Vergaberecht: Kommentar [3. neu bearbeitete Auflage] 9783504381561

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German Pages 1056 [1059] Year 2010

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Vergaberecht: Kommentar [3. neu bearbeitete Auflage]
 9783504381561

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Reidt • Stickler • Glahs Vergaberecht

.

Vergaberecht Kommentar herausgegeben von

Dr. Olaf Reidt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Berlin

Dr. Thomas Stickler Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Leipzig

Dr. Heike Glahs Rechtsanwältin, Bonn bearbeitet von

Dr. Matthias Diehr Rechtsanwalt, Berlin

Dr. Matthias Ganske Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Bonn

Dr. Heike Glahs Rechtsanwältin, Bonn

Dr. Olaf Reidt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Berlin

Dr. Thomas Stickler Rechtsanwalt, Leipzig 3. neu bearbeitete Auflage

2011

Zitierempfehlung:

Bearbeiter in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht Kommentar, 3. Aufl. 2011, § ... GWB/VgV

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek veiZeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 581 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 info®otto-schmidt.de www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-40073-6 ©2011 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urhebem:chtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Obersetzungen, Mikroverfil.mungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: Schäper, Bonn Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort

Seit dem Erscheinen der 2. Auflage dieses Kommentars sind rund sieben Jahre vergangen. Während dieser Zeit hat sich das Vergaberecht weiter entwickelt. Dies gilt sowohl für die Gesetzeslage, die zuletzt durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.2009 (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz) und die Änderung der Vergabeverordnung vom 7.6.2010 erheblich modifiziert wurde, aber auch für die Gesetzesauslegung durch Rechtsprechung, Schriftum und Rechtsanwender. Das Vergaberecht hat sich als eigenständige Rechtsmaterie etabliert. Dennoch zeigen sich vielzählige Überschneidungen mit dem Fachrecht aus den unterschiedlichsten Bereichen, etwa dem Sozialrecht oder dem öffentlichen Baurecht. Diese Schnittstellen machen nicht selten die besondere Schwierigkeit, aber auch den Reiz des Vergaberechts aus. Um dieser Entwicklung angemessen Rechnung zu tragen, haben sich die Herausgeber entschlossen, für die jetzt vorgelegte 3. Auflage des Kommentars den Kreis der Autoren zu erweitern. Sie konnten dafür mit Herrn Dr. Matthias Ganske und Herrn Dr. Matthias Diehr zwei weitere engagierte Praktiker des Vergaberechts gewinnen. Sie sind ebenso wie die Herausgeber aufgrund ihrer Beratung und Vertretung sowohl von öffentlichen Auftraggebern als auch von Unternehmen bei der Vorbereitung von Ausschreibungen, deren Durchführung und der Überprüfung durch die Vergabekammern und Vergabesenate mit den von ihnen jeweils bearbeiteten Vorschriften aus dem 4. Teil des GWB und der Vergabeverordnung gut vertraut. Zielsetzung des Kommentars ist es auch für den erweiterten Autorenkreis, neben der wissenschaftlichen Behandlung streitiger Rechtsfragen in erster Linie den Rechtsanwendern eine praktische Arbeitshilfe zu geben. Dabei ist die Kommentierung wiederum um größtmögliche Aktualität bemüht. Bis zum Erscheinen wurden Judikate und Fachpublikationen weitestmöglich noch berücksichtigt und eingearbeitet, so konnten etwa die Entscheidung des EuGH vom 25.3.2010 (C-451/08) zu Immobiliengeschäften der öffentlichen Hand oder die Entscheidung des EuGH vom 28.1.2010 (C-406/08) zum Begriff der Unverzüglichkeit mit ihren weit reichenden Folgen noch vollständig in das Werk eingearbeitet werden. Die Herausgeber würden sich freuen, wenn die nunmehr vorliegende 3. Auflage des Kommentars in der Rechtsprechung und RechtsanwenV

Vorwort

dungspraxis ebenso wohlwollend aufgenommen wird, wie die 1. und 2. Auflage des Werks. Für Hinweise auf etwaige Fehler oder Unvollständigkeiten, Verbesserungsvorschläge oder sonstige kritische Anregungen sind wir dankbar. Berlin, Leipzig, Bonn im Oktober 2010 Olaf Reidt

Thomas Stickler

Heike Glahs

Bearbeiter: Diehr

§§ 97, 98, Anl. zu § 98 Nr. 4, 100, 104 GWB; § 4 (teilweise) VgV

Ganske

§§ 99, 101, 129b GWB; §§ 6a, 16 VgV

Glahs

Einleitung, §§ 101a, 101b, 125–129a GWB; §§ 3, 14, 23, 24 VgV

Reidt

Vor §§ 97–101b, Vor §§ 102–124, §§ 102, 105–115a GWB

Stickler

Vor §§ 116–124, §§ 116–124 GWB; §§ 1, 2, 4 (teilweise), 5, 6, 17 VgV

VI

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XV

Text der §§ 97–129b GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Text der VgV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Erster Abschnitt: Vergabeverfahren Vorbemerkung zu §§ 97–101b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

§ 97

Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

§ 98

Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

Anlage (zu § 98 Nr. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 § 99

Öffentliche Aufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

§ 100

Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

§ 101

Arten der Vergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366

§ 101a

Informations- und Wartepflicht. . . . . . . . . . . . . . . . 398

§ 101b

Unwirksamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Zweiter Abschnitt: Nachprüfungsverfahren I. Nachprüfungsbehörden

Vorbemerkung zu §§ 102–124 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 § 102

Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436

§ 103

(weggefallen) VII

Inhaltsverzeichnis Seite

§ 104

Vergabekammern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446

§ 105

Besetzung, Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

§ 106

Einrichtung, Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463

§ 106a

Abgrenzung der Zuständigkeit der Vergabekammern . . . 471 II. Verfahren vor der Vergabekammer

§ 107

Einleitung, Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482

§ 108

Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535

§ 109

Verfahrensbeteiligte, Beiladung. . . . . . . . . . . . . . . . 551

§ 110

Untersuchungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562

§ 111

Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584

§ 112

Mündliche Verhandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607

§ 113

Beschleunigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615

§ 114

Entscheidung der Vergabekammer . . . . . . . . . . . . . . 628

§ 115

Aussetzung des Vergabeverfahrens . . . . . . . . . . . . . . 665

§ 115a

Ausschluss von abweichendem Landesrecht . . . . . . . . 709 III. Sofortige Beschwerde

§ 116

Zulässigkeit, Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 714

§ 117

Frist, Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733

§ 118

Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 748

§ 119

Beteiligte am Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . 769

§ 120

Verfahrensvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770

§ 121

Vorabentscheidung über den Zuschlag. . . . . . . . . . . . 777

§ 122

Ende des Vergabeverfahrens nach Entscheidung des Beschwerdegerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795

§ 123

Beschwerdeentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 803

§ 124

Bindungswirkung und Vorlagepflicht . . . . . . . . . . . . 813

VIII

Inhaltsverzeichnis Seite

Dritter Abschnitt: Sonstige Regelungen

Seite

§ 125

Schadensersatz bei Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . 827

§ 126

Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens . . . . . . . . 833

§ 127

Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 861

§ 128

Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer . . . . . . . 863

§ 129

Korrekturmechanismus der Kommission . . . . . . . . . . 879

§ 129a

Unterrichtungspflichten der Nachprüfungsinstanzen . . . 880

§ 129b

Regelungen für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 881

Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) Abschnitt 1: Vergabebestimmungen § 1 VgV

Zweck der Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 887

§ 2 VgV

Schwellenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 889

§ 3 VgV

Schätzung des Auftragswertes. . . . . . . . . . . . . . . . 897

§ 4 VgV

Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen . . . . 917

§ 5 VgV

Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen . . . . . . . . . 932

§ 6 VgV

Vergabe von Bauleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 936

§§ 6a–13 VgV (aufgehoben) § 14 VgV Bekanntmachungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 939 § 15 VgV (weggefallen) § 16 VgV Ausgeschlossene Personen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 § 17 VgV Melde- und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 973 §§ 18–22 VgV (aufgehoben)

IX

Inhaltsverzeichnis Seite

Abschnitt 2: Übergangs- und Schlussbestimmungen § 23 VgV Übergangsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976 § 24 VgV (Inkrafttreten, Außerkrafttreten) . . . . . . . . . . . . . . 977

Textanhang I. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Auszug. . . 979 II. Übersicht über die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen und die Vergabekammern des Bundes und der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 986 1. Landesrechtliche Ausführungsbestimmungen . . . . . . . . . . 986 2. Anschriften Vergabekammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988 III. Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes vom 15. Juli 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 990 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995

X

Abkürzungsverzeichnis a.F. ABl. Abs. Abschn. AEG AEUV AG AGVwGO AktG Alt. Anm. Art.

alte Fassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Absatz Abschnitt Allgemeines Eisenbahngesetz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Aktiengesellschaft Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung Aktiengesetz Alternative Anmerkung Artikel

BAnz. BauR BayVBl. BB BBG BFH BGB BGBl. BGH BHO BImSchG BkartA BKR BR-Drucks. BSG BSGE BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE

Bundesanzeiger Baurecht (Zeitschrift) Bayerische Verwaltungsblätter Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bundesbeamtengesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundeshaushaltsordnung Bundes-Immissionsschutzgesetz Bundeskartellamt Baukoordinierungsrichtlinie Bundesratsdrucksache Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

DB DLR

Der Betrieb (Zeitschrift) Dienstleistungsrichtlinie XI

Abkürzungsverzeichnis

DÖV DRiG DStR DVBl.

Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Richtergesetz Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)

EG EG/KOM EGKS EGV Einl. EnWG EStG EU EuGH EuRAG

Europäische Gemeinschaften EG-Kommission Euröpäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einleitung Energiewirschaftsgesetz Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäischer Wirtschaftsraum

EuZW EWG EWIV EWR FGG FS

Gesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Festschrift

GemHVO GewArch GmS-OGB GOBKartA GPA GVG GWB

Gemeindehaushaltsverordnung Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Geschäftsordnung des Bundeskartellamts Government Procurement Agreement Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Halbs. HGB HGrG

Halbsatz Handelsgesetzbuch Haushaltsgrundsätzegesetz

IBR

Immobilien und Baurecht (Zeitschrift)

JZ

Juristenzeitung (Zeitschrift)

XII

Abkürzungsverzeichnis

KG KV

Kammergericht, Kommanditgesellschaft Kostenverzeichnis

LHO lit. LKR LKV LSA

Landeshaushaltsordnung litera (Buchstabe) Lieferkoordinierungsrichtlinie Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) Land Sachsen-Anhalt

MDR m.w.N.

Monatsschrift für deutsches Recht (Zeitschrift) mit weiteren Nachweisen

NordÖR NVwZ NVwZ-RR NW NZA NZBau

Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungs-Report-Verwaltungsrecht (Zeitschrift) Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht

OHG OVG

Offene Handelsgesellschaft Oberverwaltungsgericht

PartGG

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz

RiNATO RL Rs. Rz.

NATO-Vergaberichtlinien Richtlinie Rechtssache Randziffer

SächsGemO Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen SKR Sektorenkoordinierungsrichtlinie Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs SZR Sonderziehungsrecht Tz.

Textziffer

UA UIG

Unterabsatz Umweltinformationsgesetz

XIII

Abkürzungsverzeichnis

VergabeR VergRL VermG

VÜA VwGO VwKostG VwVfG

Vergaberecht (Zeitschrift) Vergaberichtlinien Vermögensgesetz/Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtshof Vergaberechtsänderungsgesetz Vergabeverordnung Vergabekammer Verordnung Verordnung der Europäischen Gemeinschaften Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen Verdingungsordnung für Leistungen Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen Vergabeüberwachungsausschuss Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungskostengesetz Verwaltungsverfahrensgesetz

WRV WuW WuW/E

Weimarer Reichsverfassung Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift) WuW Entscheidungssammlung zum Kartellrecht

ZfBR

Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zivilprozessordnung Zeitschrift für deutsches und internationales Vergaberecht

VerwArch. VGH VgRÄG VgV VK VO VO [EG] VOB VOB/A VOB/B VOF VOL VOL/A VOL/B

ZHR ZIP ZPO ZVgR

XIV

Allgemeines Literaturverzeichnis

Bamberger/Rodt (Hrsg.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl. 2008 Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch Kommentar, 11. Aufl. 2009 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung Kommentar, 10. Aufl. 2010 Bechtold, Rainer, GWB Kommentar, 5. Aufl. 2008 Boesen, Arnold, Vergaberecht – Kommentar zum 4. Teil des GWB, 2000 Büdenbender/Kühne (Hrsg.), Das neue Energierecht in der Bewährung, Bestandsaufnahme und Perspektiven, Festschrift für Bauer, 2002 Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl. 2005 Calliess/Ruffert, Verfassungsrecht der Europäischen Union, 2006 Callies/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV Kommentar, 3. Aufl. 2007 Danner/Theobald (Hrsg.), Energierecht, Loseblatt-Kommentar, Stand August 2009 Daub/Eberstein (Hrsg.), Kommentar zur VOL/A, 4. Aufl. 2000 Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, 2008 Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft (Hrsg.), Nutzungsmischung als Schlüsselfaktor innerstädtischer Projektentwicklungen, 2008 Dreier, Horst (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl. 2008 Egger, Alexander, Europäisches Vergaberecht, 2008 Emmerich, Volker, Kartellrecht, 10. Aufl. 2008 Erdl, Cornelia, Der neue Vergaberechtsschutz, 1999 Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006 Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 12. Aufl. 2008 Feber, Andreas, Schadensersatzansprüche bei der Auftragsvergabe nach VOB/A, 1987 Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen (Hrsg.), VOB-Kommentar, 3. Aufl. 2007 Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblatt Kommentar, Stand März 2010 Frenz, Walter, Handbuch Europarecht, Band 3, Beihilfe- und Vergaberecht, 2007 XV

Allgemeines Literaturverzeichnis

Friesecke, Albrecht, Bundeswasserstraßengesetz Kommentar, 6. Aufl. 2009 Ganske, Matthias, Corporate Governance im öffentlichen Unternehmen, 2005 Gern, Alfons, Deutsches Kommunalrecht, 3. Aufl. 2003 Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 18. Aufl. 2008 Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Loseblatt-Kommentar, Stand Oktober 2009 Heiermann/Ax, Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, 1997 Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 11. Aufl. 2008 Henssler/Prütting (Hrsg.), Bundesrechtsanwaltsordnung, 3. Aufl. 2010 Herdegen, Matthias, Europarecht, 12. Aufl. 2010 Hertwig, Stefan, Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe, 4. Aufl. 2009 Hesse, Konrad, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1999 Hoppe, Werner (Hrsg.), UVPG – Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 3. Aufl. 2007 Hüffer, Uwe, Aktiengesetz, 8. Aufl. 2008 Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht Band 2: GWB, 4. Aufl. 2007 Ingenstau/Korbion, VOB – Teile A und B – Kommentar, 17. Aufl. 2010 Jarass, Hans, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 3. Aufl. 1997 Jarass/Pieroth, Grundgesetz Kommentar, 10. Aufl. 2009 Jastrow/Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz Kommentar, 2006 Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß (Hrsg.), Das Recht der Auftragsvergabe, 1999 Kämmerer, Jörn Axel, Privatisierung – Typologie, Determinanten, Rechtspraxis, Folgen, 2001 Kapellmann/Messerschmidt (Hrsg.), VOB Teile A und B, 3. Aufl. 2010 Kapellmann/Vygen (Hrsg.), Jahrbuch Baurecht 2000 Karpenstein, Ulrich, Europäisches Exportkontrollrecht für Dual-use-Güter, 1998 Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, 2. Aufl. 2009 Kloepfer, Michael, Informationsrecht, 2002 Knack/Henneke (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2009 Koller/Roth/Morck, Handelsgesetzbuch Kommentar, 6. Aufl. 2007 XVI

Allgemeines Literaturverzeichnis

Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz Kommentar, 10. Aufl. 2008 Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 16. Aufl. 2009 Kulartz/Kus/Portz (Hrsg.), Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009 Kulartz/Marx/Portz/Prieß (Hrsg.), Kommentar zur VOL/A, 2. Aufl. 2010 Lampe-Helbig/Wörmann, Handbuch der Bauvergabe, 2. Aufl. 1995 Landmann/Rohmer (Hrsg.), Umweltrecht, Loseblatt-Kommentar, Stand Juli 2009 Langen/Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 11. Aufl. 2010 Leinemann, Rolf, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 4. Aufl. 2007 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, 2. Aufl. 2009 Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl. 2005 Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblatt-Kommentar, Stand Oktober 2009 Maurer, Hartmut, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2009 Meilicke/Graf von Westphalen/Hoffmann/Lenz/Wolff (Hrsg.), Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, 2. Aufl. 2006 Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2004 Motzke/Pietzcker/Prieß (Hrsg.), Kommentar zur VOB/A, 2001 Müller-Wrede, Malte (Hrsg.), Kompendium des Vergaberechts, 2008 Müller-Wrede, Malte (Hrsg.), Verdingungsordnung für Leistungen VOL/A, Kommentar, 2. Aufl. 2007 Müller-Wrede, Malte (Hrsg.), GWB-Vergaberecht, 2009 Müller-Wrede, Malte (Hrsg.), Kommentar zur VOF, 3. Aufl. 2008 Müller-Wrede, Malte (Hrsg.), ÖPP-Beschleunigungsgesetz, 2006 Münchener Kommentar zum Akteingesetz, 3. Aufl. 2008 Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, 5. Aufl. 2007; Band 5, 5. Aufl. 2009 Neumann/Nielandt/Philipp, Erbringung von Sozialleistungen nach Vergaberecht?, 2004 Noch, Rainer, Vergaberecht kompakt, 4. Aufl. 2008 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch Kommentar, 69. Aufl. 2010 Pastor, W. (Hrsg.), Festschrift für Hermann Korbion zum 60. Geburtstag, 1986 Pietzcker, Jost, Die Zweiteilung des Vergaberechts, 2001

XVII

Allgemeines Literaturverzeichnis

Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, 15. Aufl. 2010 Rossi, Matthias, Informationsfreiheitsgesetz Handkommentar, 2006 Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl. 2005 Sachs, Michael (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 5. Aufl. 2009 Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2007 Schmalz, Dieter, Allgemeines Verwaltungsrecht und Grundlagen des Verwaltungsrechtsschutzes, 3. Aufl. 1998 Schmitt, Susanne, Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG, 1999 Schoch, Friedrich, Informationsfreiheitsgesetz Kommentar, 2009 Schwarze, Jürgen (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009 Sodan/Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. 2010 Städtetag NRW (Hrsg.), Kommunale Grundstücksgeschäfte und Vergaberecht, Stand Februar 2008 Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 1, 13. Aufl. 2004 Steinberg, Philipp, Vergaberechtliche Steuerung als Verbundaufgabe, 2005 Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008 Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht: ein Lehrbuch für Studium und Praxis, 4. Aufl. 1995 Umbach/Clemens/Dollinger (Hrsg.), Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005 von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar Band 2, 5. Aufl. 2001 Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF Kommentar, 2. Aufl. 2008 Weyand, Rudolf, IBR-Online-Kommentar, Vergaberecht, Stand: März 2010 Willenbruch/Bischoff (Hrsg.), Kompaktkommentar Vergaberecht, 2008 Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band 1, 12. Aufl. 2007 Wurzl/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, 2. Aufl. 2010 Zöller, Richard, Zivilprozessordnung, 28. Aufl. 2010

XVIII

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)1 Auszug zuletzt geändert durch Art. 13 Abs. 21 des Gesetzes v. 25.5.2009, BGBl. I, S. 1102 ff.

Vierter Teil – Vergabe öffentlicher Aufträge Erster Abschnitt – Vergabeverfahren § 97 Allgemeine Grundsätze (1) Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist auf Grund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet. (3) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der Auftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge an Dritte vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren. (4) Aufträge werden an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. 3Andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. 1 Zuletzt geändert durch Art. 13 Abs. 21 des Gesetzes v. 25.5.2009, BGBl. I, S. 1102 ff.

1

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(4a) Auftraggeber können Präqualifikationssysteme einrichten oder zulassen, mit denen die Eignung von Unternehmen nachgewiesen werden kann. (5) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. (6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren zu treffen, insbesondere über die Bekanntmachung, den Ablauf und die Arten der Vergabe, über die Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote, über den Abschluss des Vertrages und sonstige Fragen des Vergabeverfahrens. (7) Die Unternehmen haben Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. § 98 Auftraggeber Öffentliche Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind: 1. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, 2. andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn Stellen, die unter Nummer 1 oder 3 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben. Das Gleiche gilt dann, wenn die Stelle, die einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, unter Satz 1 fällt, 3. Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, 4. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, wenn diese Tätigkeiten auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt werden, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder wenn Auftraggeber, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können; besondere oder ausschließliche Rechte sind Rechte, die dazu führen, dass die Aus2

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übung dieser Tätigkeiten einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs sind solche, die in der Anlage1 aufgeführt sind, 5. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Auslobungsverfahren von Stellen, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden, 6. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die mit Stellen, die unter die Nummern 1 bis 3 fallen, einen Vertrag über eine Baukonzession abgeschlossen haben, hinsichtlich der Aufträge an Dritte. Anlage (zu § 98 Nr. 4) Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs sind: 1. Trinkwasserversorgung: 1Das

Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport oder der Verteilung von Trinkwasser sowie die Versorgung dieser Netze mit Trinkwasser; 2dies gilt auch, wenn diese Tätigkeit mit der Ableitung und Klärung von Abwässern oder mit Wasserbauvorhaben sowie Vorhaben auf dem Gebiet der Bewässerung und der Entwässerung im Zusammenhang steht, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 Prozent der mit dem Vorhaben oder den Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellten Gesamtwassermenge ausmacht; 3bei Auftraggebern nach § 98 Nr. 4 ist es keine Tätigkeit der Trinkwasserversorgung, sofern die Gewinnung von Trinkwasser für die Ausübung einer anderen Tätigkeit als der Trinkwasser oder Energieversorgung oder des Verkehrs erforderlich ist, die Lieferung an das öffentliche Netz nur vom Eigenverbrauch des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 abhängt und unter Zu1 S. nachstehend.

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grundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Trinkwassergewinnung des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 ausmacht; 2. Elektrizitäts- und Gasversorgung: 1

Das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Strom oder der Gewinnung von Gas sowie die Versorgung dieser Netze mit Strom oder Gas; 2die Tätigkeit von Auftraggebern nach § 98 Nr. 4 gilt nicht als eine Tätigkeit der Elektrizitäts- und Gasversorgung, sofern die Erzeugung von Strom oder Gas für die Ausübung einer anderen Tätigkeit als der Trinkwasseroder Energieversorgung oder des Verkehrs erforderlich ist, die Lieferung von Strom oder Gas an das öffentliche Netz nur vom Eigenverbrauch abhängt, bei der Lieferung von Gas auch nur darauf abzielt, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen, wenn unter Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres bei der Lieferung von Strom nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Energieerzeugung des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 ausmacht, bei der Lieferung von Gas nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4; 3. Wärmeversorgung: 1Das

Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Wärme sowie die Versorgung dieser Netze mit Wärme; 2die Tätigkeit gilt nicht als eine Tätigkeit der Wärmeversorgung, sofern die Erzeugung von Wärme durch Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 sich zwangsläufig aus der Ausübung einer anderen Tätigkeit als auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs ergibt, die Lieferung an das öffentliche Netz nur darauf abzielt, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen und unter Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 ausmacht; 4. Verkehr: Die Bereitstellung und der Betrieb von Flughäfen zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im Luftverkehr durch Flughafenunternehmen, die insbesondere eine Genehmigung nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 2008 (BGBl. I S. 1229) erhalten haben oder einer solchen bedürfen; 4

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die Bereitstellung und der Betrieb von Häfen oder anderen Verkehrsendeinrichtungen zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im See- oder Binnenschiffsverkehr; das Erbringen von Verkehrsleistungen, die Bereitstellung oder das Betreiben von Infrastruktureinrichtungen zur Versorgung der Allgemeinheit im Eisenbahn-, Straßenbahn- oder sonstigen Schienenverkehr, mit Seilbahnen sowie mit automatischen Systemen, im öffentlichen Personenverkehr im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes auch mit Kraftomnibussen und Oberleitungsbussen. § 99 Öffentliche Aufträge (1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, Baukonzessionen und Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen. (2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf der Ratenkauf oder Leasing, Miet- oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen. (3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen. (4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter Absatz 2 oder Absatz 3 fallen. (5) Auslobungsverfahren im Sinne dieses Teils sind nur solche Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber auf Grund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan verhelfen sollen. (6) Eine Baukonzession ist ein Vertrag über die Durchführung eines Bauauftrags, bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einem Entgelt in dem befristeten Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. 5

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(7) Ein öffentlicher Auftrag, der sowohl den Einkauf von Waren als auch die Beschaffung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat, gilt als Dienstleistungsauftrag, wenn der Wert der Dienstleistungen den Wert der Waren übersteigt. Ein öffentlicher Auftrag, der neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, gilt als Dienstleistungsauftrag. (8) Für einen Auftrag zur Durchführung mehrerer Tätigkeiten gelten die Bestimmungen für die Tätigkeit, die den Hauptgegenstand darstellt. Ist für einen Auftrag zur Durchführung von Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung, des Verkehrs oder des Bereichs der Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz und von Tätigkeiten von Auftraggebern nach § 98 Nr. 1 bis 3 nicht feststellbar, welche Tätigkeit den Hauptgegenstand darstellt, ist der Auftrag nach den Bestimmungen zu vergeben, die für Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 gelten. Betrifft eine der Tätigkeiten, deren Durchführung der Auftrag bezweckt, sowohl eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung, des Verkehrs oder des Bereichs der Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz als auch eine Tätigkeit, die nicht in die Bereiche von Auftraggebern nach § 98 Nr. 1 bis 3 fällt, und ist nicht feststellbar, welche Tätigkeit den Hauptgegenstand darstellt, so ist der Auftrag nach denjenigen Bestimmungen zu vergeben, die für Auftraggeber mit einer Tätigkeit auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs oder des Bundesberggesetzes gelten. § 100 Anwendungsbereich (1) Dieser Teil gilt nur für Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 festgelegt sind (Schwellenwerte). (2) Dieser Teil gilt nicht für Arbeitsverträge und für Aufträge, a) die auf Grund eines internationalen Abkommens im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen vergeben werden und für die besondere Verfahrensregeln gelten; b) die auf Grund eines internationalen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, für ein von den Unterzeichnerstaaten gemeinsam zu verwirklichendes und zu tragendes Projekt, für das andere Verfahrensregeln gelten, vergeben werden; 6

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c) die auf Grund des besonderen Verfahrens einer internationalen Organisation vergeben werden; d) aa) die in Übereinstimmung mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland für geheim erklärt werden, bb) deren Ausführung nach diesen Vorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert, cc) bei denen es ein Einsatz der Streitkräfte oder die Umsetzung von Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung oder wesentliche Sicherheitsinteressen bei der Beschaffung von Informationstechnik oder Telekommunikationsanlagen gebieten oder dd) bei denen der Schutz sonstiger wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates es gebietet; e) die dem Anwendungsbereich des Artikels 296 Abs. 1 Buchstabe b des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unterliegen; f) die bei Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung die Beschaffung von Wasser oder bei Tätigkeiten auf dem Gebiet der Energieversorgung die Beschaffung von Energie oder von Brennstoffen zur Energieerzeugung zum Gegenstand haben; g) die an eine Person vergeben werden, die ihrerseits Auftraggeber nach § 98 Nr. 1, 2 oder 3 ist und ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht zur Erbringung der Leistung hat; h) über Erwerb oder Mietverhältnisse über oder Rechte an Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen ungeachtet ihrer Finanzierung; i) von Auftraggebern nach § 98 Nr. 4, soweit sie anderen Zwecken dienen als der Sektorentätigkeit; j) die den Kauf, die Entwicklung, die Produktion oder Koproduktion von Programmen zum Gegenstand haben und die zur Ausstrahlung durch Rundfunkoder Fernsehanstalten bestimmt sind sowie über die Ausstrahlung von Sendungen; k) die hauptsächlich den Zweck haben, dem Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Telekommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen; l) über Schiedsgerichts- und Schlichtungsleistungen; m) über finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumen ten, insbesondere Geschäfte, die der Geld- oder Ka7

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pitalbeschaffung der Auftraggeber dienen, sowie Dienstleistungen der Zentralbanken; n) über Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, es sei denn, ihre Ergebnisse werden ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit und die Dienstleistung wird vollständig durch den Auftraggeber vergütet, o) von aa) Auftraggebern, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, an ein mit diesem Auftraggeber verbundenes Unternehmen oder bb) einem gemeinsamen Unternehmen, das mehrere Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, ausschließlich zur Durchführung dieser Tätigkeiten gebildet haben, an ein Unternehmen, das mit einem dieser Auftraggeber verbunden ist, sofern mindestens 80 Prozent des von diesem verbundenen Unternehmen während der letzten drei Jahre in der Europäischen Union erzielten durchschnittlichen Umsatzes im entsprechenden Lieferoder Bau- oder Dienstleistungssektor aus der Erbringung dieser Lieferungen oder Leistungen für den mit ihm verbundenen Auftraggeber stammen; dies gilt auch, sofern das Unternehmen noch keine drei Jahre besteht, wenn zu erwarten ist, dass in den ersten drei Jahren seines Bestehens wahrscheinlich mindestens 80 Prozent erreicht werden; werden die gleichen oder gleichartigen Lieferungen oder Bauoder Dienstleistungen von mehr als einem mit dem Auftraggeber verbundenen Unternehmen erbracht, so wird die Prozentzahl unter Berücksichtigung des Gesamtumsatzes errechnet, den diese verbundenen Unternehmen mit der Erbringung der Lieferung oder Leistung erzielen; § 36 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend; p) die aa) ein gemeinsames Unternehmen, das mehrere Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, ausschließlich zur Durchführung von diesen Tätigkeiten gebildet haben, an einen dieser Auftraggeber oder bb) ein Auftraggeber, der auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig ist, an ein gemeinsames Unternehmen im Sinne des Doppelbuchstaben aa, an dem er beteiligt ist, 8

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vergibt, sofern das gemeinsame Unternehmen errichtet wurde, um die betreffende Tätigkeit während eines Zeitraumes von mindestens drei Jahren durchzuführen, und in dem Gründungsakt festgelegt wird, dass die dieses Unternehmen bildenden Auftraggeber dem Unternehmen zumindest während des gleichen Zeitraumes angehören werden; § 101 Arten der Vergabe (1) Die Vergabe von öffentlichen Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen erfolgt in offenen Verfahren, in nicht offenen Verfahren, in Verhandlungsverfahren oder im wettbewerblichen Dialog. (2) Offene Verfahren sind Verfahren, in denen eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird. (3) Bei nicht offenen Verfahren wird öffentlich zur Teilnahme, aus dem Bewerberkreis sodann eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. (4) Ein wettbewerblicher Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge durch Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, soweit sie nicht auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, und § 98 Nr. 5. In diesem Verfahren erfolgen eine Aufforderung zur Teilnahme und anschließend Verhandlungen mit ausgewählten Unternehmen über alle Einzelheiten des Auftrags. (5) Verhandlungsverfahren sind Verfahren, bei denen sich der Auftraggeber mit oder ohne vorherige öffentliche Aufforderung zur Teilnahme an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren über die Auftragsbedingungen zu verhandeln. (6) Eine elektronische Auktion dient der elektronischen Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes. Ein dynamisches elektronisches Verfahren ist ein zeitlich befristetes ausschließlich elektronisches offenes Vergabeverfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Spezifikationen den Anforderungen des Auftraggebers genügen. (7) Öffentliche Auftraggeber haben das offene Verfahren anzuwenden, es sei denn, auf Grund dieses Gesetzes ist etwas anderes gestattet. Auftraggebern stehen, soweit sie auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren und das Verhandlungsverfahren nach ihrer Wahl zur Verfügung. 9

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§ 101a Informations- und Wartepflicht (1) Der Auftraggeber hat die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist. Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach den Sätzen 1 und 2 geschlossen werden. Wird die Information per Fax oder auf elektronischem Weg versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an. (2) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. § 101b Unwirksamkeit (1) Ein Vertrag ist von Anfang an unwirksam, wenn der Auftraggeber 1. gegen § 101a verstoßen hat oder 2. einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren nach Absatz 2 festgestellt worden ist. (2) Die Unwirksamkeit nach Absatz 1 kann nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist. Hat der Auftraggeber die Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht, endet die Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit 30 Kalendertage nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union.

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Zweiter Abschnitt – Nachprüfungsverfahren I. Nachprüfungsbehörden § 102 Grundsatz Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge der Nachprüfung durch die Vergabekammern. § 103 (weggefallen) § 104 Vergabekammern (1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden Aufträge, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechnenden Aufträge wahr. (2) Rechte aus § 97 Abs. 7 sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden. (3) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Befugnisse der Kartellbehörden zur Verfolgung von Verstößen insbesondere gegen §§ 19 und 20 bleiben unberührt. § 105 Besetzung, Unabhängigkeit (1) Die Vergabekammern üben ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze unabhängig und in eigener Verantwortung aus. (2) Die Vergabekammern entscheiden in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern, von denen einer ein ehrenamtlicher Beisitzer ist. Der Vorsitzende und der hauptamtliche Beisitzer müssen Beamte auf Lebenszeit mit der Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder vergleichbar fachkundige Angestellte sein. Der Vorsitzende oder der hauptamtliche Beisitzer müssen die Befähigung zum Richteramt haben; 11

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in der Regel soll dies der Vorsitzende sein. Die Beisitzer sollen über gründliche Kenntnisse des Vergabewesens, die ehrenamtlichen Beisitzer auch über mehrjährige praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Vergabewesens verfügen. (3) Die Kammer kann das Verfahren dem Vorsitzenden oder dem hauptamtlichen Beisitzer ohne mündliche Verhandlung durch unanfechtbaren Beschluss zur alleinigen Entscheidung übertragen. Diese Übertragung ist nur möglich, sofern die Sache keine wesentlichen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und die Entscheidung nicht von grundsätzlicher Bedeutung sein wird. (4) Die Mitglieder der Kammer werden für eine Amtszeit von fünf Jahren bestellt. Sie entscheiden unabhängig und sind nur dem Gesetz unterworfen. § 106 Einrichtung, Organisation (1) Der Bund richtet die erforderliche Anzahl von Vergabekammern beim Bundeskartellamt ein. Einrichtung und Besetzung der Vergabekammern sowie die Geschäftsverteilung bestimmt der Präsident des Bundeskartellamts. Ehrenamtliche Beisitzer und deren Stellvertreter ernennt er auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der öffentlich-rechtlichen Kammern. Der Präsident des Bundeskartellamts erlässt nach Genehmigung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine Geschäftsordnung und veröffentlicht diese im Bundesanzeiger. (2) Die Einrichtung, Organisation und Besetzung der in diesem Abschnitt genannten Stellen (Nachprüfungsbehörden) der Länder bestimmen die nach Landesrecht zuständigen Stellen, mangels einer solchen Bestimmung die Landesregierung, die die Ermächtigung weiter übertragen kann. Die Länder können gemeinsame Nachprüfungsbehörden einrichten. § 106a Abgrenzung der Zuständigkeit der Vergabekammern (1) Die Vergabekammer des Bundes ist zuständig für die Nachprüfung der Vergabeverfahren 1. des Bundes; 2. von Auftraggebern im Sinne des § 98 Nr. 2, sofern der Bund die Beteiligung überwiegend verwaltet oder die sonstige Finanzierung über12

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wiegend gewährt hat oder über die Leitung überwiegend die Aufsicht ausübt oder die Mitglieder des zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organs überwiegend bestimmt hat, es sei denn, die an dem Auftraggeber Beteiligten haben sich auf die Zuständigkeit einer anderen Vergabekammer geeinigt; 3. von Auftraggebern im Sinne des § 98 Nr. 4, sofern der Bund auf sie einen beherrschenden Einfluss ausübt; ein beherrschender Einfluss liegt vor, wenn der Bund unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Auftraggebers besitzt oder über die Mehrheit der mit den Anteilen des Auftraggebers verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Auftraggebers bestellen kann; 4. von Auftraggebern im Sinne des § 98 Nr. 5, sofern der Bund die Mittel überwiegend bewilligt hat; 5. von Auftraggebern nach § 98 Nr. 6, sofern die unter § 98 Nr. 1 bis 3 fallende Stelle dem Bund zuzuordnen ist; 6. die im Rahmen der Organleihe für den Bund durchgeführt werden. (2) Wird das Vergabeverfahren von einem Land im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund durchgeführt, ist die Vergabekammer dieses Landes zuständig. Ist in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 bis 6 ein Auftraggeber einem Land zuzuordnen, ist die Vergabekammer des jeweiligen Landes zuständig. (3) In allen anderen Fällen wird die Zuständigkeit der Vergabekammern nach dem Sitz des Auftraggebers bestimmt. Bei länderübergreifenden Beschaffungen benennen die Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung nur eine zuständige Vergabekammer.

II. Verfahren vor der Vergabekammer § 107 Einleitung, Antrag (1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein. (2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, 13

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dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. (3) Der Antrag ist unzulässig, soweit 1. der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat, 2. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, 3. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, 4. mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages nach § 101b Abs. 1 Nr. 2. § 101a Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt. § 108 Form (1) Der Antrag ist schriftlich bei der Vergabekammer einzureichen und unverzüglich zu begründen. Er soll ein bestimmtes Begehren enthalten. Ein Antragsteller ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat einen Empfangsbevollmächtigten im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu benennen. (2) Die Begründung muss die Bezeichnung des Antragsgegners, eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung und die Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel enthalten sowie darlegen, dass die Rüge gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist; sie soll, soweit bekannt, die sonstigen Beteiligten benennen. § 109 Verfahrensbeteiligte, Beiladung Verfahrensbeteiligte sind der Antragsteller, der Auftraggeber und die Unternehmen, deren Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend be14

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rührt werden und die deswegen von der Vergabekammer beigeladen worden sind. Die Entscheidung über die Beiladung ist unanfechtbar. § 110 Untersuchungsgrundsatz (1) Die Vergabekammer erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle ist die Vergabekammer nicht verpflichtet. Sie achtet bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird. (2) Die Vergabekammer prüft den Antrag darauf, ob er offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Dabei berücksichtigt die Vergabekammer auch ei- nen vorsorglich hinterlegten Schriftsatz (Schutzschrift) des Auftraggebers. Sofern der Antrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, übermittelt die Vergabekammer dem Auftraggeber eine Kopie des Antrags und fordert bei ihm die Akten an, die das Vergabeverfahren dokumentieren (Vergabeakten). Der Auftraggeber hat die Vergabeakten der Kammer sofort zur Verfügung zu stellen. Die §§ 57 bis 59 Abs. 1 bis 5 sowie § 61 gelten entsprechend. § 111 Akteneinsicht (1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. (2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen geboten ist. (3) Jeder Beteiligte hat mit Übersendung seiner Akten oder Stellungnahmen auf die in Absatz 2 genannten Geheimnisse hinzuweisen und diese in den Unterlagen entsprechend kenntlich zu machen. Erfolgt dies nicht, kann die Vergabekammer von seiner Zustimmung auf Einsicht ausgehen. (4) Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.

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§ 112 Mündliche Verhandlung (1) Die Vergabekammer entscheidet auf Grund einer mündlichen Verhandlung, die sich auf einen Termin beschränken soll. Alle Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Zustimmung der Beteiligten oder bei Unzulässigkeit oder bei offensichtlicher Unbegründetheit des Antrags kann nach Lage der Akten entschieden werden. (2) Auch wenn die Beteiligten in dem Verhandlungstermin nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten sind, kann in der Sache verhandelt und entschieden werden. § 113 Beschleunigung (1) Die Vergabekammer trifft und begründet ihre Entscheidung schriftlich innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Dieser Zeitraum soll nicht länger als zwei Wochen dauern. Er begründet diese Verfügung schriftlich. (2) Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, wie es einem auf Förderung und raschen Abschluss des Verfahrens bedachten Vorgehen entspricht. Den Beteiligten können Fristen gesetzt werden, nach deren Ablauf weiterer Vortrag unbeachtet bleiben kann. § 114 Entscheidung der Vergabekammer (1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. (2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 113 Abs. 1 gilt in diesem Fall nicht. 16

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(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die §§ 61 und 86a Satz 2 gelten entsprechend. § 115 Aussetzung des Vergabeverfahrens (1) Informiert die Vergabekammer den öffentlichen Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1 den Zuschlag nicht erteilen. (2) Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Falle Gegenstand der Abwägung sein. Das Beschwerdegericht kann auf Antrag das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 wiederherstellen; § 114 Abs. 2 Satz 1 bleibt unberührt. Wenn die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 den sofortigen Zuschlag gestatten. Für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht gilt § 121 Abs. 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 entsprechend. Eine sofortige Beschwerde nach § 116 Abs. 1 ist gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach diesem Absatz nicht zulässig. (3) Sind Rechte des Antragstellers aus § 97 Abs. 7 im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Kammer auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde. Diese Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar. Die Vergabekammer kann die von ihr getroffenen weiteren 17

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vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchsetzen; die Maßnahmen sind sofort vollziehbar. § 86a Satz 2 gilt entsprechend. (4) Macht der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 100 Abs. 2 Buchstabe d geltend, entfällt das Verbot des Zuschlages nach Absatz 1 zwei Kalendertage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller; die Zustellung ist durch die Vergabekammer unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vorzunehmen. Auf Antrag kann das Beschwerdegericht das Verbot des Zuschlages wiederherstellen. § 121 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 sowie Abs. 3 und 4 finden entsprechende Anwendung. § 115a Ausschluss von abweichendem Landesrecht Soweit dieser Unterabschnitt Regelungen zum Verwaltungsverfahren enthält, darf hiervon durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

III. Sofortige Beschwerde § 116 Zulässigkeit, Zuständigkeit (1) Gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie steht den am Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten zu. (2) Die sofortige Beschwerde ist auch zulässig, wenn die Vergabekammer über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der Frist des § 113 Abs. 1 entschieden hat; in diesem Fall gilt der Antrag als abgelehnt. (3) Über die sofortige Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Oberlandesgericht; für Streitigkeiten über Entscheidungen von Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die Landessozialgerichte zuständig. Bei den Oberlandesgerichten wird ein Vergabesenat gebildet. (4) Rechtssachen nach den Absätzen 1 und 2 können von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung anderen Oberlandesgerichten oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 18

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§ 117 Frist, Form (1) Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung, im Fall des § 116 Abs. 2 mit dem Ablauf der Frist beginnt, schriftlich bei dem Beschwerdegericht einzulegen. (2) Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss enthalten: 1. die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, 2. die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt. (3) Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. (4) Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. § 118 Wirkung (1) Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern. (2) Das Gericht lehnt den Antrag nach Absatz 1 Satz 3 ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens. 19

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(3) Hat die Vergabekammer dem Antrag auf Nachprüfung durch Untersagung des Zuschlags stattgegeben, so unterbleibt dieser, solange nicht das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nach § 121 oder § 123 aufhebt. § 119 Beteiligte am Beschwerdeverfahren An dem Verfahren vor dem Beschwerdegericht beteiligt sind die an dem Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten. § 120 Verfahrensvorschriften (1) Vor dem Beschwerdegericht müssen sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. (2) Die §§ 69, 70 Abs. 1 bis 3, § 71 Abs. 1 und 6, §§ 71a, 72, 73 mit Ausnahme der Verweisung auf § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung, die §§ 78, 111 und 113 Abs. 2 Satz 1 finden entsprechende Anwendung. § 121 Vorabentscheidung über den Zuschlag (1) Auf Antrag des Auftraggebers oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens. (2) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und gleichzeitig zu begründen. Die zur Begründung des Antrags vorzutragenden Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen. Bis zur Ent20

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scheidung über den Antrag kann das Verfahren über die Beschwerde ausgesetzt werden. (3) Die Entscheidung ist unverzüglich längstens innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen und zu begründen; bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch begründete Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Ihre Begründung erläutert Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens. § 120 findet Anwendung. (4) Gegen eine Entscheidung nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsmittel nicht zulässig. § 122 Ende des Vergabeverfahrens nach Entscheidung des Beschwerdegerichts Ist der Auftraggeber mit einem Antrag nach § 121 vor dem Beschwerdegericht unterlegen, gilt das Vergabeverfahren nach Ablauf von zehn Tagen nach Zustellung der Entscheidung als beendet, wenn der Auftraggeber nicht die Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens ergreift, die sich aus der Entscheidung ergeben; das Verfahren darf nicht fortgeführt werden. § 123 Beschwerdeentscheidung Hält das Gericht die Beschwerde für begründet, so hebt es die Entscheidung der Vergabekammer auf. In diesem Fall entscheidet das Gericht in der Sache selbst oder spricht die Verpflichtung der Vergabekammer aus, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden. Auf Antrag stellt es fest, ob das Unternehmen, das die Nachprüfung beantragt hat, durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt ist. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend. § 124 Bindungswirkung und Vorlagepflicht (1) Wird wegen eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften Schadensersatz begehrt und hat ein Verfahren vor der Vergabekammer stattgefunden, ist das ordentliche Gericht an die bestandskräftige Entscheidung der 21

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Vergabekammer und die Entscheidung des Oberlandesgerichts sowie gegebenenfalls des nach Absatz 2 angerufenen Bundesgerichtshofs über die Beschwerde gebunden. (2) Will ein Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen oder hält es den Rechtsstreit wegen beabsichtigter Abweichung von Entscheidungen eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts für grundsätzlich bedeutsam, so legt es die Sache dem Bundesgerichtshof vor. Der Bundesgerichtshof entscheidet anstelle des Oberlandesgerichts. Der Bundesgerichtshof kann sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt scheint. Die Vorlagepflicht gilt nicht im Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und nach § 121.

Dritter Abschnitt – Sonstige Regelungen § 125 Schadensersatz bei Rechtsmissbrauch (1) Erweist sich der Antrag nach § 107 oder die sofortige Beschwerde nach § 116 als von Anfang an ungerechtfertigt, ist der Antragsteller oder der Beschwerdeführer verpflichtet, dem Gegner und den Beteiligten den Schaden zu ersetzen, der ihnen durch den Missbrauch des Antrags- oder Beschwerderechts entstanden ist. (2) Ein Missbrauch ist es insbesondere, 1. die Aussetzung oder die weitere Aussetzung des Vergabeverfahrens durch vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgetragene falsche Angaben zu erwirken; 2. die Überprüfung mit dem Ziel zu beantragen, das Vergabeverfahren zu behindern oder Konkurrenten zu schädigen; 3. einen Antrag in der Absicht zu stellen, ihn später gegen Geld oder andere Vorteile zurückzunehmen. (3) Erweisen sich die von der Vergabekammer entsprechend einem besonderen Antrag nach § 115 Abs. 3 getroffenen vorläufigen Maßnahmen als von Anfang an ungerechtfertigt, hat der Antragsteller dem Auftraggeber den aus der Vollziehung der angeordneten Maßnahme entstandenen Schaden zu ersetzen. 22

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§ 126 Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens Hat der Auftraggeber gegen eine den Schutz von Unternehmen bezweckende Vorschrift verstoßen und hätte das Unternehmen ohne diesen Verstoß bei der Wertung der Angebote eine echte Chance gehabt, den Zuschlag zu erhalten, die aber durch den Rechtsverstoß beeinträchtigt wurde, so kann das Unternehmen Schadensersatz für die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an einem Vergabeverfahren verlangen. Weiterreichende Ansprüche auf Schadensersatz bleiben unberührt. § 127 Ermächtigungen Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen erlassen 1. zur Umsetzung der vergaberechtlichen Schwellenwerte der Richtlinien der Europäischen Union in ihrer jeweils geltenden Fassung; 2. über das bei der Vergabe durch Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, einzuhaltende Verfahren, über die Auswahl und die Prüfung der Unternehmen und der Angebote, über den Abschluss des Vertrags und sonstige Regelungen des Vergabeverfahrens; 3. weggefallen 4. weggefallen 5. weggefallen 6. über ein Verfahren, nach dem öffentliche Auftraggeber durch unabhängige Prüfer eine Bescheinigung erhalten können, dass ihr Vergabeverhalten mit den Regeln dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften übereinstimmt; 7. über ein freiwilliges Streitschlichtungsverfahren der Europäischen Kommission gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 92/13/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Februar 1992 (ABl. EG Nr. L 76 S. 14); 8. über die Informationen, die von den Auftraggebern dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu übermitteln sind, um Verpflichtungen aus Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaft zu erfüllen; 23

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9. über die Voraussetzungen, nach denen Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder der Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, sowie Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz von der Verpflichtung zur Anwendung dieses Teils befreit werden können, sowie über das dabei anzuwendende Verfahren einschließlich der erforderlichen Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes. § 128 Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer (1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz findet Anwendung. (2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden. (3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, hat der Antragsteller die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden. (4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Nimmt der Antragsteller seinen Antrag zurück, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu erstatten. § 80 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.

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§ 129 Korrekturmechanismus der Kommission (1) Erhält die Bundesregierung im Laufe eines Vergabeverfahrens vor Abschluss des Vertrages eine Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, dass diese der Auffassung ist, es liege ein schwerer Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich der öffentlichen Aufträge vor, der zu beseitigen sei, teilt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie dies dem Auftraggeber mit. (2) Der Auftraggeber ist verpflichtet, innerhalb von 14 Kalendertagen nach Eingang dieser Mitteilung dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine umfassende Darstellung des Sachverhaltes zu geben und darzulegen, ob der behauptete Verstoß beseitigt wurde, oder zu begründen, warum er nicht beseitigt wurde, ob das Vergabeverfahren Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens ist oder aus sonstigen Gründen ausgesetzt wurde. (3) Ist das Vergabeverfahren Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens oder wurde es ausgesetzt, so ist der Auftraggeber verpflichtet, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unverzüglich über den Ausgang des Nachprüfungsverfahrens zu informieren. § 129a Unterrichtungspflichten der Nachprüfungsinstanzen Die Vergabekammern und die Oberlandesgerichte unterrichten das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bis zum 31. Januar eines jeden Jahres über die Anzahl der Nachprüfungsverfahren des Vorjahres und deren Ergebnisse. § 129b Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz (1) Auftraggeber, die nach dem Bundesberggesetz berechtigt sind, Erdöl, Gas, Kohle oder andere Festbrennstoffe aufzusuchen oder zu gewinnen, müssen bei der Vergabe von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträgen oberhalb der in Artikel 16 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energieund Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. EU Nr. L 134 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1422/2007 der Kommission vom 4. Dezember 2007 (ABl. EU Nr. L 317 S. 34) geändert worden ist, 25

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festgelegten Schwellenwerte zur Durchführung der Aufsuchung oder Gewinnung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der wettbewerbsorientierten Auftragsvergabe beachten. Insbesondere müssen sie Unternehmen, die ein Interesse an einem solchen Auftrag haben können, ausreichend informieren und bei der Auftragsvergabe objektive Kriterien zugrunde legen. Dies gilt nicht für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand die Beschaffung von Energie oder Brennstoffen zur Energieerzeugung ist. (2) Die Auftraggeber nach Absatz 1 erteilen der Europäischen Kommission über das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Auskunft über die Vergabe der unter diese Vorschrift fallenden Aufträge nach Maßgabe der Entscheidung 93/327/EWG der Kommission vom 13. Mai 1993 zur Festlegung der Voraussetzungen, unter denen die öffentlichen Auftraggeber, die geographisch abgegrenzte Gebiete zum Zwecke der Aufsuchung oder Förderung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen nutzen, der Kommission Auskunft über die von ihnen vergebenen Aufträge zu erteilen haben (ABl. EG Nr. L 129 S. 25). Sie können über das Verfahren gemäß der Rechtsverordnung nach § 127 Nr. 9 unter den dort geregelten Voraussetzungen eine Befreiung von der Pflicht zur Anwendung dieser Bestimmung erreichen.

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Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV)1 i.d.F. der Bekanntmachung vom 11.2.2003 (BGBl. I, S. 169), zuletzt geändert durch VO vom 7.6.2010 (BGBl. I, S. 724)

Abschnitt 1 – Vergabebestimmungen §1 Zweck der Verordnung (1) Die Verordnung trifft nähere Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, deren geschätzte Auftragswerte ohne Umsatzsteuer die in § 2 geregelten Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. (2) Bei Auftraggebern nach § 98 Nummer 1 bis 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt für Aufträge, die im Zusammenhang mit Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs (Sektorentätigkeiten) vergeben werden, die Sektorenverordnung vom 23. September 2009 (BGBl. I S. 3110). §2 Schwellenwerte Der Schwellenwert beträgt 1. für Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten oder oberen Bundesbehörden sowie vergleichbarer Bundeseinrichtungen 125 000 Euro; im Verteidigungsbereich gilt dies bei Lieferaufträgen nur für Waren, die im Anhang V der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114, L 351 vom 26.11.2004, S. 44), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1177/ 2009 der Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 30. No1 Neugefasst durch Bek. v. 11.2.2003, BGBl. I, S. 169; zuletzt geändert durch die Verordnung zur Anpassung der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) sowie der Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung – SektVO) vom 7.6.2010, BGBl. I vom 10.6.2010, S. 724 ff.

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2. 3. 4. 5. 6.

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vember 2009 (ABl. L 314 vom 1.12.2009, S. 64) geändert worden ist, aufgeführt sind. Dieser Schwellenwert gilt nicht für a) Dienstleistungen des Anhangs II Teil A Kategorie 5 der Richtlinie 2004/18/EG, deren Code nach der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) (ABl. L 340 vom 16.12.2002, S. 1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 213/2008 der Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 28. November 2007 (ABl. L 74 vom 15.3.2008, S. 1) (CPV-Code), den CPC-Referenznummern 7524 (CPV-Referenznummer 64228000–0), 7525 (CPV-Referenznummer 64221000–1) und 7526 (CPV-Referenznummer 64227000–3) entspricht, sowie des Anhangs II Teil A Kategorie 8 der Richtlinie 2004/18/EG oder b) Dienstleistungen des Anhangs II Teil B der Richtlinie 2004/18/ EG; für diese Dienstleistungen gilt der Schwellenwert nach Nummer 2; für alle anderen Liefer- und Dienstleistungsaufträge 193 000 Euro; für Bauaufträge 4 845 000 Euro; für Auslobungsverfahren, die zu einem Dienstleistungsauftrag führen sollen, dessen Schwellenwert; für die übrigen Auslobungsverfahren der Wert, der bei Dienstleistungsaufträgen gilt; für Lose von Bauaufträgen nach Nummer 3: 1 Million Euro oder bei Losen unterhalb von 1 Million Euro deren addierter Wert ab 20 vom Hundert des Gesamtwertes aller Lose und für Lose von Dienstleistungsaufträgen nach Nummer 1 oder 2: 80 000 Euro oder bei Losen unterhalb von 80 000 Euro deren addierter Wert ab 20 vom Hundert des Gesamtwertes aller Lose. §3 Schätzung des Auftragswertes

(1) Bei der Schätzung des Auftragswertes ist von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung einschließlich etwaiger Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter auszugehen. Dabei sind alle Optionen oder etwaige Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. (2) Der Wert eines beabsichtigten Auftrages darf nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden, den Auftrag der Anwendung dieser Verordnung zu entziehen. 28

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(3) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen ist der Auftragswert zu schätzen 1. entweder auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwertes entsprechender aufeinander folgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder 2. auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aufeinander folgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden. (4) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert 1. bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge; 2. bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert. (5) Bei Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Wert aller Lieferleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführungen der Bauleistungen erforderlich sind und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. (6) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen elektronischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während deren Laufzeit geplant sind. (7) Besteht die beabsichtigte Beschaffung aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, ist der Wert aller Lose zugrunde zu legen. Bei Lieferaufträgen gilt dies nur für Lose über gleichartige Lieferungen. (8) Bei Auslobungsverfahren, die zu einem Dienstleistungsauftrag führen sollen, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an Teilnehmer. Bei allen übrigen Auslobungsverfahren entspricht der Wert der Summe aller Preisgelder und sonstigen Zahlungen an Teilnehmer sowie des Wertes des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der Auftraggeber dies in der Bekanntmachung des Auslobungsverfahrens nicht ausschließt. 29

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(9) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes ist der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet oder das Vergabeverfahren auf andere Weise eingeleitet wird. §4 Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen (1) Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen sowie bei der Durchführung von Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungen führen sollen, die Bestimmungen des 2. Abschnittes des Teiles A der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 2009 (BAnz. Nr. 196a vom 29. Dezember 2009), geändert durch Bekanntmachung vom 19. Februar 2010 (BAnz. Nr. 32 vom 26. Februar 2010, BAnz. S. 755) anzuwenden, wenn in den §§ 5 und 6 nichts anderes bestimmt ist. (2) Für Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt Absatz 1 hinsichtlich der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen und für Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungen führen sollen. (3) Bei Aufträgen, deren Gegenstand Personennahverkehrsleistungen der Kategorie Eisenbahnen sind, gilt Absatz 1 mit folgenden Maßgaben: 1. Bei Verträgen über einzelne Linien mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren ist einmalig auch eine freihändige Vergabe ohne sonstige Voraussetzungen zulässig. 2. Bei längerfristigen Verträgen ist eine freihändige Vergabe ohne sonstige Voraussetzungen im Rahmen des § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes zulässig, wenn ein wesentlicher Teil der durch den Vertrag bestellten Leistungen während der Vertragslaufzeit ausläuft und anschließend im Wettbewerb vergeben wird. Die Laufzeit des Vertrages soll zwölf Jahre nicht überschreiten. Der Umfang und die vorgesehenen Modalitäten des Auslaufens des Vertrages sind nach Abschluss des Vertrages in geeigneter Weise öffentlich bekannt zu machen. (4) Für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A sind, gelten § 8 EG, § 15 EG Absatz 10 und § 23 EG VOL/A sowie die Regelungen des Abschnitts 1 der VOL/A mit Ausnahme von § 7 VOL/A. (5) Aufträge, die sowohl Dienstleistungen nach Anhang I Teil A der VOL/A als auch Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A zum 30

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Gegenstand haben, werden nach Abschnitt 2 der VOL/A vergeben, wenn der Wert der Dienstleistung nach Anhang I Teil A überwiegt. (6) Beim Kauf technischer Geräte und Ausrüstungen oder bei Ersetzung oder Nachrüstung vorhandener technischer Geräte und Ausrüstungen sind im Falle des Absatzes 1 die Bestimmungen des Abschnittes 2 des Teiles A der VOL/A mit folgenden Maßgaben anzuwenden: 1. § 8 EG VOL/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass mit der Leistungsbeschreibung im Rahmen der technischen Anforderungen von den Bietern Angaben zum Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen zu fordern sind; dabei ist in geeigneten Fällen eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder eine vergleichbare Methode zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit vom Bieter zu fordern; 2. § 19 EG VOL/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen als Kriterium bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigt werden kann. §5 Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 und 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben bei der Vergabe von Dienstleistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigen angeboten werden, sowie bei Auslobungsverfahren, die zu solchen Dienstleistungen führen sollen, die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. November 2009 (BAnz. Nr. 185a vom 8. Dezember 2009) anzuwenden. Dies gilt nicht für Dienstleistungen, deren Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. §6 Vergabe von Bauleistungen (1) Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben bei der Vergabe von Bauaufträgen und Baukonzessionen die Bestimmungen des 2. Abschnittes des Teiles A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Juli 2009 (BAnz. Nr. 155a vom 15. Oktober 2009), geändert durch Bekanntmachung vom 19. Februar 2010 (BAnz. 31

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Nr. 36 vom 5. März 2010, BAnz. S. 940) anzuwenden; für die in § 98 Nr. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber gilt dies nur hinsichtlich der Bestimmungen, die auf diese Auftraggeber Bezug nehmen. (2) Bei der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen sind im Falle des Absatzes 1 die Bestimmungen des Abschnittes 2 des Teiles A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) mit folgenden Maßgaben anzuwenden: 1. § 7 VOB/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass mit der Leistungsbeschreibung im Rahmen der technischen Spezifikationen von den Bietern Angaben zum Energieverbrauch der technischen Geräte und Ausrüstungen, deren Lieferung Bestandteil einer Bauleistung ist, zu fordern sind, es sei denn, die auf dem Markt angebotenen Geräte und Ausrüstungen unterscheiden sich im rechtlich zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig; dabei ist in geeigneten Fällen eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder eine vergleichbare Methode zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit vom Bieter zu fordern; 2. § 16 VOB/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen, deren Lieferung Bestandteil einer Bauleistung ist, als Kriterium bei der Wertung der Angebote berücksichtigt werden kann. §§ 6a–13 (aufgehoben) § 14 Bekanntmachungen (1) Die Auftraggeber geben in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen die Anschrift der Vergabekammer an, der die Nachprüfung obliegt. (2) Bei Bekanntmachungen im Amtsblatt der Europäischen Union nach diesen Bestimmungen haben die Auftraggeber die Bezeichnungen des Gemeinsamen Vokabulars für das öffentliche Auftragswesen (Common Procurement Vocabulary – CPV) zur Beschreibung des Auftragsgegenstandes zu verwenden.

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(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt im Bundesanzeiger einen Hinweis auf die Rechtsvorschrift zur Änderung der CPV bekannt. § 15 (aufgehoben) § 16 Ausgeschlossene Personen (1) Als Organmitglied oder Mitarbeiter eines Auftraggebers oder als Beauftragter oder als Mitarbeiter eines Beauftragen eines Auftraggebers dürfen bei Entscheidungen in einem Vergabeverfahren für einen Auftraggeber als voreingenommen geltende natürliche Personen nicht mitwirken, soweit sie in diesem Verfahren: 1. Bieter oder Bewerber sind, 2. einen Bieter oder Bewerber beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzliche Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten, 3. a) bei einem Bieter oder Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, Aufsichtsrates oder gleichartigen Organs tätig sind, oder b) für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen tätig sind, wenn dieses Unternehmen zugleich geschäftliche Beziehungen zum Auftraggeber und zum Bieter oder Bewerber hat, es sei denn, dass dadurch für die Personen kein Interessenkonflikt besteht oder sich die Tätigkeiten nicht auf die Entscheidungen in dem Vergabeverfahren auswirken. (2) Als voreingenommen gelten auch die Personen, deren Angehörige die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 erfüllen. Angehörige sind der Verlobte, der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten und Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten und Lebenspartner, Geschwister der Eltern sowie Pflegeeltern und Pflegekinder. § 17 Melde- und Berichtspflichten (1) Die Auftraggeber übermitteln der zuständigen Stelle eine jährliche statistische Aufstellung der im Vorjahr vergebenen Aufträge, und zwar 33

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getrennt nach öffentlichen Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträgen (§§ 4 bis 6). (2) Für jeden Auftraggeber enthält die statistische Aufstellung mindestens die Anzahl und den Wert der vergebenen Aufträge. Die Daten werden soweit möglich wie folgt aufgeschlüsselt: a) nach den jeweiligen Vergabeverfahren, b) nach Waren, Dienstleistungen und Bauarbeiten gemäß den Kategorien der CPV-Nomenklatur, c) nach der Staatsangehörigkeit des Bieters, an den der Auftrag vergeben wurde. (3) Werden die Aufträge im Verhandlungsverfahren vergeben, so werden die Daten auch nach den in § 3 EG Absatz 3 und 4 VOL/A, § 3 Absatz 1 und 4 VOF und § 3a Absatz 5 und 6 VOB/A genannten Fallgruppen aufgeschlüsselt und enthalten die Anzahl und den Wert der vergebenen Aufträge nach Staatszugehörigkeit der erfolgreichen Bieter zu einem Mitgliedstaat der EU oder einem Drittstaat. (4) Die Daten enthalten zudem die Anzahl und den Gesamtwert der Aufträge, die auf Grund der Ausnahmeregelungen zum Beschaffungsübereinkommen vergeben wurden. (5) Die statistischen Aufstellungen für oberste und obere Bundesbehörden und vergleichbare Bundeseinrichtungen enthalten auch den geschätzten Gesamtwert der Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte sowie nach Anzahl und Gesamtwert der Aufträge, die auf Grund der Ausnahmeregelungen zum Beschaffungsübereinkommen vergeben wurden. Sie enthalten keine Angaben über Dienstleistungen der Kategorie 8 des Anhangs I Teil A und über Fernmeldedienstleistungen der Kategorie 5, deren CPC-Referenznummern 7524 (CPV-Referenznummer 64228000-0), 7525 (CPV-Referenznummer 64221000-1) und 7526 (CPVReferenznummer 64227000-3) lauten, sowie über Dienstleistungen des Anhangs I Teil B, sofern der geschätzte Wert ohne Umsatzsteuer unter 193 000 Euro liegt. §§ 18 bis 22 (aufgehoben)

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Abschnitt 2 – Übergangs- und Schlussbestimmungen § 23 Übergangsbestimmungen Bereits begonnene Vergabeverfahren werden nach dem Recht, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt, beendet. Bis zu drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung begonnene Vergabeverfahren, bei denen eine elektronische Angebotsabgabe zugelassen ist, können nach den Verfahrensvorschriften, welche vor Inkrafttreten dieser Verordnung galten, abgewickelt werden, wenn dies in der Bekanntmachung festgelegt ist. § 24 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten) Die Änderungen durch die Verordnung zur Anpassung der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) sowie der Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung – SektVO) v. 7.6.2010 sind am 11.6.2010 in Kraft getreten.

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Einleitung I. Die historische Entwicklung des Vergaberechts 1. Von den Anfängen bis zum Erlass der ersten EG-Richtlinie . . . . . . . . . . . 1 2. Von der ersten EG-Richtlinie bis zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 . . . . . . . . . . . . . 4 II. Überblick über das Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 III. Überblick über das Vergaberecht unterhalb der Schwellenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . 2. Verweis auf VOB/A und VOL/A . . . . . . . . . . . . . . . 3. Adressaten des Vergaberechts unterhalb der Schwellenwerte IV. Rechtsschutz bei Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte? . . . . . . . . . 1. Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . 2. Subjektives Recht? . . . . . . . 3. Besonderheiten im Verfahren vor den Zivilgerichten . . . . . . . . . . . . . .

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I. Die historische Entwicklung des Vergaberechts 1. Von den Anfängen bis zum Erlass der ersten EG-Richtlinie Eine Ausschreibung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen, die 1 die öffentliche Hand erteilt, war in Deutschland bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts bekannt und allgemeine Übung. Nachdem zunächst das Ausschreibungsverfahren sowie die Angebotsabgabe öffentlich – ähnlich einer Versteigerung – erfolgte, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts die Auftragsvergabe durch Submission, d.h. im schriftlichen Verfahren eingeführt1. Die Submission, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts galt, entsprach in Grundzügen dem heute noch geltenden Verfahren2. Anfang des 20. Jahrhunderts bestanden Bestrebungen, das bis dahin in Länderverordnungen festgelegte Verdingungswesen reichseinheitlich zu regeln. 1921 wurde im Reichstag ein Antrag auf Einbringung eines Reichsverdingungsgesetzes gestellt3. Bei den Beratungen kamen die Abgeordneten jedoch zu der Überzeugung, dass die Vergabe von Bauaufträgen durch die öffentliche Hand nicht Teil der staatlich-hoheitlichen Tätigkeit sei, sondern dass der Staat 1 Lampe-Helbig/Wörmann, Handbuch der Bauvergabe, Rz. 10; vgl. allgemein: Schubert in FS Korbion, 1986, S. 389; von Jagenburg, 100 Jahre „Kölner VOB“, BauR 1989, 17. 2 Lampe-Helbig/Wörmann, Handbuch der Bauvergabe, 2. Aufl., S. 5, Rz. 10. 3 Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB, Einl. Rz. 10.

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Einleitung in diesem Bereich ebenso wie eine Privatperson zu behandeln sei. Damit war der Weg, das Vergaberecht als reines Innenrecht auszugestalten, geebnet1. Die Reichsregierung wurde ersucht, einen Ausschuss zu bilden, der für die Vergabe von Leistungen und Lieferungen einheitliche Grundsätze für das Reich und die Länder schaffen sollte. Diesem Ausschuss sollten sachverständige Vertreter der beteiligten Ressorts und Vertreter der zuständigen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen angehören. Daraufhin wurde der Reichsverdingungsausschuss gegründet. 2 Dessen Arbeit wurde im Jahre 1947 vom deutschen Verdingungsausschuss für Bauleistungen übernommen2. Dieser Ausschuss heißt heute Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) bzw. Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Lieferungen und Leistungen. Ihre Zusammensetzung ist paritätisch unter Beteiligung von öffentlichen Auftraggebern einerseits und Spitzenorganisationen der Wirtschaft und der Technik andererseits. Den Ausschüssen gehören Ressorts des Bundes und der Länder, sonstige Spitzenbehörden, die kommunalen Spitzenverbände und die Spitzenorganisation der Wirtschaft und der Technik an. Die Ausschüsse haben die Aufgabe, Grundsätze für die sachgerechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen bzw. Liefer- und Dienstleistungsaufträgen zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen verfasst die VOB/A und VOB/B. Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Lieferungen und Leistungen verfasst die VOL/A und VOL/B.3 3 Folge der Einschätzung, es handele sich um Privatrecht, war, dass der Staat einerseits keine Möglichkeit mehr hatte, hoheitlich zu handeln, und dass auf der anderen Seite den Bürgern das ihnen gegen hoheitliches Handeln zustehende Einspruchs- und Klagerecht nicht zur Verfügung stand4. Die von dem Verdingungsausschuss erlassenen Verdingungsordnungen hatten keinen Rechtsnormcharakter. Sie waren reines Innenrecht und dienten dem Grundsatz sparsamer Haushaltsführung durch den öffentlichen Auftraggeber, der in § 55 BHO, § 55 LHO NW und § 25 GemHVO NW sowie den entsprechenden Landesgesetzen ausdrücklich angesprochen wird, nicht aber dem Schutz einzelner Bieter5. Um den 1 Lampe-Helbig/Wörmann, Handbuch der Bauvergabe, S. 5, Rz. 10. 2 Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB, Einl. Rz. 10. 3 Vgl. Arbeits- und Organisationsschema des DVAL, verabschiedet von der Hauptversammlung des DVAL am 16.9.2009. 4 OLG Stuttgart BauR 1976, 435; BVerfG NZBau 2006, 791 (794); BVerwG NZBau 2007, 389 (392); Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (101). 5 BVerfG NZBau 2006, 791 (794); BVerwG NZBau 2007, 389 (392); Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (101).

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Einleitung Verdingungsordnungen widersprechende Handlungen zu unterbinden, blieb zunächst nur der Weg über die Fach- und Rechtsaufsicht oder die Dienstaufsichtsbeschwerde1. 2. Von der ersten EG-Richtlinie bis zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 In der Praxis zeigte sich mehr und mehr, dass diese Lösung unbefriedi- 4 gend war. Es wurde einerseits von den nationalen Gerichten nach Lösungen gesucht, um Betroffenen Rechtsschutz zu gewähren, sei es über den Weg des Kartellrechts, sei es über Art. 3 GG. Hinzu kam, dass EG-rechtliche Vorgaben die Bundesrepublik zwangen, Rechtsschutzmöglichkeiten und Ähnliches einzuführen. Ausgangspunkt für das heutige Vergaberecht ist das Europarecht, und zwar einerseits die Bestimmungen des EG-Vertrages bzw. heute des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und des Vertrages über die Europäische Union und andererseits die Vorschriften der Richtlinien über die Koordinierung der Vergabe öffentlicher Aufträge. Für das öffentliche Auftragswesen sind die primär-rechtlichen Vorschrif- 5 ten über die Markt- oder Grundfreiheiten, insbesondere den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, sowie das Diskriminierungsverbot besonders bedeutsam. Diese Grundsätze sind heute in Art. 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vom 1.12.2009 (Diskriminieurungsverbot, ex. Art. 12 EGV) und in Art. 28 (freier Warenverkehr, ex. Art. 28 EGV) und Art. 45 ff. AEUV (freier Dienstleistungsund Kapitalverkehr, ex. Art. 39 und 43 EGV) niedergelegt. Die Grundfreiheiten gelten oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte. 6 Sie haben aber heute für Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte die größere Bedeutung. Denn nach Ansicht des EuGH liegt ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten vor, wenn ein Auftrag unterhalb der Schwellenwerte, jedoch mit grenzüberschreitender Bedeutung ohne Bekanntmachung der geplanten Auftragsvergabe und ohne Wettbewerbsverfahren im weiteren Sinne vergeben wird2. Der EuGH hat keine Einzelheiten dazu festgelegt, wie ein transparentes Bewerbungsverfahren durchgeführt werden kann oder muss.

1 BVerfG, NZBau 2006, 791 (794); BVerwG, NZBau 2007, 389 (392); Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (101). 2 EuGH, Urt. v. 21.7.2005 – Rs. 231/03, NZBau 2005, 592; EuGH, Urt. v. 13.10. 2005 – Rs. 458/03, NZBau 2005, 644.

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Einleitung Hierzu liegt inzwischen die Mitteilung der EU-Kommission zur Auslegung von Fragen im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge, die nicht unter die Vergaberichtlinien fallen, vom 1.8.2006 vor1. Die Mitteilung ist nicht verbindlich. Mit der Mitteilung will die Europäische Kommission die Rechtsprechung des EuGH zur Anwendung der Grundfreiheiten auf Verträge außerhalb des Anwendungsbereichs der Vergaberichtlinien in konkrete Leitlinien für die Ausgestaltung von Bekanntmachungen, Verfahren, Rechtsschutz etc. umsetzen. Die Mitteilung der Kommission befasst sich mit der Verpflichtung zur Veröffentlichung der geplanten Vergabe, mit der Beachtung der Prinzipien der Nichtdiskriminierung sowie der Transparenz beim Ablauf eines Vergabeverfahrens und mit den Vorgaben zum Rechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte. Die Bundesrepublik hat gegen die Mitteilung der EU-Kommission eine Nichtigkeitsklage vor dem EuG mit der Begründung erhoben, die Kommission greife durch die Mitteilung in unzulässiger Weise in die Rechte der Mitgliedsstaaten ein. Das EuG hat die Klage der Bundesrepublik durch Urteil vom 20.5.2010 mit sehr ausführlicher Begründung als unzulässig abgewiesen2. Im Ausgangspunkt stellt das Gericht fest, es sei zu prüfen, ob die Mitteilung der Kommission nur die Bestimmungen über den freien Warenverkehr, die Niederlassungsfreiheit, den freien Dienstleistungsverkehr, das Diskriminierungsverbot, die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit sowie die Regeln der Transparenz und der gegenseitigen Anerkennung erläuterte oder ob sie gegenüber diesen Bestimmungen, Grundsätzen und Regeln spezifische oder neue Verpflichtungen festlegte. Diesem Ausgangspunkt folgend wird in dem Urteil der Inhalt der Mitteilung der Kommission im Einzelnen daraufhin überprüft, ob sie eine zutreffende Erläuterung der Grundfreiheiten beinhalte. Dies bejaht das Gericht. Die Mitteilung enthalte keine Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge, die über die Verpflichtungen hinausgehen, die sich aus dem bestehenden Gemeinschaftsrecht ergeben. Damit steht nunmehr fest, dass auch bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen oder Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte, soweit sie Binnenmarktrelevanz haben, eine vorherige europaweite Bekanntmachung erfolgen muss. Auch im Übrigen muss das Verfahren und die Entscheidung, wem der Zuschlag erteilt wird, eine nicht diskriminierende und transparente Entscheidung sein. Keine Aussage enthält das Urteil zu der Frage, ob es unterhalb der Schwellenwerte einen angemessenen Primärrechtsschutz geben muss. 1 ABl. EU 2006/C179/2 v. 1.8.2006. 2 EuGH, Urteil vom 20.5.2010 – Rs. T-258/06, zitiert nach veris.

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Einleitung Allerdings gingen die Verantwortlichen auf EU-Ebene schon früh davon 7 aus, dass die Markt- oder Grundfreiheiten für sich genommen nicht ausreichen, um das Vergaberecht hinreichend zu regeln. Die EU-Kommission hat deshalb erstmals 1971 eine Richtlinie zur Koordinierung der Vergabe öffentlicher Bauaufträge verabschiedet. Ab 1990 hat die Rechtssetzungstätigkeit der Europäischen Kommission mit dem Erlass einer Vielzahl von Richtlinien erheblich zugenommen. Zu nennen sind u.a.: die Dienstleistungsrichtlinie (92/50/EWG), die Baukoordinierungsrichtlinie (93/37/EWG), die Lieferkoordinierungsrichtlinie (93/36/EWG); die Sektorenrichtlinie (93/38/EWG), die Rechtsmittelrichtlinie (89/665/EWG) und die Rechtsmittelrichtlinie betreffend die Sektoren (92/13/EWG). Diese Richtlinien wurden später ersetzt durch die Vergabekoordinierungsrichtlinie vom 31.3.2004 (2004/18/EG) und die Sektorenvergabekoordinierungsrichtlinie vom 31.3.2004 (2004/17/EG). Diese Richtlinien führen erstmals die Bestimmungen über Bauaufträge einerseits und Liefer- und Dienstleistungsaufträge andererseits in einer Richtlinie zusammen. Daneben gilt die Rechtsmittelrichtlinie vom 14.11.2007 (2007/66/ EG). Die EU-Richtlinien sind grundsätzlich kein unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedsstaaten, sondern müssen von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland erfolgt die Umsetzung über die §§ 97 ff. GWB, die Vergabeverordnung, die Sektorenverordnung sowie die VOB/A, die VOL/A und die VOF1. So werden durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 20092, und zwar durch die Änderung der §§ 97 ff. GWB sowie der Vergabeverordnung, die Richtlinien in nationales Recht umgesetzt. Durch die EU-Richtlinien ist eine Zweiteilung des Deutschen Vergabe- 8 rechts entstanden, weil die vorgenannten Richtlinien allesamt nur bei Auftragsvergaben oberhalb bestimmter geschätzter Auftragswerte (Schwellenwerte) anwendbar sind. Das Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte ist geprägt durch die Richtlinien der EU, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen und umgesetzt worden sind. Das Vergaberecht unterhalb der Schwellenwerte ist dagegen durch das nationale Recht, das weiterhin überwiegend haushaltsrechtlich bestimmt ist, geprägt und – sofern eine Binnenmarktrelevanz zu bejahen ist – durch die Grundfreiheiten des EG-Vertrages.

1 Siehe nachfolgend Rz. 9 ff. 2 BGBl. I, S. 790 ff.

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Einleitung II. Überblick über das Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte 9 Die Umsetzung der EU-Richtlinien erfolgt über die §§ 97 bis 129 GWB, die Vergabeverordnung, die VOB/A Abschnitt 2, die VOL/A Abschnitt 2, die VOF und die Sektorenverordnung. Dies sind die oberhalb der Schwellenwerte anwendbaren Bestimmungen. In den Jahren 2009 und 2010 sind im deutschen Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte eine Vielzahl von Änderungen eingeführt worden. So trat am 24.4.2009 das Gesetz zu den „Änderungen des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009“ in Kraft1. Weiter wurden die Abschnitte 3 und 4 der VOB/A und der VOL/A aufgehoben und die Vergabeverordnung entsprechend geändert, so dass für diese Aufträge nur noch die Sektorenverordnung gilt2. Schließlich sind weitere Änderungen an der Vergabeverordnung vorgenommen worden. Seit dem 11.6.2010 gilt die neue Vergabeverordnung3. 10 Das GWB bestimmt im Wesentlichen das das Verfahren zum Rechtsschutz der Bieter sowie die Grundzüge des materiellen Vergaberechts. Der erste Abschnitt (§§ 97 bis 101 GWB) regelt den Anwendungsbereich der Bestimmungen und die allgemeinen Grundsätze und Ziele des Vergaberechts. Von Bedeutung ist insbesondere § 97 Abs. 7 GWB. Dieser stellt klar, dass die Unternehmen einen Anspruch auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen haben, und begründet damit ein subjektives Recht auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen. Der zweite Abschnitt (§§ 102 bis 124 GWB) regelt das Vergabeverfahrensrecht, und zwar das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer sowie die sofortige Beschwerde zum OLG. Der dritte Abschnitt (§§ 125 bis 129 GWB) regelt zum Einen die sich bei Verstößen ergebenden Schadensersatzansprüche und zum Anderen die Kosten des Verfahrens sowie die Kostentragungspflicht. 11 Das materielle Vergaberecht ist nur mit seinen allgemeinen Grundsätzen im GWB geregelt. Die Details finden sich nicht im GWB, sondern in der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV), der Sektorenverordnung sowie in Abschnitt 2 der VOB/A, Abschnitt 2 der VOL/A sowie der VOF. 12 Die Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (SektVO) vom 23.9.2009 ist am 29.9.2009 in Kraft getreten:4 Die SektVO gilt für alle 1 2 3 4

BGBl. I, S. 790 ff. Siehe sogleich Rz. 12. BGBl. I Nr. 30, S. 724. BGBl. I, S. 3110.

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Einleitung Auftraggeber gemäß § 98 GWB, soweit sie im Sektorenbereich (Trinkwasserversorgung, Elektrizitäts- und Gasversorgung, Wärmeversorgung sowie Verkehrsbereich, d.h. Flughäfen, Häfen und Schienenverkehr etc.) tätig sind. Sie gilt nur oberhalb der Schwellenwerte und erfasst Bauaufträge, Liefer- und Dienstleistungsaufträge, einschließlich freiberuflicher Leistungen. Mit der SektVO sind die Abschnitte 3 und 4 der VOB/A bzw. VOL/A entfallen (vgl. Art. 2 SektVO); auch die VgV gilt in diesem Bereich nicht mehr. Die Besonderheit der Sektorenverordnung liegt darin, dass im deutschen Vergaberecht erstmals das Kaskadenprinzip durchbrochen wird. Im Sektorenbereich gelten künftig nur noch das GWB und die Sektorenverordnung. Mit den Inkrafttreten der Sektorenverordnung sind im Sektorenbereich verschiedene wesentliche Rechtsänderungen eingetreten. Die Sektorenverordnung gilt für alle Sektorenauftraggeber, d.h. die Unterscheidung zwischen Auftraggebern gemäß § 98 Nr. 1 bis 3 GWB und § 98 Nr. 4 GWB wurde aufgegeben. Im Sektorenbereich kann die Verfahrensart frei gewählt werden, es gibt keinen Vorrang des offenen oder nichtoffenen Verfahrens. Außerhalb der SektVO gilt die VgV.1 Ermächtigungsgrundlage der VgV ist § 97 Abs. 6 GWB. Die VgV verpflichtet insbesondere zur Anwendung der VOB/A, der VOL/A und der VOF. Dies hat zur Folge, dass die Verdingungsordnungen oberhalb der Schwellenwerte Rechtsnormcharakter haben. Mit Inkrafttreten der neuen Vergabeverordnung am 11.6.2010 gelten oberhalb der Schwellenwerte auch die VOB/A 2009, die VOL/A 2009 und die VOF 2009. Gemäß § 23 VgV sind bereits begonnene Vergabeverfahren nach dem Recht zu beenden, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt. III. Überblick über das Vergaberecht unterhalb der Schwellenwerte 1. Rechtsgrundlagen Unterhalb der Schwellenwerte gelten die EU-Vergaberichtlinien, die 13 §§ 97 ff. GWB und die Vergabeverordnung nicht. Da die VOB/A und die VOL/A keine Rechtsnormen sind, stellt sich die Frage, welche Regelungen unterhalb der Schwellenwerte überhaupt eingehalten werden müssen und ob und warum unterhalb der Schwellenwerte die VOB/A und VOL/A anwendbar sind. Ob und in welchem Umfang die VOB/A und VOL/A unterhalb der Schwellenwerte einzuhalten sind, ergibt sich aus dem jeweils geltenden Haushaltsrecht und den zugehörigen Erlassen. So bestimmt z.B. § 55 1 BGBl. 2010 Nr. 30, S. 724 ff.

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Einleitung BHO, dass der Vergabe eines Auftrags grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung vorauszugehen hat. Einzelheiten des Vergabeverfahrens regelt § 55 BHO nicht, vielmehr erlaubt § 55 Absatz 2 BHO den Erlass von einheitlichen Richtlinien. In diesen Richtlinien wird bestimmt, ob und in welchem Umfang die VOB/A oder die VOL/A anzuwenden sind. Auf Bundesebene erlassen die zuständigen Ministerien die entsprechenden Richtlinien. Auf Ebene der Länder und Kommunen gelten die Landeshaushaltsordnungen für die Landesverwaltung und die Gemeindehaushaltsverordnungen für die Gemeinden und Gemeindeverbände. Diese sehen in allen Bundesländern inhaltlich § 55 BHO entsprechende Regelungen sowohl in den Landeshaushaltsordnungen als auch in den Gemeindehaushaltsverordnungen vor. Gestützt auf den jeweiligen Absatz 2 der Vorschriften haben auch die Länder einheitliche Richtlinien für die Durchführung der Vergabeverfahren vorgesehen. Diese Erlasse bestimmen, wie das Vergabeverfahren durchzuführen ist, ob die VOB/A und VOL/A anzuwenden sind und ggf. welche Abweichungen erlaubt sind.1 Neben dem deutschen Haushaltsrecht gilt das europäische Primärrecht, soweit der Auftrag Binnenmarktrelevanz hat2. 2. Verweis auf VOB/A und VOL/A 14 Die Haushaltsordnungen selbst (z.B. § 55 BHO) bestimmen, dass dem Abschluss eines Auftrags eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen muss, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Zur Anwendung der VOB/A oder VOL/A verpflichten die Haushaltsordnungen also nicht. Hierzu verpflichten allenfalls die Erlasse, die gestützt auf das Haushaltsrecht (z.B. § 55 Abs. 2 BHO) festgelegt werden. Alle Erlasse auf Bundes- und Landesebene verpflichten zur Anwendung der VOB/A.3 Viele Erlasse sehen allerdings 1 Z.B. NRW – § 55 LHO, § 25 GemHVO, Runderlass des Innenministeriums zu den Vergabegrundsätze für Gemeinden v. 22.3.2006 (MinBl 2006, 222), ergänzt durch den Gemeinsamen Runderlass v. 3.2.2009 (AZ: 121 – 80-20/02); Hessen – § 55 LHO, § 30 GemHVO, Gemeinsamer Runderlass v. 1.11.2007 (AZ O 1082 A-1-IV 8B/IV 82) und 18.3.2009; Rheinland-Pfalz – § 55 LHO; § 31 GemHVO, Verwaltungsvorschrift v. 29.7.2004 (MinBl 2004, 303) sowie v. 13.2.2009 (AZ 8205-381068.1); alle anderen Bundesländer haben vergleichbare Regelungen. 2 Siehe Einleitung Rz. 6. 3 Vgl. NRW – Ziff. 4 des Gemeinsamen Runderlasses v. 22.3.2006 und 3.2.2009 (vgl. Fn. 11); Hessen – Ziff. 1 des Gemeinsamen Runderlasses in der Fassung v. 1.11.2007 und v. 18.3.2009; Rheinland-Pfalz – Ziff. 2.2 Verwaltungsvorschrift v. 29.7.2004 (vgl. Fn. 11).

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Einleitung Erleichterungen bei der Verfahrensart vor, wenn bestimmte Auftragswerte nicht überschritten werden.1 Bis 31.12.2010 kann bei Auftragswerten bis 100 000 Euro stets die freihändige Vergabe gewählt werden und bei Auftragswerten bis Euro 1 Mio. die beschränkte Ausschreibung, und zwar unabhängig davon, ob die sonstigen in § 3 VOB/A genannten Voraussetzungen vorliegen.2 Anders als bei der VOB/A ist die Rechtslage bei der Pflicht zur Anwendung der VOL/A unterschiedlich. So ist z.B. in NRW die Anwendung der VOL/A nur empfohlen; d.h. in NRW muss unterhalb der Schwellenwerte kein Vergabeverfahren gemäß VOL/A durchgeführt werden.3 Dagegen muss in der Mehrzahl der anderen Bundesländer auch die VOL/A zwingend angewendet werden. Die vorgenannten Erleichterungen bei Unterschreiten bestimmter Auftragswerte gelten hier auch im Bereich der VOL/A. 3. Adressaten des Vergaberechts unterhalb der Schwellenwerte Wer durch die Haushaltsvorschriften zur Anwendung der VOB/A oder 15 VOL/A verpflichtet wird, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern muss jeweils anhand des Haushaltsrechts sowie der Erlasse geprüft werden. Der Adressatenkreis entspricht nicht dem Adressatenkreis oberhalb der Schwellenwerte (§ 98 GWB). Da die Pflicht zur Durchführung eines Vergabeverfahrens aus dem Haus- 16 haltsrecht abgeleitet wird, ist nur derjenige gebunden, der an die entsprechende Haushaltsordnung gebunden ist. Dies ist insbesondere bei juristischen Personen des Privatrechts grundsätzlich nicht der Fall, weil das Haushaltsrecht nur Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts erfasst. Dies gilt sowohl für das Bundeshaushaltsrecht als auch für das Landeshaushalts- und das Gemeindehaushaltsrecht. So ist z.B. Ermächtigungsgrundlage zu § 25 GemHVO NW § 133 GO NW. Die GO NW verpflichtet aber kommunale Eigengesellschaft in der Rechtsform der GmbH oder AG nicht unmittelbar. Sie gilt nur für die Gemeinden, die unselbständigen Gliederungen der Gemeinden sowie die Anstalten des öffentlichen Rechts gemäß § 114a GO NW. Eine juristische Person des Privatrechts ist deshalb selbst dann, wenn ihr alleiniger Gesellschaf1 Vgl. die ähnlichen Regelungen: Hessen – Gemeinsamer Runderlass Ziff. 2.1; Rheinland-Pfalz – Ziff. 4.1 der Verwaltungsvorschriften v. 29.7.2004 (MinBl. 2004, 303). 2 Vgl. z.B. Gemeinsamer Runderlass für NRW v. 22.3.2006, MinBl 2006, 222 und v. 3.2.2009, 121-80-20/02. 3 Vgl. z.B. Gemeinsamer Runderlass für NRW v. 22.3.2006, MinBl 2006, 222 und v. 3.2.2009, 121-80-20/02.

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Einleitung ter eine Gemeinde ist, weder an die Gemeindeordnung noch an die Gemeindehaushaltsverordnung gebunden. Sie ist deshalb auch nicht verpflichtet, die Vergabebestimmungen der Haushaltsordnungen i.V.m. den Erlassen i.V.m. VOB/A oder VOL/A einzuhalten.1 Selbstverständlich kann aber die Gemeinde als Gesellschafter die GmbH zur Anwendung der VOB/A verpflichten, und die GmbH kann freiwillig Verfahren gemäß VOB/A durchführen. 17 In Niedersachsen, Baden-Württemberg und Sachsen bestehen allerdings Besonderheiten. In Niedersachsen verpflichtet das Landesvergabegesetz vom 15.12.2008 (GVBl. Nr. 27/2008, ausgegeben 22.12.2008) auch unterhalb der Schwellenwerte zur Anwendung der §§ 97 ff. GWB, VgV und VOB/A. Dies gilt allerdings nur für Bauaufträge und Aufträge im Personennahverkehr (nicht im sonstigen Bereich der VOL/A). Gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes sind auch juristische Personen, die unter § 98 Nr. 2 GWB fallen, gebunden. In Niedersachsen können also auch juristische Personen des Privatrechts unterhalb der Schwellenwerte gebunden sein. In Baden-Württemberg und Sachsen bestehen Regelungen, die die Gemeinde als Gesellschafter einer juristischen Person des Privatrechts verpflichten, die VOB/A einzuhalten. § 22 Abs. 7 des Mittelstandsförderungsgesetzes Baden-Württemberg2 i.V.m. § 106b GO BW verpflichten die baden-württembergischen Gemeinden, bei ihren Eigen- oder Mehrheitsgesellschaften ihre Gesellschafterrechte so auszuüben, dass diese die VOB/A anzuwenden haben. Dies gilt allerdings nur für nicht wirtschaftliche Unternehmen im Sinn von § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GO BW. Dies sind z.B. Unternehmen, die in den Bereichen Abfall, Bäder und Personennahverkehr tätig sind. Ähnliche Regelungen bestehen in Sachsen. § 5 Abs. 1 Sächsisches Vergabegesetz3 verpflichtet die Gemeinden bei Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des Privatrechts sicherzustellen, dass die vergaberechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Danach ist von kommunalen oder kommunal beherrschten Unternehmen des privaten Rechts bei der Vergabe von Bauleistungen ab einem Auftragswert von 50 000 Euro die VOB/A zu beachten. 18 Durch die Gemeindeordnungen und Gemeindehaushaltsverordnungen der Länder können aber die Gemeinde selbst, Gemeindeverbände, Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnliche Einrichtungen der Gemeinden sowie Kommunalunternehmen in der Rechtsform der kommunalen Anstalten 1 Vgl. z.B. Ziff. 1.2 des Runderlasses des Innenministeriums NRW v. 22.3.2006 (MinBl 2006, 222); übersehen von Kern, VergabeR 2008, 416 ff. 2 Gesetz vom 19.12.2000, GBl. S. 754. 3 Gesetz vom 8.7.2002, GVBl. Nr. 10/2002 und Nr. 14/2002.

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Einleitung des öffentlichen Rechts gebunden werden. Sie alle sind an das kommunale Haushaltsrecht gebunden, so dass jedenfalls der Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung gemäß § 55 BHO bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen gilt. Ob diese Einrichtungen allerdings auch verpflichtet sind, die VOB/A oder VOL/A anzuwenden, ist eine andere Frage. Diese kann nur anhand des konkreten Inhalts der jeweiligen Erlasse geklärt werden und ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. In NRW sind die Gemeinde selbst, eigenbetriebsähnliche Einrichtungen 19 der Gemeinde gemäß § 107 Abs. 2 GO NW sowie Zweckverbände, deren Hauptzweck nicht der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens ist, an die haushaltsrechtlichen Erlasse gebunden und verpflichtet, die Bestimmungen der VOB/A, nicht aber die der VOL/A einzuhalten. Dagegen sind Eigenbetriebe der Gemeinde ebenso wie Zweckverbände, deren Hauptzweck der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens ist, nicht an den Erlass und damit die Vergabevorschriften gebunden. Sie müssen deshalb bei Auftragsvergaben weder die VOL/A noch die VOB/A1 einhalten. In Thüringen gilt nach § 31 Abs. 2 Thüringer GemHVO, dass die gemeindlichen Regiebetriebe die VOB/A anwenden müssen. Gleiches gilt für Eigenbetriebe gemäß § 9 der Thüringer Eigenbetriebsverordnung. Auch in Rheinland-Pfalz müssen die Gemeinden, eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen sowie die Eigenbetriebe gemäß § 29 Eigenbetriebsverordnung die VOB/A anwenden2. In Bayern müssen die Gemeinden und ihre Regiebetriebe sowie die Eigenbetriebe die VOB/A anwenden (vgl. § 31 Abs. 2 KommHV und § 39 Eigenbetriebsverordnung). Auch die Rechtslage bei Kommunalunternehmen in der Rechtsform der 20 Anstalt des öffentlichen Rechts ist in den Bundesländern, in denen diese Rechtsform eingeführt wurde, unterschiedlich geregelt. In Bayern, Sachsen-Anhalt und Bayern besteht für kommunale Unternehmen in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts derzeit keine Pflicht, die VOB/A anzuwenden3. In Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz müssen dagegen Kommunalunternehmen in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts die VOB/A einhalten (vgl. Art. 3 Abs. 1, 14 Abs. 3 Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz Schleswig-Holstein sowie 1 Gesetz vom 19.12.2000, GBl. S. 754. 2 Neusinger/Schröder in Wurzl/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, 2005, H Rz. 51 ff. 3 Vgl. im Einzelnen Neusinger/Schröder in Wurzl/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, 2005, H Rz. 56 ff.

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Einleitung § 39 Eigenbetriebs- und Anstaltsverordnung Rheinland-Pfalz i.V.m. § 31 Gemeindehaushaltsverordnung sowie Erlasse). In Nordrhein-Westfalen gilt die Verwaltungsvorschrift des § 8 Satz 1 der Verordnung über kommunale Unternehmen und Einrichtungen als Anstalten des öffentlichen Rechts. Dort wird auf die Vergabegrundsätze nach § 25 GemHVO verwiesen, soweit die Auftragsvergabe der Erfüllung von durch Satzung übertragenen hoheitlichen Aufgaben in den Bereichen dient, die in § 107 Abs. 2 der GO NW aufgeführt sind. In Niedersachsen unterliegen die kommunalen Anstalten mangels einer ausdrücklichen Regelung generell keinen vergaberechtlichen Vorschriften. Allerdings gelten §§ 1 und 2 Abs. 1 Landesvergabegesetz bei Bauaufträgen ab 10 000 Euro die vergaberechtlichen Vorschriften oberhalb der Schwellenwerte (§§ 97 ff. GWB, VgV und VOB/A) kraft Anordnung des Landes auch unterhalb der Schwellenwerte und damit auch für die kommunale Anstalt. 21 Daneben kann jeder Private und natürlich auch jede kommunale GmbH verpflichtet sein, die VOB/A oder VOL/A einzuhalten. Dies ist der Fall, wenn sie durch ihre Gesellschafter zur Anwendung der VOB/A verpflichtet wird. Dies ist aber insbesondere und regelmäßig auch dann der Fall, wenn der Auftraggeber für das Projekt Zuwendungen erhalten hat. In (praktisch) jedem Zuwendungsbescheid ist die Verpflichtung enthalten, bei Auftragsvergaben die VOB/A und die VOL/A einzuhalten.1 Werden die Vergabevorschriften nicht eingehalten, besteht das Risiko, dass die Zuwendung ganz oder teilweise zurückgefordert wird. Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf eines rechtmäßig ergangenen Zuwendungsbescheides ist § 49 VwVfG, dessen Abs. 3 auch den Widerruf für die Vergangenheit ermöglicht. Ein Zuwendungsbescheid kann widerrufen werden, wenn eine nicht vergaberechtskonforme Auftragserteilung festgestellt wird. Die meisten Länder haben in Erlassen geregelt, wann bei Nichtbeachtung der VOB/A ein Widerruf regelmäßig erfolgen soll. Hat die Bewilligungsbehörde von Vergaberechtsverstößen Kenntnis erlangt, so muss sie umfassende Ermessenserwägungen über das Ob und das Wie eines Widerrufs anstellen. Kommt es zu einem Widerruf, muss stets die Möglichkeit einer betragsmäßigen Begrenzung erwogen werden. Allerdings ist es nicht so, dass der Widerruf des Zuwendungsbescheides auf den nachgewiesenen Schaden beschränkt ist, vielmehr können weitergehende Rückforderungen geltend gemacht werden. Bei schwerwiegenden Verstößen können auch dann, wenn der Schaden deutlich geringer ist, 20 bis 25 % der Zuwendungen zurückgefordert werden. 1 Vgl. OVG Münster, Urt. v. 2.9.2008 – 15 A 2328/06, DVBl 2008, 1450 (1451).

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Einleitung IV. Rechtsschutz bei Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte? Unterhalb der Schwellenwerte gelten die §§ 97 ff. GWB nicht, so dass 22 kein Nachprüfungsverfahren gemäß §§ 102 ff. GWB eingeleitet werden kann. Da die Pflicht zur Durchführung eines Vergabeverfahrens aus dem Haushaltsrecht abgeleitet wird, war es bis vor kurzem nahezu allgemeine Meinung, dass Bieter unterhalb der Schwellenwerte keinen Primärrechtsschutz beanspruchen können, vielmehr allenfalls Schadensersatzansprüche als Sekundäransprüche geltend machen können. Die Frage, ob unterhalb der Schwellenwerte eine Anspruch auf Primärrechtsschutz besteht, ist unterhalb der Schwellenwerte eine der in den letzten Jahren meistdiskutierten Fragen. 1. Rechtsweg Ob ein Anspruch erfolgreich geltend gemacht werden kann, ist von der 23 Frage, wo der Anspruch geltend gemacht werden kann, zu unterscheiden. Es war streitig, ob die Zivil- oder Verwaltungsgerichte zuständig sind. Einige Oberverwaltungsgerichte bejahten ihre Zuständigkeiten1, andere verneinten sie und verwiesen den Rechtsstreit an die Zivilgerichte2. Im Ausgangspunkt bestand zwischen den Oberverwaltungsgerichten Einigkeit. Da es sich bei dem Vergaberecht nicht um ein Über-Unterordnungsverhältnis handele, sondern ein Gleichordnungsverhältnis, liege eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nur vor, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet.3 Das OVG Münster und Koblenz haben gestützt auf die Zwei-Stufen-Theorie ein solches Sonderrecht bejaht, auch wenn der zu schließende Vertrag selbst dem Zivilrecht unterliegt. Dieser Ansicht ist das BVerwG nicht gefolgt und hat damit den Streit mit Beschl. vom 2.5.20074 entschieden. Das BVerwG hat festgestellt, dass grundsätzlich der Rechtsweg zu den Zivilgerichten und nicht zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei, weil die zu schließenden Verträge regelmäßig dem Zivilrecht unterlägen und weil traditionell das Handeln der 1 OVG Koblenz, NZBau 2005, 511; OVG Münster, NZBau 2006 97 L. 2 OVG Lüneburg, NZBau 2006, 670; OVG Schleswig, NZBau 2000, 216 L. 3 GmS-OGB, Beschl. v. 10.7.1989, NJW 1990, 1527; BVerwG, Beschl. v. 30.5.2006, NJW 2006, 2568. 4 BVerwG, Beschl. v. 2.5.2007 – 6 B 10.07, NZBau 2007, 389.

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Einleitung öffentlichen Hand im Beschaffungsbereich zivilrechtlich geprägt sei. Tragend für die Entscheidung ist der Umstand, dass auch öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen unbeschadet ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen wie jeder andere Auftraggeber als Nachfrager am Markt auftreten. Die öffentliche Hand bewegt sich bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in aller Regel auf dem Boden des Privatrechts, so dass für Streitigkeiten über die hierbei vorzunehmende Auswahl unter den Bietern nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Dies gilt selbstverständlich nur, wenn der Vertrag, der am Ende des Vergabeverfahrens geschlossen werden soll, ein privatrechtlicher Vertrag ist. Dies ist bei der großen Mehrzahl der Verträge der Fall. Es gibt aber Ausnahmen von diesem Grundsatz, so dass jeweils überprüft werden muss, welcher Rechtsnatur der zu schließende Vertrag ist. Handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, sind selbstverständlich die Verwaltungsgerichte zuständig. Würde z.B. ein Bieter eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen zwei Gemeinden nach dem Gesetz über kommunale Zusammenarbeit wegen Verstoß gegen Vergaberecht angreifen wollen, müsste er die Verwaltungsgerichte anrufen. Gleiches gilt, wenn Dienstleistungskonzessionen u. ä. in Rede stehen, bei denen die öffentliche Stelle anhand von öffentlich-rechtlichen Vorschriften ihre Entscheidungen trifft. Darüber hinaus sind die Verwaltungsgerichte auch weiterhin zuständig, wenn es um die Rückforderung von Zuwendungen wegen Verstoßes gegen Vergabegrundsätze, wenn es um kommunalaufsichtsrechtliche Streitigkeiten und sonstige Fälle geht, in denen eine Inzidentprüfung der Vergabeentscheidung erforderlich ist1. 2. Subjektives Recht? 24 Mit der Klärung der Frage, welcher Rechtsweg zulässig ist, ist nicht geklärt, ob der Bieter sein Rechtsschutzbegehren auch erfolgreich durchsetzen kann. Voraussetzung dafür ist, dass die Bieter auch unterhalb der Schwellenwerte einen Anspruch darauf haben, dass der öffentliche Auftraggeber die Vergabevorschriften und insbesondere die ersten Abschnitte der Vergabeordnungen einhält. Ob ein solcher Anspruch besteht und in welchem Umfang, ist im Einzelnen umstritten. Oberhalb der Schwellenwerte haben die Bieter ein subjektives Recht darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden. Dies ist in § 97 Abs. 7 GWB ausdrücklich geregelt. Dagegen ging der 1 Vgl. Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (99 f.).

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Einleitung Bundesgesetzgeber für den Bereich unterhalb der Schwellenwerte stets davon aus, dass der Bieter keine subjektiven Rechte im Hinblick auf die Einhaltung von Vergabevorschriften hat1. Diese Ansicht ist aber erst in der Literatur und dann in der Rechtsprechung mehr und mehr auf Kritik gestoßen. Die Stimmen derer, die auch unterhalb der Schwellenwerte subjektive Rechte für gegeben halten, nehmen zu. Das von der Vergabestelle einzuhaltende Haushaltsrecht ist isoliert be- 25 trachtet nicht geeignet, subjektive Rechte der Bieter zu begründen. Es ist dem reinen Innenrecht zuzuordnen und bindet den öffentlichen Auftraggeber allein im Innenverhältnis, nicht aber im Außenverhältnis gegenüber den Bietern2. Teils wird die Ansicht vertreten, ein Anspruch auf Einhaltung der Ver- 26 gabevorschriften bzw. auf Unterlassen eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften ergebe sich aus § 311 Abs. 2 und § 241 BGB. Denn könne ein Bieter gestützt auf § 311 Abs. 2 BGB Sekundäransprüche geltend machen, was seit langem anerkannt ist3, müsse er darauf gestützt auch Primäransprüche auf Unterlassen geltend machen können. Wird dieser Ansicht gefolgt, erübrigt sich die Frage, ob sich subjektive Rechte aus Art. 3 GG und sonstigen Grundsätzen ergeben können. Denn Anspruchsgrundlage ist dann ein auf §§ 311, 280 BGB gestützter Unterlassungsanspruch. Damit ist dann auch entschieden, dass die Überprüfung nicht auf eine bloße Überprüfung von Willkür beschränkt ist, wie es teilweise im Hinblick auf Art. 3 GG angenommen wird, sondern die Einhaltung der Vergabevorschriften umfassend überprüft werden muss. Es ist aber streitig, ob sich aus dem Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen auch ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 311, 280 BGB ergibt. Dies wir teils verneint, weil der auf § 311 Abs. 2 BGB gestützte Anspruch nicht auf Naturalersatz im Sinne des Abschlusses des erstrebten Vertrages, sondern ausschließlich auf Ersatz des Vertrauensschadens in Geld ginge4. Richtig und inzwischen wohl auch herrschend ist die Ansicht, dass sich ein subjektives Recht bzw. ein Unterlassungs-

1 Vgl. Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (101). 2 BVerfG, NZBau 2006, 791 (794); BVerwG, NZBau 2007, 389 (392); Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (101). 3 Vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 311 Rn 37 mit einer Vielzahl von Nachweisen zur Rechtsprechung auch aus der Zeit vor 1999. 4 LG Kreuznach, Beschl. v. 6.6.2007 – 2 O 198/07, NZBau 2007, 471; LG Arnsberg, Urt. v. 19.10.2007 – 8 O 134/07, NZBau 2008, 206; BGH, Urt. v. 27.9.1968 – V ZR 53/65, WM 1968, 1402 (1403).

