150 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
IV. Beteiligte der Vereinbarung oder Abstimmung 1. Mehrere Beteiligte 150
§ 30 Abs. 2 WpÜG verlangt eine Vereinbarung oder eine Abstimmung in sonstiger Weise, also einen kommunikativen Vorgang263 zwischen dem Bieter und einem oder mehreren Dritten.
151
Es gibt keine Höchstzahl von Personen, die sich abstimmen. Zwei Personen sind erforderlich, genügen aber auch264. Ein organisiertes Abstimmen ist aber auch zwischen einer Vielzahl von Aktionären möglich.
152
Die Zielgesellschaft ist nicht Dritter in diesem Sinne265. Dagegen spricht zunächst der Wortlaut, wonach der Bieter oder sein Tochterunternehmen mit einem Dritten ihr Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft abstimmen. Dagegen spricht ferner § 136 Abs. 2 AktG, der die Nichtigkeit einer Stimmbindung eines Aktionärs gegenüber der Aktiengesellschaft oder der Verwaltung anordnet und schließlich auch der Umstand, dass die Stimmrechte aus eigenen Aktien der Zielgesellschaft nach § 71b AktG ruhen266 (s. auch § 2 WpÜG Rz. 100 zur Frage, ob eine Zielgesellschaft gemeinsam handelnde Person nach § 2 Abs. 5 WpÜG sein kann).
153
Auf Seiten des Bieters kann die Vereinbarung oder Abstimmung auch durch ein Tochterunternehmen erfolgen, nicht aber durch sonstige Dritte, deren Stimmrechte dem Bieter zugerechnet werden267. Auf Seiten des Dritten kann eine Person handeln, die entweder selbst Stimmrechte hält oder der Stimmrechte nach Abs. 1 zugerechnet werden. Das folgt schon aus § 30 Abs. 2 Satz 3 WpÜG, wonach für die Berechnung des Stimmrechtsanteils des Dritten § 30 Abs. 1 WpÜG entsprechend gilt268. So kann der Dritte ein Treugeber sein, dem seinerseits Stimmrechte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG zugerechnet werden. Eine Zurechnung von Stimmrechten beim Bieter, die dem Dritten seinerseits aufgrund einer Abstimmung mit einem Vierten nach § 30 Abs. 2 WpÜG zugerechnet werden, ist weder vom Wortlaut gedeckt, noch wäre eine erweiternde Auslegung mit dem Analogieverbot vereinbar269.
154
In die Vereinbarung oder Abstimmung können Personen einbezogen sein, denen selbst keine Stimmrechte zustehen. Ausreichend ist, dass ihnen Stimmrechte nach Abs. 1 zugerechnet werden270. Keiner der an der Vereinbarung oder Abstimmung Beteiligten muss ein „Unternehmen“ sein. Gleichfalls nicht erforderlich ist ein Wohnsitz oder eine Niederlassung der Beteiligten im Inland. 2. Gemeinsamer Vertreter
155
Nicht erforderlich ist, dass die Beteiligten jeweils in Person handeln und sich in jedem Einzelfall abstimmen. § 30 Abs. 2 WpÜG ist auch verwirklicht, wenn die Personen, denen die Stimmrechte zustehen oder zugerechnet werden, einen gemeinsamen Vertreter bestellen, sich diesem unterordnen und dieser die Vereinbarung trifft oder die Abstimmung vornimmt271. 263 S. auch BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.10.1. Zur Parallelnorm des § 34 Abs. 2 WpHG unter Hinweis auf OLG Düsseldorf v. 13.6.2013 – I – 6 U 148/12, 6 U 14, juris Rz. 131. 264 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 311. 265 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 83; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 314. 266 A.a. Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 50, der für diese Fälle auf die Möglichkeit zur Befreiung nach § 37 WpÜG verweist. 267 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 303. 268 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 77; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 72; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 313. 269 BGH v. 19.7.2011 – II ZR 246/09, NZG 2011, 1147, 1148 f. = AG 2011, 786 zu § 22 WpHG a.F; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 77; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 72 dort Fn. 212; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 306, für den Fall, dass das Mittelglied ausschließlich im eigenen Interesse das Verhalten der beiden Außenglieder mit seinen Zielen koordiniert (dann keine Zurechnung des einen Außenglieds beim anderen Außenglied sondern nur beim Mittelglied). 270 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 209 f.; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 313.A.A. wohl Casper, ZIP 2003, 1469, 1475. 271 OLG Stuttgart v. 10.11.2004 – 20 U 16/03, AG 2005, 125, Rz. 60. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 69 a. E. und 77 a.E. (Dritter nimmt gezielt die Rolle eines Mittelmannes ein); Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 306 (bewusste Abstimmung übers Eck).
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 161 § 30
Handelt jemand in Bezug auf die Zielgesellschaft zugleich im eigenen Namen sowie im Auftrag und im Namen eines Dritten, so kann dies zur „Abstimmung“ führen, wenn der Betreffende einen Ermessensspielraum hat. Aufgrund des erforderlichen Ermessensspielraums liegt in der Regel keine Abstimmung vor, wenn jemand als geschäftsführendes Organmitglied im Namen der Gesellschaft und zugleich im eigenen Namen handelt, denn die Organe müssen im Interesse der Gesellschaft und nicht im eigenen Interesse handeln272. Entsprechendes gilt bei der Testamentsvollstreckung, Vormundschaft, der Wahrnehmung von Stimmrechten durch Kreditinstitute und Aktionärsvereinigungen usw.
156
Beraterverträge begründen in der Regel ebenfalls keine Zurechnung nach Abs. 2 (s. Rz. 209).
157
V. Form des abgestimmten Verhaltens § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 WpÜG erfasst zwei Formen des abgestimmten Verhaltens: die Abstimmung durch eine „Vereinbarung“ und die Abstimmung „in sonstiger Weise“.
158
Der Begriff „Vereinbarung“ (Fallgruppe 1) umfasst alle Verträge der Zivilrechtsdogmatik, also z.B. 159 Stimmbindungsverträge, Interessenwahrungsverträge, Gesellschaftsverträge273. Eine Vereinbarung liegt daher grundsätzlich auch vor, wenn die Beteiligten die Koordinierung der Ausübung ihrer Stimmrechte in einem Verein oder in einer Gesellschaft, gleich welcher Rechtsform, zusammenfassen. Ob und unter welchen Voraussetzungen dies zur Stimmrechtszurechnung führt, ist streitig (s. dazu Rz. 208). Auch ohne eine rechtliche Verpflichtung der Beteiligten kann jedoch eine Abstimmung nach § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG vorliegen. Für eine Abstimmung „in sonstiger Weise“ (Fallgruppe 2) genügt eine ausreichend sichere Grundlage für koordiniertes Vorgehen274. Weder brauchen klagbare Ansprüche bestehen, noch müssen sonstige Rechte und Pflichten durch die Beteiligten begründet sein. Ein Gentlemen’s Agreement, also ein bewusst praktiziertes Zusammenwirken ist daher ausreichend275.
160
Eine Abstimmung setzt dabei voraus, dass die Beteiligten koordiniert ihre Interessen wahrnehmen. Bei 161 einem unbewussten gleichförmigen Verhalten fehlt es an einem Zusammenwirken276. Das Entsprechende gilt, wenn sich die Beteiligten nur beraten bzw. Informationen austauschen277, ohne auf ein bewusst praktiziertes Zusammenwirken abzuzielen278. Die Grenzen sind an dieser Stelle fließend. Entscheidend ist das bewusste gemeinsame Vorgehen. Gleichförmiges Abstimmungsverhalten begründet auch nicht die Vermutung eines abgestimmten Verhaltens (s. Rz. 198).
272 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 65; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 54. A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 173. 273 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 68; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 315. 274 Ebenso OLG Frankfurt a.M. v. 14.11.2006 – 5 U 158/05, AG 2007, 592; Vaupel, AG 2011, 63, 76. Zur vergleichbaren Lage bei § 17 AktG, BGH v. 4.3.1974 – II ZR 89/72, BGHZ 62, 193, 199. 275 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 68; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 R WpÜG z. 58; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 315; OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5, 6 und 8/03, AG 2004, 617. 276 OLG Frankfurt a.M. v. 25.8.2003 – WpÜG 5/03, WpÜG 8/03, ZIP 2003, 1977; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 317. 277 Ein Bedürfnis dafür besteht, siehe OECD Principles of Corporate Governance 2004, Regel II. G.: „Shareholders, including institutional shareholders, should be allowed to consult with each other on issues concerning their basic shareholder rights …“; siehe auch Principle 5 UK Stewardship Code: „Institutional investors should be willing to act collectively with other investors where appropriate“. S.a. ESMA/2013/1642 para 3.2: Therefore, a White List of certain activities in which shareholders might wish to engage for the purposes of exercising good corporate but without seeking to acquire or exercise control. 278 OLG Frankfurt a.M. v. 25.8.2003 – WpÜG 5/03 und WpÜG 8/03, ZIP 2003, 1977, 1980; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 69; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 317; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 59; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 35; Schüppen/Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 67; Casper, ZIP 2003, 1469, 1475; Liebscher, ZIP 2002, 1005, 1008.
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801
§ 30 Rz. 162 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
VI. Der Gegenstand des abgestimmten Verhaltens 1. Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft; Parallelerwerb 162
Nicht jedes vereinbarte oder in sonstiger Weise abgestimmte Verhalten ist ein acting in concert. Hinzu kommen müssen qualifizierende Merkmale. Der Bieter und der Dritte müssen ihr Verhalten „in Bezug auf die Zielgesellschaft“ abstimmen, an der sie Stimmrechte halten oder deren Stimmrechte ihnen zugerechnet werden. Weiter konkretisiert ist dies im Gesetz nicht. Aus dem normativen Zusammenhang ergibt sich aber, dass es Ziel der Beteiligten sein muss, Einfluss auf die Willensbildung und Entscheidungsfindung der Zielgesellschaft zu nehmen (s. Rz. 167 ff.). Geklärt ist heute, dass der Einfluss auf die Willensbildung und Entscheidungsfindung der Zielgesellschaft nicht auf die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung gerichtet sein muss (s. Rz. 178 ff.).
163
Kein Bezug zur Zielgesellschaft besteht, wenn die Beteiligten sich über ihr Verhalten als Dritte, etwa als Vertragspartner der Gesellschaft z.B. als Darlehensgeber, als Lieferant oder Arbeitnehmer abstimmen279.
164
Der abgestimmte Parallelerwerb wird nicht von § 30 Abs. 2 WpÜG erfasst280. Eine entsprechende Erweiterung des Tatbestands war im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Risikobegrenzungsgesetz zunächst vorgesehen281, wurde dann aber wieder verworfen282, da es erhebliche Kritik aus Praxis283 und Literatur284 gab (s. oben Rz. 149). Eine erweiternde Auslegung kommt bei dieser Vorgeschichte von vornherein nicht in Betracht. Sie widerspräche klar dem gesetzgeberischen Willen. Vor dem Hintergrund der einschneidenden Rechtsfolgen bei einem unterlassenen Pflichtangebot kommt auch wegen des Analogieverbots eine Auslegung über den Wortlaut hinaus nicht in Betracht285. Schließlich ergibt sich auch aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. d kein Zwang zur erweiternden Auslegung, denn eine Vollharmonisierung ist von der Übernahmerichtlinie gerade nicht gefordert (s. oben Rz. 146)286. 2. Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten (Fallgruppe 1)
165
§ 30 Abs. 2 Satz 2 WpÜG konkretisiert den Gegenstand des abgestimmten Verhaltens. Erfasst wird zum einen die Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten (Fallgruppe 1) und zum anderen das Zusammenwirken in sonstiger Weise mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft (Fallgruppe 2). a) Bewusste Koordination
166
Die 1. Fallgruppe sieht vor, dass sich die Verständigung auf die Ausübung von Stimmrechten beziehen muss. Die Absicht der abgestimmten Stimmrechtsausübung genügt. Die übernahmerechtlichen Pflichten entstehen dementsprechend schon mit Abschluss der Vereinbarung oder zum Zeitpunkt der Abstimmung. Es kommt nicht darauf an, dass die Stimmrechte auch tatsächlich koordiniert ausgeübt werden287. Eine gegenseitige Information über die jeweilige Stimmrechtsausübung ist jedoch allein
279 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 81; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 330. 280 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 82; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 13; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 348; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 56; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 34; Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 578; Seibt, ZIP 2004, 1828, 1833; Hamann, ZIP 2007, 1088, 1090; Schockenhoff/Wagner, NZG 2008, 361, 364; von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 9 ff.; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 44 f. und auch Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 193. 281 Vgl. hierzu RegE Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 11. 282 Finanzausschuss zum RegE Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/9821, S. 11 f. 283 DAV, NZG 2008, 60. 284 Wilsing/Goslar, DB 2007, 2467. 285 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 56. 286 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 56. 287 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 72; Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 19. Ebenso für § 34 Abs. 2 WpHG BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.10.1.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 168 § 30
nicht ausreichend. Verlangt ist vielmehr, dass das Stimmverhalten bewusst koordiniert wird. Daher genügt auch das bloße gleichgerichtete Stimmverhalten nicht für eine Zurechnung288. b) Nachhaltige Beeinflussung der Unternehmenspolitik der Zielgesellschaft aa) Allgemein Die Stimmrechtsabrede muss zudem auf die Kontrolle der Zielgesellschaft im Sinne einer nachhaltigen Beeinflussung der Unternehmenspolitik gerichtet sein. Daher führen Stimmrechtsvereinbarungen nur dann zu einer Zurechnung von Stimmrechten, wenn sie der Durchsetzung weitreichender, konkret gefasster unternehmerischer Absichten und nicht der bloßen Erhaltung des Status quo dienen und auf eine längerfristige Einflussnahme auf die Zielgesellschaft ausgelegt sind289. Dies wird durch Gesetzgebungshistorie, Sinn und Zweck, Systematik und die europarechtlichen Grundlagen von § 30 Abs. 2 WpÜG bestätigt.
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bb) Rechtslage zu § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG a.F. In der bis zum 19.8.2008 geltenden Fassung des WpÜG wurde die Zurechnung von Stimmrechten 168 aufgrund von acting in concert allein in § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG erfasst290. Nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur galt, dass nicht jede Abstimmung oder Vereinbarung im Hinblick auf die Zielgesellschaft zu einem zurechnungsbegründenden acting in concert führen sollte. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 18.9.2006 klargestellt, dass nur Vereinbarungen, die darauf abzielen, die Unternehmenspolitik der Zielgesellschaft nachhaltig zu beeinflussen, ein acting in concert begründen können. Diese Klarstellung betraf nicht lediglich die Anwendung der Einzelfallausnahme, sondern ausdrücklich die Frage, welche Qualität eine allgemein geltende Vereinbarung haben muss, um die Zurechnungsvoraussetzungen nach § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG a.F. zu erfüllen291. Dass nicht jede Stimmrechtsvereinbarung zu einer Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG a.F. führte, entsprach auch der ganz herrschenden Meinung in der damaligen instanzge-
288 RegE Risikobegrenzungsgesetz BT Drucks. 16/7438, S. 11; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 214; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 69; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 59; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 34. 289 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, BGHZ 169, 98 (Rz. 26) = NZG 2006, 945, 948 = AG 2006, 883 (Rz. 26); OLG Frankfurt v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG 2004, 865, 867 (juris, Rz. 55); von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 223 ff.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 72; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 32, 36; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 54; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, 141, 145 ff.; von Bülow, in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 137, 146; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1798; Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 850, Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, § 60 Rz. 207; Pluskat, DB 2009, 383, 385; Sohbi in Heidel, § 30 WpÜG Rz. 20; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 40; Krause, AG 2014, 833, 839 f.; Scheibenpflug/Tönningsen, BKR 2015, 140, 141 f.; Verse, Der Konzern 2015, 1, 7. A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 182; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 42; LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15, juris Rz. 276 ff. 290 Die Vorschrift lautete damals: „Dem Bieter werden auch Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft in voller Höhe zugerechnet, mit dem der Bieter oder sein Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmt; ausgenommen sind Vereinbarungen über die Ausübung von Stimmrechten in Einzelfällen.“ Der kursiv gesetzte Teil ist heute Teil von Satz 2. 291 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, BGHZ 169, 98 (Rz. 26) = NZG 2006, 945, 948 = AG 2006, 883 (Rz. 26): „Sonstige Absprachen im Sinne eines ‚acting in concert‘ zwischen den drei Finanzinvestoren, die für sich genommen die Zurechnungsvoraussetzungen nach § 30 Abs. 2 S. 1 WpÜG begründen würden, sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich ein solcher Zurechnungstatbestand nicht aus der zwischen den Finanzinvestoren getroffenen sog. Standstill-Vereinbarung (Nachweise). Die Abrede zielte im vorliegenden Fall nämlich – wie dargelegt – lediglich auf ein gegenseitiges Verhalten der drei Investoren im Hinblick auf eine möglichst verlustfreie Veräußerung der von ihnen jeweils gehaltenen Aktienpakete ab, nicht jedoch darauf, die Unternehmenspolitik der Zielgesellschaft (nachhaltig) zu beeinflussen.“
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§ 30 Rz. 168 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung richtlichen Rechtsprechung292 und der Literatur. Da Vereinbarungen über Einzelfälle ausdrücklich nicht zu einer Zurechnung führen sollten, war nach herrschender Meinung erforderlich, dass die Einflussnahme nachhaltig und von gewisser Dauer ist293. Dem entsprachen auch die von der BaFin im Jahresbericht 2003 formulierten Anforderungen an das Vorliegen abgestimmten Verhaltens294. cc) Neufassung von § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG durch das Risikobegrenzungsgesetz 169
Durch das am 19.8.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken („Risikobegrenzungsgesetz“, BGBl. I 2008, S. 1666) wurde § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG inhaltlich nicht geändert. Allerdings wurde ein zweiter Satz in die Vorschrift eingefügt, der heutige § 30 Abs. 2 Satz 2 WpÜG: „Ein abgestimmtes Verhalten setzt voraus, dass der Bieter oder sein Tochterunternehmen und der Dritte sich über die Ausübung von Stimmrechten verständigen oder mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft in sonstiger Weise zusammenwirken.“ Durch die Einfügung sollte eine Stimmrechtszurechnung auch auf Fälle erstreckt werden, in denen sich Aktionäre nicht über die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung abstimmten, sondern sich auf sonstige Weise mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft koordinierten295.
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Mit der Ergänzung war nicht beabsichtigt, die inhaltlichen Anforderungen, die Rechtsprechung und Literatur im Hinblick auf die für eine Zurechnung erforderliche Qualität von Verständigungen oder Vereinbarungen über die Stimmrechtsausübung entwickelt hatten (oben Rz. 147 ff.), aufzuheben oder abzuschwächen296. Aus dem Bericht des Finanzausschusses ergibt sich ausdrücklich, dass die nach alter Rechtslage bestehenden Möglichkeiten zur Verständigung über Stimmrechte unberührt bleiben sollten297.
292 Besonders instruktiv OLG München v. 27.4.2005 – 7 U 2792/04, ZIP 2005, 856 (juris, Rz. 55), das in einem der ersten Verfahren zu § 30 Abs. 2 WpÜG a.F. ausführte: „Die Norm versucht, das materielle Einflusspotential des Bieters zu erfassen. Erforderlich ist, dass der Dritte sein Stimmverhalten mit dem Bieter abstimmt und dadurch die Macht des Bieters stärkt. Der Dritte muss mit dem Bieter bewusst mit dem Ziel zusammenarbeiten, die Mitgliedschaftsrechte koordiniert und kontinuierlich auszuüben. Wie die gesetzliche Ausnahme für Absprachen hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte in Einzelfällen zeigt, ist auch Nachhaltigkeit der Einflussnahme erforderlich […]. Das WpÜG will den deutschen Kapitalmarkt stärken und funktionsfähig erhalten und die Transparenz gewährleisten (vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 14/7034, S. 27 ff.). Dieses Ziel würde bei einer besonders engen Auslegung hinsichtlich etwaiger Gesellschafterkontakte verfehlt, da sich hier die Gefahr der Verstrickung in die nicht unbeachtlichen Folgen der Angebotspflicht eher lähmend auswirken könnte.“ 293 OLG Frankfurt v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG 2004, 865, 867 (juris, Rz. 55) m.w.N; OLG München v. 27.4.2005 – 7 U 2792/04, ZIP 2005, 856, 857 (juris, Rz. 19); LG Hamburg v. 16.10.2006 – 412 O 102/04, ZIP 2007, 427, 429 (juris, Rz. 49); von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 699; Saenger/Kessler, ZIP 2006, 837, 839 f.; Casper, ZIP 2003, 469, 1476; Liebscher, ZIP 2002, 1005, 1008. 294 BaFin, Jahresbericht 2003, S. 209: „So werden den Aktionären der Zielgesellschaft ihre Stimmrechte wechselseitig zugerechnet, wenn sie ihr Verhalten so abstimmen, dass sie die Geschicke der Gesellschaft lenken.“ 295 Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/7438, S. 11; Bericht des Finanzausschusses zum Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/9821, S. 11. 296 von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 145 ff.; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, § 60 Rz. 207; Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 850; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 54: „§ 30 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 greift damit die bisherige Rechtslage nach der WMR-Entscheidung des BGH auf, sodass bezüglich der Auslegung dieser Tatbestandsalternativen auf die hierzu bereits entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann“. 297 BT-Drucks. 16/9821, S. 11: „Hierzu ist grundsätzlich anzumerken, dass durch die Neuregelung nicht die Kommunikation, die zwischen den Aktionären in den letzten Jahren zugenommen hat, behindert werden soll. Vielmehr soll auch weiterhin ein konstruktiver Dialog der Aktionäre untereinander sowie mit den Emittenten möglich sein. Insbesondere sollen sich Aktionäre auch weiterhin in Abstimmung miteinander für eine Aufrechterhaltung des Status quo und gegen eine Umgestaltung der unternehmerischen Ausrichtung aussprechen können (…), ohne dass hieraus wertpapierhandelsrechtliche Mitteilungspflichten oder die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots nach dem WpÜG resultieren. (…) Beibehalten werden soll zunächst der Geltungsbereich der bisherigen Regelung, die die Abstimmung über die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung erfasst.“
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 173 § 30
Das Erfordernis der nachhaltigen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung wurde zudem vor 171 der Änderung des § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG durch das Risikobegrenzungsgesetz aus der gesetzlichen Ausnahme für Absprachen hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte in Einzelfällen abgeleitet298. Die Einzelfallausnahme wurde im Zuge der Änderung des § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG durch das Risikobegrenzungsgesetz ausdrücklich beibehalten. Die gesetzgeberische Begründung hierfür war, für die Betroffenen Rechtssicherheit zu schaffen und zugleich zu berücksichtigen, „dass Absprachen nur dann zu einer Zurechnung führen sollen, wenn sich die Aktionäre im Rahmen einer längerfristigen Strategie zur gemeinsamen Verfolgung unternehmerischer Ziele zusammenschließen“299. dd) Sinn und Zweck von § 30 Abs. 2 WpÜG § 30 Abs. 2 WpÜG soll in Verbindung mit § 35 WpÜG den Aktionären ein Austrittsrecht gewähren, 172 wenn ein Mitaktionär Kontrolle über die Gesellschaft erlangt300. Hierdurch sollen die Minderheitsaktionäre einen Ausgleich dafür erhalten, dass der Kontrollerwerber eine Änderung der Geschäftspolitik und der Unternehmensorganisation bewirken kann, die sich auf die Ertragsaussichten und das Risiko der Altaktionäre nachteilig auswirken kann301. Vermittelt eine Stimmrechtsvereinbarung keinen derartigen Einfluss, ist es auch nicht gerechtfertigt, den Minderheitsaktionären ein Austrittsrecht zu gewähren und dem Bieter eine Angebotspflicht aufzuerlegen. ee) Gesetzessystematik; Erwerb von Kontrolle Auch aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass nur Abreden, die Kontrolle im Sinne eines aktiven 173 und erheblichen Gestaltungseinflusses begründen, eine Stimmrechtszurechnung rechtfertigen können. Der Begriff der Kontrolle ist gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG an das Halten von mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft gekoppelt. Mithin ist für den Kontrollerwerb grundsätzlich das Eigentum an Aktien der Zielgesellschaft maßgeblich (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AktG)302. Die Kontrollschwelle von 30 Prozent der Stimmrechte beruht zudem auf der Vermutung, dass der Inhaber von 30 Prozent der Stimmrechte regelmäßig die Hauptversammlungsmehrheit stellen wird. Er kann daher für die Unternehmenspolitik wesentliche Hauptversammlungsbeschlüsse regelmäßig alleine treffen303. Dem aus unbedingtem Eigentum an Aktien fließenden Stimmrecht stellt das Gesetz die in § 30 Abs. 1 und 2 WpÜG definierten Zurechnungstatbestände gleich. Diese Gleichstellung basiert auf der Vermutung, dass der Bieter in den in dieser Norm beschriebenen Situationen regelmäßig einen mit der Grundkonstellation des Innehabens von Eigentum an Aktien vergleichbaren Stimmrechtseinfluss innehat304. Diese Vermutung ist bei der Auslegung der Zurechnungstatbestände des § 30 WpÜG zu berücksichtigen305. Die Gleichsetzung einer Stimmrechtsvereinbarung mit dem Innehaben einer (30-prozentigen) Stimmrechtsbeteiligung setzt deshalb voraus, dass der Bieter ein vergleichbares Einflusspotential erlangt wie ein Aktieneigentümer, der 30 Prozent der Stimmrechte an einer Gesellschaft hält. Das ist nur
298 OLG Frankfurt v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG 2004, 863, 867 (juris, Rz. 55). 299 BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 300 BT-Drucks. 14/7034, S. 30; OLG Frankfurt v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03 und 8/03a, NZG 2004, 865, 867 (juris, Rz. 54); Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, Vor § 35 WpÜG Rz. 89; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 35 WpÜG Rz. 1. 301 Schlitt in MünchKomm. AktG, § 35 WpÜG Rz. 5. 302 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 = NZG 2014, 985, 988 = AG 2014, 662 (Rz. 36); vgl. auch BT-Drucks. 14/7034, S. 53. 303 BT-Drucks. 14/7034, S. 53. 304 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 2, 5; Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle im Übernahmerecht, 2007, S. 160 f. 305 Vgl. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 4; Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 1, 19; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 3; Löhdefink, Acting in Concert und Kontrolle im Übernahmerecht, 2007, S. 162 f.; Drinkuth, ZIP 2008, 676, 678; so auch der Bundesgerichtshof im Rahmen der Auslegung des § 22 WpHG a.F. (der Parallelnorm zu § 30 WpÜG): BGH v. 19.7.2011 – II ZR 246/09, NZG 2011, 1147, 1149 = AG 2011, 786 (juris, Rz. 32) setzt für eine Zurechnung die „Möglichkeit der Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung“ voraus und BGH 16.3.2009 – II ZR 302/06, NZG 2009, 585, 589 = AG 2009, 441 (juris, Rz. 34) verlangt ein mittelbares Stimmrecht für eine Zurechnung.
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§ 30 Rz. 173 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung dann der Fall, wenn der Bieter aufgrund der Vereinbarung in der Lage ist, nachhaltig auf die Unternehmenspolitik der Zielgesellschaft einzuwirken. ff) Europarechtliche Grundlagen 174
Zweck der in der Übernahmerichtlinie (2004/25EG) statuierten Angebotspflicht ist der Schutz von Minderheitsaktionären vor der Kontrolle eines Aktionärs. In Art. 5 Abs. 1 der Übernahmerichtlinie heißt es dazu: „Hält eine natürliche oder juristische Person infolge ihres alleinigen Erwerbs oder des Erwerbs durch gemeinsam mit ihr handelnde Personen Wertpapiere einer Gesellschaft im Sinne des Artikels 1 Absatz 1, die ihr bei Hinzuzählung zu etwaigen von ihr bereits mittels solcher Wertpapiere gehaltenen Beteiligungen und den Beteiligungen der gemeinsam mit ihr handelnden Personen unmittelbar oder mittelbar einen bestimmten, die Kontrolle begründenden Anteil an den Stimmrechten dieser Gesellschaft verschaffen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass diese Person zum Schutz der Minderheitsaktionäre dieser Gesellschaft zur Abgabe eines Angebots verpflichtet ist.“
175
Bei der Bestimmung, wann Vereinbarungen mit anderen Aktionären zu einer Zurechnung von Stimmrechten führen, stellt die Übernahmerichtlinie ebenfalls darauf ab, dass die Vereinbarung auf die Ausübung von Kontrolle gerichtet ist. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d) der Übernahmerichtlinie sagt: „‚Gemeinsam handelnde Personen‘ sind natürliche oder juristische Personen, die mit dem Bieter oder der Zielgesellschaft auf der Grundlage einer ausdrücklichen oder stillschweigenden, mündlich oder schriftlich getroffenen Vereinbarung zusammenarbeiten, um die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erhalten bzw. den Erfolg des Übernahmeangebots zu vereiteln.“
176
Auch eine an der Übernahmerichtlinie – die der deutsche Gesetzgeber „Eins zu Eins“ umsetzen wollte306 – orientierte Auslegung des § 30 Abs. 2 WpÜG bestätigt daher, dass nicht jede Stimmrechtsvereinbarung zu einer Zurechnung unter dem Gesichtspunkt des acting in concert führt, sondern nur eine solche, die dem Bieter nachhaltigen Einfluss auf die unternehmerische Ausrichtung der Zielgesellschaft und damit im Wortsinn Kontrolle vermittelt. gg) Wortlaut
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Der Wortlaut von § 30 Abs. 2 WpÜG steht dem nicht entgegen307. Eine Pflicht zur wortlautgetreuen Auslegung gibt es nicht. Eine solche Pflicht folgt auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.9.2006 in Sachen WMF. Im Gegenteil: Der BGH führt aus, dass „(…) für die Auslegung der Zurechnungsbestimmungen in § 30 Abs. 1 und 2 WpÜG bereits aus der Bußgeldvorschrift des § 60 WpÜG i.V. mit Art. 103 Abs. 2 GG und § 3 OWiG [folgt], dass diese Zurechnungsvorschriften wortlautgemäß zu verstehen und daher Analogien zu Lasten des Betroffenen ausgeschlossen sind“308. Dem Bundesgerichtshof geht es mithin um den gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG gebotenen Ausschluss einer strafverschärfenden Analogie. Die Zulässigkeit einer den Anwendungsbereich einer bußgeldbewehrten Norm einschränkenden Auslegung steht hingegen außer Frage. 3. Zusammenwirken in sonstiger Weise mit dem Ziel der Änderung der Unternehmensausrichtung (Fallgruppe 2) a) Die Ausgangslage
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Die Verhaltensabstimmung muss sich seit Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes am 19.8.2008 nicht mehr auf die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung beziehen. Erfasst wird jetzt auch das abgestimmte Verhalten außerhalb der Hauptversammlung. Dabei muss Ziel des Zusammenwirkens eine dauerhafte und erhebliche Änderung der unternehmerischen Ausrichtung sein (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 WpÜG).
306 BT-Drucks. 16/1003, S. 12. 307 So aber LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15, juris Rz. 280 unter fehlerhafter Berufung auf den BGH. 308 BGH 18.9.2006 – II ZR 137/05, NZG 2006, 945, 947 = AG 2006, 883 (Rz. 17).
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Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 183 § 30
Mit der 2. Fallgruppe hat der Gesetzgeber auf die „restriktive Haltung des Bundesgerichtshofs“ zu § 30 179 Abs. 2 WpÜG a.F. in der WMF-Entscheidung vom 18.9.2006 reagiert309. Der BGH hatte entschieden, dass § 30 Abs. 2 Satz 1 a.F. WpÜG nur solche Vereinbarungen erfasst, die sich auf die Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft, also auf die Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung beziehen310 (s. dazu auch oben Rz. 149). b) Zusammenwirken in sonstiger Weise Ausreichend ist nach der Änderung des § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 WpÜG in Verbindung mit Satz 2 Alt. 2 nunmehr auch eine Vereinbarung oder Abstimmung, mit der außerhalb der Hauptversammlung in sonstiger Weise auf die Zielgesellschaft Einfluss genommen werden soll. Der Einfluss muss auf der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung beruhen311. Ein expliziter oder mittelbarer Hinweis auf den Stimmrechtseinfluss ist daher erforderlich312. Eine tatsächliche Abhängigkeit etwa von einem Kreditinstitut als Kreditgeber oder einem Hersteller als Lieferant genügt nicht313.
180
c) Änderung der unternehmerischen Ausrichtung Die 2. Fallgruppe verlangt darüber hinaus, dass sich die Beteiligten mit dem Ziel verständigen, eine dauerhafte und erhebliche Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft zu erreichen.
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Auch hier genügt nicht die Absicht oder die abstrakte Eignung, Einfluss auf die unternehmerische Ausrichtung zu nehmen. Die Einflussnahme muss vielmehr auch tatsächlich das Ziel des Zusammenwirkens in sonstiger Weise sein. Erforderlich und nachzuweisen ist daher eine entsprechende subjektive Komponente314.
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Unternehmerische Ausrichtung ist die vom Vorstand aufgrund seiner Leitungsmacht bestimmte Un- 183 ternehmenspolitik der Gesellschaft315. Die Gesetzesbegründung zum Risikobegrenzungsgesetz nennt als Beispiele die Zerschlagung des Unternehmens und die die Gesellschaft lähmende Sonderdividende316. Als Beispiel werden ferner genannt die grundlegende Änderung des Geschäftsmodells und die Trennung von wesentlichen Geschäftsbereichen317. Zu eng ist die Ansicht, verlangt sei eine Abweichung vom bisher verfolgten Gesellschaftszweck oder vom satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand318; denn das würde eine Satzungsänderung verlangen. Geprägt wird die unternehmerische Ausrichtung vielmehr von den grundlegenden Weichenstellungen, die die Gesellschaft als Ganzes betreffen, also das Geschäftsmodell, die Ausrichtung der Geschäftsbereiche und die Finanzierungs-
309 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/7438, S. 6 f., 11; Düchting, Acting in concert, 2009, S. 110; siehe auch Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3, 23. 310 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, BGHZ 169, 98 = AG 2006, 883. Zustimmend: Fleischer, ZGR 2008, 185, 199; Diekmann, DStR 2007, 445; Mülbert in Bankrechtstag 2006, 2007, S. 141, 157; Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 303; Borges, ZIP 2007, 357, 363; Halász/Kloster, Der Konzern 2007, 344, 346; Spindler, WM 2007, 2357, 2358. Ablehnend Uwe H. Schneider, ZGR 2007, 440; siehe dazu auch Goette in VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2006, 2007, S. 1, 20; Noack, LMK 2006, 204721; Borges, ZIP 2007, 357, 362. 311 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 229; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 330; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 54; BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 312 Krause in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 669, 692; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 330. A.A Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 188. 313 Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 81; Krause in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 694; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 330. 314 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 74; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 328; BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.1.2.1 f.; BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 315 So BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 16. 316 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/7438, S. 11. 317 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 318 So jetzt ausdrücklich BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 17. A.A.; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1798.
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§ 30 Rz. 183 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung struktur, die langfristige Ausrichtung von Einkauf, Verkauf, Produktion, Vertrieb, etc.319. Keine Änderung der unternehmerischen Ausrichtung wird beabsichtigt, wenn nur der gegenwärtige Zustand aufrechterhalten werden soll oder wenn die Unternehmenspolitik erstmalig bestimmt wird320. Nicht ausreichend ist daher die Unterstützung des derzeitigen Vorstands, der die bisherige Unternehmenspolitik beibehalten will321. 184
Das Drängen, einzelne oder alle Aufsichtsratsmitglieder oder Vorstandsmitglieder zu ersetzen, reicht daher nicht aus. Personen können jedoch für eine Änderung der Geschäftspolitik stehen (z.B. wenn sich ein neugewählter Aufsichtsratsvorsitzender für eine neue unternehmerische Ausrichtung ausgesprochen hat) oder persönlich abhängig von einem Aktionär sein (z.B. wenn Mitarbeiter in den Aufsichtsrat entsandt werden), der seinerseits auf eine Änderung der Unternehmenspolitik drängt. Kommen weitere Faktoren hinzu, kann darin ein relevantes Verhalten vorliegen. Entscheidend ist immer das Gesamtbild322 und dass tatsächlich der Nachweis über das Vorliegen einer Abstimmung geführt werden kann (s. zur Beweislast Rz. 196 ff. unten).
185
Maßgebend ist die gemeinsame Absicht der Beteiligten und nicht, ob ihnen ihr Vorhaben auch gelingt323. Die Verabredung genügt. Der beabsichtigte Einfluss muss aber beides sein, nämlich dauerhaft und erheblich324. Nicht genügt ein dauerhafter Einfluss, der nicht erheblich ist und ein erheblicher Einfluss, der nicht dauerhaft ist325. Der beabsichtigte Einfluss ist erheblich, wenn eine Gesamtschau der Änderungen ergibt, dass nicht eine einzelne Maßnahme verwirklicht werden soll. 4. Einzelfallausnahme
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Die vorgesehene Ausnahme erfasst dem Wortlaut nach nur „Vereinbarungen“; Abstimmungen in sonstiger Weise sind nicht explizit genannt. Mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist dies nicht zu vereinbaren. Die Lücke ist durch entsprechende Auslegung zu schließen. § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpÜG gilt daher auch für sonstige Abstimmungen326. § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpÜG hat vor allem eine klarstellende Funktion327, denn die Stimmrechtszurechnung nach Abs. 2 erfasst von vornherein nur Abstimmungshandlungen, die der beständigen Einflussnahme auf die Gesellschaft dienen328. 319 So BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 17; OLG München v. 27.4.2005 – 7 U 2792/04, ZIP 2005, 856 = AG 2005, 482; vgl. auch Hoppe/Michel, BaFinJournal April 2010, S. 3. 320 BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 18; Brellochs, AG 2019, 29. 321 Zweifelnd: Krause in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 669; wie hier: Bericht des Finanzausschusses: BT-Drucks. 16/9821, S. 15; LG Köln v. 29.7.2011 – 82 O 28/11, ZIP 2012, 229, 232; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 43; Hoppe/Michel, BaFinJournal 04/2010, S. 3, 5. 322 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 54b (schematische Betrachtung verbietet sich; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls); zur kalten Übernahme: Krause in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 669. 323 Spindler, WM 2007, 2357, 2360; Wilsing/Goslar, DB 2007, 2467, 2468; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1798; Korff, AG 2008, 692, 694; Krause in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 669, 695. 324 LG Hamburg v. 16.10.2006 – 412 O 102/04, AG 2007, 177. 325 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 231; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 331; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1798 f.; Zimmermann, ZIP 2009, 57, 58; a.A. OLG Frankfurt a.M. v. 25.8.2003 – WpÜG 5, 8/03, ZIP 2003, 1977 und OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5, 6, 8/03, ZIP 2004, 1309; Vaupel, AG 2011, 63, 75; Paul in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 43, 49; Strunk/Salomon/Holst in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft 2009, S. 1, 12. 326 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 234 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 75; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 337; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 60; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG 0 Rz. 32; Casper, ZIP 2003, 1469, 1476; Pentz, ZIP 2003, 1478; Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 587; Krause in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 669, 696; Pluskat, DB 2009, 383, 385 f.; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1799; Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 850; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 39 ff.; Wackerbarth, ZIP 2007, 2340, 2344; Weiß, Acting in Concert, S. 126. Die BaFin hat ihre abweichende Auffassung mit Blick auf die Entscheidung des BGH v. 29.5.2018 – II ZR 190/17, AG 2019, 37 zur formalen versus materiellen Betrachtung explizit aufgegeben (s. Hinweis in der online Version des Emittentenleitfadens, 2018, Modul B, Rz. I.2.5.10.2 und Ziffer 8a der FAQ – Liste (neu eingefügt am 22.2.2019) zu den Transparenzpflichten des WpHG in den Abschnitten 6 (§§ 33 ff. WpHG) und 7 (§§ 48 ff. WpHG). 327 Uwe H. Schneider, WM 2006, 1321, 1324; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 234. 328 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 234 („Reflex der Tatsache“).
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 189 § 30
Streitig ist, unter welchen Voraussetzungen sich die Vereinbarung oder Abstimmung auf einen Ein- 187 zelfall bezieht. Nach einer Ansicht kommt es nur auf die Häufigkeit der Abstimmung an und können Abstimmungen zu einem einzelnen Tagesordnungspunkt oder eine einzelne unternehmerische Entscheidung ausnahmslos nicht zur Zurechnung führen (formale Betrachtung)329. Ein Einzelfall liegt hiernach auch dann vor, wenn die Abstimmung nachhaltige Folgen hat oder sich die Beteiligten jeweils vor einer Hauptversammlung, also von Fall zu Fall über einen Tagesordnungspunkt absprechen z.B. auf einen Kandidaten verständigen330. Nach anderer Ansicht ist das Vorliegen der Einzelfallausnahme materiell zu beurteilen und handelt es sich bei § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpÜG um eine widerlegliche Vermutung. Bei einer Vereinbarung im Einzelfall sei zwar zu vermuten, dass kein acting in concert vorliege. Es könne aber eine Verhaltensabstimmung auch schon im Einzelfall zur Zurechnung führen, wenn dies zu einer nachhaltigen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung führen soll331. Dieser Streit wurde jetzt für die Parallelregelung in § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpHG a.F. (seit 3.1.2018 § 34 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpHG) durch den BGH entschieden. Der BGH schließt sich in seiner Entscheidung vom 25.9.2018 ausdrücklich der formalen Betrachtungsweise und deren Argumenten an332. Nach Ansicht des BGH sprechen für eine solche formale Bestimmung des Einzelfalls nicht nur der Wortlaut der Norm, sondern auch der Aspekt der Rechtssicherheit sowie Sinn und Zweck des Gesetzes, die Funktionsfähigkeit des deutschen Finanzmarkts zu stärken und dazu für die Anleger Transparenz über die wesentliche Eigentümerstruktur der börsennotierten Gesellschaft333 und die sonstigen Einwirkungsmöglichkeiten zu schaffen, aber nicht ständig wechselnde Mehrheiten zuzurechnen334. Als weiteren Grund für die Entscheidung führt der BGH die Gesetzessystematik an, denn in den §§ 21 ff. WpHG a.F. werde nicht nach einem materiellen Stimmrechtseinfluss differenziert335. Schließlich spreche auch Art. 103 Abs. 2 GG aufgrund der Bußgeldbewährung eines Verstoßes gegen die WpHG-Meldepflichten entscheidend gegen eine materielle Auslegung, denn eine solche sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne des Grundgesetzes336. Zudem hätte bei materieller Betrachtung die Einzelfallausnahme keinen Anwendungsbereich337.
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Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auf § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpÜG zu übertragen338. Die Anforderungen an die Einzelfallausnahme nach § 22 WpHG a.F. können nicht über die Anforderungen an die Ausnahmeregelung im Rahmen des § 30 Abs. 2 WpÜG hinausgehen339.
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329 So wohl h.M.: Lange, ZBB 2004, 22, 27; Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 588; Kocher, BB 2006, 2436; Sänger/Kessler, ZIP 2006, 837, 840; für § 30 WpÜG: OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03, ZIP 2004, 1309, 1314; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 145, 149; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 236; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG, Rz. 46; Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 32. 330 von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 141, 149; wohl auch allgemein Schockenhoff/Wagner, NZG 2008, 361, 364: spontane Verhaltensabstimmung. 331 Casper/Bracht, NZG 2005, 839; Borges, ZIP 2007, 357, 363; Wackerbarth, ZIP 2007, 2340, 2344; Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3, 20; a.A. von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1800; Krause in FS Uwe H. Schneider, 2011, S. 669, 699. 332 BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 35; insofern zustimmend: Buck-Heeb, BKR 8, 12; Brellochs, AG 2019, 29, 30. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 340 ff.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 60. Die BaFin hat ihre abweichende Auffassung mit Blick auf die Entscheidung des BGH v. 29.5.2018 – II ZR 190/17, AG 2019, 37 zur formalen versus materiellen Betrachtung explizit aufgegeben (s. Hinweis in der online Version des Emittentenleitfadens, 2018, Modul B, Rz. I.2.5.10.2 und Ziffer 8a der FAQ – Liste (neu eingefügt am 22.2.2019) zu den Transparenzpflichten des WpHG in den Abschnitten 6 (§§ 33 ff. WpHG) und 7 (§§ 48 ff. WpHG). 333 Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6679, S. 1, 33. 334 BGH v. 19.7.2011 – II ZR 246/11, BGHZ 190, 291 Rn. 32 = WM 2011, 1853 = AG 2011, 786. 335 BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 37. 336 BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 39. 337 BGH v. 25.9.2018 – II ZR 190/17, NZG 2018, 1350 = AG 2019, 37, Rz. 38. 338 Brellochs, AG 2019, 29, 33; Buck-Heeb, BKR 2019, 8, 10; ebenso Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 342; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 60. 339 Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 4; Hamann, ZIP 2007, 1088, 1093; vgl. auch Schumann/ Schockenhoff, ZGR 2005, 568, 609.
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§ 30 Rz. 190 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung 190
Für die Fallgruppe 1 in § 30 Abs. 2 Satz 2 WpÜG (Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten) ist daher mit Blick auf die Einzelausnahme eine dauerhafte Abstimmung erforderlich, also eine Verständigung über mindestens zwei Hauptversammlungsperioden. Dies kann auch durch wiederholte Verabredungen geschehen, wenn ein Fortsetzungszusammenhang besteht340. Liegt eine solche Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten vor und sind zudem auch die weiteren Voraussetzungen von Halbsatz 2 erfüllt341, so führt dies zur Zurechnung. Bei Verständigung über einen Tagesordnungspunkt anlässlich einer Hauptversammlung liegt in keinem Fall ein acting in concert vor342, und zwar auch dann nicht, wenn die Beteiligten die Absicht verfolgen, (allein) durch die einmalige Abstimmung (z.B. einer Aufsichtsratswahl oder einer Umwandlungsmaßnahme) dauerhaft und erheblich Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen343. Jeweils ein Einzelfall kann zudem auch dann vorliegen, wenn einzelne Abstimmungen über unterschiedliche Gegenstände oder wiederholte Abstimmungen zum selben Sachverhalt erfolgen (auch wenn dies in mehreren Hauptversammlungen erfolgt) sowie bei einer Abstimmung über mehrere Beschlussgegenstände344. Die Einordnung als Einzelfall scheidet allerdings trotz der grundsätzlich formalen Betrachtung aus, wenn die für sich betrachtet einzelne Maßnahme Bestandteil eines übergeordneten Gesamtplans ist345.
191
Bei den Fällen der Abstimmung außerhalb der Hauptversammlung, also bei Fallgruppe 2, liegt nach der maßgeblichen formalen Betrachtung ein Einzelfall dann vor, wenn nur eine einzige Maßnahme veranlasst werden soll (z.B. Bestellung eines Vorstandsmitglieds) oder auf die Entscheidung über eine einzelne Maßnahme des Vorstands Einfluss genommen werden soll (z.B. Erwerb eines Unternehmens, Aufgabe eines Geschäftsfelds oder Standorts im Ausland). Entscheidend ist auch hier, ob es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt; wie viele Handlungen dann zur Umsetzung erforderlich sind, ist nicht entscheidend346 (z.B. bei der Aufgabe eines Geschäftsfelds oder der Schließung eines Standorts wären das die Kündigung von Mietverhältnissen, Kündigungen von Mitarbeitern, Sozialplan und Interessenausgleichsvereinbarungen, Verkauf von Assets, Interessenausgleichsvereinbarungen, Rückgabe von lokalen Genehmigungen, Abmeldung einer Zweigniederlassung etc.)347.
VII. Rechtsfolge: gegenseitige Zurechnung in voller Höhe 192
Die Stimmrechte eines am acting in concert Beteiligten werden grundsätzlich wechselseitig in voller Höhe zugerechnet348. Diese wechselseitige Zurechnung, und zwar in voller Höhe, kann dazu führen, dass nicht nur eine Vielzahl von Personen, sondern auch Absprachepartner mit einer sehr geringen Beteiligung zur Abgabe eines Pflichtangebots verpflichtet sein können349.
340 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 75; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 60a. Ähnlich Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 343 (von vornherein auf mehrere Hauptversammlungen bezogene Gesamtstrategie). 341 Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 46; vgl. auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 32. 342 LG Düsseldorf v. 16.5.2007 – 36 O 99/06, ZIP 2007, 1859, 1861 = AG 2007, 797. 343 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 237; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 75 a; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 46; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 60a; a.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 203. 344 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 75 a, 75 b, Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 343; s.a. BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 345 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 238; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 Rz. 75; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 343. 346 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 Rz. 75b; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 239. Kritisch gegenüber einer weiten Auslegung des Begriffs einheitlicher Lebenssachverhalt Horcher/Kovács, DStR2019, 388 (nur einzelne Maßnahmen). 347 Bericht Finanzausschuss, BT-Drucks. 16/9821, S. 11; Anders/Filgut, ZIP 2010, 1115, 1117. 348 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 87; Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 45; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 70; Für § 34 Abs. 2 WpHG: BaFin Emittentenleitfaden, 2018, Modul B Rz. I.2.5.10.3; Dehlinger/Zimmermann in Fuchs, § 22 WpHG Rz. 105; Schwark in Schwark/ Zimmer, § 22 WpHG Rz. 18; Casper, ZIP 2003, 1469, 1476; Braun, NZG 2008, 928, 930. 349 Für § 30 WpÜG: Liebscher, ZIP 2002, 1005, 1007; Braun, NZG 2008, 928, 930; Maul, NZG 2005, 156.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 196 § 30
Es ist streitig, ob die volle wechselseitige Zurechnung auch für den Absprachepartner gilt, der keine 193 Möglichkeit hat, auf die Ausübung der Stimmrechte Einfluss zu nehmen350. In der Regel wird es hier schon an der Abstimmung fehlen, weil jemand, der seine Interessen nicht durchsetzen kann, aber bereit ist, mit der Mehrheit zu stimmen, sich ja gerade nicht abstimmt und keine Kontrolle ausübt, sondern schlicht bereit ist, einem Dritten zu folgen, also eigentlich nur seine Stimmen zur Verfügung stellt. Es fehlt damit an der für die Zurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG erforderlichen Möglichkeit der Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung351. Da die BaFin für die Parallelnorm des § 34 Abs. 2 WpHG aber auch in diesen Fällen von einer vollen wechselseitigen Zurechnung ausgeht352, sollte derjenige, der keinen Einfluss auf die Abstimmung hat, einen sicheren Weg suchen, um die Abgabe eines Angebots zu vermeiden. Ob in diesen Fällen tatsächlich eine Befreiung nach § 37 WpÜG in Betracht kommt353 und gewährt wird (Ermessen der BaFin), sollte genauso geprüft werden wie Alternativstrukturen, die dem Sachverhalt besser Rechnung tragen. Diskutiert werden Vorschalt- bzw. Holdinggesellschaften354, in Betracht kommt auch, dass derjenige mit Kleinstbeteiligung seine Aktien nach Nr. 6 anvertraut. Streitig ist ferner, ob eine volle Zurechnung auch dann erfolgt, wenn ein Abstimmungspartner nur einen Teil seiner Aktien der Abstimmung unterwirft. Für solche Konstellationen kann es ein Bedürfnis geben, z.B. wenn ein Aktionär erbschaftsteuerlich gebundene Aktien hinzuerwirbt und die Parteien sicherstellen wollen, dass die privilegierte steuerliche Behandlung erhalten bleibt. Da § 30 Abs. 2 WpÜG eine bewusste Koordination voraussetzt (s. oben Rz. 161, 166) und es keine Vermutung für ein abgestimmtes Verhalten gibt (s. unten Rz. 198), kommt eine Zurechnung nicht in Betracht, wenn und soweit die Parteien explizit vereinbaren, dass sie in der Ausübung der Stimmrechte aus einem Teil ihrer Aktien frei sind355. Diese Auslegung lässt sich auch durchaus noch mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbaren356, da sich die Verhaltensabstimmung explizit nur auf einen Teil der Stimmrechte bezieht.
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Dem Bieter werden nicht nur die Stimmrechte des Absprachepartners, sondern auch die Stimmrechte aus Aktien zugerechnet, die einem Tochterunternehmen des Partners gehören. Mehrere Zurechnungstatbestände können zu einer Kettenzusammenrechnung führen (s. oben Rz. 153).
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VIII. Beweislast und Beweisführung Sollen die Beteiligten mit einem Bußgeld belegt werden, weil sie ihren übernahmerechtlichen Pflichten nicht nachgekommen sind, so muss ihnen ein abgestimmtes Verhalten nachgewiesen werden357. Be-
350 So Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 208; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 309; wohl auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 70 Fn. 210. Dagegen von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 246 ff.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 87; Kocher/Mattig, BB 2018, 1667 ff.; Noack/ Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 45. 351 BGH v. 19.7.2011 – II ZR 246/09, NZG 2011, 1147, 1148 f., = AG 2011, 786 Rz. 32 zu § 22 WpHG a.F.; Kocher/Mattig, BB 2018, 1667 ff.; Veil in FS Karsten Schmidt, 2009, S. 1645, 1656 ff. 352 BaFin Emittentenleitfaden, 2018, Modul B Rz. I.2.5.10.3. 353 So Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 39 und Meyer in Angerer/Geibel/Süßmann, § 37 WpÜG Rz. 54. Wohl skeptischer Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 309 (… allenfalls kommt eine Befreiung nach § 37 WpÜG in Betracht). Kritisch zur Befreiung auch Veil in FS Karsten Schmidt, 2009, S. 1645, 1658 f. (keine zuverlässige Lösung). 354 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 248; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 310. 355 Die BaFin rechnet bei der Parallelnorm des § 34 Abs. 2 WpÜG in einem solchen Fall nur die Aktien zu, die der Stimmrechtsabstimmung unterworfen werden, siehe BaFin Emittentenleitfaden, 2018, Modul B Rz. I.2.5.10.3. Ebenso für das WpÜG Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 79. 356 A.A. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 307; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 244. 357 OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03a, 6/03, 8/03a, NZG 2004, 865; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 Rz. 298; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 90 WpÜG Rz. 88; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 61.
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196
§ 30 Rz. 196 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung weiserleichterungen, Vermutungsregeln etc. sind nicht anwendbar. Insoweit verbleibt es bei den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen358. 197
Sollen die Beteiligten an der Abstimmung in der Hauptversammlung nicht zugelassen werden, soll ihnen die Dividende nicht ausbezahlt werden oder wird die Dividende zurückgefordert oder eine Nachzahlung auf den Angebotspreis wegen behaupteten unterlassenen Pflichtangebots gefordert, so muss ihnen auch in diesem Fall das abgestimmte Verhalten nachgewiesen werden359. Eine Beweislastumkehr ist in den §§ 29 f. WpÜG nicht vorgesehen.
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Der Nachweis eines abgestimmten Verhaltens wird der Gesellschaft oder den Mitaktionären schwer fallen, wenn eine Dokumentation der Abstimmung und Zeugen dafür fehlen. Von ausdrücklichen gesetzlichen Vermutungen hat der Gesetzgeber abgesehen360. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung des Einzelfalles361, z.B. gemeinsame Treffen, gemeinsames Büro, Austausch und anschließendes Löschen von E-Mails, die Zahl der ausgewechselten Aufsichtsratsmitglieder362. Umstritten ist, ob in besonderen, als vermeintlich typisch anzusehenden Fällen auch auf die Regeln des Anscheinsbeweises zurückgegriffen werden kann363. Das ist abzulehnen364. Es gibt keine allgemeinen Erfahrungssätze, die eine Vermutung der Verhaltensabstimmung mit den sich daraus ergebenden schwerwiegenden Folgen einer Stimmrechtszurechnung rechtfertigen würden. Weder haben sich nahestehende Personen zwingend gleichlaufende Interessen, noch kann aus einem bestimmten Verhalten in der Vergangenheit auf die Zukunft geschlossen werden. Solche Pauschalisierungen wären nicht mehr als Spekulation365.
IX. Ausgewählte Fallgestaltungen 1. Gemeinsame Beratung und Aktionärsforum 199
Die Beratung unter den Aktionären wird als Teil guter Corporate Governance angesehen. In Rule II D der OECD-Principles of Corporate Governance 2015 heißt es etwa ausdrücklich: „Shareholders, including institutional shareholders, should be allowed to consult with each other on issues concerning their basic shareholder rights as defined in the Principles, subject to exceptions to prevent abuse.“ In einer solchen wechselseitigen Information und gemeinsamen Beratung liegt kein acting in concert; es fehlt schon an einer Vereinbarung oder Abstimmung über ein gemeinsames Stimmverhalten. Unbedenklich ist daher auch die Teilnahme an einem Aktionärsforum (§ 127a AktG). Schon der Gesetzgeber des Risikobegrenzungsgesetzes führte hierzu aus: „Es bleibt dem einzelnen Aktionär unbenommen, das öffentlich bekannte Stimmverhalten anderer Aktionäre in die Überlegungen über sein Stimmverhalten mit einzubeziehen, ohne damit das Risiko der Rechtsfolgen eines acting in concert einzugehen.“366 358 Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 851; Pluskat, DB 2009, 383, 386; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 61. 359 BaFin v. 19.10.2005 zu § 30 WpÜG (Deutsche Börse) (www.bafin.de/presse); Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 597 f.; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 299 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 89; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 64. 360 S. dazu Fleischer, ZGR 2008, 184, 202; Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2008, S. 287 ff.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 61. 361 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 61.; siehe auch OLG München v. 17.2.2005 – 23 W 2406/04, WM 2005, 1414; Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2008, S. 296. Zur entsprechenden Lage im europäischen Kartellrecht: EuG v. 6.4.1995 – T-149/89, Slg. 1995, II – 1127, Rz. 70; siehe auch EuG v. 24.10.1991 – T-1/89, Slg. 1991, II – 867, Rz. 66: Teilnahme an gemeinsamen Sitzungen. 362 Spindler, WM 2007, 2357, 2362. 363 So jedenfalls Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 208; dagegen: Liebscher, ZIP 2002, 1005, 1009; Hamann, ZIP 2007, 1088, 1095; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 61; zweifelnd: Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 600. 364 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 299 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 90, 91. So aber in Teilen Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 211 f. 365 Ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 91; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 43. 366 Begr. RegE Risikobegrenzungsgesetz zu § 22 Abs. 2 WpHG, BT-Drucks. 16/7438, S. 11; Gesell in FS MaierReimer, 2010, S. 123, 135.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 202 § 30
Nicht sehr viel anders ist es, wenn eine gemeinsame „Beratung“ durch einen institutionellen Stimm- 200 rechtsberater bzw. Stimmrechtsvertreter erfolgt367 und sich Aktionäre entsprechend der Abstimmungsrichtlinien für institutionelle Anleger, z.B. über Kapitalmaßnahmen, die Entlastung von Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats, zu Corporate Governance Fragen, zur Vergütungspolitik etc. abstimmen. Ein solches Verhalten führt nicht zu einer Zurechnung. Der Stimmrechtsberater gibt Anregungen und hat eine Meinung dazu, wie in bestimmten Sachverhalten abzustimmen ist. Er gibt eine Orientierung dazu, was im internationalen Umfeld Standards für Regeln guter Corporate Governance sind. Seine Rolle unterscheidet sich aber nicht grundlegend von der eines Beraters. Hier wie dort fehlt es an einer bewussten Koordination des Stimmrechtsverhaltens368 (s. unten Rz. 209 f. zum Berater). Anders ist die Lage erst, wenn sich die Aktionäre nicht auf eine gemeinsame Beratung und den Austausch von Informationen beschränken, sondern ein gemeinsames Stimmverhalten verabreden oder sonst in tatbestandsrelevanter Weise zusammenwirken. 2. Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Abstimmung im Aufsichtsrat Vereinbaren zwei oder mehr Personen die Wahl eines, mehrerer oder aller Aufsichtsratsmitglieder 201 für eine Amtsperiode, so reicht dies allein für eine Zurechnung nicht aus; denn es handelt sich um eine Vereinbarung im Einzelfall, § 30 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 WpÜG369. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob mehrere (Abstimmung-)handlungen erforderlich sind und ob die Wahl als Einzel- oder als Blockwahl erfolgt, da es immer derselbe Lebenssachverhalt ist370. Die Einzelfallausnahme greift allerdings nicht mehr ein, wenn sich, im Fall der Verständigung über die Stimmrechtsausübung (1. Fallgruppe), die Vereinbarung von vornherein über mindestens zwei Hauptversammlungsperioden erstreckt (Abstimmung im Fortsetzungszusammenhang), oder wenn mit der Wahl in Bezug auf die Zielgesellschaft weitergehende Ziele verfolgt werden (Gesamtplan)371 (s. hierzu bereits Rz. 190). Die weitergehenden Ziele können in der Neuausrichtung der Geschäftspolitik, der Sanierung, der Zahlung einer Sonderdividende, aber auch in der Zerschlagung des Unternehmens bzw. des Konzerns liegen. Ausreichend kann hierfür bereits der Austausch eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds sein, wenn dies ein Teil des Gesamtplans ist oder dies im Rahmen einer Abstimmung mit Fortsetzungszusammenhang erfolgt. An einer Abstimmung mit Fortsetzungszusammenhang fehlt es, wenn die Beteiligten sich vor jeder Neubestellung auf denselben Kandidaten einigen372. Sollen mehrere Aufsichtsratsmitglieder ausgetauscht werden, so kann dies noch eher als Indiz für die beabsichtigte Änderung der langfristigen Strategie373 gewertet werden. Allerdings gilt dies nicht, wenn lediglich der Frauenanteil im Aufsichtsrat erhöht werden soll. Entscheidend ist, dass eine bestimmte unternehmerische Ausrichtung verfolgt wird – und dafür stehen Personen. Gleichwohl ist stets der Nachweis zu führen; der bloße Verdacht reicht nicht aus (s. oben Rz. 196 ff. zu den Beweislastfragen). Ein abgestimmtes Verhalten von Aufsichtsratsmitgliedern (z.B. bei der Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden) führt nicht zur Stimmrechtszurechnung374. Aufsichtsräte sind – auch wenn sie auf Vor367 A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 214.; Vaupel, AG 2011, 63, 75; Uwe H. Schneider, ZGR 2012, 518, 531. 368 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 214; Kocher/Heydel, AG 2011, 543, 546; Fleischer, AG 2012, 2, 11: faktische Standardsetzer. 369 Begründung Regierungsentwurf Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/7438, S. 1; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 272 f.; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 80; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 63a. 370 Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 63a; vgl. auch Horcher/Kovács, DStR 2019, 388; a.A. Mertens/Cahn in KölnerKomm AktG, § 101 AktG Rz. 35. 371 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 275; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 80 (der weitergehend auch bei einer Abstimmung der Wahl für mehrere Amtsperioden eine Zurechnung verneint, wenn damit nicht zugleich eine Absprache über die unternehmerische Ausrichtung verbunden ist); Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 343; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 63a; Spindler in Spindler/Stilz, § 101 AktG Rz. 27. 372 Ebenso Krause, NJW 2004, 3681, 3685. 373 BT-Drucks. 16/7438, S. 11; Spindler, WM 2007, 2357, 2360; Hammen, Der Konzern 2009, 18, 19; siehe auch § 1 Ziffer 6 Österr. ÜbernahmeG. 374 von Bülow in Veil, Übernahmerecht in der Praxis, 2009, S. 158; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 63c; Mertens/Cahn in KölnerKomm AktG, § 101 AktG Rz. 35.
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202
§ 30 Rz. 202 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung schlag und mit Unterstützung eines Aktionärs in den Aufsichtsrat gewählt wurden – unabhängig von diesen und sind gehalten, ihr Amt im Interesse der Gesellschaft auszuüben375. 3. Poolvereinbarungen 203
Typisch für ein abgestimmtes Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft sind Stimmbindungs-/Poolvereinbarungen376. Dabei schließen sich zwei oder mehrere Aktionäre mit dem Ziel zusammen, die Stimmrechte koordiniert auszuüben oder die Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft herbeizuführen. Verknüpft sind diese Vereinbarungen häufig mit Verabredungen über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, Vorkaufsrechten, usw. Derartige Poolvereinbarungen fallen ohne weiteres unter § 30 Abs. 2 WpÜG, und zwar nicht nur, wenn das Einstimmigkeitsprinzip gilt, sondern auch wenn in der Poolvereinbarung das Mehrheitsprinzip vorgesehen ist377. Die Stimmrechte der Beteiligten werden dabei grundsätzlich wechselseitig zugerechnet. Hält allerdings ein Poolmitglied die Mehrheit der Stimmen und kann somit stets den Pool und damit die Stimmrechtsausübung der übrigen Pool-Mitglieder beherrschen, sind ihm richtigerweise nur einseitig die Stimmrechte der Minderheits-Poolmitglieder zuzurechnen, da die übrigen Mitglieder des Pools keinen Einfluss auf die Stimmrechtsausübung haben378. Bei den Minderheits-Poolmitgliedern erfolgt dementsprechend keine Zurechnung der Stimmrechte nach § 30 Abs. 2 WpÜG. Nach der Gegenauffassung und der Verwaltungspraxis der BaFin im Bereich des WpHG findet allerdings unabhängig davon, ob das einzelne Pool-Mitglied Einfluss auf die Stimmrechtsausübung hat, stets eine wechselseitige Zurechnung statt (s. hierzu auch bereits Rz. 193 oben)379. Hält ein Poolmitglied ein Aktienpaket, wird aber nur ein Teil der Aktien der Poolvereinbarung unterworfen, so werden nur die in die Poolvereinbarung einbezogenen Stimmrechte den anderen Pool-Mitgliedern zugerechnet (s. hierzu Rz. 194 oben)380.
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Eine Zurechnung erfolgt ferner unabhängig davon, ob ein eventuell abweichendes Stimmverhalten trotz gemeinsamer Poolentscheidung rechtlich sanktioniert wird oder ob sich die Poolmitglieder die Möglichkeit abweichenden Stimmverhaltens offen gehalten haben („Poolvertrag mit Öffnungsklausel“)381. Selbst der ausdrückliche Ausschluss der gemeinsamen Verfolgung von strategischen bzw. unternehmerischen Zielen in der Poolvereinbarung kann durch das tatsächliche Verhalten widerlegt sein382 und schließt eine Zurechnung folglich nicht zwangsläufig aus. Allerdings reicht eine bloße Vermutung oder der Anschein abweichenden Verhaltens nicht aus. Ist der Poolpartner eine Tochtergesellschaft, so werden dessen Mutterunternehmen auch die Stimmrechte aller anderen Poolpartner zugerechnet, § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG. Ist der Poolpartner eine Muttergesellschaft, so werden den übrigen Poolmitgliedern auch die Stimmrechte von dessen Tochtergesellschaften zugerechnet, § 30 Abs. 2 Satz 3 WpÜG383.
375 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 35; BT-Drucks. 16/9821, S. 12. 376 OLG Frankfurt a.M. v. 25.6.2003 – WpÜG 5, 6 und 8/03, ZIP 2004, 1309 = AG 2004, 617; Lenz/Linke, AG 2002, 368; von Bülow in Veil, Übernahmerecht in der Praxis, 2009, S. 161; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 253; siehe auch Bericht Finanzausschuss RisikobegrenzungsG, BT-Drucks. 16/9821, S. 16. 377 Strunk/Linke in Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3, 20; Rothenfußer in Paschos/ Fleischer, § 11 Rz. 344; zu § 34 WpHG: Veil in K. Schmidt/Lutter, Anh. § 22 AktG, § 22 WpHG Rz. 33. 378 Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 36; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 256; Pentz, ZIP 2003, 1478, 1481 f.; Casper, ZIP 2003, 1469, 1474; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 707; Kocher/Mattig, BB 2018, 1667, 1670; Lange, ZBB 2004, 22, 26; zu § 34 WpHG: Veil in K. Schmidt/Lutter, Anh. § 22 AktG, § 22 WpHG Rz. 44. 379 BaFin Emittentenleitfaden, 2018, Modul B Rz. I.2.5.10.3.; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 308, 344; Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 59; Lenz/Linke, AG 2002, 361, 368; Braun, NZG 2008, 928. 380 BaFin Emittentenleitfaden, 2018, Modul B Rz. I.2.5.10.3. zur Parallelnorm des § 34 Abs. 2 WpHG unter Hinweis auf OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.6.2013 – I – 6 U 148/12, 6 U 14, juris Rz. 132; a.A. für § 30 WpÜG: von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 255. 381 Petersen in Spindler/Stilz, Anh., §§ 33-47 WpHG Rz. 52; zu § 34 WpHG: Veil in K. Schmidt/Lutter, Anh. § 22 AktG, § 22 WpHG Rz. 45; Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 95; a.A. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 257; Jäger, WM 1996, 1356, 1357; Kocher/Mattig, BB 2018, 1667, 1670. 382 Jäger, WM 1996, 1356, 1357. 383 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 24; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 305.
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 208 § 30
4. Nahe Verwandte und Familien-Pools Zwischen Mitgliedern derselben Familie, Lebenspartnern usw. wird nicht per se nach § 30 Abs. 2 WpÜG zugerechnet. Das gilt auch für Ehegatten und minderjährige Kinder384. Die Stimmrechte minderjähriger Kinder werden aber nach der Verwaltungspraxis der BaFin gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG den sorgeberechtigten Eltern zugerechnet (s. hierzu Rz. 123)385. Eine Regelung etwa entsprechend Abs. 2 Nr. 5 der Definition des acting in concert im Takeover Code, nach dem ein acting im concert zwischen Verwandten widerleglich vermutet wird, fehlt. Verlangt ist vielmehr ein formales Verabreden, etwa in einem Familienbeirat, oder zumindest ein informelles Abstimmen. Ausreichend können daher informelle Familientreffen sein, in denen eine entsprechende Abstimmung erfolgt. Bloße Vermutungen reichen jedoch nicht.
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Haben die Mitglieder einer Familie die Stimmrechte aus Aktien an derselben Gesellschaft gepoolt, so kann dies eine Zurechnung begründen. Dabei ist aber jeder Fall gesondert zu betrachten; die Praxis kennt vielfältige Gestaltungen für solche Familien-Pools, angefangen bei der Poolung der Stimmrechte mit oder ohne gemeinsame Vertretung oder der Poolung der Aktien durch Vollrechtsübertragung, über einstufige und mehrstufige Familien-Pools, bis hin zu ganz unterschiedlichen Formen von Vereinbarungen über die Entscheidungsfindung zum Abstimmungsverhalten und zur Sanktionierung bei abweichendem Stimmverhalten386.
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Haben die Familienmitglieder ihre Aktien in eine Vorschaltgesellschaft (Vermögensverwaltungsgesell- 207 schaft) eingebracht und auf diese Weise ihre Stimmrechte gebündelt, so kann dies die Zurechnung zwischen den Familienmitgliedern nach § 30 Abs. 2 WpÜG ausschließen. Dies kann zumindest der Fall sein, wenn die Familienmitglieder ihr Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der Vorschaltgesellschaft, die dann wiederum die gebündelten Stimmrechte hinsichtlich der Zielgesellschaft ausübt, frei ausüben können und sich nicht zu einer bestimmten Abstimmung verpflichtet haben387. Fehlt es in diesen Fällen darüber hinaus auch an einem Treuhandvertrag zwischen dem Familienmitglied und der Vorschaltgesellschaft, scheidet im Regelfall auch eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG aus (s. hierzu bereits Rz. 88)388. Denkbar ist allerdings eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG, wenn die Vorschaltgesellschaft als Tochterunternehmen eines oder mehrerer Familienmitglieder anzusehen ist389. 5. Gesellschaft und ihre geschäftsführenden Organmitglieder Kein abgestimmtes Verhalten besteht zwischen einer Gesellschaft und ihren geschäftsführenden Organmitgliedern. Die geschäftsführenden Organmitglieder entscheiden zwar über das Verhalten der Gesellschaft, insbesondere die Ausübung der Stimmrechte in Bezug auf die Zielgesellschaft, bei der Wahrnehmung der Stimmrechte der Gesellschaft haben sie allerdings die Interessen der Gesellschaft und nicht ihre eigenen Interessen wahrzunehmen (s. bereits Rz. 156). Dementsprechend erfolgt grundsätzlich keine Zurechnung von Stimmrechten nach § 30 Abs. 2 WpÜG zwischen der Gesellschaft und ihren Organmitgliedern390 (s. auch Rz. 124 zur Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpÜG). Dies gilt insbesondere auch für Aufsichtsratsmitglieder, die keinen oder nur begrenzten Einfluss auf die Geschäftspolitik haben391.
384 LG Köln v. 5.10.2007 – 82 O 114/06, AG 2008, 336, 338; Pentz, ZIP 2003, 1478, 1485; Schockenkoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 591. 385 VG Frankfurt a.M. v. 1.10.2009 – 1 K 390/09, Beck RS 2010, 525 (76). 386 S. zur Verwaltungspraxis Nottmeier/Schäfer, AG 1997, 87, 95; Jäger, WM 1996, 1356, 1357. 387 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 261 ff. 388 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 110; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 9; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 56; Nietsch, WM 2012, 2217, 220. 389 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 264; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 349; siehe auch Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 44; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 9. 390 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 285; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 65; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 717; Seibt, ZIP 2005, 729; a.A. Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 228. 391 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 285.
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§ 30 Rz. 209 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung 6. Berater, Rechtsanwälte 209
Keine Abstimmung erfolgt zwischen dem Berater (Vermögensberater, Anwalt, Steuerberater etc.) und dem Beratenen, wenn der Beratene eigenverantwortlich entscheidet, wie er sich im Verhältnis zur Gesellschaft verhält. Daher fehlt es in der Regel an einem abgestimmten Verhalten i.S.v. § 30 Abs. 2 WpÜG, wenn der Anwalt sich darauf beschränkt, den Beteiligten bei seinem Verhalten in Bezug auf die Gesellschaft anwaltlich zu beraten392.
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Mit derselben Begründung erfolgt auch beim Anlageberater keine Zurechnung, wenn er sich auf die Beratung beschränkt und nicht etwa die Vermögensverwaltung übernommen hat. 7. Konzerninterne Vereinbarung
211
Verständigen sich eine Muttergesellschaft und ihre beherrschten Konzernunternehmen, so werden nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpÜG die Stimmrechte der Tochtergesellschaften der Muttergesellschaft zugerechnet, aber umgekehrt die Stimmrechte der Muttergesellschaft nicht der Tochtergesellschaft. Ob darüber hinaus die Möglichkeit der wechselseitigen Zurechnung zwischen Mutter und Tochter nach § 30 Abs. 2 Satz 1 WpÜG besteht, ist nicht klar. Denkbar ist dies von vornherein nur, wenn zwischen den Konzernunternehmen eine über das Konzernverhältnis hinausgehende Abstimmung erfolgt. Dies wird von einigen Autoren unproblematisch für möglich gehalten und von anderen jedenfalls im Einzelfall393, etwa bei Abschluss einer Poolvereinbarung zwischen Mutter und Tochter. Aus der Über-/Unterordnung werde dann sozusagen eine Gleichordnung. Letztlich überzeugt das aber nicht, denn auch ein solcher Vertrag wird nicht „aus freien Stücken“, sondern wegen des Über-/ Unterordnungsverhältnis geschlossen. Es empfiehlt sich jedoch eine Abstimmung mit der BaFin, da diese eine wechselseitige Zurechnung zwischen Mutter und Tochter nach der Parallelregelung in § 34 Abs. 2 WpHG für möglich hält394.