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Einleitung anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 280 BGB herleiten lässt.1 Noch weitergehend wird sogar die Ansicht vertreten, eines „Umweges“ über § 280 BGB bedürfe es nicht, vielmehr ergebe sich der Unterlassungsanspruch unmittelbar aus § 311 Abs. 2 und § 241 Abs. 2 BGB2. Folge dieser Ansicht ist, dass der Unterlassungsanspruch nicht nur bei Willkür oder einem bewusst diskriminierenden Verhalten des Auftraggebers besteht, wie es bei einer Anspruchsgrundlage aus Art. 3 Abs. 1 GG teils vertreten wird, sondern dass ein weitergehender Unterlassungsanspruch unmittelbar aus dem Zivilrecht folgt. Die nachfolgenden Ausführungen zur Auslegung von Art. 3 GG3 sind dann für die Rechtspraxis ohne große Bedeutung, weil es dann auch des „Umweges“ über Art. 3 GG nicht bedarf. 27 Häufig wird angenommen, dass der Bieter ein subjektives Recht über Art. 3 GG und die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung erlangen kann. Unscharf bleiben aber die dogmatischen Grundlagen und der Umfang der subjektiven Rechte. So wird einerseits darauf abgestellt, es gelte Art. 3 GG und der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, andererseits wird in verschiedenen Urteilen festgehalten, es gelte „nur“ ein Willkürverbot. Die Unschärfe dürfte zum Teil darauf beruhen, dass eine alte Rechtsfrage geklärt werden müsste, von den Gerichten aber nicht eindeutig geklärt wird. 27a In der älteren (nicht vergaberechtlichen) Rechtsprechung wurde angenommen, dass Art. 3 GG im Bereich der Fiskalverwaltung nicht gilt. Daraus wurde gefolgert, dass auch der Grundsatz des Art. 3 GG i.V.m. den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung nicht gilt, sondern nur ein Willkürverbot, das aber der staatlichen Stelle einen deutlich größeren Handlungsspielraum belässt und nur greift, wenn vorsätzlich oder in grobem Maße der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird4. Manche inzwischen ergangenen zivilgerichtlichen Entscheidungen erwecken den Eindruck, dass sie an dieser Rechtsprechung festhalten wollen und nur bei sehr groben Verstößen Rechtsschutz gewährt werden soll, ohne dass um1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.5.2008 – 12 U 235/07, NZBau 2008, 735; OLG Brandenburg, IBR 2008, 529; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.10.2008 – 27 W 2108, IBR 2009, 100; OLG Jena, Beschl. v. 8.12.2008 – 9 U 431/08, IBR 2009, 101; vgl. auch BGH, NJW 1995, 1284; BGH; OLG Hamburg; Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 29.5.2008 – 12 U 235/07, NZBau 2008, 735; Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 280 Rn 63; Palandt/Grüneberg, 69. Aufl. 2010, § 280 Rn 33; MünchKommBGB/Emmerich, 4. Aufl., vor § 275 Rn 276. 2 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.1.2010 – 27 U 1/09, IBR 2010, 160. 3 Rz. 27 ff. 4 BGHZ 36, 91, 96; BGHZ 97, 312, 316; Dreier in Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band I 1996, Art. 1 III Rn 48 f.

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Einleitung fassend eine Selbstbindung der Verwaltung angenommen wird. So führt das LG Landshut aus, ein Verfügungsanspruch setze voraus, dass bei der Vergabe vorsätzlich rechtswidrig oder sonst in unredlicher Absicht gehandelt worden sei, und das OLG Hamm meint, der Verfügungsanspruch sei nur zu bejahen, wenn der Auftraggeber vorsätzlich rechtswidrig oder sonst in unredlicher Absicht oder willkürlich gehandelt hat1. Andere Entscheidungen sehen dagegen im Grundsatz eine umfassende Bindung an die VOB/A oder VOL/A gegeben, und zwar über Art. 3 GG und die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung2. Art. 3 GG greift grundsätzlich nur, wenn die Rechtsverletzung durch die 27b „öffentliche Gewalt“ erfolgt. Fraglich ist, ob es sich auch um die Ausübung öffentlicher Gewalt handelt, wenn der Auftraggeber im Fiskalbereich tätig wird3. Diese Frage ist noch immer umstritten4. Die Antwort auf die Frage ist im Bereich der Grundrechtsdogmatik, nicht unmittelbar im Bereich des Vergaberechts angesiedelt. Sie ist nach wie vor eine der umstrittensten Fragen in der verfassungsrechtlichen Diskussion5. Die Meinungen variieren von einer umfassenden Grundrechtsbindung bis zur Verneinung jeder Grundrechtsbindung6. Die Rechtsprechung hat die Fiskalgeltung der Grundrechte bislang nicht allgemein bejaht; vielmehr hat sie die Grundrechtsbindung bislang nur bejaht, wenn die öffentliche Hand „unmittelbar öffentliche Zwecke verfolgt oder öffentliche Aufgaben erfüllt, mithin im Bereich des Verwaltungsprivatrechts tätig wird7. Da das Beschaffungswesen regelmäßig nicht dem Verwaltungsprivatrecht zugerechnet werden kann, würde die Rechtsprechung – folgt sie ihrer bisherigen Linie – die unmittelbare Grundrechtsgeltung im Bereich des Vergaberechts verneinen und nur ein allgemeines Willkürverbot be1 LG Landshut, Beschl. v. 11.12.2007 – 73 O 2576/07, IBR 2008, 404; ebenso OLG Hamm, Urt. v. 12.2.2008 – 4 U 190/07, NZBau 2009, 344. 2 LG Frankfurt/Oder, Urt. v. 14.11.2007 – 13 O 360/07, VergabeR 2008, 132; LG Cottbus, Urt. v. 24.10.2007 – 5 O 99/07, VergabeR 2008, 123. 3 Müller-Wrede in Müller-Wrede, VOL/A, 1. Aufl. 2001, Einleitung Rz. 16 ff.; Prieß in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, vor Abschnitt 1 Rz. 3 ff.; OLG Stuttgart, IBR 2002, 266 ff.; OLG Düsseldorf, NJW 1981, 587 – Fernmeldetürme; OLG Brandenburg, NVWZ 1999, 1142 – Flughafen Berlin; Dreher in Imenga/Mestmäcker, GWB, Rz. 88 bis 92 vor §§ 97 ff.; noch a.A.: BGHZ 36, 95 ff.; offen gelassen in: BGH NJW 2001, 1492 (1494). 4 Dürig/Scholz in Maunz/Dürig, GG, 55. Erglfg. 2009, Art. 3 Rn 490 (Fn. 477). 5 Vgl. Dürig/Scholz in Maunz/Dürig, GG, 55. Erglfg. 2009, Art. 3 Rn 490, Rn 475 ff. 6 Dürig in Maunz/Dürig, GG, 55. Erglfg. 2009, Art. 3 Rn 475 ff.; Heun in Dreier, GG, Art. 3 Rn 50; Starck in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 3 Rn 255; Schnapp in von Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 20 Rn 48. 7 BGHZ 52, 325; BGHZ 29, 79.

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Einleitung jahen1. Auch in der Literatur ist die Fiskalgeltung der Grundrechte weiter umstritten2. Allerdings mehren sich die Stimmen, die die Fiskalgeltung der Grundrechte, jedenfalls im Beschaffungswesen, bejahen. Auch das BVerfG hat in der Entscheidung zur Rechtswegzuständigkeit anscheinend den Anwendungsbereich des Art. 3 GG erweitert3. Denn das BVerfG folgert aus Art. 3 GG nicht mehr nur ein allgemeines Willkürverbot, sondern führt aus, dass sich aus der tatsächlichen Vergabepraxis eine Selbstbindung der Verwaltung ergeben könne und dass damit auch den Vergabeordnungen (VOB/A und VOL/A) mittelbare Außenwirkung zukommen könne. Damit ist u.E. entschieden, dass jedenfalls im Beschaffungsbereich Art. 3 GG unmittelbare Wirkung entfaltet und subjektive Rechte begründen kann. 27c Unabhängig von der dogmatischen Einordnung wird allgemein angenommen, dass ein Willkürverbot bei Beschaffungsgeschäften gilt. Das Willkürverbot ist aber nicht mit dem Anwendungsbereich von Art. 3 GG identisch, sondern verbietet nur besonders grobe Ungleichbehandlungen ohne sachlichen Grund. Unseres Erachtens kann allein aus dem Willkürverbot auch keine umfassende Pflicht zur Anwendung der VOB/A abgeleitet werden, selbst wenn ein Vergabeverfahren durchgeführt wird. 27d Nur dann, wenn man der Ansicht folgt, dass auch im Fiskalbereich die Grundrechte gelten, kann sich dogmatisch ohne weiteres ein subjektives Recht aus Art. 3 GG i.V.m. den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung ergeben. Aufgrund dieser Selbstbindung kann den Vergabeordnungen (VOB/A und VOL/A) eine mittelbare Außenwirkung zukommen. Die Selbstbindung führt aber nicht immer und umfassend zu einer Anwendung aller Bestimmungen der VOB/A oder der VOL/A, maßgeblich für die Bejahung eines Gleichheitsverstoßes bleibt vielmehr allein die zur Selbstbindung führende Verwaltungspraxis4. 1 So auch BGHZ 97, 312 (316); BGHZ 36, 91 (96); Dürig in Maunz/Dürig, GG, 57. Aufl., Art. 3 Rn 490 „Hilfsgeschäfte“; Starck in 2006, 791 (794) Klein/Starck, GG, 4. 2008, 97 (101) 3 Rn 255; vgl. zum Streitstand: Dreier in Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band I, 1996, Art. 1 III Rn 48 f. 2 Gegen die Fiskalgeltung: Dürig/Scholz in Maunz/Dürig, GG, 55. Erglfg. 2009, Art. 3 Rn 477 ff.; Starck in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 3 Rn 255; für die Fiskalgeltung: Himmelmann, VergabeR 2007, 342; Heun in Dreier, GG, Art. 3Rn 50; Schnappin vonMünch/Kunig,GG, 5. Aufl.,Art. 20Rn 48;Hesse, Verfassungsrecht, Rz. 347; von Münch, GG, Art. 20 Rz. 40; Müller-Wrede in MüllerWrede, VOL/A, 1 Aufl. 2001, Einleitung Rz. 16 ff.; Prieß in Motzke/Pietzcker/ Prieß, VOB/A, vor Abschnitt 1 Rz. 3 ff.; OLG Stuttgart, IBR 2002, 266 ff. 3 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BVR 1160/03, NZBau 2006, 791. 4 BVerfG, NZBau 2007, 389 (392); BVerfG, NZBau 2006, 791 (794); Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (101).

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Einleitung Es fragt sich weiter, was gilt, wenn eine öffentliche Stelle durch einen 27e Erlass zur Anwendung der VOB/A verpflichtet wird, wenn sie also z.B. über § 25 GemHVO NRW und den Runderlass des Innenministeriums zur Anwendung der Vergabeordnungen verpflichtet wird. Der Einzelne kann sich – über Artikel 3 Abs. 1 GG – auf eine Verwaltungsvorschrift berufen und die Einhaltung auch in seinem Fall verlangen. Dies entspricht der herrschenden Lehre und ständigen Rechtsprechung zur sog. „Selbstbindung der Verwaltung“, die Verwaltungsvorschriften über den Gleichheitssatz zu einer Art mittelbaren, „quasi-normativen“ Außenwirkung verhilft1. Daraus folgt unseres Erachtens, dass z.B. § 25 Abs. 2 Gemeindehaushaltsverordnung in Verbindung mit dem Runderlass des Innenministeriums NRW zu den Vergabegrundsätzen in Verbindung mit der VOB/A über Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz Außenwirkung entfaltet, so dass ein Bieter grundsätzlich Anspruch darauf hat, dass die Vorschriften der VOB/A eingehalten werden. Dies gilt selbstverständlich nur für die Vorschriften der VOB/A, die drittschützenden Charakter haben. Für diese Vorschriften gilt aber Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit der Selbstbindung der Verwaltung durch die entsprechenden Erlasse umfassend, so dass es auch nicht darauf ankommt, ob in besonders grobem Maße gegen die VOB/A verstoßen wurde oder nicht. Zu beachten ist allerdings, dass die Selbstbindung der Verwaltung keine 27f starre und unabänderliche Bindung ist. Auf der einen Seite sind Abweichungen von einer ständigen Praxis stets möglich, soweit sachliche, dem Ausmaß und der Bedeutung der Abweichung entsprechende Sachgründe vorgebracht werden können. Und zum anderen ist es der Verwaltung grundsätzlich unbenommen, von einer in der Vergangenheit geübten ständigen Praxis zugunsten einer neuen gleichmäßigen Vorgehensweise abzugehen2. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages gelten oberhalb und unterhalb der 28 Schwellenwerte, haben aber für Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte die größere Bedeutung. Es gelten also insbesondere das Diskriminierungsverbot, der Wettbewerbsgrundsatz und der Grundsatz des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Die Grundfreiheiten sind unmittelbar geltendes Recht und von den nationalen Gerichten zu beachten. Sie gewähren den Bietern insbesondere subjektive Rechte.3 1 Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, § 19 Rz. 21; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rz. 21 ff. 2 Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, § 10 Rz. 65. 3 Siehe Einleitung Rn 5 ff.

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Einleitung 28a Voraussetzung ist nur, dass das Vergabeverfahren den für die Anwendung des Gemeinschaftsrecht erforderlichen grenzüberschreitenden Bezug aufweist. Dies muss selbstverständlich im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, zu beachten ist aber, dass auch bei Auftragswerten, die ganz erheblich unter den Schwellenwerten für die Anwendung der Richtlinien liegen, der grenzüberschreitende Bezug bejaht werden kann. Ursprünglich hatte die EU-Kommission in ihrer Mitteilung aus dem Jahre 2006 sogar als Faustregel mitgeteilt, von dem grenzüberschreitenden Bezug sei regelmäßig bei Auftragswerten auszugehen, die ca. 10 % der Schwellenwerte für die Anwendbarkeit der Richtlinie ausmachen. Dies würde z.B. bei Bauvergaben bedeuten, dass der grenzüberschreitende Bezug bei einem Auftragswert von ca. 500 000 Euro erreicht ist und bei Dienstleistungsaufträgen schon bei Auftragswerten um ca. 50 000 Euro. Allerdings ist der EuGH in neuerer Zeit bei der Bejahung des grenzüberschreitenden Bezuges zurückhaltender und stellt stets ganz auf den Einzelfall ab.1 28b Auch das LG Neuruppin hat einen Anspruch auf Unterlassung analog §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. dem europäischen Gemeinschaftsrecht als Schutzgesetz im Grundsatz bejaht2. Aus den Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts ergeben sich aber keine so detaillierten Anforderungen an das Verfahren wie sie sich aus der VOB/A oder VOL/A ergeben. 28c Fraglich ist, ob sich aus den Grundfreiheiten dennoch subjektive Rechte auf Einhaltung der VOB/A oder VOL/A ergeben können, wenn der Auftraggeber bei Beginn des Vergabeverfahrens bekanntmacht, er werde die VOB/A oder VOL/A anwenden. Macht der Auftraggeber dies bekannt, so ergibt sich u.E. ein europarechtliches subjektives Recht auf Einhaltung der bieterschützenden Vorschriften der VOB/A oder VOL/A aus dem Transparenzgrundsatz. Denn dieser verlangt von dem Auftraggeber, dass er genau das Verfahren anwendet und einhält, dass er vorher auch bekannt gemacht hat. Damit muss der Auftraggeber sich dann auch an die VOB/A und VOL/A halten3. 3. Besonderheiten im Verfahren vor den Zivilgerichten 29 Will ein Bieter Primärrechtsschutz in Anspruch nehmen, muss er eine einstweilige Verfügung beim Zivilgericht beantragen. Die einstweilige Verfügung hat dann keine Aussicht auf Erfolg, wenn das Vergabeverfah1 EuGH, NZBau 2010, 261; Dehr, VergabeR 2009, 719 ff. 2 LG Neuruppin, Urt. v. 4.4.2007 – 3 O 47/07 (nicht veröffentlicht). 3 So auch LG Neuruppin, Urt. v. 4.4.2007 – 3 O 47/07.

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Einleitung ren entweder bereits durch Zuschlagserteilung beendet worden ist oder der öffentliche Auftraggeber die Ausschreibung aufgehoben hat1. Kein Primärrechtsschutz kann also erlangt werden, wenn sich das Vergabeverfahren erledigt hat, sei es durch Abschluss des Vertrages, sei es durch Aufhebung des Vergabeverfahrens. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt einen Verfügungs- 29a anspruch voraus. Gegenstand und Grundlage für die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Verfügung kann nur die Frage sein, ob der Verfügungskläger durch die Durchführung des Vergabeverfahrens oder die geplante Zuschlagentscheidung in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. In den Verfahren vor den Zivilgerichten gilt kein Amtsermittlungsgrundsatz, d.h. das Gericht ermittelt den Sachverhalt nicht von Amts wegen. Die Darlegungs- und Beweis- bzw. Glaubhaftmachungslast dafür liegt bei dem Bieter bzw. Antragsteller, wobei im einstweiligen Verfügungsverfahren neben den anderen Beweismittel als Mittel der Glaubhaftmachung auch die eidesstattliche Versicherung zulässig ist. Diese Verfahrensordnung erschwert den Rechtsschutz der Bieter erheblich, weil ihnen oft die erforderlichen Mittel fehlen, an die erforderlichen Sachverhaltsinformationen zu gelangen. Macht der Bieter Ansprüche aus Art. 3 GG und der Selbstbindung der 29b Verwaltung geltend, muss er die Selbstbindung und den Verstoß darlegen. Macht der Bieter Ansprüche aus den Grundfreiheiten des EU-Primärrechts geltend, muss er die grenzüberschreitende Bedeutung des Auftrags und den Verstoß gegen den Gleichheitssatz oder den Transparenzgrundsatz darlegen. Macht der Bieter Ansprüche aus §§ 311, 241, 280 BGB geltend, muss er das Vertrauensverhältnis, die schuldhafte Pflichtverletzung und den Nachweis, dass ihm der Zuschlag hätte erteilt werden müssen, darlegen.2 Im Zivilrecht wird zwischen Unterlassungs- und Regelungsverfügungen 29c unterschieden. Das OLG Brandenburg3 hat in einem Fall, in dem der Auftraggeber eine Änderung an den Vergabeunterlagen geltend gemacht hatte, einen sehr strengen Standpunkt vertreten und angenommen, es handele sich um eine Regelungsverfügung. Deshalb müsse der Antragsteller glaubhaft machen, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender 1 OLG Oldenburg, Beschl. v. 2.9.2008 – 8 W 117/08, ZfBR 2008, 819; OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.12.2007 – 13 W 79/07, NZBau 2008, 207. 2 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.1.2010, IBR 2010, 160. 3 OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.5.2008 – 12 U 235/07, NZBau 2008, 735.

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Einleitung Gewalt nötig gewesen sei. Der Antragsteller begehre eine sog. Regelungsverfügung nach § 940 ZPO, so dass er nachvollziehbar hätte darlegen müssen, dass er bei ordnungsgemäßer Ausschreibung den Zuschlag erhalten hätte. Sollten sich andere Oberlandesgerichte und Landgerichte dieser Rechtsprechung anschließen, bliebe der einstweilige Rechtsschutz vor Zivilgerichten sehr häufig erfolglos, weil die so formulierten Anforderungen an den Verfügungsgrund so hoch sind, dass ein Bieter in der Regel nicht wird darlegen können, dass er obsiegt hätte.

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Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Auszug

Erster Abschnitt: Vergabeverfahren Vorbemerkung zu §§ 97–101b I. II. 1. 2.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . Rechtsnatur des Vergaberechts Nachfrageakzessorität . . . . . . Zivilrechtliche Verträge . . . . .

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3. Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder, verfassungsrechtliche Bindungen . . . . . . 4. Öffentlich-rechtliche Verträge

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I. Überblick Der 1. Abschnitt des 4. Teils des GWB (§§ 97 bis 101b) regelt für sämt- 1 liche Beschaffungsvorgänge allgemeine Anforderungen und Grundsätze des Vergabeverfahrens. Diese werden durch die Vergabeverordnung sowie die VOB/A, VOL/A und VOF weiter konkretisiert. Diese materiellen Anforderungen an die Auftragsvergabe beruhen weitestgehend auf den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben aus den Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (Vergaberichtlinien, s. Einleitung Rz. 7). Teilweise gehen sie allerdings auch darüber hinaus oder nutzen Regelungsspielräume aus, die durch das Gemeinschaftsrecht nicht beschränkt werden (s. etwa im Hinblick auf § 97 Abs. 3 die Kommentierung zu § 97 Rz. 49). Ob und wie die Einhaltung dieser materiell-rechtlichen Anforderungen durch die verpflichteten öffentlichen Auftraggeber kontrolliert wird, ist Gegenstand des 2. Abschnitts des 4. Teils (§§ 102 ff. – Nachprüfungsverfahren). Der 1. Abschnitt umfasst unterschiedliche Regelungsgegenstände. § 97 2 enthält neben der Ermächtigungsnorm in Abs. 6 und der äußerst bedeutsamen Regelung in Abs. 7, dass die Unternehmen einen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren haben, in Abs. 1 bis 5 allgemeine Grundsätze für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Abs. 1 normiert als zentrale Anforderung die Geltung des Wettbewerbsund Transparenzprinzips, Abs. 2 regelt das Benachteiligungsverbot. In den Reidt

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Absätzen 3, 4 und 5 werden weitere wesentliche Anforderungen des Vergaberechts genannt (Wahrung mittelständischer Interessen, subjektive Eignungskriterien, Wirtschaftlichkeitsgebot). Auch wenn § 97 Abs. 1 bis 5 unmittelbar geltendes Recht darstellen, ist ein Rückgriff auf diese Regelungen oftmals nicht erforderlich, da sie insbesondere in der VOB/A, VOL/A und VOF weiter konkretisiert werden. 3 Die §§ 98 bis 101b enthalten Legaldefinitionen und weitere Anforderungen, die bei allen Vergabeverfahren gelten, für die der 4. Teil des GWB maßgeblich ist. Dabei legt § 98 abschließend die Auftraggeber fest, die dem 4. Teil des GWB unterworfen sind (persönlicher Anwendungsbereich). § 99 bestimmt mit den dort genannten öffentlichen Aufträgen den sachlichen Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts. Dieser wird durch § 100 weiter eingeschränkt; zum einen durch die für die Anwendbarkeit des Kartellvergaberechts maßgeblichen Auftragswerte (Schwellenwerte, § 100 Abs. 1), zum anderen im Hinblick auf bestimmte Arten von Verträgen, die aus unterschiedlichen Gründen vom Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts ausgeklammert sind (§ 100 Abs. 2). In § 101 sind die Vergabeverfahren geregelt, die bei der Auftragsvergabe Anwendung finden dürfen. Welches Verfahren bei der jeweiligen konkreten Ausschreibung zulässig ist, wird durch § 101 GWB im Einzelnen nicht festgelegt. Hierzu sind die Bestimmungen der VOB/A, der VOL/A und der VOF maßgeblich (s. § 101 Rz. 6). Die durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung, Rz. 4 ff.) neu aufgenommenen §§ 101a und 101b, die zuvor inhaltlich weitgehend Gegenstand von § 13 VgV a.F. waren, regeln die Informationspflicht vor Zuschlagserteilung und die Rechtsfolgen bei deren Missachtung. Ebenfalls behandelt die Regelung Auftragsvergaben ohne eine an sich notwendige Ausschreibung (unzulässige Direktvergabe, de-facto-Vergabe). II. Rechtsnatur des Vergaberechts 1. Nachfrageakzessorität 4 Das Vergaberecht ist grundsätzlich nachfrageakzessorisch. Die Entscheidung, ob eine bestimmte Maßnahme durchgeführt werden soll, obliegt allein dem öffentlichen Auftraggeber1. Das gleiche gilt hinsichtlich der 1 OLG Düsseldorf v. 4.3.2009 – Verg VII 67/08, NZBau 2009, 334 (335); OLG Düsseldorf v. 17.11.2008 – VII-Verg 52/08; OLG Celle v. 4.5.2001 – 13 Verg 5/00, VergabeR 2001, 325; VK Baden-Württemberg v. 20.5.2010 – 1 VK 18/10; VK Bund v. 6.3.2002 – VK 1–05/02, VergabeR 2002, 290 (293).

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Entscheidung, ob eine Leistung, die ein öffentlicher Auftraggeber erbringen will oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erbringen muss, fremdvergeben oder in Eigenregie, insbesondere mit eigenen Arbeitskräften, durchgeführt wird. Dementsprechend steht es dem Auftraggeber auch frei, von seiner Beschaffungsabsicht wieder Abstand zu nehmen oder sie nachträglich zu modifizieren. Dies kann sowohl nach einem für ihn negativ ausgegangenen Nachprüfungsverfahren der Fall sein (z.B. wenn die Verpflichtung ausgesprochen wurde, die Angebotswertung oder gar die Ausschreibung insgesamt oder ab einem bestimmten Punkt zu wiederholen; zu den Entscheidungsmöglichkeiten im Nachprüfungsverfahren s. § 114 Rz. 12 f.), aber auch ohne eine derartige Entscheidung. Die §§ 17 VOB/A und 17 VOL/A regeln ausdrücklich die Möglichkeit zur Aufhebung einer Ausschreibung1. Liegen deren Voraussetzungen vor und hat der öffentliche Auftraggeber den Aufhebungsgrund nicht zu vertreten, resultieren aus der Aufhebung gegenüber den Bietern eines Ausschreibungsverfahrens regelmäßig keine Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche. Denn sie mussten in diesem Fall von vornherein damit rechnen, dass der öffentliche Auftraggeber diese Handlungsoption wahrnimmt und haben daher auch in Kenntnis sowie im Bewusststein dieser Möglichkeit ihre Angebote erstellt. Liegen die dort genannten Voraussetzungen nicht vor, darf der Auftraggeber zwar gleichwohl seinen Beschaffungsbedarf vollständig aufgeben oder durch einen anderen Beschaffungsgegenstand ersetzen und dementsprechend eine begonnene Ausschreibung beenden, jedoch kann dies in einem solchen Fall Schadensersatzansprüche der Bieter nach sich ziehen, die sich im Vertrauen auf eine Durchführung des Ausschreibungsverfahrens bis zur Zuschlagserteilung an dem Vergabeverfahren beteiligt haben (zu der Möglichkeit, sich gegen eine Aufhebung oder sonstige Beendigung einer Ausschreibung zu wehren s. noch § 114 Rz. 40 ff.; zu den Schadensersatzmöglichkeiten s. § 114 Rz. 60). Stärker eingeschränkt ist die Nachfrageakzessorietät des Vergaberechts 5 in den Fällen, in denen es um die konkrete Festlegung des Beschaffungsgegenstandes und die Art seiner Beschaffung (zu den zulässigen Vergabeverfahren s. § 101) geht. So sind öffentliche Auftraggeber ungeachtet der ihnen zustehenden Bestimmungs- und Definitionsmacht hinsichtlich des Beschaffungsgegenstandes grundsätzlich verpflichtet, ihre Ausschreibung produktneutral durchzuführen, also bestimmte Erzeugnisse 1 Zu den diesbezüglichen Anforderungen im Einzelnen s. etwa Dähne in Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B, § 26 VOB/A Rz. 5 ff.

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oder Verfahren sowie bestimmte Ursprungsorte oder Bezugsquellen nur dann vorzuschreiben, wenn dies durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist. Dies ergibt sich bereits ganz allgemein aus dem Wettbewerbsgebot des § 97 Abs. 1 (s. § 97 Rz. 15), konkreter allerdings etwa auch aus § 7 Abs. 3 VOB/A. Ebenso sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, mittelständische Interessen bei ihrer Beschaffung durch die Bildung von Teillosen oder Fachlosen zu berücksichtigen (§ 97 Abs. 3, s. § 97 Rz. 46 ff.; s. etwa auch § 5 VOB/A). 6 In weiterem Sinne enthalten auch die Vorschriften der VOB/B und der VOL/B Einschränkungen des Bestimmungsrechts zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers. Die VOB/B und die VOL/B, die grundsätzlich den Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern zugrunde zu legen sind (§ 8 Abs. 3 VOB/A, § 9 Abs. 1 VOL/A), enthalten konkrete Vorgaben über den Inhalt der abzuschließenden Verträge. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um Vergaberecht im Sinne des 4. Teils des GWB, sondern um vertragsrechtliche Vorschriften, die in die Verdingungsordnungen Aufnahme gefunden haben. Insbesondere schreiben die europäischen Vergaberichtlinien (Einleitung Rz. 7) den nationalen Gesetzgebern nicht vor, derartige inhaltliche Regelungen für öffentliche Aufträge zu schaffen. Das Vergaberecht im 4. Teil des GWB enthält daher in zulässiger Weise auch keine Vorgaben dazu, über welche Zeiträume Dauerschuldverhältnisse abgeschlossen werden dürfen. Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass insbesondere Dienstleistungsverträge in ihrer Laufzeit zeitlich beschränkt werden müssen, da der Sinn und Zweck des Kartellvergaberechts auch in der Herstellung von Wettbewerb zwischen verschiedenen Unternehmen bestehe und dieser erheblich beeinträchtigt sei, wenn öffentliche Aufträge für lange Zeiträume vergeben würden. Eine derartige Regelung lässt sich dem Vergaberecht jedoch nicht entnehmen1. Vielmehr folgt aus den Bestimmungen über die Berechnung der Schwellenwerte für unbefristete Verträge (§ 3 VgV Rz. 28 ff.) zumindest mittelbar, dass keine Beschränkungen hinsichtlich der Vertragslaufzeit bestehen. Diese können sich daher allenfalls aus dem Haushaltsrecht, dem allgemeinen Kartellrecht oder aus § 242 BGB ergeben.

1 EuGH Urt. v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. 2008, S. I-4401; Byok, NJW 2009, 644, 647; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 16; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 97.

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2. Zivilrechtliche Verträge Öffentliche Aufträge unterfallen in aller Regel dem Zivilrecht (zu öffent- 7 lich-rechtlichen Verträgen Rz. 14 ff.)1. Es handelt sich zumeist um fiskalische Hilfsgeschäfte2, auf die die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts Anwendung finden (§§ 145 ff. BGB)3. Auch wenn öffentliche Auftraggeber zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Vorschriften oder im Allgemeininteresse tätig werden, erfolgt die Auftragsvergabe beim Einkauf von Leistungen nicht im Verhältnis der Über- und Unterordnung. Vielmehr treten die öffentlichen Auftraggeber dem Auftragnehmer als gleichberechtigte Vertragsparteien gegenüber4. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass öffentliche Auftraggeber bei der Vorbereitung des Vertragsabschlusses durch den 4. Abschnitt des GWB den besonderen Bindungen des Vergaberechts unterliegen. Dies lässt den in der Regel zivilrechtlichen Charakter der abzuschließenden Verträge unberührt. Hieraus ergibt sich, dass in diesen Fällen auch das vorhergehende Verfahren keine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit darstellt, da öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten gerade nicht begründet werden sollen5. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Ausschreibung nicht auf den Abschluss eines für die Beschaffungstätigkeit der öffentlichen Hand an sich typischen privatrechtlichen Vertrages bezieht, sondern auf den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung i.S. der §§ 54 ff. VwVfG (dazu noch Rz. 14 ff.). In der Literatur wird allerdings teilweise die Auffassung vertreten, dass 8 das Vergabeverfahren trotz der regelmäßig privatrechtlichen Natur öf1 BVerwG v. 2.5.2007 – 6 B 10.07, BVerwGE 129, 9, Rz. 6; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 76; Boesen, Vergaberecht, Einl. Rz. 3; Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 144; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 1, § 23 Rz. 31 ff.; Pietzcker, ZHR 162 (1998), 427, 456 f.; Ennuschat/Ulrich, NJW 2007, 224; differenzierend unter Hinweis auf bestehende öffentlich-rechtliche Bindungen der öffentlichen Auftraggeber U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rz. 123 ff. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 77. 3 BVerwG v. 2.5.2007 – 6 B 10.07, BVerwGE 129, 9, Rz. 9; Rusam in Heiermann/ Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 28 Rz. 1 f.; Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 144; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, Einleitung, Rz. 2. 4 Vgl. BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (149 f.). 5 Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 10.4.1986 - GmSOGB 1/85, BGHZ 97, 312 (316); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB vor §§ 97 ff. Rz. 122; Boesen, Vergaberecht, Einl. Rz. 4; Pietzcker, Die Zweiteilung des Vergaberechts, 17; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 1, § 23 Rz. 35; Hösch, BayVBl. 1997, 193 (194).

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fentlicher Aufträge i.S.d. § 99 ein öffentlich-rechtliches Verfahren darstelle. Insoweit wird eine zweistufige Ausgestaltung angenommen, um den öffentlich-rechtlichen Bindungen des Auftraggebers Rechnung zu tragen. Die erste – öffentlich-rechtlich ausgestaltete – Stufe wird dabei in der Vorbereitung der Auftragsvergabe und in der Auswahl eines bestimmten Bieters gesehen. Erst die zweite Stufe, die im Wesentlichen den Vertragsabschluss selbst umfasst, sei privatrechtlicher Natur. Begründet wird dies vor allem damit, dass die Auswahl des Auftragnehmers von ihrer gesamten Ausgestaltung her eher dem öffentlichen Recht als dem Privatrecht zuzuordnen sei1. Für diese Auffassung könnte mit Blick auf die Effektivität des Bieterschutzes auch Art. 2 Abs. 3 der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung, Rz. 7) sprechen, der ausdrücklich zwischen Vertragsschluss und Zuschlagserteilung differenziert. Dennoch ist eine solche Stufung mit einem dem privatrechtlichen Vertragsabschluss vorausgehenden öffentlich-rechtlichen Zuschlagsakt weder verfassungsnoch gemeinschaftsrechtlich geboten und auch nicht für die Effektivität des Bieterrechtsschutzes erforderlich (s. § 114 Rz. 29 f.). Ähnliche Fragen stellen sich im Übrigen auch beim Rechtsschutz im Hinblick auf Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte (§ 100 Abs. 1, s. § 100 Rz. 11 ff.). Dort wurde und wird teilweise nach wie vor problematisiert, ob der Rechtsschutz den Verwaltungs- oder den Zivilgerichten zugewiesen sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu – zu Recht – entschieden, dass für die Überprüfung von Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte jedenfalls bei dem (geplanten) Abschluss zivilrechtlicher Verträge die Zivilgerichte anzurufen sind. Denn bei einem zivilrechtlichen Vertrag sind ungeachtet möglicherweise bestehender besonderer Verpflichtungen von öffentlichen Auftraggebern sowohl das Vertragsanbahnungsverhältnis als auch ein etwaiges Rückabwicklungsverhältnis zivilrechtlicher Natur (zum Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte im Einzelnen s. Einleitung Rz. 22)2.

1 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rz. 23; Hermes, JZ 1997, 905 (915); Pernice/Kadelbach, DVBl. 1996, 1101 (1106); Triantanfyllou, NVwZ 1994, 943 (946); ebenfalls bereits Kopp, BayVBl. 1980, 609. 2 BVerwG v. 2.5.2007 – 6 B 10.07, BVerwGE 129, 9, Rz. 6; zustimmend etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 53, 78; Ennuschat/Ulrich, NJW 2007, 2224; kritisch etwa Burgi, NVwZ 2007, 737.

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3. Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder, verfassungsrechtliche Bindungen Bei der in der Regel gebotenen Einordnung des Vergabeverfahrens in den 9 Bereich des Privatrechts stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts dennoch auf die Tätigkeit der öffentlichen Auftraggeber zumindest entsprechende Anwendung finden. Bereits auf die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit sind die Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern allerdings nur dann anwendbar, wenn nicht andere Rechtsvorschriften gleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten (§ 1 Abs. 1 VwVfG Bund). Die Verwaltungsverfahrensgesetze sind also stets nur subsidiär heranzuziehen. Soweit der 4. Teil des GWB, die Vergabeverordnung und die Verdingungsordnungen abschließende Regelungen enthalten, scheidet eine Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern folglich von vornherein aus. Deren Bestimmungen kommen daher allenfalls dann in Betracht, wenn das für öffentliche Auftraggeber geltende Vergaberecht Lücken aufweist. Selbst dann ist zu berücksichtigen, dass die Vergabe von öffentlichen Aufträgen bei den staatlichen oder staatlich beherrschten Auftraggebern i.S. von § 98 (zu der diesbezüglichen Eingrenzung Rz. 13) in der Regel als bloßes Hilfsgeschäft, das nur mittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, eine fiskalische Tätigkeit darstellt1. Zu unterscheiden ist die fiskalische Tätigkeit der öffentlichen Hand vom so genannten Verwaltungsprivatrecht. Unter Verwaltungsprivatrecht wird die Tätigkeit des Staates verstanden, bei der Verwaltungsaufgaben in der Form des Privatrechts wahrgenommen werden. Im Unterschied zur fiskalischen Tätigkeit handelt es sich um eine unmittelbare Erfüllung öffentlicher Aufgaben2. Für das Verwaltungsprivatrecht ist allgemein anerkannt, dass dort besondere verwaltungsverfahrensrecht-

1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 77, 112; Pache, DVBl. 2001, 1781 (1787); s. zu fiskalischen Hilfsgeschäften Schmitz in Stelkens/Bonk/ Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 1 Rz. 112 ff.; kritisch zur „klassischen“ Unterscheidung zwischen fiskalischen Hilfsgeschäften und Verwaltungsprivatrecht U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rz. 107; wohl auch ablehnend Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rz. 21 ff. 2 Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 1 Rz. 116; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rz. 25 ff.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 1, § 23 Rz. 61 f.; Jarass in Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 2 Rz. 13.

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liche Bindungen bestehen1. Dies ändert indes nichts daran, dass gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG das Verwaltungsverfahrensrecht grundsätzlich nur auf öffentlich-rechtliche Tätigkeiten anzuwenden ist. Andererseits soll dem Staat dadurch, dass er die von ihm wahrgenommenen Aufgaben nicht mit den Möglichkeiten des öffentlichen Rechts sondern denen des Privatrechts erfüllt, keine „Flucht ins Privatrecht“ ermöglicht werden. Die öffentliche Hand darf sich zwar – sofern dem keine besonderen gesetzlichen Vorgaben entgegenstehen – zur Aufgabenerfüllung der Möglichkeiten des Privatrechts bedienen, es stehen ihr jedoch gleichwohl nicht die Freiheiten und die Möglichkeiten der Privatautonomie zu2. Diese besonderen Bindungen, die bei der unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu beachten sind, gelten grundsätzlich auch bei der mittelbaren Aufgabenerfüllung, so wie sie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in der Regel vorliegt. Denn Art. 1 Abs. 3 GG und die verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen der Art. 20 und 28 Abs. 1 GG binden den Staat einschließlich der vollziehenden Gewalt in allen seinen Handlungsformen. Ihm steht niemals eine – und sei es auch eine bloß abgeschwächte – Privatautonomie zu, so dass er immer aufgrund von öffentlichem Sonderrecht tätig wird und dabei seinen verfassungsrechtlichen Bindungen als Staatsgewalt unterworfen ist3. Dies gilt auch für die Auftragsvergabe und auch unabhängig davon, ob deren Rechtmäßigkeit durch die Zivilgerichte oder die Verwaltungsgerichte zu überprüfen ist4. Damit einher gehen auch die prinzipiell uneingeschränkte Grundrechtsbindung der staatlichen Auftraggeber (Art. 1 Abs. 3 GG) sowie die gerichtliche Kontrolle, ob der betreffende Auftraggeber dieser Bindung 1 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rz. 26; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 1, § 23 Rz. 67 f.; Jarass in Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 2 Rz. 13. 2 S. etwa BVerwG v. 29.5.1990 – 7 B 30/90, NVwZ 1991, 59; Schmitz in Stelkens/ Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 1 Rz. 116; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 1, § 23 Rz. 62. 3 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, Bd. 2, vor §§ 97 ff. Rz. 10 f.; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff., Rz. 113 ff.; Rudolf in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, Einführung Rz. 77 f.; Ehlers, DVBl. 1983, 422, 424 f.; Ehlers in Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rz. 80 ff.; Dreier in Dreier, Grundgesetz, Bd. 1, Art. 1 Rz. 49; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rz. 347 ff.; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 1 Rz. 38; Höfling in Sachs, Grundgesetz, Art. 1 Rz. 103; Pache, DVBl. 2001, 1781 (1787). 4 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (153); BVerwG v. 2.5.2007 – 6 B 10.07, BVerwGE 129, 9 Rz. 10; OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39; VK Bund v. 29.4.1999 – VK 1–7/99, NZBau 2000, 53; dazu etwa auch Pache, DVBl. 2001, 1781 (1788).

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im konkreten Fall auch tatsächlich gerecht wird. Von dieser Grundrechtsbindung zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob bei einer Auftragsvergabe der Schutzbereich eines bestimmten Grundrechts tatsächlich berührt ist. Dies ist im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG in aller Regel zu verneinen, hingegen beim Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu bejahen, d.h. jede staatliche Stelle hat unabhängig von der Handlungsform ihrer Betätigung und deren Zuordnung zum Zivilrecht oder zum öffentlichen Recht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten1. Gleichwohl ist bei privatrechtlichen Handlungsformen der öffentlichen 10 Hand keine undifferenzierte Anwendung des gesamten Verwaltungsverfahrensrechts geboten. Die dogmatische Herleitung der einfachgesetzlichen Bindungen bei privatrechtlichem Handeln des Staates erfolgt vielmehr über Art. 1 Abs. 3 GG einschließlich der möglicherweise in ihrem Schutzbereich berührten Grundrechte, hier also vornehmlich Art. 3 Abs. 1 GG (Rz. 9), sowie über die verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen der Art. 20 und 28 Abs. 1 GG. Diese Anforderungen gebieten nicht die Übertragung aller in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen auf die Vergabe öffentlicher Aufträge oder auf sonstiges privatrechtliches Staatshandeln. Vielmehr gilt dies nur für die Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts, die sich entweder auf höherrangiges, die öffentliche Hand durchgängig bindendes Verfassungsrecht zurückführen lassen oder aber als Ausfluss allgemeiner bzw. analogiefähiger Rechtsgedanken anzusehen sind. Dies schließt die Anforderungen ein, die sich aus dem Gemeinschaftsrecht einschließlich des europäischen Primärrechts ergeben (zu dessen Bedeutung insbesondere für Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte s. Einleitung, Rz. 28). Es geht mithin nur um die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts, die konkretisiertes Verfassungsrecht oder konkretisiertes Gemeinschaftsrecht darstellen und nicht speziell geregelt sind. Dazu zählen etwa die §§ 20 (s. dazu allerdings § 16 VgV)2, 21, 23, 24, 25, 30 und 31 VwVfG3.

1 BVerfG v. 23.4.2009 – 1 BvR 3424/08, VergabeR 2009, 777 (778); BVerfG v. 13.6. 2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 134 (153); BVerwG v. 2.5.2007 – 6 B 10/07, BVerwGE 129, 9 Rz. 10; Bungenberg, WuW 2009, 503 (513). 2 OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39. 3 S. etwa Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 1 Rz. 119; Ehlers, DVBl. 1983, 422 (425); Ehlers in Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rz. 84; s. auch KG v. 7.11.2001 – KartVerg 8/01, VergabeR 2002, 96.

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11 Nach anderer, zwischenzeitlich aber wohl zumindest teilweise als überholt anzusehender, Auffassung werden unmittelbare verfassungsrechtliche Bindungen und folglich auch daraus resultierende besondere verwaltungsverfahrensrechtliche Anforderungen der öffentlichen Hand im fiskalischen Bereich verneint. Dies gilt insbesondere für die – allerdings ältere – Rechtsprechung des BGH1. Gleichwohl wird der öffentlichen Hand auch durch diese Stimmen in der Rechtsprechung und Literatur keine vollständige Freiheit eingeräumt. Vielmehr werden gleichfalls Schranken angenommen, die für Privatpersonen in der Regel nicht in entsprechender Weise gelten. So vertritt auch der BGH die Auffassung, dass die öffentliche Hand zumindest nicht willkürlich handeln dürfe, also immerhin das Diskriminierungsverbot eingreife2. 12 Auch wenn der erstgenannten Auffassung (Rz. 9) zu folgen ist, bestehen zwischen beiden Meinungen in den Rechtsfolgen jedenfalls oberhalb der Schwellenwerte (zum Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte s. Einleitung, Rz. 22) eher geringe Unterschiede3. In beiden Fällen werden Bindungen der öffentlichen Hand, die über die für Privatpersonen geltenden Rechtsnormen hinausgehen, bejaht. Im Ergebnis wird man sagen müssen, dass Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze für die Tätigkeit der öffentlichen Auftraggeber analog in dem dargestellten Umfang (Rz. 10) herangezogen werden können und müssen, sofern die Bestimmungen des Vergaberechts Lücken enthalten. Aufgrund des (zwischenzeitlichen) Ausgestaltungsgrads des deutschen Vergaberechts bestehen derartige Lücken jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen. Insbesondere die analoge Anwendung von § 20 VwVfG, die das OLG Brandenburg4 im Jahr 1999 zutreffenderweise noch für erforderlich gehalten hat, um

1 BGH v. 14.12.1976 – VI ZR 251/73, NJW 1977, 628 (629 f.); BGH v. 21.11.1991 – VII ZR 203/90, BGHZ 116, 149 (152); BGH v. 21.11.1991 – VII ZR 203/90, NJW 1992, 827; ebenso Broß, VerwArch 1996, 738; Schmalz , Allgemeines Verwaltungsrecht und Grundlagen des Verwaltungsrechtsschutzes, Rz. 657; differenzierend Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 1, § 23 Rz. 42, der im fiskalischen Bereich nur eine Bindung an Art. 3 und 19 Abs. 4 GG annimmt. 2 BGH v. 14.12.1976 – VI ZR 251/73, NJW 1977, 628, 629 f.; BGH v. 21.11.1991 – VII ZR 203/90, BGHZ 116, 149 (152); BGH v. 21.11.1991 – VII ZR 203/90, NJW 1992, 827; s. auch etwa OLG Düsseldorf v. 9.11.1993 – U (Kart) 2/93, NWVBl. 1994, 193. 3 So zutreffend etwa auch Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 119; Rudolf in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, Einführung, Rz. 79. 4 OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39 (42 f.).

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Interessenkollisionen zu vermeiden („Doppelmandate“), ist durch die Regelung in § 16 VgV entbehrlich geworden. Eine analoge Anwendung des Verwaltungsverfahrensrechts in den (weni- 13 gen) noch verbleibenden Fällen ist zudem an sich nur für öffentliche Auftraggeber möglich, die generell öffentlich-rechtliche Bindungen zu beachten haben. Private, nicht staatlich beherrschte Auftraggeber, die durch § 98 in den Kreis der öffentlichen Auftraggeber einbezogen werden, unterliegen derartigen Bindungen in der Regel nicht, so dass sich eine analoge Anwendung der Verwaltungsverfahrensgesetze verbietet. Zu diesen Auftraggebern gehört insbesondere der in § 98 Nr. 4, 1. Alt., 5 und 6 genannte Personenkreis. Einzelne Regelungen des Verwaltungsverfahrenrechts können gleichwohl auch gegenüber diesen Auftraggebern zumindest sinngemäß Geltung beanspruchen. Hierzu zählten in der Zeit vor Inkrafttreten von § 16 VgV vor allem die in § 20 VwVfG enthaltenen Regelungen. Nach wie vor gilt dies für die Verpflichtungen, die sich für alle Auftraggeber bereits unmittelbar aus § 97 GWB ergeben, wenn auch mit einem eher hohen Abstraktionsgrad. Dazu gehören namentlich das Wettbewerbs- und Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 (s. dazu § 97 Rz. 8 ff.), die durch die Einzelvorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts (s. Rz. 10) teilweise eine ergänzende Konkretisierung erhalten1. 4. Öffentlich-rechtliche Verträge Bei Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes (Einleitung, Rz. 7) 14 wurde nicht selten die Auffassung vertreten, dass öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne von § 54 VwVfG (des Bundes und der Länder) ebenso wie spezialgesetzlich geregelte öffentlich-rechtliche Verträge (z.B. städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB, s. hierzu auch § 99 Rz. 157 ff.) generell nicht unter die vergaberechtlichen Bestimmungen des 4. Teils des GWB fallen, da es sich nicht um öffentliche Aufträge im Sinne von § 99 Abs. 1 handele2. Gestützt wurde diese Auffassung nicht zuletzt auf die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz, nach der öffentlich-rechtliche Verträge nicht unter den Begriff des entgeltlichen Vertrages und damit auch nicht unter die Anforderungen fallen sollten, die der 4. Teil des GWB an die Vergabe öffentlicher Auf1 Noch weitergehend Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 122, der jedweden Rückgriff für entbehrlich hält. 2 So etwa OLG Celle v. 24.11.1999 – 13 Verg 7/99, NZBau 2000, 299; OLG Naumburg v. 19.10.2000 – 1 Verg 9/00, VergabeR 2001, 134; Dreher, DB 1998, 2579 (2587).

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träge stellt1. Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Abgrenzung zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Verträge im Einzelfall sehr schwierig sein kann. Dies gilt insbesondere bei gemischten Verträgen, die sowohl privatrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Elemente enthalten2. Den damit verbundenen Problemen und rechtlichen Unsicherheiten muss hier allerdings nicht weiter nachgegangen werden, da auch öffentlich-rechtliche Verträge unter die vergaberechtlichen Anforderungen fallen (zu den vergaberechtsfreien Geschäften/Inhouse-Geschäften innerhalb des staatlichen Bereichs s. § 99 Abs. 1 Satz 2, dazu § 99 Rz. 50 ff.). Dies schließt grundsätzlich auch Fälle der interkommunalen Kooperationen ein (s. § 99 Rz. 40 ff.)3. Die Einordnung eines Vertrages als zivil- oder öffentlich-rechtlich ist in den Mitgliedstaaten der europäischen Union unterschiedlich ausgestaltet. Für den Anwendungsbereich des Vergaberechts spielen diese nationalen Zuordnungen allerdings keine Rolle. Entscheidend ist, ob der jeweilige öffentliche Auftraggeber durch den betreffenden Vertrag Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen gegen Entgelt beschaffen möchte. Wenn dies der Fall ist, kommt es nicht zusätzlich darauf an, ob der betreffende Vertrag nach mitgliedstaatlicher Bewertung dem öffentlichen Recht oder dem Zivilrecht zuzuordnen ist4. 15 Der Europäische Gerichtshof hat dementsprechend durch Urt. vom 12.7. 20015 entschieden, dass auch Erschließungsverträge, die dem öffentlichen Recht unterliegen und die Ausübung hoheitlicher Gewalt ein1 BT-Drucks. 13/9340, S. 15. 2 Rautenberg, ZfBR 2002, 238 (240); zu den Einzelheiten der Abgrenzung allgemein etwa Bonk in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 54 Rz. 73 ff.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 54 Rz. 27 ff.; speziell zu Baukonzessionen nach den §§ 22, 22a VOB/A für Vorhaben, die auf der Grundlage des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes realisiert werden sollen, einerseits Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Gutachten und Erläuterungsbericht zu einem Musterkonzessionsvertrag, einer Mautverordnung und Ausschreibungs- und Verdingungsunterlagen nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz, 2001, 73 f.; Schmitt, Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG, 135 f. und andererseits Reidt/Stickler, BauR 1997, 241 (366). 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 141 ff. 4 S. beispielsweise BGH v. 1.12.2008 – X ZB 32/08, VergabeR 2009, 156 Rz. 17; BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, BGHZ 162, 116 (126); OLG Düsseldorf v. 11.3.2002 – Verg 43/01, VergabeR 2002, 404; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, Einleitung Rz. 4; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 23 ff.; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 82 ff.; Otting in Bechtold, GWB, § 99 Rz. 3; Reidt, BauR 2008, 1541 (1546); Dreher, NZBau 2002, 245, 255; Burgi, NZBau 2002, 57 (60); Schulte, NZBau 2000, 272 (275 f.); Endler, NZBau 2002, 125 (128). 5 EuGH v. 12.7.2001 – C-399/98, Slg. 2001, S. I-5409.

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schließen, dem europäischen Vergaberecht unterfallen, wenn es sich um entgeltliche Bauverträge handelt. In diesem Zusammenhang geht der EuGH unter Bezugnahme auf die unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung in den jeweiligen Mitgliedstaaten völlig selbstverständlich davon aus, dass auch auf einen verwaltungsrechtlichen Vertrag, der als solcher dem öffentlichen Recht unterliegt, das Vergaberecht anwendbar ist. Diese Begründung ist ohne Weiteres auf sämtliche öffentlich-rechtlichen Verträge übertragbar, sofern sie die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen gegen Entgelt zum Gegenstand haben1. Ohne besondere Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang in der Regel, 16 ob der Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers als Leistungserbringer unmittelbar hoheitlich gegenüber Dritten tätig wird, wie etwa bei der Erbringung von Rettungsdienstleistungen2. Auch dies steht nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs3 der Anwendbarkeit des Vergaberechts nicht entgegen und wäre im Übrigen auch nicht vom nationalen Gesetzesworlaut gedeckt4. Insofern muss das Außenverhältnis des Auftragnehmers zum Dritten von dem Innenverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer unterschieden werden. Im Innenverhältnis ist vertraglich zu regeln, welcher Auftragnehmer berechtigt wird, gegenüber Dritten in bestimmter Weise tätig zu werden, ggf. also auch auf der Grundlage einer Beleihung durch die Ausübung bestimmter öffentlich-rechtlicher Befugnisse5. In diesem Auftragsverhältnis sind zu1 S. hierzu auch EuGH v. 25.3.2010 – C-451/08, NZBau 2010, 321. 2 So allerdings etwa OLG Brandenburg v. 18.9.2008 – Verg W 13/08; VG Potsdam v. 14.8.2008 – 10 L 342/08; OLG Düsseldorf v. 5.4.2006 – VII Verg 7/06; OLG Celle v. 24.11.1999 – 13 Verg 7/99, NZBau 2000, 299; OLG Naumburg v. 19.10.2000 – 1 Verg 9/00, VergabeR 2001, 134; Burgi, NZBau 2002, 57 (61); Dreher, NZBau 2002, 245 (256), jeweils unter Hinweis auf Art. 45 Abs. 1 i.V.m. Art. 55 EG (= Art. 51 Abs. 1 i.V.m. Art. 62 AEUV). 3 EuGH v. 12.7.2001 – C-399/98, Slg. 2001, S. I-5409; s. auch die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland v. 16.4.2007 – Rs. C-160/08; dazu VG Köln v. 29.8. 2008 – 7 L 1205/08; Bungenberg, WuW 2009, 503 (509); Berger/Tönnemann, VergabeR 2009, 129. 4 S. hierzu im Hinblick auf Rettungsdienstleistungen ausdrücklich BGH v. 1.12. 2008 – X ZB 32/08, VergabeR 2009, 156; BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, BGHZ 162, 116 (126); VG Frankfurt/Oder v. 20.2.2009 – 4 LB 186/08, Rz. 16 ff.; Bungenberg, WuW 2009, 503 (509); Berger/Tönnemann, VergabeR 2009, 129; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 5; s. auch den VorlageBeschl. des OLG München v. 2.7.2009, 485 – Verg 5/09, NZBau 2009, 666 (Dienstleistungskonzession); VG Regensburg v. 30.9.2009 – 4 E 9.1503; Ruthig/ Zimmermann, NZBau 2009, 485; Ruthig, DVBl. 2010, 12. 5 Dreher, NZBau 2002, 245 (256); Reidt in Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 6 Rz. 26.

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gleich auch die Konditionen einschließlich der Vergütung zu regeln, die der Auftragnehmer für seine Tätigkeit erhält. Der das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ausgestaltende Auftrag kann und muss grundsätzlich wie jeder andere Auftrag ausgeschrieben werden, wenn die Schwellenwerte nach § 100 Abs. 1 i.V.m. § 2 VgV erreicht oder überschritten sind und keine Ausnahmetatbestände nach § 100 Abs. 2 eingreifen. Besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit des (ggf. auch zu beleihenden) Leistungserbringers u.Ä. können ohne Weiteres in den Verdingungsunterlagen Berücksichtigung finden. Es sind daher auch in tatsächlicher Hinsicht keine Gründe dafür ersichtlich, Fälle, in denen der Auftragnehmer auf der Grundlage eines mit der öffentlichen Hand abzuschließenden Vertrages gegenüber Dritten unmittelbar hoheitlich tätig wird, generell vom Anwendungsbereich des Vergaberechts auszuschließen. Es verbleibt vielmehr auch in derartigen Konstellationen dabei, dass Einschränkungen nur über die Ausnahmetatbestände des § 100 Abs. 2 in Betracht kommen1. Daneben können selbstverständlich auch die weiteren Vereinfachungen von Bedeutung sein, die das Vergaberecht anbietet, etwa das Verhandlungsverfahren nach § 101 Abs. 4, sofern die betreffenden Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt sind. Dies kann z.B. bei Abschluss eines („unechten“) Erschließungsvertrages (Vorfinanzierungsvertrag) gemäß § 124 BauGB der Fall sein, wenn der Erschließungsträger ganz oder jedenfalls teilweise Eigentümer der zukünftigen Straßenflächen ist, die Baumaßnahmen selbst durchführen und sodann die Erschließungsflächen der Gemeinde zu Eigentum übertragen will. In einem solchen Fall hat die Gemeinde in aller Regel kein eigenes Zugriffsrecht auf die Erschließungsflächen dergestalt, dass sie die betreffenden Bauleistungen im Wettbewerb ausschreiben und auf dem ihr (noch) nicht gehörenden Grundstück durchführen lassen kann2 (s. im Einzelnen zu städtebaulichen Verträgen § 99 Rz. 157 ff.). 17 Im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht wird teilweise darauf hingewiesen, dass zumindest in den Fällen der Beleihung, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt i.S. der Art. 45, 55 EG (= Art. 51, 62 AEUV) verbunden sind, eine Ausschreibungspflicht nicht bestehe (s. bereits Rz. 16)3. 1 S. insbes. BGH v. 1.12.2008 – X ZB 32/08, VergabeR 2009, 156 Rz. 20 ff.; zum Verfahren bei der Ausschreibung insbesondere von Rettungsdienstleistungen im Einzelnen Wenzel, LKV 2009, 298; Berger/Tönnemann, VergabeR 2009, 129. 2 S. zu Erschließungsverträgen und sonstigen städtebaulichen Verträgen etwa Wilke, ZfBR 2002, 231; Reidt, BauR 2008, 1541 (1547 f.); Reidt in Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft, Nutzungsmischung als Schlüsselfaktor innerstädtischer Projektentwicklungen, 2008, 63 ff. 3 So etwa Dreher, NZBau 2002, 245 (256); Burgi, NZBau 2002, 57 (61).

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Zwar räumt das primäre Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, diesen Bereich von den Anforderungen der Vergaberichtlinien auszunehmen, jedoch hat dies zumindest im deutschen Vergaberecht, so wie es im 4. Teil des GWB geregelt ist, keinen Niederschlag gefunden. Es ist indes nicht ersichtlich, warum die Mitgliedstaaten nicht auch diesen Bereich dem Vergaberecht unterstellen, also die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen überobligatorisch erfüllen dürfen1. Selbst wenn man allerdings – etwa über den Weg einer teleologischen Reduktion der nationalen Vergabevorschriften – diejenigen Beleihungsfälle ausklammert, die unter die Ausübung öffentlicher Gewalt i.S.d. Art. 45, 55 EG (= 51, 62 AEUV) fallen, ist zu beachten, dass dazu nur solche Konstellationen zählen, in denen dem zu beleihenden Auftragnehmer Eingriffs- und Zwangsbefugnisse übertragen werden, die ihn ermächtigen, entgegen dem Willen der Adressaten in deren Tätigkeit unmittelbar regelnd einzugreifen2. Diese Anforderungen sind in den meisten Fällen nicht erfüllt. Dies gilt insbesondere für den in der vergaberechtlichen Rechtsprechung wiederholt behandelten Einsatz von Rettungsdiensten (s. Rz. 16)3. Teilweise wird auch darauf hingewiesen, dass das Vergaberecht in den 18 Fällen nicht anwendbar sei, in denen der Auftraggeber unmittelbar hoheitliche Aufgaben erfüllt und er anstelle des Vertrages gegenüber dem 1 BGH v. 1.12.2008 – X ZB 32/08, VergabeR 2009, 156 Rz. 20 ff.; VG Frankfurt/Oder v. 20.2.2009 – 4 LB 186/08, Rz. 19; OLG Dresden v. 27.1.2009 – WVerg 10/08; Ruthig, DVBl. 2010, 12 (18); Behr, VergabeR 2009, 136 (138 f.); ebenso Burgi, NZBau 2002, 57 (62), der allerdings davon ausgeht, dass der deutsche Gesetzgeber keine überobligationsmäßigen Regelungen treffen wollte und daher aufgrund gemeinschaftskonformer Auslegungen des § 99 Abs. 1 Beleihungsverträge vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausnimmt, ohne jedoch zu erläutern, warum überhaupt die Notwendigkeit zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung bestehen soll. 2 EuGH v. 29.4.2010 – C-160/08, NZBau 2010, 450; Behr, VergabeR 2009, 136 (139); Röbke, NZBau 2008, 702 (703); Dreher, NZBau 2002, 245 (256) mit weiteren Nachweisen der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsprechung. 3 EuGH v. 29.4.2010 – C-160/08, NZBau 2010, 450; OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08; VG Köln v. 29.8.2008 – 7 L 1205/08; tendenziell auch OVG Münster v. 30.9.2008 – 13 B 1384/08, VergabeR 2009, 161; Behr, VergabeR 2009, 136 (139); offen lassend BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, VergabeR 2009, 156 Rz. 19; a.A. etwa OLG Brandenburg v. 18.9.2008 – Verg W 9/04; OLG Düsseldorf v. 5.4. 2006 – VII-Verg 7/06, VergabeR 2006, 787; OLG Celle v. 24.11.1999 – 13 Verg 7/99, NZBau 2000, 299; OLG Naumburg v. 19.10.2000 – 1 Verg 9/00, VergabeR 2001, 134; Burgi, NZBau 2002, 57 (61); Burgi, NVwZ 2007, 383 (385); Dreher, NZBau 2002, 245 (256).

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Allgemeine Grundsätze

Auftragnehmer auch das Instrument des Verwaltungsaktes einsetzen könne1. Dies ist zutreffend, da die Ersetzung von Maßnahmen der Eingriffsverwaltung durch vertragliche Vereinbarungen in aller Regel keinen entgeltlichen öffentlichen Auftrag darstellt. Allerdings kommt es auch hier auf den konkreten Einzelfall an, etwa bei der Einbeziehung zusätzlicher Leistungen, die hoheitlich nicht einseitig angeordnet werden könnten und daher zusätzlich beauftragt werden sollen. Die Ersetzung hoheitlicher Anordnungen durch vertragliche Regelungen darf auch in derartigen Fällen nicht dazu führen, dass die Anforderungen des Vergaberechts und der damit einhergehende Wettbewerb systemwidrig umgangen werden2.

Allgemeine Grundsätze

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(1) Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist auf Grund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet. (3) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der Auftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge an Dritte vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren. (4) Aufträge werden an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Andere 1 Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, Einleitung Rz. 4; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 26. 2 So zutreffend auch Ruthig, DVBl. 2010, 12 (16); Burgi, NZBau 2002, 57 (61); vgl. auch BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, VergabeR 2009, 156 Rz. 17.

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Allgemeine Grundsätze

oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. (4a) Auftraggeber können Präqualifikationssysteme einrichten oder zulassen, mit denen die Eignung von Unternehmen nachgewiesen werden kann. (5) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. (6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren zu treffen, insbesondere über die Bekanntmachung, den Ablauf und die Arten der Vergabe, über die Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote, über den Abschluss des Vertrages und sonstige Fragen des Vergabeverfahrens. (7) Die Unternehmen haben Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. I. 1. 2. II. III. 1. 2. 3.

4. IV. 1. 2. 3. 4. V. 1. 2.

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB (§ 97 Abs. 1) . Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz (§ 97 Abs. 1) . Funktion der Grundsätze . . . . Wettbewerbsgrundsatz . . . . . Transparenzgrundsatz . . . . . . a) Ermöglichung der Verfahrensbeteiligung . . . . . . . . b) Ermöglichung der Verfahrensüberprüfung . . . . . . . . Verhältnis von Wettbewerbsund Transparenzgrundsatz . . . Diskriminierungsverbot (§ 97 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . Funktion . . . . . . . . . . . . . . Geltungsbereich . . . . . . . . . . Anforderungen . . . . . . . . . . . Verhältnis zwischen Diskriminierungsverbot, Wettbewerbsund Transparenzgrundsatz . . . Mittelständische Interessen (§ 97 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . Hintergrund . . . . . . . . . . . . Berücksichtigung mittelständischer Interessen (§ 97 Abs. 3 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 2 6 8 9 13 18 19 22 27 28 29 31 37 45 46 47

3. Pflicht zu Losvergabe (§ 97 Abs. 3 Sätze 2 und 3) . . . . . . 54 4. Losvergabe durch Private (§ 97 Abs. 3 Satz 4) . . . . . . . . . . . 58 5. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . 61 VI. Eignungskriterien (§ 97 Abs. 4) . . . . . . . . . . . . 62 1. Generelle Anforderungen (§ 97 Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . . 64 a) Fachkunde . . . . . . . . . . . 66 b) Leistungsfähigkeit . . . . . 68 c) Zuverlässigkeit . . . . . . . . 72 d) Gesetzestreue . . . . . . . . . 75 e) Prüfung der Eignungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . 76 aa) Maßstab der Eignungsprüfung . . . . . . . . . . 76 bb) Durchführung der Eignungsprüfung . . . . . . 81 2. Zusätzliche Anforderungen (§ 97 Abs. 4 Satz 2) . . . . . . . 86 3. Andere oder weitergehende Anforderungen (§ 97 Abs. 4 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 96 VII. Präqualifikationssysteme (§ 97 Abs. 4a) . . . . . . . . . . . 102 VIII. Wirtschaftlichkeit (§ 97 Abs. 5) . . . . . . . . . . . . 106

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1. Maßstab der Wirtschaftlichkeitsprüfung – Zuschlagskriterien . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Trennung von Eignungsund Zuschlagskriterien . . . 109 b) Inhaltliche Anforderungen . 111 c) Festlegung und Bekanntgabe . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung . . . . . . . . . . 119

IX. Verordnungsermächtigung (§ 97 Abs. 6) . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 2. Vergabeverordnung . . . . . . . 3. Sektorenverordnung . . . . . . X. Subjektive Rechte (§ 97 Abs. 7) . . . . . . . . . . . . 1. Träger und Gegner der subjektiven Rechte . . . . . . . . . . . 2. Anspruchsumfang . . . . . . . .

122 122 124 127 129 130 131

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 97 fasst wesentliche Grundsätze und Eckpunkte des Kartellvergaberechts zusammen. So ist in den Absätzen 1 und 2 die Geltung des Wettbewerbs- und des Transparenzgrundsatzes und des Nichtdiskriminierungsgebots geregelt. Absatz 3 bestimmt, dass Leistungen im Hinblick auf mittelständische Interessen grundsätzlich in Teil- und Fachlosen zu vergeben und mittelständische Interessen auch darüber hinaus bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen sind. Absatz 4 beinhaltet grundlegende Regelungen zu den an die Bieter bzw. Bewerber zu stellenden Anforderungen. Mit Absatz 4a wird Auftraggebern die Möglichkeit eröffnet, zum Nachweis der Eignung von Unternehmen Präqualifikationssysteme einzurichten oder zuzulassen. Nach Absatz 5 wird der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Absatz 6 erhält eine Ermächtigung für die Bundesregierung, nähere Bestimmungen über das Vergabeverfahren zu treffen. Absatz 7 schließlich bestimmt, dass Unternehmen ein subjektives Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen haben. 2. Entstehungsgeschichte 2 Die Absätze 1, 2 und 5 bis 7 entsprechen § 106 Abs. 1, 2 und 4 bis 6 des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz1. Sie blieben durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz unverändert. 3 Die sog. Mittelstandsklausel des Absatzes 3 wurde aufgrund der Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurfs für das Vergaberechtsänderungsgesetz2 in das Gesetz aufgenommen und durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu gefasst. Die Sätze 1 bis 3 der 1 BT-Drucks. 13/9340, S. 4. 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 36.

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Neufassung entsprechen dem Regierungsentwurf zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz1. Satz 4 geht auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zurück2. Absatz 4 beruht im Kern auf § 106 Abs. 3 des Regierungsentwurfs zum 4 Vergaberechtsänderungsgesetz. Auf Betreiben des Bundesrates wurde der Entwurf zum einen um die Wörter „andere oder“ am Beginn des zweiten Halbsatzes ergänzt. Zum anderen wurde das Wort „Bundesgesetz“ durch die Wörter „Bundes- oder Landesgesetz“ ersetzt3. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde Absatz 4 neu gefasst, wobei die bisherigen Halbsätze 1 und 2 als Sätze 1 und 3 der Neuregelung übernommen und um einen neuen Satz 2 ergänzt wurden. Die Neufassung geht im Wesentlichen auf den Regierungsentwurf zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz zurück. Lediglich die Ergänzung des neuen Satzes 1 um die Wörter „sowie gesetzestreue“ ist erst im weiteren Gesetzgebungsverfahren in den Entwurf aufgenommen worden4. Ebenfalls erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Vergaberechts- 5 modernisierungsgesetz in den Gesetzesentwurf aufgenommen wurde Absatz 4a5. Entsprechende Forderungen wurden von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN6 und der Fraktion der FDP7 erhoben. II. Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB (§ 97 Abs. 1) Absatz 1 bestimmt zunächst, dass öffentliche Auftraggeber Waren, Bau- 6 und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften beschaffen. Den in der amtlichen Überschrift angekündigten „Allgemeinen Grundsätzen“ ist damit eine grundsätzliche Regelung zum Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts und damit auch der (übrigen) allgemeinen Grundsätze vorangestellt. Ungeachtet der Frage, inwiefern die Grundsätze des § 97 Entsprechungen im primären Gemeinschaftsrecht oder im Verfassungsrecht finden8, geht deren Anwendungsbereich daher nicht über den Anwendungsbereich der §§ 97 ff. im Übrigen hinaus9.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

BT-Drucks. 16/10117, S. 5. BT-Drucks. 16/11428, S. 6. BT-Drucks. 13/9340, S. 35. BT-Drucks. 16/11428, S. 6. BT-Drucks. 16/11428, S. 6. BT-Drucks. 16/8810, S. 2. BT-Drucks. 16/9092, S. 2. Allg. hierzu Geiger, NZBau 2008, 289 ff. Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 178 m.w.N.

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7 Hinsichtlich der Regelung des Anwendungsbereichs des 4. Teils des GWB wird Absatz 1 durch die Bestimmung des Begriffs des öffentlichen Auftraggebers in § 98 einerseits und die Bestimmung des Begriffs des öffentlichen Auftrages in § 99 andererseits konkretisiert. Ergänzt wird die Vorschrift durch § 100, wonach die §§ 97 ff. keine Anwendung finden, wenn der Auftrag die Schwellenwerte nicht erreicht oder ein Ausnahmetatbestand nach § 100 Abs. 2 erfüllt ist. III. Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz (§ 97 Abs. 1) 8 Absatz 1 bestimmt weiterhin, dass öffentliche Auftraggeber Waren, Bauund Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren beschaffen. 1. Funktion der Grundsätze 9 Wie zum einen die amtliche Überschrift und zum anderen die Stellung zu Beginn des 4. Teils des GWB deutlich machen, stellen sowohl Wettbewerb als auch Transparenz grundlegende Prinzipien des Kartellvergaberechts dar. Diese Grundsätze stecken damit zum einen den materiellrechtlichen Rahmen für das untergesetzliche Vergaberecht ab. Zum anderen sind diese Grundsätze gewichtige Auslegungsdirektiven für das übrige – gesetzliche und untergesetzliche – Kartellvergaberecht1. Insbesondere soweit die Vergaberegeln unbestimmte Rechtsbegriffe beinhalten oder dem Auftraggeber Ermessen einräumen, sind diese Spielräume daher unter Berücksichtigung der Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz auszufüllen. 10 Umstritten ist, ob die Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz darüber hinaus einen unmittelbaren Regelungsgehalt besitzen2. Diese Frage erlangt insbesondere in den Fällen praktische Relevanz, in denen Regelungen im Übrigen Vergaberecht fehlen, wie etwa hinsichtlich der Laufzeit von Dienstleistungsaufträgen3. Insofern entschied die VK Arnsberg im Februar 2006, dass eine 25- bzw. (mit Option) 30-jährige Laufzeit bei einem Abwasserbeseitigungsvertrag „wettbewerbswidrig“, die unterlegene Bieterin daher in deren „Rechten auf die Vergabe des Auftrages im wettbewerbsgerechten Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 GWB“ verletzt und 1 S. etwa BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, BGHZ 162, 116 ff. (Rz. 28); BGH v. 26.9. 2006 – X ZB 14/06, BGHZ 169, 131 ff. (Rz. 27). 2 Für eine normative Wirkung Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 9 Rz. 17; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 4; a.A. Burgi, NZBau 2008, 29 ff.; Ziekow, VergabeR 2006, 702 (708). 3 Ausführlich Scharen, NZBau 2009, 679 (680 f.).

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die Ausschreibung somit „wegen Verstoßes gegen § 97 Abs.1 GWB“ aufzuheben sei1. Die Vergabekammer hat den Wettbewerbsgrundsatz damit unmittelbar als Ge- bzw. Verbotsnorm angewandt. Dies ist abzulehnen. Bei den Grundsätzen des Absatzes 1 handelt es sich 11 um Grundsätze im Sinne der Methodenlehre, also nicht um Regeln, die anknüpfend an einen Tatbestand eine Rechtsfolge bestimmen, sondern um Normen, die lediglich eine Zielrichtung vorgeben, die ihrerseits erst durch Regeln anzustreben ist2. Den Grundsätzen des Wettbewerbs und der Transparenz fehlt es in Absatz 1 bereits an einem hinreichend bestimmten Tatbestand. Dementsprechend gibt Absatz 1 vor, diese Grundsätze „nach Maßgabe der folgenden Vorschriften“ umzusetzen. Eine über diese Vergaberegeln hinausgehende Verpflichtung der Auftraggeber zur Herstellung von Wettbewerb und Transparenz wird durch Absatz 1 somit nicht begründet. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gemeinschaftsrecht. Vielmehr 12 stellte der EuGH in seiner pressetext-Entscheidung3 fest, dass „die Praxis der Vergabe eines unbefristeten öffentlichen Dienstleistungsauftrags an und für sich der Systematik und den Zielen der Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Dienstleistungsaufträge fremd ist“. Denn eine solche Praxis könne „auf lange Sicht den Wettbewerb zwischen potenziellen Dienstleistungserbringern beeinträchtigen und die Anwendung der Vorschriften der Gemeinschaftsrichtlinien über die Öffentlichkeit der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge verhindern“4. „Trotzdem“, so der Gerichtshof weiter, „verbietet das Gemeinschaftsrecht bei seinem derzeitigen Stand nicht den Abschluss von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen auf unbestimmte Dauer“5. Damit hat der Gerichtshof klargestellt, dass auch der in den Vergaberichtlinien verankerte Wettbewerbsgrundsatz keinen regelnden Charakter hat, sich dem Grundsatz als solchem also insbesondere keine Ge- oder Verbote entnehmen lassen6. 1 VK Arnsberg v. 21.2.2006 – VK 29/05, NZBau 2006, 332; im Ergebnis ebenso Frenz in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 97 GWB Rz. 18; Roth in Müller-Wrede, VOL/A-Kommentar, § 2 Rz. 11. 2 Burgi, NZBau 2008, 29 ff. m.w.N. 3 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06 (pressetext Nachrichtenagentur), Slg. 2008, I-4401. 4 EuGH, v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06 (pressetext Nachrichtenagentur), Slg. 2008, I-4401, Rz. 73. 5 EuGH, v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06 (pressetext Nachrichtenagentur), Slg. 2008, I-4401, Rz. 74. 6 S. auch Scharen, NZBau 2009, 679 ff.

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2. Wettbewerbsgrundsatz 13 Der in der Diskussion deutlich im Vordergrund stehende Gehalt des Wettbewerbsgrundsatzes besteht in der Gewährleistung des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und der Öffnung der Märkte für einen unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt hierin das „Hauptziel der Gemeinschaftsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen“1. Die Beachtung wettbewerblicher Prinzipien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge soll somit die Interessen der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer schützen und die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter bei einer Auftragsvergabe ausschließen2. Die Betonung des Wettbewerbsprinzips beruht dementsprechend auf gemeinschaftlichen Vorgaben3, namentlich den Vergaberichtlinien, in deren Begründungen die Bedeutung dieses Grundsatzes hervorgehoben wird4. 14 Wettbewerb ist allerdings nicht nur Ziel, sondern gewissermaßen auch Instrument des Vergaberechts. So liegt dem Wettbewerbsgrundsatz auch die Erkenntnis zugrunde, dass die Nutzbarmachung der Kräfte des Marktes dem Ziel des wirtschaftlichen Einkaufs der öffentlichen Hand und der sparsamen Verwendung von Steuergeldern5 dient. Bereits vor Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes war der Wettbewerbsgrundsatz aus diesem Grund in den Verdingungsordnungen verankert6. 15 Da der Wettbewerb somit wesentliche Grundlage und Ziel des Vergaberechts ist, finden sich Ausprägungen dieses Grundsatzes in einer Vielzahl von Regelungen die sämtliche Verfahrensstufen betreffen. So etwa: – in dem grundsätzlichen Vorrang des offenen Verfahrens (§ 101 Abs. 7 Satz 1)7,

1 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06 (pressetext Nachrichtenagentur), Slg. 2008, I-4401, Rz. 31 m.w.N. 2 EuGH v. 27.11.2001 – verb. Rs. C-285 und 286/99 (Lombardini), Slg. 2001, I-9233, Rz. 36. 3 Zur Bedeutung des Wettbewerbsprinzips im Gemeinschaftsrecht Dreher, WuW 1999, 656 ff. 4 S. etwa Erwägungsgründe 2 und 4 der Richtlinie 2004/18/EG. 5 BT-Drucks. 16/10117, S. 16; allg. zu den Funktionen des Wettbewerbs Kantzenbach, Die Funktionsfähígkeit des Wettbewerbs. 6 S. § 2 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A, § 2 Abs. 1 Satz 1 VOL/A. 7 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 8.

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– in dem grundsätzlichen Verbot der Verengung einer Leistungsbeschreibung auf bestimmte Hersteller- oder markenbezogene Produkte (§ 7 Abs. 8 VOB/A, § 8 EG Abs. 7 VOL/A, § 7 Abs. 9 SektVO)1, – in dem Grundsatz der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibeung (§ 7 Abs. 1 VOB/A, § 7 Abs. 1 VOL/A, § 6 Abs. 1 VOF, § 7 Abs. 1 SektVO)2, – in der Pflicht zur Bekanntmachung der Wertungs- bzw. Zuschlagskriterien (§ 8a VOB/A i.V.m. Anhang II Ziffern III.2 und IV.2 der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005, § 10 EG Abs. 2 lit. c) VOL/A, § 11 Abs. 4 VOF, § 29 Abs. 4 SektVO)3, – in dem so genannten Nachverhandlungsverbot (§ 15 Abs. 3 VOB/A, § 15 Satz 2 VOL/A)4, – in der Pflicht zur vertraulichen Behandlung der abgegebenen Angebote (§ 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 VOB/A, § 13 Abs. 2 Satz 1 VOL/A)5 und – in der Pflicht zur Anwendung (nur) der bekanntgemachten Wertungsbzw. Zuschlagskriterien (§ 16a Abs. 1 VOB/A, § 19 EG Abs. 8 VOL/A)6. Der Wettbewerbsgrundsatz richtet sich an die öffentlichen Auftraggeber 16 und nicht, jedenfalls nicht unmittelbar, an die Bewerber bzw. Bieter7. Allerdings erfordert der Wettbewerbsgrundsatz von den Auftraggebern nicht lediglich sich selbst wettbewerbsgerecht zu verhalten, sondern auch gegen wettbewerbswidriges Verhalten von Bewerbern bzw. Bietern einzuschreiten8. In § 2 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A ist eine entsprechende Pflicht ausdrücklich normiert. Die Art und Weise der Erfüllung dieser Pflicht steht grundsätzlich im Ermessen des Auftraggebers9. Anderes gilt etwa 1 EuGH v. 3.12.2001 – Rs. C-59/00 (Vestergaard), Slg. 2001, I-9505 Rz. 22. 2 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 11; Opitz, VergabeR 2009, 689 (696); s. auch Quack, ZfBR 2009, 411. 3 OLG München v. 19.3.2009 – Verg 2/09, NZBau 2009, 341. 4 Greb in Müller-Wrede, VOL/A-Kommentar, § 24 Rz. 28; Planker in Kapellmann/ Messerschmidt, VOB, § 15 VOB/A Rz. 18 f.; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 32. 5 OLG Jena v. 19.4.2004 – 6 Verg 3/04, VergabeR 2004, 520. 6 OLG Frankfurt v. 28.2.2006 – 11 Verg 15/05, VergabeR 2006, 382. 7 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 7; a.A. Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 182. 8 Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 9 Rz. 21. 9 OLG Koblenz v. 26.10.2005 – 1 Verg 4/05, VergabeR 2006, 392; Glahs in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/A Rz. 46.

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für den Angebotsausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) VOB/A bzw. § 16 Abs. 3 lit. f) VOL/A, der bei Vorliegen einer unzulässigen wettbewerbsbeschränkenden Abrede zwingend zu erfolgen hat1. Eine im Sinne dieser Vorschriften unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede wird in der Spruchpraxis der Vergabekammern und -senate beispielsweise angenommen, wenn sich ein Unternehmen parallel als Einzelbieter und als Mitglied einer Bietergemeinschaft an einem Vergabeverfahren beteiligt2 und dabei nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Angebote unabhängig voneinander eingereicht wurden3. Teilweise wird darüber hinaus bereits der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft als Abrede angesehen, die in der Regel wettbewerbsbeschränkend sei und daher zum Ausschluss führe. Anderes gelte nach dieser Auffassung nur dann, wenn die Mitglieder der Bietergemeinschaft zusammen einen lediglich unerheblichen Marktanteil haben oder wenn sie erst durch das Eingehen der Gemeinschaft in die Lage versetzt werden, ein Angebot abzugeben und somit am Wettbewerb teilzunehmen4. 17 § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) VOB/A bzw. § 16 Abs. 3 lit. f) VOL/A finden entsprechende Anwendung, wenn sich Unternehmen – ohne dass eine Abrede, also ein Zusammenwirken Mehrerer vorliegt – wettbewerbswidrig verhalten5, also in Bezug auf die jeweils konkret in Rede stehende Ausschreibung6 etwa gegen § 3 UWG, §§ 1, 14 GWB, Art. 101 f. AEUV (exArt. 81 f. EGV) oder gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstoßen7. Ob Gleiches auch für Verstöße gegen Tarifverträge8 und die 1 S. auch Hertwig, Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe, Rz. 466 ff. 2 OLG Celle v. 13.12.2007 – 13 Verg 10/07, OLGR Celle 2008, 253; OLG Düsseldorf, v. 27.7.2006 – Verg 23/06, VergabeR 2007, 229; OLG Jena v. 19.4.2004 – 6 Verg 3/04, VergabeR 2004, 520. 3 EuGH v. 23.12.2009 – Rs. C-376/08 (Serrantoni und Consorzio stabile edili), VergabeR 2010, 469, Rz. 34 ff.; s. hierzu Gabriel, NZBau 2010, 225. 4 KG v. 21.12.2009 – 2 Verg 11/09, IBR 2010, 223. 5 OLG Koblenz v. 26.10.2005 – 1 Verg 4/05, VergabeR 2006, 392; a.A. Rusam in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 25 Rz. 12. 6 S. hierzu Franke/Grünhagen in Franke/Kemper/Zaner/Grünhagen, VOB-Kommentar, § 25 VOB/A Rz. 220; bei Fehlen eines Zusammenhangs zwischen wettbewerbswidrigem Verhalten und der konkreten Ausschreibung kommt u.U. ein Ausschluss wegen Unzuverlässigkeit in Betracht. 7 S. etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 34; Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 34 ff.; Franke/ Mertens in Franke/Kemper/Zaner/Grünhagen, VOB-Kommentar, § 2 VOB/A Rz. 13. 8 S. hierzu Glahs in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/A Rz. 55; Gersterkamp/Laumann, VergabeR 2007, 477 (481 ff.).

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Bestimmungen in den Gemeindeordnungen über die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen bzw. kommunalen Unternehmen1 gilt, ist umstritten. 3. Transparenzgrundsatz Wie der Wettbewerbsgrundsatz zählt auch der ebenfalls in Absatz 1 ver- 18 ankerte Transparenzgrundsatz zu den tragenden Grundsätzen des Vergaberechts. Auch dieser beruht auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben2 und wird durch Detailregelungen der Vergabe- und Vertragsordnungen bzw. der Sektorenverordnung konkretisiert. Allerdings steht der Transparenzgrundsatz nicht selbständig neben dem Wettbewerbsgrundsatz. Vielmehr kommt dem Transparenzgrundsatz im Hinblick auf den Wettbewerbsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot eine dienende Funktion zu3. a) Ermöglichung der Verfahrensbeteiligung. Der Transparenzgrundsatz 19 zielt zum einen darauf ab, dass potenzielle Bieter ausreichende Kenntnis von dem Beschaffungsvorhaben erhalten. Denn nur wenn interessierte Unternehmen ausreichende Informationen über beabsichtigte Beschaffungsvorhaben, die genauen Anforderungen des Auftraggebers und die Vergabebedingungen erlangen können, kann überhaupt ein echter Bieterwettbewerb entstehen4. Insofern umfasst das Transparenzgebot somit das Gebot, alle für potenzielle Bieter relevante auftragsbezogene Daten publik zu machen. Ausfluss dieses Publizitätsgebotes ist allen voran die Verpflichtung öf- 20 fentlicher Auftraggeber, ihre Absicht, einen Auftrag zu vergeben, in geeigneter Art und Weise bekanntzugeben (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, § 12 Abs. 1 Satz 1 VOL/A). Diese Bekanntmachung muss alle Informationen enthalten, die potenzielle Bieter benötigen, um entscheiden zu können, ob sie sich am Verfahren beteiligen wollen. Um die Transparenz dieser Bekanntmachungen zu erhöhen, wurde zum einen mit der Verordnung 1 Eine gegen Vergaberecht verstoßende Wettbewerbsverfälschung bejahend: OLG Düsseldorf v. 17.6.2002 – Verg 18/02, NZBau 2002, 626; OLG Düsseldorf v. 13.8.2008 – VII-Verg 42/07, AbfallR 2008, 307; a.A. OVG Münster v. 1.4.2008 – 15 B 122/08, AbfallR 2008, 146; s. auch Glahs/Külpmann, VergabeR 2002, 555; Mann, NVwZ 2010, 857. 2 S. etwa EuGH v. 25.4.1996 – Rs. C-87/94 (Wallonische Busse), Slg. 1996, I-2043, Rz. 53 ff.; Höfler, NZBau 2010, 73 (75 ff.). 3 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 97 GWB Rz. 16; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 190; s. auch EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-458/03 (Parking Brixen), Slg. 2005, I-8585, Rz. 49. 4 Vgl. EuGH v. 21.7.2005 – Rs. C-231/03 (Coname), Slg. 2005, I-7287, Rz. 18.

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(EG) 2195/20021 das sog. Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (Common Procurement Vocabulary – CPV), geschaffen, welches bei Bekanntmachungen zur Beschreibung des Auftragsgegenstandes anzuwenden ist. Zum anderen wurden mit der Verordnung (EG) 1564/20052 Standardformulare eingeführt, die von Auftraggebern sowohl für die Vergabebekanntmachung als auch für die übrigen in den Vergaberichtlinien vorgesehenen Veröffentlichungen zu verwenden sind3. 21 Weiter erfordert das Publizitätsgebot etwa, dass der Auftraggeber bei der Prüfung und Wertung der Angebote nur diejenigen Zuschlagskriterien – einschließlich der jeweiligen Gewichtungsregeln und Unterkriterien4 – berücksichtigen darf, die er in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen angegeben hat (s. Rz. 117)5. Denn ohne Kenntnis des Bestehens und der Tragweite der vom Auftraggeber angewandten Zuschlagskriterien ist es potenziellen Bietern nicht möglich, ein den Anforderungen des Auftraggebers entsprechendes Angebot zu erstellen6. 22 b) Ermöglichung der Verfahrensüberprüfung. Zum anderen zielt der Transparenzgrundsatz darauf ab, die Nachprüfung zu ermöglichen, ob der Wettbewerbsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot gewahrt wurden7. Insofern besteht eine deutliche Parallele zur Rechtsprechung 1 Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates v. 5.11.2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV), ABl. Nr. L 340 v. 16.12.2002, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) 596/2009 v. 18.6.2009, ABl. Nr. L 188 v. 18.7.2009, S. 14. 2 Verordnung der Kommission v. 7.9.2005 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß der Richtlinie 2004/17/EG und der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 257 v. 1.10.2005, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1792/2006 v. 23.10.2006, ABl. Nr. L 362 v. 20.12.2006, S. 1. 3 S. §§ 8a; 10a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3; 12a Abs. 1 Nr. 3 u. 4, Abs. 2 u. 3; 12a Abs. 1 Nr. 3 u. 4, Abs. 2 u. 3; 18a Abs. 1 Nr. 2; 22a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VOB/A; § 3 EG Abs. 8 VOL/A; §§ 10 Abs. 5; 16 Abs. 1 SektVO. 4 EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 99. 5 Grundlegend hierzu EuGH v. 24.1.2008 – Rs. C-532/06 (Lianakis u.a./Dimos Alexandroupolis u.a.), Slg. 2008, I-251, Rz. 33 ff.; BGH v. 8.9.1998 – X ZR 109/96, NJW 1998, 3644 (3646). 6 S. EuGH v. 17.9.2002 – Rs. C-513/99 (Concordia Bus Finland), Slg. 2002, I-7213, Rz. 62; EuGH v. 24.11.2005 – Rs. C-331/04 (ATI EAC e Viaggi di Maio u.a.), Slg. 2005, I-10109, Rz. 23. 7 EuGH v. 18.11.1999 – Rs. C-275/98 (Unitron Scandinavia), Slg. 1999, I-8291, Rz. 31; EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-324/98 (Teleaustria), Slg. 2000, I-10745, Rz. 61; EuGH v. 18.10.2001 – Rs. C-19/00 (SIAC), Slg. 2001, I-7725, Rz. 41; EuGH v. 18.6. 2002 – Rs. C-92/00 (Hospital Ingenieure), Slg. 2002, I-5553, Rz. 45.

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des EuGH, wonach Richtlinien, welche Ansprüche des Einzelnen begründen sollen, von den Mitgliedstaaten derart umzusetzen sind, dass die Begünstigten in die Lage versetzt werden, „von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen“1. Die Ermöglichung der Verfahrensüberprüfung verlangt zum einen wie- 23 derum die Herstellung von Publizität, nämlich Publizität hinsichtlich des Verfahrensablaufes. Ausprägung dessen ist insbesondere das Verbot der Zuschlagserteilung vor Ablauf der sog. Stillhaltefrist des § 101a GWB. Der Herstellung von Publizität zum Zwecke der Überprüfbarkeit von Vergabeverfahren dienen zudem etwa die Pflicht zur Benachrichtigung der Bieter über die Aufhebung einer Ausschreibung (§ 17 Abs. 2 VOB/A, § 17 Abs. 2 VOL/A, § 14 Abs. 6 VOF, § 30 Satz 2 SektVO)2 und die Pflicht zur Bekanntmachung der Auftragserteilung (z.B. § 18a Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, § 23 EG VOL/A, § 14 Abs. 2 VOF)3. Eine effektive Verfahrensüberprüfung erfordert zum anderen eine Doku- 24 mentation des Vergabeverfahrens, die gewährleistet, dass der Gang des Verfahrens und dabei insbesondere die wesentlichen Entscheidungen der Vergabestelle durch die Bieter und die Nachprüfungsinstanzen nachvollzogen werden können4. Eine entsprechende Dokumentationspflicht wird in § 110 Abs. 2 Satz 3 25 vorausgesetzt und ist als Pflicht zur Fertigung von Vergabevermerken in den Vergabe- und Vertragsordnungen (s. etwa § 20 VOB/A, § 20 VOL/A, § 12 VOF) und der Sektorenverordnung (§ 32 SektVO) verankert. Danach müssen die einzelnen Stufen des Verfahrens, die maßgeblichen Feststellungen und die Begründung der einzelnen Entscheidungen dokumentiert werden. Der erforderliche Detaillierungsgrad richtet sich nach dem konkreten Sachverhalt, wobei die Dokumentation umso ausführlicher sein muss, je mehr Gesichtspunkte bei einer Entscheidung zu berücksichti-

1 EuGH v. 28.2.1991 – Rs. C-131/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, I-825, Rz. 6.; EuGH v. 30.5.1991 – Rs. C-361/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, I-2567, Rz. 15. 2 Lischka in Müller-Wrede, VOL/A-Kommentar, § 26a Rz. 29. 3 Stickler in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 28a VOB/A Rz. 4; Noch in Müller-Wrede, VOL/A-Kommentar, § 28a Rz. 17. 4 S. etwa OLG Düsseldorf v. 11.7.2007 – Verg 10/07; OLG München v. 17.1.2008 – Verg 15/07, VergabeR 2008, 574.

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gen sind1. Die Dokumentation muss des Weiteren zeitnah erfolgen und laufend fortgeschrieben werden2. 26 Weil die Dokumentation der Überprüfbarkeit der Ordnungsgemäßheit des Verfahrensablaufes und damit der Wahrung der Rechte der Bewerber dient, führen Mängel in der Dokumentation grundsätzlich dazu, dass das Vergabeverfahren ab der Verfahrensstufe, bei der der Dokumentationsmangel vorliegt, zu wiederholen ist3. Im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens kann dies freilich nur dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn der Antrag zulässig ist, der Antragsteller also insbesondere geltend machen kann, dass sich der Dokumentationsmangel auf seine Rechtsstellung nachteilig ausgewirkt hat4. 4. Verhältnis von Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz 27 Die Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz stehen in einer engen Wechselbeziehung zueinander5. So setzt ein echter Bieterwettbewerb einerseits die Schaffung eines bestimmten Maßes an Transparenz in Form von Publizität hinsichtlich des Beschaffungsvorhabens voraus6. Andererseits findet das Transparenzgebot im Wettbewerbsgrundsatz seine Grenze. Denn zu den unverzichtbaren Kennzeichen einer wettbewerblichen Auftragsvergabe zählt auch die Gewährleistung eines Geheimwettbewerbs zwischen den an der Ausschreibung teilnehmenden Bietern7. Praktisch kommt diese Grenzziehung insbesondere bei der Frage zum Tragen, ob und inwiefern Einsicht in die Vergabeakte nach

1 OLG Frankfurt v. 28.11.2006 – 11 Verg 4/06, NZBau 2007, 804. 2 OLG München v. 19.12.2007 – Verg 12/07, ZfBR 2008, 210 ff. 3 S. etwa OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09, IBR 2010, 226; OLG Frankfurt v. 28.11.2006 – 11 Verg 4/06, NZBau 2007, 804. 4 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 95 m.w.N. 5 S. etwa Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 97 Rz. 16, der insofern von einer „äußerst komplexen Kausalitäts- und Ergänzungsbeziehung“ spricht. 6 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 15. 7 S. EuGH v. 14.2.2008 – Rs. C-450/06 (Varec), Slg. 2008, I-581, Rz. 35: „Um dieses Ziel [Öffnung für einen unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten] zu erreichen, dürfen die öffentlichen Auftraggeber keine das Vergabeverfahren betreffenden Informationen preisgeben, deren Inhalt dazu verwendet werden könnte, den Wettbewerb entweder in einem laufenden Vergabeverfahren oder in späteren Vergabeverfahren zu verfälschen“; s. auch OLG Düsseldorf v. 16.9.2003 – Verg 52/03, VergabeR 2003, 690; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 12; Lorsch, VergabeR 2008, 739 ff.

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§ 111 Abs. 2 aufgrund des Geheimschutzes und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen zu versagen ist (s. § 111 Rz. 31 ff.). IV. Diskriminierungsverbot (§ 97 Abs. 2) Nach § 97 Abs. 2 sind die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren gleich 28 zu behandeln, soweit eine Benachteiligung nicht aufgrund des GWB ausdrücklich geboten oder gestattet ist. Die Vorschrift normiert damit das Gleichbehandlungs- und Nichtdiskriminierungsgebot, das zu den tragenden Pfeilern sowohl des europäischen Vergaberechts1 als auch des allgemeinen Gemeinschaftsrechts (Art. 18 AEUV) und des deutschen Rechts (Art. 3 GG) zählt. Seine Beachtung ist in den Vergabe- und Vertragsordnungen vorgeschrieben2 und näher konkretisiert. 1. Funktion Wie die Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz zählt auch das 29 Diskriminierungsverbot zu den grundlegenden Prinzipien des Kartellvergaberechts. Ebenso wie die Grundsätze des Wettbewerbs und der Transparenz ist daher auch das Diskriminierungsverbot Auslegungsdirektive für die Vergaberegeln3. Anders als die Grundsätze des Wettbewerbs- und der Transparenz 30 (Rz. 8 ff.) stellt das Diskriminierungsverbot des Absatzes 2 allerdings keinen bloßen Grundsatz im Sinne der Methodenlehre, also nicht lediglich einen normativ auszufüllenden Programmsatz dar. Vielmehr ist in Absatz 2 bereits eine Konkretisierung des Gleichbehandlungs- bzw. Nichtdiskriminierungsgrundsatzes des Gemeinschaftsrechts bzw. des Verfassungsrechts zu erkennen4. Dementsprechend bedarf das Diskriminierungsverbot in den weiteren Vergaberegeln keiner Umsetzung. Vielmehr sind – wie bereits der Wortlaut von Absatz 2 klarstellt – in den weiteren Vergaberegeln die Fälle erfasst, in denen „eine Benachteiligung … auf Grund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet [ist]“5. Insofern findet damit innerhalb des Anwendungsbereiches der §§ 97 ff. eine Limitierung von Rechtfertigungsgründen für Ungleichbehandlungen statt: Während Einschränkungen sowohl des gemeinschaftsrecht1 Grundlegend EuGH v. 22.6.1993 – Rs. C-243/89 (Kommission/Dänemark), Slg. 1993, I-3393, Rz. 33. 2 S. § 2 Abs. 2 VOB/A, § 2 Abs. 1 Satz 2 VOL/A, § 2 Abs. 1 VOF. 3 S. etwa BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84 ff., Rz. 22. 4 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 24. 5 Ähnlich § 2 Abs. 2 VOF.

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lichen Diskriminierungsverbotes als auch des allgemeinen Gleichheitssatzes – im Rahmen der Verhältnismäßigkeit – grundsätzlich durch jeden sachlichen Grund gerechtfertigt werden können, sind Ungleichbehandlungen im Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts nur dann rechtmäßig, wenn und soweit diese durch Vergaberegelungen geboten oder gestattet sind1. Ein Rückgriff auf nicht geregelte Rechtfertigungsgründe scheidet somit aus. 2. Geltungsbereich 31 In sachlicher Hinsicht umfasst das Diskriminierungsverbot jede Stufe des Vergabeverfahrens2. Eine Diskriminierung kann daher bereits in der Entscheidung des Auftraggebers liegen, kein offenes Verfahren durchzuführen3 oder eine Leistung bzw. Ware ausschließlich hersteller- oder markenbezogen auszuschreiben4. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bleibt denkbar, bis das Vergabeverfahren abgeschlossen, also der Zuschlag wirksam erteilt oder das Verfahren anderweitig (wirksam) beendet ist. 32 In personeller Hinsicht erfasst Absatz 2 als Konkretisierung auch und insbesondere des (allgemeinen) gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbotes zunächst Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit i.S.v. Art. 18 AEUV (ex-Art. 12 EGV). Insofern fallen daher Interessenten aus Mitgliedstaaten der EG in den Anwendungsbereich der Vorschrift5. 33 Absatz 2 schützt darüber hinaus auch Inländer. Nach der Rechtsprechung des EuGH folgt dies bereits aus dem vergaberechtlichen Diskriminierungsverbot der Vergaberichtlinien. Denn die sich daraus ergebenden Verpflichtungen gelten unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder vom Ort der Niederlassung der Bieter und schließen daher auch inländische Unternehmen ein6. 1 S. hierzu etwa BGH v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, BGHZ 169, 131 ff., Rz. 27: „Außerhalb der in § 97 Abs. 2 GWB genannten Ausnahmen muss deshalb der öffentliche Auftraggeber das Gleichbehandlungsgebot einschränkungslos beachten.“ 2 S. etwa EuGH v. 18.10.2001 – Rs. C-19/00 (SIAC Construction), Slg. 2001, I-7725, Rz. 34: „Im Einzelnen müssen die Bieter sowohl zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Angebote vorbereiten, als auch zu dem Zeitpunkt, zu dem diese vom öffentlichen Auftraggeber beurteilt werden, gleichbehandelt werden.“ 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 34. 4 Näher hierzu Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 82. 5 Vgl. VK Bund v. 12.11.2009 – VK 3-208/09. 6 EuGH v. 25.4.1996 – Rs. C-87/94 (Wallonische Busse), Slg. 1996, I-2043, Rz. 31 ff.

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Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt schließlich auch für Staatsangehörige 34 aus Drittstaaten1. Insoweit geht Absatz 2 über die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts hinaus. Denn nach Art. 5 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 12 der Richtlinie 2004/17/EG können die Mitgliedstaaten Unternehmen aus solchen Drittstaaten den Zugang zu nationalen Vergabeverfahren verschließen, deren Märkte ihrerseits für deutsche Bewerber nicht geöffnet sind2. Der deutsche Gesetzgeber hat hiervon keinen Gebrauch gemacht. Entscheidend für die Eröffnung des Geltungsbereichs des vergaberecht- 35 lichen Diskriminierungsverbotes des Absatzes 2 ist somit nicht die Herkunft bzw. der Sitz des Unternehmens, sondern die Klassifizierung als „Teilnehmer an einem Vergabeverfahren“. Nach Auffassung des OLG Jena fallen hierunter nur die „am konkreten Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen“3. Auf Absatz 2 könnten sich danach weder potenzielle Bieter berufen, die – etwa im Falle einer De-facto-Vergabe – von vornherein nicht an dem Vergabeverfahren beteiligt waren, noch Bieter, die rechtmäßig von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen worden sind. Dieser Auffassung ist zu widersprechen. Denn nach gefestigter Recht- 36 sprechung des EuGH stellt gerade die De-facto-Vergabe, also das rechtswidrige Unterlassen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens, „eine unterschiedliche Behandlung zum Nachteil des in dem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen [potentiell an dem Auftrag interessierten] Unternehmens“4, also einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar. Dieser Verstoß wäre nach der Rechtsprechung des OLG Jena für die potenziellen Interessenten nicht angreifbar, so dass insofern eine Rechtsschutzlücke bliebe. Die besseren Gründe sprechen daher dafür, den Begriff der „Teilnehmer an einem Vergabeverfahren“ weit auszulegen, also hierunter auch lediglich potenzielle Bieter bzw. Bewerber zu fassen5. 3. Anforderungen Der Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, dass alle (potenziellen) 37 Bewerber bzw. Bieter die gleichen Chancen auf Erlangung des Auftrages erhalten6. 1 2 3 4 5 6

Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 61 m.w.N. Näher hierzu s. Zillmann, NZBau 2003, 480 f. OLG Jena v. 20.6.2005 – 9 Verg 3/05, NZBau 2005, 476. EuGH v. 21.7.2005 – Rs. C-231/03 (Coname), Slg. 2005, I-7287, Rz. 17 f. So auch Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 32 ff. S. etwa KG v. 13.3.2008 – 2 Verg 18/07, NZBau 2008, 466; OLG Jena v. 16.7.2007 – 9 Verg 4/07, VergabeR 2008, 269; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 24.

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38 Dieses Ziel kommt bereits bei der Erstellung der Vergabeunterlagen zum Tragen. So etwa in der in den Vergabe- und Vertragsordnungen und in der Sektorenverordnung normierten Pflicht der Auftraggeber, die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen1. Unklare Leistungsbeschreibungen stellen daher einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot dar2. 39 Für die Angebotsphase folgt aus dem Gleichbehandlungsgebot insbesondere, dass allen Bietern bzw. Bewerbern die gleichen Chancen auf Abgabe eines Angebotes einzuräumen sind. In offenen Verfahren müssen daher alle interessierten Unternehmen nicht nur die Möglichkeit haben, überhaupt ein Angebot abgeben zu können; der Auftraggeber muss auch – und zwar nicht nur in offenen Verfahren, sondern in allen Vergabeverfahren im Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB3 – gewährleisten, dass die Bedingungen für die Angebotsabgabe für alle Bieter und Bewerber gleich sind. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Angebotsfristen4 und die inhaltlichen Anforderungen an die Angebote5. Weiterhin verbietet sich aus diesem Grund eine Bevorzugung einzelner Bieter etwa bei der Gewährung von Informationen, die nicht in den Vergabeunterlagen enthalten sind. Werden Fragen eines Bewerbers oder Bieters beantwortet, ist es daher erforderlich, diese Antwort allen beteiligten Unternehmen zukommen zu lassen6. 40 Für die Wertungsphase folgt aus dem Gleichbehandlungsgebot insbesondere, dass die den Bewerbern bekanntgemachten Eignungs- und Wertungskriterien anzuwenden sind, also bekanntgemachte Eignungs- und Wertungskriterien weder unangewandt bleiben noch andere, vor Angebotsabgabe nicht bekanntgemachte Eignungs- und Wertungskriterien, angewandt werden7.

1 § 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, § 7 Abs. 1 VOL/A, § 6 Abs. 1 VOF, § 7 Abs. 1 SektVO. 2 OLG Naumburg v. 16.9.2002 – 1 Verg 02/02, NZBau 2003, 628. 3 Vgl. etwa OLG Celle v. 16.1.2002 – 13 Verg 1/02, VergabeR 2002, 299; OLG Frankfurt v. 10.4.2001 – 11 Verg 1/01, VergabeR 2001, 299. 4 S. etwa OLG Dresden v. 14.4.2000 – WVerg 0001/00, BauR 2000, 1591, wonach eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorliegt, wenn nicht alle Bewerber über eine Verlängerung der Angebotsfrist informiert werden. 5 OLG München v. 8.6.2010 – Verg 08/10. 6 BGH v. 26.10.1999 – X ZR 30/98, BauR 2000, 254 (255); KG v. 3.11.1999 – KartVerg 3/99, NZBau 2000, 209 (210). 7 S. die Nachweise zu Rz. 21.

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Absatz 2 erfordert grundsätzlich eine formale Gleichbehandlung1. Ein Aus- 41 gleich wettbewerbsrelevanter Unterschiede zwischen den Bewerbern, namentlich von Wissensvorsprüngen einzelner Bewerber, ist den Auftraggebern hingegen in der Mehrzahl der Fälle nicht möglich und wäre in der Regel auch nicht sachgerecht2. Denn gerade aus unterschiedlichen Erfahrungs- und Wissensständen ergibt sich für Auftraggeber die Chance, diese im Interesse einer wirtschaftlichen Beschaffung nutzbar zu machen. Das Gleichbehandlungsgebot beinhaltet daher keine Verpflichtung des Auftraggebers, bestehende Wettbewerbsvorteile- bzw. -nachteile zwischen den Bewerbern auszugleichen3. Vielmehr steht das Diskriminierungsverbot Ungleichbehandlungen grundsätzlich auch dann entgegen, wenn damit – etwa durch Begünstigung von Newcomern oder kleinen oder mittleren Unternehmen – der Wettbewerb gefördert werden soll. Anderes gilt allerdings in dem Fall, dass ein Wettbewerbsvorteil aus einem 42 Informationsvorsprung resultiert, der aus einer vorherigen Sonderbeziehung zwischen der Vergabestelle und einem Unternehmen herrührt. Derartige Wettbewerbsvorteile sind von der Vergabestelle grundsätzlich auszuräumen4. Insbesondere muss die Vergabestelle daher, wenn sie sich bei der Erstellung der Vergabeunterlagen von einem Unternehmen beraten oder unterstützen lassen hat (sog. Projektant), sicherstellen, dass dies nicht zu einer Verfälschung des Wettbewerbs führt5. Keine Diskriminierung stellt es dar, wenn der Auftraggeber Bieter zu 43 einem Vergabeverfahren zulässt, die rechtmäßig staatliche Beihilfen erhalten haben6. Anderenfalls könnte der Zweck, der mit der Gewährung der öffentlichen Beihilfe verbunden ist, in vielen Fällen nicht erreicht werden. Unberührt hiervon bleiben die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A und des § 6 Abs. 7 VOL/A, die bestimmte Betriebe in staatlicher Trägerschaft ausdrücklich von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausschließen. Der Auftraggeber ist daher auch nicht verpflichtet, der Frage 1 A. A. – allerdings ohne nähere Begründung – VK Brandenburg v. 2.10.2006 – 2 VK 38/06: „Der Gleichbehandlungsgrundsatz erschöpft sich nicht in der formalen Gleichbehandlung, sondern verlangt eine materielle Gleichbehandlung der am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen.“ 2 OLG Naumburg v. 5.12.2008 – 1 Verg 9/08, VergabeR 2009, 486; BayObLG v. 5.11.2002 – Verg 22/02, NZBau 2003, 342. 3 S. etwa OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, VergabeR 2002, 617. 4 Zur Reichweite dieser Pflicht s. etwa OLG Brandenburg v. 22.5.2007 – Verg W 13/06, OLGR Brandenburg 2008, 131 ff. 5 § 6a Abs. 9 VOB/A; §§ 6 Abs. 6, 6 EG Abs. 7 VOL/A; § 4 Abs. 5 VOF. 6 EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-94/99 (ARGE Gewässerschutz), Slg. 2000, I-11037, Rz. 22 ff.