212
Bei Schwestergesellschaften verbleibt es bei den allgemeinen Regeln395. Die Voraussetzungen eines acting in concert sind von Fall zu Fall zu prüfen. § 2 Abs. 5 Satz 3 WpÜG, wonach Tochterunternehmen mit der sie kontrollierenden Person und untereinander als gemeinsam handelnde Personen gelten, ist im Rahmen von § 30 Abs. 2 WpÜG nicht anwendbar. Die Einordnung als „gemeinsam handelnde Person“ im Sinne des § 2 Abs. 5 WpÜG ist nur dann relevant, wenn das Gesetz ausdrücklich den Begriff der gemeinsam handelnden Personen verwendet (so etwa in §§ 18 Abs. 1, 20 Abs. 2, 23 Abs. 1 und 2, 31 Abs. 1, 3 und 5 WpÜG) (s. dazu § 2 WpÜG Rz. 97). 8. Parallelerwerb
213
Der Parallelerwerb wird nicht von § 30 Abs. 2 WpÜG erfasst (s. oben Rz. 164). 9. Standstill
214
Keine gegenseitige Zurechnung wird durch sog. Standstill Agreements begründet396. Mit einem Standstill Vertrag wollen die Parteien sicherstellen, dass sich die Höhe ihrer Beteiligung an der Gesell392 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 81; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 69. 393 Bejahend allerdings ohne nähere Begründung Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 231 und Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 30 Rz. 312. Im Einzelfall: von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 266 ff.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 66; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 266 ff.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 66. 394 BaFin, Emittentenleitfaden 2018, Modul B, Ziff. I.2.5.10.4. 395 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 268 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 67. 396 BGH 18.9.2006 – II ZR 137/05, ZIP 2006, 2077, 2080 = AG 2006, 883; LG Köln v. 29.7.2011 – 82 O 28/11, ZIP 2012, 229, 232; LG Hamburg v. 16.10.2006 – 412 O 102/04, ZIP 2007, 427 = AG 2007, 177; LG München v. 11.3.2004 – 5 HKO 16972/03, DB 2004, 1252; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 282; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 82; Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 348; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 57; Gaede, Koordiniertes Aktionärsverhalten im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2008, S. 258; Brellochs, ZIP 2011, 2225, 2228; Schockenhoff/Schumann, ZGR 2005, 568, 579; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. AktG, § 30 WpÜG Rz. 47; sowie für § 22 WpHG a.F.: Eidenmüller, DStR
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Uwe H. Schneider/Favoccia
Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung
Rz. 216 § 30
schaft nicht verändert. Wenn sich die Standstill Vereinbarung nicht nur auf Aktienkäufe und -verkäufe bezieht, sondern auch Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen, dann könnte argumentiert werden, dass es (auch) um eine Abstimmung der Stimmrechte in der Hauptversammlung hierzu gehe397. Dies würde jedoch der Differenzierung zwischen der Abstimmung bezüglich des Erwerbs der Aktien und einer Absprache hinsichtlich der Rechte aus den Aktien nicht gerecht398. Deutlich wird dies bei einem Vergleich mit einer Absprache hinsichtlich des Parallelerwerbs von Aktien399. Die Entscheidung, diesen ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehenen Fall auf Anregung des Finanzausschusses nicht als acting in concert zu erfassen, zeigt eine grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers: Absprachen, die lediglich den Gesellschafterkreis bzw. dessen Zusammensetzung betreffen, beeinflussen zwar die Stimmrechts- und Beteiligungsverhältnisse. Die Zurechnungstatbestände des § 30 WpÜG erfassen hingegen, wie sich bereits aus der Überschrift der Norm ergibt, ausschließlich Absprachen hinsichtlich des Stimmrechtseinflusses400. Wenn nach dem aus dem Gesetzgebungsverfahren eindeutig ersichtlichen Willen des Gesetzgebers jedoch bereits Absprachen hinsichtlich des Parallelerwerbs keine Zurechnung begründen können, so kann im Ergebnis für Absprachen, den Aktienbestand nicht zu verändern, nichts anderes gelten. 10. M&A Verträge M&A Verträge sehen üblicherweise Regeln vor, die den Käufer vor nachteiligen Veränderungen des Kaufgegenstandes schützen sollen. Dafür besteht ein großes Bedürfnis, da zwischen der Unterzeichnung des Kaufvertrages und dessen Vollzug üblicherweise ein längerer Zeitraum liegt, während dessen u.a. die erforderlichen regulatorischen Genehmigungen (z.B. Fusionskontrolle, Außenwirtschaftsrecht) eingeholt werden müssen und dem Käufer noch keine Rechte an dem Kaufgegenstand zustehen. Typischerweise geht es bei solchen Klauseln schon mit Rücksicht auf das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot nur um den Erhalt des Status quo; der Verkäufer soll nicht dadurch benachteiligt werden, dass der Vollzug anders als beim Bargeschäft nicht sofort stattfinden kann. Klarstellend werden zudem in aller Regel die wichtigsten vertraglichen und gesetzlichen Neben- und Treuepflichten in dem Vertrag genannt, damit dieser aus sich heraus verständlich und in sich geschlossen ist. Im Einzelfall mag es weitergehende Regelungen geben. Wenn es sich bei dem verkauften Gegenstand um Aktien handelt, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen solche Abreden zu einer Zurechnung der Aktien des Verkäufers beim Käufer nach § 30 Abs. 2 WpÜG führen können.
215
a) Absprachen zum passiven Schutz des Status quo Abreden über passive Abwehrrechte gegen eine Änderung des Status quo werden nicht von § 30 216 Abs. 2 Satz 2 WpÜG erfasst401. Nach der Auffassung des Reformgesetzgebers sollten nur solche Vereinbarungen zu einer Zurechnung von Stimmrechten gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG führen, denen eine gemeinsame Strategie der Aktionäre zugrunde liegt, auf Grund ihres gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflusses die unternehmerische Ausrichtung zu ändern402. Es muss um die Durchsetzung weitreichender, konkret gefasster unternehmerischer Absichten gehen, die auf eine längerfristige Einfluss-
397 398 399 400 401
402
2007, 2116, 2120; Mülbert in Bankrechtstag 2006, 2007, S. 141, 152; Uwe H. Schneider, WM 2006, 1321, 1325. So noch Uwe H. Schneider, Voraufl. Rz. 205. Vgl. zu dieser Unterscheidung von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 278. Vgl. hierzu oben unter Rz. 164. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 278; von Bülow/Bücker, ZGR 2004, 669, 715 f.; Liebscher, ZIP 2002, 1005, 1008. von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 223; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 72; Schüppen/Walz in FrankfKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 32, 36; Steinmeyer in Steinmeyer, § 30 WpÜG Rz. 54; von Bülow/Stephanblome, ZIP 2008, 1797, 1798; Gätsch/Schäfer, NZG 2008, 846, 850; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, § 60 Rz. 207; Pluskat, DB 2009, 383, 385; Sohbi in Heidel, § 30 WpÜG Rz. 20; von Bülow in FS Uwe H. Schneider, 2011, 141, 145 ff.; von Bülow in Veil, Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 137, 143, 146; Noack/Zetsche in Schwark/Zimmer, § 30 WpÜG Rz. 40; Scheibenpflug/Tönningsen, BKR 2015, 140, 141 f.; Verse, Der Konzern 2015, 1, 8. Bericht des Finanzausschusses zum Risikobegrenzungsgesetz, BT-Drucks. 16/9821, S. 12.
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§ 30 Rz. 216 Zurechnung von Stimmrechten; Verordnungsermächtigung nahme auf die Zielgesellschaft ausgelegt sind (s. dazu Rz. 167 für die Fallgruppe 1: Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten und Rz. 181 für die Fallgruppe 2: Zusammenwirken in sonstiger Weise). Passive Abwehrrechte ermöglichen dem Abwehrberechtigten aber gerade keinen aktiven, gestaltenden Einfluss auf die unternehmerische Ausrichtung der Zielgesellschaft. Der Inhaber eines passiven Abwehrrechts kann sich allenfalls gegen eine geplante Änderung der unternehmerischen Ausrichtung wehren. Er kann eine solche Änderung aber weder selbst initiieren noch durchsetzen. Es fehlt daher an dem erforderlichen gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluss. 217
Zudem sieht das Aktien- und Umwandlungsrecht in einer Vielzahl von Konstellationen Sonder(abwehr)rechte für Aktionäre vor, die 25 Prozent plus eine der stimmberechtigten Aktien halten. So können etwa Umwandlungsbeschlüsse, Unternehmensverträge und im Regelfall auch Satzungsänderungen und Kapitalerhöhungen von Aktionären mit einer Beteiligung von 25 Prozent (plus eine Aktie) verhindert werden. Wenn der Gesetzgeber das Innehaben passiver Abwehrrechte als ausreichend für eine Kontrolle im Sinne des WpÜG angesehen hätte, hätte er in § 29 Abs. 2 WpÜG die Kontrollschwelle auf 25 Prozent und eine Aktie setzen müssen. Dies hat er bewusst nicht getan403. Der Erwerb einer Sperrminorität sollte nach dem Willen des Gesetzgebers also ausdrücklich möglich sein, ohne die gravierende Folge einer Angebotspflicht auszulösen. Passive aktienrechtliche Schutzrechte verschaffen den Aktionären nach der gesetzlichen Wertung folglich keine Kontrolle über die Gesellschaft. Das gleiche muss gelten, wenn solche Schutzrechte in einer Vereinbarung zwischen Aktionären begründet werden. Wenn die direkte Inhaberschaft von Abwehrrechten als Minderheitsaktionär mit Sperrminorität keine Angebotspflicht auslöst, kann eine Angebotspflicht erst recht nicht bestehen, wenn solche Abwehrrechte lediglich indirekt über Abreden zwischen Aktionären begründet werden. b) Verschriftlichung vertraglicher oder gesetzlicher Nebenpflichten
218
Die Verschriftlichung (z.B. im Rahmen eines Aktienkaufvertrages) von allgemeinen vertraglichen oder gesetzlichen Treue- und Nebenpflichten (wie dies oft in Verträgen vor allem mit Beteiligten aus einer anderen Rechtsordnung zu Klarstellungszwecken vereinbart wird) begründet ebenfalls keine Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG404. Ansonsten käme es zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, ob eine materiell ohnehin geltende Beschränkung des Stimmrechts verschriftlicht ist oder nicht. Für eine solche Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte besteht kein Grund. Zudem würde ansonsten die Beschränkung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG unterlaufen, wonach rein schuldrechtliche Verträge eben gerade keine Zurechnung begründen (s. dazu oben Rz. 115)405. c) Darüber hinausgehende Interessenschutzklausel
219
Dass nur eine Abrede über einen aktiven Eingriff in die konkrete unternehmerische Ausrichtung des Unternehmens als ein accting in concert im Sinne von § 30 Abs. 2 WpÜG angesehen werden kann, folgt auch aus der Entscheidung des BGH vom 29.8.2014406. Der BGH geht davon aus, dass eine stimmrechtsbegründende Abrede voraussetzt, dass der Dritte über eine Stimmrechtsvereinbarung seine unternehmerischen Ziele und Interessen in die Hauptversammlung einbringen können muss. Er stellt darauf ab, ob sich die Verkäuferin der Aktien (der Dritte) willentlich und auf Basis der mit der Käuferin (der Bieterin) getroffenen Vereinbarungen bei der Stimmrechtsausübung den Zielen der Käuferin untergeordnet hat und die ihr zustehenden aktienrechtlichen Rechte nur unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Käuferin ausüben darf. Anders ausgedrückt muss sich aus den vertraglichen Regeln konkret ergeben, was der Dritte zu tun hat, d.h. wie das Stimmrecht in konkreten
403 In der Gesetzesbegründung zu § 29 Abs. 2 WpÜG heißt es: „Durch eine niedrigere Kontrollschwelle (z.B. 25 Prozent) würde den Unternehmen auf Grund der Regelung über Pflichtangebote die Möglichkeit genommen, gesellschaftsrechtliche Minderheitsbeteiligungen zu erwerben.“ (BR-Drucks. 16/1003, S. 12). 404 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 292; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 85; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 36; Block, jurisPR-HaGesR 1/2015 Anmerkung 1 unter C.III.3.; Krause, AG 2014, 833, 839 f.; Scheibenpflug/Tönningsen, BKR 2015, 140, 141; Verse, Der Konzern 2015, 1, 8; von Falkenhausen, NZG 2014, 1368, 1371 f.; von Riegen, ZHR 167 (2003), 702, 731. 405 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 85, Verse, Der Konzern 2015, 1, 7. 406 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, NZG 2014, 985, 990 = AG 2014, 662.
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Gegenleistung
§ 31
Situationen auszuüben ist, und der Begünstigte müsste ein konkretes Mitspracherecht haben407. Eine so weitgehende Abrede wird in der Praxis schon mit Blick auf das kartellrechtliche Vollzugsverbot nicht vorliegen; die Umsetzung der Strategie des Käufers wäre bereits eine Vorwegnahme des Vollzugs. Selbst wenn eine grundsätzlich relevante Abstimmung vorliegt, dürfte eine Zurechnung zudem auch deshalb nicht in Betracht kommen, weil der Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Vollzug einen einheitlichen Lebenssachverhalt betrifft und damit einen Einzelfall darstellt (s. zum Einzelfall oben Rz. 186)408.
R. Abschließender Katalog von Zurechnungstatbeständen? § 30 WpÜG enthält einen abschließenden Katalog von Zurechnungstatbeständen. Eine Analogie ist allgemein ausgeschlossen409. Darauf, ob es um die Verletzung übernahmerechtlicher Pflichten geht, die mit Bußgeld belegt sind, oder um gesellschaftsrechtliche oder deliktsrechtliche Folgen der Verletzung übernahmerechtlicher Pflichten, kommt es nicht an. Der BGH hat der erweiternden Analogie und damit einer gespaltenen Normanwendung eine Absage erteilt (s. dazu bereits oben Rz. 153, 177)410.
§ 31 Gegenleistung (1) Der Bieter hat den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anzubieten. Bei der Bestimmung der angemessenen Gegenleistung sind grundsätzlich der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft und Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter, mit ihm gemeinsam handelnder Personen oder deren Tochterunternehmen zu berücksichtigen. (2) Die Gegenleistung hat in einer Geldleistung in Euro oder in liquiden Aktien zu bestehen, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Werden Inhabern stimmberechtigter Aktien als Gegenleistung Aktien angeboten, müssen diese Aktien ebenfalls ein Stimmrecht gewähren. (3) Der Bieter hat den Aktionären der Zielgesellschaft eine Geldleistung in Euro anzubieten, wenn er, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 bis zum Ablauf der Annahmefrist insgesamt mindestens 5 Prozent der Aktien oder Stimmrechte an der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung erworben haben. (4) Erwerben der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage und vor der Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Aktien der Zielgesellschaft und wird hierfür wertmäßig eine höhere als die im Angebot genannte Gegenleistung gewährt oder vereinbart, erhöht sich die den Angebotsempfängern der jeweiligen Aktiengattung geschuldete Gegenleistung wertmäßig um den Unterschiedsbetrag. (5) Erwerben der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen innerhalb eines Jahres nach der Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 außerhalb der Börse Aktien der Zielgesellschaft und wird hierfür wertmäßig eine höhere als die im Angebot 407 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 347. 408 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 292; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 86; Rothemfußer in Paschos/Fleicher, § 11 Rz. 347; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 36. 409 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 35 ff.; BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, NZG 2006, 945, 947 = AG 2006, 883 (Rz. 17); Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 1. A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl., Rz. 233; Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 7; Cahn, ZHR 168 (2004), 483; Wackerbarth, ZIP 2005, 1217, 1221; Hammen, Der Konzern 2009, 1820. 410 Dehlinger/Zimmermann in Fuchs, Vor § 21 WpHG Rz. 25; Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 936 f.
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Gegenleistung
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Situationen auszuüben ist, und der Begünstigte müsste ein konkretes Mitspracherecht haben407. Eine so weitgehende Abrede wird in der Praxis schon mit Blick auf das kartellrechtliche Vollzugsverbot nicht vorliegen; die Umsetzung der Strategie des Käufers wäre bereits eine Vorwegnahme des Vollzugs. Selbst wenn eine grundsätzlich relevante Abstimmung vorliegt, dürfte eine Zurechnung zudem auch deshalb nicht in Betracht kommen, weil der Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Vollzug einen einheitlichen Lebenssachverhalt betrifft und damit einen Einzelfall darstellt (s. zum Einzelfall oben Rz. 186)408.
R. Abschließender Katalog von Zurechnungstatbeständen? § 30 WpÜG enthält einen abschließenden Katalog von Zurechnungstatbeständen. Eine Analogie ist allgemein ausgeschlossen409. Darauf, ob es um die Verletzung übernahmerechtlicher Pflichten geht, die mit Bußgeld belegt sind, oder um gesellschaftsrechtliche oder deliktsrechtliche Folgen der Verletzung übernahmerechtlicher Pflichten, kommt es nicht an. Der BGH hat der erweiternden Analogie und damit einer gespaltenen Normanwendung eine Absage erteilt (s. dazu bereits oben Rz. 153, 177)410.
§ 31 Gegenleistung (1) Der Bieter hat den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anzubieten. Bei der Bestimmung der angemessenen Gegenleistung sind grundsätzlich der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft und Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter, mit ihm gemeinsam handelnder Personen oder deren Tochterunternehmen zu berücksichtigen. (2) Die Gegenleistung hat in einer Geldleistung in Euro oder in liquiden Aktien zu bestehen, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Werden Inhabern stimmberechtigter Aktien als Gegenleistung Aktien angeboten, müssen diese Aktien ebenfalls ein Stimmrecht gewähren. (3) Der Bieter hat den Aktionären der Zielgesellschaft eine Geldleistung in Euro anzubieten, wenn er, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 bis zum Ablauf der Annahmefrist insgesamt mindestens 5 Prozent der Aktien oder Stimmrechte an der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung erworben haben. (4) Erwerben der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage und vor der Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Aktien der Zielgesellschaft und wird hierfür wertmäßig eine höhere als die im Angebot genannte Gegenleistung gewährt oder vereinbart, erhöht sich die den Angebotsempfängern der jeweiligen Aktiengattung geschuldete Gegenleistung wertmäßig um den Unterschiedsbetrag. (5) Erwerben der Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen innerhalb eines Jahres nach der Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 außerhalb der Börse Aktien der Zielgesellschaft und wird hierfür wertmäßig eine höhere als die im Angebot 407 Rothenfußer in Paschos/Fleischer, § 11 Rz. 347. 408 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 292; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 30 WpÜG Rz. 86; Rothemfußer in Paschos/Fleicher, § 11 Rz. 347; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 36. 409 von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 30 WpÜG Rz. 35 ff.; BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, NZG 2006, 945, 947 = AG 2006, 883 (Rz. 17); Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 30 WpÜG Rz. 1. A.A. Uwe H. Schneider, Voraufl., Rz. 233; Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 7; Cahn, ZHR 168 (2004), 483; Wackerbarth, ZIP 2005, 1217, 1221; Hammen, Der Konzern 2009, 1820. 410 Dehlinger/Zimmermann in Fuchs, Vor § 21 WpHG Rz. 25; Fleischer/Bedkowski, DStR 2010, 933, 936 f.
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§ 31 Gegenleistung genannte Gegenleistung gewährt oder vereinbart, ist der Bieter gegenüber den Inhabern der Aktien, die das Angebot angenommen haben, zur Zahlung einer Geldleistung in Euro in Höhe des Unterschiedsbetrages verpflichtet. Satz 1 gilt nicht für den Erwerb von Aktien im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Verpflichtung zur Gewährung einer Abfindung an Aktionäre der Zielgesellschaft und für den Erwerb des Vermögens oder von Teilen des Vermögens der Zielgesellschaft durch Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung. (6) Dem Erwerb im Sinne der Absätze 3 bis 5 gleichgestellt sind Vereinbarungen, auf Grund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann. Als Erwerb gilt nicht die Ausübung eines gesetzlichen Bezugsrechts auf Grund einer Erhöhung des Grundkapitals der Zielgesellschaft. (7) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über die Angemessenheit der Gegenleistung nach Absatz 1, insbesondere die Berücksichtigung des durchschnittlichen Börsenkurses der Aktien der Zielgesellschaft und der Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter, mit ihm gemeinsam handelnder Personen oder deren Tochterunternehmen und die hierbei maßgeblichen Zeiträume sowie über Ausnahmen von dem in Absatz 1 Satz 2 genannten Grundsatz und die Ermittlung des Unterschiedsbetrages nach Absätzen 4 und 5 erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen. A. I. II. III. IV. V. VI. B.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . Entsprechende Anwendung beim Delisting . Angemessenheit der Gegenleistung (§ 31 Abs. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . I. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenseitigkeitsverhältnis . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt für die Prüfung der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschiedene Aktiengattungen . . . . . . 4. Variable Gegenleistung . . . . . . . . . . . 5. Bindung an Angaben in Pflichtveröffentlichungen? . . . . . . . . . . . . 6. Abschließender Charakter der §§ 3 ff. WpÜG-AngVO . . . . . . . . . . 7. Berücksichtigung von Earn-OutRegelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausschüttung von Dividenden . . . . . . 9. Wahlgegenleistungen . . . . . . . . . . . . III. Angemessene Gegenleistung bei DelistingAngeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Art der Gegenleistung (§ 31 Abs. 2 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geldleistung in Euro (Pflichtgegenleistung) III. Liquide börsenzugelassene Aktien (Pflichtgegenleistung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktien und depositary receipts . . . . . . 2. Herkunft der Aktien . . . . . . . . . . . . 3. Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 1 4 6 11 17 25a 26 26 27 27 28 29 32 33 34 36a 36b 36d 36f 37 37 39 41 41 43 47
IV. V. VI. VII. D.
4. Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt . . . . . . . . 5. Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . Sonstige Arten der Gegenleistung (Wahlgegenleistung) . . . . . . . . . Kombinierte Gegenleistung . . . . . . Aktientausch nur für ausgewählte Aktionäre? . . . . . . . . . . . . . . . Art der Gegenleistung bei DelistingAngeboten . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zur Geldleistung (§ 31 Abs. 3 WpÜG) . . . . . . . . . Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . Referenzperiode . . . . . . . . . . . . Schwellenwert . . . . . . . . . . . . . Gegen Zahlung einer Geldleistung . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
52 56
. . . . . . . .
61 63
. . . .
65a
. . . . 65b . . . . . . .
66 66 69 74 77 88 93
E. Erhöhung der Gegenleistung bei Parallelerwerb (§ 31 Abs. 4 WpÜG) . . . . . . . . . I. Maßgeblicher Parallelerwerb . . . . . . . . . II. Referenzperiode . . . . . . . . . . . . . . . . III. Höhere Gegenleistung . . . . . . . . . . . . 1. Wertvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hauptleistung und Nebenleistungen . . . 4. Gegenleistung des Parallelgeschäfts . . . . IV. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Veröffentlichung und Durchsetzung . . . . .
99 101 106 108 109 112 113 117 120 126
F. Pflicht zur Nachzahlung des Differenzbetrags bei Nacherwerb (§ 31 Abs. 5 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Maßgeblicher Nacherwerb . . . . . . . . . . II. Referenzperiode . . . . . . . . . . . . . . . .
130 132 137
I. II. III. IV. V. VI.
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
§ 31
Gegenleistung III. Höhere Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bereinigung von Sondereffekten . . . . . IV. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ausnahme für bestimmte Strukturänderungen (§ 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . VII. Nacherwerb nach Delisting-Angeboten . . .
139 139 140 144 146 147 150a
G. Dem Erwerb gleichgestellte Vereinbarungen; Bezugsrechte (§ 31 Abs. 6 WpÜG) . . 151 I. Gleichgestellte Vereinbarungen (§ 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . 151 II. Ausübung eines gesetzlichen Bezugsrechts (§ 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . . 158
H. Verordnungsermächtigung (§ 31 Abs. 7 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . J. Überprüfung durch die BaFin und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überprüfung durch die BaFin . . . . . . . II. Zivilrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . 1. Ansprüche bei Annahme des Angebots 2. Ansprüche ohne Annahme des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . K. I. II. III.
Blick über die Grenze Vereinigtes Königreich Österreich . . . . . . . Schweiz . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
161
. 163 . 163 . 166 . 166b . 166g . 167 . . . .
170 170 175 181
Schrifttum: Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaften, 2007; Aisenbrey, Die Preisfindung im Übernahmerecht, 2017; Aisenbrey, § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG bei mehraktigen Erwerbsvorgängen, AG 2018, 102; Archner, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) aus Sicht der Investmentbranche, ZfgK 2001, 1002; Bayer, Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluß und Vermögensschutz der Aktionäre nach § 255 Abs. 2 AktG, ZHR 163 (1999), 505; Bayer, Zulässige und unzulässige Einschränkungen der europäischen Grundfreiheiten im Gesellschaftsrecht, BB 2002, 2289; Bayer, Materielle Schranken und Kontrollinstrumente beim Einsatz des genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss, ZHR 168 (2004), 132; Bayer, Delisting: Korrektur der Frosta-Rechtsprechung durch den Gesetzgeber, NZG 2015, 1169; Berrar, Die Finanzierungsbestätigung nach § 13 WpÜG, ZBB 2002, 174; Berrar/Schnorbus, Variable Angebotsgegenleistung bei öffentlichen Übernahmen, CFL 2019, 106; Bicker/Parameswaran, Die Angemessenheit der Gegenleistung nach dem WpÜG im Falle negativer Abweichung des Unternehmenswerts vom Börsenkurs, ZIP 2007, 1787; Birkner (Hrsg.), Handbuch Übernahmerecht, Bd. I, 2012; Black/Scholes, The Pricing of Options and Corporate Liabilities, Journal of Political Economy 1973, 637; Block, Übernahmeangebot: Ansprüche von Aktionären gegen Bieter auf Erhöhung der Gegenleistung bei vorangegangener pflichtwidriger Unterlassung eines Pflichtangebotes; Stimmrechtszurechnungen und Acting in Concert, jurisPR-HaGesR 1/2015 Anm. 1; Börsensachverständigenkommission, Standpunkte zur künftigen Regelung von Unternehmensübernahmen, 1999; Bouchon/von Breitenbach, Ausländische Aktien als Gegenleistung nach dem WpÜG, ZIP 2004, 58; Boucsein/Schmiady, Aktuelle Entwicklungen bei der Durchführung von Übernahmeangeboten nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), AG 2016, 597; Brealey/Myers, Principles of Corporate Finance, 5. Aufl. 1996, S. 577; Brellochs, Der Rückzug von der Börse nach „Frosta“, AG 2014, 633; Brellochs, Zur Angemessenheit der Gegenleistung im Übernahmerecht, ZGR 2018, 811; Buckel/Glindemann/ Vogel, Delisting nach „Frosta“ – Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung, AG 2015, 373; Bücker, Unternehmenskauf mit Aktien, CFL 2010, 177; von Bülow, 10 Jahre WpÜG – eine kritische Bestandsaufnahme, in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), 2011, S. 9; Bungert/Leyendecker-Langner, Unternehmensbewertung oder Durchschnittsbörsenkurs beim Delisting?, DB 2015, 2251; Bungert/LeyendeckerLangner, Die Neuregelung des Delisting, ZIP 2016, 49; Busch, Bedingungen in Übernahmeangeboten, AG 2002, 145; Cahn, Pflichten des Vorstandes beim genehmigten Kapital mit Bezugsrechtsausschluß, ZHR 163 (1999), 554; Cahn/ Senger, Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb 2002, 277; Cascante/Tyrolt, 10 Jahre WpÜG – Reformbedarf im Übernahmerecht?, AG 2012, 97; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMF, NZG 2001, 420; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG), NZG 2001, 1003; Decher, Bedeutung und Grenzen des Börsenkurses bei Zusammenschlüssen zwischen unabhängigen Unternehmen, in FS Wiedemann, 2002, S. 787; Derlin, Anmerkung zu BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12, BB 2014, 2456; Dewitz, Die Bestimmung der Gegenleistung gemäß § 31 WpÜG, Forum Unternehmenskauf 2006, 11; Drygala, Die Neuregelung des Delistings, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2015, 2016, S. 75; Easterbrook/Fischel, Corporate Control Transactions, 91 Yale L.J. 698 (1982); Ekkenga/Hofschroer, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (Teil II), DStR 2002, 768; Expertenkommission Unternehmensübernahmen, Eckpunkte eines künftigen Übernahmegesetzes, 17.5.2000; von Falkenhausen, Reformbedarf beim Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG – Eine kritische Überprüfung nach acht Jahren, ZHR 174 (2010), 293; von Falkenhausen, Das nachgeholte Pflichtangebot, NZG 2010, 1213; von Falkenhausen, Die Übernahme der Postbank – Neues zum Recht des Pflichtangebots, NZG 2014, 1368; Geibel/Süßmann, Erwerbsangebote nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, BKR 2002, 52; Gei/Kiesewetter, Praxisrelevante Aspekte öffentlicher Übernahmen in Zeit volatiler Märkte, AG 2012, 741; Glade/Haak/Hellich, Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie in das deutsche Recht (Teil I), Der Konzern 2004, 455; Goetz, Fragwürdige Neuregelung des
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A. Überblick I. Regelungsgegenstand 1
Die Vorschrift regelt zusammen mit §§ 3 bis 7 WpÜG-AngVO die Art und die Höhe der vom Bieter mindestens zu gewährenden Gegenleistung. Sie gilt für Übernahmeangebote (§ 29 Abs. 1 WpÜG) und – wegen des Verweises in § 39 WpÜG – sinngemäß auch für Pflichtangebote. Sie gilt nicht für einfache Erwerbsangebote. Für Delisting-Angebote gilt § 31 WpÜG wegen der Verweisung in § 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BörsG mit den dort angeordneten Maßgaben entsprechend (siehe unten Rz. 25a). Für die Ermittlung der angemessenen Abfindung bei aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen hat § 31 WpÜG keine Relevanz1.
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Die Art der Gegenleistung ist in § 31 WpÜG eingehend geregelt: Sie hat in einer Geldleistung in Euro oder in liquiden, zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Aktien zu bestehen. In bestimmten Fällen des Vor- und Parallelerwerbs muss eine Geldleistung in Euro angeboten werden.
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Für die Höhe der Gegenleistung konstituiert § 31 Abs. 1 WpÜG den Grundsatz der Angemessenheit und zwei Berücksichtigungsgebote: Hiernach sind grundsätzlich einerseits der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft und andererseits der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter zu berücksichtigen. Innerhalb dieses Rahmens wird der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen Gegenleistung durch die §§ 3 bis 7 WpÜG-AngVO weiter konkretisiert. Die Relevanz des Parallel- und Nacherwerbs für die Höhe der Gegenleistung ist allerdings nicht in der WpÜGAngebotsverordnung, sondern in § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG geregelt.
1 Habersack, NZG 2019, 881, 883 ff.
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II. Zweck Die Regulierung von Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten erreicht ihre Schutzzwecke – Funktionenschutz und, daraus folgend, Reflexschutz für die Aktionäre (siehe Einl. Rz. 14) – nur dann, wenn die Aktionäre der Zielgesellschaft einen angemessenen Ausgleich für die Veräußerung ihrer Aktien erhalten. Diesen angemessenen Ausgleich soll § 31 WpÜG sicherstellen. § 31 WpÜG konkretisiert außerdem den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre der Zielgesellschaft (§ 3 Abs. 1 WpÜG)2.
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Wegen der engen zeitlichen Vorgaben bei Übernahmeverfahren und aus Gründen der Rechtssicherheit hat der Gesetzgeber – anders als bei den umwandlungsrechtlichen Regelungen über die Barabfindung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, § 207 Abs. 1 Satz 1 UmwG), die die Angemessenheit der Barabfindung fordern, aber keine Kriterien vorgeben – Eckpunkte für die Bestimmung der Angemessenheit festgelegt, auf deren Grundlage die Mindestgegenleistung schnell und zuverlässig bestimmt werden kann. Im Gesetz ist nur das Grundprinzip niedergelegt (§ 31 Abs. 1 WpÜG); die Details sind in §§ 3 bis 7 WpÜGAngVO enthalten, damit sie vom Bundesministerium der Finanzen bzw. der BaFin bei Bedarf kurzfristig modifiziert und an die in der Praxis zutage getretenen Bedürfnisse angepasst werden können3.
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III. Entstehung § 31 WpÜG orientiert sich an Vorbildern im Takeover Code4 und im österreichischen5 und schweizeri- 6 schen Recht6, enthält aber gegenüber jedem dieser Vorbilder bedeutsame Abweichungen7. Damit unterscheidet sich § 31 WpÜG deutlich von den Regelungen des Übernahmekodex (Art. 17)8. Mit den Vorschriften der EU-Richtlinie in der Fassung vom 6.6.2001 stand § 31 WpÜG im Einklang; mit der Erstreckung seines Anwendungsbereichs auf Übernahmeangebote ging er sogar deutlich darüber hinaus (zu den Vorgaben der verabschiedeten Richtlinie vgl. Rz. 17 ff.). Die wesentlichen Regelungen des § 31 WpÜG sowie der §§ 3 bis 7 WpÜG-AngVO waren bereits im Diskussionsentwurf enthalten (§§ 16, 27 DiskE). Die Kriterien für die Ermittlung der Mindestgegenleistung – etwa die Referenzperioden für die Berücksichtigung des Vorerwerbs und des durchschnittlichen Börsenkurses – sollten im Gesetz selbst geregelt werden (§ 16 Abs. 3 DiskE). Den Empfehlungen der Börsensachverständigenkommission9 und der Expertenkommission Unternehmensübernahmen10 folgend, betrug die Referenzperiode für die Ermittlung des durchschnittlichen Börsenkurses und für die Berücksichtigung des Vorerwerbs sechs Monate (§ 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 und 3 DiskE). Außerdem war vorgesehen, dass die anzubietende Gegenleistung den Wert der höchsten für Vorerwerb gewährten Gegenleistung um höchstens 15 % unterschreiten durfte (§ 16 Abs. 3 Satz 3 DiskE). Demnach wäre ein Bieter in der Lage gewesen, einzelnen Aktionären einen (wenn auch der Höhe nach begrenzten) Paketzuschlag zu bezahlen. Diese Regelung war von der Vorstellung getragen, dass der Paketzuschlag Ausdruck einer besonderen ökonomischen Leistung sei und die – der damals gültigen Fassung des österreichischen Übernahmegesetzes11 entlehnte – Begrenzung des Abschlags
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Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55 f.; krit. Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1224. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55; krit. Schüppen, WPg 2001, 958, 976. Rules 6.1, 6.2, 9.5, 11.1 Takeover Code. § 26 ÜbG. Art. 32 Abs. 4 BEHG. Der Takeover Code etwa stellt nicht auf einen durchschnittlichen Börsenkurs ab. In Österreich ist eine Gegenleistung in Geld sowohl bei Pflichtangeboten als auch bei freiwilligen Übernahmeangeboten zwingend (§ 25b Abs. 2 und § 26 ÜbG). Das schweizerische Recht erlaubt einen Abschlag auf den Vorerwerbspreis. Zu Einzelheiten vgl. Rz. 170 ff. Orientierung am höchsten Börsenpreis während der drei Monate vor Kontrollerwerb und – bei Wertpapiererwerb nach Erreichen der Kontrolle – am gewogenen Durchschnittspreis dieses Erwerbs. Börsensachverständigenkommission, Standpunkte, 1999, S. 16 f. Expertenkommission Unternehmensübernahmen, Eckpunkte eines künftigen Übernahmegesetzes, 17.5.2000, abgedr. bei Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 37 f. § 26 Abs. 1 ÜbG a.F. (vor dem Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006).
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§ 31 Rz. 7 Gegenleistung auf maximal 15 % einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Großaktionäre einerseits und der Kleinaktionäre andererseits darstelle12. 8
Im Referentenentwurf wurden die Regelungen über die Gegenleistung auf das Gesetz und eine Rechtsverordnung verteilt: § 31 RefE enthielt nur noch den Grundsatz, dass die Gegenleistung angemessen sein muss, sowie ferner die Gebote, dass insoweit der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft und der Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter und ihm zuzurechnende Personen zu berücksichtigen sind. Außerdem enthielt § 31 RefE die Regelungen, die durch den damaligen EU-Richtlinienvorschlag vorgegeben waren. Die weiteren Einzelheiten wurden in den §§ 3 bis 7 der geplanten Rechtsverordnung geregelt. Hierunter fiel etwa der 15 %ige Abschlag auf den relevanten Vorerwerb, der allerdings nur noch den außerbörslichen Vorerwerb umfasste (§ 4 Satz 1 RefE WpÜG-AngVO), weil beim Erwerb über die Börse regelmäßig kein Paketzuschlag gezahlt wird13. Im Übrigen wurden die Referenzperioden für den durchschnittlichen Börsenkurs und den relevanten Vorerwerb auf drei Monate verkürzt (§ 31 Abs. 3 Nr. 1 RefE, § 4 Satz 1, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 RefE WpÜG-AngVO)14. Für Tauschangebote wurden die Anforderungen insofern gelockert, als nur für stimmberechtigte Aktien der Zielgesellschaft stimmberechtigte Aktien als Gegenleistung anzubieten waren (§ 31 Abs. 2 Satz 2 RefE).
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Die wesentliche Neuerung des Regierungsentwurfs bestand in der Streichung des 15 %igen Abschlags auf den relevanten Vorerwerb (§ 4 Satz 1 RegE WpÜG-AngVO). Hiermit wurde dem Bieter die Möglichkeit genommen, einzelnen Aktionären einen Paketzuschlag zu bezahlen, ohne diesen zugleich auch den übrigen Aktionären zu gewähren. In der Begründung des RegE hieß es hierzu, dass die Regelung Ausfluss des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes sei und den Adressaten des Angebots ermögliche, an Paketzuschlägen zu partizipieren15.
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Auf die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses wurden zwei wesentliche Aspekte des § 31 WpÜG geändert: Gemäß § 31 Abs. 3 Nr. 2 RefE und RegE hätte bereits der Parallelerwerb einer einzigen Aktie gegen Geldleistung die Verpflichtung ausgelöst, im Rahmen des öffentlichen Angebots eine Geldleistung in Euro anzubieten16. Zur Vermeidung unbilliger Härten wurde daher die de minimisSchwelle von 1 % der Aktien oder Stimmrechte der Zielgesellschaft eingeführt17. Geändert wurde außerdem § 31 Abs. 5 WpÜG, der in der Fassung des RegE bei jedweder Form des Nacherwerbs zu einem höheren Preis als dem Preis des Angebots – d.h. auch beim Erwerb über die Börse – eine Nachbesserungspflicht ausgelöst hätte. Auf die Kritik, dass beim Erwerb über die Börse kein Aktionär benachteiligt werde18, wurde die Nachbesserungspflicht auf den außerbörslichen Nacherwerb beschränkt19.
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Mit dem Inkrafttreten des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes am 14.7.2006 wurde § 31 Abs. 3 WpÜG geändert20. Nunmehr ist der Bieter verpflichtet, den Angebotsempfängern eine Gegenleistung in Geld anzubieten, wenn er oder mit ihm gemeinsam handelnde Personen im Zeitraum beginnend sechs Monate vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots und endend mit dem Ablauf der Annahmefrist mindestens 5 % der Aktien oder Stimmrechte an der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung erworben haben. Damit wurde zum einen der relevante Vorerwerbszeitraum von drei auf sechs Monate verlängert21. Damit hat sich der Gesetzgeber für die Umsetzung 12 Begr. DiskE zu § 16 Abs. 3, abgedr. bei Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 316 f. 13 Begr. RefE zu § 4 WpÜG-AngVO; zust. Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 299. 14 Nach Erhebungen des BVI soll die Verkürzung der Referenzperiode die Aktionäre durchschnittlich um 15 % schlechter stellen, Archner, ZfgK 2001, 1002. 15 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 79 f.; Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256, 1259. Krit. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006; Houben, WM 2000, 1873, 1882; Tröger, DZWiR 2002, 397, 400; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 6. 16 Kritisch daher etwa DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428; Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 297. 17 BT-Drucks. 14/7477, S. 53; der DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428, hatte für 2–5 % plädiert. 18 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428; Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 301. 19 BT-Drucks. 14/7477, S. 53. 20 BGBl. I 2006, 1426 (Nr. 31). 21 Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 309.
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Gegenleistung
Rz. 13 § 31
der Minimalvorgabe der Übernahmerichtlinie entschieden22. Zum anderen wurden die Tatbestände, die eine Geldleistungspflicht auslösen, gemäß der Vorgabe der Richtlinie vereinheitlicht, indem jetzt für Vor- und Parallelerwerbe eine einzige 5 %-Schwelle gilt. Gegenüber der früheren Regelung bedeuten diese Änderungen gleichermaßen eine Erleichterung und eine Verschärfung23.
IV. Kritik Gegen die Regelung der Gegenleistung bei Übernahmeangeboten wurden u.a. verfassungsrechtliche24 11 und EU-rechtliche25 Bedenken erhoben. Aus rechtspolitischer Sicht wurde die Heranziehung des Börsenkurses als Mindestpreiskriterium, die Partizipation der Minderheitsaktionäre an einem gezahlten Paketzuschlag und das Fehlen eines gerichtlichen Verfahrens zur Anpassung der Gegenleistung an einen ggf. höheren „wahren“ Wert kritisiert. Aus verfassungsrechtlicher Sicht wurden Bedenken dahin gehend erhoben, dass die Regelung in das 12 Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 GG) bzw. die allgemeine Handlungsfreiheit des Bieters (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreife, ohne dass dies zum Schutz der Interessen der Aktionäre erforderlich sei. Ihren Interessen sei durch die konzernrechtlichen Vorschriften des Aktiengesetzes hinreichend Rechnung getragen26. Diese Kritik verkennt allerdings, dass die Schutzwirkungen der §§ 291 ff. AktG einen Unternehmensvertrag voraussetzen, dessen Abschluss im freien Belieben des Bieters steht, und dass die §§ 311 ff. AktG nur die Rechtsposition des Aktionärs als Verbandsmitglied, nicht aber die Vermögensposition des Aktionärs in seiner Funktion als Kapitalanleger schützen27. Außerdem begegnete die Verlagerung grundrechtsrelevanter Regelungen in die WpÜG-Angebotsverordnung Bedenken im Hinblick auf die vom BVerfG zu Art. 80 Abs. 1 GG entwickelte Wesentlichkeitstheorie28. Weil aber sämtliche grundrechtsrelevante Regelungen der WpÜG-AngVO in § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG eine Stütze finden, wird man diese Bedenken – wenn überhaupt – nur insoweit teilen können, als § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG offen lässt, ob auf den Vorerwerbspreis ein Abschlag vorzunehmen ist oder nicht29. Die EU-rechtlichen Bedenken stützen sich darauf, dass die Regelung des § 31 WpÜG die EG-vertrag- 13 lich verbürgten Grundfreiheiten der Niederlassung (Art. 49 ff. AEUV) und des Kapitalverkehrs (Art. 64 ff. AEUV)30 beschränkt, Beschränkungen der Grundfreiheiten aber nach der zur Warenverkehrsfreiheit entwickelten und seit längerem auf die anderen Grundfreiheiten übertragenen Cassis de Dijon-Rechtsprechung des EuGH nicht gerechtfertigt seien, wenn sich das Ziel der mitgliedstaatlichen Regelung durch gleich wirksame, aber weniger behindernde Maßnahmen erreichen lässt31. Diese Kritik wendet sich im Wesentlichen gegen die Mindestpreisregeln für – freiwillige – Übernahmeangebote, bei denen man davon ausgehen darf, dass der Bieter bereits genügend Anreizen unterliegt, einen angemessenen Preis zu bieten, wenn er erfolgreich sein will. Der Gesetzgeber begründet die Geltung des § 31 WpÜG für Übernahmeangebote damit, dass die Privilegierung des Kontrollerwerbs durch Übernahmeangebot gemäß § 35 Abs. 3 WpÜG nur dann gerechtfertigt sei, wenn bereits das Übernahmeangebot den für ein Pflichtangebot geltenden Vorschriften unterliegt, da anderenfalls die für ein Pflicht22 Gemäß Art. 5 Abs. 4 Übernahmerichtlinie durften die Mitgliedstaaten einen Zeitraum von mindestens sechs und höchstens zwölf Monaten wählen, siehe dazu Rz. 21. 23 Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 309; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 7. 24 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 22. 25 Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1225. 26 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 22. 27 Zu den unterschiedlichen Schutzrichtungen vgl. Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 387 f.; Krause, Übernahmeangebot, S. 181 ff., 201; Krause, AG 1996, 209, 211 ff.; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 8. 28 Schüppen, WPg 2001, 958, 976. 29 Im schweizerischen Recht ist diese Frage im Gesetz geregelt; vgl. Art. 32 Abs. 4 BEHG. 30 Der Erwerb einer Kontrollbeteiligung unterfällt der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit; EuGH v. 4.6.2002 – C-483/99, Slg. 2002, I-4781 = NJW 2002, 2305, Rz. 42 (Kommission/Frankreich); EuGH v. 4.6.2002 – C-503/99, Slg. 2002, I-4809 = NJW 2002, 2303, Rz. 40 f. (Kommission/Belgien); EuGH v. 4.6.2002 – C-367/98, Slg. 2002, I-4731 = NZG 2002, 632, Rz. 46 (Kommission/Portugal); hierzu Bayer, BB 2002, 2289 ff.; Grundmann/Möslein, BKR 2002, 758, 760 f.; Krause, NJW 2002, 2747, 2748. 31 EuGH v. 20.2.1979 –120/78, Slg. 1979, 649; kritisch zur Übertragung der Cassis de Dijon-Rechtsprechung auf die Kapitalverkehrsfreiheit Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rz. 1721.
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§ 31 Rz. 13 Gegenleistung angebot geltenden Schutzmechanismen unterlaufen werden könnten32. Dieser Gedanke ist auch in Art. 5 Abs. 2 der Übernahmerichtlinie verankert. Das von der Kritik vorgeschlagene Alternativkonzept, Übernahmeangebote kraft Gesetzes unter die aufschiebenden Bedingung der Annahme durch die Mehrheit der außenstehenden Aktionäre zu stellen33, dürfte zwar die Wahrscheinlichkeit adäquater Konditionen erhöhen34, würde aber keine befreiende Wirkung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 entfalten. Zudem ist unsicher, ob das Alternativkonzept die Ziele des Gesetzgebers verwirklichen kann35. Gegenüber einer Regelung, die dem Kontrollerwerb durch Übernahmeangebot ein Pflichtangebot nachfolgen und erst im Rahmen des Pflichtangebots eine Angemessenheitsprüfung stattfinden ließe, erscheint das Konzept der §§ 31, 35 Abs. 3 WpÜG als die sachgerechtere Lösung36. Auch nach den Regelungen anderer EU-Mitgliedstaaten ist der Gleichlauf der Preisregeln vorgesehen, wenn das freiwillige Angebot auf den Erwerb der Kontrolle abzielt37. Allerdings knüpfen weder die Richtlinie38 noch der Takeover Code39 an den Börsenkurs an; diese Regelungen halten nur den Vorerwerb für maßgeblich. Vor diesem Hintergrund wäre jedenfalls de lege ferenda für die Aufgabe des Börsenpreiskriteriums bei Übernahmeangeboten zu plädieren40. Für Gesellschaften in bilanziellen oder finanziellen Schwierigkeiten, die an der Börse überbewertet sind, kann das Börsenpreiskriterium zur Folge haben, dass sich kein Investor findet, der – neben dem Einschuss von Eigenkapital und dem damit einhergehenden Beteiligungserwerb – bereit wäre, den Aktionären ein öffentliches Angebot zum maßgeblichen durchschnittlichen Börsenkurs zu unterbreiten41. Diese Problematik ist indes de lege lata nur über eine Befreiung von Pflichtangebot gemäß § 37 WpÜG zu lösen42. 14
Vereinzelt wurde kritisiert, dass sich der Gesetzgeber mit dem Abstellen auf den Börsenkurs in § 31 Abs. 1 WpÜG darauf festgelegt habe, dass die Kapitalmärkte informationseffizient seien und den „wahren Wert“ der Zielgesellschaft zutreffend widerspiegelten43. Eine derartige Festlegung ist nicht erkennbar. § 31 Abs. 1 WpÜG will die Aktionäre der Zielgesellschaft, die ihre Aktien in aller Regel an der Börse und somit zu einem durch den Kapitalmarkt gebildeten Preis erworben haben, davor schützen, dass sie mit einem Angebot zur außerbörslichen Veräußerung ihrer Aktien konfrontiert werden, das hinter dem aktuellen, am Kapitalmarkt gebildeten Preis zurückbleibt. Ob die Kapitalmärkte „effizient“ sind (d.h. der Kurs einer Aktie alle relevanten Informationen widerspiegelt)44, ist für die Erfüllung die32 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 30 (unter ausdrücklicher Erwähnung der Regelungen über die Gegenleistung). 33 Mülbert, ZIP 2001, 1221, 1224 f. 34 Ohne diese Bedingung und ohne Vorschriften über die Angemessenheit der Gegenleistung bestünde für den Bieter ein starker Anreiz, eine unangemessene (zu niedrige) Gegenleistung anzubieten, Tröger, DZWiR 2002, 397, 398. 35 Praktisch handhabbar wäre diese Regel nur, wenn sie auf die Mehrheit des von den außen stehenden Aktionären gehaltenen Grundkapitals abstellte; ob eine „Mehrheit nach Köpfen“ das Angebot angenommen hat, lässt sich bei börsennotierten Gesellschaften regelmäßig nicht ermitteln. 36 Rodewald/Siems, ZIP 2002, 926, 928; Tröger, DZWiR 2002, 397, 398. 37 Takeover Code, Note 9 on Rule 9.1 (Vereinigtes Königreich), § 26 Abs. 1 ÜbG (Österreich), Art. 9 Abs. 6 UEV (Schweiz) – mit dem gesetzgebungstechnischen Unterschied, dass es sich um Preisregeln für das Pflichtangebot handelt, die bei Übernahmeangeboten entsprechende Anwendung finden; Rodewald/Siems, ZIP 2002, 926, 927, scheint dies entgangen zu sein. 38 Art. 5 Abs. 4. 39 Rules 6.1, 6.2, 9.5, 11.1 Takeover Code. 40 Habersack, ZHR 166 (2002), 619, 624; Krause, BB 2002, 2341, 2343; Krause, BB 2004, 113, 117; Glade/Haak/ Hellich, Der Konzern 2004, 455, 458; von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 9, 36; wohl auch Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2195; ähnlich bereits Houben, WM 2000, 1873, 1881; Krause, NZG 2000, 905, 908; für eine Aufgabe der Börsenpreisregel bei Pflicht- und Übernahmeangeboten im Fall signifikanter Vorerwerbe (mit entsprechendem Gesetzesvorschlag) von Falkenhausen, ZHR 174 (2010), 293, 310 f.; krit. Tröger, DZWiR 2002, 397, 398; a.A. Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 128; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 110. 41 Bicker/Parameswaran, ZIP 2007, 1787, 1788 ff.; von Falkenhausen, ZHR 174 (2010), 293, 302 f.; von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 9, 37. 42 von Falkenhausen, ZHR 174 (2010), 293, 305; von Bülow in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 9, 37; a.A. Bicker/Parameswaran, ZIP 2007, 1787, 1792. 43 Tröger, DZWiR 2002, 397, 399. 44 Hierzu (und auch zu den verschiedenen Ausprägungen dieser Hypothese) instruktiv und kritisch Reul, Die Pflicht zur Gleichbehandlung bei privaten Kontrolltransaktionen, 1991, S. 138 ff.
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ses Schutzzweckes genauso unerheblich wie die Antwort auf die Frage, ob der Börsenkurs dem „wahren Wert“ gemäß den Vorgaben der DAT/Altana-Rechtsprechung für die Abfindung der Aktionäre bei Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages und bei der Eingliederung entspricht45. Die DAT/Altana-Rechtsprechung ist auf übernahmerechtliche Sachverhalte nicht übertragbar, weil die Eingriffe, die ein Unternehmensvertrag oder die Eingliederung nach sich ziehen, deutlich schwerer wiegen als die Beeinträchtigungen durch einen Kontrollwechsel46. Aus den gleichen Gründen erscheint auch die Kritik am Fehlen eines gerichtlichen Verfahrens zur 15 Anpassung (Erhöhung) der angebotenen Gegenleistung an den „wahren Wert“47 nicht gerechtfertigt. Bei Übernahmeangeboten ist ein derartiges Verfahren entbehrlich, weil die Aktionäre das Angebot nur annehmen werden, wenn es attraktiv ausgestaltet ist; der Bieter, der die Zielgesellschaft übernehmen will, wird seinen eigenen Nutzen nur maximieren können, wenn er ein attraktives Angebot vorlegt48. Es kommt hinzu, dass während des laufenden Angebots nicht genug Zeit zur Verfügung stünde, um ein derartiges Verfahren abzuschließen49. Die Preisanpassung könnte also wie im aktien- und umwandlungsrechtlichen Spruchverfahren allenfalls ex post vorgenommen werden. Für den Bieter würde dies bedeuten, dass er nicht sicher sein kann, ob er zusätzlich zu dem gemäß § 31 WpÜG und §§ 3–7 WpÜG-AngVO festgelegten Preis (ggf. nach mehreren Jahren50) noch eine Nachzahlung leisten muss. Die Übernahme einer deutschen Gesellschaft wäre damit ein unkalkulierbares finanzielles Risiko51. Wenn eine Unternehmensbewertung zur Ermittlung des Mindestpreises erforderlich ist (§ 5 Abs. 4 WpÜG-AngVO), würde sich ein Verfahren zur Anpassung der Gegenleistung wie ein Spruchverfahren entwickeln – mit jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen und den damit verbundenen Unsicherheiten52. Daher wäre ein Anpassungsverfahren auch mit dem Beschleunigungsgrundsatz (§ 3 Abs. 4 WpÜG) nicht zu vereinbaren. Der Gesetzgeber hat daher mit Recht davon abgesehen, einen deutschen Sonderweg zu beschreiten. Ferner wurde kritisiert, dass § 31 WpÜG dazu zwingt, innerhalb des Vorerwerbszeitraums gezahlte Pa- 16 ketzuschläge mit den Kleinaktionären zu teilen, obwohl deren Aktien den einen Paketzuschlag rechtfertigenden Mehrwert nicht besitzen53. Diese Kritik lässt unberücksichtigt, dass die Partizipation am Paketzuschlag nur ein Teilaspekt der ganz grundsätzlichen Frage ist, ob Aktionäre im Rahmen von Kontrolltransaktionen gleich zu behandeln sind oder nicht. Unter den Autoren, die dies aus ökonomischer Sicht analysiert haben, ist dies umstritten; insbesondere die Vertreter der neo-liberalen Chicago
45 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94 – DAT/Altana, BVerfGE 100, 289, 309 f. = AG 1999, 566; BGH v. 12.3.2001 – II ZB 15/00 – DAT/Altana, BGHZ 147, 108 = AG 2001, 417; aus der Literatur etwa Piltz, ZGR 2001, 185 ff.; Wiedemann/Hirte in FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 337, 380 f.; Henze, in FS Lutter, 2001, S. 1101 ff.; Luttermann, ZIP 1999, 1149 ff. 46 Zutreffend Krieger in RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 298; Habersack, ZIP 2003, 1123, 1127; Mülbert/Uwe H. Schneider, WM 2003, 2301, 2315; Mülbert, NZG 2004, 633, 642; a.A. Zschocke/Rahlf, DB 2003, 1375, 1376 und DB 2003, 1785, sowie diejenigen, die auch freiwillige Angebote als einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG ansehen, etwa Tröger, DZWiR 2002, 397, 399 f. (Fn. 138); Nietsch, BB 2003, 2581, 2587; Oechsler in FS Hadding, 2004, S. 1027, 1031 f. 47 Tröger, DZWiR 2002, 397, 399 f. m.w.N. aus dem älteren Schrifttum; ähnlich Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 133. 48 Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 101; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 91; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 112. 49 Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 389; Krause, Übernahmeangebot, S. 124; Krause, WM 1996, 893, 899. 50 Spruchverfahren haben in der Spitze bis zu 10 Jahre und länger gedauert; vgl. OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, AG 1990, 397 (Verfahrensbeginn 1979); OLG Düsseldorf v. 17.2.1984 – 19 W 1/81, AG 1984, 216 (Verfahrensbeginn 1974); auch nach der Verabschiedung des SpruchG dürften sie für übernahmerechtliche Zwecke zu lange dauern. 51 So auch Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 140; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 111. 52 Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 101; Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 112. 53 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006; Houben, WM 2000, 1873, 1882; Tröger, DZWIR 2002, 397, 400; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 4 WpÜG-AngVO Rz. 13; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 6; a.A. Strenger, WM 2000, 952; zu Erwerbsmodellen ohne Weitergabe eines Paketzuschlags Traugott/Schaefer, NZG 2004, 158, 161 ff.
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§ 31 Rz. 16 Gegenleistung School of Law and Economics sind gegen die Gleichbehandlung54. Nach der Gegenauffassung ist die Gleichbehandlungspflicht dem Modell der Chicago School insbesondere in Bezug auf die optimale Allokation der unternehmensgebundenen Ressourcen überlegen55. Hiernach wäre die Regelung des § 31 konsequent. Im Übrigen entspricht die Teilhabe am Paketzuschlag dem in der EU vorherrschenden Standard56. 16a
Schließlich wird kritisiert, dass Vor-, Parallel- und Nacherwerbe von mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen zu berücksichtigen sind – hierunter fallen auch Personen, deren Verhalten der Bieter nicht kontrollieren kann57. Dieses Problem lässt sich allerdings nur de lege ferenda lösen.
V. EU-Übernahmerichtlinie 17
Nach der Übernahmerichtlinie muss nach dem Erwerb der Kontrolle über eine Zielgesellschaft ein Pflichtangebot zu einem „angemessenen Preis“ abgegeben werden (Art. 5 Abs. 1).
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Als angemessen gilt der höchste Preis, den der Bieter oder eine mit ihm zusammenwirkende Person während der sechs bis zwölf Monate vor dem Angebot für die Aktien der Zielgesellschaft gezahlt hat (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1). Die Mitgliedstaaten können ihre Aufsichtsorgane unter genau festzulegenden Voraussetzungen und nach eindeutig festzulegenden Kriterien zur Erhöhung oder Ermäßigung dieses Preises ermächtigen – etwa wenn die Preise manipuliert oder durch außergewöhnliche Umstände beeinflusst waren, in Sanierungsfällen oder wenn Käufer und Verkäufer den Preis in einer Vereinbarung festgelegt hatten (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 2)58. Den Mitgliedstaaten ist freigestellt, Ersatzkriterien zu bestimmen, die sich etwa am Börsenpreis oder an objektiven, in der Finanzanalyse gebräuchlichen Werten orientieren können (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 3). Jede Preiskorrektur ist zu begründen und bekannt zu machen (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 3).
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Die Art der Gegenleistung kann in einer Geldleistung, liquiden Wertpapieren oder einer Kombination dieser Elemente bestehen. Wenn der Bieter innerhalb eines von den Mitgliedstaaten festgelegten Zeitraums (zwischen sechs und zwölf Monaten) vor der Bekanntmachung des Angebots bis zum Ende der Annahmefrist 5 % oder mehr der Stimmrechte gegen eine Geldleistung erworben hat, muss er alternativ eine Geldleistung anbieten (Art. 5 Abs. 5).
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Die Gegenleistung freiwilliger Angebote ist in der Übernahmerichtlinie nicht geregelt. Insoweit vertraut die Richtlinie auf die Kräfte des Marktes59. Zu beachten ist allerdings, dass auch der Kontrollerwerb durch Übernahmeangebot ein Pflichtangebot auslöst, es sei denn, dass dieses Angebot „im Einklang mit dieser Richtlinie“ unterbreitet worden ist (Art. 5 Abs. 5).
21
Anpassungsbedarf für das deutsche Recht bestand zunächst in Bezug auf die Referenzperiode des Vorerwerbs. Die in § 4 Satz 1 WpÜG-AngVO vorgesehene Dreimonatsperiode musste wegen Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie jedenfalls für Pflichtangebote auf wenigstens sechs Monate verlängert werden60. Dies galt wegen Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 3 auch für die Dreimonatsperiode des § 31 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG61. Da der Kontrollerwerb durch Übernahmeangebot weiterhin gemäß § 35 Abs. 3 WpÜG pri54 Die wichtigste Arbeit ist Easterbrook/Fischel, 91 Yale L.J. 698 (1982); aus dem deutschen Schrifttum etwa Houben, WM 2000, 1873, 1882; Überblick bei Romano in Hopt/Wymeersch (Hrsg.), European Takeovers, 1992, S. 3 ff.; siehe auch Krause, WM 1996, 893, 895 f. 55 Reul, Die Pflicht zur Gleichbehandlung bei privaten Kontrolltransaktionen, 1991, S. 133 ff., 213 ff. (mit Modellrechnungen); weitere Nachweise bei Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 385, 389. 56 Vereinigtes Königreich: Rules 9.5, 11.1 Takeover Code; Frankreich: Art. 234-6 Abs. 1 Règlement Général AMF; Italien: Art. 106 Abs. 2 Testo Unico. 57 Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 126. 58 Kritisch zur Zulassung von Abweichungen durch die Aufsichtsbehörde bereits DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428. 59 Hochrangige Gruppe von Experten, Empfehlung II 2, S. 12; Lehne in Hirte, WpÜG, S. 33 ff.; Kindler/Horstmann, DStR 2004, 866, 870; Krause, BB 2004, 113, 116; zum Kommissionsentwurf bereits Krause, BB 2002, 2341, 2343; Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2195. 60 Krause, BB 2004, 113, 116; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 231; Mülbert, NZG 2004, 633, 642; Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 309. 61 Mülbert, NZG 2004, 633, 642 (Fn. 44).
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vilegiert sein sollte, wurde die Vorerwerbsfrist wegen Art. 5 Abs. 2 auch für Übernahmeangebote auf sechs Monate verlängert (siehe oben Rz. 10a)62. Die Richtlinie enthält keine Vorgabe, der zufolge das Börsenpreiskriterium des § 5 Abs. 1 WpÜG- 22 AngVO abgeschafft oder beibehalten werden musste. Nach zutreffender Ansicht konnte es beibehalten werden, weil die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 2 lit. b) frei waren, strengere Vorschriften zu erlassen63. Soweit dagegen aus den Art. 15 Abs. 5 und Art. 16 Abs. 3 geschlossen wird, es gäbe – das Erreichen der Beteiligungsschwelle des Squeeze-out vorausgesetzt – nur zwei Wege zum Vollerwerb, nämlich einerseits das freiwillige Angebot mit autonomer Preisfestsetzung durch den Bieter und der Möglichkeit des Squeeze-out bei 90 % Akzeptanz und andererseits den Vorerwerb mit nachfolgendem Pflichtangebot und Squeeze-out64, wird übersehen, dass der erste Weg ein Pflichtangebot auslöst, wenn im Zuge des freiwilligen Angebots die Kontrollschwelle überschritten wird – es sei denn, dass das freiwillige Angebot im Einklang mit der Richtlinie (d.h. mit ihren Preisvorschriften) unterbreitet worden ist (Art. 5 Abs. 2)65. Rechtspolitisch wäre es allerdings wünschenswert, wenn das Börsenpreiskriterium für Übernahmeangebote abgeschafft würde (siehe oben Rz. 13); § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG wäre entsprechend anzupassen. Für Pflichtangebote erscheint das Börsenpreiskriterium dagegen unverzichtbar, weil in bestimmten Konstellationen – etwa beim mittelbaren Vorerwerb oder beim Vorerwerb durch Verschmelzung66 – nicht zwingend ein Vorerwerbspreis vorliegt. Ohne ein Börsenpreiskriterium stünde daher kein Anhalt für die Preisbemessung zur Verfügung, und ein Pflichtangebot mit inakzeptabel niedriger Gegenleistung liefe ins Leere. Da sich der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie dagegen entschieden hat, das Börsenpreiskriterium abzuschaffen, konnte die Dreimonatsfrist des § 5 Abs. 1 WpÜG-AngVO beibehalten werden. Eine Verlängerung auf sechs Monate war weder durch die Richtlinie gefordert (der Mindestpreis gemäß Richtlinie hängt nicht von einem Börsenpreis ab) noch aus anderen Gründen geboten.
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Laut der Übernahmerichtlinie hätte die Vorschrift des § 6 WpÜG-AngVO gestrichen werden können, 24 weil sie nach harmonisiertem Recht nur noch einen stark eingeschränkten Anwendungsbereich hat67. Nach Art. 4 Abs. 2 lit. b) und e) richtet sich die Höhe der Gegenleistung bei Zielgesellschaften, deren Wertpapiere nicht im Sitzmitgliedstaat zum Börsenhandel zugelassen sind, nämlich nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem die Zulassung zum Börsenhandel besteht. Damit verbleibt für § 6 WpÜGAngVO nur noch ein schmaler Anwendungsbereich in Verbindung mit § 7 WpÜG-AngVO, wenn die bei Tauschangeboten als Gegenleistung angebotenen Aktien ausschließlich zum Handel an einem organisierten Markt in einem anderen EWR-Staat zugelassen sind. Weil das Pflichtangebot nicht in das Eigentumsrecht der Aktionäre der Zielgesellschaft eingreift und daher die im Rahmen des Art. 14 GG für die Höhe der Abfindung bei Strukturmaßnahmen maßgeblichen DAT/Altana-Maßstäbe nicht einschlägig sind68, konnte der Gesetzgeber nach wirtschaftlichen und rechtspolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen entscheiden, von der Option zur Preiskorrektur 62 Krause, BB 2004, 113, 116; unklar Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 455, 457 f.; zum Kommissionsvorschlag Krause, BB 2002, 2341, 2343. 63 Krause, BB 2004, 113, 116; Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 455, 458; zum Kommissionsvorschlag bereits Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2195; a.A. eingehend Mülbert, NZG 2004, 633, 640 f.; dem folgend Hopt/ Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109, 111, 114; ebenso Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 221, 231 (aber ohne tragfähige Begründung). 64 Mülbert, NZG 2004, 633, 641. 65 Insoweit zutreffend Wagner, Die Bank 2004, 108, 110. 66 Krause, NJW 2004, 3681, 3685. 67 Glade/Haak/Hellich, Der Konzern 2004, 455, 458; ähnlich Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 6 WpÜG-AngVO Rz. 7, die für eine Aufhebung plädieren, gleichwohl aber vorschlagen, dass die Berücksichtigung ausländischer Börsenkurse beim Tauschangebot mit liquiden ausländischen Aktien in § 7 WpÜG-AngVO de lege ferenda weiterhin geregelt sein sollte; a.A. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/1541, S. 13. 68 Mülbert/Uwe H. Schneider, WM 2003, 2301, 2315; Mülbert, NZG 2004, 633, 642; a.A. Zschocke/Rahlf, DB 2003, 1375, 1376 und DB 2003, 1785, sowie diejenigen, die auch freiwillige Angebote als einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG ansehen, etwa Tröger, DZWiR 2002, 397, 399 f. (Fn. 138); Nietsch, BB 2003, 2581, 2587; Oechsler in FS Hadding, 2004, S. 1027, 1031 f.; dagegen zutreffend Habersack, ZIP 2003, 1123, 1127; Krieger in RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 298.
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25
§ 31 Rz. 25 Gegenleistung durch die Aufsichtsstelle (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2) keinen Gebrauch zu machen. Der Gesetzgeber ist damit den Stimmen gefolgt, die für Zurückhaltung plädiert hatten69. De lege ferenda denkbar wäre die Möglichkeit zur Preiskorrektur durch die Aufsichtstelle etwa in Sanierungsfällen, in denen gegenwärtig zwar eine Befreiung vom Pflichtangebot (§ 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AngVO), aber nicht ausdrücklich auch die Befreiung von den Mindestpreisregeln möglich ist (zur Rechtslage de lege lata siehe § 3 WpÜG-AngVO Rz. 6). Das Problem der Unangemessenheit des Mindestpreises gemäß § 5 Abs. 1 WpÜG-AngVO nach einem dramatischen Kurssturz70 könnte durch die Aufgabe des Börsenpreiskriteriums bei Übernahmeangeboten wesentlich effektiver entschärft werden. Wenn dies rechtspolitisch für wünschenswert gehalten wird, wäre die Preiskorrektur durch die Aufsichtsstelle das Instrument, mit dem die Teilhabe der Minderheitsaktionäre an der dem Großaktionär gezahlten Kontrollprämie begrenzt werden könnte71.
VI. Entsprechende Anwendung beim Delisting 25a
Die Vorschriften des § 31 WpÜG gelten entsprechend für Delisting-Angebote gemäß § 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BörsG. Delisting-Angebote sind regelmäßig einfache Erwerbsangebote72. Über Art und Höhe der Gegenleistung von einfachen Erwerbsangeboten enthält das WpÜG keine Vorschriften. Infolge der Verweisung in § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG ist die Vorschrift des § 31 WpÜG jedoch auf Delisting-Angebote mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Gegenleistung in einer Geldleistung in Euro bestehen und mindestens dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurs der Wertpapiere während der letzten sechs Monate vor der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 oder § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG entsprechen muss. Weil § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG auf den gesamten § 31 WpÜG und damit auch auf seinen Abs. 7 verweist, gelten die §§ 3 bis 7 der WpÜG-AngVO entsprechend73.
25b
Die Erstreckung der Mindestpreis- und Preisanpassungsvorschriften des § 31 WpÜG auf DelistingAngebote ist auf Zustimmung74, aber aus verschiedenen Gründen auch auf Kritik gestoßen75. Der Kritik ist zuzugeben, dass Anwendungsschwierigkeiten entstehen, wenn etwa ein Übernahme- und ein Delisting-Angebot innerhalb kurzer Zeit aufeinanderfolgen oder wenn das Delisting-Angebot veröffentlicht wird, nachdem Bieter und Zielgesellschaft einen Beherrschungsvertrag abgeschlossen haben und einzelne Aktionäre ihre Aktien gemäß § 305 AktG gegen angemessene Abfindung an den Bieter übertragen76. Die fehlende Feinabstimmung dürfte sicherlich auch darauf zurückzuführen sein, dass die Regelung des Delistings erst spät in das bereits angelaufene Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie aufgenommen und dann relativ zügig verabschiedet wurde.
B. Angemessenheit der Gegenleistung (§ 31 Abs. 1 WpÜG) I. Grundsatz 26
§ 31 Abs. 1 Satz 1 WpÜG konstituiert den Grundsatz, dass der Bieter den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anbieten muss. § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG gebietet, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen Gegenleistung grundsätzlich anhand des durchschnitt69 Krause, BB 2004, 113, 117; ebenso bereits DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428 (zur legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zum Gemeinsamen Standpunkt v. 13.12.2000, ABl. EG Nr. C 232 v. 17.8.2001, S. 168). 70 Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2195. 71 Hierzu Krause, BB 2002, 2341, 2343. 72 Klepsch/Hippeli, RdF 2016, 194, 195. 73 BT-Drucks. 18/6220, S. 84. 74 So etwa Bayer, NZG 2015, 1169, 1178. 75 Goetz, BB 2015, 2691, 2693; Bungert/Leyendecker-Langner, DB 2015, 2251, 2252 ff.; Wackerbarth, WM 2016, 385; Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 644 ff. 76 Näher Bungert/Leyendecker-Langner, DB 2015, 2251, 2253; Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 644 ff.
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lichen Börsenkurses der Aktien der Zielgesellschaft und der Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen zu konkretisieren ist. Indem auf den durchschnittlichen (und nicht, wie noch nach dem Übernahmekodex, den höchsten77) Börsenkurs abgestellt wird, werden Auseinandersetzungen darüber, ob bestimmte „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben können, vermieden78.
II. Einzelfragen 1. Gegenseitigkeitsverhältnis Die Regelungen des § 31 WpÜG beschränken sich auf die Leistungen des Bieters, die mit der Veräuße- 27 rung der Aktien durch die Aktionäre der Zielgesellschaft im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Hiervon abzugrenzen sind Leistungen, die der Bieter für Leistungen der Aktionäre gewährt, die über die Veräußerung der Aktien hinausgehen. Beispielsweise sind die von Finanzinvestoren üblicherweise eingeräumten Management Incentives (etwa eine Beteiligung der maßgeblichen Know-how-Träger am Akquisitionsvehikel) in der Regel eine Gegenleistung dafür, dass diese Personen auch nach vollzogener Übernahme für die Leitung der Zielgesellschaft zur Verfügung stehen79. Auch wenn die Vorstandsmitglieder die von ihnen gehaltenen Aktien an den Bieter veräußern, stehen diese Management Incentives im Regelfall außerhalb des kauf- bzw. tauschrechtlichen Synallagmas (näher siehe unten Rz. 115). 2. Zeitpunkt für die Prüfung der Angemessenheit Die angebotene Gegenleistung muss grundsätzlich bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage angemessen sein80. Eine Verpflichtung zur Anpassung der Gegenleistung an Kurssteigerungen, die nach diesem Zeitpunkt eintreten, besteht nicht81. Nur in besonderen Fällen – etwa bei einem Aktiensplit der Zielgesellschaft oder der Gesellschaft, deren Aktien als Gegenleistung angeboten werden – ist das Angebot entsprechend anzupassen; hierin liegt keine Änderung des Angebots gemäß § 21 WpÜG82.
28
3. Verschiedene Aktiengattungen Wie die Gegenleistung zu ermitteln ist, wenn die Zielgesellschaft verschiedene Aktiengattungen besitzt, 29 ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt (Ausnahme: § 31 Abs. 4 WpÜG). § 31 Abs. 1 Satz 1 WpÜG fordert eine „angemessene“ Gegenleistung, § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG spricht lediglich vom durchschnittlichen Börsenkurs „der Aktien“ und vom Vorerwerb von „Aktien“ der Zielgesellschaft. Unterschiedliche Aktiengattungen sind dagegen im allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 WpÜG angesprochen: Hiernach sind die Inhaber von Wertpapieren gleicher Gattung gleich zu behandeln. Im Unterschied zum Takeover Code83, dem österreichischen84 und dem schweizerischen85 Recht hat der deutsche Gesetzgeber eine gattungsübergreifende Gleichbehandlungspflicht – etwa dergestalt, dass die Gegenleistungen für Aktien verschiedener Gattungen zueinander in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen oder eine den Stammaktionären angebotene Prämie in prozentual gleicher Höhe auch den Vorzugsaktionären anzubieten ist – nicht normiert. Eine solche Verpflichtung lässt sich auch nicht aus dem Angemessenheitspostulat des § 31 Abs. 1 Satz 1 WpÜG und den Berücksichtigungsgeboten des § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG herauslesen86: Sie werden durch die §§ 3 ff. WpÜG-Ang-
77 78 79 80 81 82 83 84 85 86
Art. 17 Abs. 1 Übernahmekodex. Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 59; Müller-Michaels in Hölters, Hdb. Unternehmenskauf, Rz. 13.53. So auch Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.257. Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.254. Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 63. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 21. Note 1, Rule 14.1 Takeover Code. § 26 Abs. 2 ÜbG. Art. 32 Abs. 5 BEHG (Pflichtangebot), Art. 9 Abs. 5 Satz 2 UEV (freiwillige Angebote). Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 3 WpÜG-AngVO Rz. 10; a.A. Heidel, Financial Times Deutschland vom 8.4.2003, S. 32.
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§ 31 Rz. 29 Gegenleistung VO abschließend ausgefüllt (siehe unten Rz. 34 ff.). Eine Gegenleistung, die den Anforderungen der §§ 3 ff. WpÜG-AngVO genügt, ist demnach angemessen im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 WpÜG87. 30
Hieraus folgt zweierlei: Erstens ist die Gegenleistung für Aktien verschiedener Gattung getrennt zu ermitteln88; dies ist in § 3 Satz 3 WpÜG-AngVO ausdrücklich festgehalten.
31
Zweitens ist der Bieter nicht verpflichtet, die Stamm- und Vorzugsaktionäre gleich zu behandeln. Eine den Stammaktionären im Rahmen des Vorerwerbs gewährte Kontrollprämie ist also gemäß § 4 WpÜG-AngVO nur für die Gegenleistung für Stammaktien relevant; der Bieter ist nicht verpflichtet, diese Prämie auch den Vorzugsaktionären anzubieten89. Gleiches gilt, wenn kein Vorerwerb erfolgt und der Bieter in Verfolgung seiner individuellen Ziele den Aktionären einer Gattung freiwillig einen höheren Peis als den Mindestwert gemäß §§ 4 ff. WpÜG-AngVO anbietet. Ebenso wenig ist der gesetzlichen Regelung zu entnehmen, dass die durchschnittliche Gegenleistung für Aktien aller Gattungen angemessen sein muss90, dass die Gegenleistungen für Aktien verschiedener Gattungen zueinander in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen91 oder dass der Börsenkurs bzw. Vorerwerbspreis von Aktien der jeweils anderen Gattung bei der Ermittlung der angemessenen Gegenleistung zu berücksichtigen ist92. 4. Variable Gegenleistung
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Dass der Bieter für den Erwerb einer Aktie der Zielgesellschaft eine fixierte Geldsumme und/oder eine festgelegte Zahl von Aktien als Gegenleistung anbietet, ist typisch, aber nicht zwingend. Die Gegenleistung kann auch in einem durch verschiedene Variablen ausgedrückten Wert bestehen (etwa dem Verhältnis der Werte der Aktien des Bieters und der Zielgesellschaft)93 oder sich beim Über- bzw. Unterschreiten bestimmter Schwellenwerte erhöhen oder vermindern. Dies kann sich insbesondere bei Tauschangeboten empfehlen, um kursbedingte Risiken während der Annahmefrist zu minimieren94. Derartige Preisermittlungsvorschriften sind Teil des Angebots; wenn sich die auf ihrer Grundlage errechneten Preise oder Tauschverhältnisse im Zeitablauf ändern, liegt hierin keine Änderung des Angebots gemäß § 2195. Derartige Bestimmungen sind grundsätzlich zulässig96. Die auf ihrer Grundlage ermittelten Preise müssen jedoch den gemäß §§ 4 ff. WpÜG-AngVO ermittelten Mindestwert zumindest erreichen97. Außerdem müssen sie in der Angebotsunterlage verständlich dargestellt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3). 87 Vgl. BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03 – Wella, ZIP 2004, 950, 951 = AG 2004, 607. 88 BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03 – Wella, ZIP 2004, 950, 951 = AG 2004, 607; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 10; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 3 WpÜG-AngVO Rz. 9 f.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 80; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.253; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 15 f.; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 77 ff. 89 Vgl. Übernahmeangebot Procter & Gamble Germany Management GmbH/Wella AG vom 28.4.2003, S. 11 ff.; BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03 – Wella, ZIP 2004, 950, 951 = AG 2004, 607; Habersack, ZIP 2003, 1123, 1128; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 7; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 22; krit. Heidel, Financial Times Deutschland vom 8.4.2003, S. 32. 90 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 18. 91 Habersack, ZIP 2003, 1123, 1128; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 22; anders nach dem Takeover Code (Rule 14, Note 1), nach österreichischem Recht (§ 26 Abs. 2 ÜbG) und Schweizer Recht (Art. 32 Abs. 5 BEHG sowie Art. 9 Abs. 5 Satz 2 UEV). 92 Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 10; Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 7 und 12; Habersack, ZIP 2003, 1123, 1128; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 22; siehe auch BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03 – Wella, ZIP 2004, 950 = AG 2004, 607; a.A. Heidel, Financial Times Deutschland vom 8.4.2003, S. 32. 93 Riehmer/Schröder, BB-Beil. 5/2001, S. 5; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 8; Kremer/ Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 22. 94 Kopp, Börsen-Zeitung vom 12.3.2002, S. 11. 95 Kopp, Börsen-Zeitung vom 12.3.2002, S. 11; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 22; zweifelnd Busch, AG 2002, 145, 151. 96 Ebenso Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 43 ff. 97 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 8; Kopp, Börsen-Zeitung vom 12.3.2002, S. 11; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 22.