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nachzugehen, ob ein Bieter eine rechtswidrige Beihilfe, also insbesondere staatliche Zuwendungen, die nicht bei der EU-Kommission notifiziert wurden, erhalten hat. Dies wird nur dann relevant, wenn ein unangemessen niedriger Preis angeboten wird (§ 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A und § 16 Abs. 6 VOL/A). Ist dieser auf eine Beihilfe zurückzuführen und gelingt es dem Bieter auf Nachfrage nicht, darzulegen, dass eine Notifizierung bei der EU-Kommission erfolgte, ist das Angebot auszuschließen1. 44 Keine Diskriminierung liegt des Weiteren vor, wenn der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren die Verhandlungen nicht mit allen Bietern, die ein Angebot abgegeben haben, bis zur Unterschriftsreife führt. Vielmehr ist es im Hinblick auf die Effizienz des Verfahrens zulässig, in dessen Verlauf weniger wirtschaftliche Angebote sukzessive auszuschließen2. 4. Verhältnis zwischen Diskriminierungsverbot, Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz 45 Das Diskriminierungsverbot steht in enger Beziehung zu den Grundsätzen des Wettbewerbs und der Transparenz3. So kann ein wirksamer (Bieter-)Wettbewerb nur entstehen, wenn den Bietern gleiche Chancen auf Erhalt des Auftrages eingeräumt werden. Hierzu zählt es insbesondere, dass alle potenziellen Bieter Zugang zu den für eine Angebotserstellung bzw. die Entscheidung über eine Verfahrensbeteiligung erforderlichen Informationen erlangen können. Insofern schließt daher auch der Gleichbehandlungsgrundsatz die Verpflichtung zur Transparenz ein4. V. Mittelständische Interessen (§ 97 Abs. 3) 46 § 97 Abs. 3 behandelt die Berücksichtigung mittelständischer Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. 1. Hintergrund 47 Der Schutz mittelständischer Interessen war bereits vor Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes in den Verdingungs- bzw. Vergabe- und Vertragsordnungen verankert. Gegenwärtig ist die Aufteilung größerer Aufträge in Lose in § 5 Abs. 2 VOB/A und § 2 Abs. 2 VOL/A vorgesehen. 1 OLG Düsseldorf v. 26.7.2002 – Verg 22/02, NZBau 2002, 634. 2 OLG Frankfurt v. 10.4.2001 – 11 Verg 1/01, VergabeR 2001, 299 (302). 3 S. hierzu etwa Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 28; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 11. 4 Vgl. Schlussanträge GA Sharpston v. 9.7.2009 in der Rs. C-199/07 (Kommission/ Griechenland), Rz. 83 m.w.N.

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Nach § 2 Abs. 4 VOF sollen kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger angemessen beteiligt werden. Anliegen dieser Regelungen ist es, einen Ausgleich zwischen leistungsschwächeren und leistungsstärkeren Unternehmen herzustellen um im gesamtwirtschaftlichen Interesse eine ausgewogene Unternehmensstruktur von Klein-, Mittel- und Großunternehmen zu erhalten1. In das Vergaberechtsänderungsgesetz aufgenommen wurde die Regelung 48 des Absatzes 3 allerdings erst aufgrund der Stellungnahme des Bundesrats2. Hintergrund dessen war, dass der Bundesrat in der Berücksichtigung mittelständischer Interessen – zu Recht3 – einen vergabefremden Aspekt erkannte und daher befürchtete, dass dieses Ziel ohne die ausdrückliche Verankerung im GWB an der beabsichtigten Regelung des § 106 Abs. 3 des Gesetzentwurfs (§ 97 Abs. 4) scheitern würde. Wörtlich heißt es insofern: „Da künftig vergabefremde Aspekte aus dem Vergabeverfahren verbannt sind, bedarf es zwingend der Klarstellung, dass mittelständische Interessen gerade nicht den vergabefremden Aspekten zuzurechnen sind und ihren bisherigen hohen Stellenwert beibehalten“4. Absatz 3 ging damit zunächst über den Wortlaut der EG-Vergabericht- 49 linien, welche einen Schutz mittelständischer Interessen nicht ausdrücklich vorsahen, hinaus. Allerdings hatte die EU-Kommission bereits in einer Mitteilung über das öffentliche Auftragswesen vom 11.3.1998 deutlich gemacht, dass die Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe ein wichtiges Ziel darstellt5. Seit der Novellierung der Vergaberichtlinien im Jahr 2004 ist der Mittelstandsschutz in den Erwägungsgründen der Richtlinien ausdrücklich genannt6. Ziel der mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vorgenommenen 50 Änderungen von Absatz 3 war es zum einen, die Regelung „in ihrer Wir-

1 BVerfG v. 19.3.1974 – 1 BvR 416/68, 1 BvR 767/68, 1 BvR 779/68, BVerfGE 37, 38 (52). 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 36. 3 BGH v. 17.2.1999 – X ZR 101/97, WuW/E Verg 213 (217); Dreher in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 102; a.A. Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 69 f.; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 97 GWB Rz. 27. 4 BT-Drucks. 13/9340, S. 36. 5 KOM (1998) 143. 6 Erwägungsgrund 32 der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgrund 43 der Richtlinie 2004/17/EG.

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kung [zu] verstärken“1. Dies soll dadurch erreicht werden, dass – wie es in der Begründung des Gesetzesentwurfes weiter heißt – „eine Losvergabe stattzufinden hat“ und nur in begründeten und zu dokumentierenden2 Ausnahmefällen davon abgewichen werden kann. Zum anderen soll mit der Neuregelung des Satz 4 der Befürchtung entgegen gewirkt werden, der Mittelstand würde bei der Auftragsvergabe von sog. PPP- oder ÖPP-Projekten leer ausgehen3. 2. Berücksichtigung mittelständischer Interessen (§ 97 Abs. 3 Satz 1) 51 Absatz 3 beinhaltet eine Art Querschnittsklausel des Vergaberechts. Dies galt bereits nach der Regelung in der Fassung des Vergaberechtsänderungsgesetzes4. Denn bereits danach erschöpfte sich die geforderte Berücksichtigung mittelständischer Interessen nicht in der Losvergabe. Mit der Neuregelung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes wurde dies insbesondere durch die sprachliche Trennung zwischen dem Gebot der Berücksichtigung mittelständischer Interessen in Satz 1 und der Pflicht zur Losvergabe in Satz 2 nochmals unterstrichen5. Mittelständischen Interessen ist daher auch über die Losvergabe hinaus – etwa bei der Festlegung von Angebots- oder Bewerbungsfristen (§ 10 VOB/A, § 10 VOL/A, § 7 VOF, § 17 SektVO) und bei der Bestimmung der von den Bewerbern vorzulegenden Eignungsnachweise (Rz. 76) – Rechnung zu tragen. Absatz 3 fordert insofern also, dass Auftraggeber die nach den Vergaberegelungen verbleibenden Spielräume gewissermaßen „mittelstandsfreundlich“ ausfüllen6. 52 Eine darüber hinausgehende Mittelstandsförderung durch öffentliche Auftraggeber wird durch Absatz 3 hingegen nicht gefordert. Insbesondere zählt der Mittelstandsschutz nicht zu den Aspekten, die im Sinne von Absatz 2 eine Benachteiligung gebieten oder gestatten können7. Denn 1 BT-Drucks. 16/10117, S. 15. 2 Zur Pflicht zur Dokumentation der Entscheidung gegen eine Losvergabe s. etwa OLG Düsseldorf v. 17.3.2004 – Verg 1/04, NZBau 2004, 461. 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 76. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 101; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 34; Otting in Bechtold, GWB, § 97 Rz. 17. 5 Gabriel, NJW 2009, 2011 (2012). 6 S. auch die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Vorfahrt für KMU in Europa – Der „Small Business Act“ für Europa v. 25.6.2008, KOM (2008) 394 endg., S. 11 f. 7 A. A. Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 15.

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Absatz 3 fordert eine Berücksichtigung mittelständischer Interessen lediglich insofern, als nach Möglichkeit Chancengleichheit zwischen mittelständischen Unternehmen und Großunternehmen herzustellen ist, also die aus der Größe resultierenden Vorteile der Großunternehmen auszugleichen sind1. Eine Benachteiligung von Großunternehmen fordert und erlaubt das Anliegen des Mittelstandsschutzes hingegen nicht2. Absatz 3 rechtfertigt es daher nicht, Großunternehmen generell von bestimmten Vergabeverfahren auszuschließen oder zugunsten mittelständischer Unternehmen von dem Grundsatz des Absatzes 5 abzuweichen, wonach der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen ist3. Aus demselben Grund ist auch der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung zu widersprechen4, nach der es der Mittelstandsschutz rechtfertige, die Zahl der Lose zu limitieren, für die ein Bieter ein Angebot abgeben bzw. den Zuschlag erhalten darf5. Der weder in Absatz 3 noch im sonstigen Vergaberecht definierte Begriff 53 der „mittelständischen Interessen“ ist angesichts des Ziels der Erhaltung bzw. Verwirklichung einer ausgewogenen Unternehmensstruktur von Klein-, Mittel- und Großunternehmen (s. Rz. 47), relativ, nämlich im Hinblick auf den jeweils relevanten Markt zu bestimmen6. Nicht entscheidend für die Auslegung des Begriffs des Mittelstandes ist daher die Definition des im Rahmen der Gemeinschaftspolitiken und im Europäischen Wirtschaftsraum verwendeten Begriffs der kleinen und mittleren Unternehmen7. Glei-

1 Vgl. hierzu BT-Drucks. 16/11428, S. 22: „Damit [mit der grundsätzlichen Pflicht zur Losvergabe] werden Nachteile des Mittelstandes bei der Vergabe großer Aufträge mit einem Volumen, das die Ressourcen der Mittelstandsunternehmen überfordern könnte, ausgeglichen und die Mittelstandsklausel gestärkt.“ 2 OLG Düsseldorf v. 8.9.2004 – VII Verg 38/04, NZBau 2004, 688; Müller-Wrede in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 97 Rz. 23; Schramm in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 11 Rz. 62; Boesen, Vergaberecht, § 97 Rz. 44; a.A. offenbar Werner, VergabeR 2009, 262 (267). 3 BGH v. 17.2.1999 – X ZR 101/97 (Krankenhauswäsche), NJW 2000, 137. 4 Ebenso Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 70, s. auch Otting/Tresselt, VergabeR 2009, 585 ff. 5 OLG Düsseldorf v. 15.6.2000 – Verg 6/00, NZBau 2000, 440; LSG Baden-Württemberg v. 23.1.2009 – L 11 WB 5971/08, VergabeR 2009, 452. 6 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 77; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 109. 7 S. hierzu die Empfehlung der EU-Kommission v. 6.5.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. Nr. L 124 v. 20.5.2003, S. 36.

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ches gilt für die in Mittelstandsfördergesetzen der Bundesländer1 enthaltenen Begriffsbestimmungen2. 3. Pflicht zu Losvergabe (§ 97 Abs. 3 Sätze 2 und 3) 54 In der Fassung des Vergaberechtsänderungsgesetzes verlangte Absatz 3, mittelständische Interessen „vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen“. Nach Absatz 3 in der Fassung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes sind Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben, wenn nicht wirtschaftliche oder technische Gründe eine Zusammenvergabe mehrerer Lose erfordern. 55 Mit der Neuregelung wurden somit zum einen die Begriffe „Fach-“ und „Teillos“ bestimmt. Diese Begriffsbestimmungen entsprechen den bereits bislang gängigen Definitionen. Danach erfolgt bei Teillosen eine mengenmäßige Unterteilung der Gesamtleistung; ein Fachlos liegt vor, wenn die Gesamtleistung in einzelne Fachgebiete aufgeteilt wird, die sich nach gewerberechtlichen Vorschriften oder sonstigen, allgemein üblichen Abgrenzungen ergeben, wie beispielsweise Maurer-, Zimmereroder Elektroarbeiten3. Eine weitergehende, also marktunübliche Aufteilung von Aufträgen erfordert Absatz 3 nicht. In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie heißt es hierzu: „ Die Aufteilung in Fachlose braucht selbstverständlich von vorneherein nur so zu erfolgen, wie dies marktüblich ist. Marktunüblich wäre es beispielsweise, Fenster in Rahmen, Scheiben, Griffe und Beschläge zu trennen. Marktüblich ist die Aufteilung von Autobahnen in Streckenabschnitte. Computer können marktüblich getrennt nach Rechner, Eingabegeräten und Monitor beschafft werden“4. 56 Die Neuregelung hat zum anderen zum Entfallen des Begriffs „angemessen“ geführt. Hieraus folgte nach herrschender Auffassung ein „Zweckmäßigkeitsvorbehalt“5 für die Losaufteilung. Danach war die Entschei1 S. die Übersicht bei Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 63. 2 S. etwa § 1 Abs. 2 des niedersächsischen Gesetzes zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (MFG) v. 30.4.1978, GVBl. S. 377, zuletzt geändert durch Art. 31 G v. 20.11.2001, GVBl. S. 701. 3 Boesen, Vergaberecht, § 97 Rz. 47 f.; Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, § 5 VOB/A Rz. 22 ff., 26 ff. 4 BT-Drucks. 16/11428, S. 33. 5 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 37.

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dung für oder gegen eine Losvergabe in erster Linie anhand einer Abwägung zwischen den für eine Losvergabe sprechenden Belangen des Mittelstandschutzes und den gegen die Losvergabe sprechenden Aspekten vorzunehmen1. Zu Letzteren wurden etwa wirtschaftliche oder technische Belange2, die Gefahr der Undurchsetzbarkeit von Gewährleistungsansprüchen3 und der aus einer Losvergabe resultierende Koordinationsaufwand sowie die sich aus den Schnittstellen ergebenden Risiken4 gezählt. Dem Wortlaut nach bleibt nach der Neuregelung für eine solche Abwä- 57 gung kein Raum mehr. Vielmehr hat eine Losvergabe (zwingend) zu erfolgen, sofern nicht eine Zusammenvergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich ist. In der Sache allerdings ist damit lediglich das Angemessenheitskriterium durch das zwar strengere, gleichwohl aber ebenfalls wertausfüllungsbedürftige Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit ersetzt worden5. So liegt eine wirtschaftliche Erforderlichkeit für eine Zusammenvergabe im Sinne von Satz 3 etwa vor, wenn und soweit die Losvergabe mit unverhältnismäßigen Kostennachteilen verbunden ist6. Entsprechendes gilt für eine Zusammenvergabe aus technischen Gründen. Denn auch insofern wird die Teilung einer Leistung in Lose in der Regel nicht durch die technischen Möglichkeiten, sondern vielmehr durch die hierdurch entstehenden Nachteile für den Auftraggeber begrenzt. Aufgrund der Beschaffungsfreiheit des Auftraggebers (Vor §§ 97–101b, 57a Rz. 4) scheidet eine Losvergabe aus, wenn die Losaufteilung zu einer Änderung des Beschaffungsgegenstandes und der mit dem Beschaffungsprojekt verfolgten Ziele und Zwecke führte7. Eine solche der Losaufteilung entgegenstehende Änderung des Beschaffungsgegenstandes liegt allerdings nur dann vor, wenn das Beschaffungsziel – ausgehend von einer funktionalen Betrachtung – bei einer Losaufteilung von vornherein nicht erreicht werden könnte. Dies ist in der Regel etwa dann der Fall, wenn ein Beschaffungsvorhaben auf die Gründung eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens abzielt, welches mit bestimmten Liefer-, Dienstund/oder Bauleistungen beauftragt werden soll (zur vergaberechtlichen 1 2 3 4 5 6 7

OLG Jena v. 6.6.2007 – 9 Verg 3/07, VergabeR 2007, 677. OLG Düsseldorf v. 8.9.2004 – Verg 38/04, VergabeR 2005, 107. OLG Schleswig v. 13.10.2000 – 6 Verg 4/00, IBR 2001, 38. VK Bund v. 1.2.2001 – VK 1–1/01, VergabeR 2001, 143. S. auch Kus, NZBau 2009, 21 (22). Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 84. OLG Celle v. 26.4.2010 – 13 Verg 4/10, IBR 2010, 349; s. auch OLG Düsseldorf v. 30.11.2009 – VII-Verg 43/09.

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Beurteilung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften s. § 99 Rz. 148 f.). Hingegen steht es der Losvergabe nicht grundsätzlich entgegen, wenn das Beschaffungsziel bei einer Gesamtvergabe lediglich besser zu erreichen wäre. In diesem Fall bleibt es bei der Abwägung zwischen den Belangen des Mittelstandsschutzes einerseits und den Interessen des Auftraggebers andererseits. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass etwa ein erhöhter Koordinationsaufwand beim Auftraggeber regelmäßig Folge einer Losaufteilung ist und daher nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 97 Abs. 3 Satz 2 ein Absehen von der Losaufteilung ohne Weiteres nicht rechtfertigen kann. 4. Losvergabe durch Private (§ 97 Abs. 3 Satz 4) 58 Nach Absatz 3 Satz 4 sind Unternehmen, die mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut sind ohne öffentlicher Auftraggeber zu sein, vom Auftraggeber zu verpflichten, bei etwaigen Unterauftragsvergaben an Dritte nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren. In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 17.12.2008, mit welcher diese Regelung in den Entwurf für das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz aufgenommen worden ist, heißt es hierzu: „Um mittelstandfreundliche Auftragsvergaben auch im Rahmen einer Öffentlich-Privaten-Zusammenarbeit sicherzustellen, muss, sofern das Unternehmen Unteraufträge vergibt, diese Unterauftragsvergabe mit erfasst werden. Zu diesem Zweck wird der ursprüngliche Auftraggeber verpflichtet, entsprechende vertragliche Regelungen zu treffen“1. Die Vorschrift begründet somit keine unmittelbare Verpflichtung der Unternehmen, sondern verpflichtet die Auftraggeber, im Rahmen bestimmter Auftragserteilungen entsprechende vertragliche Regelungen zu treffen. 59 Die Verpflichtung der Auftraggeber nach Absatz 3 Satz 4 besteht lediglich bei Auftragserteilungen, mit denen ein Unternehmen „mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut“ wird. Wie auch die vorstehend zitierte Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 17.12.2008 deutlich macht, ist die Vorschrift damit nur für solche Aufträge einschlägig, mit denen Auftragnehmer über die bloße Beschaffung von Waren oder Leistungen hinaus im Rahmen einer Öffentlich-Privaten-Zusammenarbeit in die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eingebunden werden. Damit trägt Satz 4 insbesondere dem Umstand Rechnung, dass bei der Beauftragung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen eine Losvergabe in der Re1 BT-Drucks. 16/11428, S. 33.

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gel ausscheidet (Rz. 57a). Für sonstige Auftragsvergaben dürfte Satz 4 im Übrigen auch leerlaufen. Denn wenn eine Aufteilung der Leistung in Lose in Betracht kommt, so hat diese nach Satz 2 bereits bei der Auftragsvergabe durch den öffentlichen Auftraggeber und nicht erst bei der Vergabe von Unteraufträgen durch das beauftragte Unternehmen zu erfolgen1. Für den Auftragnehmer kann die mit Abschluss des Vertrages zu begrün- 60 dende Pflicht zur entsprechenden Anwendung der Sätze 1 bis 3 nur für zukünftige Unterauftragsvergaben gelten. Auf zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung bereits bestehende Unteraufträge findet eine solche vertragliche Verpflichtung hingegen keine Anwendung2. 5. Rechtsschutz Da Absatz 3 den Mittelstand schützt, können sich Großunternehmer 61 nach herrschender Auffassung auf eine Verletzung der Pflicht zur Losaufteilung nicht berufen3. Mittelständische Unternehmen hingegen haben nach Absatz 7 einen Anspruch auf Einhaltung der Regelungen des Absatzes 34. Dieser Anspruch umfasst im Grundsatz auch die Pflicht nach Absatz 3 Satz 4. Die Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs ist allerdings in der Regel zweifelhaft. Denn zum einen liefe ein Nachprüfungsantrag, mit dem der Dritte im Hinblick auf künftige Unterauftragsvergaben die Verpflichtung des Unternehmens durch den Auftraggeber zur Losaufteilung geltend macht, auf einen nach den §§ 107 ff. generell nicht gewährten vorbeugenden Rechtsschutz hinaus (§ 107 Rz. 20). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Satz 4 den Auftraggeber lediglich zur vertraglichen Festschreibung der Losaufteilung verpflichtet (Rz. 58). Dritte müssten zur Geltendmachung einer Verletzung der Pflicht nach Satz 4 daher bereits die Beauftragung des Unternehmens angreifen. Sofern damit lediglich das Ziel der Erlangung (möglicher) Unteraufträge verfolgt wird, fehlte es hierfür jedoch an der Antragsbefugnis (s. § 107 Rz. 24). VI. Eignungskriterien (§ 97 Abs. 4) Entsprechend der Systematik des europäischen Vergaberechts, wonach 62 strikt zwischen der Prüfung der Eignung der Unternehmen für die Auf1 Vgl. Müller-Wrede in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 97 Rz. 31 f. 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 93. 3 VK Bund v. 6.10.2009 – VK 2-165/09; VK Bund v. 29.9.2009 – VK 2-162/09; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 222; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 97 m.w.N.; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 97 GWB Rz. 39. 4 OLG Düsseldorf v. 25.11.2009 – Verg 27/09, IBR 2010, 162 m.w.N.

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tragsdurchführung und der Wertung der Angebote zu trennen ist (Rz. 109), regelt Absatz 4 die an die Auftragnehmer zu stellenden Anforderungen. Dabei wird in Satz 1 mit den Kriterien der Fachkunde, der Leistungsfähigkeit, der Gesetzestreue und der Zuverlässigkeit ein genereller, im Grundsatz zwingender Maßstab für die Auswahl der Unternehmer aufgestellt. Nach Satz 2 können zusätzliche, also über Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Gesetzestreue und Zuverlässigkeit hinausgehende Anforderungen an die Auftragnehmer gestellt werden, wenn diese Anforderungen im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Andere oder weitergehende Anforderungen schließlich dürfen nach Satz 3 nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. 63 Absatz 4 verfolgt damit das Ziel der Zurückdrängung vergabefremder Kriterien bzw. der Instrumentalisierung des Vergaberechts für politische Anliegen. In der Begründung des Regierungsentwurfs für das Vergaberechtsänderungsgesetz heißt es insofern: „Müssten sich die Unternehmen auf regional unterschiedliche und aus verschiedenen politischen Vorstellungen fließende, raschem Wandel unterworfene Anforderungen an das Unternehmensprofil jeweils neu einstellen, führte dies zur Zersplitterung der Märkte und einer Verteuerung des Einkaufs“1. 1. Generelle Anforderungen (§ 97 Abs. 4 Satz 1) 64 Absatz 4 Satz 1 in der Fassung des Vergaberechtsänderungsgesetzes bestimmte, dass Aufträge an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben werden. Der GWB-Gesetzgeber hat damit die Kriterientrias aufgegriffen, die bei Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes bereits in den Verdingungsordnungen enthalten war und bis heute enthalten ist2. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde Satz 1 um das Kriterium der Gesetzestreue ergänzt. 65 In der Terminologie weicht das GWB damit teilweise vom europäischen Vergaberecht ab. Danach ist die Eignung der Unternehmen generell anhand der Kriterien „persönliche Lage“3, „wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit“4 und „technische und/oder berufliche Leistungs-

1 BT-Drucks. 13/9340, S. 14. 2 S. § 2 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A; § 2 Abs. 1 VOL/A; § 2 Abs. 1 VOF. 3 Art. 45 der Richtlinie 2004/18/EG, s. auch Erwägungsgrund 54 der Richtlinie 2004/17/EG. 4 Art. 47 der Richtlinie 2004/18/EG, Art. 54 Abs. 5 der Richtlinie 2004/17/EG.

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fähigkeit“1 zu beurteilen. In der Sache allerdings decken sich die Kriterien des GWB und des europäischen Vergaberechts. So sind Fachkunde und Leistungsfähigkeit im Sinne des Absatzes 4 jeweils Teilaspekte der technischen und/oder beruflichen Leistungsfähigkeit im Sinne der Vergabekoordinierungsrichtlinien. Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur persönlichen Lage finden sich teilweise im Kriterium der Zuverlässigkeit. Trotz der terminologischen Verwurzelung im deutschen Recht hat die Auslegung der Kriterien des Absatzes 4 daher losgelöst vom deutschen Begriffsverständnis im Lichte des europäischen Vergaberechts zu erfolgen2. a) Fachkunde. Fachkunde im Sinne des Absatzes 4 meint diejenigen 66 Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, die es einem Unternehmen erlauben, den zu vergebenden Auftrag ordnungsgemäß durchzuführen3. Der dabei anzulegende Maßstab hängt von der im Einzelfall zu erbringenden Leistung ab. So kann für einfach gelagerte Dienstleistungen, die von einem bestimmten Berufsbild abgedeckt werden, bereits die entsprechende Berufsausbildung ausreichen, während für technisch außergewöhnlich anspruchsvolle Leistungen neben einer entsprechenden Ausbildung auch praktische Erfahrungen mit der Erbringung vergleichbarer Leistungen erforderlich sein können4. Die Fachkunde bezieht sich nicht zwingend auf den Inhaber oder Leiter 67 des anbietenden Unternehmens. Gerade bei größeren Betrieben ist vielmehr auf die technische und kaufmännische Leitung abzustellen, unter deren Verantwortung der Auftrag durchgeführt werden soll5. Auch bei Bietergemeinschaften ist die Fachkunde daher nicht für jedes Mitglied gesondert zu prüfen. Maßgebend ist vielmehr, ob die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten bei den Personen vorhanden sind, die nach der geplanten internen Arbeitsorganisation der Bieterbzw. Arbeitsgemeinschaft für die Auftragsdurchführung verantwortlich sind6. Entsprechendes gilt für den Einsatz von Nachunternehmern7. 1 Art. 48 der Richtlinie 2004/18/EG, Art. 54 Abs. 6 der Richtlinie 2004/17/EG. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 136. 3 Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 6; Roth in Müller-Wrede, VOL/A-Kommentar, § 2 Rz. 34. 4 Glahs in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/A Rz. 12 m.w.N. 5 Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 6. 6 S. auch § 5 Abs. 6 VOF. 7 Allgemein hierzu s. Glahs in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/A Rz. 27; Otting in Bechtold, GWB, § 97 Rz. 22.

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68 b) Leistungsfähigkeit. Die Prüfung der Leistungsfähigkeit erfolgt im Wesentlichen sach- und betriebsbezogen1. Sie liegt vor, wenn der Bewerber bei vorausschauender Betrachtungsweise in der Lage sein wird, die ihm durch den Zuschlag erwachsenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. Erforderlich ist danach, dass der Bieter insbesondere in technischer, kaufmännischer, personeller und finanzieller Hinsicht so ausgestattet ist, dass die Ausführung des Auftrags gewährleistet erscheint2. 69 Die personelle Leistungsfähigkeit ist zu bejahen, wenn der Betrieb des Bewerbers sowohl zahlenmäßig als auch hinsichtlich der Ausbildung über das erforderliche Personal verfügt, um die Leistung zu erbringen3. In technischer Hinsicht umfasst die Leistungsfähigkeit das Vorhandensein der für die Auftragsdurchführung erforderlichen Geräte, Werkzeuge, Maschinen usw. Maßgeblich ist dabei, dass dem Bewerber diese im Fall der Zuschlagserteilung zur Verfügung stehen4; nicht entscheidend ist, dass der Bewerber diese erwirbt5. In kaufmännischer Hinsicht ist erforderlich, dass der Betrieb unter Einhaltung der entsprechenden Vorschriften in kaufmännischer Art und Weise geführt wird6. In finanzieller Hinsicht verlangt die Leistungsfähigkeit, dass der Bieter über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, seinen laufenden Verpflichtungen gegenüber seinem Personal, dem Staat und sonstigen Gläubigern nachzukommen7. Nicht zuletzt muss der Bewerber auch in rechtlicher Hinsicht in der Lage sein, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen8. 70 Leistungsfähig kann sich ein Unternehmen auch dadurch machen, dass es mit einem entsprechend leistungsfähigen Unternehmen eine Bietergemeinschaft eingeht oder ein solches Unternehmen als Nachunterneh1 Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 6; Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, § 2 VOB/A Rz. 36. 2 LG Leipzig v. 24.1.2007 – 06HK O 1866/06, VergabeR 2007, 417; Müller in Daub/ Eberstein, Kommentar zur VOL/A, § 2 Rz. 26; Rusam/Weyand in Heiermann/ Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 6; Schranner in Ingenstau/ Korbion, VOB-Kommentar, § 2 VOB/A Rz. 36; Vavra in Kulartz/Marx/Portz/ Prieß, Kommentar zur VOL/A, § 2 Rz. 46; Müller-Wrede in Müller-Wrede, GWBVergaberecht, § 97 Rz. 35. 3 Glahs in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/A Rz. 15. 4 Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, § 2 VOB/A Rz. 36. 5 OLG Bremen v. 24.5.2006 – Verg 1/2006, OLGR Bremen 2006, 638. 6 Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 7; Glahs in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/A Rz. 15. 7 OLG Düsseldorf v. 9.6.2004 – VII-Verg 11/04; s. auch Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 6; Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, § 2 VOB/A Rz. 36. 8 OLG Düsseldorf v. 21.2.2005 – Verg 91/04, WuW/E Verg 1055.

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mer einsetzt. Insofern gilt das vorstehend zur Fachkunde Ausgeführte entsprechend. Die Leistungsfähigkeit muss nicht zum Zeitpunkt der Beurteilung des 71 Angebotes bzw. der Bewerbung vorliegen. Entscheidend ist vielmehr, dass davon auszugehen ist, dass der Bewerber im Zeitpunkt der Auftragsdurchführung leistungsfähig sein wird1. Denn anderenfalls wären die Bewerber u.U. gezwungen, im Hinblick auf den ausgeschriebenen Auftrag Investitionen zu tätigen, die sich für den Fall, dass sie den Auftrag nicht erhalten, als wirtschaftlich unsinnig erweisen könnten2. Bei der insofern anzustellenden Prognose ist etwa zu berücksichtigen, ob Bieter nach der voraussichtlichen Marktlage in der Lage sein werden, für die Auftragsdurchführung erforderliche Materialien und Geräte zu beschaffen3. Rein hypothetische Geschehensabläufe sind dabei unberücksichtig zu lassen. Daher steht es der Bejahung der Leistungsfähigkeit nicht entgegen, wenn sich ein Bewerber parallel um mehrere Aufträge beworben hat, dieser Bewerber aber nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt, um alle Aufträge zu erfüllen4. c) Zuverlässigkeit. Zuverlässig ist ein Bewerber, wenn aufgrund der 72 Umstände des einzelnen Falls davon auszugehen ist, dass er die ausgeschriebene Leistung vertragsgerecht erbringen wird5. Hierzu zählen der pünktliche Beginn und die Beendigung des Auftrags, die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt und der technischen Regelwerke sowie der arbeitsrechtlichen Bestimmungen6. Versucht der Bieter, den Zuschlag durch unlautere oder rechtswidrige Vorgehensweisen zu erlangen, lässt dies auf seine Unzuverlässigkeit schließen7 (s. auch Rz. 17). Aber auch 1 OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – Verg 41/08, NZBau 2009, 63; OLG Schleswig v. 8.5.2007 – 1 Verg 2/07; OLG Bremen v. 24.5.2006 – Verg 1/2006, OLGR Bremen 2006, 638. 2 OLG München v. 12.9.2005 – Verg 20/05, NZBau 2006, 131; s. auch EuG v. 6.7. 2005 – T-148/04, Slg. 2005, II-2627. 3 Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 7. 4 VK Lüneburg v. 14.5.2004 – 203-VgK-13/2004; VK Sachsen v. 27.3.2006 – 1/SVK/ 021–06; VK Sachsen v. 9.12.2005 – 1/SVK/141–05. 5 OLG Celle v. 13.12.2007 – Verg 10/07, OLGR Celle 2008, 253; OLG Düsseldorf v. 8.5.2002 – Verg 8–15/01. 6 Kulartz in Daub/Eberstein, Kommentar zur VOL/A, § 25 Rz. 30; Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 7; Schranner in Ingenstau/Korbion, Handkommentar zur VOB, § 2 VOB/A Rz. 33; Vavra in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, § 2 Rz. 47. 7 Vgl. OLG Düsseldorf v. 15.12.2004 – VII-Verg 48/04, VergabeR 2005, 207; BayObLG v. 27.7.2004 – Verg 014/04, VergabeR 2004, 736.

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Verhaltensweisen, die mit dem konkreten Auftrag nicht im Zusammenhang stehen, wie beispielsweise nachhaltige Verstöße gegen die Verpflichtung, Steuern und Sozialabgaben abzuführen, können gegen die Zuverlässigkeit des Bieters sprechen1. 73 Wie Fachkunde und Leistungsfähigkeit ist auch die Zuverlässigkeit grundsätzlich auftragsbezogen zu beurteilen. Gleichwohl können Bewerber bei mangelnder Zuverlässigkeit auch unabhängig von einem konkreten Vergabeverfahren von der Teilnahme an zukünftigen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Eine solche Vergabe- oder Auftragssperre ist allerdings nur in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit zulässig2, was insbesondere voraussetzt, dass die zeitliche und ggf. auch die räumliche Dimensionierung der Sperre in einem angemessenen Verhältnis zum Grad der Unzuverlässigkeit steht. Eine Sperre von unbegrenzter Dauer ist daher in aller Regel unverhältnismäßig3. 74 Anders als Fachkunde und Leistungsfähigkeit muss die Zuverlässigkeit bei Bietergemeinschaften stets für jedes Mitglied gegeben sein. Die Unzuverlässigkeit eines Mitglieds führt somit dazu, dass die Bietergemeinschaft insgesamt unzuverlässig im Sinne von Absatz 4 Satz 1 ist. Allerdings ist dabei ggf. die von der Bietergemeinschaft vorgesehene interne Aufgabenverteilung zu berücksichtigen, so dass nicht von jedem Mitglied stets auch dasselbe Maß an Zuverlässigkeit verlangt werden muss. 75 d) Gesetzestreue. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz ist die ursprüngliche Kriterientrias des Vergaberechtsänderungsgesetzes und der Verdingungs- bzw. Vergabe- und Vertragsordnungen um das Kriterium der Gesetzestreue erweitert worden. Zur Begründung dessen heißt es in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie vom 17.12.2008: „Die Aufnahme des Begriffs ‚gesetzestreu‘ macht klarer, was im Gesetz gemeint war“4. Das Kriterium der Gesetzes-

1 Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusamm, Handkommentar zur VOB, A § 2 Rz. 7; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 18 Rz. 48. 2 LG Düsseldorf v. 16.3.2005 – 12 O 225/04, WuW/E Verg 1126; LG Berlin v. 22.3. 2006 – 23 O 118/04, NZBau 2006, 397. 3 Für eine Obergrenze von drei Jahren für jede Sperrfrist: Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 164; a.A. LG Berlin v. 22.3.2006 – 23 O 118/04, NZBau 2006, 397, welches eine Sperrfrist von vier Jahren als angemessen angesehen hat. 4 BT-Drucks. 16/11428, S. 33.

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treue bedeutet somit lediglich eine Klarstellung; einen eigenständigen materiellen Gehalt besitzt dieses Kriterium nicht1. e) Prüfung der Eignungskriterien. aa) Maßstab der Eignungsprüfung. Die 76 Eignung ist grundsätzlich anhand der vom Auftraggeber zu benennenden und von den Bewerbern vorzulegenden Unterlagen und Erklärungen zu beurteilen. Welche Nachweise dabei verlangt werden können, lässt sich den Vergaberichtlinien entnehmen. So beinhaltet Art. 47 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG einen Katalog von Nachweisen, mit denen die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers „in der Regel“ belegt werden kann. Die Aufzählung dieser Nachweismittel ist daher nicht abschließend. Anderes gilt für die in Art. 48 der Richtlinie 2004/18/EG aufgeführten Nachweismittel für die technische und/oder berufliche Leistungsfähigkeit2. Insofern kann der Auftraggeber die Bewerber nach Art. 51 der Richtlinie 2004/18/EG lediglich auffordern, die benannten Nachweise „zu vervollständigen oder zu erläutern“3. Innerhalb dieses Rahmens steht es im Ermessen des Auftraggebers, wel- 77 che Unterlagen und Erklärungen von den Bietern verlangt werden. Begrenzt wird dieses Ermessen insbesondere durch den Auftragsgegenstand4. Nachweise, beispielsweise über das Vorhandensein spezieller Gerätschaften, darf der Auftraggeber daher nur verlangen, wenn diese für die Erfüllung des Auftrages erforderlich sind. Zudem darf der Auftraggeber nur solche Nachweise fordern, zu deren Prüfung er Willens und in der Lage ist. Die Vorlage von Bilanzen etwa ist danach unzulässig, wenn 1 So im Ergebnis auch Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 105; Kus, VergabeR 2010, 321; Egidy, DÖV 2009, 835 (837); Prieß/ Friton, NZBau 2009, 300 (302); Rechten/Junker, NZBau 2009, 490 (492); ebenso VK Bund v. 9.9.2009 – VK 3–163/09. 2 Vgl. EuGH v. 10.2.1982 – Rs. 76/81 (Transporoute), Slg. 1982, 417, Rz. 9; EuGH v. 9.7.1987 – Rs. C-27 bis 29/86 (CEI), Slg. 1987, 3347, Rz. 10. 3 Dementsprechend war die Vorschrift des § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. g) VOB/A 2006, wonach es Auftraggebern freistand, jeden für erforderlich gehaltenen Nachweis zu fordern, für Aufträge im Anwendungsbereich der §§ 97 ff. einschränkend auszulegen: Hinsichtlich der technischen Leistungsfähigkeit der Bewerber waren die Auftraggeber auch danach auf den Katalog des Art. 48 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG beschränkt; OLG Jena v. 5.12.2001 – 6 Verg 3/01, VergabeR 2002, 160; a.A. VK Bund v. 9.1.2001 – VK 2 – 40/00, VergabeR 2001, 138, 139 f. 4 S. etwa VK Brandenburg v. 22.9.2008 – VK 27/08: „Bei Auswahl der Eignungskriterien hat der Auftraggeber darauf zu achten, dass diese sowohl einen inhaltlichen Bezug zu dem zu vergebenden Auftrag aufweisen als auch im Hinblick auf Art und Umfang der Leistung verhältnismäßig sein müssen.“

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der Auftraggeber diese selbst nicht inhaltlich auswerten kann und eine Auswertung durch Dritte nicht beabsichtigt1. 78 Abgesehen von Verhandlungsverfahren ohne vorherige europaweite Bekanntmachung dürfen der Eignungsprüfung grundsätzlich nur solche Erklärungen und Unterlagen zugrunde gelegt werden, die bereits in der Vergabebekanntmachung benannt sind. Neben den Nachweisen als solchen sind dabei auch die Kriterien selbst, die der Auftraggeber der Eignungsprüfung zugrunde zu legen beabsichtigt, anzugeben2. Hat der Auftraggeber vor der Vergabebekanntmachung bereits Regeln für die Gewichtung dieser Kriterien aufgestellt, sind auch diese Gewichtungsregeln in der Bekanntmachung anzugeben3. Erforderlich ist die vorherige Aufstellung von Gewichtungsregeln für die Bewertung der Eignungskriterien allerdings nicht4. 79 Unter Geltung der VOB/A 2006 und der VOL/A 2006 waren die in der Vergabebekanntmachung anzugebenden Informationen zur Eignungsprüfung bei offenen Verfahren in der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu wiederholen5. Denn nach § 10 Nr. 5 VOB/A 2006 und § 17 Nr. 3 VOL/A 2006 musste die Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht nur die Angabe der für die Beurteilung der Eignung der Bieter verlangten Unterlagen, sondern alle für den Entschluss zur Abgabe eines Angebotes notwendigen Angaben enthalten. Nach § 8 Abs. 2 VOB/A 2009 müssen bereits veröffentlichte Angaben im Anschreiben nicht wiederholt werden. Im Ergebnis Gleiches gilt nach der VOL/A 2009. Gleichwohl kann der Auftraggeber die in der Bekanntmachung formulierten Anforderungen im 1 Müller-Wrede in Müller-Wrede, VOL/A-Kommentar, § 7a Rz. 45; s. auch Figgen, VergabeR 2009, 320 (323). 2 Art. 36 i.V.m. Anhang VII A Nr. 17 Richtlinie 2004/18/EG; s. auch EuGH v. 20.9. 1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635, Rz. 31. 3 EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 84 ff.; OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, NZBau 2007, 59. 4 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 116. 5 S. OLG Düsseldorf v. 4.6.2008 – VII-Verg 21/08; OLG Düsseldorf v. 12.3.2008 – VII-Verg 56/07, VergabeR 2008, 671; OLG Düsseldorf v. 23.1.2008 – VII-Verg 36/07; OLG Düsseldorf v. 21.12.2007 – VII-Verg 34/07; OLG Schleswig v. 22.5. 2006 – 1 Verg 5/06, NZBau 2007, 257; einschränkend VK Berlin v. 15.7.2009 – VK – B 1 – 16/09, wonach eine Wiederholung der bereits geforderten Nachweise in der Aufforderung zur Angebotsabgabe bzw. den Vergabeunterlagen „jedenfalls dann nicht erforderlich [ist], wenn das Aufforderungsschreiben unabhängig von der unterbliebenen konkreten Wiederholung der nämlichen Anforderung entsprechend offen formulierte Bestimmungen enthält, die gerade auch die Vorlage nicht explizit erneut genannter, aber im Wege der Vergabebekanntmachung bereits einschränkungslos aufgestellter Anforderungen umfasst“.

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Anschreiben wiederholen oder konkretisieren. Er darf diese aber weder abändern noch erweitern1. Dementsprechend ist bei Widersprüchen zwischen den Angaben in der Vergabebekanntmachung und in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Vergabebekanntmachung entscheidend. Neben den von den Bewerbern vorzulegenden Unterlagen und Erklärun- 80 gen kann der Auftraggeber für die Eignungsprüfung auch andere Erkenntnisquellen heranziehen. So können insbesondere bei der Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bewerbers aus früheren Aufträgen erlangte Erfahrungen mit diesem Bewerber berücksichtigt werden2. Auch Erfahrungen anderer öffentlicher Auftraggeber kann der Auftraggeber – etwa anhand vorzulegender Referenzlisten – abfragen und in seine Beurteilung einbeziehen. Dabei ist allerdings insbesondere dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung zu tragen3. Die Einholung von Auskünften nur zu einzelnen Bewerbern ist daher nur dann zulässig, wenn dies – durch begründete Zweifel an der Eignung dieser Bewerber – sachlich gerechtfertigt ist. In gleicher Weise rechtfertigungsbedürftig ist es auch, wenn der Auftragnehmer zwar eigene negative Erfahrungen mit einem bestimmten Bewerber zu dessen Lasten berücksichtig, für die übrigen Bewerber hingegen die Einholung entsprechender Auskünfte bei anderen öffentlichen Auftraggebern unterlässt. bb) Durchführung der Eignungsprüfung. Die Eignungsprüfung erfolgt 81 grundsätzlich in zwei Stufen4. In der ersten Stufe, der formalen Eignungsprüfung, ist festzustellen, ob der Bewerber bzw. Bieter alle geforderten Unterlagen und Erklärungen vorgelegt hat. Ist dies nicht der Fall, sind in offenen Verfahren Angebote auszuschließen5 und in nichtoffenen Verfahren Bewerber nicht zur Abgabe von Angeboten aufzufordern6. Anders als das Ergebnis der zweiten Stufe der Eignungsprüfung ist diese Entscheidung und die dieser zugrunde liegende Feststellung der unzureichenden

1 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 107. 2 OLG Frankfurt v. 24.2.2009 – 11 Verg 19/08, ZfBR 2009, 394 (399); OLG Hamburg v. 21.1.2000 – Verg 2/99, NVwZ 2001, 714; OLG Düsseldorf v. 28.8.2001 – Verg 27/01, WuW/E Verg 563; KG v. 27.11.2008 – 2 Verg 4/08. 3 VÜA Bund v. 1.10.1998, ZVgR 1999, 81 f. 4 S. etwa OLG Düsseldorf v. 26.11.2008 – Verg 54/08. 5 OLG Koblenz v. 4.7.2007 – 1 Verg 3/07, VergabeR 2007, 666; OLG Düsseldorf v. 9.3.2007 – VII-Verg 5/07, VergabeR 2007, 662; differenzierend OLG Celle v. 24.2. 2004 – 13 Verg 3/04; kritisch hierzu etwa Bode, VergabeR 2009, 729 ff.; Luber, VergabeR 2009, 14 ff. 6 Rusam/Weyand in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 8 Rz. 52 m.w.N.

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Vorlage von Nachweisen durch Vergabekammern und -senate uneingeschränkt nachprüfbar1. 82 In der zweiten Stufe, der materiellen Eignungsprüfung, ist zu beurteilen, ob der Bewerber bzw. Bieter geeignet, also fachkundig, leistungsfähig, gesetzestreu und zuverlässig ist. Da insofern eine fachlich-tatsächliche Prognose anzustellen ist2, kommt dem Auftraggeber bei der Anwendung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu3. Durch Vergabekammern und -senate ist das Ergebnis der materiellen Eignungsprüfung daher lediglich daraufhin überprüfbar, ob der Auftraggeber das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat, von einem zutreffenden und vollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, keine sachwidrigen Erwägungen in die Wertung einbezogen hat und einen Beurteilungsmaßstab angewandt hat, der sich im Rahmen des vergaberechtlich Zulässigen hält4. 83 Der Zeitpunkt der Eignungsprüfung hängt von der jeweiligen Verfahrensart ab. Bei offenen Verfahren erfolgt die Eignungsprüfung im Zusammenhang mit der Wertung der Angebote. Bei nichtoffenen Verfahren und Verhandlungsverfahren ist die Eignung vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu prüfen (§ 6 Abs. 3 Nr. 6 Satz 1 VOB/A). 84 Grundsätzlich ist der Auftraggeber an seine einmal getroffene Entscheidung zur Eignung eines Bieters gebunden. Ohne Weiteres kann daher beispielsweise das Angebot eines im nichtoffenen Verfahren zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bieters nicht mangels Eignung zurückgewiesen werden. Anderes gilt allerdings, wenn dem Auftraggeber nachträglich Umstände bekannt werden, die Zweifel an der Eignung begründen. In diesem Fall kann und muss der Auftraggeber die Eignungsprüfung wiederholen5. Eine solche Wiederholung der Eignungsprüfung ist bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens, also bis zur (rechtswirksamen) Zuschlagserteilung möglich6. 1 KG v. 21.12.2009 – 2 Verg 11/09, VergabeR 2010, 501; OLG Düsseldorf v. 26.11. 2008 – Verg 54/08, unter Bezugnahme auf Burgi, VergabeR 2007, 457 (465 f.). 2 KG v. 27.11.2008 – 2 Verg 4/08; VK Bund v. 9.9.2009 – VK 3–163/09. 3 So bereits die Begründung des Regierungsentwurfs für das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 13/9340, S. 14; s. auch OLG Düsseldorf v. 2.12. 2009 – VII-Verg 39/09, IBR 2010, 220; OLG Düsseldorf v. 29.4.2009 – VII-Verg 76/08; KG Berlin v. 27.11.2008 – 2 Verg 4/08. 4 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 99; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 231. 5 OLG Frankfurt v. 10.2.2009 – 11 Verg 16/08. 6 OLG Düsseldorf v. 21.1.2002 – Verg 45/01, VergabeR 2002, 282.

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Beabsichtigt der Auftraggeber, einen Bieter wegen fehlender Fachkunde, 85 Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit von dem Vergabeverfahren auszuschließen, darf er lediglich auf gesicherte Erkenntnisse zurückgreifen. Bloße Gerüchte, die die Eignung in Frage stellen, können nicht berücksichtigt werden1. Andererseits ist er im Hinblick auf die Geltung des Beschleunigungsgrundsatzes nicht verpflichtet, eine Beweiserhebung durchzuführen, wenn Tatsachen aktenkundig sind, die gegen die Eignung eines Bieters sprechen2. 2. Zusätzliche Anforderungen (§ 97 Abs. 4 Satz 2) Nach Satz 2 können für die Auftragsdurchführung zusätzliche Anforde- 86 rungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Die Vorschrift geht auf den Regierungsentwurf des Vergaberechtsmoder- 87 nisierungsgesetzes zurück3. In der Begründung hierzu heißt es: „Damit wird an die Formulierung des Artikels 26 der Richtlinie 2004/18/EG und des Artikels 38 der Richtlinie 2004/17/EG angeknüpft und klargestellt, dass die öffentlichen Auftraggeber vom Unternehmen ein bestimmtes Verhalten während der Ausführung des Auftrages verlangen können, auch wenn das Unternehmen sich ansonsten am Markt anders verhält.“ In Erwägungsgrund 33 der Richtlinie 2004/18/EG wird insofern u.a. ausgeführt: „Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags sind mit dieser Richtlinie vereinbar, sofern sie nicht unmittelbar oder mittelbar zu einer Diskriminierung führen und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben sind. Sie können insbesondere dem Ziel dienen, die berufliche Ausbildung auf den Baustellen sowie die Beschäftigung von Personen zu fördern, deren Eingliederung besondere Schwierigkeiten bereitet, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder die Umwelt zu schützen.“ Die Art. 26 der Richtlinie 2004/18/EG und 38 der Richtlinie 2004/17/EG 88 wiederum gehen auf das Beentjes-Urteil des EuGH4 zurück, in welchem 1 2 3 4

BGH v. 26.10.1999 – X ZR 30/98, BauR 2000, 254. BayObLG v. 1.10.2001 – Verg 6/01, VergabeR 2002, 63. BT-Drucks. 16/10117, S. 5. EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635; s. hierzu auch die Mitteilung der Kommission über die Auslegung des gemeinschaftlichen Vergaberechts und die Möglichkeiten zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge v. 15.10.2001, KOM (2001) 566.

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der Gerichtshof die Zulässigkeit „zusätzlicher Bedingungen“ bejahte. Die Einordnung dieser Kriterien war allerdings lange unklar. Die Kommission hatte die Rechtsprechung des EuGH dahingehend verstanden, dass es sich bei den zusätzlichen Bedingungen um Ausführungskriterien handele. Dies sind nach Auffassung der Kommission Kriterien, deren Vorliegen – anders als im Falle von Eignungskriterien – von den Bietern nicht bereits bei Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung nachgewiesen werden müssten. Vielmehr würden sich die Bieter verpflichten, diese Bedingungen im Rahmen der zukünftigen Ausführung des Auftrags zu erfüllen1. Dieser Auffassung widersprach der EuGH, indem er mit der Calais-Entscheidung das Urteil „Beentjes“ dahingehend interpretiert, dass dieses ein Zuschlagskriterium und somit kein Ausführungskriterium betroffen habe2. Diese Auslegung findet im Wortlaut des BeentjesUrteil allerdings keine Stütze3. In der Concordia- Entscheidung hat der Gerichtshof ein umweltbezogenes Kriterium (die Höhe der Stickoxidemission und den Lärmpegel von Bussen) als zulässiges Zuschlagskriterium bezeichnet4. Er führt aus, dass ein Zuschlagskriterium zwar mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, jedoch nicht notwendigerweise rein wirtschaftlicher Natur sein müsse. 89 Der Richtliniengeber hat diese Rechtsprechungsentwicklung für die zusätzlichen Anforderungen nicht nachvollzogen, sondern hat sowohl dem Wortlaut der Artikel 26 der Richtlinie 2004/18/EG und 38 der Richtlinie 2004/17/EG als auch in den Begründungen der Richtlinienvorschläge das Beentjes-Urteil zugrunde gelegt5. Zusätzliche Anforderungen im Sinne von Satz 2 stehen damit gewissermaßen zwischen Eignungskriterien, Zuschlagskriterien und technischen Spezifikationen6. So betreffen zusätzliche Anforderungen – anders als Eignungskriterien nach Satz 1 – die 1 Mitteilung der Kommission über die Auslegung des gemeinschaftlichen Vergaberechts und die Möglichkeiten zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, KOM (2001) 566 v. 15.10.2001, S. 10 ff. 2 EuGH v. 26.9.2000 – Rs. C-225/98 (Calais), Slg. 2000, I-7445, Rz. 46 ff. 3 Schima, NZBau 2002, 1 (4). 4 EuGH v. 17.9.2002 – Rs. C-513/99 (Concordia), Slg. 2002, I-7213, Rz. 55, 59. 5 Vgl. den Kommissionsvorschlag v. 30.8.2000 für eine Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge, KOM(2000) 275 endg./2, S. 19 und den Kommissionsvorschlag v. 31.8.2000 für eine Richtlinie zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung, KOM(2000) 276 endg./2, S. 30. 6 S. Kus, NZBau 2009, 21(22), der von einem „zwitterhaften Charakter“ der zusätzlichen Anforderungen spricht; a.A. Diemon-Wies/Graiche, NZBau 2009, 409 (411 f.).

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Art und Weise der Durchführung des Auftrages. Satz 2 erlaubt daher nicht den Ausschluss von Bewerbern oder Bietern, die beispielsweise in der Vergangenheit keine Arbeitslose beschäftigt, Frauen nicht gefördert oder Jugendliche nicht ausgebildet haben; derartige Anforderungen stellten Eignungskriterien dar, die aufgrund der abschließenden Regelung der Vergaberichtlinien unzulässig wären. Nach Satz 2 kann der Auftraggeber vielmehr bestimmen, dass der Zuschlag nur an einen Bieter erteilt wird, der bei der Durchführung des zu vergebenden Auftrages Auszubildende beschäftigt, Frauen fördert oder Arbeitslose einstellt1. Von Zuschlagskriterien unterscheiden sich zusätzliche Anforderungen 90 insofern, als diese nicht der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes dienen2. Vielmehr dürfte in der Regel das Gegenteil der Fall sein, nämlich die Stellung zusätzlicher Anforderungen zu einer Verteuerung der Beschaffung führen. Anders als technische Spezifikationen betreffen zusätzliche Anforderun- 91 gen schließlich nicht das Ergebnis bzw. die Beschaffenheit der auftragsgegenständlichen Ware oder Leistung3. Nicht einschlägig ist Satz 2 daher in den Fällen, in denen die Anforderung die Leistung selbst betrifft, der Auftraggeber also beispielsweise beim Einkauf von Fahrzeugen für den Nahverkehr – aus Gründen des Umweltschutzes – einen Brennstoffzellenantrieb oder – um mobilitätseingeschränkten Reisenden den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu erleichtern – Niederflurwagen fordert. Solche unmittelbaren Eigenschaften des Beschaffungsgegenstandes kann der Auftraggeber aufgrund seiner Beschaffungsfreiheit (Vor §§ 97–101b, Rz. 4) ohne Weiteres festlegen4. In diesem Fall liegt kein vergabefremdes Kriterium, sondern eine Beschreibung des Leistungsgegenstandes vor5. Nach Art. 26 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 38 der Richtlinie 92 2004/17/EG können zusätzliche Anforderungen „insbesondere soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen“. Da die Aufzählung somit nicht abschließend ist, begegnet es aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht keinen 1 So auch die Begründung zum Regierungsentwurf für das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 16/10117, S. 16: „Die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers können zum Beispiel die Beschäftigung von Auszubildenden oder Langzeitarbeitslosen, bezogen auf den konkreten Auftrag [sic!] betreffen.“ 2 A. A. Diemon-Wies/Graiche, NZBau 2009, 409 (412). 3 Heurkamp, NZBau 2009, 755 ff. 4 Schneider, NVwZ 2009, 1057; allg. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 99 Rz. 8 m.w.N. 5 Schima, NZBau 2002, 1.

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Bedenken, dass in Satz 2 zusätzlich auch innovative Aspekte1 genannt sind. 93 Zusätzliche Anforderungen dürfen nur gestellt werden, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen. In der Begründung zum Regierungsentwurf für das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz heißt es hierzu: „Mit diesem Erfordernis wird sichergestellt, dass allgemeine Anforderungen an die Unternehmens- oder Geschäftspolitik ohne konkreten Bezug zum Auftrag (z.B. allgemeine Ausbildungsquoten, Quotierungen von Führungspositionen zugunsten der Frauenförderung, generelle Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen) nach wie vor dem Landes- oder Bundesgesetzgeber vorbehalten bleiben“2. Dem entspricht es, dass zusätzliche Anforderungen nach Satz 2 nur „für die Auftragsdurchführung“ gestellt werden dürfen. 94 Einige Anforderungen, die vor Geltung des Vergaberechtsänderungsgesetzes zu den anderen oder weitergehenden Anforderungen nach § 97 Abs. 4 2. HS a.F. zu zählen waren, fallen damit nunmehr unter die zusätzlichen Bedingungen nach Satz 2. Dies gilt etwa für die Zuweisung geförderter Arbeitnehmer nach § 262 SGB III oder für die Forderung nach Zahlung eines Mindestlohns an die an der Auftragsdurchführung beteiligten Arbeitnehmer3. Das Erfordernis einer bundes- oder landesgesetzlichen Grundlage nach Absatz 4 2. HS a.F. und nach Satz 3 n.F. besteht für diese Anforderungen daher nicht mehr. Im Übrigen hat sich der rechtliche Rahmen für diese Anforderungen nicht verändert. Denn ebenso wie andere oder weitergehende Anforderungen nach Satz 3 können auch zusätzliche Anforderungen nach Satz 2 nur in den Grenzen des jeweils höherrangigen Rechts gestellt werden. Derartige Grenzen ergeben sich insbesondere durch die Vergabegrundsätze der EG-Vergaberichtlinien und – wie der EuGH bereits im Beentjes-Urteil hervorhob – aus den Grundfreiheiten des primären Gemeinschaftsrechts4. Die Zahlung eines Mindestlohnes etwa kann danach – namentlich aufgrund der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV (ex-Art. 49 EGV) – vom Auftragnehmer nur gefordert werden, wenn ein entsprechender Mindestlohn entsprechend 1 Roth, VergabeR 2009, 405 (407). 2 BT-Drucks. 16/10117, S. 16 f. 3 So auch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, BT-Drucks. 16/11428, S. 32: „Von einem Unternehmen, das den Fahrdienst für den Bundestag betreibt, kann künftig verlangt werden, dass es die Mitarbeiter angemessen bezahlt, die mit der Ausführung dieses Fahrdienstes beschäftigt sind. Dabei kann eine untere Grenze der Entlohnung vorgesehen werden.“ 4 EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635, Rz. 29.

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der Vorgaben der Entsenderichtlinie1 für alle in den jeweiligen geografischen Bereich fallenden und die betreffende Tätigkeit oder das betreffende Gewerbe ausübenden gleichartigen Unternehmen allgemein wirksam ist2. Ebenfalls bereits im Beentjes-Urteil hatte der EuGH zudem festgestellt, 95 dass eine zusätzliche Bedingung „in der Bekanntmachung erwähnt werden muss, damit die Unternehmer in der Lage sind, von ihrem Bestehen Kenntnis zu nehmen“3. In den EG-Vergaberichtlinien ist dieses Erfordernis insofern abgeschwächt, als zusätzliche Bedingungen in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen anzugeben sind. Satz 2 sieht eine solche Wahlmöglichkeit nicht vor, sondern bestimmt, dass sich zusätzliche Anforderungen aus der Leistungsbeschreibung ergeben müssen4. 3. Andere oder weitergehende Anforderungen (§ 97 Abs. 4 Satz 3) Nach Satz 3 dürfen andere oder weitergehende Anforderungen an Auf- 96 tragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. Die Regelung geht auf das Vergaberechtsänderungsgesetz zurück. Nach 97 dem diesem zugrundeliegenden Regierungsentwurf sollte die Berücksichtigung vergabefremder Interessen nur auf der Grundlage eines Bundesgesetzes zulässig sein. Hierdurch sollte eine einheitliche und übersichtliche Rechtslage geschaffen und die bundesweite Beteiligung an Vergabeverfahren erleichtert werden5. Der Bundesrat hingegen forderte, dass vergabefremde Interessen – wie bereits vor Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes6 – auch auf Grundlage von Rechtsverordnungen oder Verwaltungsrichtlinien des Bundes oder der Länder Berück1 Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.12.1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl. Nr. L 18 v. 21.1.1997, S. 1. 2 EuGH v. 3.4.2008 – Rs. C-346/06 (Rüffert), Slg. 2008, I-1989; s. hierzu Mohr, VergabeR 2009, 543 ff.; Frenz , VergabeR 2009, 563 ff. 3 EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635, Rz. 36. 4 Kritisch hierzu Varga, VergabeR 2009, 535 (539 ff.); Steif, VergabeR 2009, 290 (299 f.). 5 BT-Drucks. 13/9340, S. 14. 6 Mit Blick auf diese bei Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes bestehenden untergesetzlichen Regelungen wurde mit Art. 3 Nr. 5 VgRÄG eine Übergangsregelung geschaffen, wonach entsprechende Regelungen, die am Tag der Verkündung des Vergaberechtsänderungsgesetzes bestanden haben, bis zum 30.6.2000 fortgalten.

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sichtigung finden müssten1. Der Gesetzeswortlaut stellt somit einen Kompromiss dar: Einerseits wurden aus Gründen der Rechtssicherheit Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften als Grundlage ausgeschlossen; andererseits sind weiterhin auch die Landesgesetzgeber berechtigt, vergabefremde Interessen festzulegen und damit von den Regelungen des GWB abzuweichen2. 98 In dieser Abweichungsbefugnis für die Landesgesetzgeber liegt denn auch die wesentliche Funktion von Satz 3. Denn dass der Bundesgesetzgeber andere oder abweichende Anforderungen formulieren kann, bedarf keiner bundesgesetzlichen Regelung. Eine darüber hinausgehende Funktion hat Satz 3 hingegen nicht. So begründet die Vorschrift weder eine Gesetzgebungskompetenz der Länder; landesrechtliche Regelungen nach Satz 3 sind vielmehr nur insoweit zulässig, als hierfür in Art. 70 ff. GG eine Grundlage existiert3. Noch beinhaltet die Vorschrift eine materiell-rechtliche Legalisierung entsprechender Gesetze. Daher ist auch der Auffassung nicht zuzustimmen, wonach Satz 3 mangels inhaltlicher Konkretisierungen für abweichende oder ergänzende Anforderungen über den insofern vom Gemeinschaftsrecht gezogenen Rahmen hinausgehe und daher gemeinschaftsrechtswidrig sei4. Denn materiellrechtlicher Maßstab für entsprechende Bundes- oder Landesgesetze ist nicht Satz 3, sondern ist das jeweils höherrangige Recht, also insbesondere die Vergabegrundsätze der EG-Vergaberichtlinien, das Diskriminierungsverbot und die Grundfreiheiten des primären Gemeinschaftsrechtes, sowie die Grundrechte des Grundgesetzes und ggf. der Landesverfassungen. 99 Insofern gilt daher für andere oder weitergehende Anforderungen nach Satz 3 nichts anderes als für zusätzliche Anforderungen nach Satz 2 (Rz. 94): Auch diese sind nicht ausnahmslos zulässig, sondern müssen insbesondere mit dem primären und sekundären Gemeinschaftsrecht vereinbar sein. Vor allem dürfen Anforderungen nach Satz 3 nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung ausländischer Bieter führen, was der Fall ist, wenn diese Anforderungen von Bietern aus anderen Mitgliedstaaten nur mit größeren Schwierigkeiten erfüllt werden können, als von Bietern mit Sitz im Inland.

1 BT-Drucks. 13/9340, S. 35 f. 2 Gröning, ZIP 1999, 52 (55). 3 BGH v. 18.1.2000 – KVR 23/98, BauR 2000, 1736; Burgi, NZBau 2001, 64 (67 f.); Gallwas, VergabeR 2001, 2 (7); Weihnacht, WuW 2000, 382 (384). 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 198 m.w.N.

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Es bestehen zahlreiche bundes- und insbesondere landesgesetzliche Vor- 100 schriften, die eine Berücksichtigung vergabefremder Interessen ermöglichen. Diese dienen der Förderung der unterschiedlichsten gesellschaftspolitischen Zielsetzungen und differieren daher innerhalb der einzelnen Bundesländer. Zu nennen sind beispielhaft § 141 Satz 1 SGB IX1 und § 14 Abs. 1 Landesgleichstellungsgesetz Brandenburg2. Die Rechtslage ist unübersichtlich. Zwar haben verschiedene Bundesländer Vergabegesetze erlassen, die neben anderem auch die Berücksichtigung vergabefremder Kriterien regeln3; wie die vorstehend beispielhaft genannte Regelung des § 14 Abs. 1 Landesgleichstellungsgesetz Brandenburg zeigt, finden sich derartige Bestimmungen jedoch auch in anderen landesrechtlichen Regelungen. Neben einer gesetzlichen Grundlage setzt die Berücksichtigung anderer 101 oder weitergehender Anforderungen nach Satz 3 voraus, dass diese in der Bekanntmachung bzw. der Aufforderung zur Angebotsabgabe ausdrücklich genannt werden4. VII. Präqualifikationssysteme (§ 97 Abs. 4a) Nach § 97 Abs. 4a können Auftraggeber Präqualifikationssysteme ein- 102 richten oder zulassen, mit denen die Eignung von Unternehmen nachgewiesen werden kann. Die Vorschrift ist in Folge des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes in das GWB aufgenommen worden. Sie geht zurück auf entsprechende Forderungen der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Im Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN u.a. vom 10.4. 103 2008 wird insofern geltend gemacht, dass es eine erhebliche Vereinfachung der Vergabeverfahren bedeutet, wenn Unternehmen nicht für jedes Vergabeverfahren Nachweise zur Dokumentation ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit vorlegen müssen, sondern sich durch Präqualifizierungsverfahren „unabhängig von der konkreten Aus1 Die Vorschrift lautet: „Aufträge der öffentlichen Hand, die von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen ausgeführt werden können, werden bevorzugt diesen Werkstätten angeboten.“ 2 Die Vorschrift lautet: „Beim Abschluß von Verträgen über Leistungen mit einem Aufwand von über 100 000 Deutsche Mark soll bei gleichwertigen Angeboten derjenige Anbieter bevorzugt werden, der sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben angenommen hat.“ 3 S. etwa das Saarländische Bauaufträge-Vergabegesetz v. 23.8.2000 und das Vergabegesetz für das Land Bremen v. 17.12.2002. 4 OLG Naumburg v. 7.5.2002 – Verg 19/01, VergabeR 2002, 520.

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schreibung generell für ein Jahr als für öffentliche Ausschreibungen geeignet qualifizieren können“1. Ähnlich heißt es im Antrag der Fraktion der FDP u.a. vom 7.5.2008, dass die Beschaffung und Zusammenstellung der Nachweise regelmäßig erheblichen Aufwand verursache, wodurch insbesondere kleine und mittlere Unternehmen überproportional stark belastet würden2. Dementsprechend heißt es in der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, mit welchem Absatz 4a in den Gesetzentwurf aufgenommenen wurde: „Die Aufnahme der Möglichkeit für öffentliche Auftraggeber, Präqualifikationssysteme einzurichten oder zuzulassen, dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung beim Nachweis der Eignung nach § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB. Selbstverständlich ist in allen Fällen immer die Möglichkeit zuzulassen, die Eignung durch Einzelnachweis zu erbringen“3. 104 Seine europarechtliche Grundlage findet Absatz 4a in Art. 52 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 53 der Richtlinie 2004/17/EG. Auf dieser Grundlage sah § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A 2006 schon vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes eine Präqualifikation dahin vor, dass als Nachweis der Eignung „auch“ die vom Auftraggeber allgemein zugängliche Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsliste) zulässig ist. In der VOL/A 2006 und der VOF 2006 existierten keine vergleichbaren Regelungen. Soweit ein Präqualifikationssystem errichtet werden sollte, musste dies daher bislang jeweils in Fachgesetzen geschaffen werden4. Seit dem Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes ist dies nicht mehr erforderlich5. Gleichwohl wird nunmehr in § 6 Abs. 4 VOL/A die Möglichkeit der Zulassung von Eignungsnachweisen, die durch Präqualifikationsverfahren erworben worden sind, ausdrücklich zugelassen. Ausführliche Regelungen zu Prüfsystemen beinhaltet § 24 SektVO. 105 Dem Wortlaut nach ähnelt Absatz 4a mehr Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG als Art. 52 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG. Augenfällig ist dabei insbesondere, dass nach Letzterer die Einführung oder Zulassung von Präqualifikationssystemen jedenfalls primär den Mitgliedstaaten obliegt, während Absatz 4 insofern auf den Auftraggeber abstellt. Da die Mitgliedstaaten nach Art. 52 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/18/EG eine „Zertifizierung durch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche 1 2 3 4 5

BT-Drucks. 16/8810, S. 5. BT-Drucks. 16/9092, S. 1. BT-Drucks. 16/11428, S. 33. S. etwa § 126 Abs. 1a SGB V. Gabriel, NJW 2009, 2011 (2012).

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Stellen“ einführen können, dürfte dies europarechtlich allerdings nicht zu beanstanden sein. VIII. Wirtschaftlichkeit (§ 97 Abs. 5) Nach Absatz 5 ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu ertei- 106 len. Die Vorschrift verlangt, dass über die Erteilung des Zuschlages nicht allein anhand des Angebotspreises entschieden wird. Vielmehr soll der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das – wie es in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz heißt: – „unter Berücksichtigung aller im konkreten Fall wesentlichen und zuvor angegebenen Aspekte das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet“1. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Vergabeentscheidungen allein anhand des Kriteriums des niedrigsten Preises langfristig zu Fehlentwicklungen führen können2. Absatz 5 knüpft damit an eine Tradition im deutschen Vergaberecht an, die nicht nur in den Verdingungs- bzw. Vergabe- und Vertragsordnungen Niederschlag gefunden hat3, sondern weit darüber hinaus reicht4. Zum Europarecht setzt sich Absatz 5 damit allerdings insofern in Wider- 107 spruch, als dem Auftraggeber nach Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2004/ 18/EG bzw. Art. 55 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG ein Wahlrecht einzuräumen ist, über den Zuschlag entweder anhand des Kriteriums des niedrigsten Preises oder des Kriteriums des wirtschaftlich günstigsten Angebotes zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung des EuGH soll dem Auftraggeber damit die Möglichkeit gegeben werden, „die Art und die Besonderheiten derartiger Aufträge im Einzelnen zu berücksichtigen, indem sie für jeden von ihnen das Kriterium wählen, das am besten geeignet ist, den freien Wettbewerb zu sichern und so die Auswahl des besten Angebots zu gewährleisten“5. Vor diesem Hintergrund ist Absatz 5 europarechtskonform dahin auszulegen, dass dann, wenn aufgrund der Art und der Besonderheiten des Auftrages andere Kriterien zur Auswahl des 1 BT-Drucks. 13/9340, S. 14; zu dem damit verwandten, im US-amerikanischen Recht anerkannten Prinzips des „best value for taxpayers money“ s. etwa Burgi/ Gölnitz , DÖV 2009, 829 (832). 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 211 m.w.N. 3 S. § 16 Abs. 6 Nr. 3 Satz 2 VOB/A und § 18 Abs. 1 Satz 1 VOL/A. § 11 Abs. 6 Satz 2 VOF spricht hingegen von demjenigen Bewerber, der „die bestmögliche Leistung erwarten lässt“; inhaltlich liegt hierin jedoch kein Unterschied zu Absatz 5. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 208 m.w.N. 5 EuGH v. 7.10.2004 – Rs. C- 247/02 (Sintesi), Slg. 2004, I-9215, Rz. 40.

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günstigsten Angebotes nicht geeignet oder erforderlich sind, die Entscheidung über den Zuschlag allein anhand des Preises getroffen werden kann1. Dies ist etwa bei homogenen Massengütern oder bei Leistungen der Fall, die in allen für die Zuschlagsentscheidung in Betracht kommenden Punkten in der Leistungsbeschreibung und/oder in den übrigen Ausschreibungsunterlagen vom Auftraggeber hinreichend genau definiert worden sind2. 1. Maßstab der Wirtschaftlichkeitsprüfung – Zuschlagskriterien 108 Das wirtschaftlichste Angebot wird anhand der sog. Zuschlagskriterien bestimmt. 109 a) Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. Nach den EGVergaberichtlinien stellen die Eignungsprüfung und die Ermittlung des günstigsten Angebotes zwei selbständige, jeweils eigenen Regelungen unterworfene Vorgänge dar3: Die Eignungsprüfung ist eine unternehmensbezogene Untersuchung, mit der prognostiziert werden soll, ob ein Unternehmen nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zur Ausführung des Auftrags in der Lage sein wird. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung bezieht sich dagegen nicht auf die konkurrierenden Unternehmen, sondern auf ihre Angebote4. Dabei ist die Eignungsprüfung der Wirtschaftlichkeitsprüfung zeitlich vorgelagert. So bestimmt Art. 44 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/18/EG, dass die Auftragsvergabe erfolgt, „nachdem die öffentlichen Auftraggeber die Eignung der Wirtschaftsteilnehmer … geprüft haben“. 110 Aus dieser Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien – welche sich in den Regelungen des Absatzes 4 einerseits und des Absatzes 5 andererseits widerspiegelt – folgt, dass zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien auch sachlich zu differenzieren ist. Kriterien, die – wie etwa die Kriterien „Erfahrungen des Personals“ oder „Arbeitszeit des Personals“5 – im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen, sind 1 OLG Düsseldorf v. 9.2.2009 – Verg 66/08, VergabeR 2009, 956; OLG Düsseldorf v. 14.1.2009 – Verg 59/08, VergabeR 2009, 619. 2 OLG Naumburg v. 5.12.2008 – 1 Verg 9/08, VergabeR 2009, 486; s. auch Völlink, VergabeR 2009, 352 (357 f.). 3 EuGH v. 12.11.2009 – Rs. C-199/07 (Kommission/Griechenland), ZfGR 2010, 98, Rn. 55; EuGH v. 19.6.2003 – Rs. C-315/01 (GAT), Slg. 2003, I-6351, Rz. 59; OLG Brandenburg v. 22.5.2007 – Verg W 13/06, OLGR Brandenburg 2008, 131. 4 BGH v. 15.4.2008 – X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641. 5 OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09, VergabeR 2009, 933.

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daher als Zuschlagskriterien ausgeschlossen1. Auch ein „Mehr an Eignung“ darf somit bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Angebote grundsätzlich nicht berücksichtigt werden2. Anderes gilt lediglich für Vergaben nach der VOF. Denn die von der VOF erfassten freiberuflichen Leistungen hängen in der Regel maßgeblich von den persönlichen Fähigkeiten der Bewerber ab3. b) Inhaltliche Anforderungen. Nach Art. 53 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 111 2004/18/EG und Art. 55 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 2004/17/EG müssen die Zuschlagskriterien in einem Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen. Insofern gilt im Grundsatz Gleiches, wie für zusätzliche Anforderungen nach Absatz 4 Satz 2 (Rz. 93): Unzulässig sind Kriterien, die keinen konkreten Auftragsbezug haben, sondern etwa an die Person des Bieters oder seine Unternehmens- oder Geschäftspolitik anknüpfen. Als mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien nennen die EG-Vergaberichtlinien beispielhaft: Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt und Lieferungs- oder Ausführungsfrist. Diese Aufzählung stellt keinen abschließenden Katalog dar, so dass die Kriterien je nach Zweckmäßigkeit erweitert oder eingeschränkt werden können4. Nach der früheren Rechtsprechung erforderte der Zusammenhang mit 112 dem Auftragsgegenstand einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Kriterien, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienen, waren danach unzulässig5. Mit dem Concordia-Urteil6 ist der EuGH hiervon abgerückt. In der Entscheidung hat der Gerichtshof ein umweltbezogenes Kriterium – die Höhe der Stickoxidemission und den Lärmpegel von Bussen – als zulässiges Zuschlagskriterium bezeichnet. Er führt aus, dass ein Zuschlagskriterium zwar mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, jedoch nicht notwendigerweise rein 1 EuGH v. 24.1.2008 – Rs. C-532/06 (Lianakis), Slg. 2008, I-251, Rz. 30. 2 BGH v. 15.4.2008 – X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641; BGH v. 16.10.2001 – X ZR 100/99, VergabeR 2002, 42; BGH v. 8.9.1998 – X ZR 109/96, NJW 1998, 3644; BGH v. 16.10.2001 – X ZR 100/99, VergabeR 2002, 42; s. auch Freise, NZBau 2009, 225; Gröning, VergabeR 2008, 721 (723). 3 OLG Stuttgart v. 28.11.2002 – 2 Verg 10/02, VergabeR 2003, 226. 4 EuGH v. 18.10.2001 – Rs. C-19/00 (SIAC Construction), Slg. 2001, I-7725, Rz. 35; s. auch OLG Düsseldorf v. 14.1.2009 – VII-Verg 59/08, VergabeR 2009, 619; BayObLG v. 20.8. 2001 – Verg 9/01, VergabeR 2001, 438. 5 EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635, Rz. 19; EuGH v. 18.10. 2001 – Rs. C-19/00 (SIAC Construction), Slg. 2001, I-7725, Rz. 36. 6 EuGH v. 17.9.2002 – Rs. C-513/99 (Concordia), Slg. 2002, I-7213, Rz. 69.

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wirtschaftlicher Natur sein müsse. Diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof mit seiner Entscheidung in Sachen EVN und Wienstrom1 bestätigt. In den EG-Vergaberichtlinien hat diese Rechtsprechung in dem jeweiligen Erwägungsgrund 1 Ausdruck gefunden. 113 Zuschlagskriterien dürfen dem Auftraggeber des Weiteren keine unbeschränkte Entscheidungsfreiheit einräumen2, sondern müssen einer objektiven Feststellung und Kontrolle zugänglich sein3. Unzulässig sind daher Kriterien, bei denen eine objektive Beurteilung generell nicht möglich ist. Solche Kriterien würden „den Auftraggebern eine uneingeschränkte Freiheit bei der Auswahl des Bieters …[einräumen], dem der Zuschlag für einen bestimmten Auftrag erteilt werden soll“4. Unzulässig sind darüber hinaus Kriterien, zu deren Prüfung der Auftraggeber nicht Willens oder nicht in der Lage ist. Letzteres kann auch daraus resultieren, dass das Zuschlagskriterium nicht mit Anforderungen verbunden ist, die eine Kontrolle bzw. Bewertung dieses Kriteriums erlauben5. 114 Zuschlagskriterien müssen schließlich mit den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere also mit den Grundsätzen des Wertbewerbs und der Transparenz und dem Diskriminierungsverbot vereinbar sein6. Grundsätzlich unzulässig sind daher Zuschlagskriterien, die – wie etwa das Kriterium „Standortnähe der Bieter zum Erfüllungsort“7 – inländische Bieter bevorzugen. Insbesondere im Hinblick auf die Chancengleichheit ist zudem erforderlich, dass Zuschlagskriterien eindeutig und unmissverständlich formuliert sind. Zuschlagskriterien müssen danach in der Bekanntmachung bzw. in den Verdingungsunterlagen so gefasst werden, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter sie bei 1 EuGH v. 4.12.2003 – Rs. C-448/01 (EVN und Wienstrom), Slg. 2003, I-14527, Rz. 33. 2 EuGH v. 17.9.2002 – Rs. C-513/99 (Concordia), Slg. 2002, I-7213, Rz. 69; EuGH v. 4.12.2003 – Rs. C-448/01 (EVN und Wienstrom), Slg. 2003, I-14527, Rz. 33; s. auch Erwägungsgründe 1 der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG. 3 Zum Erfordernis der Objektivität der Zuschlagskriterien s. Erwägungsgrund 46 der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgrund 55 der Richtlinie 2004/17/EG. 4 EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635, Rz. 26. 5 EuGH v. 4.12.2003 – Rs. C-448/01 (EVN und Wienstrom), Slg. 2003, I-14527, Rz. 50 ff. 6 S. etwa EuGH v. 4.12.2003 – Rs. C-448/01 (EVN und Wienstrom), Slg. 2003, I-14527, Rz. 33. 7 VK Brandenburg v. 21.7.2004 – VK 35/04 u. VK 38/04; s. auch EuGH v. 27.10.2005 – Rs. C-234/03 (Contse), Slg. 2005, I-9315; BayObLG v. 3.7.2002 – Verg 13/02, VergabeR 2002, 637.

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Anwendung der üblichen Sorgfalt in der gleichen Weise auslegen können1. c) Festlegung und Bekanntgabe. Innerhalb der durch die vorstehend be- 115 schriebenen Anforderungen gezogenen Grenzen ist der Auftraggeber in der Auswahl und der Gewichtung der Zuschlagskriterien frei2. Eine gewisse Sonderstellung nimmt dabei das Kriterium des Preises ein, 116 welches als Zuschlagskriterium nur dann völlig ausgeblendet werden kann, wenn es bezüglich der nachgefragten Leistung keinen funktionierenden Preiswettbewerb gibt. Dies ist etwa bei preisgebundenen Waren wie Schulbüchern3 oder bei Leistungen der Fall, deren Vergütung durch Gebühren- oder Honorarordnungen vorgegeben ist4. In allen anderen Fällen ist das Kriterium des Preises – im Unterschied zu den übrigen in Art. 53 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Art. 55 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 2004/17/EG beispielhaft aufgezählten Kriterien – zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes schon praktisch unverzichtbar. Die Bedeutung dieses Kriteriums im Verhältnis zu anderen Kriterien hängt dabei insbesondere von der Genauigkeit der Beschreibung der Leistung ab: Soweit – was regelmäßig von den Vergabe- und Vertragsordnungen gefordert wird – die zu vergebende Leistung detailliert beschrieben ist, stellt der angebotene Preis das wichtigste Zuschlagskriterium dar5. Je weniger genau die Leistung beschrieben werden kann, desto mehr gewinnen weitere Kriterien für die Zuschlagserteilung an Bedeutung. Von daher verbietet sich auch eine schematische Festlegung dahingehend, dass der angebotene Preis stets zumindest mit einem bestimmten Prozentsatz gewertet werden muss6. 1 LSG Baden-Württemberg v. 17.2.2009 – L 11 WB 381/09, ZMGR 2009, 94; LSG Nordrhein-Westfalen v. 28.4.2009 – L 21 KR 40/09 SFB; VK Brandenburg v. 12.11.2008 – VK 35/08; VK Bund v. 30.1.2009 – VK 3 – 221/08; VK Münster v. 12.5.2009 – VK 5/09. 2 EuGH v. 4.12.2003 – Rs. C-448/01 (EVN und Wienstrom), Slg. 2003, I-14527, Rz. 39; OLG Düsseldorf v. 14.1.2009 – VII-Verg 59/08, VergabeR 2009, 619. 3 VK Münster v. 15.5.2007 – VK 11/07. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 220 m.w.N. 5 BGH v. 26.10.1999 – X ZR 30/98, BauR 2000, 254; BGH v. 16.10.2001 – X ZR 100/99, VergabeR 2002, 42; OLG Düsseldorf v. 9.12.2009 – VII-Verg 37/09; Kulartz in Daub/Eberstein, Kommentar zur VOL/A, § 25 Rz. 44; Rusam in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 25 Rz. 61; Hertwig, Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe, Rz. 227. 6 OLG Düsseldorf v. 25.5.2005 – VII-Verg 8/05, OLG Düsseldorf v. 29.12.2001 – Verg 22/01, VergabeR 2002, 267; a.A. OLG Dresden v. 5.1.2001 – WVerg 11/00, 12/00, VergabeR 2001, 41, wonach der Preis in der Regel mit zumindest 30 % zu bewerten ist.

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117 Die Zuschlagskriterien – einschließlich etwaiger Unterkriterien – sind entweder in der Bekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe anzugeben1. Anders als nach den Vorgängerrichtlinien ist dabei nach Art. 53 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 55 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2004/17/EG grundsätzlich auch die beabsichtigte Gewichtung der Kriterien mitzuteilen. Auf die Angabe der Gewichtung darf nur aus „nachvollziehbaren Gründen“ verzichtet werden. In diesem Fall sind die Zuschlagskriterien (und ihre Unterkriterien) in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung zu nennen. Im nationalen Recht sind entsprechende Verpflichtungen in § 8a VOB/A i.V.m. Anhang II Ziffer IV.2 der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005, § 10 EG Abs. 2 lit. c) VOL/A, § 11 Abs. 4 VOF, § 29 Abs. 4 SektVO verankert. Der Auftraggeber ist damit verpflichtet, ein Wertungssystem bereits vor der Bekanntmachung zu entwickeln. 118 Sind in der Bekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe keine Zuschlagskriterien angegeben, so ist das wirtschaftlichste Angebot allein anhand des Preises zu ermitteln2. 2. Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung 119 Die Wirtschaftlichkeitsprüfung hat anhand der (ordnungsgemäß) bekanntgemachten Zuschlagskriterien zu erfolgen. Der Auftraggeber darf somit weder andere oder zusätzliche Kriterien heranziehen3, noch dürfen bekanntgemachte Kriterien unberücksichtig bleiben4. 120 Die Wirtschaftlichkeitsprüfung hat durch den Auftraggeber zu erfolgen. Dieser kann sich hierbei zwar durch Sachverständige oder Berater unterstützen lassen; die Entscheidung muss jedoch beim Auftraggeber verbleiben5. 121 Bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots steht dem Auftraggeber im Rahmen der von ihm vorgegebenen Zuschlagskriterien ein wei1 EuGH v. 24.1.2008 – Rs. C-532/06 (Lianakis), Slg. 2008, I-251, Rz. 36 ff.; OLG Düsseldorf v. 21.5.2008 – Verg 19/08, NZBau 2009, 67; s. auch Erwägungsgrund 46 der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgrund 55 der Richtlinie 2004/17/EG. 2 BGH v. 15.4.2008 – X ZR 129/06, NZBau 2008, 505; KG v. 4.7.2002 – KartVerg 8/02, VergabeR 2003, 84 (86). 3 EuGH v. 24.1.2008 – Rs. C-532/06 (Lianakis), Slg. 2008, I-251, Rz. 36 ff.; BGH v. 17.2.1999 – X ZR 101/97, BauR 1999, 736; OLG Düsseldorf v. 25.11.2002 – Verg 56/02, OLG Jena v. 13.10.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2001, 39. 4 OLG Düsseldorf v. 7.7.2003 – Verg 34/03. 5 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 135 m.w.N.

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ter Beurteilungsspielraum zu, dessen Ausfüllung der Überprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen weitgehend entzogen ist1. Die Nachprüfungsinstanzen prüfen nur, ob die Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes überschritten sind. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber Verfahrensfehler begangen, den Sachverhalt unzutreffend ermittelt oder sachwidrige Erwägungen zu Grunde gelegt hat2. IX. Verordnungsermächtigung (§ 97 Abs. 6) 1. Allgemeines In Absatz 6 wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverord- 122 nung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren zu treffen, insbesondere über die Bekanntmachung, den Ablauf und die Arten der Vergabe, über die Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote, über den Abschluss des Vertrages und sonstige Fragen des Vergabeverfahrens. Die Vorschrift wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht3. Sie entspricht der ehemaligen Ermächtigungsgrundlage in § 57a Abs. 1 und 2 HGrG. Absatz 6 steht im Zusammenhang mit § 127, der die Bundesregierung 123 zum Erlass einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates über weitere Fragen des Vergaberechts ermächtigt. Für die Trennung der Verordnungsermächtigung in zwei Vorschriften bestehen keine inhaltlichen Gründe4. 2. Vergabeverordnung Von diesen Ermächtigungen hat die Bundesregierung zunächst mit der 124 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) vom 9.1.20015 Gebrauch gemacht. Die Verordnung trat am 1.2.2001 in Kraft und ersetzte die Vergabeverordnung vom 22.2.1994, geändert durch Verordnung vom 29.9.1997. Diese Vergabeverordnung war auf Grundlage des § 57a HGrG erlassen worden, der mit Wirkung zum

1 S. etwa Otting in Bechtold, GWB, § 97 Rz. 38. 2 OLG Celle v. 10.1.2008 – 13 Verg 11/07, OLGR Celle 2008, 249; OLG Celle v. 7.6. 2007 – 13 Verg 5/07, VergabeR 2007, 650; OLG Düsseldorf v. 18.10.2006 – VII-Verg 37/06; OLG Düsseldorf v. 27.7.2005 – VII-Verg 108/04. 3 OLG Saarbrücken v. 29.4.2003 – 5 Verg 4/02, NZBau 2003, 462. 4 So auch Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 257. 5 BGBl. I, S. 2546.

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31.12.1998 außer Kraft trat1. Dies führte jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Vergabeverordnung 1994. Sie galt vielmehr bis zu ihrer Aufhebung durch die Vergabeverordnung 2001 fort2. 125 Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde eine Reihe von Regelungen, die bislang in der Vergabeverordnung verankert waren, in das GWB aufgenommen. In der Vergabeverordnung verblieben sind Regelungen zur Höhe und zur Schätzung der Schwellenwerte (§§ 2 und 3), zur Bekanntmachung öffentlicher Aufträge (§ 14), zu ausgeschlossenen Personen (§ 16), zu Melde- und Berichtspflichten (§ 17) und eine Übergangsregelung (§ 23). 126 Im Übrigen enthält die Vergabeverordnung Verweise auf die Vergabeund Vertragsordnungen, namentlich die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) und die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) (§§ 4–6). Hierbei handelt es sich um Regelwerke, die von Ausschüssen, in denen die Verwaltung und Repräsentanten der Auftragnehmer vertreten sind, entworfen und regelmäßig überarbeitet werden. Die Vergabe- und Vertragsordnungen werden im Bundesanzeiger veröffentlicht. In Bezug genommen werden nicht die jeweils geltenden, sondern vielmehr konkret bezeichnete Fassungen der Vergabe- und Vertragsordnungen. Es handelt sich um statische Verweisungen3. Ändern sich die Vergabe- und Vertragsordnungen, muss die Vergabeverordnung angepasst werden. Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Umstand, dass der Verordnungsgeber auf ein Regelwerk verweist, das nicht von einem Gesetz- oder Verordnungsgebungsorgan stammt, sondern durch Ausschüsse geschaffen wurde, keine Bedenken4. Durch die Verweisung in der Vergabeverordnung erhalten die Vergabe- und Vertragsordnungen Rechtssatzcharakter im Rang einer Rechtsverordnung des Bundes5.

1 Art. 3 Nr. 1 i.V.m. Art. 4 VgRÄG. 2 OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39; Boesen, Vergaberecht, § 97 Rz. 162; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 270. 3 Boesen, Vergaberecht, § 97 Rz. 169; Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, S. 96; Pietzcker, ZHR 162 (1998), 427 (436). 4 Boesen, Vergaberecht, § 97 Rz. 169; Pietzcker, ZHR 162 (1998), 427 (436); kritisch Dreher, NVwZ 1999, 1265 ff. 5 Gallwas, VergabeR 2001, 2 (4).

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3. Sektorenverordnung Neben der Vergabeverordnung findet auch die Verordnung über die Ver- 127 gabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung – SektVO) vom 23.9. 20091 ihre Grundlage in Absatz 6. Die Verordnung stützt sich zudem auf § 127 Nummern 1, 2, 8 und 9. Die Sektorenverordnung wurde im Zusammenhang mit dem Ver- 128 gaberechtsmodernisierungsgesetz erlassen. Sie dient der Umsetzung der Richtlinie 2004/17/EG. Vor Erlass der Sektorenverordnung waren die Anforderungen der Richtlinie im Wesentlichen in den Abschnitten 3 und 4 der VOB/A 2006 und VOL/A 2006 verankert, auf welche in der Vergabeverordnung verwiesen wurde. Mit der Sektorenverordnung erfolgt die Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie unmittelbar in der Verordnung, statt in der VOL/A bzw. VOB/A, weshalb in der VOB/A und der VOL/A keine Abschnitte 3 und 4 mehr existieren. Die Sektorenverordnung ist dementsprechend umfangreicher als die Vergabeverordnung. X. Subjektive Rechte (§ 97 Abs. 7) Nach Absatz 7 haben Unternehmen Anspruch darauf, dass Auftraggeber 129 die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhalten. Die Vorschrift gewährt Bewerbern und Bietern somit ein subjektives Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen. Sie ist das Kernstück des vom Gesetzgeber mit dem Vergaberechtsänderungsgesetz vollzogenen Übergangs von der sog. haushaltsrechtlichen Lösung zur sog. kartellrechtlichen Lösung, mit welchem der Rechtsprechung des EuGH zur unzureichenden Umsetzung der Vergaberichtlinien in Deutschland2 Rechnung getragen wurde3. Bei Schaffung der „haushaltsrechtlichen Lösung“ des Haushaltsgrundsätzegesetzes war der Gesetzgeber noch ausdrücklich davon ausgegangen, dass durch dieses Gesetz kein einklagbarer Rechtsanspruch der Bieter geschaffen wurde4.

1 BGBl. I, S. 3110. 2 EuGH v. 11.8.1995 – Rs. C-433/93 (Kommission/Deutschland), Slg. 1995 I, 2303. 3 BT-Drucks. 13/9340, S. 14, der das Recht der Bieter und Bewerber postulierte, die Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften effektiv einfordern zu können. 4 BT-Drucks. 12/4636, S. 12.

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1. Träger und Gegner der subjektiven Rechte 130 Träger der subjektiven Rechte aus Absatz 7 sind „Unternehmen“. Der Unternehmensbegriff ist in § 107 Rz. 16 erläutert. Anspruchsgegner sind öffentliche Auftraggeber i.S.v. § 98. 2. Anspruchsumfang 131 Absatz 7 beschränkt die subjektiven Rechte auf die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren. Dem Wortlaut nach sind damit alle Regelungen erfasst, die das Vergabeverfahren als solches betreffen. Regelungen, die vom Auftraggeber im Allgemeinen – also lediglich auch bei der Durchführung von Vergabeverfahren – zu berücksichtigen sind, fallen hingegen nicht unter Absatz 7. Ob solche Bestimmungen im Vergabenachprüfungsverfahren überprüft werden können, richtet sich nach § 104 Abs. 2. 132 Nach Absatz 7 ist nicht zwischen gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen und national intendierten Bestimmungen zu differenzieren. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Vergaberechtsänderungsgesetz hatte die Bundesregierung ein Gutachten zu dieser Frage eingeholt1. Dieses Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass eine derartige Begrenzung zwar rechtlich möglich, jedoch nicht zweckmäßig sei. Das deutsche Vergaberecht beschränkt sich nicht darauf, die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben umzusetzen. Vielmehr werden diese um zahlreiche Vorschriften ergänzt. Eine Trennung zwischen gemeinschaftsrechtlich bedingten und sonstigen Vorschriften ist in den Vergabe- und Vertragsordnungen nicht konsequent durchgeführt. Insbesondere die Abschnitte 1 der VOB/A und der VOL/A sowie die VOF enthalten nebeneinander Bestimmungen, die auf das Gemeinschaftsrecht zurückgehen und solche Vorschriften, deren Einfügung unter EG-rechtlichen Gesichtspunkten nicht erforderlich gewesen wäre. Der Gesetzgeber hat daher bewusst darauf verzichtet, Absatz 7 auf Verstöße gegen solche Vorschriften des Vergaberechts zu begrenzen, die auf die Vergaberichtlinien zurückzuführen sind2. 133 Nach wie vor nicht abschließend geklärt ist, ob der Anwendungsbereich des Absatzes 7 darüber hinaus auf bieterschützende Normen beschränkt

1 Hailbronner, BT-Drucks. 13/9340, S. 25 ff. 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 14 f.

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ist1. Nach der Gesetzesbegründung ist dies der Fall. Danach kann der subjektive Rechtsschutz nur soweit gehen, als eine bestimmte vergaberechtliche Vorschrift gerade auch den Schutz des potenziellen Auftragnehmers bezweckt. Auf die Einhaltung von reinen Ordnungsvorschriften könne sich der Auftragnehmer hingegen nicht berufen2. Ausgehend hiervon sind die Vorschriften des 4. Teils des GWB, der Vergabeverordnung, der Vergabe- und Vertragsordnungen bzw. der Sektorenverordnung daraufhin zu untersuchen, ob sie den Auftragnehmer schützen oder reine Ordnungsvorschriften darstellen. Diese Frage ist anhand der sog. Schutznormlehre zu beantworten. Danach hat eine objektiv-rechtliche Bestimmung, die für das öffentliche Auftragswesen relevant ist, dann Schutzcharakter, wenn sie zumindest auch den Zweck hat, den Betroffenen zu begünstigen und es ihm ermöglichen soll, sich auf diese Begünstigung zu berufen, um so einen ihm sonst drohenden Schaden oder sonstigen Nachteil zu verhindern3. Gegen diese Auffassung wird eingewandt, dass sich eine Begrenzung des 134 Anwendungsbereichs von Absatz 7 auf bieterschützende Bestimmungen zum einen im Gesetzgebungsverfahren – anders als bei § 126 – gerade nicht durchsetzen konnte und eine solche Begrenzung zum anderen nicht mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar wäre4. Die praktische Relevanz dieser Streitfrage ist allerdings gering. Dies zum 135 einen deshalb, weil der bieterschützende Charakter der den Wettbewerbs- und den Transparenzgrundsatz ausgestaltenden Vorschriften und der das Gleichbehandlungsgebot konkretisierenden Bestimmungen unstrittig ist5; zum anderen weil die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages nach § 107 Abs. 2 Satz 2 die Darlegung eines entstandenen oder drohenden Schadens als Folge der geltend gemachten Verletzung von Vergabevorschriften voraussetzt, so dass ein auf eine bloße Ordnungsvor-

1 Bejahend etwa Bauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 148; OLG Düsseldorf v. 8.9.2004 – Verg 35/04, NZBau 2005, 650; a.A. etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 87 ff.; OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39. 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 14. 3 Dazu im Einzelnen Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40 Rz. 132 ff.; für die Anwendbarkeit der Schutznormlehre im Rahmen des § 97 Abs. 7: Boesen, Vergaberecht, § 97 Rz. 188; Marx in Beck’scher VOBKommentar Teil A, § 97 GWB Rz. 15; Bauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 97 Rz. 148. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 97 Rz. 288 ff. m.w.N. 5 Otting in Bechtold, GWB, § 97 Rz. 43.

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schrift gestützter Nachprüfungsantrag unabhängig von dem Meinungsstreit unzulässig ist.

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Öffentliche Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind:

1. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, 2. andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn Stellen, die unter Nummer 1 oder 3 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben. Das Gleiche gilt dann, wenn die Stelle, die einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, unter Satz 1 fällt, 3. Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, 4. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, wenn diese Tätigkeiten auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt werden, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder wenn Auftraggeber, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können; besondere oder ausschließliche Rechte sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeiten einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs sind solche, die in der Anlage aufgeführt sind, 5. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeit128

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einrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Auslobungsverfahren von Stellen, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden, 6. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die mit Stellen, die unter die Nummern 1 bis 3 fallen, einen Vertrag über eine Baukonzession abgeschlossen haben, hinsichtlich der Aufträge an Dritte. I. 1. 2. 3. 4. II. III. 1. 2. 3.

4.

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . Auftraggeber und Vergabestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen (§ 98 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts (§ 98 Nr. 2) . Allgemeine Fragen . . . . . . . . Juristische Person des öffentlichen und des privaten Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . Gründung zu dem Zweck, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . b) Gründung . . . . . . . . . . . . c) Allgemeininteresse . . . . . . d) Aufgaben nicht gewerblicher Art . . . . . . . . . . . . Staatliche Einflussnahmemöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . a) Gemeinsame Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzierung . . . . . . . . . . c) Aufsicht über die Leitung . . d) Bestimmung mehr als der Hälfte der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 5 9

5.

11 12 14 15 19

23 23 24 33 39 45 47 50 56

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IV. V. 1. 2. 3. 4. 5. 6. VI.

e) In Nummer 2 genannte Auftraggeber als finanzierende oder beherrschende Stelle (Nummer 2 Satz 2) . . . . . 68 Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . 70 a) Sparkassen und Landesbanken . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten . . . . . . . . . 75 c) Gesetzliche Krankenkassen 78 d) Religionsgemeinschaften . 81 e) Deutsche Bahn AG . . . . . 86 f) Deutsche Post AG . . . . . . 89 g) Deutsche Postbank AG/ Deutsche Telekom AG . . 91 h) Wohnungsbaugesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 92 i) Messegesellschaften . . . . 93 j) Kommunale Versorgungsunternehmen . . . . . . . . . 95 Verbände (§ 98 Nr. 3) . . . . . . 97 Sektorenauftraggeber (§ 98 Nr. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Überblick . . . . . . . . . . . . . 100 Natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts . . 102 Definition der Sektoren . . . . 104 Sektorenauftraggeber kraft beherrschenden Einflusses (§ 98 Nr. 4, 2. Alt.) . . . . . . . . . . . 107 Sektorenauftraggeber aufgrund von Rechtsgewährung (§ 98 Nr. 4, 1. Alt.) . . . . . . . . . . . 111 Verhältnis zu § 98 Nr. 2 . . . . 117 Staatlich subventionierte Auftraggeber (§ 98 Nr. 5) . . . . . . 121

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1. Natürliche und juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Erfasste Vorhaben . . . . . . . . . 123

3. Mehr als 50 %-ige Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 VII. Baukonzessionäre (§ 98 Nr. 6) 128

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 98 bestimmt die öffentlichen Auftraggeber und somit den Kreis derjenigen Personen, die verpflichtet sind, den 4. Teil des GWB und die übrigen Bestimmungen des Vergaberechts, auf welche das GWB verweist, anzuwenden. 2 Entsprechend der haushaltsrechtlichen Wurzeln des Kartellvergaberechts umfasst dieser Kreis zunächst die Adressaten des Hauhaltsrechts1, also den Bund, die Länder, die Gemeinden, die Sondervermögen von Bund und Ländern sowie bundes- und landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts. Diese werden daher auch unter dem Begriff der klassischen (öffentlichen) Auftraggeber zusammengefasst. 3 § 98 erfasst darüber hinaus bestimmte private Unternehmen. Diese Erweiterung gegenüber den klassischen Auftraggebern ist in erster Linie dem Ziel geschuldet, eine Umgehung der gemeinschaftsrechtlichen Vergabevorgaben durch eine Flucht ins Privatrecht entgegen zu wirken. Dementsprechend zeichnen sich die erfassten Unternehmen im Wesentlichen dadurch aus, dass sie in besonderer Weise staatlicher Einflussnahme unterliegen2. 4 § 98 ist abschließend3. Personen, die nicht unter die Vorschrift fallen, sind nicht zur Anwendung des Vergaberechts des GWB verpflichtet. Der Kreis der öffentlichen Auftraggeber – und damit der Anwendungsbereich sowohl der materiell-rechtlichen Anforderungen der §§ 97 ff. als auch des Rechtsschutzsystems der §§ 104 ff. – lässt sich daher weder im Wege der Analogie4, noch dadurch erweitern, dass eine nicht von § 98 erfasste Einrichtung die Regelungen der §§ 97 – bewusst oder in der irrtümlichen Annahme, öffentlicher Auftraggeber zu sein – anwendet5. In letzterem Fall ist zwar denkbar, dass die Einrichtung mit der Anwendung des Kar1 S. etwa Kratzenberg, NZBau 2009, 103. 2 Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 4. 3 VK Brandenburg v. 11.3.2009 – VK 7/09, ZfBR 2009, 710. 4 VK Bund v. 8.6.2006 – VK 2-114/05, VergabeR 2007, 100. 5 OLG Stuttgart v. 12.8.2002 – 2 Verg 9/02, NZBau 2003, 340.

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tellvergaberechts einen Vertrauenstatbestand schafft, aufgrund dessen Bieter berechtigt davon ausgehen dürfen, dass die Einrichtung die vergaberechtlichen Bestimmungen insgesamt einhält1. Eine Verletzung dieses Vertrauens kann jedoch lediglich Schadensersatzansprüche nach den allgemeinen Regeln auslösen. Der Vergaberechtsweg steht den Bietern hingegen nicht offen. Denn die vom Gesetzgeber vorgesehenen Grenzen des vergaberechtlichen Rechtsschutzsystems sind nicht disponibel2. 2. Entstehungsgeschichte § 98 geht auf § 57a HGrG zurück. Die Vorschrift wurde mit § 107 des 5 Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz3 inhaltlich unverändert übernommen. Lediglich die Nummerierung wurde modifiziert: Die acht Ziffern des § 57a HGrG wurden in sechs Ziffern zusammengefasst. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde in Nummer 4 der 6 Telekommunikationssektor aus den Sektorentätigkeiten herausgenommen. Des Weiteren wurde die Vorschrift um eine – Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG entsprechende – Definition des Begriffs der besonderen oder ausschließlichen Rechte und zudem um einen Verweis auf die ebenfalls neu geschaffene Anlage zu § 98 Nr. 4 ergänzt. In der Anlage sind die Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs näher bestimmt. Die Anlage entspricht inhaltlich den Vorschriften der §§ 8, 9 Abs. 1 VgV a.F. Die bis dahin nur natürliche oder juristische Personen des privaten 7 Rechts erfassende Regelung der Nummer 5 wurde mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz auf juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, erweitert. In Nummer 6 schließlich wurde mit dem Vergaberechtsmodernisie- 8 rungsgesetz – neben redaktionellen Änderungen – die bis dahin in einer indirekten Formulierung gefasste Definition des Begriffs der Baukonzession gestrichen. Diese Definition ist inhaltlich unverändert als regelgerechte Definition in § 99 Abs. 6 aufgenommen worden (s. § 99 Rz. 129).

1 Vgl. BGH v. 21.2.2006 – X ZR 39/03, NZBau 2006, 456. 2 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 45 m.w.N. 3 BT-Drucks. 13/9340, S. 15.

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3. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 9 Seine gemeinschaftsrechtliche Grundlage findet der Begriff des öffentlichen Auftraggebers in Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG. Die hierin verankerten Begriffsbestimmungen entsprechen den Vorgängerrichtlinien1. Die Richtlinien gehen dabei von einem einheitlichen Begriffsverständnis aus. Allerdings umfasst die Richtlinie 2004/17/EG nach deren Art. 2 neben öffentlichen Auftraggebern auch sog. öffentliche Unternehmen. In das Kartellvergaberecht ist dieser Terminus nicht übernommen worden. Stattdessen sind die öffentlichen Unternehmen i.S.d. Richtlinie unter § 98 Nr. 4 als Untergruppe öffentlicher Auftraggeber erfasst. 10 Den Vergaberichtlinien liegt ein funktionaler Auftraggeberbegriff zugrunde. Insofern stellte der EuGH bereits zur Richtlinie 71/305/EWG (Baukoordinierungsrichtlinie2) fest, dass das Ziel der Richtlinie, nämlich die tatsächliche Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der öffentlichen Bauaufträge, gefährdet wäre, „wenn sie allein deswegen unanwendbar wäre, weil ein öffentlicher Bauauftrag von einer Einrichtung vergeben wird, die geschaffen wurde, um ihr durch Gesetz zugewiesene Aufgaben zu erfüllen, die jedoch nicht förmlich in die staatliche Verwaltung eingegliedert ist“3. Im Nachvollzug dieser Rechtsprechung wurde der Auftraggeberbegriff aller Vergaberichtlinien um „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ erweitert. Wie etwa dem Anhang I zur Richtlinie 71/305/EWG zu entnehmen ist, umfasst dieser Begriff juristische Personen sowohl des öffentlichen als auch des privaten Rechts. 4. Auftraggeber und Vergabestelle 11 Auftraggeber sind verpflichtet, die wesentlichen vergaberechtlichen Verfahrensentscheidungen selbst zu treffen4. Insbesondere die Entscheidung 1 S. Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge v. 30.8.2000, KOM (2000), 275 endg./2, S. 13; zur Entwicklung des Auftraggeberbegriffs in den EG-Vergaberichtlinien s. Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 290 ff. 2 Richtlinie des Rates v. 26.7.1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, ABl. Nr. L 185 v. 16.8.1971, S. 5 ff. 3 EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635, Rz. 11. 4 OLG Dresden v. 29.5.2001 – WVerg 3/01, VergabeR 2001, 311; OLG Celle v. 7.6. 2007 – 13 Verg 5/07, VergabeR 2007, 650; OLG München v. 21.8.2008 – Verg 13/08, VergabeR 2009, 65.