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Rz. 33b § 31
5. Bindung an Angaben in Pflichtveröffentlichungen? Hat der Bieter in einer Pflichtveröffentlichung oder in anderer Weise Angaben zu Art und Höhe der Gegenleistung gemacht, stellt sich die Frage, ob er sich hieran festhalten lassen muss. Klare abstrakt-generelle Maßstäbe für oder gegen eine bestimmte Bindungswirkung, die für sämtliche Formen derartiger Bekundungen Geltung beanspruchen, lassen sich weder aus dem Übernahmerecht noch aus dem Marktmissbrauchsrecht gewinnen98. Vielmehr ist von Fall zu Fall zu unterscheiden:
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Ob die Erklärung in der Angebotsunterlage, dass der Bieter die angebotene Gegenleistung „verbind- 33a lich und unwiderruflich“ nicht erhöhen werde (sog. Verbesserungssperre oder No-Increase-Statement)99, Bindungswirkung besitzt, ist umstritten. Nach einer Ansicht soll eine spätere Änderung des Angebots zulässig sein, weil die Erhöhung der Gegenleistung eine gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG generell zulässige Änderung des Angebots sei, die Abweichung vom No-Increase-Statement die Position der Aktionäre verbessere und eventuelle Interessenkonflikte über das Rücktrittsrecht des § 21 Abs. 4 WpÜG gelöst werden könnten100. Nach der Gegenauffassung ändere der vom No-IncreaseStatement abweichende Bieter das Angebot nicht nur dadurch, dass er die Gegenleistung erhöhe. Vielmehr sei auch das No-Increase-Statement Angebotsbestandteil. Eine Abweichung von diesem Angebotsbestandteil sei eine materielle Änderung des Angebots, die im Numerus Clausus der zulässigen materiellen Änderungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nicht vorgesehen und damit unzulässig sei101. Wenngleich man das No-Increase-Statement auch als Annex der angebotenen Gegenleistung begreifen und das spätere Abweichen als einen Anwendungsfall des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG ansehen kann, erscheint die zweite Ansicht überzeugender; anderenfalls würde man dem No-Increase-Statement jedwede rechtliche Bedeutung absprechen. Auch in ausländischen Rechtsordnungen ist das No-Increase-Statement grundsätzlich rechtlich bindend102. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich die Gegenleistung durch Parallelerwerb des Bieters oder 33b mit ihm gemeinsam handelnder Personen gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG automatisch erhöhen kann. Dies muss selbst dann gelten, wenn der Bieter in der Angebotsunterlage „verbindlich und unwiderruflich“ erklärt, dass weder er noch mit ihm gemeinsam handelnde Personen noch deren Tochterunternehmen bis zum Ende der Annahmefrist Aktien der Zielgesellschaft börslich oder außerbörslich zu einem höheren Preis erwerben oder einen solchen vereinbaren werden (Parallelerwerbssperre)103, dann aber gleichwohl ein Parallelerwerb zu einem höheren Preis stattfindet. Von der Rechtsfolge des § 31 Abs. 4 WpÜG kann sich der Bieter nicht durch einseitige Erklärung freizeichnen. Die Rückabwicklung jedenfalls eines börslichen Parallelerwerbs erscheint ausgeschlossen. Sollte die Abweichung vom No-Increase-Statement Marktverzerrungen oder die Schädigung Dritter herbeiführen, kann sie bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen als Ordnungswidrigkeit oder Straftat sanktioniert werden (§ 25 WpHG i.V.m. Art. 12, 15 MAR, § 120 Abs. 2 Nr. 3 WpHG, § 119 Abs. 1 WpHG) und Schadensersatzansprüche gemäß § 826 BGB nach sich ziehen104.
98 Hippeli/Klepsch, WM 2016, 1205, 1212. 99 Vgl. Übernahmeangebot Beauty Holding Three AG/Douglas Holding AG vom 31.10.2012, S. 8; Übernahmeangebot FPS Beteiligungs AG/RHÖN KLINIKUM Aktiengesellschaft vom 18.5.2012, S. 8. 100 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 21 WpÜG Rz. 29; Vorauflage § 21 WpÜG Rz. 24. 101 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 30; Santelmann in Steinmeyer, § 21 WpÜG Rz. 5; Hippeli/Klepsch, WM 2016, 1205, 1206. 102 Vereinigtes Königreich: Rule 32.2 Takeover Code; Österreich: § 15 Abs. 1 Satz 2 ÜbG. 103 Vgl. Übernahmeangebot Beauty Holding Three AG/Douglas Holding AG vom 31.10.2012, S. 8; Übernahmeangebot FPS Beteiligungs AG/RHÖN KLINIKUM Aktiengesellschaft vom 18.5.2012, S. 8. 104 Ansprüche aus culpa in contrahendo scheiden aus, weil zwischen dem Bieter und den Aktionären der Zielgesellschaft kein vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht; LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15 – Postbank II – juris, Rz. 601. Selbst wenn man dies anders sähe (siehe LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz. 284 ff.), könnten sich Aktionäre der Zielgesellschaft nicht auf eine culpa in contrahendo berufen, wenn sie ihre Aktien im Vertrauen auf die Veränderungssperre an einen Dritten verkaufen und nach der Erhöhung der Gegenleistung unter dem Angebot feststellen, dass sie ihre Aktien „zu billig“ verkauft haben. Ihre Entscheidung, an einen Dritten zu verkaufen, ist untrennbar mit der Entscheidung verbunden, das Angebot des Bieters nicht weiter zu berücksichtigen; wenn ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit dem Bieter entstanden wäre, würde es hiermit erlöschen.
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§ 31 Rz. 33c Gegenleistung 33c
Auch für Angaben in der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 1 WpÜG)105 oder in der Veröffentlichung der Kontrollerlangung (§ 35 Abs. 1 WpÜG) ist umstritten, ob ihnen Bindungswirkung zukommt oder nicht. Nach zutreffender Auffassung ist eine Bindung des Bieters an diese Angaben zu verneinen. Zunächst existiert für Mitteilungen gemäß § 10 WpÜG – anders als für Angebotsunterlagen – kein Numerus Clausus der zulässigen Änderungen. Auch steht es dem Bieter frei, seine Angebotsabsicht aufzugeben und von der Übermittlung einer Angebotsunterlage abzusehen (zum Abbruch des Angebotsverfahrens siehe § 10 WpÜG Rz. 51) – auch wenn er damit in Kauf nimmt, dass dieser Abbruch des Angebotsverfahrens die Untersagung des Angebots durch die BaFin nach sich zieht (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG) und der Bieter erst nach Ablauf eines Jahres ein weiteres Angebot abgeben kann (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Auch im Übrigen bestehen weder übernahmerechtliche noch marktmissbrauchsrechtliche Bindungen (siehe § 10 WpÜG Rz. 51 ff.)106. Soweit die Gegenauffassung den Bieter, wenn er ein Angebot abgibt, an seinen Angaben festhalten will und dies damit begründet, dass sich die Kapitalmarktteilnehmer im Regelfall auf diese Veröffentlichungen verlassen und sich am Markt entsprechende Preise bilden107, ist dem entgegenzuhalten, dass die Herbeiführung von Marktverzerrungen und die schuldhafte Schädigung Dritter bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen als Ordnungswidrigkeit oder Straftat sanktioniert werden können (§ 25 WpHG i.V.m. Art. 12, 15 MAR, § 120 Abs. 2 Nr. 3 WpHG, § 119 Abs. 1 WpHG). Weiterhin können sie Schadensersatzansprüche der Aktionäre gemäß § 826 BGB nach sich ziehen. Angesichts dessen erscheinen darüber hinausgehende übernahmerechtliche Verpflichtungen zum Schutz der Aktionäre der Zielgesellschaft nicht erforderlich.
33d
Für Angaben des Bieters in begleitenden Pflichtveröffentlichungen (z.B. Ad hoc-Mitteilungen) oder Presse- und sonstigen Veröffentlichungen des Bieters108 muss dasselbe gelten wie für Angaben in Veröffentlichungen gemäß § 10 bzw. § 35 Abs. 1 WpÜG. Auch hier gibt es keinen Numerus Clausus zulässiger Änderungen. Die Herbeiführung von Marktverzerrungen und die schuldhafte Schädigung Dritter können bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen als Ordnungswidrigkeit oder Straftat sanktioniert werden (§ 25 WpHG i.V.m. Art. 12, 15 MAR, § 120 Abs. 2 Nr. 3 WpHG, § 119 Abs. 1 WpHG) und gemäß § 826 BGB Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Darüber hinausgehende übernahmerechtliche Verpflichtungen zum Schutz der Aktionäre der Zielgesellschaft erscheinen daher nicht erforderlich. 6. Abschließender Charakter der §§ 3 ff. WpÜG-AngVO
34
Aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 WpÜG und der §§ 3 bis 7 WpÜG-AngVO ist nicht eindeutig zu ersehen, ob das Angemessenheitspostulat und die Berücksichtigungsgebote des Gesetzes durch die WpÜG-Angebotsverordnung abschließend ausgefüllt werden, mithin eine Gegenleistung, die dem höheren der beiden Mindestpreise entspricht, stets auch angemessen ist109. Nach dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG sind die dort genannten Berücksichtigungsgebote nämlich nur „grundsätzlich“ zu beachten. Dies scheint darauf hinzudeuten, dass in Ausnahmefällen Abweichungen von den dort genannten Kriterien zulässig sind. Daher wird teilweise angenommen, dass dann, wenn der gemäß §§ 3 ff. WpÜG-AngVO ermittelte Mindestpreis den wirklichen Wert der Wertpapiere evident überschreitet, auch eine niedrigere Gegenleistung angemessen sei110, bzw. dass dann, wenn der gemäß §§ 3 ff. WpÜG-AngVO ermittelte Mindestpreis den – durch eine Unternehmensbewertung i.S.d. 105 Vgl. Veröffentlichung der Beauty Holding Two GmbH v. 15.10.2012 (Advent International/Douglas Holding AG). 106 Hippeli/Klepsch, WM 2016, 1205, 1212. 107 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 11; Schulz, M&A-Review 2003, 161, 163. 108 Z.B. Pressemitteilungen der Pulver BidCo GmbH vom 30.4., 5.5. und 8.5.2019 anlässlich ihres Übernahmeangebots an die Aktionäre der Scout24 AG (keine Erhöhung der Gegenleistung, keine Absenkung der Annahmeschwelle, keine Verlängerung der Annahmefrist) unter https://scout24-angebot.de/websites/1023_ma/Ger man/1000/bekanntmachungen.html (Abruf 14.8.2019). 109 Ebenso Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 14. 110 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 24 (mit weiteren Beispielen); weitergehend Tröger, DZWiR 2002, 397, 399; auch noch Thun in Geibel/Süßmann, 1. Aufl. 2002, § 31 WpÜG Rz. 5; a.A. Habersack, ZIP 2003, 1123, 1125 ff.; Schulz, M&A-Review 2003, 161, 165; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 20 (anders Voraufl.).
836
Krause
Gegenleistung
Rz. 36a § 31
§ 5 Abs. 4 WpÜG-AngVO ermittelten – wirklichen Wert der Wertpapiere evident unterschreitet, nur die dieser Bewertung entsprechende höhere Gegenleistung angemessen sei111. Der Wille des Gesetzgebers und die Systematik des § 31 Abs. 1 sowie ganz entscheidend die Systematik des § 5 WpÜG-AngVO und die Teleologie der genannten Vorschriften sprechen jedoch dafür, dass die §§ 3 ff. WpÜG-AngVO abschließenden Charakter haben, mithin eine Gegenleistung, die dem höheren der beiden Mindestpreise entspricht, stets angemessen ist112. Insbesondere ist bei hinreichender Liquidität der Aktie der Zielgesellschaft eine Unternehmensbewertung zur Ermittlung der Angemessenheit der Gegenleistung nicht erforderlich113.
35
Dieses Ergebnis ist auch mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden114. Soweit für die Zuläs- 36 sigkeit von Abweichungen von den §§ 3 ff. WpÜG-AngVO angeführt wird, dass dann, wenn die Zielgesellschaft in eine schwere Krise geraten ist und nach der Übernahme durch den Bieter saniert werden soll, das Abstellen auf Börsenkurse oder Vorerwerbspreise vor Eintritt der Krise zum Schutz der Aktionäre nicht erforderlich und für den Bieter eine unverhältnismäßige Belastung sei, mithin die verfassungskonforme Auslegung des § 31 Abs. 1 die Möglichkeit der Abweichung von den §§ 3 ff. WpÜGAngVO gebiete115, ist dem entgegenzuhalten, dass es dem Bieter freisteht, sich wegen der geplanten Sanierung gemäß § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AngVO vom Pflichtangebot befreien zu lassen, eine Kontrollbeteiligung zu erwerben und auf ein Angebot an den Streubesitz zu verzichten. Weil die Befreiung gemäß § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AngVO nach zutreffender Auffassung nicht mit der Auflage verbunden werden darf, dass der Erwerber das Pflichtangebot nach Abschluss der Sanierung nachholen muss (siehe hierzu § 9 WpÜG-AngVO Rz. 44), stünde es dem Erwerber frei, dem Erwerb der Kontrollbeteiligung ein freiwilliges Erwerbsangebot – dessen Gegenleistung weder § 31 WpÜG noch §§ 3 ff. WpÜGAngVO unterliegt – folgen zu lassen. Eine auf § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AngVO a maiore ad minus gestützte Befreiung von den Mindestpreisvorschriften116 wäre demnach nicht erforderlich. 7. Berücksichtigung von Earn-Out-Regelungen Ob und wie mögliche Zahlungen aufgrund einer Earn-Out-Vereinbarung mit einem verkaufenden Aktionär117 bei der Bemessung der Gegenleistung zu berücksichtigen sind, ist umstritten. Die praktische Schwierigkeit besteht regelmäßig darin, dass Earn-Out-Zahlungen regelmäßig erst dann geschuldet sind, wenn bestimmte, in der Vereinbarung definierte Voraussetzungen in der Zukunft eintreten. Bei Freigabe der Angebotsunterlage durch die BaFin gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist daher ungewiss, ob Earn-Out-Zahlungen geschuldet sind oder nicht. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin und der herrschenden Meinung in der Literatur118 ist der Bieter verpflichtet, den Aktionären, die das Angebot annehmen, einen Nachzahlungsanspruch einzuräumen119. Der Nachzahlungsanspruch ist Teil der unter dem Angebot geschuldeten Gegenleistung; daher hat der Bieter gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auch die Finanzierung des Nachzahlungsanspruchs sicherzustellen und gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2
111 Tröger, DZWiR 2002, 397, 399; ähnlich Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 770. 112 So auch Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 60; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 3. 113 Eingehend Habersack, ZIP 2003, 1123, 1125 ff.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 5; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 9; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.251; a.A. Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 41. 114 Habersack, ZIP 2003, 1123, 1127; a.A. Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 43. 115 Tominski/Kuthe, BKR 2004, 10, 11; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 8; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 24 (mit weiteren Beispielen); Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 14 f.; Bicker/Parameswaran, ZIP 2007, 187, 187 ff. 116 Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 43; lediglich de lege ferenda Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 24.; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 17. 117 Siehe dazu auch Rz. 114 und § 4 WpÜG-AngVO Rz. 18a. 118 A.A. Süßmann, WM 2003, 1453, 1461 f.; Tuttlies/Bredow, BB 2008, 911, 911 f. (keine Berücksichtigung); vermittelnd Tominski/Kuthe, BKR 2004, 10, 15; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 35a. 119 Berrar/Schnorbus, CFL 2019, 106, 109; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 153; Tuttlies/Bredow, BB 2008, 911, 912.
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36a
§ 31 Rz. 36a Gegenleistung WpÜG eine Bestätigung hierüber beizubringen120. Wenn Earn-Out-Zahlungen fällig werden, hat der Bieter dies der BaFin entsprechend § 23 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG mitzuteilen121. 8. Ausschüttung von Dividenden 36b
Bei der Terminierung von Übernahme- und Pflichtangeboten wird es sich nicht immer vermeiden lassen, dass die Zielgesellschaft während der (weiteren) Annahmefrist oder, wenn regulatorische Freigaben erst nach dem Ablauf der (weiteren) Annahmefrist erteilt werden, im Zeitraum nach Ablauf der (weiteren) Annahmefrist und dem Vollzug des Angebots eine Dividende bezahlen. Außerhalb eines Verfahrens nach dem WpÜG führt die Ausschüttung einer Dividende regelmäßig dazu, dass der Aktienkurs der Zielgesellschaft entsprechend sinkt. Wenn der Bieter diesen Effekt bei der Bemessung der Gegenleistung nicht berücksichtigt, läuft er Gefahr, dass er eine höhere als die dann noch angemessene Gegenleistung bezahlt122; die Auszahlung einer Dividende vor Vollzug des Übernahmeangebots führt nämlich nicht automatisch zu einer Herabsetzung der Gegenleistung123 (auch dann nicht, wenn die ausbezahlte Dividende höher ausfällt als eingepreist). Wegen § 21 Abs. 1 Satz 1 WpÜG kann die Angebotsunterlage nicht vorsehen, dass sich die Gegenleistung vermindert, wenn die Zielgesellschaft eine Ausschüttung vornimmt. Sie kann aber vorsehen, dass sich die Gegenleistung erhöht, wenn das Angebot vor der antizipierten Dividendenzahlung vollzogen wird124. Die Gegenleistung setzt sich dann aus zwei Komponenten zusammen: einem Basispreis, der den Maßstäben der § 31 WpÜG i.V.m. §§ 4, 5 WpÜG-AngVO entsprechen muss125, und einem Erhöhungsbetrag, dessen Fälligwerden davon abhängt, ob das Angebot vor oder nach dem Dividendentermin vollzogen wird126.
36c
Die Zahlung einer Dividende durch den Bieter bewegt sich außerhalb des Regelungsbereichs des § 31 WpÜG127. Wenn das Angebot allein eine Geldleistung vorsieht, leuchtet das unmittelbar ein. Bei Tauschangeboten erscheint dies jedoch nicht zwingend. 9. Wahlgegenleistungen
36d
Der Bieter kann den Aktionären der Zielgesellschaft die Wahl zwischen verschiedenen Gegenleistungen anbieten. Eine Wahlschuld (§ 262 BGB) ist im WpÜG nicht ausdrücklich vorgesehen, wird aber in § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 vorausgesetzt128. Hiernach kann der Bieter sein Angebot ändern, indem er wahlweise eine andere Gegenleistung anbietet. Dann aber muss es erst recht möglich sein, von vornherein zwei alternative Gegenleistungen zur Wahl zu stellen129 (zu tauglichen Arten der Gegenleistung siehe unten Rz. 38).
120 Berrar/Schnorbus, CFL 2019, 106, 109; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 55. 121 Berrar/Schnorbus, CFL 2019, 106, 109; Tuttlies/Bredow, BB 2008, 911, 913. 122 Hierzu ausführlich Oppenhoff/Illert, in FS Marsch-Barner, 2018, S. 397, 399 ff. 123 Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 159; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 88; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Hdb., 2017, § 57 Rz. 76; a.A. Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.255; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 24; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 34; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 4 WpÜG-AngVO Rz. 35. 124 Oppenhoff/Illert, in FS Marsch-Barner, 2018, S. 397, 407; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Hdb., 2017, § 57 Rz. 76. 125 Oppenhoff/Illert, in FS Marsch-Barner, 2018, S. 397, 407; Oppenhoff in Drinhausen/Eckstein, BeckHdB AG, § 23 Rz. 139; Wirbel in Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Hdb., 2017, § 57 Rz. 76. 126 Vgl. Übernahmeangebot der Vodafone Vierte Verwaltungsgesellschaft mbH an die Aktionäre der Kabel Deutschland Holding AG vom 30.7.2013; Übernahmeangebot der E.ON Verwaltungs AG an die Aktionäre der der Innogy SE vom 27.4.2018. 127 Jahresbericht der BaFin 2011, S. 224. 128 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 94. 129 Kremer/Oesterhaus, KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 37; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 94; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600.
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Gegenleistung
Rz. 36g § 31
Nach der Verwaltungspraxis der BaFin muss auch eine wahlweise alternative Gegenleistung die ge- 36e setzlichen Mindestpreisvorschriften einhalten130. Ausnahmen hat die BaFin bislang nur in Bezug auf die Art der Gegenleistung gemäß § 31 Abs. 2 WpÜG (siehe unten Rz. 38), nicht jedoch in Bezug auf die Höhe der Gegenleistung zugelassen. Die BaFin begründet dies damit, dass die Angemessenheit der Gegenleistung grundlegend in § 31 Abs. 1 WpÜG (und nicht Abs. 2) geregelt sei, diese Vorschrift und ihre Konkretisierungen in den §§ 4 ff. WpÜG-AngVO keine Differenzierung zwischen einer primären und einer alternativen Gegenleistung vorsähen, die Gesetzesbegründung nur für den Fall des § 31 Abs. 2 WpÜG eine Ausnahme vorsieht und auch die Aktionäre, die die alternative Gegenleistung annehmen, auf den Schutz des § 31 WpÜG vertrauen und bei Parallel- und Nacherwerb von den Regelungen in § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG profitieren sollen. Außerdem fürchtet die BaFin Umgehungsgestaltungen zugunsten von Paketaktionären, die sie mit dieser weiten Auslegung des § 31 WpÜG verhindern will131. Diese Position der BaFin ist zurückzuweisen. Nach zutreffender Ansicht finden die Vorschriften der § 31 WpÜG und §§ 3 ff. WpÜG-AngVO auf eine wahlweise angebotene alternative Gegenleistung keine Anwendung132. Nach dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hat der Bieter nur „eine“ angemessene Gegenleistung anzubieten. Wenn der Bieter eine Gegenleistung anbietet, die den gesetzlichen Anforderungen genügt (Pflichtgegenleistung), hat er diese Verpflichtung erfüllt. Nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Schutzzweck der Vorschrift ist Genüge getan: Die Aktionäre sind hinreichend geschützt, weil sie die Möglichkeit haben, ihre Aktien gegen die Pflichtgegenleistung abzugeben und die Wahlgegenleistung zu ignorieren. Im Übrigen ist es für die Aktionäre von Vorteil, wenn ihnen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus eine Wahlgegenleistung zur Verfügung gestellt wird. Die Angebotsunterlage muss über die unterschiedliche Qualität der zur Wahl gestellten Gegenleistungen informieren133. Dem Bieter steht es frei, die Wahlgegenleistung besonders attraktiv auszugestalten – nicht nur in Bezug auf die Höhe, sondern auch dadurch, dass er sich in der Angebotsunterlage zur Anpassung der Wahlgegenleistung analog § 31 Abs. 3 bis 5 WpÜG verpflichtet.
III. Angemessene Gegenleistung bei Delisting-Angeboten Gemäß § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG findet die Vorschrift des § 31 WpÜG auch auf Delisting-Angebote Anwendung. Folglich gelten die Maßstäbe des § 31 WpÜG auch dann, wenn das Delisting-Angebot ein einfaches Erwerbsangebot ist. In § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG ist ausdrücklich angeordnet, dass die Gegenleistung in einer Geldleistung in Euro bestehen und – sofern nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 39 Abs. 3 Satz 3 oder Satz 4 BörsG vorliegt – mindestens dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurs der Wertpapiere während der letzten sechs Monate vor der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 oder § 35 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes entsprechen muss (siehe unten Rz. 150a). Diese spezielleren Regelungen gehen den allgemeinen Regelungen des § 31 WpÜG vor.
36f
In dem besonderen Fall, dass ein Übernahme- oder Pflichtangebot, das keine Bedingungen i.S.d. § 18 WpÜG enthält, gleichzeitig die Grundlage für einen Delisting-Antrag der Zielgesellschaft legen soll, muss das Angebot die Anforderungen sowohl des § 31 WpÜG als auch des § 39 BörsG erfüllen. Dies führt zur kumulativen Anwendung der Dreimonatsfrist des § 5 Abs. 1 WpÜG-AngVO und der Sechsmonatsfrist der § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG. Vereinzelt wird vertreten, dass der Bieter in einer derartigen
36g
130 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600; Noack/Holzborn in Schwark/Zimmer, § 21 WpÜG Rz. 7; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 26. 131 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f. 132 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 37; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 95; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 21; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29, § 31 WpÜG Rz. 65; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 15; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 158, 160; a.A. Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f.; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 23. 133 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 37; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 23; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 23; jedenfalls für Wahlgegenleistungen, die den Vorschriften der § 31 Abs. 1 WpÜG, §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO genügen Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 65.
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§ 31 Rz. 36g Gegenleistung Situation faktisch die Wahl habe, ob er den dreimonatigen oder den sechsmonatigen Durchschnittskurs als Gegenleistung anbietet: Er könnte die Übernahme im Gewande des Delisting-Angebots verwirklichen, und sodann könnte die Zielgesellschaft davon absehen, den Delisting-Antrag zu stellen134. Richtig ist daran, dass das Delisting gemäß § 39 Abs. 2 BörsG nur dann funktioniert, wenn Bieter und Zielgesellschaft ihre jeweiligen Rollen spielen: Das Delisting-Angebot veröffentlicht typischerweise der Bieter, den Delisting-Antrag kann nur die Zielgesellschaft stellen. Dass der Bieter in der genannten Situation zwischen einem drei- und einem sechsmonatigen Durchschnittskurs wählen kann, erscheint hingegen unzutreffend: Wenn die Gegenleistung hinter dem dreimonatigen Durchschnittskurs zurückbleibt, wird die BaFin die Veröffentlichung des Übernahme- bzw. Pflichtangebots nicht gestatten; wenn die Gegenleistung hinter dem dreimonatigen Durchschnittskurs zurückbleibt, wird die Zulassungsstelle der betroffenen Wertpapierbörse die Zulassung zum Börsenhandel nicht widerrufen.
C. Art der Gegenleistung (§ 31 Abs. 2 WpÜG) I. Grundsätzliches 37
Gemäß § 31 Abs. 2 WpÜG muss die Gegenleistung in einer Geldleistung in Euro oder in liquiden, zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Aktien bestehen. Diese Arten der Gegenleistung bilden die Pflichtgegenleistung. Sie soll sicherstellen, dass die Adressaten des Angebots für die Veräußerung der Aktien der Zielgesellschaft entweder Geld oder Wertpapiere, die sich kurzfristig gegen Geld veräußern lassen, erhalten.
38
Der Bieter kann den Aktionären der Zielgesellschaft die Wahl zwischen verschiedenen Gegenleistungen anbieten (siehe oben Rz. 36d). Dies können zwei verschiedene, als Pflichtgegenleistung taugliche Gegenleistungen sein. Der Bieter ist aber nicht gehindert, neben einer Pflichtgegenleistung auch eine Gegenleistung anderer Art anzubieten, die die Anforderungen des § 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG nicht erfüllt (Wahlgegenleistung)135. In Betracht kommen eine Geldleistung in anderer Währung als Euro, andere Wertpapiere als Aktien (z.B. Aktienoptionen136 oder sogenannte Contingent Value Rights137) oder Aktien, denen die für eine Pflichtgegenleistung erforderliche Liquidität oder Börsenzulassung fehlt. Insoweit erkennt die BaFin an, dass es für einen Aktionär wirtschaftlich durchaus vernünftig sein kann, bei unterschiedlichen Gegenleistungen die weniger liquide Gegenleistung zu wählen138. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin muss aber auch eine derartige wahlweise angebotene alternative Gegenleistung die Anforderungen an die Höhe der Gegenleistung erfüllen (siehe oben Rz. 36e).
II. Geldleistung in Euro (Pflichtgegenleistung) 39
Der Begriff der Geldleistung knüpft an den zivilrechtlichen Begriff der Geldschuld an. Geldschulden sind Verbindlichkeiten, die zur Verschaffung der im Geld verkörperten abstrakten Kaufmacht verpflichten139. Die als Pflichtgegenleistung angebotene Geldleistung muss auf Euro lauten; die Aktionäre sollen weder mit dem Währungsrisiko noch mit Wechselkosten belastet werden140. Ist die Geldleistung die Wahlgegenleistung – etwa weil das Angebot neben der Geldleistung auch eine in liquiden
134 Wackerbarth, WM 2016, 385, 386. 135 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 23; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 287; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 412; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.266. 136 Vgl. Übernahmeangebot 2016091 Ontario/IXOS Software: Angebotsunterlage v. 1.12.2003, S. 10, 18 ff.; Gemeinsame Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats v. 2.12.2003. S. 5 ff. 137 Hierzu Berrar/Schnorbus, CFL 2019, 106, 110 f. 138 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600. 139 Omlor in Staudinger, Neubearbeitung 2016, Vor §§ 244-248 BGB B2; Grundmann in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2016, § 245 BGB Rz. 83. 140 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.267.
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Gegenleistung
Rz. 43 § 31
börsenzugelassenen Aktien bestehende, die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 WpÜG erfüllende Sachleistung zur Wahl stellt – kann sie auch in einer anderen Währung als Euro angeboten werden141. Regelmäßig wird als Geldleistung ein fester Betrag je Aktie bestimmt. Denkbar ist aber auch eine variable Geldleistung, die etwa aus einem Durchschnittskurs bestimmter Aktien während eines festgelegten Zeitraums abgeleitet wird142. Die Formel für die Berechnung dieser Gegenleistung muss klar und verständlich sein (§ 11 Abs. 1 Satz 3 WpÜG), und das Ergebnis darf die Mindestgegenleistung gemäß §§ 4 ff. WpÜG-AngVO nicht unterschreiten143.
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III. Liquide börsenzugelassene Aktien (Pflichtgegenleistung) 1. Aktien und depositary receipts Der Bieter kann als Pflichtgegenleistung auch liquide, zum Handel an einem organisierten Markt zugelassene Aktien anbieten. Wandelschuldverschreibungen, Wandelgenussrechte, Optionsrechte und sonstige unter § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG subsumierbare Wertpapiere scheiden dagegen als Pflichtgegenleistung aus144.
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Ob auch mit Aktien vergleichbare Wertpapiere und Zertifikate, die Aktien vertreten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG), als Pflichtgegenleistung angeboten werden können, ist in § 31 Abs. 2 WpÜG nicht geregelt. Die Frage stellt sich insbesondere für ausländische Emittenten, die ihre Aktien im Europäischen Wirtschaftsraum aus technischen Gründen (Lieferbarkeit, Abwicklung über Zentralverwahrer) nicht zum Börsenhandel zulassen können und stattdessen depositary receipts anbieten. Anders als Aktien verbriefen die von einer depositary bank ausgegebenen depositary receipts keine Mitgliedschaftsrechte, sondern nur eine wirtschaftliche Mitberechtigung an den bei der depositary bank hinterlegten Aktien. Durch die den depositary receipts zugrundeliegenden Vereinbarungen werden die Mitgliedschaftsrechte der depositary bank auf schuldrechtlicher Basis an die Inhaber der depositary receipts weitergegeben, so dass die Stellung eines Inhabers von depositary receipts wirtschaftlich der Stellung eines Aktionärs entspricht. Hiernach und wegen der Gleichstellung von Aktien und depositary receipts in § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG wäre es sachgerecht, depositary receipts analog § 31 Abs. 2 WpÜG als taugliche Gegenleistung anzusehen, wenn ein ausländischer Bieter aus technischen Gründen keine Aktien anbieten kann und die angebotenen depositary receipts eine Rechtsstellung einräumen, die wirtschaftlich der Stellung eines Aktionärs entspricht145.
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2. Herkunft der Aktien Im Normalfall wird die Gegenleistung in Aktien des Bieters bestehen. Die Aktien können aus einer Kapitalerhöhung (typischerweise aus genehmigtem Kapital) generierte oder bereits bestehende eigene Aktien des Bieters sein. Bei unterschiedlicher Herkunft der als Gegenleistung angebotenen Aktien müssen wegen § 3 Abs. 1 WpÜG alle angebotenen Aktien gleiche Rechte vermitteln, also z.B. für den glei-
141 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 24; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 30. 142 Riehmer/Schroeder, BB-Beil. 5/2000, S. 5; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 436; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 31. 143 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 63. 144 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 9; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 81; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 25. 145 Im Ergebnis ebenso Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 9; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 25; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 468; Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 211; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 66; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 35; de lege ferenda auch DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006; Bouchon/ von Breitenbach, ZIP 2004, 58, 60; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 22; a.A. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 81; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 56.
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§ 31 Rz. 43 Gegenleistung chen Zeitraum gewinnberechtigt sein146. Die Begründung einer rückwirkenden Gewinnbeteiligung ist bei der Ausgabe neuer Aktien nicht uneingeschränkt zulässig147. Da für die inhaltliche Ausstattung der Aktien der Zeitpunkt ihrer Ausgabe (also der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gegenleistung) maßgeblich ist, wird der Bieter den zeitlichen Ablauf regelmäßig so steuern können, dass die Dividende auf das abgelaufene Geschäftsjahr vor der Fälligkeit der Gegenleistung ausgeschüttet wird und somit alte und neue Aktien gleiche Rechte verbriefen148. 44
Der Bieter kann auch Aktien einer anderen Gesellschaft als Gegenleistung anbieten149. Der Wortlaut des WpÜG enthält keinen Anhalt dafür, dass als taugliche Gegenleistung nur Aktien des Bieters in Frage kommen. Auch der Schutz der Aktionäre erfordert keine derartige Beschränkung, denn er wird durch das Liquiditätserfordernis sichergestellt150. Weil der Bieter die als Gegenleistung angebotenen Aktien regelmäßig wie in einem Verkaufsprospekt beschreiben muss (§ 2 Nr. 2 WpÜG-AngVO), erscheint dieser Weg im Regelfall nur gangbar, wenn der Bieter bei der Emittentin der angebotenen Aktien eine Due Diligence durchführen kann151.
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Ob es zulässig ist, Aktien einer vom Bieter oder von einem Dritten kontrollierten Gesellschaft anzubieten, ist umstritten. Eine Auffassung hält dies für unzulässig. Sie erblickt einen Wertungswiderspruch darin, dass Aktionäre gemäß § 35 WpÜG eine Austrittsmöglichkeit aus der kontrollierten Zielgesellschaft erhalten, aber Aktien einer anderen kontrollierten Gesellschaft als Gegenleistung akzeptieren müssen152. Zutreffend erscheint jedoch die Gegenansicht, die Aktien einer kontrollierten Gesellschaft für eine taugliche Gegenleistung hält153. Dies entspricht auch der Verwaltungspraxis der BaFin154. Die Austrittsmöglichkeit des § 35 WpÜG steht nämlich nicht nur bei der Kontrollbegründung, sondern auch beim Kontrollwechsel zur Verfügung, so dass ein Verbot der Gewährung von Aktien einer kontrollierten Gesellschaft die Aktionäre einer bereits kontrollierten Zielgesellschaft ungerechtfertigt begünstigen würde – sie könnten in eine nicht kontrollierte Gesellschaft übertreten. Entscheidend ist jedoch, dass der Aktionärsschutz bereits durch die Verpflichtung des Bieters zum Angebot liquider börsenzugelassener Aktien sichergestellt ist. Dass die Emittentin dieser Aktien eine kontrollierte Gesellschaft ist, ist im Wert der Aktien regelmäßig reflektiert. Die Beherrschung ist daher auch in den Konditionen des Übernahmeangebots regelmäßig ausreichend abgebildet. Dem wird entgegengehalten, dass der Vermögensschutz gerade dann nicht gewährleistet ist, wenn alle Aktionäre, die das Angebot angenommen haben, verkaufen müssen, um nicht Aktionär in einer vom Bieter kontrollierten Gesellschaft zu werden. Denn durch einen massenweisen Verkauf solcher Aktien würde der Kurswert der Gegenleistung rasch sinken. Dagegen spricht aber, dass Aktionäre der Zielgesellschaft, die verhindern wollen, Aktionär einer beherrschten Gesellschaft zu werden, das Angebot nicht annehmen müssen. Zudem besteht kein Recht des Angebotsempfängers, in jedem Fall den bei der Be146 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 26; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 35; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 12; offenbar a.A. MarschBarner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 64 (angebotene Aktien müssen dieselben Rechte verbriefen wie die bereits bestehenden Aktien derselben Gattung). 147 Vgl. hierzu Hüffer/Koch, § 60 AktG Rz. 10, § 182 AktG Rz. 15, § 204 AktG Rz. 4. 148 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 64; Oppenhoff/Illert in FS Marsch-Barner, 2018, S. 397, 399. 149 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 9, 21; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 81; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 68; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 35; Veranneman/Gärtner, AG 2009, 648, 648. 150 Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 295 (zum RefE); Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 27. 151 Näher Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 59 f. 152 Habersack, ZHR 166 (2002), 619, 624; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 62. 153 Technau, AG 2002, 260, 265; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 28; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 20; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 55; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 65; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 35 f.; JohannsenRoth/Goslar, AG 2007, 573, 574; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1964 f.; Reinhardt/Kocher in Paschos/ Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 12. 154 Vgl. Übernahmeangebot UCB/Schwarz Pharma vom 8.12.2006, S. 8, 20 (Gegenleistung betrug 50 Euro plus 0,8735 UCB-Aktien; UCB war zum Zeitpunkt des Angebots eine kontrollierte Gesellschaft und der Großaktionär sollte auch nach Durchführung der Transaktion zu 33 % an der UCB beteiligt sein.
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Gegenleistung
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stimmung des Tauschverhältnisses zugrunde gelegten Wert der Akquisitionswährung zu erhalten155. Einem solchen Recht widerspricht schon die Heranziehung eines gewichteten Durchschnittskurses zur Bestimmung des Mindestaustauschverhältnisses (siehe dazu § 7 WpÜG-AngVO Rz. 5). Bei Tauschangeboten ist nicht auszuschließen, dass ein Großaktionär der Zielgesellschaft durch die Annahme des Angebots die Kontrolle über den Bieter (bzw. die Gesellschaft deren Aktien als Gegenleistung angeboten werden) erwirbt. Je nachdem, wo der Bieter (bzw. diese Gesellschaft) ihren Sitz hat, kann der annehmende Aktionär zur Abgabe eines Pflichtangebots verpflichtet sein. Nach dem in Rz. 45 Gesagten steht § 31 Abs. 2 WpÜG derartigen Angeboten nicht entgegen, denn Wortlaut und Schutzzweck der Vorschrift fordern lediglich, dass die angebotenen Aktien liquide und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Danach würde es auch nicht gegen § 31 Abs. 2 WpÜG verstoßen, wenn der Aktionär, der durch Annahme des Angebots die Kontrolle über den Bieter erwirbt, wegen der Art der Kontrollerlangung und der hiermit beabsichtigten Zielsetzung gemäß § 37 WpÜG von der Abgabe eines Pflichtangebots befreit würde156.
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3. Liquidität Das Liquiditätserfordernis wurde aus dem bei Inkrafttreten des Gesetzes aktuellen EU-Richtlinienvorschlag übernommen157. Was unter einer liquiden Aktie zu verstehen ist, ist weder in § 31 WpÜG noch in der WpÜG-Angebotsverordnung geregelt. Eine allgemein anerkannte Definition der Liquidität einer Aktie besteht nicht. § 31 WpÜG und die WpÜG-Angebotsverordnung verschweigen sich ebenfalls darüber, wann die als Gegenleistung gewährten Aktien liquide sein müssen. Die hieraus resultierende Rechtsunsicherheit wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht zu Unrecht kritisiert158.
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Ersten Konkretisierungsversuchen zufolge soll eine Aktie bereits dann „liquide“ sein, wenn sie zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen ist159. Dies vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Börsenzulassung in § 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG als eigenes Merkmal vorgesehen ist und dem Liquiditätskriterium bei dieser Auslegung keine eigene Bedeutung zukäme. Nach anderer Ansicht soll eine Aktie dann „liquide“ sein, wenn sie so lebhaft gehandelt wird, dass die Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG-AngVO nicht erfüllt sind – also während der drei Monate vor Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe des Angebots entweder an mehr als einem Drittel der Börsentage Börsenkurse festgestellt worden sind oder mehrere nacheinander festgestellte Börsenkurse nicht um mehr als 5 % voneinander abweichen160. Auch dieser Konkretisierungsversuch überzeugt nur wenig. Das Liquiditätskriterium soll gewährleisten, dass den Aktionären, die das Tauschangebot annehmen, nach der Durchführung des Angebots ein hinreichend tiefer Markt zur Verfügung steht, auf dem sie sich von den als Gegenleistung empfangenen Aktien trennen können161. Hierzu kommt es auf die Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarkts für die als Gegenleistung gewährten Aktien an162. Erforderlich ist demnach eine Einzelfall-
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155 Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1964. 156 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 29. 157 Art. 5 Abs. 1 Satz 3; näher Krause, ZGR 2002, 500, 514 f.; kritisch DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006. 158 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2000, 420, 428; Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 296. 159 Schüppen, WPg 2001, 958, 968; Zschocke, DB 2002, 79, 80; dagegen zutr. Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 287. 160 Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 296; Riehmer/Schröder, BB-Beil. 5/2001, S. 5; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 287; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 770; Thoma, NZG 2002, 105, 108; Verannemann/Gärtner, NZG 2009, 648, 649; krit. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428 („keine Legaldefinition“); Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 412; noch anders Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 59a, der auf die MiFID-Durchführungsverordnung abstellt. 161 Krause, NZG 2000, 905, 909; Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820, 822; Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 296; ferner Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 10; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 82; Krause, ZGR 2002, 500, 514; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1965. 162 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 412; Krause, NZG 2000, 905, 909; Krause, NJW 2002, 705, 710; Krause, ZGR 2002, 500, 514 ff.; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 30.
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§ 31 Rz. 48 Gegenleistung betrachtung163, in deren Rahmen die Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarkts zu prognostizieren ist (hierzu sogleich in Rz. 51). Dies entspricht auch der Verwaltungspraxis der BaFin164. Allzu strenge Maßstäbe an die Aufnahmefähigkeit des Marktes sollten allerdings nicht gestellt werden165. 49
Der Handelsverlauf während der Dreimonatsperiode vor Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe des Angebots kann einen Anhaltspunkt für die Aufnahmefähigkeit des Marktes liefern166, ermöglicht aber keine abschließende Beurteilung167. Mit dem Schutzzweck des § 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist es nämlich vereinbar, Aktien einer für Zwecke der Transaktion neu gegründeten Gesellschaft („Newco“) anzubieten, die während des Dreimonatszeitraums des § 5 Abs. 4 WpÜG-AngVO noch gar nicht gehandelt worden sein können, sofern sichergestellt ist, dass diese Aktien nach Abwicklung des Angebots liquide sein werden168. Folglich können, wenn überhaupt, die Kriterien des § 5 Abs. 4 WpÜG-AngVO nur insoweit von Bedeutung sein, als die durch sie beschriebene Situation – fehlender Handel und hohe Volatilität – nach Abwicklung des Angebots nicht eintreten darf169. Dagegen wird sich aus § 5 Abs. 4 WpÜG-AngVO kaum der Umkehrschluss ziehen lassen, dass immer dann, wenn seine Kriterien nicht erfüllt sind, die angebotene Aktie hinreichend liquide ist170. Die Annahme, dass beispielsweise eine Aktie, für die an weniger als einem Viertel der Börsentage des Referenzzeitraums Börsenkurse festgestellt worden sind und mehrere nacheinander festgestellte Börsenkurse um mehr als 4 % (aber nicht mehr als 5 %) voneinander abweichen, eine liquide Aktie sein soll, erscheint nicht zutreffend.
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Der Zeitpunkt, zu dem die Aktien liquide sein müssen, ist nach dem Vorstehenden jedenfalls nicht der Beginn der Annahmefrist171. Teilweise wird angenommen, der Wortlaut verbiete, auf einen späteren Zeitpunkt als den Ablauf der Annahmefrist abzustellen, weil die Gegenleistung – Aktien, die zum Handel „zugelassen sind“ – zu diesem Zeitpunkt geschuldet sei172. Neue Aktien können zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht liquide sein, weil sie erst im Rahmen der Abwicklung des Angebots – nämlich mit Eintragung der Durchführung der Sachkapitalerhöhung im Handelsregister des Bieters – entstehen und erst nach ihrer Entstehung vom Treuhänder an die ehemaligen Aktionäre der Zielgesellschaft übereignet werden. Erst in diesem Moment sind die Aktionäre schutzbedürftig. Demnach ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Gegenleistung gewährt wird, d.h. die als Gegenleistung angebotenen Aktien an die Adressaten des Angebots übereignet werden173.
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Ob der Kapitalmarkt die als Gegenleistung angebotenen Aktien aufnehmen kann, richtet sich nach den Verhältnissen nach der Abwicklung des Angebots, die bei Veröffentlichung der Angebotsunterlage 163 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85; Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 223; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 70; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 11; a.A. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 30; Bouchon/von Breitenbuch, ZIP 2004, 58, 61 (gegen Einzelfallbetrachtung). 164 Übernahmeangebot Alpha Beta Netherlands Holding N.V./Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, S. 57. 165 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428; Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 223; MarschBarner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 70; in diese Richtung auch Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85. 166 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 11; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 83; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 30; Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 224; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 71; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 36. 167 So aber wohl Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 30 (anders in Rz. 31); zu eng auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 12. 168 Krause, NJW 2002, 705, 710; Krause, ZGR 2002, 500, 515 f.; Thoma, NZG 2002, 105, 108; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 31; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 59; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 72; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 37; a.A. Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 219. 169 Zutreffend Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 72. 170 So aber Thoma, NZG 2002, 105, 108; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 30. 171 So aber Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 219. 172 Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 413 f. 173 Krause, NJW 2002, 705, 710; Krause, ZGR 2002, 500, 514 ff.; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 10; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 82; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 61; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 72; zustimmend Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 36; ähnlich Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 296.
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noch in der Zukunft liegen und dementsprechend eine Prognose erfordern174. Die Prognose hat sich darüber zu verhalten, ob nach Durchführung des Angebots ein hinreichend liquider Markt für die als Gegenleistung angebotenen Aktien bestehen wird. Sie muss grundsätzlich aus der Sicht eines objektiven, mit den Verhältnissen am Kapitalmarkt vertrauten Dritten gestellt werden. Insoweit wäre etwa die Annahmequote des Tauschangebots, das erwartete Handelsvolumen nach Abwicklung des Angebots, etwaiges erhöhtes Abgabeverhalten bestimmter Aktionäre (insbesondere institutioneller Anleger), die Existenz von Aktienpaketen und das Verhalten ihrer Inhaber sowie die Aufnahmebereitschaft der Aktionäre zu berücksichtigen175. Ähnliche Überlegungen liegen § 9 BörsZulV zugrunde, der für die Zulassung von Aktien zum Handel im amtlichen Markt die ausreichende Streuung der Aktien im Publikum verlangt176. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn 25 % des Gesamtnennbetrags oder der Stückzahl vom Publikum erworben worden sind. Wenn wegen der großen Zahl von Aktien der fraglichen Gattung und ihrer breiten Streuung im Publikum ein ordnungsgemäßer Handel gewährleistet ist, kann auch bei kleinerem free-float eine ausreichende Streuung gegeben sein177. Es genügt sogar, wenn diese Streuung innerhalb kurzer Frist nach Einführung der Aktien erreicht sein wird178. Bei Übernahmeangeboten dürfte sich diese Streuung dadurch erreichen lassen, dass die Wirksamkeit des Tauschangebots, ohne dass der Bieter auf den Eintritt dieser Bedingung verzichten könnte, von einer diesen Erfordernissen entsprechenden Mindestannahmequote abhängig gemacht wird179. Soll das Angebot auch bei geringerer Annahmequote durchgeführt werden, wäre die Liquidität durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, etwa durch den Bieter und die mit ihm zusammenarbeitenden Banken180. 4. Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt Als Pflichtgegenleistung angebotene Aktien müssen zum Handel an einem organisierten Markt – d.h. 52 an einem inländischen regulierten Markt (§§ 32 ff. BörsG) oder in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums an einem geregelten Markt im Sinne des Art. 1 Nr. 13 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie181 (§ 2 Abs. 7 WpÜG) – zugelassen sein. Der Gesetzgeber begründet dieses Zulassungserfordernis damit, dass mit der Geltung europäischer Standards ein Mindestanlegerschutz gewährleistet wird; so werde vermieden, dass die Adressaten des Angebots auf Vorschriften verwiesen werden, deren Anforderungen im Einzelfall hinter den europäischen Standards zurückbleiben können182. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass das Zulassungserfordernis gegenüber Bietern, deren Aktien nicht zum Handel an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 7 WpÜG zugelassen sind, eine Benachteiligung darstellt183. Benachteiligt sind einerseits die Emittenten, deren Aktien in einem der verschiedenen Freiverkehrssegmente gehandelt werden. Nach dem Inkrafttreten der MAR, der Ausweitung ihres Anwendungsbereichs auf bestimmte Freiverkehrsemittenten184 und der damit einhergegangenen Anhebung des Schutzniveaus185 könnte man sich die Frage stellen, ob die Beschränkung 174 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428, und zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 84; Krause, NZG 2000, 905, 909; Krause, ZGR 2002, 500, 514 ff.; Thaeter in Thaeter/Brandi, Teil 2 Rz. 470; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 72; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1962; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 37; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 17. 175 So auch Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 72. 176 Schwark, NJW 1987, 2041, 2043 f. 177 § 9 Abs. 1 BörsZulV; das Regelwerk Neuer Markt ließ beim Überschreiten bestimmter Emissionsvolumina auch eine geringere Streuung im Publikum genügen; vgl. Abschn. 2, Ziff. 3.10 Abs. 1 Satz 2 RWNM. 178 § 9 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV; ebenso Abschn. 2, Ziff. 3.10 Abs. 2 Nr. 1 RWNM. 179 Eingehend Krause, NJW 2002, 705, 710; Krause, ZGR 2002, 500, 516; dem folgend Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 59; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 72. 180 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85. 181 Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. EG Nr. L 141 v. 11.6.1993, S. 27. 182 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55. 183 Daher krit. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 32; Bouchon/von Breitenbuch, ZIP 2004, 58; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 68; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 37. 184 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 13. 185 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 13.
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§ 31 Rz. 52 Gegenleistung der Gegenleistung auf an einem inländischen Markt gehandelte Aktien nach der Einführung der MAR noch zeitgemäß ist186. Der Wortlaut des § 31 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist indes eindeutig187. Benachteiligt sind andererseits ausländische Emittenten, deren Aktien allein an einer Börse außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums notiert sind. Bereits im Gesetzgebungsverfahren wurde vorgetragen, dass diese Beschränkung zu Lasten US-amerikanischer Gesellschaften ohne Börsennotierung im Europäischen Wirtschaftsraum ginge188. Der Gesetzgeber musste jedoch auch Gesellschaften mit Sitz und Börsennotierung in emerging markets im Auge behalten, deren Standards hinter den europäischen bzw. USamerikanischen Standards zurückbleiben; ihnen gegenüber ist eine unterschiedliche Behandlung aus WHO-rechtlichen Gründen unzulässig. Der Gesetzgeber hielt diese Benachteiligung der Unternehmen mit Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums für vertretbar, weil sie nicht gehindert seien, ihre Aktien an einer Börse im Europäischen Wirtschaftsraum zuzulassen189. 53
In der Praxis stößt die Börseneinführung von Aktien, die in einem Drittstaat zum Börsenhandel zugelassen sind und zur Aufrechterhaltung dieser Zulassung bei der Clearingstelle dieses Drittstaats hinterlegt sein müssen, nicht selten auf erhebliche Schwierigkeiten. Die für die inländische Zulassung dieser Aktien erforderliche Erklärung über die Hinterlegung bei einer Wertpapiersammelbank (§ 48 Abs. 2 Nr. 7 lit. a) BörsZulV) kann nur abgegeben werden, wenn die Clearstream Banking AG die zuzulassenden Aktien dem ausländischen Verwahrer zur Sammelverwahrung anvertrauen kann. Während verschiedene europäische Zentralverwahrer und die US Depository Trust Company (DTC) die rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen (§ 5 Abs. 4 DepotG) und die erforderlichen Kontoverbindungen zwischen der Clearstream Banking AG und diesen Verwahrern eingerichtet sind, können die Voraussetzungen für die Verwahrung bei anderen Zentralverwahrern entweder aus rechtlichen Gründen oder nur zu kaufmännisch nicht vertretbaren Konditionen erfüllt werden (z.B. Australien)190. Der Bieter kann diese Schwierigkeiten nur vermeiden, wenn er bei der Clearstream Banking AG (oder einem die rechtlichen und technischen Voraussetzungen erfüllenden ausländischen Sammelverwahrer) zu hinterlegende depositary receipts als Gegenleistung anbietet (zur Zulässigkeit siehe oben Rz. 42).
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Wie der Gesetzgeber in der Begründung des Regierungsentwurfs klargestellt hat191, müssen die als Gegenleistung gewährten Aktien spätestens zum Zeitpunkt der Übertragung an die Adressaten des Angebots zum Börsenhandel zugelassen sein192. Allein dies ist sinnvoll. Müssten die konkreten, als Gegenleistung angebotenen Aktien schon zu einem früheren Zeitpunkt (etwa dem Beginn oder dem Ende der Annahmefrist) zum Börsenhandel zugelassen sein, könnte die Gegenleistung jedenfalls nicht in neuen Aktien bestehen, die in Deutschland zum Börsenhandel zugelassen sein sollen193. Auch der Schutzzweck der Vorschrift erfordert nicht mehr, als dass die Aktien börsengängig sind, wenn sie an die Adressaten des Angebots übereignet werden194. Weil der Bieter gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 WpÜG 186 So etwa Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 14, jedoch ohne weitere Begründung. 187 Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 14, jedoch ohne weitere Begründung. 188 Ebenfalls kritisch Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 32; Veranneman/Gärtner, AG 2009, 648, 649. 189 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55. 190 Eingehend Bouchon/von Breitenbuch, ZIP 2004, 58, 59 f. 191 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55; so bereits unter Berufung auf den Schutzzweck Krause, NZG 2000, 905, 909. 192 Krause, NJW 2002, 905, 909; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 88; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 32; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 61; Thaeter in Thaeter/ Brandi, Teil 2 Rz. 478; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 69; Johannsen-Roth/Goslar, AG 2007, 573, 574; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 22; a.A. Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 213. 193 Die Zulassung von Aktien zum Börsenhandel ist erst dann möglich, wenn „die Aktien“ zur Entstehung gelangt sind; das sind die neuen Aktien (jedenfalls nach deutschem Aktienrecht) erst dann, wenn die Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister eingetragen ist (§ 191 AktG). Dies setzt voraus, dass die Einlage – Aktien der Zielgesellschaft – geleistet worden ist (§ 188 Abs. 2 Satz 1, § 36 Abs. 2, §§ 36a, 37 Abs. 1 AktG). Die Übereignung der Aktien der Zielgesellschaft findet aber erst regelmäßig nach dem Ende der Annahmefrist statt. Zum Ganzen Krause, ZGR 2002, 500, 514 f. 194 Krause, NZG 2000, 905, 909; vgl. auch die in Rz. 54 Fn. 2 Genannten.
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Gegenleistung
Rz. 59 § 31
seine Erfüllungsfähigkeit sicherstellen muss, hat er vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Börsenzulassung zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Gegenleistung zu erwirken195. Dies entspricht der Verwaltungspraxis der BaFin196. Die Folgen des Scheiterns der Börsenzulassung nach Abschluss des Angebotsverfahrens sind im Ge- 55 setz nicht geregelt. Soweit die Aktionäre der Zielgesellschaft betroffen sind, ergeben sie sich aus den allgemeinen Regelungen des schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts197. Folglich kann der Bieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung schulden, wenn er das Scheitern der Zulassung zu vertreten hat. Dies ließe sich verhindern, indem das Tauschangebot unter eine geeignete aufschiebende Bedingung gestellt wird198, was aber bei Pflichtangeboten nicht möglich ist (siehe § 18 WpÜG Rz. 5, § 39 WpÜG Rz. 17). Problematischer ist der Fall, dass die Börsenzulassung scheitert, nachdem die Kapitalerhöhung wirksam durchgeführt worden ist, d.h. die Aktien der Zielgesellschaft an den Bieter übereignet und die neuen Aktien des Bieters in den Händen des – regelmäßig eingeschalteten – Treuhänders entstanden sind. Durch die Zuteilung geliehener alter und daher zum Börsenhandel zugelassener Aktien wird sich das Problem nicht immer lösen lassen199. 5. Stimmrecht Im Rahmen eines Tauschangebots müssen die Aktien, die den Inhabern stimmberechtigter Aktien der Zielgesellschaft als Gegenleistung angeboten werden, gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 WpÜG ebenfalls ein Stimmrecht gewähren. Im Hinblick auf das Stimmrecht soll sich die gesellschaftsrechtliche Position der Aktionäre nicht verändern200.
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Inhabern von Stammaktien, die ihr Stimmrecht wegen eines Ausübungshindernisses nicht ausüben können201, muss der Bieter stimmberechtigte Aktien anbieten. Das – oft nur zeitweilig bestehende – Ausübungshindernis ändert nichts daran, dass es sich um stimmberechtigte Aktien handelt. Das Bestehen des Stimmrechts selbst wird durch das Ausübungshindernis nicht berührt202.
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Eine bestimmte Qualität des Stimmrechts ist nach dem Wortlaut des § 31 Abs. 2 Satz 2 WpÜG nicht 58 vorausgesetzt. Die Adressaten des Angebots haben es hinzunehmen, dass die als Gegenleistung angebotenen Aktien aufgrund der (verhältnismäßig) geringeren Beteiligung eine entsprechend geringere relative Stimmkraft besitzen203. Nach verbreiteter Auffassung soll auch die Gewährung von Aktien mit reduziertem Stimmrecht (etwa die im skandinavischen Raum verbreiteten Aktien mit 1/10 Stimmrecht204 oder Aktien einer Gesellschaft, bei der eine Stimmrechtsbeschränkung besteht205), grundsätzlich nicht zu beanstanden sein. Zur Begründung wird angeführt, dass sich die Anforderungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 WpÜG auf die 195 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 88; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 13 WpÜG Rz. 43 und § 31 WpÜG Rz. 69; ähnlich Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 14. 196 Übernahmeangebot der Alpha Beta Netherlands Holding N.V. an die Aktionäre der Deutsche Börse AG vom 4.5.2011, S. 56 f., 72. 197 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 15. 198 Die Bedingung, dass die als Gegenleistung angebotenen Aktien zum Börsenhandel zugelassen worden sind, ist allerdings insofern problematisch, als mit der Abwicklung des Angebots begonnen werden muss, bevor die Börsenzulassung erfolgen kann; siehe oben Rz. 54 Fn. 193. 199 Näher Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 59. 200 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55. Soweit zulässigerweise depositary receipts angeboten werden (hierzu Rz. 42), muss es genügen, dass das Stimmrecht durch Vollmacht und entsprechende Weisungsrechte vermittelt wird; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 20. 201 In Betracht kommen § 71b, § 136 Abs. 1, § 328 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 44 Abs. 1 Satz 1 WpHG (§ 28 Satz 1 WpHG a.F.), § 59 WpÜG. 202 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 17; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 35; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 74. 203 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 36; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 73; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 38. 204 Vgl. Krage, AG 1998, 226, 228, und die Gemeinsame Stellungnahme des BDI, DEHT, BDA und GdV vom 27.9.2001, S. 13. 205 Vgl. Übernahmeangebot UniCredito Italiano/Bayerische Hypo- und Vereinsbank vom 26.5.2005, Anhang 1, S. 189.
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§ 31 Rz. 59 Gegenleistung Gewährung eines nicht näher qualifizierten Stimmrechts beschränken206 und dass die Aktionäre der Zielgesellschaft regelmäßig hinreichend geschützt sind, weil sich das unterschiedliche Stimmengewicht typischerweise im Kurs der angebotenen Aktien niederschlägt207. Wenn jedoch die formelle Stimmberechtigung der angebotenen Aktien so krass hinter der Stimmberechtigung der Aktien anderer Gattungen zurückbleibt, dass faktisch stimmrechtslose Aktien angeboten werden, liege eine Umgehung des § 31 Abs. 2 Satz 2 WpÜG vor; ein derartiges Tauschangebot sei zu untersagen208. Die besseren Gründe dürften aber dafür sprechen, nur Aktien mit vollem Stimmrecht als taugliche Gegenleistung anzusehen209. Mit dem Schutzzweck des § 31 Abs. 2 Satz 2 WpÜG erscheint es kaum vereinbar, dass Aktionäre, die in der Zielgesellschaft über ein volles Stimmrecht verfügen, über die wegen des Aktientauschs ohnehin eintretende Verwässerung hinaus eine Reduzierung ihres Stimmrechts hinzunehmen haben. Im Wortlaut findet dies durchaus eine Stütze, denn die als Gegenleistung zu gewährenden Aktien müssen „ein“ Stimmrecht gewähren. Im Übrigen würde die hier als vorzugswürdig angesehene Auslegung die Diskussion über den Schwellenwert, ab dem ein Missbrauchsfall anzunehmen ist, vermeiden. 60
Die Inhaber stimmrechtsloser Vorzugsaktien haben keinen Anspruch auf Gewährung stimmberechtigter Aktien210. Der Bieter ist jedoch nicht gehindert, auch Vorzugsaktionären stimmberechtigte Stammaktien zum Tausch anzubieten211. Auch wenn Vorzugsaktionären der Zielgesellschaft aufgrund § 140 Abs. 2 AktG ausnahmsweise ein Stimmrecht zusteht, haben sie im Rahmen des § 31 WpÜG keinen Anspruch auf Gewährung stimmberechtigter Aktien212. Das Stimmrecht gemäß § 140 Abs. 2 AktG ist nämlich nur vorübergehender Natur und daher mit dem Stimmrecht der Stammaktien qualitativ nicht vergleichbar. Durch die Gewährung stimmrechtsloser Aktien werden die Vorzugsaktionäre im Regelfall auch nicht benachteiligt, weil diese Aktien in den Hauptversammlungen der Emittentin stimmberechtigt sind, soweit dort die Voraussetzungen für das Aufleben des Stimmrechts erfüllt sind. Mangels gesetzlicher Anordnung braucht der Vorzug der als Gegenleistung gewährten Aktien – anders als bei Umwandlungen (§ 23 UmwG) – dem Vorzug der Aktien der Zielgesellschaft nicht gleichwertig zu sein213.
IV. Sonstige Arten der Gegenleistung (Wahlgegenleistung) 61
Der Bieter kann den Aktionären der Zielgesellschaft verschiedene Gegenleistungen zur Wahl stellen. Der Schutzzweck des § 31 Abs. 2 WpÜG ist bereits dann erfüllt, wenn sich unter den alternativen Gegenleistungen mindestens eine Pflichtgegenleistung befindet, die in einer Geldleistung in Euro und/ oder liquiden, börsenzugelassenen Aktien besteht214. Als Wahlgegenleistung kommen z.B. Geldleistungen in anderer Währung als Euro, Anleihen, Wandelschuldverschreibungen, Contingent Value Rights
206 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 36; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 73; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 20; dem Grunde nach auch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 20. 207 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 36; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 90 (unzutreffend allerdings die Forderung in Rz. 93, dass die angebotenen stimmberechtigten Aktien keiner anderen Aktiengattung formell nachgeordnet sein dürfen). 208 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 36; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 73. 209 A.A. Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 38. 210 Anders noch § 16 Abs. 1 DiskE, der allgemein die Gewährung stimmberechtigter Aktien gefordert hatte. 211 Begr. RegE, BT-Drucks.14/7034, S. 55. 212 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 92; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 35; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 74; a.A. Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 18; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 38. 213 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 93; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 74. 214 Liebscher, ZIP 2001, 853, 864; Thaeter/Barth, NZG 2001, 545, 547; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 22; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1968; zum Diskussionsentwurf bereits Pötzsch/ Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 23; Land/Hasselbach, DB 2000, 1747, 1750.
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Gegenleistung
Rz. 63 § 31
(CVR)215 oder nicht im Europäischen Wirtschaftsraum börsenzugelassene Aktien in Betracht216. Dem Bieter steht es frei, gerade diese Wahlgegenleistung besonders attraktiv auszugestalten217. In der Praxis wurden alternative Gegenleistungen jedoch nur selten angeboten218. Nach der Verwaltungspraxis der BaFin muss jede Gegenleistung – d.h. auch eine wahlweise angebotene alternative Gegenleistung – die Anforderungen an die Höhe der Gegenleistung erfüllen. Diese Position der BaFin ist zurückzuweisen. Nach zutreffender Ansicht finden die Vorschriften der § 31 WpÜG und §§ 3 ff. WpÜG-AngVO auf eine wahlweise angebotene alternative Gegenleistung keine Anwendung219 (siehe oben Rz. 36e).
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Anders als die Pflichtgegenleistung, die für sämtliche noch nicht vom Bieter gehaltenen Aktien bereit- 62a gestellt werden muss, kann der Bieter die Wahlgegenleistung auf eine bestimmte Gesamtzahl von Wertpapieren oder einen bestimmten Gesamtbetrag in fremder Währung beschränken. Für den Fall der Überzeichnung der Wahlgegenleistung kann der Bieter eine verhältnismäßige Zuteilung vorsehen220. Dies ergibt sich nicht aus § 19 WpÜG, der auf Übernahmeangebote keine Anwendung findet, sondern aus dem Gleichbehandlungsgebot (§ 3 Abs. 1 WpÜG)221. Eine Zuteilung nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Annahmeerklärungen („first come, first served“) ist nicht zulässig222. Sie würde einen Wettlauf um die Wahlgegenleistung auslösen und – anders als nach dem Willen des Gesetzgebers vorgesehen – den Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft die Möglichkeit verwehren, „das Angebot zu gleichen Bedingungen anzunehmen“223.
V. Kombinierte Gegenleistung Der Bieter kann auch eine Gegenleistung anbieten, die verschiedene Elemente miteinander kombiniert. Dies ist zwar weder im Gesetz noch in der Begründung des Regierungsentwurfs ausgesprochen, ergibt sich jedoch daraus, dass die Aktionäre bei Bar- und Tauschangeboten, die die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 WpÜG erfüllen, ausreichend geschützt sind224. Eine Pflichtgegenleistung, die
215 Contingent Value Rights (CVR) sind optionsähnliche, in der Regel börsennotierte Rechte, bei denen die Nachleistungspflicht des Käufers entweder an die zukünftige Geschäftsentwicklung der Zielgesellschaft (performancebezogene CVR) oder an bestimmte Ereignisse bei der Zielgesellschaft nach dem Closing geknüpft wird (ereignisbezogene CVR); dazu ausführlich Berrar/Schnorbus, CFL 2019, 106, 110 f.; Sustmann, CFL 2011, 381, 381 ff.; Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 742 f.; kritisch Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 26 (CVR werden sich nicht durchsetzen aufgrund Komplexität und zwingender Börsenzulassung). 216 Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 53. 217 Liebscher, ZIP 2001, 853, 864; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 37; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 39; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1968. 218 Vgl. Übernahmeangebot 2016091 Ontario Inc./IXOS Software vom 1.12.2003, S. 29. Hier wurden eine Gegenleistung von 9,00 Euro je IXOS-Aktie oder alternativ, nach Wahl des jeweiligen IXOS-Aktionärs, 0,5220 Open Text-Aktien sowie Optionen auf 0,1484 Open Text-Aktien angeboten. IXOS-Aktionäre konnten in Bezug auf alle oder einen Teil ihrer IXOS-Aktien zwischen dem Barangebot und dem Alternativangebot wählen. 219 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 37; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 95; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 21; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29, § 31 WpÜG Rz. 65; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 15; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 158, 160; a.A. Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f.; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 23. 220 Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1969; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 56. 221 Siehe auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 19 WpÜG Rz. 3; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1969. 222 Dazu ausführlich Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1969 ff. 223 BT-Drucks. 14/7034, S. 35. 224 Thaeter/Barth, NZG 2001, 545, 547; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 25; JohannsenRoth/Goslar, AG 2007, 573, 574; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 599.
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§ 31 Rz. 63 Gegenleistung aus einer Geldleistung in Euro und liquiden Aktien, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, ist hiernach zulässig225. 64
Eine derartig kombinierte Gegenleistung kann erforderlich werden, wenn bei einem Tauschangebot aufgrund des Tauschverhältnisses freie Spitzen auszugleichen sind226 oder den Adressaten des Angebots im Rahmen einer Mix and Match-Option die Möglichkeit eröffnet wird, Art und Zusammensetzung der Gegenleistung in den Grenzen der vom Bieter zur Verfügung gestellten Gesamtgegenleistung nach eigenen Präferenzen zusammenzustellen227.
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Die Kombination mit Gegenleistungselementen, die die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 WpÜG nicht erfüllen, wird nur für zulässig gehalten, solange den Adressaten zumindest eine Alternative zur Wahl gestellt wird, die ausschließlich aus Pflichtgegenleistungselementen besteht228. Dem Schutz der Aktionäre wäre allerdings schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn die Pflichtgegenleistungselemente den gesetzlichen Mindestwert erreichen bzw. übersteigen und das Gegenleistungselement, das die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 WpÜG nicht erfüllt, gewissermaßen eine Dreingabe darstellt229.
VI. Aktientausch nur für ausgewählte Aktionäre? 65a
Wenn der Bieter bestimmte Aktionäre der Zielgesellschaft als Ankeraktionäre gewinnen will, stellt sich die Frage, ob er diesen ausgewählten Aktionären die Wahl zwischen einer Geldleistung und einer Tauschalternative anbieten kann, während er den übrigen Aktionären nur eine Geldleistung bietet230. Eine derartige Differenzierung im Rahmen des Angebots ist problematisch. Allerdings gebietet das Gleichbehandlungsgebot des § 3 Abs. 1 WpÜG nur die Gleichbehandlung von Gleichem; wenn sachlich gerechtfertigte Gründe bestehen, kann Ungleiches ungleich behandelt werden231. Daher wird man die Tauschalternative für ausgewählte Aktionäre als zulässig ansehen können, wenn nach den Umständen des Einzelfalls ein sachlicher Differenzierungsgrund besteht232. Allerdings muss sichergestellt sein, dass der Wert der alternativen Gegenleistung den Wert der allen Aktionären angebotenen Gegenleistung nicht übersteigt233. Aus praktischen Gründen dürfte der Bieter den Aktionären, die er als Ankeraktionäre gewinnen will, einen Aktientausch außerhalb des Angebots anbieten. Gegen diese Struktur bestehen unter dem Aspekt der Gleichbehandlung keine Bedenken.
VII. Art der Gegenleistung bei Delisting-Angeboten 65b
Bei einem Delisting-Angebot muss die Gegenleistung in einer Geldleistung in Euro bestehen. Dies ist in § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG ausdrücklich angeordnet. Wie bei Übernahme- und Pflichtangeboten (hierzu siehe oben Rz. 36d) spricht nichts dagegen, dass der Bieter den Aktionären der Zielgesellschaft 225 Vgl. Übernahmeangebot der UCB SA Schwarz Pharma Aktiengesellschaft vom 8.12.2006, S. 20. Hier wurde eine Gegenleistung von 50 Euro in bar plus 0,8735 Aktien der UCB geboten. 226 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 98; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1966; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.266. 227 Vgl. etwa Übernahmeangebot Deutsche Telekom AG/VoiceStream Wireless Corporation vom 9.2.2001, S. 126 ff.; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; zu weiteren Kombinationsmöglichkeiten Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1965 ff. 228 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 26; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 38. 229 So auch Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 39; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1966; a.A. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 38. 230 von Thunen, NZG 2004, 925; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1967. 231 Schüppen in FrankfKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 8; Louven in Angerer/Geibel/Süßmann, § 3 WpÜG Rz. 5; Noack in Schwark/Zimmer; § 3 WpÜG Rz. 7; von Thunen, NZG 2004, 925, 925 ff.; a.A. Baums/Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 3 WpÜG Rz. 11; Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 13; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 3 WpÜG Rz. 4. 232 von Thunen, NZG 2004, 925, 926 ff.; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1967 f. 233 Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1968.
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Gegenleistung
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neben dieser Pflichtgegenleistung auch eine Gegenleistung anderer Art anbietet, die die Anforderungen des § 39 Abs. 3 Satz 2 nicht erfüllt (Wahlgegenleistung). In Betracht kommen eine Geldleistung in anderer Währung als Euro, Wertpapiere, die keine Aktien sind (z.B. Aktienoptionen234) oder denen die für eine Pflichtgegenleistung erforderliche Liquidität oder Börsenzulassung fehlt. Für Übernahmeund Pflichtangebote erkennt die BaFin an, dass es für einen Aktionär wirtschaftlich durchaus vernünftig sein kann, bei unterschiedlichen Gegenleistungen die weniger liquide Gegenleistung zu wählen235. Für Delisting-Angebote kann nichts Anderes gelten. Wenn man der Verwaltungspraxis der BaFin zu Wahlgegenleistungen bei Übernahme- und Pflichtangeboten folgt, muss auch bei Delisting-Angeboten eine derartige wahlweise angebotene alternative Gegenleistung die gesetzlichen Anforderungen an die Höhe der Gegenleistung erfüllen. Diese Position der BaFin ist jedoch zurückzuweisen. Nach zutreffender Ansicht finden die Vorschriften der § 31 WpÜG und §§ 3 ff. WpÜG-AngVO auf eine wahlweise angebotene alternative Gegenleistung keine Anwendung236 (siehe oben Rz. 36e).
D. Pflicht zur Geldleistung (§ 31 Abs. 3 WpÜG) I. Grundsätzliches Der Bieter muss den Adressaten des Angebots eine Geldleistung anbieten, wenn er oder ihm zuzurechnende Personen im Vorfeld des Angebots (Vorerwerb) oder während der Angebotsphase, aber außerhalb des eigentlichen Angebots (Parallelerwerb) eine bestimmte Zahl von Aktien der Zielgesellschaft gegen eine Geldleistung erwerben. Diese Regelung ist Ausdruck des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 3 Abs. 1 WpÜG)237 und schützt im konkreten Fall das Vertrauen des Publikums in die Möglichkeit, zu interessenwahrenden Konditionen238 und ohne Verkaufsdruck vor dem Angebot (race to cash)239 aus der Zielgesellschaft auszuscheiden. Sie schränkt das in § 31 Abs. 2 WpÜG enthaltene Wahlrecht des Bieters in Bezug auf die Art der Gegenleistung ein. Zur Vermeidung unbilliger Härten240 wird die Geldleistungspflicht aber nur ausgelöst, wenn die Summe der relevanten Vor- und Parallelerwerbe den Schwellenwert von insgesamt 5 % der Aktien oder Stimmrechte erreicht oder überschreitet. Die Vorschrift hat nur geringe praktische Bedeutung, weil die meisten WpÜG-Angebote bisher eine Geldleistung vorgesehen haben.
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Bis zum Inkrafttreten der Neufassung des § 31 Abs. 3 WpÜG durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz241 musste der Bieter eine Geldleistung anbieten, wenn entweder mindestens 5 % der Aktien der Zielgesellschaft im Wege des Vorerwerbs (Erwerb vor Veröffentlichung der Angebotsabsicht – § 31 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG a.F.) oder mindestens 1 % der Aktien im Wege des Parallelerwerbs (Erwerb im Zeitraum zwischen Veröffentlichung der Angebotsabsicht und Ablauf der Annahmefrist – § 31 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG a.F.) erworben wurden242. Zur Umsetzung der Vorgaben des Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 3 der Übernahmerichtlinie wurden Vorerwerb und Parallelerwerb zu einem einheitlichen Tatbestand zusammengefasst und der Referenzzeitraum von drei auf sechs Monate vor Veröffentlichung
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234 Vgl. Übernahmeangebot 2016091 Ontario/IXOS Software: Angebotsunterlage v. 1.12.2003, S. 10, 18 ff.; Gemeinsame Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats v. 2.12.2003, S. 5 ff. 235 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600. 236 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 37; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 95; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 61; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 21 WpÜG Rz. 21; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 29, § 31 WpÜG Rz. 65; Schröder in FrankfKomm. WpÜG, § 21 WpÜG Rz. 15; Berrar/Schnorbus in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 10 Rz. 158, 160; a.A. Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f.; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 23. 237 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 23. 238 Tröger, DZWiR 2002, 397, 399. 239 Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1960 f. 240 BT-Drucks. 14/7477, S. 53. 241 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote vom 8.7.2006, BGBl. I 2006, 1426. 242 Krit. zur Wahl unterschiedlicher Schwellenwerte Tröger, DZWiR 2002, 397, 399.
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§ 31 Rz. 67 Gegenleistung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots verlängert (siehe dazu Rz. 10a und 21)243. Weitergehende inhaltliche Modifikationen sollten damit nicht verbunden sein244. 68
Ist der Fall des § 31 Abs. 3 WpÜG eingetreten, hat der Bieter zumindest eine Geldleistungsalternative zur Wahl zu stellen. Dass der Bieter in diesem Fall ausschließlich eine Geldleistung anbieten darf, lässt sich aus Wortlaut und Schutzzweck des Gesetzes nicht herleiten245.
II. Erwerb 69
Die Rechtsfolgen des § 31 Abs. 3 WpÜG werden durch den Erwerb von Aktien oder Stimmrechten während des Vor- bzw. Parallelerwerbszeitraums ausgelöst. Mit dem Begriff des Erwerbs in § 31 Abs. 3 WpÜG ist grundsätzlich die Erlangung des Eigentums gemeint246. Schuldrechtliche Vereinbarungen, aufgrund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann (z.B. Termingeschäfte und bestimmte Optionen und Verpflichtungsgeschäfte mit herausgeschobenem Erfüllungszeitpunkt) sind dem Erwerb allerdings gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG gleichgestellt (siehe unten Rz. 151 ff.). Anders als im Fall des Nacherwerbs gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG spielt es keine Rolle, ob der Vor- oder Parallelerwerb börslich oder außerbörslich erfolgt. Der für Zwecke des § 31 Abs. 3 WpÜG WpÜG relevante Erwerb umfasst grundsätzlich auch den Erwerb aufgrund der Veräußerung eigener Aktien oder einer Kapitalerhöhung247, nicht jedoch den gemäß § 31 Abs. 6 Satz 2 ausgenommenen originären Erwerb durch Ausübung des gesetzlichen Bezugsrechts248. Auch die verbindliche Zusage, das Angebot anzunehmen, ist kein Vorerwerb249.
70
§ 31 Abs. 3 WpÜG knüpft an den Erwerb von Aktien oder Stimmrechten an. Nach dem klaren Wortlaut und dem Willen des Gesetzgebers250 sind für die Beantwortung der Frage, ob der Schwellenwert des § 31 Abs. 3 erreicht ist, die gegen eine Geldleistung erworbenen Stamm- und Vorzugsaktien zusammenzuzählen251. Insoweit findet also keine nach Aktiengattungen getrennte Betrachtung statt252. Nach zutreffender Auffassung erfasst § 31 Abs. 3 WpÜG ferner den Erwerb der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG genannten, Aktien gleichgestellten Wertpapiere, grundsätzlich jedoch nicht den Erwerb der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG bezeichneten Wertpapiere, die lediglich ein Recht zum Erwerb von Aktien begründen253. Im Einzelfall kann jedoch auch der Erwerb dieser Wertpapiere die Pflicht zum Angebot einer Geldleistung auslösen, etwa wenn die Regelung des § 31 Abs. 3 WpÜG umgangen werden soll (z.B. wenn die fraglichen Wertpapiere aktienähnlich ausgestaltet sind, kurzfristig in Aktien umgewandelt werden können und in großer Anzahl erworben werden)254. Auch diese Titel sind für die Beantwortung der Frage, ob der Schwellenwert des § 31 Abs. 3 WpÜG erreicht ist, zu berücksichtigen. Zu den Rechtsfolgen des Erwerbs von Aktien verschiedener Gattung siehe unten Rz. 94.
243 Vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 19; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 24. 244 Vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 13. 245 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 54; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 29; a.A. Geibel/Süßmann, BKR 2002, 52, 59; Land, DB 2001, 1707, 1710; Riehmer/Schröder, BB-Beil. 5/2001, S. 11. 246 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 247 Krit. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428 f.; DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006. 248 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 81. 249 Marsch-Barner in Baums/Thoma, 1. Lfg. (2004), § 31 WpÜG Rz. 76; allgemein hierzu von Riegen, ZHR 167 (2003), 703, 724. 250 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55. 251 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 50; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 78. 252 Wäre dies anders, könnte ein Bieter an einer Zielgesellschaft, die Stamm- und Vorzugsaktien ausgegeben hat, Vor- bzw. Parallelerwerb in Höhe von 9,99 % des Grundkapitals tätigen, ohne eine Geldleistung anbieten zu müssen; dies erscheint mit dem Wortlaut und dem Schutzzweck der Vorschrift nicht vereinbar. 253 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 50; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 78. 254 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 51.
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Gegenleistung
Rz. 76 § 31
Der mittelbare Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft (d.h. der Erwerb einer Gesellschaft, die Aktien 71 der Zielgesellschaft hält) ist vom Wortlaut des § 31 Abs. 3 WpÜG nicht erfasst. Wenn der einzige Zweck der Gesellschaft darin besteht, Aktien der Zielgesellschaft zu halten, könnten der Umgehungsgesichtspunkt und die Wertung des § 35 Abs. 1 WpÜG Anlass dazu geben, diesen mittelbaren Erwerb der Aktien der Zielgesellschaft als relevanten Vor- bzw. Parallelerwerb anzusehen255. Für Zwecke des § 31 Abs. 3 WpÜG werden dem Bieter die Aktien bzw. Stimmrechte zugerechnet, die 72 mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen erwerben; diese Begriffe sind in § 2 Abs. 5 und Abs. 6 WpÜG legaldefiniert. Ob der Bieter Kenntnis von diesen Erwerbsvorgängen hat oder sie von seinem Willen getragen sind, ist irrelevant256. Rechtsgeschäfte zwischen Angehörigen dieses Personenkreises sind für Zwecke des § 31 Abs. 3 WpÜG nicht von Belang257; der Gesetzgeber sieht diesen Personenkreis als eine Einheit an. Ein Vorerwerb, der dem Handelsbestand gemäß § 20 Abs. 2 WpÜG zuzurechnen ist, ist nicht zu berücksichtigen, wenn die BaFin den Bieter von der Berücksichtigung des Handelsbestands für Zwecke des § 31 Abs. 3 WpÜG befreit hat (§ 20 Abs. 1 WpÜG)258.
73
III. Referenzperiode § 31 Abs. 3 WpÜG verpflichtet den Bieter, eine Geldleistung in Euro anzubieten, wenn er oder ihm zuzurechnende Personen in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (§ 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG) bzw. der Erlangung der Kontrolle (§ 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) bis zum Ablauf der Annahmefrist insgesamt mindestens 5 % der Aktien oder Stimmrechte der Zielgesellschaft gegen Zahlung einer Geldleistung erworben haben. Die Vorschrift soll ein „Anschleichen“ an die Zielgesellschaft verhindern, erlaubt aber gleichzeitig den Erwerb von Aktien in geringem Umfang259.
74
Fristbeginn ist der Zeitpunkt sechs Monate vor der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Diese Sechsmonatsfrist ist eine Rückwärtsfrist, die gemäß § 31 VwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB mit den für Rückwärtsfristen geltenden Besonderheiten zu berechnen ist260. Die Tage des Erwerbs und der Veröffentlichung sind nicht mitzuzählen. Erfolgt die Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WpÜG sowohl im Internet als auch in einem elektronisch betriebenen Informationssystem und erfolgen die Veröffentlichungen zu verschiedenen Zeitpunkten, ist der spätere Veröffentlichungstermin maßgeblich. Dies deswegen, weil erst mit der späteren Veröffentlichung die Veröffentlichungspflicht erfüllt ist261.
75
Verstößt der Bieter gegen die Pflicht, seine Entscheidung zur Abgabe des Angebots bzw. die Erlangung der Kontrolle unverzüglich zu veröffentlichen, ist offen, wie für Zwecke des § 31 Abs. 3 WpÜG
76
255 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 52; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 82; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 104 a.E.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 33; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.275, ähnlich Schulz, M&A-Review 2003, 114, 120 (zur Höhe der Gegenleistung), a.A. Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 86; Traugott/Schaefer, NZG 2004, 158, 162. 256 Zum Vorerwerb Liebscher, ZIP 2001, 853, 861; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 87; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 4 WpÜG-AngVO Rz. 10; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 82; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 32; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 129. 257 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 4 WpÜG-AngVO Rz. 10 (zum Vorerwerb); diff. Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 130. 258 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 83. 259 Zu § 31 Abs. 3 Nr. 1 a.F. vgl. BT-Drucks. 14/7034, S. 55. 260 Krause, NJW 1999, 1448; Müller-Eising/Bert, DB 1996, 1398 (auch zur Berücksichtigung von Sonn- und Feiertagen). 261 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 86; a.A. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 46 (aber offenbar ohne Berücksichtigung von § 10 Abs. 3 WpÜG n.F.).
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§ 31 Rz. 76 Gegenleistung verfahren werden soll. Ungeklärt ist insbesondere, welche Bedeutung die Postbank-Entscheidung des BGH262 – die zur Höhe der Gegenleistung erging – für die Art der Gegenleistung besitzt. 76a
Man könnte den säumigen Bieter so behandeln, als hätte er die Veröffentlichung rechtzeitig vorgenommen263. Dafür lässt sich anführen, dass es mit dem Schutzzweck der Vorschrift unvereinbar wäre, wenn die Aktionäre gerade deswegen schlechter stünden, weil der Bieter seine Veröffentlichungspflicht nicht (rechtzeitig) erfüllt. Demgegenüber könnte man auch (wie die BaFin264) die – ggf. verspätete – tatsächliche Veröffentlichung für maßgeblich halten265. Hierfür spräche der Wortlaut der Vorschrift, der an die tatsächliche Veröffentlichung anknüpft. Auch der Wortlaut der anderen Gleichbehandlungspflichten im System des § 31 WpÜG und der §§ 4, 5 WpÜG-AngVO knüpft an die jeweils maßgebliche tatsächliche Veröffentlichung an266. Man könnte auch an die tatsächliche Veröffentlichung anknüpfen, solange der Bieter nicht vorsätzlich handelt267. Der vorsätzlichen Verzögerung des Pflichtangebots könne die BaFin im Rahmen ihrer Missstandsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG begegnen268. Nach der Postbank-Entscheidung des BGH269 wird die Praxis jedoch davon ausgehen müssen, dass sich der Bieter so behandeln lassen muss, als hätte er die Veröffentlichung rechtzeitig vorgenommen. Für den BGH war die Erwägung ausschlaggebend, dass es dem Bieter nicht zugutekommen darf, wenn er sein Angebot verspätet veröffentlicht270.
76b
Wenn man den Ausspruch der BGH zur Verlängerung der Referenzzeiträume des § 4 Satz 1 WpÜGAngVO und des § 5 Abs. 1 WpÜG-AngVO so auslegt, dass im Ergebnis für jedes Mindestpreiskriterium zwei Referenzzeiträume vorliegen (angeknüpft an die Verletzung der Veröffentlichungspflicht einerseits und die Vornahme der Veröffentlichung andererseits; siehe § 4 WpÜG-AngVO Rz. 13a f. und § 5 WpÜG-AngVO Rz. 10a f.) und man dieses Ergebnis auf die Referenzperiode des § 31 Abs. 3 WpÜG entsprechend anwendet, gelangt man zu dem Ergebnis, dass es auch für die Frage, ob der Bieter zwingend eine Geldleistung anbieten muss, zwei Referenzperioden geben sollte: einen sechsmonatigen Vorerwerbszeitraum, der an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Bieter seine Veröffentlichungspflicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hätte erfüllen müssen, und den gesetzlichen kombinierten Vor- und Parallelerwerbszeitraum, der an die tatsächliche Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG anknüpft. Wenn man dies konsequent zu Ende denkt, muss der Bieter eine Geldleistung bieten, wenn er entweder in dem gesetzlichen kombinierten Vorund Parallelerwerbszeitraum 5 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft erwirbt oder wenn dies in einem zweiteiligen Zeitfenster geschieht, das sich aus dem früheren, an die Veröffentlichungspflicht anknüpfenden Vorerwerbszeitraum und dem Teil des gesetzlichen Zeitraums, der den Parallelerwerb erfasst, zusammensetzt.
76c
Das Fristende ergibt sich aus der Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 WpÜG). Verlängert sich die Annahmefrist aufgrund einer Änderung des Angebots (§ 21 Abs. 5 WpÜG), eines konkurrierenden Angebots (§ 22 Abs. 2 WpÜG) oder aufgrund der Einberufung einer Eil-Hauptversammlung durch die Zielgesellschaft (§ 16 Abs. 3 WpÜG), verlängert sich der für den Erwerb maßgebliche Zeitraum entsprechend. Erwerbsvorgänge während der weiteren Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG fallen nicht in die Referenzperiode des § 31 Abs. 3 WpÜG, denn die weitere Annahmefrist ist nicht Teil der Annahmefrist271. Ein Wertpapiererwerb während der weiteren Annahmefrist kann jedoch eine Pflicht zur Nachzahlung gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG zur Folge haben (siehe unten Rz. 132 ff.). 262 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662. 263 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 31; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 25 (jeweils zur Höhe der Gegenleistung). 264 Pflichtangebot Thüga Holding GmbH & Co. KGaA/Mainova Aktiengesellschaft vom 18.3.2010, S. 27. 265 Voraufl. Rz. 76; Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 138. 266 von Falkenhausen, NZG 2010, 1213, 1214; Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 138. 267 von Falkenhausen, NZG 2010, 1213, 1214 f.; Derlin, BB 2014, 2456. 268 Zutr. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 47; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 86. 269 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662. 270 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662, juris, Rz. 35. 271 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 34; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 47; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 87; Reinhardt/Kocher in Paschos/Flei-
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Rz. 79 § 31
IV. Schwellenwert Der relevante Schwellenwert ist der Erwerb von mindestens 5 % der Aktien oder Stimmrechte der Zielgesellschaft. Sind Kapitalbeteiligung und Stimmrecht nicht identisch, weil die Zielgesellschaft Vorzugs- oder Mehrstimmrechtsaktien ausgegeben hat272, ist der Bieter schon dann zum Angebot einer Geldleistung verpflichtet, wenn er 5 % der Aktien erworben hat, ganz gleich wie viele Stimmrechte diese Aktien vermitteln273.
77
Mit der Festlegung der Erwerbsschwelle auf 5 % der Aktien oder Stimmrechte wird dem Bieter ermög- 78 licht, vor dem Beginn des Angebotsverfahrens und parallel zum Angebotsverfahren Ankäufe in geringem Ausmaß zu tätigen274. Die Vorschrift stellt auf den Erwerb ab; sie konstituiert damit eine Erwerbsschwelle (im Gegensatz zur Bestandsschwelle). Daher ist es irrelevant, ob der Bieter während der Referenzperiode 5 % der Aktien oder der Stimmrechte gehalten hat; vor Beginn der Referenzperiode gehaltene Bestände sind genauso unbeachtlich wie zwischenzeitlich erfolgte Veräußerungen275. Vorund Parallelerwerbe einerseits und Veräußerungen andererseits sind daher nicht zu saldieren. Stimmrechte, die wegen eines Ausübungshindernisses nicht ausgeübt werden können276, sind für Zwecke des § 31 Abs. 3 WpÜG sowohl bei den vom Bieter erworbenen Stimmrechten als auch bei der Gesamtzahl der in der Zielgesellschaft bestehenden Stimmrechte zu berücksichtigen277. Dies gilt etwa für eigene Aktien der Zielgesellschaft, für Aktien, die ihr gemäß § 16 Abs. 4 AktG als eigene Aktien zugerechnet werden und für Aktien, deren Stimmrechte wegen der Nichterfüllung der Meldepflicht gemäß § 33 WpHG ruhen. Diese abstrakte Betrachtungsweise ist aus Gründen der Rechtssicherheit geboten, entspricht dem (in der Begründung zu § 29 Abs. 2 WpÜG ausdrücklich geäußerten) Willen des Gesetzgebers278 und folgt der ganz herrschenden Meinung zu § 33 WpHG (§ 21 WpHG a.F.)279. Die vormals in § 94 Abs. 2 Satz 3 KAGB a.F. geregelte Erleichterung für Anleger in Sondervermögen findet sich nun in § 29 Abs. 2 Satz 2 WpÜG. Hiernach gelten Stimmrechte aus Aktien, die zu einem von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Sondervermögen gehören280 und dessen Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen281, als Stimmrechte der jeweiligen Kapitalverwaltungsgesellschaft. Diese Vorschrift will vermeiden, dass Kapitalverwaltungsgesellschaften den Anlegern tag-
272 273 274 275
276 277 278 279
280 281
scher, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 36; a.A. Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 84; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 70 (Fristende ist letzter Tag der weiteren Annahmefrist). Die Vorschrift soll ein „Anschleichen“ an die Zielgesellschaft unter Ausgrenzung der Minderheitsaktionäre verhindern und bezieht Vorzugsaktien mit ein, weil sich Übernahmeangebote gemäß § 32 WpÜG auch auf Vorzugsaktien erstrecken müssen; Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 25. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 31; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 41 (mit Berechnungsbeispielen); Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 78; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 32. Zu § 31 Abs. 3 Nr. 1 a.F. vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 101; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 43; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 82; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.271; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 24. In Betracht kommen § 20 Abs. 7, § 71b, § 136 Abs. 1, § 328 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 44 Abs. 1 Satz 1 WpHG (§ 28 Satz 1 WpHG a.F.), § 59 WpÜG. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 42; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 79; Dewitz, Forum Unternehmenskauf, 11, 32; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 80. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, § 33 WpHG Rz. 32; noch zu dem im Rahmen des 2. FiMaNoG weitestgehend unverändert in § 33 WpHG übertragenen § 21 WpHG a.F.: Opitz in Schäfer/ Hamann, § 21 WpHG Rz. 18; Schwark in Schwark/Zimmer, § 21 WpHG Rz. 8; Bayer in MünchKomm. AktG, Anh. § 22, § 21 WpHG Rz. 18; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, § 29 WpÜG Rz. 112 und § 30 WpÜG Rz. 43; a.A. Sudmeyer, BB 2002, 685, 687. Ausgenommen sind Spezialsondervermögen. Rothenfußer in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 11 Rz. 70 f.
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79
§ 31 Rz. 79 Gegenleistung genau den Bestand aller Aktien mitteilen müssen, damit diese einem versehentlichen Überschreiten der Kontrollschwelle vorbeugen können282. 80
Führt die Zielgesellschaft innerhalb der Referenzperiode eine Kapitalerhöhung durch, kann dies zur Folge haben, dass der Anteil der vom Bieter erworbenen Aktien bzw. Stimmrechte die 5 %-Schwelle, die er zunächst überschritten hatte, wieder unterschreitet. § 31 Abs. 3 regelt nicht, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist. Da die Vorschrift das „Anschleichen“ des Bieters an die Zielgesellschaft unter Ausgrenzung der Minderheitsaktionäre verhindern will, sollte der Zeitpunkt des jeweiligen Erwerbs maßgeblich sein: Folglich muss der Bieter eine Geldleistung anbieten, wenn er und ihm zuzurechnende Personen zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb der Referenzperiode einmal mindestens 5 % der Aktien oder Stimmrechte erworben haben. Weil der Erwerb und nicht der Bestand maßgeblich ist, erlischt diese Verpflichtung nicht deswegen, weil der Aktienbestand dieses Personenkreises durch die Kapitalerhöhung unter die 5 %-Schwelle sinkt283.
81
Eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien, die den Anteil des Bieters und der ihm zuzurechnenden Personen über die 5 %-Schwelle steigen lässt, ist für Zwecke des § 31 Abs. 3 WpÜG irrelevant, weil der Bieter den Schwellenwert nicht durch den Erwerb von Aktien oder Stimmrechten überschreitet, die Vorschrift aber auf den Erwerb und nicht auf sonstige Vorgänge abstellt284 (zu der Frage, ob durch die Einziehung ein Pflichtangebot ausgelöst wird, siehe § 35 WpÜG Rz. 122). Hat der Bieter die 5 %-Schwelle wegen einer Kapitalherabsetzung bzw. wegen des Erwerbs eigener Aktien durch die Zielgesellschaft überschritten, löst allerdings jeder weitere Erwerb von Aktien oder Stimmrechten gegen Geldleistung die Barangebotspflicht aus285.
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Der Bieter hat die Gesamtzahl der von ihm, der mit ihm gemeinsam handelnden Personen oder deren Tochterunternehmen gehaltenen Aktien und Stimmrechte an der Zielgesellschaft in der Angebotsunterlage offen zu legen (§ 2 Nr. 5 WpÜG-AngVO). Außerdem hat er darin Art und Umfang der gewährten oder vereinbarten Gegenleistung für den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft bis zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage anzugeben (§ 2 Nr. 7 WpÜG-AngVO). Parallelerwerbe nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage sind gemäß § 23 WpÜG zu veröffentlichen.
83–87
Einstweilen frei.
V. Gegen Zahlung einer Geldleistung 88
Gemäß § 31 Abs. 3 WpÜG muss der Bieter eine Geldleistung nur dann anbieten, wenn er in einem der maßgeblichen Zeiträume Aktien der Zielgesellschaft „gegen Zahlung einer Geldleistung“ erworben hat. Die Vorschrift konkretisiert den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre: Wenn der Bieter in zeitlicher Nähe zu dem Übernahmeangebot Aktien der Zielgesellschaft gegen eine Geldleistung erwirbt, sollen die übrigen Aktionäre in der Lage sein, ihre Aktien ebenfalls gegen eine Geldleistung zu veräußern286.
89
Das Merkmal der Geldleistung wird durch jeden Geldbetrag erfüllt; ob er auf Euro oder eine andere Währung lautet, ist irrelevant; wäre dies anders, könnte die Geldleistungspflicht relativ einfach umgangen werden287. Eine geldähnliche Leistung – etwa die Veräußerung von Geldmarktinstrumenten oder die Einräumung einer fälligen Forderung gegen einen liquiden Schuldner – unterfällt nicht dem Wortlaut der Vorschrift, ist einer Geldleistung jedoch gleichzustellen, wenn die Geldleistungspflicht durch die Nutzung des geldähnlichen Instruments umgangen wird. Wenn die geldähnliche Leistung in 282 Begr. RegE, BT-Drucks. 18/5010, S. 56. 283 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 32; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 44; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 80; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 26. 284 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 45; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 80; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 32. 285 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 80. 286 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 55. 287 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 37; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 54; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 84.
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Gegenleistung
Rz. 92 § 31
sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot erworben wird und sich ohne nennenswerte Risiken gegen Geld veräußern lässt, könnte dies der Fall sein288. Der Fall, dass der Bieter im Zuge des Vor- oder Parallelerwerbs eine aus Geld- und Sachleistungen bestehende gemischte Gegenleistung gewährt, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Wortlaut des § 31 Abs. 3 WpÜG scheint zum Angebot einer „reinen“ Geldleistung zu zwingen, weil der Vor- bzw. Parallelerwerb jedenfalls auch gegen Zahlung einer Geldleistung erfolgt289. Diese Besserstellung der Adressaten des Angebots ist indes durch den Schutzzweck des § 31 Abs. 3 WpÜG nicht geboten. Zur Erfüllung des Gleichbehandlungszwecks würde es genügen, wenn das Angebot lediglich insoweit eine Geldleistung enthält, wie der Bieter sie im Rahmen des Vor- bzw. Parallelerwerbs gewährt hat290. Die Gegenauffassung, die diese Frage nach dem Schwerpunkt der Gegenleistung entscheiden möchte291, ist aus Rechtssicherheitsgründen abzulehnen292.
90
Hat der Bieter dem Verkäufer der Aktien ein Wahlrecht zwischen einer Geld- und einer Sachleistung 91 eingeräumt, ist der Bieter verpflichtet, im öffentlichen Angebot eine Geldleistungsalternative vorzusehen. Die von der Vorschrift bezweckte Gleichbehandlung ist nur dann gewährleistet, wenn der das Angebot annehmende Aktionär nicht schlechter steht als derjenige, der seine Aktien außerhalb des Angebots veräußert. Wenn aber der Verkäufer die Geldleistung wählen kann, müssen auch die übrigen Aktionäre hierzu in der Lage sein. Daher ist es unbeachtlich, ob sich der Verkäufer schließlich für die Geldleistung entscheidet293. Wenn der Bieter einem Verkäufer im Zuge eines Vor- oder Parallelerwerbs Aktien als Gegenleistung gewährt, stellt sich die Frage, ob er seinen Pflichten genügt, wenn er im Rahmen eines späteren Angebots eine Geldleistung anbieten kann (d.h. kein Tauschangebot unterbreitet). Die Vorschrift des § 31 Abs. 3 WpÜG ist insoweit eindeutig. Wenn mehr als 5 % der Aktien der Zielgesellschaft bei einem Vor- oder Parallelerwerb gegen Aktien erworben worden sind, folgt aus § 31 Abs. 3 WpÜG keine Verpflichtung, den Aktionären ein Tauschangebot vorzulegen294. Dies entspricht auch der Verwaltungspraxis der BaFin295.
91a
Wenn der Verkäufer dem Bieter eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt hat, der Bieter also zwischen einer Geld- und einer Sachleistung wählen kann, ist der Bieter zum Angebot einer Geldleistung nur verpflichtet, wenn er sich für die Geldleistung entschieden hat; allein die Möglichkeit des Erwerbs gegen eine Geldleistung begründet diese Verpflichtung nicht296. Hat der Bieter das Wahlrecht bis zum Ablauf der Referenzperiode nicht ausgeübt, muss das öffentliche Angebot eine Geldleistung vorsehen; anderenfalls würde der Gleichbehandlungszweck des § 31 Abs. 3 WpÜG verfehlt297.
92
288 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 55; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 84; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 33; a.A. (jegliche geldähnliche Leistung) Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 30. 289 So in der Tat Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 37; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 77. 290 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 56; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 72; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 34; noch anders Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 208; in diese Richtung auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 71; a.A. Süßmann in Angerer/ Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 37; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 77; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 35. 291 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 85. 292 Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 34. 293 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 39 f.; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 57; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 72; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 33 f. 294 von Thunen, NZG 2008, 925, 927 ff.; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1962. 295 Vgl. Pflichtangebot Ciber Holding GmbH/Novasoft AG vom 20.10.2004, S. 13. 296 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 84. 297 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 39 f.; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 84.
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§ 31 Rz. 93 Gegenleistung
VI. Rechtsfolgen 93
Die Rechtsfolge des § 31 Abs. 3 WpÜG besteht in der Verpflichtung des Bieters, im Rahmen des öffentlichen Angebotes eine Geldleistung anzubieten; die Geldleistung wird nicht automatisch Bestandteil des Angebots298. Wird die Verpflichtung zum Angebot der Geldleistung durch Vorerwerb ausgelöst, ist dies in der Angebotsunterlage mitzuteilen. Wird die Pflicht zum Angebot der Geldleistung durch Parallelerwerb ausgelöst, hat der Bieter das Angebot entsprechend zu ändern (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG). Die Änderung ist unverzüglich zu veröffentlichen (§ 21 Abs. 2 WpÜG). Außerdem werden das Rücktrittsrecht der Aktionäre (§ 21 Abs. 4 WpÜG) und gegebenenfalls die Verlängerung der Annahmefrist (§ 21 Abs. 5 WpÜG) ausgelöst. Erfolgt der Parallelerwerb ganz kurz vor Ende der Annahmefrist, so dass das Angebot nicht mehr vor Ablauf der Annahmefrist geändert werden kann, kommt analog § 21 Abs. 4 bzw. Abs. 5 WpÜG die erneute Veröffentlichung des Angebots mit der geänderten Gegenleistung und einer Laufzeit von zwei Wochen in Betracht299.
94
Wenn die Zielgesellschaft Stamm- und Vorzugsaktien ausgegeben hat, sind für die Beantwortung der Frage, ob der Schwellenwert des § 31 Abs. 3 WpÜG erreicht ist, die gegen eine Geldleistung erworbenen Stamm- und Vorzugsaktien zusammenzuzählen (siehe oben Rz. 70). Beispielsweise wäre die Schwelle des § 31 Abs. 3 WpÜG erreicht, wenn der Bieter Stammaktien in Höhe von 2,5 % des Grundkapitals und Vorzugsaktien in Höhe von 2,5 % des Grundkapitals parallel gegen eine Geldleistung erwirbt. In diesem Fall wäre der Bieter verpflichtet, sowohl den Stamm- als auch den Vorzugsaktionären eine Geldleistung anzubieten (zur Höhe der Geldleistung siehe unten Rz. 97). Vereinzelt wird vertreten, dass der Bieter auch dann, wenn er die für den Vor- und Parallelerwerb relevante Schwelle nur durch den Erwerb von Aktien einer Gattung überschreitet, für alle Gattungen eine Geldleistung in Euro anbieten muss; zur Begründung wird angeführt, dass § 31 Abs. 3 WpÜG nicht nach Aktiengattungen unterscheide300. Dem ist nicht zu folgen301. Die Ermittlung der Gegenleistung für verschiedene Aktiengattungen ist (außer in Fällen des § 31 Abs. 4 WpÜG) in § 31 WpÜG nicht geregelt und muss daher unter Rückgriff auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 WpÜG erfolgen; diesem ist eine deutliche Absage des Gesetzgebers an eine gattungsübergreifende Gleichbehandlung zu entnehmen (siehe oben Rz. 29 ff.). Die in § 31 Abs. 3 WpÜG geforderte Addition des Vor- und Parallelerwerbs betrifft lediglich das Erreichen des Schwellenwerts, d.h. die Voraussetzung der Vorschrift. Die hier gestellte Frage betrifft jedoch die Rechtsfolgen. Im Übrigen sind die Aktionäre der Gattung, die nicht Gegenstand des Parallelerwerbs war, unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht schutzbedürftig. Schließlich könnte auch die Höhe der den Aktionären dieser Gattung anzubietenden Gegenleistung nicht ermittelt werden, weil ein Vor- bzw. Parallelerwerbspreis fehlt und für andere Methoden der Ermittlung der Höhe der Gegenleistung (gleicher Preis oder gleiche Prämie wie für die Aktien der anderen Gattung, Unternehmensbewertung) keine Rechtsgrundlage besteht. Folglich muss der Bieter nur den Aktionären der Gattung, die Gegenstand des Parallelerwerbs ist, eine Geldleistung anbieten.
95
Soweit der Bieter eine Geldleistung schuldet, hat er beim Vorerwerb gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG und beim Parallelerwerb gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 3 WpÜG eine Bestätigung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens vorzulegen. Im Einzelfall kann der Bieter, der diese Bestätigung beschaffen muss, vor erhebliche praktische Schwierigkeiten gestellt sein302.
96
Die Geldleistung ist jedenfalls als Alternative zur Wahl zu stellen; dass das Angebot ausschließlich eine Geldleistung vorsehen darf, lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Schutzzweck der
298 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 90. 299 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 43; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 91; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 73. 300 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 50. Gleiches soll gelten, wenn nur eine der beiden Gattungen börsennotiert ist und der Bieter Aktien der anderen (nicht börsennotierten) Gattung erworben hat; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 50. 301 Ebenso Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 35; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 38. 302 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 59; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 90.
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Gegenleistung
Rz. 100 § 31
Vorschrift herleiten303. Hat der Bieter zunächst eine aus liquiden, börsenzugelassenen Aktien bestehende Gegenleistung angeboten und löst er durch Parallelerwerb die Verpflichtung zum Angebot einer Geldleistung aus, muss dieses Angebot neben das bestehende Tauschangebot treten, denn weder aus § 31 Abs. 3 WpÜG noch aus § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG lässt sich herleiten, dass der Bieter das Tauschangebot zurücknehmen darf304. Folglich können Aktionäre, die das Tauschangebot bereits angenommen haben, sich noch die Geldleistung sichern305. Die Höhe der anzubietenden Geldleistung bestimmt sich beim Vorerwerb nach § 4 WpÜG-AngVO. Für den Parallelerwerb ist nur der Fall geregelt, dass die im Rahmen des Parallelerwerbs gewährte oder vereinbarte Geldleistung den Wert der bisher angebotenen Sachleistung übersteigt. In diesem Fall sind die Voraussetzungen sowohl des § 31 Abs. 3 WpÜG als auch des § 31 Abs. 4 WpÜG erfüllt. Beide Vorschriften sind nebeneinander anwendbar306. Dies deswegen, weil § 31 Abs. 3 WpÜG die Art der Gegenleistung und § 31 Abs. 4 WpÜG die Höhe der Gegenleistung betrifft, die Vorschriften also unterschiedliche Gegenstände regeln. Nach relevantem Parallelerwerb gegen eine Geldleistung muss der Bieter zunächst auch den übrigen Aktionären eine Geldleistung anbieten. Die Erhöhung gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG tritt dagegen kraft Gesetzes ein. Übersteigt die Geldleistung für den Parallelerwerb den Wert des Tauschangebots, stellen sich zwei Fragen, nämlich ob der Bieter eine Geldleistung in gleicher Höhe bieten und, weil er nicht berechtigt ist, sein ursprüngliches Tauschangebot zurückzuziehen, sich auch das Tauschangebot entsprechend erhöht. Dies sind Fragen des § 31 Abs. 4 WpÜG (siehe unten Rz. 122). Nicht geregelt ist die Höhe der Geldleistung für den Fall, dass die im Rahmen des Parallelerwerbs gezahlte Geldleistung wertmäßig hinter der im Rahmen des Tauschangebots angebotenen Sachleistung zurückbleibt. In dieser Konstellation ist dem Schutz der Aktionäre hinreichend Rechnung getragen, wenn die gemäß § 31 Abs. 3 WpÜG angebotene Geldleistung mindestens die Höhe der im Rahmen des Parallelerwerbs gezahlten Gegenleistung erreicht und das (wertmäßig höhere) Tauschangebot unverändert bleibt.
97
Wann die Zahlung der Geldleistung erfolgt, ist nach den Grundsätzen des § 31 Abs. 6 WpÜG irrele- 98 vant. Wäre dies anders, könnte der Bieter die Rechtsfolgen des § 31 Abs. 3 WpÜG ohne Schwierigkeiten vermeiden. Der unterschiedliche Wortlaut („Zahlung einer Geldleistung“ in § 31 Abs. 3 WpÜG, „gewährt oder vereinbart“ in § 31 Abs. 4 WpÜG) könnte auch die gegenteilige Auslegung stützen, würde den Schutzzweck der Vorschriften jedoch verfehlen307.
E. Erhöhung der Gegenleistung bei Parallelerwerb (§ 31 Abs. 4 WpÜG) Gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG erhöht sich die geschuldete Gegenleistung von Gesetzes wegen, wenn der 99 Bieter bzw. ihm zuzurechnende Personen nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage und vor der Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots Aktien der Zielgesellschaft gegen eine höhere als die im Angebot vorgesehene Gegenleistung erwerben. Diese Regelung konkretisiert den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 3 Abs. 1 WpÜG) und soll die Bevorzugung einzelner Aktionäre verhindern308. Die Erhöhung der geschuldeten Gegenleistung setzt voraus, dass überhaupt eine Gegenleistung ge- 100 schuldet ist, d.h. ein Anspruch der Aktionäre auf die Gegenleistung besteht. Dies ist dann nicht der Fall, wenn das Übernahmeangebot scheitert, etwa weil die vom Bieter ausbedungene Akzeptanzschwel-
303 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 29; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 58; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 89; a.A. Land, DB 2001, 1707, 1710; Riehmer/Schröder, BB-Beil. 5/2001, S. 11. 304 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 140; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 58; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 89. 305 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 59. 306 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 60, 78; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 92; a.A. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 141 (Vorrang des § 31 Abs. 3 WpÜG). 307 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 36. 308 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56.
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§ 31 Rz. 100 Gegenleistung le nicht erreicht wurde oder andere, vom Bieter aufgestellte Bedingungen nicht eingetreten sind309. § 31 Abs. 4 WpÜG ist hingegen anwendbar, wenn der Bieter die angestrebte Kontrolle (§ 29 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) verfehlt, das Angebot aber dennoch durchführt. Das Übernahmeangebot ist in einem solchen Fall nicht nachträglich als einfaches Erwerbsangebot zu qualifizieren, auf das § 31 WpÜG keine Anwendung findet310.
I. Maßgeblicher Parallelerwerb 101
Der Begriff des Erwerbs in § 31 Abs. 4 WpÜG hat die gleiche Bedeutung wie in § 31 Abs. 3 WpÜG311. Demnach hat nicht nur der Parallelerwerb von Aktien, sondern auch von Wertpapieren, die Aktien gleichstehen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG), die Anpassung der Gegenleistung zur Folge. In Umgehungsfällen kann auch der Erwerb von Wandelschuldverschreibungen, Optionsanleihen und anderen in § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG genannten Wertpapieren die vorgesehenen Rechtsfolgen auslösen (siehe oben Rz. 70). Vereinbarungen, auf deren Grundlage die Übertragung der fraglichen Wertpapiere verlangt werden kann, sind dem Erwerb gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG gleichgestellt. Auch der Erwerb von Aktien infolge eines Wertpapierdarlehens ist ein Erwerb im Sinne des § 31 Abs. 4 WpÜG312. Der Erwerb im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Verpflichtung zur Gewährung einer Abfindung an die Aktionäre und für den Erwerb des Vermögens oder von Teilen des Vermögens der Zielgesellschaft durch Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung bleibt analog § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG außer Betracht, ebenso gemäß § 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG der Bezug neuer Aktien durch Ausübung des gesetzlichen Bezugsrechts (siehe unten Rz. 158). Außer Betracht bleibt grundsätzlich auch der mittelbare Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft. Wenn es sich bei der Gesellschaft, deren Anteile unmittelbar erworben werden, nicht um ein Akquisitionsvehikel handelt, lässt sich aus der vereinbarten bzw. gezahlten Gegenleistung im Regelfall kein Vorerwerbspreis für das Angebot an die außenstehenden Aktionäre ableiten313. Dem Erwerb durch den Bieter steht der Erwerb durch eine gemeinsam handelnde Person (§ 2 Abs. 5 WpÜG) oder deren Tochterunternehmen (§ 2 Abs. 6 WpÜG) gleich. Dagegen sind Rechtsgeschäfte zwischen Angehörigen des dem Bieter zuzurechnenden Personenkreises nicht von Belang (siehe oben Rz. 72).
102
Hat die Zielgesellschaft verschiedene Aktiengattungen, erhöht sich die Gegenleistung nur für die Aktiengattung, die Gegenstand des Parallelerwerbs ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der § 31 Abs. 4 WpÜG und entspricht der in § 3 Abs. 1 WpÜG deutlich werdenden Absage des Gesetzgebers an eine gattungsübergreifende Gleichbehandlung (siehe oben Rz. 29 ff.). Der Erwerb von Stammaktien zu besseren Konditionen hat also nur die Erhöhung der Gegenleistung für die Stammaktien zur Folge; die für die Vorzugsaktien gebotene Gegenleistung bleibt unberührt314.
103
Für die Gleichbehandlung der Aktionäre in Bezug auf die Höhe der geschuldeten Gegenleistung ist – anders als in Bezug auf die Art der Gegenleistung (§ 31 Abs. 3 WpÜG) – keine Bagatellschwelle vorgesehen315. Weil mit dem Bieter gemeinsam handelnde Personen und deren Tochtergesellschaften dem Bieter zugerechnet werden, kann bereits der Erwerb einer einzigen Aktie durch einen Angehörigen dieses Personenkreises die Erhöhung der Gegenleistung zur Folge haben. Für den Bieter ist dies nicht unproblematisch316. Er sollte sich vor diesem Risiko durch die Einrichtung einer zentralen Stel-
309 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. 310 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 55; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 75; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 100; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 75; a.A. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 129. 311 Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 119. 312 Hippeli, AG 2017, 771, 774. 313 Pflichtangebot Marbert AG/Jean Pascale AG vom 26.9.2002, S. 8, 15 f.; Schulz, M&A-Review 2003, 114, 120; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 18. 314 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 95. 315 Sie wurde, soweit ersichtlich, im Gesetzgebungsverfahren auch nicht gefordert; vgl. etwa DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428; Börsensachverständigenkommission, Standpunkte, S. 19. 316 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 62; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 94; dagegen DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 421 („vertretbar“).
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Gegenleistung
Rz. 106a § 31
le für das Transaktionsmanagement und durch vertragliche Vereinbarungen mit den relevanten Beteiligten schützen. Die Erhöhung der Gegenleistung tritt hingegen nicht ein, wenn die erworbenen Aktien zum Handelsbestand gehören und die BaFin den Bieter von der Berücksichtigung des Handelsbestands für Zwecke des § 31 Abs. 4 WpÜG befreit hat (§ 20 Abs. 1 WpÜG). Die Rechtsfolgen des § 31 Abs. 4 WpÜG werden nur durch Erwerbsvorgänge außerhalb des öffent- 104 lichen Angebots ausgelöst317. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nur indirekt, folgt aber auch aus der Systematik des Gesetzes (insbesondere § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG). Aus der Sicht der Aktionäre, die das Angebot bereits angenommen haben, ergibt sich damit folgende (paradox erscheinende) Situation: Tätigt der Bieter Parallelerwerbe außerhalb des Angebots, erhalten sie die erhöhte Gegenleistung automatisch, weil sich die Gegenleistung von Rechts wegen erhöht (§ 31 Abs. 4 WpÜG). Ändert der Bieter dagegen das Angebot, indem er eine höhere Gegenleistung anbietet, müssen sie gemäß § 21 Abs. 4 WpÜG vom zustande gekommenen Vertrag zurücktreten, um dann das erhöhte Angebot anzunehmen. Weil der Bieter nicht zu einer wertmäßig höheren als der im Angebot genannten Gegenleistung erwirbt, hat die Änderung des Angebots gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG keine automatische Anpassung gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG zur Folge, selbst wenn nach der Änderung des Angebots neue Kaufverträge zwischen dem Bieter und weiteren Aktionären zustande kommen. Wenn das Angebot neben der Pflichtgegenleistung eine ökonomisch besonders attraktiv ausgestaltete Wahlgegenleistung vorsieht und sich einzelne Aktionäre entscheiden, ihre Aktien gegen die attraktivere Wahlgegenleistung zu veräußern, führt dies nicht zu einer automatischen Erhöhung der Pflichtgegenleistung318. Wäre dies anders, wäre es für den Bieter sinnlos, verschieden attraktive Gegenleistungen anzubieten; ihm würde damit eine legitime Gestaltungsmöglichkeit genommen, ohne dass ein Schutzbedürfnis für die Aktionäre erkennbar wäre.
105
II. Referenzperiode Die für Zwecke des § 31 Abs. 4 WpÜG maßgebliche Referenzperiode beginnt mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Weil die Veröffentlichung durch Bekanntgabe im Internet und im Bundesanzeiger bzw. im Wege der Schalterpublizität zu erfolgen hat (§ 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG), ist die spätere Veröffentlichung für den Fristbeginn maßgeblich319.
106
Verstößt der Bieter gegen die Pflicht, die Angebotsunterlage unverzüglich zu veröffentlichen, stellt sich 106a die Frage, ob er sich für Zwecke des § 31 Abs. 4 WpÜG so behandeln lassen muss, als hätte er sie unverzüglich veröffentlicht320, oder ob sich die Referenzperiode nach der (verspäteten) tatsächlichen Veröffentlichung des Kontrollerwerbs bzw. der Angebotsunterlage bestimmt. Letzteres entspricht der Verwaltungspraxis der BaFin321 (zum Parallelproblem beim Vorerwerb siehe oben Rz. 76 f.). Es ist nicht zu erkennen, weswegen § 31 Abs. 4 WpÜG über eine Anknüpfung an den für die Aktionäre günstigsten zeitlichen Anknüpfungspunkt sanktionsähnlichen Charakter bekommen müsste322. Würde man den Bieter so behandeln, als hätte er unverzüglich veröffentlicht, hätte dies eine gewisse Überlappung mit dem Vorerwerbszeitraum des § 4 WpÜG-AngVO zur Folge. Dies erscheint zum Schutz der Aktionäre nicht erforderlich. Im Übrigen erscheint es ausreichend, wenn die BaFin einer vorsätzlichen Verzögerung des Pflichtangebots im Rahmen ihrer Missstandsaufsicht nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG begeg-
317 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 143; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 76. 318 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 97; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 122. 319 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 46; noch zu § 14 Abs. 3 WpÜG a.F.: Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 116; a.A. Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 262. 320 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662 (allerdings zum Vorerwerb); Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 63. 321 Pflichtangebot Thüga Holding GmbH & Co. KGaA/Mainova Aktiengesellschaft vom 18.3.2010, S. 27. 322 Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 138.
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§ 31 Rz. 106a Gegenleistung net323 und ggf. dem Bieter auferlegt, neben dem ordnungsgemäß errechneten Pflichtangebotspreis den Aktionären eine Kompensation für den vorsätzlich herbeigeführten Nachteil anzubieten324. 106b
Erwerbsvorgänge im Zeitraum zwischen der Gestattung der Veröffentlichung der Angebotsunterlage durch die BaFin (§ 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG) und der späteren der beiden Veröffentlichungen gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG, die grundsätzlich von § 4 WpÜG-AngVO erfasst sind, aber in der schon „freigegebenen“ Angebotsunterlage nicht mehr berücksichtigt werden können, müssten analog § 31 Abs. 4 WpÜG eine automatische Erhöhung der geschuldeten Gegenleistung zur Folge haben.
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Die für Zwecke des § 31 Abs. 4 WpÜG maßgebliche Referenzperiode endet mit der Veröffentlichung des Ergebnisses gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG325. Die Veröffentlichung des Ergebnisses ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 WpÜG im Internet und einem überregionalen Börsenpflichtblatt vorzunehmen. Erfolgen diese Veröffentlichungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, ist der spätere Zeitpunkt maßgeblich. Ein Wertpapiererwerb nach Veröffentlichung des Ergebnisses, etwa während der weiteren Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG, fällt in den Anwendungsbereich des § 31 Abs. 5 WpÜG.
III. Höhere Gegenleistung 108
Die Erhöhung der Gegenleistung gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG setzt voraus, dass eine wertmäßig höhere Gegenleistung gewährt oder vereinbart wurde. Für das Gewähren genügt es, wenn die Gegenleistung freiwillig, d.h. ohne wirksame Vereinbarung erbracht wird. Im Übrigen ist ein Wertvergleich zwischen der Gegenleistung des Parallelerwerbs und der Gegenleistung im Rahmen des Angebots anzustellen. Haben innerhalb des Referenzzeitraums mehrere Parallelerwerbe gegen unterschiedliche Gegenleistungen stattgefunden, ist die höchste Gegenleistung heranzuziehen326. 1. Wertvergleich
109
Der Wertvergleich ist einfach, wenn beide Leistungen Geldleistungen sind und auf Euro lauten. Erfolgt der Parallelerwerb gegen eine Geldleistung in anderer Währung, ist diese zum Umrechnungskurs im Zeitpunkt des Parallelerwerbs in Euro umzurechnen327.
110
Sind die zu vergleichenden Gegenleistungen unterschiedlicher Art, stellt sich die Frage, wie diese Gegenleistungen zu vergleichen sind. Sieht das Angebot etwa eine Geldleistung vor und besteht die Gegenleistung des Parallelgeschäfts in einer Sachleistung (z.B. Aktien), ist der Wert dieser Sachleistung im Zeitpunkt der Vereinbarung bzw. Gewährung maßgeblich.
110a
Bei börsennotierten Wertpapieren ist nicht der analog §§ 5 ff. WpÜG-AngVO gewichtete Durchschnittskurs, sondern deren Börsenkurs im Zeitpunkt der Vereinbarung bzw. der Gewährung zugrunde zu legen328; anderenfalls bestünden Arbitragemöglichkeiten, durch deren Nutzung der Schutzzweck des § 31 Abs. 4 WpÜG unterlaufen werden könnte. 323 Zutr. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 47; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 86. 324 von Falkenhausen, NZG 2010, 1213, 1215; Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 138. 325 Die Referenzperiode für die Höhe der Gegenleistung (Veröffentlichung des Ergebnisses) endet also zu einem späteren Zeitpunkt als die Referenzperiode für die Art der Gegenleistung (Ablauf der Annahmefrist). 326 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 98. 327 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 66; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 124; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 98; Reinhardt/Kocher in Paschos/ Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 146 f. 328 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 70; Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 602; ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 76, 35: objektiver Wert zum Zeitpunkt des Geschäfts; a.A. Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 81; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 87; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 125; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1983; (Durchschnittspreise gemäß §§ 5, 6 i.V.m. § 7 WpÜG-AngVO auch bei Parallelerwerb maßgeblich); ebenso Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 98.
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Gegenleistung
Rz. 112 § 31
Bei nicht börsennotierten Wertpapieren ist der nach allgemein anerkannten Bewertungsmethoden, ggf. nach Durchführung einer Unternehmensbewertung, ermittelte Verkehrswert anzusetzen329. Wenn die fraglichen Wertpapiere erst nach der Vereinbarung der Sachleistung zum Börsenhandel zugelassen werden und dann bei Gewährung der Sachleistung börsennotiert sind, sollte eine erneute Unternehmensbewertung bei Gewährung der Sachleistung entbehrlich sein.
110b
Sieht – umgekehrt – das Angebot eine Sachleistung vor und besteht die Gegenleistung des Parallel- 110c geschäfts in einer Geldleistung (etwa weil der Bieter, ohne die 5 %-Schwelle des § 31 Abs. 3 WpÜG zu überschreiten, Aktien der Zielgesellschaft an der Börse erwirbt), ist nach dem gleichen Prinzip der Wert der im Angebot vorgesehenen Sachleistung im Zeitpunkt der Vornahme des Parallelgeschäfts zu bestimmen und mit der Geldleistung des Parallelgeschäfts zu vergleichen. Stellt das Angebot verschiedene alternative Gegenleistungen zur Wahl (etwa eine Geldleistung in Eu- 111 ro einerseits und liquide börsenzugelassene Aktien andererseits), sind nach der Verwaltungspraxis der BaFin beide Gegenleistungen in den Wertvergleich einzubeziehen330. Die BaFin begründet dies damit, dass die die Angemessenheit der Gegenleistung grundlegend in § 31 Abs. 1 WpÜG geregelt ist, diese Vorschrift und ihre Konkretisierungen in den §§ 4 ff. WpÜG-AngVO keine Differenzierung zwischen einer primären und einer alternativen Gegenleistung vorsehen, die Gesetzesbegründung nur für den Fall des § 31 Abs. 2 WpÜG eine Ausnahme vorsieht und auch die Aktionäre, die die alternative Gegenleistung annehmen, auf den Schutz des § 31 WpÜG vertrauen und bei Parallel- und Nacherwerb von den Regelungen in § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG profitieren sollen. Außerdem fürchtet die BaFin Umgehungsgestaltungen zugunsten von Paketaktionären, die sie mit dieser weiten Auslegung des § 31 WpÜG verhindern will331. 2. Zeitpunkt Der relevante Zeitpunkt für den Wertvergleich ist der Zeitpunkt, zu dem die Gegenleistung für den Pa- 112 rallelerwerb gewährt oder vereinbart wird332. Wird während des maßgeblichen Zeitraumes eine Gegenleistung sowohl vereinbart als auch gewährt, erfüllen beide Sachverhalte die Voraussetzungen des § 31 Abs. 4 WpÜG. Es liegen zwei Parallelerwerbstatbestände vor – mit der Folge, dass der höhere der beiden Börsenkurse maßgeblich ist333. Erfolgen die Vereinbarung und die Gewährung zu verschiedenen Zeitpunkten, ist der Wertvergleich zu beiden Zeitpunkten vorzunehmen334. Wird etwa während des Parallelerwerbszeitraums vereinbart, dass der Bieter Aktien der Zielgesellschaft gegen eine Sachleistung erwerben soll, und wird dieses Geschäft während des Nacherwerbszeitraums vollzogen, liegen ein Parallelerwerbstatbestand und ein Nacherwerbstatbestand vor; wird dieses Geschäft erst nach Ablauf der Nacherwerbsfrist vollzogen, liegt grundsätzlich nur ein Parallelerwerbstatbestand vor. Ausnahmsweise kann der Bieter jedoch gemäß § 3 Abs. 1 WpÜG zu einer weitergehenden Gleichbehandlung der Aktionäre verpflichtet sein. In einem Fall, in dem die BaFin die Veröffentlichung eines Angebots mit einer Frist von mehr als 17 Monaten für die Einholung der erforderlichen kartellrechtlichen Freigaben gestattete, musste sich der Bieter verpflichten, Nacherwerbe bis zum Ablauf dieser Frist zu veröffentlichen und bei Gewährung einer höheren Gegenleistung entsprechende Differenzzahlungen zu leisten (siehe unten Rz. 138a).
329 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 70. 330 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 65 (§ 31 Abs. 4 WpÜG auf beide Pflichtgegenleistungen anwendbar); a.A. Voraufl. Rz. 111 (nur Pflichtgegenleistung maßgeblich); noch anders Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 65, 77 (wertmäßig höchste Gegenleistung maßgeblich). 331 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f. 332 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.276; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 157. 333 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 70. 334 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 48; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 67; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 99.
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§ 31 Rz. 113 Gegenleistung 3. Hauptleistung und Nebenleistungen 113
Die Normalfälle der wertmäßig höheren Gegenleistung sind Kaufpreise bzw. Umtauschverhältnisse, die den Wert des Angebots übersteigen. In diesen Fällen übersteigt die Hauptleistung beim Parallelerwerb die Hauptleistung im Rahmen des Angebots.
114
Die Gegenleistung des Parallelerwerbs kann die Gegenleistung des Angebots übersteigen, weil der Bieter im Zuge des Parallelerwerbs Nebenleistungen vereinbart bzw. gewährt, die im Angebot nicht vorgesehen sind335. Dies können die verschiedensten Vorteile sein: die Gewährung von Sicherheiten oder Sachleistungen, die Vereinbarung eines variablen, von bestimmten Parametern abhängigen Kaufpreises (etwa bei Earn-Out-Gestaltungen)336, die Einräumung von Optionen, oder etwa das Versprechen, dem Verkäufer die Preisdifferenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem Preis eines späteren konkurrierenden Angebots zu vergüten, sofern die Adressaten des konkurrierenden Angebots ihre Aktien an den konkurrierenden Bieter veräußern können. Nebenleistungen, die der Bieter für den Erwerb der Aktien erbracht hat, sind werterhöhend zu berücksichtigen. Leistungen, die der Verkäufer über die Veräußerung der Aktien hinaus erbringt (Gewährleistungen, Stellung von Sicherheiten), wirken dagegen wertmindernd; ihr Wert ist vom Kaufpreis abzuziehen, bevor der Wertvergleich zwischen der Gegenleistung des Parallelerwerbs und der Gegenleistung im Rahmen des Angebots vorgenommen wird337.
115
Die vom Bieter bzw. Verkäufer erbrachten Nebenleistungen fließen nur dann in den Wert der gewährten bzw. vereinbarten Gegenleistung ein, wenn sie mit dem Parallelerwerb in einem Gesamtaustauschzusammenhang stehen338. Dies kann im Fall einer Koppelungsabrede oder bei engem zeitlichen und funktionalen Zusammenhang des Parallelerwerbs und der zusätzlichen Leistungen der Fall sein. Ob bereits jeder sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen den zusätzlichen Leistungen und dem Parallelerwerb die Vermutung für einen Gesamtaustauschzusammenhang begründet339, ist zweifelhaft. Vielmehr kommt es darauf an, welche Leistungselemente ein Gegenseitigkeitsverhältnis bilden. Die bei Übernahmen durch Finanzinvestoren üblichen Anreize für das Top-Management (etwa eine Rückbeteiligung am Akquisitionsvehikel) stehen regelmäßig mit der mittelfristigen Fortsetzung der Tätigkeit für die Zielgesellschaft im Gegenseitigkeitsverhältnis. Sind die betroffenen Manager Aktionäre der Zielgesellschaft, wird der Gesamtaustauschzusammenhang zwischen den Leistungen im Rahmen der Management Incentives und des Übernahmeangebots im Regelfall noch nicht allein dadurch begründet, dass die betroffenen Manager mit dem Bieter vereinbaren, die von ihnen gehaltenen Aktien durch Annahme oder außerhalb des öffentlichen Angebots an den Bieter zu veräußern.
116
Soweit derartige zusätzliche Leistungen in den Wert der Gegenleistung einfließen, ist ihre Bewertung erforderlich340. Es empfiehlt sich, einen unabhängigen Gutachter einzuschalten341. Gleichwohl wird die Bewertung in vielen Fällen auf praktische Schwierigkeiten stoßen. Daher sollte bei der Gestaltung der zusätzlichen Leistungen des Bieters bzw. des Verkäufers Zurückhaltung walten. 335 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 68; Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 128; offenbar a.A. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 122. 336 Zu Earn-Out-Klauseln Tominski/Kuthe, BKR 2004, 10, 15 f.; Berrar/Schnorbus, CFL 2019, 106, 108 f.; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 154; Tuttlies/Bredow, BB 2008, 911 ff.; Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 129 ff.; Gei/Kiesewetter, AG 2012, 741, 741 f.; oben Rz. 36a. 337 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG § 31 WpÜG Rz. 71; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 29; Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 128; ähnlich Schulz, M&A-Review 2003, 114, 119 f.; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 155; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 35b (kein Abschlag auf Mindestpreis bei vertraglich vereinbarten Gewährleistungen; anders aber bei gesetzlichen Gewährleistungen des Paketverkäufers). 338 Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 128; a.A. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 72 (Berücksichtigung von Nebenleistungen nur bei Umgehung); Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.257. 339 So noch Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, 1. Aufl. 2003, § 31 WpÜG Rz. 70. 340 Dazu ausführlich im Hinblick auf Earn-Out-Gestaltungen in Kopplungsabreden Tyrolt/Cascante in Mülbert/ Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 129 f. 341 Tyrolt/Cascante in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 110, 129.
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Gegenleistung
Rz. 118 § 31
4. Gegenleistung des Parallelgeschäfts Die Gegenleistung, die die Rechtsfolgen des § 31 Abs. 4 WpÜG auslöst, muss gewährt oder vereinbart 117 sein. Wenn die Gegenleistung während der Referenzperiode vereinbart wird, ist grundsätzlich unerheblich, wann sie erbracht wird. Wenn die Fälligkeit der Gegenleistung auf einen deutlich in der Zukunft liegenden Zeitpunkt hinausgeschoben worden ist, ist sie unter Verwendung eines angemessenen Zinssatzes auf den Gegenwartswert abzuzinsen342. Im Wortlaut des § 31 Abs. 4 WpÜG findet dies insoweit eine Stütze, als er nicht auf die absolute Höhe, sondern den Wert der Gegenleistung abstellt. An anderer Stelle lassen allerdings das Gesetz und die WpÜG-Angebotsverordnung Zinseffekte, die zwischen dem Beginn des Vorerwerbszeitraumes und der Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§ 4 WpÜG-AngVO) bzw. dem Beginn und dem Ende des Nacherwerbszeitraums (§ 31 Abs. 5 WpÜG) eintreten könnten, unberücksichtigt. Der Sinn und Zweck dieser Regelungen erschöpft sich jedoch in der Vereinfachung des Preisvergleichs. Ein allgemeines Prinzip der Außerachtlassung von Zinseffekten zwischen dem Beginn der Vorerwerbsfrist und dem Ende der Nacherwerbsfrist lässt sich hieraus nicht herleiten. Für die Abzinsung spricht auch, dass § 31 Abs. 4 WpÜG die gleiche Behandlung der Aktionäre der Zielgesellschaft bezweckt. Ohne Abzinsung würden Aktionäre, die im Zuge des Angebots verkaufen, eine wertmäßig höhere Gegenleistung erhalten als der Partner des Parallelerwerbsgeschäfts. Dies ist durch den Gleichbehandlungszweck des § 31 Abs. 4 WpÜG nicht geboten. Ist die Höhe der Gegenleistung von Parametern abhängig, deren Werte sich erst in der Zukunft ermit- 118 teln lassen (etwa auf der Grundlage einer Kaufpreisanpassungsklausel, bei milestone payment-Klauseln343, Earn-Out-Gestaltungen oder vereinbarter Mehrerlösabführung), soll der gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG geschuldete Differenzbetrag erst dann fällig werden, wenn der Wert der Gegenleistung des Parallelgeschäfts feststeht344. Nach anderer Auffassung sollen diese variablen Komponenten unberücksichtigt bleiben345. Nach einer dritten Auffassung sei zu unterstellen, dass der vereinbarte Earn-Out vollumfänglich erfüllt wird – mit der Folge, dass der vollständige Differenzbetrag unmittelbar mit der Veröffentlichung des Parallelerwerbs fällig wird. Eine vierte Auffassung schließlich will die Zusatzkomponenten nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage bewerten und die Gegenleistung ggf. entsprechend erhöhen346. Die erste Auffassung kann am ehesten überzeugen. Ihr Ergebnis ist einzelfallgerecht, wenngleich wenig praktikabel (je nach Ausgestaltung des Parallelgeschäfts kann sie eine Nachzahlung erst nach mehreren Jahren zur Folge haben). Dieser Ansatz entspricht der Praxis der BaFin beim Vorerwerb (siehe § 4 WpÜG-AngVO Rz. 18a). Die von der zweiten Auffassung favorisierte Nichtberücksichtigung der variablen Komponenten ist mit dem Gleichbehandlungsprinzip nicht vereinbar. Die dritte Auffassung behandelt den Bieter ungleich und steht damit ebenfalls im Widerspruch zum übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsprinzip. Die vierte Auffassung versucht Praktikabilität und Einzelfallgerechtigkeit miteinander zu verbinden, birgt aber das Risiko, dass entweder der Bieter im Rahmen des Angebots zuviel bezahlt (etwa wenn die Voraussetzungen für die Auszahlung des Earn-Out nicht eintreten) oder die Aktionäre zuwenig erhalten (etwa wenn der als Earn-Out ausgezahlte Betrag die der Bewertung zugrunde liegenden Annahmen übersteigt)347. Entsprechend der BaFin-Praxis zum Vorerwerb ist in Veröffentlichungen gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 3 WpÜG auf Earn-Out-Gestaltungen in Kaufverträgen, die parallel zum Angebot abgeschlossen oder (ganz oder teilweise) erfüllt werden, hinzuweisen. Sind die Voraussetzungen für einen Nachzahlungsanspruch aufgrund der Earn-Out-Regelung eingetreten, ist dies ana342 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 48; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 69; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 99. 343 Zu milestone payment-Klauseln, bei denen eine mögliche Kaufpreiserhöhung von dem Erreichen eines bestimmten Ereignisses abhängt (z.B. Zulassung eines Medikaments), vgl. Berrar/Schnorbus, CFL 2019, 106, 107; Kiem in Kiem, Kaufpreisregelungen beim Unternehmenskauf, § 10 Rz. 13 ff. 344 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 49; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 81. 345 Süßmann, WM 2003, 1453, 1461 f. 346 Vgl. für den Vorerwerb: Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG, § 4 WpÜG-AngVO Rz. 15; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 98; Tominski/Kuthe, BKR 2004, 10, 16. 347 Vgl. für den Vorerwerb: Tuttlies/Bredow, BB 2008, 911, 912 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 35a.
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§ 31 Rz. 118 Gegenleistung log § 23 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 3 WpÜG unverzüglich zu veröffentlichen und der BaFin mitzuteilen. Wie bei der Abwicklung des Angebots hat der Bieter den Differenzbetrag zum Angebotspreis innerhalb von fünf bis maximal zehn Bankarbeitstagen an die Aktionäre, die das Angebot angenommen haben, auszuzahlen. Der Bieter erfüllt seine Nachzahlungspflicht, wenn er den Betrag an die Depotbanken überweist, an die die Gegenleistung im Rahmen der Abwicklung des Angebots überwiesen wurde; ihn trifft keine Nachforschungspflicht. 119
Besteht die Gegenleistung des Parallelgeschäfts in einer Sachleistung (z.B. Aktien), ist – wenn nicht die im Angebot vorgesehene Gegenleistung in einer Sachleistung gleicher Gattung besteht – der Wert dieser Sachleistung im Zeitpunkt der Vereinbarung bzw. Gewährung maßgeblich (siehe oben Rz. 110)348.
IV. Rechtsfolge 120
Die Rechtsfolge des § 31 Abs. 4 WpÜG besteht darin, dass sich die „geschuldete Gegenleistung wertmäßig um den Unterschiedsbetrag“ erhöht. Die Erhöhung erfolgt kraft Gesetzes, ohne dass hierfür eine Veröffentlichung oder andere Maßnahmen des Bieters (etwa die Änderung des Angebots gemäß § 21 WpÜG) erforderlich wären349. Ob und wann der Bieter dieser Pflicht nachkommt, ist für den Eintritt der Rechtsfolge des § 31 Abs. 4 WpÜG ohne Belang350. Folglich wird die erhöhte Gegenleistung Bestandteil aller durch Annahme des Angebots zustande gekommenen und noch zustande kommenden Kauf- bzw. Tauschverträge351. Mangels gesetzlicher Anordnung ist der Bieter nicht verpflichtet, eine Finanzierungsbestätigung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) über den Erhöhungsbetrag einzureichen352.
121
Gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG ändert sich nur der Wert, nicht jedoch die Art der Gegenleistung; die Art der Gegenleistung bestimmt sich allein gemäß § 31 Abs. 2 und 3 WpÜG353. Die im Rahmen des Angebots geschuldete Gegenleistung erhöht sich um den Betrag, um den die höhere Gegenleistung des Parallelerwerbs die im Angebot genannte Gegenleistung übersteigt354. Sieht das Angebot eine Geldleistung vor, ist der gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG geschuldete Erhöhungsbetrag in Geld zu leisten. Besteht die Gegenleistung in liquiden, börsenzugelassenen Aktien, ist der Bieter – anders als gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG im Fall des Nacherwerbs – nicht zur Vergütung der Differenz in Geld, sondern grundsätzlich zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses verpflichtet355. In vielen Fällen wird es für den Bieter jedoch schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein, die Preisdifferenz durch eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses zu vergüten, etwa weil Bruchteile von Aktien zu liefern wären oder weil der Bieter durch die Generierung der für die Anpassung erforderlichen neuen Aktien die ihm durch Gesetz und Satzung auferlegten Volumengrenzen für Kapitalmaßnahmen356 sprengen würde. In diesen Fällen bleibt dem Bieter nichts anderes übrig, als den Erhöhungsbetrag in Form einer Geld348 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 70; ähnlich Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 76, 35: objektiver Wert zum Zeitpunkt des Geschäfts; a.A. Marsch-Barner in Baums/ Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 98; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 Rz. 87; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 125. 349 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 50; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 91; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 101; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.277; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 147; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 77c; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 134; a.A. Rothenfußer/Friese-Dormann/Rieger, AG 2007, 137, 150 ff.; noch anders Berrar, ZBB 2002, 174, 179; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 Rz. 39. 350 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 76; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 101; a.A. Berrar, ZBB 2002, 174, 179; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 39. 351 Oechsler, NZG 2001, 817, 825; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 50; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 129; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 100. 352 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 100; a.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 37. 353 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 135. 354 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. 355 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 76. 356 Hierzu eingehend Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657.
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Gegenleistung
Rz. 125 § 31
leistung zu erbringen. Hierzu ist er – ohne dass es darauf ankäme, ob ihm die Nachbesserung durch liquide, börsenzugelassene Aktien unmöglich ist – auch berechtigt357. Diese Ersetzungsbefugnis wird vom Wortlaut des § 31 Abs. 4 WpÜG getragen und ist vom Schutzzweck des § 31 WpÜG gedeckt: Insbesondere § 31 Abs. 3 WpÜG ist zu entnehmen, dass die Aktionäre durch die Zahlung einer Geldleistung eher besser gestellt als benachteiligt sind358. Eine Änderung des Angebots analog § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. 2 WpÜG ist nicht erforderlich359. Sieht das Angebot alternative Gegenleistungen vor, ist zu unterscheiden: Sieht das Angebot verschiedene Pflichtgegenleistungen vor (d.h. eine Geldleistung in Euro, liquide Aktien oder eine Kombination dieser Elemente), erhöht sich die Pflichtgegenleistung, die der Gegenleistung des Parallelerwerbs ihrer Art nach am nächsten kommt (siehe oben Rz. 111)360. Freiwillige Gegenleistungen, die neben einer Pflichtgegenleistung angeboten werden, sind in § 31 nicht geregelt und erhöhen sich dementsprechend nicht361.
122
Die Vorschriften des § 31 Abs. 3 und Abs. 4 WpÜG sind nebeneinander anwendbar (siehe oben 123 Rz. 97). Hat der Bieter ein Tauschangebot abgegeben, erwirbt er parallel 5 % oder mehr der Aktien oder Stimmrechte der Zielgesellschaft gegen eine Geldleistung, und gewährt oder vereinbart er im Rahmen eines derartigen Erwerbsvorgangs eine höhere als die im Angebot genannte Gegenleistung, ergibt sich Folgendes: Gemäß § 31 Abs. 3 WpÜG ist der Bieter verpflichtet, das Angebot um die Alternative einer Geldleistung in Euro zu ergänzen. Entsprechend § 31 Abs. 4 WpÜG muss der Wert der anzubietenden Geldleistung mindestens dem Wert der höchsten, im Rahmen des Parallelerwerbs vereinbarten oder gewährten Gegenleistung entsprechen. Das ursprüngliche Tauschangebot ist aufrechtzuerhalten362. Es erhöht sich gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG kraft Gesetzes; der Bieter ist berechtigt, den Differenzbetrag durch eine Geldleistung auszugleichen (siehe oben Rz. 121). Hiernach müsste der Bieter – anders als wenn er von Anfang an zwei Pflichtgegenleistungen angeboten hätte (siehe oben Rz. 122) – beide Pflichtgegenleistungen an den Preis des Parallelerwerbs anpassen. Die Erhöhung des Tauschangebots erscheint zum Schutz der Aktionäre nicht erforderlich. Ob insoweit eine teleologische Reduktion des § 31 Abs. 4 WpÜG möglich ist, ist offen. Die Fälligkeit des Erhöhungsbetrags folgt der Fälligkeit der ursprünglich angebotenen Gegenleistung363. Grundsätzlich kann jeder Aktionär die Erfüllung verweigern, solange der Erhöhungsbetrag bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig gezahlt wird364. In der Praxis dürfte es eher die Ausnahme bleiben, dass der Aktionär hiervon rechtzeitig erfährt, um die Ausbuchung der angedienten Aktien aus seinem Wertpapierdepot zu verhindern. Wenn der Aktionär rechtzeitig von der Nichtleistung bzw. der nicht vollständigen Leistung Kenntnis erhält und die Übereignung seiner Aktien an den Bieter nicht verhindert, ist dies nicht als Verzicht auf seine Rechte zu werten365.
124
Gerät der Bieter mit der Zahlung des Erhöhungsbetrages in Verzug, ist dieser Betrag nach allgemeinen Grundsätzen (§ 288 BGB) zu verzinsen. § 38 WpÜG findet keine Anwendung.
125
357 Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 300; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 130; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 77; Herfs/Wyen in FS Hopt, 2010, S. 1955, 1980; a.A. (keine Ersetzungsbefugnis) Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 77b. 358 Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 300; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 77. 359 A.A. Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 102. 360 A.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 77b (beide Pflichtgegenleistungen erhöhen sich); Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 77; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 29 (alle Gegenleistungen, einschließlich etwaiger Wahlgegenleistung, erhöhen sich). 361 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 77; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 42; a.A. Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 163. 362 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 78; a.A. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 141. 363 So auch Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 43. 364 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 79. 365 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 79.
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§ 31 Rz. 126 Gegenleistung
V. Veröffentlichung und Durchsetzung 126
Die Anpassung der Gegenleistung ist verfahrenstechnisch dadurch abgesichert, dass der Bieter den Parallelerwerb unter Angabe der Art und Höhe der für jede Aktie gewährten Gegenleistung gemäß § 23 Abs. 2 WpÜG zu veröffentlichen und der BaFin mitzuteilen hat366.
127
Bei Pflichtangeboten gilt dies ohne weitere Voraussetzungen. Bei Übernahmeangeboten ist eine Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 2 WpÜG erst geschuldet, wenn der Bieter die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat. Weil in der Praxis die Aktionäre zusammen mit der Annahme des Kauf- bzw. Tauschangebots auch die ihrerseits erforderlichen Erklärungen für die dingliche Übertragung ihrer Aktien abgeben und folglich der Bieter die ihm angedienten Aktien durch eine Willenserklärung erwerben kann (§ 30 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG), erlangt er die Kontrolle zu dem Zeitpunkt, zu dem er unter Berücksichtigung der von ihm und von mit ihm zusammenwirkenden Personen (§ 2 Abs. 5 WpÜG) und deren Tochterunternehmen (§ 2 Abs. 6 WpÜG) gehaltenen Aktien aufgrund der Annahmeerklärungen die Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG überschreitet. Weil die Anpassung der Gegenleistung unabhängig davon erfolgt, ob der Bieter die Kontrolle erlangt hat (siehe oben Rz. 100), besteht hier unter Umständen eine Transparenzlücke.
128
Ob die Veröffentlichungen gemäß § 23 Abs. 2 WpÜG die Aktionäre der Zielgesellschaft in die Lage versetzen, eine Erhöhung der Gegenleistung zu erkennen, ist zweifelhaft. Dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass der Bieter über die Angaben zu Art und Umfang der Gegenleistung hinaus zur Mitteilung der Erhöhung der Gegenleistung verpflichtet wäre367.
129
Jeder Aktionär, der das Angebot angenommen hat, aber nicht die gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG erhöhte Gegenleistung erhält, kann diese Differenz durch Leistungsklage (oder Feststellungsklage) geltend machen. Die vorbehaltlose Annahme des Angebots durch den Aktionär ist nicht als Verzicht auf den Erhöhungsbetrag auszulegen368.
F. Pflicht zur Nachzahlung des Differenzbetrags bei Nacherwerb (§ 31 Abs. 5 WpÜG) 130
Gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG entsteht eine Nachzahlungspflicht, wenn der Bieter bzw. mit ihm gemeinsam handelnde Personen (§ 2 Abs. 5 WpÜG) oder deren Tochterunternehmen (§ 2 Abs. 6 WpÜG) innerhalb eines Jahres nach der Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots Aktien der Zielgesellschaft gegen eine höhere als die im Angebot vorgesehene Gegenleistung außerbörslich erwerben. Die Regelung konkretisiert den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 3 Abs. 1 WpÜG) und ergänzt die Vorschriften über den Vorerwerb (§ 4 WpÜG-AngVO) und den Parallelerwerb (§ 31 Abs. 4 WpÜG). Die Gleichbehandlungspflicht im Nacherwerbszeitraum soll Umgehungsgestaltungen verhindern, die den Aktienerwerb bis nach der Abwicklung des Angebots aufschieben369. Im Gegensatz zu den Fällen des Parallel- und Vorerwerbs ist die Nachzahlung stets in Form einer Geldleistung in Euro zu erbringen.
366 Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 76; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 50; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 85, 98; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 103; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 113, 146; abw.: Neumann/Ogorek, BB 2010, 1297, 1299 ff. (analoge Anwendung des § 23 Abs. 2 WpÜG, falls Bieter keine Kontrolle erlangt hat); a.A. Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 37; Oechsler, NZG 2001, 817, 826; Berrar, ZBB 2002, 174, 179 (Veröffentlichung gemäß § 21 Abs. 2 WpÜG analog). 367 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 103. 368 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 79; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 104. 369 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. Kritisch Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 768, 770; Schüppen, WPg 2001, 958, 969 f.