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über die Erteilung des Zuschlages kann der Auftraggeber daher nicht delegieren (s. § 97 Rz. 120). Im Übrigen ist es vergaberechtlich hingegen nicht zu beanstanden, wenn sich Auftraggeber bei der Durchführung von Vergaben der Mithilfe Dritter bedienen. Insofern kommt die Einschaltung eines rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters grundsätzlich ebenso in Betracht, wie die Beauftragung eines Dritten mit der Beschaffung im eigenen Namen für den Auftraggeber1. Entscheidend für die Eröffnung des personellen Anwendungsbereichs des 4. Teils des GWB bleibt in derartigen Fällen des Auseinanderfallens von Auftraggeber und Vergabestelle der Auftraggeber, welcher anhand der Umstände des Einzelfalls materiell-wirtschaftlich zu bestimmen ist. Auftraggeber ist danach, wer die Chancen und Risiken aus dem im Rahmen des konkreten Beschaffungsvorhabens abzuschließenden Vertrages endgültig tragen soll2. II. Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen (§ 98 Nr. 1) Nummer 1 umfasst Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen. 12 Gebietskörperschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die auf einem räumlich abgegrenzten Teil des Staatsgebietes über Gebietshoheit verfügen. Erfasst sind damit der Bund, die Länder, die Landkreise3 und die Gemeinden. Unter Sondervermögen sind rechtlich unselbständige aber als gesonderte Einheit im Rechtsverkehr auftretende Verwaltungsstellen zu verstehen4. Hierzu zählen beispielsweise Eigenbetriebe und nicht rechtsfähige Stiftungen. Die Einordnung als öffentlicher Auftraggeber nach Nummer 1 unterliegt 13 keinen auftragsbezogenen Einschränkungen. Insbesondere ist daher unerheblich, ob der im Einzelfall zu vergebende Auftrag im Zusammenhang mit den hoheitlichen Aufgaben der betreffenden Gebietskörperschaft steht oder der Auftrag aus öffentlichen Mitteln finanziert werden soll5. Für öffentliche Auftragnehmer nach Nummer 1 ist der personelle Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts daher auch bei erwerbswirt1 Vgl. VK Bund v. 8.6.2006 – VK 2-114/05, VergabeR 2007, 100. 2 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 65 m.w.N. 3 Ebenso Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 5; VK Schleswig v. 13.7.2006 – VK-SH 15/06; a.A. Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 300. 4 Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 5; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 98 GWB Rz. 7; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 16. 5 EuGH v. 18.11.2004 – Rs. C-126/03 (Kommission/Deutschland), Slg. 2004, I-11197, Rz. 18, 20.

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schaftlichen Beschaffungsgeschäften eröffnet. Bedeutung kann die Art des Auftrages allerdings im Hinblick auf die anzuwendenden Vergaberegelungen haben. So unterliegen öffentliche Auftraggeber nach Nummer 1 nicht den Regelungen der VgV und der Verdingungs- bzw. Vergabe- und Vertragsordnungen, wenn und soweit die zu vergebenden Aufträge i.S.v. § 1 Abs. 2 SektVO im Zusammenhang mit Sektorentätigkeiten vergeben werden (s. Rz. 117 ff.). III. Sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts (§ 98 Nr. 2) 14 Nummer 2 erfasst als öffentliche Auftraggeber juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die gegründet worden sind, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, und die eine besondere Staatsnähe aufweisen. Die Staatsnähe ist bei einer überwiegenden Finanzierung seitens der öffentlichen Hand oder bei der Leitung oder Aufsicht des Staates bzw. seiner nachgeordneten Stellen gegeben. 1. Allgemeine Fragen 15 Nummer 2 liegen die Regelungen der Vergaberichtlinien zu den Einrichtungen des öffentlichen Rechts zugrunde. Nach Art. 1 Abs. 9 Satz 2 der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Art. 2 Abs. 1 lit. a) Satz 2 der Richtlinie 2004/17/EG fallen hierunter alle Einrichtungen, die – zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, – Rechtspersönlichkeit besitzen und – überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert werden, hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern bestehen, die vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind. 16 Hintergrund der Erfassung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als öffentliche Auftraggeber ist die vom EuGH bereits in der Beentjes-Entscheidung getroffene Feststellung, dass die Ziele der Vergaberichtlinien gefährdet wären, wenn deren Anwendbarkeit von der formalen Eingliederung des Auftraggebers in die staatliche Verwaltung abhinge1. Diese Rechtsprechung hat der Richtliniengeber mit den Regelungen zu den 1 EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87 (Beentjes), Slg. 1988, 4635, Rz. 11.

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Einrichtungen des öffentlichen Rechts aufgegriffen und konkretisiert. Die Erfassung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als öffentliche Auftraggeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass sich die öffentliche Hand zur Erledigung ihrer Aufgaben zusehends Unternehmen bedient, die privatrechtlich organisiert sind. Diese werden teilweise unmittelbar von Gebietskörperschaften oder deren Sondervermögen gehalten, teilweise bestehen indirekte und weitverzweigte Verbindungen. Die Vergaberichtlinien stehen dieser privatrechtlichen Organisation öffentlicher Aufgaben nicht entgegen, wollen jedoch sicherstellen, dass sich die öffentliche Hand nicht durch eine „Flucht in das Privatrecht“ dem Anwendungsbereich des Vergaberechts entzieht. Insbesondere in diesen Regelungen spiegelt sich daher das funktionale Verständnis des gemeinschaftsrechtlichen Auftraggeberbegriffs. Dementsprechend sind auch die einzelnen Tatbestandsmerkmale der Nummer 2 zum einen funktional1 und zum anderen tendenziell weit auszulegen2. Ein nicht erschöpfendes Verzeichnis der Einrichtungen und Kategorien 17 von Einrichtungen des öffentlichen Rechts ist in Anhang III der Richtlinie 2004/18/EG enthalten. Die Aufnahme in dieses Verzeichnis begründet eine Vermutung, dass die dort genannten Vergabestellen öffentliche Auftragnehmer i.S.v. Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie sind. Diese Vermutung ist widerleglich3. Die Merkmale der Einrichtungen des öffentlichen Rechts und somit des 18 Auftraggebers nach Nummer 2 müssen kumulativ4 und grundsätzlich im Zeitpunkt der Vergabehandlung5 vorliegen. 1 EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C-393/06 (Ing. Aigner), Slg. 2008, I-2339, Rz. 37; EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173, Rz. 36 ff.; EuGH v. 1.2.2001 – Rs. C-237/99 (Kommission/Frankreich), Slg. 2001, I-939, Rz. 42 f.; EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 53; EuGH v. 1.2.2001 – Rs. C-237/99 (OPAC), Slg. 2001, I-939 Rz. 43. 2 Vgl. EuGH v. 16.10.2003 – Rs. C-283/00 (Kommission/Spanien), Slg. 2003, I-11697, Rz. 73; EuGH v. 15.5.2003 – Rs. C-214/00 (Kommission/Spanien), Slg. 2003, I-4667, Rz. 53. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 26. 4 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07 (Oymanns), NJW 2009, 2427, Rz. 48; EuGH v. 13.1.2005 – Rs. C-84/03 (Kommission/Spanien), Slg. 2005, I-139, Rz. 27; EuGH v. 16.10.2003 – Rs. C-283/00 (Kommission/Spanien), Slg. 2003, I-11697, Rz. 69; EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 26; EuGH v. 15.1.1998 – Rs. C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria), Slg. 1998, I-73, Rz. 21. 5 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 92; vgl. EuGH v. 10.11.2005 – Rs. C-29/04 (Mödling), Slg. 2005, I-9705, Rz. 34; OLG Naumburg v. 17.3.2005 – 1 Verg 3/05, VergabeR 2005, 635 ff.

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2. Juristische Person des öffentlichen und des privaten Rechts 19 Nummer 2 erfasst juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts. Zu Ersteren zählen neben den von Nummer 1 umfassten Gebietskörperschaften die bundes-, landes- und gemeindeunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Eigenbetriebe von Gebietskörperschaften, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, fallen somit nicht unter Nr. 2, sind allerdings von Nr. 1 umfasst (Rz. 12). Juristische Personen des Privatrechts sind der eingetragene Verein, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die eingetragene Genossenschaft, die Aktiengesellschaft und der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. 20 Ausgehend vom deutschen Verständnis des Begriffs der juristischen Person könnten andere Einrichtungen nicht unter Nummer 2 gefasst werden. So entschied denn auch der Vergabeüberwachungsausschuss des Landes Brandenburg, dass eine Kommanditgesellschaft nicht unter § 57a Abs. 1 Nr. 1 HGrG – die Vorgängervorschrift zu § 98 Nr. 2 (s. Rz. 5) – falle, da auch im Lichte der EG-Richtlinien eine formale Betrachtungsweise anzuwenden sei1. Diese Lesart wird den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hingegen nicht gerecht. So dient die Beschränkung auf juristische Personen in Nummer 2 der Umsetzung des Merkmals der Rechtspersönlichkeit in Art. 1 Abs. 9 Satz 2 der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Art. 2 Abs. 1 lit. a) Satz 2 der Richtlinie 2004/17/EG. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob das nationale Recht einer wirtschaftlichen Einheit auch formale Rechtspersönlichkeit zugesteht. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts anhand der in den Vergaberichtlinien normierten Tatbestandsmerkmale in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen2. Entscheidend ist daher, ob eine Einrichtung durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründen kann. Denn bereits in diesem Fall bestünde ohne die Erfassung als Einrichtung des öffentlichen Rechts die Gefahr der Umgehung des Vergaberechts durch „Flucht ins Privatrecht“3. Die gemeinschaftsrechtlich gebotene funktionale Auslegung der Nummer 2 führt somit dazu, dass das Merkmal der juristischen Person des privaten Rechts – abweichend vom allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Verständnis – erfüllt ist, wenn 1 VÜA Brandenburg v. 9.5.1996 – VÜA 3/96, WuW/E VergAL 39. 2 EuGH v. 13.1.2005 – Rs. C-84/03 (Kommission/Spanien), Slg. 2005, I-139, Rz. 27 m.w.N. 3 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 324.

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die Einrichtung in der Lage ist, im Rechtsverkehr wie eine juristische Person aufzutreten und Verpflichtungen einzugehen1. Für die offene Handelsgesellschaft ergibt sich dies aus § 124 Abs. 1 HGB, 21 wonach die OHG unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden kann. Die Vorschrift findet nach § 161 Abs. 2 HGB auf die Kommanditgesellschaft2, nach § 1 EWIV-Ausführungsgesetz3 auf die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) und nach § 7 Abs. 2 PartGG4 auf die Partnerschaftsgesellschaft5 (entsprechende) Anwendung. Auch die AußenGesellschaft bürgerlichen Rechts kann nach gefestigter Rechtsprechung und herrschender Meinung durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründen und besitzt insofern Rechtsfähigkeit6. Obgleich keine juristischen Personen können die Außen-GbR, die OHG, die KG, die Partnerschaftsgesellschaft und die EWIV daher öffentliche Auftraggeber nach Nummer 2 sein. Entsprechendes gilt für Vorgründungs- und Vorgesellschaften von Kapi- 22 talgesellschaften7. So sind Vorgründungsgesellschaften, sofern sie im Vorgriff auf ihre künftige Tätigkeit Aufträge erteilen, als Außen-GbR bzw. als OHG zu klassifizieren8 und können somit nach dem Vorstehenden unter Nummer 2 fallen. Vorgesellschaften sind nach herrschen-

1 Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 9; Boesen, Vergaberecht, § 98 Rz. 39; Dreher, DB 1998, 2579 (2580); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 43; s. auch OLG Celle v. 14.9.2006 – 13 Verg 3/06, VergabeR 2007, 86. 2 Koller in Koller/Roth/Morck, Handelsgesetzbuch, § 161 HGB Rz. 13. 3 Gesetz zur Ausführung der EWG-Verordnung über die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung v. 14.4.1988 – BGBl. I, S. 514. 4 Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe v. 25.7.1994 – BGBl. I, S. 1744. 5 Ulmer in Münchener Kommentar zum BGB, § 7 PartGG Rz. 12; Meilicke in Meilicke/Graf v. Westphalen/Hoffmann/Lenz/Wolff, Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, § 7 Rz. 13 ff. 6 Grundlegend hierzu BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; ausführlich Ulmer in Münchener Kommentar zum BGB, § 705 BGB Rn 299 ff. 7 Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 9; Boesen, Vergaberecht, § 98 Rz. 37; Dreher, DB 1998, 2579 (2580); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 41; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 5; Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 2 Rz. 29. 8 S. etwa Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, § 11 Rz. 71 ff.; Pentz in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, § 41 Rz. 18.

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der Auffassung als Gesamthandsgesellschaften eigener Art (teil-)rechtsfähig1. 3. Gründung zu dem Zweck, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen 23 a) Einleitung. Das Merkmal der Gründung zu dem Zweck, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, stellt das zentrale Merkmal der Nummer 2 dar, mit dem die dem Vergaberecht unterliegenden Tätigkeiten der öffentlichen Hand von deren übrigem Handeln abgegrenzt werden sollen. Hierunter fällt insbesondere die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit2. Denn in diesem Bereich unterliegt auch die öffentliche Hand den Regeln des Wettbewerbs, so dass es nicht erforderlich ist, die Marktteilnehmer über die Anwendung des Vergaberechts vor Benachteiligungen durch die öffentliche Hand zu schützen3. 24 b) Gründung. Voraussetzung für die Anwendung von Nummer 2 ist, dass der Auftraggeber zu dem besonderen Zweck gegründet worden ist, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen. Damit wird klargestellt, dass die lediglich gelegentliche Ausübung entsprechender Aufgaben die Auftraggebereigenschaft nicht begründet. 25 Das Abstellen auf den Gründungszweck bedeutet hingegen nicht, dass spätere Zweckänderungen unberücksichtigt bleiben müssten. Vielmehr ist die aktuelle, tatsächlich durchgeführte Tätigkeit maßgebend4. Hierfür spricht bereits die gebotene funktionale und weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals (s. Rz. 16). Denn „wenn es darauf ankäme, welche Aufgaben zuerst wahrgenommen werden, dann ließe sich die Anwendung der Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen leicht dadurch umgehen, dass man eine Einrichtung zunächst mit gewerblichen Aufgaben betraut und erst später mit nicht gewerblich wahrgenommen Aufgaben“5. Durch eine Änderung oder Neufestsetzung des Zwecks kann daher eine bestehende Einrichtung dem Anwendungsbereich der Num-

1 Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, § 11 Rz. 39; Pentz in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, § 41 Rz. 52. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 11. 3 S. auch EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, 42. 4 EuGH v. 12.12.2001 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 61 ff. 5 Schlussanträge GA Alber v. 8.11.2001 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 48.

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mer 2 entzogen werden oder erstmalig in deren Anwendungsbereich fallen1. Zur Ermittlung des Unternehmenszwecks bzw. -gegenstandes2 kann auf 26 die Gründungsakte3 aber auch auf andere, objektiv feststellbare Grundlagen4 zurückgegriffen werden. Die Form, in der die Zweckbestimmung erfolgt, spielt dabei keine Rolle5. Im Hinblick auf den funktionalen Auftraggeberbegriff ist es daher insbesondere nicht erforderlich, dass die Zweckbestimmung in einem Gesetz, einer verwaltungsrechtlichen Vorschrift oder einem Verwaltungsakt enthalten ist6. Zu berücksichtigen sind selbst nicht rechtsförmliche, sondern faktische 27 Zweckbestimmungen7. Hierzu führte der EuGH in der Entscheidung „Universale-Bau“ aus: „Das gleiche Bestreben, die praktische Wirksamkeit des Artikels 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinie 93/37 zu gewährleisten, steht auch einer Unterscheidung danach entgegen, ob die Satzung einer solchen Einrichtung an die tatsächlichen Änderungen ihres Tätigkeitsbereichs angepasst wurden oder nicht“8. Ob sich hieraus der Umkehrschluss ziehen lässt, dass die faktische Been- 28 digung der Wahrnehmung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben nicht gewerblicher Art auch dann zum Entfallen der Auftraggebereigenschaft nach Nummer 2 führt, wenn diese Zweckänderung auf keiner rechtsförmlichen Grundlage beruht, ist umstritten. Zum Teil wird dies mit der Begründung abgelehnt, dass es die Einrichtung anderenfalls in der Hand hätte, entsprechende Tätigkeiten nur vorübergehend aufzugeben, was für Dritte zur Richtunsicherheit hinsichtlich der Auftraggebereigenschaft dieser Einrichtung führte9. Gegen diese Auffassung spricht jedoch, dass hiermit eine Differenzierung zwischen der erstmaligen faktischen 1 So bereits VÜA Bund v. 17.11.1998 – 1 VÜ 15/98, WuW/E Verg 249, 251; Dreher, DB 1998, 2579 (2580); s. auch Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 111 m.w.N. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 44. 3 BT-Drucks. 13/9340, S. 15. 4 EuGH v. 12.12.2001 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 60 ff. 5 EuGH v. 12.12.2001 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 60; EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (BFI Holding), Slg. 1998, I-6821, Rz. 63. 6 EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem), Slg. 1998, I-6821, Rz. 59 ff. 7 OLG Düsseldorf v. 9.4.2003 – Verg 66/02. 8 EuGH v. 12.12.2001 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 58. 9 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 48; Boesen, Vergaberecht, § 98 Rz. 61; Dietlein, NZBau 2002, 136 (138); Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 13.

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Übernahme einer entsprechenden Tätigkeit und der Wiederaufnahme einer entsprechenden Tätigkeit erfolgt, für die kein sachlicher Grund ersichtlich ist. Denn die angeführte Gefahr der Rechtsunsicherheit besteht auch und sogar insbesondere, wenn die fragliche Einheit entsprechende Tätigkeiten in der Vergangenheit nicht wahrgenommen hat. 29 Die Anwendung von Nummer 2 setzt nicht voraus, dass die Wahrnehmung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe alleiniger Zweck der Einrichtung ist1. Auch kommt es nicht darauf an, ob die im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten überwiegen2. 30 Ob damit allerdings auch Stellen erfasst sind, die entsprechende Tätigkeiten lediglich in sehr geringem Umfang erfüllen, ist umstritten. So wird teilweise vertreten, dass die Sonderstellung des Unternehmens im Einzelfall geeignet sein muss, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Veränderung von Marktverhältnissen herbeizuführen3. Teilweise wird darauf abgestellt, ob die im Allgemeininteresse liegende Tätigkeit einen mehr als nur geringfügigen Anteil an der Gesamtgeschäftstätigkeit der fraglichen Einrichtung hat4. Gegen diese Auffassungen wird zum einen eingewandt, dass es gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit verstieße, wenn die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Nummer 2 davon abhinge, „ob dem der Erfüllung von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art dienenden Teil der ausgeübten Tätigkeit mehr oder weniger große Bedeutung zukommt“5. Zum anderen wäre damit die Organisationsstruktur öffentlicher Einrichtungen – entgegen dem Ziel, das hinter den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der Einrichtungen des öffentlichen Rechts steht (s. Rz. 16) – mitentscheidend für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Vergaberechts. Denn nach dieser Auffassung wären im Allgemeininteresse liegende Aufgaben dem Vergaberecht entzogen, wenn sie von einem öffentlichen Unternehmen ausgeübt würden, das ganz überwiegend andere Aufgaben wahrnimmt. Anderes könnte hingegen gelten, 1 EuGH v. 12.12.2001 – Rs. C-470/99 (Universale-Bau), Slg. 2002, I-11617, Rz. 54; EuGH v. 15.1.1998 – Rs. C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria), Slg. 1998, I-73, Rz. 25 f. 2 EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem), Slg. 1998, I-6821, Rz. 58. 3 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 117 m.w.N. 4 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 332. 5 EuGH v. 15.1.1998 – Rs. C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria), Slg. 1998, I-73, Rz. 34; s. auch EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C-393/06 (Ing. Aigner), Slg. 2008, I-2339, Rz. 47.

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wenn die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben auf eine andere juristische Person übertragen würden, die keine anderen Aufgaben wahrnimmt. Für Nummer 2 ist unerheblich, ob ein öffentlicher Auftrag der Erfüllung 31 der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben dient oder aber in Zusammenhang mit anderen Aufgaben steht1. Für Auftraggeber nach Nummer 2, die auch gewerblich tätig sind, finden die Bestimmungen des Vergaberechts daher auch auf die Erfüllung der gewerblichen Aufgaben Anwendung2. Insofern unterscheiden sich Auftraggeber nach Nummer 2 von den Sektorenauftraggebern nach Nummer 4. Denn Letztere unterliegen den Bindungen des Vergaberechts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SektVO nur bei solchen Aufträgen, die im Zusammenhang mit Sektorentätigkeiten vergeben werden (s. Rz. 120). Eine Erstreckung der vergaberechtlichen Bestimmungen auf den gewerb- 32 lichen Bereich kann allerdings dadurch verhindert werden, dass für diese Tätigkeiten eine eigene Rechtspersönlichkeit gegründet wird. Denn allein der Umstand, dass ein Unternehmen einer Gruppe angehört, zu der auch Einrichtungen des öffentlichen Rechts zählen, genügt nicht, um dieses Unternehmen dem Anwendungsbereich der Nummer 2 zu unterwerfen3. c) Allgemeininteresse. Die zu erfüllenden Aufgaben müssen im All- 33 gemeininteresse liegen. Ausgehend von einer grammatischen Auslegung sind hierunter Aufgaben zu verstehen, die objektiv mehreren Personen zugute kommt und im Dienste der allgemeinen Öffentlichkeit wahrgenommen werden4. Eine Definition des Begriffs existiert nicht. Allerdings lässt sich der 34 Rechtsprechung ein Begriffskern5 entnehmen. Danach liegen im Allgemeininteresse solche Aufgaben, welche hoheitliche Befugnisse, die Wahrnehmung der Belange des Staates und damit letztlich Aufgaben betreffen, welche der Staat selbst erfüllen oder bei denen er einen entschei-

1 EuGH v. 15.1.1998 – Rs. C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria), Slg. 1998, I-73, Rz. 32. 2 EuGH v. 15.1.1998 – Rs. C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria), Slg. 1998, I-73, Rz. 34; Byok, NJW 1999, 2774 (2777). 3 EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem), Slg. 1998, I-6821, Rz. 57; s. auch Ziekow, NZBau 2004, 181. 4 OLG Düsseldorf v. 6.7.2005 – VII-Verg 22/05. 5 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 69.

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denden Einfluss behalten möchte1. Letzteres ist insbesondere bei solchen Aufgaben anzunehmen, die eng mit dem institutionellen Funktionieren des Staates verknüpft sind2. Ob derartige Aufgaben auch von Privatunternehmen erfüllt werden oder zumindest erfüllt werden könnten, ist hingegen unerheblich3. 35 Außerhalb dieses Begriffskerns behilft sich die Praxis vielfach mit Vermutungsregeln. Diese knüpfen zum Teil an den Inhalt der Aufgabe an. Danach liegt im Zweifel die Erfüllung solcher Aufgaben im Allgemeininteresse, zu denen die Gebietskörperschaften gesetzlich verpflichtet sind. Ausgehend hiervon entschied der EuGH etwa, dass die Bestattung eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe sein kann4. Eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe ist zudem grundsätzlich dann indiziert, wenn durch die betreffende Tätigkeit wirtschafts-, sozial- oder kulturpolitische Anliegen gefördert werden sollen5. Dies gilt insbesondere bei Tätigkeiten in den von Anhang III der Richtlinie 2004/18/EG genannten Bereichen. 36 Erforderlich ist dabei grundsätzlich eine unmittelbare Aufgabenwahrnehmung durch die fragliche Stelle. Die bloße Beherrschung und Finanzierung eines anderen Unernehmens, das entsprechende Aufgaben wahrnimmt, stellt keine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar6. Denn nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH müssen die Begriffsmerkmale der Einrichtungen des öffentlichen Rechts kumulativ vorliegen (Rz. 18). 37 Andere Vermutungsregeln knüpfen an die Organisationsform der betreffenden Einrichtung an. So kann vermutet werden, dass ein öffentlichrechtlicher Rechtsträger im Allgemeininteresse liegende Aufgaben wahrnimmt7. Gleiches gilt für private Rechtsträger, die vom Staat eine 1 EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C-393/06 (Ing. Aigner), Slg. 2008, I-2339, Rz. 40; EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 37 ff.; EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem), Slg. 1998, I-6821, Rz. 52. 2 EuGH v. 15.1.1998 – Rs. C-44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria), Slg. 1998, I-73, Rz. 24. 3 EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C-393/06 (Ing. Aigner), Slg. 2008, I-2339, Rz. 40. 4 EuGH v. 27.2.2003 – Rs. C-373/00 (Adolf Truley), Slg. 2003, I-1931, Rz. 50 ff. 5 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 339; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 127; s. auch EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07 (Oymanns), NJW 2009, 2427, Rz. 50. 6 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 49; Eschenbruch in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 129 ff. 7 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 336.

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marktbezogene Sonderstellung erhalten haben1. Teilweise wird darüber hinaus vertreten, dass bei privaten Rechtsträgern, die nicht mit einer entsprechenden Sonderstellung ausgerüstet sind, eine Vermutung gegen die Wahrnehmung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben spricht2. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Gebietskörperschaften in vielen Fällen aufgrund gesetzlicher Vorschriften nur dann berechtigt sind, wirtschaftliche Unternehmen zu gründen, wenn dies durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt ist und dieser nicht besser und wirtschaftlicher durch einen Dritten erfüllt werden kann3. Prinzipiell ist zu unterstellen, dass die Gebietskörperschaften bei der Gründung wirtschaftlicher Unternehmen diese Grundsätze beachten und daher – soweit dies gesetzlich vorgesehen ist – zur Erfüllung eines öffentlichen Zwecks tätig werden. Eine Vermutung, dass eine privatrechtliche Organisation auf gewerbliches Handeln schließen lässt, ist demnach abzulehnen. Insgesamt gilt, dass der Begriff des Allgemeininteresses als autonomer 38 Begriff des Gemeinschaftsrechts losgelöst von den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten weit auszulegen ist4. Eine Korrektur erfolgt durch das zusätzliche Merkmal des nicht gewerblichen Handelns5. d) Aufgaben nicht gewerblicher Art. Dem Wortlaut nach lässt sich Num- 39 mer 2 dahin verstehen, dass im Allgemeininteresse liegende Aufgaben von Aufgaben gewerblicher Art abzugrenzen sind. Denn er spricht von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art, worunter verstanden werden könnte, dass im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nie in gewerblicher Form erfüllt werden können. Diese Lesart schien zudem in der früheren Rechtsprechung des EuGH, in der die Begriffsmerkmale „Allgemeininteresse“ und „nicht gewerblicher Art“ vielfach undifferenziert betrachtet worden sind, eine Stütze zu finden6. Dieser Interpretation hat der EuGH jedoch zu Recht eine Absage erteilt. Er führt aus, dass es sich bei den erstgenannten Aufgaben um einen Oberbegriff handele. Aufgaben, die im Allgemeininteresse liegen, könnten 1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 71 m.w.N. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 15; Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 337; Hailbronner, Forum Vergabe 95, Öffentliches Auftragswesen, S. 127 (135); Heiermann/Ax, Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, S. 55; Heise, LKV 1999, 210 (211). 3 So z.B. § 97 Abs. 1 SächsGemO. 4 EuGH v. 27.2.2003 – Rs. C-373/00 (Adolf Truley), Slg. 2003, I-1931, Rz. 40. 5 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 30. 6 EuGH v. 16.10.2003 – Rs. C-283/00 (Kommission/Spanien), Slg. 2003, I-11697, Rz. 80.

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sowohl nicht gewerblicher als auch gewerblicher Art sein. Die Nennung der Aufgaben nicht gewerblicher Art grenze somit nicht die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben gegenüber den gewerblichen Aufgaben ab, sondern schränke die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben ein1. 40 Hinter dieser Differenzierung zwischen Aufgaben gewerblicher und nicht gewerblicher Art steht die Annahme, dass bei einer Aufgabenwahrnehmung in gewerblicher Art, also nach den Bedingungen des Marktes, bereits aufgrund dieser Bedingungen davon ausgegangen werden kann, dass die Einrichtung ihre Beschaffungstätigkeit nach wettbewerblichen und wirtschaftlichen Erwägungen ausrichtet. Anderes gilt hingegen für Einrichtungen, die bei ihrer Beschaffungstätigkeit nicht den Bedingungen des Marktes unterliegen2. 41 Das Merkmal der Nichtgewerblichkeit betrifft dementsprechend die Art und Weise der Aufgabenerfüllung3. Es bezieht sich nicht auf die fragliche Einrichtung als solche, sondern auf die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben der Einrichtung4. Zu fragen ist, ob sich die Einrichtung bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben von wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt. Diese Frage ist anhand einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände, unter anderem der Umstände, die zur Gründung der betreffenden Einrichtung geführt haben, und der Voraussetzungen, unter denen sie ihre Tätigkeit ausübt, zu beantworten5. Indizien für eine Nichtgewerblichkeit sind insbesondere6: 1 EuGH v. 22.5.2003 – Rs. C-18/01 (Korhonen), Slg. 2003, I-5321, Rz. 40; EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 32; EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem), Slg. 1998, I-6821, Rz. 32 ff. 2 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 98 GWB Rz. 23. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 73. 4 OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – Verg 67/02, NZBau 2003, 400. 5 EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C-393/06 (Ing. Aigner), Slg. 2008, I-2339, Rz. 41; EuGH v. 27.2.2003 – Rs. C-373/00 (Adolf Truley), Slg. 2003, I-1931, Rz. 65. 6 Vgl. EuGH v. 16.10.2003 – Rs. C-283/00 (Kommission/Spanien), Slg. 2003, I-11697, Rz. 82: „… wenn die Einrichtung unter normalen Marktbedingungen tätig ist, Gewinnerzielungsabsicht hat und die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Verluste trägt, [ist es] wenig wahrscheinlich, dass die Aufgaben, die sie erfüllen soll, nicht gewerblicher Art sind“; s. auch OLG Celle v. 14.9.2006 – 13 Verg 3/06, VergabeR 2007, 86; OLG Düsseldorf v. 21.7.2006 – VII-Verg 13/06, VergabeR 2006, 893; OLG Naumburg v. 17.2.2004 – 1 Verg 15/03, VergabeR 2004, 634.

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– das Fehlen von Wettbewerb auf dem relevanten Markt bzw. dessen Beschränkung, – das Fehlen einer vordergründigen Gewinnerzielungsabsicht und – das Fehlen bzw. die Einschränkung der Übernahme der mit der Tätigkeit verbundenen Risiken. Die Vermutung für ein nichtgewerbliches Handeln besteht somit u.a., 42 soweit ein im Allgemeininteresse handelndes Unternehmen nicht in Wettbewerb zu anderen steht, bzw. kein voll ausgebildeter Wettbewerb existiert1. Umgekehrt schließt das Bestehen eines funktionierenden Wettbewerbs ein nicht gewerbliches Handeln keineswegs aus2. Denn auch in diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass sich ein staatlich beeinflusstes Unternehmen nicht allein von wirtschaftlichen Grundsätzen leiten lässt. Allerdings rechtfertigt die Existenz eines entwickelten Wettbewerbs die Vermutung, dass auch das staatlich beeinflusste Unternehmen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet3. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht: Ein nicht- 43 gewerbliches Handeln ist in der Regel gegeben, wenn die fragliche Einrichtung nicht mit Gewinnerzielungsabsicht handelt4. Anderes gilt, wenn die fragliche Einrichtung zwar keine Gewinnerzielung beabsichtigt, deren Geschäftsführung aber an Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien auszurichten ist und sie in einem wettbewerblich geprägten Umfeld tätig wird5. Das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht hingegen steht der Annahme der Nichtgewerblichkeit nicht entgegen, sondern hat lediglich indizielle Bedeutung6. Denn eine Gewinnerzielungsabsicht entspricht der Definition der gewerblichen Tätigkeit im deutschen Handels- und Gewerberecht7. Privatrechtlich organisierte Einrichtungen handeln fast im1 Dietlein, NZBau 2002, 136 (139 f.). 2 EuGH v. 27.2.2003 – Rs. C-373/00 (Adolf Truley), Slg. 2003, I-1931, Rz. 61; EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem), Slg. 1998, I-6821, Rz. 43 und 47; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 15; Noch, NVwZ 1999, 1083 (1084). 3 EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem), Slg. 1998, I-6821, Rz. 49; EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 38; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 15; Pietzker, ZHR 162 (1998), 427 (445). 4 OLG Celle v. 14.9.2006 – 13 Verg 3/06, VergabeR 2007, 86. 5 EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 30 f. 6 OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – Verg 67/02, NZBau 2003, 400. 7 BGH v. 18.1.1968 – VII ZR 101/65, BGHZ 49, 258; BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 97/78, BGHZ 74, 273; BGH v. 22.4.1982 – VII ZR 191/81, BGHZ 83, 382.

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mer mit Gewinnabzielungsabsicht in diesem Sinn, so dass dieses Kriterium allein nicht ausschlaggebend sein kann1. 44 Ein nichtgewerbliches Handeln ist in der Regel auch dann gegeben, wenn die Einrichtung die bei Erfüllung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben ggf. entstehenden Verluste nicht selbst zu tragen hat und die Einrichtung insofern auch ansonsten keinem Insolvenzrisiko ausgesetzt ist2. 4. Staatliche Einflussnahmemöglichkeit 45 Nummer 2 setzt weiterhin voraus, dass Stellen, die unter Nr. 1, 2 oder 3 fallen – der Einschluss der in Nummer 2 genannten Stellen ergibt sich aus Nummer 2 Satz 2 (s. Rz. 68 f.), – die fragliche Einrichtung einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder – über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder – mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben. 46 Die Auftraggebereigenschaft nach Nummer 2 knüpft somit daran an, dass die öffentliche Hand die Entscheidungen der fraglichen Einrichtung in Bezug auf öffentliche Aufträge beeinflussen kann3. 47 a) Gemeinsame Voraussetzung. Die drei genannten Formen staatlicher Einflussnahme müssen alternativ vorliegen4. Für die Verwirklichung des Tatbestandes ist das Vorliegen einer Alternative notwendig aber auch hinreichend. So ist die Aufzählung zum einen abschließend; andere Arten der Einflussnahme begründen die Auftraggebereigenschaft nach Nummer 2 nicht. Zum anderen sind die mit den aufgezählten Alternativen erfassten potentiellen Einflussnahmen ausreichend; ob im Einzelfall eine konkrete Einflussnahme stattgefunden hat, ist unerheblich5.

1 EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 40; Boesen, Vergaberecht, § 98 Rz. 54; Dietlein, NZBau 2002, 136 (139 f.). 2 EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 40; OLG Hamburg v. 25.1.2007 – 1 Verg 5/06, VergabeR 2007, 358. 3 EuGH v. 1.2.2001 – Rs. C-237/99 (OPAC), Slg. 2001, I-939, Rz. 48. 4 EuGH v. 1.2.2001 – Rs. C-237/99 (OPAC), Slg. 2001, I-939, Rz. 44. 5 Vgl. Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 10.

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Bezugspunkt der Einflussnahmemöglichkeiten ist nicht die im All- 48 gemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art, sondern die Einrichtung als solche1. Einflussnahmemöglichkeiten hinsichtlich einzelner Aufgabenbereiche eines Unternehmens genügt daher nicht2. Nummer 2 setzt nicht voraus, dass eine der genannten Alternativen 49 durch einen einzelnen Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 verwirklicht wird. Dem insofern eindeutigen Wortlaut nach ist der Tatbestand auch dann erfüllt, wenn mehrere Auftraggeber eine Alternative „gemeinsam“ verwirklichen. b) Finanzierung. Eine überwiegende Finanzierung liegt vor, wenn mehr 50 als die Hälfte der der Einrichtung zur Verfügung stehenden Finanzmittel von öffentlichen Auftraggebern stammt3. Um bestimmen zu können, ob eine überwiegende Finanzierung durch 51 öffentliche Auftraggeber vorliegt, müssen in einem ersten Schritt, wie der EuGH in der Entscheidung „Cambridge“ festgestellt hat, sämtliche Finanzmittel der betroffenen Einrichtung ermittelt werden. Hierbei handelt es sich um das Eigenkapital, stille Beteiligungen, von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Sachmittel sowie die Einnahmen der Einrichtung, einschließlich solcher, die aus ihrer gewerblichen Tätigkeit stammen4. Allein anhand des Grund- oder Stammkapitals einer Gesellschaft lässt sich das Merkmal der überwiegenden Finanzierung daher nicht beurteilen5. Nichts anderes ergibt sich auch daraus, dass es in Nummer 2 – über den Wortlaut der Vergaberichtlinien hinausgehend – heißt, dass die überwiegende Finanzierung „durch Beteiligung oder auf sonstige Weise“ erfolgen kann. Denn nach der Gesetzesbegründung geht die Regelung nicht über den Auftraggeberbegriff der Vergaberichtlinien hinaus6. Im zweiten Schritt müssen diejenigen Finanzmittel bestimmt werden, 52 die der Einrichtung durch öffentliche Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Ausgehend von dem weitgefassten Wortlaut könnte Nummer 2 1 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 352. 2 BayOLG v. 10.9.2002 – Verg 23/02, ZfBR 2003, 77; OLG Naumburg v. 17.3.2005 – 1 Verg 3/05, VergabeR 2005, 635. 3 EuGH v. 3.10.2000 (University of Cambridge), Slg. 2000, I-8035, Rz. 30. 4 EuGH v. 3.10.2000 (University of Cambridge), Slg. 2000, I-8035, Rz. 36. 5 Ebenso Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 155; a.A.: Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 95; Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 2 Rz. 34; VK Baden-Württemberg v. 9.10.2001 – 1 VK 27/01. 6 BT-Drucks. 13/9340, S. 15.

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dahingehend verstanden werden, dass zur Bestimmung der „überwiegenden Finanzierung“ sämtliche Zuflüsse durch öffentliche Auftraggeber gezählt werden müssten, unabhängig davon, ob sie auf Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses, öffentlicher Förderrichtlinien oder eines Leistungsaustauschs gewährt werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH1 setzt der Begriff der „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ hingegen eine enge Verbindung mit anderen öffentlichen Auftraggebern voraus. Dies bedeutet, dass zu den Mitteln, die durch öffentliche Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden, nicht solche zählen, denen eine Gegenleistung gegenübersteht2. Hinsichtlich solcher Leistungen treten die öffentlichen Auftraggeber der Einrichtung des öffentlichen Rechts wie jedem dritten, privaten Unternehmen entgegen. Derartige wirtschaftliche Beziehungen drücken daher keine besondere Nähe der Einrichtung des öffentlichen Rechts zu anderen öffentlichen Auftraggebern aus. 53 Zu den Zuwendungen, denen keine spezifische Gegenleistung gegenübersteht, zählen das Eigenkapital und Eigenkapital ersetzende Darlehen, die von einem Nichtgesellschafter nicht zu gleichen Konditionen gewährt worden wären, sowie Beihilfen und Fördermittel3. Auch Sachleistungen oder die Gestellung von Grundstücken4, Material und Personal kann eine Finanzierung darstellen, soweit ihnen keine Gegenleistung gegenübersteht5. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Unternehmen, das sich überwiegend durch seine eigenen Einnahmen finanziert, nicht unter die erste Alternative der Nummer 2 fällt, selbst wenn die Einnahmen weitgehend durch eine Tätigkeit für andere öffentliche Auftraggeber erzielt werden6. 54 Für die Erfüllung der Nummer 2 ist allerdings nicht erforderlich, dass die Finanzierung direkt durch einen Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 erfolgt. So stellte der EuGH in dem Urteil „Bayerischer Rundfunk“ fest, dass entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Finanzierung sei, 1 EuGH v. 3.10.2000 (University of Cambridge), Slg. 2000, I-8035, Rz. 20; EuGH v. 1.2.2001 – Rs. C-237/99 (OPAC), Slg. 2001, I-939, Rz. 44. 2 EuGH v. 3.10.2000 (University of Cambridge), Slg. 2000, I-8035, Rz. 25; hierauf bezugnehmend etwa EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07 (Oymanns), NJW 2009, 2427, Rz. 53; EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173, Rz. 41. 3 Dietlein, NZBau 2002, 136 (140). 4 VK Düsseldorf v. 18.6.2007 – VK-14/2007-L. 5 OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – Verg 67/02, NZBau 2003, 400. 6 In diesem Sinne auch Boesen, Vergaberecht, § 98 Rz. 66.

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dass sich die fragliche Einrichtung von anderen als wirtschaftlichen Interessen leiten lasse. Auch die Finanzierung durch unmittelbar von der fraglichen Einrichtung erhobene Abgaben stelle daher eine staatliche Finanzierung dar, wenn diese Abgaben nicht das Ergebnis vertraglicher Prozesse und unabhängig von einer spezifischen Gegenleistung sind1. Maßgebliche Finanzierungsperiode ist dasjenige Geschäfts- bzw. Haus- 55 haltsjahr der fraglichen Einrichtung, in dem der betreffende Auftrag vergeben wird2. Die Einstufung als öffentlicher Auftraggeber erfolgt aufgrund der Berechnung der Finanzierung der Einrichtung des öffentlichen Rechts auf Grundlage der zu Beginn des Geschäfts- oder Haushaltsjahres verfügbaren, gegebenenfalls auch nur veranschlagten Zahlen. Die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber besteht für das komplette Geschäftsoder Haushaltsjahr, selbst wenn sich die Finanzierungsgrundlagen erheblich ändern3. c) Aufsicht über die Leitung. Das Tatbestandsmerkmal der Ausübung 56 der Aufsicht über die Leitung ist erfüllt, wenn eine tatsächliche Einflussmöglichkeit auf die Geschäftstätigkeit, konkret die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge, besteht4. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Voraussetzung bei einer 57 „bloßen nachprüfenden Kontrolle“ nicht erfüllt5. Eine reine Rechtsaufsicht i.S.d. deutschen Rechts6 oder die Finanzkontrolle durch die Rechnungshöfe7 genügt daher zur Begründung der Aufsicht über die Leitung nicht. Vielmehr muss eine der Fachaufsicht des deutschen Rechts vergleichbare Einflussmöglichkeit vorliegen8.

1 EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173, Rz. 32 ff.; in diesem Sinne auch EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07 (Oymanns), NJW 2009, 2427, Rz. 51 ff. (zu den gesetzlichen Krankenkassen); ebenso OLG Düsseldorf v. 21.7.2006 – VII-Verg 13/06, NZBau 2006, 731. 2 EuGH v. 3.10.2000 (University of Cambridge), Slg. 2000, I-8035, Rz. 40. 3 EuGH v. 3.10.2000 (University of Cambridge), Slg. 2000, I-8035, Rz. 39 f. 4 S. etwa OLG Düsseldorf v. 13.8.2007 – VII-Verg 16/07, NZBau 2007, 733. 5 EuGH v. 27.2.2003 – Rs. C-373/00 (Adolf Truley), Slg. 2003, I-1931, Rz. 70. 6 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – VII-Verg 50/06, NZBau 2007, 525; OLG Düsseldorf v. 6.7.2005 – VII-Verg 22/05; BayObLG v. 21.10.2004 – Verg 017/04, VergabeR 2005, 67; VK Bund v. 3.5.2007 – VK 3-31/07. 7 VK Hamburg v. 25.7.2007 – VK BSU-8/07. 8 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 100; Eschenbruch in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 171 ff.; Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 39 ff.

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58 Die praktische Bedeutung des Merkmals ist eher gering. So ist diese Alternative bei juristischen Personen des Privatrechts in der Regel nicht einschlägig, weil deren Leitung den gesetzlich vorgesehenen Organen obliegt. Jedenfalls dann, wenn öffentliche Auftraggeber Mehrheitseigner der fraglichen juristischen Person sind, ist die von Nummer 2 vorausgesetzte Einflussnahmemöglichkeit daher zumeist bereits durch eine überwiegende Finanzierung i.S.d. ersten Alternative oder aufgrund der Bestimmung der Mehrheit der Mitglieder des gesetzlichen Aufsichtsorgans i.S.d. dritten Alternative gegeben1. 59 Dem Merkmal der Aufsicht über die Leitung kommt allerdings eine wichtige Funktion gewissermaßen als Auffangtatbestand zu. Denn aufgrund des deutlich geringeren Bestimmtheitsgrades als bei den eher formalen Alternativen eins und drei ist dieses Merkmal primärer Anknüpfungspunkt für die gebotene funktionale Auslegung. Dementsprechend urteilte der EuGH mehrfach, dass zur Erfüllung des Merkmals eine Verbindung mit der öffentlichen Hand bestehen muss, „die der Verbindung gleichwertig ist, die besteht, wenn eines der beiden anderen alternativen Merkmale erfüllt ist, nämlich die Finanzierung überwiegend durch die öffentliche Hand erfolgt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder, aus denen die Leitungsorgane… bestehen, durch die öffentliche Hand ernannt werden“2. 60 Über das Merkmal der Aufsicht über die Leitung lassen sich somit u.a. die Fälle mittelbarer staatlicher Finanzierung oder Beherrschung, insbesondere in Holdingstrukturen erfassen3. So liegt bei Unternehmen, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen, deren Gesellschaftsanteile aber nicht unmittelbar von einem öffentlichen Auftraggeber nach Nummer 1, sondern einer Holdinggesellschaft 1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 99. 2 EuGH v. 1.2.2001 – Rs. C-237/99 (OPAC), Slg. 2001, I-939, Rz. 49; nahezu wortgleich EuGH v. 27.2.2003 – Rs. C-373/00 (Adolf Truley), Slg. 2003, I-1931, Rz. 69. 3 Dass es für die Auftraggebereigenschaft einer juristischen Person des Privatrechts keinen Unterschied machen kann, ob diese im alleinigen oder überwiegenden (unmittelbaren) Anteilseigentum eines öffentlichen Auftraggebers nach Nummer 1 oder aber einer Holdinggesellschaft steht, die sich ihrerseits im alleinigen oder überwiegenden Anteilseigentum eines öffentlichen Auftraggebers nach Nummer 1 befindet, ist unstreitig. Die Begründungen dafür, dass auch in diesen Fällen von einer ausreichenden Einflussnahme auszugehen ist, differieren allerdings. Bischoff etwa stellt insofern auf eine extensive Auslegung von Nummer 2 Satz 2 ab, s. Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 44; Ziekow hingegen geht von einer erweiterten Auslegung von Nummer 2 insgesamt aus, NZBau 2004, 181 (185).

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eines öffentlichen Auftraggebers gehalten werden, ohne Weiteres eine Finanzierung i.S.d. ersten Alternative allenfalls durch die Holdinggesellschaft vor. Auch ist es ohne Weiteres nur die Holdinggesellschaft, die über die Besetzung der Geschäftsführungs- bzw. Aufsichtsorgane bestimmt. Reine Holdingsgesellschaften aber sind in der Regel keine öffentlichen Auftraggeber. Denn die bloße Beherrschung und Finanzierung eines anderen Unernehmens, auch wenn dieses entsprechende Aufgaben wahrnimmt, stellt keine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar (Rz. 36). In diesen Fallgestaltungen liegt eine nach Nummer 2 ausreichende Einflussnahmemöglichkeit eines öffentlichen Auftraggebers allerdings in der Regel darin, dass der öffentliche Auftraggeber, der alleiniger oder überwiegender Anteilseigner der Holdinggesellschaft ist, über die Holdinggesellschaft die Aufsicht über die Leitung der im Anteilseigentum der Holdinggesellschaft stehenden Unternehmen ausüben kann. d) Bestimmung mehr als der Hälfte der Mitglieder eines zur Geschäfts- 61 führung oder Aufsicht berufenen Organs. Eine die Auftraggebereigenschaft nach Nummer 2 begründende staatliche Einflussnahmemöglichkeit ist schließlich auch dann gegeben, wenn ein Auftraggeber nach Nummern 1, 2 oder 3 mehr als die Hälfte der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht über die fragliche Einrichtung berufenen Organs bestimmt hat. Unter zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organen – die 62 Vergaberichtlinien sprechen insofern von dem „Verwaltungs-, Leitungsoder Aufsichtsorgan“ – sind zum einen die gesetzlich vorgeschriebenen Vertretungs- und Aufsichtsorgane (z.B. Geschäftsführung, Vorstand, Aufsichtsrat usw.) zu verstehen. Erfasst werden zudem Organe, die ohne gesetzlichen Zwang eingerichtet wurden (z.B. Beirat einer GmbH). Erforderlich ist allerdings, dass es sich um ein Organ handelt, das die Möglichkeit hat, die Geschäftsführungstätigkeit zu bestimmen oder zumindest zu beeinflussen. Die Beherrschung rein beratender Gremien genügt daher nicht1. Nach dem Wortlaut der Nummer 2 genügt die mehrheitliche Besetzung 63 „eines… ihrer Organe“. Besteht neben dem Aufsichtsorgan auch eine Geschäftsführung – was regelmäßig der Fall ist – ist es daher ausreichend, wenn die in Nr. 1 bis 3 genannten Stellen mehr als die Hälfte der Mitglieder eines der beiden Organe bestimmt haben. 1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 101; Bischoff in Willenbruch/ Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 39 ff.

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64 Ein „Bestimmen“ i.S.d. Vorschrift setzt eine Bestellung, also den körperschaftlichen Rechtsakt voraus, durch den die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Kompetenzen übertragen werden. Denn mit der Bestellung ist das Organmitglied rechtlich in der Lage, entsprechend auf die Geschäftstätigkeit der fraglichen Einrichtung Einfluss zu nehmen. Auf einen etwaig neben die Bestellung tretenden Anstellungsakt kommt es daher nicht an1. 65 Allein die Möglichkeit, über die Entsendung von Organmitgliedern Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der fraglichen Einrichtung zu nehmen, genügt für die Erfüllung des Tatbestandes nicht. Vielmehr muss die Bestimmung zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung bereits erfolgt sein2. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach öffentliche Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 die Mehrheit der Mitglieder des Organs „bestimmt haben“ müssen. Entsprechend heißt es in den Vergaberichtlinien, dass das „Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht“, die von staatlichen Stellen „ernannt worden sind“. 66 Entscheidend ist, wer das Bestimmungsrecht tatsächlich ausgeübt hat. Es kommt nicht darauf an, ob hierbei die im Gesetz oder Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Regelungen eingehalten wurden3. Ebenfalls ohne Bedeutung ist, ob die bestimmten Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans bei Ausübung ihrer Tätigkeit rechtlich oder faktisch gehalten sind, dem Willen der sie benennenden Stelle zu folgen. Nummer 2 stellt allein auf die abstrakte Gefahr ab, dass die Mitglieder eines Organs der Stelle, die sie berufen hat, besonders nahe stehen können4. 67 Soweit ein Aufsichtsrat der Mitbestimmung unterliegt, zählen allein diejenigen Aufsichtsratsmitglieder, die nicht durch die Arbeitnehmer bestellt werden5. 68 e) In Nummer 2 genannte Auftraggeber als finanzierende oder beherrschende Stelle (Nummer 2 Satz 2). Nach Nummer 2 Satz 2 sind die Voraussetzungen des Satzes 1 auch dann erfüllt, wenn die Stelle, die einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung der Auf1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 102. 2 Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 2 Rz. 41. 3 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 12; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 98 GWB Rz. 33. 4 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 12. 5 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 104.

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sicht berufenen Organs bestimmt hat, unter Satz 1 fällt. Damit erfasst Nummer 2 auch mehrstufige Organisationsformen. Dass Satz 2 die Variante der Ausübung der Aufsicht über die Leitung 69 dieser Unternehmen nicht erwähnt, ist offenbar auf ein Redaktionsversehen zurückzuführen. Denn nach den Vergaberichtlinien unterfallen auch Auftraggeber, deren Leitung der Aufsicht einer Einrichtung des öffentlichen Rechts unterliegen, dem Anwendungsbereich der Richtlinien. Deren Nichtberücksichtigung in Nummer 2 bedeutete daher eine Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs des Vergaberechts, die ausweislich der Begründung zu dem § 98 GWB insofern zugrunde liegenden Regierungsentwurf für das Vergaberechtsänderungsgesetz nicht beabsichtigt war. Denn danach sollte „der Kreis der Auftraggeber [gegenüber den EG-Vergaberichtlinien] nicht verändert“ werden1. Die genetische, zumindest aber die europarechtskonforme Auslegung2 ergibt somit, dass Satz 2 auch den Fall erfasst, dass eine Stelle, die die Aufsicht über die Leitung über die fraglichen Einrichtung ausübt, öffentlicher Auftraggeber nach Satz 1 ist. 5. Einzelfälle a) Sparkassen und Landesbanken. Der Gesetzgeber hatte in der Begrün- 70 dung zur Einführung der §§ 57a bis 57c HGrG die Auffassung vertreten, dass die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute (Sparkassen und Landesbanken) sowie Wettbewerbsversicherer nicht unter Nummer 2 fallen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass deren Einbeziehung in den Kreis der zur Beachtung des Vergaberechts zählenden Personen zu einschneidenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde3. Dieses Argument ist für die Abgrenzung der öffentlichen Auftraggeber 71 freilich nicht tauglich. Denn es ändert nichts daran, dass Sparkassen und Landesbanken im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfüllen. So haben Sparkassen die Aufgabe der Versorgung breiter Bevölkerungsschichten, insbesondere des Mittelstandes, mit Vermögensbildungs- und

1 BT-Drucks. 13/9340, S. 15. 2 So Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 107; Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 43. 3 BT-Drucks. 12/4636, S. 16.

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Kreditangeboten1. Ähnliches gilt2 bzw. galt3 für die Landesbanken. Auch unterliegen Sparkassen und Landesbanken in der Regel einer für Nummer 2 ausreichenden staatlichen Einflussnahmemöglichkeit. 72 Die im Grundsatz entscheidende Frage für die öffentliche Auftraggebereigenschaft nach Nummer 2 ist aber, ob Sparkassen und Landesbank Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen. Bis zum Jahr 2005 war dies nach herrschender Meinung aufgrund der Anstaltslast und der Gewährträgerhaftung und der daraus folgenden nicht gegebenen Insolvenzfähigkeit nicht der Fall4. Gerade diese Sonderstellung der – auch im Wettbewerb mit Privaten tätigen – öffentlichen Kreditinstitute geriet gegen Mitte der 1990er Jahre allerdings unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten in den Fokus der EU-Kommission. Die daraufhin zwischen der Kommission und dem Bund geführte Kontroverse wurde durch eine Verständigung im Jahr 2002 beigelegt. Diese Verständigung sah im Wesentlichen vor, die Gewährträgerhaftung abzuschaffen und die Anstaltslast durch eine wirtschaftliche Eigentümerbeziehung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen zu ersetzen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen sollte innerhalb einer 4-jährigen, am 18.7.2005 ablaufenden Übergangsfrist erfolgen5. 73 Nach der Umsetzung dieser Verständigungslösung sind die Sparkassen in der Regel nicht mehr als öffentliche Auftraggeber nach Nummer 2 einzustufen. Denn mit dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaf-

1 S. etwa § 2 Abs. 1 Satz 1 Berliner Sparkassengesetz: „Der Berliner Sparkasse obliegt die Förderung des Sparens und die Befriedigung des örtlichen Kreditbedarfs, insbesondere des Mittelstandes und der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise.“; vgl. OLG Rostock v. 15.6.2005 – 17 Verg 3/05, VergabeR 2005, 629. 2 S. etwa Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Landesbank-Gesetzes: „Die Bank hat insbesondere die Aufgabe, in Bayern durch ihre Geschäftstätigkeit unter Beachtung der Markt- und Wettbewerbserfordernisse den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen.“ 3 S. etwa § 3 Abs. 1 des zum 1.1.2006 außer Kraft getretenen Landesbankgesetzes Berlin: „Die Bank hat durch ihre Geschäftstätigkeit den Träger in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben unter Berücksichtigung sozialer, ökologischer und strukturpolitischer Grundsätze zu unterstützen.“ 4 Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 47 m.w.N. 5 Ausführlich hierzu Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 142 Rz. 56.

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tung erbringen die Sparkassen ihre Tätigkeiten grundsätzlich in wettbewerblicher Art und Weise1. Die Landesbanken hingegen fallen nach wie vor unter Nummer 2, sofern 74 sie das öffentliche Auftragsgeschäft wahrnehmen und somit – insbesondere als Förderbanken2 – Aufgaben nicht gewerblicher Art wahrnehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Landesbanken daneben Bankgeschäfte im Wettbewerb mit privaten Banken anbieten (Rz. 29). Anderes gilt allerdings in dem Fall, dass das wettbewerbliche Bankgeschäft – wie in Nordrhein-Westfalen auf die WestLB AG – auf eine gesonderte juristische Person übertragen worden ist. Mangels Wahrnehmung von Aufgaben nicht gewerblicher Art unterfällt eine solche Einrichtung nicht Nummer 2. b) Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Öffentlich-rechtliche Rund- 75 funkanstalten verfügen als Anstalten des öffentlichen Rechts über eigene Rechtspersönlichkeit, erfüllen mit der Grundversorgung der Bevölkerung mit umfassenden und wahrheitsgemäßen Informationen im Allgemeininteresse liegende Aufgaben und sind aufgrund der überwiegenden Finanzierung aus Gebühren nicht in einem wettbewerblich geprägten Umfeld tätig3. Umstritten war hingegen, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstal- 76 ten einer für Nummer 2 ausreichenden staatlichen Einflussnahmemöglichkeit unterliegen4. Nach der vom Bundesrat zu § 57a Abs. 1 HGrG – der Vorgängervorschrift zu § 98 – vertretenen Auffassung war dies nicht der Fall. Wörtlich heißt es hierzu in der Stellungnahme zum Gesetzesentwurf: „Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten werden weder überwiegend von den Gebietskörperschaften, von deren Sondervermögen oder von den aus ihnen bestehenden Verbänden finanziert, noch stellen diese die Mehrheit in den Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“5. Der EuGH ist dieser Auffassung nunmehr entgegen getreten. Der Ge- 77 richtshof stellte in der Entscheidung „Bayerischer Rundfunk“ fest, dass die Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland das Merkmal der staatlichen Finanzierung i.S.d. Ver1 2 3 4

OLG Rostock v. 15.6.2005 – 17 Verg 3/05, NZBau 2006, 593. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 144. OLG Düsseldorf v. 21.7.2006 – Verg 13/06, VergabeR 2006, 893. Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 398; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 141. 5 BT-Drucks. 12/4636, S. 16.

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gaberichtlinien erfüllt1. So setze eine staatliche Finanzierung in diesem Sinn keine Belastung öffentlicher Haushalte voraus. Entscheidend sei vielmehr, dass die Gebühr ihre Grundlage im Rundfunkstaatsvertrag, also einem staatlichen Akt, habe, deren Höhe durch eine förmliche Entscheidung der Landesparlamente und der Landesregierungen festgesetzt werde und die Zahlungen nicht das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den Verbrauchern sei, also nicht von einer vertraglichen Gegenleistung abhinge. 78 c) Gesetzliche Krankenkassen. Die gesetzlichen Krankenkassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind nach § 1 Satz 1 SGB V als Solidargemeinschaft zu dem besonderen Zweck gegründet, „die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern“. Dieser Zweck liegt im Allgemeininteresse2. 79 Die gesetzlichen Krankenkassen sind auch nicht gewerblich tätig. So beruht die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen im Wesentlichen auf einer solidarischen, nicht risikobezogenen Finanzierung durch an die Entlohnung der Versicherten anknüpfende Versicherungsbeiträge. Dies gilt umso mehr, als nach der seit Januar 2009 geltenden Neuorganisation der Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen sämtliche Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 271 SGB V zentral durch den so genannten Gesundheitsfonds beim Bundesversicherungsamt verwaltet werden3. Nichts anderes ergibt sich auch daraus, dass ein gewisser Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassen besteht. Denn dieser ist „dadurch stark eingeschränkt, dass der weit überwiegende Teil der Leistungen gesetzlich vorgeschrieben ist und das aus der unterschiedlichen Struktur der Versicherten resultierende Kostenrisiko durch einen Risikostrukturausgleich sehr stark begrenzt ist“4. 80 Umstritten war indes, ob die gesetzlichen Krankenkassen einer ausreichenden staatlichen Einflussnahmemöglichkeit unterliegen. Das BayObLG hatte diese Frage verneint5. Das OLG Düsseldorf hingegen hat die Auffassung vertreten, dass die Finanzierung über Pflichtbeiträge der Versicherten eine staatliche Finanzierung i.S.d. Vergaberichtlinien darstelle 1 EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173, Rz. 32 ff. 2 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – VII-Verg 50/06, NZBau 2007, 525 (526). 3 S. etwa VK Bund v. 29.10.2009 – VK 1-185/09. 4 VK Schleswig v. 12.9.2008 – VK-SH 10/08; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – VII-Verg 50/06, NZBau 2007, 525 (526); BayObLG v. 24.5.2004 – Verg 6/04, NZBau 2004, 623 (624). 5 BayObLG v. 24.5.2004 – Verg 6/04, NZBau 2004, 623 (624).

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und die Frage dem EuGH vorgelegt1. Mit Urteil vom 11.6.2009 hat der EuGH die Auffassung des OLG Düsseldorf bestätigt2. Anknüpfend an die Entscheidung „Bayerischer Rundfunk“3 stellte der Gerichtshof darin zunächst klar, dass eine staatliche Finanzierung i.S.d. Vergaberichtlinien auch in einer indirekten Finanzierung bestehen kann. Eine solche liege bei den gesetzlichen Krankenkassen vor, da – deren Finanzierung nach den maßgeblichen nationalen Regelungen überwiegend durch die Pflichtbeiträge der Mitglieder erfolge, wobei aufgrund der Art und Weise der Erhebung der Beiträge keine „Interventionsmöglichkeit des Versicherten“ bestehe; – die Beiträge ohne spezifische Gegenleistung i.S.d. Rechtsprechung des Gerichtshofs gezahlt würden, da weder die Beitragspflicht noch die Beitragshöhe das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und ihren Mitgliedern sei und sich die Höhe der Beiträge im Übrigen allein nach der Leistungsfähigkeit jedes Versicherten, nicht aber nach anderen Gesichtspunkten, wie etwa dem Alter des Versicherten, seinem Gesundheitszustand oder der Zahl der Mitversicherten richte; – der Beitragssatz – anders als im Urteil „Bayerischer Rundfunk“ – zwar nicht durch die Träger der öffentlichen Gewalt, sondern durch die gesetzlichen Krankenkassen selbst festgelegt würde; allerdings der Spielraum dieser Kassen hierbei äußerst begrenzt sei, da ihr Auftrag darin bestehe, die Leistungen sicherzustellen, die die Regelung auf dem Gebiet der Sozialversicherung vorsehen; – die Festsetzung des Beitragssatzes durch die gesetzlichen Krankenversicherungen der Genehmigung durch die staatliche Aufsichtsbehörde bedürfe. d) Religionsgemeinschaften. Die öffentlich-rechtlichen verfassten Reli- 81 gionsgemeinschaften und deren Einrichtungen sind nach bislang herrschender Auffassung keine öffentlichen Auftraggeber nach Nummer 2. Nach teilweise vertretener Auffassung fehlt es bereits an der Wahrneh- 82 mung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben. So erfüllten die Religionsgemeinschaften zwar namentlich im karitativen Bereich vielfach Aufgaben, die anderenfalls vom Staat wahrgenommen werden müssten; sie verfolgten hiermit jedoch in erster Linie Interessen der Glaubens1 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – VII-Verg 50/06, NZBau 2007, 525. 2 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07 (Oymanns), NJW 2009, 2427. 3 EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173.

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gemeinschaft und nicht Interessen der Allgemeinheit1. Diese Auffassung begegnet jedoch insofern Bedenken, als die Interessen der Allgemeinheit und die Interessen der Glaubensgemeinschaften insbesondere im karitativen Bereich keine Gegenbegriffe bilden, sondern in der Regel gleichgerichtet sind. Auch eine originär kirchliche Tätigkeit kann daher im Allgemeininteresse liegen. 83 Entscheidend dürfte daher vielmehr sein, dass die Religionsgemeinschaften keiner i.S.v. Nummer 2 ausreichenden staatlichen Einflussnahmemöglichkeit unterliegen2. Da weder die Mitglieder der Leitungs- und Aufsichtsorgane der öffentlich-rechtlich verfassten Religionsgemeinschaften durch den Staat (mit)bestimmt werden noch der Staat in sonstiger Weise die Aufsicht über deren Leitung ausübt, könnte sich eine ausreichende staatliche Einflussnahmemöglichkeit allein aus einer überwiegenden staatlichen Finanzierung ergeben. 84 Religionsgemeinschaften finanzieren sich grundsätzlich durch die in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV geregelte Kirchensteuer. Insofern scheint eine Parallele zur Gebührenfinanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks zu bestehen (Rz. 75 ff.). Mit der hierzu in der Entscheidung „Bayerischer Rundfunk“ vom EuGH getroffenen Feststellung, dass „eine Finanzierung…, die durch einen staatlichen Akt eingeführt worden ist, durch den Staat garantiert und mittels hoheitlicher Befugnisse erhoben und eingezogen wird, die Voraussetzung der ‚Finanzierung durch den Staat‘ für den Zweck der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge erfüllt“3, ließe sich prima vista auch die Kirchesteuerfinanzierung der Religions1 Vgl. etwa OLG Brandenburg v. 30.11.2004 – Verg W 10/04, VergabeR 2005, 230: „Er [der Auftraggeber] widmet sich insbesondere der Betreuung behinderter Menschen, der Erziehung und Ausbildung von Schwestern und Mitarbeitern sowie der Erhaltung und Weiterentwicklung der Heil-, Pflege-, Erziehungs- und Ausbildungseinrichtungen für Kinder, kranke, behinderte und hilfsbedürftige Menschen. Damit setzt er ausweislich seiner Leitlinien in seinen Hilfsangeboten das christliche Gebot der Nächstenliebe um. Diese karitative Tätigkeit des Auftraggebers liegt jenseits des Wirkungskreises staatlicher Aufgabenerfüllung für weltliche Ziele i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB.“; im Ergebnis ebenso VK Hessen v. 26.4. 2006 – 69d VK – 15/2006; VK Nordbayern v. 29.10.2001 – 320.VK-3194-35/01; für eine Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte s. VG Neustadt a. d. Weinstraße v. 22.2.2006 – 4 L 245/06. 2 Boesen, Vergaberecht, § 98 Rz. 87; Müller in Daub/Eberstein, Kommentar zur VOL/A, § 1a Rz. 51; Schröder, NZBau 2002, 259 (260). 3 EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173, Rz. 48.

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gemeinschaften als staatliche Finanzierung ansehen1. Gegen dieses Ergebnis spricht jedoch das gebotene funktionale Verständnis sowohl des Merkmals der staatlichen Finanzierung2 als auch des Begriffs der Einrichtung des öffentlichen Rechts insgesamt. So sollen mit der Erfassung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts diejenigen Einrichtungen als öffentliche Auftraggeber erfasst werden, die zwar formal vom Staat getrennt sind, die ihm aber funktional zuzurechnen sind (Rz. 16). Auch das Merkmal der staatlichen Finanzierung stellt daher gewissermaßen ein Indiz für die Staatlichkeit der Einrichtung dar. Diese Bedeutung kommt der Kirchensteuerfinanzierung der Religionsgemeinschaften jedoch nicht zu. Denn die Religionsgemeinschaften haben das Privileg, sich wie, nicht aber durch den Bund und die Länder zu finanzieren. Auch im Übrigen sind die Religionsgemeinschaften nicht in das staatliche Gefüge eingegliedert. Vielmehr handelt es sich bei ihren Organisationen um gesellschaftliche Einrichtungen3. Soweit Religionsgemeinschaften in den Bereichen Schulwesen, Sozial- 85 und Betreuungswesen sowie im Krankenhausbereich tätig werden und hierfür staatliche Subventionen erhalten, können sie öffentliche Auftraggeber nach Nummer 5 sein. e) Deutsche Bahn AG. In der ersten Stufe der Bahnreform, also bis zur 86 Ausgliederung der Bereiche „Personennahverkehr“, „Personenfernverkehr“, „Güterverkehr“ und „Fahrweg“ auf gesonderte Gesellschaften, entsprach es herrschender Meinung, dass die Deutsche Bahn AG als öffentlicher Auftraggeber zu qualifizieren sei. Umstritten war lediglich, ob sich dies aus Nummer 2 oder Nummer 4 (2. Alternative) ergibt. Insoweit liegen zwei sich widersprechende Entscheidungen des Vergabeüberwachungsausschusses des Bundes vor: In einer Entscheidung vom 8.9. 19944 wird die Deutsche Bahn AG ohne weitere Begründung als Sektorenauftraggeber nach Nummer 4 (damals § 57a Abs. 1 Nr. 4 HGrG) angesehen; nach einer Entscheidung vom 13.12.19955 sei hingegen Num1 So Müller-Wrede in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 98 Rz. 110, nach dem, sofern eine überwiegende Finanzierung durch die Kirchensteuer vorliegt, der Tatbestand der Nr. 2 erfüllt ist. 2 EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173, Rz. 40. 3 Schröder, NZBau, 2002, 259 (260); Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 423; allgemein zum Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften s. Quaas, NVwZ 2009, 1400. 4 VÜA Bund v. 8.9.1994 – 1 VÜ 7/94, WuW/E VergAB 17. 5 VÜA Bund v. 13.12.1995 – 1 VÜ 6/95, WuW/E VergAB 64.

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mer 2 (zum damaligen Zeitpunkt § 57a Abs. 1 Nr. 2 HGrG) einschlägig. In der letztgenannten Entscheidung wird ausgeführt, dass die Aufgabe des Ausbaus des Schienennetzes, welche der Deutschen Bahn AG mit dem Deutsche-Bahn-Gründungsgesetz übertragen worden war, eine vom Bund garantierte Gemeinwohlaufgabe sei, für welche der Bund Zuwendungen zur Verfügung stelle. Nach der Rechtsprechung des EuGH unterfalle damit die gesamte Tätigkeit der Deutschen Bahn AG – auch soweit es sich nicht um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art handelt – dem Vergaberecht (Rz. 29). 87 An diesem Ansatz hielt die herrschende Meinung auch nach der Ausgliederung der Bereiche „Personennahverkehr“, „Personenfernverkehr“, „Güterverkehr“ und „Fahrweg“ auf eigenständige juristische Personen in der zweiten Stufe der Bahnreform fest1. Danach ist die DB Netz AG als öffentlicher Auftraggeber nach Nummer 2 zu qualifizieren. Denn die DB Netz AG ist verantwortlich für die Infrastruktur des Bahnbetriebs einschließlich der Unterhaltung von Tunneln und Brücken. Sie erfüllt damit den Gemeinwohlauftrag des Art. 87e Abs. 4 GG, wobei sie vom Bund beherrscht wird und keinem, jedenfalls keinem ausgeprägten Wettbewerb unterliegt. Nach Auffassung der 2. Vergabekammer des Bundes ist der Tätigkeitsbereich der DB Netz AG daher „alles in allem … der klassischen Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand zuzuordnen“2. 88 Anderes gilt hingegen für die Tochtergesellschaften der Deutsche Bahn AG, die Verkehrsaktivitäten betreiben. Denn insofern stehen diese Unternehmen im Wettbewerb, so dass diese Aufgaben in gewerblicher Art und Weise wahrgenommen werden3. Diese Gesellschaften sind daher in der Regel als Sektorenauftraggeber zu qualifizieren4. 89 f) Deutsche Post AG. Die der Deutschen Post AG nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost übertragenen Aufgaben im Bereich des Postwesens – mit Ausnahme der Telekommunikation – sind im Wesentlichen dem klassischen Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen und damit als im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu qualifizieren5. 1 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 429; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 206; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 118. 2 VK Bund v. 21.1.2004 – VK 2-126/03, VergabeR 2004, 365 (367). 3 VK Bund v. 11.3.2004 – VK 1-151/03. 4 So bereits Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 38; a.A. Haug/Immoor, VergabeR 2004, 308 (312). 5 VÜA Bund v. 24.4.1998 – 1 VÜ 15/98; s. auch Kratzenberg, NZBau 2009, 103 (105).

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Aufgrund der bis zum 31.12.2007 geltenden gesetzlichen Exklusivlizenz (§ 51 PostG) und der darauf basierenden Verpflichtung zur Erbringung entsprechender Universaldienstleistungen (§ 52 PostG) wurden diese Aufgaben in einem nur teilweise wettbewerblich geprägten Umfeld erbracht. In der Begründung zu § 51 des Regierungsentwurfs für ein Postgesetz1 heißt es hierzu: „Die für die Deutsche Post AG vorgesehene Exklusivlizenz verhindert für fünf Jahre den Zutritt privater Wettbewerber zum Markt für die Beförderung von Briefsendungen.“ Die Wahrnehmung dieser Aufgaben erfolgte somit in nicht gewerblicher Art2. Mit dem Ablauf der Exklusivlizenz und dem damit einhergehenden Ende 90 der Universaldienstleistungsverpflichtung ist der Postmarkt in Deutschland vollständig dem Wettbewerb geöffnet3. Die Deutsche Post AG ist damit gewerblich tätig und fällt schon daher nicht mehr unter Nummer 2. Da das Unternehmen seit dem Jahr 2005 nicht mehr mehrheitlich in staatlichem Anteilseigentum steht, dürfte es im Übrigen an einer für Nummer 2 ausreichen Einflussnahmemöglichkeit des Staates fehlen. g) Deutsche Postbank AG/Deutsche Telekom AG. Die – wie die Deut- 91 sche Post AG – aus der Deutschen Bundespost hervorgegangenen Unternehmen Deutsche Postbank AG und Deutsche Telekom AG nehmen keine mit staatlichen Sonderrechten ausgestatteten Tätigkeiten wahr, sondern sind in vollständig geöffneten Märkten tätig. Beide Unternehmen fallen daher mangels Wahrnehmung von Aufgaben nicht gewerblicher Art nicht unter Nummer 24. h) Wohnungsbaugesellschaften. Die Versorgung sozial schwacher Bevöl- 92 kerungsgruppen mit Wohnraum stellt zweifellos eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar5. Allerdings liegt das Ziel, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, auch dann im Allgemeininteresse, wenn sich das Angebot nicht auf sozial schwache Bevölkerungskreise bezieht. Entscheidend für die Frage, ob staatliche bzw. kommunale Wohnungsbaugesellschaften unter Nummer 2 fallen, ist daher vielmehr, ob die Unter1 BT-Drucks. 13/7774, S. 33. 2 Ruber/Wollenschläger, VergabeR 2006, 431 f.; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 119; Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 54. 3 S. etwa Goodarzi/Kapischke, NVwZ 2009, 80. 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 209 f. 5 S. etwa EuGH v. 1.2.2001 – Rs. C-237/99 (OPAC), Slg. 2001, I-939; KG v. 6.2.2003 – 2 Verg 1/03, VergabeR 2003, 355; VG Meiningen v. 16.1.2007 – 2 E 613/06, VergabeR 2007, 341.

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nehmen in gewerblicher Art tätig werden und einer ausreichenden staatlichen Einflussnahmemöglichkeit unterliegen. Dies zu beurteilen ist eine Frage des Einzelfalls1. 93 i) Messegesellschaften. Messegesellschaften erfüllen im Allgemeininteresse liegende Aufgaben, da sie nicht nur ein Forum für gewerblich tätige Händler und Anbieter bieten, sondern auch Verbrauchern die Möglichkeit zur Information geben2. Weil die Erfüllung dieser Aufgabe bei Gründung der Gesellschaften durch die öffentliche Hand regelmäßig im Vordergrund steht und die Durchführung von Messen zudem auch traditionell eine öffentliche Aufgabe ist, wurden Messegesellschaften, die im Anteilseigentum der öffentlichen Hand stehen, nach früher wohl herrschender Auffassung zu den Auftraggebern nach Nummer 2 gezählt3. 94 Der EuGH stellt hingegen in der Entscheidung „Mailänder Messe“ fest, dass eine Einrichtung „deren Zweck in der Durchführung von Tätigkeiten besteht, die darauf gerichtet sind, Messeveranstaltungen, Ausstellungen und sonstige vergleichbare Vorhaben auszurichten, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, deren Geschäftsführung aber an Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien auszurichten ist, und die in einem wettbewerblich geprägten Umfeld tätig wird, keine Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S.d. Artikels 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinie ist“4. Ob eine – einer i.S.v. Nummer 2 ausreichenden Einflussnahmemöglichkeit unterliegende – Messegesellschaft öffentlicher Auftraggeber nach Nummer 2 ist, hängt somit insbesondere von der im Einzelfall zu beurteilenden Gewerblichkeit der Tätigkeit ab. Hieran kann es etwa fehlen, wenn die Gesellschaft auf einem nicht entwickelten Markt tätig ist5, bei der Gesellschaft etwaig eingetretene Verluste aufgrund eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages von dem staatlichen Gesellschafter getragen werden6 oder das Gewicht der wettbewerblichen Aspekte aus sonstigen Gründen „insgesamt hinter wettbewerbsuntypischen Aspekten … zurückbleibt“7.

1 VK Brandenburg v. 3.4.2009 – VK 8/09, ZfBR 2009, 614. 2 EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 34. 3 S. die Nachweise bei Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 33. 4 EuGH v. 10.5.2001 – verb. Rs. C-223 u. 260/99 (Agorà und Excelsior/Mailänder Messe), Slg. 2001, I-3605, Rz. 43. 5 VK Bremen v. 23.8.2001 – VK 3/01, NZBau 2002, 406. 6 OLG Hamburg v. 19.12.2003 – 1 Verg 6/03, NZBau 2004, 519. 7 KG v. 27.7.2006 – 2 Verg 5/06, VergabeR 2006, 904.

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j) Kommunale Versorgungsunternehmen. Die Belieferung von Endkun- 95 den mit Energie, Gas, Fernwärme und Wasser sowie die Entsorgung von Abwasser und Abfall sind dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen1. Dies ergibt sich teilweise bereits aus den Gemeindeordnungen der Länder2. Kommunale Versorgungsunternehmen, die entsprechende Aufgaben wahrnehmen, erfüllen daher im Allgemeininteresse liegende Aufgaben3. Die für die Einordnung kommunaler Versorgungsunternehmen als öf- 96 fentliche Auftraggeber nach Nummer 2 in der Regel entscheidende Frage ist, ob ein gewerbliches Handeln vorliegt. Dies wird teilweise mit der Begründung abgelehnt, dass es aufgrund der Mitverantwortung für die Daseinsvorsorge an einer Nachfragebezogenheit und damit einer Wettbewerbsorientierung fehle4. Diese generelle Betrachtungsweise begegnet jedoch Bedenken. Sie lässt unberücksichtigt, dass insbesondere kommunale Energieversorgungsunternehmen zum einen vielfach mit Gewinnerzielungsabsicht tätig werden. So lassen sich mit der Übernahme der kommunalen Versorgung durch Stadtwerke regelmäßig Gewinne erzielen, mit denen nicht selten andere Bereiche der Daseinsvorsorge wie etwa der öffentliche Personennahverkehr mit Bussen und Straßenbahnen finanziert werden. Zum anderen tritt das Anliegen der Daseinsvorsorge umso stärker in den Hintergrund, je stärker der Wettbewerb ausgeprägt ist. Ob bei einem kommunalen Energieversorgungsunternehmen von einem gewerblichen Handeln ausgegangen werden kann, ist daher anhand der allgemeinen Kriterien (Rz. 41 ff.) im Einzelfall zu beurteilen5.

1 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 433. 2 S. etwa § 116 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt: „Betätigungen in den Bereichen der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung, der Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Abwasserbeseitigung, Wohnungswirtschaft und des öffentlichen Verkehrs dienen einem öffentlichen Zweck …“. 3 EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C-393/06 (Ing. Aigner), Slg. 2008, I-2339, Rz. 39: „Die Beheizung eines städtischen Ballungsgebiets mittels eines umweltfreundlichen Verfahrens zu sichern, ist ein Ziel, das unzweifelhaft im Allgemeininteresse liegt.“ 4 Riese/van den Eikel, NVwZ 2005 758 (759). 5 S. hierzu Marx in Danner/Theobald, Energierecht, Einführung für Versorgungsunternehmen, Rz. 23: „Wichtige Kontrollfrage dürfte in diesem Zusammenhang sein, ob die zu qualifizierende juristische Person auf dem Feld, auf dem sie Anbieter ist, im Wettbewerb steht und ob die Möglichkeit besteht, dass sie bei miserablem Wirtschaften Konkurs gehen könnte.“

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IV. Verbände (§ 98 Nr. 3) 97 Die Vorschrift umfasst Verbände der Gebietskörperschaften nach Nummer 1 und der sonstigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts nach Nummer 2. Sie entspricht dem früheren § 57a Abs. 1 Nr. 3 HGrG. 98 Verbände i.S.d. Vorschrift sind Zusammenschlüsse aller Art, ungeachtet der jeweiligen Rechtsform1. Die Vorschrift betrifft damit in der Praxis im Wesentlichen kommunale Zweckverbände wie z.B. Abwasserzweckverbände, Wasserverbände, Abfallwirtschaftszweckverbände oder Verkehrszweckverbände2. Erfasst werden aber etwa auch Kooperationen zwischen den Bundesländern und von Bund und Ländern3. 99 Nummer 3 stellt einen Auffangtatbestand dar. Die Vorschrift kommt daher nur zum Tragen, wenn die Verbände nicht bereits Auftraggeberqualität nach Nummer 1 oder 2 haben4. V. Sektorenauftraggeber (§ 98 Nr. 4) 1. Überblick 100 Nummer 4 betrifft die sog. Sektorenauftraggeber. Mit der Vorschrift wird Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17/EG umgesetzt. Dabei beruht die erste Alternative der Nummer 4 auf Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2004/17/EG. Diese Regelung betrifft die sog. „staatsfernen“ Auftraggeber, nämlich Einrichtungen, die allein deshalb vom Vergaberecht erfasst werden, weil sie eine Sektorentätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben. Hintergrund für diese Erweiterung des Anwendungsbereichs des Vergaberechts ist, dass die Gewährung besonderer und ausschließlicher Rechte zu einer „Abschottung der Märkte“5 führt und damit die Gefahr begründet, dass entsprechende Einrichtungen – auch wenn sie über die Gewährung dieser Rechte hinaus keiner staatlichen Einflussnahmemöglichkeit unterliegen – bei der Vergabe entsprechender Aufträge nicht nach den Grundsätzen des Wettbewerbs und der Gleichbehandlung vorgehen6. 1 OLG Düsseldorf v. 6.7.2005 – Verg 22/05. 2 VK Schleswig v. 30.8.2006 – VK-SH 20/06; VK Thüringen v. 31.7.2002 – 216-403.20-031/02-SLZ; VK Düsseldorf v. 18.4.2002 – VK-5/2002-L. 3 OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NVwZ 1999, 1142. 4 VK Lüneburg v. 30.6.2006 – VgK-13/2006; VK Düsseldorf v. 18.4.2002 – VK-5/2002-L; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 98 GWB Rz. 35; Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 69. 5 Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2004/17/EG. 6 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 160.

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§ 98 Nummer 4 Alternative 2 geht auf Art. 2 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 101 2004/17/EG zurück und betrifft die sog. „staatsnahen“ Auftraggeber, nämlich Einheiten, auf die öffentliche Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 einen beherrschenden Einfluss ausüben können. 2. Natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts Dem Wortlaut nach erfasst Nummer 4 natürliche Personen und juristi- 102 sche Personen des privaten Rechts. Anders als Nummern 1 bis 3 bezieht die Vorschrift damit auch natürliche Personen ein. Hieraus wird geschlossen, dass sich der Anwendungsbereich der Nummer 4 auch auf Personenzusammenschlüsse erstreckt, unabhängig davon, ob diese (teil-) rechtsfähig sind1. Ausgeschlossen sind hingegen juristische Personen des öffentlichen 103 Rechts. Mit dieser Differenzierung weicht Nummer 4 von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17/EG ab. Denn danach gilt die Richtlinie für juristische Personen des privaten wie auch des öffentlichen Rechts. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken werden hierdurch gleichwohl nicht begründet. Denn die Anwendbarkeit der auf der Richtlinie 2004/17/EG erlassenen Vorschriften hängt nicht von der Qualifikation des Auftraggebers als Sektorenauftraggeber nach Nummer 4 ab. So gilt insbesondere die Sektorenverordnung, mit der die Vorgaben dieser Richtlinie im Wesentlichen umgesetzt worden sind, nach deren § 1 Abs. 1 Satz 1 für Auftraggeber nach Nummern 1 bis 4. Eine Verkürzung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2004/17/EG läge somit nur dann vor, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts nicht als öffentlicher Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 zu qualifizieren wäre, gleichwohl aber entweder unter den Begriff des „öffentlichen Unternehmen(s)“ i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 2004/17/EG fallen würde oder mit „besonderen oder ausschließlichen Rechten“ i.S.v. Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG ausgestattet wäre. In einem derartigen Fall – der praktisch allerdings kaum denkbar ist – wäre Nummer 4 gemeinschaftsrechtskonform dahin auszulegen, dass das Merkmal der juristischen Person des privaten Rechts nicht als Ausschlusskriterium zu verstehen ist2.

1 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 270; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 164; zur Anwendbarkeit von Nummer 2 auf teilrechtsfähige Personenzusammenschlüsse; s. Rz. 20. 2 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 267.

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3. Definition der Sektoren 104 Nummer 4 nennt die Sektoren Trinkwasserversorgung, Energieversorgung und Verkehr. Diese sind in der Anlage zu § 98 Nr. 4 näher definiert. Wegen der Einzelheiten wird auf die dortige Kommentierung verwiesen. 105 Der Sektor der Telekommunikation wurde mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz gestrichen. Im Gemeinschaftsrecht war dieser Bereich aufgrund des erreichten Standes der Liberalisierung bereits mit der Richtlinie 2004/17/EG als Sektorenbereich entfallen1. 106 Die Aufzählung der Sektoren in Nummer 4 ist abschließend2. Eine Erweiterung auf andere Bereiche, die ebenfalls durch staatliche Monopole geprägt sind, ist ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. 4. Sektorenauftraggeber kraft beherrschenden Einflusses (§ 98 Nr. 4, 2. Alt.) 107 Unter die 2. Alternative der Nummer 4 fallen Auftraggeber, auf welche Stellen, die in Nummern 1 bis 3 genannt sind, einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können. 108 Die Vorschrift dient im Wesentlichen der Erfassung der öffentlichen Unternehmen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 2004/17/EG. Hierunter sind Unternehmen zu verstehen, auf die Auftraggeber aufgrund von Eigentum, finanzieller Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Vorschriften unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Ein solcher Einfluss wird vermutet, wenn der Auftraggeber „unmittelbar oder mittelbar – die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens hält oder – über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder – mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens ernennen kann“. 109 Diese Vermutungstatbestände weisen deutliche Ähnlichkeiten zu den Alternativen der Einflussnahmemöglichkeit nach Nummer 2 auf, wobei die Vermutungstatbestände allerdings eher weiter gefasst sind. So ist etwa eine Beherrschung nach Nummer 4 2. Alt. bereits dann zu ver1 S. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2004/17/EG. 2 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 98 GWB Rz. 40; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 271.

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muten, wenn ein öffentlicher Auftraggeber nach Nummer 1, 2 oder 3 die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens hält. Eine i.S.d. Nummer 2 ausreichende Einflussnahmemöglichkeit liegt damit hingegen nicht notwendig vor (Rz. 50 ff.). Die mit der Erfüllung eines der Tatbestände des Art. 2 Abs. 1 lit. b) der 110 Richtlinie 2004/17/EG begründete Vermutung kann widerlegt werden. Andererseits ist die Erfüllung eines Vermutungstatbestandes nicht Voraussetzung für die Annahme einer Beherrschung. Eine Beherrschung kann daher auch unabhängig von den Vermutungstatbeständen bestehen. Indizielle Bedeutung kommt insofern dem Beherrschungsbegriff des § 17 AktG zu. Entscheidend ist allerdings, „ob der alleinige oder gemeinsame Einfluss auf das andere Unternehmen die Möglichkeit gewährt, diesem gegenüber die eigenen Vorstellungen über das Unternehmensverhalten, insbesondere das Beschaffungsverhalten durchzusetzen“1. Ob der potenziell mögliche Einfluss tatsächlich ausgeübt wird, ist dabei unerheblich2. 5. Sektorenauftraggeber aufgrund von Rechtsgewährung (§ 98 Nr. 4, 1. Alt.) Nummer 4, 1. Alt. entspricht Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 111 2004/17/EG. Er findet auf Unternehmen Anwendung, die eine Sektorentätigkeit nach der Anlage zu § 98 Nr. 4 auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, ausüben. Erfasst sind somit Unternehmen, die hinsichtlich der Sektorentätigkeit aufgrund einer staatlichen Rechtsgewährung ein Monopol oder eine monopolartige Stellung innehaben. Eine über diese Rechtsgewährung hinausgehende Abhängigkeit des Un- 112 ternehmens von öffentlichen Auftraggebern nach Nummern 1 bis 3 ist nicht erforderlich. Damit liegt in der ersten Alternative der Nummer 4 eine gewisse Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes, wonach lediglich die öffentliche Hand dem Vergaberecht unterfällt3. Die Begründung für diese Ausdehnung des Anwendungsbereichs des 4. Teils des GWB liegt darin, dass auf dem traditionell daseinsvorsorgeorientierten Gebiet der Sektoren in den Mitgliedstaaten teils der Staat selbst, teils die Privatwirtschaft tätig wird. Ein Anknüpfen allein an die Rechtsform oder die staatliche Beherrschung hätte sich daher in den Mitgliedstaaten un1 VÜA Bund v. 12.4.1995 – WuW/E VergAB 34. 2 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 21. 3 Pietzcker, ZHR 162 (1998), 427 (449).

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terschiedlich ausgewirkt1. Daneben fehlt im Sektorenbereich aufgrund des Monopols der Auftraggeber bzw. deren monopolartiger Stellung ein funktionierender Wettbewerb, was durch die Regelungen über die Vergabe von Aufträgen ausgeglichen werden soll2. 113 Der Begriff „der besonderen oder ausschließlichen Rechte“ ist Art. 106 Abs. 1 (ex-Art. 86 Abs. 1 EGV) entnommen und in diesem Sinne auszulegen3. Die mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz in Nummer 4 eingefügte Definition dieser Begriffe entspricht Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG (Rz. 115). Erfasst sind danach „Rechte, die von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats mittels Rechts- oder Verwaltungsvorschriften gewährt wurden und dazu führen, dass die Ausübung einer der in den Artikeln 3 bis 7 genannten Tätigkeiten einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird“. Entscheidend ist somit, dass dem betreffenden Unternehmen im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Sektorentätigkeit eine marktbezogene Sonderstellung eingeräumt wird4. Ob dies durch einen öffentlichrechtlichen Rechtsakt oder einen zivilrechtlichen Vertrag erfolgt, ist aufgrund der gebotenen funktionalen Auslegung (Rz. 16) unerheblich5. 114 Die Definition des Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG ist enger6 als die Definition in der Vorgängerrichtlinie. So heißt es in Erwägungsgrund 25 der Richtlinie 2004/17/EG, dass es – entgegen Art. 2 Abs. 3 UAbs. 2 der Richtlinie 93/38/EWG – „für sich genommen noch kein besonderes und ausschließliches Recht im Sinne dieser Richtlinie darstellt, wenn ein 1 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 17. 2 Hailbronner, Forum Vergabe 95, Öffentliches Auftragswesen, S. 127 (131). 3 Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 45; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 308; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 98 GWB Rz. 38. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 179; Bischoff in: Willenbruch/ Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 Rz. 86. 5 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 319; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 22; a.A. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 183; Holle/Wohlrab, NZBau 2009, 432. 6 Die Definition wurde damit an die Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der in anderen Richtlinien verwandten Begriffe der besonderen und ausschließlichen Rechte angepasst. In der Begründung zum Kommissionsvorschlag für die Richtlinie 2004/17/EG v. 31.8.2000 (KOM[2000] 276 endg/2, S. 13) wird insofern auf das Urteil des EuGH v. 12.12.1996 – Rs. C-302/94 (The Queen / Secretary of State for Trade and Industrie, ex parte British Telecommunications), Slg. 1996, I-6417, Bezug genommen.

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Auftraggeber zum Bau eines Netzes oder der Einrichtung von Flughafenbzw. Hafenanlagen Vorteil aus Enteignungsverfahren oder Nutzungsrechten ziehen kann oder Netzeinrichtungen auf, unter oder über dem öffentlichen Wegenetz anbringen darf. Auch die Tatsache, dass ein Auftraggeber ein Netz mit Trinkwasser, Elektrizität, Gas oder Wärme versorgt, das seinerseits von einem Auftraggeber betrieben wird, der von einer zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats gewährte bsondere oder ausschließliche Rechte genießt, stellt für sich betrachtet noch kein besonderes und ausschließliches Recht im Sinne der vorliegenden Richtlinie dar“. Leitungsrechte nach § 46 EnWG oder die Inanspruchnahme von gemäß § 45 EnWG enteignetem Grundeigentum begründen daher jedenfalls ohne Weiteres noch keine ausschließlichen oder besonderen Rechte1. Weiter ist in Erwägungsgrund 25 der Richtlinie 2004/17/EG klargestellt, dass solche Rechte nicht als besondere oder ausschließliche Rechte betrachtet werden können, die „ein Mitgliedstaat einer begrenzten Zahl von Unternehmen in beliebiger Form, auch über Konzessionen, … auf der Grundlage objektiver, verhältnismäßiger und nicht diskriminierender Kriterien ein[räumt], die allen interessierten Kreisen, die sie erfüllen, die Möglichkeit zur Inanspruchnahme solcher Rechte bietet“2. Rechte, die im Ergebnis wettbewerblicher und transparenter Verfahren vergeben werden, sind danach jedenfalls ohne Weiteres nicht als besondere oder ausschließliche Rechte anzusehen. Die Klassifizierung eines Rechts als besonderes oder ausschließliches Recht ist daher letztlich eine Frage des Einzelfalls, für deren Beantwortung insbesondere Inhalt und Umfang des Rechts, die Auswirkungen der Rechtsgewährung auf die Stellung des betreffenden Unternehmens auf dem jeweils betroffenen Markt3 und die Umstände der Gewährung dieses Rechts zu berücksichtigen sind.

1 Ebenso Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 315. 2 S. hierzu EuGH v. 12.12.1996 – Rs. C-302/94 (The Queen / Secretary of State for Trade and Industry, ex parte British Telecommunications), Slg. 1996, I-6417, Rz. 34, wonach besondere oder ausschließliche Rechte „allgemein als Rechte zu verstehen sind, die die Behörden eines Mitgliedstaats einem Unternehmen oder einer begrenzten Zahl von Unternehmen gewähren, ohne sich dabei an objektive, angemessene und nichtdiskriminierende Kriterien zu halten, und die die Fähikgkeit anderer Unternehmen, im selben Gebiet zu im wesentlichen gleichen Bedingungen Telekommunikationsnetze einzurichten oder zu betreiben oder Telekommunikationsdienste zu erbringen, wesentlich beeinträchtigen“. 3 Vgl. Pernice/Wernicke in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 86 EGV Rz. 29 m.w.N.

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115 Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz ist die Definition des Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG nahezu wortgleich in Nummer 4 übernommen worden. Damit wird klargestellt, dass auch für § 98 GWB nicht an der weitergehenden Definition des Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 93/38/EWG festgehalten wird1. 116 Der Anwendungsbereich der Nummer 4, 1. Alt. unterliegt einem Wandel. Durch die Abschaffung eines bestehenden Monopols oder dessen Neuerrichtung wird der Geltungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen bzw. begründet. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 der Richtlinie 90/5312 kann allerdings gefolgert werden, dass es nicht genügt, wenn ursprünglich bestehende ausschließliche Rechte aufgehoben werden. Vielmehr muss hinzukommen, dass sich in Folge dieser Aufhebung tatsächlich ein Wettbewerb entwickelt. Erst wenn dies der Fall ist, liegen die Voraussetzungen des § 98 Nr. 4, 1. Alt. nicht mehr vor3. 6. Verhältnis zu § 98 Nr. 2 117 Nach der früher herrschenden Auffassung kam den Vorgaben der Bau-, Liefer- und der Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie aufgrund der gegenüber der Sektorenrichtlinie strengeren Anforderungen nach der lexspecialis-Regelung Vorrang zu. Einrichtungen, die sowohl Nummer 4 als auch Nummer 1, 2 oder 3 unterfallen, unterlagen danach allein den für Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 geltenden Regelungen4. 118 Mit der Novellierung der Vergaberichtlinien im Jahr 2004 wurde klargestellt, dass für das Gemeinschaftsrecht von einem umgekehrten Rangverhältnis auszugehen ist. So gilt die Richtlinie 2004/17/EG nach deren Art. 2 auch für öffentliche Auftraggeber i.S.d. Richtlinie 2004/18/EG, soweit diese eine Sektorentätigkeit ausüben5. Dementsprechend heißt es auch in Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2004/18/EG: „Öffentliche Aufträge, die von öffentlichen Auftraggebern aus den Bereichen Wasser, Energie, Verkehr und Postdienste vergeben werden und die Tätigkeiten in diesen Bereichen betreffen, fallen unter die Richtlinie 2004/17/EG“.

1 BT-Drucks. 16/10117, S. 17. 2 EuGH v. 26.3.1996 – Rs. C-392/93 (British Telecom), Slg. 1996, I-1631, Rz. 30 ff. 3 BT-Drucks. 16/10117, S. 17: „Öffentliche Unternehmen in den Sektorenbereichen bleiben solange unabhängig davon erfasst, bis in diesen Bereichen Wettbewerb herrscht. Dann kann auch für sie eine Befreiung von der Anwendungsverpflichtung erfolgen.“; im Ergebnis ebenso bereits Byok, NJW 1998, 2774 (2777). 4 BayObLG v. 5.11.2002 – Verg 22/02, NZBau 2003, 342. 5 EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C-393/06 (Ing. Aigner), Slg. 2008, I-2339, Rz. 23 ff.

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In der deutschen Umsetzung erfolgte die Abgrenzung der Vergabere- 119 gelungen, welche für Auftraggeber nach Nummer 4 einerseits und für Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 andererseits gelten, bislang weit weniger scharf. So hatten die in Nummern 1 bis 3 genannten Auftraggeber nach § 7 Abs. 1 VgV a.F. in den Sektoren Trinkwasserversorgung sowie See- und Landverkehr den Abschnitt 3 der VOL/A 2006 beziehungsweise der VOB/A 2006 anzuwenden. Diese Abschnitte enthielten nicht nur die eingeschränkten Anforderungen der Richtlinie 2004/17/EG, sondern unterwarfen die Auftraggeber auch den allgemeinen Vergabebestimmungen der jeweiligen Abschnitte 1. Das deutsche Recht stellte folglich höhere Anforderungen, als das Gemeinschaftsrecht, was überwiegend als rechtlich unbedenklich angesehen wurde1. Die (nur) in Nummer 4 genannten Auftraggeber hatten nach § 7 Abs. 2 VgV a.F. hingegen lediglich Abschnitt 4 der VOL/A 2006 und der VOB/A 2006 anzuwenden. Das Gleiche galt für die Tätigkeit der in Nummern 1 bis 3 genannten Auftraggeber in den Sektoren Elektrizitäts-, Gas- und Wärmeversorgung sowie Luftverkehr. Die Abschnitte 4 der VOL/A 2006 und der VOB/A 2006 beschränkten sich – anders als deren Abschnitte 3 – darauf, die Anforderungen der Richtlinie 2004/17/EG umzusetzen. Mit der Einführung der SektVO wurde das deutsche Recht an die Struk- 120 tur der Richtlinie 2004/17/EG angepasst2. So sind die auf der Richtlinie 2004/17/EG beruhenden Vergaberegelungen, welche bislang in der VgV a.F. und den jeweiligen Abschnitten 3 und 4 der VOL/A 2006 und der VOB/A 2006 enthaltenen waren, in der SektVO zusammengefasst. Diese Verordnung gilt nach deren § 1 Abs. 1 für Auftraggeber nach § 98 Nummer 1 bis 4 GWB, soweit diese Aufträge vergeben, die im Zusammenhang mit Sektorentätigkeiten stehen. Auftraggeber, die sowohl unter Nummer 4 als auch unter Nummern 1, 2 oder 3 fallen, haben somit bei der Vergabe von im Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeit stehenden Aufträgen die SektVO und bei der Vergabe anderer Aufträge die VgV anzuwenden. VI. Staatlich subventionierte Auftraggeber (§ 98 Nr. 5) Nach der Regelung der Nummer 5, welche auf Art. 8 der Richtlinie 121 2004/18/EG beruht, findet das Vergaberecht für bestimmte Aufträge auch dann Anwendung, wenn es sich bei dem Auftraggeber um eine 1 VG Koblenz v. 8.7.1997 – 2 K 2971/96. KO, NVwZ 1999, 1133; a.A. Prieß/Gabriel, NZBau 2006, 685. 2 S. BR-Drucks. 522/09, S. 1; so auch Opitz, VergabeR 2009, 689.

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Einrichtung handelt, die von staatlichen Stellen unabhängig ist, die Maßnahme von diesen jedoch überwiegend finanziert wird („Drittvergabe“). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es rechtlich keinen Unterschied machen darf, ob ein öffentlicher Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 Aufträge selbst vergibt und finanziert oder aber diese Mittel an Dritte weitergibt, damit diese – gewissermaßen als „verlängerter Arm“ der öffentlichen Hand – entsprechende Aufträge vergeben1. 1. Natürliche und juristische Personen 122 In der Fassung des Vergaberechtsänderungsgesetzes erfasste Nummer 5 lediglich natürliche und juristische Personen des privaten Rechts. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde Nummer 5 um juristische Personen des öffentlichen Rechts erweitert. Der bislang bestehende Streit über die Einbeziehung juristischer Personen des öffentlichen Rechts in Nummer 52 ist damit erledigt. 2. Erfasste Vorhaben 123 In sachlicher Hinsicht setzt Nummer 5 Tiefbaumaßnahmen, die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen sowie Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäude voraus. Der Katalog ist abschließend3. Allerdings sind die genannten Vorhaben nach den allgemeinen vergaberechtlichen Auslegungsgrundsätzen weit auszulegen. 124 Der Begriff der Tiefbaumaßnahmen ist in Anhang I zur Richtlinie 2004/18/EG näher definiert. Zu den „Erholungs- und Freizeiteinrichtungen“ zählen auch Museen, Ausstellungszentren, Bibliotheken und Theater4. Unter „Schulen“ sind Einrichtungen für die Bildung der Jugend zu verstehen, zu denen auch die Berufsschulen in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen zählen5. Unter den Begriff der „Errichtung“ fällt die (erstmalige) Herstellung einer entsprechenden baulichen Anlage ebenso

1 VK Bund v. 8.6.2006 – VK 2-114/05; VK Düsseldorf v. 12.8.2003 – VK-22/ 2003-B. 2 S. hierzu Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 93; Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 2 Rz. 76. 3 BayObLG v. 29.10.2004 – Verg 022/04, NZBau 2007, 62; VK Brandenburg v. 11.3. 2009 – VK 7/09, ZfBR 2009, 710. 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 345; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 25. 5 BayObLG v. 29.10.2004 – Verg 022/04, NZBau 2007, 62.

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wie die Modernisierung, Sanierung und Rekonstruktion einer bestehenden Anlage1. Umfasst werden sowohl Bauleistungen (§ 99 Abs. 3) als auch hiermit in 125 Verbindung stehende Dienstleistungen (§ 99 Abs. 4) und Auslobungsverfahren (§ 99 Abs. 5). Hierzu zählen beispielsweise die Vergabe von Architekten- oder Ingenieurleistungen. Erforderlich ist stets, dass die Dienstleistungen in Verbindung mit einem Bauauftrag vergeben werden. Erfolgt die Vergabe des Dienstleistungsauftrags völlig isoliert von Bauarbeiten, also etwa im deutlichen zeitlichen Abstand von der Errichtung der Maßnahme, findet Nummer 5 auf den Dienstleistungsauftrag keine Anwendung. Um eine Umgehung der Vorschrift zu verhindern, sind geringfügige zeitliche Abstände zwischen der Vergabe der Bauleistungen und des Dienstleistungsauftrags jedoch unbeachtlich. 3. Mehr als 50 %-ige Finanzierung Voraussetzung ist, dass Stellen, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, Mittel 126 bereitstellen, mit denen die genannten Vorhaben zu mehr als 50 % finanziert werden. Hierbei ist nicht auf die nach den jeweiligen Vorschriften förderfähigen Kosten, sondern auf die gesamten Projektkosten, die sich im Zweifel nach § 3 VgV bestimmen, abzustellen2. Nummer 5 spricht von der „Finanzierung“ durch die in § 98 Nr. 1 bis 3 127 genannten Stellen, so dass dem Wortlaut nach auch eine Kreditgewährung durch die öffentliche Hand, beispielsweise durch Sparkassen oder Landesbanken, zu einer Verpflichtung zur Anwendung der Verdingungsordnungen führen könnte, soweit diese 50 % der Projektkosten übersteigt. Nach ganz herrschender Meinung meint der Begriff der Finanzierung jedoch – entsprechend der Terminologie des Art. 8 der Richtlinie 2004/18/EG – „subventionieren“3. Der Anwendungsbereich der Nummer 5 ist daher nur dann eröffnet, wenn der Einrichtung mehr als 50 % 1 VK Brandenburg v. 10.9.2004 – VK 39/04; VK Düsseldorf v. 9.4.2003 – VK-8/2003-B; s. auch OLG Jena v. 30.5.2002 – 6 Verg 3/02, ZfBR 2002, 827; zweifelnd Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 95. 2 Boesen, Vergaberecht, § 98 Rz. 117; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 198; Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 2 Rz. 75. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 197; Otting in Bechtold, GWB, § 98 Rz. 50; Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 106; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 330; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 98 GWB Rz. 51.