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Gegenleistung
Rz. 134a § 31
Die Nachzahlungspflicht setzt nicht nur voraus, dass das Angebot angenommen wurde, sondern auch, 131 dass es – gegebenenfalls nach Eintritt der vom Bieter festgelegten Bedingungen – wirksam geworden ist370. Ein Erfolg im Sinne der Kontrollerlangung ist nicht erforderlich371.
I. Maßgeblicher Nacherwerb Der Begriff des Erwerbs in § 31 Abs. 5 WpÜG hat die gleiche Bedeutung wie in § 31 Abs. 3 und 4 WpÜG (siehe oben Rz. 69 ff., 101). Für den Nacherwerb im Zusammenhang mit bestimmten Strukturmaßnahmen (§ 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) und die Ausübung eines gesetzlichen Bezugsrechts bei einer Kapitalerhöhung (§ 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG) sind Ausnahmen von der Nachzahlungspflicht vorgesehen. Ebenso wenig erfasst ist der Erwerb im Rahmen des Handelsbestands, wenn die BaFin den Bieter von der Berücksichtigung des Handelsbestands für Zwecke des § 31 Abs. 5 WpÜG befreit hat (§ 20 Abs. 1 WpÜG).
132
Nur außerbörslicher Erwerb verpflichtet zur Nachzahlung. Hierdurch sollen übermäßige Einschrän- 133 kungen der Handlungsmöglichkeiten des Bieters nach Abschluss des Angebotsverfahrens vermieden werden (etwa der Erwerb der bis zum Erreichen der 95 %-Schwelle des § 327a Abs. 1 AktG noch fehlenden Aktien bei generell ansteigendem Kursniveau)372. Dahinter stand die Überlegung, dass der Bieter nur dann zur Nachzahlung verpflichtet sein sollte, wenn er bei späteren Verkäufen eine höhere Prämie bezahlt, dass er jedoch nicht darunter leiden sollte, wenn er steigenden Märkten lediglich hinterherlaufe373. Diese Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wurde vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen. Für den Erwerb von Bezugsrechten gilt dies sinngemäß374. Ob Geschäfte, die von systematischen Internalisierern gemäß § 79 WpHG i.V.m. Art. 14 ff. MiFIR375 abgewickelt werden, zum relevanten Nacherwerb zählen, ist zweifelhaft. Sie sind keine Börsengeschäfte und führen nicht zu Börsenpreisen im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG. Nach dem Wortlaut des § 31 Abs. 5 Satz 1 WpÜG wären sie relevanter Nacherwerb. Da systematische Internalisierer jedoch gemäß Art. 14 Abs. 1 UnterAbs. 1, Abs. 3 MiFIR sicherstellen müssen, dass die von ihnen festgelegten Kursofferten die vorherrschenden Marktbedingungen widerspiegeln (und damit quasi denselben materiellen Kriterien genügen müssen, unter denen Börsenpreise zustande kommen), wäre es sachgerecht, diese Geschäfte wie Börsengeschäfte zu behandeln und für Zwecke des § 31 Abs. 5 Satz 1 WpÜG unberücksichtigt zu lassen. Spiegelbildlich können über die Börse getätigte Geschäfte, bei denen die autonomen Marktmechanismen der Börse – etwa aufgrund von Absprachen und stark eingeschränkten Angebotszeiträumen – außer Kraft gesetzt werden, ausnahmsweise als außerbörslich i.S.d. § 31 Abs. 5 WpÜG gelten376. Insofern findet der Gedanke, Preisbeeinflussung über die Börse sei nicht oder nur stark eingeschränkt möglich, seine Grenze.
134
Ob bei aufeinander folgenden Übernahme- und Pflichtangeboten desselben Bieters die Gegenleistung des zweiten Angebots einen im Zusammenhang mit dem ersten Angebot maßgeblichen Nacherwerb darstellt, ist zweifelhaft. Der Wortlaut spricht dafür; der Schutzzweck spricht dagegen377.
134a
370 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 55; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 97. 371 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 91; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 113. 372 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 14/7477, S. 53; RefE und RegE hatten die Beschränkung auf den außerbörslichen Erwerb noch nicht vorgesehen; daher krit. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428; DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006. 373 Vgl. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428; DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006. 374 J. Vetter, AG 2003, 478, 483; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 106. 375 Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, ABl. EU Nr. L 173/84. 376 Ausführlich Stengel/Naumann, WM 2013, 2345 (passim). 377 Wasse, AG 2012, 784, 787 f.
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§ 31 Rz. 135 Gegenleistung 135
Erwirbt der Bieter außerhalb der Börse Aktien der Zielgesellschaft zu einem Preis, der den aktuellen Börsenkurs nicht übersteigt, jedoch höher als die im Angebot bezifferte Gegenleistung ist, stellt sich die Frage, ob über den Wortlaut des § 31 Abs. 5 WpÜG hinaus auch solche Geschäfte von der Geltung der Vorschrift ausgenommen sein sollen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass eine Bevorzugung einzelner Aktionäre beim anonymen Erwerb über die Börse – anders als beim außerbörslichen Erwerb auf der Grundlage von Vereinbarungen mit bestimmten Aktionären – nicht stattfinden kann. Diese abstrakt-generelle Abgrenzung geht jedoch über das hinaus, was zur Gewährleistung der Gleichbehandlung der Aktionäre erforderlich ist. Der Zweck der Privilegierung des börslichen Erwerbs besteht darin, dem Bieter weitere Zukäufe zu ermöglichen, wenn ein durch die Kräfte von Angebot und Nachfrage gebildeter Marktpreis feststeht und die gewährte Gegenleistung diesen Marktpreis nicht übersteigt. Die Aktionäre, die das Angebot angenommen haben, stehen damit nicht schlechter, als wenn der Nacherwerb über die Börse abgewickelt worden wäre. Folglich wäre eine entsprechende teleologische Reduktion des § 31 Abs. 5 WpÜG vorzunehmen378.
136
Trotz der im Gesetzgebungsverfahren vorgetragenen Kritik379 ist für den Nacherwerb keine Bagatellschwelle vorgesehen. Folglich kann die Nachzahlungspflicht bereits durch den außerbörslichen Erwerb einer einzigen Aktie durch den Bieter oder eine mit ihm gemeinsam handelnde Person (§ 2 Abs. 5 WpÜG) oder deren Tochterunternehmen (§ 2 Abs. 6 WpÜG) ausgelöst werden380. Ob eine Person, die während des Nacherwerbszeitraumes Aktien der Zielgesellschaft erwirbt, zum Zurechnungskreis gehört, bestimmt sich im Zeitpunkt des Nacherwerbs381. Diese relativ strenge Regelung bedeutet für den Bieter ein Risiko, weil die Zurechnung des Aktienerwerbs Dritter nicht voraussetzt, dass der Bieter diesen Erwerb veranlasst hat und eine Befreiung von der Nachzahlungspflicht durch die BaFin ähnlich der Befreiung vom Pflichtangebot bei versehentlichem Überschreiten der Kontrollschwelle gemäß § 9 Satz 1 Nr. 6 WpÜG-AngVO im Gesetz nicht vorgesehen ist382. Die organisatorischen Möglichkeiten des Bieters, diesem Risiko vorzubeugen, stoßen bei den gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen jedoch an Grenzen, weil der Bieter regelmäßig nicht gegenüber allen Mitgliedern dieses Personenkreises weisungsberechtigt ist. Für den Bieter wird es sich daher empfehlen, in den vertraglichen Vereinbarungen mit gemeinsam handelnden Personen eine Freistellung von allen durch diese Personen ausgelösten Nachzahlungspflichten vorzusehen und, wenn möglich, in diese Vereinbarungen auch solche Personen einzubeziehen, die erst innerhalb der Nacherwerbsfrist in den Zurechnungskreis eintreten383.
II. Referenzperiode 137
Die Referenzperiode für den Nacherwerb beginnt mit der Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG. Diese Veröffentlichung ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Satz 3 Satz 1 WpÜG im Internet und in einem überregionalen Börsenpflichtblatt vorzunehmen. Erfolgen diese Veröffentlichungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, ist der spätere Zeitpunkt maßgeblich384.
378 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 90; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 41; a.A. Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 110; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 138. 379 DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428 (2–5 %); Gemeinsame Stellungnahme von BDI, BDA, DIHT und GdV vom 27.9.2001, S. 6 f. (Streichung des § 31 Abs. 5 WpÜG, hilfsweise Bagatellschwelle von 10 %); kritisch ebenfalls Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 300; Liebscher, ZIP 2001, 853, 865; Riehmer/Schröder, BB-Beil. 5/2001, S. 14. 380 Weiterhin kritisch Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 41; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 94; Noack in Schwark/Zimmer, § 31 WpÜG Rz. 86. 381 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 84. 382 Krit. Thun in Geibel/Süßmann, 1. Aufl. 2002, § 31 WpÜG Rz. 57. 383 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 83; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 107. 384 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 108; a.A. Rahlf in Bad Homburger Hdb., C 278.
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Gegenleistung
Rz. 141 § 31
Die Referenzperiode endet gemäß § 31 VwVfG i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB nach Ablauf eines Jahres mit Ablauf des Tages, der durch seine Benennung dem Tag der letzten Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots entspricht.
138
In Ausnahmefällen kann der Bieter gemäß § 3 Abs. 1 WpÜG verpflichtet sein, in seinem Angebot eine 138a verlängerte Nacherwerbsfrist vorzusehen. Das Angebot ist dann so auszugestalten, dass die Aktionäre auch dann noch einen Nachzahlungsanspruch haben, wenn der Bieter Aktien der Zielgesellschaft nach dem Ablauf der gesetzlichen Nacherwerbsfrist erwirbt und dem Verkäufer hierfür einen höheren Preis bezahlt oder eine im Wert höhere Gegenleistung gewährt. Die BaFin hält diese Verpflichtung für gegeben, wenn die Frist für den Eintritt von Vollzugsbedingungen über das Ende der gesetzlichen Nacherwerbsfrist hinausreicht – etwa wenn bereits im Gestattungsverfahren absehbar ist, dass die erforderlichen Fusionskontrollverfahren bzw. Verfahren vor in- oder ausländischen Behörden längere Zeit in Anspruch nehmen werden. In einem Fall, in dem die BaFin dem Bieter gestattete, die erforderliche kartellrechtliche Freigabe innerhalb von 17 Monaten einzuholen, bevor das Angebot hinfällig wurde, musste sich der Bieter verpflichten, Nacherwerbe bis zum Ablauf dieser Frist zu veröffentlichen und bei Gewährung einer höheren Gegenleistung entsprechende Differenzzahlungen zu leisten385. Zusätzlich musste der Bieter den Aktionären ein besonderes Rücktrittsrecht einräumen und einen hinreichend liquiden Börsenhandel sicherstellen386.
III. Höhere Gegenleistung 1. Allgemeines Wie auch beim Parallelerwerb wird die Nachzahlungspflicht des § 31 Abs. 5 WpÜG ausgelöst, wenn 139 die für den Nacherwerb gewährte oder vereinbarte Gegenleistung die im Angebot genannte Gegenleistung wertmäßig übersteigt. Hierfür ist ein Wertvergleich zwischen der Gegenleistung des Nacherwerbs und der Gegenleistung im Rahmen des Angebots erforderlich. Für diesen Wertvergleich gelten die oben in Rz. 109 ff. dargelegten Grundsätze. 2. Bereinigung von Sondereffekten Ist die für den Nacherwerb erbrachte Gegenleistung durch während der Nacherwerbsfirst eingetretene Sondereffekte beeinflusst worden, ist eine Anpassung erforderlich. Derartige Sondereffekte können etwa darin bestehen, dass die Zielgesellschaft Dividenden ausschüttet387 oder Kapitalmaßnahmen durchführt, sie etwa im Rahmen einer ordentlichen Kapitalerhöhung Bezugsrechte ausgibt, das Grundkapital aus Gesellschaftsmitteln erhöht, den Nennbetrag bzw. rechnerischen Anteil am Grundkapital herabsetzt (Aktiensplit) oder im Rahmen einer Kapitalherabsetzung Aktien zusammenlegt. Um die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherzustellen, ist die Gegenleistung für den Nacherwerb um diese Sondereffekte zu bereinigen, denn der Schutzzweck der Vorschrift lässt sich nur bei Verwendung einheitlicher Maßstäbe erreichen388.
140
Zinseffekte zwischen dem Beginn des Vorerwerbszeitraumes und dem Ende des Nacherwerbszeitraumes sind für Preisvergleichszwecke nicht zu berücksichtigen389. In den Regelungen des Gesetzes und der WpÜG-Angebotsverordnung ist dies im Interesse der Rechtssicherheit akzeptiert worden. Hätte
141
385 Angebotsunterlage E.On Verwaltungs SE/innogy SE vom 27.4.2018, S. 10 f.; Jahresbericht der BaFin 2018, S. 147. 386 Angebotsunterlage E.On Verwaltungs SE/innogy SE vom 27.4.2018, S. 67 f.; Hasselbach/Rauch, BB 2019, 194, 195. 387 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, Anh. § 31 WpÜG Rz. 87; ausführlich Oppenhoff/Illert in FS Marsch-Barner, 2018, S. 397, 401 ff. 388 Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.255; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 87; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 114; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 64. 389 Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 148.
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§ 31 Rz. 141 Gegenleistung sich der Gesetzgeber anders entschieden, wäre Streit über den anzuwendenden Abzinsungsfaktor praktisch programmiert gewesen390. 142
Kursschwankungen, die innerhalb der einjährigen Nacherwerbsfrist typischerweise zu erwarten sind, könnten zu der Überlegung Anlass geben, dass für die Nachbesserungspflicht nicht der Nominalwert der für den Nacherwerb vereinbarten bzw. gewährten Gegenleistung, sondern die auf den Börsenkurs aufgeschlagene Prämie mit der im Rahmen des Übernahmeangebots gezahlten Prämie zu vergleichen ist. Diese Betrachtungsweise steht mit der Konzeption des Gesetz- und Verordnungsgebers jedoch nicht im Einklang. Sie findet bereits im Wortlaut des § 31 Abs. 5 Satz 1 WpÜG, der auf eine wertmäßig höhere als die im Angebot genannte Gegenleistung abhebt, keine Stütze. Auch der Wille des Gesetzgebers war auf die Ermittlung des Unterschiedsbetrags zwischen der Gegenleistung des Nacherwerbs und der im Angebot genannten Gegenleistung gerichtet391. Schließlich sprechen auch systematische Gründe gegen eine derartige prämienbezogene Betrachtung, weil nämlich beim Vor- und Parallelerwerb ein Vergleich der nominalen Beträge ohne Einbeziehung des durchschnittlichen Börsenkurses durchzuführen ist392.
143
Stellt das Angebot verschiedene alternative Gegenleistungen zur Wahl (etwa eine Geldleistung in Euro einerseits und liquide börsenzugelassene Aktien andererseits), sind nach der Verwaltungspraxis der BaFin beide Gegenleistungen in den Wertvergleich einzubeziehen393. Die BaFin begründet dies damit, dass die Angemessenheit der Gegenleistung grundlegend in § 31 Abs. 1 WpÜG geregelt ist, diese Vorschrift und ihre Konkretisierungen in den §§ 4 ff. WpÜG-AngVO keine Differenzierung zwischen einer primären und einer alternativen Gegenleistung vorsehen, die Gesetzesbegründung nur für den Fall des § 31 Abs. 2 WpÜG eine Ausnahme vorsieht und auch die Aktionäre, die die alternative Gegenleistung annehmen, auf den Schutz des § 31 WpÜG vertrauen und bei Parallel- und Nacherwerb von den Regelungen in § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG profitieren sollen. Außerdem fürchtet die BaFin Umgehungsgestaltungen zugunsten von Paketaktionären, die sie mit dieser weiten Auslegung des § 31 WpÜG verhindern will394.
IV. Rechtsfolge 144
Bei gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG relevantem Nacherwerb schuldet der Bieter den Aktionären, die das Angebot angenommen haben, eine Geldleistung in Euro in Höhe der Differenz zwischen der im Rahmen des Nacherwerbs gewährten oder vereinbarten Gegenleistung und der im Rahmen des Angebots gezahlten Gegenleistung. Dies gilt unabhängig davon, ob das öffentliche Angebot ein Kauf- oder ein Tauschangebot war395. Weil der Bieter zum Zeitpunkt des Nacherwerbs die im Rahmen des Angebots geschuldete Gegenleistung regelmäßig bereits erbracht haben wird, greift die Vorschrift nicht im Wege der Erhöhung der geschuldeten Gegenleistung in die bereits abgeschlossenen Vertragsverhältnisse ein, sondern konstituiert einen eigenständigen Zahlungsanspruch der Aktionäre, die das Angebot angenommen haben396.
145
Die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs tritt im Zeitpunkt des Nacherwerbs ein. Ob die Gegenleistung für den Nacherwerb erbracht wurde oder fällig ist, ist nicht von Belang, weil es genügt, dass die Ge-
390 391 392 393
Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 88. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 89. Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 65 (§ 31 Abs. 4 WpÜG auf beide Pflichtgegenleistungen anwendbar); a.A. Voraufl. Rz. 143; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 65, 77 (maßgeblich). 394 Boucsein/Schmiady, AG 2016, 597, 600 f.; a.A. Voraufl. Rz. 143; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 89. 395 Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 112; krit. Land/Hasselbach, DB 2000, 1747, 1751 (Gleichbehandlungsgrundsatz erfordere keine Geldleistung, wenn der Nacherwerb gegen eine Sachleistung erfolgt). 396 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56.
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Gegenleistung
Rz. 148 § 31
genleistung vereinbart wurde397. Soweit die Gegenleistung variable Komponenten enthält (etwa Besserungsabreden oder Anknüpfung an künftige Aktienkurse oder Niveaus von Indizes), sind diese zu bewerten und ggf. werterhöhend oder wertmindernd zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen der Werterhöhung bzw. Wertminderung hat nach allgemeinen Grundsätzen derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft.
V. Offenlegung Der Nachzahlungsanspruch ist verfahrenstechnisch dadurch abgesichert, dass der Bieter den Nacherwerb unter Angabe der Art und Höhe der für jede Aktie gewährten Gegenleistung gemäß § 23 Abs. 2 WpÜG zu veröffentlichen und der BaFin mitzuteilen hat. Weil der Nachzahlungsanspruch auch dann ausgelöst wird, wenn der Bieter aufgrund des Übernahmeangebots die Kontrolle verfehlt (siehe oben Rz. 131), die Offenlegungspflicht bei Übernahmeangeboten aber erst nach Kontrollerlangung einsetzt (§ 23 Abs. 2 Satz 1 WpÜG), besteht hier unter Umständen eine Transparenzlücke.
146
VI. Ausnahme für bestimmte Strukturänderungen (§ 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG) Der Nachbesserungsanspruch ist gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG ausgeschlossen, wenn der Bieter 147 bzw. ihm zuzurechnende Personen Aktien der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Verpflichtung zur Gewährung einer Abfindung an Aktionäre der Zielgesellschaft für den Erwerb des Vermögens oder von Teilen des Vermögens der Zielgesellschaft erworben haben. Der Wortlaut der Vorschrift nennt die Verschmelzung (§ 29 UmwG), die Spaltung (§ 125 UmwG) und die Vermögensübertragung (§ 176 UmwG), die Begründung des Regierungsentwurfs darüber hinaus Abfindungen bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen (§ 305 AktG), bei der Eingliederung (§ 320b AktG), bei einem Squeeze-out (§ 327a AktG) sowie beim Formwechsel (§ 190 UmwG)398. Die Erstreckung der Ausnahme auf Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung ist eine (überflüssige) Klarstellung. Keiner dieser Vorgänge ist ein Nacherwerbsfall, denn der Bieter erwirbt in ihrem Rahmen nicht die Aktien, sondern das Vermögen (bzw. Teile des Vermögens) der Zielgesellschaft399. Die Ausnahme des § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG erfasst den gesamten gesetzlichen Abfindungsanspruch, nicht nur den in einem Spruchverfahren gegebenenfalls festgestellten Abfindungsergänzungsanspruch400. Diese Einschränkung findet weder im Wortlaut der Vorschrift noch in der Gesetzesbegründung eine Stütze401.
147a
Die Ausnahme für gesetzliche Abfindungen geht darauf zurück, dass die Höhe dieser Abfindungen nach anderen Kriterien als die gemäß § 31 WpÜG geschuldete Mindestgegenleistung ermittelt wird. Dort wird regelmäßig eine Unternehmensbewertung durchgeführt (und unter bestimmten Voraussetzungen der Börsenkurs als Untergrenze berücksichtigt402), während die Mindestgegenleistung gemäß § 31 WpÜG den Börsenkurs und Vorerwerbspreise zugrunde legt. Häufig steht die endgültige Höhe der Gegenleistung erst nach einem mehrjährigen gerichtlichen Spruchverfahren fest. Durch den Ausschluss des Nachzahlungsanspruchs gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG wird vermieden, dass der Bieter einem unkalkulierbaren Kostenrisiko aus einer übernahmerechtlichen Nachbesserungspflicht ausgesetzt ist, wenn er innerhalb des Nacherwerbzeitraumes eine der genannten Strukturänderungen (etwa einen Squeeze-out) durchführt403.
148
397 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 58; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 93; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 115. 398 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. Um Eingliederung und Squeeze-out zweifelsfrei in den Anwendungsbereich des § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG einzubeziehen, wurde der Wortlaut des RegE („auf Grund“) noch auf „in Zusammenhang mit“ umgestellt; vgl. Bericht Finanzausschuss, BT-Drucks. 14/7477, S. 53. 399 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 56. 400 LG Frankfurt am Main v. 21.3.2019 – 3-5 O 138/18 – Stada – juris, Rz. 30. 401 Vgl. BT-Drucks. 14/7034, S. 56. 402 BGH v. 12.3.2001 – II ZB 15/00 – DAT/Altana, BGHZ 147, 108 = AG 2001, 417. 403 Begr. RegE, BT Drucks. 14/7034, S. 56.
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§ 31 Rz. 148a Gegenleistung 148a
Vor diesem Hintergrund ist es nicht unproblematisch, wenn die Höhe der gesetzlichen Abfindung nicht auf einer Unternehmensbewertung beruht, sondern vom Bieter und einem (maßgeblich beteiligten) Aktionär vorzeitig ausgehandelt wird und die im Rahmen des Übernahme- bzw. Pflichtangebots gezahlte Gegenleistung übersteigt. Wenn sich die Vereinbarung allerdings darauf beschränkt, dass der Aktionär eine geplante Strukturmaßnahme mit seinen Stimmen in der Hauptversammlung unterstützen wird, wenn die Abfindung einen bestimmten Mindestbetrag nicht unterschreitet, fehlt es an einer Vereinbarung, aufgrund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann. Diese Abrede steht auch einer „im Geld“ befindlichen Put-Option (hierzu Rz. 157) nicht gleich, weil die Zahlung der Abfindung erst dann erfolgen kann, wenn die Strukturmaßnahme in das Handelsregister eingetragen worden ist, und weil die Höhe der Abfindung wegen des regelmäßig eingeleiteten Spruchverfahrens der Disposition der Parteien entzogen ist404.
149
Die Ausnahme des § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG erstreckt sich auch auf Zahlungen aufgrund eines Abfindungsvergleichs; der noch im Finanzausschuss geänderte Wortlaut verdeutlicht, dass ein „Zusammenhang mit“ der gesetzlichen Abfindungspflicht bereits genügt405. Dies ist sachgerecht, weil der Bieter sich anderenfalls nicht mit Anfechtungs- und Spruchverfahrensklägern vergleichen könnte, ohne dadurch Nachbesserungsansprüche auszulösen. Folglich kann der Bieter freiwillig eine höhere Abfindung anbieten, um ein mehrjähriges Anfechtungs- oder Spruchverfahren zu vermeiden406.
150
Nach zutreffender Auffassung der BaFin findet § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG über den Wortlaut hinaus bei Vor- und Parallelerwerb entsprechende Anwendung. Sie leitet dies aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift her: Hiernach soll der Aktionär, der im Zuge einer Strukturmaßnahme abgefunden wurde, durch ein anschließendes Übernahmeangebot nicht bessergestellt werden als derjenige, der erst nach der Strukturmaßnahme Aktionär geworden ist407.
VII. Nacherwerb nach Delisting-Angeboten 150a
In § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG ist geregelt, dass § 31 WpÜG auf Delisting-Angebote entsprechend anwendbar ist. Nach der Gesetzesbegründung sollen auch die §§ 3 bis 7 der WpÜG-AngVO entsprechend gelten408. Dementsprechend geht die ganz herrschende Meinung – auch die BaFin409 – davon aus, dass die Vorschriften über Vor-, Parallel- und Nacherwerbe gemäß § 31 WpÜG und §§ 3 bis 7 WpÜG-AngVO uneingeschränkt auf Delisting-Angebote Anwendung finden410. Dieses Verständnis wirft verschiedene Praxisprobleme auf, die im Wesentlichen bei der entsprechenden Anwendung der Vorschrift des § 31 Abs. 5 WpÜG über den Nacherwerb entstehen. Daher ist gefordert worden, dass § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG entweder als Rechtsfolgenverweis zu verstehen, teleologisch zu reduzieren oder von Gesetzgeber zu ändern sei411.
150b
Zum einen entzündet sich die Kritik daran, dass nach einem vollständigen Rückzug von der Börse kein börslicher Nacherwerb im Sinne des § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG mehr möglich sei und das gesetzliche Regime für den Nacherwerb nach einem Delisting-Angebot ohne ersichtlichen Grund daher strenger sei als das Regime für den Nacherwerb nach Übernahme- und Pflichtangeboten. Dass jeder Nacherwerb zu einer höheren Gegenleistung einen Nachzahlungsanspruch gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1
404 Süßmann, NZG 2019, 771, 772 (allerdings mit Verweis auf mögliche Ansprüche aus § 12 WpÜG). 405 § 31 Abs. 5 Satz 2 RegE hatte noch auf den Erwerb „auf Grund“ einer gesetzlichen Verpflichtung zur Gewährung einer Abfindung abgestellt. 406 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 95; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 117; a.A. Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 135. 407 Vgl. Pflichtangebot Carl Zeiss Jena GmbH/Carl Zeiss Meditec AG vom 25.7.2002, S. 14 f.; Schulz, M&A-Review 2003, 114, 116; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.259; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 141. 408 BT-Drucks. 18/6220, S. 84. 409 Klepsch, BaFin-Journal, Januar 2016, 23, 24. 410 Bayer, NZG 2015, 1169, 1174; Goetz, BB 2015, 2691, 2692; Groß, AG 2015, 812, 817; Klepsch/Hippeli, RdF 2016, 194, 195; Kocher/Seiz, DB 2016, 153, 155. 411 Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 646.
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Krause
Gegenleistung
Rz. 150d § 31
WpÜG nach sich zöge, sei eine Unstimmigkeit, die der Gesetzgeber übersehen habe412. Bei näherem Hinsehen erscheint dies nicht ganz richtig. Der Gesetzgeber des WpÜG hat den börslichen Nacherwerb in § 31 Abs. 5 Satz 1 WpÜG privilegiert, weil der Bieter nicht darunter leiden sollte, wenn er steigenden Märkten lediglich hinterherlaufe; diese Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wurde von Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen (siehe oben Rz. 133). Nach einem vollständigen Delisting gibt es nach den Maßstäben des WpÜG in den Aktien der Zielgesellschaft jedoch keinen Markt mehr, denen der Bieter hinterherlaufen könnte. Dass der Gesetzgeber des § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG keine weitergehende Ausnahme von der Gleichbehandlungspflicht vorgesehen hat, erscheint daher nur folgerichtig. Zum einen wird kritisiert, dass die Vorschrift des § 31 Abs. 5 WpÜG, soweit sie direkt – d.h. auf 150c Übernahme- und Pflichtangebote – Anwendung findet, keine Ausnahme für den Nacherwerb von Aktien im Rahmen eines nachfolgenden Delisting-Angebots enthält. Wenn ein Bieter innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines Übernahme- oder Pflichtangebots ein Delisting-Angebot veröffentliche, sei es möglich, dass er Aktien der Zielgesellschaft für 24 Monate nicht zu einem höheren Preis als dem des ursprünglichen Übernahme- oder Pflichtangebots erwerben könne. Denn ein Nacherwerb des Bieters zu einem höheren Preis als im Übernahmeangebot stelle einen Vorerwerb für das nachfolgende Delisting-Angebot dar und bestimme daher den Preis des Delisting-Angebots. Sollte der Bieter im Delisting-Angebot eine höhere Gegenleistung anbieten wollen als im vorangegangenen Übernahmeangebot, wäre die Zahlung einer höheren Gegenleistung im Delisting-Angebot ein gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG ausgleichspflichtiger Nacherwerb im Rahmen des vorangegangenen Übernahmeangebots413. Selbst wenn der Bieter innerhalb eines Jahres nach dem Übernahmeangebot keine Aktien erwirbt, aber in den 12 Monaten nach dem Delisting-Angebot Aktien zu einem Preis erwirbt, der die im Rahmen des Delisting-Angebots gezahlte Gegenleistung übersteigt, solle sich mit der Erhöhung des Delistingpreises gemäß § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG i.V.m. § 31 Abs. 5 WpÜG auch der Übernahmepreis gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG erhöhen414. Auch wenn man das Zusammenspiel der Vorschriften von Übernahme- und Delisting-Angeboten in einzelnen Facetten durchaus anders einschätzen kann, ist es im Kern völlig zutreffend, dass der Bieter praktisch keinen Spielraum hat, Aktien der Zielgesellschaft zu einem höheren Preis als dem Preis des ursprünglichen Übernahme- bzw. Pflichtangebots zu erwerben, wenn er keine Nachzahlungsansprüche auslösen will. Aber auch hier gilt, dass der Gesetzgeber des WpÜG eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz nur für gerechtfertigt hielt, wenn der Bieter steigenden Börsenkursen hinterherläuft oder gesetzliche Abfindungspflichten erfüllt (siehe oben Rz. 133). Die Veröffentlichung eines Delisting-Angebots fällt weder in die eine noch in die andere Kategorie. Daher erscheint es auch in diesen Fällen folgerichtig, dass der Gesetzgeber des § 39 Abs. 3 Satz 2 BörsG keine weitergehenden Ausnahmen von der Gleichbehandlungspflicht vorgesehen hat. Unsicher ist, wie die Gegenleistung des Delisting-Angebots zu bemessen ist, wenn Bieter und Zielge- 150d sellschaft nach vollzogenem Übernahme- oder Pflichtangebot einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abschließen und das Delisting-Angebot nach Abschluss dieses Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrags veröffentlicht wird. Im Rahmen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags sind die Aktionäre der Zielgesellschaft bis zum Ablauf von mindestens zwei Monaten nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Spruchverfahrens jederzeit berechtigt, ihre Aktien gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung an den Bieter zu veräußern (§ 305 AktG). Macht auch nur ein Aktionär von diesem Recht Gebrauch, ist dies für Zwecke des Übernahme- bzw. Pflichtangebots ein gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG privilegierter außerbörslicher Nacherwerb, der keine Nachzahlungsansprüche auslöst. Für Zwecke des Delisting-Angebots ist eine derartige Transaktion ein Vorerwerb, auf den § 4 WpÜG-AngVO seinem Wortlaut nach anwendbar ist. Dass diese Vorschrift keine mit § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG vergleichbare Ausnahme vorsieht, ist ein offener Wertungswiderspruch. Nicht zuletzt deswegen, weil die Höhe der Abfindung unter einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag regelmäßig in einem langwierigen Spruchverfahren geprüft und nicht selten erhöht wird, wurde angemerkt, dass der Mindestpreis eines Delisting-Angebots vor Abschluss des Spruchverfahrens gar nicht feststehen könne415. 412 413 414 415
Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 644. Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 645. Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 645. Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 645.
Krause
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§ 31 Rz. 150e Gegenleistung 150e
Richtigerweise ist zu unterscheiden: Wenn man § 4 WpÜG-AngVO wortlautgemäß anwenden wollte, müsste die in der Angebotsunterlage genannte Gegenleistung mindestens der Abfindung gemäß § 305 AktG entsprechen. Bei wortlautgemäßer Anwendung müsste die Angebotsunterlage darüber hinaus – wie bei einem Earn-Out (hierzu siehe oben Rz. 118) – vorsehen, dass die Aktionäre, die das Delisting-Angebot annehmen, einen Nachzahlungsanspruch haben, wenn die Abfindung im Rahmen des Spruchverfahrens erhöht wird. Wenn man so verfahren wollte, wäre allerdings offen, wie das Delisting-Angebot mit Ausgleichszahlungen (§ 304 AktG) und gesetzlichen Zinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) umzugehen hätte, die die Aktionäre, die das Delisting-Angebot nicht annehmen, bis zum Abschluss des Spruchverfahrens und ihrer gegebenenfalls erst dann erklärten Annahme des Abfindungsangebots gemäß § 305 AktG noch entgegennehmen können. Weil diese Zahlungen nach Ansicht des BGH Fruchtziehung und nicht Teil des Abfindungskapitals sind416, dürften sie für Zwecke des § 31 WpÜG richtigerweise nicht berücksichtigt werden. Damit stünden die Aktionäre, die das Delisting-Angebot annehmen, grundsätzlich nicht besser und nicht schlechter als Aktionäre, die zeitgleich das Abfindungsangebot gemäß § 305 AktG annehmen (wenn man davon absieht, dass bis zur Annahme des Abfindungsangebots bereits ein gewisser Zins aufgelaufen sein kann).
150f
All dies ist jedoch rechtlich unsicher und teleologisch auch nicht überzeugend. Wenn man – anders als oben angenommen – Ausgleichszahlungen und Zinsen für Zwecke des § 31 WpÜG berücksichtigen will, würde die Abwicklung von Delisting-Angeboten sehr kompliziert. Zudem besteht der oben aufgezeigte Wertungswiderspruch. Man darf davon ausgehen, dass der Gesetzgeber des § 39 BörsG diese Themen nicht gesehen hat417 und demnach eine ungeplante Regelungslücke vorliegt. Mehr noch: Mit dem Verweis auf § 31 WpÜG dürfte der Gesetzgeber des § 39 BörsG angenommen haben, auf ein einfaches, leicht zu handhabendes kapitalmarktorientiertes Regulatorium zur Bestimmung der Gegenleistung zurückzugreifen. Wenn man diese Regelungslücke füllen und den gesetzgeberischen Willen umsetzen möchte, läge es nahe, den Anwendungsbereich des § 4 WpÜG-AngVO teleologisch zu reduzieren und den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft aufgrund einer gesetzlichen Abfindung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG von seinem Geltungsbereich auszunehmen418. Die Rechte der Aktionäre würden dadurch nicht verkürzt; sie können frei entscheiden, ob sie das Delisting-Angebot oder das Abfindungsangebot gemäß § 305 AktG annehmen wollen.
G. Dem Erwerb gleichgestellte Vereinbarungen; Bezugsrechte (§ 31 Abs. 6 WpÜG) I. Gleichgestellte Vereinbarungen (§ 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG) 151
Das WpÜG verwendet den Begriff des Erwerbs grundsätzlich zur Bezeichnung des Verfügungsgeschäfts zur Erlangung des Eigentums419. Um Umgehungen der Mindestanforderungen an die Gegenleistung zu verhindern, sieht § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG vor, dass dem Erwerb für Zwecke des § 31 Abs. 3 bis 5 WpÜG Vereinbarungen gleichgestellt werden, auf deren Grundlage die Übereignung von Aktien verlangt werden kann. Der Gesetzgeber hatte insbesondere Kauf- bzw. Tauschverträge mit hinausgeschobenem Erfüllungszeitpunkt und Optionsgeschäfte, die zum Bezug von Aktien berechtigen, im Blick420.
416 BGH v. 16.9.2002 – II ZR 284/01, BGHZ 152, 29, 32 ff. = AG 2003, 40; BGH v. 2.6.2003 – II ZR 85/02, BGHZ 155, 110, 116 ff. = AG 2003, 629; BGH v. 10.12.2007 – II ZR 199/06, BGHZ 174, 378 = AG 2008, 214, Rz. 8; Hüffer/Koch, § 305 AktG Rz. 53 m.w.N. 417 Zutreffend Leyendecker/Herfs, BB 2018, 643, 645. 418 A.A. Hoffmann in Spindler/Stilz, § 119 AktG Rz. 45a (der allerdings zu verkennen scheint, dass das Abfindungsangebot gemäß § 305 AktG bis zum Ablauf von mindestens zwei Monaten nach dem rechtskräftigen Abschluss des Spruchverfahrens jederzeit angenommen werden kann). 419 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 54. 420 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57.
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Krause
Gegenleistung
Rz. 152 § 31
Von der Vorschrift des § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG erfasst ist auch der Erwerb von Wandel- und Opti- 151a onsschuldverschreibungen421. In der Sache Celesio würdigte der BGH einen zwischen dem Bieter und einem Dritten geschlossenen Kaufvertrag über von dem Dritten gehaltene Wandelschuldverschreibungen als eine Vereinbarung, aufgrund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden könne (§ 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG und § 4 Satz 2 WpÜG-AngVO)422. Nach dem BGH kommt es nicht darauf an, ob die Wandelschuldverschreibungen originär oder derivativ erworben werden423, ob die Wandelschuldverschreibungen eine Barzahlungsoption für die Emittentin vorsehen424 oder ob der Bieter das Wandlungsrecht kurzfristig nach dem Erwerb der Wandelschuldverschreibungen ausübt oder nicht425. Vielmehr versteht der BGH § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG als eine weit auszulegende Umgehungsschutzvorschrift426. Für die Praxis ist damit geklärt, dass auch der derivative Erwerb von Wandelschuldverschreibungen unter das Mindestpreisregime des § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG fällt. Die vom BGH bevorzugte weite Auslegung der Vorschrift liegt sicherlich an der Grenze dessen, was ihr Wortlaut hergibt427. Sie steht damit in einem gewissen Spannungsverhältnis zu dem ansonsten eher formalen Charakter übernahme- und kapitalmarktrechtlicher Vorschriften, die der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit einen hohen Stellenwert einräumen428. Wann und auf welche Weise Abschläge für die Verzinsung der Wandelanleihe zu machen sind, ist un- 151b geklärt. In der Celesio-Entscheidung ermittelte der BGH die angemessene Gegenleistung, indem er den Kaufpreis der Wandelschuldverschreibungen durch die Zahl der erworbenen Aktien dividierte429. Für den BGH war maßgebend, dass der Bieter mit dem Erwerb gezeigt habe, welchen Preis er im zeitlichen Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot als angemessen angesehen habe430. Wenn – wie im entschiedenen Fall – der Erwerb der Wandelschuldverschreibungen und der Ausübung des Wandlungsrechts zeitnah aufeinander folgen, mag man dem zustimmen; verallgemeinerungsfähig ist diese Erwägung aber nicht. Denn der Preis einer Wandelschuldverschreibung setzt sich zusammen aus dem Wert der Aktie und der Verzinsung; dieser Wert ist regelmäßig höher als der Wert der Aktie. Demzufolge können – wie auch der BGH eingeräumt hat431 – im Einzelfall Abschläge für die Verzinsung geboten sein432. Der mittelbare Erwerb, d.h. der Erwerb von Anteilen einer Muttergesellschaft, der – bei Erreichen 151c bzw. Überschreiten der relevanten Schwellenwerte (siehe § 35 Rz. 97 ff.) – die Angebotspflicht gegenüber den freien Aktionären der Tochtergesellschaft auslösen würde, ist vom Wortlaut der Vorschrift dagegen nicht umfasst433. Nach seinem Wortlaut gilt § 31 Abs. 6 WpÜG für den Parallel- und den Nacherwerb. Die Vorschrift findet jedoch auf den Vorerwerb entsprechende Anwendung (§ 4 Satz 2 WpÜG-AngVO). Zu gestreckten Erwerbsvorgängen, bei denen zwischen dem schuldrechtlichen und dem dinglichen Geschäft erhebliche Zeit vergeht, siehe § 4 WpÜG-AngVO Rz. 24a. 421 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 150; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 98. 422 BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105, juris, Rz. 13 ff. 423 So aber LG Frankfurt am Main v. 2.12.2014 – 3/5 O 44/14 – Celesio – juris, Rz. 51; Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 64. 424 So Technau, Der Konzern 2016, 313, 316; wohl auch Stephan, Der Konzern 2018, 45, 51. 425 So OLG Frankfurt v. 19.1.2016 – 5 U 2/15 – Celesio – juris, Rz. 42 f.; kritisch hierzu Stephan, Der Konzern 2018, 45, 52. 426 BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105, juris, Rz. 30; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 125; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 104; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 51 f.; Wackerbarth, EWiR 2018, 37, 38; Aisenbrey, AG 2018, 102, 104 f.; Ulmer, WuB 2018, 235; Hasselbach/Rauch, BB 2019, 194, 199 f.; im Ergebnis auch Brellochs, ZGR 2018, 811 ff.; kritisch Hippeli, jurisPR-HaGesR 3/2016 Anm. 1; Oppenhoff/Illert, DB 2017, Beilage 03 zu Heft 51-52, S. 24, 25. 427 Brellochs, ZGR 2018, 811, 821; a.A. Oppenhoff/Illert, DB 2017, Beilage 03 zu Heft 51-52, S. 24, 25. 428 Brellochs, ZGR 2018, 811, 825, 828. 429 BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105, juris, Rz. 35. 430 BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105, juris, Rz. 36. 431 BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105, juris, Rz. 36. 432 Kritisch daher Brellochs, ZGR 2018, 811, 829 ff.; Derlin, BB 2018, 212; Hasselbach/Rauch, DB 2019, 194, 200; Kahnert/Waldhauer, DB 2018, 306, 307; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 51 f.; Ulmer, WuB 2018, 235, 239. 433 So auch Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 127.
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152
§ 31 Rz. 153 Gegenleistung 153
Ob die dem Erwerb gleichgestellte Vereinbarung wirksam sein muss, ist in § 31 Abs. 6 WpÜG nicht angesprochen. Weil die Gegenleistung für Zwecke des Vor-, Parallel- und Nacherwerbs auch dann zu berücksichtigen ist, wenn sie rein faktisch gewährt wird, genügt es, wenn die Vereinbarung wenigstens für den Bieter bindend ist. Die Bindung entfällt, wenn eine auflösende Bedingung eintritt oder wenn der Bieter ein ihm zustehendes Rücktrittsrecht ausübt434.
154
Ob § 31 Abs. 6 WpÜG auch bedingte oder befristete Vereinbarungen erfasst, ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht eindeutig zu entnehmen. Die Formulierung „Vereinbarungen, aufgrund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann“ ließe sich auch so verstehen, dass der Anspruch auf Übereignung fällig sein muss, um dem Erwerb gleichzustehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers435 und dem Schutzzweck der Norm (Umgehungsschutz) kann jedoch allein der Abschluss der Vereinbarung maßgeblich sein436.
155
§ 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG erfasst insbesondere die Vereinbarung von Call-Optionen, d.h. Optionen, die den Bieter berechtigen, die Übereignung von Aktien der Zielgesellschaft zu verlangen437. Dies sind nur solche Optionsgeschäfte, die den Optionsschuldner zur Lieferung von Aktien der Zielgesellschaft verpflichten. Nicht erfasst sind dagegen synthetische Optionen, die bei Ausübung der Optionen nur einen Zahlungsanspruch einräumen438. Aus dem Willen des Gesetzgebers und dem Schutzzweck der Norm ist abzuleiten, dass allein der Abschluss der Optionsvereinbarung maßgeblich ist; ob die CallOption ausgeübt wird bzw. wann sie ausgeübt werden kann, ist für Zwecke des § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG ohne Bedeutung439.
156
Für den Erwerb einer Call-Option wird regelmäßig eine sofort und unabhängig von der Ausübung der Option zu zahlende Gegenleistung erbracht (Optionsprämie). Hiervon zu unterscheiden ist der Bezugspreis für den Erwerb der Aktien im Ausübungsfall (Ausübungspreis). Die bei Abschluss der Optionsvereinbarung für den Erwerb der Aktien vereinbarte Gegenleistung ermittelt sich nach den anerkannten Methoden der Bewertung von Optionen (etwa nach Black/Scholes) als die Summe aus Optionsprämie und Ausübungspreis, bereinigt um die Prämie für die Laufzeit der Optionen und die Volatilität der zugrunde liegenden Aktie440. Maßgeblicher Bewertungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Vereinbarung, nicht der Zeitpunkt der Ausübung der Option441. Soweit dem entgegengehalten wird, dass dies dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche, da der Bezugspreis noch nicht zugeflossen und es daher unklar sei, ob das Merkmal der wertmäßig höheren Vergütung erfüllt ist442, ist dem entgegenzuhalten, dass der Zufluss unmaßgeblich ist, weil gemäß § 31 Abs. 6 WpÜG bereits die Verein434 Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 31 WpÜG Rz. 30; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 121. 435 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 436 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 151; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 97; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 122; Reinhardt/Kocher in Paschos/ Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 123; Leyendecker-Langner/Läufer, NZG 2014, 161, 162. 437 LG Köln v. 29.7.2011 – 82 O 28/11, ZIP 2012, 229, 233; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 149; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 98; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 122; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 124. 438 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 62; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 122; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 151; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 17; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 124. 439 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 149; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 98; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 122; Süßmann in Angerer/Geibel/ Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 63; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 123. 440 Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 12. Aufl. 2017, S. 536 ff.; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 99; J. Vetter, AG 2003, 478, 482; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 123; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 20; Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 151; a.A. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 67 (Optionspreis und Bezugspreis); Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 84 (Ausübungspreis und Prämie); so auch Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, Rz. 60.281; noch anders Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 152 (nur Ausübungspreis relevant). 441 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 99; J. Vetter, AG 2003, 478, 482. 442 Thun in Geibel/Süßmann, 1. Aufl. 2002, § 31 WpÜG Rz. 70.
878
Krause
Gegenleistung
Rz. 157b § 31
barung einer wertmäßig höheren Gegenleistung genügt. Auch aus § 31 Abs. 3 bis 5 WpÜG ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber eine Benachteiligung der Aktionäre bereits dann angenommen hat, wenn der Wert der im Angebot vorgesehenen Gegenleistung hinter dem Wert der für Vor-, Parallel- oder Nacherwerb vereinbarten Gegenleistung zurückbleibt443. Von § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG grundsätzlich nicht erfasst sind Put-Optionen, d.h. Optionen, die den 157 Bieter zum Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft verpflichten444. Diese Optionen sind keine Vereinbarungen, aufgrund derer die Übereignung (bzw. der Bezug445) von Aktien verlangt werden kann. Bei der Put-Option ist es nicht der Bieter, sondern der Inhaber der relevanten Aktien, der vom Bieter die Abnahme der Aktien verlangen kann446. Put-Optionen, die bei Abschluss der Optionsvereinbarung deutlich „im Geld“ sind, können allerdings einen Kaufvertrag verdecken (§ 117 Abs. 2 BGB)447. In diesem Fall käme es in Betracht, die Put-Option für Zwecke des § 31 Abs. 6 WpÜG zu berücksichtigen448. Wird eine Put-Option innerhalb der für Vor-, Parallel- und Nacherwerb maßgeblichen Zeiträume ausgeübt und der hierdurch zustande kommende Kaufvertrag vollzogen, liegt hierin ein gemäß § 31 Abs. 3 bis 5 WpÜG bzw. § 4 Satz 1 WpÜG-AngVO relevanter Vor-, Parallel- bzw. Nacherwerb449. Ebenfalls von § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG grundsätzlich nicht erfasst sind Wandelschuldverschreibun- 157a gen mit Barzahlungsoption450, Pflichtwandel- und Pflichtumtauschanleihen. Bei derartigen Wertpapieren entscheidet die Emittentin, ob sie Aktien liefert oder eine Geldleistung erbringt; der Bieter hat kein Recht auf Lieferung der Aktien. Der BGH sieht den Anwendungsbereich der Vorschrift offensichtlich extensiver: Solange offen sei, ob der Bieter mit der Wandlung rechnen kann, bestehe kein Grund, den für Wandelschuldverschreibungen mit Barzahlungsoption gezahlten Preis nicht zu berücksichtigen. Wie beim Erwerb einer Option zeige der Bieter mit dem Erwerb, welchen Preis er für die Übereignungsmöglichkeit für angemessen halte451. In dieser Allgemeinheit ist diese Position mit dem Wortlaut des § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG jedoch nicht zu vereinbaren452. Ist die Aktienalternative beim Erwerb des Wertpapiers allerdings deutlich „im Geld“ oder kann der Bieter aufgrund anderer Umstände mit der Lieferung der Aktien rechnen, käme es in Betracht, die Put-Option für Zwecke des § 31 Abs. 6 WpÜG zu berücksichtigen. Das OLG Frankfurt hat die Anwendung der Vorschrift nur für den Fall bejaht, dass der Bieter die Anleihen innerhalb der Frist des § 31 Abs. 3 WpÜG sowohl erworben als auch tatsächlich gewandelt hat453. Aus denselben Gründen sind auch Ansprüche gemäß § 305 Abs. 1 AktG, die das herrschende Unter- 157b nehmen verpflichten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben, keine Vereinbarungen im Sinne des § 31 Abs. 6 Satz 1 WpÜG. Ganz abgesehen davon, dass die Übertragung der Aktien gegen eine gesetzliche Abfindung erfolgt (und somit dem Ausnahmetatbestand des § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG unterfällt), gewährt § 305 Abs. 1 AktG nicht dem herrschenden Unternehmen (Bieter), sondern dem Aktionär das 443 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 99. 444 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 65; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 153; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 100; Marsch-Barner in Baums/Thoma/ Verse, § 31 WpÜG Rz. 122; Dewitz, Forum Unternehmenskauf 2006, 11, 1; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85; Wackerbarth, ZIP 2012, 253, 259. 445 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 446 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 153; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 100; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85; Wackerbarth, ZIP 2012, 253, 259; a.A. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 65. 447 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 153 (Fn. 277); Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 100; zust. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 85; a.A. Süßmann, WM 2003, 1453, 1462; a.A. Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 122. 448 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 100; a.A. Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 126. 449 Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 65; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 153; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 100. 450 Technau, Der Konzern 2016, 313, 316; a.A. BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105, juris, Rz. 27. 451 BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105 juris, Rz. 27. 452 Kritisch daher auch Stephan, Der Konzern 2018, 45, 51. 453 OLG Frankfurt v. 19.1.2016 – 5 U 2/15 – Celesio – juris, Rz. 34.
Krause
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§ 31 Rz. 157b Gegenleistung Recht, seine Aktien an den Bieter zu veräußern454. Wie auch bei Put-Optionen, Pflichtwandel- und Pflichtumtauschanleihen kann etwas Anderes nur gelten, wenn der Anspruch deutlich „im Geld“ ist bzw. der Bieter aus anderen Gründen damit rechnen kann, dass die Aktien an ihn übereignet werden. Bei Ansprüchen aus § 305 Abs. 1 AktG ist dies jedoch nicht der Fall, angesichts langwieriger Spruchverfahren jedenfalls nicht innerhalb überschaubarer Zeiträume. Dies gilt auch dann, wenn die Höhe der Abfindung zwischen dem Bieter und einem maßgeblich beteiligten Aktionär ausgehandelt wird, die Vereinbarung aber weder ein Erwerbsrecht des Bieters noch eine Veräußerungspflicht des Aktionärs vorsieht (siehe Rz. 148a).
II. Ausübung eines gesetzlichen Bezugsrechts (§ 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG) 158
Die Ausübung eines gesetzlichen Bezugsrechts aufgrund einer Erhöhung des Grundkapitals der Zielgesellschaft stellt keinen Erwerb i.S.d. § 31 Abs. 3–5 WpÜG bzw. § 4 Satz 1 WpÜG-AngVO dar. Hinter dieser Regelung steht die Überlegung, dass der Bieter seine Beteiligung an der Zielgesellschaft durch die Ausübung eigener, sich aus der bisherigen Beteiligung ergebender Bezugsrechte im bisherigen Umfang beibehalten, aber nicht erhöhen kann. Die Ausübung des Bezugsrechts kann daher mit Erwerbsvorgängen, die auf eine Erhöhung der Beteiligung bzw. des Stimmrechtsanteils gerichtet sind, nicht gleichgesetzt werden455. Dass die Ausübung des Bezugsrechts die Erhöhung der Beteiligungsquote zur Folge haben kann, wenn andere Aktionäre ihr Bezugsrecht nicht bzw. nur teilweise ausüben, ist unerheblich, weil das Ziel der Ausübung des Bezugsrechts in der Beibehaltung der Beteiligungsquote besteht456. Für den Erwerb neuer Aktien im Wege einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 212 Satz 1 AktG) gilt die Ausnahme des § 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG analog; auch hier kann sich die Beteiligung des Bieters an der Zielgesellschaft nicht erhöhen457.
159
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Vorschrift als zu eng kritisiert und gefordert, dass jeder Erwerb von Aktien aufgrund einer Kapitalerhöhung oder der Veräußerung eigener Aktien durch die Zielgesellschaft von der Ausnahme umfasst sein sollte. Wenn nämlich der Bieter Aktien aus einer Kapitalerhöhung außerhalb des gesetzlichen Bezugsrechts erwerbe und hierfür einen höheren Preis zu zahlen bereit sei, sei es nicht sachgerecht, den Ausgabebetrag der jungen Aktie als Mindestwert des Angebotspreises heranzuziehen; außerdem werde der Preisaufschlag nicht an andere Aktionäre, sondern an die Gesellschaft gezahlt und käme in der Form der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens allen Aktionären zugute458. Der Gesetzgeber ist dem allerdings nicht gefolgt.
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§ 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG greift nicht ein, wenn der Bieter Bezugsrechte Dritter erwirbt und ausübt, da der Bieter hiermit über die Erhaltung seiner Beteiligungshöhe hinausgeht459. § 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG greift ebenfalls nicht ein, wenn nur der Bieter zur Zeichnung der neuen Aktien zugelassen ist460. Wenn dagegen die Bedingungen der Kapitalerhöhung so ausgestaltet sind, dass sich nur der Bieter an der Kapitalerhöhung beteiligt, soll die Ausnahme des § 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG greifen. Da dieser Erwerb im Regelfall gegen ein hohes Agio erfolgt, kommt er der Gesellschaft und somit allen Aktionären zugute. Schließlich gilt § 31 Abs. 6 Satz 2 WpÜG nicht für den temporären Erwerb von Aktien durch das Kreditinstitut, das der Bieter zur Abwicklung des gesetzlichen Bezugsrechts eingeschaltet hat461.
454 455 456 457 458 459 460 461
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LG Frankfurt am Main v. 21.3.2019 – 3-5 O 138/18 – Stada – juris, Rz. 31 ff. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 101. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 101; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 1124. DAV-Handelsrechtsausschuss zum RefE, NZG 2001, 420, 428 f.; Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 302; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 125. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 69; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 125. Süßmann in Angerer/Geibel/Süßmann, § 31 WpÜG Rz. 71; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 125. Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 125.
Krause
Gegenleistung
Rz. 165 § 31
H. Verordnungsermächtigung (§ 31 Abs. 7 WpÜG) § 31 Abs. 7 WpÜG bildet die Ermächtigungsgrundlage für das Bundesministerium der Finanzen, nä- 161 here Bestimmungen über die Angemessenheit der Gegenleistung – insbesondere die Berücksichtigung des durchschnittlichen Börsenkurses der Aktien der Zielgesellschaft und der Vorerwerbe, die hierbei maßgeblichen Zeiträume, die Ausnahmen von den Berücksichtigungsgeboten des § 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG und die Ermittlung des Differenzbetrags gemäß § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG – durch Rechtsverordnung zu erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen hat mit dem Erlass der WpÜGAngebotsverordnung vom 27.12.2001 von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Gemäß § 31 Abs. 7 Satz 2 WpÜG kann das Bundesministerium der Finanzen die Ermächtigung auf die BaFin übertragen. Hierdurch soll insbesondere der bei der BaFin eingerichtete Beirat, zu dessen Aufgaben die Beratung der BaFin beim Erlass von Rechtsverordnungen gehört (§ 5 Abs. 3 Satz 1 WpÜG), in die Lage versetzt werden, seine Erfahrungen einfließen zu lassen462. Eine Übertragung ist bislang nicht erfolgt.
162
J. Überprüfung durch die BaFin und Sanktionen I. Überprüfung durch die BaFin Die BaFin prüft im Rahmen des Gestattungsverfahrens, ob die Angebotsunterlage die gemäß § 11 Abs. 2 und § 2 WpÜG-AngVO erforderlichen Angaben enthält und ob die Angaben offensichtlich gegen Vorschriften des WpÜG bzw. der WpÜG-AngVO verstoßen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG). Die Angemessenheit der Gegenleistung bildet dabei einen Prüfungsschwerpunkt463. Sind die Angaben zur Gegenleistung unvollständig, hat die BaFin das Angebot zu untersagen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG). Verstoßen die Angaben zur Gegenleistung gegen Vorschriften des WpÜG bzw. der WpÜG-AngVO, muss die BaFin das Angebot untersagen, wenn der Verstoß offensichtlich ist (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG)464. Insoweit beschränkt sich die Prüfung durch die BaFin auf eine Evidenzkontrolle.
163
Der BaFin stehen umfangreiche Ermittlungsbefugnisse zur Verfügung, um die Einhaltung der Vorschriften über Art und Höhe der Gegenleistung zu überwachen. So hat jedermann auf Verlangen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, sofern Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Gebote und Verbote des WpÜG vorliegen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 WpÜG). Gerade im Hinblick auf Angaben zur Gegenleistung haben Auskunfts- und Vorlageersuche in der Praxis der BaFin große Bedeutung (siehe dazu § 40 WpÜG Rz. 8)465.
164
Da die BaFin ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig ist, stehen einzelnen Aktionären keine Ersatzansprüche gegen die BaFin (etwa gemäß § 839 BGB) zu, wenn sie das Angebot trotz offensichtlich unangemessener Gegenleistung nicht untersagt466. Die Aktionäre können den Beschluss der BaFin über die Gestattung der Veröffentlichung auch nicht mit einem Widerspruch oder der Beschwerde gemäß § 48 WpÜG angreifen, da sie nicht zu dem Personenkreis gehören, der am Gestattungsverfahren beteiligt ist467.
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462 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 463 Lenz/Linke, AG 2002, 361, 361 f. 464 Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 156; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 114. 465 Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 166. 466 Lappe/Stafflage, BB 2002, 2185, 2189; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 127 Reinhardt/ Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 187. 467 OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 2/03 – Wella I, ZIP 2003, 1251; OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03 – Wella II, ZIP 2003, 1392; BVerfG v. 2.4.2004 – 1 BvR 1620/03 – Wella, ZIP 2004, 950; dazu Verse, ZIP 2004, 199, 199 ff.; Pohlmann, ZGR 2007, 1, 22 ff.; Krause, AG 2014, 833, 835.
Krause
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§ 31 Rz. 166 Gegenleistung
II. Zivilrechtliche Ansprüche 166
Jeder Aktionär, der die angebotene Gegenleistung nicht für angemessen hält, ist darauf verwiesen, den nach seiner Auffassung bestehenden Nachbesserungs- oder Schadensersatzanspruch vor den Zivilgerichten durchzusetzen468. Soweit Parallelerwerb gemäß § 31 Abs. 4 WpÜG Zahlungsansprüche und Nacherwerb gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG Nachzahlungsansprüche entstehen lässt, können diese im Wege des Musterverfahrens gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) geltend gemacht werden469. Entsprechende Regelungen fehlen für die Fälle, dass die Gegenleistung bereits von Anfang an nicht angemessen ist – etwa weil sie relevanten Vorerwerb nicht berücksichtigt (§ 4 WpÜG-AngVO), weil sie den gewichteten Börsenkurs (§ 5 Abs. 1 WpÜG-AngVO) oder – sofern maßgeblich – den durch Unternehmensbewertung ermittelten angemessenen Wert (§ 5 Abs. 4 WpÜGAngVO) unterschreitet oder weil sie – obwohl gemäß § 31 Abs. 3 WpÜG erforderlich – in einer Geldleistung bestehen müsste.
166a
Weil die Aktionäre der Zielgesellschaft im Gestattungsverfahren vor der BaFin nicht beteiligt und nach ständiger Rechtsprechung des OLG Frankfurt nicht widerspruchsberechtigt sind470, stellt sich die Frage, ob ihnen auch bei anfänglicher Unangemessenheit der Gegenleistung individualrechtliche Ansprüche zustehen, die sie vor den Zivilgerichten durchsetzen können. 1. Ansprüche bei Annahme des Angebots
166b
Für Aktionäre, die ein Übernahmeangebot mit nicht angemessener Gegenleistung angenommen haben, hat der BGH diese Frage positiv beantwortet und – im Anschluss an die wohl überwiegende Meinung in der Literatur471 – im Grundsatz anerkannt, dass ihnen ein Anspruch gegen den Bieter auf Nachzahlung der Differenz zwischen der angemessenen Gegenleistung und der tatsächlich gezahlten Gegenleistung zusteht472. Zur Begründung stützt sich der BGH im Wesentlichen auf die Systematik des § 31 WpÜG, der bei Parallel- und Nacherwerb gemäß § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG Zahlungsansprüche vorsieht473, und auf den Zweck des Gesetzes, bei Übernahme- und Pflichtangeboten eine angemessene Gegenleistung sicherzustellen474. Zudem sei auch der Gesetzgeber des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) offenbar davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG nicht nur Ansprüche aus Parallel- und Nacherwerben, sondern auch aus vertraglichen Erfüllungsansprüchen erfasse475. Zwingend ist dies alles nicht: Im Wortlaut der Vorschriften des § 31 Abs. 1 und 3 WpÜG, §§ 4 ff. WpÜG-AngVO ist von Ansprüchen oder einer Leistung, die ein Aktionär der Zielge468 Sohbi in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 31 WpÜG Rz. 34; rechtsvergleichend Tountopoulos, WM 2014, 337 passim. 469 Vgl. Begr. RegE KapMuG, BT-Drucks. 15/5091, S. 16 f., 20 (im Entwurf fand sich die Erstreckung des Anwendungsbereiches auf WpÜG-Sachverhalte noch in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG-E); zur gültigen Fassung: Reinhardt/Kocher in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 15 Rz. 191. 470 OLG Frankfurt a.M. v. 27.5.2003 – WpÜG 1/03 – ProSiebenSat1 I, ZIP 2003, 1251; OLG Frankfurt a.M. v. 28.5.2003 – WpÜG 2/03 – Wella I, ZIP 2003, 1251; OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03 – Wella II, ZIP 2003, 1392; OLG Frankfurt a.M. v. 9.10.2003 – WpÜG 3/03 – ProSiebenSat1 II, ZIP 2003, 2206; OLG Frankfurt a.M. v. 5.12.2011 – WpÜG 1/11 – Postbank, ZIP 2012, 270; zuletzt OLG Frankfurt a.M. v. 8.1.2018 – WpÜG 1/17 – juris, Rz. 41. 471 Verse, ZIP 2004, 199, 202 ff.; Pohlmann, ZGR 2007, 1, 15 ff.; Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 157; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 128; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 107; Verse in Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 276, 286 ff.; a.A. Voraufl.; für eine gerichtliche Überprüfbarkeit, ob das Angemessenheitskriterium tatsächlich erfüllt ist, ebenfalls Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109, 115; Seibt/Heiser, ZGR 2005, 201, 219; Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 309. 472 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662, juris, Rz. 22; ebenso die Vorinstanzen LG Köln v. 29.7.2011 – 82 O 28/11 – Postbank, ZIP 2012, 229, 232; OLG Köln v. 31.10.2012 – 13 U 166/11 – Postbank. BGH v. 7.11.2017 – II ZR 37/16 – Celesio, AG 2018, 105, juris, Rz. 11. 473 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662, juris, Rz. 23. 474 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662, juris, Rz. 24. 475 BT-Drucks. 15/5091, S. 20; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 86; Reuschle, WM 2004, 2334, 2335; Kruis in KölnerKomm. KapMuG, 2. Aufl., § 1 KapMuG Rz. 111; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 46; Verse, Der Konzern 2015, 1, 4.
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Gegenleistung
Rz. 166e § 31
sellschaft verlangen könnte, nicht die Rede; stattdessen erfolgt eine Prüfung der Gegenleistung durch die BaFin. Auch in den Gesetzesmaterialien zum WpÜG gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass derartige Nachzahlungsansprüche bestehen sollten. Der Sinn und Zweck des Gesetzes, eine rasche – und rechtssichere476 – Abwicklung von öffentlichen Angeboten zu ermöglichen, wird verfehlt477. Rechtsstreitigkeiten in der Sache Postbank, die den Anlass für das BGH-Urteil geliefert hatten, waren bei Drucklegung (ca. neun Jahre nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage) immer noch anhängig478. Die Praxis muss sich darauf einstellen. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze zu zivilrechtlichen Ansprüchen gegen den Bieter betrafen die Angemessenheit der Gegenleistung von Übernahmeangeboten. Sie sollten gleichermaßen auch für Pflichtangebote gelten479. Auch Pflichtangebote sind den Vorschriften des § 31 WpÜG unterworfen. Systematisch wäre es nicht zu erklären, wenn Pflichtangebote anders zu behandeln wären als Übernahmeangebote. Auch aus der Postbank-Entscheidung lässt sich ersehen, dass der BGH Übernahmeangebote und Pflichtangebote gleichbehandeln möchte480.
166c
Es ist allerdings nicht offensichtlich, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt: Wenn ein Pflicht- 166d angebot mit unangemessener Gegenleistung kein Pflichtangebot im Sinne des Gesetzes ist, tritt der Rechtsverlust gemäß § 59 WpÜG ein481; zudem besteht nach der BKN-Entscheidung des BGH482 kein Zahlungsanspruch, wenn ein Kontrollererb erfolgt und kein Pflichtangebot abgegeben wird483. Die planwidrige Reglungslücke öffnet sich allerdings dann, wenn man annimmt, dass ein Pflichtangebot mit zu niedriger Gegenleistung nicht die Verpflichtung zur Vorlage eines Pflichtangebots gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG, wohl aber die Verpflichtung zur Ausstattung dieses Angebots mit einer angemessenen Gegenleistung gemäß §§ 31, 39 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngVO verletzt484. Außerdem wurde argumentiert, dass dem Bieter ohne den drohenden Rechtsverlust des § 59 WpÜG der Anreiz genommen würde, eine angemessene Gegenleistung anzubieten485. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass auch Pflichtangebote von der BaFin daraufhin geprüft werden, ob die in der Angebotsunterlage enthaltenen Angaben offensichtlich gegen Vorschriften des WpÜG oder der WpÜG-AngVO verstoßen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG). Wenn ein Pflichtangebot diese Hürde genommen hat, erschiene es unverhältnismäßig, die Sanktion des § 59 WpÜG eingreifen zu lassen: Der Rechtsverlust sanktioniert nicht nur den Bieter, sondern führt auch zu einer schweren Belastung der Zielgesellschaft. Sie aber hat die Unangemessenheit der Gegenleistung nicht zu vertreten. Die Ansprüche der Aktionäre, die ein Übernahme- oder Pflichtangebot mit nicht angemessener Ge- 166e genleistung annehmen, unterliegen der Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB486. Die kürzere Sonderverjährung des § 12 Abs. 4 WpÜG ist weder direkt noch analog anwendbar487. Gegen die Analogie 476 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 27. 477 Krause, AG 2014, 833, 835; Löhdefink/Jaspers, ZIP 2014, 2261, 2265; a.A. BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, aG 2014, 662, juris, Rz. 25. 478 Deutsche Bank, Geschätsbericht 2018, S. 355 (Beweisaufnahme bis mindestens Dezember 2019). 479 Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 59 WpÜG Rz. 41 ff.; Tschauner in Angerer/Geibel/Süßmann, § 59 WpÜG Rz. 15; Witt, DStR 2014, 2132, 2133 f.; Löhdefink/Jaspers, ZIP 2014, 2261, 2266; Verse, Der Konzern 2015, 1, 2; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 49 f.; a.A. Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 59 WpÜG Rz. 51, 58; Scheibenpflug/Tönningsen, BKR 2015, 140, 144. 480 Im zweiten Leitsatz werden ein Pflichtangebot und ein „als freiwilliges Übernahmeangebot nach § 29 Abs. 1 WpÜG bezeichnetes Angebot“ gleichgesetzt; siehe auch BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662, juris, Rz. 27, 34. 481 Krause, AG 2014, 833, 837. 482 BGH v. 11.6.2013 – II ZR 80/12, AG 2013, 634, juris, Rz. 22. 483 Scheibenpflug/Tönningsen, BKR 2015, 140, 144; Hecker in Baums/Thoma/Verse, § 59 WpÜG Rz. 51, 58. 484 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662, juris, Rz. 27; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 59 WpÜG Rz. 41; Löhdefink/Jaspers, ZIP 2014, 2261, 2266; Rubner/Leuering, NJW-Spezial 2015, 79, 80; Tschauner in Angerer/Geibel/Süßmann, § 59 WpÜG Rz. 15; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 59 WpÜG Rz. 11. 485 Scheibenpflug/Tönningsen, BKR 2015, 140, 144. 486 LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15 – Postbank II – juris, Rz. 497 ff.; Verse, ZIP 2004, 199, 207; Verse, Der Konzern 2015, 1, 3 f.; Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 108; Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 111. 487 A.A. Löhdefink/Jaspers, ZIP 2014, 2261, 2268.
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§ 31 Rz. 166e Gegenleistung zu § 12 Abs. 4 WpÜG spricht, dass die Ansprüche aus § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG keiner kürzeren Sonderverjährung unterliegen. Daher wäre es systematisch unstimmig, den hier diskutierten Nachzahlungsanspruch bei anfänglich unangemessener Gegenleistung einer solchen verkürzten Verjährung zu unterstellen488. 166f
Ob sich individualrechtliche Ansprüche der Aktionäre, die das Angebot angenommen haben, auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 WpÜG als Schutzgesetz ergeben, hängt davon ab, wie man sich zu der Frage stellt, ob diesen Aktionären bereits ein direkt auf § 31 WpÜG gestützter Anspruch zusteht. Für die Beurteilung, ob einer Vorschrift Schutzgesetzcharakter zukommt, ist in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, zu prüfen, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB zu knüpfen489. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber des BGB das deliktsrechtliche Haftungssystem so ausgestaltet hat, dass der Schutz absoluter Rechtsgüter die Regel und der Schutz des Vermögens die Ausnahme ist. Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers darf nicht durch eine ausufernde Annahme von Schutzgesetzen und die Vorverlagerung des Schutzes, den § 823 Abs. 1 BGB für bestimmte Rechtsgüter gewährt, unterlaufen werden490. Entscheidend dafür, ob eine Vorschrift ein Schutzgesetz darstellt, ist nicht die Wirkung, sondern der Inhalt und der Zweck des Gesetzes. Entscheidend ist außerdem, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz zugunsten eines Einzelnen oder eines bestimmten Personenkreises gewollt hat491. Wenn man der Postbank-Entscheidung des BGH492 folgt, ließe sich vertreten, dass § 31 WpÜG ein Schutzgesetz ist. Wenn man der Gegenansicht anhängt, spricht alles dafür, die Vorschrift nicht als ein Schutzgesetz anzusehen493. 2. Ansprüche ohne Annahme des Angebots
166g
Ob Aktionären, die ein Übernahmeangebot mit nicht angemessener Gegenleistung nicht annehmen, Zahlungsansprüche gegen den Bieter zustehen, ist ungeklärt. Ansprüche aufgrund § 31 WpÜG scheiden aus, weil sie die Annahme des Angebots voraussetzen. In Betracht kämen jedoch Ansprüche aus culpa in contrahendo (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 249 BGB) wegen der Verletzung einer Verpflichtung aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis. In der Regel ist bei Ansprüchen aus culpa in contrahendo nur das negative Interesse zu ersetzen, d.h. der Vertrauensschaden, der etwa nutzlose Aufwendungen und sonstige Kosten umfasst, die im Vertrauen auf den Abschluss des Vertrages gemacht wurden. Nach allgemeinen Grundsätzen ist bei Ansprüchen wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen das positive Interesse, d.h. das Interesse an der Erfüllung des nicht zustande gekommenen Vertrages, nur dann zu ersetzen, wenn feststeht, dass die Parteien den Vertrag bei pflichtgemäßem Verhalten des Schädigers zu den für den Geschädigten günstigeren Bedingungen geschlossen hätten494.
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Nach zutreffender Ansicht bestehen freilich keine Ansprüche aus culpa in contrahendo495. Solange ein Aktionär der Zielgesellschaft das Übernahmeangebot nicht angenommen hat, besteht zwischen ihm und dem Bieter kein Schuldverhältnis im Sinne der § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB496. Ein vor488 Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 111; Verse, Der Konzern 2015, 1, 3 f. 489 BGH v. 29.6.1982 – VI ZR 33/81, NJW 1982, 2780 = GmbHR 1982, 272; BGH v. 14.6.2005 – VI ZR 185/04, NJW 2005, 2923, 2924; BGH v. 28.3.2006 – VI ZR 50/05, NJW 2006, 2110, 2112. 490 BGH v. 19.2.2008 – XI ZR 170/07, NJW 2008, 1734, 1736 = AG 2008, 548, 548 f. 491 BGH v. 8.5.1973 – VI ZR 164/71, NJW 1973, 1547; BGH v. 21.10.1991 – II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242; BGH v. 18.11.2003 – VI ZR 385/02, NJW 2004, 356, 357. 492 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 353/12 – Postbank I, AG 2014, 662. 493 Vorauflage Rz. 166b. 494 BGH v. 24.6.1998 – XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901; BGH v. 12.6.2001 – X ZR 150/99, NJW 2001, 3698, 3700; im Zusammenhang mit einem Übernahmeangebot LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15 – Postbank II – juris, Rz. 598; LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz. 292 f. 495 LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15 – Postbank II – juris, Rz. 601; Löhdefink/Jaspers, ZIP 2014, 2261, 2268; Hippeli, jurisPR-HaGesR 9/18, Anm. 5; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50; im Ergebnis auch LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz. 284 ff.; a.A. Zschocke in FS Marsch-Barner, S. 607, 620 ff.; unklar OLG Frankfurt v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753, juris, Rz. 56. 496 LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15 – Postbank II – juris, Rz. 601; a.A. LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz. 284 ff.
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Krause
Gegenleistung
Rz. 166j § 31
vertragliches Schuldverhältnis mit der Verpflichtung des einen Teils, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), entsteht durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB), durch die Anbahnung eines Vertrags, bei der der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB), oder durch ähnliche geschäftliche Kontakte (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) finden zwischen dem Bieter und den Aktionären der Zielgesellschaft nicht statt497: Der Bieter veröffentlicht die Angebotsunterlage, und die Aktionäre können das veröffentlichte Angebot so, wie es veröffentlicht ist, annehmen oder ablehnen. Die BaFin, die mit dem Bieter im Rahmen des Gestattungsverfahrens in Verbindung steht, wird nicht als Vertreterin oder Sachwalterin der Aktionäre, sondern nur im öffentlichen Interesse tätig (§ 4 Abs. 2 WpÜG)498. Die Einleitung des Gestattungsverfahrens und die Veröffentlichung der Angebotsunterlage stellen auch keine Anbahnung eines Vertrages dar, bei der die Aktionäre der Zielgesellschaft im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem Bieter die Möglichkeit zur Einwirkung auf ihre Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewähren oder ihm diese anvertrauen (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Mit der Einleitung des Gestattungsverfahrens oder der Veröffentlichung der Angebotsunterlage entsteht zwischen dem Bieter und den Aktionären der Zielgesellschaft auch kein geschäftlicher Kontakt, der mit dem Aufeinandertreffen zu Vertragsverhandlungen vergleichbar wäre oder dem Bieter die Einwirkung auf Rechtsgüter der Aktionäre oder eine ähnlich intensive Berührung ermöglichen würde (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Wenn man demgegenüber ein vorvertragliches Schuldverhältnis bejaht, könnte man meinen, dass die Pflichtverletzung des Bieters in der Veröffentlichung eines Übernahmeangebots mit einer nicht angemessenen Gegenleistung besteht499. Gegen diese Wertung lassen sich indes gewichtige Gründe anführen: Der Bieter darf die Angebotsunterlage erst nach Gestattung durch die BaFin veröffentlichen. Im Rahmen des Gestattungsverfahrens prüft die BaFin, ob die in der Angebotsunterlage enthaltenen Angaben auf offensichtliche Gesetzesverstöße (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG). Wenn die Bestimmung der angemessenen Gegenleistung eine Positionierung der BaFin zu bislang nicht entschiedenen Rechtsfragen voraussetzt oder sich aus anderen Gründen schwierig gestaltet, stellt sich die Frage, ob der Bieter wirklich pflichtwidrig handelt, wenn er sich auf die Positionierung der BaFin verlässt500. Wenn man hiernach dennoch eine Pflichtverletzung annehmen will, wäre sie schuldhaft, wenn der Bieter sich nicht exkulpieren kann (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB)501.