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der Projektkosten als Subventionen zur Verfügung gestellt werden. Zur Ausfüllung des Begriffs der Subvention kann auf den Begriff der „Beihilfe“ i.S.v. Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Artikel 87 Abs. 1 EGV) zurückgegriffen werden. Eine Finanzierung kann somit beispielsweise in einem verlorenen Zuschuss oder einem zinsvergünstigten Darlehen bestehen. Die Gewährung von Darlehen zu marktüblichen Bedingungen führt hingegen nicht zum Anwendungsbereich der Nummer 5, selbst wenn Darlehensgeber die öffentliche Hand, beispielsweise in Form einer Sparkasse oder Landesbank, ist. VII. Baukonzessionäre (§ 98 Nr. 6) 128 Nummer 6 erfasst Baukonzessionäre hinsichtlich der Aufträge an Dritte. Bei Baukonzessionen handelt es sich um Bauaufträge, bei denen die Gegenleistung statt in einer Vergütung in dem Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht (§ 99 Rz. 130). 129 Nummer 6 wendet sich nicht an den Konzessionsgeber, also denjenigen, der eine Baukonzession vergibt. Soweit dieser ein öffentlicher Auftraggeber ist, was regelmäßig der Fall sein dürfte, ergibt sich seine Verpflichtung, die Vergabe der Konzession auszuschreiben, aus Nummern 1 bis 3. Nummer 6 richtet sich an den Konzessionär, der von einem öffentlichen Auftraggeber nach Nummern 1 bis 3 eine Baukonzession erhalten hat. 130 Die Vorschrift gilt für natürliche und juristische Personen des privaten Rechts und enthält – ähnlich wie Nummern 4 und 5 – eine Durchbrechung des Grundsatzes, wonach lediglich die öffentliche Hand bzw. solche Personen des privaten Rechts, die mit der öffentlichen Hand verbunden sind, den Bestimmungen des 4. Teils des GWB unterliegen. Grund für diese Durchbrechung ist der Umstand, dass der Baukonzessionär, soweit er die Bauausführung Dritten überlässt, letztlich als verlängerter Arm des den Bindungen des GWB unterliegenden Konzessionsgebers tätig wird, so dass eine Beteiligung aller Unternehmen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union haben, an der Untervergabe ermöglicht werden muss1. 131 Handelt es sich bei dem Baukonzessionär um eine juristische Person des öffentlichen Rechts, findet Nummer 6 keine Anwendung. Soweit der Konzessionär die Voraussetzungen der Nummern 1 bis 3 erfüllt, ist er 1 Reidt/Stickler, BauR 1997, 241 (249); dies. in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32a Rz. 12.

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Anl. zu § 98 Nr. 4 jedoch aufgrund dieser Vorschriften verpflichtet, bei der Untervergabe von Bauarbeiten die Vergabevorschriften zu beachten. Dies wird in § 22a Abs. 3 VOB/A klargestellt1. Nicht von Nummer 6 umfasst ist die Dienstleistungskonzession. Sie 132 liegt vor, wenn die von dem Konzessionär zu erbringenden Leistungen andere als Bauarbeiten betreffen2. Wie Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 18 der Richtlinie 2004/17/EG deutlich machen, bestehen für deren Vergabe keine spezifischen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben3. Hierüber geht auch das deutsche Recht nicht hinaus. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des EuGH sind bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen allerdings die Grundregeln des EG-Vertrags im allgemeinen und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Besonderen zu beachten4, sofern die Konzession von eindeutigem grenzüberschreitendem Interesse ist (§ 100 Rz. 16).

Anlage (zu § 98 Nr. 4) Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs sind: 1. Trinkwasserversorgung: 1Das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport oder der Verteilung von Trinkwasser sowie die Versorgung dieser Netze mit Trinkwasser; 2dies gilt auch, wenn diese Tätigkeit mit der Ableitung und Klärung von Abwässern oder mit Wasserbauvorhaben sowie Vorhaben auf dem Gebiet der Bewässerung und der Entwässerung im Zusammenhang steht, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 Prozent der mit dem Vorhaben 1 Heiermann in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, A § 32 Rz. 33; Düsterdiek in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, § 22a VOB/A Rz. 22; Reidt/Stickler in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32a Rz. 25. 2 Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG, s. § 99 Rz. 114 ff. 3 S. etwa EuGH v. 15.10.2009 – Rs. C-196/08 (Acoset), EuZW 2009, 849, Rz. 36 ff. 4 EuGH v. 15.10.2009 – Rs. C-196/08 (Acoset), EuZW 2009, 849, Rz. 46; v. EuGH 10.9.2009 – Rs. C-206/08 (Eurawasser), EuZW 2009, 810, Rz. 44; EuGH v. 13.11. 2008 – Rs. C-324/07 (Coditel Brabant), Slg. 2008, I-8457, Rz. 25; EuGH v. 13.10. 2005 – Rs. C-458/03 (Parking Brixen), Slg. 2005, I-8585, Rz. 46 ff.; EuGH v. 21.7. 2005 – Rs. C-231/03 (Coname), Slg. 2005, I-7287, Rz. 16 ff.; EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-324/98 (Telaustria und Telefonadress), Slg. 2000, I-10745, Rz. 60 ff.

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Anl. zu § 98 Nr. 4 oder den Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellten Gesamtwassermenge ausmacht; 3bei Auftraggebern nach § 98 Nr. 4 ist es keine Tätigkeit der Trinkwasserversorgung, sofern die Gewinnung von Trinkwasser für die Ausübung einer anderen Tätigkeit als der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs erforderlich ist, die Lieferung an das öffentliche Netz nur vom Eigenverbrauch des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 abhängt und unter Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Trinkwassergewinnung des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 ausmacht; 2. Elektrizitäts- und Gasversorgung: 1 Das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Strom oder der Gewinnung von Gas sowie die Versorgung dieser Netze mit Strom oder Gas; 2die Tätigkeit von Auftraggebern nach § 98 Nr. 4 gilt nicht als eine Tätigkeit der Elektrizitäts- und Gasversorgung, sofern die Erzeugung von Strom oder Gas für die Ausübung einer anderen Tätigkeit als der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs erforderlich ist, die Lieferung von Strom oder Gas an das öffentliche Netz nur vom Eigenverbrauch abhängt, bei der Lieferung von Gas auch nur darauf abzielt, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen, wenn unter Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres bei der Lieferung von Strom nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Energieerzeugung des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 ausmacht, bei der Lieferung von Gas nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4; 3. Wärmeversorgung: 1Das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Wärme sowie die Versorgung dieser Netze mit Wärme; 2die Tätigkeit gilt nicht als eine Tätigkeit der Wärmeversorgung, sofern die Erzeugung von Wärme durch Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 sich zwangsläufig aus der Ausübung einer anderen Tätigkeit als auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs ergibt, die Lieferung an das öffentliche Netz nur darauf abzielt, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen und unter Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 ausmacht; 176

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Anl. zu § 98 Nr. 4 4. Verkehr: Die Bereitstellung und der Betrieb von Flughäfen zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im Luftverkehr durch Flughafenunternehmen, die insbesondere eine Genehmigung nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 2008 (BGBl. I S. 1229) erhalten haben oder einer solchen bedürfen; die Bereitstellung und der Betrieb von Häfen oder anderen Verkehrsendeinrichtungen zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im See- oder Binnenschiffsverkehr; das Erbringen von Verkehrsleistungen, die Bereitstellung oder das Betreiben von Infrastruktureinrichtungen zur Versorgung der Allgemeinheit im Eisenbahn-, Straßenbahn- oder sonstigen Schienenverkehr, mit Seilbahnen sowie mit automatischen Systemen, im öffentlichen Personenverkehr im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes auch mit Kraftomnibussen und Oberleitungsbussen. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . 1 II. Trinkwasserversorgung (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. Bereitstellen, Betreiben und Versorgen von Trinkwasserversorgungsnetzen . . . . . . . . 3 2. Tätigkeit im Zusammenhang mit der Ableitung und Klärung von Abwässern, Wasserbauvorhaben sowie Be- und Entwässerungsvorhaben . . . . . . . . . . . 8 3. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . 12

III. Elektrizitäts- und Gasversorgung (Nr. 2) . . . . . 1. Bereitstellen, Betreiben und Versorgen von Strom- und Gasnetzen . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . IV. Wärmeversorgung (Nr. 3) . . . V. Verkehr (Nr. 4) . . . . . . . . . . 1. Bereitstellung und Betrieb von Flughäfen . . . . . . . . . . 2. Häfen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Landverkehr . . . . . . . . . . .

14 14 16 20 22 22 25 26

I. Einführung In der Anlage zu § 98 Nr. 4 sind die Tätigkeiten in den Sektoren Trink- 1 wasserversorgung, Energieversorgung – untergliedert in die Bereiche Elektrizitäts- und Gasversorgung einerseits und Wärmeversorgung andererseits – und Verkehr definiert. Diese Definitionen der Sektorentätigkeiten sind für die Bestimmung insbesondere der öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB und des Anwendungsbereichs der SektVO nach deren § 1 Satz 2 relevant. Auch an anderer Stelle, namentlich in §§ 99 Abs. 8, 100 Abs. 2 lit. f), q) und s) GWB, wird im GWB auf die Tätigkeiten in den Sektoren bzw. in bestimmten Sektoren Bezug genommen. Diehr

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Anl. zu § 98 Nr. 4 2 Dem Anhang liegen die Definitionen der Art. 3 ff. der Richtlinie 2004/17/ EG zugrunde. Er wurde mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz in das GWB eingefügt. Bis dahin waren die Definitionen der Sektorentätigkeiten in §§ 8, 9 Abs. 1 VgV enthalten. II. Trinkwasserversorgung (Nr. 1) 1. Bereitstellen, Betreiben und Versorgen von Trinkwasserversorgungsnetzen 3 Nach dem ersten Teilsatz der Nummer 1 umfasst die Trinkwasserversorgung das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport oder der Verteilung von Trinkwasser sowie die Versorgung dieser Netze mit Trinkwasser. 4 Unter festen Netzen sind Medien zu verstehen, die mit dem Erdboden fest verbunden sind. Hierzu zählen Leitungen unterhalb und oberhalb der Erdoberfläche1. Leitungen, die lediglich vorübergehend für einen bestimmten Zweck errichtet und nach Zweckerfüllung wieder beseitigt werden sollen, zählen nicht zu den festen Netzen. 5 Die Netze müssen weiterhin der Versorgung der Allgemeinheit dienen. Beabsichtigt ein Auftraggeber lediglich die Versorgung eines bestimmten Gebäudes oder eines Unternehmens, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, greift Nummer 1 nicht ein. 6 Die Begriffe des Bereitstellens und Betreibens sind weit zu verstehen2. Bereitstellen meint die Errichtung, die Unterhaltung und die Instandsetzung der Versorgungsnetze. Die bloße Innehabung des Eigentums an einem Netz, etwa als Leasinggeber, stellt kein Bereitstellen dar3. Unter den Begriff des Betreibens fällt die eigentliche Versorgungsleistung. 7 Die Netze müssen schließlich im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport oder der Verteilung des Trinkwassers oder mit der Versorgung der Netze mit Trinkwasser genutzt werden.

1 Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 74. 2 EuGH v. 16.6.2005 – verb. Rs. C-462 u. 463/03 (Strabag und Kostmann), Slg. 2005, I-5397, Rz. 34 ff.; Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 14. 3 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 278.

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Anl. zu § 98 Nr. 4 2. Tätigkeit im Zusammenhang mit der Ableitung und Klärung von Abwässern, Wasserbauvorhaben sowie Be- und Entwässerungsvorhaben Nach dem zweiten Teilsatz der Nummer 1 zählen die im ersten Teilsatz 8 genannten Tätigkeiten auch dann zum Bereich der Trinkwasserversorgung, wenn sie mit der Ableitung oder der Klärung von Abwässern, mit Wasserbauvorhaben oder mit Vorhaben auf dem Gebiet der Be- und Entwässerung in Zusammenhang stehen, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 % der mit dem Vorhaben oder den Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellten Gesamtwassermenge ausmacht. Die Regelung entspricht Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17/EG. Danach 9 findet die Richtlinie auch auf die Vergabe von Aufträgen und die Durchführung von Wettbewerben durch Auftraggeber Anwendung, die „eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 ausüben, wenn diese Aufträge – mit Wasserbauvorhaben sowie Bewässerungs- und Entwässerungsvorhaben im Zusammenhang stehen, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 % der mit den entsprechenden Vorhaben bzw. Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellten Gesamtwassermenge ausmacht, oder – mit der Ableitung oder Klärung von Abwässern im Zusammenhang stehen.“ Die Ableitung und Klärung von Abwässern stellt danach eine Sektoren- 10 tätigkeit dar, wenn sie im Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeit nach Teilsatz 1 steht. Die Ableitung und Klärung von Abwässern, die nicht im Zusammenhang mit der Bereitstellung und dem Betrieb von Trinkwasserversorgungsnetzen bzw. der Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze steht, wird somit von Nummer 1 nicht erfasst. Ebenfalls nur im Zusammenhang mit einer Tätigkeit nach Teilsatz 1 er- 11 fasst sind Wasserbauvorhaben sowie Vorhaben auf dem Gebiet der Be- und Entwässerung. Dies allerdings nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 % der mit dem Wasserbauvorhaben bzw. den Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellten Gesamtwassermenge ausmacht. 3. Ausnahmen Nach dem Teilsatz 3 der Nummer 1 stellen Tätigkeiten nach den Teil- 12 sätzen 1 und 2 bei Auftraggebern nach § 98 Nr. 4 keine Sektorentätigkeit Diehr

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Anl. zu § 98 Nr. 4 dar, sofern die Gewinnung von Trinkwasser für die Ausübung einer anderen Tätigkeit als der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs erforderlich ist, die Lieferung an das öffentliche Netz nur vom Eigenverbrauch des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 abhängt und unter Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 % der gesamten Trinkwassergewinnung des Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 ausmacht. Die Ausnahmevorschrift erfasst damit die Fälle, in denen die Trinkwassergewinnung anderen Zwecken als einer Sektorentätigkeit dient und lediglich die für diese anderen Zwecke nicht erforderliche Wassermenge gewissermaßen als Nebenprodukt in das öffentliche Netzt eingespeist wird1. 13 Die Regelung entspricht Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG. Bis zum Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes fand sich eine inhaltsgleiche Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 VgV a.F. III. Elektrizitäts- und Gasversorgung (Nr. 2) 1. Bereitstellen, Betreiben und Versorgen von Strom- und Gasnetzen 14 Nach Nummer 2 Teilsatz 1 zählen zu den Sektorentätigkeiten im Bereich der Energieversorgung das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Strom oder der Gewinnung von Gas sowie die Versorgung dieser Netze mit Strom oder Gas. Die Regelung beruht auf Art. 3 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2004/17/EG. Sie entspricht im Wesentlichen der Formulierung der Vorgängervorschrift in § 8 Nr. 2 VgV a.F. 15 Hinsichtlich der Begriffe „Bereitstellen“, „Betreiben“ und „feste Netze“ entspricht die Regelung der Nummer 12 (s. Rz. 3 ff.). Zur Ausfüllung des Begriffs „Strom“, der gleichbedeutend mit dem von der Richtlinie 2004/17/EG verwandten Begriff „Elektrizität“ ist, und des Begriffs „Gas“ kann auf das Begriffsverständnis des Energiewirtschaftsrechts zurückgegriffen werden3. Danach ist unter „Elektrizität“ durch Umwandlung anderer Energieträger entstehende veredelte Sekundärenergie zu verste-

1 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 98 GWB Rz. 18; Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 25; Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 2 Rz. 66. 2 Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 19; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 286. 3 Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 19.

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Anl. zu § 98 Nr. 4 hen1. Unter „Gas“ sind nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 19a EnWG Erdgas, Biogas und Flüssiggas zu fassen, sofern es der leitungsgebundenen Versorgung dient. Der Begriff „Biogas“ wiederum umfasst nach § 3 Nr. 10c EnWG Biomethan, Gas aus Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Grubengas. 2. Ausnahmen Nummer 2 Teilsatz 2 beinhaltet eine Ausnahmeregelung, die im Ansatz 16 der Regelung der Nummer 1 Teilsatz 3 entspricht. So geht es auch bei Nummer 2 Teilsatz 2 darum, Auftraggeber, die lediglich unter § 98 Nr. 4 GWB fallen, nicht schon deshalb dem Vergaberegime zu unterwerfen, weil sie lediglich überschüssige oder als Nebenprodukt angefallene Energie in öffentliche Versorgungsnetze einspeisen. Hinsichtlich der Kriterien, unter denen von einer nebensächlichen Ener- 17 gieeinspeisung in diesem Sinne auszugehen ist, ist nach Art. 3 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2004/17/EG zwischen Gas oder Wärme einerseits und Elektrizität andererseits zu unterscheiden: Die Einspeisung von Gas oder Wärme in Netze zur Versorgung gilt da- 18 nach nicht als Sektorentätigkeit, sofern sich die Erzeugung von Gas oder Wärme durch den betreffenden Auftraggeber „zwangsläufig“ aus der Ausübung einer Nicht-Sektorentätigkeit ergibt, die Einspeisung in das öffentliche Netz nur darauf abzielt, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen und die Einspeisung bei Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 20 % des Umsatzes des Auftraggebers ausmacht. Anders als nach Nummer 3 Teilsatz 2 hinsichtlich der Einspeisung von Wärme bleibt Nummer 2 Teilsatz 2 damit insofern hinter den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts zurück, als das Erfordernis der „Zwangsläufigkeit“ der Entstehung des Gases nicht ausdrücklich normiert ist. Nummer 2 Teilsatz 2 ist daher im Wege richtlinienkonformer Auslegung entsprechend zu ergänzen. Die Einspeisung von Elektrizität in Netze zur Versorgung der Allgemein- 19 heit gilt nicht als Sektorentätigkeit, wenn deren Erzeugung erfolgt, weil sie für die Ausübung einer Nicht-Sektorentätigkeit erforderlich ist, die Einspeisung in das öffentliche Netz nur von dem Eigenverbrauch des betreffenden Auftraggebers abhängt und bei Zugrundelegung des Mittels der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 % der gesamten Energieerzeugung des Auftraggebers ausmacht. 1 Theobald in Danner/Theobald, Energierecht, § 3 EnWG Rz. 99.

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Anl. zu § 98 Nr. 4 IV. Wärmeversorgung (Nr. 3) 20 Nach Nummer 3 Teilsatz 1 zählen zu den Sektorentätigkeiten im Bereich der Energieversorgung das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Wärme sowie die Versorgung dieser Netze mit Wärme. Die Regelung beruht, ebenso wie die Regelung der Nummer 2 Teilsatz 1 hinsichtlich des Bereitstellens, Betreibens und Versorgens von Gasversorgungsnetzen, auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG. Auf die dortige Kommentierung kann daher verwiesen werden. 21 Gleiches gilt hinsichtlich der Ausnahmeregelung der Nummer 3 Teilsatz 2, welche – wie die Ausnahmeregelung der Nummer 2 Teilsatz 2 hinsichtlich der Einspeisung von Gas – auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/ 17/EG beruht. V. Verkehr (Nr. 4) 1. Bereitstellung und Betrieb von Flughäfen 22 Nach Nummer 4 Unterabsatz 1 zählen zu den Sektorentätigkeiten im Bereich Verkehr die Bereitstellung und der Betrieb von Flughäfen zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im Luftverkehr durch Flughafenunternehmen, die insbesondere eine Genehmigung nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.7.2008 (BGBl. I, S. 1229) erhalten haben oder einer solchen bedürfen. Die Regelung beruht auf Art. 7 lit. b) der Richtlinie 2004/17/EG. Danach fallen unter die Richtlinie „Tätigkeiten zur Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebietes zum Zwecke … der Bereitstellung von Flughäfen, Häfen und anderen Verkehrsendeinrichtungen für Beförderungsunternehmen im Luft-, See- oder Binnenschiffsverkehr“. 23 Nummer 4 erfasst somit nur Tätigkeiten des Flughafenunternehmens im Sinne der LuftVZO. Die Tätigkeiten anderer Unternehmen, die Leistungen im Zusammenhang mit einem Flughafenbetrieb erbringen – bspw. Parkhäuser betreiben oder Wartungsleistungen für die Beförderungsunternehmen anbieten – stellen daher keine Sektorentätigkeiten nach Nummer 4 dar1. 24 Mit der Anknüpfung an die Genehmigung nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO ist zudem klargestellt, dass lediglich die Bereitstellung und der 1 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 276.

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Anl. zu § 98 Nr. 4 Betrieb von sog. Verkehrsflughäfen, nicht aber von sog. Sonderflughäfen nach § 38 Abs. 2 Nr. 2 LuftVZO unter Nummer 4 fällt1. 2. Häfen Nach Nummer 4 Unterabsatz 2 zählen zu den Sektorentätigkeiten im 25 Bereich Verkehr des Weiteren die Bereitstellung und der Betrieb von Häfen oder anderen Verkehrsendeinrichtungen zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im See- oder Binnenschiffsverkehr. Wie die Regelung der Nummer 4 Unterabsatz 1 beruht die Vorschrift auf Art. 7 lit. b) der Richtlinie 2004/17/EG. 3. Landverkehr Nach Nummer 4 Unterabsatz 3 zählen zu den Sektorentätigkeiten im 26 Bereich Verkehr schließlich das Erbringen von Verkehrsleistungen, die Bereitstellung oder das Betreiben von Infrastruktureinrichtungen zur Versorgung der Allgemeinheit im Eisenbahn-, Straßenbahn- oder sonstigen Schienenverkehr, mit Seilbahnen sowie mit automatischen Systemen, im öffentlichen Personenverkehr im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes auch mit Kraftomnibussen und Oberleitungsbussen. Der Vorschrift liegt Art. 5 der Richtlinie 2004/17/EG zugrunde. Nach 27 dessen Absatz 1 fallen unter die Richtlinie das Bereitstellen und Betreiben von „Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Schiene, automatische Systeme, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Kabel“. Weiter ist bestimmt, dass ein Netz in diesem Sinne als vorhanden gilt, „wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne.“ Ausgehend von dieser Definition wären in Deutschland lediglich Verkehrsleistungen des öffentlichen Personennahverkehrs im Sinne der Landesnahverkehrsgesetze der Bundesländer2 nicht aber Güter- oder Personenfernverkehrsleistungen erfasst. Denn Letztere werden nicht nach behördlich festgelegten Bedingungen hinsichtlich der Strecken, Transportkapazitäten und Fahrpläne erbracht. Die Formulierung der Nummer 4 Unterabsatz 3 geht für sich betrachtet 28 darüber hinaus. So ließen sich zwar noch Güterverkehrsleistungen man-

1 Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 21; Bischoff in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 85. 2 Aicher in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 2 Rz. 67.

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gels Versorgung der Allgemeinheit ausscheiden1; der Schienenpersonenfernverkehr dürfte hingegen unter den Wortlaut des Unterabsatzes 3 zu fassen sein. Dass eine solche Ausweitung der Sektorentätigkeiten über das gemeinschaftsrechtlich gebotene Maß hinaus beabsichtigt war, lässt sich allerdings nicht annehmen. Vielmehr sollen mit der Anlage nach der Begründung zum Regierungsentwurf für das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz die Sektorentätigkeiten „entsprechend der Richtlinie 2004/17/EG … aufgeführt [werden]“2. Entsprechend Art. 5 der Richtlinie 2004/17/EG fallen unter Nummer 4 Unterabsatz 3 daher nur solche Verkehrsleistungen, die nach behördlich vorgegebenen Modalitäten ausgeführt werden.

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(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, Baukonzessionen und Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen. (2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Miet- oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen. (3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen. (4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter Absatz 2 oder Absatz 3 fallen. (5) Auslobungsverfahren im Sinne dieses Teils sind nur solche Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber auf Grund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan verhelfen sollen. 1 So Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 294. 2 BT-Drucks. 16/10117, S. 26.

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(6) Eine Baukonzession ist ein Vertrag über die Durchführung eines Bauauftrags, bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einem Entgelt in dem befristeten Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. (7) Ein öffentlicher Auftrag, der sowohl den Einkauf von Waren als auch die Beschaffung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat, gilt als Dienstleistungsauftrag, wenn der Wert der Dienstleistungen den Wert der Waren übersteigt. Ein öffentlicher Auftrag, der neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, gilt als Dienstleistungsauftrag. (8) Für einen Auftrag zur Durchführung mehrerer Tätigkeiten gelten die Bestimmungen für die Tätigkeit, die den Hauptgegenstand darstellt. Ist für einen Auftrag zur Durchführung von Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung, des Verkehrs oder des Bereichs der Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz und von Tätigkeiten von Auftraggebern nach § 98 Nr. 1 bis 3 nicht feststellbar, welche Tätigkeit den Hauptgegenstand darstellt, ist der Auftrag nach den Bestimmungen zu vergeben, die für Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 gelten. Betrifft eine der Tätigkeiten, deren Durchführung der Auftrag bezweckt, sowohl eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung, des Verkehrs oder des Bereichs der Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz als auch eine Tätigkeit, die nicht in die Bereiche von Auftraggebern nach § 98 Nr. 1 bis 3 fällt, und ist nicht feststellbar, welche Tätigkeit den Hauptgegenstand darstellt, so ist der Auftrag nach denjenigen Bestimmungen zu vergeben, die für Auftraggeber mit einer Tätigkeit auf dem Gebiet der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs oder des Bundesberggesetzes gelten. I. 1. 2. II.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Öffentlicher Auftrag (§ 99 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . 1. Verträge . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragscharakter . . . . . . . b) Rechtsnatur des Vertrages (öffentlich-rechtliche Verträge) . . . . . . . . . c) Gegenseitige vertragliche Bindung . . . . . . . . . d) Beschaffungscharakter . . . . e) Eigener Beschaffungsbedarf

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f) Vertragsverlängerungen/ Optionsrechte . . . . . . . g) Interimsbeauftragungen . h) Vertragsänderungen . . . . i) Vertragsübernahme . . . . j) Rahmenvereinbarungen . 2. Entgelt . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragspartner (öffentliche Auftraggeber/Unternehmen) a) Funktionaler Unternehmensbegriff . . . . . . . b) Organisationseinheiten der öffentlichen Hand auf Auftragnehmerseite . . . .

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4. III. IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. V. 1. 2. VI. VII. 1. 2.

3. VIII. IX. X. XI. 1.

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c) Interkommunale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . 40 d) Rekommunalisierung/Rückverlagerung von öffentlichrechtlichen Kompetenzen . 48 e) In-house-Vergabe . . . . . . . 50 aa) Kontrollkriterium . . . . 52 bb) Tätigkeitskriterium . . . 61 cc) Bekanntmachungspflicht . . . . . . . . . . . . 63 Schriftform . . . . . . . . . . . . . 64 Lieferaufträge (§ 99 Abs. 2) . . . 66 Bauaufträge (§ 99 Abs. 3) . . . . 73 Die drei Alternativen des § 99 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Gemeinsame Voraussetzungen der drei Alternativen des § 99 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Bauvorhaben (§ 99 Abs. 3, 1. Alt.) . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Bauwerk (§ 99 Abs. 3, 2. Alt.) . 89 Bauleistungen durch Dritte (§ 99 Abs. 3, 3. Alt.) . . . 97 Baukonzessionen . . . . . . . . . 109 Dienstleistungsaufträge (§ 99 Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . 110 Definition . . . . . . . . . . . . . . 110 Dienstleistungskonzession . . . 114 Auslobungsverfahren (§ 99 Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . 125 Baukonzessionen (§ 99 Abs. 6) 129 Definition . . . . . . . . . . . . . . 130 Voraussetzungen . . . . . . . . . 131 a) Übertragung des Nutzungsrechts/Nutzungsrisikos . . . 132 b) Befristung des Nutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . 133 Einordnung der Baukonzession als öffentlicher Auftrag . . . . . 136 Abgrenzung zwischen den Auftragsarten . . . . . . . . . . . 137 Gemischte Verträge (§ 99 Abs. 7) . . . . . . . . . . . . . 138 Aufträge zur Durchführung mehrerer Tätigkeiten (§ 99 Abs. 8) . . . . . . . . . . . . . 145 Einzelprobleme . . . . . . . . . . 148 Privatisierung . . . . . . . . . . . 148

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2. Städtebauliche Verträge . . . . a) Reine Grundstücksverträge . . . . . . . . . . . . . b) Grundstücksbezogene Verträge unter Begründung städtebaulicher Pflichten . aa) Historische Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . bb) Aktueller Stand der Rechtsprechung . . . . c) Unentgeltliche Begründung städtebaulicher Pflichten ohne grundstücksbezogenen Vertrag . d) Erschließungsverträge . . . e) Verträge im Zusammenhang mit Business Improvement Districts (BIDs) . . . . . . . . . . . . . . f) Ausschließlichkeitsrechte 3. Sozialrechtliche Verträge . . . a) Leistungsvereinbarungen gemäß §§ 75 ff. SGB XII . . b) Verträge im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gemäß §§ 78a ff. SGB VIII . c) Verträge gemäß SGB II und SGB III . . . . . . . . . . . . . d) Verträge im SGB V . . . . . aa) Arzneimittelrabattverträge . . . . . . . . . . bb) Hilfsmitttelversorgungsverträge . . . . . . cc) Verträge zur integrierten Versorgung . . . . . dd) Verträge über die hausarztzentrierte Versorgung . . . . . . . . . . . . ee) Verträge über die ambulante ärztliche Versorgung . . . . . . . . . . . . ff) Verträge mit Vereinbarungsanspruch geeigneter Leistungserbringer . . . . . . . . . . . . . e) Nicht-prioritäre Dienstleistungen . . . . . . . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 99 definiert den sachlichen Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB1. 1 Die Vorschrift enthält eine Übersicht und einheitliche Abgrenzung der einzelnen Auftragsarten untereinander. Der Auftragsbegriff ist dabei autonom nach dem Zweck des europäischen Vergaberechts, potentiellen Bietern den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu garantieren, die für sie von Interesse sind, auszulegen und daher funktional zu verstehen2. Die in § 99 Abs. 2–6 enthaltene Aufgliederung des in § 99 Abs. 1 niedergelegten Oberbegriffs „öffentlicher Auftrag“ sowie die in § 99 Abs. 7 und 8 geregelte Abgrenzung der einzelnen Beschaffungsarten hat erhebliche praktische Bedeutung, weil infolge dieser Differenzierung nach Maßgabe der Vergabeverordnung eine Zuordnung zu unterschiedlichen Verfahrensordnungen (Verdingungsordnungen) erfolgt. Die Unterscheidung und Abgrenzung der einzelnen Beschaffungsarten ist insbesondere mit Blick auf die erheblich voneinander abweichenden Schwellenwerte sowie bestehende Ausnahmevorschriften von Bedeutung3. 2. Entstehungsgeschichte § 99 geht zurück auf die Neuregelung des deutschen Vergaberechts durch 2 das Vergaberechtsänderungsgesetz vom 26.8.19984. Bis dahin gab es – abgesehen vom europäischen Gemeinschaftsrecht – keine gesetzliche Definition des Begriffs des öffentlichen Auftrags. Die seinerzeit in § 99 Abs. 2–5 getroffene thematische Unterteilung sowie die verwendeten Begriffsbestimmungen entsprechen weitgehend und zum großen Teil sogar wörtlich den Vorgaben der EU-Vergaberichtlinien5. Durch das sog.

1 Zur Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs vgl. § 100. 2 EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, Slg. I-00385, NZBau 2007, 185 (188), Rz. 40 – Stadt Roanne; OLG Karlsruhe v. 12.11.2008 – 15 Verg 4/08, VergabeR 2009, 200 (202). 3 Ähnlich Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 5. 4 BGBl. I, S. 2512 ff. 5 Vgl. BT-Drucks. 13/9340, S. 15 und BR-Drucks. 646/97, S. 24; Art. 1 lit. a) Richtlinie 92/50/EWG (DKR), Richtlinie 93/39/EWG (LKR) und Richtlinie 93/37/EWG (BKR) sowie Art. 1 Nr. 4 Richtlinie 93/38/EWG (SKR alt) nunmehr aufgegangen in Art. 1 Abs. 2 und 3 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (VKR) und Art. 1 Abs. 2 und 3 der (neuen) Sektorenrichtlinie 2004/17/EG (SKR).

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ÖPP-Beschleunigungsgesetz vom 1.9.20051 wurde § 99 um einen 6. Absatz ergänzt. Diese aktuell und wortgleich in § 99 Abs. 7 enthaltene Bestimmung setzt Art. 1 Abs. 2 lit. d) VKR um. 3 Durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20092 wurden der Gesetzestext in § 99 Abs. 1, 3 und 4 neu gefasst und die Absätze 6 und 8 ergänzt. Der bisherige § 99 Abs. 6 wurde dadurch zu § 99 Abs. 7. In § 99 Abs. 1 und 4 wurden die Definitionen des öffentlichen Auftrags bzw. Dienstleistungsauftrags hinsichtlich des Beschaffungsmerkmals konzentriert. § 99 Abs. 3 wurde dahingehend ergänzt, dass es sich bei den ersten beiden Alternativen um Bauleistungen „für den öffentlichen Auftraggeber“ handeln muss und die Bauleistung des Dritten in der dritten Alternative dem Auftraggeber „unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen“ muss. Dem liegt die Auffassung zugrunde, dass ein nur mittelbarer Beschaffungszweck, wie er insbesondere nach der – nach Ansicht des Gesetzgebers „überinterpretierten“ – sog. „Ahlhorn“-Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (vgl. dazu unter Rz. 21) ausreichen soll, noch keinen Bauauftrag begründet. Gesetzgeberischer Wille ist es insbesondere, die kommunalen, auf eine städtebauliche Entwicklung abzielenden Grundstücksgeschäfte weitgehend vom Vergaberecht auszunehmen3. Die Gemeinschaftsrechtskonformität dieser Einschränkung war – jedenfalls bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.2010, welche den deutschen Gesetzgeber bestätigt hat4 – fraglich (vgl. dazu Rz. 76 und 101)5. Durch § 99 Abs. 6 wird die Baukonzession erstmals auch – klarstellend – in § 99 ausdrücklich genannt6. Auch insoweit stellte sich hinsichtlich des Merkmals der Befristung die Frage der Ge1 Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften v. 1.9.2005 – BGBl. I, S. 2676 ff. 2 BGBl. I, S. 790 ff. 3 Vgl. hierzu insb. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/10117, S. 14, wo es heißt: „Die Ergänzung sagt, dass die Bauleistung dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen muss. Denn ein Bauauftrag setzt einen eigenen Beschaffungsbedarf des Auftraggebers voraus, wobei allein die Verwirklichung einer von dem Planungsträger angestrebten städtebaulichen Entwicklung nicht als einzukaufende Leistung ausreicht. 4 Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (446 f.), Rz. 45–58. 5 Vgl. zum Ganzen auch Meißner, Vergabe Navigator 3/2009, 6, 7 f. 6 In der Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/10117, S. 17 heißt es dazu: „Die Definition des öffentlichen Auftrags […] wird um die Baukonzession ergänzt, denn auch Baukonzessionen sind öffentliche Aufträge. Damit wird zugleich klar, dass Dienstleistungskonzessionen – wie auch in den EG-Richtlinien

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meinschaftsrechtskonformität (vgl. Rz. 134 f.). Der deutsche Gesetzgeber wurde jedoch auch insoweit vom EuGH bestätigt1. Die Neuregelung des § 99 Abs. 8 setzt Art. 9 VKR um und soll dazu dienen, bei Aufträgen, die die Durchführung meherer Tätigkeiten zum Inhalt haben, eine Abgrenzung hinsichtlich der anzuwendenden Vergabebestimmungen vorzunehmen2. Die Entwürfe zur nicht in Kraft gesetzten GWB-Vergaberechtsnovelle 4 (2005) sowie die ersten Entwürfe des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (2009) enthielten darüber hinaus noch Vorschläge zur Konkretisierung der In-house-Rechtsprechung in § 99 Abs. 1. Die Vorschriften sind jedoch nicht Gesetz geworden3. II. Öffentlicher Auftrag (§ 99 Abs. 1) Nach der Legaldefinition des § 99 Abs. 1 sind öffentliche Aufträge ent- 5 geltliche Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, Baukonzessionen und Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen. 1. Verträge a) Vertragscharakter. Nach dem Gesetzeswortlaut muß ein Vertrag vor- 6 liegen. Ein Vertrag ist die von zwei oder mehreren Personen erklärte Willensübereinstimmung über die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges und setzt übereinstimmende Willenserklärungen der betroffenen Rechtssubjekte voraus4. Aber selbst wenn der Vertragsbegriff auf Grund seiner Verankerung im EU-Recht nicht in diesem – den §§ 145 ff. BGB entsprechenden – Sinne auszulegen sein sollte, so setzt er doch zumindest das Einvernehmen zweier Personen über die Erbringung von Leistungen voraus5. Charakteristisch für einen Vertrag ist die grundsätzliche

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2004/17/EG und 2004/18/EG nicht vom Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB erfasst sind.“ Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 70 ff., insb. 72 f. Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 15. Vgl. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 10. Zu der Gesetzgebungsgeschichte anlässlich der Vergaberechtsnovelle 2009 siehe auch die Darstellung bei Prieß/Hölzl, NZBau 2009, 159 ff. Heinrichs in Palandt, BGB, Einf v § 145 Rz. 1; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 48. OLG Düsseldorf v. 4.3.2009 – Verg 67/08, VergabeR 2009, 799 (801).

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rechtliche Gleichordnung der Vertragsparteien und der Grundsatz der Vertragsfreiheit1. 7 Dies schließt die Anwendung des Vergaberechts auf Leistungen aus, die ihren Rechtsgrund unmittelbar in Gesetzen oder Verordnungen haben, denn dann handelt es sich um einen einseitigen Hoheitsakt und es fehlt sowohl an einer Gleichordnung der Vertragsparteien als auch an der Vertragsfreiheit2. Daher ist insbesondere auch der Erlass eines Bebauungsplans, welcher als Satzung ergeht (§ 10 Abs. 1 BauGB) und dessen Inhalt nicht Gegenstand eines Vertrages oder sonstiger Abreden sein kann (§ 1 Abs. 3 BauGB), kein Vertrag, und zwar auch dann nicht, wenn er den Rahmen für einen möglicherweise abzuschließenden Erschließungsvertrag (§ 124 BauGB) setzt3. 8 Problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang der Fall der Beleihung allein durch Verwaltungsakt ohne begleitende vertragliche Regelungen. Nach überwiegendem nationalen Verständnis liegt insoweit schon mangels Vertragsschluss kein öffentlicher Auftrag vor4. Allerdings vertreten die EU-Kommission und Stimmen in der Literatur die Ansicht, dass ausnahmsweise auch einseitige (Verwaltungs-)Akte vergaberechtlich relevant sein können, wenn unter funktionaler Sichtweise das Vorgehen als Vertrag einzustufen ist. Denn handeln die Beteiligten den Verwaltungsaktinhalt vertragsähnlich aus, soll kein Grund bestehen, das Vergaberecht nicht anzuwenden. Daher sei für jeden Beschaffungsverwaltungsakt zu prüfen, ob nicht ein verdeckter Vertrag vorliege5. Entsprechendes kommt insbesondere im Rahmen von § 16 Abs. 2 Krw-/ AbfG in Betracht, wo der (Beleihungs-)Verwaltungsakt nur auf Antrag

1 Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 443. 2 Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 444; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 5. 3 OLG Düsseldorf v. 4.3.2009 – Verg 67/08, VergabeR 2009, 799 (801 f.). 4 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, DÖV 2001, 1006 f.; BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, WuW/E Verg. 481 (2001); ebenso Zeiss, DVBl. 2003, 435 (436); Endler, NZBau 2002, 125 (129); Burgi, NZBau 2002, 57 (62); Eschenbruch in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 62; vgl. auch Frenz , Handbuch Europarecht, Band 3, Beihilfe- und Vergaberecht, 636, Rz. 2077 ff.; a.A. Gabriel, LKV 2005, 285 (287); Koenig/Haratsch, NJW 2003, 2637 (2639); Wilke, ZfBR 2004, 141 (142). 5 Vgl. Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen v. 30.4. 2004 – KOM (2004) 327 endgültig, Rz. 57; Koenig/Harratsch, NJW 2003, 2637 (2639); Wilke, ZfBR 2004, 141 (142); Ruhland/Burgi, VergabeR 2005, 1 ff.

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des Privaten und mit Zustimmung der Entsorgungsträger erlassen wird. Der EuGH hat zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen1. Wird die Beleihung indes im Innenverhältnis zwischen dem Auftrag- 9 geber und dem Auftragnehmer von vertraglichen Regelungen begleitet, muss der entsprechende Vertrag grundsätzlich auch wie jeder andere Auftrag ausgeschrieben werden, wenn die Schwellenwerte nach § 100 Abs. 1 i.V.m. § 2 VgV erreicht oder überschritten sind und keine Ausnahmetatbestände nach § 100 Abs. 2 eingreifen (s. hierzu auch Vorb. zu §§ 97–101b Rz. 16). Besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit des zu beleihenden Leistungserbringers u. ä. können ohne Weiteres in den Verdingungsunterlagen Berücksichtigung finden, so dass auch in tatsächlicher Hinsicht keine Gründe ersichtlich sind, die dafür sprechen, Fälle, in denen der Auftragnehmer auf der Grundlage eines mit der öffentlichen Hand abzuschließenden Vertrages gegenüber Dritten unmittelbar hoheitlich tätig wird, generell vom Anwendungsbereich des Vergaberechts auszuschließen. Hiervon geht offensichtlich auch der BGH aus, der ausdrücklich zwischen der Beleihung durch Verwaltungsakt und dem Abschluss des Dienstleistungsvertrags unterscheidet2. In diesem Zusammenhang wird teilweise darauf hingeweisen, dass zu- 10 mindest in den Fällen der Beleihung, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt i.S.d. Art. 51, 62 AEUV (ex-Art. 45, 55 EGV) verbunden sind, eine Ausschreibungspflicht nicht bestehe3. Dem wird entgegengehalten, dass das primäre Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten zwar die Möglichkeit einräumt, diesen Bereich von den Anforderungen der Vergaberichtlinien auszunehmen, jedoch dies zumindest im deutschen Vergaberecht, 1 Vgl. jedoch EuGH v. 12.7.2001 – Rs. C-399/98, Slg. 2001, I-5409, NZBau 2001, 512 (515 f.), Rz. 71 – ordine degli architetti, wonach aber jedenfalls dann kein vergaberelevanter Vorgang vorliegt, wenn die Auftragsbedingungen nicht ausgehandelt werden können. Ähnlich Frenz , Handbuch Europarecht, Band 3, Beihilfe- und Vergaberecht, 637, Rz. 2078, nach dem Verwaltungsakte dem Vergaberecht dann nicht unterliegen, wenn (1.) eine hoheitliche Befugnisübertragung im Vordergrund steht oder wenn (2.) es sich um eine einseitige Behandlung der Adressaten in Form eines Über-/Unterordnungsverhältnisses handelt, so dass die Bedingungen nicht ausgehandelt werden und kaum Einfluss auf den Inhalt des Verwaltungsaktes besteht. 2 BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84, 87 ff.; BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, DÖV 2001, 1006 f. Soweit der BGH in letzterem Fall dennoch zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Ausschreibung nicht erforderlich war, beruht dies offenkundig nicht darauf, dass der Beschaffungsvorgang mit einer Beleihung verknüpft war, sondern allein darauf, dass der konkrete Vertrag ein sog. In-house-Geschäft war. 3 So insbesondere Dreher, NZBau 2002, 245 (256); Burgi, NZBau 2002, 57 (61).

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so wie es im 4. Teil des GWB geregelt ist, keinen Niederschlag gefunden hat. Es sei daher nicht ersichtlich, warum die Mitgliedstaaten nicht auch diesen Bereich dem Vergaberecht unterstellen, also die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen überobligatorisch erfüllen dürfen1. Im letztgenannten Sinne hat auch der BGH entschieden, welcher die zwischen dem OLG Düsseldorf und dem OLG Dresden streitige Frage, ob die Übertragung von Rettungsdienstleistungen mit Blick auf die dabei zu übertragenden Hoheitsrechte aufgrund von Art. 51 AEUV (ex-Art. 45 EGV) nicht dem Vergaberecht unterfallen2, mit der Begründung als nicht streitentscheidend hat dahinstehen lassen, dass Art. 51 AEUV (ex-Art. 45 EGV) für den nationalen Gesetzgeber keinen Zwang entfalte, sondern dieser entsprechenden Dienstleistungsverkehr durch das nationale Recht gleichwohl dem Anwendungsbereich des Vergaberechts unterstellen könne, was durch die §§ 97 ff. bewirkt werde. Die Reichweite des § 99 Abs. 1 werde durch Art. 51, 62 AEUV (ex-Art. 45, 55 EGV) nicht eingeschränkt; insoweit ist allein deutsches Recht, insbesondere § 100 Abs. 2 maßgeblich3. 11 b) Rechtsnatur des Vertrages (öffentlich-rechtliche Verträge). § 99 Abs. 1 unterscheidet nicht nach der Rechtsnatur des Vertrags4 (s. hierzu auch Vorb. zu §§ 97–101b Rz. 14 f.). So steht insbesondere der Charakter eines Vertrages als öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S.v. § 54 VwVfG (des Bundes und der Länder) oder eines spezialgesetzlich geregelten öffentlich-rechtlichen Vertrags (z.B. städtebaulicher Vertrag gemäß § 11 BauGB oder eine öffentlich-rechtliche Zweckvereinbarung) der Qualifizierung als öffentlicher Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 nicht entgegen. Der Gesetzgeber hatte zwar ursprünglich beabsichtigt, öffentlich-rechtliche Verträge vom An1 Vgl. in diesem Zusammenhang etwa Reidt, ZVgR 2000, 289 (290); ähnlich Behr, VergabeR 2009, 136 (139), der im Ergebnis schon mit Blick auf die gemäß Art. 33 Abs. 4 GG für die Erfüllungsprivatisierung bestehenden Grenzen kein Bedürfnis für eine vergaberechtliche Bereichsausnahme sieht. Vgl. ferner Burgi, NZBau 2002, 57 (62), der allerdings davon ausgeht, dass der deutsche Gesetzgeber keine überobligationsmäßigen Regelungen treffen wollte und daher aufgrund gemeinschaftskonformer Auslegungen des § 99 Abs. 1 Beleihungsverträge v. Anwendungsbereich des Vergaberechts ausnimmt, ohne jedoch zu erläutern, warum trotz des eindeutigen und dem Gemeinschaftsrecht nicht widersprechenden Gesetzeswortlauts überhaupt die Notwendigkeit zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung bestehen soll. 2 In diesem Sinne OLG Düsseldorf v. 5.4.2006 – Verg 7/06, VergabeR 2006, 787 (789 f.); a.A. OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08, VergabeR 2008, 809 (816). 3 BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, VergabeR 2009, 156 ff., mit Anm. Berger/Tönnemann, VergabeR 2009, 129 ff. 4 BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, VergabeR 2009, 156 ff.

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wendungsbereich des Vergaberechts auszunehmen1. Dem sind Literatur und Rechtsprechung teilweise gefolgt2. Nach heute allgemeiner Ansicht ist die Rechtsnatur des Vertrags allerdings ohne Bedeutung, zumal die Unterscheidung in „privatrechtliche“ und „öffentlich-rechtliche“ Verträge in anderen EU-Mitgliedstaaten ohnehin unbekannt ist3. Vielmehr ist allein auf eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung abzustellen: Fließt für eine Tätigkeit ein Entgelt, ist grundsätzlich von einem „entgeltlichen Vertrag“ i.S.d. § 99 Abs. 1 auszugehen4. Der EuGH hat insoweit bereits im Jahr 2001 entschieden, dass Erschließungsverträge, die dem öffentlichen Recht unterliegen und die Ausübung hoheitlicher Gewalt einschließen, der Baukoordinierungsrichtlinie unterfallen, wenn es sich um entgeltliche Bauverträge handelt5. In diesem Zusammenhang geht der EuGH unter Bezugnahme auf die rechtliche Ausgestaltung in den jeweiligen Mitgliedstaaten völlig selbstverständlich davon aus, dass auch auf einen verwaltungsrechtlichen Vertrag, der als solcher dem öffentlichen Recht unterliegt, das Vergaberecht anwendbar ist. Diese Begründung ist ohne Weiteres auf sämtliche öffentlich-rechtlichen Verträge übertragbar, sofern der betreffende Vertrag die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen gegen Entgelt zum Gegenstand hat. In Konsequenz dieser EuGH-Rechtsprechung ist der Begriff des Vertrages in § 99 Abs. 1 dahin auszulegen, dass er grundsätzlich sowohl privatrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Verträge umfasst6. 1 Vgl. BT-Drucks. 13/9340, S. 15. 2 So beispielsweise OLG Celle v. 24.11.1999 – 13 Verg 7/99, NZBau 2000, 299 (300); Dreher, DB 1998, 2579 (2587); ausdrücklich offen gelassen in BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, BGHZ 148, 55, 65. Vgl. zum Ganzen m.w.N. Burgi, NZBau 2002, 57 ff.; Althaus, NZBau 2000, 277 ff.; Würfel/Butt, NVwZ 2003, 153 (155 f.). 3 M.w.N. OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (532); Althaus, NZBau 2000, 277 (279). 4 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, WuW/E Verg 481; BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, VergabeR 2009, 156 (158); Zeiss, DVBl. 2003, 435 (436). 5 EuGH v. 12.7.2001 – Rs. C-399/98, Slg. I-05409, NZBau 2001, 512 (516), Rz. 76 ff. 6 BayObLG v. 28.5.2003 – Verg 7/03, NZBau 2005, 238; OLG Frankfurt/Main v. 7.9. 2004 – 11 Verg 11/04 und 12/04, NZBau 2004, 692 (694 f.); OLG Dresden v. 4.7. 2008 – WVerg 3/08, VergabeR 2008, 809 (812); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (140); OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (532); OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652; OLG Naumburg v. 15.7.2008 – 1 Verg 5/08, VergabeR 2008, 821 (822); OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); VG Frankfurt/Oder v. 20.2.2009 – 4 L 186/08; VK Brandenburg v. 24.9.2004 – VK 47/04; VK Mecklenburg-Vorpommern v. 7.1.2008 – 2 VK 5/07; VK Münster v. 28.5.2004 – VK 10/04; VK Sachsen v. 29.8.2008 – 1/SVK/042-08; VK Sachsen v. 29.8.2008 – 1/SVK/041-08; VK Sachsen v. 26.3.2008 – 1/SVK/005-08.

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12 c) Gegenseitige vertragliche Bindung. Der Begriff des öffentlichen Auftrages setzt mindestens eine gegenseitige, nicht notwendigerweise wechselseitig abhängige (synallagmatische) vertragliche Bindung voraus1. Erfasst sind demnach auch solche Formen der Verknüpfung durch die Vereinbarung einer Bedingung oder durch die Abrede, dass die eine Leistung den Rechtsgrund für die andere darstellt2. Im Falle einer synallagmatischen Verknüpfung erstreckt sich das Gegenseitigkeitsverhältnis auf alle Hauptleistungspflichten und grundsätzlich nicht auf Nebenleistungs- oder Schutzpflichten3. 13 Demnach erfüllen Andienungsverfahren, auch wenn sie aus Bietersicht die einzige Möglichkeit darstellen, um überhaupt in Vertragsverhandlungen mit einem öffentlichen Auftraggeber treten zu können, nicht die Voraussetzungen eines wettbewerblich ausgerichteten Vergabeverfahrens und eines Vertrages. Entsprechende, auf Wunsch von Bietern geführte Gespräche, zu denen der Nachfrager ohne eine entsprechende Bedarfsmeldungen auch keinen Anlass gegeben hat, lassen keine vertragliche Bindung und mithin kein konkretes Vergabeverfahren i.S.v. § 104 Abs. 2 Satz 1 entstehen4. 14 Gleiches gilt für eine Markterkundung oder Marktbeobachtung durch den öffentlichen Auftraggeber. Zwar sind nach Rechtsprechung des EuGH auch bereits die dem Vertragsabschluss vorausgehenden Entscheidungen eines öffentlichen Auftraggebers darüber, welchem Marktteilnehmer er einen Auftrag erteilen will, für das Vergaberecht relevant und nachprüfbar. Allerdings zählen hierzu noch nicht solche Handlungen, die eine bloße Vorstudie des Marktes darstellen oder die rein vorbereitend sind und sich – ohne konkrete Beschaffungsinitiative – im Rahmen der internen Überlegungen des öffentlichen Auftraggebers im Hinblick auf die Vergabe eines öffentlichen Auftrags abspielen5. Die Abgrenzung zu diesen Markterkundungen und -beobachtungen ist danach vorzunehmen, ob und inwieweit der öffentliche Auftraggeber einen Beschaffungsvorgang organisatorisch und planerisch bereits eingeleitet und Kontakte 1 BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 1/03, VergabeR 2003, 329 (331). 2 OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 (653); OLG Düsseldorf v. 8.9.2005 – Verg 35/04, NZBau 2005, 650 f.; a.A. VK Hessen v. 5.3.2008 – 69d VK 6/2008. 3 OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 (653); OLG Düsseldorf v. 8.9.2005 – Verg 35/04, NZBau 2005, 650 f. 4 VK Bund v. 1.2.2001 – VK 2-44/00, VergabeR 2001, 147 ff., mit Anm. Stolz. 5 So EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (113 f.) – Stadt Halle; s.a. OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, NZBau 2001, 696 (699); OLG Jena v. 22.11.2000 – 6 Verg 8/00, VergabeR 2001, 52 (54).

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zu potentiellen Anbietern mit dem Ziel aufgenommen hat, das Beschaffungsvorhaben mit einer verbindlich rechtsgeschäftlichen Einigung abzuschließen1. d) Beschaffungscharakter. Der Wortlaut des § 99 Abs. 1 unterscheidet 15 auch in der novellierten Fassung nicht mit hinreichender Klarheit danach, ob der öffentliche Auftraggeber als Lieferant/Leistender oder als Lieferungs-/Leistungsempfänger auftritt. Allerdings spricht § 97 Abs. 1 lediglich von der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber. Zumindest hieraus ist ersichtlich, dass der öffentliche Auftraggeber als Vertragspartner des Lieferanten/Leistenden handeln muss. Um einen öffentlichen Auftrag handelt es sich demnach nur dann, wenn ein Beschaffungsvorgang der öffentlichen Hand vorliegt, bei dem der öffentliche Auftraggeber auf Seiten der Güternachfrage am Markt auftritt2. Auf die formale Bezeichnung der Vertragspartner als Auftraggeber und Auftragnehmer kommt es dabei nicht an3. Ein solcher Beschaffungsbezug liegt grundsätzlich nicht vor bei der Ver- 16 äußerung von Verwaltungsvermögen, z.B. dem Verkauf von Grundstücken, Dientsfahrzeugen o. Ä.4. Etwas anders kann jedoch gelten, wenn die Veräußerung oder Überlassung Element eines einheitlichen Vorgangs ist, der einen beschaffungsrechtlichen Bezug hat5. Denn nach Auffassung des BGH schließt § 99 Veräußerungsgeschäfte der öffentlichen Hand nicht von der Anwendung des Kartellvergaberechts aus. Zwar kann ein Veräußerungsgeschäft lediglich als solches die Anwendbarkeit dieser Vorschriften nicht begründen. Ist es hingegen Mittel zur Beschaffung einer Leistung, ist der kaufrechtliche Aspekt des öffentlichen Auftrags ohne Bedeutung. Dies entspricht auch dem Zweck der §§ 97 ff. Denn auf diese Weise wird eine vollständige Erfassung aller Beschaffungsvorgänge erreicht, die für den öffentlichen Auftraggeber mit geldwertem Aufwand verbunden sind6. Dabei ist es insbesondere auch nicht erforderlich, dass 1 OLG Düsseldorf v. 22.5.2002 – Verg 6/02, NZBau 2002, 583 (584); Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 54. 2 OLG Düsseldorf v. 28.4.2004 – Verg 2/04, NZBau 2004, 400 (401 f.); BayObLG v. 4.2.2002 – Verg 1/02, VergabeR 2002, 305 (306); BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 1/03, VergabeR 2003, 329 (331); Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 11, Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 11. 3 VK Berlin v. 9.2.2009 – VK-B 1-28/08. 4 VK Brandenburg v. 15.2.2008 – VK 2/08; VK Bund v. 24.7.2007 – VK 2-69/07. 5 Vgl. OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (531); BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 1/03, VergabeR 2003, 329 (331). 6 BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, BGHZ 162, 116, 130; s.a. VK Brandenburg v. 15.2. 2008 – VK 2/08.

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das Beschaffungselement den Schwerpunkt des Vorgangs bildet. Vielmehr genügt es, wenn der beschaffungsrechtliche Aspekt nicht von völlig untergeordneter Bedeutung ist1. 17 Keinen Beschaffungsvorgang stellen grundsätzlich auch der Abschluss von Gesellschaftsverträgen sowie die bloße Veräußerung von Gesellschaftsanteilen dar2. Denn der bloße Eintritt in ein zum Teil von einem öffentlichen Auftraggeber gehaltenes Unternehmen stellt für sich noch keine Leistungserbringung für Letzteren dar. Überdies vermittelt der Anteilserwerb auch noch keinen konkreten entgeltlichen Gegenwert, sondern lediglich eine künftige Gewinnchance3. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Beteiligung eines Privatunternehmens4 an einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen einen Bezug zur Beschaffung von Leistungen durch einen an diesem Unternehmen beteiligten öffentlichen Auftraggeber aufweist. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich die Beteiligung nicht nur in einer Kapitaleinlage des künftigen privaten Gesellschafters erschöpft, sondern zugleich mit einer Vergabe von Liefer-, Dienst- und/oder Bauleistungen an diesen einhergeht5 (vgl. zu den unterschiedlichen Formen einer ausschreibungspflichtigen Privatisierung auch Rz. 148 ff.). 18 Als problematisch erweisen sich in diesem Zusammenhang auch die sozialrechtlichen Verträge beispielsweise im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gemäß §§ 78a ff. SGB VIII, der sozialhilferechtlichen Leistungsvereinbarungen gemäß §§ 75 ff. SGB XII, der Arzneimittelrabattverträge gemäß § 130a Abs. 8 SGB V, der Hilfsmittelversorgungsverträge gemäß § 33 Abs. 6 SGB V oder der Verträge zur integrierten Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V. Denn hier erfolgt grundsätzlich keine unmittelbare Beschaffung der in Rede stehenden Dienst- oder Lieferleistungen durch den jeweiligen öffentlichen Auftraggeber. Vielmehr wird die Leistung regelmäßig im sog. sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis erbracht, 1 BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, BGHZ 162, 116, 130; VK Bund v. 24.7.2007 – VK 2-69/07. 2 OLG Brandenburg v. 3.8.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2002, 45 ff., mit Anm. Stickler; VK Sachsen v. 29.12.2004 – 1/SVK/123-04; VK Lüneburg v. 5.11.2004 – 203-VgK-48/2004; VK Lüneburg v. 26.4.2002 – 203-VgK-06/2002; VK Brandenburg v. 30.8.2004 – VK 34/04; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 40; Otting, VergabeR 2002, 11 (12); Krutisch, NZBau 2003, 650 ff. m.w.N.; Endler, NZBau 2002, 125 (132). 3 VK Brandenburg v. 30.8.2004 – VK 34/04; VK Brandenburg v. 17.9.2002 – VK 50/02. 4 Die Gründung einer gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft im Rahmen einer ÖPP stellt grundsätzlich keinen vergaberechtlichen Sachverhalt dar, vgl. VK Thüringen v. 23.2.2007 – 360-4003.20-62/2007-001-G. 5 Vgl. Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.6.3.1.2.

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und zwar direkt an den Berechtigten/Versicherten. Bei der Beurteilung, ob dennoch von einer Beschaffung des jeweils beteiligten öffentlichen Auftraggebers auszugehen ist, ist eine funktionale Betrachtungsweise zu Grunde zu legen1. Dabei ist stets das gesamte in Rede stehende Konstrukt mit all seinen Rechtsbeziehungen zu betrachten. Ergibt eine solche Gesamtbetrachtung – was die Regel ist –, dass die beim Auftragnehmer nachgefragte Leistung sich als Leistung des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem Berechtigten/Versicherten darstellt, so ist letztlich auch der öffentliche Auftraggeber als Abnehmer der Leistung anzusehen und ein Beschaffungsbezug zu bejahen2. Ausführlich zu den sozialrechtlichen Verträgen und den damit verbundenen Querschnittsproblemem Rz. 176 ff. Eine genaue und differenzierte Betrachtungsweise erfordert in diesem 19 Zusammenhang auch der Bereich der Abfallentsorgung. An einem Beschaffungsvorgang soll es im Falle des unmittelbaren Verkaufs von kommunalen PPP-Fraktionen (Papier, Pappe, Karton) (sortiert oder unsortiert) direkt an eine Papierfabrik fehlen3. Kann ein öffentlicher Auftraggeber die ihm als Entsorgungsträger gemäß §§ 15, 17 und 18 KrW-/AbfG auferlegten Aufgaben dagegen nicht allein durch den Verkauf an Dritte erfüllen, bleibt er vielmehr Entsorgungsträger. Dabei ist zu beachten, dass mit der bloßen Veräußerung des Altpapiers der Verwertungsvorgang grundsätzlich noch nicht abgeschlossen ist. Denn hierdurch ist noch nicht zwingend der Verwertungserfolg eingetreten. Vielmehr hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die ihm obliegenden Pflichten erst dann erfüllt, wenn die Verwertung des Abfalls abgeschlossen und damit die Abfalleigenschaft eines Stoffes beendet ist. Da mithin also auch die Verwertung von Abfällen Teil des Wirtschaftsgeschehens ist, schließt der bloße Umstand, dass Stoffe Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein können, deren Abfalleigenschaft nicht aus. Ob auf dem Weg zu dem Verwertungserfolg Veräußerungsgeschäfte stattfinden, ist deshalb ungeachtet des positiven Marktwertes des Altpapiers vergaberechtlich grundsätzlich 1 So für den Bereich der Arzneimittelrabattverträge, der Hilfsmittelversorgungsverträge und der Verträge zur integrierten Versorgung Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276) m.w.N.; Gabriel, NZS 2007, 344 (348); Stolz/Kraus, VergabeR 2008, 1 (7); Burgi, NZBau 2008, 480 (484). 2 Vgl. für die Arzneimittelrabattverträge, die Hilfsmittelversorgungsverträge und die Verträge zur integrierten Versorgung Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276), 78 und 280 m.w.N. Im Ergebnis ebenso für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe OLG Düsseldorf v. 22.9.2004 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 (653 f.), das die Anwendbarkeit des Vergaberechts letztlich aber aufgrund des Vorliegens einer Dienstleistungskonzession verneint. 3 VK Arnsberg v. 17.6.2004 – VK 2-06/2004.

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ohne Belang. Dies spricht dafür, dass zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten grundsätzlich kein bloßer Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB über das kommunale Altpapier geschlossen werden soll, sondern es dem Auftraggeber auch darum geht, dass der Dritte für ihn die Entsorgung des Altpapiers durch Verwertung übernimmt und somit eine Dienstleistung erbringt1. Etwas anderes soll wiederum für den Fall gelten, dass der Beschaffungsbedarf nicht originär besteht, sondern allein in einem privatwirtschaftlichen Entsorgungsvertrag mit der Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland AG (DSD AG) angelegt und mithin von Letzterer abgeleitet ist, denn in diesem Fall dient die Beschaffung nicht einer selbst gesetzten Aufgabe, sondern lediglich der Erfüllung einer gegenüber einem Dritten rechtsgeschäftlich eingegangenen Verpflichtung2. Vor dem Hintergrund, dass die Rechtsprechung zwischenzeitlich das Erfordernis der Deckung eines eigenen Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers aufgegeben hat (vgl. hierzu sogleich unter Rz. 20 f.), erscheint es allerdings fraglich, ob diese Rechtsprechung noch Gültigkeit beanspruchen kann. 20 e) Eigener Beschaffungsbedarf. Die Deckung eines eigenen Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers ist keine Tatbestandsvoraussetzung des öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99. Zwar ist die Rechtsprechung in früheren Entscheidungen davon ausgegangen, dass es im Wesen des öffentlichen Auftrags liege, dass der öffentliche Auftraggeber mit der Vergabe einem in seinem Verantwortungsbereich auftretenden eigenen Beschaffungsbedarf Rechnung trägt3. Allerdings wurde dieses Erfordernis im Anschluss an die Klarstellung des EuGH, dass die EU-Vergaberichtlinien nicht zwischen Aufträgen, die ein öffentlicher Auftraggeber vergibt, um seine im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu erfüllen, und Aufträgen, die in keinem Zusammenhang mit derartigen Aufgaben stehen, unterscheidet4, aufgegeben. Es reicht mithin aus, dass der öffentliche Auftraggeber überhaupt Aufträge vergibt, zu welchen Zwecken

1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 12.1.2004 – Verg 71/03, NZBau 2004, 343 (344); VK Sachsen v. 11.2.2005 – 1/SVK/128–04; VK Lüneburg v. 26.4.2004 – 203-VgK-10/2004; VK Thüringen v. 15.1.2004 – 360-403.20-030/03-GTH. Siehe ferner auch OLG Celle v. 5.2.2004 – 13 Verg 26/03, NZBau 2005, 51 (52); Dieckmann/Besche, AbfallR 2004, 87 ff. 2 OLG Düsseldorf v. 28.4.2004 – Verg 2/04, NZBau 2004, 400 (401); VK Südbayern v. 15.12.2003 – 120.3-3194.1-56-11/03. 3 OLG Düsseldorf v. 28.4.2004 – Verg 2/04, NZBau 2004, 400 (401); VK Südbayern v. 15.12.2003 – 120.3-3194.1-56-11/03. 4 EuGH v. 18.11.2004 – Rs. C-126/03, Slg. I-11197, VergabeR 2005, 57 (58), Rz. 18.

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auch immer1. Denn schon dann besteht das Risiko einer Wettbewerbsverzerrung infolge der Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer2. Klarstellend wird in der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang zu- 21 weilen darauf hingewiesen, dass die Nichterforderlichkeit eines eigenen Beschaffungsbedarfs keinen Verzicht auf das Element der Beschaffung durch den öffentlichen Auftraggeber als solches bedeute3. Allerdings sei der Begriff des öffentlichen Beschaffungswesens so zu verstehen, dass hierunter nicht nur solche Maßnahmen eines öffentlichen Auftraggebers fallen, die unmittelbar der Deckung seines eigenen Bedarfs dienen, sondern auch solche, mit denen er konkrete eigene Zielsetzungen bzw. mittelbare Eigeninteressen verfolgt. Das OLG Düsseldorf hat im Rahmen seiner sog. „Ahlhorn“-Rechtsprechung in Interpretation der bis dato vorliegenden Rechtsprechung des EuGH sogar die Auffassung vertreten, dass in diesem Zusammenhang bereits allgemeine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zwecksetzungen wie beispielsweise die gesicherte städtebauliche Entwicklung oder die strukturelle Aufwertung und Belebung bestimmter, der kommunalen Planungshoheit unterliegender Zonen ausreichen sollen4. Infolgedessen sei die Anwendung des Vergaberechts von der Deckung eines gegenständlichen, körperlich greifbaren Beschaffungsbedarfs für den öffentlichen Auftraggeber unabhängig. Es reiche vielmehr aus, dass der öffentliche Auftraggeber die rechtliche Befugnis erlangt, 1 OLG Karlsruhe v. 13.6.2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (538 f.); OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730); OLG Düsseldorf v. 6.2. 2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (274); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (140); OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (531); OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – Verg 50/06, NZBau 2007, 525 (529); OLG Bremen v. 13.3.2008 – Verg 5/07, VergabeR 2008, 558 (561); VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-123/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-120/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-117/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-114/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-108/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-105/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-102/07; VK Düsseldorf v. 31.10.2007 – VK-31/2007-L; VK Düsseldorf v. 2.8.2007 – VK-23/2007-B; VK Mecklenburg-Vorpommern v. 7.1. 2008 – 2 VK 5/07. 2 OLG Karlsruhe v. 13.6.2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (538); Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C-220/05, Slg. I-00385, Rz. 43 – Stadt Roanne. 3 So insb. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730). 4 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730 f.); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (140 f.); OLG Düssledorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (533). Ebenso OLG Karlsruhe v. 13.6. 2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (538 f.); OLG Bremen v. 13.3.2008 – Verg 5/07, VergabeR 2008, 558 (561).

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sicherzustellen, dass der mit der Beschaffung verfolgte öffentliche Zweck erreicht wird1 (vgl. hierzu auch Rz. 76). Dieser weiten Interpretation ist der EuGH in der Entscheidung „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.20102 jedoch nicht gefolgt. Ausgehend von der Entgeltlichkeit des öffentlichen Auftrags und dem daraus folgenden Erfordernis, dass der öffentliche Auftraggeber stets eine Gegenleistung erhalten müsse, hat der EuGH festgestellt, dass eine Gegenleistung zwar nicht immer in einer physischen Nutzung des Bauwerks durch den öffentlichen Auftraggeber bestehen müsse. Voraussetzung sei aber ein „wirtschaftliches Interesse“ des Auftraggebers an der Bauleistung. Dieses könne in der rechtlichen Sicherstellung der Verfügbarkeit des Bauwerks für öffentliche Zwecke zum Ausdruck kommen, sich aber auch in einer finanziellen Beteiligung oder einer Risikoübernahme durch den Auftraggeber manifestieren. Die bloße Ausübung städtebaulicher Regelungszuständigkeiten im Hinblick auf die Verwirklichung eines allgemeinen Interesses genügt hierfür nach Auffassung des EuGH jedoch nicht3. 22 f) Vertragsverlängerungen/Optionsrechte. Die Verlängerung eines bestehenden, befristeten Vertrags stellt in der Regel einen öffentlichen Auftrag dar, da sie in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen dem Neuabschluss eines entsprechenden Vertrages gleichsteht4. Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Verlängerung in dem Vertrag bereits vorgesehen und als Vertragsklausel im Rahmen der Ausschreibung bekannt gemacht worden war. Entsprechendes gilt für vertraglich vorgesehene Verlängerungsoptionen5. Auch das Unterlassen einer Kündigung ist vergaberechtlich irrelevant, da hierdurch lediglich der ursprünglich auf Grund zweier Willenserklärungen zu Stande gekommene Vertrag durch

1 So m.w.N. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730), das mit dieser Entscheidung u.a. die Frage, ob ein öffentlicher Bauauftrag nach Art. 1 Abs. 2b) der Richtlinie 2004/18/EG konstitutiv voraussetzt, dass die Bauleistung in einem gegenständlich oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird und ihm unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt, dem EuGH vorgelegt hat. 2 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 ff. 3 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (446 f.), Rz. 45–58; in diesem Sinne nunmehr auch OLG Düsseldorf v. 9.6.2010 – Verg 9/10. 4 OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – Verg 13/01, NZBau 2002, 53 (54); Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 452; Marx, NZBau 2002, 311 (312). 5 OLG Celle v. 4.5.2001 – 13 Verg 5/00, VergabeR 2001, 325 (326 f.).

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die Entscheidung des Auftraggebers, keine wirksame neue Wilenserklärung zu treffen, fortgesetzt wird1. g) Interimsbeauftragungen. Häufig können Vergabeverfahren nicht zeit- 23 gerecht begonnen oder abgeschlossen werden. Dies kommt beispielsweise dann vor, wenn Nachprüfungsverfahren lange andauern bzw. das Vergabeverfahren durch die Nachprüfungsinstanzen in einen früheren Stand zurückversetzt wird. In solchen Fällen kann ein Auftraggeber dazu gezwungen sein, seinen Bedarf interimsweise zu decken. Auch solche sog. Interimsaufträge sind grundsätzlich als öffentlicher Auftrag zu qualifizieren2. Wird als Folge einer Aufhebung eines Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer bzw. den Vergabesenat eine auf eine mehrjährige Leistungserbringung angelegte Vergabe neu ausgeschrieben, so sind Verhandlungen über eine Zwischenlösung bis zum Abschluss dieses Vertrages und seiner Umsetzung mit den Unternehmen zu führen, die sich an der aufgehobenen Ausschreibung mit einem Angebot beteiligt haben, das keine oder jedenfalls keine unter Gleichheitsgesichtspunkten beachtlichen Mängel aufgewiesen hat. Ein im Ergebnis von Verhandlungen mit nur einem der Bieter geschlossener Vertrag über eine Zwischenlösung ist gemäß § 101b Abs. 1 (analog) nichtig3. Da die befristete Leistung bei Ende eines diese Frage betreffenden Nachprüfungsverfahrens oftmals bereits abgelaufen sein dürfte, kommt insoweit lediglich noch die Feststellung in Betracht, dass die nicht berücksichtigten Bieter bzw. Bewerber in ihren Rechten verletzt sind4. h) Vertragsänderungen. Die vergaberechtliche Beurteilung von Vertrags- 24 änderungen ist umstritten. Weitgehende Einigkeit besteht noch darüber, dass Änderungen, die in dem Vertrag bereits vorgesehen sind, beispielsweise in Form von Änderungsvorbehalten nach VOB/B oder VOL/B,

1 OLG Celle v. 4.5.2001 – 13 Verg 5/00, VergabeR 2001, 325 (326 f.); VK Sachsen v. 17.9.2007 – 1/SVK/058-07; VK Hamburg (FB) v. 27.4.2006 – VgK FB 2/06; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 101; Kulartz/ Duikers, VergabeR 2008, 728 (737 f.). A.A. unter den Gegebenheiten des konkret zu entscheidenden Falls VK Baden-Württemberg v. 16.11.2004 – 1 VK 69/04. 2 Vgl. OLG Hamburg v. 8.7.2008 – 1 Verg 1/08, VergabeR 2009, 97 (98); OLG Dresden v. 25.1.2008 – WVerg 10/07, VergabeR 2008, 567 (570); OLG Brandenburg v. 6.10.2006 – Verg W 6/06, NZBau 2007, 329 (332); VK Arnsberg v. 25.8.2008 – VK 14/08; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 58. 3 Vgl. OLG Hamburg v. 8.7.2008 – 1 Verg 1/08, VergabeR 2009, 97 (98); OLG Dresden v. 25.1.2008 – WVerg 10/07, VergabeR 2008, 567 (570). 4 Vgl. OLG Hamburg v. 8.7.2008 – 1 Verg 1/08, VergabeR 2009, 97 (98).

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grundsätzlich nicht ausschreibungspflichtig sind1. Das Gleiche gilt, wenn sich die Vertragsänderung im konkreten Fall als Folge der Anwendung des Zivilrechts darstellt. Dies gilt insbesondere für die Vertragsanpassungen nach § 313 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage. 25 Ist hingegen die Vertragsänderung weder auf vertraglicher noch auf gesetzlicher Grundlage vorgesehen, gehen die Ansichten auseinander. Das OLG Celle vertritt die Ansicht, dass unwesentliche Inhaltsänderungen oder Anpassungen allein nicht ausreichen, um die Anwendbarkeit des Vergaberechts zu begründen (vgl. § 2 VOL/B)2. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf unterliegen Änderungen bestehender Verträge dem Kartellvergaberecht, wenn die die Abänderung ausmachenden Regelungen in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen bei wertender Betrachtung einer Neuvergabe gleichkommen. Dies sei anzunehmen, wenn durch die getroffene Vereinbarung der bisherige Vertragsinhalt nicht unerheblich abgeändert wird3. Das OLG Rostock hat insoweit die Grundregel aufgestellt, dass immer dann von einem neuen Auftrag und damit von dem Bedarf eines neuen Vergabeverfahrens auszugehen sei, wenn die Vertragsänderung nur durch eine beiderseitige Willenserklärung zustande kommen kann, dabei einschränkend jedoch – wie das OLG Düsseldorf – auch gefordert, dass die Änderung bei wirtschaftlich wertender Betrachtung einer Neuvergabe gleichkommt und dies für den konkreten Fall, in dem eine Preisänderung in Höhe von ca. 5 % in Rede stand, verneint4. Das LG Frankfurt/Main knüpft für die Abgrenzung der ein neues Vergabeverfahren auslösenden Vertragsänderung an deren Wettbewerbsrelevanz, d.h. deren spürbare Bedeutung für den Bieterwettbewerb, an. Das (Nicht-)Vorliegen einer solchen wird anhand einer dreistufigen Prüfung beurteilt: Auf der ersten Stufe ist anhand des Kriteriums „Erheblichkeit für die Angebotskalkulation“ zu prüfen, ob überhaupt grundsätzlich eine Wettbewerbsrelevanz vorliegt. Wird eine solche bejaht, ist auf der zweiten Stufe bei der Abgrenzung zu berücksichtigen, ob es für die Vertragsänderung einen sachlichen Grund gibt und inwieweit die Änderung eine qualitative Abweichung von dem bereits vereinbarten Vertragsinhalt darstellt. Liegt ein sachlicher Grund für die Vertragsänderung vor, so ist 1 Vgl. Kulartz/Duikers, VergabeR 2008, 728 (735 f.). 2 OLG Celle v. 4.5.2001 – 13 Verg 5/00, VergabeR 2001, 325 (326 f.). 3 OLG Düsseldorf v. 8.5.2002 – Verg 8-15/01; OLG Düsseldorf v. 14.2.2001 – Verg 13/00, NZBau 2002, 54 ff.; OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, NZBau 2001, 696 (703); OLG Düsseldorf v. 12.1.2004 – Verg 71/03, NZBau 2004, 343 (344). 4 OLG Rostock v. 5.2.2003 – 17 Verg 14/02, VergabeR 2003, 321 ff., mit Anm. Müller-Wrede.

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nach Auffassung des LG Frankfurt/Main schließlich auf der dritten Stufe zu untersuchen, welcher Anteil den geänderten Leistungen und Vertragsbestimmungen an dem gesamten Vertragsinhalt zukommt1. Soweit die Ausschreibungspflicht von Vertragsänderungen in der Literatur erörtert wird, wird im Ergebnis an die Wesentlichkeit der Änderung angeknüpft, wobei im Einzelnen unterschiedliche Ansatzpunkte zur Abgrenzung vorgeschlagen werden. So wird die Abgrenzung teilweise an der Wettbewerbsrelevanz der Änderung ausgerichtet, indem darauf abgestellt wird, ob auf Grund der Änderung der Vertragsbedingungen zu erwarten gewesen wäre, dass wesentlich andere bzw. wesentlich mehr Bieter am Vergabeverfahren teilgenommen hätten2. Nach anderen Teilen der Literatur ist von einer Wesentlichkeit der Änderung dann auszugehen, wenn die Hauptleistungspflichten des Vertragsverhältnisses maßgeblich verändert werden. Keine solche maßgebliche Änderung liege jedoch dann vor, wenn der Inhalt der Vertragsänderung bzw. -erweiterung so eng mit dem ursprünglichen Vertrag verbunden sei, dass eine selbständige Vergabe von der Sache her nicht möglich sei3. Der EuGH hat – nachdem ein Vorlagebeschluss des OLG Rostock4 nach 26 Erledigung des Rechtsstreits zurückgenommen wurde5 – erstmals mit Urteil vom 19.6.20086 zur Frage der Vertragsänderungen Stellung genommen. Danach sind vergaberechtlich irrelevante und damit ohne Weiteres zulässige Vertragsänderungen von solchen Vertragsänderungen, die dem Vergaberecht unterfallen anhand der Wesentlichkeit der Änderung und der damit einhergehenden Wettbewerbsrelevanz abzugrenzen. Im Einzelnen bildet der EuGH drei Fallgruppen, in denen Vertragsänderungen als wesentlich und damit vergaberechtlich relevant angesehen werden können: Nach der ersten Fallgruppe können solche Änderungen wesentlich sein, die Bedingungen einführen, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt hätten, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären7. Des Wei1 LG Frankfurt/Main v. 28.1.2008 – 2-4 O 201/06, NZBau 2008, 599 (604 ff.). 2 So Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 454. 3 Vgl. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 103 ff. 4 OLG Rostock v. 5.2.2003 – 17 Verg 14/02, VergabeR 2003, 321 ff., mit Anm. Müller-Wrede. 5 Vgl. von Donat, VergabeR 2008, 526 (527); Kulartz/Duikers, VergabeR 2008, 728 (730). 6 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. I-04401, VergabeR 2008, 758 ff. 7 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. I-04401, VergabeR 2008, 758 (763), Rz. 35.

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teren können – zweite Fallgruppe – Änderung wesentlich sein, wenn sie den Auftrag in großem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitern, wobei zur Begründung auf Art. 11 Abs. 3 lit. e) und f) der Richtlinie 92/50/EWG hingewiesen wird1, welche ihre Umsetzung in § 3 EG Abs. 4 lit. f) und g) VOL/A finden. Schließlich – dritte Fallgruppe – können Vertragsänderungen auch noch dann wesentlich sein, wenn sie das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändern2. Innerhalb des so definierten Rahmens sind in einer zweistufigen Prüfung in einem ersten Schritt zunächst die Kriterien herauszustellen, deren Vorliegen stets dazu führt, dass es eines neuen Vergabeverfahrens bedarf. In einem zweiten Schritt sind Grenzfälle anhand zahlreicher, einander ergänzender Kriterien zu ermitteln3. 27 i) Vertragsübernahme. Die Vertragsübernahme auf Auftragnehmerseite lässt den Vertragsinhalt unberührt und ändert nichts daran, dass der öffentliche Auftrag auch nach der Übernahme auf Grundlage des wirtschaftlichsten Angebots (§ 97 Abs. 5) durchgeführt wird. Aus diesem Grund wurde eine Vertragsübernahme bisher von der herrschenden Ansicht grundsätzlich nicht als öffentlicher Auftrag angesehen4. Gefordert wurde insoweit – einschränkend – lediglich, dass zum einen der Anlass für die Vertragsüberleitung kein willkürlicher oder missbräuchlicher, sondern durch einen sachlichen Grund motiviert war5. Zum anderen musste sichergestellt sein, dass das übernehmende Unternehmen die geforderten Eignungskriterien (§ 97 Abs. 4) erfüllt, da die Vertragsübernahme nicht dazu führen darf, dass der öffentliche Auftrag durch ein unzuverlässiges oder nicht fachkundiges Unternehmen durchgeführt wird6. Auch die Vertragsübernahme auf Auftraggeberseite lässt den Vertragsinhalt unberührt und ändert grundsätzlich nichts daran, dass der 1 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. I-04401, VergabeR 2008, 758 (763), Rz. 36. 2 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. I-04401, VergabeR 2008, 758 (763), Rz. 37. 3 Ausführlich zum Ganzen Kulartz/Duikers, VergabeR 2008, 728 (733 ff.); vgl. auch Egger, Europäisches Vergaberecht, Rz. 1294. 4 VK Bund v. 7.4.1999 – VK A-19/99, ZVgR 1999, 124 (125); OLG Frankfurt/Main v. 5.8.2003 – 11 Verg 2/02, NZBau 2003, 633 (634). Vgl. zum Ganzen m.w.N. (in Fn. 26) auch Ziekow, VergabeR 2004, 430 (433 ff.), der selbst jedoch die Vertragsübernahme als Vertragsänderung ansieht, welche im Falle der Wesentlichkeit ausschreibungspflichtig ist. 5 In diesem Sinne „anlassorientiert“ differenzierend und m.w.N. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 107 f. 6 Ähnlich Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 107 m.w.N.

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öffentliche Auftrag auch nach der Übernahme auf Grundlage des wirtschaftlichsten Angebots (§ 97 Abs. 5) durchgeführt wird. Entsprechend wurde auch für sie grundsätzlich keine Ausschreibungspflicht angenommen. Hiervon kann zukünftig jedoch nicht mehr ausgegangen werden. Denn 28 der EuGH hat in der Rechtssache „Pressetext“ die Ansicht vertreten, dass der Wechsel des Auftragnehmers grundsätzlich eine wesentliche Vertragsänderung ist, die nicht ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens möglich ist1. Etwas anderes soll allerdings dann gelten, wenn der neue Auftragnehmer eine 100 %-ige Tochtergesellschaft des alten Auftragnehmers ist, der alte Auftragnehmer gegenüber dem neuen Auftragnehmer Weisungen erteilen kann und zwischen altem und neuem Auftragnehmer ein Ergebnisabführungsvertrag besteht oder der alte Auftragnehmer aus sonstigen Gründen für die Verbindlichkeiten des neuen Auftragnehmers aus dem Vertrag haftet2. Dies gilt aber grundsätzlich nicht mehr, wenn es sich nicht nur um eine rein konzerninterne Umorganisation handelt. D.h., wird der Vertrag auf eine Gesellschaft mit neuem Gesellschafterkreis übertragen, handelt es sich um eine wesentliche Änderung. Damit stellt insbesondere die Übertragung durch dreiseitigen Vertrag grundsätzlich einen öffentlichen Auftrag i.S.v. § 99 dar. Höchstrichterlich nicht geklärt ist bislang die Frage, ob ein öffentlicher Auftrag auch dann vorliegt, wenn der neue Gesellschafterkreis nur aus dem (alten) Auftragnehmer und dem Auftraggeber besteht. Da es sich hierbei nicht nur um eine rein konzerninterne Umstrukturierung handelt, wird man eine wesentliche Änderung und damit einen öffentlichen Auftrag wohl bejahen müssen. Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang schließlich 29 auch der Fall, dass der Vertragspartner der Gleiche bleibt, aber die Gesellschafter des Vertragspartners ausgetauscht werden. Der Erwerb von Geschäftsanteilen an einem Unternehmen, das in der Vergangenheit einen öffentlichen Auftrag erhielt, durch einen Privaten kann wirtschaftlich betrachtet dazu führen, dass der neue, private Gesellschafter in den Auftrag „einsteigt“ bzw. diesen „übernimmt“. In dieser Fallkonstellation liegt 1 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. I-04401, VergabeR 2008, 758 (763), Rz. 40; bestätigt durch EuGH v. 13.4.2010 – Rs. C-91/08, wonach selbst der Wechsel eines Subunternehmers als wesentliche Änderung des ursprünglichen Vertrages ausschreibungspflichtig sein soll, wenn die Einbindung des Subunternehmers ein ausschlaggebendes Element für den Vertragsabschluss war. 2 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. I-04401, VergabeR 2008, 758 (763 f.), Rz. 40 ff.

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ein öffentlicher Auftrag vor, wenn der Anteilserwerb unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise einer Auftragsneuerteilung durch die öffentliche Hand gleichkommt (ausführlich dazu unter Rz. 155 f.). Der EuGH hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es hierbei insbesondere auch auf die Rechtsform bzw. das Wesen der jeweils in Rede stehenden juristischen Person ankommt. Handelt es sich beispielsweise um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, so folgt schon aus deren Wesen, dass sich die Besitzverhältnisse jederzeit ändern können. Hierdurch wird die Gültigkeit der Vergabe eines öffentlichen Auftrags an eine solche Gesellschaft grundsätzlich jedoch nicht in Frage gestellt1. 30 j) Rahmenvereinbarungen. Ausdrückiche Regelungen über Rahmenvereinbarungen existierten ursprünglich lediglich für Sektorenauftraggeber (§ 5b VOB/A, § 5b VOL/A, § 4 VOB/A-SKR und § 4 VOL/A-SKR). Mit der Neufassung der VOL/A 2006 sind die Regelungen über Rahmenvereinbarungen auf den klassischen Bereich ausgedehnt worden. Hierfür sind die auf Art. 32 VKR basierenden Vorgaben in § 3a Nr. 4 VOL/A 2006 (nunmehr § 4 EG VOL/A) umgesetz worden. Nach der Legaldefinition in § 4 EG Abs. 1 VOL/A (vormals § 3a Nr. 4 VOL/A 2006) sind Rahmenvereinbarungen öffentliche Verträge, die an ein oder mehrere Unternehmen vergeben werden sollen, um die Bedingungen für Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen. Umstritten ist, ob Rahmenvereinbarungen (oberhalb der Schwellenwerte) auch im Bereich der VOB/A oder VOF zulässig sind. Teile der Rechtsprechung und Literatur lehnen dies mit der Argumentation ab, dass Art. 32 i.V.m. Art. 1 Abs. 5 VKR für die Bereiche außerhalb der Sektoren regelt, dass Rahmenvereinbarungen zugelassen werden können, und zwar sowohl für den Bauals auch den Dienstleistungs- und Lieferbereich. Das deutsche Recht hat die Regelungen über Rahmenvereinbarungen aber nur im Bereich der VOL/A, nicht hingegen im Bereich von VOB/A und VOF übernommen, woraus geschlossen werden könne, dass Rahmenvereinbarungen im Bereich der VOB/A und VOF unzulässig seien2. Dieser Umkehrschluss ist jedoch keineswegs zwingend. Denn hierbei wird verkannt, dass die VOL/A und die VOB/A nicht von ein und demselben Verordnungsgeber erlassen werden, so dass nicht ohne Weiteres eine bewusste Regelungslücke unterstellt werden kann. Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht dementsprechend auch von einer versehentlichen, planwid1 EuGH v. 19.6.2008 – Rs. C-454/06, Slg. I-04401, VergabeR 2008, 758 (764), Rz. 51 f. 2 VK Sachsen v. 25.1.2008 – 1/SVK/088–07; Korthals in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 3a Rz. 109.

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rigen Regelungslücke und mithin davon aus, dass Rahmenvereinbarungen auch in den Bereichen der VOB/A und VOF bzw. sogar der VOL/A (Abschnitt 1), die keine ausdrückliche Regelung der Rahmenvereinbarung vorsehen, zulässig sind1. Bereits im Vorfeld der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG wurden Rahmenvereinbarungen überwiegend für grundsätzlich zulässig erachtet, und zwar sowohl für den Baubereich (VOB/A), den Dienstleistungsbereich (VOL/A) als auch den Bereich der freiberuflichen Leistungen (VOF)2. Hieran wird auch unter dem Rechtsregime der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG festgehalten. 2. Entgelt Ein öffentlicher Auftrag setzt nach dem Wortlaut von § 99 einen entgeltli- 31 chen Vertrag voraus. Hiermit soll klargestellt werden, dass der öffentliche Auftraggeber eine Gegenleistung i.S. einer Zuwendung erbringen muss. Ein entgeltlicher Vertrag besteht grundsätzlich aus einer vereinbarten Leistung des vertraglich gebundenen Auftragnehmers für den Auftraggeber und einer geldwerten Gegenleistung des vertraglich gebundenen öffentlichen Auftraggebers3. Der Begriff des Entgelts ist weit auszulegen. Das Entgelt muss nicht in einer Übergabe von Geldmitteln bestehen; hiervon umfasst ist vielmehr jede Art von Vergütung, die einen geldwerten Vorteil bedeutet4. Eine Gewinnerzielung ist nicht erforderlich5. Das weite Ver1 Vgl. etwa VK Bund v. 29.7.2009 – VK 2-87/09 m.w.N.; VK Bund v. 15.5.2009 – VK 3-127/09; VK Bund v. 29.4.2009 – VK 3-76/09. 2 Vgl. KG Berlin v. 15.4.12004 – 2 Verg 22/03, VergabeR 2004, 762 ff., mit Anm. Jakoby; OLG Celle v. 10.7.2003 – 14 U 263/02, BauR 2004, 885; VK Bund v. 20.4.2006 – VK 1-19/06. 3 BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84, 89; VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; VK Lüneburg v. 18.3.2004 – 203-VgK-06/2004; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 456; Weyand, IBR-onlineKommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.5.1.1. 4 BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84, 89; OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (62); OLG Düsseldorf v. 8.9.2005 – Verg 35/04, NZBau 2005, 650; OLG Düsseldorf v. 27.10.2004 – Verg 41/04, VergabeR 2005, 90 (95); OLG Düsseldorf v. 12.1.2004 – Verg 71/03, NZBau 2004, 343 (344); OLG Celle v. 5.2.2004 – 13 Verg 26/03, NZBau 2005, 51 f.; OLG Frankfurt/Main v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, NZBau 2004, 692 (694); BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 1/03, VergabeR 2003, 329 (330); Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 457; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.5.1.1. 5 OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (62); BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 1/03, VergabeR 2003, 329 (330); ähnlich OLG Frankfurt/Main v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, NZBau 2004, 692 (694), wonach die Bezeichnung in einem Vertrag als „Selbstkostenersattung“ der Einordnung als „Entgelt“ nicht

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ständnis von der Entgeltlichkeit soll die vergaberechtspflichtigen Aufträge nur von vergabefreien Gefälligkeitsverhältnissen oder außerrechtlichen Beziehungen abgrenzen1. 32 Das Entgelt kann daher insbesondere auch in dem Verzicht des öffentlichen Auftraggebers auf einen auf gesetzlicher Grundlage bestehenden Gebührenanspruch liegen2 oder in der Verpflichtung des Verlegers, ein ihm überlassenes Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten3. Gleich bedeutend ist die Überlassung von geldwerten Mobilien oder Immobilien zu einem reduzierten Preis. So wurde etwa in dem Fall, dass eine Kommune, die sich einen möglichst großen Anteil an Abfallmengen zur höheren Auslastung einer Deponieanlage sichern will und dem Unternehmen zu diesem Zweck ein Grundstück zu einem reduzierten Pachtzins überlässt, ausnahmsweise auch die als solche grundsätzlich vergaberechtsfreie Grundstücksüberlassung als den entgeltlichen Vertragscharakter begründend angesehen4. Zwischen dem OLG Celle und dem OLG Düsseldorf umstritten war in diesem Zusammenhang der Fall der Verwertung von Altpapier, in welchem der Preis, den der Auftragnehmer an den Auftraggeber zahlt, deutlich unter dem Marktwert des geldwerten Nutzens liegt, den der Auftragnehmer zieht. Das OLG Celle hat hier die Entgeltlichkeit mit dem Argument verneint, dass die Wertschöpfung zwischen den Verwertungsstufen nicht dem Ausgangsmaterial, sondern der Tätigkeit des Bearbeiters zuzurechnen sei. Ein Entgelt für die stoff-

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entgegensteht; sowie VK Düsseldorf v. 18.4.2002 – VK-5/2002-L, wonach das Entgelt auch in Zuwendungen bei nicht kostendeckenden Verkehrsdienstleistungen bestehen kann. OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (62); BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 1/03, VergabeR 2003, 329 (330). EuGH v. 12.7.2001 – Rs. C-399/98, Slg. I-05409, NZBau 2001, 512 (514), Rz. 48 f. Ähnlich VK Baden-Württemberg v. 20.6.2002 – 1 VK 27/02, die bei einem echten Erschließungsvertrag das Entgelt darin gesehen hat, dass die Gemeinde im Hinblick darauf, dass die Eigentümer als Erschließungsträger auftreten, auf eine eigene Erschließung verzichtet und damit schon das Nichtentstehen der gesetzlichen Beitragsschuld bewirkt hat. VK Bund v. 26.5.2000 – VK 2-8/00, WuW/E Verg 354. Die Entscheidung ist allerdings insoweit missverständlich, als es dort heißt, das Entgelt könne auch in der Einräumung einer Umsatzbeteiligung liegen. Würde lediglich eine Umsatzbeteiligung gewährt werden, würde entgegen der Auffassung der VK Bund jedoch eine Dienstleistungskonzession vorliegen. Die Entscheidung ist im Ergebnis gleichwohl zutreffend, da das Entgelt im zugrunde liegenden Fall in den Verpflichtungen des Verlegers zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werks zu sehen war. BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 1/03, VergabeR 2003, 329 (331); s.a. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 78.

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liche Verwertung könne allenfalls dann angenommen werden, wenn der öffentliche Auftraggeber dem Entsorgungsunternehmen über den Verkauf des Altpaiers gegen einen angemessenen Preis hinaus etwas zuwende1. Das OLG Düsseldorf ist dem mit der Begründung entgegengetreten, dass zur Feststellung der Entgeltlichkeit maßgeblich auf die Verkehrssitte abzustellen sei mit der Folge, dass wenn und soweit Leistungen zum Beruf des Auftragnehmers gehören, im Allgemeinen nicht von einer unentgeltlichen Dienst- oder Werkleistung ausgegangen werden könne2. Der BGH hat diese Streitfrage auf die Divergenzvorlage durch das OLG Düsseldorf hin i.S. Letzteren entschieden: § 99 erfordert nicht, in Fällen, in denen die von dem Unternehmen übernommene (Dienst-)Leistung in der weiteren Behandlung eines Gutes von Wert liegt und in denen der öffentliche Auftraggeber – wegen dieser Eigenschaft – eine Bezahlung durch das Unternehmen erreichen kann, Entgeltlichkeit erst dann anzunehmen, wenn feststeht, dass und gegebenenfalls inwieweit bei der Höhe des von dem Unternehmen zu zahlenden Preises die Pflicht zur Erbringung der übernommenen (Dienst-)Leistung preismindernd berücksichtigt worden ist3. Nicht entscheidend ist grundsätzlich auch, von wem der Leistende die 33 Vergütung erhält. Auch wenn er diese von Dritten einzieht, kann daher ein entgeltlicher Vertrag vorliegen, sofern nicht ausnahmsweise eine vergaberechtsfreie Konzessionsgestaltung vorliegt4 (vgl. zur Dienstleistungskonzession Rz. 114 ff.). Entsprechend hat der EuGH im Fall „Stadt Roanne“ die Entgeltlichkeit damit begründet, dass dem Auftragnehmer der Erlös aus der Veräußerung der zu errichtenden Bauwerke an Dritte zustehen sollte (und vorgesehen war, dass die Stadt sich an den Ausgaben für alle zu errichtenden baulichen Anlagen beteiligt)5. Weiter hat die Rechtsprechung den Entgeltcharakter auch für die Eröffnung der Möglichkeit, Gebühren bei Dritten einzuziehen, bejaht6. Gleiches gilt für Betriebskosten im Rahmen der Bewirtschaftung von Wohnungen7. 1 OLG Celle v. 1.7.2004 – 13 Verg 8/04, OLGR Celle 2004, 593 (594). 2 OLG Düsseldorf v. 12.1.2004 – Verg 71/03, NZBau 2004, 343 (344); OLG Düsseldorf v. 27.10.2004 – Verg 41/04, VergabeR 2005, 90 (92 f.), mit Anm. Zirbes. 3 BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, BGHZ 162, 116, 129. 4 M.w.N. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 74; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 458 ff. 5 EuGH v. 18.1.2007- Rs. C-220/05, Slg. I-00385, NZBau 2007, 185 (188), Rz. 45 – Stadt Roanne, mit Anm. Boesen, EuZW 2007, 121 ff.; zustimmend OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (532). 6 OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2005, 58 (62). 7 VK Berlin v. 26.8.2004 – VK-B 1-26/04.

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34 Diskutiert wurde die Frage der Entgeltlichkeit in jüngerer Zeit insbesondere bei den Arzneimittelrabattverträgen. An diesen erscheint zunächst problematisch, dass sie weder eine Zahlungs- noch eine Sachleistungspflicht der Krankenkasse begründen. Vielmehr wird – umgekehrt – der pharmazeutische Unternehmer verpflichtet, den Rabatt an die Krankenkasse auszuzahlen und die Arzneimittel zu liefern. Allerdings bestehen eine ganze Reihe gesetzlicher Regelungen, die den Absatz rabattierter Arzneimittel fördern und somit deren Hersteller privilegieren. Diese mit den Rabattvereinbarungen einhergehenden Privilegien wirken faktisch wie eine Absatzgarantie und stellen daher eine erhebliche geldwerte Leistung dar, so dass die Entgeltlichkeit zu bejahen ist1. Ausführlich zu den Arzneimittelrabattverträgen unter Rz. 183 ff. 3. Vertragspartner (öffentliche Auftraggeber/Unternehmen) 35 Ein öffentlicher Auftrag liegt nur dann vor, wenn auf der Nachfrageseite ein öffentlicher Auftraggeber und auf der Anbieterseite ein Unternehmen beteiligt ist. Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers wird durch § 98 definiert. Problematisch ist dagegen der Unternehmensbegriff. 36 a) Funktionaler Unternehmensbegriff. Der vergaberechtliche Begriff des Unternehmens ist nicht deckungsgleich mit dem i.S.v. § 14 BGB. Vielmehr gilt ein grundsätzlich weit auszulegender, sog. funktionaler Unternehmensbegriff. Hierunter fallen alle Rechtsträger, gleichgültig welcher Rechtsform, die sich wirtschaftlich betätigen2. Für die Unternehmenseigenschaft kommt es nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht an3. Maßgeblich ist vielmehr allein die Marktbezogenheit der Tätigkeit. D.h., dass die Betätigung auf einem Markt erfolgt, auf dem andere gewerbliche Unternehmen typischerweise ihre Leistung anzubieten pflegen und damit zu diesen ein Wettbewerbsverhältnis entsteht4. An der Marktbezogen1 Ausführlich dazu und m.w.N. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276); sowie Byok, GesR 2007, 553 (556). 2 OLG Frankfurt/Main v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, VergabeR 2005, 80 (85); OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – Verg 78/03, NZBau 2004, 398 (399); OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 127 ff.; Rudolf in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, Einführung Rz. 104. 3 BGH v. 3.7.2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150 (159). 4 BGH v. 3.7.2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150 (159); OLG Frankfurt/Main v. 7.9. 2004 – 11 Verg 11/04, VergabeR 2005, 80 (85); OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – Verg 78/03, NZBau 2004, 398 (399); OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); Rudolf in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, Einführung Rz. 104.

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heit fehlt es in der Regel nur dann, wenn ein Wettbewerb am Markt aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen schlichtweg ausgeschlossen ist, also nur bei sog. genuinen öffentlichen Aufgaben i.S. eines Verwaltungsmonopols bzw. im Falle eines sog. In-house-Geschäfts (vgl. dazu Rz. 50 ff.)1. b) Organisationseinheiten der öffentlichen Hand auf Auftragnehmer- 37 seite. In Ansehung des funktionalen Unternehmensbegriffes ist es zwischenzeitlich auch unstreitig, dass grundsätzlich auch solche Rechtsträger den Unternehmensbegriff erfüllen, die ihrerseits zwar als öffentliche Auftraggeber i.S.v. § 98 anzusehen sind, sich jedoch im konkreten Fall (gewerbsmäßig) mit der Erstellung einer marktbezogenen Leistung befassen2. Im Einzelfall können sich jedoch weitere Problemstellungen ergeben, die aus der Sonderstellung der Organisationseinheiten der öffentlichen Hand resultieren. Regelmäßig in Frage gestellt wird die Wettbewerbsteilnahme von mit 38 öffentlichen Mitteln oder Beihilfen finanzierten Unternehmen unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung der Bieter. Der EuGH hat jedoch bereits im Jahr 2000 in der Entscheidung „ARGE Gewässerschutz“ klargestellt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht bereits dadurch verletzt werde, dass ein öffentlicher Auftraggeber in einem Vergabeverfahren Einrichtungen zulässt, die entweder von ihm selbst oder von anderen öffentlichen Auftraggebern Zuwendungen gleich welcher Art erhalten, die es ihnen ermöglichen, zu Preisen anzubieten, die erheblich unter denen ihrer Mitbewerber liegen, die keine solche Zuwendungen erhalten3. Der EuGH trennt mithin klar zwischen dem Vergaberecht einerseits und dem Beihilferecht andererseits und verweist die privaten Wettbewerber darauf, sich unmittelbar gegen eine ggf. unzulässige Subventionierung zu wenden4. Dem folgt auch das OLG Düsseldorf, dass ebenfalls darauf hingewiesen hat, dass die Zulässigkeit der Beihilfegewährung al1 OLG Frankfurt v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, VergabeR 2005, 80 (85); OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); Ganske, VergabeR 2008, 15 (21). 2 EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-94/99, Slg. I-11037, VergabeR 2001, 28 (31) – ARGE Gewässerschutz; EuGH v. 12.7.2001 – Rs. C-399/98, Slg. I-05409, NZBau 2001, 512 (516), Rz. 73; OLG Frankfurt v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, VergabeR 2005, 80 (85); OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – Verg 78/03, NZBau 2004, 398 (399); OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 131. 3 EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-94/99, Slg. I-11037, VergabeR 2001, 28 ff. 4 Schabel, VergabeR 2001, 31 f.; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 135.

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lein nach den Vorschriften des EG-Vertrags (bzw. nunmehr des AEUV) zu beurteilen sei. Eine Verpflichtung der Vergabestelle, nicht notifizierte Beihilfen durch eine Erhöhung des Angebotspreises zu neutralisieren, bestehe nicht1. Insbesondere sind auch die nationalen Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A2 und § 6 Abs. 7 VOL/A3, die bestimmte Betriebe der öffentlichen Hand vom Wettbewerb ausschließen, restriktiv zu interpretieren; sie erfassen grundsätzlich weder Eigenbetriebe noch sonstige kommunale Unternehmen4. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang – worauf Eschenbruch zu Recht hinweist5 – schließlich, dass nach der Rechtsprechung des EuGH im Fall „Altmark-trans“6 eine nicht notifizierungspflichtige öffentliche Infrastrukturförderung in der Regel nur noch in Betracht kommt, wenn die Umsetzung mit förmlicher Ausschreibung erfolgt. 39 Fraglich ist zudem, ob die Bestimmungen des kommunalen Wirtschaftsrechts für die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen (z.B. § 107 GO NRW) im Rahmen eines Vergabeverfahrens zu prüfen sind. Diesbezüglich besteht noch eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Das OLG Düsseldorf hat insoweit entschieden, dass es eine gegen § 97 Abs. 1 verstoßende Wettbewerbsverfälschung darstelle, wenn ein Unternehmen der öffentlichen Hand eine wirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt, obwohl ihm dies gesetzlich verwehrt ist und hierbei durch eine öffentliche Auftragsvergabe unterstützt wird. § 107 GO NRW komme eine den Wettbewerb zwischen kommunal-wirtschaftlichen und privatwirtschaftlichen Unternehmen regelnde Funktion zu und beziehe die Interessen der privatwirtschaftlichen Unternehmen in den Schutzbereich der Norm mit ein. Ein privatwirtschaftlicher Bieter könne daher im Vergabenachprüfungsverfahren die gegen § 107 GO NRW verstoßende Berücksichtigung eines kommunalen Unternehmens rügen und dessen Ausschluss von dem Verfahren verlangen7. Auch das OVG Münster hat dem Grunde nach einen 1 2 3 4

OLG Düsseldorf v. 26.6.2002 – Verg 22/02, ZfBR 2003, 70 f. Vormals § 8 Nr. 6 VOB/A 2006. Vormals § 7 Nr. 6 VOL/A 2006. VK Lüneburg v. 14.5.2001 – 203 VgK-04a/01; VK Lüneburg v. 1.10.2003 – 203 VgK-19/03; VK Brandenburg v. 8.12.2003 – VK 75/03; VK Münster v. 4.10.2004 – VK 21/04; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 137. Vgl. ferner auch zum Ausschluss eines Jugendaufbauwerkes v. Vergabeverfahren OLG Düsseldorf v. 23.12.2003 – Verg 58/03, VergabeR 2004, 379 f. 5 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 137. 6 EuGH v. 24.7.2003 – Rs. C-280/00, Slg. I-07747, NZBau 2003, 503 ff., dazu Dörr, NZBau 2005, 617 ff. 7 OLG Düsseldorf v. 17.6.2002 – Verg 18/02, NZBau 2002, 626 f.

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sich aus den kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen ergebenden, öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch bejaht1. Dagegen hat der BGH in einer wettbewerbsrechtlichen Entscheidung festgestellt, dass den kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen jedenfalls kein drittschützender Charakter i.S.d. Wettbewerbsrechts zukomme und diese auch keine Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB seien2. Die Vergabekammern sind teilweise gleichwohl dem OLG Düsseldorf gefolgt; so beispielsweise die VK Lüneburg3 und die VK Münster4. Letztere argumentiert dabei wie folgt: In der Entscheidung des BGH gehe es lediglich darum, ob der Verstoß gegen § 107 GO NRW zu einer Sittenwidrigkeit i.S.v. § 1 UWG führt und von den Kommunen verlangt werden könne, dass sie dies unterlassen. Diese Schutzfunktion verneint der BGH. Wenn eine Gemeinde gegen § 107 GO NRW verstößt, dann sei das wettbewerblich nicht automatisch ein unlauteres Verhalten i.S.v. § 1 UWG. Denn es solle keine allgemeine Kontrolle der Lauterkeit des Marktverhaltens der Gemeinden erreicht werden. Demzufolge haben andere Unternehmer keinen Anspruch aus § 1 UWG auf Unterlassung. Wenn die Gemeinde aber in den Markt eintritt und sich konkret in einen Wettbewerb mit anderen Unternehmen begibt, dann habe § 107 GO NRW eine den Wettbewerb regelnde Funktion5. Demgegenüber wird im Schrifttum betont, dass einerseits die kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften nur den Zugang zum Wettbewerb regeln und nicht die Frage, wie dieser auszuüben ist; andererseits auch der Schutznormcharakter im Hinblick auf jeden einzelnen Wettbewerber zweifelhaft sei6. Zudem diene der Vergaberechtsschutz nicht der Durchsetzung kommunalverfassungsrechtlicher Vorgaben7. Schließlich spreche auch die Entscheidung des EuGH im Fall „ARGE Gewässerschutz“8 (vgl. Rz. 38) dafür, dass nicht jede Ungleichbehandlung von Wettbewerbern, die aus anderen 1 OVG Münster v. 12.10.2004 – 15 B 1889/04 und 15 B 1873/04, NZBau 2005, 167 ff. 2 BGH v. 25.4.2002 – I ZR 250/00, VergabeR 2002, 467 ff.; bestätigt durch BGH v. 26.9.2002 – I ZR 293/99, WM 2003, 1182 (1184 f.). A.A. wohl LG München v. 1.9. 1995 – 1 HKO 3922/99 (zu Art. 87 BayGO). 3 VK Lüneburg v. 7.10.2003 – 203 VgK 19/2003. 4 Vgl. VK Münster v. 4.10.2004 – VK 21/04. 5 VK Münster v. 4.10.2004 – VK 21/04. 6 So Potthast, NZBau 2000, 181 (182). 7 So Schmidt-Wottrich/Harms, VergabeR 2004, 691 (701); Antweiler, VergabeR 2001, 259 (269 f.). 8 EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-94/99, Slg. I-11037, VergabeR 2001, 28 ff.

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Rechtsbereichen herrührt, zu einem vergaberechtlichen Ausschluss führen müsse1. 40 c) Interkommunale Zusammenarbeit. Für Kooperationen zwischen Kommunen galt – zumindest nach der bisher herrschenden Auffassung2 –, dass diese weder generell dem Vergaberecht unterfallen noch alle in Betracht kommenden Formen von dem Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen sind, sondern vielmehr eine differenzierende Betrachtungsweise erforderlich ist3. 41 Der EuGH hat im Jahr 1999 in der Rechtssache „Teckal“ entschieden, dass die Vergaberichtlinien Anwendung finden, wenn ein öffentlicher Auftraggeber beabsichtigt, mit einer Einrichtung, die sich rechtlich von ihm unterscheidet, einen entgeltlichen Vertrag zu schließen, und zwar unabhängig davon, ob diese Einrichtung selbst ein öffentlicher Auftraggeber ist oder nicht4. In seiner Entscheidung „Kommission/Spanien“ aus dem Jahr 2005 hat der EuGH erstmalig zur Vergaberechtspflichtigkeit von Kooperationen zwischen Verwaltungsträgern Stellung genommen5. Dabei hat er zunächst seine „Teckal“-Rechtsprechung bestätigt und ergänzt, dass etwas anderes nur dann gelten könne, wenn die Gebietskörperschaft über die betreffende Person eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt und diese Person zugleich im Wesentlichen für die sie kontrollierenden Gebietskörperschaft oder Gebietskörperschaften tätig ist6 – mithin also ein sog. In-house-Geschäft vorliegt (vgl. dazu Rz. 50 ff.). Weiter hat der EuGH klargestellt, dass mitgliedstaatliche Regelungen, gleich welcher Art, die Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungsträgern pauschal und generell vom Anwendungsbereich des 1 So Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 140. In eine ähnliche Richtung weist die Entscheidung der VK Lüneburg v. 11.1.2001 – 203 VgK-19/00, die unter Anwendung von § 108 NdsGO davon ausgeht, dass eine exterritoriale Tätigkeit kommunaler Unternehmen die gesetzlichen Betätigungsgrenzen nicht in jedem Einzelfall überschreiten müsse. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Abfallentsorgung in einem Nachbarkreis nur untergeordnete Bedeutung habe. Entsprechendes soll bei der Betätigung einer Kommune auf dem Gebiet des ÖPNV gelten, vgl. VK Lüneburg v. 31.8.2005 – VgK-35/2005. 2 Ob vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH v. 9.6.2009 – Rs. C-480/06, EuZW 2009, 529 ff., ein Umdenken erforderlich ist, ist fraglich und umstritten, vgl. dazu Rz. 46 f. 3 Ebenso Bergmann/Vetter, NVwZ 2006, 497 ff. 4 EuGH v. 18.11.1999 – Rs. C-107/98, Slg. I-08121, NZBau 2000, 90 ff. 5 EuGH v. 13.1.2005 – Rs. C-84/03, Slg. I-00139, NZBau 2005, 232 ff. 6 EuGH v. 13.1.2005 – Rs. C-84/03, Slg. I-00139, NZBau 2005, 232 (233), Rz. 38.

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Vergaberechts ausnehmen, gegen die europäischen Vergaberichtlinien verstoßen1. Nahezu zeitgleich hat der EuGH in der Rechtssache „Stadt Halle“ aber auch die öffentlich-rechtliche Organisationseinheit betont und klargestellt, dass das Vergaberecht die Privatisierung öffentlicher Aufgaben nicht erzwinge. Vielmehr liege es allein in der Entscheidungsgewalt der öffentlichen Hand, ob externe Beschaffungen vorgenommen werden. Eine Vergaberelevanz trete immer nur dann auf, wenn der öffentliche Auftraggeber seine eigene interne Aufgabenorganisation verlässt, um Verträge mit Dritten abzuschließen2. Der EuGH hat dies in der Entscheidung „Coditel Brabant“ nochmals bestätigt und ergänzend festgestellt, dass eine öffentliche Stelle ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben sowohl mit ihren eigenen Mitteln als auch in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erfüllen kann, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden, die nicht zu ihren Dienststellen gehören3. Danach kann es als gesichert gelten, dass das Vergaberecht jedenfalls 42 dann nicht zur Anwendung gelangt, wenn die Aufgabenwahrnehmung durch eigene Organisationseinheiten des öffentlichen Auftraggebers statt findet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Aufgabenwahrnehmung durch rechtlich unselbständige Eigenbetriebe erfolgt. Denn bei Letzteren handelt es sich um unselbständige Verwaltungseinheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die mit dem öffentlichen Auftraggeber rechtsidentisch sind4. Fraglich ist jedoch, ob es darüber hinaus – und mit Ausnahme der sog. In-house-Konstellationen (vgl. dazu Rz. 50 ff.) – weitere Konstellationen gibt, die nicht dem Vergaberecht unterfallen. Nach der (zutreffenden) Ansicht des OLG Düsseldorf unterfällt die Grün- 43 dung eines Zweckverbandes und die satzungsgemäße Übertragung von Zuständigkeiten bzw. Aufgaben auf diesen Zweckverband regelmäßig nicht dem Begriff des öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99 und damit nicht 1 EuGH v. 13.1.2005 – Rs. C-84/03, Slg. I-00139, NZBau 2005, 232 (233), Rz. 40. A.A. Burgi, NZBau 2005, 208 ff., nach welchem jegliche Vereinbarungen über die kommunale Zusammenarbeit auf der Grundlage von Landesorganisationsgesetzen v. Vergaberecht ausgenommen sein sollen (sog. kommunalrechtliche Lösung). 2 EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (115). Vgl. auch Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 129; Müller, VergabeR 2005, 436 (439); OLG Koblenz v. 20.12.2001 – 1 Verg 4/01, VergabeR 2002, 148 (151). 3 EuGH v. 13.11.2008 – Rs. C-324/07, Slg. I-00000, Rz. 48 f. 4 Vgl. OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – Verg 78/03, NZBau 2004, 398 ff.; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 130.

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dem Vergaberechtsregime1. Das OLG Düsseldorf begründet seine Ansicht in erster Linie damit, dass die Anwendung des Vergaberechts jedenfalls dann ausgeschlossen sei, wenn öffentlich-rechtliche Kompetenzen von einem Aufgabenträger auf einen anderen verlagert werden und dies auf einer gesetzlichen Ermächtigung (hier §§ 4 ff. GkG NRW) beruhe. In diesem Fall handele es sich nämlich um einen internen Akt der Verwaltungsorganisation. Dieser ist dem Vergaberecht entzogen, da der EG-Vertrag den Mitgliedsstaaten die Hoheit über ihre interne staatliche Organisation belässt und belassen muss. Hieraus leite sich das kommunale Selbstverwaltungsrecht in Art. 28 Abs. 2 GG ab. Dies umfasse Organisationshoheit und Kooperationsautonomie. Das (beispielsweise in den §§ 4 ff. GkG NRW verankerte) Recht, Zweckverbände zu gründen, bilde eine Ausformung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Im Rahmen einer zweiten, eigenständigen Argumentation legt das OLG Düsseldorf unter Berufung auf die Urteile des EuGH in den Rechtssachen „Teckal“ und „Stadt Halle“ dar, dass die Gründung des Zweckverbandes und die Übertragung von Zuständigkeiten auf diesen überdies als sog. In-house-Geschäft anzusehen sei, und auch aus diesem Grund nicht dem Vergaberechtsregime unterworfen sei2. 44 Für den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Zweckvereinbarung wurde – zumindest bisher – zwischen der sog. delegierenden Zweckvereinbarung, bei der die Aufgabe als solche übertragen wird, und der sog. mandatierenden Zweckvereinbarung, bei der nicht die Aufgabe als solche übertragen wird, sondern nur die Pflicht zur Aufgabenerfüllung, unterschieden. Der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf folgend, wonach das Vergaberecht dann nicht eingreift, wenn sich die interkommunale Zusammenarbeit als ein rein innerstaatlicher Organisationsakt darstellt, bei dem es zu einer Aufgabenübertragung kommt, unterfällt konsequenterweise auch die delegierende Zweckvereinbarung nicht dem Vergaberecht3. Dem steht indes die Ansicht des OLG Naumburg entgegen, das die delegierende Zweckvereinbarung – in Anlehnung an Ziekow/Siegel 4 – dem Vergaberecht mit der Begründung unterstellt, dass der Anwendungsbereich des Vergaberechts schon immer dann eröffnet sei, wenn sich die Kooperationspartner auf einem Markt bewegen, auf dem auch andere gewerbliche Unternehmen ihre Leistung erbringen, es sei denn, es han1 OLG Düsseldorf v. 21.6.2006 – Verg 17/06, NZBau 2006, 662 ff.; im Ergebnis ebenso die Vorinstanz VK Köln v. 9.3.2006 – VK VOL 34/2005. 2 OLG Düsseldorf v. 21.6.2006 – Verg 17/06, NZBau 2006, 662 (666). 3 OLG Düsseldorf v. 21.6.2006 – Verg 17/06, NZBau 2006, 662 (664). 4 Ziekow/Siegel, VerwArch 2005, 119 ff.; dies., VergabeR 2005, 145 ff.

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dele sich ausnahmsweise um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben i.S. eines Verwaltungsmonopols (sog. wettbewerbsrechtliche Lösung)1. Die Auffassung des OLG Naumburg vermag jedoch bereits deshalb nicht zu überzeugen, weil sie de facto zu einer Privatisierungspflicht führt und damit bereits im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen „Stadt Halle“2 und „Coditel Brabant“3 steht (vgl. Rz. 41)4. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass eine vollständige Aufgabenübertragung – wie sie der delegierenden Zweckvereinbarung zugrunde liegt – regelmäßig ohnehin nur dann möglich ist, wenn der Übernehmende eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft ist. Hingegen scheidet ein Privater als Übernehmender aus. Schließlich steht die Ansicht des OLG Naumburg auch nicht im Einklang mit der Auffassung der EU-Kommission. Letztere hat in ihrem Beschluss vom 15.7.2005 das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland betreffend den Anschluss der Gemeinde Hinte an den Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV) mit der Begründung eingestellt, dass es sich insoweit um eine rein „interne Neuordnung öffentlicher Befugnisse“ und nicht um einen öffentlichen Auftrag handele5. Für die mandatierende Zweckvereinbarung, bei der nicht die Aufgabe als 45 solche übertragen wird, sondern nur die Pflicht zur Aufgabenerfüllung, mithin also auch kein innerstaatlicher Organisationsakt gegeben ist, und sich die Beteiligten wie Marktteilnehmer im Wettbewerb gegenüberstehen, war es in der nationalen Rechtsprechung und Literatur hingegen bisher einhellig anerkannt, dass das Vergaberecht anzuwenden ist6. Ob diese Rechtsprechung in Anbetracht der jüngsten Rechtsprechung des EuGH (dazu sogleich unter Rz. 46 f.) zukünftig noch Bestand haben kann, wird teilweise in Zweifel gezogen7.

1 OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); bestätigt durch OLG Naumburg v. 2.3.2006 – 1 Verg 1/06, VergabeR 2006, 406 (410). S. hierzu auch Bergmann/Vetter, NVwZ 2006, 497 (498 f.). 2 EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 ff. 3 EuGH v. 13.11.2008 – Rs. C-324/07, Slg. I-00000. 4 Ebenso Bergmann/Vetter, NVwZ 2006, 497 (499). 5 Vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission v. 15.7.2005 (IP/05/949); sowie Bergmann/Vetter, NVwZ 2006, 497 (500). 6 Vgl. OLG Düsseldorf v. 15.10.2003 – Verg 50/03, NZBau 2004, 58 ff.; OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); wohl auch OLG Frankfurt/ Main v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, NZBau 2004, 692 ff. Siehe auch Greb, VergabeR 2008, 409 ff. m.w.N. 7 Vgl. Portz , VergabeR 2009, 702 (703); Pielow, EuZW 2009, 531 (532).

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46 Der EuGH hat in seiner viel beachteten und grundlegenden Entscheidung vom 9.6.2009 in der Rechtssache „Stadtreinigung Hamburg“1 die vergaberechtliche Irrelevanz für einen Vertrag angenommen, mit welchem die vier an die Stadt Hamburg angrenzenden Landkreise Rotenburg (Wümme), Harburg, Soltau-Fallingbostel und Stade der Stadtreinigung Hamburg einen Auftrag über Abfallentsorgungsleistungen erteilt haben. Gegenstand des Vertrages ist nach den Feststellungen des EuGH in erster Linie die Gewährleistung der Zusammenarbeit bei der Abfallentsorgung, nicht hingegen die Regelung des Verhältnisses zwischen der Stadtreinigung Hamburg und dem Betreiber der Müllverwertungsanlage. Vertragszweck ist es, der Stadt Hamburg dadurch die Errichtung und den Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage unter den besten wirtschaftlichen Bedingungen zu ermöglichen, dass die benachbarten Landkreise ihren Abfall einbringen und so eine gewisse Mindestkapazität erreicht werden kann. Aus diesem Grund wurde auch die Errichtung der Anlage erst beschlossen und durchgeführt, nachdem sich die vier Landkreise damit einverstanden erklärt und sich dazu verpflichtet hatten, die Anlage zu nutzen. Hiermit korrespondiert der Vertragsgegenstand; die Verpflichtung der Stadtreinigung Hamburg, den vier Landkreisen jährlich die vertraglich vereinbarte Kapazität zur thermischen Verwertung bei der Müllverwertungsanlage einzuräumen. Die vier betreffenden Landkreise zahlen der Stadtreinigung Hamburg als Gegenleistung ein Jahresentgelt2. Der EuGH hat hierzu – unter ausdrücklicher Verneinung eines In-house-Geschäftes3 – und unter Bezugnahme auf die Entscheidungen in den Fällen „Teckal“, „Stadt Halle“ und „Coditel Brabant“ festgestellt: Eine öffentliche Stelle kann ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mit ihren eigenen Mitteln und auch in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erfüllen, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden, die nicht zu ihren Dienststellen gehören4. Eine Ausschreibung ist nicht erforderlich, solange sich die Kommunen bei ihrer Zusammenarbeit von ihren öffentlichen Aufgaben leiten lassen – hier vom Ziel einer ortsnahen Entsorgung des Mülls. Denn eine solche Zusammenarbeit öf1 EuGH v. 9.6.2009 – Rs. C-480/06, EuZW 2009, 529 ff., mit Anm. Pielow. Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist, dass der EuGH diese Entscheidung in der Großen Kammer getroffen hat und die gegenteiligen, d.h. eine Ausschreibungspflicht fordernden, Schlussanträge des Generalanwalts Mazák v. 19.2.2009 verworfen hat. Vgl. hierzu auch Portz , VergabeR 2009, 702; sowie Struve, EuZW 2009, 805 (808). 2 EuGH v. 9.6.2009 – Rs. C-480/06, EuZW 2009, 529 f., Rz. 31 und 38 ff. 3 EuGH v. 9.6.2009 – Rs. C-480/06, EuZW 2009, 529 (530), Rz. 36. 4 EuGH v. 9.6.2009 – Rs. C-480/06, EuZW 2009, 529 (530), Rz. 45.

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fentlicher Stellen kann das Hauptziel der Gemeinschaftsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen – einen freien Dienstleistungsverkehr und die Eröffnung eines unverfälschten Wettbewerbs in allen Mitgliedstaaten – nicht in Frage stellen. Zudem schreibt das Gemeinschaftsrecht den öffentlichen Stellen für die gemeinsame Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben keine spezielle Rechtsform vor1. In der Literatur wird die Entscheidung des EuGH zum Teil sehr unter- 47 schiedlich bewertet2. Nach Portz soll der neue und zu betonende Akzent dieser EuGH-Rechtsprechung in der Entwicklung eines vergaberechtsfreien „aliuds“ neben dem sog. In-house-Geschäft bei interkommunalen Kooperationen und damit in einer Erweiterung der vergaberechtsfreien Fallkonstellationen bestehen3. So soll insbesondere die Feststellung des EuGH, dass das Gemeinschaftsrecht den öffentlichen Stellen für die gemeinsame Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben keine spezielle Rechtsform vorschreibt, deutlich machen, dass der (neue) Ansatz des EuGH auf die in der nationalen Rechtsprechung und Literatur bisher vorgenommene Differenzierung zwischen einer vergaberechtsfreien Delegation und einer vergaberechtspflichtigen Mandatierung (vgl. Rz. 44 und 45) verzichtet und somit auch für rein öffentlich-rechtliche (horizontale) Verträge eine Vergaberechtsfreiheit anerkennt4. Gleichwohl wird man diese Rechtsprechung des EuGH – wie Portz zutreffend feststellt – nicht dahingehend verstehen können, dass künftig jedwede Vereinbarung zwischen Kommunen schon allein deswegen vergaberechtsfrei sind, weil öffentliche Stellen zusammenwirken5. Denn unter Berücksichtigung der fallspezifischen Besonderheiten6 dieser Entscheidung wird man davon ausgehen müssen, dass insbesondere einseitig erfolgende Beauftragungen einer Kommune gegenüber einer anderen Kommune mit zu erbringenden Leistungen i.S. einer Wirtschaftsteilnahme am Wettbewerbsmarkt, wie beispielsweise die Lieferung von Strom für die Verwaltungsgebäude einer 1 EuGH v. 9.6.2009 – Rs. C-480/06, EuZW 2009, 529 (530), Rz. 47. 2 Vgl. insb. Portz , VergabeR 2009, 702 ff.; Pielow, EuZW 2009, 531 ff.; sowie Struve, EuZW 2009, 805 ff. 3 Portz , VergabeR 2009, 702 (705). 4 Portz , VergabeR 2009, 702 (705) und 710; nicht ganz eindeutig insoweit Struve, EuZW 2009, 805 (807 f.). 5 Portz , VergabeR 2009, 702 (707). 6 Insoweit sind zu nennen, die Zusammenarbeit bei der Wahrnehmung einer allen beteiligten Kommunen obliegenden öffentlichen Aufgabe, die gegenseitige Verpflichtung der Beteiligten sowie Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber privaten Marktteilnehmern. Ausführlich dazu Portz , VergabeR 2009, 702 (707 ff.).

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Stadt durch das Stadtwerk einer anderen Stadt, weiterhin ausschreibungspflichtig sind1. Vor dem Hintergrund der fallspezifischen Besonderheiten, und zwar insbesondere der Beteiligung ausschließlich öffentlicher Stellen, der Erfüllung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe sowie der Kooperation i.S. einer über die bloße Entgeltzahlung hinausgehenden Beitragsleistung aller Beteiligten, fasst insbesondere Dicks die Entscheidung lediglich als Klarstellung auf, dass außerhalb des Vergaberechts das Instrument einer gebündelten Eigenleistung namentlich Kommunen immer schon zu Gebote gestanden hat, um zu einer praktikablen Aufgabenerfüllung zu gelangen2. Die Entscheidung schärft demnach also lediglich den Blick für die daran anzulegenden Voraussetzungen. 48 d) Rekommunalisierung/Rückverlagerung von öffentlich-rechtlichen Kompetenzen. Nach Ablauf eines Vertrages zur Aufgabenprivatisierung kann sich seitens des öffentlichen Auftraggebers ein Interesse ergeben, die Aufgabe künftig wieder durch eine eigene Dienststelle oder durch eine eigene Tochtergesellschaft zu erledigen. Eine solche Rückverlagerung bei der Aufgabenwahrnehmung wird als Rekommunalisierung bezeichnet. Sie stellt das spiegelbildliche Gegenstück zur funktionalen Privatisierung dar und unterliegt deshalb nicht dem Vergaberecht, wenn bei einer erstmaligen Aufgabenübertragung an die eigene Dienststelle oder die Tochtergesellschaft die Voraussetzungen eines In-house-Geschäftes vorlägen3. 49 Auch die Verlagerung oder Rückverlagerung von öffentlich-rechtlichen Kompetenzen von einer kommunalen oder staatlichen Stelle zu einer anderen, z.B. im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung, unterfällt mangels Beschaffungscharakter und damit in Ermangelung einer funktional und gewerbsmäßigen Teilnahme am Markt nicht dem Begriff des öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99, wenn die (Rück-)Verlagerung auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht4. Dies hat die VK Saarland unter Berufung auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zur Gründung eines Zweckverbandes5 (vgl. Rz. 43) entschieden und insoweit argumen1 Portz , VergabeR 2009, 702 (709). 2 So insbesondere Hausmann/Mutschler-Siebert, VergabeR 2010, 427 ff. 3 Vgl. OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – Verg 78/03, NZBau 2004, 398 (399 f.); OLG Frankfurt/Main v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, NZBau 2004, 692 ff.; OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58 (60); OLG Naumburg v. 2.3.2006 – 1 Verg 1/06, VergabeR 2006, 406 (410). 4 So VK Saarland v. 24.10.2008 – 3 VK 1/2008; VK Saarland v. 24.10.2008 – 3 VK 2/2008. 5 OLG Düsseldorf v. 21.6.2006 – Verg 17/06, NZBau 2006, 662 ff.

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tiert: Die Rückgängigmachung, d.h. die Rückverlagerung von übertragenen Aufgaben auf die kraft Selbstverwaltungshoheit originär zuständige Kommune muss rechtlich entsprechend der zugrunde liegenden (Hin-) Verlagerung (actus contrarius) eingeordnet und behandelt werden, so dass es sich hierbei ebenfalls um einen dem Vergaberecht entzogenen Akt der Verwaltungsorganisation handele. Die vom Gesetzgeber zugelassene Bildung von Zweckverbänden stellt eine Ausformung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und der Organisationshoheit der Gemeinden dar. Von dem gleichen Selbstverwaltungsrecht und der gleichen Organisationshoheit ist es auch gedeckt, wenn die Gemeinden wieder aus diesem Zweckverband ausscheiden oder einzelne Aufgaben (zurück-)übertragen erhalten, dieser Rückübertragungsakt auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht und private Dritte an dieser Übertragung nicht beteiligt sind1. e) In-house-Vergabe. Keinen öffentlichen Auftrag stellen die sog. „In- 50 house-Geschäfte“ dar2. Hintergrund ist, dass ein öffentlicher Auftrag i.S.v. § 99 stets die Teilnahme eines öffentlichen Auftraggebers am Markt voraussetzt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber seine interne Aufgabenorganisation verlässt, um Verträge mit außenstehenden Dritten abzuschließen3. Überträgt er die Erfüllung eines öffentlichen Auftrags jedoch an eine andere Landes- oder Bundesbehörde innerhalb derselben Körperschaft, eine eigene Verwaltungsabteilung oder einen Eigenbetrieb, so bleibt der öffentliche Auftraggeber in seiner eigenen Sphäre mit der Folge, dass in materieller Hinsicht kein anderer mit der Leistungserbringung beauftragt wird, sondern die Leistung von einer Stelle erbracht wird, die der öffentlichen Verwaltung bzw. dem Geschäftsbetrieb des öffentlichen Auftraggebers zuzurechnen ist (sog. In-house-Geschäft)4. Für die Fallgestaltung, dass eine Kommune einen Eigenbetrieb mit der Leistungserbringung betraut, mithin also nur 1 So VK Saarland v. 24.10.2008 – 3 VK 1/2008; VK Saarland v. 24.10.2008 – 3 VK 2/2008. 2 Vgl. zum Ganzen auch den Rechtsprechungsüberblick bei Just, EuZW 2009, 879 ff. 3 OLG Naumburg v. 8.1.2003 – 1 Verg 7/02, NZBau 2003, 224 (228); OLG Brandenburg v. 9.12.2002 – Verg W 9/02, NZBau 2003, 229 (231); OLG Koblenz v. 20.12. 2001 – 1 Verg 4/01, NZBau 2002, 346 f.; VK Hessen v. 24.3.2004 – 69d-VK-03/2004; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 449; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 9 und 19 f. 4 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, BGHZ 148, 55 (61 f.); OLG Naumburg v. 8.1.2003 – 1 Verg 7/02, NZBau 2003, 224 (228); OLG Koblenz v. 20.12.2001 – 1 Verg 4/01, NZBau 2002, 346 f.; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 440.

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eine juristische Person beteiligt ist, fehlt es auch bereits in formeller Hinsicht an einem Auftragsverhältnis, da ein Vertrag i.S.v. § 99 voraussetzt, dass zwei unterschiedliche Rechtssubjekte Partner des Vertrages sind1. 51 Problematisch ist indes die rechtliche Behandlung von Auftragsvergaben eines öffentlichen Auftraggebers an ein von ihm vollständig oder überwiegend beherrschtes Unternehmen. Der EuGH hat hierzu in seinen Grundsatzurteilen „Teckal“2 und „Stadt Halle“3 festgestellt, dass es für das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags zwar grundsätzlich genüge, dass der Vertrag zwischen einer Gebietskörperschaft und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person geschlossen wird. Dies allerdings dann nicht gelte, wenn die öffentliche Stelle4, die ein öffentlicher Auftraggeber ist, über die beauftragte Person eine (ähnliche)5 Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt (sog. Kontrollkriterium) und diese Person zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die öffentliche Stelle bzw. die öffentlichen Stellen verrichtet, die ihre Anteile innehaben (sog. Tätigkeitskriterium)6. Der BGH hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen7. Auch in diesen Fällen besteht zwar formal gesehen ein Vertrag, die Ausnahme von dem Anwendungsbereich des Vergaberechts rechtfertigt sich jedoch aus der Überlegung, dass wirtschaftlich gesehen kein Beschaffungsvorgang vorliegt, weil der öffentliche Auftraggeber die Lieferung oder Leistung nicht am Markt, sondern in der eigenen Organisation abfragt. In einer Reihe von weiteren Entscheidungen hat der EuGH sowohl das Kontroll- als auch das Tätigkeitskriterium näher konkretisiert (vgl. dazu Rz. 52 ff.). 1 BGH v. 3.7.2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150 (155 f.); VK Nordbayern v. 27.5. 2004 – 320. VK-3194–14/04; Boesen, Vergaberecht, § 100 Rz. 89. 2 EuGH v. 18.11.1999 – Rs. C-107/98, Slg. I-08121, NZBau 2000, 90 ff. 3 EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 ff. 4 Ausdrucksweise des EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (115), Rz. 49; in EuGH v. 18.11.1999 – Rs. C-107/98, Slg. I-08121, NZBau 2000, 90 (91), Rz. 50 hieß es an dieser Stelle „Gebietskörperschaft“. 5 Das Wort „ähnliche“ fehlte zwar noch in EuGH v. 18.11.1999 – Rs. C-107/98, NZBau 2000, 90 (91), Rz. 50 und wurde erst in EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (115), Rz. 49 zugefügt. Unter Berücksichtigung der Urteilsgründe im Übrigen sind in materieller Hinsicht allerdings keine Unterschiede auszumachen. 6 EuGH v. 18.11.1999 – Rs. C-107/98, Slg. I-08121, NZBau 2000, 90 (91), Rz. 50; EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (115), Rz. 49; zuletzt bestätigt durch EuGH v. 13.11.2008 – Rs. C-324/04, Slg 2005, I-9481, Rz. 26. 7 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, VergabeR 2001, 286 (289); BGH v. 3.8.2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150 ff.

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aa) Kontrollkriterium. Dem Kontrollkriterium hat der EuGH bereits im 52 Urteil „Stadt Halle“ insoweit eine klarere Kontur verliehen, als er mit Blick auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen entschieden hat, dass eine – auch nur minderheitliche – Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital der (Auftragnehmer-)Gesellschaft, an der auch der betroffene öffentliche Auftraggeber (mehrheitlich) beteiligt ist, es auf jeden Fall ausschließt, dass der öffentliche Auftraggeber über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt1. Hintergrund ist zum einen, dass die Beziehung zwischen einer öffentlichen Stelle, die ein öffentlicher Auftraggeber ist, und ihren Dienststellen durch Überlegungen und Erfordernisse bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen. Die Anlage von privatem Kapital in einem Unternehmen beruht dagegen auf Überlegungen, die mit privaten Interessen zusammenhängen, und verfolgt andersartige Ziele2. Zum anderen würde die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen ohne Ausschreibung das Ziel eines freien und unverfälschten Wettbewerbs sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung der Interessenten beeinträchtigen, insbesondere weil hierdurch einem am Kapital dieses Unternehmens beteiligten privaten Unternehmen ein Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschafft würde3. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um vertikal oder horizontal organisierte In-house-Geschäfte handelt4. In der Rechtssache „Parking Brixen“ hat der EuGH weiter einschränkend 53 festgestellt, dass auch die Alleininhaberschaft des Gesellschaftskapitals für sich genommen noch nicht ausreicht, um das Kontrollkriterium zu bejahen. Vielmehr sind bei der Beurteilung der erforderlichen Kontrolle alle Rechtsvorschriften und maßgebenden Umstände zu berücksichtigen. Diese Prüfung muss zu dem Ergebnis führen, dass die auftrags- bzw. konzessionsnehmende Einrichtung einer Kontrolle unterworfen ist, die es der auftrags- bzw. konzessionserteilenden öffentlichen Stelle ermöglicht, auf die Entscheidungen dieser Einrichtung einzuwirken. Es muss sich dabei um die Möglichkeit handeln, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen5. Diese Qualität hat der EuGH im konkreten Fall auf1 EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (115), Rz. 49. 2 EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (115), Rz. 50; sowie Ganske, Corporate Governance im öffentlichen Unternehmen, 2005, S. 27 ff. 3 EuGH v. 11.1.2005 – Rs. C-26/03, Slg. I-00001, NZBau 2005, 111 (115), Rz. 51. 4 Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.4.10.2.2; Dreher, NZBau 2004, 14 (18). 5 EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-458/03, Slg. I-08585, NZBau 2005, 644 (649), Rz. 65.

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grund einer Gesamtschau der maßgeblichen Einzelfallumstände, namentlich (1) die Rechtsnatur der auftragnehmenden Gesellschaft in Form einer AG, (2) die Ausweitung des Gesellschaftszwecks in bedeutende neue Bereiche wie den Personen- und Gütertransport sowie der Informatik und der Telekommunikation, (3) die in der Satzung der Aktiengesellschaft vorgesehene baldige Öffnung für Fremdkapital, (4) die nach der Satzung gestattete Ausweitung des geografischen Tätigkeitsbereichs auf ganz Italien und das Ausland, sowie (5) die beträchtlichen dem Verwaltungsrat übertragenen Vollmachten, die praktisch ohne Kontrolle der Geschäftsführung durch die Gemeinde ausgeübt werden, verneint1. Verfügt eine auftrags- bzw. konzessionsnehmende Einrichtung über ein Maß an Selbständigkeit, wie es durch diese Merkmale gekennzeichnet wird, so ist es ausgeschlossen, dass die auftrags- bzw. konzessionserteilende öffentliche Stelle über die konzessionsnehmende Einrichtung eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt2. Im Rahmen der vom EuGH vorgenommenen Gesamtschau war ersichtlich der Punkt am bedeutsamsten, dass der Verwaltungsrat der Gesellschaft, der dem Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft entspricht, befugt ist, alle Handlungen, die er zur Erreichung des Gesellschaftszwecks für angebracht oder notwendig erachtet, bis zu einem Wert von 5 Mio. Euro pro Geschäftsfall ohne vorherige Genehmigung der Gesellschafterversammlung vorzunehmen. 54 Bestätigt hat der EuGH diese Grundsätze im Fall „Carbotermo“, in dem es um die Vergabe einer italienischen Gemeinde direkt an eine Enkelgesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft ging. Zwischen der Gemeinde und Enkelgesellschaft war eine Tochtergesellschaft als Holding, und zwar ebenfalls in Form einer Aktiengesellschaft, geschaltet. An der Holding beteiligt waren zu 99,98 % die auftragserteilende Gemeinde und zu 0,02 % sechs weitere italienische Gemeinden. Der EuGH hat insoweit festgestellt, dass der Umstand, dass der öffentliche Auftraggeber allein oder zusammen mit anderen öffentlichen Stellen das gesamte Kapital einer auftragnehmenden Gesellschaft hält, zwar – ohne entscheidend zu sein – darauf hindeute, dass er über diese Gesellschaft eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt3. Allerdings sei stets eine individuelle Prüfung der maßgeblichen Einzelfallumstände erforderlich. Diese führte im konkreten Fall zur Verneinung des Kontrollkriteriums. Aus1 EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-458/03, Slg. I-08585, NZBau 2005, 644 (649), Rz. 67–69. 2 EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-458/03, Slg. I-08585, NZBau 2005, 644 (649), Rz. 70. 3 EuGH v. 11.5.2006 – Rs. C-340/04, Slg. I-04137, NZBau 2006, 452 (454), Rz. 37.

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schlaggebend war dabei, zum einen, dass die Satzungen von Tochter- und Enkelgesellschaft keine hinreichenden Begrenzungen des den Verwaltungsräten eingeräumten Handlungsspielraums vorsahen, zum anderen die aus der Einschaltung der Holding in Form einer Aktiengesellschaft resultierende (zusätzliche) Schwächung der Kontrolle1. Demnach kommt es weniger auf eine „Beherrschung“ als vielmehr auf 55 die Möglichkeit einer „umfassenden Einflussnahme“ des öffentlichen Auftraggebers auf das auftragnehmende Unternehmen an2. Hieran fehlt es, wenn die Geschäftsführung des Unternehmens, wie dies beispielsweise aufgrund von § 76 Abs. 1 AktG der Regelfall ist3, beträchtliche Vollmachten zur Erledigung wichtiger Geschäfte hat, ohne dass eine Kontrolle der Geschäftsführung durch die Anteilseigner ausgeübt werden kann. Anders ist dies bei der Rechtsform der GmbH, die aufgrund der ihr eigenen Organisationsstrukturen (vgl. insbesondere § 47 Abs. 1 GmbHG) den Gesellschaftern umfassende Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten einräumt4. Allerdings steht die Rechtsform der Aktiengesellschaft einer In-house-Konstellation nicht per se entgegen5. Überdies folgt aus dem gemeinschaftsrechtlichen Erfordernis der umfas- 56 senden Einflussnahmemöglichkeit auf die strategischen Ziele der Gesellschaft nach der Rechtsprechung des BGH auch, dass es unerheblich ist, ob sich Private unmittelbar oder nur mittelbar über gemischtwirtschaftliche Unternehmen an diesem beteiligen können. Denn ein derartiger Einfluss ist bereits dann nicht sichergestellt, wenn gemischtwirtschaftliche Unternehmen in der Mitgliederversammlung des auftragnehmenden Unternehmens Stimmrechte haben bzw. erwerben können und keine Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass ihr Stimmrecht jeweils ausschließlich durch den oder die jeweiligen öffentlichen Gesellschafter ohne Berücksichtigung der Interessen privater Partner ausgeübt wird. Dabei kann dahinstehen, ob solche Vorkehrungen überhaupt möglich sind oder ob dem entgegensteht, dass die Geschäftsführung einer gemischtwirtschaftlichen Vereinigung jedenfalls bei einer substantiellen privaten Beteiligung stets verpflichtet ist, auch die Interessen der privaten Partner zu berücksichtigen. Ebenso wie das Kontrollkriterium auch durch eine Kette mittelbarer Beteiligungen öffentlicher Auftraggeber er1 Vgl. EuGH v. 11.5.2006 – Rs. C-340/04, Slg. I-04137, NZBau 2006, 452 (454), Rz. 38 ff. 2 BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244 (248 f.). 3 Vgl. Hüffer, Aktiengesetz, § 76 Rz. 9 ff. 4 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, BGHZ 148, 55 (63 f.). 5 Vgl. EuGH v. 10.9.2009 – Rs. C-573/07 – Sea.

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füllt werden kann1, wird es ausgeschlossen, wenn Private sich mittelbar mit Stimmrecht beteiligen oder Mitglied werden können. Dafür spricht auch das vor allem in § 97 Abs. 1 zum Ausdruck kommende Anliegen des Kartellvergaberechts, dass die öffentliche Beschaffung, soweit sie nicht ausdrücklich von der Anwendung der Vergaberegeln ausgenommen ist, umfassend unter geregelten Wettbewerbsbedingungen erfolgt2. 57 Vor dem Hintergrund, dass eine zwei- oder noch mehrstufige Beauftragung die Interessenkonflikte zwischen Auftraggeber und Eigengesellschaft zunehmend verschärft und die Unmittelbarkeit der Kontrolle abnimmt, ist die Anwendbarkeit des Begriffs des In-house-Geschäftes auf eine mehrstufige Beauftragung strittig geworden. Die VK Arnsberg hat die Anwendbarkeit der In-house-Grundsätze für diesen Fall mit der Begründung abgelehnt, dass der erkennbare Wille des europäischen Gesetzgebers, die Konstruktion sog. In-house-Geschäfte nur bei großer Nähe zum Auftraggeber anzunehmen, durch eine mehrstufige Beauftragung in nicht absehbarer Form unterlaufen und eine vergaberechtliche Kontrolle zunehmend immer mehr erschweren würde. Auch ergäbe die Tatsache, dass ein vergaberechtsfreier Verkauf von Gesellschaftsanteilen der Tochter- bzw. Enkelgesellschaften nur unter den Voraussetzungen eines Inhouse-Geschäftes zulässig sein dürfte, langfristig keine zufriedenstellende Kontrollmöglichkeit für die Umgehung vergaberechtlicher Bestimmungen bei mehrstufigen Beauftragungen3. Das OLG Düsseldorf hat die Entscheidung der VK Arnsberg aufgehoben und festgetsellt, dass auch ein alleiniger Anteilsbesitz, der über eine weitere Gesellschaft vermittelt wird, die im alleinigen Anteilsbesitz des öffentlichen Auftraggebers steht und die wiederum sämtliche Geschäftsanteile des Tochterunternehmens hält, grundsätzlich die Voraussetzungen eines In-house-Geschäftes erfüllt. Dass das Tochterunternehmen nicht von dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar beauftragt werden, sondern den Auftrag im Wege einer Vertragsübernahme erhalten soll, spiele keine Rolle. Denn würde es sich bei dem Tochterunternehmen um ein im unmittelbaren Anteilsbesitz des öffentlichen Auftraggebers stehendes Unternehmen handeln, lägen die Voraussetzungen eines vergaberechtsfreien In-house-Geschäftes 1 Vgl. Säcker/Wolf, WRP 2007, 282 (284). 2 So BGH v. 3.7.2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150, 159, der mit dieser Begründung festgestellt hat, dass Verträge öffentlicher Auftraggeber mit Kommunalversicherern, bei denen Mitglieder auch sonstige wirtschaftliche Vereinigungen sein können, die sich nicht vollständig in öffentlicher Hand befinden, dem Vergaberecht unterfallen. Ebenso OLG Köln v. 15.7.2005 – 6 U 17/05, NZBau 2006, 69 (70). 3 VK Arnsberg v. 5.8.2003 – VK 2-13/2003.

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ohne jeden Zweifel vor. Es fehlt jede Rechtfertigung, den hier in Rede stehenden Fall anders zu beurteilen. Solange in Bezug auf das mit der Dienstleistung zu betrauende Unternehmen die Voraussetzungen für ein vergabefreies In-house-Geschäfts erfüllt sind, ist es vergaberechtlich ohne Belang, ob sich der öffentliche Auftraggeber zur Aufgabenerfüllung eines Tochter- oder eines Enkelunternehmen bedient. Gleichgültig ist ebenso, ob jenes in kommunaler Hand stehende Unternehmen direkt oder mittels Vertragsübernahme mit der Leistungserbringung beauftragt wird. In dem einen wie in dem anderen Fall wird nämlich die zu vergebende Leistung durch ein Unternehmen erbracht, das in einem unmittelbaren Auftragsverhältnis zum öffentlichen Auftraggeber steht, und werden die erörterten Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung ein vergabefreies Eigengeschäft zulässt, erfüllt1. Nach der Rechtsprechung des EuGH im Fall „Stadt Mödling“ sind die 58 Gesamtumstände des Einzelfalls nicht nur in sachlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen, um z.B. Umgehungsversuche zu verhindern. Dies zugrunde legend hat der EuGH das Kontrollkriterium im konkreten Fall verneint, weil 49 % der Gesellschaftsanteile der beauftragten städtischen Abfall-GmbH kurz nach dem Zeitpunkt, zu dem dieser Gesellschaft das ausschließliche und unbefristete Recht zur Sammlung und Behandlung von Müll übertragen worden war, an einen Privaten abgetreten, und zum anderen die operative Tätigkeit der Gesellschaft erst nach der Anteilsübernahme aufgenommen wurde2. Der zugrunde liegende Gedanke, dass die Vergabe eines Auftrags stets unter Berücksichtigung der Gesamtheit aller Schritte sowie ihrer Zielsetzung zu prüfen ist und nicht nur anhand ihrer rein zeitlichen Abfolge3, findet sich auch in der Rechtssache „ANAV/Comune di Bari“, in der der EuGH das vorlegende Gericht darauf hinweist, dass für den Fall, dass das Kapital der konzessionsnehmenden Gesellschaft während der Laufzeit des in Rede stehenden Vertrages privaten Aktionären geöffnet würde, dies dazu führen würde, dass eine Konzession ohne Ausschreibung einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen erteilt würde, was die Ziele des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen würde4. Der Hinweis suggeriert, dass auch ein nicht unerheblicher zeitlicher Abstand zwischen der ur1 OLG Düsseldorf v. 15.10.2003 – Verg 50/03, NZBau 2004, 58 (60). 2 Vgl. EuGH v. 10.11.2005 – Rs. C-29/04, Slg. I-09705, NZBau 2005, 704 (706), Rz. 38 ff. 3 Vgl. EuGH v. 10.11.2005 – Rs. C-29/04, Slg. I-09705, NZBau 2005, 704 (706), Rz. 41. 4 Vgl. EuGH v. 6.4.2006 – Rs. C-410/04, Slg. I-03303, NZBau 2006, 326 (328), Rz. 29 f.

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sprünglichen Beauftragung einer kommunalen Eigengesellschaft und der späteren teilweisen Anteilsübertragung an einen privaten Unternehmer beachtlich ist. Die genauen zeitlichen Grenzen bleiben indes unklar. 59 Dem Kontrollkriterium steht es nicht entgegen, wenn mehrere öffentliche Stellen insgesamt die Anteile an der auftragnehmenden Gesellschaft (ggf. in sehr unterschiedlicher Höhe) halten. Dies ergibt sich – zumindest mittelbar – bereits aus den Entscheidungen des EuGH in Sachen „Teckal“1 und „Carbotermo“2. Ausdrücklich bestätigt hat der EuGH dies nochmals in den Fällen „Asemfo/Tragsa“3 und „Coditel Brabant“4. 60 Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der in der Rechtsprechung des EuGH verwendete Begriff der „öffentlichen Stelle“ einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass hierunter solche Gesellschaften nicht fallen, die zwar ausschließlich mit öffentlichem Kapital finanziert werden, allerdings mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt auftreten. Entsprechendes hat das OLG Celle für den Fall einer Öffentlich-Öffentlichen-Partnerschaft (ÖPP) entschieden, bei der das für den Auftrag vorgesehene Unternehmen, eine Verkehrs-GmbH, zu 74,8 % von dem auftraggebenden Landkreis gehalten wurden, und die übrigen 25,2 % von einer Verkehrs-AG, deren Anteile wiederum zu 91 % in staatlichem Eigentum (Bund, Land und Kommunen) stehen und zu 9 % von einer 100%igen Tochtergesellschaft einer zu 100 % im Eigentum des Bundes stehenden Gesellschaft gehalten werden. Nach Ansicht des OLG Celle fehle es an der Voraussetzung, dass an dem Auftragnehmer zu 100 % öffentliche Stellen beteiligt sind, da die Verkehrs-AG als werbendes Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt auftritt, und mithin nicht als öffentliche Stelle anzusehen sei5. In der Literatur wird die Entscheidung des OLG Celle unterschiedlich bewertet. Teilweise wird die einschränkende Auslegung der vergaberechtlichen Ausnahme für In-house-Geschäfte als grundsätzlich zulässig erachtet, weil der Anwendungsbereich des nationalen Vergaberechts weiter sein darf als der Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechts6. Teilweise wird die Richtigkeit 1 2 3 4

EuGH v. 18.11.1999 – Rs. C-107/98, Slg. I-08121, NZBau 2000, 90 (91), Rz. 50. EuGH v. 11.5.2006 – Rs. C-340/04, Slg. I-04137, NZBau 2006, 452 (454), Rz. 37. EuGH v. 19.4.2007 – Rs. C-295/05, Slg. I-02999, NZBau 2007, 381 (386), Rz. 62. EuGH v. 13.11.2008 – Rs. C-324/07, Slg. I-00000, Rz. 50 ff.; ebenso BGH v. 3.7. 2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150, 158. 5 OLG Celle v. 10.11.2005 – 13 Verg 12/05, NZBau 2006, 130 ff., mit Anm. Bultmann, NZBau 2006, 222 ff.; a.A. die Vorinsatnz VK Lüneburg v. 31.11.2005 – VgK-35/2005, BeckRS 2005, 10531. 6 So wohl Bultmann, NZBau 2006, 222 (225).

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der Entscheidung bezweifelt, da sich aus der Rechtsprechung des EuGH (bisher) nicht ergibt, dass „öffentliche Stellen“ im hier interessierenden Sinne nicht solche (ausschließlich mit öffentlichem Kapital finanzierte) Gesellschaften sein können, die mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt auftreten. Dies gilt umso mehr, als die Gewinnerzielungsabsicht nicht einmal daran hindert, solche Gesellschaften (wenn alle übrigen Voraussetzungen erfüllt sind) als öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 zu qualifizieren. bb) Tätigkeitskriterium. Eine Konkretisierung des Tätigkeitskriteriums 61 hat der EuGH erstmals im Urteil „Carbotermo“ vorgenommen. Dabei ist er zunächst der, insbesondere im deutschen Schrifttum1 befürworteten analogen Anwendung der 80 %-Regel des Art. 13 der (alten) Sektorenrichtlinie 93/38/EWG2 unter Hinweis auf deren Lex-specialis-Charakter entgegengetreten3. In positiver Hinsicht hat der EuGH weiter festgestellt: Das Erfordernis der „Tätigkeit im Wesentlichen für den Auftraggeber“ soll insbesondere sicherstellen, dass das Vergaberecht anwendbar bleibt, wenn ein von einer oder mehreren Gebietskörperschaften kontrolliertes Unternehmen auf dem Markt tätig ist und daher mit anderen Unternehmen in Wettbewerb treten kann. Daher erfordere das Kriterium, dass das fragliche Unternehmen hauptsächlich für diese Gebietskörperschaft tätig wird und jede andere Tätigkeit rein nebensächlich ist4. Für diese Beurteilung seien alle – qualitativen wie quantitativen – Um1 Vgl. Faber, DVBl. 2001, 248 (254 f.); Endler, NZBau 2002, 125 (132); Marx, NZBau 2002, 311 (314); H.-M. Müller, NZBau 2001, 416 (421); Schröder, NZBau 2005, 129 m.w.N.; ebenso VK Südbayern v. 23.10.2001 – 32-09/01; VK Halle v. 27.5. 2002 – VK Hal 3/02. A.A. bzw. kritisch Krohn, NZBau 2005, 92 (95); J. Müller, VergabeR 2005, 436 (442); Ziekow/Siegel, VergabeR 2005, 145 (148); Dreher, NZBau 2001, 360 (363); Zeiss, ZfBR 2002, 456 (457). Vgl. hierzu auch den VorlageBeschl. OLG Naumburg v. 8.1.2003 – 1 Verg 7/02, NZBau 2004, 224 ff. sowie den AussetzungsBeschl. OLG Brandenburg v. 1.4.2003 – Verg W 14/02, ZfBR 2003, 620 ff. 2 Ursprünglich umgesetzt in § 10 Abs. 1 Nr. 1 VgV, nunmehr geregelt in § 100 Abs. 2 lit. o). 3 EuGH v. 11.5.2006 – Rs. C-340/04, Slg. I-04137, NZBau 2006, 452 (455), Rz. 51–57. 4 EuGH v. 11.5.2006 – Rs. C-340/04, Slg. I-04137, NZBau 2006, 452 (455), Rz. 63. Ähnlich bereits zuvor OLG Düsseldorf v. 12.2.2004 – Verg 71/03, NZBau 2004, 343 (344); VK Arnsberg v. 26.10.2005 – VK 15/2005; VK Düsseldorf v. 16.3.2004 – VK-3/2004-L. Nach denen grundsätzlich ein strenger Prüfungsmaßstab erforderlich ist und es – ungeachtet der genauen Prozentsätze – Voraussetzung ist, dass der Auftragnehmer seine Tätigkeit nahezu ausschließlich für den oder die ihn kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber erbringt.

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stände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Was die Frage anbelangt, ob dabei allein der mit der kontrollierenden Körperschaft oder der im Gebiet dieser Körperschaft erzielte Umsatz zu berücksichtigen ist, so ist der Umsatz ausschlaggebend, den das fragliche Unternehmen aufgrund der Vergabeentscheidungen der kontrollierenden Körperschaft erzielt, und zwar einschließlich des Umsatzes, der in Ausführung solcher Entscheidungen mit Nutzern erzielt wird. Zu berücksichtigen sind nämlich alle Tätigkeiten, die ein Unternehmen als Auftragnehmer im Rahmen einer Vergabe durch den öffentlichen Auftraggeber verrichtet, ohne dass die Person des Begünstigten – sei es der öffentliche Auftraggeber selbst oder der Nutzer der Leistungen – von Bedeutung wäre. Auch kommt es nicht darauf an, wer das betreffende Unternehmen vergütet, sei es die kontrollierende Körperschaft, Nutzer der Dienstleistung oder Dritte. Schließlich sind auch die Tätigkeiten mit einzubeziehen, die das Unternehmen für andere Körperschaften verrichtet, falls diese ebenfalls Anteile an dem Unternehmen innehaben1. Ergänzend wird in der nationalen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass es nur auf die gegenwärtige Geschäftssituation des laufenden Geschäftsjahres ankommen könne, da abgewickelte Geschäftsbeziehungen und Aufträge keine Aussage über den aktuellen Geschäftsschwerpunkt enthalten und zukünftige Entwicklungen der Geschäftstätigkeit, die noch nicht verbindlich vereinbart wurden, noch fiktiv sind2. 62 Im Anschluss an das „Carbotermo“-Urteil des EuGH hat das OLG Celle eine quantitative Abgrenzung dahingehend vorgenommen, dass es einen jährlichen Umsatzanteil von 7,5 % aus Geschäften mit Dritten als zu hoch für die Bejahung einer „rein nebensächlichen“ Tätigkeit angesehen hat3. Hingegen hat der EuGH in der Entscheidung „Asemfo/Tragsa“ es (ohne nähere Begründung) nicht beanstandet, dass das für den Auftrag vorgesehene Unternehmen insgesamt (nur) 90 % seiner Tätigkeiten für den es kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber verrichtet hat4. Der BGH hingegen bezweifelt die Erfüllung des Tätigkeitskriteriums bei einer Fremdauftragsquote von 10 %5. 63 cc) Bekanntmachungspflicht. Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe einer vergaberechts1 EuGH v. 11.5.2006 – Rs. C-340/04, Slg. I-04137, NZBau 2006, 452 (455 f.), Rz. 64–71. Ähnlich bereits VK Halle v. 27.5.2002 – VK Hal 3/02. 2 VK Düsseldorf v. 16.3.2004 – VK-3/2004-L. 3 OLG Celle v. 14.9.2006 – 13 Verg 2/06, NZBau 2007, 126 ff. 4 EuGH v. 19.4.2007 – Rs. C-295/05, Slg. I-02999, NZBau 2007, 381 ff. 5 BGH v. 3.7.2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150, 160.

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freien Dienstleistungskonzession die Grundfreiheiten der Art. 49, 56 AEUV (ex-Art. 43, 49 EGV), das sich daraus ergebende Transparenzgebot sowie das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV (ex-Art. 12 EGV) beachten1. Kraft dieser Verpflichtung muss ein öffentlicher Auftraggeber zugunsten der potentiellen Bieter einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherstellen, der den Dienstleistungsmarkt dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden. Dies macht insbesondere eine Bekanntmachung erforderlich2. Anknüpfend hieran geht die VK Arnsberg davon aus, dass ein öffentlicher Auftraggeber verpflichtet ist, auch seine Vergabeabsichten bei In-house-Geschäften aus Gründen des Transparenzgebotes wenigstens EU-weit bekannt zu machen, um den Anspruch auf Rechtschutz sicherzustellen. Es sei nicht einzusehen, warum ein Dienstleistungsvertrag, der an sich die Voraussetzung des § 99 bzw. die Definition der Dienstleistungsrichtlinie erfüllt und lediglich über die Auslegung des Begriffs des Unternehmens gänzlich dem Wettbewerb entzogen wird, nicht auch wie die vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession wenigstens dem Transparenzgebot unterliegt, das prinzipiell und unabhängig von nationalem Recht gilt und so auch Vergaben unterhalb der Schwellenwerte betrifft3. 4. Schriftform In den Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien fallen gemäß Art. 1 64 Abs. 2 lit. a) VKR und Art. 1 Abs. 2 lit. a) SKR lediglich schriftliche Verträge. Der Begriff „schriftlich“ umfasst gemäß Art. 1 Abs. 12 VKR bzw. Art. 1 Abs. 11 SKR jede aus Wörtern oder Ziffern bestehende Darstellung, die gelesen, reproduziert und mitgeteilt werden kann. Darin können auch elektronisch übermittelte und gespeicherte Informationen enthalten sein. § 99 Abs. 1 nennt dieses Kriterium nicht. Der nationale Gesetzgeber be- 65 zieht somit in zulässiger Weise über die gemeinschaftsrechtlichen Anfor1 EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-324/98, Slg. I-10745 – Telaustria; EuGH v. 3.12.2001 – Rs. C-59/00, Slg. I-9505 – Bent Mousten Vestergaard; EuGH v. 18.6.2002 – Rs. C-92/00, Slg. I-5533 – HI; EuGH v. 21.7.2005 – Rs. C-231/03, Slg. I-07287, NZBau 2005, 592 ff. – Coname; EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-458/03, Slg. I-08585, NZBau 2005, 644 ff. – Parking Brixen. 2 Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen v. 24.7.2006 - ABl. C 179/2 v. 1.8.2006 S. 2 ff. 3 VK Arnsberg v. 26.10.2005 – VK 15/2005.

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derungen hinaus auch mündlich abgeschlossene Verträge ein. Der Unterschied zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht beruht darauf, dass nach deutschem Recht ein wirksamer Vertrag auch im Vergaberecht grundsätzlich durch schriftliche und mündliche Vereinbarung zustande kommen kann1. Die Einhaltung des Schriftformerfordernisses ist daher unter dem Gesichtspunkt des effektiven Bieterschutzes nicht erforderlich. Unberührt bleiben jedoch die gesetzlichen Formvorschriften, soweit diese auf den Vertragsgegenstand Anwendung finden2. III. Lieferaufträge (§ 99 Abs. 2) 66 § 99 Abs. 2 Satz 1 definiert Lieferaufträge als Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietoder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Dies entspricht der Definition in Art. 1 Abs. 2 lit. c) UA 1 VKR. 67 § 99 Abs. 2 nennt beispielhaft Kauf, Ratenkauf, Leasing, Miete oder Pacht mit und ohne Kaufoption. Diese Aufzählung ist nicht abschließend3. Auch andere Vertragsformen können daher einen Lieferauftrag darstellen. Maßgeblich ist allein, dass sich der Auftraggeber für einen – wenn auch nur vorübergehenden – Zeitraum die tatsächliche Verfügungsgewalt über eine Ware gegen Zahlung eines Entgelts verschafft, sei es durch Erwerb oder durch Gebrauchsüberlassung4. Es ist also auch nicht notwendig, dass der Auftraggeber Eigentümer des gelieferten Gegenstandes wird. 68 Unter „Waren“, die in Art. 28 AEUV (ex-Art. 23 EGV) erwähnt werden, sind alle beweglichen Sachen zu verstehen, die einen Geldwert haben und Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein können5. Auch unkörperliche Gegenstände wie Strom und Gas oder Softwareprogramme6 sind als Waren anzusehen7. Der Warenbegriff unterscheidet auch nicht danach, 1 BayObLG v. 10.10.2000 – Verg 5/00, VergabeR 2001, 55 (58); Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 67; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 463 f. 2 Ebenso Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 463 f. 3 Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 73; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 26. 4 VK Südbayern v. 8.10.2001 – 28-08/01. 5 EuGH v. 10.12.1968 – Rs. C-7/68, Slg. 1968, 634 (642) – Kunstschätze. 6 Nicht jedoch die Aufrüstung eines bestehenden EDV-Abrechnungsprogramms mit wesentlichen Implementierungsleistungen, vgl. VK Baden-Württemberg v. 3.6.2002 – 1 VK 20/02. 7 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 162.

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ob die fraglichen Waren standardmäßig oder für den Einzelfall, d.h., nach den konkreten Wünschen und Bedürfnissen des Kunden, hergestellt wurden. Der Warenbegriff schließt folglich auch ein Anfertigungsverfahren ein, unabhängig davon, ob die betreffende Ware den Verbrauchern bereits in fertigem Zustand zur Verfügung gestellt oder nach deren Anforderungen hergestellt worden ist. Diese Betrachtungsweise wird durch Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 1999/44/EG1 bestätigt, der als „Kaufverträge“ allgemein und ohne Unterscheidung „Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter“ einstuft2. Auch der Werklieferungsvertrag i.S.d. § 651 BGB stellt daher einen Lieferauftrag dar3, soweit es sich nicht um einen Bauvertrag (Rz. 73 ff.) handelt. Unbewegliche Gegenstände unterfallen nicht dem Anwendungsbereich 69 § 99 Abs. 2. Dies wird in § 100 Abs. 2 lit. h) klargestellt. Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Kontext wird deutlich, dass der Warenbegriff insbesondere abzugrenzen ist von dem Begriff des „Bauwerks“, der gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR definiert ist, als das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- und Hochbaumaßnahmen, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Alles was daher funktional auf die Erstellung eines Bauwerks ausgerichtet ist, unterfällt daher nicht den Lieferverträgen4. Hingegen weisen Aufträge, die nicht über den reinen Austausch einer Ware gegen Vergütung hinausgehen, die insbesondere die bloße Lieferung von Baustoffen oder Bauteilen ohne individuelle, auf das Bauvorhaben bezogene Be- oder Verarbeitung zum Gegenstand haben, keinen hinreichend engen funktionalen Zusammenhang mit der Erstellung des Bauwerks auf. Sie zählen nicht zu den Bau-, sondern zu den Lieferaufträgen5. Umstritten ist, ob Immobilien ausnahmsweise Warencharakter haben 70 können6. Die Frage stellt sich insbesondere für Immobilien-Leasing- oder Mietkaufverträge. Soweit die Voraussetzungen des § 99 Abs. 3, 3. Alt., der Art. 1 Abs. 2 lit. b), 3. Alt. VKR entspricht, vorliegen, stellt der Immo1 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.5.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. Nr. L 171 v. 7.7.1999 - S. 12 ff. 2 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2430), Rz. 64 f. 3 VÜA Bund v. 2.8.1994 – 1 VÜ 1/94; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 75. 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 161. 5 OLG München v. 28.9.2005 – Verg 19/05, VergabeR 2006, 238 ff., mit Anm. Diercks. 6 Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 470 und 503 f.

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bilien-Leasing- oder Mietkaufvertrag einen Bauauftrag dar (vgl. Rz. 97 ff.). Im Übrigen ist er nach § 100 Abs. 2 lit. h) dem Anwendungsbereich des Vergaberechts entzogen. Eine Ausnahme gilt lediglich für die im Zusammenhang mit einem solchen Vertrag erbrachten Finanzierungsdienstleistungen, die § 99 Abs. 4 unterfallen (vgl. § 100 Abs. 2 lit. h) a.E.). 71 Nach § 99 Abs. 2 Satz 2 können Lieferaufträge auch Nebenleistungen umfassen. Art. 1 Abs. 2 lit. c) UA 2 VKR nennt beispielhaft Verlege- und Anbringarbeiten. Isoliert gesehen handelt es sich hierbei um Dienstleistungen. Abs. 2 Satz 2 spricht folglich gemischte Verträge an. Zu deren Einordnung als Liefer- bzw. Dienstleistungsauftrag vgl. Rz. 138 ff. Eine Nebenleistung i.S.d. § 99 Abs. 2 Satz 2 liegt nur dann vor, wenn ihr eine untergeordnete Rolle zukommt und der Schwerpunkt eindeutig in der Lieferung liegt1. 72 Die Vorschriften, die öffentliche Auftraggeber bei Vergabe eines Lieferauftrags zu beachten haben, ergeben sich aus § 4 VgV bzw. aus der SektVO. IV. Bauaufträge (§ 99 Abs. 3) 1. Die drei Alternativen des § 99 Abs. 3 73 § 99 Abs. 3 definiert den Begriff des Bauauftrags. Die Bestimmung nennt drei Fallgestaltungen. Hierbei handelt es sich um: – Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens, – Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauwerks für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- und Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll und – Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung einer dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen. 74 Die Definition entspricht weitgehend derjenigen in Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR2. Danach sind „öffentliche Bauaufträge“ öffentliche Aufträge über 1 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 164; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 79; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 26. 2 Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR geht zurück auf Art. 1 lit. a) und c) Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG.

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entweder die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang I genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerks oder die Errichtung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen. Ein „Bauwerk“ wird definiert als das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- und Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Da Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR für die Bestimmung seiner Bedeutung und 75 seiner Reichweite keinerlei ausdrücklichen Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten enthält, kommt es für das Vorliegen eines Bauauftrags maßgebend auf die Definition des § 99 Abs. 3 im Lichte einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung an1. Nicht maßgeblich sind daher grundsätzlich auch die Definitionen der in § 1 VOB/A genannten Bauleistung und dem in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB verwendeten Begriff des „Bauwerks“. Allerdings kann auf die zu § 1 VOB/A in Rechtsprechung und Literatur entwickelte Kasuistik insoweit zurückgegriffen werden, wie sich kein Widerspruch zum gemeinschaftsrechtlich geprägten Begriff in § 99 Abs. 3 ergibt2. Mit Blick auf das Gebot der am Gemeinschaftsrecht orientierten Aus- 76 legung des Begriffs des Bauauftrags erscheinen insbesondere die durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20093 zum Zwecke der Klarstellung des erforderlichen Beschaffungscharakters4 in § 99 Abs. 3 eingefügten (vgl. Rz. 3) – und in Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR nicht enthaltenen Formulierungen – „für den öffentlichen Auftraggeber“ und „unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen“ erläuterungsbedürftig. Denn zum einen gilt – worauf der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren zu Recht hingewiesen hat5 – das Erfordernis des Beschaffungscharakters in gleicher Weise für alle öffentliche Aufträge und bedarf daher lediglich einer Regelung in § 99 Abs. 1. Zum anderen wurde der Recht1 Vgl. EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, Slg. I-00385, Rz. 40; EuGH v. 20.10.2005 – Rs. C-264/03, Slg. I-08831, VergabeR 2006, 54 (58), Rz. 36. 2 BayObLG v. 23.7.2002 – Verg 17/02, NZBau 2003, 340 (341); OLG München v. 28.9.2005 – Verg 19/05, VergabeR 2006, 238 (240); VK Südbayern v. 17.2.2006 – 01-01/06; VK Bund v. 31.7.2006 – VK 2-65/06; VK Bund v. 2.5.2003 – VK 1-25/03; VK Brandenburg v. 26.11.2003 – VK 72/03; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.9.3. 3 BGBl. I, S. 790 ff. 4 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 40. 5 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 40.

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sprechung des EuGH1, insbesondere vom OLG Düsseldorf im Rahmen der sog. „Ahlhorn“-Rechtsprechung, entnommen, dass die Anwendung des Vergaberechts vom künftigen Verwendungszweck des Bauwerks und von der Deckung eines gegenständlichen, körperlich greifbaren Beschaffungsbedarfs unabhängig sei2. Der Begriff des öffentlichen Beschaffungswesens sollte danach vielmehr so zu verstehen sein, dass hierunter nicht nur solche Maßnahmen eines öffentlichen Auftraggebers fallen, die unmittelbar der Deckung seines eigenen Bedarfs dienen, sondern auch solche, mit denen er konkrete eigene Zielsetzungen bzw. mittelbare Eigeninteressen verfolgt. Ausreichen sollen bereits allgemeine wirtschaftsund gesellschaftspolitische Zwecksetzungen wie beispielsweise die gesicherte städtebauliche Entwicklung oder die strukturelle Aufwertung und Belebung bestimmter, der kommunalen Planungshoheit unterliegender Zonen3. Es sollte daher genügen, dass der öffentliche Auftraggeber die rechtliche Befugnis erlangt, sicherzustellen, dass der mit der Beschaffung verfolgte öffentliche Zweck erreicht wird4. Zur abschließenden Klärung dieser Problematik hatte das OLG Düsseldorf dem EuGH u.a. diese Fragen vorgelegt5: – Setzt ein öffentlicher Bauauftrag nach Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR konstitutiv voraus, dass die Bauleistung in einem gegenständlich oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird und ihm unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt? – Sofern nach der Begriffsbestimmung des öffentlichen Bauauftrags in Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR auf das Element der Beschaffung nicht verzichtet werden kann: Ist nach der zweiten Variante der Vorschrift eine Beschaffung anzunehmen, wenn das Bauvorhaben für den öffentlichen 1 EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, Slg. I-00385, NZBau 2007, 185 (188), Rz. 47; EuGH v. 15.1.1998 – Rs. C-44/96, Slg. I-00073, EuZW 1998, 120 (123), Rz. 33; EuGH v. 18.11.2004 – Rs. C-126/03, Slg. I-11197, NZBau 2005, 49 (50), Rz. 18; sowie ferner Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rs. C-220/05 v. 15.6.2006 - Slg. I-00385, Rz. 42; sowie OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730); Burgi, NVwZ 2008, 929 (932). 2 Vgl. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730); ebenso Burgi, NVwZ 2008, 929 (932). 3 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730 f.); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (140); OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (533); OLG Karlsruhe v. 13.6.2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (538 f.); OLG Bremen v. 13.3.2008 – Verg 5/07, NZBau 2008, 336 (337 f.). 4 So m.w.N. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730). 5 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (734).

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Auftraggeber eine bestimmte öffentliche Zweckbestimmung erfüllen (z.B. der städtebaulichen Entwicklung eines kommunalen Ortsteils dienen) soll und der öffentliche Auftraggeber kraft des Auftrags mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet ist sicherzustellen, dass der öffentliche Zweck erreicht wird und das Bauwerk dafür künftig zur Verfügung steht? – Unterfallen Aufträge, durch die mittels der vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse gewährleistet werden soll, dass das herzustellende Bauwerk für einen bestimmten öffentlichen Zweck zur Verfügung steht, und durch die dem Auftraggeber (kraft vertraglicher Abrede) zugleich die rechtliche Befugnis gegeben wird, (im mittelbaren Eigeninteresse) die Verfügbarkeit des Bauwerks für die öffentliche Zweckbestimmung sicherzustellen, dem Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR? Vor diesem Hintergrund war die Gemeinschaftsrechtskonformität der neu in § 99 Abs. 3 eingefügten Voraussetzungen fraglich. In der Entscheidung über den Vorlagebeschluss in der Rechtssache „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.2010 hat der EuGH die vom deutschen Gesetzgeber gewählte Formulierung nunmehr jedoch ausdrücklich als gemeinschaftsrechtskonform bestätigt1 (s. hierzu auch Rz. 3, 21 und 164 f.). Die Bestimmungen, die öffentliche Auftraggeber bei Vergabe eines Bauauf- 77 trags zu beachten haben, ergeben sich aus § 6 VgV bzw. aus der SektVO. 2. Gemeinsame Voraussetzungen der drei Alternativen des § 99 Abs. 3 Den drei in § 99 Abs. 3 genannten Alternativen ist gemeinsam, dass sie 78 sich jeweils sowohl auf die Ausführung von Bauarbeiten als auch die gleichzeitige Planung und Ausführung beziehen. Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber die Planung und Errichtung eines Bauvorhabens an einen einzigen Auftragnehmer, etwa einen Generalübernehmer2, zu ver1 Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447), Rz. 58, wo es heißt: „Folglich ist auf die erste und zweite Frage zu antworten, dass der Begriff ‚öffentliche Bauaufträge‘ i.S.v. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 nicht voraussetzt, dass die Bauleistung, die Gegenstand des Auftrags ist, in einem gegenständlichen oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird, wenn sie diesem unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt.“. Ähnlich auch bereits die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 17.11.2009 in der Rs. C-451/08, ZfBR 2010, 182 (187 f.), Rz. 52 ff. 2 Zur Zulässigkeit der Vergabe an einen Generalübernehmer Sterner in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, Syst IX Rz. 21 ff.

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geben, ist folglich unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten eine Trennung in die Ausschreibung der Bauarbeiten nach der VOB/A und einer Vergabe der Planungsleistungen nach der VOF nicht erforderlich. Vielmehr hat eine gemeinsame Vergabe zu erfolgen, auf die einheitlich die VOB/A Anwendung findet1. Die näheren Einzelheiten sind in § 7 Abs. 13–15 VOB/A geregelt. Wird die Planung getrennt vergeben, liegt jedoch ein Dienstleistungsauftrag nach § 99 Abs. 4 vor, der regelmäßig zur Anwendung der VOF führt. Abzustellen ist darauf, ob die Vergabe von Ausführungs- und Planungsleistungen nach der Intention des Auftraggebers gemeinsam erfolgt, wobei auf den Text der Bekanntmachung bzw. der Ausschreibungsunterlagen abzustellen ist. Werden Ausführungs- und Planungsleistungen für ein einheitliches Bauvorhaben getrennt voneinander ausgeschrieben, verbleibt es bei dieser Trennung, selbst wenn an beiden Ausschreibungen die gleichen Bieter teilnehmen bzw. der Zuschlag an den gleichen Auftragnehmer erteilt wird. 79 § 99 Abs. 3 setzt voraus, dass Ausführungs- und Planungsleistungen gleichzeitig vergeben werden. Im Regelfall wird sich die auszuschreibende Planung auf das gesamte Bauvorhaben beziehen. Möglich ist jedoch, dass die Ausführungsleistungen umfangreicher als die Planungsleistungen sind. Dies ist etwa dann der Fall, wenn für das beabsichtigte Bauvorhaben bereits eine Vor- oder Entwurfsplanung vorliegt, d.h. sich die zu vergebenden Planungsleistungen auf die Genehmigungs- und/oder Ausführungsplanung beschränken. Daneben sind Fälle denkbar, in denen für einen Teil der beabsichtigten Ausführungsleistungen bereits eine Ausführungsplanung vorliegt, während die Planung für weitere Teilbereiche noch zu erstellen ist und gemeinsam mit den Ausführungsleistungen vergeben werden soll. In beiden Fällen greift § 99 Abs. 3 ein. Es liegt folglich ein einheitlicher Bauauftrag vor, der nach den Regeln der VOB/A zu vergeben ist. 80 Schwierigkeiten können im umgekehrten Fall entstehen, wenn eine komplette Planungsleistung (Vor- bis einschließlich Ausführungsplanung) lediglich mit einem Teil der Ausführungsleistungen (etwa den Rohbauarbeiten) vergeben wird oder wenn die Beplanung eines Gesamtbauvorhabens gemeinsam mit der Ausführung lediglich eines Teilgebäudes vergeben werden soll. In beiden Fällen geht der Umfang der Planungsleistungen über die zu vergebenden Ausführungsleistungen hinaus. Nach dem Wortlaut des § 99 Abs. 3 ist grundsätzlich auch in diesen Fällen von dem Vorliegen eines Bauauftrags auszugehen. Dies kann mit Blick auf 1 Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 99.

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§ 99 Abs. 7 Satz 2 nur dann nicht gelten, wenn die zu vergebenden Ausführungsleistungen gegenüber den Planungsleistungen in ihrer Bedeutung soweit zurücktreten, dass die Planungsleistungen eindeutig überwiegen und sich die Ausführungsleistungen lediglich als Nebenarbeiten darstellen. In diesen Fällen ist es gerechtfertigt, den Gesamtauftrag als Dienstleistungsvertrag i.S.d. § 99 Abs. 4 einzustufen1. Bisher nicht abschließend geklärt war die Frage, ob der Begriff des Bau- 81 auftrags bei einem autonomen und einheitlichen Verständnis der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben auf Seiten des Auftragnehmers die Eingehung einer einklagbaren Bau- oder Realisierungsverpflichtung erfordert. Das OLG Düsseldorf hatte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 VKR zwar weder in der deutsch-, englisch- noch französischsprachigen Fassung Etwaiges zu entnehmen ist, und dem englischen Privatrecht beispielsweise eine Einklagbarkeit vertraglich verabredeter Bauleistungen in der Regel fremd ist. Gleichwohl wollte das OLG Düsseldorf zumindest für die zweite (und wohl auch die erste) Variante des § 99 Abs. 3 an dem Erfordernis einer Realisierungsverpflichtung des Auftragnehmers, die über die Einhaltung ohnehin zu beachtender öffentlich-rechtlicher Bauvorschriften und bestehender Bebauungspläne hinausgeht, festhalten. Hinsichtlich der dritten Variante des § 99 Abs. 3 hatte es hingegen mit Blick auf deren Auffangcharakter festgestellt, dass es dem Sinn und Zweck von § 99 Abs. 3, 3. Alt., die Wirksamkeit der Vergaberichtlinien auch in Umgehungsfällen sicherzustellen, zuwiderlaufen würde, wenn man eine unmittelbare Verpflichtung des Auftragnehmers zur Herstellung des Bauwerks fordern würde2. Zur abschließenden Klärung dieser Problematik hatte das OLG Düsseldorf dem EuGH auch diese Fragen vorgelegt3: – Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der ersten und zweiten Variante des Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR, dass der Unternehmer direkt oder indirekt zur Erbringung der Bauleistungen verpflichtet wird? Muss es sich gegebenenfalls um eine einklagbare Verpflichtung handeln? – Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR, dass der Unternehmer zu Bauleis1 Ähnlich für die Kombination eines Bauauftrags mit einem Dienstleistungsauftrag, der nicht Planungsleistungen zum Gegenstand hatte, EuGH v. 19.4.1994 – Rs. C-331/92, Slg. 1994 I, 1329 (1351) – Gestión Hotelera Internacional SA, unter Berufung auf die 16. Begründungserwägung zur Richtlinie 92/50/EWG. 2 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). 3 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (734).

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tungen verpflichtet wird oder solche den Gegenstand des Auftrags bilden? Der EuGH hat in seiner diesbezüglichen Entscheidung in der Rechtssache „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.2010 nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass der Begriff des öffentlichen Bauauftrags es erfordert, dass der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, übernimmt und dass es sich um eine nach den im nationalen Recht geregelten Modalitäten einklagbare Verpflichtung handelt1 (s. hierzu auch Rz. 106 und 164). 3. Bauvorhaben (§ 99 Abs. 3, 1. Alt.) 82 Die erste Variante des § 99 Abs. 3 umfasst die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens. Der Begriff des Bauvorhabens ist in § 99 nicht definiert. Insoweit kann jedoch auf Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR zurückgegriffen werden. Dieser bezeichnet als erste Variante die Ausführung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang I der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (VKR) genannten Tätigkeiten. Anhang I der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG stellt das Verzeichnis der Berufstätigkeiten im Baugewerbe entsprechend dem allgemeinen Verzeichnis der wirtschaftlichen Tätigkeiten in der Europäischen Gemeinschaft (NACE) dar. Dieses umfasst alle Tätigkeiten, die für ein Bauwerk oder an einem Bauwerk erbracht werden. Die Auflistung des NACE-Verzeichnisses ist nicht abschließend. Die im Anhang I zur Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG nicht aufgeführten Leistungen, die zur Erstellung eines Bauwerks erforderlich sind, sind jeweils der Untergruppe „Allgemeines“ der im Anhang genannten Tätigkeitsgruppen zuzuordnen. Letztlich zählen zur Ausführung eines Bauvorhabens daher alle Arbeiten, die für ein Bauwerk oder an einem solchen erbracht werden; ergänzend kann in diesem Zusammenhang, sofern sich kein Widerspruch zum gemeinschaftsrechtlich geprägten Begriff in § 99 Abs. 3 ergibt, auch auf § 1 VOB/A und die dazu entwickelte Kasuistik zurückgegriffen werden, wonach Bauleistungen Arbeiten jeder Art sind, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird2. 1 Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447), Rz. 59–63. Ähnlich auch bereits die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 17.11.2009 in der Rs. C-451/08, ZfBR 2010, 182 (190 f.), Rz. 80. 2 BayObLG v. 23.7.2002 – Verg 17/02, NZBau 2003, 340 (341).

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Aus dem Anhang I der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG wird 83 deutlich, dass sich das Bauvorhaben nicht notwendigerweise auf einen Neubau beziehen muss. Vielmehr kommen alle Varianten von Bauleistungen in Betracht. Dazu gehören insbesondere die Erneuerung und Ergänzung bestehender Anlagen. Dementsprechend sind auch Leistungen der Modernisierung, Rekonstruktion und Sanierung den Bauaufträgen zuzurechnen1. Erfasst werden nach Anhang I zur Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG weiterhin auch Abbrucharbeiten. Es ist auch nicht erforderlich, dass sich die Tätigkeit auf das Bauwerk als Ganzes bezieht. Vielmehr fällt auch die Herstellung einzelner Bauteile und Bauglieder unter § 99 Abs. 3, ohne dass es darauf ankommt, ob sie einen äußerlich hervortretenden, körperlich abgesetzten Teil des ganzen Baus darstellen2. Unerheblich ist grundsätzlich auch, ob und in welchem Umfang ggf. auftraggeberseitig Materialbeistellungen erfolgen3. Irrelevant ist zudem, ob der jeweilige Bauleistungsauftrag zivilrechtlich 84 als Werkleistung (§ 631 BGB) einzustufen ist. Belegt wird die Irrelevanz der Rechtsnatur des Vertrages bereits durch die Zusammenfassung sämtlicher Planungsleistungen mit den Bauleistungen in § 99 Abs. 3. Dementsprechend können auch Werklieferungsverträge (§ 651 BGB) und selbst Dienstleistungs- (§ 611 BGB) und Kaufverträge (§ 433 BGB) infolge eines funktionsbedingten Zusammenhangs der zu beschaffenden Gegenstände mit dem Gebäude als Ausführung eines Bauvorhabens anzusehen sein4. Weiter ist es für die Einordnung als Bauauftrag auch nicht entscheidend, 85 ob zu erstellende Ausstattungsgegenstände dazu bestimmt sind, wesentliche Bestandteile eines Gebäudes zu werden. Selbst die Beschaffung bloßer Zubehörteile i.S.d. §§ 90 ff. BGB kann vergaberechtlich zur Ausführung eines Bauwerks gehören, sofern sie nur zur Herbeiführung von dessen Funktionsfähigkeit erforderlich ist. Einbaumaßnahmen, mit denen eine feste Verbindung zwischen Ausstattungsgegenständen und Gebäude geschaffen wird, sind zur Bejahung einer Bauleistung mithin nicht 1 BayObLG v. 23.7.2002 – Verg 17/02, NZBau 2003, 340 (341); VK Thüringen v. 17.4.2002 – 216–4002.20–008/02-SHL-S; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, GWB, § 99, Rz. 173. 2 Korbion in Ingenstau/Korbion, VOB/A § 1 Rz. 12 m.w.N. 3 OLG Düsseldorf v. 31.1.2001 – U (Kart.) 9/00, VergabeR 2001, 345 ff., mit Anm. Schwenker; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 171. 4 OLG Dresden v. 2.11.2004 – WVerg 11/04, VergabeR 2005, 258; OLG Düsseldorf v. 5.7.2000 – Verg 5/99, NZBau 2001, 106 (107 f.); Eschenbruch in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99, Rz. 173.

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zwingend erforderlich. Der Gesichtspunkt des – notwendigen – Funktionszusammenhangs kann daher auch solche Beschaffungen, die sich bei isolierter Betrachtung als Lieferauftrag darstellen, zum Bestandteil einer Bauleistung machen1. Die Abgrenzung nach dem Kriterium des Funktionszusammenhangs kann sich im Einzelfall als schwierig erweisen2. Grundsätzlich sind zu den Bauleistungen alle zu montierenden Bauteile zu rechnen, insbesondere die Lieferung und die Montage maschineller und elektrotechnischer Einrichtungen. Hingegen sind solche Einrichtungen, die überwiegend unabhängig von der Baumaßnahme beschafft werden und mit dieser nicht in einem engen funktionellen Zusammenhang stehen, nicht den Bauleistungen zuzuordnen3. Letzteres soll insbesondere für die Fälle gelten, dass Einrichtungsgegenstände als Massenware bestellt werden können, ohne dass spezielle bauliche Anpassungen notwendig sind4, aber auch für die Beschaffung von Zweitausstattungen mit standardisierten Gegenständen, die einer individuellen baulichen Einpassung nicht bedürfen5. 86 Nicht unter § 99 Abs. 3 fallen dagegen reine Lieferungen, selbst wenn die angelieferten Gegenstände einem Gebäude dienen6. Das Gleiche gilt für die Lieferung von Baustoffen und Bauteilen, soweit mit der Lieferung nicht gleichzeitig eine Be- oder Verarbeitung auf der Baustelle verbunden ist7. 1 So OLG Dresden v. 2.11.2004 – WVerg 11/04, VergabeR 2005, 258 ff. (für die Erstausstattung eines Werkstatt- und Laborgebäudes eines Schulzentrums); vgl. ferner OLG Jena v. 31.7.2002 – 6 Verg 5/01, VergabeR 2003, 97 ff. (für die Geräteausstattung einer Klinik); VK Brandenburg v. 28.6.2005 – VK 20/05 (für die Lieferung und Montage von Küchengeräten einer Mensa); VÜA Bund v. 1.7.1997 – 1 VÜ 9/97 (für ein Regalsystem für die Deutsche Bibliothek in Frankfurt/Main); Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 481; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 175 und 180. A.A. VK Schleswig-Holstein v. 15.7.2002 – VK-SH-08/02 (für die Lieferung und den Einbau von Labormöbeln in ein Universitätsgebäude unter Hinweis darauf, dass diese der Lieferung und Installation von EDV-Endgeräten in ein Verwaltungsgebäude vergleichbar sei). 2 Vgl. hierzu insb. die Darstellung der Kasuistik bei Eschenbruch in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 181. 3 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 179. 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 182. Die VK Brandenburg v. 30.5.2007 – 1 VK 15/07 hat die Beschaffung von Möbeln und Textilien für einen Neubau, mit der gleichzeitig aber auch Montagearbeiten nachgefragt wurden, als Bauleistung qualifiziert. 5 Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 479. 6 Korbion in Ingenstau/Korbion, VOB, A § 1 Rz. 44; Eschenbruch in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 179. 7 Korbion in Ingenstau/Korbion, VOB/A § 1 Rz. 44.

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Derartige Verträge fallen unter § 99 Abs. 2. Gleiches gilt auch für das bloße Bereitstellen von Baugeräten in Form eines Mietvertrags1. Hat hingegen der Auftragnehmer die Baustoffe selbst zu stellen, erfolgt 87 also die Vergabe des Bauauftrags zusammen mit der Verpflichtung, Baustoffe und Teile anzuliefern, liegt ein einheitlicher Vertrag vor, der unter § 99 Abs. 3 fällt2. Auch die Lieferung und Montage maschineller Einrichtungen fällt unter § 99 Abs. 3, soweit diese Einrichtungen nicht von der baulichen Anlage ohne Beeinträchtigung der Vollständigkeit oder Benutzbarkeit abgetrennt werden und einem selbständigen Nutzzweck dienen können3. Grundstücksbezogene Arbeiten können ebenfalls als Bauvorhaben anzu- 88 sehen sein. Es ist jedoch eine differenzierende Betrachtungsweise geboten. Baugeländevorarbeiten sind grundsätzlich als Bauauftrag anzusehen4. Strittig ist, ob dies auch für Arbeiten zur Kampfmittelräumung gilt, die – obwohl erdbaubezogen – der Herstellung der öffentlichen Sicherheit dienen und hinsichtlich ggf. nachfolgender Bauaufträge lediglich vorbereitenden Charakter haben5. Dies soll zumindest dann der Fall sein, wenn konkrete Bauvorhaben vorliegen, bezüglich deren Ausführung oder Planung die ausgeschriebenen Kampfmittelräumungsmaßnahmen gleichzeitig erfolgen sollen6. Gartenpflegearbeiten, die lediglich der Erhaltung des status quo, d.h. der Pflege bereits vorhandener Gartenanlagen dienen, mithin also nicht oder allenfalls unwesentlich in die Substanz der Gartenanlage eingreifen und umfangreiche Erdbewegungsarbeiten nicht erforderlich machen, stellen keine Bauleistung dar7. Auch Leistungen des Winterdienstes und der Störungsbeseitigung auf Bundes- und Landesstraßen stellen, da sie lediglich der Aufrechterhaltung und der störungsfreien Nutzbarkeit des existenten Straßennetzes dienen, keine Bauleistung dar8. 1 Korbion in Ingenstau/Korbion, VOB/A § 1 Rz. 49. 2 Korbion in Ingenstau/Korbion, VOB/A § 1 Rz. 57. 3 BGH v. 3.12.1998 – VII ZR 109/97, NJW 1999, 2434 ff.; Korbion in Ingenstau/Korbion, VOB/A § 1 Rz. 65. 4 VK Düsseldorf v. 11.9.2001 – VK-19/2001-B. 5 Dies bejahend VK Bund v. 8.8.2001 – VK 2-22/01; a.A. VK Arnsberg v. 29.11.2005 – VK 23/05. 6 OLG Düsseldorf v. 2.1.2006 – Verg 93/05; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.9.7.9. 7 VK Bund v. 29.3.2006 – VK 3-15/05; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.9.7.11. 8 VK Thüringen v. 30.8.2006 – 360–4003.20–009/06-HBN, 360–4003.20–015-MGN, 360–4003.20–004/06-SON, 360–4003.20–009/06-ESA-S; Weyand, IBR-onlineKommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.9.7.10.

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4. Bauwerk (§ 99 Abs. 3, 2. Alt.) 89 Die zweite Variante des § 99 Abs. 3 umfasst die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauwerks für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- und Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Die Vorschrift geht auf die zweite Variante des Art. 1 Abs. 2 lit. b) Satz 1 VKR in Verbindung mit der Definition des „Bauwerks“ in Art. 1 Abs. 2 lit. b) Satz 2 VKR zurück. Zu der in Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR nicht enthaltenen Formulierungen „für den öffentlichen Auftraggeber“ siehe oben unter Rz. 76. 90 Aus der Definition des „Bauwerks“ in Art. 1 Abs. 2 lit. b) Satz 2 VKR geht hervor, dass der EU-Richtliniengeber von einer Zusammenfassung von Einzelleistungen ausgegangen ist. Die Begriffe Tief- und Hochbauarbeiten sollen dabei keinerlei Abgrenzungsfunktion zu anderen Bauleistungen schaffen. Insbesondere kann das Bauwerk auch aus einer Kombination von Tief- und Hochbauarbeiten bestehen. Dementsprechend fällt alles, was zur Ausführung eines Bauwerks an Bauleistungen notwendig ist, unter den Begriff des Bauauftrags1. Umfasst werden also Verträge über die Erstellung eines Gesamtbauwerks. Insoweit kommt jede unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache in Betracht2, soweit diese eine funktionsfähige Anlage darstellt. Wesensmerkmal des Bauwerks ist die feste und innige Verbindung mit dem Boden3. Diese Voraussetzung liegt stets vor, wenn das Ergebnis der Arbeiten nach § 94 BGB wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens wird4. 91 In der Rechtsprechung und der Literatur besteht Einigkeit, dass eine weite Auslegung dessen, was als Bauwerk bzw. als zum Bauwerk gehörig gelten soll, geboten ist5. Es sollen alle Arten von Bauleistungen umfassend einbezogen werden6. Nach dem EuGH ist es für den Begriff des 1 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 177. 2 VK Brandenburg v. 5.4.2002 – VK 7/02; VK Brandenburg v. 12.2.2002 – 2 VK 123/01. 3 Rusam in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 1 Rz. 4. 4 Rusam in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 1 Rz. 4. 5 OLG Dresden v. 2.11.2004 – WVerg 11/04, VergabeR 2005, 258 (259); OLG Jena v. 22.8.2002 – 6 Verg 5/01, VergabeR 2003, 97 (99); VK Düsseldorf v. 10.4.2008 – VK-05/2008-B; VK Sachsen v. 12.7.2007 – 1/SVK/049–07; VK Baden-Württemberg v. 15.3.2007 – 1 VK 3/07; VK Südbayern v. 29.11.2005 – Z3-3-3194–1-46–09/05; VK Bund v. 2.5.2003 – VK 1-25/03; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.9.3. 6 VK Sachsen v. 12.7.2007 – 1/SVK/049–07; VK Baden-Württemberg v. 15.3.2007 – 1 VK 3/07; VK Düsseldorf v. 11.9.2001 – VK-19/2001-B.

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Bauwerks nicht entscheidend, im Rahmen welcher Einsatzform die Bauleistung erbracht wird, insbesondere ob der öffentliche Auftraggeber Bauaufgaben an ein oder mehrere Unternehmen überträgt. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Bauauftrag lediglich von einem Auftraggeber stammt1. Gemeinsam umfassen die beiden ersten Alternativen des § 99 Abs. 3 so- 92 mit sämtliche Arbeiten, die die Errichtung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung eines Bauwerks oder Teilen hiervon zum Gegenstand haben. Eine exakte Abgrenzung zwischen beiden Alternativen ist in der Praxis nicht erforderlich, da das Gesetz an sie keine unterschiedlichen Rechtsfolgen knüpft. Der Begriff „Bauwerk“ ist mit dem Begriff der „baulichen Anlage“, wie er 93 beispielsweise in § 1 VOB/A verwendet wird, identisch. Im Hochbau wird dieser Begriff im Wesentlichen gleichgesetzt mit „Gebäude“2. Im Tiefbau ist die Begriffsbestimmung oft schwieriger und meist mit 94 Blick auf die Definition „Erfüllung einer wirtschaftlichen oder technischen Funktion“ vorzunehmen3. Der Begriff der Tiefbauarbeiten wird im Anhang I der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG näher definiert. Zu den dort aufgeführten Arbeiten zählen z.B. auch die Abfallumlagerung, die Oberflächenabdichtung, das Verlegen von Rohrleitungen, das Anlegen von Schlammauffangbecken und Versickerungsmulden sowie die Herstellung von Betriebswegen4. Weiter kommen als Tiefbaumaßnahmen beispielsweise auch Bauwerke in Gestalt einzelner in sich abgeschlossener verkehrswirksamer Straßenbauabschnitte in Betracht5. Maßgeblich ist insoweit, ob das zu erstellende Projekt eine eigene Funktion erfüllt. Dies ist bereits bei der Fertigstellung eines Streckenabschnittes einer geplanten Autobahn der Fall, oder auch bei der Errichtung einer Brücke oder einer Unterführung. Entscheidend ist die vorgesehene Ausführung der einzelnen, in sich geschlossenen Bauabschnitte6. Erfüllt daher nur einer von mehreren Bauabschnitten (zwei Straßen, eine Brücke) 1 EuGH v. 5.10.2000 – Rs. C-16/98, Slg. I-08315, NZBau 2001, 275 (277 f.), Rz. 42 – Sydev; s.a. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 173. 2 VK Thüringen v. 10.6.2008 – 250–4002.20–1323/2008–020-EF; VK RheinlandPfalz v. 10.6.2003 – VK 10/03; VK Münster v. 6.6.2001 – VK 12/01. 3 VK Rheinland-Pfalz v. 10.6.2003 – VK 10/03. 4 VK Brandenburg v. 21.12.2004 – VK 64/04. 5 VK Brandenburg v. 25.4.2003 – VK 21/03; VK Baden-Württemberg v. 22.10.2002 – 1 VK 51/02. 6 VK Münster v. 6.6.2001 – VK 12/01.

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eine eigene wirtschaftliche und technische Funktion, stellen die Bauabschnitte ein einheitliches Bauwerk dar1. Dementsprechend bilden ein Brückenkopf und eine Brücke eine verkehrlich-funktionale Einheit und stellen damit ein einheitliches Bauwerk dar2. Auch Teile von Verkehrsanlagen, die für sich genommen keine funktionale und wirtschaftliche Einheit darstellen, können nicht als eigenständige und von anderen Maßnahmen unabhängige Einzelbaumaßnahmen bezeichnet werden. So ist beispielsweise eine Straßenbeleuchtung mit entsprechender Elektroinstallation ohne eine dazugehörige Straße für sich allein wirtschaftlich unvernünftig und daher als notwendiger Bestandteil des Bauwerks „Straße“ anzusehen3. Dagegen soll die Verbundfähigkeit von Kanalsystemen für sich allein grundsätzlich noch nicht die Bewertung rechtfertigen, dass Erneuerungsarbeiten an unterschiedlichen Kanalabschnitten des Systems immer bereits als Teil einer Gesamtbaumaßnahme anzusehen sind. Vielmehr müssten weitere gewichtige Besonderheiten des jeweiligen Vergabeverfahrens hinzukommen, die eine solche Einschätzung zulassen. So spreche es z.B. für die Bewertung von Bauarbeiten als Gesamtbaumaßnahme, die eine wirtschaftliche und technische Funktion erfüllt, dass die einzelnen, in einem räumlich engen Zusammenhang stehenden Bauabschnitte gezielt durch den Auftraggeber gebündelt ausgeschrieben werden, die Durchführung nach zeitlich sukzessive vorgegebenen Zeitabschnitten erfolgen soll und gemeinsam für alle Bauabschnitte übergreifende Leistungen koordiniert durch die Bieter erbracht werden sollen4. Dem steht auch eine lange Bauzeit nicht zwingend entgegen. Zwar kann die vorgesehene Bauzeit ein Entscheidungskriterium sein, jedoch ist auch eine lange Zeitspanne unschädlich, wenn sie sich im Hinblick auf den Umfang und die Art der Arbeiten in einem überschaubaren Rahmen hält5 – mithin also angemessen ist. Wird bei der Errichtung einer Straßenbahntrasse die Gesamtbaumaßnahme in einzelnen Bauabschnitten ausgeschrieben, so kann die gesamte Trasse einer Straßenbahn mit Benennung der Trasse und mit definiertem Anfangs- und Endpunkt als ein einheitliches Bauwerk betrachtet werden, wenn der erste Bauabschnitt der Trasse in einem bestimmten Bereich mit Provisorien endet, deren Beseitigung und endgültige Fertigstellung Gegenstand des zweiten und 1 VK Düsseldorf v. 14.8.2006 – VK-32/2006-B. 2 VK Schleswig-Holstein v. 19.1.2005 – VK-SH 37/04. 3 VK Südbayern v. 14.1.2004 – 62-12/03; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.9.6.2.2. 4 VK Düsseldorf v. 28.9.2007 – VK-27/2007-B. 5 VK Düsseldorf v. 28.9.2007 – VK-27/2007-B; ähnlich VK Baden-Württemberg v. 22.10.2002 – 1 VK 51/02.

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dritten Bauabschnitts ist, wodurch die unmittelbare Verknüpfung der Leistungen des ersten Bauabschnitts und des zweiten und dritten Bauabschnitts deutlich wird und der Auftraggeber alle Bauabschnitte europaweit ausschreibt1. Auch ein Gewässer ist ein Bauwerk. Es handelt sich hierbei um eine 95 unbewegliche, durch die Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden, hergestellte Sache. Das das Gewässer durchfließende Wasser bildet eine funktionale Einheit mit dem Gesamtbauwerk. Folglich stellen Arbeiten, die die Funktionsfähigkeit des Gewässers sicherstellen sollen und direkt auf das Bauwerk einwirken, wie beispielsweise die Krautung der Sohle, Mahd und Krautung der Böschungen, Holzungen etc. unterhalb der Wasseroberfläche, Bauleistungen dar, da sie gleichsam wie Instandsetzungsarbeiten für die Funktionsfähigkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind. Entsprechende Arbeiten sollen dabei insbesondere auch nicht mit Reinigungsarbeiten bzw. Gartenpflegearbeiten in und um Gebäude (vgl. hierzu Rz. 88) verglichen werden können2. Schließlich stellt § 99 Abs. 3, 2. Alt wie auch Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR die 96 Voraussetzung auf, dass das Bauwerk eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Maßgeblich ist insoweit die endgültige Nutzung des hergestellten Bauwerks. Nicht von dem Begriff des Bauauftrags umfasst ist daher die Beschaffung von Kunstwerken, selbst wenn zu ihrer Herstellung Bauleistungen notwendig sind. Allerdings kann ein noch so künstlerisch geprägter Bauentwurf eines Architekten – unabhängig davon, ob urheberrechtlich geschützt oder nicht – als solcher die Freistellung vom Kartellvergaberecht nicht begründen3. 5. Bauleistungen durch Dritte (§ 99 Abs. 3, 3. Alt.) Die dritte Variante des § 99 Abs. 3 behandelt die Ausführung oder die 97 gleichzeitige Planung und Ausführung einer dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen. § 99 Abs. 3, Alt. 3 lehnt sich an Art. 1 Abs. 2 lit. b), Alt. 3 VKR an. Zu der in Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR nicht enthaltenen Formulierungen „unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen“ siehe bereits oben unter Rz. 76 sowie unten Rz. 101.

1 VK Thüringen v. 10.6.2008 – 250–4002.20–1323/2008–020-EF. 2 VK Sachsen-Anhalt v. 21.2.2008 – VK 2 LVwA LSA 1/08. 3 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 178.

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98 Die Norm fungiert als Auffangtatbestand1. Sinn und Zweck ist es zu verhindern, dass der öffentliche Auftraggeber durch das Ausweichen auf Vertragsgestaltungen, bei denen ein Dritter – letztlich im eigenen Namen – für ihn ein Bauvorhaben errichtet, das für Bauvergaben strenge Vergaberechtsregime umgeht2. Die Vorschrift umfasst insbesondere die klassischen Fälle der Bauträger-, Mietkauf- und Leasingverträge, aber auch ähnliche Gestaltungen wie etwa Kommunalfonds, die für öffentliche Auftraggeber Vorhaben realisieren, PPP-Vertragsgestaltungen, in deren Rahmen Bauvorhaben realisiert werden, oder sog. Generalübernehmerverträge als Unterfälle von Bauträgergestaltungen, in deren Rahmen eine Projektgesellschaft für einen öffentlichen Auftraggeber ein Bauvorhaben errichtet3. Hierbei wird die öffentliche Hand nicht als Auftraggeber einer Werkleistung tätig. Klassischerweise kauft (Bauträgervertrag) oder mietet (Leasingoder Mietkaufvertrag) der öffentliche Auftraggeber vielmehr ein bereits durch einen Dritten fertiggestelltes Bauvorhaben an. § 99 Abs. 3, 3. Alt. ist in engem Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand des § 100 Abs. 2 lit. h) zu sehen (vgl. § 100 Rz. 65 ff.). Anders als im Rahmen des § 100 Abs. 2 lit. h) liegt gemäß § 99 Abs. 3, 3. Alt. jedoch ein dem Vergaberechtsregime unterfallender Bauauftrag vor, weil und wenn die Bauausführung gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen erfolgt, d.h. der Auftraggeber auf die Bauausführung einen erheblichen Einfluss ausübt. Wirtschaftlich führt dies nämlich zu dem gleichen Ergebnis wie die Vergabe eines Werkvertrags über Bauleistungen. Der Auftraggeber erhält ein Bauwerk, das nach seinen Wünschen errichtet und auf seine Nutzungsabsichten zugeschnitten ist. Lediglich aus finanziellen oder steuerrechtlichen Gründen wird nicht der Abschluss eines Werkvertrags, sondern eine hiervon abweichenden Gestaltung gewählt. Zu Recht werden diese Verträge den Werkverträgen über Bauleistungen daher vergaberechtlich gleichgesetzt4. 99 § 99 Abs. 3, 3. Alt. hat dem Wortlaut nach im Wesentlichen drei Voraussetzungen: – Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, – die dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt, – gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen. 1 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). 2 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 190. 3 Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 142; sowie insb. Eschenbruch in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 192 m.w.N. 4 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 28.

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Unter „Bauleistung“ sind sämtliche Arbeiten zu verstehen, die unter die 100 erste oder zweite Variante des § 99 Abs. 3 fallen1. Dritter kann jede von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige private oder öffentliche Einrichtung sein2. Das durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4. 101 20093 neu eingeführte Erfordernis, dass es sich um eine dem Auftraggeber „unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden“ Bauleistung durch Dritte handeln muss, begegnete angesichts der sog. „Ahlhorn“-Rechtsprechung des OLG Düsseldorf bei Inkrafttreten hinsichtlich seiner Gemeinschaftsrechtskonformität noch Zweifeln. Durch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.20104 wurden diese jedoch zerstreut (s. hierzu bereits Rz. 3 und 76). Die zentrale und praktisch bedeutsamste Voraussetzung für die Anwen- 102 dung des § 99 Abs. 3, 3. Alt ist, dass die Bauleistung gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen durchgeführt wird. Entscheidend ist insoweit, ob und inwieweit die Realisierung auf einer Beschaffungsinitiative des öffentlichen Auftraggebers oder einer eigenständigen privaten Projektentwicklung beruht, wobei die Übergänge in der Praxis fließend sind5. Fraglich ist daher, welche Anforderungen sich aus dem Merkmal der „vom Auftraggeber genannten Erfordernisse“ sowohl hinsichtlich des Grades der Beschaffungsinitiative des öffentlichen Auftraggebers als auch hinsichtlich des Grades der Einflussnahme (Konkretisierungsdichte) konkret ergeben. Nach dem Wortlaut von § 99 Abs. 3, 3. Alt. müssen die Erfordernisse des 103 öffentlichen Auftraggebers von diesem „genannt“ werden. Erforderlich ist daher in jedem Fall eine – wie auch immer geartete – unmittelbare oder mittelbare Einwirkungsmöglichkeit des Auftraggebers6. § 100 Abs. 2 lit. h) bestimmt zudem, dass der Erwerb oder die Miete von vorhandenen Gebäuden vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen ist. Hiernach scheiden zunächst alle Verträge aus, bei denen der öffentliche Auftraggeber ein ohne seine Mitwirkung errichtetes Gebäude kauft, mietet oder least. Dies ist stets dann der Fall, wenn Kauf-, 1 2 3 4 5

Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 28. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 191. BGBl. I, S. 790 ff. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08 VergabeR 2010, 441 ff. Ähnlich Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 193. 6 VK Düsseldorf v. 2.8.2007 – VK-23/2007-B; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 141.

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Miet- oder Leasinggegenstand ein Gebäude ist, das bereits von Dritten benutzt wurde, soweit nicht umfangreiche Umbauarbeiten für den öffentlichen Auftraggeber stattfanden. Auch der Erstbezug eines neu errichteten Gebäudes fällt nicht unter § 99 Abs. 3 3. Alt., wenn der Auftraggeber in der Errichtungsphase keinerlei Einfluss auf die Bauausführung genommen hatte. In diesen Fällen handelt es sich um einen Lieferauftrag nach § 99 Abs. 2, der über § 100 Abs. 2 lit. h) jedoch von dem Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen ist. Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Bauherr die voraussichtlichen Bedürfnisse eines öffentlichen Auftraggebers antizipiert und hierauf basierend ein Gebäude errichtet, das auf den Auftraggeber zugeschnitten ist, in der Hoffnung, dass der Auftraggeber das Gebäude im Anschluss an seine Fertigstellung kaufen oder leasen würde, ohne dass ihm eine konkrete Möglichkeit der Einflussnahme eingeräumt wurde1. 104 Für die Bejahung des Merkmals der „vom Auftraggeber genannten Erfordernisse“ ist es vielmehr erforderlich, dass der öffentliche Auftraggeber mit einem bestimmten immobilienspezifischen Beschaffungsbedarf am Markt aufgetreten ist. Der Einhaltung einer besonderen Handlungsform bedarf es hierbei nicht. Allein ausreichend ist, dass der Auftraggeber mit einem von ihm entwickelten Anforderungsprofil für eine zu erbringende Bauleistung – in einer wie auch immer gearteten Art und Weise – an den Beschaffungsmarkt herangetreten ist. Fraglich ist insoweit jedoch insbesondere, welchen Intensitätsgrad die Einflussnahme haben muss. Das OLG Düsseldorf hat insoweit bisher die Ansicht vertreten, dass die Erfordernisse auf die Ausführung des individuellen Bauwerks bezogen sein und darauf einen inhaltlichen Einfluss nehmen müssen (z.B. durch Vorgaben betreffend die Art und Weise der Bebauung und ihrer Anbindung an die Umgebung oder an die Gestaltung des Fassaden)2. Dabei soll es – so das OLG Düsseldorf – jedoch nicht darauf ankommen, ob elementare oder weniger wichtige Erfordernisse gestellt werden3. Auch soll eine Herstellung nach vom Auftraggeber gebilligten Plänen genügen, wenn der Auftraggeber diese zuvor geprüft und sich zu eigen gemacht hat4. An den 1 So wohl auch Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 194 (deutlicher noch Eschenbach in der Vorauflage, Rz. 177). 2 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731); OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (275 f.); Hertwig/Öynhausen, KommJur 2008, 121 (122). 3 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 271 (275 f.). 4 Vgl. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 141; OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (140 f.); OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau

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Konkretisierungsgrad der Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers seien dabei keine hohen Anforderungen zu richten1. Der EuGH hat in der Entscheidung „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.2010 allerdings eine wesentlich restriktivere Auffassung vertreten. Ein öffentlicher Auftraggeber hat danach seine Erfordernisse nur dann genannt, wenn er Maßnahmen ergriffen hat, um die Merkmale der Bauleistung zu definieren oder zumindest einen entscheidenden Einfluss auf ihre Konzeption auszuüben. Der bloße Umstand, dass eine Behörde in Ausübung ihrer städtebaulichen Regelungszuständigkeiten bestimmte, ihr vorgelegte Baupläne prüft oder eine Entscheidung in Anwendung von Zuständigkeiten in diesem Bereich trifft, genügt insoweit nicht2. Unzweifelhaft nicht erfasst werden zum einen nicht bauwerks-, sondern 105 rein nutzungsbezogene (oder sozialpolitisch motivierte) Erfordernisse3. Beschränkt sich der öffentliche Auftraggeber daher darauf, lediglich nutzerspezifische Belange zu benennen, wie sie für einen Mieter üblich sind, reicht dies nicht aus, um von einem Bauauftrag auszugehen. Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn die genannten Erfordernisse i.S. einer Mieterbaubeschreibung über die rein funktionalen Anforderungen für den Mietergebrauch auch auf die bauliche Ausgestaltung, insbesondere die Architektur einen nicht unerheblichen Einfluss nehmen4. Zum anderen nicht erfasst werden solche Erfordernisse, die lediglich auf einer Anwendung öffentlich-rechtlicher Bauvorschriften5 beruhen oder dem Auftrag-

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2008, 271 (276); sowie insb. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731), das die Frage, ob der Begriff der „v. öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse“ nach Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR erfüllt ist, wenn die Bauleistungen nach v. öffentlichen Auftraggeber geprüften und gebilligten Plänen erbracht werden sollen, dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hat. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731); OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (532 f.). EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 67 ff. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). Ähnlich Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.9.8.2.2.1. Vgl. auch Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99, Rz. 195. Vgl. in diesem Zusammenhang auch VK Brandenburg v. 15.2.2008 – VK 2/08, wonach die Befugnisse einer Gemeinde im Rahmen der Baugenehmigung nach § 34 BauGB bei der Veräußerung eines Entwicklungsgrundstücks keine hinreichende Einflussmöglichkeit zur Absicherung der gemeindlichen Vorgaben begründen, weil die Bauerlaubnis nach § 34 BauGB eine gebundene Entscheidung ist und nicht im Ermessen der Gemeinde steht. Im Ergebnis ebenso VK Baden-Württemberg v 15.8.2008 – 1 VK 27/08.