166i
Regelmäßig dürfte jedoch im Fall eines Übernahmeangebots mit nicht angemessener Gegenleistung keine haftungsausfüllende Kausalität vorliegen. Hierfür müsste feststehen, dass der Bieter bei pflichtgemäßem Verhalten ein Übernahmeangebot mit einer angemessenen Gegenleistung veröffentlicht hätte. Dies wird der Aktionär kaum beweisen können: Der Bieter wird vorbringen, dass er – hätte er die Höhe der angemessenen Gegenleistung gekannt – überhaupt kein Übernahmeangebot veröffentlicht hätte (rechtmäßiges Alternativverhalten)502. Damit werden Aktionäre, die ein Übernahmeangebot mit nicht angemessener Gegenleistung nicht annehmen, in der Regel keine Zahlungsansprüche aus einer culpa in contrahendo des Bieters herleiten können. Bei Pflichtangeboten, deren Gegenleistung nicht angemessen ist, dürften die Dinge indessen anders liegen. Zwar kann der Aktionär der Zielgesellschaft die Veröffentlichung eines Pflichtangebots und die Zahlung der daraus resultierenden angemessenen Gegenleistung nicht einklagen503. Wenn jedoch der Bieter ein Pflichtangebot veröffentlicht, muss die Gegenleistung angemessen sein (§ 31 Abs. 1 i.V.m. § 39 WpÜG). Stellt sich heraus, dass sie nicht an-
166j
497 LG Köln v. 20.10.2017 – 82 O 11/15 – Postbank II – juris, Rz. 601; Lappe/Stafflage, BB 2002, 2185, 2190; Hippeli, jurisPR-HaGesR 9/18, Anm. 5; Löhdefink/Jaspers, ZIP 2014, 2261, 2268; a.A. LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz. 284 ff.; Zschocke in FS Marsch-Barner, 2018, S. 607, 620 f. 498 Hippeli, jurisPR-HaGesR 9/18, Anm. 5. 499 So LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz 286 ff.; Aisenbrey, Die Preisfindung im Übernahmerecht, 2017, S. 145 f.; Zschocke in FS Marsch-Barner, 2018, S. 607, 621; a.A. Hippeli, jurisPR-HaGesR 9/18, Anm. 5. 500 Hippeli, jurisPR-HaGesR 9/18, Anm. 5. 501 Die Anforderungen sind hoch; vgl. LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz 288 f.; Zschocke in FS Marsch-Barner, 2018, S. 607, 621 f. 502 So im Ergebnis – trotz einer Reihe von Indizien – LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz 295 ff., 303. 503 BGH v. 11.6.2013 – II ZR 80/12, AG 2013, 634.
Krause
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§ 31 Rz. 166j Gegenleistung gemessen ist, wird sich der Bieter nicht darauf berufen können, dass er – hätte er die Höhe der angemessenen Gegenleistung gekannt – von der Veröffentlichung eines Pflichtangebots hätte absehen dürfen. 166k
Dieses Ergebnis ist auch unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 17 der Übernahmerichtlinie504 verlangt, dass die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen festlegen. Dies setzt nicht voraus, dass sämtlichen Aktionären der Zielgesellschaft – ganz gleich, ob sie das Angebot annehmen oder nicht – Ansprüche gegen den Bieter zustehen müssen. Es reicht aus, dass der Bieter insoweit sanktioniert wird, als er eine Nachzahlung zumindest an diejenigen Aktionäre der Zielgesellschaft zu leisten hat, die das Angebot angenommen haben505.
166l
Ansprüche von Aktionären, die ein Übernahme- oder Pflichtangebot mit nicht angemessener Gegenleistung nicht annehmen, können sich im Übrigen noch aus § 826 BGB ergeben. Dies setzt voraus, dass der Bieter bewusst zum Nachteil der Aktionäre handelt, um sie von der Annahme des Angebots abzuhalten506.
166m
Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Dem Vorschlag, den in der Zielgesellschaft verbliebenen Aktionären ein Andienungsrecht analog § 39c WpÜG einzuräumen, wenn preiserhöhender Vorerwerb erst nachträglich bekannt wird507, ist nicht zu folgen508. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. Bei preiserhöhendem Nacherwerb sind nur die Aktionäre anspruchsberechtigt, die das Angebot des Bieters angenommen haben. Aktionäre, die in der Zielgesellschaft verblieben sind, haben kein Andienungsrecht; § 31 Abs. 5 WpÜG ist insoweit eindeutig. Wenn aber preiserhöhender Nacherwerb kein Andienungsrecht auslöst, wird man preiserhöhenden Vorerwerb, der erst nachträglich bekannt wird, nicht anders behandeln können509. Die in der Zielgesellschaft verbliebenen Aktionäre haben auch keine Ansprüche nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung510. Die Wertung der § 12 Abs. 1 und Abs. 6 WpÜG steht der Einräumung prospekthaftungsähnlicher Ansprüche unter erleichterten Verschuldensvoraussetzungen entgegen511.
166n
Aktionäre, die ihre Aktien zeitlich parallel, aber außerhalb eines Übernahme- oder Pflichtangebots an den Bieter veräußern, haben keine Ansprüche gegen den Bieter, wenn sich später herausstellt, dass die Gegenleistung des Angebots nicht angemessen war512. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Kaufvertrag keine Regelung enthält, die den Bieter auch für Zwecke des vertraglich vereinbarten Paketkaufs zur Einhaltung der Vorschriften des § 31 WpÜG verpflichtet. 3. Sonstiges
167
Das Spruchverfahrensgesetz findet auf Ansprüche auf der Grundlage des § 31 WpÜG weder direkt noch – mangels Regelungslücke – analog Anwendung513. Zur der Frage, ob außerhalb der § 31 Abs. 4 und 5 WpÜG und des richterrechtlichen Anspruchs bei anfänglich nicht angemessener Gegenleistung zivilrechtliche Ansprüche gegen den Bieter bestehen, siehe § 35 WpÜG Rz. 250 ff.
167a
Bleibt die im Angebot vorgesehene Gegenleistung hinter den Anforderungen des § 31 zurück, ist die Angebotsunterlage deswegen noch nicht unrichtig514. Sie ist unrichtig bzw. unvollständig, wenn sie einen relevanten Vorerwerb verschweigt (§ 2 Nr. 7 WpÜG-AngVO). Schadensersatzansprüche gemäß 504 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. L 142/12 (30.4.2004). 505 LG Stuttgart v. 17.9.2018 – 31 O 1/15 KfH SpruchG – juris, Rz. 269. 506 Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50. 507 Witt, DStR 2014, 2132, 2134. 508 Verse, Der Konzern 2015, 1, 3; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50. 509 Verse, Der Konzern 2015, 1, 3. 510 Siehe § 12 WpÜG Rz. 41; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50; sympathisierend aber Verse, Der Konzern 2015, 1, 3. 511 Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50. 512 Stephan, Der Konzern 2018, 45, 50. 513 Verse, ZIP 2004, 199, 206 f.; Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 128. 514 Santelmann/Nestler in Steinmeyer, § 31 WpÜG Rz. 112; a.A. Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 108; Stephan, Der Konzern 2018, 45, 49.
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Gegenleistung
Rz. 172 § 31
§ 12 WpÜG setzen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus; hieran wird es fehlen, wenn der Unternehmenswert der Zielgesellschaft durch externe Prüfer ermittelt oder bestätigt worden ist. Sie können nur innerhalb der kurzen Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 4 WpÜG geltend gemacht werden. Ob die Pflicht zur Verzinsung der im Rahmen eines Pflichtangebots geschuldeten Gegenleistung ge- 168 mäß § 38 WpÜG und der Rechtsverlust gemäß § 59 WpÜG eintreten, wenn die Gegenleistung die Anforderungen des § 31 WpÜG und der §§ 3 bis 7 WpÜG-AngVO nicht erfüllt, ist umstritten515. Nach dem Wortlaut des § 38 WpÜG wird die Verzinsungspflicht u.a. dadurch ausgelöst, dass der Bieter kein Angebot abgibt (Nr. 2) bzw. das Angebot durch die BaFin untersagt wird (Nr. 3), nicht jedoch dann, wenn das Angebot nicht untersagt wird und die Vorgaben des § 31 WpÜG bzw. der §§ 3 bis 7 WpÜGAngVO verletzt sind. Der Rechtsverlust gemäß § 59 WpÜG tritt ein, wenn der Bieter seine Pflicht gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG nicht erfüllt, d.h. keine Angebotsunterlage an die BaFin übermittelt oder kein Angebot veröffentlicht. Ob in diese Voraussetzungen „hineinzulesen“ ist, dass das Pflichtangebot auch den gesetzlichen Anforderungen genügen muss, ist zweifelhaft. Die Rechtsfolge des Rechtsverlusts gemäß § 59 WpÜG ist so einschneidend, dass Rechtssicherheitsgesichtspunkte dagegen sprechen. Verstöße gegen die Anforderungen des § 31 WpÜG sind nicht per se ordnungswidrig. Allerdings ist der Verstoß gegen die Pflicht zur Veröffentlichung des Parallel- bzw. Nacherwerbs gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 WpÜG bußgeldbewehrt (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) und Nr. 5 WpÜG). Nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ist der Bieter nicht verpflichtet, die Differenzbeträge gemäß § 31 Abs. 4 bzw. 5 WpÜG oder das Überschreiten der 5 %-Schwelle gemäß § 31 Abs. 3 WpÜG in die Veröffentlichung aufzunehmen; das Unterlassen dieser Angaben ist daher nicht ordnungswidrig516.
169
K. Blick über die Grenze I. Vereinigtes Königreich Ob ein Angebot nach dem Takeover Code eine Geldleistung vorsehen und welchen Mindestwert die Gegenleistung erreichen muss, hängt davon ab, ob es ein freiwilliges Angebot oder ein Pflichtangebot ist.
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Pflichtangebote müssen jedenfalls wahlweise eine Geldleistung vorsehen517. Erwerben der Bieter oder eine mit ihm zusammenwirkende Person während der Dreimonatsfrist vor Beginn oder während der Annahmefrist Aktien der Zielgesellschaft, die mindestens 10 % der Stimmrechte vermitteln, gegen eine in Wertpapieren bestehende Gegenleistung, muss auch das Angebot eine in diesen Wertpapieren bestehende Gegenleistung vorsehen518. Die Gegenleistung darf grundsätzlich den höchsten Preis, den der Bieter oder eine ihm zuzurechnende Person innerhalb der 12 Monate vor Beginn der Annahmefrist für Aktien der Zielgesellschaft gezahlt hat, nicht unterschreiten519.
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Freiwillige Angebote können im Allgemeinen eine ausschließlich in Wertpapieren bestehende Gegenleistung vorsehen. Die Wertpapiere müssen grundsätzlich zum Handel an einer Börse zugelassen sein; jedenfalls muss die Aufnahme des Handels unmittelbar bevorstehen520. Freiwillige Angebote müssen jedenfalls wahlweise eine Geldleistung vorsehen, wenn der Bieter oder eine ihm zuzurechnende Person innerhalb der 12 Monate vor Beginn der Annahmefrist Aktien der Zielgesellschaft, die mindestens 10 % der Stimmrechte vermitteln, gegen eine Geldleistung erworben hat521. Der höchste Vorerwerbspreis bildet den Mindestwert der anzubietenden Gegenleistung522. Innerhalb der 3 Monate vor Beginn
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515 Dafür Haarmann in FrankfKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 161; dagegen Kremer/Oesterhaus in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 109; noch anders Marsch-Barner in Baums/Thoma/Verse, § 31 WpÜG Rz. 130 (nur bei Pflichtangeboten). 516 Steinmeyer/Häger, 1. Aufl. 2002, § 31 Rz. 90. 517 Rule 9.5 Takeover Code. 518 Rule 11.2 Abs. 1 Takeover Code. 519 Rule 9.5 Takeover Code. 520 Note 7 on Rule 6 Takeover Code. 521 Note 3 on Rule 6 und Rule 11.1 Takeover Code (anders beim Pflichtangebot, Rule 9.5 Takeover Code). 522 Rule 11.1 (a) Takeover Code. Gleiches gilt, wenn die im Rahmen des Vorerwerbs gewährte Gegenleistung in Wertpapieren besteht, das Volumen des Vorerwerbs mindestens 10 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft
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§ 31 Rz. 172 Gegenleistung der Annahmefrist523 bzw. nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots524 ist jeder vom Bieter bzw. einer mit ihm gemeinsam handelnden Person getätigte Erwerb für die Höhe der Gegenleistung relevant; auch insoweit bildet der höchste gezahlte Preis den Mindestwert. Wie bei Pflichtangeboten muss der Bieter Wertpapiere (jedenfalls wahlweise) als Gegenleistung anbieten, wenn er bzw. eine ihm zuzurechnende Person während der drei Monate vor Beginn der Annahmefrist mindestens 10 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft gegen eine in Wertpapieren bestehende Gegenleistung erwirbt525. Der Panel kann von fast all diesen Anforderungen entbinden, aber auch den dreimonatigen Vorerwerbszeitraum verlängern526. 173
Ein Parallelerwerb während der Annahmefrist hat zur Folge, dass das Angebot (jedenfalls wahlweise) eine Geldleistung vorsehen muss, wenn der Parallelerwerb gegen eine Geldleistung erfolgt; außerdem darf der Wert der im Angebot vorgesehenen Gegenleistung nicht hinter dem höchsten dabei gezahlten Preis zurückbleiben527. Ein Parallelerwerb von mehr als 10 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft gegen eine in Wertpapieren bestehende Gegenleistung hat zur Folge, dass auch das Angebot eine Gegenleistung in diesen Wertpapieren und im gleichen Umtauschverhältnis vorsehen muss528. Vereinbarungen mit einzelnen Aktionären über eine bessere als die im Angebot vorgesehene Gegenleistung sind ab dem Zeitpunkt, ab dem die Abgabe eines Angebots ernsthaft in Erwägung gezogen wird, ohne Zustimmung des Panel unzulässig529. Der Nacherwerb zu besseren als den im Angebot vorgesehenen Konditionen innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der Annahmefrist ist unzulässig, wenn der Bieter und mit ihm gemeinsam handelnde Personen mehr als 50 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft halten530. Eine generelle Nachbesserungspflicht bei Nacherwerben nach dem Vorbild des § 31 Abs. 5 WpÜG kennt das britische Übernahmerecht nicht531.
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Wenn der Bieter plant, ein Angebot abzugeben, das bei entsprechender Annahme durch die Aktionäre die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots auslösen kann, ist der Panel im Voraus zu konsultieren. Wird die Kontrollschwelle überschritten ist unverzüglich ein Pflichtangebot abzugeben532.
II. Österreich 175
Im österreichischen Recht ist die Gegenleistung nach dem Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 nicht nur für Pflichtangebote, sondern auch für freiwillige Angebote zur Kontrollerlangung geregelt533.
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Übernahme- und Pflichtangebote müssen zwingend eine Geldleistung vorsehen534; der Bieter kann den Aktionären daneben auch den Tausch in andere Wertpapiere zur Wahl stellen535. Die Tauschgegenleistung kann grundsätzlich höher oder niedriger als die bare Gegenleistung sein; sie unterliegt nicht den Preisbildungsvorschriften des § 26 ÜbG, die nur auf das Barangebot Anwendung finden536. Die Gegenleistung anderer Angebote ist nicht reguliert.
523 524 525 526 527 528 529 530 531 532 533 534 535 536
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vermittelt, der Veräußerer die empfangenen Wertpapiere jedoch mangels entgegenstehender Vereinbarung vor dem Ablauf der Annahmefrist bzw. der Zahlung der Gegenleistung „zu Geld machen“ kann; Rule 11.2 Abs. 2 TakeoverCode. Rule 6.1 (a) Takeover Code. Rule 6.1 (b) Takeover Code. Rule 11.2 Abs. 1 Takeover Code. Im Angebot ist dasselbe Umtauschverhältnis vorzusehen, auch wenn zwischenzeitlich Wertverschiebungen eingetreten sind; Note 1 on Rule 11.2 Takeover Code. Rules 6.1 (c), 11.1, 11.3 Takeover Code. Rule 11.1 (b) Takeover Code; für Pflichtangebote auch gemäß Rule 9.5 (b). Rule 11.2 Abs. 1 und Note 1 on Rule 11.2 Takeover Code. Rule 16.1 Takeover Code. Rule 35.3 TakeoverCode. von Falkenhausen, ZHR 174 (2010), 293, 301; Habersack, ZHR 181 (2017), 603, 639. Note 9 on Rule 9.1 Takeover Code. § 26 Abs. 1 ÜbG. § 25b Abs. 2 Satz 1 und § 26 ÜbG. § 25b Abs. 2 Satz 2 ÜbG. Edtbauer in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 6.9.1, S. 81; dazu noch ausführlich Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. öÜbG, 3. Aufl. 2011, Rz. 296; nun mehr angedeutet bei Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. öÜbG, Rz. 37; Diregger/Kalss/Winner, Das österreichische Übernahmerecht, Rz. 296.
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Gegenleistung
Rz. 182 § 31
Die Mindesthöhe der Gegenleistung beim Übernahme- und beim Pflichtangebot ist durch eine doppelte Preisgrenze vorgegeben537. Der Angebotspreis muss mindestens dem durchschnittlichen nach dem jeweiligen Handelsvolumen gewichteten Börsenkurs der jeweiligen Aktiengattung während der letzten 6 Monate vor dem Tag der Bekanntgabe der Angebotsabsicht entsprechen538. Sind die Aktien kürzer als 6 Monate notiert, gilt der entsprechend kürzere Zeitraum. Sind neben stimmberechtigten notierten Aktien Beteiligungspapiere nicht börsennotiert, kommt diese Untergrenze nicht zum Tragen. Sind die Aktien nur an einer ausländischen Börse notiert, sind die dortigen Kurse heranzuziehen539. Zusätzlich darf der Angebotspreis die höchste Gegenleistung, die der Bieter oder eine dem Bieter zuzurechnende Person während der 12 Monate vor Anzeige des Angebots an die Übernahmekommission für die angebotsgegenständliche Aktie gewährt oder vereinbart hat, nicht unterschreiten540. Ein Paketabschlag i.H.v. 15 % ist seit dem Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 nicht mehr zulässig541. Haben die Zielgesellschaft Stamm- und Vorzugsaktien ausgegeben und der Bieter während der 12 Monate vor dem Angebot Stammaktien erworben542, muss der für die Vorzugsaktien angebotene Preis in einem angemessenen Verhältnis zu der für die Stammaktien gewährten Gegenleistung stehen543.
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Beim Vorerwerb ist der Gesamtwert der Gegenleistung für die Preisbestimmung maßgeblich; insoweit sind alle Leistungen, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Kontrollerwerb stehen, zu berücksichtigen544.
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Ein Parallelerwerb nach der Bekanntgabe der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots ist unzulässig, soweit er zu besseren als den im Angebot vorgesehenen Konditionen erfolgt, wenn nicht der Bieter entweder das Angebot verbessert oder die Zustimmung der Übernahmekommission einholt545.
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Einstweilen frei.
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III. Schweiz Auch im schweizerischen Recht ist prima facie nur die Gegenleistung von Pflichtangeboten reguliert546. Jedoch muss auch der Preis eines freiwilligen Angebots, das Wertpapiere umfasst, deren Erwerb die Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots auslösen würde, den Vorschriften über den Preis des Pflichtangebots entsprechen547. Handelt es sich hingegen um ein Teilangebot, sind die Vorschriften zum Angebotspreis für Pflichtangebote nicht anwendbar. Die Bieterin ist in einem solchen Fall in der Bestimmung des Angebotspreises frei548.
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Bei einem Übernahme- oder Pflichtangebot kann die Gegenleistung in einer Geld- oder Sachleistung bestehen, selbst wenn Vorerwerb gegen eine Geldleistung stattgefunden hat549. Bei Pflichtangeboten ist eine Abgeltung durch Sachleistung (Tausch gegen Effekten) nur zulässig, sofern alternativ eine Barzah-
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537 Edtbauer in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 6.9.2.1, S. 81; Gurmann in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 10.4, S. 110. 538 § 26 Abs. 1 Satz 3 ÜbG. 539 Edtbauer in Birkner, Hdb. Übernahmerecht, Bd. 1, 6.9.2.1, S. 81 f.; Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. öÜbG, 3. Aufl. 2011, Rz. 306; Diregger/Kalss/Winner, Das österreichische Übernahmerecht, Rz. 306. 540 § 26 Abs. 1 Satz 1 ÜbG. 541 Edtbauer in Birkner, Hdb.Übernahmerecht, Bd. 1, 6.9.2, S. 81; Diregger/Kalss/Winner in MünchKomm. öÜbG, 3. Aufl. 2011, Rz. 300; Diregger/Kalss/Winner, Das österreichische Übernahmerecht, Rz. 300. 542 Die Verpflichtung zum Vollangebot folgt aus § 22 Abs. 1 ÜbG. 543 § 26 Abs. 2 Satz 1 ÜbG. 544 § 26 Abs. 3 ÜbG. 545 § 16 Abs. 1 ÜbG. 546 Art. 135 Abs. 2 und Abs. 3 FinfraG und Art. 42 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 32 Abs. 4 und 5 BEHG a.F. und 40 BEHV-FINMA a.K.). 547 Art. 9 Abs. 6 UEV, zu weiteren Konstellationen (Übernahmeangebot für Zielgesellschaft mit Opting-out; Übernahmeangebot von kontrollierenden Aktionären) vgl. Höhn/Lang/Roelli, Öffentliche Übernahmen, F. 6.3.2.4 Rz. 477 f. 548 Vgl. Art. 9 Abs. 5 UEV. 549 Art. 45 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 43 Abs. 1 und 2 BEHV-FINMA a.K.), dazu Höhn/Lang/Roelli, Öffentliche Übernahmen, F. 6.4.1 Rz. 556.
Krause
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§ 31 Rz. 182 Gegenleistung lung angeboten wird550. Vollständig frei wählen kann der Bieter die Art der Gegenleistung somit nur bei freiwilligen Übernahmeangeboten551. Die Sachleistung darf auch in illiquiden, ja sogar in nicht börsennotierten Aktien bestehen. In diesem Fall ist allerdings eine Bewertung der Aktien durch die Prüfstelle erforderlich552. 183
Die Höhe der Gegenleistung muss mindestens dem volumengewichteten Durchschnitt der an einer schweizerischen Börse ermittelten Abschlüsse während der letzten 60 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots (d.h. der Voranmeldung bzw. bei direkter Unterbreitung des Angebots der Publikation des Angebotsprospekts) entsprechen553. Sie darf den höchsten Preis, den der Bieter oder eine mit ihm in Absprache handelnde Person in den 12 Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots oder der Voranmeldung des Angebots für Aktien der Zielgesellschaft bezahlt hat, nicht unterschreiten554. Gegenleistungen für verschiedene Aktiengattungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen555.
184
Sind in den Vorerwerbspreis wesentliche Leistungen des Bieters oder des Veräußerers (z.B. Gewährung von Sicherheiten oder Sachleistungen) eingerechnet worden, kann der Mindestwert um den diesen Leistungen entsprechenden Betrag erhöht bzw. gemindert werden556. Die Erhöhung bzw. Minderung hat der Bieter durch eine Prüfstelle beurteilen zu lassen; die Prüfstelle verfasst einen Bericht, der der Übernahmekommission mindestens eine Woche vor Veröffentlichung des Angebots zu unterbreiten ist557. Besteht die im Angebot vorgesehene Gegenleistung in einer Geldleistung, sind die im Rahmen des Vorerwerbs durch Tausch erworbenen Wertpapiere der Zielgesellschaft mit ihrem Wert im Zeitpunkt des Tausches zu berücksichtigen; die Bewertung ist von der Prüfstelle zu prüfen558. Bei indirektem Erwerb hat der Bieter den auf die Aktien der Zielgesellschaft entfallenden Teil des bezahlten Preises in der Angebotsunterlage offen zu legen und die Bewertung dieses Teils durch die Prüfstelle prüfen zu lassen559.
185
Ein Parallelerwerb zu einem über dem in der Angebotsunterlage genannten Preis verpflichtet den Bieter dazu, diesen Preis allen Adressaten des Angebots anzubieten. Dies gilt auch, wenn der Bieter innerhalb eines sechsmonatigen Zeitraums nach Ablauf der Nachfrist Aktien der Zielgesellschaft zu einer über dem Angebotspreis liegenden Gegenleistung erwirbt560.
§ 32 Unzulässigkeit von Teilangeboten Ein Übernahmeangebot, das sich nur auf einen Teil der Aktien der Zielgesellschaft erstreckt, ist unbeschadet der Vorschrift des § 24 unzulässig. A. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
B. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
C. Inhalt der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . I. Pflicht zum Vollangebot . . . . . . . . . . . .
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550 Art. 45 Abs. 2 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 43 Abs. 2 BEHV-FINMA a.K.). 551 Art. 9 Abs. 6 Satz 2 UEV, Art. 45 FinfraV-FINMA; so auch bereits Höhn/Lang/Roelli, Öffentliche Übernahmen, F. 6.4.1 Rz. 558. 552 Art. 46 i.V.m. Art. 42 Abs. 4 FinfraV-FINMA. 553 Art. 135 Abs. 2 FinfraG; Art. 42 Abs. 1 und 2 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 32 Abs. 4 BEHG a.F.; Art. 40 Abs. 1 und 2 BEHV-FINMA a.K.). 554 Art. 135 Abs. 2 FinfraG; Art 44 FinfrV-FINMA; bis Mai 2013 war eine Unterschreitung von bis zu 25 % zulässig, Art. 32 Abs. 4 BEHG a.F.; Art. 41 BEHV-EBK a.K. 555 Art. 135 Abs. 3 FinfraG (ehemals Art. 32 Abs. 5 BEHG a.F.). 556 Art. 43 Abs. 4 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 Abs. 4 BEHV-FINMA a.K.). 557 Art. 43 Abs. 5 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 Abs. 5 BEHV-FINMA a.K.). 558 Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 Abs. 3 BEHV-FINMA a.K.). 559 Art. 44 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 BEHV-EBK a.K.). 560 Art. 10 Abs. 1 UEV; dazu ausführlich Gericke/Wiedmer, Kommentar Übernahmeverordnung (UEV), 2011, Art. 10 Rz. 10 ff.
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§ 31 Rz. 182 Gegenleistung lung angeboten wird550. Vollständig frei wählen kann der Bieter die Art der Gegenleistung somit nur bei freiwilligen Übernahmeangeboten551. Die Sachleistung darf auch in illiquiden, ja sogar in nicht börsennotierten Aktien bestehen. In diesem Fall ist allerdings eine Bewertung der Aktien durch die Prüfstelle erforderlich552. 183
Die Höhe der Gegenleistung muss mindestens dem volumengewichteten Durchschnitt der an einer schweizerischen Börse ermittelten Abschlüsse während der letzten 60 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots (d.h. der Voranmeldung bzw. bei direkter Unterbreitung des Angebots der Publikation des Angebotsprospekts) entsprechen553. Sie darf den höchsten Preis, den der Bieter oder eine mit ihm in Absprache handelnde Person in den 12 Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots oder der Voranmeldung des Angebots für Aktien der Zielgesellschaft bezahlt hat, nicht unterschreiten554. Gegenleistungen für verschiedene Aktiengattungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen555.
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Sind in den Vorerwerbspreis wesentliche Leistungen des Bieters oder des Veräußerers (z.B. Gewährung von Sicherheiten oder Sachleistungen) eingerechnet worden, kann der Mindestwert um den diesen Leistungen entsprechenden Betrag erhöht bzw. gemindert werden556. Die Erhöhung bzw. Minderung hat der Bieter durch eine Prüfstelle beurteilen zu lassen; die Prüfstelle verfasst einen Bericht, der der Übernahmekommission mindestens eine Woche vor Veröffentlichung des Angebots zu unterbreiten ist557. Besteht die im Angebot vorgesehene Gegenleistung in einer Geldleistung, sind die im Rahmen des Vorerwerbs durch Tausch erworbenen Wertpapiere der Zielgesellschaft mit ihrem Wert im Zeitpunkt des Tausches zu berücksichtigen; die Bewertung ist von der Prüfstelle zu prüfen558. Bei indirektem Erwerb hat der Bieter den auf die Aktien der Zielgesellschaft entfallenden Teil des bezahlten Preises in der Angebotsunterlage offen zu legen und die Bewertung dieses Teils durch die Prüfstelle prüfen zu lassen559.
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Ein Parallelerwerb zu einem über dem in der Angebotsunterlage genannten Preis verpflichtet den Bieter dazu, diesen Preis allen Adressaten des Angebots anzubieten. Dies gilt auch, wenn der Bieter innerhalb eines sechsmonatigen Zeitraums nach Ablauf der Nachfrist Aktien der Zielgesellschaft zu einer über dem Angebotspreis liegenden Gegenleistung erwirbt560.
§ 32 Unzulässigkeit von Teilangeboten Ein Übernahmeangebot, das sich nur auf einen Teil der Aktien der Zielgesellschaft erstreckt, ist unbeschadet der Vorschrift des § 24 unzulässig. A. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Inhalt der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . I. Pflicht zum Vollangebot . . . . . . . . . . . .
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550 Art. 45 Abs. 2 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 43 Abs. 2 BEHV-FINMA a.K.). 551 Art. 9 Abs. 6 Satz 2 UEV, Art. 45 FinfraV-FINMA; so auch bereits Höhn/Lang/Roelli, Öffentliche Übernahmen, F. 6.4.1 Rz. 558. 552 Art. 46 i.V.m. Art. 42 Abs. 4 FinfraV-FINMA. 553 Art. 135 Abs. 2 FinfraG; Art. 42 Abs. 1 und 2 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 32 Abs. 4 BEHG a.F.; Art. 40 Abs. 1 und 2 BEHV-FINMA a.K.). 554 Art. 135 Abs. 2 FinfraG; Art 44 FinfrV-FINMA; bis Mai 2013 war eine Unterschreitung von bis zu 25 % zulässig, Art. 32 Abs. 4 BEHG a.F.; Art. 41 BEHV-EBK a.K. 555 Art. 135 Abs. 3 FinfraG (ehemals Art. 32 Abs. 5 BEHG a.F.). 556 Art. 43 Abs. 4 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 Abs. 4 BEHV-FINMA a.K.). 557 Art. 43 Abs. 5 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 Abs. 5 BEHV-FINMA a.K.). 558 Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 Abs. 3 BEHV-FINMA a.K.). 559 Art. 44 FinfraV-FINMA (ehemals Art. 41 BEHV-EBK a.K.). 560 Art. 10 Abs. 1 UEV; dazu ausführlich Gericke/Wiedmer, Kommentar Übernahmeverordnung (UEV), 2011, Art. 10 Rz. 10 ff.
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Unzulässigkeit von Teilangeboten II. Einzubeziehende Wertpapiere . . . . . . . . . III. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. 4 § 32
D. Rechtsfolgen bei Verstößen . . . . . . . . . E. Blick über die Grenze . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Houben, Die Gestaltung des Pflichtangebots unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes und der effizienten Allokation der Unternehmenskontrolle, WM 2000, 1873; Land/Hasselbach, Das neue deutsche Übernahmegesetz, DB 2000, 1747; Schiessl, Ist das deutsche Aktienrecht kapitalmarkttauglich?, AG 1999, 442.
A. Übersicht Die Vorschrift bestimmt, dass bei einem Übernahmeangebot der Bieter sein Angebot grundsätzlich auf alle Aktien der Zielgesellschaft zu erstrecken hat. Eine Ausnahmemöglichkeit ist unter bestimmten Voraussetzungen für grenzüberschreitende Angebote (§ 24 WpÜG) vorgesehen. Die Verpflichtung zum Vollangebot stellt – ebenso wie u.a. auch § 19 WpÜG – eine spezialgesetzliche Regelung des Gleichheitsgrundsatzes (§ 3 Abs. 1 WpÜG) dar1. § 32 WpÜG gilt durch die Verweisung in § 39 WpÜG auch für Pflichtangebote.
1
B. Historie Der Wortlaut von § 32 WpÜG ist im Gesetzgebungsverfahren weitgehend unverändert geblieben. Einzig die Wendung „unbeschadet der Vorschrift des § 24“ (siehe dazu Rz. 23) wurde erst im Regierungsentwurf eingefügt2.
2
Der Übernahmekodex enthielt zwar keine Vorschrift, die die Unzulässigkeit von Teilangeboten regelte. Allerdings wurde aus einer Gesamtschau von Art. 1 ÜbK (Grundsatz der Gleichbehandlung) und Art. 16 ÜbK (Pflichtangebot) die Pflicht des Bieters abgeleitet, im Falle eines auf den Erwerb der Kontrolle gerichteten Angebots, dieses sämtlichen Wertpapierinhabern zu unterbreiten3.
3
C. Inhalt der Norm I. Pflicht zum Vollangebot § 32 WpÜG verpflichtet denjenigen, der ein freiwilliges Übernahmeangebot (vgl. im Einzelnen die Ausführungen zu § 29 WpÜG) abgeben will, dieses als Vollangebot auszugestalten und somit an alle Aktionäre zu richten. Damit stellt das Gesetz an das Übernahmeangebot – neben Mindestpreisregelung und Handlungsvorgaben für das Management der Zielgesellschaft – auch insofern die gleichen Anforderungen wie an das Pflichtangebot. Die Begründung des Regierungsentwurfs erläutert den regulatorischen Gleichlauf von Übernahme- und Pflichtangebot damit, dass jemand, der eine Kontrollmehrheit auf Grund eines freiwilligen Übernahmeangebots erlangt hat, nicht verpflichtet sein soll, im Anschluss an dieses Übernahmeangebot ein Pflichtangebot abzugeben, da dies zu unnötigem Zeit- und Kostenaufwand führen würde. Eine solche „befreiende Wirkung“ des freiwilligen Übernahmeangebots im Hinblick auf ein nachfolgendes Pflichtangebot sei allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn das freiwillige Übernahmeangebot bereits den Anforderungen unterliegt, die für ein Pflichtangebot gelten, da ansonsten die für Pflichtangebote geltenden Schutzmechanismen unterlaufen werden könnten4.
1 Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 2; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 1; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 1; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 2; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 1. 2 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 2; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 5. 3 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 3; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 4; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 4. 4 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 30.
Favoccia
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4
§ 32 Rz. 5 Unzulässigkeit von Teilangeboten 5
Dieses ist zweifelsohne ein wesentlicher Gesichtspunkt, der für die gesetzliche Gleichbehandlung von Übernahme- und Pflichtangebot spricht. Daneben tritt der Gedanke des Schutzes der Minderheitsaktionäre, der seinen Ausdruck im Gleichheitsgebot findet. Den Aktionären der Zielgesellschaft soll es möglich sein, sich zu gleichen Konditionen von ihren Aktien zu trennen5.
6
Gegen die Pflicht zum Vollangebot ist in der Literatur6 zum einen eingewandt worden, dass sich der Zwang zum Delisting auf Grund der Reduzierung des „free float“ verstärke. Zum anderen würden Gründungsgesellschafter von Start-up Unternehmen auf größere Schwierigkeiten bei der Veräußerung ihrer Anteile stoßen, da der Verkauf zwingend ein Pflichtangebot auch für die Aktien aller übrigen Aktionäre nach sich zieht. Zudem würde die Pflicht, alle Aktien zu erwerben, Übernahmen erheblich verteuern. Dies könne insbesondere ein Hindernis für sog. Leveraged buy-outs durch Finanzinvestoren sein. Außerdem wurde darauf verwiesen, dass Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern mit den §§ 311 ff. AktG über ein Schutzsystem für Aktionäre im faktischen Konzern verfügt, so dass die Aktionäre auch bei Einschränkung des Pflichtangebots nicht schutzlos gestellt sind7.
7
Diese Kritik hat sich zu Recht nicht durchgesetzt. Die Regulierung von Übernahmeangeboten hat den Ausgleich widerstreitender Interessen zum Ziel. Dies betrifft auf der einen Seite das Anliegen, Übernahmen nicht zu verhindern. Dazu gehört auch die Veräußerungsmöglichkeit von Aktien durch AltAktionäre. Auf der anderen Seite ist es nicht Gesetzeszweck, Übernahmen zu fördern und sie besonders günstig zu machen. Vielmehr sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass die Aktionäre nach unternehmensbezogenen Gesichtspunkten über die Veräußerung ihrer Wertpapiere entscheiden. Dies gelingt indes nur, wenn sie weder vom Bieter noch vom Management der Zielgesellschaft unter Druck gesetzt werden können. Folge ist zwangsläufig dann aber die Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der beiden Letztgenannten. Der Bieter sieht sich dabei in erster Linie Gleichbehandlungspflichten gegenüber. Würde beispielsweise die gesetzliche Vorgabe der Pflicht zum Vollangebot entfallen, könnte der Bieter sein Angebot aufteilen und bis zur Erlangung des für die Übernahme der Gesellschaft erforderlichen Prozentsatzes einen für die Aktionäre der Zielgesellschaft günstigen Preis bieten und im Anschluss zu für die verbleibenden Aktionäre schlechteren Konditionen Aktien nachkaufen (sog. Front-End-loaded Offers)8. Der Hinweis auf die Reduzierung des „free float“ durch die Pflicht zum Vollangebot trägt letztlich auch nicht, denn bei Angeboten, die auf das Erreichen der Kontrolle oder auf die Erlangung der Aktienmehrheit gerichtet sind oder bei denen eine Mehrheitsbeteiligung bereits besteht, ist eine Verringerung des „free float“ schon durch die Bindung der Aktien in der Hand des neuen Mehrheitsgesellschafters die Folge. Letztlich hat der Gesetzgeber mit der Verpflichtung zum Vollangebot im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen zwischen Bieter und Aktionären der Möglichkeit der Desinvestition für die Aktionäre der Zielgesellschaft den Vorrang gegeben.
II. Einzubeziehende Wertpapiere 8
Der Bieter ist verpflichtet, sein Angebot auf alle Aktien der Gesellschaft zu erstrecken, also auch auf solche Aktien, die erst während der Laufzeit der Annahmefrist entstehen9 (siehe unten Rz. 15 zu jungen Aktien, die durch Ausübung von Wandlungs- und Bezugsrechten entstehen). Dabei ist es gleich5 6 7 8 9
Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 1; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 2. Land/Hasselbach, DB 2000, 1747, 1751. Schiessl, AG 1999, 442, 450. Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 3. Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 7; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 6; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 20; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 16; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 29; a.A. Geibel in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 40, 73, wonach Kapitalmaßnahmen der Zielgesellschaft im Einzelfall zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen können und der Anwendungsbereich von § 32 WpÜG dann teleologisch zu reduzieren sei; differenzierend Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 7 ff., der bei wertpapiermäßiger Separierbarkeit junger Aktien das Angebot auf die im Zeitpunkt der Angebotsveröffentlichung bestehenden Aktien beschränken will und zugleich aus dem Verhinderungsverbot eine Pflicht der Gesellschaft ableitet, für eine wertpapiermäßige Separierung zu sorgen.
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Unzulässigkeit von Teilangeboten
Rz. 10 § 32
gültig, ob es sich um stimmberechtigte Stammaktien oder stimmrechtslose Vorzugsaktien handelt10. Dieser Entscheidung des Gesetzgebers ist sowohl unter gesellschaftsrechtlichen als auch unter kapitalmarktrechtlichen Gesichtspunkten zuzustimmen. Nach § 140 Abs. 1 AktG stehen den Inhabern von Vorzugsaktien alle Mitgliedsrechte eines Aktionärs mit Ausnahme der Stimmrechte zu. Zudem stellt sich für die Inhaber von Vorzugsaktien die Situation bei einem Wechsel des Mehrheitsaktionärs bzw. der erstmaligen Erlangung einer kontrollierenden Beteiligung eines Dritten nicht anders dar, als für die Stammaktionäre11. Beide Anteilseignergruppen möchten angesichts der veränderten Mehrheitsverhältnisse und den damit regelmäßig einhergehenden Plänen des Bieters, die Ressourcen der Zielgesellschaft anderweitig einzusetzen, gegebenenfalls die Gesellschaft zu angemessenen Bedingungen verlassen. Eine solche „Exit“-Möglichkeit an dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Stimmrechts festzumachen, erscheint angesichts der in beiden Fällen gegebenen Eigentümerstellung nicht sachgerecht. Fraglich erscheint, ob sich das Angebot auch auf eigene Aktien der Zielgesellschaft und Aktien der 9 Zielgesellschaft zu erstrecken hat, die einem abhängigen oder im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen der Zielgesellschaft gehören. Gleiches gilt für Aktien der Zielgesellschaft, die einem Dritten gehören, jedoch für Rechnung der Zielgesellschaft, eines abhängigen oder eines im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens der Zielgesellschaft gehalten werden. Für eine Einbeziehung eigener Aktien bzw. von Aktien, die der Zielgesellschaft wirtschaftlich zustehen, in die Verpflichtung zum Vollangebot spricht zum einen, dass das Gesetz eine ausdrückliche Ausnahmeregelung wie sie § 35 Abs. 2 Satz 3 WpÜG für Pflichtangebote enthält, für Übernahmeangebote nicht vorsieht. Darüber hinaus könnte für eine umfassende Angebotspflicht sprechen, dass die Aktien der Zielgesellschaft bei der Berechnung der Kontrollschwelle ebenfalls zu berücksichtigen sind12 und die Zielgesellschaft die Aktien während der Annahmefrist wieder an unabhängige Dritte veräußern kann13. Die BaFin verlangt daher, dass sich Übernahmeangebote (für Pflichtangebote gilt dies wegen § 35 Abs. 2 Satz 3 WpÜG nicht) auch auf eigene Aktien erstrecken14. Relevanz hat dies u.a. für den Umfang der Finanzierungsbestätigung nach § 13 WpÜG. Diese muss sich auch auf eigene Aktien erstrecken bzw. es muss ein qualifiziertes Nichtannahmeversprechen der Zielgesellschaft vorliegen, das nach der Praxis der BaFin als Finanzierungsmaßnahme im Sinne von § 13 WpÜG akzeptiert wird (vgl. § 13 WpÜG Rz. 79a).15 Im Ergebnis ist jedoch – entgegen der Verwaltungspraxis der BaFin und mit der herrschenden Mei- 10 nung – eine entsprechende Anwendung von § 35 Abs. 2 Satz 3 für freiwillige Übernahmeangebote zu bejahen16. Zum einen sind auch bei Übernahmeangeboten die aktienrechtlichen Erwerbsbeschränkungen beim Erwerb eigener Aktien zu berücksichtigen (vgl. § 71d Satz 2 AktG). Zum anderen fehlt es in diesen Fällen an dem besonderen Schutzbedürfnis des Minderheitsaktionärs, der sich nach ei-
10 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 5; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 5; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 2; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 3; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 12; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 1; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 14; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 185. 11 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 12; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 3; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 4; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 2; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 14; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 5. 12 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 53. 13 Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 14. 14 Vgl. Cascante/Tyrolt, AG 2012, 97, 106, Fn. 82. Soweit ersichtlich, existiert keine Angebotsunterlage, die eigene Aktien der Zielgesellschaft nicht einbezieht. 15 Vgl. etwa Angebot der Linde Public Limited Company/Linde AG vom 15.8.2017, Ziff. 6.2.2 S. 48. 16 Im Ergebnis ebenso Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 10; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 11; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 7; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 5 f.; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 18; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 17; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 8; a.A. Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 22, mit Rücksicht auf den Umstand, dass eigene Aktien noch während der Annahmefrist an Dritte veräußert werden können.
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§ 32 Rz. 10 Unzulässigkeit von Teilangeboten nem Kontrollwechsel einem neuen kontrollierenden Aktionär gegenüber sieht und dem deshalb ein Austritt aus der Gesellschaft ermöglicht wird17. 11
Es ist umstritten, ob sich die Vollangebotspflicht von § 32 WpÜG auch auf nicht an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 7 WpÜG notierte Aktien bezieht. Dagegen wird vorgebracht, dass der Bieter hierdurch benachteiligt werde, da er zum Erwerb von Anteilen gezwungen werde, die wegen fehlender Börsennotierung nur begrenzt fungibel seien und dadurch mangels Gelegenheit zum Wiederverkauf der Finanzierungsaufwand unter Umständen steige18. Auch die Übernahmerichtlinie zwinge nicht zu einer anderen Beurteilung19. Dabei wird jedoch nicht immer deutlich unterschieden, ob es sich um ein Angebot handelt, das sich an notierte Aktien richtet, oder um ein Angebot, das sich von vornherein nur auf nicht notierte Aktien bezieht.
12
Im erstgenannten Fall eines Angebots, das sich auf börsennotierte Aktien bezieht, spricht zunächst der Wortlaut von § 32 WpÜG für die Einbeziehung aller und damit auch der nicht notierten Aktien20. Zudem sind Inhaber von nicht börsennotierten Aktien in gleichem Maße schutzbedürftig wie Inhaber von börsennotierten Aktien21. Damit muss sich ein Übernahmeangebot auch auf nicht an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 7 WpÜG notierte Aktien beziehen22. Das entspricht auch der Verwaltungspraxis der BaFin23.
13
Davon zu unterscheiden ist der Fall einer Offerte, die ausschließlich an die Inhaber nicht zum Börsenhandel zugelassener Wertpapiere gerichtet ist. Praxisrelevant sind insbesondere die Fälle, bei denen lediglich die stimmrechtslosen Vorzugsaktien, nicht jedoch die Stammaktien an der Börse zum Handel zugelassen sind. § 32 WpÜG ist auf derartige Angebote im ersten Schritt nicht anwendbar, da sich das Angebot nicht auf Wertpapiere erstreckt, die zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 7 WpÜG zugelassen sind24. Allerdings muss der Bieter im Anschluss ein Pflichtangebot durchführen, wenn er aufgrund eines nicht dem WpÜG unterliegenden Angebots die Kontrolle erlangt. Somit findet das Gesetz, einschließlich § 32 WpÜG, dann Anwendung, wenn bei einem erfolgten Kontrollwechsel die die Kontrolle vermittelnden Aktien nicht zum Börsenhandel zugelassen sind25 (siehe hierzu auch § 1 WpÜG Rz. 35 f.).
17 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 60 (zu Pflichtangeboten); Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 17; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 5 f.; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 11; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 8; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 7. 18 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 9. 19 Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 15, der auf den zweiten Erwägungsgrund der Übernahmerichtlinie verweist, aus dem folge, dass nur die Inhaber zugelassener Anteil schutzbedürftig sind; a.A. Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 3; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 12 und Fn. 22. 20 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 4. 21 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 8, der sich allerdings keiner Meinung anschließt; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 15 unter Hinweis darauf, dass die Pflicht zum Vollangebot – zumindest auch – einen präventiven Konzerneingangsschutz gewähren will. 22 Ebenso Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 4; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 15; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 3; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 185; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 7; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 12; offengelassen in Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 8; Diekmann in Baums/Thoma/ Verse, § 32 WpÜG Rz. 6 behandeln diesen Fall nicht. 23 BaFin Jahresbericht 2003, S. 208: „Von einem Übernahme- oder Pflichtangebot müssen grundsätzlich alle Aktien der Zielgesellschaft umfasst sein, auch solche, die nicht börsennotiert sind. Bei einem Pflichtangebot bestimmt das WpÜG, dass allen Aktionären gegenüber ein Angebot abzugeben ist, denn die Kontrollerlangung wirkt sich auf Inhaber nicht börsennotierter Aktien einer ansonsten börsennotierten Gesellschaft gleichermaßen aus. Daneben verbietet das WpÜG ein Übernahmeangebot, das nur auf einen Teil der Aktien gerichtet ist.“ 24 Anders noch die 1. Aufl., Rz. 9. Siehe auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 12, 18 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 7; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 6; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 5 und 9; Kalss in Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Bd. 2, § 51 Rz. 60; oben Pötzsch/Favoccia, § 1 WpÜG Rz. 35. 25 So auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 18 WpÜG Rz. 18 f.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 7; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 6; Oechsler in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 1 WpÜG Rz. 10a.
894
Favoccia
Unzulässigkeit von Teilangeboten
Rz. 16 § 32
Nicht einbezogen in den Kreis der notwendig Begünstigten eines Übernahmeangebots sind nach dem Gesetzeswortlaut die Inhaber von Schuldverschreibungen, Optionsanleihen oder anderen zum Aktienerwerb berechtigende Wertpapiere26.
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Hiervon zu unterscheiden sind diejenigen Wertpapiere, bei denen das Bezugs- oder Wandlungsrecht 15 in Aktien der Zielgesellschaft noch innerhalb der Angebotsfrist ausgeübt wird. Dieser Kreis der Aktionäre ist dann ebenfalls zur Annahme des Angebots berechtigt27. Bei der Bestimmung des Zeitraums, in dem die Aktien auf Grund des Bezugsrechts bezogen werden, ist – im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut von § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG – auf die Annahmefrist des § 16 Abs. 1 WpÜG abzustellen28; nur diejenigen Aktionäre sollen geschützt werden, die bereits bei Ablauf der ursprünglichen (ggfs. verlängerten) Annahmefrist das Angebot hätten annehmen können29. Allerdings wird der Bieter praktisch nicht unterscheiden können, ob ihm alte oder erst während der weiteren Annahmefrist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WpÜG entstandene Aktien angedient werden und daher gut daran tun, alle Aktien in sein Angebot einbeziehen30. Keine Anwendung findet § 32 WpÜG jedenfalls auf Aktien, die erst nach Ablauf der (weiteren) Annahmefrist entstehen, da das Angebot zu diesem Zeitpunkt nicht mehr besteht31. Daneben muss es dem Bieter möglich sein, das Angebot auf solche Personen zu beschränken, denen bis zum Ablauf der Annahmefrist die entsprechenden Aktien gehören und sich dadurch vor Leerverkäufen zu schützen32. § 32 WpÜG findet keine Anwendung auf Aktien eines börsennotierten Tochter- oder Beteiligungs- 16 unternehmens der Zielgesellschaft, über die der Bieter mittelbar die Kontrolle erlangen würde33. Das gibt weder der Wortlaut noch die Ratio der Vorschrift her. Zu einer Analogiebildung kann auch nicht auf § 35 Abs. 3 WpÜG verwiesen werden, da diese Vorschrift nur für Fälle gilt, in denen die Gesell26 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 10; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 14; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 12 ff.; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 4; kritisch Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 13. Für die Einbeziehung auch der Wandelanleihen- und Optionsscheininhaber in den Adressatenkreis des Übernahmeangebots unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten Houben, WM 2000, 1873, 1879. 27 Zutreffend Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 15; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 14; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 7; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 13, 16 (unter Hinweis darauf, dass sich bei freiwilligen Übernahmeangeboten das Risiko des Bieters durch entsprechende Bedingungen nach § 18 reduzieren lässt); Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 4, 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 32; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 8; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 9 (der dies allerdings auf junge Aktien beschränkt, die durch Ausübung eines vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage eingeräumten Bezugs- oder Umtauschrechts entstehen, und für Aktien, die durch Kapitalmaßnahmen ausgegeben werden, differenziert, Fn. 2; a.A. Geibel in Angerer/Geibel/Süßmann, § 18 WpÜG Rz. 40, 73; siehe bereits oben Rz. 9. 28 So auch Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 17; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 8; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 7; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 6; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 33; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 185. 29 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 7; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 21 f.; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 33; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 8. 30 Zutreffend Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 22; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 33 Fn. 55. Siehe auch Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 7 ff., der aus diesem Grund danach differenziert, ob neue Aktien von den bisherigen Stücken wertpapiermäßig zu unterscheiden sind oder nicht. Siehe etwa das Angebot der United Internet/Drillisch vom 26.5.2017, Ziffer 7.2.4, S. 32: „Sofern infolge von Wandlungen der Drillisch-Wandelanleihen zum Angepassten Wandlungspreis Drillisch-Aktien bis zum Ablauf der Weiteren Annahmefrist entstehen, so erstreckt sich das Übernahmeangebot auch auf diese Drillisch-Aktien und richtet sich ebenfalls an deren Inhaber.“ 31 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 7. 32 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 15; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 34; anders Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 22, wonach sich die Frage der Zulässigkeit der Beschränkung nicht stelle, da derjenige, der während der (ggfs. verlängerten) Annahmefrist keine Aktien halte, das Angebot schon nicht annehmen könne. 33 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 10; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 19; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 23; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 16.
Favoccia
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§ 32 Rz. 16 Unzulässigkeit von Teilangeboten schaft, über die der Bieter die Kontrolle erlangt, unmittelbar Gegenstand des Übernahmeangebots war34. Jedoch ist der Bieter nach § 35 WpÜG zur Abgabe eines weiteren Übernahmeangebots auch für die Tochtergesellschaft verpflichtet, falls er durch die Übernahme der Muttergesellschaft mittelbar die Kontrolle über sie erlangt35. 17
Es sind keine Gründe ersichtlich, von einem konkurrierenden Bieter gehaltene Aktien von der Pflicht zum Vollangebot auszunehmen, selbst wenn sie erst im Laufe der Annahmefrist erworben wurden36. Dass der nicht erfolgreiche Bieter durch die Möglichkeit der Veräußerung der Aktien an den erfolgreichen Bieter gegen eine unwirtschaftliche Investition abgesichert wird, ist insofern unbeachtlich37. Will sich der Bieter gegen konkurrierende Angebote schützen, so muss er entsprechende Bedingungen in die Angebotsunterlage aufnehmen (vgl. § 18 WpÜG Rz. 106 f.)38.
18
Fraglich ist, ob der Bieter sein Angebot auf Aktien beschränken kann, die keine Rechtsmängel aufweisen. Dies kann etwa eine Rolle bei verpfändeten oder mit einer Einlageverbindlichkeit belasteten Aktien spielen. Für die Zulässigkeit eines derartigen Teilangebots spricht die Tatsache, dass der annehmende Aktionär regelmäßig zusichern muss, dass seine Aktien frei von Rechtsmängeln sind und er ansonsten vom Angebot ausgeschlossen ist39. Andererseits dürften diese Fälle mit den zivilrechtlichen Gewährleistungsvorschriften zu bewältigen sein40. Kann der Aktionär keine mangelfreien Aktien liefern, kommt daher ein Schadensersatzanspruch des Bieters gemäß §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB in Betracht41. Gleichwohl stellt sich für den Bieter die praktische Schwierigkeit, dass er die Identität des jeweiligen Aktionärs in der Regel nicht ermitteln kann42. Ob in diesem Fall eine Rückabwicklung über die Bank erfolgen kann43, ist ungeklärt.
19
Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht soll es dem Bieter möglich sein, Aktionäre vom Angebot auszuschließen, die ihre Aktien während der Annahmefrist vom Bieter selbst erworben haben. Der Bieter sei anderenfalls faktisch an der Weiterveräußerung derjenigen Anteile gehindert, die er zum Erhalt der Kontrollmehrheit über die Zielgesellschaft nicht benötige44. Da die jeweiligen Aktionäre in Kenntnis des Übernahmeangebots die Aktien gekauft haben, könne ihnen der Schutz von § 32 WpÜG nicht zu Gute kommen45. Allerdings kann allein der Verweis auf die Kenntnis der Aktionäre die Anwendbarkeit von § 32 WpÜG nicht ausschließen46, zumal auch der Bieter die Aktien im Lichte des Übernahmeangebots verkauft hat47. Außerdem würde der Handel mit den Aktien der Zielgesellschaft während der Annahmefrist beeinträchtigt48. Ohnehin ist ein entsprechender Ausschluss nur theoretisch denkbar, da für den Bieter regelmäßig nicht erkennbar ist, ob die jeweils angedienten Aktien solche sind, die er im Laufe der Annahmefrist bereits veräußert hat49. In der Praxis kann der Bieter zwar Nichtandienungsverpflichtungen vereinbaren50. Einen effektiven Schutz bietet dies indes nicht, 34 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 10. 35 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 19; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 10; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 23. 36 Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 13, Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 11; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 8; a.A. Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 15. 37 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 11. 38 Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 13. 39 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 11. 40 So auch Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 10; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 12. 41 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 12. 42 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 11. 43 So Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 12. 44 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 12, 15. 45 Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 20; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 12, 15. 46 Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 11 m.w.N.; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 19. 47 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 13. 48 Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 19; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 24. 49 Ähnlich Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 10. 50 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 13; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 11; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 13.
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Favoccia
Unzulässigkeit von Teilangeboten
Rz. 22 § 32
da ein Verstoß hiergegen je nach Ausgestaltung allenfalls Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann51, die Wirksamkeit der Annahme des Angebots davon aber unberührt bleibt52. Unterschiedliche Meinungen werden auch hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit von 20 § 32 WpÜG auf sog. American Depository Receipts (ADR) vertreten53. Bei ADRs handelt es sich um Zertifikate, die Aktien vertreten. Die Ausgabe dieser Zertifikate verfolgt den Zweck, die vertretene Aktie auf Grund börsenrechtlicher Erleichterungen für diese Zertifikate am US- Kapitalmarkt handelbar zu machen54. Eine analoge Anwendung von § 32 WpÜG auf ADRs wird damit begründet, dass zwar Aktien vorhanden sind, jedoch die Mitgliedschaftsrechte nicht von der die Aktien treuhänderisch haltenden Bank wahrgenommen werden, sondern von den Inhabern der ADRs. Gegen eine unmittelbare Anwendung von § 32 WpÜG spricht zweifellos der Wortlaut der Vorschrift, der hinsichtlich des Adressatenkreises des Angebots auf die Stellung als Aktionär abstellt und nicht auch die Inhaber sonstiger Wertpapiere einbezieht. Gegen eine analoge Anwendung ließe sich einwenden, dass eine Regelungslücke nicht besteht, da es Aktien und damit auch Inhaber von Aktien als Empfänger des Übernahme- bzw. Pflichtangebots gibt; die Klärung von Rechtsproblemen auf Grund der besonderen Ausgestaltung der rechtlichen Beziehungen zwischen Aktionär und ADR-Inhaber nach ausländischem Recht, in deren Folge die aus der Aktie fließenden Mitgliedschaftsrechte durch den Aktieninhaber nicht wahrgenommen werden, ist nicht Aufgabe des WpÜG.
21
Für eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 32 WpÜG auf ADRs spricht hingegen, dass an- 22 dernfalls der Bieter faktisch ein Teilangebot abgeben würde, da die Treuhänderin das Angebot nicht annehmen kann und der ADR-Inhaber kein Aktionär ist. Dies liefe jedoch Sinn und Zweck der Regelung im Fall von Übernahme- und Pflichtangeboten zuwider55. Eine Beschränkung des Angebots in diesen Fällen kann bei Aktien nur unter den Voraussetzungen des § 24 WpÜG erfolgen56. Der Gesetzgeber trägt mit dieser Vorschrift Kollisionsproblemen Rechnung, die sich aus der Anwendung ausländischen Rechtsvorschriften ergeben. Damit hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er nur in einem eng, nach § 24 WpÜG begrenzten Rahmen Ausnahmen vom Grundsatz des Vollangebots zulassen will. Der Einwand, eine analoge Anwendung von § 32 WpÜG verstieße gegen das strafrechtliche Analogieverbot, da ein Verstoß gegen die Vorschrift eine Ordnungswidrigkeit nach § 60 WpÜG darstellt57, trägt nicht, da zum einen bei Ordnungswidrigkeiten das Analogieverbot nicht den engen Grenzen des Strafrechts unterliegt. Zum anderen berührt die Frage des Analogieverbots lediglich die Frage der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit und damit die Möglichkeit der Sanktionierung mit Bußgeld im Fall eines Verstoßes, wobei es insoweit genügt, wenn die Rechtsfolgen des § 60 WpÜG nicht angewendet werden, wenn der Bieter nur in Bezug auf die ADR gegen § 32 WpÜG verstößt58. All das hindert aber nicht das Schließen einer Regelungslücke bei der Verwaltungsnorm, die die öffentlich-rechtliche Verpflichtung statuiert.
51 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 13. 52 Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 10; Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 13; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 24. 53 Für eine (analoge) Anwendbarkeit von § 32 WpÜG auf ADRs: Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 15; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 12; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 14; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 29; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 5; Drinkuth in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 60 Rz. 185; a.A. Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 10; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 9; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 5. 54 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 34. 55 So im Ergebnis auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 15; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 9; Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 12; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 29. 56 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 15. 57 So Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 10. 58 Siehe auch Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 15.
Favoccia
897
§ 32 Rz. 23 Unzulässigkeit von Teilangeboten
III. Ausnahmen 23
Die Verpflichtung zum Vollangebot gilt unbeschadet der Vorschrift des § 24 WpÜG. Nach der Regelung für grenzüberschreitende Angebote kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Bieter von der grundsätzlichen Verpflichtung, allen Aktionären der Zielgesellschaft ein Angebot zu unterbreiten, ausnehmen, wenn diese Aktionäre ihren Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums haben und die Erstreckung des Angebots auch auf diesen Aktionärskreis auf Grund der Beachtung des ausländischen Rechts für den Bieter rechtlich unzumutbar wäre. Hierunter fallen beispielsweise Sachverhalte, bei denen die betreffende ausländische Rechtsordnung dem WpÜG widersprechende Anordnungen vorsieht oder auf Grund der erforderlichen Mitwirkung ausländischer Aufsichtsbehörden und deren Entscheidungspraxis bereits zu Beginn des Verfahrens vorhersehbar ist, dass der Bieter auch bei Anwendung aller Sorgfalt nicht in der Lage sein wird, die rechtlichen Vorgaben einzuhalten59 (vgl. im Einzelnen die Ausführungen zu § 24 WpÜG).
24
Ob weitere, ungeschriebene Ausnahmen von der Pflicht zur Abgabe eines Vollangebots für den Fall existieren, dass eine entsprechende Einschränkung sachlich geboten erscheint, ist ungeklärt. Denkbar ist dies etwa in denjenigen Konstellationen, die von den Befreiungstatbeständen nach § 37 WpÜG i.V.m. § 9 WpÜG-AngVO geregelt werden60. Eine dahingehende teleologische Reduktion von § 32 WpÜG scheidet de lege lata allerdings aus61.
D. Rechtsfolgen bei Verstößen 25
Ein Übernahme- oder Pflichtangebot, das nicht als Vollangebot abgegeben wird, ist nicht nach § 134 BGB nichtig62. Es ist jedoch übernahmerechtlich unzulässig und daher von der BaFin gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG zu untersagen63.
26
Umstritten sind die Folgen für den Fall, dass die BaFin ein unzulässiges Angebot nicht untersagt. Einerseits wird vertreten, dass der Bieter erneut ein Pflichtangebot abzugeben habe und insofern auch die Befreiungswirkung des § 35 Abs. 3 WpÜG nicht ausgelöst werde64. Nach der Gegenansicht wird das Angebot kraft Gesetzes zum Vollangebot und die Angaben in der Angebotsunterlage (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 WpÜG) mithin unrichtig, was konsequenterweise die Folgen der Haftungs- und Bußgeldvorschriften der §§ 12 und 60 WpÜG nach sich ziehe65. Diese Lösung dürfte dem Schutzbedürfnis der unzulässigerweise nicht vom Teilangebot berücksichtigten Aktionäre am ehesten entsprechen66.
E. Blick über die Grenze 27
Rechtsvergleichende Hinweise zur Zulässigkeit von Teilangeboten im Vereinigten Königreich, Österreich, der Schweiz sowie den Vereinigten Staaten sind im Rahmen der Kommentierung zu § 19 WpÜG (Abschnitt E., § 19 WpÜG Rz. 20 ff.) wiedergegeben. 59 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 51. 60 So Tröger, DZWIR 2002, 397, 398, der die Befreiungsvorschriften für analog anwendbar auf die Vollangebotspflicht hält. 61 Zutreffend im Ergebnis auch Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 36. 62 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 19 (Angebot stellt lediglich die Vorstufe des noch zu schließenden Vertrages zwischen Aktionär und Bieter dar); im Ergebnis ebenso Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, § 32 WpÜG Rz. 16; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 22; Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 37. 63 Diekmann in Baums/Thoma/Verse, § 32 WpÜG Rz. 13, Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 19; Glade in Heidel, § 32 WpÜG Rz. 10; Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 14; Noack in Schwark/Zimmer, § 32 WpÜG Rz. 20; Vogel in FrankfKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 22. 64 Steinmeyer in Steinmeyer, § 32 WpÜG Rz. 14; Thun in Angerer/Geibel/Süßmann, § 32 WpÜG Rz. 24. 65 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 20; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 32 Rz. WpÜG 16. 66 Hasselbach in KölnKomm. WpÜG, § 32 WpÜG Rz. 20.
898
Favoccia
§ 33
Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
§ 33 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft (1) Nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 darf der Vorstand der Zielgesellschaft keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Dies gilt nicht für Handlungen, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte, für die Suche nach einem konkurrierenden Angebot sowie für Handlungen, denen der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zugestimmt hat. (2) Ermächtigt die Hauptversammlung den Vorstand vor dem in Absatz 1 Satz 1 genannten Zeitraum zur Vornahme von Handlungen, die in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen, um den Erfolg von Übernahmeangeboten zu verhindern, sind diese Handlungen in der Ermächtigung der Art nach zu bestimmen. Die Ermächtigung kann für höchstens 18 Monate erteilt werden. Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst; die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. Handlungen des Vorstands auf Grund einer Ermächtigung nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats. (3) (weggefallen) A. I. II. III.
IV.
V. VI.
VII.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übernahmekodex . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . a) Diskussionsentwurf . . . . . . . . . . b) Referentenentwurf . . . . . . . . . . . c) Regierungsentwurf . . . . . . . . . . . d) Weiteres Verfahren . . . . . . . . . . . EU-Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . 1. Vom Pennington-Report bis zum Gemeinsamen Standpunkt (2000) . . . . 2. Ablehnung im Europäischen Parlament (2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Revidierter Richtlinienvorschlag (2002) . 4. Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . . a) Verhinderungsverbot und Durchgriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . b) Opt out, Opt in und Gewährleistung der Gegenseitigkeit . . . . . . . . . . . c) Offenlegung von Übernahmehindernissen . . . . . . . . . . . . . . 5. Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsökonomische Bewertung . . . . . . . Gesellschaftsrechtliche oder kapitalmarktrechtliche Einordnung? . . . . . . . . 1. Rechtslage vor Inkrafttreten des § 33 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtslage nach Inkrafttreten des § 33 WpÜG, Verhältnis zum Aktienrecht . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . 2. Rechtspolitische Fragen . . . . . . . . . .
1 2 5 16 17 18 19 21 22 23 25 26 27 28 32 33 34 37 40 43 46 46 50 53 53 54
B. Verhinderungsverbot (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 1. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . 2. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . a) Beginn der Geltung . . . . . . . . . b) Ende der Geltung . . . . . . . . . . . c) Geltung im Vorfeld des Angebots? . d) Geltung bei Abbruch des Angebots . e) Geltung bei missbräuchlichen Angeboten . . . . . . . . . . . . . . III. Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hauptversammlung . . . . . . . . . . . 4. Organe verbundener Unternehmen . . IV. Inhalt des Verhinderungsverbots . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelne Maßnahmen . . . . . . . . . . a) Ausgabe neuer Aktien . . . . . . . . b) Erwerb eigener Aktien . . . . . . . c) Veräußerung eigener Aktien . . . . d) Ausgabe und Settlement von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen, Aktienoptionen . . . . . . e) Veräußerung wesentlicher Vermögensgegenstände (crown jewel defense) . . . . . . . . . . . . . . . f) Erwerb von Unternehmen (u.a. antitrust defense) . . . . . . . g) Veränderung der Finanzierungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . h) Gekreuzte Beteiligungen . . . . . . i) Gegenangebot (pac man) . . . . . .
Krause/Pötzsch/Stephan
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56 56 58 58 62 62 67 70 72
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73 74 74 76 80 81 83 83 88 88 92 98
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99
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103
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106
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108 109 110
899
§ 33 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft j)
Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkungen (lock-ups) . . . . . l) Abfindungszahlungen für Vorstandsmitglieder (golden parachutes) . . . . . . . . . . . . . . . m) Vereinbarung von change of control-Klauseln . . . . . . . . . . . . n) Kollektiv-arbeitsrechtliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . o) Stillhalteabkommen (standstill agreements) . . . . . . . . . . . . . . p) Break fees . . . . . . . . . . . . . . . . q) Verteidigung mit Argumenten, Werbemaßnahmen und Kommunikation mit Aktionären und Behörden . . r) Änderung der Unternehmenspolitik . s) Dividendenpolitik, Sonderdividende . . . . . . . . . . . . . . . . t) Einberufung einer Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verweigerung der Mitwirkung . . . . . . C. Ausnahmen vom Verhinderungsverbot (§ 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . 2. Gesellschaftsrechtliche Schranken . . . . 3. Deutscher Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis der Ausnahmetatbestände zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis innerhalb § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu § 33 Abs. 2 WpÜG . . . . . III. Handlungen eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulässige Maßnahmen . . . . . . . . . . . a) Maßnahmen im originären Kompetenzbereich des Vorstands . . . . . aa) Weiterführung des Tagesgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . bb) Weiterverfolgung eingeschlagener Unternehmensstrategien . . . cc) Sonstige Maßnahmen . . . . . . b) Maßnahmen im von der Hauptversammlung abgeleiteten Kompetenzbereich des Vorstands: Ausnutzung von Ermächtigungsbeschlüssen . . . . aa) Ausgabe neuer Aktien aus genehmigtem Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts . . . . . bb) Erwerb und Veräußerung eigener Aktien, Ausgabe von Bezugsrechten . . . . . . . . . . .
900
Krause/Pötzsch/Stephan
112 115 IV. 116 117
V.
118 119 120 121 122 123
VI.
124 125 126 126 127 128 136 137 137 138
145 145 146 147 147 148 151
153 154 156
D. I. II.
cc) Maßnahmen mit Befolgungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . dd) Veräußerung wesentlicher Vermögensgegenstände . . . . . . 3. Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . Suche nach einem Konkurrenzangebot (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpÜG) . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Praktische Fragen . . . . . . . . . . . . . Abwehrmaßnahmen mit Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . 3. Zulässige Maßnahmen . . . . . . . . . . . 4. Ermessen des Vorstands . . . . . . . . . . 5. Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . . a) Zuständigkeit und Verfahren . . . . . b) Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . Abwehrmaßnahmen aufgrund Ad hocZustimmung der Hauptversammlung . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erleichterung der Einberufung und Abhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschlusserfordernisse . . . . . . . . . . . 4. Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Umsetzung des Hauptversammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorratsbeschlüsse (§ 33 Abs. 2 WpÜG) . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . 2. Handlungen zur Verhinderung von Übernahmeangeboten . . . . . . . . . . . 3. Zuständigkeit der Hauptversammlung . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aktienrechtlich vorgesehene Ermächtigungen . . . . . . . . . bb) Geschäftsführungsmaßnahmen . cc) Weitere Maßnahmen . . . . . . . 4. Inhaltliche und formale Anforderungen an den Ermächtigungsbeschluss . . . . . a) Bestimmung der Abwehrmaßnahme „der Art nach“ . . . . . . . . . . . . . b) Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . c) Verhältnis zu den aktienrechtlichen Erfordernissen . . . . . . . . . . . . . d) Erfordernis sachlicher Rechtfertigung? . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zeitliche Grenzen der Ermächtigung (§ 33 Abs. 2 Satz 2 WpÜG) . . . . . . . . 6. Mehrheitserfordernis (§ 33 Abs. 2 Satz 3 WpÜG) . . . . . . . . . . . . . . . 7. Berichtserfordernisse . . . . . . . . . . . .
159 160 161 163 163 169
172 172 174 175 177 179 179 183 188 188 194 195 198 199 200 200 204 204 205 206 206 208 208 209 212 214 214 218 220 222 223 227 231
§ 33
Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft 8. Wirksamwerden des Ermächtigungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Aufhebung und Änderung der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . III. Handlungen des Vorstands aufgrund der Ermächtigung (§ 33 Abs. 2 Satz 4 WpÜG) 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . 3. Zeitpunkt der Ausnutzung der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . .
d) Poison debt . . . . . . . . . . . . . e) Change of control-Klauseln . . . . f) Golden parachutes . . . . . . . . . 4. Vorbereitung von Ad hoc-Abwehrmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . a) Genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . b) Ermächtigung zu Erwerb und Veräußerung eigener Aktien . . . . c) Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen . . d) Ermächtigung zur Ausgabe von Aktienoptionen . . . . . . . . . . . e) Vorbereitung der crown jewel defense . . . . . . . . . . . . . . . 5. Steigerung des Börsenkurses . . . . . a) Kommunikationsmaßnahmen . . b) Rückerwerb eigener Aktien . . . . 6. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . a) Namensaktien . . . . . . . . . . . b) Maßnahmeplan für den Ernstfall (defense manual) und sonstige Vorbereitungshandlungen . . . . .
. 232 . 234 . 236 . 236 . 240 . 242
E. Übernahmeprophylaxe . . . . . . . . . . . . I. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zuständigkeit für Maßnahmen der Übernahmeprophylaxe . . . . . . . . . . . . III. Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einzelne Maßnahmen der Übernahmeprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abschottung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erwerbsverbote . . . . . . . . . . . . . b) Ankaufs- oder Vorkaufsrechte und sonstige Absprachen mit oder zwischen Aktionären . . . . . . . . . . . . c) Zwangseinziehung . . . . . . . . . . . d) Vinkulierte Namensaktien . . . . . . . e) Gewinnung von Großaktionären . . . f) Belegschaftsaktien . . . . . . . . . . . g) Sicherungs-GmbH . . . . . . . . . . . h) Gekreuzte und ringförmige Beteiligungen, Pyramidenstruktur . . . . . 2. Erschwerung der Kontrollausübung . . . a) Stimmrechtsbeschränkungen, Mehrstimmrechte . . . . . . . . . . . b) Stimmrechtslose Vorzugsaktien . . . . c) Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . d) Erhöhte Zustimmungsquoten . . . . . e) Verschiedene Gattungen von Stammaktien, Entsendungsrechte . . . . . . . f) Konzerngründungsklausel . . . . . . . g) Abberufung von Mitgliedern des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . h) Gestaffelte Amtszeiten für Mitglieder des Aufsichtsrats und des Vorstands (staggered board) . . . . . . . . . . . . i) Besondere Wahlbestimmungen für den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . j) Persönliche Voraussetzungen für Organmitglieder . . . . . . . . . . . . 3. Veränderung der Vermögensverhältnisse a) Veräußerung von Gesellschaftsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Asset lock-up . . . . . . . . . . . . . . c) Equity carve-out . . . . . . . . . . . .
243 244 246 247 248 249 249 250 251 252 253 254 255 256 258 258 259 263 264 265 267 268 269
F. Rechtsfolgen von Verstößen . . . . . . . I. Verstöße gegen § 33 Abs. 1 WpÜG . . . 1. Ordnungswidrigkeit . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliche Folgen . . . . . . . . . a) Wirksamkeit im Außenverhältnis . b) Unterlassungsansprüche . . . . . . aa) Ansprüche der Aktionäre . . bb) Ansprüche des Bieters . . . . c) Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Vorstands . . . . . aa) Ansprüche der Gesellschaft . bb) Ansprüche der Aktionäre . . cc) Ansprüche des Bieters . . . . d) Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Aufsichtsrats . . . . e) Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft . . . . . . . . . . . aa) Ansprüche der Aktionäre . . bb) Ansprüche des Bieters . . . . f) Sonstige Rechtsfolgen . . . . . . . II. Verstöße gegen § 33 Abs. 2 WpÜG . . .
. . . . . .
278 279 280
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281
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291 293 294 295 296 297
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299 299 299 302 303 304 304 307
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309 309 312 313
. .
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316 316 321 322 323
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G. Vorteilsgewährung an Organmitglieder (§ 33 Abs. 3 WpÜG a.F.) . . . . . . . . . . .
324
272 273
H. I. II. III.
325 325 328 332
274 275 276
Blick über die Grenze . . . . . Vereinigtes Königreich . . . . . Vereinigte Staaten von Amerika Weitere EU-Mitgliedstaaten . .