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geber die Einhaltung und Festsetzung eines bestehenden Bebauungsplans aufgeben1. 106 Umstritten war bislang die Frage, ob der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach § 99 Abs. 3, 3. Alt. bzw. nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR es erfordert, dass der Unternehmer durch den Auftrag unmittelbar zu Bauleistungen verpflichtet wird oder Bauleistungen den Gegenstand des Auftrags bilden. Nach bisheriger Ansicht des OLG Düsseldorf, das diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hatte, ist dies – soll die Norm zur Erfassung möglicher Umgehungen einen Sinn haben – nicht der Fall2. Der EuGH hat in seiner diesbezüglichen Entscheidung in der Rechtssache „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.2010 nunmehr aber ausdrücklich klargestellt, dass der Begriff des öffentlichen Bauauftrags es erfordert, dass der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, übernimmt und dass es sich um eine nach den im nationalen Recht geregelten Modalitäten einklagbare Verpflichtung handelt3 (s. hierzu auch Rz. 81 und 164). 107 Irrelevant ist es im Rahmen des § 99 Abs. 3, 3. Alt., ob der Dritte die Bauleistungen auf Grund und Boden des öffentlichen Auftraggebers oder bereits vorhandenen eigenen Grundstücken ausführt. Der Norm unterfallen insbesondere sowohl die Fallgestaltungen, bei denen der Dritte zunächst vom öffentlichen Auftraggeber das Baugrundstück erwirbt, als auch die Fälle, bei denen der Dritte seit je her (oder seit längerer Zeit) Eigentümer des betroffenen Grundstücks ist. Im letztgenannten Fall ist in verfahrenstechnischer Hinsicht jedoch zu berücksichtigen, dass mit dem entsprechenden Eigentümer ggf. gemäß § 3a Abs. 6 Nr. 3 VOB/A ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung durchgeführt werden kann4. 108 Der Wortlaut des § 99 Abs. 3, 3. Alt. könnte dahingehend verstanden werden, dass die Vorschrift auch Verträge zwischen dem „Dritten“ (beispielsweise einem Bauträger) und seinen Auftragnehmern umfasst. Dies trifft jedoch nicht zu. Bauträger-, Leasing- und Mietkaufverträge werden 1 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441, (448), Rz. 67 ff.; ebenso bereits OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). 2 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). 3 Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, Rz. 59–63. Ähnlich auch bereits die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 17.11.2009 in der Rs. C-451/08, ZfBR 2010, 182 (189 f.), Rz. 80. 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 193; Otting, NZBau 2004, 469 (470).

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in § 99 Abs. 3 erwähnt, soweit sie im Ergebnis dem Abschluss eines Werkvertrags über Bauleistungen gleichkommen. Genauso wie bei Abschluss eines Werkvertrags der Auftragnehmer des öffentlichen Auftraggebers grundsätzlich nicht dem Vergaberecht unterliegt, findet dieses auch auf einen privaten Dritten, der im Auftrag eines öffentlichen Auftraggebers als Bauträger oder zukünftiger Leasinggeber Bauverträge an Subunternehmer vergibt, keine Anwendung. § 57a Abs. 1 Nr. 8 HGrG hatte zwar vorgesehen, dass auch natürliche und juristische Personen des Privatrechts, die mit der öffentlichen Hand einen der in § 99 Abs. 3, 3. Alt. genannten Verträge abgeschlossen hatten, bezüglich der Erteilung von Bauaufträgen an Dritte dem Vergaberecht unterlagen. Diese Vorschrift war jedoch gegenstandslos, da die in ihr genannten Auftraggeber durch § 3 Abs. 1 S. 2 VgV 1994 von dem Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgeschlossen wurden. § 57a Abs. 1 Nr. 8 HGrG wurde daher folgerichtig nicht in § 98 aufgenommen1. Damit erweist sich insbesondere auch der frühere Meinungsstreit darüber, ob das Vergaberecht bereits auf der ersten Stufe zwischen öffentlichem Auftraggeber und Bauträger oder auf der zweiten Stufe zwischen Bauträger und etwaigen Nachunternehmern zum Tragen kommt2, als überholt3. 6. Baukonzessionen Zu den Baukonzessionen, welche nunmehr infolge des Gesetzes zur Mo- 109 dernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20094 ausdrückliche Erwähnung in § 99 Abs. 6 finden (vgl. Rz. 3), siehe Rz. 129 ff. V. Dienstleistungsaufträge (§ 99 Abs. 4) 1. Definition § 99 Abs. 4 bezeichnet Dienstleistungsaufträge als Verträge über die Er- 110 bringung von Leistungen, die nicht unter Abs. 2 oder Abs. 3 fallen und keine Auslobungsverfahren darstellen. Das Gesetz verzichtet auf eine ausdrückliche Definition und beschränkt sich darauf, Dienstleistungsaufträge in Abgrenzung zu sonstigen Aufträgen zu beschreiben. § 99 1 Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 149; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 28. 2 Vgl. dazu Otting, NZBau 2004, 469 (471), 472 f.; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 28; Eschenbruch/Niebuhr, BB 1996, 2417 ff. 3 Ebenso Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99, Rz. 198. 4 BGBl. I, S. 790 ff.

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Abs. 4 erhält damit die Funktion eines Auffangtatbestandes. Erfasst werden alle Formen von Aufträgen, die nicht bereits unter eine der anderen in § 99 genannten Auftragsarten fallen und nicht vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen sind1. Sinn und Zweck ist es also, dass im Grundsatz alle Einkäufe der öffentlichen Hand dem Binnenmarkt zur Verfügung stehen2. 111 Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt die Definition eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zwar in den Bereich des Gemeinschaftsrechts und nicht des nationalen Rechts3, so dass das Gemeinschaftsrecht im Zweifel Vorrang genießt bzw. für die Auslegung des nationalen Rechts maßgeblich ist. Allerdings kennt auch die Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG keine positive Definition des Dienstleistungsauftrags. Art. 1 Abs. 2 lit. d) VKR beschränkt den Anwendungsbereich der Richtlinie auf „Dienstleistungen (i.S.v. Anhang II)“. Die Erweiterung dieses Begriffs in § 99 Abs. 4 auf „Leistungen“ stellt jedoch keine inhaltliche Ausdehnung dar. Im Sprachgebrauch werden sämtliche Leistungen in Abgrenzung zu Lieferungen als Dienstleistungen bezeichnet. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Verweis in Art. 1 Abs. 2 lit. d) VKR auf Anhang II der Richtlinie. Zwar umfasst dieser explizit auch Waren. Allerdings müssen die Dienstleistungen auch nach Art. 1 Abs. 2 lit. d) VKR negativ von den Lieferleistungen abgegrenzt werden. Art. 1 Abs. 2 lit. d) VKR verweist sowohl auf Anhang II Teil A als auch Teil B. Dienstleistungen, die weder dem Anhang II Teil A noch Teil B zuzuordnen sind und keine Warenleistungen zum Gegenstand haben, unterfallen daher nicht dem EU-Vergaberechtsregime. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Anhang II Teil B in Kategorie 27 auch „sonstige Dienstleistungen“ als Auffangtatbestand aufführt mit der Folge, dass letztlich nur die ausdrücklich von Anhang II ausgenommenen Dienstleistungen nicht in den Anwendungsbereich des EU-Vergaberechts fallen4. 112 Bei Prüfung der Frage, ob ein Dienstleistungsauftrag vorliegt, ist zunächst – auch unter Berücksichtigung der Abgrenzungsregelungen in § 99 Abs. 7 und 8 – zu untersuchen, ob § 99 Abs. 2, 3 oder 5 eingreift. 1 OLG Brandenburg v. 15.5.2007 – Verg W 2/07, VergabeR 2008, 242 (244); OLG Stuttgart v. 4.11.2002 – 2 Verg 4/02, NZBau 2003, 296; OLG Düsseldorf v. 12.1. 2004 – Verg 71/03, NZBau 2004, 343 (344); VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; VK Sachsen v. 11.2.2005 – 1/SVK/128–04. 2 BayObLG v. 11.12.2001 – Verg 15/01, NZBau 2002, 233 (234). 3 EuGH v. 18.12.2007 – Rs. C-220/06, Slg. I-12175, NZBau 2008, 189 (191), Rz. 50. 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 200.

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Soweit dies der Fall ist, liegt kein Dienstleistungsauftrag vor. Anderenfalls ist der Anwendungsbereich des § 99 Abs. 4 grundsätzlich eröffnet. Das Gesetz bestimmt hierzu jedoch zahlreiche Ausnahmen, die sich aus § 100 Abs. 2 ergeben. Der Dienstleistungsauftrag ist daher in doppelter Hinsicht negativ abzugrenzen: zum einen von den Lieferaufträgen, Bauaufträgen und Auslobungsverfahren, zum anderen von den in § 100 Abs. 2 genannten Tätigkeiten1. Die Bestimmungen, die öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von 113 Dienstleistungsaufträgen anzuwenden haben, ergeben sich aus den §§ 4 und 5 VgV bzw. aus der SektVO, wobei zwischen gewerblichen Dienstleistungen, die dem Anwendungsbereich der VOL/A unterfallen und freiberuflichen Tätigkeiten, auf welche die VOF Anwendung findet, unterschieden wird. Die Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG unterscheidet daneben zwischen den sog. „vorrangigen“ (Anhang II Teil A) und „nachrangigen“ Dienstleistungen (Anhang II Teil B). Die VOL/A und die VOF haben diese Einteilung übernommen. Die vorrangigen Dienstleistungen finden sich jeweils im Anhang I A, die nachrangigen im Anhang I B. Hinsichtlich der nachrangigen Dienstleistungen beschränken sich die Verpflichtungen des öffentlichen Auftraggebers entsprechend der Vorgaben in den Art. 20 und 21 VKR im Wesentlichen auf die technische Auftragsbeschreibung und die Bekanntmachung über die Auftragserteilung (vgl. § 1 EG Abs. 3 VOL/A i.V.m. § 4 Abs. 4 VgV bzw. § 1 Abs. 3 VOF). 2. Dienstleistungskonzession Die Dienstleistungsaufträge gemäß § 99 Abs. 4 sind abzugrenzen von den 114 sog. Dienstleistungskonzessionen, welche gemäß Art. 17 VKR nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts (i.e.S.) fallen (siehe hierzu Rz. 122 ff.). Der Begriff der Dienstleistungskonzession ist im GWB nicht definiert. 115 Eine Legaldefinition findet sich jedoch in Art. 1 Abs. 4 VKR. Danach sind Dienstleistungskonzessionen Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Diese Begriffsdefinition steht im Einklang mit der der Baukonzession in Art. 1 Abs. 3 VKR.

1 Otting in Bechtold, GWB, § 99 Rz. 7; Noch, BauR 1998, 941 (945).

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116 Konzessionen sind also Vertragskonstellationen, bei denen die Gegenleistung für die Erbringung des Auftrags nicht in einem vorher festgelegten Preis, sondern in dem Recht besteht, die zu erbringende Leistung zu nutzen oder entgeltlich zu verwerten, oder in diesem Recht und einer zusätzlichen Bezahlung1. Bei der Dienstleistungskonzession handelt es sich nicht um einen entgeltlichen Vertrag i.S.d. § 99 Abs. 1, sondern vielmehr um eine Verwertungshandlung des öffentlichen Auftraggebers (als Konzessionsgeber). Der öffentliche Auftraggeber erbringt grundsätzlich keine Gegenleistung; vielmehr wird die Dienstleistung vom Auftragnehmer kommerziell genutzt2. Für die Dienstleistungskonzession ist also grundsätzlich eine Dreierbeziehung typisch: Der Auftragnehmer erhält nicht vom Auftraggeber ein Entgelt als Gegenleistung für die Dienstleistung, sondern von einem Dritten. Der öffentliche Auftraggeber erbringt dafür, dass der Auftragnehmer die Dienstleistung anbietet, keine unmittelbare Gegenleistung, sondern stellt dem Auftragnehmer lediglich die Möglichkeit zur Nutzung zur Verfügung. Leistung des Auftraggebers ist sozusagen die Einräumung des Nutzungsrechts samt dem Recht zur Verwertung, Gegenleistung des Auftragnehmers die Einrichtung der Dienstleistung für Dritte3. Kennzeichen einer Konzession ist zum einen, dass sie die Übertragung eines Rechts zur Verwertung einer bestimmten Leistung umfasst und zum anderen, dass der Konzessionär – ganz oder zum überwiegenden Teil – das mit der fraglichen Dienstleistung verbundene wirt-

1 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2430), Rz. 68; BGH v. 1.12. 2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84, 93; OLG Brandenburg v. 30.5.2008 – Verg W 5/08, NZBau 2009, 139 (140); OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08, NZBau 2008, 594 (595); OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 (653); OLG Düsseldorf v. 8.9.2005 – Verg 35/04, NZBau 2005, 650 (651); OLG Düsseldorf v. 27.10.2004 – Verg 41/04, VergabeR 2005, 90 (96); OLG Karlsruhe v. 15.10.2008 – 15 Verg 9/08, NZBau 2008, 784 (785); OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 (656); VG Köln v. 16.10.2008 – 1 K 4507/08, NVwZ-RR 2009, 327 (328); VK Brandenburg v. 28.3.2008 – VK 6/08; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-123/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-120/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-117/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-114/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-108/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-105/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-102/07; VK Bund v. 24.7.2007 – VK 2-69/07; VK Nordbayern v. 2.8.2006 – 21. VK-3194–22/06; VK Sachsen v. 26.3.2008 – 1/SVK/005-08; VK Südbayern v. 3.4.2009 - Z3-3-3194-1-49-12/08; VK Südbayern v. 24.9.2007 – Z3-3-3194-1-29-06/07; VK Südbayern v. 18.6.2007 – Z3-3-3194-1-22-05/07. 2 OLG Brandenburg v. 30.5.2008 – Verg W 5/08, NZBau 2009, 139 (140); OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 (653); Weyand, IBR-onlineKommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.10.8.2. 3 OLG München v. 2.7.2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 (787).

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schaftliche Nutzungsrisiko (Betriebsrisiko) übernimmt1. Im Einzelnen stellen sich insoweit jedoch noch viele bisher nicht abschließend geklärte Fragen. Eine Dienstleistungskonzession scheidet nach dem Gesagten aus, wenn 117 der Leistungserbringer als Entgelt ausschließlich einen zuvor festgelegten Preis erhält2, wobei es unerheblich ist, ob der Preis in einer Geldleistung oder in Form einer sonstigen geldwerten Leistung (z.B. der Übereignung von werthaltigen Sachen wie beispielsweise Altpapier) besteht3. Weiter steht es der Annahme einer Dienstleistungskonzession entgegen, 118 wenn der Leistungserbringer die Vergütung ausschließlich und unmittelbar vom Auftraggeber erhält, da der Leistungserbringer dann gerade keine Möglichkeit hat, aus der Leistungserbringung weiteren Nutzen zu ziehen, insbesondere weitere Einnahmen gegenüber Dritten zu erzielen4. Praktisch relevant ist dies in letzter Zeit bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen geworden. Diesbezüglich sind in Deutschland grundsätzlich zwei Modelle, wie der Rettungsdienst vergütet wird, zu unterscheiden. In einigen Bundesländern (z.B. Sachsen) werden die rettungsdienstlichen Leistungen durch den öffentlichen Auftraggeber unmittelbar gegenüber 1 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2430 f.), Rz. 72; EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-382/05, Slg. I-06657, Rz. 34; BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84, 93; OLG Brandenburg v. 30.5.2008 – Verg W 5/08, NZBau 2009, 139 (140); OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08, NZBau 2008, 594 (595); OLG Düsseldorf v. 22.9.2005 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 (653); OLG Düsseldorf v. 8.9.2005 – Verg 35/04, NZBau 2005, 650 f.; OLG Düsseldorf v. 27.10.2004 – Verg 41/04, VergabeR 2005, 90 (96); OLG Karlsruhe v. 15.10.2008 – 15 Verg 9/08, NZBau 2008, 784 (785); VG Münster v. 9.3.2007 – 1 L 64/07, VergabeR 2007, 350 f.; VK Baden-Württemberg v. 14.3.2005 – 1 VK 5/05; VK Brandenburg v. 28.3.2008 – VK 6/08; VK Bund v. 14.9.2007 – VK 1-101/07; VK Bund v. 31.8. 2007 – VK 1-92/07; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-123/07, VK 2-120/07, VK 2-117/07, VK 2-114/07, VK 2-108/07, VK 2-105/07 und VK 2-102/07; VK Bund v. 24.7.2007 – VK 2-69/07; VK Hessen v. 7.10.2005 – 69d VK-39/2005, 69d VK-54/2005, 69d VK-55/2005, 69d VK-56/2005 und 69d VK-57/2005; VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; VK Münster v. 28.5.2004 – VK 10/04; VK Lüneburg v. 16.10.2008 – VgK-30/2008; VK Sachsen v. 29.8.2008 – 1/SVK/042-08 und 1/SVK/041-08; VK Südbayern v. 3.4.2009 – Z3-3-3194–1-49–12/08; VK Südbayern v. 24.9.2007 – Z3-3-3194–1-29–06/07. 2 EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96; OLG Celle v. 5.2.2004 – 13 Verg 26/03, NZBau 2005, 51 (52). 3 OLG Celle v. 5.2.2004 – 13 Verg 26/03, NZBau 2005, 51 (52); Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.10.8.2. 4 OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08, NZBau 2008, 594 (595); VK Sachsen v. 29.8.2008 – 1/SVK/042-08; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.10.8.2.

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den Rettungsdiensten vergütet. Der öffentliche Auftraggeber vereinbart seinerseits in Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern das Benutzungsentgelt, welches er dann den Rettungsdiensten zahlt. Bei diesem Modell handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag1. In anderen Bundesländern (z.B. Bayern) hingegen wird ein hiervon abweichendes Modell praktiziert. Der Unterschied zwischen den beiden Modellen besteht lediglich darin, dass die nach dem Gesetz vorgesehenen Benutzungsentgelte einmal zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und einem anderen öffentlichen Auftraggeber (dem Sozialversicherungsträger) ausgehandelt werden und der Auftragnehmer daran gebunden ist (sog. sächsisches Modell oder Submissionsmodell), und einmal der Auftragnehmer mit einem anderen öffentlichen Auftragnehmer (dem Sozialversicherungsträger) das Benutzungsentgelt vereinbart (sog. bayerisches Modell oder Konzessionsmodell), wobei seine Position wegen der Kostenzwänge der Sozialversicherungsträger bei den Verhandlungen aber nicht besser oder schlechter als die des öffentlichen Auftraggebers ist2. Hinsichtlich des zuletzt beschriebenen (bayerischen) Modells stellt sich die Frage, ob allein die Wahl des anderen Verhandlungsweges dazu führen kann, dass einmal die Rettungsdienstleistung als Dienstleistungsauftrag ausgeschrieben werden muss, und im anderen Fall als Dienstleistungskonzession nicht, obwohl sich auch bei diesem (bayerischen) Modell auf der anderen Verhandlungsseite öffentliche Auftraggeber befinden und die Lage des Auftragnehmers sich in beiden Fällen nicht unterscheidet, weil er das Benutzungsentgelt nicht frei bestimmen kann3. Diese Frage ist bislang nicht abschließend geklärt. Das OLG München hat dies zum Anlass genommen, dem EuGH die Vorlagefrage zu stellen, ob ein Vertrag über Dienstleistungen (hier: Rettungsdienstleistungen), nach dessen Inhalt eine unmittelbare Entgeltzahlung des öffentlichen Auftraggebers an den Auftragnehmer nicht erfolgt, sondern a) im Wege von Verhandlungen zwischen dem Auftragnehmer und Dritten, die ihrerseits öffentliche Auftraggeber sind (hier: Sozialversicherungsträger), das Benutzungsentgelt für die zu erbringenden Leistungen festgesetzt wird, b) im Falle einer Nichteinigung die Entscheidung einer hierfür vorgesehenen Schiedsstelle vorgesehen ist, deren Entscheidung zur Überprüfung durch staatliche Gerichte gestellt wird, und c) das Entgelt nicht unmittelbar von den Nutzern, sondern von einer zentralen Abrechnungsstelle, deren Dienste der Auftragnehmer nach dem Gesetz in Anspruch nehmen muss, in regelmäßigen Abschlagszahlungen an den 1 BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84 (92 f.). 2 Vgl. OLG München v. 2.7.2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 (788). 3 So OLG München v. 2.7.2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 (788).

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Auftragnehmer ausgezahlt wird, allein aus diesem Grund als Dienstleistungskonzession i.S.d. Art. 1 Abs. 4 VKR – in Abgrenzung zum Dienstleistungsauftrag i.S.v. Art. 1 Abs. 2 lit. a) und d) VKR – anzusehen ist1. Fraglich und bisher ebenfalls nicht abschließend geklärt ist weiter, ob aus 119 dem Rechtssatz, dass eine Dienstleistungskonzession ausscheidet, wenn der Leistungserbringer die Vergütung unmittelbar und ausschließlich vom Auftraggeber erhält, im Umkehrschluss gefolgert werden kann, dass allein aus dem Grund, dass eine unmittelbare Entgeltzahlung des öffentlichen Auftraggebers an den Auftragnehmer nicht erfolgt, sondern der Auftragnehmer das Recht erhält, privatrechtliche Entgelte von Dritten zu erheben, der Vertrag – in Abgrenzung zum entgeltlichen Dienstleistungsvertrag – als Dienstleistungskonzession einzuordnen ist. Das OLG Jena hatte u.a. diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt2, gleichzeitig aber auch entsprechende Zweifel angemeldet: Zwar sei die Frage, wer Vergütungsschuldner ist, ein gewichtiges, aber nicht das allein entscheidendes Indiz für die – letztlich maßgebende – Frage, wer das geschäftliche Risiko trägt3. Der EuGH hat hierzu entschieden, dass bei einem Vertrag über Dienstleistungen der Umstand, dass eine unmittelbare Entgeltzahlung des öffentlichen Auftraggebers an den Auftragnehmer nicht erfolgt, sondern der Auftragnehmer das Recht erhält, Entgelte von Dritten zu erheben, (jedenfalls dann) genügt, um den betreffenden Vertrag als Dienstleistungskonzession einzuordnen, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber eingegangene Betriebsrisiko aufgrund der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Dienstleistung von vornherein zwar erheblich eingeschränkt ist, der Auftragnehmer aber dieses eingeschränkte Risiko in vollem Umfang oder zumindest zu einem erheblichen Teil übernimmt4 (vgl. Rz. 121). Fraglich ist weiterhin, ob und wenn ja, inwieweit dem Merkmal der 120 Eigenverantwortung bzw. der Verantwortungssubstitution bei der Abgrenzung zwischen Dienstleistungsauftrag und Dienstleistungskonzession eine Bedeutung zukommt. Der EuGH hat in einer älteren Entscheidung das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession zwar (auch) von der „Übertragung von Verantwortlichkeiten“ abhängig gemacht5, hieran al1 OLG München v. 2.7.2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 ff., mit Anm. Stolz. 2 OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 ff. 3 OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 (657 f.); so bereits auch OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – Verg 50/06, NZBau 2007, 525 (528). 4 EuGH v. 10.9.2009 – Rs. C-206/08, NZBau 2009, 729 (733), Rz. 80. Siehe hierzu auch die Anm. von Hübner, EuZW 2009, 814 ff. 5 EuGH v. 26.4.1994 – Rs. C-272/91, Slg. I-01409, Rz. 24; ähnlich BayObLG v. 11.12.2001 – Verg 15/01, NZBau 2002, 233 (234), das von einer „Übertragung der Verantwortung für die Nutzung“ spricht.

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lerdings in einer nachfolgenden Entscheidung nicht mehr festgehalten, sondern ausgeführt, dass es für die Einstufung eines Vertrags als öffentlicher Auftrag oder als Dienstleistungskonzession nicht maßgebend sei, ob die von dem Unternehmen angebotenen Leistungen ihm ein bedeutendes Maß an Selbstständigkeit bei ihrer Erbringung abverlangen1. Das OLG Jena hat hieraus geschlossen, dass diesem Merkmal daher keine ausschlaggebende Bedeutung (mehr) zukomme2. Allerdings ist zu beachten, dass der EuGH in einer Entscheidung neueren Datums wiederum festgestellt hat, dass sich aus Definition der Dienstleistungskonzession ergibt, dass für diese eine Lage kennzeichnend ist, in der ein Auftraggeber ein Recht zur Nutzung einer bestimmten Dienstleistung an einen Konzessionär überträgt, wobei Letzterer im Rahmen des geschlossenen Vertrags über eine bestimmte wirtschaftliche Freiheit verfügt, um die Bedingungen zur Nutzung dieses Rechts zu bestimmen, und somit parallel dazu weitgehend den mit dieser Nutzung verbundenen Risiken ausgesetzt ist3. Im Anschluss hieran hat der EuGH in dem konkreten Fall einen Dienstleistungsauftrag u.a. mit der Begründung angenommen, dass der Auftragnehmer nicht über den Grad wirtschaftlicher Freiheit verfügt, der für die Situation einer Dienstleistungskonzession kennzeichnend ist4. Demzufolge wird man davon ausgehen müssen, dass dem Merkmal der Eigenverantwortung zwar kein allein entscheidender, gleichwohl aber Indizcharakter zukommt. Zutreffend ist jedoch auch der Hinweis des OLG Jena, dass es unter normalen Wettbewerbsbedingungen auf einem freien Markt für das Vorliegen eines Dienstleistungsauftrages verkehrstypisch ist, dass der Auftragnehmer – anders als ein Konzessionär – an inhaltliche Vorgaben bei der Auftragsausführung seitens der auftraggebenden Vergabestelle gebunden ist; dieses Unterscheidungsindiz aber dann nicht weiterhilft, wenn die unternehmerische Eigenverantwortung des Konzessionärs bei materiell-rechtlicher Betrachtung nicht seitens der Vergabestelle, sondern vielmehr von der Aufgabe und den für diese geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen her eingeschränkt wird5.

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EuGH v. 18.7.2007 - Rs. C-382/05, Slg. I-06657, VergabeR 2007, 604 (608), Rz. 44. OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 (657). EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, Rz. 71. EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, Rz. 73. So OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 (657), für die Wasserversorgung bzw. -entsorgung, die eine öffentliche Pflichtaufgabe darstellt, so dass für jede hierfür verantwortliche Stelle – gleichgültig ob es sich dabei um die öffentliche Hand selbst (Vergabestelle) oder um ein beauftragtes Unternehmen handelt – gesetzliche Entgelt- und Leistungsvorgaben bestehen.

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Den Kern für die Abgrenzung zwischen Dienstleistungsauftrag und 121 Dienstleistungskonzession bildet die Frage der Übernahme des wirtschaftlichen Betriebsrisikos1. Insoweit kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an2. Das Kriterium der Übernahme des Betriebsrisikos wird nach der Rechtsprechung des EuGH bereits durch das (erforderliche) Recht des Konzessionärs zur Verwertung seiner eigenen Leistung impliziert3. Umstritten war in diesem Zusammehang bislang die Frage, ob eine Dienstleistungskonzession per Definition nur dann vorliegen kann, wenn die Erbringung der betroffenen Dienstleistung mit einem bestimmten, qualitativ annähernd den Verhältnissen auf dem freien Markt entsprechenden Betriebsrisiko verbunden ist, oder ob es ausreicht, wenn der Konzessionär das mit der Dienstleistungserbringung nach ihrer konkreten, insbesondere auch rechtlich vorgegebenen Ausgestaltung originär verbundene – also im Falle eigener Leistungserbringung auch den öffentlichen Auftraggeber selbst treffende – Risiko vollständig oder jedenfalls nahezu vollständig übernimmt. Diese Frage stellt sich insbesondere in solchen Fällen, in denen das vorhandene Betriebsrisiko aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben, wie z.B. Anschluss- und Benutzungszwänge oder gesetzlich vorgegebene Preiskalkulationen auf der Grundlage des Kostendeckungsprinzips, erheblich reduziert, und nicht mit dem für einen auf dem freien Markt tätigen Anbieter bestehenden Risiko vergleichbar ist4. Das OLG Jena neigte zur Bejahung dieser Frage und berief sich hierbei insbesondere auf die Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen „ANAV/Commune di Bari“5 und „Kommission/Italien“6, aus denen sich zumindest mittelbar ableiten lasse, dass der EuGH nicht die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos in der Größenordnung, wie es auf einem freien Markt besteht, fordere7. Zudem weist es darauf hin, dass auch in der nationalen Rechtsprechung – in der Formulierung mehr oder minder deutlich – stets auf die Übernahme oder Aufbürdung eines – vor1 So OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 (657). Vgl. auch EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2431), Rz. 75. 2 Vgl. zur diesbezüglichen Kasuistik Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.10.8.4; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 238. 3 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2430 f.), Rz. 72; EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-382/05, Slg. I-06657, VergabeR 2007, 604 (608), Rz. 34. 4 Vgl. OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 (657 f.), für die Wasserversorgung bzw. -entsorgung; OLG München v. 2.7.2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 (787 ff.), für Rettungsdienstleistungen. 5 EuGH v. 6.4.2006 – Rs. C-410/04, Slg. I-03303, NZBau 2006, 326 ff. 6 EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-382/05, Slg. I-06657, VergabeR 2007, 604 ff. 7 OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 (658).

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handenen – wirtschaftlichen Risikos abgestellt wird1. Das OLG München2 ließ diese Frage, insbesondere unter Hinweis auf die seinerzeit jüngste, in diesem Kontext ergangene Entscheidung des EuGH3, offen. Sowohl das OLG Jena als auch das OLG München haben die Frage, ob die Übernahme eines wie auch immer gearteten Risikos für die Annahme einer Dienstleistungskonzession genügt, wenn nur das gesamte sonst den Auftraggeber treffende Risiko (nahezu) vom Auftragnehmer übernommen wird, dem EuGH zur abschließenden Klärung vorgelegt4. Bezogen auf die Vorlage des OLG Jena hat der EuGH festgestellt, dass selbst wenn das Risiko des öffentlichen Auftraggebers erheblich eingeschränkt ist, es jedenfalls für die Annahme einer Dienstleistungskonzession erforderlich (und gleichermaßen ausreichend) ist, dass er das volle Betriebsrisiko oder zumindest einen wesentlichen Teil davon auf den Konzessionär überträgt5 (vgl. Rz. 119). 122 Gemäß Art. 17 VKR gilt die Vergabekoordinierungsrichtlinie nicht für Dienstleistungskonzessionen gemäß Art. 1 Abs. 4 VKR6. Da der Anwen1 Vgl. OLG Stuttgart v. 4.11.2002 – 2 Verg 4/02, NZBau 2003, 296; OLG Düsseldorf v. 8.9.2004 – Verg 35/04, NZBau 2005, 650 (651); OLG Düsseldorf v. 10.5.2006 – Verg 12/06, für den Betrieb einer Feuerbestattungsanlage; BayObLG v. 9.7.2003 – Verg 7/03, BayObLGZ 2003, 170 f., das v. Erfordernis der Verlagerung eines – vorhandenen – wirtschaftlichen Risikos ausgeht und deshalb ausdrücklich eine Dienstleistungskonzession auch dann annimmt, wenn von vornherein ein wirtschaftliches Risiko gar nicht oder aber nur – im Vergleich zu freien Marktverhältnissen – in geringem Maße vorhanden ist, dieses „Restrisiko“ aber auf den Konzessionär verlagert wird. Unentschieden hingegen OLG München v. 2.7.2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 (788 f.). 2 OLG München v. 2.7.2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 (789 f.). 3 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2430 f.), insb. Rz. 71–75. Der EuGH geht in dieser Entscheidung davon aus, dass ein Dienstleistungskonzessionär das mit der fraglichen Dienstleistung verbundene Risiko übernimmt und diesem ausgesetzt ist. Für den konkreten Fall stellt der EuGH indes fest, dass das mit der Ausübung der fraglichen Tätigkeiten verbundene Risiko – ein Aspekt, der für die Lage eines Konzessionärs im Rahmen einer Dienstleistungskonzession kennzeichnend ist – nicht überwiegend von dem Wirtschaftsteilnehmer getragen wird. 4 OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653 ff.; OLG München v. 2.7. 2009 – Verg 5/09, VergabeR 2009, 781 ff. 5 EuGH v. 10.9.2009 – Rs. C-206/08, NZBau 2009, 729 (733 f.), Rz. 77. Vgl. auch die Anm. von Hübner, EuZW 2009, 814 (815). 6 Dies galt nach Auffassung des EuGH auch bereits vor der Klarstellung durch Art. 17 VKR unter dem Rechtsregime der Vorgängerrichtlinie 92/50/EWG, weil sich aus dem Richtliniengebungsverfahren zur Richtlinie 92/50/EWG der klare Wille des Richtliniengebers ergab, die Dienstleistungskonzession nicht dem Ver-

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dungsbereich der §§ 97 ff. nicht über denjenigen der einschlägigen EURichtlinien hinausgeht, fallen die Dientsleistungskonzessionen auch nicht in den Anwendungsbereich des nationalen Kartellvergaberechts1. Gleichwohl verlangt der EuGH – ebenso wie für Auftragsvergaben unter- 123 halb der Schwellenwerte – auch für den Abschluss von Dienstleistungskonzessionen, dass die Grundfreiheiten des EG-Vertrags sowie das Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV [ex-Art. 12 EGV]) beachtet werden. Welche grundlegenden Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hat der EuGH insbesondere in den Entscheidungen „Telaustria“2, „Coname“3 und „Parking Brixen“4 herausgearbeitet. Nach dem „Telaustria“-Urteil schließt das Diskriminierungsverbot insbesondere eine Verpflichtung zur Transparenz ein, damit festgestellt werden kann, ob es beachtet worden ist. Kraft dieser Verpflichtung zur Transparenz muss ein öffentlicher Auftraggeber zugunsten der potentiellen Auftragnehmer einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherstellen, der den Dienstleistungsmarkt dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden. In den Urteilen „Coname“ und „Parking Brixen“ hat der EuGH weiter festgestellt, dass ein Mangel an Transparenz darüber hinaus einen Verstoß gegen die Dienstleistungs- (Art. 56 AEUV [ex-Art. 49 EGV]) bzw. Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV [ex-Art. 43 EGV]) begründen kann. Zur Frage der öffentlichen Ausschreibung stellte der EuGH zudem klar, dass jedenfalls das völlige Fehlen einer Ausschreibung weder mit den Anforderungen der Art. 49 und 56 AEUV (ex-Art. 43 und 49 EGV) noch mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz in Einklang steht5.

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gaberecht zu unterwerfen, vgl. EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-324/98, Slg. I-10745, NZBau 2001, 148 (151), Rz. 58 – Telaustria; EuGH v. 30.5.2002 – Rs. C-358/00, Slg. I-10745, NZBau 2003, 50 f. Auch in der nationalen Rechtsprechung und Literatur bestand diesbezüglich Einigkeit, vgl. VÜA Bayern v. 28.8.1998 – VÜA 16/97, WuW/E Verg 178, 180; OLG Koblenz v. 6.11.2000 – Verg 4/00, NZBau 2001, 283 (284); OLG Brandenburg v. 3.8.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2002, 45 (47); OLG Naumburg v. 4.12.2001 – 1 Verg 10/01, NZBau 2002, 235 (236); BayObLG v. 11.12.2001 – Verg 15/01, VergabeR 2002, 55 (58); Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 34; Reidt/Stickler in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32 Rz. 11. M.w.N. Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.10.8.5. EuGH v. 7.12.2000 – Rs. C-324/98, Slg. I-10745, NZBau 2001, 148 ff. – Telaustria. EuGH v. 21.7.2005 – Rs. C-231/03, Slg. I-07287, NZBau 2005, 592 ff. – Coname. EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-485/03, Slg. I-08585, NZBau 2005, 644 ff. – Parking Brixen. EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-485/03, Slg. I-08585, NZBau 2005, 644 (648), Rz. 50 – Parking Brixen.

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124 Der EuGH hat bisher allerdings offen gelassen, wie das von ihm geforderte transparente Vergabe- bzw. Bewerbungsverfahren konkret auszugestalten ist. Anhaltspunkte hierfür lassen sich jedoch der „Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen“ vom 24.7.20061 entnehmen. Darin fasst die EU-Kommission die Rechtsprechung des EuGH zur Anwendung des EG-Vertrags auf Verträge außerhalb des Anwendungsbereichs der EUVergaberichtlinien in konkrete Leitlinien, insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung von Bekanntmachungen, Verfahren und Rechtsschutz. Vor diesem Hintergrund kommt der Mitteilung der EU-Kommission – trotz der starken Kritik aus Politik, Wirtschaft und Literatur2 – eine erhebliche Bedeutung zu. Da davon ausgegangen werden kann, dass die EU-Kommission die Beachtung der von ihr vorgegebenen Standards mit Hilfe des Vertragsverletzungsverfahrens (Art. 258 AEUV [ex-Art. 226 EGV]) gegen die Mitgliedsstaaten durchsetzen wird, dürfte die Mitteilung daher im faktischen Ergebnis sogar die Qualität einer EU-Richtlinie für die Ausgestaltung des nationalen Vergaberechts für alle Fälle außerhalb des Anwendungsbereichs der EU-Vergaberichtlinien entfalten. Dies gilt umso mehr, als das EuG mit seinem Urteil vom 20.5.2010 die Klage der Bundesrepublik Deutschland gegen die Mitteilung der EU-Kommission u.a. mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass diese lediglich die bestehende Rechtsprechung des EuGH zusammenfasse3. VI. Auslobungsverfahren (§ 99 Abs. 5) 125 § 99 Abs. 5 definiert Auslobungsverfahren als solche Verfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichbarer Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan verhelfen sollen. Dies entspricht weitgehend Art. 1 Abs. 11 lit. e) VKR4, der allerdings von „Wettbewerben“ spricht und beispielsweise aufführt, dass der Plan, der Ziel des Auslobungsverfahrens ist, auf den Gebieten der Raumplanung, Stadtplanung, der Architektur und des Bauwesens oder der Datenverarbeitung liegen wird. Inhaltlich bestehen jedoch keine Unterschiede5. Nähere Regelungen zum Auslobungsverfahren finden sich in § 3 EG 1 2 3 4 5

ABl. C 179/2 v. 1.8.2006 - S. 2. Ausführlich hierzu und m.w.N. Braun, EuZW 2006, 683 ff. Vgl. EuG v. 20.5.2010 – Rs. T-258/06; sowie Schwabe, IBR 2010, 406. Vormals Art. 1 lit. g) der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG. Vgl. BT-Drucks. 13/9340, S. 15; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 496.

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Abs. 8 VOL/A, §§ 15 – 17 VOF und neuerdings auch in § 11 SektVO1, wo ebenfalls von „Wettbewerben“ gesprochen wird. Auslobungsverfahren dienen der Vorbereitung der Vergabe von Dienst- 126 leistungsaufträgen2. Ziel des Auftraggebers ist es, die bestgeeignete Projektlösung und denjenigen Bewerber zu ermitteln, der in der Lage ist, diese im Falle einer sich anschließenden Beauftragung zu verwirklichen3. Die Auswahl erfolgt hierbei nicht direkt durch den Auftraggeber, sondern durch ein von ihm eingesetztes Preisgericht, wobei es nach § 99 Abs. 5 keine Rolle spielt, ob beabsichtigt ist, einen Preis für die bestplatzierte Bewerbung zu erteilen. Die praktisch wichtigsten Beispiele sind Planungswettbewerbe auf dem Gebiet der Raumplanung des Städtebaus und des Bauwesens sowie Auslobungen im IT-Bereich4. Daneben kommen Auslobungsverfahren unter anderem auch im Bereich der Werbung einschließlich des Industrie- und Kommunikationsdesigns in Betracht5. Irrelevant ist die vom öffentlichen Auftraggeber verwendete Terminolo- 127 gie. So liegt ein Auslobungsverfahren beispielsweise auch dann vor, wenn der Auftraggeber in einem nach den Maßstäben der §§ 15–17 VOF durchgeführten „Kooperativen Workshopverfahren“ nicht die Bezeichnung eines „Preisgerichtes“, sondern einer „Empfehlungskommission“ wählt und keine „Preise“, sondern eine pauschale Summe für die Teilnehmer festsetzt. Eine im Kooperativen Workshopverfahren installierte „Empfehlungskommission“ ist daher als ein Preisgericht i.S.v. § 99 Abs. 5 anzusehen. Maßgeblich ist nämlich allein die Funktion der „Empfehlungskommission“, für den Auftraggeber eine vergleichende Beurteilung vorzunehmen und die Absicht des Auftraggebers, falls es zur Realisierung des Vorhabens kommt, der Empfehlung der Kommission hinsichtlich der weiteren Beauftragung mit Planungsleistungen folgen zu wollen6. Die Bestimmungen, die öffentliche Auftraggeber bei der Durchführung 128 von Auslobungsverfahren anzuwenden haben, ergeben sich aus den §§ 4 und 5 VgV, wobei zwischen Auslobungsverfahren, die zur Beauftragung gewerblicher Dienstleistungen, die dem Anwendungsbereich der VOL/A unterfallen, und zur Beauftragung freiberuflicher Tätigkeiten, auf welche die VOF Anwendung findet, unterschieden wird (vgl. § 5 VgV Rz. 2 ff.). 1 2 3 4 5 6

Vgl. insoweit auch Opitz , VergabeR 2009, 689 (695). Otting in Bechtold, GWB, § 99 Rz. 8; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 213. Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, § 20 Rz. 1. Vgl. Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.11.2. Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, § 20 Rz. 1. So (noch zu § 20 VOF 2006) VK Düsseldorf v. 13.10.2005 – VK-23/2005-F.

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VII. Baukonzessionen (§ 99 Abs. 6) 129 Mit der Einführung von § 99 Abs. 6 durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20091 werden Baukonzessionen erstmals auch in § 99 ausdrücklich genannt. Bislang fand sich eine Definition dieses Begriffs lediglich in § 98 Nr. 6 und gleichlautend in § 6 Abs. 1 Satz 2 VgV a.F. sowie § 32 Nr. 1 VOB/A 20062. Die Baukonzession zählt ebenso wie die Dienstleistungskonzession (Rz. 114 ff.) zu den Konzessionen. 1. Definition 130 § 99 Abs. 6 definiert den Begriff der Baukonzession als einen Vertrag über die Durchführung eines Bauauftrags, bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einem Entgelt in dem befristeten Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. § 99 Abs. 6 orientiert sich dabei an Art. 1 Abs. 3 VKR. Danach sind öffentliche Baukonzessionen Verträge, die von öffentlichen Bauaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. § 99 Abs. 6 weicht allerdings insoweit von Art. 1 Abs. 3 VKR ab, als das übertragene Recht zur Nutzung der baulichen Anlage ein befristetes sein muss. Siehe zu dem Erfordernis der Befristung und der Frage seiner Gemeinschaftsrechtskonformität noch ausführlich unter Rz. 133 ff. 2. Voraussetzungen 131 Da die öffentliche Baukonzession von einem öffentlichen Bauauftrag nur insoweit abweicht, als das Merkmal der Entgeltlichkeit durch das Merkmal der Übertragung des Nutzungsrechts (ggf. zuzüglich der Zahlung eines Preises) ersetzt wird3, kann was die übrigen Wesensmerkmale betrifft, zunächst auf das oben zu § 99 Abs. 3 Gesagte verwiesen werden (Rz. 115–117). 132 a) Übertragung des Nutzungsrechts/Nutzungsrisikos. Kennzeichen einer Baukonzession ist, dass sie die Übertragung eines Rechts zur Verwertung einer bestimmten Leistung umfasst und dass der Konzessionär – ganz oder zum überwiegenden Teil – das wirtschaftliche Nutzungsrisiko trägt4. Dies 1 2 3 4

BGBl. I, S. 790 ff. Nunmehr § 22 Abs. 1 VOB/A. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (732). OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (274); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (141); OLG Karlsruhe v. 13.6.

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folgt aus dem entgeltersetzenden Charakter der Übertragung des Nutzungsrechts1. Nicht notwendig ist es dabei, dass der Auftraggeber keinerlei Nutzungsrisiko trägt2. Dem Umstand, dass der Konzessionär das wirtschaftliche Risiko trägt, dass seine Leistungen am Markt nicht nachgefragt werden, steht es nicht entgegen, dass der Auftraggeber dem Konzessionär zusätzlich zu der Übertragung des Nutzungsrechts ein Entgelt zahlt, wie dies § 99 Abs. 6 ausdrücklich vorsieht („Draufzahlung“). Solange bei dem Konzessionär ein nicht unwesentliches wirtschaftliches Risiko verbleibt, liegt trotz allem eine Konzession vor3. Eine starre Abgrenzung nach dem Wert der Zuzahlung des Auftraggebers im Verhältnis zu der Investitionssumme verbietet sich. Auch bei einer „beträchtlichen“ Zuzahlung kann das wirtschaftliche Risiko des Konzessionärs so groß sein, dass sich eine Einordnung als Baukonzession rechtfertigt4. Maßgeblich sind insoweit stets die Umstände des Einzelfalls. An einer Verschaffung eines Nutzungsrechtes – und damit an dem entgeltersetzenden Charakter des Vertrages – fehlt es, wenn der Investor sein Eigentum nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einem privaten Dritten ableitet. Denn dann beruht die Nutzungsmöglichkeit, die ihm auch die Refinanzierung seiner Baukosten ermöglicht, ausschließlich auf privatem Eigentum5. b) Befristung des Nutzungsrechts. Nach dem Wortlaut von § 99 Abs. 6 133 verlangt eine Baukonzession die Einräumung eines befristeten Rechts auf Nutzung der baulichen Anlage. Der deutsche Gesetzgeber hat mit

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2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (539); VK Arnsberg v. 27.10.2003 – VK 2-22/2003; VK Lüneburg v. 12.11.2003 – 203-VgK-27/2003; Burgi, NVwZ 2008, 929 (933). OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (732). VK Lüneburg v. 14.1.2002 – 203-VgK-22/2001; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.12.3.1. Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 32; Höfler, WuW 2000, 136 (139); Prieß in Jestaedt/ Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, S. 80; Reidt/Stickler in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32 Rz. 28. OLG Schleswig v. 6.7.1999 – 6 U Kart 22/99, NZBau 2000, 100 (102). Vgl. Kulartz/Schilder/Duikers in Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, Stand: April 2008, 14; Städtetag NRW (Hrsg.), Kommunale Grundstücksgeschäfte und Vergaberecht, Stand: Februar 2008, 27. Indirekt bestätigt wird dies auch durch die Entscheidung VK Hessen v. 5.3.2008 – 69d-VK-06/2008, die zwischen dem (ggf. dem Investor von dem öffentlichen Auftraggeber übertragenen) Recht zur Nutzung des Grundstücks und dem Recht zur Nutzung des errichteten Bauwerks unterscheidet. Die VK Hessen weist insoweit darauf hin, dass das Recht zur Nutzung des von dem Investor errichteten Bauwerks allein aus dessen Eigentum am Bauwerk folgt.

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der Aufnahme des Merkmals der Befristung den Begriff der Baukonzession somit enger gefasst, als dies in Art. 1 Abs. 3 VKR der Fall ist, wo ein solches Merkmal nicht ausdrücklich aufgeführt ist, so dass sich die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität stellt. 134 Bislang war es – zumindest in jüngerer Zeit – heftig umstritten, ob das Vorliegen einer Baukonzession es voraussetzt, dass das Nutzungsrecht dem Konzessionär lediglich befristet übertragen wird bzw. – mit anderen Worten – ob es der Annahme einer Baukonzession entgegensteht, wenn der Konzessionär Eigentümer des betroffenen Grundstücks werden soll. In der Literatur wurde und wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass eine Befristung erforderlich sei1. Zur Begründung wird insbesondere auf den Wortlaut von Art. 1 Abs. 3 VKR hingewiesen, wonach die Gegenleistung des öffentlichen Auftraggebers in dem Recht zur Nutzung der baulichen Anlage und nicht in dem Recht zu deren einmaligen Verwertung durch Veräußerung bestehen müsse. Hierfür spreche weiter, dass auch die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht vom 12.4.20002 die Befristung als ein Wesensmerkmal der Baukonzession nennt. Voraussetzung für die Qualifizierung als öffentliche Baukonzession sei danach die Einräumung eines Nutzungsrechts für einen bestimmten Zeitraum. Die Veräußerung eines Grundstücks ist dagegen ein einmaliger Vorgang, der dazu führe, dass der Investor keine fremde, sondern eine eigene bauliche Anlage nutze, so dass das Recht zur Nutzung allein aus seinem Eigentum resultiere, nicht aber aus einer Verfügungsberechtigung des öffentlichen Auftraggebers3. Die nationale Rechtsprechung, insbesondere das OLG Düsseldorf, vertrat bislang hingegen die Auffassung, dass es unerheblich sei, ob die Nutzung durch einen einmaligen Vorgang wie die Veräußerung oder über eine längere Zeit (wie z.B. über eine Vermietung oder Verpachtung) erfolge4. 1 Vetter/Bergmann, NVwZ 2008, 133 (138); Pietzcker, NZBau 2008, 293 (297); Amelung/Dörn, VergabeR 2007, 644 (646 f.). 2 Vgl. ABl. C 121/2 v. 29.4.2000 - wo es in Ziff. 2.1.2 im Zusammenhang mit den Baukonzessionen heißt: „Das Nutzungsrecht erlaubt dem Konzessionär also, von den Nutzern des Bauwerks während eines bestimmten Zeitraums eine Nutzungsgebühr oder eine sonstige Vergütung (Maut, Abgabe oder „Shadow-toll“) zu verlangen.“. 3 So insb. Vetter/Bergmann, NVwZ 2008, 133 (138); zustimmend Pietzcker, NZBau 2008, 293 (297). 4 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (732); OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (274 f.); OLG Karlsruhe v. 13.6.2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (539); OLG Bremen v. 13.3. 2008 – Verg 5/07, VergabeR 2008, 558 (562); zustimmend Burgi, NVwZ 2008, 929 (933 f.), der – differenzierend – darauf hinweist, dass die Befristung bei Dienst-

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Denn die Definition der Baukonzession enthalte – ebenso wie der Begriff des öffentlichen Bauauftrags – kein Tatbestandsmerkmal, wonach der Konzessionär kein Eigentum am Bauwerk erwerben darf oder das Eigentum nach Ablauf eines Konzessionszeitraumes auf den öffentlichen Auftraggeber übergehen muss. Soll der Konzessionär Eigentümer werden, könne auch nicht so getan werden, als beruhe seine Befugnis, das Bauwerk zu nutzen und zu verwerten, auf einem von der Erteilung des Bauauftrags völlig unabhängigen Übertragungsakt des öffentlichen Auftraggebers. Die Gegenauffassung verkenne, dass die Eigentümerstellung vom Auftraggeber abgeleitet ist und der Konzessionär mit der Eigentumsübertragung auch erst das Recht zur Nutzung des späteren Bauwerks erhält. Der Grundstückskaufvertrag und der Bauauftrag hängen folglich zusammen und müssen auch deshalb rechtlich in einer Zusammenschau betrachtet werden, weil bei jeder anderen Sichtweise unerwünschte Umgehungen des Vergaberechts zu erwarten wären, die seiner Zielsetzung widersprächen. Insbesondere rechtfertige auch der Umstand, dass der Konzessionär dem Auftraggeber einen Kaufpreis zahlt, keine andere Beurteilung. Denn es stellt kein gesetzliches Merkmal der Baukonzession dar, dass sie unentgeltlich zu gewähren ist. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der zur Änderung der Eigentumslage erforderliche Übertragungsakt in einem rechtlichen Zusammenhang mit dem auf die Herstellung des Bauwerks gerichteten Auftrag steht; das Eigentum also nicht unabhängig vom Bauauftrag erworben werde1. Das OLG Düsseldorf hatte dem EuGH, der sich zu dieser Frage bis dahin noch nicht geäußert hatte, mit Beschl. vom 2.10.2008 u.a. auch die Frage vorgelegt, ob nach Art. 1 Abs. 3 VKR eine öffentliche Baukonzession abzulehnen ist, wenn der Konzessionär Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Bauwerk errichtet werden soll, ist oder wird oder die Baukonzession unbefristet erteilt wird2.

leistungskonzessionen durchaus als Wesensmerkmal anzusehen sei, weil nur so bestimmt werden könne, ob die Nutzung der selbst erbrachten Dienstleistung überhaupt auf eine Einräumung seitens des Staates zurückgeht, da das Fortbestehen einer staatlichen Aufgabe zum Ausdruck gebracht wird; es indes bei der Baukonzession einer solchen Befristung nicht bedürfe, weil hier bereits das Bauvorhaben, also ein verkörperter, vor allen Augen manifestierter Gegenstand, einen eindeutig identifizierbaren Gegenstand der Einräumung eines Rechts durch den Staat bilde. 1 So OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (274 f.); bestätigt durch OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (732). 2 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (734).

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135 Der EuGH hat diese Frage in seinem Urteil vom 25.3.2010 in der Rechtssache „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ – entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf – bejaht1. Damit hat der EuGH insbesondere auch die Auffassung des deutschen Gesetzgebers bestätigt, der im Zuge der Einführung von § 99 Abs. 6 durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20092 den Begriff der Baukonzession – abweichend von Art. 1 Abs. 3 VKR – ausdrücklich so definiert hat, dass dieser eine Befristung der Übertragung des Nutzungsrechts verlangt (vgl. Rz. 3 und 129 f.). Anzumerken ist insoweit jedoch, dass die diesbezüglichen Ausführungen des EuGH, insbesondere vor dem Hintergrund der breit angelegten Argumentation des OLG Düsseldorf, sehr apodiktisch wirken. Eine tiefere Argumentation findet sich jedoch in den Schlussanträgen des Generalanwalts Mengozzi vom 17.11.2009. Nach der Auffassung des Generalanwalts, der dem OLG Düsseldorf ebenfalls entgegen getreten ist, ist eine öffentliche Baukonzession grundsätzlich befristeter Natur und kann daher nicht auf unbegrenzte Zeit zugestanden werden3. Vor diesem Hintergrund stellt bereits der Generalanwalt ausdrücklich fest: „Deshalb scheint mir das neue deutsche Gesetz […], mit dem u.a. eine Definition der öffentlichen Baukonzession eingeführt wurde, die ausdrücklich auf die Befristetheit des dem Konzessionär eingeräumten Rechts Bezug nimmt, richtig und gemeinschaftsrechtskonform“4. 3. Einordnung der Baukonzession als öffentlicher Auftrag 136 Die öffentliche Baukonzession unterfällt – wie § 99 Abs. 6 nunmehr unter Schließung der bisher bestehenden, offensichtlichen Regelungslücke klarstellt – als öffentlicher Auftrag dem Vergaberecht. § 6 Abs. 1 Satz 1 VgV stellt zudem klar, dass sich die Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber zur Anwendung des 2. Abschnitts der VOB/A auch auf Baukonzessionen bezieht. Im Hinblick auf den eingeschränkten Anwendungsbereich des 2. Abschnitts der VOB/A auf Baukonzessionen (§ 22a Abs. 1 Nr. 1 VOB/A) ist die Baukonzession jedoch vom Bauauftrag gemäß § 99 Abs. 3 abzugrenzen. § 99 Abs. 6 stellt klar, dass eine Baukonzession auch dann vorliegt, wenn der Konzessionär zusätzlich zu dem Recht, die bauliche Anlage zu nutzen, ein Entgelt erhält („Draufzahlung“). Die Beson1 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 70 ff. 2 BGBl. I, S. 790 ff. 3 Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 17.11.2009 in der Rs. C-451/08, ZfBR 2010, 182 (190 f.), Rz. 90 ff. 4 Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 17.11.2009 in der Rs. C-451/08, ZfBR 2010, 182 (191), Rz. 97 (Fn. 35).

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derheit der Baukonzession besteht darin, dass der Konzessionär zumindest einen Teil der Bau- und Betriebskosten selbst finanziert und hierfür kein Entgelt von dem Auftraggeber erhält. Er trägt somit – ganz oder zum überwiegenden Teil – das Risiko, dass die bauliche Anlage von den potentiellen Nutzern nicht in dem kalkulierten Umfang in Anspruch genommen wird und es ihm nicht gelingt, seine Investitionen über Nutzungsentgelte vollständig zu amortisieren. Dieses Betriebsrisiko ist wesentliches Merkmal des Konzessionsvertrags. Wird dem Konzessionär eine Draufzahlung gewährt, so lässt dies die Einordnung des Vertrags als Baukonzession unberührt, solange derjenige Teil der Bau- und Betriebskosten, die der Konzessionär selbst zu finanzieren hat und für welche er das Betriebsrisiko trägt, zumindest nicht völlig unbeachtlich ist1. Die Schwerpunkttheorie, die generell zur Abgrenzung der unterschiedlichen Auftragsarten des § 99 angewendet wird (vgl. Rz. 140), kann auf die Unterscheidung zwischen einem Bauauftrag und einer Baukonzession zu keinen verwertbaren Ergebnissen führen2. VIII. Abgrenzung zwischen den Auftragsarten Die Abgrenzung der in § 99 Abs. 2 bis 5 genannten Auftragsarten wurde 137 vorstehend bereits behandelt. Bezüglich der Abgrenzung zwischen Bauund Lieferaufträgen wird auf Rz. 69 und 85 ff. verwiesen. Dienstleistungsaufträge werden gegenüber Bau- und Lieferaufträgen gemäß § 99 Abs. 4 negativ abgegrenzt (vgl. Rz. 110). Das Gleiche gilt für das Verhältnis zwischen Dienstleistungsaufträgen und Auslobungsverfahren. Die Abgrenzung zwischen Auslobungsverfahren einerseits und Bau- sowie Lieferaufträgen andererseits dürfte in der Praxis keine Schwierigkeiten bereiten. Die Einordnung eines öffentlichen Auftrags unter § 99 Abs. 2 bis 5 erfolgt nach objektiven Gesichtspunkten und unterliegt nicht der Disposition des Auftraggebers3. IX. Gemischte Verträge (§ 99 Abs. 7) Das GWB enthielt bisher keine Bestimmungen über die Zuordnung ge- 138 mischter Verträge, so dass hierzu auf die Bestimmungen der Vergaberichtlinien zurückzugreifen war. Der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20094 neu eingeführte § 99 Abs. 7 be1 OLG Schleswig v. 6.7.1999 – 6 U Kart 22/99, NZBau 2000, 100 (102); Reidt/Stickler in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32 Rz. 28. 2 Reidt/Stickler in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32, Rz. 28. 3 VÜA Bayern v. 28.8.1998 – VÜA 16/97, WuW/E Verg 178, 180. 4 BGBl. I, S. 790 ff.

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stimmt hierzu nunmehr, dass ein öffentlicher Auftrag, der sowohl den Einkauf von Waren als auch die Beschaffung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat, als Dienstleistungsauftrag gilt, wenn der Wert der Dienstleistungen den Wert der Waren übersteigt (§ 99 Abs. 7 Satz 1). Ein öffentlicher Auftrag, der neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, gilt als Dienstleistungsauftrag (§ 99 Abs. 7 Satz 2). 139 § 99 Abs. 7 Satz 1 entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. d) UA 2 VKR, wonach ein öffentlicher Auftrag, der sowohl Waren als auch Dienstleistungen i.S.v. Anhang II umfasst, als öffentlicher Dienstleistungsauftrag gilt, wenn der Wert der betreffenden Dienstleistungen den Wert der in den Auftrag einbezogenen Waren übersteigt. § 99 Abs. 7 Satz 2 entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. d) UA 3 VKR, wonach ein öffentlicher Auftrag über die Erbringung von Dienstleistungen i.S.v. Anhang II, der Tätigkeiten i.S.v. Anhang I lediglich als Nebenarbeiten im Verhältnis zum Hauptauftragsgegenstand umfasst, als öffentlicher Dienstleistungsauftrag gilt. Indes hat die Bestimmung des Art. 1 Abs. 2 lit. c) UA 2 VKR, wonach ein öffentlicher Auftrag über die Lieferung von Waren, der das Verlegen und Anbringen lediglich als Nebenarbeiten umfasst, als öffentlicher Lieferauftrag gilt, keine Umsetzung in § 99 Abs. 7 gefunden. 140 § 99 Abs. 7 steht im Einklang mit der für die Abgrenzung in Anlehnung an die Richtlinienvorgaben bisher herangezogenen Schwerpunkttheorie1. Insoweit ist jedoch zu unterscheiden: 141 Bei der Abgrenzung zwischen Lieferungen und Dienstleistungen ist diejenige Auftragsart maßgeblich, die überwiegt, d.h. mehr als 50 % beträgt. Bei der Abgrenzung zwischen Bau- und Dienstleistungsaufträgen kommt ersteren hingegen ein stärkeres Gewicht zu. Ein derart gemischter Vertrag ist erst dann als Dienstleistungsauftrag einzuordnen, wenn die Bauleistung von untergeordneter Bedeutung ist2. Bei der Zurverfügungstellung von Waren, die individuell nach den Bedürfnissen des jeweiligen 1 Vgl. Otting in Bechtold, GWB, § 99 Rz. 11. 2 EuGH v. 19.4.1994 – Rs. C-331/92, Slg. 1994 I, 1329, 1351 – Gestión Hotelera Internacional SA.; für die Abgrenzung einer Bau- von einer Dienstleistungskonzession OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39 (41); Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 31; Noch, BauR 1998, 941 (948 f.). Nicht ganz eindeutig EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-536/07, NZBau 2009, 792 (796), Rz. 57 – Köln Messe, wo formuliert wird, dass sich in dem Fall, dass ein Vertrag zugleich Elemente eines öffentlichen Bauauftrags und Elemente eines Auftrags anderer Art aufweist, das einschlägige Rechtsregime nach dem „Hauptgegenstand“ des Vertrags bestimmt.

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Kunden hergestellt und angepasst werden und über deren Nutzung die jeweiligen Kunden individuell zu beraten sind, ist die Anfertigung der genannten Waren nach der Rechtsprechung des EuGH dem Auftragsteil der „Lieferung“ für die Berechnung des Wertes des jeweiligen Bestandteils zuzuordnen1. Überwiegt der Wert der Dienstleistungen geringfügig (beträgt er also 142 etwa 55 %), ist der Vertrag weiterhin als Bauauftrag zu behandeln. Wann von einer untergeordneten Bedeutung der Bauleistungen auszugehen ist, lässt sich lediglich im Einzelfall bestimmen. Die Angabe einer exakten Prozentzahl ist nicht möglich. Soweit die Bauleistung zumindest 40 % oder mehr beträgt, dürfte jedoch regelmäßig ein Bauauftrag vorliegen2. Bezüglich der Abgrenzung gemischter Verträge, die Bauleistungen und 143 Lieferungen umfassen, enthält § 99 Abs. 7 keine Regelung. Es ist daher fraglich, ob insoweit von der „Überwiegensregelung“ des § 99 Abs. 7 Satz 1 oder der „untergeordneten Bedeutung“ nach § 99 Abs. 7 Satz 2 auszugehen ist. Soweit Lieferungen sich auf Baustoffe oder Bauteile beziehen und damit lediglich der Ausführung von Bauleistungen dienen, liegt kein gemischter Vertrag vor. Vielmehr ist ein derartiger Vertrag als Bauauftrag einzuordnen (vgl. oben Rz. 85 ff.). Auch im Übrigen muss davon ausgegangen werden, dass Bauleistungen im System des Vergaberechts eine besondere Stellung zukommt. Dies zeigt auch die Regelung des Art. 1 Abs. 2 lit. c) UA 2 VKR. Es rechtfertigt sich daher, auch für die Bestimmung gemischter Verträge, die sich aus Bauleistungen und Lieferungen zusammensetzen, davon auszugehen, dass erst dann ein Lieferauftrag vorliegt, wenn die Bauleistung von untergeordneter Bedeutung ist. Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Köln Messe“ kommt es, wenn ein Vertrag zugleich Elemente eines öffentlichen Bauauftrags und Elemente eines Auftrags anderer Art aufweist, auf den „Hauptgegenstand“ des Vertrags an3. Besteht ein Vertrag aus einer Kombination von ausschreibungspflichti- 144 gen und nicht vergaberechtsrelevanten Teilen, unterliegt er insgesamt dem Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB4.

1 2 3 4

EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2430), Rz. 66. Otting in Bechtold, GWB, § 99 Rz. 10; Noch, BauR 1998, 941 (949). EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-536/07, NZBau 2009, 792 (796), Rz. 57 – Köln Messe. OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2001, 329 (332).

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X. Aufträge zur Durchführung mehrerer Tätigkeiten (§ 99 Abs. 8) 145 Die Neuregelung des § 99 Abs. 8 soll dazu dienen, bei Aufträgen, die der Durchführung mehrerer Tätigkeiten dienen, eine Abgrenzung hinsichtlich der anzuwendenden Vergabebestimmungen vorzunehmen. 146 Hierzu wird in § 99 Abs. 8 Satz 1 festgelegt, dass bei einem Auftrag, der der Durchführung mehrerer Tätigkeiten dient, die Regelungen anzuwenden sind, die für die Tätigkeit gelten, auf deren Durchführung der Auftrag in erster Linie abzielt (Hauptgegenstand). Vergibt daher beispielsweise eine Kommune den Bau eines Gebäudes für die Stadtverwaltung, in dem aber auch einige Räume für die Verwaltung der kommunalen Stadtwerke vorgesehen sind, so wäre die Gewährleistung der Stadtverwaltung als Hauptgegenstand anzusehen und damit die Regelungen für die Vergabe von Bauaufträgen durch die Stadt als Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 anzuwenden1. 147 § 99 Abs. 8 Satz 2 und 3 regeln verschiedene Konstellationen für den Fall, dass ein Hauptgegenstand nicht festgestellt werden kann. Für den Fall, dass der Hauptgegenstand nicht festgestellt werden kann und Tätigkeiten von Auftraggebern nach § 98 Nr. 1 bis 3 und von Sektorenauftraggebern betroffen sind (wenn z.B. das zu errichtende Verwaltungsgebäude von der Stadt und dem kommunalen Stadtwerk in gleichem Umfang genutzt werden sollen), sollen gemäß § 99 Abs. 8 Satz 2 die strengeren Vergaberegelungen für die öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 anzuwenden sein2. § 99 Abs. 8 Satz 3 regelt den Fall, dass der Auftrag der Erfüllung von Sektorentätigkeiten und von Tätigkeiten dient, für die keinerlei Vergaberegeln gelten (z.B. Bau eines Gebäudes für die Verwaltung des kommunalen Stadtwerks und als Sitz eines privaten Unternehmens) und ein Hauptgegenstand nicht festgestellt werden kann. Gemäß § 99 Abs. 8 Satz 3 soll der Auftrag in diesem Fall nach denjenigen Bestimmungen vergeben werden, die für Auftraggeber mit einer Tätigkeit in den Sektoren gelten3. XI. Einzelprobleme 1. Privatisierungen 148 Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffs der „Privatisierung“ fehlt. Es handelt sich hierbei um einen Oberbegriff für die unterschied1 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 15. 2 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 15. 3 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 16.

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lichsten Maßnahmen, denen gemein ist, dass Aufgaben, die staatlichen Stellen obliegen, durch oder unter Beteiligung Privater bzw. in privater Rechtsform erbracht werden. Die Privatisierung erfolgt regelmäßig auch nicht nach einem bestimmten Schema, sondern entsprechend den jeweiligen verwaltungspolitischen Zielsetzungen und Bedürfnissen der Praxis. Dementsprechend haben sich mehrere Formen der Ab- bzw. Rückgabe staatlich verwalteter Bereiche an die freie, in den Bahnen des Privatrechts organisierte Gesellschaft herausgebildet. Grundlegend wird dabei zwischen der formellen, der materiellen, der funktionalen Privatisierung sowie der Vermögensprivatisierung unterschieden, wobei auch Mischformen ohne Weiteres möglich sind1. Bei der formellen Privatisierung (oder auch Organisationsprivatisierung) wird eine Aufgabe, die bis dahin von der öffentlichen Hand in einer Organisationsform des öffentlichen Rechts ausgeübt wurde, auf eine privatrechtliche Organisation übertragen, ohne dass sich der öffentlich-rechtliche Rechtsrahmen, der auf die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe Anwendung findet, ändert. Der Staat bleibt hier verantwortlicher Träger der öffentlichen Aufgabe, bedient sich zu ihrer Wahrnehmung jedoch der Organisations- und Rechtsformen des Privatrechts. Dies kann in Form einer 100%igen Eigengesellschaft oder eines gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung erfolgen2. Die materielle Privatisierung (auch Aufgabenprivatisierung genannt) beschreibt den hoheitlichen Verzicht auf eine öffentliche Aufgabe als Verwaltungsmaterie und die grundsätzliche Überlassung des betroffenen Sachgegenstandes an die privatrechtlich organisierte Gesellschaft. Die öffentliche Hand verzichtet also auf die eigene Erfüllung einer (bisher) öffentlichen Aufgabe und überträgt diese auf einen Privaten3. Bei der funktionalen Privatisierung (oder auch Erfüllungsprivatisierung) überträgt die öffentliche Hand – in der Regel auf vertraglicher Basis („contracting out“) – die Aufgabenerfüllung nicht komplett auf einen Privaten, sondern bedient sich seiner lediglich als „Erfüllungsgehilfen“. Typische Beispiele hierfür sind die Beleihung und die Verwaltungshilfe4. Werden öffentliche Aufgaben von staatlichen Stellen in Zusammenarbeit mit Privaten erfüllt, spricht man von Public Private Partnership (PPP). Hierbei handelt es sich um einen unscharfen Begriff, der sowohl Fälle der teilweisen materiellen Privatisierung (bei1 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rz. 61 ff.; Kämmerer, Privatisierung, S. 16 ff. 2 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB, Rz. 18; Di Fabio, JZ 1999, 585 (588). 3 Di Fabio, JZ 1999, 585 (586). 4 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 18.

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spielsweise die teilweise Übertragung der Geschäftsanteile einer kommunalen Gesellschaft) als auch der funktionalen Privatisierung umfasst. Zur Einordnung der funktionalen Privatisierung werden regelmäßig verschiedene Unterkategorien gebildet, ohne dass hiervon jedoch alle möglichen Fallgestaltungen umfasst wären. In der Praxis werden insbesondere folgende Grundbegriffe/Grundmodelle verwendet1. – Betreibermodell. Bei diesen Modellen verbleibt die Aufgabe in der Kontrolle der öffentlichen Hand, wird jedoch von einem Privaten ausgeführt, der sich in der Regel durch die Erhebung von Gebühren oder privatrechtlicher Benutzungsentgelte finanziert. Betreibermodelle werden beispielsweise im Bereich der Abwasserbeseitigung und der Privatfinanzierung von Fernstraßen eingesetzt2. Einen Unterfall bildet das BOT-Modell („build-operate-transfer“). Hierbei übernimmt der Betreiber auch die Errichtung und gegebenenfalls Planung des von ihm betriebenen Objekts. Materiell-rechtlich liegt in diesen Fällen oftmals eine Baukonzession vor (Rz. 129 ff.). – Konzessionsmodell. Hierunter wird in der Regel die private Vorfinanzierung einer öffentlichen Aufgabe, beispielsweise eines Bauvorhabens, verstanden. Der Private erhält für die Durchführung der Aufgabe von dem öffentlichen Auftraggeber ein Entgelt, das – wenn auch zeitlich gestreckt – seine Investitionen refinanziert3. Die Vermögensprivatisierung liegt dann vor, wenn der Staat Vermögensgegenstände, insbesondere Grundstücke und Beteiligungen an Wirtschaftsunternehmen (Aktien, GmbH-Anteile) an Private veräußert4. Darüber hinaus existieren – wie gesagt – zahlreiche Mischformen. 149 Hinsichtlich der vergaberechtlichen Einordnung von Privatisierungsvorgängen verbietet sich eine schematische Beurteilung. Es ist vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen. Folgende Grundsätze lassen sich jedoch festhalten: 150 Wird bei der formellen bzw. Organisationsprivatisierung ein Teil des Aufgabenträgers organisationsrechtlich privatisiert, so ist dies – isoliert betrachtet – mangels eines Leistungsaustausches zwischen dem Auf-

1 Vgl. zu den vielgestaltigen Varianten und Unterfällen die Darstellung bei Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 284 ff. 2 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 18; Reidt/Stickler in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32 Rz. 33. 3 Reidt/Stickler in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 32 Rz. 31. 4 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rz. 64.

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gabenträger und seinem privatisierten Teil vergaberechtsneutral1. Eine vergaberechtliche Bedeutung ergibt sich erst dann, wenn – wie regelmäßig der Fall – dem privatisierten Teil zugleich eine bis dahin von dem Aufgabenträger wahrgenommene Aufgabe zugewiesen oder der privatisierte Teil in die Erfüllung einer beim Aufgabenträger(s) verbleibenden Aufgabe eingebunden wird – mithin also eine Mischform vorliegt2. Im Weiteren ist zu unterscheiden: Bleibt der privatisierte Teil vollständig in der Hand des oder der privatisierenden Aufgabenträger(s) (sog. öffentlichrechtliches Unternehmen), ist der damit einhergehende Leistungsaustausch dann vergaberechtsfrei, wenn es sich um ein sog. In-house-Geschäft (vgl. Rz. 50 ff.) handelt, d.h. der bzw. die privatisierende(n) Aufgabenträger über den privatisierten Teil eine ähnliche Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt bzw. ausüben und der privatisierte Teil zugleich seine Tätigkeit im Wesentlichen für den bzw. die privatisierenden Aufgabenträger verrichtet. Wird an dem privatisierten Teil indes ein Privater beteiligt (sog. gemischt-wirtschaftliches Unternehmen) und erschöpft sich die Beteiligung nicht nur in einer Kapitaleinlage, sondern geht zugleich mit einer Vergabe von Liefer-, Dienstund/oder Bauleistungen einher, so ist der Anwendungsbereich des Vergaberechts eröffnet3 (vgl. Rz. 17 und 155 f.). Bei Gründung einer neuen Gesellschaft und der Übertragung von Geschäftsanteilen ist überdies stets zu überprüfen, ob die Gesellschaft auch nach der Privatisierung die Voraussetzungen des § 98 erfüllt. In diesem Fall hat sie selbst bei der Vergabe von Aufträgen selbstverständlich auch die Vorschriften des 4. Teils des GWB zu beachten. Entledigt sich der öffentliche Aufgabenträger bei der materiellen bzw. 151 Aufgabenprivatisierung der Aufgabe als solcher vollständig, fehlt es ebenfalls an dem für einen öffentlichen Auftrag erforderlichen Leistungsaustausch. Denn die Wahrnehmung einer ehemals öffentlichen Aufgabe ist keine Leistung des Privaten an den privatisierenden Aufgabenträger. Vielmehr erbringt der Private die Leistung infolge der Aufgabenentledigung auf Seiten des privatisierenden Aufgabenträgers nicht an diesen, sondern an die Aufgabenbetroffenen. Dies gilt selbst dann noch, wenn sich der bisherige Aufgabenträger die Aufsicht über die Wahrnehmung der ehemals öffentlichen Aufgabe in dem Sinne vorbehält, dass er zugunsten der Aufgabenbetroffenen die ordnungsgemäße Aufgabenerfül1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 99 Rz. 84; Behr, VergabeR 20009, 136 f. m.w.N. 2 Behr, VergabeR 2009, 136 (137). 3 Vgl. Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.6.3.

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lung kontrolliert1. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn dem Privaten die öffentliche Aufgabe nicht vollständig eröffnet wird, sondern ihm nur die Wahrnehmung der Aufgabe übertragen wird, für deren Erfüllung beim öffentlichen Aufgabenträger zumindest noch eine Restverantwortung, die über eine bloße Kontrolle der ordnungsgemäßen Erfüllung hinausgeht, verblieben ist. In diesen Fällen liegt tatsächlich auch keine Aufgabenprivatisierung, sondern lediglich eine funktionale bzw. Erfüllungsprivatisierung vor. 152 Die funktionale bzw. Erfüllungsprivatisierung, d.h. die Verfolgung öffentlicher Aufgaben unter Einschaltung privater „Erfüllungsgehilfen“, stellt, wenn und soweit Gegenstand die entgeltliche Erbringung von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen auf vertraglicher Grundlage ist, – was regelmäßig der Fall ist – einen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 dar und unterliegt den vergaberechtlichen Vorschriften2. Zu dem problematischen Fall der Beleihung allein durch Verwaltungsakt ohne begleitende vertragliche Regelungen siehe Rz. 8. Zu der insbesondere im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Rettungsdienstleistungen streitig gewordenen Frage, ob in den Fällen der Beleihung, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt i.S.d. Art. 51, 62 AEUV (ex-Art. 45, 55 EGV) verbunden sind, eine Ausschreibungspflicht besteht3, siehe Rz. 10. 153 Die (reine) Vermögensprivatisierung, bei der der Staat lediglich Vermögensgegenstände veräußert, stellt keinen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 dar, weil der öffentliche Auftraggeber insoweit nur als „Lieferant“ und nicht als Beschaffender auftritt. Allerdings folgt daraus nicht, dass ein öffentlicher Auftraggeber stets auf jede Form von Wettbewerb verzichten darf, wenn kein öffentlicher Auftrag i.S.v. § 99 Abs. 1 vorliegt. Vielmehr kann die öffentliche Hand auch bei reinen Veräußerungen von

1 Behr, VergabeR 2009, 136 (137). 2 Behr, VergabeR 2009, 136 (138); Burgi, NVwZ 2001, 601 (604); Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 22. 3 Dies verneinend BGH v. 1.12.2008 – X ZB 31/08, BGHZ 179, 84, 89, der argumentiert, dass der Anwendungsbereich des § 99 Abs. 1 nicht durch Art. 51, 62 AEUV (ex-Art. 45, 55 EGV) eingeschränkt werde, weil insoweit allein das deutsche Recht, insbesondere in Form der abschließenden Bestimmung des § 100 Abs. 2, maßgeblich sei. Im Ergebnis ebenso OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08, VergabeR 2008, 809 (813 f.); a.A. OLG Düsseldorf v. 5.4.2006 – Verg 7/06, VergabeR 2006, 787 ff., mit Anm. Weber. Vgl. auch Behr, VergabeR 2009, 136 (139), der mit Blick auf die gemäß Art. 33 Abs. 4 GG für die Erfüllungsprivatisierung bestehenden Grenzen schon kein Bedürfnis für eine vergaberechtliche Bereichsausnahme sieht.

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Vermögenswerten verpflichtet sein, ein strukturiertes Bieterverfahren durchzuführen1. In der Praxis treten die einzelnen Formen der Privatisierung – wie ge- 154 sagt – selten in ihrer Reinform, sondern in Mischformen auf. Diese Mischformen sind regelmäßig durch die Gründung einer neuen juristischen Person oder durch die Übertragung von Vermögensgegenständen, insbesondere von Geschäftsanteilen, charakterisiert. Die Gründung einer neuen Gesellschaft stellt grundsätzlich keinen Beschaffungsvorgang dar2 (vgl. Rz. 17). Das Gleiche gilt für die Auswahl eines künftigen Mitgesellschafters und die Veräußerung von Vermögensgegenständen, da der öffentliche Auftraggeber in diesem Fall als „Lieferant“ und nicht als Beschaffender auftritt. All diese Fälle unterliegen isoliert betrachtet nicht dem Vergaberecht3. Dass die Abgabe eines Teils einer Gesellschafterstellung gleichzeitig zu einer dauerhaften Verbundenheit der Gesellschafter und damit zu einer gewissen „Nähe“ der Beteiligten führt, ändert hieran (noch) nichts4, und zwar auch dann nicht, wenn die veräußerten Gesellschaftsanteile der Gemeinwohlbindung unterliegen5. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Verkauf von Geschäftsanteilen 155 durch einen öffentlichen Auftraggeber an einen Privaten einen Bezug zur Beschaffung von Leistungen aufweist; sich – ungeachtet der bestehenden gesellschaftsrechtlichen Beziehung – die Verbundenheit zu einem beschaffungsrelevanten Rechtsgeschäft verdichtet6. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich die Beteiligung nicht nur in einer Kapitaleinlage des künftigen privaten Gesellschafters erschöpft, sondern zugleich mit dem Neuabschluss, der Verlängerung oder der wesentlichen Änderung eines 1 BGH v. 8.4.2003 – KZR 39/99, NJW 2003, 2684 (2685); Byok, NJW 2004, 198 (203) m.w.N. 2 OLG Brandenburg v. 3.8.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2002, 45 (47); VK Sachsen v. 29.12.2004 – 1/SVK/123-04; VK Lüneburg v. 5.11.2004 – 203-VgK-48/2004; VK Lüneburg v. 26.4.2002 – 203-VgK-06/2002; VK Brandenburg v. 30.8.2004 – VK 34/04; Otting, VergabeR 2002, 11 (12); Krutisch, NZBau 2003, 650 ff. m.w.N.; Endler, NZBau 2002, 125 (132). 3 Boesen, Vergaberecht, § 100 Rz. 105; Burgi, NVwZ 2001, 601 (605); Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 99 GWB Rz. 21; Otting, VergabeR 2002, 11 (15). 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 40; Braun, VergabeR 2006, 657 (659). A.A. wohl Kessenbrock, WuW 2001, 122 (123 f.); Opitz , ZVgR 2000, 97 (116). 5 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 40; Frenz , WRP 2006, 1216 (1218). 6 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 41.

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Vertrags über Liefer-, Bau-, oder Dienstleistungen einhergeht1. Dem kann auch nicht der Einwand entgegen gehalten werden, dass die Suche nach privaten Mitgesellschaftern grundsätzlich mit Rücksicht auf den privaten bzw. persönlichen und zwischenmenschlichen Einschlag einer Gesellschafterstellung erfolgt. Denn es kommt dem öffentlichen Auftraggeber bei der Auswahl des privaten Bieters in aller Regel nicht auf die persönliche Zuverlässigkeit und das individuelle Engagement der auf Bieterseite handelnden natürlichen Personen an, die im Laufe der Zeit ausgewechselt werden können, sondern auf die nach objektiven Kriterien zu beurteilende Eignung des Bieters, also insbesondere auf seine finanzielle Potenz sowie sein Know-how im Hinblick auf den vereinbarten Gesellschaftszweck. Über die Auswahl eines privaten Investors als Mitgesellschafter wird also in der Regel nach den gleichen Kriterien wie über die Auswahl eines Vertragspartners für Beschaffungsverträge entschieden werden2. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG derart auszulegen ist, dass sie die größtmögliche Wirkung entfalten soll, sowie dem Umgehungsverbot erscheint es daher geboten, diese Vertragsgestaltungen in den Anwendungsbereich des Vergaberechts einzubeziehen3. Die anzuwendende Verdingungsordnung bestimmt sich in diesen Fällen nach dem öffentlichen Auftrag, mit dem der Anteilskaufvertrag verbunden wird. Über dieses Ergebnis besteht weitgehend Einigkeit4. Auch besteht Übereinstimmung, dass das Vergaberecht nicht nur eingreift, wenn die Übertragung von Leistungen zeitgleich mit der Anteilsveräußerung erfolgt. Vielmehr erfüllt auch ein gestuftes Vorgehen die Anforderungen an einen öffentlichen Auftrag gemäß § 99 Abs. 1. Unproblematisch ist dies immer dann, wenn die Vergabe des öffentlichen Auftrags und die Veräußerung von Geschäftsanteilen in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, insbesondere, wenn die Auftragsvergabe im Hinblick auf die anstehende Veräußerung der Geschäftsanteile erfolg1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 21.11.2007 – Verg 32/07; OLG Brandenburg v. 3.8.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2002, 45 (47); VK Düsseldorf v. 24.8.2007 – VK-24/2007-L; VK Düsseldorf v. 14.5.2004 – VK-7/2004-L und VK-8/2004/L; VK Sachsen v. 29.12. 2004 – 1/SVK/123-04; VK Sachsen v. 29.2.2004 – 1/SVK/157–03; VK Lüneburg v. 5.11.2004 – 203-VgK-48/2004; VK Lüneburg v. 26.4.2002 – 203-VgK-06/2002; VK Brandenburg v. 30.8.2004 – VK 34/04; sowie jeweils m.w.N. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 42; Weyand, IBR-onlineKommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.6.3.1.2. 2 OLG Brandenburg v. 3.8.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2002, 45 (46); Weyand, IBRonline-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.6.3.1.1. 3 Jaeger, NZBau 2001, 6 (10). 4 Vgl. zum Ganzen Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 41 ff.

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te1. Ob im Einzelfall ein hinreichender inhaltlicher oder zeitlicher Zusammenhang besteht, ist unter Berücksichtigung aller Fallumstände zu beurteilen. Anhaltspunkte hierfür können insbesondere die Beschlüsse der kommunalen Gremien sowie die Verlautbarungen der einzelnen Entscheidungsträger bieten2. Umstritten ist, inwieweit ein vergabepflichtiges Rechtsgeschäft vorliegt, 156 wenn ein Unternehmen veräußert wird, das in der Vergangenheit öffentliche Aufträge erhalten hatte. Teilweise wird angenommen, dass auch diese Fälle dem Vergaberecht unterworfen werden müssten, da der neue Gesellschafter mittelbar an dem bereits bestehenden öffentlichen Auftrag beteiligt werde und die Klärung, wann ein „enger zeitlicher Zusammenhang“ besteht, zur Rechtsunsicherheit führe3. Andererseits ist zu bedenken, dass auch die Veräußerung von Geschäftsanteilen an einem Unternehmen, das ausschließlich private Gesellschafter hat, jedoch in der Vergangenheit einen öffentlichen Auftrag erhielt, wirtschaftlich gesehen dazu führt, dass die neuen Gesellschafter in den öffentlichen Auftrag „einsteigen“. Daneben sind die für eine Vertragsübernahme geltenden Grundsätze zu beachten (vgl. Rz. 27 ff.). Die Ausdehnung des Vergaberechts auf jede Anteilsveräußerung durch die öffentliche Hand, soweit mit der Übertragung auch öffentliche Aufträge mittelbar übergehen, würde aber wohl zu weit führen. Ausnahmen sind nur dort nötig, wo – so auch das OLG Brandenburg – der Eintritt des neuen Gesellschafters unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise einer Auftragsneuerteilung gleichkommt4. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn das bisher beauftragte, staatlich beherrschte Unternehmen ohne Aufnahme eines privaten Gesellschafters nicht mehr in der Lage wäre, den Auftrag zu erfüllen und die Anteilsveräußerung eine Kündigung des bestehenden öffentlichen Auftrags mit der Folge einer neuen Auftragsvergabe verhindern soll5. Im Anschluss an die Rechtsprechung 1 Vgl. EuGH v. 10.11.2005 – Rs. C-29/04, Slg. I-09705, NZBau 2005, 704 ff. – Stadt Mödling, wo eine Gemeinde eine 100 %-ige Tochtergesellschaft mit einem langfristigen Dienstleistungsvertrag beauftragt hat und anschließend die Geschäftsanteile an eine privaten Investor veräußert werden. Vgl. ferner zu dieser Problematik VK Stuttgart v. 24.1.2002 – 1 VK 34/00 und 1 VK 1/01, NZBau 2001, 340 ff.; VK Düsseldorf v. 7.7.2000 – VK 12/2000-L, NZBau 2001, 46 (47); sowie Krutisch, NZBau 2003, 650 f. 2 Ähnlich Frenz , NZBau 2008, 673 (679). 3 Endler, NZBau 2002, 125 (133); Otting, VergabeR 2002, 11 (15 f.); in diese Richtung tendierend Jaeger, NZBau 2001, 6 (11). 4 OLG Brandenburg v. 3.8.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2002, 45 (47). 5 OLG Brandenburg v. 3.8.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2002, 45 (47).

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des OLG Brandenburg wurde in der Literatur insbesondere auch für folgende Fallgestaltung das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99 Abs. 1 bejaht: Eine Gemeinde hatte mit einer Statdwerke GmbH, deren Anteile sie zu 100 % hält, einen längerfristigen Energieliefervertrag geschlossen. Bevor der Vertrag ausläuft, beabsichtigt die Gemeinde Geschäftsanteile dieser GmbH an einen Dritten zu veräußern1. Insgesamt ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass eine Anteilsveräußerung unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nur dann einer Auftragsneuerteilung gleichkommen kann, wenn das noch in Rede stehende „Rest-Auftragsvolumen“ den jeweils maßgeblichen Schwellenwert erreicht oder überschreitet. 2. Städtebauliche Verträge 157 Das Städtebaurecht gilt heute als ein Paradebeispiel des koopearitven Verwaltungshandelns. Die verstärkte Einbeziehung Privater in die Verwirklichung öffentlicher Zwecke wirft jedoch zugleich die Frage nach der Eröffnung des Anwendungsbereichs des Vergaberechts auf2. Die Frage, ob und wenn ja, unter welchen konkreten Voraussetzungen Verträge mit städtebaulichen Bezügen als öffentliche Aufträge anzusehen sind, ist eine der in den letzten Jahren meist diskutierten Fragen des Vergaberechts. Bei den insoweit in Rede stehenden Vertragswerken handelt es sich insbesondere um „richtige“ städtebauliche Verträge gemäß §§ 11, 12 BauGB, um Erschließungsverträge gemäß §§ 124 ff. BauGB sowie Verträge im Zusammenhang mit sog. Business Improvement Districts (BIDs). Ob derartige Verträge – insbesondere in Abgrenzung zu den reinen Grundstücksveräußerungsverträgen – einen öffentlichen Auftrag i.S.v. § 99 Abs. 1, insbesondere einen öffentlichen Bauauftrag gemäß § 99 1 So Jaeger, Verträge kommunaler Körperschaften sowie ihrer eigenen und gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften über Energiebezug und Kartellvergaberecht, in Büdenbender/Kühne, Das neue Energierecht in Bewährung, 2002, S. 455, 471, der zur Begründung ausführt: „Denn mit der Veräußerung eines Anteils an der zuvor z.B. zu 100 % im Anteilsbesitz der Kommune befindlichen Stadtwerke GmbH an einen privaten Partner verlagert sich wirtschaftliche Leistungskapazität dieser GmbH, die zuvor noch voll von der Kommune stammte, ihrer Herkunft nach im Umfang der veräußerten Anteilsquote auf den privaten Partner. […] Der Energiebezug der Kommune, der vor der Anteilsveräußerung, als die Stadtwerke GmbH noch eine 100 %-ige Eigengesellschaft der Kommune war, ist nach der Anteilsveräußerung im Umfang der veräußerten Anteilsquote (also teilweise) ein Fremdgeschäft geworden.“ Ähnlich Dreher, NZBau 2002, 245 (258); Faber, DVBl. 2001, 248 (256). 2 Burgi, NVwZ 2008, 929 (930).

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Abs. 3 bzw. eine öffentliche Baukonzession gemäß § 99 Abs. 6 darstellen, muss letztlich für jeden Einzelfall gesondert beurteilt werden1. Dabei ist insbesondere auf die oben unter Rz. 73 ff. bzw. Rz. 129 ff. dargestellten Grundsätze zurückzugreifen. Verallgemeinernd und typisierend lässt sich – ergänzend zu dem bereits oben unter Rz. 73 ff. bzw. Rz. 129 ff. Ausgeführten – jedoch Folgendes festhalten: a) Reine Grundstücksverträge. Verträge über die bloße Überlassung von 158 Grundstücken an Private, z.B. im Wege der Veräußerung oder Verpachtung, bzw. die Einräumung eines Erbbaurechts zugunsten eines Privaten, aus denen sich keine städtebaulichen Verpflichtungen ergeben, die über die ohnehin zu beachtenden öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften und Bebauungspläne hinausgehen, stellen mangels eines Beschaffungsbezugs keinen öffentlichen Auftrag dar2. Fraglich ist jedoch, ob für solche Grundstücksgeschäfte allein das EU-Beihilferecht3 sowie das nationale Haushaltsrecht den rechtlichen Rahmen bilden4, oder ob die Grundfreiheiten des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV (ex-Art. 12 EGV) es erfordern, dass auch die Veräußerung von Grundstücken in einem transparenten und strukturierten Wettbewerbsverfahren erfolgen 1 Ebenso Burgi, NVwZ 2008, 929. 2 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, Rz. 58; OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (140); OLG Bremen v. 13.3.2008 – Verg 5/07, NZBau 2008, 336 (337 f.); VK Brandenburg v. 15.2.2008 – VK 2/08, NZBau 2008, 344; VK Hessen v. 5.3.2008 – 69d-VK-06/2008, NZBau 2008, 339 (343 f.); Kulartz/Schilder/Duikers in Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, DStGB Dokumentation Nr. 79, Ausgabe 4/2008, S. 14; Burgi, NVwZ 2008, 929 (934); Reidt, BauR 2007, 1664 (1672). A.A. VK Münster v. 26.9.2007 – VK 17/07, NZBau 2007, 736, die die Anwendbarkeit des Vergaberechts mit der Begründung bejaht hat, dass die Gemeinde im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB Einflussmöglichkeiten besitze, mit denen sie die Erteilung der Baugenehmigung so lange hinauszögern könne, bis der Bauherr ihren Vorgaben gemäß umgeplant habe. Die Ansicht der VK Münster ist jedoch abzulehnen. Es wird verkannt, dass der Gemeinde bei der Erteilung der Baugenehmigung nach § 34 BauGB kein Ermessen zukommt, vgl. VK Brandenburg v. 15.2.2008 – VK 2/08, NZBau 2008, 344. Zu Recht kritisch daher Schröer/ Rosenkötter, NZBau 2007, 770 (771). 3 Vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Mitteilung der EU-Kommission v. 10.7.1997 betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand, ABl. C 209, S. 3 ff. 4 So Kallmayer/Diekamp in Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, DStGB Dokumentation Nr. 79, Ausgabe 4/2008, S. 27 f.; Burgi, NVwZ 2008, 929 (934).

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muss1. Hintergrund für die letztgenannte Ansicht ist, dass der EuGH in ständiger Rechtsprechung für Auftragsvergaben, die, wie die Vergabe von Dientsleitungskonzessionen und die Vergabe unterhalb der Schwellenwerte, nicht dem Vergaberecht (i.e.S.) unterliegen, gleichwohl die Durchführung eines strukturierten Bieterverfahrens bzw. Wettbewerbsverfahrens (i.w.S.) verlangt (s. hierzu Rz. 123). Der Sinn und Zweck dieser Verpflichtung trifft auf Grundstücksverkäufe zu gewerblichen Zwecken im Grundsatz ebenso zu wie auf die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen und könnte daher für die Übertragbarkeit der EuGH-Rechtsprechung ins Feld geführt werden. Dagegen spricht allerdings, dass die EUKommission in der sog. Grundstücksmitteilung2 eine derartige Verpflichtung gerade nicht angenommen hat. Überdies ist zu beachten, dass es auch nach Ansicht des BGH einem Hoheitsträger frei stehe zu bestimmen, auf welchem Weg er einen Grundstückskäufer sucht3. 159 b) Grundstücksbezogene Verträge unter Begründung städtebaulicher Pflichten. Im Mittelpunkt der bisherigen Diskussion stehen die Fälle der Begründung städtebaulicher Pflichten in einem grundstücksbezogenen Vertrag oder der Kombination von grundstücksbezogenem Vertrag und städtebaulichem Vertrag gemäß § 11 BauGB bzw. § 12 BauGB4. 160 aa) Historische Entwicklung der Rechtsprechung. Der diesbezügliche Stand der nationalen Rechtsprechung wurde bis zum Jahr 2007 durch die Entscheidungen des BayObLG vom 19.10.2000 („Parkgarage“)5 sowie des VGH Kassel vom 20.12.2005 („Investorenauswahlverfahren“)6 wiedergegeben. Das BayObLG hat das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags bzw. einer öffentlichen Baukonzession für einen Grundstücksvertrag (Erbbaurecht) sowie einen Durchführungsvertrag gemäß § 12 BauGB mit der Begründung verneint, dass der Durchführungsvertrag auf die Realisierung des Vorhabens an sich, und nicht auf die Erbringung einer Bauleistung an

1 In diesem Sinne – zumindest für Grundstücksverkäufe zu gewerblichen Zwecken – Jasper/Seidel, NZBau 2008, 427 (428 f.). 2 Mitteilung der EU-Kommission v. 10.7.1997 betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand, ABl. C 209, S. 3 ff. 3 BGH v. 22.2.2008 – V ZR 56/07, VergabeR 2008, 649 (651). Einschränkend ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die (apodiktische) Entscheidung des BGH wohl nur von begrenzter Bedeutung ist, weil ihr nicht zu entnehmen ist, ob bzw. dass der BGH die gemeinschaftsrechtliche Problematik überhaupt gesehen hat. 4 Burgi, NVwZ 2008, 929 (934). 5 BayObLG v. 19.10.2000 – Verg 9/00, NZBau 2002, 108 f. 6 VGH Kassel v. 20.12.2005 – 3 TG 3055/05, ZfBR 2006, 806 ff.

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die betroffenen Kommune gerichtet sei1. Der VGH Kassel entschied, dass ein Investorenauswahlverfahren, in dem ein Erwerber für ein Treuhandgrundstück ausgewählt werden sollte, der das Grundstück nach den Vorstellungen des öffentlichen Auftraggebers bebauen sollte, nicht dem Vergaberecht unterfällt, da mit diesem keine Leistung an den öffentlichen Auftraggeber, sondern nur die Umsetzung städtebaulicher Gestaltungsvorstellungen verbunden sei2. Dies entsprach der bis dato allgemeinen Einschätzung und Praxis3. Im Gegensatz dazu hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 13.6.2007 161 („Fliegerhorst Alhorn“) auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH im Fall „Stadt Roanne“4 entschieden, dass ein Grundstücksveräußerungsvertrag nebst separatem Durchführungsvertrag gemäß § 12 BauGB 1 2 3 4

BayObLG v. 19.10.2000 – Verg 9/00, NZBau 2002, 108 f. VGH Kassel v. 20.12.2005 – 3 TG 3055/05, ZfBR 2006, 806 (807). Burgi, NVwZ 2008, 929 (930). Vgl. EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, Slg. I-00385, NZBau 2007, 185 ff. Der EuGH hat in dieser Entscheidung den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Raumordnungsvertrags als öffentlichen Bauauftrag, und zwar (zumindest) sowohl i.S.v. Art. 1 lit. a) 2. Alt. der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG (entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. b) 2. Alt. VKR) als auch i.S.v. Art. 1 lit. a) 3. Alt der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG (entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. b) 2. Alt. VKR) qualifiziert. Die zweite Variante war gegeben, da das Bauwerk wirtschaftlichen Tätigkeiten offenstehen und dadurch die städtische Infrastruktur verbessern sollte. Die dritte Variante lag vor, weil die Stadt Roanne in der Vereinbarung detaillierte Erfordernisse für die Errichtung der baulichen Anlage aufgestellt hatte (Multiplex-Kino, Räumlichkeiten, Dienstleistungen bei Freizeitaktivitäten, Parkplatz), mit denen in ihrer Gesamtheit versucht werden sollte, das Bahnhofsviertel aufzuwerten und zu beleben (vgl. EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, Slg. I-00385, NZBau 2007, 185 (188), Rz. 41 f.; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott v. 15.6.2006 - Slg. 2007, I-00385, Rz. 33). Dabei hat der EuGH zum einen die nationale Rechtsnatur des Vertrages für die vergaberechtliche Beurteilung für unmaßgeblich erklärt (vgl. EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, Slg. I-00385, NZBau 2007, 185 (188), Rz. 40 unter Hinweis auf EuGH v. 20.10.2005 – Rs. C-264/03, Slg. 2005, I-8831, Rz. 36; so bereits auch EuGH v. 12.7.2001 – Rs. C-399/98, Slg. I-05409, NZBau 2001, 512 (515), Rz. 66). Zum anderen hat der EuGH festgestellt, dass ein öffentlicher Bauauftrag unabhängig davon gegeben sei, ob der öffentliche Auftraggeber Eigentümer des gesamten Bauwerks oder eines Teils davon ist oder wird (vgl. EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, Slg. I-00385, NZBau 2007, 185 (188), Rz. 47). Der öffentliche Auftraggeber kann das zu errichtende Bauwerk mithin selbst nutzen oder es der Allgemeinheit oder einzelnen (auch privaten) Dritten zur Verfügung stellen. Vgl. hierzu auch Dicks in Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, DStGB Dokumentation Nr. 79, Ausgabe 4/2008, S. 7.

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als öffentliche Baukonzession zu qualifizieren sei. Begründet hat das OLG Düsseldorf dies damit, dass ein öffentlicher Bauauftrag nicht voraussetze, dass die Bauleistung in einem gegenständlich oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird und ihm unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt1. Überdies sei der Grundstücksvertrag als eine Einheit mit dem Durchführungsvertrag, dessen Gegenstand eine Bauverpflichtung mit dem Ziel einer den Wirtschaftsstandort voranbringenden gewerblich-fliegerischen Nutzung des vormaligen Militärareals war, anzusehen2. Seine Rechtsprechung hat das OLG Düsseldorf in einer Reihe weiterer Entscheidungen bestätigt und konkretisiert. So hat es insbesondere im sog. Fall „Wuppertal-Vohwinkel“ einen Grundstücksveräußerungsvertrag mit einer darin im Interesse der Aufwertung eines Stadtteils enthaltenen Bebauungsverpflichtung, die über die Festsetzungen des vorhandenen Bebauungsplans hinausging, als öffentliche Baukonzession angesehen3. Hervorzuheben ist in diesem Zussammenhang insbesondere die Aussage des OLG Düsseldorf, dass die dritte Variante des § 99 Abs. 3 – so sie denn zur Erfassung möglicher Umgehungen einen Sinn haben soll – nicht von der Ausgestaltung als Bauauftrag und erst recht nicht von einer Verpflichtung des Auftragnehmers zur Herstellung des Bauwerks abhängig zu machen ist4. Im sog. Fall „Oer-Erkenschwick“ wurde ein Grundstücksveräußerungsvertrag mit darin enthaltenen städtebaulichen Pflichten bei Fehlen eines Bebauungsplans als öffentliche Baukonzession qualifiziert5. Dabei hat sich das OLG Düsseldorf insbesondere mit der Definition der öffentlichen Baukonzession auseinandergesetzt und hierzu festgestellt: Die Definition der Baukonzession enthalte kein Tatbestandsmerkmal, wonach der Konzessionär kein Eigentum am Bauwerk erwerben dürfe oder das Eigentum nach Ablauf eines Konzessionszeitraums auf den öffentlichen Auftraggeber übergehen müsse. Soll der Konzessionär Eigentümer werden, könne auch nicht so getan werden, als beruhe seine Befugnis, das Bauwerk zu 1 Vgl. hierzu auch Dicks in Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, DStGB Dokumentation Nr. 79, Ausgabe 4/2008, S. 8, der ausdrücklich klarstellt, dass das OLG Düsseldorf – entgegen zuweilen vorgenommener Deutungen – nicht grundsätzlich und vollständig auf das Beschaffungselement verzichtet. Siehe insoweit auch OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 ff. 2 OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 ff. 3 OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 ff., m. Anm. Schabel, VergabeR 2008, 103 ff. 4 OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 ff. 5 OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 ff.

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nutzen und zu verwerten, auf einem von der Erteilung des Bauauftrags völlig unabhängigen Übertragungsakt des öffentlichen Auftraggebers. Die Gegenauffassung verkenne, dass die Eigentümerstellung vom Auftraggeber abgeleitet ist und der Konzessionär mit der Eigentumsübertragung auch erst das Recht zur Nutzung des späteren Bauwerks erhält. Der Grundstückskaufvertrag und der Bauauftrag hängen zusammen. Die Verträge seien deshalb auch rechtlich in einer Zusammenschau zu betrachten. Bei jeder anderen Sichtweise seien unerwünschte Umgehungen des Vergaberechts zu erwarten, die seiner Zielsetzung widersprechen. Dass der Konzessionär im Gegenzug einen Kaufpreis an den öffentlichen Auftraggeber zahlt, rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung. Denn es stelle kein gesetzliches Merkmal der Baukonzession dar, dass sie unentgeltlich zu gewähren ist1. Die insoweit gefestigte sog. „Ahlhorn-Linie“ hat das OLG Düsseldorf bislang konsequent fortgeführt2. Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf hat sowohl im Ergebnis als 162 auch in der Begründung keine ungeteilte Zustimmung gefunden; insbesondere in der Literatur hat sie sogar heftige Kritik erfahren3. In der Rechtsprechung haben sich das OLG Bremen4, das OLG Karlsruhe5 sowie die VK Brandenburg6 dem OLG Düsseldorf im Wesentlichen angeschlossen. Das OLG München hat mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG erhebliche 1 OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 ff. 2 Vgl. OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – Verg 23/08, NZBau 2008, 461 ff.; OLG Düsseldorf v. 14.5.2008 – Verg 27/08, VergabeR 2008, 661 ff.; OLG Düsseldorf v. 2.10. 2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 ff. In allen Fällen ging es stets um die „Revitalisierung“ der betroffenen Standorte. Vgl. hierzu auch Burgi, NVwZ 2008, 929 (930 f.). 3 Amelung, Anm. zu OLG Düsseldorf v. 14.5.2008 – Verg 27/08, VergabeR 2008, 664 f.; Amelung/Dörn, Anm. zu OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, VergabeR 2007, 644 ff.; Bambring/Vogt, NJW 2008, 1855 ff.; Boesen, Anm. zu EuGH v. 18.1.2007 – Rs. C-220/05, EuZW 2007, 121 (122 f.); Burgi, NVwZ 2008, 929 ff.; Greb/Rolshoven, NZBau 2008, 163 ff.; Grotelüschen/Lübben, VergabeR 2008, 169 ff.; Hertwig/Öynhausen, KommJur 2008, 121 ff.; Horn, VergabeR 2008, 158 ff.; Losch, Anm. zu OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, VergabeR 2008, 239 ff.; Jasper/Seidel, NZBau 2008, 427 ff.; Pietzcker, NZBau 2008, 293 ff.; Reidt, VergabeR 2008, 11 ff.; ders., BauR 2007, 1664 ff.; Rosenkötter/Fritz , NZBau 2007, 559 ff.; Schabel, Anm. zu OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, VergabeR 2008, 103 ff.; Sieben, BauR 2008, 1233 ff.; Vetter/Bergmann, NVwZ 2008, 133 ff.; Wagner, NJW-Spezial 2008, 12 ff.; Wagner/Görs, NVwZ 2007, 900 ff.; Ziekow, VergabeR 2008, 151 ff.; ders., DVBl. 2008, 137 ff. 4 OLG Bremen v. 13.3.2008 – Verg 5/07, NZBau 2008, 336 ff. 5 OLG Karlsruhe v. 13.6.2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2007, 537 ff. 6 VK Brandenburg v. 15.2.2008 – VK 2/08, NZBau 2008, 344.