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Krause/Pötzsch/Stephan
901
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 2 § 33
mensübernahmen im deutschen Recht: Übernahmeangebote, Pflichtangebot, Squeeze Out, DZWIR 2002, 397; Ulbricht, Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmeversuche nach deutschem und englischem Recht, 2006; Ulmer, Die Aktionärsklage als Instrument zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns, ZHR 163 (1999), 290; Ulmer, Aktienrecht im Wandel – Entwicklungslinien und Diskussionsschwerpunkte, AcP 202 (2002), 143; Veil, Die Übernahmerichtlinie und ihre Auswirkungen auf das nationale Übernahmerecht, in Veil/Drinkuth (Hrsg.), Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 95; Wackerbarth, Von golden shares und poison pills: Waffengleichheit bei internationalen Übernahmeangeboten, WM 2001, 1741; Wagner, Standstill Agreements, 1999; Weber, Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2006, NJW 2006, 3685; Weimar/Breuer, International verwendete Strategien der Abwehr feindlicher Übernahmeversuche im Spiegel des deutschen Aktienrechts, BB 1991, 2309; Weisner, Verteidigungsmaßnahmen gegen unfreundliche Übernahmeversuche, 2000; Weiss, Aktienoptionsprogramme nach dem KonTraG, WM 1999, 353; Weiß, Der angemessene Handlungsrahmen der Zielverwaltung in der Übernahmesituation. Eine rechtsvergleichende Analyse vor dem Hintergrund ökonomischer Überlegungen zur Corporate Governance, 2009; Werner, Probleme „feindlicher“ Übernahmeangebote im Aktienrecht, 1990; Whittaker/ Hayakawa, Contesting „Corporate Value“ thorugh takeover bids in Japan, Corporate Governance, Volume 15 – 2007, 16; Wiese/Demisch, Unternehmensführung bei feindlichen Übernahmeangeboten, DB 2001, 849; Wiesner, Binnenmarkt und Wettbewerb bleiben auf der Strecke – zum Kommissionsvorschlag für eine neue Übernahmerichtlinie, ZIP 2002, 1967; Wiesner, Die neue Übernahmerichtlinie und die Folgen, ZIP 2004, 343; Winter/Harbarth, Verhaltenspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, ZIP 2002, 1; Wirth, Vinkulierte Namensaktien: Ermessen des Vorstandes bei der Zustimmung zur Übertragung, DB 1992, 617; Witte, Diskussionsentwurf zur Regelung von Unternehmensübernahmen: Abwehrmöglichkeiten des Vorstands der Zielgesellschaft, BB 2000, 2161; Wolf, Konzerneingangsschutz bei Übernahmeangeboten, AG 1998, 212; Wolf, Der Mythos „Neutralitätspflicht“ nach dem Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, ZIP 2008, 300; Wollburg, Unternehmensinteresse bei Vergütungsentscheidungen – Oder: Verstieß die Zahlung der Mannesmann-Prämien gegen das Unternehmensinteresse der Mannesmann AG?, ZIP 2004, 646; Yamaguchi, Abwehrmaßnahmen börsennotierter Aktiengesellschaften gegen feindliche Übernahmeangebote in Deutschland und Japan, 2005; Zech, Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft in Bezug auf Abwehrmaßnahmen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2003; Zeidler, Aktienoptionspläne – nicht nur für Führungskräfte – im Lichte neuester Rechtsprechung, NZG 1998, 789; Ziemons, Die Weitergabe von Unternehmensinterna an Dritte durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft, AG 1999, 492; Zinser, Der RefE eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 12.3.2001, NZG 2001, 391; Zinser, Das neue Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 1.1.2002, WM 2002, 15; Zschocke, Europapolitische Mission: Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, DB 2002, 79.
A. Überblick § 33 WpÜG regelt das Verhalten der Verwaltung der Zielgesellschaft nach der Ankündigung des Über- 1 nahmeangebots. Die Vorschrift ist eine der zentralen Bestimmungen des Gesetzes. Sie war im Gesetzgebungsverfahren stark umstritten und wurde in dessen Verlauf mehrfach – zuletzt noch im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages – geändert. Gemessen an der lebhaften Diskussion im Vorfeld hat die Vorschrift die Praxis seit Erlass des WpÜG eher wenig beschäftigt. Sicher besteht eine verhaltenssteuernde Wirkung. Ob allerdings § 33 Abs. 1 WpÜG in der schließlich Gesetz gewordenen Fassung wesentliche Modifikationen der sonst – und im Übrigen auch im Rahmen von § 33 Abs. 1 WpÜG – anwendbaren aktienrechtlichen Grundsätze beinhaltet, mag bezweifelt werden. § 33 WpÜG wurde im Zuge der Umsetzung der Übernahmerichtlinie inhaltlich nicht verändert. Der bisherige Absatz 3 von § 33 WpÜG wurde aufgehoben und wortgleich in den neuen § 33d WpÜG überführt.
I. Regelungsgegenstand § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG konstituiert den Grundsatz, dass der Vorstand der Zielgesellschaft nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines Angebots keine Handlungen vornehmen darf, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Abweichend vom City Code1 und anderen europäischen Rechtsordnungen kennt das deutsche Recht keinen Katalog von Maßnahmen, die in einer Übernahmesituation unabhängig von der konkreten Feststellung der Verhinderungs1 The City Code on Takeovers and Mergers, erlassen vom Panel on Takeovers and Mergers auf Grundlage von sec. 942 Companies Act 2006.
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§ 33 Rz. 2 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft eignung verboten wären. Das Verhinderungsverbot wird durch die weit reichenden Ausnahmetatbestände des § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG durchbrochen. Hiernach darf der Vorstand solche Handlungen vornehmen, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft vorgenommen hätte, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG). Weiterhin darf der Vorstand einen konkurrierenden Bieter (white knight) suchen (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpÜG) und solche Handlungen vornehmen, denen der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zugestimmt hat (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG). 3
§ 33 Abs. 2 WpÜG enthält die Voraussetzungen, unter denen die Hauptversammlung den Vorstand bereits vor der Ankündigung des Übernahmeangebots zu Abwehrmaßnahmen ermächtigen kann: Diese Handlungen sind in der Ermächtigung der Art nach zu bestimmen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 WpÜG). Die Ermächtigung ist auf eine Höchstdauer von 18 Monaten begrenzt (§ 33 Abs. 2 Satz 2 WpÜG). Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals, sofern die Satzung keine größere Kapitalmehrheit oder weitere Erfordernisse bestimmt (§ 33 Abs. 2 Satz 3 WpÜG). Schließlich bestimmt § 33 Abs. 2 Satz 4 WpÜG, dass der Vorstand von der Ermächtigung nur nach Zustimmung des Aufsichtsrats Gebrauch machen darf.
4
Die Regelung zu ungerechtfertigten Leistungen an Vorstandsmitglieder, die ursprünglich in § 33 Abs. 3 WpÜG enthalten war, wurde im Zuge der Umsetzung der Übernahmerichtlinie aufgehoben und in den neuen § 33d WpÜG überführt.
II. Normzweck 5
§ 33 WpÜG bezweckt den Ausgleich verschiedener Interessen, die anlässlich eines Übernahmeangebots typischerweise aufeinandertreffen. Die Gesetzesbegründung bezieht sich auf „die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und des Gemeinwohls“2. All diese rechtlich anerkannten Interessen sind Bestandteil des Unternehmensinteresses, auf dessen Beachtung Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft nach § 3 Abs. 3 WpÜG und bereits nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet sind (näher § 3 WpÜG Rz. 33 ff.). Die relevanten Interessen auf Seiten der Zielgesellschaft sind vielgestaltig und teilweise gegenläufig. Zu berücksichtigen ist das Interesse der verkaufswilligen Aktionäre an der Erzielung eines möglichst hohen Kaufpreises ebenso wie das Interesse der nicht verkaufswilligen Aktionäre an einer mittel- bis langfristig orientierten erfolgreichen Unternehmenspolitik. Auch die Interessen der Arbeitnehmer oder des Gemeinwohls können im Einzelfall für oder gegen die Übernahme sprechen. Selbst verkaufswillige Aktionäre mögen das Angebot für zu niedrig halten und Abwehrmaßnahmen des Vorstands, jedenfalls in einem frühen Stadium, befürworten. Die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen mögen im Fall einer Übernahme die Zusammenlegung von Unternehmensfunktionen und Entlassungen befürchten. Eine Übernahme kann aber auch neue strategische Chancen oder die letzte Möglichkeit zum Überleben des Unternehmens bieten.
6
Der in der ökonomischen Analyse so genannte principal-agent conflict beschreibt den Interessengegensatz zwischen dem Geschäftsinhaber und seinem Treuhänder – „Gutsherr“ und „Gutsverwalter“3 – und spezifisch für die Übernahmesituation den Interessenkonflikt zwischen den Aktionären, die ihre Aktien möglichst ungestört durch Eingriffe der Verwaltung an den Bieter verkaufen wollen, und den Mitgliedern des Vorstands, die insbesondere dann zu Abwehrmaßnahmen neigen mögen, wenn ihnen bei Erfolg des Angebots die Ablösung und damit zumeist empfindliche materielle Einbußen drohen4. Aus rechtlicher Sicht ist durchaus zweifelhaft, ob der Aktionär – welcher? – und nicht vielmehr die Gesellschaft selbst der Prinzipal ist5. Dessen ungeachtet ist das Interesse des Vorstands an der Erhaltung seines Amts kein im Rahmen von § 33 WpÜG relevantes Interesse und vermag Abwehrmaßnahmen für sich genommen in keinem Fall zu rechtfertigen. Ebenso wenig ist das eigene Interesse des Vorstands am Erfolg des Angebots – das aus eigenem Aktienbestand des Vorstands oder aus seinen Erwartungen an seine künftige Stellung und deren Dotierung nach Durchführung des Angebots gespeist 2 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 3 So die plastische Umschreibung des Senatsvorsitzenden in der mündlichen Verhandlung in Sachen Mannesmann/Esser, vgl. Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127, 130. 4 Vgl. aus jüngerer Zeit Koch, WM 2010, 1155 ff. 5 Vgl. Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127, 130 in Kritik an dem „Gutsherr/Gutsverwalter“-Vergleich.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 12 § 33
sein kann – ein Grund, der den Vorstand legitimieren würde, bestimmte Maßnahmen zu unterlassen, die dem Erfolg des Angebots entgegenstehen könnten. § 33 WpÜG hat die bei feindlichen Übernahmeangeboten bestehenden Interessengegensätze mit dem Grundsatz des Verhinderungsverbots (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) (nur) im Ansatz zugunsten der verkaufswilligen Aktionäre – und zugunsten des Bieters – entschieden6. Die Einschränkungen in § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG und (in geringerem) Umfang in § 33 Abs. 2 WpÜG postulieren letztlich den Vorrang eines umfassender verstandenen Unternehmensinteresses vor einer einseitigen Bevorzugung der Interessen der verkaufswilligen Aktionäre.
7
§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ergänzt den in § 3 Abs. 2 WpÜG aufgestellten Grundsatz, dass die Aktionäre der Zielgesellschaft in Kenntnis der Sachlage – und unbeeinflusst von sachfremder Einflussnahme durch die Verwaltung bzw. den Bieter – über das Angebot entscheiden können sollen7. Das Verhinderungsverbot will den Eigeninteressen der Verwaltung entgegenwirken8. Die Zulassung von Vorratsbeschlüssen (§ 33 Abs. 2 WpÜG) markiert Beschränkungen des Schutzes der verkaufswilligen Aktionäre, ist allerdings an hohe verfahrensrechtliche Anforderungen geknüpft und in der Praxis bisher ohne Relevanz.
8
Weitgehender wird das Verhinderungsverbot durch die drei Einschränkungen in § 33 Abs. 1 Satz 2 9 WpÜG modifiziert. Praktisch am wichtigsten ist der Vorbehalt zugunsten der allgemeinen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Durch die Bezugnahme auf den „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter“ verweist die Regelung insoweit auf die allgemeinen aktienrechtlichen Pflichten des Vorstands (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG)9. Diese Ausnahme vom Verhinderungsverbot gibt dem Vorstand die Möglichkeit, die Geschäfte der Gesellschaft unbehelligt von einem Übernahmeangebot so fortzuführen, wie er es ohnehin getan hätte. Die Ausnahme wurde unverändert aus dem Regierungsentwurf übernommen und war der Sache nach auch im Diskussionsentwurf und im Referentenentwurf enthalten. Der Vorbehalt zugunsten der Fortführung der Geschäfte vermeidet Wertungswidersprüche mit dem Aktienrecht10. Das Verhältnis zu den Pflichten des Vorstands nach allgemeinem Aktienrecht ist eine der Kernfragen der Anwendung von § 33 WpÜG. Anordnungen des Übernahmerechts, die dem allgemeinen Aktienrecht widersprechen, genießen als das speziellere Recht grundsätzlich Vorrang. Es wird sich allerdings zeigen, dass § 33 WpÜG weitgehend – wenn auch nicht durchweg – mit den aktienrechtlichen Wertungen konform geht. Bestätigt wird das durch den mit § 33 WpÜG in engem Zusammenhang stehenden, in § 3 Abs. 3 WpÜG niedergelegten Grundsatz, dass Vorstand und Aufsichtsrat im Interesse der Zielgesellschaft handeln müssen. Zu weitgehend wäre es allerdings, die Organpflichten in der Übernahmesituation ausschließlich aktienrechtlich zu definieren11. Vielmehr haben die Organe bei ihrer Interessenabwägung die Wertung von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu berücksichtigen, wonach negative Auswirkungen auf die Durchführung des Angebots grundsätzlich zu vermeiden sind.
10
Der zweite Vorbehalt, der die Suche nach einem konkurrierenden Angebot erlaubt, ist spezifisch übernahmerechtlicher Art. Der Vorstand soll nicht gehindert werden, nach einem möglicherweise für die veräußerungswilligen Aktionäre oder sonst für die Gesellschaft besseren Angebot zu suchen, nur weil damit das ursprüngliche Angebot gefährdet werden könnte.
11
Schwierig ist die Einordnung der dritten Ausnahme – Handlungen mit Zustimmung des Aufsichtsrats – in das Regelungssystem. Der Regierungsentwurf hatte den Aufsichtsrat ausdrücklich in den
12
6 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 7 Grunewald, AG 2001, 287, 289; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 247 ff.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 3. 8 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 9 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 10 Die englische Rechtspraxis ist in der Anwendung des Verbots der „frustrating action“ wohl eher geneigt, Behinderungen des laufenden Geschäftsbetriebs durch ein Übernahmeangebot zu akzeptieren. Rule 21.1(a)(v) der aktuellen Fassung des des City Code erlaubt nicht mehr jeden Abschluss von Verträgen „in the ordinary course of business“ während des Angebots, sondern lässt das generelle Verhinderungsverbot unberührt und verbietet zusätzlich generell jeden Abschluss von Verträgen außerhalb des üblichen Geschäftsbetriebs. 11 So aber Wolf/Wink in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, 2017, § 20 Rz. 56.
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§ 33 Rz. 12 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft Geltungsbereich des Verhinderungsverbots einbezogen. Dies wurde im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht nur rückgängig gemacht; der Aufsichtsrat wurde – wohl international einzigartig12 – sozusagen als „Schiedsrichter“ über die Ingangsetzung von Abwehrmaßnahmen berufen, wogegen sowohl rechtspolitische als auch verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht worden sind13. Als Begründung dieser im federführenden Finanzausschuss kontrovers diskutierten Regelung wurde vorgebracht, sie solle die „Tatsache berücksichtigen, dass sich Unternehmen in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in den USA leichter gegen Übernahmen wehren können als deutsche Unternehmen, d.h. dass ein „level playing field“ insoweit nicht vorhanden“ sei14. Die Bedeutung dieser Ausnahme ist jedenfalls dann beschränkt, wenn man – wie hier – für eine weitgehende Kongruenz der aktienrechtlichen und übernahmerechtlichen Wertungen eintritt und den Aufsichtsrat bei der Ausübung seiner Rechte im Rahmen von § 33 WpÜG aktienrechtlich in die Pflicht nimmt. 13
Die Bedeutung des Verhinderungsverbots wird durch die ordnungswidrigkeitenrechtliche Bewehrung (§ 60 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 WpÜG – Verstöße gegen § 33 WpÜG sind dort in der Gruppe von Vorschriften mit dem extensivsten Rahmen für die Geldbuße) verdeutlicht15. Ob bei Verstößen die BaFin im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG Anordnungen treffen kann, ist umstritten (Rz. 322). Die Regelungen von § 33 WpÜG können in der Satzung durch das strengere Verhinderungsverbot des § 33a Abs. 2 WpÜG ersetzt werden; die Hauptversammlung kann dies wiederum außer Kraft setzen, wenn der Bieter keinem entsprechenden Verhinderungsverbot unterliegt, § 33c Abs. 1 WpÜG. Im Übrigen ist § 33 WpÜG zwingendes Recht16. Satzungsbestimmungen, die die Abwehrbefugnisse des Vorstands über die in § 33 WpÜG gezogenen Grenzen erweitern, sind ausgeschlossen.
14
Die Regelungen zum Verhinderungsverbot dienen dem öffentlichen Interesse an einem fairen und mit den sonstigen relevanten rechtlichen Wertungen konformen Verfahren und zielen auf einen Ausgleich der verschiedenen in einer Übernahmesituation aufeinandertreffenden Interessen. Das hat zur Folge, dass die Auslegung des § 33 WpÜG nicht an einer einheitlichen „Grundidee“ ausgerichtet werden kann, sondern vielmehr jede Regelung für sich zu betrachten ist17.
15
§ 33 WpÜG begünstigt faktisch teilweise die veräußerungswilligen und teilweise die veräußerungsunwilligen Aktionäre, sowie teilweise auch den Bieter. § 33 WpÜG ist jedoch wegen seiner auf den Schutz des öffentlichen Interesses abzielenden Ausrichtung kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB für irgendeine der relevanten Gruppen18. Allerdings sind die Interessen der Aktionäre – anders als diejenigen des Bieters – Teil der Interessen der Zielgesellschaft (§ 3 Abs. 3 WpÜG), die der Vorstand zu wahren und mit den anderen relevanten Interessen zum Ausgleich zu bringen hat. Die Interessen des Bieters werden dagegen durch § 33 WpÜG nur reflexartig geschützt19.
III. Entstehung 16
Vor 1998 bestand keine besondere rechtliche Regelung der öffentlichen Angebote zum Erwerb von Aktien und der in diesem Zusammenhang bestehenden Pflichten des Vorstands. Der Vorstand war – selbstverständlich – an die aktienrechtlichen Pflichten gebunden. Pirelli versuchte 1990/91 die Über12 Hopt, zitiert nach FAZ v. 16.1.2002, S. 23; Überblick bei Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1368 ff.; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 233; Länderberichte in Hommelhoff/Hopt/Lutter, Konzernrecht und Kapitalmarktrecht, 2001. 13 Baums, FAZ v. 10.11.2001, S. 11; Lutter, Handelsblatt v. 20.12.2001, S. 10; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 9. 14 BT-Drucks. 14/7477, S. 50. 15 Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 127, 132 f.; zu Klage- und Anfechtungsbefugnissen Schnorbus, ZHR 166 (2002), 72, 104 ff. 16 Mülbert/Birke, WM 2001, 705, 710 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 3. 17 Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 16. 18 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 96, 99; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 148; Mielke in Beckmann/Kersting/Mielke, C 66; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 33 WpÜG Rz. 44, 47; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 9, 248; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 107, 110; zweifelnd Thaeter, NZG 2001, 789, 791; a.A. Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 732; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 160. 19 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 3.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 20 § 33
nahme von Continental und scheiterte letztlich. 1991/92 gelang der Friedr. Krupp AG die Übernahme der Hoesch AG. Diese beiden damals intensiv diskutierten Transaktionen führten nicht unmittelbar zu gesetzgeberischen Aktivitäten. 1. Übernahmekodex Im Zuge der Renaissance der Aktie als Anlageinstrument für breite Bevölkerungsschichten ab Mitte 17 der 90er Jahre wurde das Fehlen eines Rechtsrahmens für Übernahmeangebote als Mangel empfunden. Der freiwillige Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission20 hatte in seinem Art. 19 vorgesehen, dass die Verwaltungs- und Leitungsorgane der Zielgesellschaft und ihrer verbundenen Unternehmen nach Bekanntgabe eines öffentlichen Angebots und bis zur Bekanntgabe seines Ergebnisses keine Maßnahmen ergreifen dürfen, die dem Interesse der Wertpapierinhaber, von dem Angebot Gebrauch zu machen, zuwiderlaufen. Hierunter fielen – vom City Code inspiriert, aber als Regelbeispiele konzipiert – die Ausgabe neuer Wertpapiere, erhebliche Änderungen des Aktiv- oder Passivbestandes der Zielgesellschaft oder der Abschluss von Verträgen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der Zielgesellschaft. Zulässig waren hingegen die Durchführung laufender Kapitalmaßnahmen und die Erfüllung von Verträgen, die die Zielgesellschaft vor der Bekanntgabe des öffentlichen Angebots abgeschlossen hatte, sowie ferner die Durchführung von Maßnahmen, zu denen die Hauptversammlung ausdrücklich für den Fall eines öffentlichen Angebots ermächtigt hatte. 2. Gesetzgebungsverfahren Im Gesetzgebungsverfahren hat § 33 WpÜG nicht zuletzt wegen des großen Interesses der Öffentlichkeit und wegen der Veränderung des politischen Umfelds wesentliche inhaltliche Änderungen erfahren. DiskE und RefE waren noch von dem relativ strengen Verhinderungsverbot des seinerzeit aktuellen Entwurfs der Übernahmerichtlinie21 geprägt. Nachdem diese jedoch im Europäischen Parlament gescheitert war (näher Einl. Rz. 94 ff., 100), gewannen im RegE und in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses gegenläufige Interessen stärkeres Gewicht.
18
a) Diskussionsentwurf Der Diskussionsentwurf hatte – wie der wenige Wochen zuvor auf EU-Ebene verabschiedete gemeinsame Standpunkt – ein relativ strenges Verhinderungsverbot vorgesehen. Gemäß § 31 Abs. 1 DiskE hatten Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft „alle Handlungen zu unterlassen, die geeignet sind, den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern“. Gemäß § 31 Abs. 2 DiskE zählten hierzu insbesondere die Ausgabe von Aktien (Nr. 1), der Erwerb eigener Aktien durch die Zielgesellschaft (Nr. 2) und der Abschluss von Rechtsgeschäften, durch die der Aktiv- oder Passivbestand der Zielgesellschaft in bedeutender Weise geändert würde (Nr. 3).
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Das Verhinderungsverbot sollte lediglich durch bestimmte, in § 31 Abs. 3 DiskE abschließend aufgezählte Maßnahmen durchbrochen werden, nämlich die Suche nach einem konkurrierenden Übernahmeangebot (Nr. 1), Handlungen auf Grundlage eines Hauptversammlungsbeschlusses der Zielgesellschaft nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage (Nr. 2), die Ausgabe neuer Aktien unter Wahrung des Bezugsrechts der Aktionäre auf der Grundlage einer nicht länger als 18 Monate zurückliegenden Ermächtigung der Hauptversammlung (Nr. 3), die sorgfältige Führung der laufenden Geschäfte im Interesse der Zielgesellschaft (Nr. 4), der Erwerb eigener Aktien für den Handelsbestand (Nr. 5) sowie die Erfüllung vertraglicher oder sonstiger, vor der Ankündigung des Übernahmeangebots begründeter Rechtspflichten (Nr. 6). Indem Handlungen aufgrund eines nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage getroffenen Hauptversammlungsbeschlusses in den Katalog der Ausnahmetatbestände aufgenommen wurden (§ 31 Abs. 3 Nr. 2 DiskE), wurde die bis dahin umstrittene Befugnis der Hauptversammlung zur Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises an-
20
20 In der Fassung ab 1.1.1998 abgedr. in AG 1998, 133 ff.; zum Übernahmekodex siehe Einl. Rz. 19 ff. 21 Gemeinsamer Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote vom 6.6.2001, Dok. PE-CONS 3629/1/01 REV 1, abgedr. bei Pötzsch, Übernahmerecht, S. 342 ff.
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§ 33 Rz. 20 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft erkannt22. Abwehrmaßnahmen des Vorstands sollten aber nur zulässig sein, wenn der Beschluss der Hauptversammlung nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage – d.h. in Kenntnis des konkreten Angebots und seiner Konditionen – gefasst wurde23. b) Referentenentwurf 21
Die Regelung der Verhaltenspflichten der Verwaltung im Referentenentwurf war mit der Regelung des Diskussionsentwurfs nahezu identisch. Der Ausnahmetatbestand „sorgfältige Führung der laufenden Geschäfte im Interesse der Gesellschaft“ (§ 31 Abs. 3 Nr. 4 DiskE) wurde sprachlich dahingehend umgestaltet, dass nunmehr zur Erreichung dieses Ziels geeignete Maßnahmen, nämlich „Maßnahmen, die der sorgfältigen Führung der laufenden Geschäfte im Interesse der Gesellschaft dienen“ (§ 33 Abs. 3 Nr. 4 RefE) nicht als Verstoß gegen das Verhinderungsverbot angesehen wurden; eine inhaltliche Änderung war damit nicht beabsichtigt. Neu eingefügt wurde die dem jetzigen § 33d WpÜG entsprechende Vorschrift, die dem Bieter untersagt, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Zielgesellschaft ungerechtfertigte geldwerte Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen (§ 33 Abs. 4 RefE)24. c) Regierungsentwurf
22
In dem nur eine Woche nach dem Scheitern des Richtlinienentwurfs im europäischen Parlament verabschiedeten Regierungsentwurf wurde das Verhinderungsverbot deutlich eingeschränkt. Das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG wurde in eine Kompetenznorm umfunktioniert, derzufolge Handlungen des Vorstands und Aufsichtsrats, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, der Ermächtigung der Hauptversammlung bedurften. An die Stelle des Katalogs zulässiger Maßnahmen (§ 33 Abs. 3 RefE) trat die Vorschrift des § 33 Abs. 1 Satz 2 RegE, die zwei Ausnahmen vom Verhinderungsverbot vorsah: Handlungen, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte (1. Alt.), sowie die Suche nach einem konkurrierenden Angebot (2. Alt.). Die Beschränkung auf „laufende Geschäfte“ entfiel. Außerdem wurde in § 33 Abs. 2 RegE erstmals niedergelegt, dass die Hauptversammlung den Vorstand auch vor der Veröffentlichung eines konkreten Übernahmeangebots zu Abwehrmaßnahmen ermächtigen kann (Vorratsbeschluss)25. d) Weiteres Verfahren
23
Die im RegE enthaltenen Möglichkeiten zur Vornahme von Abwehrmaßnahmen wurden von einigen Industrieunternehmen und Gewerkschaften als zu wenig weitgehend kritisiert. Im Hinblick auf diese Kritik wurden aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages26 über die bereits bestehenden Möglichkeiten hinaus solche Abwehrmaßnahmen zugelassen, denen der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zugestimmt hat (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG). Gleichzeitig wurde der Aufsichtsrat aus dem Adressatenkreis des Verhinderungsverbots gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG entfernt und die Vorschrift von einer Kompetenznorm zugunsten der Hauptversammlung in ein allgemein formuliertes Verbot zurückverwandelt – nicht zuletzt um den Aufsichtsrat in die Lage zu versetzen, einzelne Abwehrmaßnahmen des Vorstands vom Verhinderungsverbot freizustellen. Mit diesen Änderungen wurde das Verhinderungsverbot weiter eingeschränkt.
24
Die Regelung über „Vorratsbeschlüsse“ in § 33 Abs. 2 WpÜG wurde dahingehend präzisiert, dass die Vorratsermächtigung nur für Handlungen erteilt werden kann, die in die Zuständigkeit der Hauptver22 Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 26; Ekkenga, AG 2001, 567, 574 und 615, 618; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 10. 23 Zum DiskE Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 13; Kallmeyer, AG 2000, 553; Kiem, ZIP 2000, 1509; Kirchner, WM 2000, 1821; Körner, DB 2001, 367; Krause, NZG 2000, 905; Land/Hasselbach, DB 2000, 1747; Witte, BB 2000, 2161. 24 Zum RefE Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1074 ff.; Liebscher, ZIP 2001, 853, 856 ff.; Pluskat, DStR 2001, 879, 900; Thaeter/Barth, NZG 2001, 545; Zinser, NZG 2001, 301. 25 Zum RegE Möller/Pötzsch, ZIP 2001, 1256; Land, DB 2001, 1707; Schüppen, WPg 2001, 958; Drygala, ZIP 2001, 1861, 1864; Oechsler, NZG 2001, 817; Thaeter, NZG 2001, 789, 791. 26 BT-Drucks. 14/7477, S. 53.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 27 § 33
sammlung fallen. Die Anforderung des RegE, die die Bestimmung der Maßnahmen „im Einzelnen“ verlangte, wurde dahingehend abgeschwächt, dass die Bestimmung der Maßnahme „der Art nach“ genügen soll. Hinter diesen Änderungen stand die Überlegung, dass Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft für den Bieter weniger leicht ausrechenbar sein sollten27.
IV. EU-Übernahmerichtlinie Parallel zum Gesetzgebungsverfahren in Deutschland wurde auf EU-Ebene intensiv an der Verabschiedung der Übernahmerichtlinie gearbeitet. Die in Deutschland geführte Diskussion über die Verhaltenspflichten des Vorstands und Aufsichtsrats im Übernahmefall wurde von den auf EU-Ebene angestellten Überlegungen entscheidend beeinflusst28.
25
1. Vom Pennington-Report bis zum Gemeinsamen Standpunkt (2000) Das Verhinderungsverbot hatte seit dem Pennington-Entwurf von 1974 Eingang in sämtliche Richt- 26 linienvorschläge der Kommission sowie den am 19.6.2000 verabschiedeten Gemeinsamen Standpunkt von Kommission und Rat gefunden29. Gemäß Art. 9 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts hatte das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft mit Ausnahme der Suche nach konkurrierenden Angeboten den Abschluss jedweder Handlung zu unterlassen, durch die das Angebot vereitelt werden könnte, es sei denn, dass die Hauptversammlung während der Frist für die Annahme des Angebots zuvor ihre Zustimmung dazu erteilt hatte. Dies sollte insbesondere für die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen gelten, durch die der Bieter auf Dauer an der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft gehindert werden könnte30. Gemäß Art. 9 Abs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts sollten die Mitgliedstaaten dem Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft gestatten können, das Kapital der Gesellschaft während der Annahmefrist zu erhöhen, sofern die Hauptversammlung hierzu nicht früher als 18 Monate vor Beginn der Annahmefrist ihre vorherige Zustimmung erteilt hatte und das Bezugsrecht aller Wertpapierinhaber gewahrt wurde. 2. Ablehnung im Europäischen Parlament (2001) Der Gemeinsame Standpunkt stieß im Europäischen Parlament auf Widerstand – nicht nur wegen Vorbehalten gegen das geplante Verhinderungsverbot, sondern auch deswegen, weil das Verhinderungsverbot im Verhältnis etwa zu US-amerikanischen Gesellschaften, aber auch EU-intern zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen geführt und ein level playing field für Übernahmeangebote verfehlt hätte31. Im „Trilog“ der EU-Organe wurde zwar am 6.6.2001 ein Kompromiss gefunden, der das Verhinderungsverbot im Grundsatz aufrecht erhielt, jedoch eine Lockerung für die Fortsetzung bereits eingeschlagener Unternehmensstrategien vorsah32. In der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments
27 Finanzausschuss, BT-Drucks. 14/7477, S. 53 unter Bezugnahme auf ein entsprechendes Petitum des Bundesrates, BT-Drucks. 14/7034, S. 85. 28 Hierzu etwa Lehne in Hirte, WpÜG, S. 33. 29 Gemeinsamer Standpunkt von Kommission und Rat vom 19.6.2000, ABl. EG Nr. C 23 v. 24.1.2001, S. 1; hierzu Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 1, 4 ff.; Neye, AG 2000, 289; Kirchner, WM 2000, 1827; Krause, NZG 2000, 905; Hopt in FS Koppensteiner, 2001, S. 61; Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1074 f.; Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 257 ff.; Grunewald, AG 2001, 287; Körner, DB 2001, 367; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 230 ff. 30 Hierzu Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 10; Neye, AG 2000, 289, 294 f.; Neye, ZIP 2001, 1120, 1122 f.; Hopt in FS Koppensteiner, 2001, S. 61, 68 f.; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 230 ff. 31 Kirchner, AG 1990, 481, 486 ff.; Kirchner, WM 2000, 1821 ff.; Uwe H. Schneider/Burgard, DB 2001, 963, 964 ff.; Witte, BB 2000, 2161, 2165; ferner Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1747 ff.; a.A. Mülbert/Birke, WM 2001, 705, 716. 32 Gemeinsamer Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Übernahmeangebote vom 6.6.2001, Dok. PE-CONS 3629/1/01 REV 1, abgedr. bei Pötzsch, Übernahmerecht, S. 342 ff.; hierzu Neye, ZIP 2001, 1120; Krause, International Financial Law Review, Juli 2001, 18.
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27
§ 33 Rz. 27 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft am 4.7.2001 scheiterte der Richtlinienvorschlag jedoch in denkbar knappster Weise bei Stimmengleichheit von 273:273 und 22 Enthaltungen33. 3. Revidierter Richtlinienvorschlag (2002) 28
Nach dem vorläufigen Scheitern der Richtlinie setzte die Kommission eine hochrangige Expertengruppe34 ein, die sich in ihrem Bericht vom 10.1.200235 für das Verhinderungsverbot aussprach und Vorschläge für die Offenlegung und Durchbrechung struktureller Übernahmehindernisse unterbreitete.
29
Auf der Grundlage dieser Vorschläge legte die Kommission am 2.10.2002 einen neuen Entwurf einer Übernahmerichtlinie vor36. Das Verhinderungsverbot wurde beibehalten. Danach sollte das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft die Genehmigung der Hauptversammlung einholen, bevor es Maßnahmen ergreift, durch die das Angebot vereitelt werden könnte (Art. 9 Abs. 2 Satz 1)37. Unter Genehmigungsvorbehalt stand insbesondere die Ausgabe von Wertpapieren, durch die der Bieter auf Dauer an der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft gehindert werden könnte. Die Suche nach einem konkurrierenden Angebot zählte dagegen nicht zu den genehmigungspflichtigen Maßnahmen. Maßnahmen auf der Grundlage von Entscheidungen, die vor der Übermittlung von Informationen über das Angebot an die Zielgesellschaft „außerhalb des normalen Geschäftsverlaufs“ getroffen und weder teilweise noch vollständig umgesetzt worden sind, sollten der Genehmigung bzw. Bestätigung der Hauptversammlung bedürfen, wenn Ihre Umsetzung zur Vereitelung des Angebots führen könnte (Art. 9 Abs. 3).
30
Völlig neu und den Empfehlungen der hochrangigen Expertengruppe folgend war die Verpflichtung, dass strukturelle Besonderheiten, bedeutende direkte und indirekte Beteiligungen, Übernahmehindernisse wie etwa die Vinkulierung von Aktien oder die Existenz von Aktien mit Entsendungs- oder anderen besonderen Rechten und bestimmte Vereinbarungen, auf die ein Kontrollwechsel Auswirkungen hätte, im Lagebericht offen zu legen und, sofern sich Änderungen ergeben haben, zu aktualisieren sein sollten (Art. 10 Abs. 1 und 2)38. Die Hauptversammlung sollte sich alle zwei Jahre zu diesen Übernahmehindernissen „äußern“ und der Vorstand die Existenz dieser Hindernisse begründen müssen (Art. 10 Abs. 3)39.
31
Zur Annäherung an das Ziel des level playing field für Übernahmeangebote innerhalb der Europäischen Union sah der Kommissionsentwurf darüber hinaus eine Außerkraftsetzung bestimmter Übernahmehindernisse („Durchgriffsregelung“) vor. Hiernach sollten in der Satzung der Gesellschaft vorgesehene Beschränkungen der Übertragbarkeit von Aktien dem Bieter während der Annahmefrist nicht entgegengehalten werden können (Art. 11 Abs. 2). Außerdem sollten Stimmrechtsbeschränkungen in der Hauptversammlung, die über Abwehrmaßnahmen Beschluss fasst, keine Wirkung entfalten (Art. 11 Abs. 3)40. Gleiches war für Übertragungs- und Stimmrechtsbeschränkungen vorgesehen, die zwischen der Gesellschaft und Aktionären oder zwischen Aktionären vereinbart worden waren (Art. 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2). Hingegen waren Mehrstimmrechte – mit der nicht nachvollziehbaren Begründung, es sei nicht bewiesen, dass diese übernahmeverhindernde Wirkung entfalten
33 Zu den Gründen Lehne in Hirte, WpÜG, S. 33; Pluskat, WM 2001, 1037 ff.; Zinser, WM 2002, 15; ferner Krause, Börsen-Zeitung vom 10.7.2001, S. 10. 34 Mitglieder der Arbeitsgruppe: Jaap Winter (Vorsitzender), Jan Schans Christensen, José Maria Garrido Garcia, Klaus J. Hopt, Jonathan Rickford, Guido Rossi, Joëlle Simon. 35 Hochrangige Gruppe von Experten, Bericht, 2002; näher hierzu Einl. Rz. 8 ff. 36 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend Übernahmeangebote vom 2.10.2002, KOM (2002) 534, Ratsdok. 12846/02. Hierzu Neye, NZG 2002, 1144; Krause, BB 2002, 2341; Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193; Wiesner, ZIP 2002, 1967; Schuster in Bad Homburger Hdb., A 48 ff.; Lehne/Haak, Der Konzern 2003, 163; Dauner-Lieb/Lamandini, Der Konzern 2003, 168; Dauner-Lieb, BB 2003, 265; DaunerLieb, DStR 2003, 555. 37 Kritisch Kallmeyer, DB 2002, 2695. 38 Hierzu Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2196 ff. 39 Hierzu Krause, BB 2002, 2341, 2342; Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2198 f. 40 Krause, BB 2002, 2341, 2342; Kallmeyer, DB 2002, 2695.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 35 § 33
würden41 – von der Durchbruchsregelung nicht erfasst42; Gleiches galt für stimmrechtslose Vorzugsaktien43. 4. Übernahmerichtlinie Nach intensiven und kontroversen Beratungen erzielte der Ministerrat am 27.11.2003 einstimmig (bei Enthaltung Spaniens) und gegen das Votum der Kommission eine politische Einigung, der ein Kompromissvorschlag der italienischen Ratspräsidentschaft zugrunde gelegen hatte. Nachdem das Europäische Parlament dieser Einigung zugestimmt hatte, wurde die Übernahmerichtlinie im Ministerrat „Justiz und Inneres“ formell verabschiedet, von den Präsidenten des Europäischen Parlaments und des Rates unterzeichnet und im Amtsblatt veröffentlicht44. Gemäß Art. 22 ist sie am 20.5.2004 in Kraft getreten. Nach Art. 21 war sie bis zum 20.5.2006 in nationales Recht umzusetzen. Sämtliche Mitgliedstaaten haben Umsetzungsmaßnahmen ergriffen45. Einen vorläufigen Bericht über die Umsetzung mit inhaltlicher Analyse der jeweiligen Regelungen veröffentlichte die Kommission am 21.2.2007 sowie einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie gemäß deren Art. 20 am 28.6.201246. Eine Bewertung der Übernahmerichtlinie auf Grundlage empirischer Erfassungen enthält der von der Kommission in Auftrag gegebene externe Bericht47. Grundlegende Änderungen, einschließlich im Bereich des Verhinderungsverbots, sind im Gefolge dieser Überprüfung des erreichten Stands nicht zu erwarten48.
32
a) Verhinderungsverbot und Durchgriffsregelung Die Übernahmerichtlinie beinhaltet nach wie vor Regelungen zum Verhinderungsverbot (Art. 9 33 Abs. 2, 3 und 6) und zur Durchgriffsregelung (Art. 11). Diese Regelungen sind vom deutschen Gesetzgeber in § 33a und § 33b WpÜG umgesetzt worden und werden dort näher erörtert. b) Opt out, Opt in und Gewährleistung der Gegenseitigkeit Die entscheidende Neuerung gegenüber dem Kommissionsvorschlag vom 2.10.2002 besteht in einem im Ansatz zweistufigen Optionsmodell. Hiernach sind die Mitgliedstaaten berechtigt, von der Umsetzung des europäischen Verhinderungsverbots und der Durchgriffsregelung abzusehen (Opt out – Art. 12 Abs. 1). Mitgliedstaaten, die von diesem Recht Gebrauch machen, müssen den Gesellschaften mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet jedoch die Möglichkeit eröffnen, sich den Regelungen der Richtlinie durch Hauptversammlungsbeschluss mit satzungsändernder Mehrheit individuell und widerruflich unterwerfen zu können (Opt in – Art. 12 Abs. 2).
34
Neben dem Opt out für die Mitgliedstaaten und dem individuellen Opt in für die betroffenen Gesell- 35 schaften enthält das Optionsmodell eine Regelung zur Gewährleistung der Gegenseitigkeit. Hier können die Mitgliedstaaten Gesellschaften, die das Verhinderungsverbot oder die Durchgriffsregel anwenden, von der Geltung der danach geltenden Beschränkungen befreien, wenn die Gesellschaft Ziel eines Übernahmeangebots geworden ist und der Bieter (oder die Gesellschaft, die den Bieter kontrolliert) das Verhinderungsverbot oder die Durchgriffsregelung nicht anwendet (Art. 12 Abs. 3). Die fraglichen Maßnahmen bedürfen der Ermächtigung durch die Hauptversammlung der Zielgesellschaft, die bei Bekanntmachung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots nicht länger als 18 Monate zurückliegen darf (Art. 12 Abs. 5). 41 Mitteilung der Kommission vom 2.10.2002, S. 10 (Begründung zu Art. 11). 42 Kritisch Krause, BB 2002, 2341, 2342; Lehne/Haak, Der Konzern 2003, 163; Dauner-Lieb/Lamandini, Der Konzern 2003, 168, 172; Arnold, Der Konzern 2003, 173; Schumacher/Sander, Der Konzern 2003, 178. 43 Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2199 f.; Arnold, Der Konzern 2003, 173, 176 ff. 44 Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EU Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12, Text im Anhang S. 1713. 45 Übersicht über die Durchführungsmaßnahmen auf der EUR-Lex Webseite zu Dokument 32004L0025. 46 Report on the implementation of the Directive on Takeover Bids, SEC(2007) 268; Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote vom 28.6.2012, COM(2012) 347 final. 47 Marccus Partners, The Takeover Bids Directive Assessment Report, 2012. 48 Habersack, ZHR 181 (2017), 603, 609 f.
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§ 33 Rz. 36 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft 36
Der deutsche Gesetzgeber hat von diesen Möglichkeiten in den §§ 33a bis 33c WpÜG Gebrauch gemacht (Rz. 41). Bisher gibt es keine praktischen Erfahrungen mit der Anwendung des Opt out-/Opt in-Modells. Über die Gründe dafür mag man je nach Vorverständnis unterschiedlicher Auffassung sein; eine mögliche Interpretation ist jedenfalls, dass § 33 WpÜG eine insgesamt vernünftige und praktikable Regelung bereitstellt, zu deren Änderung kein Anlass gesehen wird. 19 Mitgliedstaaten haben das europäische Verhinderungsverbot umgesetzt, aber nur 3 Mitgliedstaaten die Durchgriffsregelung49. Insgesamt wird die Funktionsweise der Regelungen, die die Verteidigung gegen Übernahmeangebote einschränken, von der Kommission als zufriedenstellend eingeschätzt50. c) Offenlegung von Übernahmehindernissen
37
Um die Vorschriften über den freien Aktienhandel und die freie Stimmrechtsausübung in ihrer Wirkung zu stärken, haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass börsennotierte Gesellschaften im Lagebericht offenlegen, welche Strukturen und Mechanismen der Übernahme und Ausübung der Kontrolle entgegenstehen können (Art. 10 Abs. 1 und 2). Das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan einer Gesellschaft, deren stimmberechtigte Aktien auf einem geregelten Markt zugelassen sind, hat der Hauptversammlung einen erläuternden Bericht zu den im Lagebericht darzustellenden Strukturen und Mechanismen vorzulegen (Art. 10 Abs. 3). Die dadurch gewonnene Transparenz versetzt potenzielle Bieter in die Lage, sich ein Bild über die übernahmerelevanten Verhältnisse der Zielgesellschaft zu verschaffen; dies kann die Vorbereitung von Übernahmeangeboten erleichtern.
38
Gemäß Art. 10 Abs. 1 ist zu berichten über – die Zusammensetzung des Kapitals und, soweit vorhanden, die bei verschiedenen Aktiengattungen mit den Aktien der jeweiligen Gattung verbundenen Rechte und Pflichten; – die Vinkulierung von Namensaktien; – bedeutende direkte oder indirekte Beteiligungen (Pyramidenstrukturen, wechselseitige Beteiligungen etc.); – Aktien mit besonderen Kontrollrechten (z.B. „goldene Aktien“) und deren Inhaber; – Mechanismen zur Kontrolle des Stimmrechts von Arbeitnehmeraktien; – Stimmrechtsbeschränkungen; – Vereinbarungen zur Einschränkung der Übertragbarkeit von Aktien bzw. zur Einschränkung des Stimmrechts; – Vorschriften über die Ernennung und Ersetzung von Mitgliedern des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans und die Änderung der Satzung; – die Befugnisse der Verwaltung zur Ausgabe neuer Aktien oder zum Rückerwerb eigener Aktien; – change of control-Klauseln in von der Gesellschaft geschlossenen bedeutenden Vereinbarungen und deren Wirkungsweise sowie – Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihren Organmitgliedern bzw. Arbeitnehmern über Entschädigungen, die bei Entlassungen nach einem Übernahmeangebot fällig werden (golden parachutes).
39
Die im Kommissionsvorschlag vom 2.10.2002 vorgesehene Aktualisierungspflicht51 wurde aufgegeben.
49 Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote vom 28.6.2012, COM(2012) 347 final, Tz. 7. 50 Bericht der Kommission nach Art. 20 der Übernahmerichtlinie über deren Anwendung, COM(2012) 347 final, Tz. 26. 51 Art. 10 Abs. 2 (Kommissionsvorschlag); siehe auch Hochrangige Gruppe von Experten, Bericht, 2002, S. 8 (Empfehlung I.1) und S. 28 f.
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Rz. 44 § 33
5. Umsetzung Die Umsetzung der Übernahmerichtlinie erfolgte in Deutschland mit leichter Verspätung durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 8.7.200652. Darin wurde von der Opt out-Regelung Gebrauch macht; § 33 WpÜG wurde nicht geändert. Erwägungen, wonach § 33 Abs. 2 WpÜG – selbst bei Opt out – in Widerspruch zu Art. 9 Abs. 2 der Übernahmerichtlinie stehen könnte, wurden (zu Recht) nicht berücksichtigt53. § 33 Abs. 3 WpÜG wurde ohne inhaltliche Änderung in den neuen § 33d WpÜG übernommen.
40
Das Opt in findet sich hinsichtlich des Vereitelungsverbots in § 33a WpÜG (Europäisches Verhin- 41 derungsverbot) und hinsichtlich der Durchgriffsregelung in § 33b WpÜG (Europäische Durchbrechungsregel). Das Opt in kann nach Maßgabe des neuen § 33c WpÜG (Vorbehalt der Gegenseitigkeit) durch Beschluss der Hauptversammlung rückgängig gemacht werden, wenn der Bieter keiner entsprechenden Regelung unterliegt. Die Umsetzung der Offenlegungspflichten in deutsches Recht54 erfolgte hinsichtlich der Aufnahme in den Lagebericht in ursprünglich in §§ 289 Abs. 4 und 315 Abs. 4 (jetzt §§ 289a Abs. 1 und 315a Abs. 1) HGB und hinsichtlich der separaten Erläuterungspflicht ursprünglich in § 171 Abs. 2 AktG und mittlerweile in § 176 Abs. 1 Satz 1 AktG55.
42
V. Rechtsökonomische Bewertung Die rechtsökonomische Bewertung von Abwehrmaßnahmen ist umstritten. Die Anhänger des Kon- 43 zepts eines Marktes für Unternehmenskontrolle wollen der Verwaltung lediglich die Verteidigung mit Argumenten gestatten56. Die Vertreter des sole owner standard treten ebenfalls für die Beschränkung von Abwehrmaßnahmen ein und wollen nur die Verteidigung mit Argumenten und die Suche nach konkurrierenden Angeboten zulassen57. Andere Stimmen kritisieren die Beschränkung von Abwehrmaßnahmen und treten dafür ein, nach dem Vorbild des US-Bundesstaats Delaware die business judgment rule (siehe unten Rz. 328) anzuwenden, die der Verwaltung bei Entscheidungen über Geschäftsführungsmaßnahmen einen weiten, gerichtlich nicht überprüfbaren Ermessenspielraum einräumt58. Weitere ökonomische Argumente richten sich nicht gegen das Verhinderungsverbot an sich, sondern gegen die einseitige Einführung in Deutschland und der Europäischen Union. Im Vergleich zu Gesellschaften aus Drittstaaten fehle es an einem level playing field, so dass übernahmeoffene deutsche (und europäische) Gesellschaften relativ leicht etwa von übernahmeresistenten US-amerikanischen Gesellschaften übernommen werden könnten und Vermögen von europäischen zu amerikanischen Investoren abfließe59. Dem wird die volkswirtschaftliche Erkenntnis entgegengehalten, dass auch der einseitige Abbau von Handelsschranken wohlfahrtssteigernd wirken kann. Demnach habe die Beschränkung von Abwehrmaßnahmen zur Folge, dass die Zahl und Erfolgswahrscheinlichkeit von Übernahmeange-
52 BGBl. I 2006, 1426. 53 Vgl. zu diesen Erwägungen Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109, 111 f.; ob § 33 Abs. 2 WpÜG aus rechtspolitischer Sicht einen sinnvollen Anwendungsbereich hat, steht auf einem anderen Blatt. 54 Hierzu Seibt/Heiser, ZIP 2002, 2193, 2196 ff.; Krause, BB 2004, 113, 116; Lanfermann/Maul, DB 2004, 1517; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 307 ff. 55 Art. 5 und Art. 6 Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz; vgl. zu der etwas verwickelten Gesetzgebungsgeschichte die Regierungsbegründung zur Aktienrechtsnovelle 2012, BT-Drucks. 17/8989, S. 17 (zu Nummer 15). 56 Easterbrook/Fischel, 94 Harv.L.Rev. 1161 (1981). 57 Bebchuk, 95 Harv.L.Rev. 1028 (1982); Gilson, 33 Stan.L.Rev. 819 (1981). Zu weiteren Vorschlägen in der USamerikanischen Diskussion vgl. Krause, WM 1996, 845, 850. 58 Kirchner/Painter, 1 European Business Organisation Law Review 353 (2000); Kirchner, WM 2000, 1821; kritisch dazu Mülbert/Birke, WM 2001, 705. 59 Kirchner, WM 2000, 1821, 1823; kritisch dazu Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1746 ff.
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§ 33 Rz. 44 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft boten steigen, die Kosten der Überwachung der Verwaltung (agency costs) sinken und sich somit die Kapitalausstattung der hiesigen Volkswirtschaft verbessert60. 45
Vorratsbeschlüsse werden in der rechtsökonomischen Bewertung kritisch gesehen. Insofern wird ins Feld geführt, dass Anschauungsdefizite (wie die Unkenntnis des Bieters und der konkreten Bedingungen des Angebots) tendenziell zu verzerrten Entscheidungen führen und dass die von den Aktionären kollektiv beschlossene Vorratsermächtigung – anders als die Entscheidung eines Alleingesellschafters – im Lichte besserer Erkenntnisse nur unter Schwierigkeiten rückgängig gemacht werden könne61. Adhoc-Entscheidungen der Hauptversammlung beruhen demgegenüber unter Umständen auf besserer Informationsgrundlage, sind aber möglicherweise nur schwer herbeizuführen62.
VI. Gesellschaftsrechtliche oder kapitalmarktrechtliche Einordnung? 1. Rechtslage vor Inkrafttreten des § 33 WpÜG 46
Vor dem Inkrafttreten des WpÜG wurde ganz überwiegend angenommen, dass der Vorstand de lege lata einem Neutralitätsgebot oder Verhinderungsverbot unterliege63. Vieles hieran war unscharf oder umstritten – etwa die dogmatische Herleitung, der exakte Regelungsgehalt einschließlich etwaiger Ausnahmen, ja sogar die Begrifflichkeit selbst.
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Die dogmatische Herleitung des Verhinderungsverbots stützte sich auf aktienrechtliche und kapitalmarktrechtliche Überlegungen. Aktienrechtlich wurde das Verhinderungsverbot mit dem Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53a AktG)64, mit der Funktion des Vorstands als Fremdinteressenwahrer, die ihm verbiete, auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises Einfluss zu nehmen65, und mit der Unzulässigkeit von (mittelbaren) Eingriffen des Vorstands in die Stimmrechtsausübung durch die Aktionäre66 begründet. Aus kapitalmarktrechtlicher Sicht wurde das Verhinderungsverbot auf den kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz67, die mangelnde Befugnis des Vorstands, in die zwischen dem Bieter und den Aktionären angebahnte Transaktion einzugreifen68, und die Erhal-
60 Mülbert/Birke, WM 2000, 705, 716; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 41; Fleischer/ Bueren in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 4 Rz. 121. 61 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 41 f.; zum Alleineigentümerstandard vgl. Bebchuk, 95 Harv.L.Rev. 1028 (1982); Gilson, 33 Stan.L.Rev. 819 (1981); kritisch dazu Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S. 185 ff., 204 f. 62 Fleischer/Bueren in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 4 Rz. 123. 63 Eingehend Hopt, ZGR 1993, 534; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361; ferner Altmeppen, ZIP 2001, 1073; Baudisch, AG 2001, 251; Baums in von Rosen/Seifert, Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 165, 175 ff.; Baums, Gutachten zum 63. DJT 2000, S. F 1, F 214; Dimke/Heiser, NZG 2001, 241; Grunewald, AG 2001, 288; Hopt in FS Koppensteiner, 2001, S. 61, 85; Kiem, ZIP 2000, 1509, 1510; Krause, AG 2000, 217; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 358 f.; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258; Merkt, ZHR 165 (2001), 224; Mülbert, IStR 1999, 83 (jeweils m.w.N.); von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 91 f.; a.A. Kirchner, AG 1999, 481; Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1432 ff.; Krieger, RWS Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 303 f.; Uwe H. Schneider/Burgard, DB 2001, 963, 967; Thümmel, DB 2000, 461, 462 ff.; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 851; Hens, Vorstandspflichten, 2004, S. 121 ff., 136 ff.; kritisch Wolf, ZIP 2008, 300. 64 Michalski, AG 1997, 159; Schanz, NZG 2000, 340. 65 Adams, AG 1990, 243; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 1, 113; Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157; Hirte/Schander in von Rosen/Seifert, Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 341, 348; Hopt, ZGR 1993, 534, 548 ff.; Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 391; Immenga/Noll, Feindliche Übernahmeangebote aus wettbewerbspolitischer Sicht, 1990 (EG-Kommission), S. 32 ff., 117 ff.; Knoll, Die Übernahme von Kapitalgesellschaften, 1992, S. 273 ff.; Krause, AG 1996, 209, 214; Krause, WM 1996, 845, 851; Krause, AG 2000, 217, 218; Mertens, AG 1990, 252, 258 f.; Michalski, AG 1997, 152, 159; Mülbert, IStR 1999, 83, 87; Rümker in FS Heinsius, 1991, S. 683, 688 ff.; von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 77 ff. 66 Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 246. 67 Hopt in FS Rittner, 1991, S. 187, 198; Hopt, ZHR 161 (1997), 368, 411; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1398; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 249. 68 Grunewald, AG 2001, 288, 289; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 260 f.; a.A. Hens, Vorstandspflichten, 2004, S. 137.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 50 § 33
tung der Funktionsfähigkeit des Marktes für Unternehmenskontrolle69 gestützt. Das Verhinderungsverbot war jedoch niemals unumstritten, was im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auch deutlich zutage trat70. Der Regelungsgehalt des Verhinderungsverbots bestimmte sich einerseits danach, ob man es als aktienrechtliche oder kapitalmarktrechtliche Norm konstruierte und damit den Schwerpunkt entweder auf das Verbot der Beeinflussung der Zusammensetzung des Aktionärskreises oder das Verbot, Transaktionen zwischen Bieter und Aktionären zu vereiteln, legte71.
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Andererseits war der Inhalt des Verhinderungsverbots von gewissen Randunschärfen geprägt, weil umstritten war, inwieweit es Ausnahmen unterworfen sein sollte. Der Kreis der diskutierten Ausnahmen umfasste mit der Übernahme zusammenhängende Gesetzesverstöße, dauerhaft rechtswidriges Verhalten des Bieters, die rechtswidrige Finanzierung der Übernahme und persönliche, potentiell gesellschaftsschädigende Eigenschaften des Bieters. Dagegen wurden die Absicht des Bieters, die Zielgesellschaft aufzulösen, die Begründung der Abhängigkeit (§ 17 AktG) der Zielgesellschaft vom Bieter im Rahmen der Übernahme, die Absicht der Umstrukturierung der Zielgesellschaft, eine Veränderung der Liquiditätslage oder stillen Reserven oder eine nach Auffassung des Vorstands zu erwartende Gefährdung von Arbeitnehmer- oder Gemeinwohlinteressen als rechtfertigende Gründe für Abwehrmaßnahmen zumindest überwiegend abgelehnt. Auch die Gegner des Verhinderungsverbots hielten Abwehrmaßnahmen für unzulässig, die nicht im Interesse der Zielgesellschaft liegen, sondern allein durch das Interesse des amtierenden Vorstands an der Sicherung seiner Organstellung motiviert sind oder die Zielgesellschaft völlig abschotten und ihre Aktivitäten damit lahmlegen72.
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2. Rechtslage nach Inkrafttreten des § 33 WpÜG, Verhältnis zum Aktienrecht Mit Inkrafttreten des § 33 WpÜG stellt sich die Frage nach dem Verhältnis dieser Vorschrift zu dem 50 vor Inkrafttreten des § 33 WpÜG von der h.M. angenommenen Verhinderungsverbot. Der Wille des Gesetzgebers ging ersichtlich dahin, mit § 33 WpÜG eine speziell auf Übernahmeangebote zugeschnittene und dafür abschließende Regelung zu schaffen. Demnach ist in der Übernahmephase für ein aktienrechtlich oder kapitalmarktrechtlich begründetes Verhinderungsverbot oder Neutralitätsgebot neben § 33 WpÜG kein Raum73. Aktienrecht und Kapitalmarktrecht sind im Wege der Auslegung von § 33 WpÜG in Einklang zu bringen. Das bereitet keine besonderen Schwierigkeiten, transportiert doch schon § 3 Abs. 3 WpÜG aktienrechtliche Kriterien unmittelbar ins Übernahmerecht. Allgemeine aktienrechtliche Erfordernisse74, die als Schranken einzelner Abwehrmaßnahmen wirken könnten, bleiben 69 Hahn, ZBB 1990, 10, 19; Hahn, Die feindliche Übernahme von Aktiengesellschaften, 1992, S. 67 ff.; Immenga/ Noll, Feindliche Übernahmeangebote aus wettbewerbspolitischer Sicht, 1990 (EG-Kommission), S. 14 ff.; Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 253 ff.; Hopt, ZGR 1993, 534, 544 ff.; Kirchner, AG 1999, 481; Körner, DB 2001, 367; Reul, Pflicht zur Gleichbehandlung, 1991, S. 128 ff.; Röhrich, Feindliche Übernahmeangebote, 1992, S. 42 ff.; Seifert/Voth in von Rosen/Seifert, Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 187, 192 ff.; Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1743; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 3. 70 Kirchner, AG 1999, 481; Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1432 ff.; Krieger, RWS Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 303 f.; Uwe H. Schneider/Burgard, DB 2001, 963, 967; Thümmel, DB 2000, 461, 462 ff.; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 851; Körner, DB 2001, 367, 369; aus der älteren Literatur Martens in FS Beusch, 1993, S. 529, 546; Werner, Übernahmeangebote, S. 16; Bungert, NJW 1998, 488, 492. 71 Zu den Konsequenzen der dogmatischen Herleitung, insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit von Maßnahmen der Übernahmeprophylaxe vgl. Krause, AG 2002, 133, 136. 72 Vgl. insgesamt zum Stand der Diskussion vor dem WpÜG mit Nw. aus dem älteren Schrifttum 2. Aufl. Rz. 49. 73 Hüffer/Koch, § 76 AktG Rz. 40 f.; Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Vor § 311 AktG Rz. 15; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 52; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 8; Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 17; Wolf, ZIP 2008, 300, 301; Krause, AG 2002, 133, 136. 74 Z.B. die „Holzmüller/Gelatine“-Rechtsprechung des BGH: BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, AG 2004, 384 = NZG 2004, 571; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02, NZG 2004, 575; ebenso die Rechtsprechung zur materiellen Beschlusskontrolle: BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76 – Kali+Salz, BGHZ 71, 40 = AG 1978, 196; BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81 – Holzmann, BGHZ 83, 319 = AG 1982, 252; BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93 – Siemens/Nold, BGHZ 136, 133 = AG 1997, 465; BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98 – Adidas, BGHZ 144, 290 = AG 2000, 475.
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§ 33 Rz. 50 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft von § 33 WpÜG unberührt und sind auch in Übernahmesituationen zu beachten75. Außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs des Übernahmerechts, also z.B. für Verteidigungsmaßnahmen vor der Ankündigung eines Angebots, gelten die allgemeinen aktienrechtlichen Kriterien76. 51
Damit ist aber noch nicht geklärt, ob § 33 WpÜG gesellschaftsrechtlich oder kapitalmarktrechtlich einzuordnen ist. Für die gesellschaftsrechtliche Einordnung spricht der Hinweis des Gesetzgebers, dass das in § 33 WpÜG niedergelegte Verbot erfolgsverhindernder Maßnahmen nach im Schrifttum herrschender Auffassung bereits geltendes Gesellschaftsrecht sei77. Für die kapitalmarktrechtliche Einordnung spricht zunächst, dass § 33 WpÜG dem Funktionenschutz dient: Er schützt das Vertrauen der Anleger in den Markt, konkret: das Vertrauen darin, als Adressat des Angebots selbst über dessen Annahme oder Ablehnung entscheiden zu können – ein Gedanke, der auch in § 3 Abs. 2 WpÜG zum Ausdruck kommt. Weiterhin sprechen für die kapitalmarktrechtliche Natur des § 33 WpÜG der Anwendungsbereich, der auf börsenzugelassene Zielgesellschaften (§§ 1, 2 Abs. 3 WpÜG) beschränkt ist. Hinzu tritt, dass die Einhaltung des Verhinderungsverbots von einer Aufsichtsbehörde, der BaFin, überwacht wird, die ihre Aufgaben und Befugnisse nicht im Interesse der Aktionäre, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnimmt (§ 4 Abs. 2 WpÜG) – eine für kapitalmarktrechtliche Normen typische Konstruktion. Auch der Regierungsentwurf hebt bei der Darstellung der Ziele des Gesetzes den kapitalmarktrechtlichen Aspekt des Gesetzes hervor (Schaffung von Rahmenbedingungen, die den Anforderungen der Finanzmärkte angemessen Rechnung tragen, sowie Stärkung des Finanzplatzes Deutschland)78. Insgesamt überwiegen die kapitalmarktrechtlichen Aspekte. Die unzweifelhaft auch aktienrechtlich bestehende Verpflichtung zur Beachtung von § 33 WpÜG ist damit eher Folge der Legalitätspflicht79 als Ausdruck einer inhaltsgleichen, originär aktienrechtlichen Pflicht.
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Fraglich ist weiterhin, ob die vor Inkrafttreten des WpÜG befürworteten Ausnahmen vom Verhinderungsverbot auch nach Inkrafttreten des § 33 WpÜG fortgelten. Von der überwiegenden Meinung wird dies zu Recht abgelehnt80. Die in der Literatur angenommenen Ausnahmen finden sich im Wortlaut des § 33 WpÜG nicht wieder. Die Frage hat allerdings ihre Bedeutung weitgehend verloren. § 33 WpÜG bietet insbesondere im Rahmen von § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 und Alt. 3 WpÜG hinreichend Spielraum zur Erzielung von Konkordanz mit aktienrechtlichen Wertungen. Der Vorstand ist verpflichtet, nicht nur das Verhinderungsverbot zu beachten, sondern auch die Ausnahmen davon in seine Erwägungen einzubeziehen und sein Verhalten innerhalb des dadurch definierten Handlungsraums am Interesse der Gesellschaft auszurichten (§ 3 Abs. 3 WpÜG, § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG).
VII. Kritik 1. Verfassungsmäßigkeit 53
Gegen § 33 Abs. 1 und 2 WpÜG wurden von mehreren Stimmen verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen81. Die Kritiker machen geltend, die dem Vorstand und dem Aufsichtsrat eingeräumten Möglichkeiten, der Entscheidung des Aktionärs über die Annahme oder Ablehnung des Angebots zuvorzukommen, greife in das Eigentumsrecht der Aktionäre (Art. 14 GG) ein, was insbesondere bei 75 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58 zu § 33 Abs. 2 WpÜG; Selzner, AG 2013, 818, 819 f. 76 Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 16; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 62; Seibt in K. Schmidt/Lutter, § 76 AktG Rz. 26; im Ausgangspunkt ebenso, aber mit anderen Schlussfolgerungen Spindler in MünchKomm. AktG, § 76 AktG Rz. 41; näher dazu Rz. 244 f. 77 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 78 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 79 Dazu z.B. Spindler in MünchKomm. AktG, § 93 AktG Rz. 86 ff. 80 Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 733; Krause, AG 2002, 133, 136; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 4; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 28; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 16; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 78; a.A. Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 427 (Fall des § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG); Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 68 ff. 81 Baums, zitiert nach FAZ v. 10.11.2001, S. 11; Lutter, Handelsblatt v. 20.12.2001, S. 10; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 8; Cahn/Senger, Finanz Betrieb 2002, 277, 289; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 734; Zschocke, DB 2002, 79, 82 f.; Kort in Großkomm. AktG, § 76 AktG Rz. 95; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 39.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 54 § 33
paritätisch mitbestimmten Gesellschaften problematisch sei. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken durch die Einführung von § 33a WpÜG an Bedeutung verloren hätten82. Den Bedenken ist – zu Recht – entgegengehalten worden, dass Vorstand und Aufsichtsrat bei der Entscheidung über Abwehrmaßnahmen rechtlichen Bindungen unterworfen sind und in diesem Rahmen auch das Veräußerungsinteresse der Aktionäre zu berücksichtigen haben83. § 33 WpÜG geht bei vernünftiger Auslegung und Anwendung nicht über das hinaus, was der Aktionär außerhalb des Übernahmerechts an faktischen und teilweise auch rechtlichen Einwirkungen auf seine Veräußerungsmöglichkeiten hinnehmen muss. Der Regelungsgehalt von § 33 WpÜG wurde in der Normsetzungsphase überschätzt; tatsächlich ist er gering84. Umgekehrt könnten verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Regelung erhoben werden, die im Interesse der veräußerungswilligen Aktionäre das Handeln der Zielgesellschaft in der Übernahmesituation paralysiert. Richtigerweise handelt es sich um Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Auch wenn andere Regelungen sicher denkbar wären, lässt sich § 33 WpÜG nicht absprechen, eine den Anforderungen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht werdende Abwägung der verschiedenen Interessen zu enthalten85. 2. Rechtspolitische Fragen Die Verfechter eines strengen Verhinderungsverbots sehen dessen Grund in dem anders nicht auflös- 54 baren Interessenkonflikt des Vorstands zwischen seinen persönlichen Interessen und den Aktionärsinteressen86. Es ist aber ebenso wenig Sache des Vorstands, die Veräußerung von Aktien durch Aktionäre zu behindern, wie es Sache der veräußerungswilligen Aktionäre ist, die Führung der Geschäfte der Gesellschaft in ihrem Interesse – das aus Sicht eines enlightened shareholder value-Ansatzes (§ 3 WpÜG Rz. 36) auch nur ein Partikularinteresse ist – mehr zu behindern, als es mit dem Angebot zwingend verbunden ist. Aus rechtspolitischer Sicht wurde kritisiert, dass der Vorstand für die Abwehr von Übernahmeangeboten gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 WpÜG – auch im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedstaaten – relativ weitgehende Freiheiten genießt. Kritisiert wurde insbesondere die Legitimation von Abwehrmaßnahmen, denen der Aufsichtsrat zugestimmt hat (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG)87. Hiermit werde die Regel zur Ausnahme und die Ausnahme zur Regel88. Dem ist entgegengehalten worden, dass deutschen Gesellschaften, anders als Gesellschaften mit Sitz in anderen EUMitgliedstaaten oder außerhalb der Europäischen Union – nach Abschaffung der Stimmrechtsbeschränkung durch das KonTraG89 – kaum noch wirksame Schutzinstrumente gegen feindliche Übernahmen zur Verfügung stehen, so dass ihnen bei Geltung eines strengen Verhinderungsverbots Wettbewerbsnachteile entstehen, solange auf EU-Ebene kein level playing field geschaffen sei90. Außerdem wurde kritisiert, dass die Aktionärs- und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat Interessengrup-
82 Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 39; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 14. 83 Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 129; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 13; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 84; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 77; Hens, Vorstandspflichten, 2004, S. 212 ff. 84 Deutlich höher wäre der Regelungsgehalt, wenn das deutsche Recht entsprechend dem Regelungsmodell des City Code (Rule 21.1(a((i) bis (v)) bestimmte Maßnahmen in der Übernahmephase verboten hätte, ohne den Rückgriff auf das Gesellschaftsinteresse zur Rechtfertigung zu erlauben; dabei ist immer zu berücksichtigen, dass der City Code die im deutschen Rechts nicht angelegte Möglichkeit des Verzichts auf die Anwendung bestimmter Regelungen durch das Panel vorsieht. 85 Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 77. 86 Habersack, ZHR 181 (2017), 603, 618 f. 87 Drygala, ZIP 2001, 1861, 1867; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 3, 8; Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 733; Hopt, ZGR 2002, 333, 361; Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 153 f.; Zschocke, DB 2002, 79, 82; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 23 f.; Kort in Großkomm. AktG, § 76 AktG Rz. 95; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 41. 88 Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 125; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 79; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 40. 89 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I 1998, 786. 90 Kirchner, AG 1999, 481, 486; Kirchner, WM 2000, 1821, 1824; Uwe H. Schneider/Burgard, DB 2001, 963, 964.
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§ 33 Rz. 54 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft pen repräsentieren, deren Interessen in der Übernahmesituation vom Gesellschaftsinteresse abweichen können91. 55
Diese Einwände vernachlässigen, dass die Ausnahmetatbestände des § 33 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 WpÜG die Organe nicht von der Verpflichtung entbinden, ausschließlich im Gesellschaftsinteresse zu handeln (siehe § 3 Abs. 3 WpÜG und unten Rz. 56, 145, 236). Die von manchen Kritikern unterstellte „Freiheit zur Verhinderung“ besteht nicht. In der Praxis stehen dem Vorstand weniger Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung, als es auf den ersten Blick scheinen mag92. Umgekehrt mag man sich rechtspolitisch die Frage stellen, ob § 33 WpÜG überhaupt in relevantem Umfang regelnden Charakter hat93. In der Tat würde eine Streichung von § 33 Abs. 1 WpÜG an der Rechtslage wenig ändern, und § 33 Abs. 2 WpÜG ist bisher in der Praxis ohne relevanten Anwendungsbereich geblieben. Das ändert aber nichts daran, dass das WpÜG der richtige Ort für die Verankerung der Anforderungen an das Vorstandshandeln in der Übernahmesituation ist.
55a
Wenn man der Auffassung ist, der Vorstand müsse in der Übernahmesituation „diszipliniert“ werden94, schwingt die Wertung mit, dass es an dieser Disziplinierung fehle. Der empirische Nachweis dafür lässt sich kaum führen. Die Zahl der als Beispiele aufgeführten Fälle95 ist gering und für weitergehende Schlussfolgerungen wenig geeignet. Naheliegender erscheint es, dass die disziplinierende Wirkung des möglichen Erfolgs der Übernahme ganz erheblich und nach den bisherigen Erfahrungen durchaus ausreichend ist. Die Bewertung der board neutrality rule in Art. 9 Abs. 2 der Übernahmerichtlinie – die in Deutschland formal nicht, der Sache nach aber weitgehend eben doch umgesetzt ist96 – in den EU-Mitgliedstaaten unter den Gesichtspunkten der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit insgesamt und des Markts für Unternehmenskontrolle im Besonderen ist insgesamt positiv97. Deutliche Mehrheiten erzielt auch die Frage nach der hinreichenden Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre, der Zielgesellschaft und (wenn auch in geringerem Umfang) der Mitarbeiter98.
B. Verhinderungsverbot (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) I. Grundlagen 56
Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft sind nach dem in § 3 Abs. 3 WpÜG niedergelegten allgemeinen Grundsatz verpflichtet, im Interesse der Zielgesellschaft zu handeln. Das Interesse der Zielgesellschaft setzt sich nach der Gesetzesbegründung aus den in der Gesellschaft zusammentreffenden Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und des Gemeinwohls zusammen99. Weitere Verhaltenspflichten des Vorstands in der Übernahmesituation werden in § 33 Abs. 1 WpÜG aufgestellt. Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG darf der Vorstand nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. 91 Hens, Vorstandspflichten, 2004, S. 211. 92 Seit Inkrafttreten des WpÜG gab es etwa ein halbes Dutzend feindlicher Übernahmeversuche, von denen lediglich einer – der Versuch der Übernahme von Schering durch die Merck KGaA – an einer Maßnahme im Sinne von § 33 WpÜG scheiterte, und zwar an einer auch bei Geltung des strengen Verhinderungsverbots (§ 33a Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 WpÜG, Art. 9 Abs. 2 Übernahmerichtlinie) erlaubten White Knight-Abwehr. Es ist davon auszugehen, dass eine deutlich höhere Zahl von Übernahmeangeboten nur deshalb nicht „feindlich“ ist, weil der Vorstand keine realistische Abwehrmöglichkeit sieht; tendenziell anders die Sichtweise bei Habersack, ZHR 181 (2017), 603, 621. 93 „Trivialitätsargument“; vgl. Hopt in Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, 2011, S. 42, 53 f. 94 Habersack, ZHR 181 (2017), 603, 621, 629. 95 Habersack, ZHR 181 (2017), 603, 621 nennt ACS/Hochtief und Potash/K+S. 96 Korrekt die Anmerkung bei Marccus Partners, The Takeover Bids Directive Assessment Report, 2012, S. 190 Rz. 229. 97 Marccus Partners, The Takeover Bids Directive Assessment Report, 2012, S. 209 (mit leider nicht quantifizierten größeren Vorbehalten bei den Gesellschaften selbst). 98 Marccus Partners, The Takeover Bids Directive Assessment Report, 2012, S. 210; die Mitarbeitervertretungen selbst schließen sich allerdings dieser positiven Bewertung offenbar nicht an. 99 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 60 § 33
Die durch das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG begründete Pflicht kann mit der Verpflichtung des Vorstands, im Interesse der Zielgesellschaft zu handeln, in Konflikt geraten. Im Gesetzgebungsverfahren war dies eine der am intensivsten diskutierten Fragen. Zur Auflösung des Konflikts hat der Gesetzgeber die in § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG normierten Ausnahmen vorgesehen (siehe unten Rz. 126 ff.). Um Ausnahmen handelt es sich nur der Regelungstechnik nach; inhaltlich stehen die Fälle des Satzes 2 gleichgewichtig neben dem Verhinderungsverbot100.
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II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich Nach der systematischen Stellung des § 33 WpÜG im vierten Abschnitt des Gesetzes gilt das Verhinderungsverbot nur für Übernahmeangebote, d.h. für Angebote, die auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet sind (§ 29 Abs. 1 WpÜG).
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Aufgrund des Verweises in § 39 WpÜG gelten die Vorschriften des § 33 WpÜG bei Pflichtangeboten sinngemäß. Der Anwendungsbereich von § 33 Abs. 1 WpÜG bei Pflichtangeboten ist gering, da es auf die Eignung zur Verhinderung der Durchführung des konkreten Angebots ankommt (Rz. 83 ff.; § 39 WpÜG Rz. 48). Denkbar sind etwa tendenziöse Darstellungen gegenüber Kartellbehörden zur Herbeiführung einer fusionskontrollrechtlichen Untersagung. Ermächtigungsbeschlüsse im Sinne von § 33 Abs. 2 WpÜG können den Erwerb der Kontrolle als Voraussetzung eines Pflichtangebots hindern und können insoweit auch potentielle Pflichtangebote betreffen (siehe § 39 WpÜG Rz. 48).
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Bei einfachen Erwerbsangeboten findet § 33 WpÜG nach zutreffender, aber umstrittener Ansicht 60 grundsätzlich keine Anwendung101. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG, dem Willen des Gesetzgebers102 und der systematischen Stellung der Vorschrift im vierten Abschnitt des Gesetzes. Das Gegenteil lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass in § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zweimal von „Angeboten“ und nicht von „Übernahmeangeboten“ die Rede ist103. Im Übrigen spricht das vom Gesetzgeber verschiedentlich hervorgehobene „Baukastenprinzip“ des Gesetzes104 dafür, dass § 33 WpÜG nur bei Übernahmeangeboten anzuwenden ist. Nach der hier vertretenen Auffassung findet somit § 33 WpÜG beim Aufstockungsangebot eines Bieters, der bereits mindestens 30 % der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält, keine Anwendung. Dort gelten die allgemeinen aktienrechtlichen Beschränkungen105, die ohne weiteres sachgerechte (und mit den Wertungen von § 33 Abs. 1 WpÜG konsistente) Lösungen erlauben. Für eine analoge Anwendung von § 33 Abs. 1 WpÜG fehlt es deshalb schon an einer Lücke. Einer analogen Anwendung von Absatz 2 steht sowohl der fehlende praktische Bedarf als auch der insoweit eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen. Aus dem Umstand, dass die Regelungen über die Einberufung einer Hauptversammlung nach § 16 Abs. 3 und 4 WpÜG für alle Angebote gelten, ergeben sich keine Rückschlüsse für den Anwendungsbereich von § 33 WpÜG106. Auch bei einfachen Angeboten kann ein Bedürfnis bestehen, eine „Eil-Hauptversammlung“ abzuhalten – nicht nur wegen der dann ggf. anwendbaren aktienrechtlichen Abwehrbeschränkungen.
100 Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 16. 101 Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 11; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 10, 79 f.; a.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 30 f.; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 21. 102 In der Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 30, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Vierte Abschnitt (§§ 29 bis 34 WpÜG) Sondervorschriften für Übernahmeangebote enthält. 103 Die erste Erwähnung des „Angebots“ in § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG bezieht sich auf den terminus technicus „Entscheidung zur Abgabe eines Angebots“, den § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG in das Gesetz einführt. Die zweite Erwähnung ist eine sprachliche Verkürzung; dieselbe Verkürzung findet sich etwa auch in § 31 Abs. 4 WpÜG, der zweifellos nur für Übernahmeangebote (und Pflichtangebote) gilt; ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 30 (Fn. 88). 104 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 29 f.; siehe auch Pötzsch, Übernahmerecht, S. 18. 105 Zutreffend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 31. 106 Tendenziell anders Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 33; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 31 WpÜG Rz. 31 sowie Oechsler, NZG 2001, 817, 824 (letzterer mit der umgekehrten Schlussfolgerung: Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 4 WpÜG auf Übernahmeangebote).
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§ 33 Rz. 61 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft 61
Ein Sonderproblem stellt sich dann, wenn bei Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots noch nicht feststeht, ob der Bieter ein Erwerbsangebot oder ein Übernahmeangebot abgeben wird. Gemäß § 10 WpÜG ist der Bieter nicht verpflichtet, sich zu diesem Zeitpunkt bereits festzulegen; die Veröffentlichung gemäß § 10 WpÜG muss nämlich nur die Information enthalten, dass die Abgabe eines Angebots beabsichtigt ist (str., siehe § 10 WpÜG Rz. 48). Weil der Bieter sich nicht erklären muss und der Wortlaut des § 33 WpÜG an die „Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots“ anknüpft, soll der Anwendungsbereich des § 33 WpÜG zwischen der Veröffentlichung gemäß § 10 WpÜG und der Veröffentlichung der Angebotsunterlage auch dann eröffnet sein, wenn der Bieter offen lässt, ob ein einfaches Erwerbsangebot oder ein Übernahmeangebot folgen wird107. In der Praxis wird das Problem kaum auftauchen. Wenn der Bieter bereits vor der Veröffentlichung mindestens 30 % hält, kommt ein Übernahmeangebot nicht in Betracht. Wenn der Bieter weniger als 30 % hält, wird er bei der Veröffentlichung nach § 10 WpÜG praktisch ausnahmslos klarstellen, ob ein Übernahmeangebot beabsichtigt ist. Ansonsten gilt § 33 WpÜG für die Zielgesellschaft nur, wenn und sobald hinreichend klar ist, dass es sich um ein Übernahmeangebot handelt. Unterschiede werden sich daraus kaum ergeben, da der Vorstand sonst den aktienrechtlichen Bindungen unterliegt. 2. Zeitlicher Anwendungsbereich a) Beginn der Geltung
62
Der zeitliche Anwendungsbereich des Verhinderungsverbots beginnt mit der „Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots“. Das Gesetz bezieht sich damit auf § 10 WpÜG108. Die Veröffentlichung durch Bekanntgabe im Internet und über ein elektronisches Informationssystem ist dort in Abs. 3 geregelt. Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG kommt es nicht darauf an, dass der Vorstand der Zielgesellschaft Kenntnis von der Veröffentlichung erhalten hat.
63
In der Literatur wird demgegenüber teilweise auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Vorstands abgestellt109. Es handelt sich um eine praktisch kaum relevante Frage, denn es müsste nicht nur (was selten ist, aber vorkommt) der Vorstand der Zielgesellschaft bis zur Veröffentlichung nach § 10 WpÜG in Unkenntnis von den Absichten des Bieters sein, sondern auch in dem typischerweise äußerst kurzen Zeitraum zwischen Veröffentlichung und Kenntnisnahme eine unter § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG fallende Handlung vornehmen. Karenzzeiträume für die Kenntnisnahme bis zum Ablauf des Veröffentlichungstages110 sind unter heutigen informationstechnischen Gegebenheiten realitätsfern. Soweit der Fall tatsächlich einmal auftreten sollte, würde Handeln des Vorstands vor Kenntnis des Angebots unter die Ausnahme in § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG fallen und deshalb (falls es nicht aus anderen Gründen gegen die Geschäftsleiterpflichten verstößt) ohnehin vom Verhinderungsverbot freigestellt sein, und selbst wenn das nicht so wäre, würde es am Verschulden fehlen, wenn der Vorstand keine Möglichkeit hatte, vorher Kenntnis zu nehmen111.
64
Für eine Korrektur des klaren Wortlauts von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG besteht somit kein Anlass, und für die Anwendbarkeit von § 33 WpÜG kommt es auf Kenntnis des Vorstands der Zielgesellschaft nicht an112. Eine Reaktions- oder Umsetzungszeit steht dem Vorstand ebenfalls nicht zur Verfügung113 und ist insbesondere aufgrund der Ausnahme in § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG auch nicht erforderlich.
65
Erhält der Vorstand der Zielgesellschaft bereits vor der Veröffentlichung Kenntnis davon, dass die Abgabe eines Angebots beabsichtigt ist oder unmittelbar bevorsteht, hat dies – anders als etwa gemäß Rule 21.1 City Code (siehe unten Rz. 326) – keine Änderung des Pflichtenstandards zur Folge. Der 107 von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 106. 108 Insoweit unstreitig, Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 70; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 61; Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 97. 109 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 34; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 70; 1. Aufl., Rz. 63. 110 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 35; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 69. 111 Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 18. 112 Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 97; Grunewald in Baums/Thoma/Verse § 33 WpÜG Rz. 18. 113 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 36.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 70 § 33
Wortlaut des § 33 Abs. 1 WpÜG und Rechtssicherheitsgründe stehen einer derartigen Vorverlagerung der übernahmerechtlichen Pflichten entgegen114. Es gelten die allgemeinen aktienrechtlichen Pflichten, die insbesondere den Aktionären der Zielgesellschaft einen hinreichenden Schutz bieten (Rz. 50, 244 f.). Bei Pflichtangeboten gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend; an die Stelle der Veröffentlichung gemäß § 10 Abs. 1 WpÜG tritt die Veröffentlichung gemäß § 35 Abs. 1 WpÜG (siehe § 39 WpÜG Rz. 12).
66
b) Ende der Geltung Der zeitliche Geltungsbereich des Verhinderungsverbots endet mit der „Veröffentlichung des Ergebnisses nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2“. Ob der Vorstand Kenntnis von der Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hat, ist unerheblich115. Wenn sich die Annahmefrist gemäß § 21 Abs. 5 oder § 22 Abs. 2 WpÜG verlängert, gilt das Verhinderungsverbot bis zur entsprechend verschobenen Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG116. In der Literatur hat sich die Darstellung eingebürgert, es komme im Fall einer Verlängerung der Annahmefrist auf die Veröffentlichung nach Ablauf der „weiteren Annahmefrist“ nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG an117. Damit ist vermutlich gemeint, dass es dann auf die Veröffentlichung nach Ablauf der verlängerten Annahmefrist ankommt, die sich allerdings nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG (und nicht Nr. 3) richtet118.
67
Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG findet das Verhinderungsverbot während der weite- 68 ren Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG keine Anwendung. Dies ist konsequent, weil Abwehrmaßnahmen zu diesem Zeitpunkt das Blatt regelmäßig119 nicht mehr wenden können. Teilweise wird eine weitere zeitliche Erstreckung befürwortet120. Das widerspricht der klaren gesetzlichen Regelung. Die Analogievoraussetzungen liegen nicht vor. Demnach beurteilt sich nach § 3 Abs. 3 WpÜG und aktienrechtlichen Grundsätzen, wie der Vorstand sich während der weiteren Annahmefrist gemäß § 16 Abs. 2 WpÜG zu verhalten hat, ob und inwieweit er die technische Abwicklung eines erfolgreichen Angebots unterstützen (hierzu § 3 WpÜG Rz. 50) und inwieweit er mit dem Bieter kooperieren muss, wenn das Angebot etwa unter der Bedingung der kartellrechtlich erforderlichen Zustimmungen gestanden hat, diese aber noch ausstehen. Bei einem bedingungsfreien Angebot oder nach Eintritt aller Angebotsbedingungen sind verhindernde 69 Maßnahmen nach Angebotsveröffentlichung kaum möglich. Das Verhinderungsverbot gilt dennoch bis zur Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG weiter121, hat dann aber einen entsprechend geringen Anwendungsbereich (zur zeitlichen Grenze bei Abbruch des Angebots Rz. 72). c) Geltung im Vorfeld des Angebots? Vor dem Inkrafttreten des WpÜG war unter den Vertretern der herrschenden, das Verhinderungsverbot befürwortenden Auffassung umstritten, ob das Verhinderungsverbot auch im Vorfeld eines An114 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 37; ähnlich Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 10; im Ergebnis auch Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 72 (jedoch in Rz. 40 de lege ferenda für eine Vorverlagerung); Kiefner, ZHR 178 (2014), 547, 588 f.; a.A. im Hinblick auf die mögliche Umgehung des Verhinderungsverbots Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 4; ebenso von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 103 (aber ohne Begründung). 115 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 42; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 19. 116 Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 104. 117 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 41; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 74; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 61. 118 Vgl. nur Wackerbarth in MünchKomm. WpÜG, § 23 WpÜG Rz. 18. 119 Pathologische Fälle, die auch noch nach der Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG in Betracht kommen könnten, wie die Übermittlung falscher Marktdaten an Kartellbehörden zwecks Erreichung einer Untersagung, lassen sich ohne weiteres auf Grundlage der „normalen“ aktienrechtlichen Pflichten bewältigen. 120 Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1400. 121 Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 732; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 3; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 70; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 26.
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70
§ 33 Rz. 70 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft gebots Anwendung findet. Hierfür hatten sich insbesondere diejenigen ausgesprochen, die das Verhinderungsverbot verbandsrechtlich hergeleitet hatten122. Jedoch wurde überwiegend vertreten, dass das Verhinderungsverbot nur eingeschränkt gelten könne, solange nicht mit einem konkreten Angebot zu rechnen sei123. Außerdem wurde vorgetragen, dass die Anwendung des Verhinderungsverbots im Vorfeld eines Angebots Abgrenzungsprobleme hervorrufe und die Geschäftsleitung in ihrer Geschäftsführung zu sehr einschränke124. 71
Ob der Vorstand auch im Vorfeld eines Angebots einem Verhinderungsverbot unterliegt, ist insbesondere für präventive Abwehrmaßnahmen im Rahmen der Übernahmeprophylaxe von Bedeutung. § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG knüpft den Beginn des Verhinderungsverbotes an die Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass das Verhinderungsverbot präventiven Abwehrmaßnahmen grundsätzlich nicht entgegensteht125, was auch die Begründung zum RegE hervorhebt126. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Vorstand den Erfolg eines noch bevorstehenden Übernahmeangebots nach Belieben verhindern dürfte. Vielmehr sind seine Handlungen an den allgemeinen aktienrechtlichen Regeln zu messen (näher Rz. 245 f.). Das gilt insbesondere auch für Maßnahmen, deren Wirkung in den von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erfassten Zeitraum hineinreicht: § 33 Abs. 1 WpÜG ist darauf nicht anwendbar127. d) Geltung bei Abbruch des Angebots
72
Das Verhinderungsverbot endet mit einer vorzeitigen Beendigung des Angebots, gleich aus welchem Grund. Tritt eine aufschiebende Bedingung nicht ein oder tritt eine auflösende Bedingung ein, endet das Angebot und damit die Geltung des Verhinderungsverbots. Nimmt der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe des Angebots zurück (zur Zulässigkeit § 10 WpÜG Rz. 51 ff.), endet das Verhinderungsverbot mit der Bekanntmachung der Rücknahme durch den Bieter128. Übermittelt der Bieter die Angebotsunterlage nicht fristgerecht an die BaFin, endet das Verhinderungsverbot mit Ablauf der Übermittlungsfrist gemäß § 14 Abs. 1 WpÜG129, also schon vor einer Untersagungsverfügung nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG. Untersagt die BaFin das Angebot nach § 15 WpÜG, endet das Verhinderungsverbot und lebt nur dann wieder auf, wenn die aufschiebende Wirkung gerichtlich wiederhergestellt wird (vgl. § 42 WpÜG) oder die Untersagung aufgehoben wird und der Bieter an seinem Angebot festhält. Erlangt der Vorstand der Zielgesellschaft vor diesen Zeitpunkten Kenntnis davon, dass der Bieter das Angebot nicht weiterverfolgt, findet das Verhinderungsverbot ab Kenntniserlangung keine Anwendung mehr. Im Einzelfall kann die Zielgesellschaft verpflichtet sein, diesen Umstand gemäß Art. 17 Abs. 1 MMVO (früher § 15 Abs. 1 WpHG) zu veröffentlichen130. e) Geltung bei missbräuchlichen Angeboten
73
Bei offensichtlich missbräuchlicher Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots soll das Verhinderungsverbot keine Anwendung finden131. Ein offensichtlicher Missbrauch soll dann vor122 So etwa Mülbert, IStR 1999, 83, 88. 123 Hopt, ZGR 1993, 534, 558 ff.; Hopt in Großkomm. AktG, § 93 AktG Rz. 126; Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1432; Krause, AG 2002, 133, 136; a.A. Hirte, ZIP 1989, 1233, 1237 f.; Mülbert, IStR 1999, 83, 88 (Fn. 46). 124 Hopt, ZGR 1993, 534, 559. 125 Pötzsch, Übernahmerecht, S. 40; Krause, AG 2002, 133, 136; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 61; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 125; R. Müller in Bad Homburger Hdb., D 39, 45; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 77; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 115 ff.; a.A. Ekkenga in FS Kümpel, 2003, S. 95, 102. 126 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 127 Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 102 f. 128 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 39; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 Rz. 43; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 74. 129 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 39; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 43; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 76. 130 Näher hierzu Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 43. 131 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 40; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 40; hierzu auch Baums in von Rosen/Seifert, Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 165, 177; a.A. Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 79.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 79 § 33
liegen, wenn das Angebot bewusst nur zum Schein abgegeben wird132. Dem ist im Hinblick auf die Wertung in §§ 117, 118 BGB grundsätzlich zuzustimmen. Ob ein Angebot „bewusst“ zum Schein abgegeben wird, ist allerdings selten wirklich offensichtlich. Der Vorstand wird deshalb in solchen Fällen tunlichst die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen, um in den Anwendungsbereich von § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG zu gelangen. Entscheidet die Zielgesellschaft sich dafür, das Angebot als missbräuchlich zu behandeln, kann dies gemäß Art. 17 MMVO (früher § 15 WpHG) zu veröffentlichen sein133.
III. Adressaten 1. Vorstand Das Verhinderungsverbot richtet sich nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG nur an den Vorstand.
74
Ist die Zielgesellschaft eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, treten an die Stelle des Vorstands der oder die persönlich haftenden Gesellschafter. Ist der persönlich haftende Gesellschafter eine juristische Person, richtet sich das Verhinderungsverbot an deren Leitungsorgan134.
75
2. Aufsichtsrat Der Aufsichtsrat ist in § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG – anders als noch im RefE und im RegE und in Übereinstimmung mit der seinerzeit herrschenden Auffassung135 – als Adressat des Verhinderungsverbots nicht angesprochen. Dies geht darauf zurück, dass der Aufsichtsrat gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG den Vorstand vom Verhinderungsverbot entbinden kann. Diese Funktion könnte der Aufsichtsrat nicht wahrnehmen, wenn er selbst dem Verhinderungsverbot unterläge136.
76
Dies ist zutreffend, soweit der Aufsichtsrat als Kontrollorgan agiert137. Wollte man dies anders sehen, 77 liefe die Ausnahme des § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 WpÜG leer, denn die Zustimmung zu einer Abwehrmaßnahme des Vorstands würde zwangsläufig gegen das Verhinderungsverbot verstoßen. Agiert der Aufsichtsrat dagegen als Verwaltungsorgan – etwa, soweit im Übernahmekontext relevant, bei der Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern (§ 84 AktG), der Festlegung der Höhe der Vergütung von Vorstandsmitgliedern (§ 87 AktG) und der Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG) –, soll er nach ganz h.M. dem Verhinderungsverbot unterliegen138. Hierfür wird angeführt, dass sich in der Entstehungsgeschichte der Vorschrift kein Anhaltspunkt dafür finde, dass autonome Verwaltungsentscheidungen des Aufsichtsrats privilegiert sein sollten, und dass dies auch in systematischer Hinsicht wenig schlüssig sei, weil der Aufsichtsrat insoweit anstelle des Vorstands tätig werde und die fragliche Maßnahme ohne die Zustimmung eines zweiten Organs getroffen würde.
78
Angesichts des eindeutigen Wortlautes könnte das Ergebnis der h.M. nur im Weg der analogen Anwendung von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG auf den Aufsichtsrat erreicht werden. Die Analogievoraussetzun-
79
132 133 134 135 136 137
Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 40; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 73. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 40. Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 59. Hopt, ZGR 1993, 534, 565; Mülbert, IStR 1999, 83, 89. Ähnlich Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 11; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 49. Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 11; Krause, BB 2002, 1053, 1059; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 51; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 33 WpÜG Rz. 19; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 62. 138 Hirte, ZGR 2002, 623, 629; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 49; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 11; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 24; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 33 WpÜG Rz. 19; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 63; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 22; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 34, 96; jenseits der sogleich diskutierten Gesichtspunkte ist der Standpunt der h.M. auch wegen der Bußgeldbewehrung und des strafrechtlichen Analogieverbots bedenklich; vgl. Rz. 301.
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§ 33 Rz. 79 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft gen liegen indessen nicht vor. Es spricht angesichts der Gesetzgebungsgeschichte wenig dafür, dass es sich um eine planwidrige Lücke handelt. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass der Aufsichtsrat in manchen Fällen als Geschäftsführungsorgan handelt. Im Übrigen fehlt es bereits an einer Lücke. Der Aufsichtsrat unterliegt den aktienrechtlichen Bindungen, die im Wesentlichen zu ähnlichen Ergebnissen führen wie die Anwendung von § 33 Abs. 1 WpÜG. Und schließlich fehlt es an einer ausreichenden Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Der Vorstand unterliegt in einer Übernahmesituation typischerweise in deutlich höherem Umfang einem Interessenkonflikt als der Aufsichtsrat. Die Forderung nach einer Anwendung von § 33 Abs. 1 WpÜG auf den Aufsichtsrat in dem von der h.M. propagierten Umfang mag demnach ein legitimes rechtspolitisches Anliegen sein, lässt sich aber auf Grundlage der geltenden Gesetzesfassung nicht überzeugend begründen. 3. Hauptversammlung 80
Die Hauptversammlung der Zielgesellschaft unterliegt ebenso wenig einem Verhinderungsverbot wie einzelne Aktionäre. Hieran bestand während des Gesetzgebungsverfahrens (und auch in der Diskussion über die Übernahmerichtlinie) niemals ein Zweifel. Dieses Ergebnis ergibt sich bereits daraus, dass sich § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG explizit nur an den Vorstand der Zielgesellschaft richtet, und lässt sich auch aus § 16 Abs. 4 WpÜG, insbesondere jedoch a maiore ad minus aus § 33 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ableiten: Wenn nämlich die Hauptversammlung den Vorstand schon vor der Ankündigung des Angebots zu Abwehrmaßnahmen ermächtigen darf, muss dies für Maßnahmen nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des Angebots erst recht gelten139. Inwieweit sich für die Aktionäre in der Übernahmesituation Bindungen untereinander aus der Treuepflicht ergeben können, ist ungeklärt; jedenfalls müsste das auf Extremfälle beschränkt sein. 4. Organe verbundener Unternehmen
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Die Organe verbundener Unternehmen sind in § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ebenfalls nicht erwähnt. Ein Teil der Literatur möchte die Organe abhängiger Unternehmen in den Anwendungsbereich einbeziehen und argumentiert mit dem Zweck des Verhinderungsverbots140. Das ist abzulehnen. Bei ausländischen Tochtergesellschaften ergibt sich das bereits daraus, dass § 33 Abs. 1 WpÜG jedenfalls auch den gesellschaftsrechtlichen Pflichtenkreis regelt und das deutsche Recht die insoweit nach ausländischem Recht bestehenden Anforderungen nicht umgestalten kann. Die Organe der Tochtergesellschaften unterliegen den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Anforderungen, die eine Verhinderung des Angebots aus unsachlichen Gründen ohnehin nicht gestatten werden. Der Vorstand der Zielgesellschaft ist im Umfang von § 33 WpÜG gehalten, durch die Ausübung der Beteiligungsrechte in Tochtergesellschaften nach Möglichkeit dafür zu sorgen, dass die inhaltlichen Anforderungen von § 33 Abs. 1 WpÜG eingehalten werden.
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Die Organe herrschender Unternehmen unterliegen in ihrer Eigenschaft als organschaftliche Vertreter des herrschenden Aktionärs keinem Verhinderungsverbot. Bei ihrer Entscheidung, ob sie das Übernahmeangebot unterstützen wollen, sind sie allein dem Unternehmensinteresse verpflichtet141.
IV. Inhalt des Verhinderungsverbots 1. Allgemeines 83
Das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG regelt nicht, welche Maßnahmen unzulässig sind, sondern trifft lediglich die Aussage, dass Handlungen unzulässig sind, durch die der Erfolg des 139 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 46; Krause, NJW 2002, 705, 713 (Fn. 90); Ekkenga in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 5; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 64. 140 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 53; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 65; a.A. Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 25; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 21. 141 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 54.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 84 § 33
Angebots verhindert werden könnte. Dies ist ein rein objektives Kriterium; ein subjektives Merkmal in Form einer Verhinderungsabsicht ist nicht erforderlich142. Andererseits genügt die (objektive) Eignung zur Verhinderung irgendeines Angebots nicht143. Vielmehr muss konkret die Eignung zur Verhinderung des in Frage stehenden Angebots festgestellt werden144. Das Verhinderungsverbot gilt grundsätzlich – vorbehaltlich der in § 33 WpÜG geregelten Einschränkungen – für sämtliche Maßnahmen des Vorstands. Der Vorstand ist zur aktiven Unterstützung eines Angebots grundsätzlich nicht verpflichtet. Das Unterlassen von Handlungen kann deshalb nur dann eine „Maßnahme“ mit Verhinderungseignung sein, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht. Die Art der Gegenleistung bildet für die Beurteilung der Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen kein geeignetes Unterscheidungskriterium145. Maßnahmen, die zusammen mit dem Bieter oder mit seiner Zustimmung vorgenommen werden (Abschluss einer Grundsatz- oder Investorenvereinbarung, Business Combination Agreement)146, haben keine Verhinderungseignung147. Die Verpflichtung in einer Vereinbarung mit dem Bieter, keine angebotsverhindernden Maßnahmen zu treffen, verstößt offensichtlich nicht gegen § 33 Abs. 1 Satz 1 AktG. Da das Verhinderungsverbot aber zahlreiche Ausnahmen kennt und der Vorstand nach aktienrechtlichen Grundsätzen verpflichtet sein kann, von diesen Ausnahmen Gebrauch zu machen (Rz. 52), muss die Eingehung einer solchen Verpflichtung entweder die Ausnahmen mit einbeziehen oder aber der vertragliche Verzicht darauf im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sein148. Unmaßgeblich ist, ob die Handlung das Übernahmeangebot tatsächlich verhindert hat; die Eignung 84 zur Verhinderung genügt149. Hiernach sind zunächst solche Handlungen unzulässig, die geeignet sind, eine eigene Entscheidung des Aktionärs über das Angebot faktisch oder rechtlich unmöglich zu machen150, oder die dazu führen, dass das Angebot wegen des Ausfalls einer aufschiebenden Bedingung oder des Eintritts einer auflösenden Bedingung entfällt. Unter das Verhinderungsverbot fallen ferner Handlungen, die die Ausgangslage für den Bieter so wesentlich ändern, dass er bereits vor Abgabe des Angebots von seinem Vorhaben Abstand nimmt und dies als eine verständliche und nachvollziehbare Folge der Handlung des Vorstands der Zielgesellschaft erscheint. Umstritten ist hingegen, ob der Vorstand darüber hinaus von allen Handlungen absehen muss, die ein „Weniger“ an Angebotserfolg zur Folge haben können – etwa Maßnahmen, die dem Erreichen einer möglichst hohen Beteiligung oder der dadurch gewonnenen Möglichkeit der Ausübung beherrschenden Einflusses entgegenwirken oder die Zielgesellschaft für den Bieter in wirtschaftlicher Hinsicht unattraktiv machen151. Das hängt davon 142 Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 22; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 18; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 42; Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 16; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 19; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 33 WpÜG Rz. 7; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58; kritisch Witte, BB 2000, 2161, 2164. 143 So aber anscheinend Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 16. 144 Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 90; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 26. 145 A.A. Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 272 f. 146 Dazu § 3 WpÜG Rz. 48 f. und LG München I v. 5.4.2012 – 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152 = AG 2012, 753; OLG München v. 14.12.2011 – 7 AktG 3/11, AG 2012, 260; OLG München, Beschl. v. 14.11.2012 – 7 AktG 2/12, AG 2013, 173 (alle vorstehenden Entscheidungen in Sachen „W.E.T.“); OLG Stuttgart v. 2.12.2014 – 20 AktG 1/14, AG 2015, 163 ff.; Kiem, AG 2009, 301; Schiessl, AG 2009, 391; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 199; Reichert/Ott in FS Goette, 2011, S. 407; Paschos, NZG 2012, 1142; König, NZG 2013, 452; Vaupel/Lüßmann, GWR 2013, 77; Kiefner, ZHR 178 (2014), 547; Reichert, ZGR 2015, 1; Hippeli/Diesing, AG 2015, 185. 147 Kiem, AG 2009, 301, 311; soweit Vereinbarungen bereits im Vorfeld des Angebots geschlossen werden, fehlt es schon an der zeitlichen Anwendbarkeit von § 33 WpÜG. 148 Vgl. OLG Stuttgart v. 2.12.2014 – 20 AktG 1/14, AG 2015, 163, 166. 149 OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18 – Weidmüller/Stahl AG, AG 2019, 527, 530; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 55; Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57; ebenso DAV-Handelsrechtsausschuss zum RegE, NZG 2001, 1003, 1006. In § 33 Abs. 1 RefE hatte es noch geheißen, dass „der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft alle Handlungen zu unterlassen (haben), die geeignet sind, den Erfolg des Angebots zu verhindern“. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Neuformulierung keine inhaltliche Änderung bedeuten; vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57; kritisch zum RefE Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 307. 150 Drygala, ZIP 2001, 1861, 1863; ähnlich Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 18. 151 So Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 44 ff.; von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 113 ff.
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§ 33 Rz. 84 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft ab, was man unter dem „Erfolg des Angebots“ versteht. Da der Vorstand der Zielgesellschaft zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft und nicht der Interessen des Bieters aufgerufen ist, kann unter „Erfolg des Angebots“ nur zu verstehen sein, dass ein verbindliches Angebot mit dem in der Veröffentlichung nach § 10 WpÜG angekündigten Inhalt tatsächlich abgegeben und auch durchgeführt wird152. Maßnahmen, die – insbesondere im Fall eines bis auf die Fusionskontrollfreigabe an keine weiteren Bedingungen geknüpften Angebots – die Übernahme für den Bieter teurer oder sonst unattraktiver machen, sind nicht geeignet, den „Erfolg des Angebots“ zu verhindern153. Es wäre kaum abgrenzbar und unter Umständen von rein subjektiven Wertungen des Bieters abhängig, ab welcher Schwelle derartige Maßnahmen geeignet sein könnten, den „Erfolg des Angebots“ aus Bietersicht zu verhindern. 84a
Dieser Auffassung ist entgegengehalten worden, sie würde den Bieter dazu bringen, sich gegen „Verteuerungsmaßnahmen“ des Vorstands der Zielgesellschaft durch Bedingungen abzusichern154, und außerdem könne der Bieter bei entsprechenden Maßnahmen des Vorstands das Angebot durch die Verweigerung von Konzessionen im Rahmen der kartellrechtlichen Freigabe des Angebots zu Fall bringen155. Diese Erwägungen sprechen nicht gegen die hier vertretene Auffassung. Bedingungen sind gerade dazu da, den Bieter zu schützen (allerdings erhöht der Bieter damit das Risiko des Scheiterns des Angebots, siehe sogleich Rz. 85). Soweit der Bieter trotz des grundsätzlichen Verbots der Potestativbedingung und trotz § 162 BGB Einfluss auf den Bedingungseintritt hat und diesen Einfluss in für die Zielgesellschaft absehbarer Weise nutzen wird, um sich als Reaktion auf Maßnahmen des Vorstands der Zielgesellschaft dem Angebot zu entziehen, ist die Verhinderungseignung gegeben.
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Der gesetzliche Anknüpfungspunkt – Verhinderung des Erfolgs des Angebots – bringt es mit sich, dass sich der konkrete Inhalt des Verhinderungsverbots je nach dem Stand des Angebotsverfahrens und dem Inhalt des Angebots deutlich ändern kann. Der Bieter kann sein Übernahmeangebot unter die Bedingung stellen, dass bestimmte Abwehrmaßnahmen ausbleiben (vgl. dazu eingehend § 18 WpÜG Rz. 81 ff.). Eine solche Bedingung ist ein zweischneidiges Schwert. Der Bieter schützt sich gegen bestimmte Handlungen, die das Angebot nicht mehr tragbar erscheinen lassen. Allerdings ist für den Bieter die Tragweite bestimmter Maßnahmen der Zielgesellschaft oft nicht von vornherein absehbar, und das Entfallen des Angebots kann außer erheblichen nutzlos aufgewandten Kosten auch strategische Nachteile mit sich bringen. Für den Vorstand der Zielgesellschaft wächst mit zunehmender „Bedingungsdichte“ die ihm nach § 33 WpÜG zukommende Verantwortung, die Interessen der annahmewilligen Aktionäre mit den sonstigen Interessen der Zielgesellschaft zum Ausgleich zu bringen. Aus der Überlegung, der Bieter habe durch die Angebotsgestaltung das Problem selbst herbeigeführt156, folgt kein Dispens vom Verhinderungsverbot. Nach Auffassung eines Teils der Literatur scheint es für die Anwendbarkeit des Verhinderungsverbots zu genügen, dass bestimmte Maßnahmen ihrer Art nach das Missfallen des Bieters erregen oder die Annahmequote verringern könnten157. Das Verhinderungsverbot nach § 33 WpÜG würde sich damit dem Modell des City Code mit bestimmten abstrakt – ohne Notwendigkeit der konkreten Verhinderungseignung – verbotenen Handlungsweisen annähern158. Das verträgt sich weder mit dem Wortlaut von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG noch mit Sinn und Zweck der Regelung, die die Interessen des Bieters nur reflexartig schützt, in ers152 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 18; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 267; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 23 (vgl. aber auch Rz. 91 ff.). 153 A.A. Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 27; Mielke in Beckmann/Kersting/Mielke, C 26; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 59 (der eine „nicht unwesentliche“ Erschwerung genügen lassen will, worunter auch eine Verteuerung für den Bieter fallen soll); Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 95 f.; unklar Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 55; referierend, ohne die Schlussfolgerung zu ziehen, Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 732; offenlassend OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18 – Weidmüller/Stahl AG, AG 2019, 527, 530 f. 154 Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 95. 155 Paschos in Paschos/Fleischer, Hdb. Übernahmerecht, § 24 Rz. 95. 156 Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 154 für konkurrierende Angebote. 157 Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 91 ff.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58 ff.; Noack/Zetzsche in Schwark/Zimmer, § 33 WpÜG Rz. 7; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 44 ff. 158 City Code Rule 21.1 (b); die Übernahme dieses Regelungsmodells passt schon deshalb nicht, weil das Panel von diesen Beschränkungen in der Regel Befreiung erteilt, wenn der Bieter einverstanden ist (Note 1 zu Rule 21.1), was bei § 33 WpÜG nicht möglich ist.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 87 § 33
ter Linie aber den Aktionären der Zielgesellschaft die Freiheit über Annahme oder Ablehnung des Angebots erhalten soll. Diese Freiheit ist nicht beeinträchtigt, solange das Angebot unverändert von den Maßnahmen des Vorstands durchgeführt wird, mögen diese Maßnahmen auch für den Bieter unerfreulich sein. Eine Schutzlücke entsteht nicht, der Vorstand bleibt aktienrechtlich den Interessen der Gesellschaft und dem Maßstab von § 93 Abs. 1 AktG verpflichtet. Die erste, rechtlich wenig konturierte Phase beginnt mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur 86 Abgabe des Angebots und endet mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage. Über Art und Umfang der Bindung des Bieters an das angekündigte Angebot besteht Streit. Im Ergebnis muss man davon ausgehen, dass der Bieter sich vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage relativ leicht von dem angekündigten Angebot zurückziehen kann, allerdings aus Gründen seiner kapitalmarktrechtlichen Reputation davon nur in Ausnahmefällen Gebrauch machen wird (näher § 10 WpÜG Rz. 51 ff.). Handlungen des Vorstands vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage sind geeignet, den Erfolg des Angebots zu verhindern, wenn sie nach Art und Gewichtigkeit einen verständigen Bieter dazu bringen werden, ernsthaft in Erwägung zu ziehen, von seinem Angebot Abstand zu nehmen. Wenn der Bieter (ausnahmsweise) bereits in der Veröffentlichung nach § 10 WpÜG konkrete Angebotsbedingungen angekündigt hat, gilt das für alle Handlungen, die dazu führen würden, dass das Angebot aufgrund dieser Bedingungen nicht wirksam wird. Nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage ist § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zunächst am Inhalt des Angebots zu messen159. Handlungen des Vorstands sind in dieser Phase in der Regel nur dann geeignet, den Erfolg des Angebots zu vereiteln, wenn sie das greifbare Risiko begründen, dass das Angebot wegen Nichteintritts einer aufschiebenden oder Eintritts einer auflösenden Bedingung nicht durchgeführt wird. Darüber hinaus könnte man an Maßnahmen denken, durch die dem Bieter die Möglichkeit genommen wird, die versprochene Gegenleistung zu erbringen. Das wird allerdings kaum praktisch werden. Maßnahmen, die das Angebot für den Bieter verteuern, sind nicht allein deswegen geeignet, seinen Erfolg zu verhindern160. Den Aktionären der Zielgesellschaft kann dies bei einem Barangebot gleichgültig sein, solange nur der Bieter an sein Angebot gebunden bleibt und zur Erfüllung in der Lage ist. Gleiches gilt für Maßnahmen, die die strategischen Pläne des Bieters durchkreuzen. Wenn der Vorstand der Zielgesellschaft weiß, dass der Bieter an das Angebot gebunden ist, machen derartige „Abwehrmaßnahmen“ auch gar keinen Sinn. Diese Überlegungen führen dazu, dass der Bieter durch die Gestaltung der Angebotsbedingungen das „Pflichtenprogramm“ des Vorstands der Zielgesellschaft beeinflussen kann. Das trifft in der Tat zu und ist direkte Folge von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Der Ausgleich erfolgt durch die in § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG enthaltenen Einschränkungen des Verhinderungsverbots. Aus dogmatischer Sicht ist fraglich, ob das Verhinderungsverbot eine Kompetenznorm darstellt oder eine echte Organpflicht begründet. Vor dem Inkrafttreten des WpÜG wurde die sog. Neutralitätspflicht teilweise als Kompetenznorm aufgefasst, die die Entscheidung über Abwehrmaßnahmen aus der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands herausnimmt und in die Zuständigkeit der Hauptversammlung überweist161. Darauf beruhte das Konzept des RegE, Abwehrmaßnahmen des Vorstands und Aufsichtsrats nur mit Zustimmung der Hauptversammlung zuzulassen. Ob dies auch für die Gesetz gewordene Fassung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG gilt, ist umstritten162. Aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses wurde die noch im RegE von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG enthaltene Zuständigkeitsregelung aufgelöst. In der Gesetz gewordenen Fassung regelt § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG Organpflichten des Vorstands. Diese Einordnung hat Auswirkungen auf die Rechtsfolgen (siehe unten Rz. 304). 159 Ablehnend Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 25 f. unter Vernachlässigung der Möglichkeit von Angebotsbedingungen. 160 A.A. Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 59; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 29; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 60. 161 Hopt, ZGR 1993, 534, 548 f.; Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1076 f.; a.A. Mülbert, IStR 1999, 83, 88. 162 Für Kompetenznorm Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 17; Fleischer/Kalss, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, S. 130; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 32, 84; für Organpflicht Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 18 m.w.N.; Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 56; Marsch-Barner in Bad Homburger Hdb., E 40; Schlitt/Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 560 f.; Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 6; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58; vor Inkrafttreten des WpÜG bereits van Aubel, Vorstandspflichten bei Übernahmeangeboten, 1996, S. 155 ff.
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§ 33 Rz. 88 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft 2. Einzelne Maßnahmen a) Ausgabe neuer Aktien 88
Die Ausgabe neuer Aktien durch die Zielgesellschaft163 ist abhängig von den Umständen geeignet, den Erfolg eines Übernahmeangebots zu verhindern164 (zu Einschränkungen unten Rz. 90). Hiervon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen165. Durch die Ausgabe erhöht sich die Zahl der umlaufenden Aktien. Folglich benötigt der Bieter mehr Aktien, um die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erwerben. Die Eignung zur Verhinderung besteht insbesondere dann, wenn das Angebot unter der Bedingung steht, dass die Zielgesellschaft während der Angebotsphase keine neuen Aktien ausgibt166 oder wenn sich aufgrund der Ausgabe der neuen Aktien das Risiko, dass der Bieter die von ihm gesetzte Mindestannahmeschwelle nicht erreicht, greifbar erhöht. Außerdem kann sich die Übernahme verteuern, weil dem Bieter eine höhere Zahl von Aktien zum gleichen Preis je Aktie angedient werden kann und sich das Übernahmeangebot gemäß § 32 WpÜG grundsätzlich auf alle Aktien der Zielgesellschaft erstrecken muss. Vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage kann es bereits ausreichen, dass die realistische Gefahr besteht, dass der Bieter aufgrund dieser Erwägungen von einem Angebot Abstand nimmt. Nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage genügt der Gesichtspunkt der Verteuerung des Angebots für den Bieter nur dann, wenn wegen einer entsprechend ausgestalteten Bedingung oder (ausnahmsweise) wegen fehlender Leistungsfähigkeit des Bieters das Angebot in Gefahr gerät167. Ob die neuen Aktien im Zuge einer ordentlichen Kapitalerhöhung, durch Ausnutzung eines genehmigten Kapitals oder aus bedingtem Kapital zur Entstehung gelangen, ist für die Verhinderungseignung ohne Bedeutung.
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Die Verhinderungseignung kann im Einzelfall auch dann vorliegen, wenn die Ausgabe der neuen Aktien unter Beachtung des gesetzlichen Bezugsrechts erfolgt168. Die Abwehrkraft ist allerdings ungleich stärker, wenn die neuen Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts en bloc an einen oder mehrere wohlgesonnene Dritte ausgegeben werden, die sich verpflichten, das Angebot des Bieters nicht anzunehmen oder sogar ein konkurrierendes Angebot abzugeben169. Hierdurch wird die dem Bieter bereits zustehende Beteiligung verwässert und der für den Bieter erreichbare Anteil der Aktien bzw. Stimmrechte verringert. Die Verhinderungseignung ist nicht deswegen generell zu verneinen, weil der Nennbetrag des genehmigten Kapitals gemäß § 202 Abs. 3 Satz 1 AktG die Hälfte des Grundkapitals nicht übersteigen darf und demnach maximal ein Drittel des erhöhten Grundkapitals bei gewogenen Dritten platziert werden kann170. Eine Kapitalerhöhung diesen Ausmaßes kann dazu führen, dass der Bieter die angestrebte Mehrheitsbeteiligung nicht erreicht und das Angebot bei einer entsprechenden Bedingung fehlschlägt. Die Verhinderungseignung liegt noch näher, wenn der Bieter den Squeeze-out der Minderheitsaktionäre, den Abschluss eines Beherrschungsvertrages oder die Durchführung eines Formwechsels anstrebt und er wegen der Kapitalerhöhung außer Stande ist, die erforderlichen Mehrheiten von 95 % des Grundkapitals (§ 327a AktG) bzw. 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 293 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 240 Abs. 1 Satz 1 UmwG) zu erreichen171. Auch das gilt 163 Eine Übersicht über Maßnahmen und ihre Verbreitung enthält Marccus Partners, The Takeover Bids Directive Assessment Report, 2012, S. 185 ff. 164 Krause, NZG 2000, 905, 911; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 267; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 46; Schanz, NZG 2000, 337, 343; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 83; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 29. 165 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 166 Weitergehend von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 207 ff. 167 Die h.M. lässt dem gegenüber den Gesichtspunkt der Verteuerung des Angebots allgemein genügen: Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 20; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 29; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 83; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 60. 168 Krause, BB 2002, 1053, 1055; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 47; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 60; von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 212 f. 169 Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 126 ff.; Bayer, ZGR 2002, 588, 594; Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1430 f.; Krause, BB 2002, 1053, 1055; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 267; Martens in FS Beusch, 1993, S. 529, 546 ff.; Michalski, AG 1997, 152, 160; Schanz, NZG 2000, 337, 343; Wolf, AG 1998, 212 f.; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 85. 170 Krause, BB 2002, 1053, 1055; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 85. 171 Krause, BB 2002, 1053, 1055; dem folgend Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 85.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 92 § 33
aber nur, wenn der Bieter das Angebot von einer entsprechenden Bedingung abhängig gemacht hat oder vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage die Gefahr besteht, dass er von dem Angebot Abstand nimmt. Ansonsten ist es für den „Erfolg des Angebots“ i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG gleichgültig, ob der Bieter nach Durchführung des Angebots die für ihn optimale strategische Ausgangslage erreicht hat. Danach beurteilt sich auch, ob Kapitalerhöhungen nur dann, wenn sie eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten, zur Verhinderung des Erfolgs des Übernahmeangebots geeignet sind172. Die Eignung zur Verhinderung des Angebots besteht immer dann, wenn der Erfolg des Angebots – das heißt seine Durchführung – in Gefahr gerät. Das kann im Einzelfall auch bei einer geringfügigen Kapitalerhöhung der Fall sein, wenn z.B. der Bieter eine hohe Annahmeschwelle gesetzt hat. Angesichts der üblicherweise erreichten Annahmequoten ist bei einer (sehr hohen) Annahmeschwelle von 90 % jede nicht völlig unerhebliche Kapitalerhöhung, an der der Bieter nicht teilnehmen kann, geeignet, den Erfolg zu verhindern. Auf den Gesichtspunkt der Verteuerung kommt es nur an, wenn dadurch – über den unerfreulichen wirtschaftlichen Effekt für den Bieter hinaus – der Erfolg des Angebots in Gefahr gerät (oben Rz. 88 mit Nachw. zur Gegenauffassung). Ob bestimmte Schwellen erreicht werden – in der Literatur werden teilweise 5 % oder 10 %173 des Grundkapitals oder der Stimmrechte genannt – ist ohne Belang; die Verhinderungseignung hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab174.
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Die Ausgabe neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln hat kaum je 91 verhindernde Wirkung175. Wenn zur Durchführung der Kapitalerhöhung neue Aktien ausgegeben werden (vgl. § 207 Abs. 2 Satz 2 AktG), reduziert sich die Gegenleistung pro Aktie analog § 216 Abs. 3 AktG im Verhältnis der Ausgabe neuer Aktien176; die absolute Zahl der in Umlauf befindlichen Aktien ist für sich genommen unerheblich (wenn sie sich durch die Kapitalerhöhung überhaupt erhöht, vgl. § 207 Abs. 2 Satz 2 AktG). Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kann – von irrationalen Effekten abgesehen – auch nicht den Kurs der Aktie beflügeln: Entweder werden keine neuen Stücke ausgegeben und es handelt sich um einen reinen Rechenvorgang (Umbuchung von Rücklagen in Grundkapital), oder es werden neue Stücke ausgegeben und der Kurswert der Aktie wird sinken, weil sich der unveränderte Wert der Gesellschaft auf mehr Aktien verteilt. Möglicherweise steigt aufgrund höherer Liquidität oder aufgrund höherer Dividendenerwartung177 die Marktkapitalisierung – dieser Effekt wird aber bei laufendem Übernahmeangebot praktisch unausweichlich von den wesentlich stärkeren Effekten überlagert, die das Angebot selbst auf den Kurs der Aktien hat. b) Erwerb eigener Aktien Der Erwerb eigener Aktien kann im Einzelfall geeignet sein, den Erfolg eines Übernahmeangebots zu 92 verhindern178. In der Literatur wird dazu auf eine mögliche aktienpreiserhöhende Tendenz mit der 172 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 25; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 267 (Fn. 49); Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 87; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 30. 173 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 25; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 267 (Fn. 49); Ekkenga in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, § 33 WpÜG Rz. 96. 174 Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 87. 175 Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 32; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 88; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 63; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 49, jeweils beschränkt auf Kapitalerhöhung ohne Ausgabe neuer Aktien; a.A. Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 88 für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln mit Ausgabe neuer Aktien. 176 Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 32. 177 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 63; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 88. 178 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58; OLG Stuttgart v. 25.10.2018 – 20 W 6/18 – Weidmüller/Stahl AG, AG 2019, 527, 532; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 132 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 61; Hitzer/Simon/Düchting, AG 2012, 237, 241; Immenga/Noll, Feindliche Übernahmeangebote, 1990, S. 110; Knoll, Übernahme von Kapitalgesellschaften, 1992, S. 204; Krause, BB 2002, 1053, 1059; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 249; Michalski, AG 1997, 152, 154; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 52; Schander, BB 1997, 1801, 1803; Schander, ZIP 1998, 2087, 2088; Uwe H. Schneider, AG 2002, 125, 130; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 26; Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 70; von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 220; Schlitt in Münch-
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§ 33 Rz. 92 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft Folge der Reduzierung der in der Gegenleistung enthaltenen Prämie und damit der Attraktivität des Übernahmeangebots179 und auf die Verringerung der Zahl der umlaufenden, für den Bieter erreichbaren Aktien180 verwiesen. Beim Rückkauf eigener Aktien ist besonders deutlich, dass es auf den Einzelfall ankommt. Wenn die Zielgesellschaft die Aktien dem Bieter andienen will, ist der Rückkauf neutral oder sogar hilfreich für den Bieter. Wenn die Zielgesellschaft die Aktien behalten will, kann das für die Bieter hilfreich sein, weil sich sein Finanzierungsvolumen reduziert; es kann aber auch nachteilig sein, wenn er in Gefahr gerät, die Annahmeschwelle zu verfehlen. Wenn der Vorstand die Aktien im Rahmen einer von der Hauptversammlung eingeräumten Ermächtigung an dem Angebot feindlich gesonnene Dritte weitergibt, kann das verhindernde Wirkung haben, wenn dadurch zum Beispiel das Erreichen der Annahmeschwelle gefährdet wird. Der Verhinderungseignung steht nicht generell entgegen, dass der Zielgesellschaft aus eigenen Aktien keine Stimmrechte zustehen (§ 71b AktG) und sich dadurch das relative Stimmengewicht der Beteiligung des Bieters erhöht181. Auf einen bestimmten Umfang des Rückerwerbs eigener Aktien kommt es grundsätzlich nicht an182, vielmehr sind auch insoweit die Umstände des Einzelfalls entscheidend183. Je höher die vom Bieter festgelegte Akzeptanzschwelle ist, desto eher ist die Verhinderungseignung anzunehmen. Wenn der Bieter eine Beteiligungsquote von 90 % als Voraussetzung gesetzt hat, genügen bereits Käufe in geringem Umfang, um das Angebot in Gefahr zu bringen (wenn die Zielgesellschaft nicht mit den zurückgekauften Aktien das Angebot annimmt). Der Bieter hat es allerdings in der Hand, eigene Aktien der Zielgesellschaft für Zwecke der Berechnung der Mindestannahmeschwelle zu eliminieren. 93
Aktienrechtlich ist der Erwerb eigener Aktien nur dann rechtmäßig, wenn einer der Tatbestände des § 71 Abs. 1 AktG erfüllt ist. Dessen Nr. 1 (Abwehr eines schweren unmittelbar bevorstehenden Schadens) ist bei der Abwehr eines feindlichen Übernahmeangebots regelmäßig nicht einschlägig, weil der mögliche Kontrollerwerb des Dritten im Regelfall keinen schweren Schaden für die Zielgesellschaft darstellt184. In der Praxis kommt vor allem § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, der den zweckfreien Rückerwerb aufgrund Ermächtigung der Hauptversammlung gestattet (Aktienrückkaufprogramm), in Betracht185. Teilweise wird vertreten, die Verwendung einer Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG sei nach einer Angebotsankündigung nach § 10 WpÜG gesperrt186. Das widerspricht der Intention des Gesetzgebers187 und ist, wenn die aktienrechtlichen Erfordernisse nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG und die übernahmerechtlichen Erfordernisse nach § 33 Abs. 1 WpÜG eingehalten sind, unzutreffend (näher
179
180 181 182 183 184
185 186
187
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Komm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 91; a.A. Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 268; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 103 (Fn. 190). Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 132 f.; Böhm in von Rosen/Seifert, Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 328 f., 334 ff.; von Falkenhausen in FS Stiefel, 1987, S. 163, 185 f.; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 61; Knoll, Übernahme von Kapitalgesellschaften, 1992, S. 204; Krause, BB 2002, 1053, 1059; Michalski, AG 1997, 152, 154; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 26; differenzierend von Nussbaum, Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft, 2003, S. 217. Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 26; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 132 f.; Knoll, Übernahme von Kapitalgesellschaften, 1992, S. 204; zurückhaltend Kort in FS Lutter, 2000, S. 1421, 1428 f. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 61; enger van Aubel, Vorstandspflichten bei Übernahmeangeboten, 1996, S. 17; Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 310 f.; Schanz, NZG 2000, 337, 345. A.A. Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 36; Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 26; ähnlich Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 61. Lutter/Drygala in KölnKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 54 ff.; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 126 ff., 124; Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, § 71 AktG Rz. 32; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 94; Hitzer/Simon/Düchting, AG 2012, 237, 238; anders noch BGH v. 6.10.1960 – II ZR 150/58, BGHZ 33, 175, 186; hierzu zutreffend Hopt, ZGR 1993, 534, 549 f. Bayer, ZGR 2002, 588, 593; Krause, BB 2002, 1053, 1060; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 94. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 325 (das solle auch schon vorher ab „Bekanntwerden des Übernahmeangebots“ gelten, nicht aber für einen Rückkauf nach § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG, Rz. 322); grundsätzlich auch Lutter/Drygala in KölnKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 147 ff.; Bezzenberger in K. Schmidt/ Lutter, § 71 AktG Rz. 25; Grigoleit/Rachlitz in Grigoleit, 1. Aufl. 2013, § 71 AktG Rz. 52, aber jeweils mit einer Ausnahme nach § 33 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpÜG für das Weiterführen von Programmen. Begr. Beschlussempfehlung Finanzausschuss, BT-Drucks. 14/7477, S. 53.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 97 § 33
Rz. 138 ff.)188. Eine weitergehende Einschränkung kann insbesondere nicht aus einer angeblichen Sperrwirkung von § 33 Abs. 2 WpÜG hergeleitet werden189. Der Rückerwerb eigener Aktien ist demnach aus Sicht von § 33 Abs. 1 WpÜG gestattet, wenn er keine Verhinderungseignung hat190 (§ 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG) oder wenn einer der Ausnahmetatbestände von § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG vorliegt und die Anforderungen von § 3 Abs. 3 WpÜG eingehalten sind. Kapitalmarktrechtlich richtet sich die Zulässigkeit des Rückerwerbs insbesondere nach den insider- 94 rechtlichen Vorschriften und dem Verbot der Marktmanipulation. Wer zur Abwehr eines Übernahmeangebots Kauforders über dem Marktpreis stellen lässt, kann im Einzelfall den Tatbestand der Marktmanipulation verwirklichen, wenn diese Kauforders geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für Angebot und Nachfrage zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen (Art. 12 Abs. 1 a), 15 MMVO; früher § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG). Verstöße gegen das Verbot der Marktmanipulation sind bei Vorliegen der entsprechenden subjektiven Voraussetzungen als Ordnungswidrigkeit (§ 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG; früher § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) oder, wenn die Kauforder auf den Börsenpreis einwirkt, als Straftat sanktioniert (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpHG; früher § 38 Abs. 2 Nr. 1 und 2 WpHG). Die Freistellung nach Art. 5 MMVO (früher § 20a Abs. 3 WpHG i.V.m. den Vorschriften der Verordnung (EG) 2273/2003) findet nur auf Rückkaufprogramme zwecks Kapitalherabsetzung, Deckung von Wandlungsrechten oder Bedienung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen Anwendung (Art. 5 Abs. 2 MMVO). Die inhaltlichen Beschränkungen (z.B. hinsichtlich der maximalen täglichen Rückkaufsvolumina; siehe Delegierte Verordnung 2016/1052), werden inhaltlich oft auch außerhalb dieser Zwecksetzungen angewandt. Der Rückerwerb eigener Aktien kann im Einzelfall gegen das Insiderhandelsverbot (Art. 8, 14 a) MMVO; früher § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG) verstoßen. Ein solcher Verstoß kommt in Betracht, wenn die für den Rückerwerb verantwortlichen Funktionsträger der Zielgesellschaft Kenntnis von Insiderinformationen (Art. 7 MMVO; früher § 13 WpHG), insbesondere in Gestalt des bevorstehenden Angebots haben. Wenn die Zielgesellschaft im Besitz von Insiderinformationen ist (und diese nicht nach Art. 17 Abs. 1 MMVO; früher § 15 Abs. 1 WpHG unverzüglich veröffentlich, z.B. weil sie von einer Selbstbefreiung nach Art. 17 Abs. 4 MMVO; früher § 15 Abs. 3 WpHG Gebrauch macht), kommt es darauf an, ob durch den Rückkauf diese Informationen i.S.v. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 MMVO; früher § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG „genutzt“ (früher „verwendet“) werden191.
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Die Einziehung zulässig erworbener eigener Aktien ist zur Verhinderung des Erfolgs eines Übernahmeangebots grundsätzlich nicht geeignet192.
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Das Herauskaufen des Bieters oder von Aktionären, die ansonsten gewillt wären, ein Übernahmeangebot anzunehmen, durch Rückerwerb eigener Aktien, zumeist zu einem den Börsenkurs übersteigenden Preis (greenmailing), ist geeignet, den Erfolg des Angebots zu verhindern193. Zudem kann ein Verstoß gegen § 53a AktG194, die Vorschriften über den Rückerwerb eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG)
97
188 Wie hier Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Vor § 311 AktG Rz. 17; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 105 ff.; Hitzer/Simon/Düchting, AG 2012, 237, 238 f., 240 f. 189 Begr. Beschlussempfehlung Finanzausschuss, BT-Drucks. 14/7477, S. 53; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 143; Hüffer/Koch, § 76 AktG Rz. 45. 190 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 26. 191 Vgl. zu den schwierigen Fragen um die Auslegung dieses Begriffs Klöhn in Klöhn, Marktmissbrauchsverordnung, 1. Aufl. 2018, Art. 8 Rz. 112 ff.; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, Art. 8 Rz. 30 ff. 192 Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 53; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 61; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 96. 193 Hauschka/Roth, AG 1988, 181, 194; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 145 f.; Escher-Weingarten/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 535; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1388; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 27; Steinmeyer in Steinmeyer, § 33 WpÜG Rz. 87; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 62; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71AktG Rz. 135; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 95; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 38; offen Weimar/Breuer, BB 1991, 2309, 2318; a.A. Koch, Neutralitätspflicht, 2001, S. 146. 194 Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 95.
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§ 33 Rz. 97 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft und, je nach gezahltem Preis, gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§§ 57, 62 AktG)195 vorliegen. Im Übrigen kommt bei kollusivem Zusammenwirken von Aktionären und Zielgesellschaft zur Abwendung eines bereits angekündigten Übernahmengebots ohne hinreichenden sachlichen Grund ein gemeinsam begangener Verstoß gegen § 826 BGB in Betracht. c) Veräußerung eigener Aktien 98
Die Veräußerung eigener Aktien kann im Einzelfall geeignet sein, ein Übernahmeangebot zu verhindern. Die Literatur verweist auf die Erhöhung der Zahl der am Markt umlaufenden Aktien, die es dem Bieter erschweren, seine Ziele zu erreichen196. Teilweise wird angenommen, dass die Veräußerung eigener Aktien nur dann verhindernde Wirkung habe, wenn die Aktien außerbörslich und unter Ausschluss des Bezugsrechts an Dritte veräußert werden197. Der Umstand, dass sowohl dem Erwerb als auch der Veräußerung eigener Aktien potentiell verhindernde Wirkung beigemessen wird, verdeutlicht, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Die verhindernde Eignung ist konkret und unter Berücksichtigung des Stadiums, in dem sich das Angebotsverfahren befindet, zu ermitteln. Grundsätzlich wird sich der Bieter durch eine Veräußerung eigener Aktien am Markt kaum von seinem bereits angekündigten Angebot abbringen lassen. Eine potentielle Abwehrwirkung kann aber bestehen, wenn die Aktien en bloc an einen der Zielgesellschaft wohlgesonnenen und dem Angebot feindlich gesonnenen Dritten veräußert werden198. Nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage kommt es darauf an, ob die Veräußerung negative Auswirkungen auf Angebotsbedingungen haben kann. Insoweit kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Platzierung am Markt auf die Erfolgschancen des Angebots negativ wirkt199. Vielmehr sind die Käufer von Aktien nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage in der Regel am Erfolg des Angebots interessiert, weil sie bei einem Misserfolg und der darauf regelmäßig folgenden Kurskorrektur wirtschaftlichen Schaden erleiden. Die Verhinderungseignung ist aber gegeben, wenn durch die Veräußerung unmittelbar eine Angebotsbedingung ausfällt200. Wie immer kommt es auch in diesem Fall zusätzlich darauf an, ob eine Ausnahme vom Verhinderungsverbot greift. Bei der Veräußerung eigener Aktien sind die aktienrechtlichen Vorgaben zu beachten. Insbesondere unterliegt die Veräußerung von Aktien, die nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erworben wurden, en bloc an Dritte den Beschränkungen der §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 i.V.m. 186 Abs. 3 und 4 AktG. d) Ausgabe und Settlement von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen, Aktienoptionen
99
Die Ausgabe von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen (§ 221 AktG) kann im Einzelfall zur Verhinderung des Erfolgs eines Übernahmeangebots geeignet sein201. Allerdings benötigt die Ausgabe 195 von Falkenhausen in FS Stiefel, 1987, S. 163, 195; Hauschka/Roth, AG 1988, 181, 194; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 148 f.; van Aubel, Vorstandspflichten, 1996, S. 20; Böhm in von Rosen/Seifert, Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, S. 337; Berrar/Schnorbus, ZGR 2003, 59, 104; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 95; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 AktG Rz. 69 ff. 196 Krause, NZG 2000, 905, 912; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 268; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 53; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 60; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 89 f.; vgl. auch Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 197 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 21; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 33 f. 198 Hitzer/Simon/Düchting, AG 2012, 237, 242; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 89; Krause, BB 2002, 1053, 1059. 199 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 21. 200 Hitzer/Simon/Düchting, AG 2012, 237, 242 f. 201 Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 129; van Aubel, Vorstandspflichten, 1996, S. 15 f.; Bayer, ZGR 2002, 588, 595; Herrmann, Abwehrmaßnahmen, 1993, S. 121 ff.; Hirte, ZIP 1989, 1233, 1245 f.; Krause, BB 2002, 1053, 1060; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 50; Schanz, NZG 2000, 337, 344; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 25; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 97; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 35; von Falkenhausen/von Klitzing ZIP 2006, 1513, 1514 (vorwiegend unter dem Aspekt der Übernahmeprophylaxe); a.A. Werner, Übernahmeangebote, 1989, S. 23 f. (allerdings nur bei Einräumung eines Bezugsrechts).
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 103 § 33
derartiger Instrumente regelmäßig eine nicht unerhebliche Vorlaufzeit und ist aus Sicht der Zielgesellschaft als Abwehrinstrument deshalb kaum geeignet. Wandlungs- und Optionsrechte können ähnlich wie die Ausgabe neuer Aktien wirken, wenn die Aktien noch während der Laufzeit des Angebots bezogen werden können202. Für den Bieter kann es auch unangenehm sein, wenn eine bereits erlangte Kontrolle nachträglich durch den Bezug neuer Aktien wieder in Frage gestellt wird. Wie sonst auch kommt es vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage auf die Eignung, den Bieter von der Abgabe des Angebots abzuhalten, und danach auf die Eignung zur Verhinderung der Durchführung des Angebots an. Wenn das Angebot eine entsprechende Bedingung – keine Schaffung von Bezugsrechten auf neue Aktien – enthält, ist das Auflegen einer Wandel- oder Optionsanleihe grundsätzlich geeignet, den Erfolg des Angebots zu verhindern. Weniger entscheidend ist, ob das Bezugsrecht der Aktionäre bei der Ausgabe der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen ausgeschlossen wird203. Anleihebedingungen von Wandelschuldverschreibungen sehen oft die Möglichkeit vor, dass die Emit- 100 tentin bei Ausübung statt der Lieferung von Aktien deren Wert in bar abgilt (cash settlement option). Die Ausnutzung dieser Möglichkeit durch die Zielgesellschaft kann insbesondere dann Verhinderungseignung haben, wenn sich die Instrumente in der Hand des Bieters oder annahmewilliger Personen befinden und der Bieter die zu liefernden Aktien zum Erreichen der Mindestannahmeschwelle benötigt204. Die Zulässigkeit beurteilt sich dann nach § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG. Die vorstehenden Ausführungen finden bei der Ausgabe von naked warrants entsprechende Anwendung205. Dasselbe gilt für die Ausgabe von Aktienoptionen an Führungskräfte und Organmitglieder der Zielgesellschaft in der Übernahmephase. Die Verhinderungseignung besteht insbesondere dann, wenn die Maßnahme von einer Angebotsbedingung erfasst ist.
101
Die Ausgabe von Bezugsaktien aus einem bestehenden bedingten Kapital für die Bedienung bestehender Aktienoptionen fällt regelmäßig nicht unter § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG206. Es fehlt insoweit an einer relevanten Handlung des Vorstands. Zwar ist für die Aktienausgabe die Annahme der Bezugserklärung durch den Vorstand erforderlich. Der Vorstand ist aber rechtlich gebunden, das Angebot anzunehmen, wenn es den Bedingungen des Bezugsrechts entspricht.
102
e) Veräußerung wesentlicher Vermögensgegenstände (crown jewel defense) Die Veräußerung wesentlicher Teile des Gesellschaftsvermögens kann die Übernahme für den Bieter unattraktiv machen und deswegen geeignet sein, den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern207. Der Attraktivitätsverlust kann darauf beruhen, dass gerade der für den Bieter wichtige Unternehmensteil veräußert wird oder der Bieter nach der Veräußerung der ggf. betroffenen Unternehmensteile bestimmte angestrebte Synergieeffekte nicht mehr realisieren kann208 oder die nach der Veräußerung er202 Krause, BB 2002, 1053, 1060; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 97. 203 A.A. Bayer ZGR 2002, 588; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 97. 204 Vgl. Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 98; in dem gescheiterten Versuch von Vonovia, die Deutsche Wohnenn AG („DW“) zu übernehmen, hatte DW im Fall der Ausübung von Wandlungsrechten zunächst die Lieferung von Aktien angekündigt (Bekanntmachungen vom 2.12.2015), sich nach einer Herabsetzung der Annahmeschwelle aber den Barausgleich vorbehalten (Weitere Stellungnahme nach § 27 WpÜG vom 29.1.2016, S. 6 f.). 205 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 25; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 60; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 51; zum Streit um die aktienrechtliche Zulässigkeit von naked warrants vgl. Hüffer/Koch, § 221 AktG Rz. 75. 206 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 63. 207 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58; Altmeppen, ZIP 2001, 1073, 1080; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 141; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1388; Krause, BB 2002, 1053, 1060 f.; Krieger, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 289, 310 f.; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 268 f.; Mülbert, IStR 1999, 83, 89; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 100; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 28; a.A. Lüttmann, Kontrollwechsel, 1992, S. 170; W. Müller in FS Semler, 1993, S. 195, 211 ff.; Herrmann, Abwehrmaßnahmen, 1993, S. 127; Koch, Neutralitätspflicht, 2001, S. 149. 208 Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 100; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 28.
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§ 33 Rz. 103 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft höhte Liquidität einen anderen, an der Zerschlagung der Zielgesellschaft interessierten Bieter anzieht209. Je nach Lage des Einzelfalls kann auch die Einbringung der betroffenen Vermögensgegenstände in ein Gemeinschaftsunternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen zur Verhinderung des Angebots geeignet sein. Ob sich die Zielgesellschaft ein Rückerwerbsrecht einräumen lässt, ist für die Verhinderungseignung ohne Belang. Da sich der Gesetzgeber mit dem Abstellen auf die Verhinderungseignung für einen objektiven Standard entschieden hat210, kommt es auf die zugrunde liegenden Motive und verfolgten Zwecke nicht an. Auch hier ist über den schlichten Befund, dass die Handlung aus Sicht des Bieters nachteilig sein kann, hinaus entscheidend, ob der Bieter rechtlich die Möglichkeit hat und aus objektiver Sicht geneigt sein wird, von seinem Angebot Abstand zu nehmen. 104
Ob ein Teil des Gesellschaftsvermögens in diesem Sinne wesentlich ist, ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls. Nicht entscheidend ist, ob die Veräußerung nach den Grundsätzen der „Holzmüller“und „Gelatine“-Entscheidungen des BGH (Rz. 105) der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf211. Teilweise werden, angelehnt an den City Code und schweizerische Vorgaben, quantitative Tests für die Wesentlichkeit vorgeschlagen212. Quantitative Grenzen können indessen für Zwecke des WpÜG, das in jedem Einzelfall die konkrete Verhinderungseignung voraussetzt, höchstens im Sinne eines informellen Aufgreiftatbestands Bedeutung haben. Gleiches gilt für die Auswirkung der Veräußerung auf den Börsenkurs der Zielgesellschaft213. Die Wesentlichkeit ist funktional nach dem Zweck des Verhinderungsverbots zu bestimmen. Was Verhinderungseignung hat, ist wesentlich, was keine Verhinderungseignung hat, ist auch nicht wesentlich. Damit zeigt sich, dass das Merkmal der Wesentlichkeit keine eigenständige Funktion hat, sondern nur die Verhinderungseignung paraphrasiert. In manchen Fällen ist die Veräußerung erheblicher Vermögensbestandteile aus Sicht des Bieters durchaus positiv zu bewerten und ist dann „unwesentlich“. Auch unterhalb irgendwelcher Schwellenwerte kann der fragliche Teil des Gesellschaftsvermögens „wesentlich“ sein, wenn er für den Bieter von besonderer Bedeutung ist214. Ob der Bieter bestimmte Vermögensgegenstände in der Angebotsunterlage als wesentlich bezeichnet hat, hat dann Bedeutung, wenn er die Veräußerung zum Gegenstand einer Angebotsbedingung gemacht hat215. Hier wie auch sonst kann der Bieter durch die Gestaltung der Angebotsbedingungen in der Angebotsunterlage den Anwendungsbereich von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erweitern. Er wird das nicht leichtfertig tun, weil er gleichzeitig damit die Chancen für den Erfolg des Angebots reduziert. Die Interessen der Zielgesellschaft werden durch § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG ausreichend berücksichtigt. Wenn die fraglichen Teile des Gesellschaftsvermögens trotz Überschreitens irgendwelcher Schwellenwerte für den Bieter keine Bedeutung besitzen, ist ihre Veräußerung nicht geeignet, den Erfolg des Angebots zu verhindern. Im Unterschied zum Prüfungsmaßstab in den „Holzmüller/Gelatine“-Fällen, bei denen die Wesentlichkeit für die Gesellschaft maßgeblich ist, bestimmt sich hier die Wesentlichkeit nach den Auswirkungen auf den Angebotserfolg, die wiederum maßgeblich von der Sicht des Bieters und dem Inhalt der Angebotsunterlage abhängen216.
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Aktienrechtlich ist die Veräußerung von Teilen des Gesellschaftsvermögens nur im Rahmen der Satzung, des § 179a AktG, des Schädigungsverbots und, wenn man sie auf die Veräußerung von Vermö-
209 Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 140 f.; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 28; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 100. 210 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 211 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 101; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 39; Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 29; a.A. Herrmann, Abwehrmaßnahmen, 1993, S. 128; Lüttmann, Kontrollwechsel, 1992, S. 170. 212 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58. 213 Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58. 214 Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 29; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58; Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 101 in Anlehnung an Note 2 zu Rule 21.1 City Code („… although relative values lower than 10 % may be considered material if the asset is of particular significance“); ähnlich Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 39. 215 Vgl. Brandi in Angerer/Geibel/Süßmann, § 33 WpÜG Rz. 29; weitergehend Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58. 216 Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 101; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 61; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58.
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Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft
Rz. 107 § 33
gensgegenständen für anwendbar hält217, der aus den „Holzmüller“- und „Gelatine“-Entscheidungen des BGH218 entwickelten Grundsätze zulässig. Diese Grundsätze erfahren in der Übernahmesituation keine Modifizierung in dem Sinn, dass die Schwelle für eine Zustimmungspflicht herabgesetzt wäre219. „Holzmüller/Gelatine“-Beschlüsse können für eine konkret zur Entscheidung anstehende Maßnahme eingeholt werden, dann kommt ein Verstoß gegen das Verhinderungsverbot nicht in Betracht (Rz. 160). Im Schrifttum werden auch „Holzmüller“-Vorratsermächtigungen für zulässig gehalten220, bezüglich derer es allerdings einer hinreichend konkreten Beschreibung des Vorhabens bedarf („Konzeptbeschluss“)221. Wenn die Veräußerung dazu führt, dass der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand wesentlich und dauerhaft nicht mehr ausgefüllt wird (Satzungsunterschreitung), ist eine Satzungsänderung erforderlich222. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die Veräußerung wesentlicher Teile des Gesellschaftsvermögens regelmäßig längere Verhandlungen mit dem Erwerber erfordert und die Veräußerung nach aktienrechtlichen Grundsätzen im Interesse der Gesellschaft liegen muss, dürfte die Veräußerung wesentlicher Teile des Gesellschaftsvermögens als Abwehrmaßnahme nur selten praktiziert werden. f) Erwerb von Unternehmen (u.a. antitrust defense) Auch der Erwerb von Unternehmen oder Beteiligungen kann zur Verhinderung des Erfolgs eines Übernahmeangebots geeignet sein223 – beispielsweise dann, wenn durch den Erwerb für das Übernahmeangebot kartellrechtliche Probleme geschaffen werden224, aber auch dann, wenn die Transaktion nicht in das strategische Konzept des Bieters passt oder die Verschuldung der Zielgesellschaft massiv erhöht. Wiederum bedarf es der Analyse des Einzelfalls. In der Regel fällt aber der Erwerb eines Unternehmens durch die Zielgesellschaft, die für den Bieter die Gefahr der fusionskontrollrechtlichen Untersagung seines Übernahmeangebots begründet, unter § 33 Abs. 1 WpÜG, weil der Bieter sein Angebot unter die Bedingung der erforderlichen fusionskontrollrechtlichen Freigabe gestellt hat. Der Bieter kann ggf. auf eine entsprechende Angebotsbedingung verzichten, wenn – wie unter der Geltung der europäischen EG-Fusionskontrollverordnung225 – kein absolutes fusionskontrollrechtliches Vollzugsverbot besteht. Dann fehlt es bei einem Beteiligungserwerb durch die Zielgesellschaft insoweit an einer Verhinderungseignung.
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Aktienrechtlich ist (wie grundsätzlich bei allen Maßnahmen der Zielgesellschaft) erforderlich, dass 107 der Erwerb des fraglichen Unternehmens im Interesse der Gesellschaft liegt. Dass der Erwerb die Abwehr eines Übernahmeangebots bezweckt oder jedenfalls befördert, ist nicht nur nicht ausreichend, sondern für sich genommen kein für, sondern nach der Wertung von § 33 Abs. 1 Satz 1 WpÜG ein gegen die Maßnahme sprechendes Element der Abwägung nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Die Übernahmeverhinderung als solche kann vom Vorstand nur im Rahmen der Ausübung einer Ermächtigung nach § 33 Abs. 2 WpÜG herangezogen werden. Ob und ggfs. ab welchen Schwellen der Erwerb von Vermögensgegenständen nach den „Holzmüller“- und „Gelatine“-Grundsätzen226 der Zustimmung 217 Tendenziell ablehnend BGH v. 20.11.2006 – II ZR 226/05, NZG 2007, 234; zum Streitstand Kubis in MünchKomm. AktG, § 119 AktG Rz. 66 ff. 218 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, AG 2004, 384 = NZG 2004, 571; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02, NZG 2004, 575. 219 A.A. Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 103. 220 Str., Krieger in MünchHdb. AG, § 70 Rz. 12; Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 41 m.w.N. 221 Spindler in K. Schmidt/Lutter, § 119 AktG Rz. 41; Krieger in MünchHdb. AG, § 70 Rz. 12. 222 Sailer-Coceani in in MünchHdb. AG, § 9 Rz. 19; OLG Stuttgart v. 14.5.2003 – 20 U 31/02, AG 2003, 527, 531; OLG Köln v. 15.1.2009 – 18 U 205/07 – Strabag, AG 2009, 416, 417 f. 223 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 224 Schlitt in MünchKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 104; Grunewald in Baums/Thoma/Verse, § 33 WpÜG Rz. 43; Hirte in KölnKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58; Röh in FrankfKomm. WpÜG, § 33 WpÜG Rz. 58; Assmann/Bozenhardt in Assmann u.a., Übernahmeangebote, S. 147; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1389; Koch, Neutralitätspflicht, 2001, S. 138; Pötzsch/Möller, WM-Sonderbeil. 2/2000, S. 27. 225 Vgl. Art. 7 Abs. 2 EG-Fusionskontrollverordnung: Der Bieter kann unter gewissen Voraussetzungen vor Freigabe vollziehen. 226 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, AG 2004, 384 = NZG 2004, 571; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02, NZG 2004, 575.
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§ 33 Rz. 107 Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft der Hauptversammlung bedarf, ist (ebenso wie bei der Veräußerung) umstritten und in der Rechtsprechung des BGH nicht abschließend geklärt227. Wenn der Erwerb dazu führt, dass der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand wesentlich und dauerhaft überschritten wird (Satzungsüberschreitung), ist eine Satzungsänderung erforderlich228. g) Veränderung der Finanzierungsstruktur 108
Auch Veränderungen der Finanzierungsstruktur können das wirtschaftliche Interesse des Bieters an der Übernahme beeinträchtigen und daher geeignet sein, den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern. Diese Wirkung kann von Fremdfinanzierungsmaßnahmen (Aufnahme eines Bankkredits, Emission einer Anleihe)229, aber auch von bestimmten Änderungen bestehender Kreditbedingungen230 ausgehen. Eine Verhinderungseignung kann insbesondere dann bestehen, wenn sich das Rating der Gesellschaft wegen der Finanzierungsmaßnahmen nachteilig verändert oder wenn während der Angebotsphase vereinbarte Fremdfinanzierungsinstrumente in ihren Bedingungen die vorzeitige Fälli