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Zweifel geäußert1. Die VK Baden-Württemberg2 sowie die VK Hessen3 haben dem OLG Düsseldorf dezidiert widersprochen. Die Ablehnung betrifft vor allem die Fragen, ob auf das Element einer körperlichen Beschaffung der Bauleistung für den öffentlichen Auftraggeber verzichtet werden darf und nicht stattdessen zu fordern ist, dass die Bauleistung dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen muss (vgl. Rz. 76 und 101), und ob einer öffentlichen Baukonzession nicht das (bislang ungeschriebene) Merkmal einer Befristung des Nutzungsrechts innewohnt (vgl. Rz. 134 f.). Auch die Bundesregierung kritisierte in Form des Entwurfs für ein Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf4. 163 Den Streitstand hat das OLG Düsseldorf in seinem – instruktiven – Vorlagebeschluss vom 2.10.20085 zusammengefasst und zum Anlass genommen, dem EuGH folgende neun Fragen, die den gesamten Streitstand im Wesentlichen abbilden, zur Vorabentscheidung vorzulegen: – Setzt ein öffentlicher Bauauftrag nach Art. 1 Abs. 2b) der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.3. 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge konstitutiv voraus, dass die Bauleistung in einem gegenständlich oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird und ihm unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt?6 – Sofern nach der Begriffsbestimmung des öffentlichen Bauauftrags in Art. 1 Abs. 2b) der Richtlinie 2004/18/EG auf das Element der Beschaffung nicht verzichtet werden kann: Ist nach der zweiten Variante der Vorschrift eine Beschaffung anzunehmen, wenn das Bauvorhaben für den öffentlichen Auftraggeber eine bestimmte öffentliche Zweckbestimmung erfüllen (zum Beispiel der städtebaulichen Entwicklung eines kommunalen Ortsteils dienen) soll und der öffentliche Auftraggeber kraft des Auftrags mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet ist sicherzustellen, dass der öffentliche Zweck erreicht wird und das Bauwerk dafür künftig zur Verfügung steht?7 1 2 3 4 5 6

OLG München v. 4.4.2008 – Verg 4/08, NZBau 2008, 542 (544). VK Baden-Württemberg v. 7.3.2008 – 1 VK 1/08, NZBau 2008, 344. VK Hessen v. 5.3.2008 – 69d-VK-06/2008, NZBau 2008, 339 ff. Vgl. BT-Drucks. 16/10117. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 ff. Verneinend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730). S. a. Rz. 21 und 76. 7 Bejahend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730). S. a. Rz. 21 und 76.

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– Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der ersten und zweiten Variante des Art. 1 Abs. 2b) der Richtlinie 2004/18/EG, dass der Unternehmer direkt oder indirekt zur Erbringung der Bauleistungen verpflichtet wird? Muss es sich gegebenenfalls um eine einklagbare Verpflichtung handeln?1 – Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2b) der Richtlinie 2004/18/EG, dass der Unternehmer zu Bauleistungen verpflichtet wird oder solche den Gegenstand des Auftrags bilden?2 – Unterfallen Aufträge, durch die mittels der vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse gewährleistet werden soll, dass das herzustellende Bauwerk für einen bestimmten öffentlichen Zweck zur Verfügung steht, und durch die dem Auftraggeber (kraft vertraglicher Abrede) zugleich die rechtliche Befugnis gegeben wird, (im mittelbaren Eigeninteresse) die Verfügbarkeit des Bauwerks für die Öffentliche Zweckbestimmung sicherzustellen, dem Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2b) der Richtlinie 2004/18/EG?3 – Ist der Begriff der „vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse“ nach Art. 1 Abs. 2b) der Richtlinie 2004/18/EG erfüllt, wenn die Bauleistungen nach vom öffentlichen Auftraggeber geprüften und gebilligten Plänen erbracht werden sollen?4 – Ist nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG eine öffentliche Baukonzession abzulehnen, wenn der Konzessionär Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Bauwerk errichtet werden soll, ist oder wird oder die Baukonzession unbefristet erteilt wird?5 – Ist die Richtlinie 2004/18/EG – mit der Rechtsfolge einer Ausschreibungspflicht für den öffentlichen Auftraggeber – auch dann anzuwenden, wenn ein Grundstücksverkauf durch einen Dritten und die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags zeitversetzt erfolgen, und bei 1 Bejahend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730 f.) S. a. Rz. 81. 2 Verneinend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). S. a. Rz. 81 und 106. 3 Bejahend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). S. a. Rz. 76 und 101. 4 Bejahend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731). S. a. Rz. 104. 5 Verneinend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (732). S. a. Rz. 134.

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Abschluss des Grundstücksgeschäfts der öffentliche Bauauftrag noch nicht erteilt worden ist, aber im letztgenannten Zeitpunkt auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers die Zielsetzung bestanden hat, einen solchen Auftrag zu erteilen?1 – Sind die voneinander verschiedenen, aber zusammenhängenden Geschäfte über eine Grundstücksveräußerung und einen öffentlichen Bauauftrag vergaberechtlich als eine Einheit zu bewerten, wenn die Erteilung eines öffentlichen Bauauftrags im Zeitpunkt der Eingehung des Grundstücksvertrages beabsichtigt war, und die Beteiligten bewusst eine in sachlicher – und gegebenenfalls auch in zeitlicher – Hinsicht enge Verknüpfung zwischen den Verträgen hergestellt haben?2 164 bb) Aktueller Stand der Rechtsprechung. Der aktuelle Stand der Rechtsprechung wird (derzeit) durch das auf den Vorlagebeschluss des OLG Düsseldorf vom 2.10.2008 (s. Rz. 163) ergangene Urteil des EuGH vom 25.3.2010 in der Rechtssache „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ abgebildet. In dieser Entscheidung hat der EuGH die restriktive, d.h. den Anwendungsbereich des Vergaberechts sehr weit ausdehnende Auffassung des OLG Düsseldorf nicht geteilt3. Im Einzelnen hat der EuGH auf die Vorlagefragen Folgendes geantwortet: – Betreffend die erste und zweite Frage hat der EuGH festgestellt, dass der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ i.S.v. Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR nicht voraussetzt, dass die Bauleistung, die Gegenstand des Auftrags ist, in einem gegenständlichen oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird, wenn sie diesem unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt. Die Ausübung von städtebaulichen Regelungszuständigkeiten durch den öffentlichen Auftraggeber genügt indes nicht, um diese letztgenannte Voraussetzung zu erfüllen4. Maßgeblich ist insoweit die Überlegung, dass der der entgeltliche Charakter des öffentlichen Bauauftrags impliziere, dass der öffentliche Auftraggeber, der einen öffentlichen Bauauftrag vergeben hat, gemäß diesem Auftrag eine Leistung gegen eine Gegenleistung erhält. Die Leistung besteht in der Erbringung der Bauleistungen, die der öffentliche Auftraggeber erhalten möchte. Eine solche Leistung muss nach ihrer Natur sowie nach dem System und den Zielen der Vergabekoor1 Bejahend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731 f.). 2 Bejahend OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731 f.). 3 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 ff. Ähnlich auch bereits Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 17.11.2009 in der Rs. C-451/08, ZfBR 2010, 182 ff. 4 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447), Rz. 58.

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dinierungsrichtlinie 2004/18/EG ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse für den öffentlichen Auftraggeber bedeuten. Dieses unmittelbare wirtschaftliche Interesse ist eindeutig gegeben, wenn vorgesehen ist, dass der öffentliche Auftraggeber Eigentümer der Bauleistung oder des Bauwerks wird, die bzw. das Gegenstand des Auftrags ist. Ein solches wirtschaftliches Interesse lässt sich ebenfalls feststellen, wenn vorgesehen ist, dass der öffentliche Auftraggeber über einen Rechtstitel verfügen soll, der ihm die Verfügbarkeit der Bauwerke, die Gegenstand des Auftrags sind, im Hinblick auf ihre öffentliche Zweckbestimmung sicherstellt. Das wirtschaftliche Interesse kann ferner in wirtschaftlichen Vorteilen, die der öffentliche Auftraggeber aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung des Bauwerks ziehen kann, in seiner finanziellen Beteiligung an der Erstellung des Bauwerks oder in den Risiken, die er im Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerks trägt, bestehen. Die bloße Ausübung von städtebaulichen Regelungszuständigkeiten im Hinblick auf die Verwirklichung des allgemeinen Interesses ist jedoch weder auf den Erhalt einer vertraglichen Leistung noch auf die Befriedigung des unmittelbaren wirtschaftlichen Interesses des öffentlichen Auftraggebers gerichtet, wie es Art. 1 Abs. 2 lit. a) VKR vorgibt, und genügt daher als solches nicht1. – Betreffend die dritte und vierte Frage hat der EuGH festgestellt, dass der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ i.S.v. Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR erfordert, dass der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, übernimmt und dass es sich um eine nach den im nationalen Recht geregelten Modalitäten einklagbare Verpflichtung handelt2. Auch insoweit ist Ausgangspunkt der Überlegungen, dass der öffentliche Bauauftrag in Art. 1 Abs. 2 lit. a) VKR als ein entgeltlicher Vertrag definiert ist. Diesem Begriff liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der Auftragnehmer verpflichtet, die Leistung, die Gegenstand des Vertrags ist, gegen eine Gegenleistung zu erbringen. Mit dem Vertragsschluss im Rahmen eines öffentlichen Bauauftrags verpflichtet sich der Auftragnehmer somit, die Bauleistungen, die dessen Gegenstand bilden, durchzuführen oder durchführen zu lassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Auftragnehmer die Leistungen mit eigenen Mitteln oder unter Inanspruchnahme von Subunternehmern erbringt. Da die Verpflichtungen, die sich aus dem Auftrag ergeben, rechtsverbindlich sind, muss ihre Erfüllung einklagbar sein. Mangels einer Regelung im 1 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (446 f.), Rz. 40–58. 2 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447), Rz. 63.

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europäischen Unionsrecht sind die Modalitäten für die Erfüllung solcher Verpflichtungen im Einklang mit dem Grundsatz der Autonomie dem nationalen Recht überlassen1. – Betreffend die fünfte und sechts Frage hat der EuGH festgestellt, dass die „vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse“ i.S.d, dritten in Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR genannten Fallgestaltung nicht in dem bloßen Umstand bestehen können, dass eine Behörde bestimmte, ihr vorgelegte Baupläne prüft oder in Ausübung ihrer städtebaulichen Regelungszuständigkeiten eine Entscheidung trifft2. Denn ein öffentlicher Auftraggeber hat seine Erfordernisse i.S.v. Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR nur dann genannt, wenn er Maßnahmen ergriffen hat, um die Merkmale der Bauleistung zu definieren oder zumindest einen entscheidenden Einfluss auf ihre Konzeption auszuüben. Der bloße Umstand, dass eine Behörde in Ausübung ihrer städtebaulichen Regelungszuständigkeiten bestimmte, ihr vorgelegte Baupläne prüft oder eine Entscheidung in Anwendung von Zuständigkeiten in diesem Bereich trifft, genügt insoweit nicht3. – Betreffend die siebente Frage hat der EuGH festgestellt, dass „öffentliche Baukonzessionen“ i.S.v. Art. 1 Abs. 3 VKR nicht vorliegen, wenn der Konzessionär Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Bauwerk errichtet werden soll, ist oder wird oder die Baukonzession unbefristet erteilt wird. Denn nach Art. 1 Abs. 3 VKR sind öffentliche Baukonzessionen „Verträge, die von öffentlichen Bauaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht“. Damit ein öffentlicher Auftraggeber seinem Vertragspartner das Recht auf Nutzung eines Bauwerks i.S.d. Vorschrift übertragen kann, muss er über die Nutzung des entsprechenden Bauwerks verfügen können. Daran fehlt es in der Regel, wenn das Nutzungsrecht allein im Eigentumsrecht des entsprechenden Wirtschaftsteilnehmers verwurzelt ist. Der Eigentümer eines Grundstücks ist nämlich berechtigt, dieses unter Beachtung der anwendbaren Rechtsvorschriften zu nutzen. Solange ein Wirtschaftsteilnehmer über das Recht auf Nutzung eines Grundstücks verfügt, das in seinem Eigentum steht, kann eine Behörde grundsätzlich keine Konzession über diese Nutzung erteilen4. Allein die Übertragung des Ei1 2 3 4

EuGH v. 25.3.2010 – EuGH v. 25.3.2010 – EuGH v. 25.3.2010 – EuGH v. 25.3.2010 –

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Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447), Rz. 59–63. Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 69. Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447 f.), Rz. 64–69. Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 71–74.

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gentums an einem Grundstück genügt also regelmäßig nicht, um darin eine öffentliche Baukonzession zu sehen. Der EuGH weist in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass das Wesen der Konzession darin besteht, dass das Betriebsrisiko in erster Linie oder jedenfalls in erheblichen Umfang vom Konzessionsnehmer selbst getragen wird. Dieses Risiko könne – entgegen der Ansicht der EU-Kommission – nicht in der Unsicherheit des Unternehmers in Bezug auf die Frage liegen, ob die für Städtebau zuständige Dienststelle der betreffenden Gebietskörperkörperschaft seine Pläne billigen werde oder nicht. Denn in einer solchen Situation stünde das Risiko in Verbindung mit den städtebaulichen Regelungszuständigkeiten des öffentlichen Auftraggebers und nicht mit der sich aus der Konzession ergebenden Vertragsbeziehung. Folglich wäre das Risiko nicht mit der Nutzung verbunden1. Schließlich geben, was die Dauer der Konzessionen anbelangt, auch gewichtige Gründe, zu denen insbesondere die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs gehört, Grund zur Annahme, dass die unbefristete Erteilung von Konzessionen gegen die Rechtsordnung der Europäischen Union verstoßen würde2. – Betreffend die achte und neunte Frage hat der EuGH zunächst festgestellt, dass es vernünftig ist, die Anwendung der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG auf ein zweistufiges Vergabeverfahren, das durch den Verkauf eines Grundstücks gekennzeichnet ist, das später Gegenstand eines Bauauftrags wird, durch die Bewertung dieser Vorgänge als Einheit nicht von vornherein auszuschließen3. Gleichwohl hat der EuGH die Anwendung der Bestimmungen der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG unter Umständen wie denen des streitgegenständlichen Ausgangsverfahrens, in der eine öffentliche Stelle ein Grundstück an ein Unternehmen veräußert, während eine andere öffentliche Stelle beabsichtigt, einen öffentlichen Bauauftrag in Bezug auf dieses Grundstück zu vergeben, auch wenn sie noch nicht formell beschlossen hat, den entsprechenden Auftrag zu erteilen, abgelehnt4. Der EuGH bestätigt mit seinem Urteil vom 25.3.2010 die vom deutschen 165 Gesetzgeber mit Blick auf die sog. „Ahlhorn“-Rechtsprechung des OLG Düsseldorf eingefügten Einschränkungen in § 99 Abs. 3 und 6 (s. hierzu bereits Rz. 3, 1 2 3 4

EuGH v. 25.3.2010 – EuGH v. 25.3.2010 – EuGH v. 25.3.2010 – EuGH v. 25.3.2010 –

Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 75–78. Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 79. Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (449), Rz. 82. Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448 f.), Rz. 81–89.

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21, 76, 101, 134 f. und 162). Die öffentliche Hand kann nach dieser Entscheidung Immobilientransaktionen wieder rechtssicher außerhalb des Kartellvergaberechts durchführen1. Dies gilt grundsätzlich insbesondere für folgende grundstücksbezogenen Vertragskonstellationen: – Grundstücksverkauf an einen privaten Investor und Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nebst Durchführungsvertrag Es liegt insoweit zwar grundsätzlich eine Errichtung eines Bauwerks „gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen“ i.S.v. § 99 Abs. 3, 3. Alt. vor, da der Durchführungsvertrag die rechtliche Befugnis sichert, die Verfügbarkeit des Bauwerks im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu gewährleisten. Allerdings zahlt der öffentliche Auftraggeber dem Investor kein Entgelt für die Bauleistung, sondern erhält seinerseits den Grundstückskaufpreis. Es kommt daher allenfalls eine öffentliche Baukonzession in Betracht. Allerdings setzt diese die Übertragung eines befristeten Nutzungsrechts voraus. Dies ist hier nicht gegeben, weil durch die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück das Nutzungsrecht unbefristet übertragen wird und mithin nicht im Eigetum der öffentlichen Hand verwurzelt ist2. – Grundstücksüberlassung an einen privaten Investor und Aufstellung eines Angebotsbebauungsplans vor dem Hintergrund eines bestimmten Vorhabens Diese Fallgestaltung unterscheidet sich von der vorstehenden im Wesentlichen nur dadurch, dass die Gestaltung des Vorhabens auf der Planung des privaten Investors beruht. Allerdings führt dies nicht zu einer abweichenden Bewertung. Dies gilt umso mehr, als die Erstellung des Bauwerks nach Ansicht des EuGH nicht schon dann „gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen“ i.S.v. § 99 Abs. 3, 3. Alt. bzw. Art. 1 Abs. 2 lit. b) VKR erfolgt, wenn die Bauleistungen nach vom öffentlichen Auftraggeber geprüften und gebilligten Plänen erbracht wird3. – Grundstücksveräußerung ohne Einflussnahme auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung Dies galt – mit der einschränkenden Maßgabe, dass der jeweilige Fall keine Anhaltspunkte für eine Umgehung des Vergaberechts erkennen 1 Otting, IBR 2010, 284. 2 Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (448), Rz. 71–74. 3 Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447 f.), Rz. 64–69. A.A. OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (141); OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (731).

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ließ – schon nach der bisherigen nationalen Rechtsprechung1. Der EuGH hat dies durch die Feststellung, dass der Begriff „öffentliche Bauaufträge“ es erfordert, dass der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, übernimmt und dass es sich um eine nach nationalem Recht einklagbare Verpflichtung handelt, bestätigt2. – Einzelbauvorhaben Ist der Veräußerung eines Grundstücks und seiner Bebauung keine wirtschaftliche, insbesondere keine raumordnende oder städtebauliche Funktion zuzuerkennen, was insbesondere bei auf einen einzelnen Unternehmenszweck begrenzten Einzelbauvohaben der Fall ist, war der Anwendungsbereich des Vergaberechts bereits nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf nicht eröffnet3. Hieran hat sich durch die Entscheidung des EuGH vom 25.3.2010 nichts geändert. – Unentgeltliche Bebauung eines (seit längerer Zeit) dem Investor gehörenden Grundstücks zur Eigennutzung gemäß einem nach den Plänen des Investors erlassenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans4. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der EuGH auch Grenzen für die Vergaberechtsfreiheit aufgezeigt hat, so dass vor einer undifferenzierten Betrachtung zu warnen ist. So indiziert insbesondere der Umstand, dass sich die öffentliche Hand finanziell5 oder durch sonstige Risikoübernahme an dem Projekt beteiligt, ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse. Daher können insbesondere vertragliche Vorgaben für das Bauwerk, die im Rahmen der Ausübung städtebaulicher Regelungskompetenzen nicht durchsetzbar wären, wenn sie mit finanziellen Beiträgen der Stadt kombiniert werden, mithin also insbesondere auch eine Konzessionsgestaltung ausscheidet, nach wie vor dazu führen, dass der sach1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (275 f.) VK Brandenburg v. 15.2.2008 – VK 2/08, NZBau 2008, 344. 2 Vgl. EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (447), Rz. 63. 3 OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (275 f.). 4 Maßgeblich ist insoweit die Überlegung, dass das Recht zur Nutzung hier ausschließlich aus dem seit je her bestehenden Grundstückseigentum des Investors folgt und somit nicht von der öffentlichen Hand abgeleitet ist (siehe insoweit auch Rz. 133 und Rz. 160). 5 Eine finanzielle Beteiligung kann dabei auch in einem Kaufpreisnachlass, insbesondere in einem Verkauf des Grundstücks unter Marktwert liegen. So OLG Düsseldorf v. 9.6.2010 – Verg 9/10 unter Hinweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 17.11.2009 in der Rs. C-451/08, ZfBR 2010, 182 (188), Rz. 58.

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liche Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts eröffnet ist1. Zudem bestehen auch im Hinblick auf „Mischfälle“, in denen nur ein Teil der Bauleistung im wirtschaftlichen Interesse des öffentlichen Gründstücksverkäufers liegt, aber erst die Bauleistung insgesamt den Schwellenwert erreicht, sowie hinsichtlich von Konzessionsgestaltungen, bei denen das Eigentumsrecht am Grundstück zwar unbefristet übrtragen wird, letztlich aber aufgrund vertraglicher Beschränkungen de facto nicht weiter reicht als ein bloßes Nutzungsrecht, offene Fragen2. Es empfiehlt sich daher auch weiterhin, jeden Einzelfall und die ihn charakterisierenden Umstände stets gesondert und sorgfältig zu beurteilen. 166 c) Unentgeltliche Begründung städtebaulicher Pflichten ohne grundstücksbezogenen Vertrag. Werden unentgeltlich städtebauliche Pflichten begründet und befinden sich die betroffenen Grundstücke von vornherein in der Hand des in die Pflicht genommenen Privaten, so ist grundsätzlich kein öffentlicher Auftrag gegeben3. Hier kommt infolge der Unentgeltlichkeit von vornherein nur eine öffentliche Baukonzession in Betracht; insbesondere kann auch die Schaffung von Baurecht nicht als Entgelt angesehen werden4. Das Vorliegen einer Baukonzession setzt jedoch voraus, dass dem Konzessionär ein (befristetes) Nutzungsrecht verschafft wird. Hieran und damit an dem entgeltersetzenden Charakter des Vertrages – fehlt es aber, wenn der Investor sein Eigentum nicht von der öffentlichen Hand ableitet (vgl. Rz. 132)5. 1 Ähnlich Otting, IBR 2010, 284. Siehe zu den weiterhin offenen Fragen insb. auch Hertwig, VergabeR 2010, 554 (559 ff.). 2 Vgl. Hertwig, VergabeR 2010, 554 (559 ff.); N. Jarass, VergabeR 2010, 562 (566 f.). 3 Vgl. Krohn, ZfBR 2008, 27 (30); sowie Burgi, NVwZ 2008, 929 (934). Letzterer stellt insoweit jedoch auf das Fehlen eines Beschaffungszwecks ab und weist – zumindest folgerichtigt – darauf hin, dass ein solcher aber ausnahmsweise dann gegeben ist, wenn der private Investor – wie in dem v. EuGH entschiedenen Fall „Teatro alla bicocca“ (EuGH v. 12.7.2001 – Rs. C-399/98, Slg. I-05409, NZBau 2001, 512 ff.) – dazu verpflichtet werden soll, sein Grundstück nach erfolgter äußerlicher Bebauung dem öffentlichen Auftraggeber zwecks Übernahme der „inneren Erschließung“ gegen Entgelt zu übereignen. 4 Eisenreich/Barth, NVwZ 2008, 635 (637). 5 Vgl. Kulartz/Schilder/Duikers in Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, Stand: April 2008, S. 14; Städtetag NRW (Hrsg.), Kommunale Grundstücksgeschäfte und Vergaberecht, Stand: Februar 2008, S. 27. Indirekt bestätigt wird dies auch durch die Entscheidung VK Hessen v. 5.3.2008 – 69d-VK-06/2008, die zwischen dem (ggf. dem Investor von dem öffentlichen Auftraggeber übertragenen) Recht zur Nutzung des Grundstücks und dem Recht zur Nutzung des errichteten Bauwerks unterscheidet. Die VK Hessen weist insoweit darauf hin, dass das Recht zur Nutzung des von dem Investor errichteten Bauwerks allein aus dessen Eigentum am Bauwerk folgt.

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d) Erschließungsverträge. Die auf die technische Infrastruktur (Straßen, 167 Kanalanschlüsse etc.) zielende Aufgabe der „Erschließung“ gemäß § 123 Abs. 1 BauGB ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Will sich eine Kommune zur Erfüllung dieser eigenen Sachaufgabe privater Unterstützung bedienen, liegt daher stets eine Beschaffung vor, und zwar völlig unabhängig von der Existenz einer Herrschaftsbeziehung zu dem in Rede stehenden (Träger-)Grundstück1. Für die Beantwortung der Frage, ob es sich hierbei auch um eine entgeltliche und mithin vergaberechtspflichtige Beschaffung handelt, ist zwischen dem echten Erschließungsvertrag (§ 124 Abs. 1 BauGB) und dem unechten Erschließungsvertrag (§§ 127 ff. BauGB) zu differenzieren. Bei einem echten Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 Abs. 1 BauGB über- 168 trägt die Kommune die Durchführung der ihr obliegenden Erschließung ganz oder zum Teil auf einen Dritten, namentlich den Erschließungsunternehmer. Dieser führt die Erschließung auf eigene Kosten und eigene Rechnung durch; insoweit wird ein vertraglicher Anspruch der Gemeinde begründet. Der Erschließungsunternehmer übernimmt hier also die Erschließungskosten vollständig und endgültig. Typischerweise wird ferner vereinbart, dass der Erschließungsunternehmer die hergestellen Erschließungsanlagen später auf die Kommune unentgeltlich (ohne Gegenleistung) überträgt und die Gemeinde die Anlagen danach weiterbetreibt und unterhält2. Beim echten Erschließungsvertrag kommt es wegen der endgültigen Kosten(-last-)regelung zu keiner Abrechnung über Art und Umfang des dem Erschließungsunternehmer entstandenen Aufwands gegenüber der Gemeinde3. Dem Erschließungsunternehmer obliegt es bei diesem Modell vielmehr, in eigener Verantwortung seine Refinanzierung zu sichern. Regelmäßig geschieht dies durch zivilrechtliche Kostenerstattungsvereinbarungen mit den Grundstückseigentümern, denen die Vornahme der Erschließung einen Vorteil vermittelt. Ist der Erschließungsträger selbst Grundstückseigentümer, so erfolgt eine Refinanzierung in der Regel über die Kaufpreiskalkulation bei der nachfolgenden Veräußerung seiner Grundstücke an Dritte4. Vor diesem Hintergrund findet bei einem echten Erschließungsvertrag auch keine Erhebung von Erschließungsbeiträgen mittels Bescheiden durch die Kommune statt. Insoweit fehlt es schon an der Grundvoraussetzung einer 1 Burgi, NVwZ 2008, 929 (934). 2 Vgl. zum Ganzen Wilke, ZfBR 2002, 231; Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB-Kommentar, § 124 Rz. 13a. 3 Wilke, ZfBR 2002, 231. 4 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 86.

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Beitragserhebung, namentlich dem eigenen Erschließungsaufwand der Kommune1. Hiervon zu unterscheiden ist der unechte Erschließungsvertrag. Dieser beinhaltet im Wesentlichen eine Vorfinanzierungsfunktion und wird aus diesem Grund teilweise auch als Vorfinanzierungsvertrag bezeichnet2. Bei einem unechten Erschließungsvertrag wird in der Regel vereinbart, dass der Erschließungsunternehmer seine Gesamtaufwendungen für die Erschließung von der Kommune erstattet verlangen kann. In der Folge ist hier auch – anders als beim echten Erschließungsvertrag – ein eigener Erschließungsaufwand der Kommune gegeben. Die Kommune kann sich dementsprechend über die Beiträge der von ihr im Bescheidwege veranlagten Eigentümer von Flächen des Erschließungsgebietes refinanzieren – und tut dies regelmäßig auch. Soweit der Eigentümer aber selbst Erschließungsunternehmer ist, wird eine Ablösevereinbarung gemäß § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB geschlossen3. Gegenüber dem Erschließungsunternehmer wird also auf die Erhebung des anderenfalls anfallenden Beitrages verzichtet, worin schließlich die Gewährung eines geldwerten Vorteils zu sehen ist und wodurch eine Entgeltlichkeit begründet wird. 169 Der zuletzt genannte unechte Erschließungsvertrag ist ein klassischer (entgeltlicher) Werkvertrag und wird demzufolge von der ganz herrschenden Ansicht als öffentlicher Auftrag angesehen4. Eine andere Frage ist indes, ob es ausnahmsweise nur einen Unternehmer gibt, der diese Beschaffung durchführen kann, weil er der Grundstückseigentümer ist (vgl. dazu Rz. 175). 170 Problematisch und umstritten ist dagegen die Behandlung des echten Erschließungsvertrages. Die überwiegende Ansicht in der Literatur lehnt die öffentliche Auftragseigenschaft unter Hinweis auf das Fehlen einer entgeltlichen Vereinbarung ab5. Die VK Baden-Württemberg hat indes darauf hingewiesen, dass auch echte Erschließungsverträge als öffent1 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 86; Würfel/Butt, NVwZ 2003, 153 (157). 2 Vgl. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 86 f. 3 Vgl. zum Ganzen Wilke, ZfBR 2002, 231 (233); Eschenbruch in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 86. 4 Vgl. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 87; Burgi, NVwZ 2008, 929 (934); Köster/Häfner, NVwZ 2007, 410 ff.; Seufert/Tilmann, NVwZ 2007, 1273 ff.; Würfel/Butt, NVwZ 2003, 153 (157); Wilke, ZfBR 2004, 141 (145); ders., ZfBR 2002, 231 (233 ff.). 5 Hertwig, Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe, Rz. 36; Wilke, ZfBR 2004, 141 (145); ders., ZfBR 2002, 231 (237); Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 448. A.A. wohl Reuber, VergabeR 2008, 511 (512 f.).

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liche Aufträge anzusehen seien1. Argumentiert wird insoweit, dass auch dann eine entgeltliche Leistung vorliege, wenn die Kommune auf eine eigene Erschließung verzichtet und dadurch das Nichtentstehen eines eigenen Erschließungsaufwands und damit auch das Nichtentstehen einer Beitragsschuld bewirke. In eine ähnliche Richtung gehen die Stimmen in der Literatur, die im Rahmen einer normzweckorientierten gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung auch die Entgeltlichkeit des echten Erschließungsvertrages bejahen2. In einem gewissen Sinne „vermittelnd“ wird von Eschenbruch darauf hingewiesen, dass der echte Erschließungsvertrag eine gewisse Nähe zur Baukonzession aufweist; insbesondere auch das Fehlen einer Entgeltlichkeitsvereinbarung für das Vorliegen einer Baukonzession sprechen könnte. Denn es liegt eine Gestaltung vor, bei der ein Privater öffentliche Aufgaben erledigt und dafür keine Geldzuwendung erhält, sondern sich über eine Projektentwicklung selbst zu refinanzieren hat und dabei das wirtschaftliche Risiko trägt3. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Baukonzession nach § 99 Abs. 6 die Einräumung eines befristeten Nutzungsrechts verlangt (s. hierzu Rz. 133 ff.). Eine solche Nutzungsrechtseinräumung ist beim echten Erschließungsvertrag mit dem Erschließungsunternehmer als Eigentümer indes nicht ersichtlich4. Die Einräumung eines befristeten Nutzungsrechts kann daher allenfalls dann angenommen werden, wenn der Erschließungsunternehmer die Grundstücke erst von der Kommune erwirbt, um dort Erschließungsanlagen zu errichten und diese dann zusammen mit den jeweiligen Grundstücksflächen an die Kommune zurück zu übertragen5. e) Verträge im Zusammenhang mit Business Improvement Districts 171 (BIDs). Zum 1.1.2007 wurde durch die Städtebaunovelle 20076 der neue § 171f BauGB eingeführt, der private Initiativen zur Stadtentwicklung – und damit ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie auch die sog. Business Improvement Districts (BIDs) – regelt7. Gemäß § 171f 1 VK Baden-Württemberg v. 20.6.2002 – 1 VK 27/02. 2 Köster/Hefner, NVwZ 2007, 410 (413 f.). 3 So Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 87 und 89, unter Hinweis auf Busch, VergabeR 2003, 622 (626 f.). 4 Ebenso Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 89. A.A. Köster/Hefner, NVwZ 2007, 410 (414). 5 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 89. 6 Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte, BGBl. 2006 I, S. 3316. Ausführlich hierzu Krautzberger, UPR 2006, 405 (406 ff.); Krautzberger/Stüer, DVBl. 2007, 160 ff. 7 Vgl. BT-Drucks. 16/3308, S. 10, 23 f.; sowie Kersten, UPR 2007, 121 f.

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BauGB können nach Maßgabe des Landesrechts und unbeschadet sonstiger Maßnahmen nach dem Baugesetzbuch Gebiete festgelegt werden, in denen in privater Verantwortung standortbezogene Maßnahmen durchgeführt werden, die auf der Grundlage eines mit den städtebaulichen Zielen der Gemeinde abgestimmten Konzepts der Stärkung oder Entwicklung von Bereichen der Innenstädte, Stadtteilzentren, Wohnquartiere und Gewerbezentren sowie von sonstigen für die städtebauliche Entwicklung bedeutsamen Bereichen dienen. Zur Finanzierung der Maßnahmen und der gerechten Verteilung des damit verbundenen Aufwands können durch Landesrecht Regelungen getroffen werden. Entsprechende landesrechtliche Regelungen (sog. BID-Gesetze) wurden bereits in Hamburg1, Bremen2, Hessen3, Schleswig-Holstein4, Nordrhein-Westfalen5 und im Saarland6 erlassen. Für das Land Berlin existiert ein Gesetzentwurf7. Der den BID-Gesetzen zugrunde liegende konzeptionelle Grundgedanke lässt sich im Kern wie folgt beschreiben: Das BID ist ein räumlich klar definierter, zumeist innerstädtischer Bereich. Da das BID als solches grundsätzlich über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, werden seine Aufgaben von dem sog. Aufgabenträger wahrgenommen8. 1 Vgl. Gesetz zur Stärkung von Einzelhandels- und Dienstleistungszentren v. 28.12.2004 (HbgGSED); Hamburgisches GVBl. 2004, 525. Zur Begründung siehe Hamburger Bürgerschafts-Drucks. 18/960. 2 Vgl. Bremisches Gesetz zur Stärkung von Einzelhandels- und Dienstleistungszentren v. 18.7.2006 (BremGSED); Bremisches GVBl. 2006, 350. Zur Begründung siehe Bremische Bürgerschafts-Drucks. 16/820, 16/1065 und 16/1074 sowie Bremisches Bürgerschafts-Plenarprotokoll 16/4163. 3 Vgl. Gesetz zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren v. 21.5.2005 (HessINGEG); Hessisches GVBl. II 50–40. Zur Begründung siehe Hessischer Landtag, LT-Drucks. 16/820. 4 Vgl. Schleswig-Holsteinisches Gesetz über die Einrichtung von Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen (SchHPATCTG); Schleswig-Holsteinisches GVBl. 2006, 158. Zur Begründung siehe Schleswig-Holsteinischer Landtag, LT-Drucks. 16/711. 5 Vgl. Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISGG-NRW), GV. NRW. 2008, S. 474 ff. Zur Begründung siehe LT-Drucks. 14/4582 und 14/6455. 6 Vgl. Gesetz Nr. 1630 zur Schaffung von Bündnissen für Investition und Dienstleistung (BIDG) v. 26.9.2007 - Amtsblatt des Saarlandes v. 6.12.2007 - S. 2242 ff. 7 Vgl. Entwurf des Gesetzes zur Gründung und zu den Aufgaben einer Standortgemeinschaft, Standortgemeinschaftsgesetz (BlnStandOGemG-Entwurf) v. 3.11. 2004; Abgeordnetenhaus Berlin, Drucks. 15/3345. Zur Begründung siehe Abgeordnetenhaus Berlin, Drucks. 15/3345, 5 ff. 8 Eine Ausnahme stellt insoweit die nordrhein-westfälische Interessen- und Standortgemeinschaft dar, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 ISGG NRW über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt und dementsprechend gemäß § 2 Abs. 3 ISGG NRW auch selbst als Aufgabenträger fungieren kann.

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Der Aufgabenträger ist der zentrale Akteur im BID. Er wird aufgrund der privaten Initiative der Grundstückseigentümer bzw. Gewerbetreibenden tätig und entwirft insbesondere das Entwicklungs-, Maßnahmen- und Finanzierungskonzept, das der Verbesserung des unmittelbaren geschäftlichen Umfelds dienen soll und neben Standortmarketing, Grundstücksmanagement, Infrastrukturabstimmung, Finanzierungsdiensten, sozialen Angeboten auch die (bauliche) Gestaltung, Reinigung, Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Raums umfassen kann. Soweit ein bestimmtes Quorum der Grundstückseigentümer bzw. Gewerbetreibenden dem Konzept zustimmt bzw. ihm nicht widerspricht, setzt die Gemeinde, aufgrund dieser privaten Initiative den BID-Bereich durch Beschl. für einen befristeten Zeitraum fest. Darüber hinaus verpflichtet sich der Aufgabenträger in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Gemeinde, das Maßnahmen- und Finanzierungskonzept umzusetzen. Die Gemeinde erhebt von allen Grundstückseigentümern bzw. Gewerbetreibenden, die Vorteile aus den Maßnahmen ziehen, eine Zwangsabgabe. Das Abgabenaufkommen steht nach Abzug einer Verwaltungspauschale für die Gemeinde dem Aufgabenträger zu, der es treuhänderisch verwaltet und hieraus mitunter sogar einen angemessenen Gewinn ziehen darf. Ein BID-Projekt ist demnach ein Public Private Partnership (PPP), bei dem öffentliche Rechtssetzungsbefugnisse und private Interessen zusammenwirken1. Weitgehend ungeklärt und kontrovers diskutiert ist die Frage, ob und 172 inwieweit BID-Projekte dem Vergaberecht unterfallen2. Bei der Beantwortung dieser Frage sind – wie bei PPP-Modellen allgemein – grundsätzlich zwei Ebenen zu unterscheiden: Die erste Ebene betrifft die Auswahl des privaten Partners, d.h. des Aufgabenträgers, die zweite Ebene die im Rahmen der Tätigkeit des Aufgabenträgers erfolgende Auftragsvergabe an Dritte3. Sowohl für die erste als auch für die zweite Ebene gehen die Ansichten auseinander. Was die zweite Ebene, d.h. die Beauftragung Dritter durch den Aufgaben- 173 träger, betrifft, dürfte die Ausschreibungspflicht maßgeblich von der 1 Ausführlich zum Ganzen Kersten, UPR 2007, 121 ff.; Bartholomäi, BauR 2006, 1838 ff.; Portz , KommJur 2007, 201 ff.; Huber, DVBl. 2007, 466 ff.; Ganske, VergabeR 2008, 15 ff., Ganske, BauR 2008, 1987 ff. 2 Ausführlich dazu Ganske, VergabeR 2008, 15 ff.; ders., BauR 2008, 1987 ff.; Rubach-Larsen/Rechten, KommJur 2007, 321 ff. 3 Vgl. Ganske, VergabeR 2008, 15 (16 f.); Rubach-Larsen/Rechten, KommJur 2007, 321 (323 f.); Hellermann/Hermes, Rechtliche Zulässigkeit der Schaffung von „Business Improvement Districts (BIDs)“, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg, 2004, S. 91; sowie allgemein Dreher, NZBau 2002, 245 (247); Jaeger, NZBau 2001, 6 (7).

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Frage abhängen, ob der Aufgabenträger als öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 anzusehen ist. Soweit der Aufgabenträger eine juristische Person ist, kommt dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt der überwiegenden staatlichen Finanzierung in Betracht1. Denn zum einen nimmt der Aufgabenträger regelmäßig Aufgaben der Stadtentwicklung und der Wirtschaftsförderung wahr2 und damit im öffentlichen Allgemeininteresse liegende Aufgaben3. Zum anderen erhebt die betroffene Gebietskörperschaft nach der Konzeption der BID-Gesetze eine Abgabe4. Das Abgabenaufkommen steht dem Aufgabenträger zumindest insoweit zu, wie dies zur Deckung seines Aufwands5 (und teilweise sogar zur Ziehung eines angemessenen Gewinns6) notwendig ist7. Insoweit handelt es sich um eine staatliche Finanzierung8. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das Kriterium der überwiegenden staatlichen Finanzierung sich auf den Aufgabenträger als solchen bezieht, nicht lediglich auf die einzelne staatliche Aufgabe9. Demzufolge wird man wohl nur dann von einer öffent1 Vgl. Ganske, VergabeR 2008, 15 (28 ff.); Hellermann/Hermes, Rechtliche Zulässigkeit der Schaffung von „Business Improvement Districts (BIDs)“, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg, 2004, S. 102. A.A. Rubach-Larsen/Rechten, KommJur 2007, 321 (329), die eine überwiegende Finanzierung mit Blick auf die Zweckgebundenheit der Mittel ablehnen. 2 Vgl. § 171f BauGB, §§ 1, 2 Abs. 1 BremGSED, §§ 1, 2 Abs. 1 HbgGSED, § 1, 2 Abs. 1 HessINGEG, § 1 Abs. 1 ISGG NRW, § 1 Sch-HPACTG, § 1, 2 Abs. 1 BIDG Saarland, §§ 1, 2 Abs. 1 BlnStandOGemG-Entwurf; Huber, DVBl. 2007, 466; Kersten, UPR 2007, 121 (122); Portz , KommJur 2007, 201 f.; Bartholomäi, BauR 2006, 1838. 3 Vgl. EuGH v. 10.5.2001 – Rs. C-223/99, Slg. I-03605, NZBau 2001, 403 ff. – Mailänder Messe; OVG Rheinland-Pfalz v. 14.9.2006 – 2 B 11024/06, DÖV 2007, 39 (40). 4 Vgl. §§ 7, 8 BremGSED, §§ 7, 8 HbgGSED, §§ 7, 8 HessINGEG, § 4 ISGG NRW, § 3 Sch-HPACTG, § 7 BIDG Saarland, § 8 BlnStandOGemG-Entwurf. 5 Vgl. § 8 BremGSED, § 8 HbgGSED, § 8 HessINGEG, § 4 Abs. 8 ISGG NRW, § 3 Abs. 6 Sch-HPACTG, § 7 BIDG Saarland, § 8 Abs. 1 und 8 BlnStandOGemG-Entwurf. 6 Vgl. § 7 Abs. 1 HbgGSED, § 7 Abs. 1 HessINGEG. 7 Im Ergebnis ebenso Hellermann/Hermes, Rechtliche Zulässigkeit der Schaffung von „Business Improvement Districts (BIDs)“, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg, 2004, S. 96, die insoweit jedoch nicht zwischen dem dem Aufgabenträger zustehenden Anteil am Abgabenaufkommen und dem Treuhandvermögen unterscheiden. 8 So auch Hellermann/Hermes, Rechtliche Zulässigkeit der Schaffung von „Business Improvement Districts (BIDs)“, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg, 2004, S. 102. 9 Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 GWB Rz. 352; Dreher, DB 1998, 2579 (2583).

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lichen Auftraggebereigenschaft des Aufgabenträgers ausgehen können, wenn der Anteil der sonstigen, nicht-staatlichen Finanzierung des Aufgabenträgers weniger als 50 % ausmacht. Dies liegt insbesondere für die nordrhein-westfälische Interessen- und Standortgemeinschaft i.S.v. § 2 Abs. 1 ISGG NRW nahe. Hingegen erscheint die Annahme einer öffentlichen Auftraggebereigenschaft i.S.v. § 98 Nr. 2 für große private Entwicklungs- und Projektgesellschaften eher zweifelhaft1. Die rechtlich schwierigere Frage betrifft allerdings die erste Ebene, d.h. 174 die Auswahl des privaten Aufgabenträgers, mit dem die Gebietskörperschaft einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließt. Diesbezüglich wird von vielen Teilen in der Literatur mit den unterschiedlichsten Argumentationen vertreten, dass das Vergaberecht nicht anwendbar sei2. Dabei wird zum Teil auf den fehlenden Beschaffungscharakter3 oder die fehlende Entgeltlichkeit des Vertrages4 abgestellt, teilweise wird auch vom Vorliegen eines In-house-Geschäfts ausgegangen5. Nach anderen Teilen des Schrifttums können all diese Versuche, eine Vergaberechtsfreiheit zu begründen, im Ergebnis nicht recht überzeugen6. Demzufolge hatte sich in letzter Zeit auch zunehmend die Ansicht durchgesetzt, dass bei der bisherigen Konstruktion von BID-Initiativen für die Auswahl des privaten Aufgabenträgers das Vergaberecht grundsätzlich zu beachten ist7. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass die eine Ausschreibungspflicht bejahenden Stimmen auf der Grundlage der sog. „Ahlhorn“1 Vgl. zum Ganzen Ganske, BauR 2008, 1987 (1988 f.). 2 Vgl. Hellermann/Hermes, Rechtliche Zulässigkeit der Schaffung von „Business Improvement Districts (BIDs)“, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg, 2004, S. 100 ff.; Kersten, UPR 2007, 121 (126); Paschke, vgl. Sarvan/Schomburg, Bericht über den IX. Hamburger Wirtschaftsrechtstag, DVBl. 2007, 617 (618); Huber, DVBl. 2007, 466 (469). 3 So Hellermann/Hermes, Rechtliche Zulässigkeit der Schaffung von „Business Improvement Districts (BIDs)“, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg, 2004, S. 100 ff.; zustimmend Kersten, UPR 2007, 121 (126); ebenso (wohl) auch Burgi, NVwZ 2008, 929 (935). 4 So Huber, DVBl. 2007, 466 (469). 5 So Paschke, vgl. Sarvan/Schomburg, Bericht über den IX. Hamburger Wirtschaftsrechtstag, DVBl. 2007, 617 (618). 6 Ausführlich dazu Ganske, VergabeR 2008, 15 (17 ff.); Rubach-Larsen/Rechten, KommJur 2007, 321 (324 ff.). 7 Ebenso Rubach-Larsen/Rechten, KommJur 2007, 321 (324 ff.); Dicks in Deutscher Städte- und Gemeindebund (Hrsg.), Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, DStGB Dokumentation Nr. 79, Ausgabe 4/2008, S. 9; Wellens, DVBl. 2009, 423 ff.; Ganske, VergabeR 2008, 15 ff.; Ganske, BauR 2008, 1987 ff.

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Rechtsprechung des OLG Düsseldorf argumentierten, wonach für die Annahme des Beschaffungscharakters schon eine allgemeine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zwecksetzungen des Projekts ausreichen sollte1 (s. hierzu auch Rz. 20). Dem ist der EuGH in seiner Entscheidung „Helmut Müller GmbH/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ vom 25.3.20102 zwischenzeitlich jedoch entgegengetreten (s. hierzu Rz. 21 und 164), so dass fraglich ist, ob diese Argumentationen gegenwärtig noch Bestand haben. Es spricht einiges dafür, dass infolge dieser EuGH-Entscheidung die Auswahl des privaten Aufgabenträgers außerhalb des Vergaberechts durchgeführt werden kann. Allerdings ist vor einer undifferenzierten Betrachtung zu warnen. Denn in Fällen, in denen sich die Gebietskörperschaft finanzielle oder durch sonstige Riskoübernahme an dem BID-Projekt beteiligt, indiziert dies nach der EuGHRechtsprechung ein „wirtschaftliches Interesse“ und damit einen Beschaffungscharakter3. Es ist daher stets eine Einzelfallbetrachtung geboten. Sollte diese zu dem Ergebnis führen, dass der Anwendungsbereich des Vergaberechts eröffnet ist, so lohnt es sich im Weiteren, die konkreten Einzelfallumstände auch mit Blick auf die Wahl der „richtigen“ Verfahrensart und damit ggf. verbundener „Verfahrenserleichterungen“ genau zu analysieren. Es spricht vieles dafür, dass oberhalb der Schwellenwerte oftmals bereits ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung gemäß § 3a Abs. 6 Nr. 3 VOB/A (vgl. dazu auch sogleich Rz. 175) bzw. § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A oder zumindest ein Verhandlungsverfahren nach öffentlicher Bekanntmachung gemäß § 3a Abs. 5 Nr. 3 VOB/A bzw. § 3 EG Abs. 3 lit. c) VOL/A zulässig ist. Mitunter kann hier auch die Durchführung eines wettbewerblichen Dialogs in Betracht kommen4. 175 f) Ausschließlichkeitsrechte. Soweit ein öffentlicher Auftrag vorliegt und der Anwendungsbereich des Vergaberechts eröffnet ist, stellt sich im vorliegenden Zusammenhang stets die Frage, ob der in Rede stehende Auftrag aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmer ausgeführt werden kann, so dass ge1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08, NZBau 2008, 727 (730 f.); OLG Düsseldorf v. 12.12.2007 – Verg 30/07, NZBau 2008, 138 (140); OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – Verg 2/07, NZBau 2007, 530 (533); OLG Karlsruhe v. 13.6.2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (538 f.); OLG Bremen v. 13.3.2008 – Verg 5/07, NZBau 2008, 336 (337 f.). 2 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 ff. 3 EuGH v. 25.3.2010 – Rs. C-451/08, VergabeR 2010, 441 (446), Rz. 52. 4 Ausführlich zum Ganzen Ganske, BauR 2008, 1987 (1992 ff.); ähnlich Wellens, DVBl. 2009, 423 (430 f.).

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mäß § 3a Abs. 6 Nr. 3 VOB/A zumindest ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung zulässig ist. Es ist zwar höchstrichterlich nicht geklärt, aber in der Literatur anerkannt, dass unter den Begriff der „Ausschließlichkeitsrechte“ i.S.v. § 3a Abs. 6 Nr. 3 VOB/A neben Warenzeichen, Vertriebslizenzen, Patenten, Urheberrechten und sonstigen gewerblichen Schutzrechten auch das Eigentum an einem Grundstück oder schuldrechtliche Ansprüche, wie z.B. das Vorkaufsrecht an einem Grundstück, fallen1. Denn soll das Bauvorhaben auf einem bestimmten Grundstück errichtet werden, das im Eigentum eines Dritten steht, so kann aus rechtlichen Gründen regelmäßig nur der Grundstückseigentümer, dort ein Bauwerk errichten bzw. errichten lassen. Umgekehrt kann der Grundstückseigentümer jedem Dritten untersagen, auf seinem Grundstück Bauarbeiten durchzuführen. Im Interesse des Umgehungsschutzes wird einschränkend jedoch auch darauf hingewiesen, dass kein Ausschließlichkeitsrecht besteht, wenn die „Monopolstellung“ zuvor künstlich geschaffen wurde, insbesondere wenn der Investor Grundstücke vom Auftraggeber selbst erworben hat2. 3. Sozialrechtliche Verträge Das Verhältnis von Sozialrecht und Vergaberecht ist in den letzten Jah- 176 ren zunehmend in den Fokus gerückt. Die Frage, ob sozialrechtliche Verträge ausgeschrieben werden müssen, stellt sich jedoch nur, wenn der Anwendungsbereich des Vergaberechts eröffnet ist, insbesondere ein öffentlicher Auftrag i.S.v. § 99 Abs. 1 vorliegt. Ist dies nicht der Fall, besteht grundsätzlich auch kein Konflikt3. Ob sozialrechtliche Verträge dem (sachlichen) Anwendungsbereich des Vergaberechts unterfallen, muss jeweils im Einzelfall und ohne Verallgemeinerung geprüft werden. Dies gilt auch dann, wenn die Leistung im Rahmen des sog. sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses erbracht wird. a) Leistungsvereinbarungen gemäß §§ 75 ff. SGB XII. Im Bereich des 177 SGB XII wird die Leistung regelmäßig im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis erbracht. Der Sozialhilfeberechtigte schließt einen Betreuungsvertrag mit dem Träger der Einrichtung, diesem steht ein Entgeltanspruch gegen den Sozialhilfeberechtigten, nicht gegen den Sozialhilfe1 Vgl. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 193; Otting, NZBau 2004, 469 (470); Stickler in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 3a VOB/A Rz. 124; Jasper in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB, § 3a Rz. 49; Jasper/von der Recke, ZfBR 2008, 561 (567). 2 Jasper/von der Recke, ZfBR 2008, 561 (567). 3 Glahs, Sozialrecht aktuell 2007, 224.

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träger zu1. Dies gilt selbst dann, wenn der Sozialhilfeträger die Zahlungen unmittelbar an den Einrichtungsträger erbringt, denn insoweit handelt es sich um die Erfüllung einer Verpflichtung des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Hilfesuchenden, und zwar durch Leistung an einen Dritten gemäß § 362 Abs. 2 BGB2. Wenn eine Abwicklung im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vorliegt, d.h. wenn der Leistungsträger keinen Entgeltanspruch gegen den Sozialhilfeträger, sondern nur gegen den Sozialhilfebedürftigen hat, stellt die Leistungsvereinbarung grundsätzlich keinen öffentlichen Auftrag dar, sondern eine Dienstleistungskonzession, die dem Vergaberecht nicht unterfällt3. Denn zum einen erhält der Leistungserbringer sein Entgelt von dem Berechtigten; und zum anderen – was entscheidender ist – trägt der Leistungserbringer auch das wirtschaftliche Risiko, weil er ein Entgelt nur dann erhält, wenn die Sozialhilfeberechtigten ihn auswählen. Vor dem Hintergrund des zuletzt Gesagten gilt etwas anderes jedoch in solchen Fallkonstellationen, in denen ein wirtschaftliches Risiko faktisch nicht besteht4. In diesen Fällen liegt ein öffentlicher Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 vor. 178 Für die Leistungsvereinbarungen gemäß §§ 75 ff. SGB XII stellt sich zudem die Frage, ob es dem Leistungsträger verboten ist, die Leistungsvereinbarungen so auszugestalten, dass sie öffentliche Aufträge i.S.v. § 99 darstellen. Das VG Münster und das OVG Münster haben ein solches Verbot für eine Leistungsvereinbarung mit Gebietsschutz bejaht5. Maßgeblich war insoweit die Überlegung, dass die Vergabe den Anspruch der geeigneten Leistungserbringer auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Abschluss einer Vereinbarung auch mit ihnen verletze. Hintergrund ist, dass Einrichtungsträger einen subjektiven, vor den Verwal1 Vgl. BVerwG v. 30.9.1993 – 5 C 41/91, BVerwGE 94, 202, 204; OVG Münster v. 8.12.1994 – 24 A 3212/94, NWVBl. 1995, 262. 2 VG Münster v. 2.5.1990 – 5 K 820/89, RsDE Bd. 13 (1991), 70, 76. 3 Glahs, Sozialrecht aktuell 2007, 224 f.; Neumann/Nielandt/Philipp, Erbringung von Sozialleistungen nach Vergaberecht?, S. 65 f.; Dörr, RdJB 2002, 349 (365); OLG Düsseldorf v. 22.9.2004 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 f. 4 So z.B. in dem Fall OLG Hamburg v. 7.12.2007 – 1 Verg 4/07 und VK Hamburg v. 24.7.2007 – VgkFB 4/07 (Vorinstanz), wo zum einen durch die Zur-VerfügungStellung eines bestimmten Teilnehmerkontingentes faktisch kein Auslastungsrisiko für den Auftragnehmer bestand und zum anderen der Auftragnehmer seine Vergütung unmittelbar v. Auftraggeber erhalten hat, so dass der Auftragnehmer auch kein Ausfallrisiko der Leistungsberechtigten tragen musste. 5 VG Münster v. 22.6.2004 – 5 L 728/04, RsDE Nr. 57 (2005), 88; OVG Münster v. 27.9.2004 – 12 B 1390/04 und 12 B 1397/04, NVwZ 2005, 835 (835). Siehe ferner auch OVG Berlin v. 4.4.2004 – 6 S 415/04, RsDE Nr. 63 (2006), 67; VG Hamburg v. 5.8.2004 – 13 E 2873/04, ZfJ 2005, 111 (112).

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tungsgerichten einklagbaren Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung gemäß §§ 75 ff. SGB XII haben1. Es ist daher, insbesondere auch nach Ansicht des BVerwG, ermessensfehlerhaft, den Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung deshalb abzulehnen, weil bereits mit einem Träger eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde oder kein Bedarf zum Abschluss von Vereinbarungen mit weiteren Trägern besteht. Denn eine solche Bedarfsplanung des Sozialhilfeträgers steht weder im Einklang mit dem Wahlrecht des Sozialhilfeberechtigten noch mit dem Grundsatz, dass der Sozialhilfeträger die Vielfalt der Angebote wahren und nicht beeinträchtigen soll2. Das OVG Münster hat offengelassen, ob es auch unzulässig ist, Leistungsverträge im Rahmen eines Vergabeverfahrens abzuschließen, wenn diese ohne Gebietsschutz abgeschlossen werden, wenn es dem Auftraggeber also möglich bleibt, weitere Träger in dem Gebiet zuzulassen3. b) Verträge im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gemäß §§ 78a ff. 179 SGB VIII. Gleiches wie bei den Leistungsvereinbarungen nach dem SGB XII gilt auch für die Verträge gemäß §§ 78a ff. SGB VIII im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Auch hier dürfte im Regelfall eine Dienstleistungskonzession vorliegen, die nicht dem Vergaberecht unterfällt4. Allerdings ist auch hier stets eine sorgfältige Einzelfallprüfung erforderlich, die insbesondere die wirtschaftliche Risikoverteilung in den Blick nimmt. c) Verträge gemäß SGB II und SGB III. Im Bereich von SGB II und 180 SGB III ist eine verallgemeinernde Aussage schlechterdings gänzlich unmöglich. Teilweise wird hier die Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens ausdrücklich vorgeschrieben, teilweise schweigt das Gesetz zu der Frage, ob ein Vergabeverfahren durchgeführt werden muss oder zumindest durchgeführt werden kann. Es muss daher jeweils im Einzelfall überprüft werden, ob der Anwendungsbereich des Vergaberechts eröff1 BVerwG v. 30.9.1993 – 5 C 41/91, BVerwGE 94, 202, 204; Fichtner, BSHG, § 93 Rz. 21. 2 BVerwG v. 30.9.1993 – 5 C 41/91, BVerwGE 94, 202, 204 und 207. 3 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Glahs, Sozialrecht aktuell 2007, 224 (225), die zutreffend darauf hinweist, dass ein Vorgehen ohne Gebietsschutz für den öffentlichen Auftraggeber zu dem Problem führt, dass den Bietern, um ihnen kein unzumutbares Wagnis zu überbürden, eine bestimmte Teilnehmerzahl oder ein bestimmtes Entgelt zu garantieren ist. Müssen in der Folge jedoch dann jedoch weitere Träger zugelassen werden, besteht die Gefahr, dass der Auftraggeber Zahlungen leisten muss, obwohl die Leistung des im Vergabeverfahren ausgewählten Trägers nicht in Anspruch genommen wird. 4 Vgl. OLG Düsseldorf v. 22.9.2004 – Verg 44/04, NZBau 2005, 652 ff.; sowie Glahs, Sozialrecht aktuell 2007, 224 (225).

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net ist oder nicht. In der Praxis ist festzustellen, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Vielzahl von Aufträgen im Wege formeller Vergabeverfahren vergibt, so z.B. die Verträge über ausbildungsbegleitende Hilfen, über berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, über die Ausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen sowie Trainingsmaßnahmen1. 181 Die Bestimmung des § 17 Abs. 2 SGB II (Einrichtungen und Dienste für Leistungen zur Eingliederung) entspricht dem Wortlaut nach der Regelung in den §§ 75 ff. SGB XII. Dies legt es – zumindest auf den ersten Blick – nahe, es handele sich auch insoweit grundsätzlich um Dienstleistungskonzessionen2. Mit Blick darauf, dass bei § 17 Abs. 2 SGB II zum einen kein sozialrechtliches Dreiecksverhältnis vorliegt, weil der Entgeltanspruch der Einrichtung nicht gegen den Arbeitssuchenden, sondern die Bundesagentur für Arbeit bzw. die zuständige Stelle gerichtet ist, und zum anderen kein Wunsch- und Wahlrecht der Arbeitssuchenden besteht, dürften die überzeugenderen Argumente hier aber wohl für das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99 Abs. 1 sprechen3. 182 d) Verträge gemäß SGB V. Das SGB V regelt insbesondere die vertragsrelevanten Tätigkeiten der gesetzlichen Krankenkassen. Diese sind in letzter Zeit zum vergaberechtlichen Dauerstreitthema geworden. Gleichwohl der deutsche Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG)4 durch die Neufassung des § 69 Abs. 2 SGB V den Weg für die Anwendung des Vergaberechts geebnet hat und der EuGH die öffentliche Auftraggebereigenschaft der gesetzlichen Krankenversicherungen festgestellt hat5 (vgl. § 98 Rz. 80), ist in diesem Bereich noch vieles umstritten und nicht abschließend geklärt. 183 aa) Arzneimittelrabattverträge. Bei den Arzneimittelrabattverträgen ist zunächst grundlegend danach zu unterscheiden, ob diese Generika oder patentgeschützte Arzneimittel betreffen. Während die Ausschreibungspflicht im Generikabereich mittlerweile anerkannt ist und nur noch das „Wie“ der Ausschreibung zahlreiche Rechtsfragen aufwirft (vgl. dazu sogleich Rz. 184 ff.), ist hinsichtlich der patentgeschützten Originalpräparate nicht einmal die Frage des „Ob“ einer Ausschreibungspflicht abschließend geklärt (vgl. Rz. 188)6. 1 2 3 4 5 6

Glahs, Sozialrecht aktuell 2007, 224 (227). Vgl. Glahs, Sozialrecht aktuell 2007, 224 (227). In diesem Sinne Schröder, VergabeR 2007, 418 (425 f.). BGBl. I, S. 2426. EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 ff. Gabriel/Weiner, NZS 2009, 422.

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Die Arzneimittelrabattverträge für Generika sind charaktersiert durch 184 eine hohe Komplexität, hervorgerufen einerseits durch die insgesamt vier Beteiligten (pharmazeutisches Unternehmen, Apotheker, Krankenkasse und Patient/Versicherter) sowie die zwischen ihnen bestehende Fülle von Leistungsbeziehungen: So bezieht der Apotheker die Arzneimittel von dem Pharmaunternehmen gegen Zahlung des Kaufpreises und gibt diese an den Versicherten ab. Seine Vergütung erhält er gemäß § 31 Abs. 2 SGB V von der Krankenkasse, die jedoch die Zuzahlung, die der Versicherte gemäß § 31 Abs. 3 SGB V zu leisten hat, sowie die Abschläge nach den §§ 130, 130a SGB V von der Vergütung abzieht. Ein Teil der Vergütung des Apothekers besteht daher in der Zuzahlung des Versicherten sowie den Abschlägen des Pharmaunternehmens, welches dieses gemäß § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V an den Apotheker zu erstatten hat. Der Versicherte selbst hat grundsätzlich gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 31 SGB V und ist seinerseits gegenüber der Krankenkasse zur Entrichtung der gesetzlichen Beiträge verpflichtet. Die Arzneimittelrabattverträge knüpfen konkret an den Abschlägen an, die das Pharmaunternehmen gemäß § 130a SGB V einzuräumen hat. Nach § 130a Abs. 8 SGB V können die Krankenkassen oder ihre Verbände zusätzlich zu den Zwangsabschlägen nach § 130a Abs. 1 und 2 SGB V Rabatte mit dem Pharmaunternehmen für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren. Im Unterschied zu § 130a Abs. 1 Satz 2 SGB V machen die Krankenkassen diesen Rabatt aber nicht beim Apotheker geltend, dem er dann vom Pharmaunternehmen erstattet wird. Vielmehr erfolgt die Auszahlung des Rabatts direkt vom Pharmaunternehmen an die Krankenkassen (§ 130a Abs. 8 Satz 2 SGB V). Regelmäßig umfassen die Rabattverträge auch eine vertragsstrafenbewehrte Lieferverpflichtung des Pharmaunternehmens, damit dieses sich nicht durch Nichtlieferung einer Rabattgewährung entziehen kann. Darüber hinaus ist die sog. Aut-idemRegelung des § 129 SGB V zu berücksichtigen, wonach die Apotheker (nach Maßgabe eines Rahmenvertrags) verpflichtet sind, ein verordnetes Arzneimittel durch ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Medikament zu ersetzen, soweit der Arzt das Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffgleichheit verordnet oder die Ersetzung nicht ausgeschlossen hat. Die Ersetzung hat gemäß § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V vorrangig durch ein Medikament zu erfolgen, für das ein Rabattvertrag gemäß § 130a Abs. 8 SGB V besteht. Nach dem Wortlaut von § 129 Abs. 1 SGB V stellt die Ersetzung den Regel- und der Ausschluss der Ersetzung den Ausnahmefall dar. Damit der Arzt aber nicht zu oft von dieser Ausschlussmöglichkeit Gebrauch macht, sondern vorrangig rabattierte Medikamente verGanske

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ordnet, sind im Gesetz Anreize vorgesehen, und zwar insbesondere in Form einer Freistellung von der sog. Bonus-Malus-Regelung, nach der ein Arzt bei Überschreitung der für bestimmte Krankheiten festgelegten Tagestherapiekosten Umsatzeinbußen erleidet (§ 84 Abs. 4a und 7a SGB V). Zudem können die Krankenkassen gemäß § 31 Abs. 3 Satz 5 SGB V die vom Versicherten zu leistende Zuzahlung für rabattierte Arzneimittel um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. In der Gesamtschau ergibt sich somit ein umfassendes gesetzliches Anreizsystem zur Absatzlenkung auf von Rabattverträgen umfasste Arzneimittel mit der Folge, dass für Hersteller, die mit den Krankenkassen keinen Rabattvertrag geschlossen haben, nur noch äußerst geringe Produktabsatzmöglichkeiten bestehen, soweit wirkstoffgleiche Präparate vorhanden sind1. 185 Bei der Qualifizierung der Arzneimittelrabattverträge als öffentliche Aufträge i.S.v. § 99 Abs. 1 erscheint zunächst problematisch, ob eine Beschaffung der öffentlichen Auftraggeber, d.h. der Krankenkassen, vorliegt, da diese mit den Pharmaunternehmen lediglich die Gewährung von Rabatten auf die zu Lasten der Krankenkassen abgegebenen Medikamente vereinbaren. Es besteht jedoch weitgehend Einigkeit, dass insoweit eine funktionale Betrachtungsweise geboten ist, welche den gesamten Vorgang der Medikamentenverordnung und –beschaffung in den Blick nimmt. Danach ist festzustellen, dass einerseits der Versicherte gegenüber seiner Krankenkasse gemäß § 31 SGB V einen Anspruch auf Versorgung hat, andererseits hierfür das sog. Sachleistungsprinzip gilt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Funktional betrachtet erhält daher der Versicherte die Medikamente von seiner Krankenkasse, während diese die Medikamente vorher vom Pharmaunternehmen bezogen hat. Dass der Versicherte die Medikamente vom Apotheker ausgehändigt bekommt, ist dabei dem Apothekenmonopol geschuldet und ändert daran nichts. Demzufolge ist die Krankenkasse Abnehmer bzw. Beschaffer der Medikamente gegenüber dem Pharmaunternehmen2. Die Rechtsprechung hat teilweise auch bereits aus dem Umstand, dass die Rabattverträge regelmäßig eine Lieferverpflichtung des Pharmaunternehmens beinhalten, auf das Vorliegen eines Lieferauftrags geschlossen3.

1 Ausführlich dazu und m.w.N. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (274 f.); Stolz/Kraus, VergabeR 2008, 1 ff. 2 Vgl. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276); Stolz/Kraus, VergabeR 2008, 1 (7); Gabriel, NZS 2007, 344 (348); Burgi, NZBau 2008, 480 (484). 3 OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, NZBau 2008, 194 (196).

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Da die Rabattverträge weder eine Zahlungs- noch eine Sachleistungs- 186 pflicht der Krankenkasse begründen, sondern umgekehrt das Pharmaunternehmen sogar verpflichten, den Rabatt an die Krankenkasse auszuzahlen und die Arzneimittel auszuliefern, erscheint – zumindest auf den ersten Blick – auch die Entgeltlichkeit dieser Verträge fraglich. Allerdings ist zu beachten, dass auch wenn den Pharmaunternehmen durch die Rabattverträge keine vertragliche Garantie für die Abnahme ihrer Arzneimittel eingeräumt wird, die oben dargestellten Anreizsysteme (vgl. Rz. 184) regelmäßig dazu führen, dass zumindest faktisch eine Absatzgarantie, jedenfalls aber eine Privilegierung im Wettbewerb besteht. Diese Privilegien stellen eine erhebliche geldwerte Leistung dar, so dass die Entgeltlichkeit zu bejahen ist1. Dies gilt umso mehr, wenn zusätzlich zu den gesetzlichen Anreizsystemen im Einzelfall als Gegenleistung die Gewährleistung einer gewissen Exklusivität für das pharmazeutische Unternehmen durch die Krankenkasse vereinbart wird, weil sich die Krankenkasse z.B. dazu verpflichtet, in der Laufzeit des Vertrags keine weiteren Rabattvereinbarungen zu den vertragsgegenständlichen Wirkstoffen zu schließen2 oder Informationsschreiben an ihre Mitglieder abzusetzen, in denen der Bezug von Arzneimitteln bestimmter Hersteller, mit denen ein Rabattvertrag geschlossen wurde, empfohlen wird3. Demzufolge werden Arzneimittelrabattverträge für Generika mittler- 187 weile auch von der ganz herrschenden Meinung als öffentliche Lieferaufträge i.S.v. § 99 Abs. 2 bzw. (zumindest) als Rahmenvereinbarungen4 und damit als grundsätzlich ausschreibungspflichtig angesehen5. Die Streitfragen, die im Bereich der Generika-Rabattverträge aktuell Gegenstand der Diskussion sind, betreffen daher weniger das „Ob“, sondern das „Wie“ der Ausschreibung; namentlich spielen dabei Fragen der Auferle1 Ausführlich dazu und m.w.N. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276). 2 Vgl. Stolz/Kraus, VergabeR 2008, 1 (3 f.); sowie Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (275). 3 Vgl. Kaeding, PharmR 2007, 239 (245); sowie Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (275). 4 Ausführlich zu diesem Aspekt Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277). 5 Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen v. 3.9.2009 – L 21 KR 51/09 SFB; OLG Düsseldorf v. 20.2.2008 – Verg 7/08; OLG Düsseldorf v. 17.1.2008 – Verg 57/07; OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07; VK Baden-Württemberg v. 30.12.2008 – 1 VK 51/08; VK Bund v. 19.11.2008 – VK 1-135/08; VK Bund v. 26.5.2009 – VK 2-30/09; VK Bund v. 10.4.2008 – VK 2-37/08; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-123/07; VK Bund v. 18.2.2009 – VK 3-158/08; VK Bund v. 30.1.2009 – VK 3-221/08; VK Düsseldorf v. 31.10.2007 – VK-31/2007-L; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277); Gabriel, NZS 2009, 422 (424); Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 99 Anm. 8.4.21.1.2 jeweils m.w.N.

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gung ungewöhnlicher Wagnisse1 und die Gestaltung der Wertungskriterien2 eine Rolle3. Ebenso diskutiert werden die Zulässigkeit von Rahmenvereinbarungen zwischen Krankenkassen und mehreren Pharmaunternehmen sowie die Zulässigkeit sog. Stichtagsregelungen4. Da mehr und mehr Vergabe- und Vergabenachprüfungsverfahren gemeinsame Ausschreibungen mehrerer Krankenkassen betreffen, steht zudem zu erwarten, dass die in der vergaberechtlichen Judikatur bislang nicht abschließend beantwortete Frage an Bedeutung gewinnen wird, ob im Rahmen eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens auch kartellrechtliche Fragen, insbesondere des Missbrauchs- und Behinderungsverbots gemäß den §§ 19, 20 GWB zu prüfen sind5. 188 Hinsichtlich der Rabattverträge für patentgeschütze Originalpräparate ist die Frage nach der Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs des Kartellvergaberechts noch weitgehend ungeklärt6. Insbesondere das OLG Düsseldorf hat insoweit das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99 Abs. 1 bejaht und betont, dass auch Rabattverträge über patent1 Insoweit ist die Rechtsprechung den anfänglichen Versuchen der Krankenkassen, den Bietern möglichst wenige Verordnungsdaten aus der Vergangenheit zur Verfügung zu stellen, entgegengetreten und hat deutlich gemacht, dass wegen der mit Rahmenverträgen bzw. rahmenvertragsähnlichen Vereinbarungen naturgemäß verbundenen Prognoserisiken jedenfalls die zur Verfügung stehenden Verordnungsdaten, bestenfalls untergliedert in Packungsgrößen, Wirkstoffstärke und Darreichungsform, mitgeteilt werden müssen, um den Bietern eine hinreichende Preisermittlung zu ermöglichen. So Gabriel/Weiner, NZS 2009, 422 (424 f.) unter Hinweis auf LSG Stuttgart v. 27.2.2008 – L 5 KR 507/08 ER-B, L 5 KR 508/08 W-A, MedR 2008, 309 ff.; VK Bund v. 15.11.2007 – VK 2-102/07 u.a.; VK Bund v. 10.4.2008 – VK 2-37/08; VK Düsseldorf v. 31.10.2007 – VK 31/2007-L. 2 Insoweit geht der Trend zunehmend zu rein wirkstoffbezogenen Ausschreibungen, bei denen im Einzelnen benannte Wirkstoffe jeweils ein eigenes Fachlos bilden, vgl. Gabriel/Weiner, NZS 2009, 422 (425). 3 Vgl. Gabriel/Weiner, NZS 2009, 422 (424). 4 Vgl. hierzu Anders/Knöbl, VergabeR 2010, 581 ff., die sich instruktiv mit der konträren Rechtsprechung, insb. zwischen den Vergabekammern einerseits und den Landessozialgerichten andererseits, auseinandersetzen. 5 Vgl. Gabriel/Weiner, NZS 2009, 422 (425), die diese Frage unter Hinweis auf OLG Düsseldorf v. 21.2.2005 – Verg 91/04, NZBau 2006, 266 (267), sowie den Wortlaut von § 69 Abs. 2 SGB V sowie dessen Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/10609, S. 66 f.) bejahen. Offensichtlich hiervon ausgehen auch VK Bund v. 24.2.2009 – VK 3-224/08; VK Bund v. 30.1.2009 – VK 3-221/08. 6 Bejahend OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – Verg 46/08, VergabeR 2009, 173 (174); OLG Düsseldorf v. 22.10.2008 – I-27 U2/08; VK Bund v. 15.8.2008 – VK 3-107/08; VK Bund v. 22.8.2008 – VK 2-73/08. Verneinend LSG Stuttgart v. 28.10.2008 – L 11 KR 481/08 ER-B, VergabeR 2009, 182 ff.

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geschützte Arzneimittel nicht ipso iure ohne vorherige Bekanntmachung im Verhandlungsverfahren direkt an ein Unternehmen vergeben werden dürfen. Dies wäre gemäß § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A1 nur zulässig, wenn aufgrund des bestehenden Patents nur ein Anbieter in der Lage wäre, den Auftrag zu erfüllen. Letzteres hat das OLG Düsseldorf im streitgegenständlichen Fall verneint, da auch Re- und Parallelimporteure in der Lage waren, das nachgefragte Originalpräparat zu liefern2. Zudem hat das OLG Düsseldorf darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 3 EG Abs. 4 lit. c) VOL/A3 vorliegen, kein Anspruch auf eine Direktvergabe besteht, da die Krankenkassen im Rahmen ihres Ermessens frei darin sind, statt des Verhandlungsverfahrens ein wettbewerblicheres (offenes) Verfahren durchzuführen4. Das LSG BadenWürttemberg hat dagegen das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags i.S.v. § 99 Abs. 1 verneint. Dabei hat es sich maßgeblich auf das Fehlen einer dem öffentlichen Auftraggeber zurechenbaren Auswahlentscheidung gestützt und diese damit begründet, dass zum einen ausschließlich der Arzt die Auswahl der zu verordnenden Arzneimittel treffe, und zum anderen der Rabattvertrag bei patentgeschützten (nicht austauschbaren) Arzneimitteln mangels einer durch § 129 Abs. 1 Satz 1 SGB V vermittelten Absatzförderungsmöglichkeit keine Steuerungswirkung zugunsten des rabattierten Arzneimittels zukomme. Insofern bestehe ein wesentlicher Unterschied zu den Generika-Rabattverträgen. Überdies sah der dort streitgegenständliche Vertrag auch keine Exklusivrechte vor5. Bereits aus den zitierten Entscheidungen wird deutlich, dass es eine pauschale und verallgemeinernde Lösung für die Qualifizierung der Rabattverträge für patentgeschütze Originalpräparate wohl nicht wird geben können, sondern stets der konkrete Einzelfall zu prüfen ist. Dabei ist einerseits zu beachten, dass neben der gesetzlichen Steuerungswirkung des § 129 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch andere, beispielsweise vertragliche Anreizmechanismen geben kann. Andererseits – jedenfalls für Rahmenvereinbarungen – eine Exklusivität im Grunde bereits rechtlich vorgeschrieben ist (vgl. § 4 EG Abs. 1 Satz 3 VOL/A)6. 1 Vormals § 3a Nr. 2 lit. c) VOL/A 2006. 2 OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – Verg 46/08, VergabeR 2009, 173 (174) (insoweit noch zur Vorgängerbestimmung des § 3a Nr. 2 lit. c) VOL/A 2006). 3 Vormals § 3a Nr. 2 lit. c) VOL/A 2006. 4 OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – Verg 46/08, VergabeR 2009, 173 (174); so auch bereits die Vorinstanz VK Bund v. 22.8.2008 – VK 2-73/08. 5 LSG Stuttgart v. 28.10.2008 – L 11 KR 481/08 ER-B, VergabeR 2009, 182 ff., mit Anm. Weiner. 6 Vgl. Gabriel/Weiner, NZS 2009, 422 (423 f.).

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189 bb) Hilfsmittelversorgungsverträge. Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherten einen Anspruch auf Versorgung mit sog. Hilfsmitteln. Die Versicherten können für die Versorgung mit Hilfsmitteln Leistungserbringer in Anspruch nehmen, jedoch grundsätzlich nur solche, mit denen ihre Krankenkasse einen Vertrag nach § 127 Abs. 1 SGB V abgeschlossen hat (§ 33 Abs. 6 SGB V). Für derartige Hilfsmittelversorgungsverträge sind zwei Formen denkbar. Die erste Form ist die Direktbeschaffung durch die Krankenkasse, bei der der Vertrag über die Lieferung einer bestimmten Anzahl von Hilfsmitteln zu einem bestimmten Preis geschlossen wird. Die zweite – häufigere – Form ist der Abschluss eines Rahmenvertrags1. Hilfsmittelversorgungsverträge sind regelmäßig öffentliche (Liefer-)Aufträge. Diskussionswürdig ist allenfalls das Merkmal der Entgeltlichkeit. Im Falle der Direktbeschaffung ist dies offenkundig, da die Krankenkasse die Auswahl der zu beschaffenden Hilfsmittel trifft und gemäß § 33 Abs. 7 Satz 1 SGB V den vertraglich vereinbarten Preis zu zahlen hat. Aber auch im Falle des Rahmenvertrags ist die Entgeltlichkeit gegeben. Denn zum einen erlangen die Leistungserbringer dadurch einen geldwerten Vorteil, dass die Versicherten gemäß § 33 Abs. 6 Satz 1 SGB V nur Leistungserbringer in Anspruch nehmen können, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Zum anderen erwerben die Leistungserbringer gemäß § 33 Abs. 7 Satz 1 SGB V stets einen direkten Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse2. Hinzu kommt, dass die Krankenkassen auf Grund des Sachleistungsprinzips (§ 33 SGB V) selbst verpflichtet sind, die Leistung gegenüber ihren Versicherten zu erbringen. Der Einwand, es handele sich hierbei um eine Leistungserbringung im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis und damit um eine Dienstleistungskonzession, greift deshalb nicht durch3. 190 Der Umstand, dass das Kartellvergaberecht grundsätzlich auf Hilfsmittelversorgungsverträge Anwendung findet (vgl. Rz. 189), lässt zugleich durchgreifende Bedenken gegen den in § 127 Abs. 1 und 2 SGB V normierten Ermessens- und Zweckmäßigkeitsvorbehalt aufkommen, wonach die Krankenkassen von einer Ausschreibung absehen können sollen, wenn diese unzweckmäßig erscheint. Diese Befreiungsregelung kann in Ansehung des Anwendungsvorrang des europäischen Vergaberechts keinen Bestand haben. Bereichsausnahmen sind lediglich in den in § 100 Abs. 2

1 Vgl. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277 ff.). 2 Vgl. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (278 f.); ferner BT-Drucks. 16/3100, S. 103. 3 In diesem Sinne auch Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (278 f.).

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abschließend aufgeführten Fällen zulässig1. Mithin unterfallen sämtliche Hilfsmittelversorgungsverträge dem Kartellvergaberecht2. Bisher noch völlig ungeklärte Probleme wirft § 127 Abs. 2a SGB V auf. 191 Nach dieser Bestimmung sollen Leistungserbringer den Einzelverträgen gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V – also nicht den durch Ausschreibung nach § 127 Abs. 1 SGB V geschlossenen Verträgen – zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten können, soweit sie nicht bereits zur Versorgung berechtigt sind. Geht man davon aus, dass sämtliche Hilfsmittelversorgungsverträge dem Kartellvergaberecht unterfallen (vgl. Rz. 190), spricht vieles dafür, dass auch § 127 Abs. 2a SGB V vom Anwendungsvorrang des europäischen Vergaberechts überlagert wird. Denn das dort normierte Beitrittsrecht zugunsten Dritter stellt sich letztlich als de-facto-Vergabe dar, welche zudem das Ziel, das wirtschaftlichste Angebot herauszufiltern, konterkariert. Ließe man ein derartiges Beitrittsrecht zu, ist zu beachten, dass hierdurch auch das Tatbestandsmerkmal der Entgeltlichkeit (vgl. Rz. 189) entscheidend beeinflusst würde, da der Vorteil, den die (Vor-)Auswahlentscheidung der Krankenkasse für die ausgewählten Leistungserbringer mit sich bringt, aufgrund der jederzeitigen Beitrittsmöglichkeit sämtlicher Unternehmen, die zur Leistungserbringung willig sind, nahezu vollständig entwertet würde3. cc) Verträge zur integrierten Versorgung. Die integrierte Versorgung ge- 192 mäß §§ 140a ff. SGB V räumt den Krankenkassen die Möglichkeit ein, in Abweichung von dem sog. Kollektivvertragssystem Selektivverträge mit den in § 140b Abs. 1 SGB V genannten möglichen Vertragspartnern zu schließen. Ziel ist die Verbesserung der Effizienz und der Qualität der Versorgung durch Überwindung der sektoralen und disziplinären Aufspaltung der Versorgungsstrukturen. Insbesondere sollen typische Schnittstellenprobleme (Wartezeiten, Doppeluntersuchungen, Behandlungsdiskontinuitäten etc.) gelöst werden4. Der Inhalt solcher Verträge kann vielgestaltig sein5. Nach allgemeiner Auffassung stellen die Ver1 In diesem Sinne auch Gabriel, NZS 2007, 344 (345) m.w.N. 2 So auch Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (278). 3 So auch Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (279). A.A. LSG Essen v. 14.4.2010 – L 21 KR 69/09 SFB, das – entgegen der Vorinstanz (VK Bund v. 12.11.2009 – VK 3 – 193/09) – die Ansicht vertreten hat, dass das Vergaberecht auf offene Rahmenvereinbarungen gemäß § 127 Abs. 2, 2a SGB V keine Anwendung finden soll. 4 Vgl. v. Schwanenflügel, NZS 2006, 285 (287); Kingreen, MedR 2004, 188 (191), Beule, GesR 2004, 209; Quaas, VSSR 2004, 175 (177); Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (279); Gabriel, NZS 2007, 344 (345). 5 Vgl. mit einigen Regelbeispielen Quaas, VSSR 2004, 175 (191); sowie Dreher/ Hoffmann, NZBau 2009, 273 (279).

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träge zur integrierten Versorgung regelmäßig öffentliche Aufträge i.S.v. § 99 Abs. 1 dar1. Denn zum einen treten die Krankenkassen – ähnlich wie bei den Rabattverträgen (vgl. Rz. 185) – bei funktionaler Betrachtung als Nachfrager am Markt auf2. Zum anderen ist auch eine Entgeltlichkeit gegeben. Zwar erfolgt die konkrete Auswahl der Leistungserbringer erst durch die Versicherten und ist die Teilnahme an der integrierten Versorgung für die Versicherten freiwillig (Recht auf freie Arztwahl). Allerdings besteht auch bei diesen Verträgen – ähnlich wie bei den Rabattverträgen (vgl. Rz. 184 und 186) – ein Anreizsystem, das die Auswahl der Versicherten steuert. So können die Krankenkassen etwa den Leistungserbringern Exklusivitätsrechte einräumen, die Konkurrenten von den Lieferungen und Leistungen ausschließen. Zudem können die Krankenkassen den Versicherten einen Anspruch auf einen Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten einräumen (§ 65a SGB V), wenn sie Maßnahmen der integrierten Versorgung wählen. Schließlich müssen die Krankenkassen Versicherten, die an besonderen Versorgungsformen teilnehmen, zu denen auch die integrierte Versorgung gehört, Wahltarife anbieten (§ 53 Abs. 3 Satz 1) und können für diese Versicherten Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen (§ 53 Abs. 3 Satz 2 SGB V)3. 193 dd) Verträge über die hausarztzentrierte Versorgung. Verträge über die hausarztzentrierte Versorgung werden gemäß § 73b Abs. 4 SGB V von den Krankenkassen mit den in § 73b Abs. 4 Satz 2 SGB V genannten möglichen Vertragspartnern (Vertragsärzten, Gemeinschaften von Vertragsärzten etc.) geschlossen. Ebenso wie bei den Verträgen zur integrierten Versorgung handelt es sich hier um Selektivverträge mit dem Ziel der Durchbrechung des bisherigen Kollektivvertragssystems. Im Unterschied zur integrierten Versorgung sind die Krankenkassen jedoch gesetzlich verpflichtet, ihren Versicherten eine hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Für die Versicherten ist die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b Abs. 3 Satz 1 SGB V indes freiwillig. Nehmen sie jedoch teil, dürfen sie mindestens ein Jahr nur einen Hausarzt in Anspruch nehmen, mit dem die Krankenkasse einen Vertrag geschlossen hat und (mit Ausnahme von Augen- und Frauenärzten) nur Fachärzte aufsuchen, an die der Hausarzt sie überwiesen hat. Im Gegen1 Vgl. EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 ff., insb. Rz. 67 ff.; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (279 f.); Gabriel, NZS 2007, 344 (348 ff.). 2 Vgl. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (280); Gabriel, NZS 2007, 344 (348); Nesselmann/Motz , MedR 2005, 498 (500). 3 Ausführlich und jeweils m.w.N. Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (280 f.); Gabriel, NZS 2007, 344 (348 f.).

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zug können die Krankenkassen diesen Versicherten kraft Satzung Prämien oder Zuzahlungsermäßigungen gewähren (§ 53 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Entsprechend dem in Rz. 192 Gesagten sind auch die Verträge über die hausarztzentrierte Versorgung als öffentliche Aufträge i.S.v. § 99 Abs. 1 zu qualifizieren1. Zwar ist auch insoweit – einschränkend – zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung freiwillig ist. Allerdings besteht ein breit gefächertes Anreizsystem, dass dem Versicherten diese Möglichkeit nahelegt. Hat sich der Versicherte jedoch für eine Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung entschieden, dann erhalten die Vertragspartner der Krankenkasse eine Exklusivchance, in Anspruch genommen zu werden. Der Vertragsschluss der Krankenkassen führt also auch insoweit zu einer Vorauswahl der Dienstleister und verschafft Letzteren damit einen wirtschaftlichen (geldwerten) Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten2. ee) Verträge über ambulante ärztliche Versorgung. § 73c SGB V ermög- 194 licht den Krankenkassen, Verträge über besondere ambulante ärztliche Versorgung mit den in § 73c Abs. 3 Satz 1 SGB V genannten Leistungserbringern zu schließen. Im Unterschied zur hausarztzentrierten Versorgung (Rz. 193) haben die Krankenkassen jedoch ein Ermessen, ob sie solche Verträge schließen; sie sind hierzu nicht verpflichtet. Auch hier erklären die Versicherten ihre Teilnahme freiwillig und sind danach verpflichtet, mindestens ein Jahr die Vertragspartner der Krankenkassen in Anspruch zu nehmen; andere Ärzte hingegen nur auf Überweisung dieser Vertragspartner aufzusuchen (§ 73c Abs. 2 Satz 1 SGB V). Auch bei dieser Versorgungsform können die Krankenkassen Prämien oder Zuzahlungsermäßigungen gewähren (§ 53 Abs. 3 SGB V). Insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden Anreizsysteme und der damit verbundenen Lenkungswirkung sind auch die Verträge zur ambulanten ärztlichen Versorgung regelmäßig öffentliche Aufträge i.S.v. § 99 Abs. 13. Auch verpflichtet bereits § 73c Abs. 3 Satz 3 SGB V die Krankenkassen dazu, die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien öffentlich auszuschreiben. ff) Verträge mit Vereinbarungsanspruch geeigneter Leistungserbringer. 195 Eine besondere Gruppe von Verträgen bilden die Versorgungsverträge, 1 Ebenso Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (281). Dies legt auch bereits § 73b Abs. 4 Satz 4 SGB V nahe, wonach die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien (öffentlich) auszuschreiben ist. 2 Vgl. Goodarzi/Schmid, NZS 2008, 518 (523); Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (281). 3 Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (281 f.).

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auf deren Abschluss alle geeigneten Leistungserbringer einen Anspruch gegen die Krankenkassen haben. Dies gilt für Verträge über die Versorgung mit Haushaltshilfe, häuslicher Krankenpflege, Krankentransportleistungen und Schutzimpfungen1 (§§ 132, 132a, 132e und 133 SGB V)2. Eine Pflicht zur Ausschreibung unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts soll bei diesen Verträgen nicht in Betracht kommen, weil die Leistungserbringer hier einen Anspruch auf den Vertragsschluss haben, so dass für ein Vergabeverfahren, das darauf abzielt, unter mehreren Bietern eine Auswahlentscheidung zu treffen, kein Raum sei3. Es besteht insoweit eine Parallele zu der betreffend die Leistungsvereinbarungen gemäß §§ 75 ff. SGB XII geführten Diskussion (vgl. Rz. 178). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass § 69 Abs. 2 Satz 2 SGB V für diese Verträge jedenfalls nicht anwendbar sein dürfte. Nach § 69 Abs. 2 Satz 2 SGB V gilt die Verweisung des § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Die §§ 132, 132a, 132e und 133 SGB V enthalten indes keine Schiedsamtsregelung. Zudem ergibt sich der Anspruch auf den Vertragsschluss auch nicht aus dem Gesetz, sondern wurde durch die Rechtsprechung entwickelt4. 196 e) Nicht-prioritäre Dienstleistungen. Unter der Prämisse, dass der Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts für die vorstehend behandelten Verträge aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich grundsätzlich eröffnet ist, ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen, dass Dienstleistungen aus dem Gesundheits-, Veterinär und Sozialwesen in Anhang II Teil B Kategorie 25 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG als sog. nachrangige bzw. nicht-prioritäre Dienstleistungen 1 Hinsichtlich der Verträge über die Versorgung mit Schutzimpfungen gemäß § 132e SGB V geht der Gesetzgeber zwar nicht von einem solchen Anspruch aus (vgl. BT-Drucks. 16/4247, S. 47). Diese Begründung wird jedoch unter Berufung auf § 132e Satz 2 SGB V für nicht tragfähig gehalten. Danach haben die Krankenkassen sicherzustellen, dass insbesondere die in der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte berechtigt sind, Schutzimpfungen zu Lasten der Krankenkasse vorzunehmen. Vgl. Schneider in juris PraxisKommentar SGB V, § 132e Rz. 7. 2 BSG v. 21.11.2002 – B 3 KR 14/02 R, BSGE 77, 119; sowie Schneider in juris PraxisKommentar SGB V, § 132 Rz. 11, § 132a Rz. 14, § 132e Rz. 7 und § 133 Rz. 10. 3 BT-Drucks. 16/10609, S. 66. 4 Vgl. BSG v. 21.11.2002 – B 3 KR 14/02, BSGE 90, 150 (153); BSG v. 25.9.2001 – B 3 KR 3/01 R, BSGE 89, 24.

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aufgeführt sind, für die gemäß Art. 21 VKR lediglich die Art. 23 und 35 Abs. 4 VKR gelten. Korrespondierend hiermit gelten auch gemäß § 1 EG Abs. 3 VOL/A 197 i.V.m. Anhang I Teil B Kategorie 25 der VOL/A einerseits und § 4 Abs. 4 VgV andererseits für Dienstleistungen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen vergleichsweise geringe Anforderungen (vgl. Rz. 113). Zu beachten sind danach neben dem 1. Abschnitt der VOL/A lediglich die §§ 8 EG, 15 EG Abs. 10 und 23 EG VOL/A. Da diese Erleichterungen jedoch nur für Dienstleistungen gelten, nicht hingegen für Lieferleistungen, kommt der Abgrenzung zwischen diesen beiden Leistungsarten (vgl. dazu Rz. 110 und 141 f.) hier besondere Bedeutung zu. Die Abgrenzung ist grundsätzlich nach dem wirtschaftlichen Schwerpunkt vorzunehmen, kann im Einzelfall jedoch schwierig sein. So bestand beispielsweise die Leistung in dem vom EuGH entschiedenen Fall „Oymanns/AOK Rheinland/Hamburg“1 in der Erzeugung eines individuell angepassten Schuhs nebst fortlaufender Beratung. Der EuGH hat hierzu entschieden, dass es allein auf das wertmäßige Verhältnis der beiden Leistungsbestandteile ankomme (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. d) VKR). Allerdings sah der EuGH den Lieferteil nicht nur in der Lieferung des für die Schuhherstellung erforderlichen Rohmaterials, sondern in der Lieferung des individuell angefertigten Schuhs, was im streitgegenständlichen Fall bedeutete, dass es sich um einen vollumfänglich dem Vergaberecht unterfallenden Lieferauftrag handelte2 (vgl. Rz. 141). Noch weitgehender sind die Erleichterungen, wenn es sich um eine frei- 198 berufliche Dienstleistung aus dem Gesundheits- oder Sozialwesen handelt. In Betracht kommt dies insbesondere bei ärztlichen Leistungen, die freiberuflich erbracht werden und vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden können. Denkbar ist dies vor allem bei den Verträgen zur integrierten Versorgung3 (vgl. Rz. 192), den Verträgen über die hausarztzentrierte Versorgung (vgl. Rz. 193) und über die ambulante ärztliche Versorgung (vgl. Rz. 194). Hier gelten gemäß § 1 Abs. 3 VOF nur die §§ 6 Abs. 2 bis 7 VOF und § 14 VOF. Ein formalisiertes Vergabeverfahren ist für die Vergabe dieser nicht-prioritären Dienstleistungen gerade nicht vorgeschrieben4.

1 EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 ff. 2 Vgl. EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07, NJW 2009, 2427 (2430), Rz. 66; sowie die Besprechung von Kingreen, NJW 2009, 2417 (2418). 3 Vgl. dazu Gabriel, NZS 2007, 344 (350 f.). 4 Gabriel, NZS 2007, 344 (351).

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(1) Dieser Teil gilt nur für Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 festgelegt sind (Schwellenwerte). (2) Dieser Teil gilt nicht für Arbeitsverträge und für Aufträge, a) die auf Grund eines internationalen Abkommens im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen vergeben werden und für die besondere Verfahrensregeln gelten; b) die auf Grund eines internationalen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, für ein von den Unterzeichnerstaaten gemeinsam zu verwirklichendes und zu tragendes Projekt, für das andere Verfahrensregeln gelten, vergeben werden; c) die auf Grund des besonderen Verfahrens einer internationalen Organisation vergeben werden; d) aa) die in Übereinstimmung mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland für geheim erklärt werden, bb) deren Ausführung nach diesen Vorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert, cc) bei denen es ein Einsatz der Streitkräfte oder die Umsetzung von Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung oder wesentliche Sicherheitsinteressen bei der Beschaffung von Informationstechnik oder Telekommunikationsanlagen gebieten oder dd) bei denen der Schutz sonstiger wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates es gebietet; e) die dem Anwendungsbereich des Artikels 296 Abs. 1 Buchstabe b des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unterliegen; f) die bei Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung die Beschaffung von Wasser oder bei Tätigkeiten auf dem Gebiet der Energieversorgung die Beschaffung von Energie oder von Brennstoffen zur Energieerzeugung zum Gegenstand haben; g) die an eine Person vergeben werden, die ihrerseits Auftraggeber nach § 98 Nr. 1, 2 oder 3 ist und ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht zur Erbringung der Leistung hat; h) über Erwerb oder Mietverhältnisse über oder Rechte an Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen ungeachtet ihrer Finanzierung; 320

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i) von Auftraggebern nach § 98 Nr. 4, soweit sie anderen Zwecken dienen als der Sektorentätigkeit; j) die den Kauf, die Entwicklung, die Produktion oder Koproduktion von Programmen zum Gegenstand haben und die zur Ausstrahlung durch Rundfunk- oder Fernsehanstalten bestimmt sind sowie über die Ausstrahlung von Sendungen; k) die hauptsächlich den Zweck haben, dem Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Telekommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen; l) über Schiedsgerichts- und Schlichtungsleistungen; m) über finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten, insbesondere Geschäfte, die der Geld- oder Kapitalbeschaffung der Auftraggeber dienen, sowie Dienstleistungen der Zentralbanken; n) über Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, es sei denn, ihre Ergebnisse werden ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit und die Dienstleistung wird vollständig durch den Auftraggeber vergütet, o) von aa) Auftraggebern, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, an ein mit diesem Auftraggeber verbundenes Unternehmen oder bb) einem gemeinsamen Unternehmen, das mehrere Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, ausschließlich zur Durchführung dieser Tätigkeiten gebildet haben, an ein Unternehmen, das mit einem dieser Auftraggeber verbunden ist, sofern mindestens 80 Prozent des von diesem verbundenen Unternehmen während der letzten drei Jahre in der Europäischen Union erzielten durchschnittlichen Umsatzes im entsprechenden Liefer- oder Bau- oder Dienstleistungssektor aus der Erbringung dieser Lieferungen oder Leistungen für den mit ihm verbundenen Auftraggeber stammen; dies gilt auch, sofern das Unternehmen noch keine drei Jahre besteht, wenn zu erwarten ist, dass in den ersten drei Jahren seines Bestehens wahrscheinlich mindestens 80 Prozent erreicht werden; werden die gleichen oder gleichartigen Lieferungen oder Bau- oder Dienstleistungen von mehr als einem mit dem Auftraggeber verbunDiehr

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denen Unternehmen erbracht, so wird die Prozentzahl unter Berücksichtigung des Gesamtumsatzes errechnet, den diese verbundenen Unternehmen mit der Erbringung der Lieferung oder Leistung erzielen; § 36 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend; p) die aa) ein gemeinsames Unternehmen, das mehrere Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, ausschließlich zur Durchführung von diesen Tätigkeiten gebildet haben, an einen dieser Auftraggeber oder bb) ein Auftraggeber, der auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig ist, an ein gemeinsames Unternehmen im Sinne des Doppelbuchstaben aa, an dem er beteiligt ist, vergibt, sofern das gemeinsame Unternehmen errichtet wurde, um die betreffende Tätigkeit während eines Zeitraumes von mindestens drei Jahren durchzuführen, und in dem Gründungsakt festgelegt wird, dass die dieses Unternehmen bildenden Auftraggeber dem Unternehmen zumindest während des gleichen Zeitraumes angehören werden; q) die zur Durchführung von Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs außerhalb des Gebietes der Europäischen Union vergeben werden, wenn sie nicht mit der tatsächlichen Nutzung eines Netzes oder einer Anlage innerhalb dieses Gebietes verbunden sind; r) zum Zwecke der Weiterveräußerung oder Weitervermietung von Auftraggebern, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, an Dritte vergeben werden, vorausgesetzt, dass der Auftraggeber kein besonderes oder ausschließliches Recht zum Verkauf oder zur Vermietung des Auftragsgegenstandes besitzt und dass andere Unternehmen die Möglichkeit haben, diese Waren unter gleichen Bedingungen wie der betreffende Auftraggeber zu verkaufen oder zu vermieten; s) von Auftraggebern, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, soweit sie Baukonzessionen zum Zwecke der Durchführung dieser Tätigkeiten zum Gegenstand haben; t) die der Ausübung einer Tätigkeit auf dem Gebiet der Trinkwasseroder Energieversorgung oder des Verkehrs dienen, soweit die Europäische Kommission nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Ko322

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ordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste festgestellt hat, dass diese Tätigkeit in Deutschland auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist und dies durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist. I. II. III. 1. 2.

IV. 1. 2. 3.

Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Schwellenwerte (§ 100 Abs. 1) . Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte . . . . . . . . . . Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte . . . . . . . a) Gemeinschaftsprimärrechtliche Anforderungen . . . . . b) Haushaltsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . c) Grundrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts (§ 100 Abs. 2) . . . . . . . Ausnahmecharakter der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmevorschriften für den Sektorenbereich . . . . . . . . . . Zu den einzelnen Ausnahmetatbeständen . . . . . . . . . . . . a) Arbeitsverträge . . . . . . . . b) Aufträge aufgrund eines internationalen Abkommens im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen, (lit. a) . . . . . . . . c) Gemeinsame Projekte aufgrund internationaler Abkommen mit Drittstaaten (lit. b) . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufträge aufgrund des besonderen Verfahrens einer internationalen Organisation (lit. c) . . . . . . . . . . . .

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e) Aufträge in geheimhaltungsbedürftigen oder sicherheitsrelevanten Bereichen (lit. d) aa) Für geheim erklärte Aufträge (lit. aa) . . . . bb) Besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordernde Aufträge (lit. bb) . . cc) Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates (lit. dd) . . . dd) Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates bei der Beschaffung von Informationstechnik oder Telekommunikationsanlagen (lit. cc) . . . . . . . . ee) Eingeschränkte Geltung des Zuschlagsverbotes . . . . . . . . . . f) Aufträge im Verteidigungsbereich (lit. e) . . . . . . . . . g) Aufträge von Sektorenauftraggebern auf Gebieten, auf denen sie selbst tätig sind (lit. f) . . . . . . . . . . . h) Aufträge an Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, die ein ausschließliches Recht zur Leistungserbringung haben (lit. g) . . . . . . . . . . i) Verträge über Erwerb, Miete oder sonstige Rechte an unbeweglichem Vermögen (lit. h) . . . . . . .

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j) Aufträge von Sektorenauftraggebern, die nicht im Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeit stehen (lit. i) . k) Aufträge über Kauf, Entwicklung, Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen und Sendungen (lit. j) . . . . . . . . . . . . . . . l) Aufträge zur Ermöglichung der Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit (lit. k) . . . . . . . . . . . . m)Aufträge über Schiedsgerichts- und Schlichtungsleistungen (lit. l) . . . . . . . . n) Aufträge über finanzielle Dienstleistungen (lit. m) . . o) Aufträge über Forschungsund Entwicklungsdienstleistungen (lit. n) . . . . . . .

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p) Aufträge an verbundene Unternehmen im Sektorenbereich (lit. o) . . . . . . . . . q) Aufträge zwischen gemeinsamen Unternehmen und Sektorenauftraggebern (lit. p) . . . . . . . . . . . . . . r) Aufträge außerhalb des Gebietes der Europäischen Union (lit. q) . . . . . . . . . s) Aufträge zum Zwecke der Weiterveräußerung oder Weitervermietung (lit. r) . . t) Baukonzessionen zum Zwecke der Durchführung von Sektorentätigkeiten (lit. s) . . . . . . . . . . . . . . u) Aufträge, die einer auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzten Sektorentätigkeit dienen (lit. t) .

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I. Inhaltsübersicht 1 § 100 ergänzt § 99 in Bezug auf die Eingrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs des Kartellvergaberechts1. Während § 99 die Aufträge behandelt, die dem 4. Teil des GWB unterfallen, enthält § 100 dazu weitergehende normative Einschränkungen. 2 Absatz 1 legt zunächst fest, dass der 4. Teil des GWB nur für Aufträge gilt, welche die durch Rechtsverordnung nach § 127 festgelegten Schwellenwerte erreichen oder überschreiten. Entsprechende Festlegungen sind für öffentliche Aufträge im Zusammenhang mit sog. Sektorentätigkeiten im Sinne der Anlage zu § 98 Nr. 4 durch die Sektorenverordnung (SektVO) erfolgt. Für alle übrigen Aufträge sind die Schwellenwerte in der Vergabeverordnung (VgV) festgelegt2.

1 Ebenso Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 1; a.A. Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 522, wonach § 100 nicht den sachlichen Anwendungsbereich des Vergaberechts regele, sondern den durch § 99 bereits eröffneten Anwendungsbereich einschränke. 2 S. dazu im Einzelnen die Kommentierung zu §§ 2 und 3 VgV.

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Unabhängig davon, ob der Auftragswert eines einzelnen Auftrages den 3 nach Absatz 1 maßgeblichen Schwellenwert erreicht oder überschreitet, gilt der 4. Teil des GWB nicht für die in Absatz 2 genannten Verträge. Für Aufträge, die nach § 100 dem Anwendungsbereich des 4. Teils des 4 GWB entzogen sind, gelten zum einen nicht die materiell-rechtlichen Bestimmungen der §§ 97 ff. einschließlich der Vergabeverordnung bzw. der Sektorenverordnung und einschließlich der Bestimmungen des 2. Abschnitts der VOB/A und der VOL/A sowie der VOF. Es gelten daher (allenfalls) der 1. Abschnitt der VOB/A und der VOL/A, soweit es sich um Aufträge handelt, die unter § 1 VOB/A bzw. § 1 VOL/A fallen. Zum anderen sind die §§ 107 ff. GWB nicht anwendbar, so dass sich der Rechtsschutz „nach der allgemeinen Rechtsschutzordnung“1 richtet. II. Entstehungsgeschichte Die Regelung des Absatz 1 beruht auf Art. 7 der Richtlinie 2004/18/EG 5 und Art. 16 der Richtlinie 2004/17/EG bzw. den entsprechenden Regelungen der Vorgängerrichtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG, 93/37/EWG und 93/38/EWG. Der Gesetzestext entspricht dem Regierungsentwurf des Vergaberechtsänderungsgesetzes2. Die Regelungen des Absatzes 2 gehen auf Art. 12 ff. der Richtlinie 6 2004/18/EG sowie Art. 18 ff. der Richtlinie 2004/17/EG bzw. den entsprechenden Regelungen der Vorgängerrichtlinien zurück. Vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes waren die Ausnahmetatbestände zum Teil in Absatz 2 und zum Teil, insbesondere soweit es Ausnahmen in den Sektoren betraf, in der Vergabeverordnung verankert. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz erfolgte zum einen – wie es in der Begründung zum Regierungsentwurf heißt – „die Übernahme der Ausnahmevorschriften für die Bereiche der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie des Verkehrs, die bislang in der Vergabeverordnung geregelt waren“3 in Absatz 2. Zum anderen wurden die Ausnahmetatbestände an die sich aus dem Inkrafttreten der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG ergebenden Änderungen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben angepasst.

1 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (Rz. 71). 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 4. 3 BT-Drucks. 16/10117, S. 19.

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III. Schwellenwerte (§ 100 Abs. 1) 1. Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte 7 Der 4. Teil des GWB findet nur auf solche öffentlichen Aufträge Anwendung, bei denen die Schwellenwerte erreicht oder überschritten werden. Die Vorschrift ist Ausfluss des Gedankens, dass bei Aufträgen, die einen gewissen Wert unterschreiten, nicht mit der Beteiligung von ausländischen Bietern zu rechnen ist1. Darüber hinaus kann bei geringwertigen Aufträgen ein Missverhältnis zwischen dem Aufwand, den eine gemeinschaftsweite Ausschreibung erfordert, und dem Auftragswert bestehen2. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die nach den EG-Vergaberichtlinien zu gewährenden Rechtsschutzverfahren3. 8 Die Höhe der Schwellenwerte wird primär durch die Schwellenwerte des WTO-Beschaffungsabkommens (Government Procurement Agreement – GPA) vorgegeben4. Da diese Schwellenwerte in Sonderziehungsrechten, die Schwellenwerte in den EG-Vergaberichtlinien hingegen in Euro ausgedrückt sind, sind Letztere regelmäßig im Hinblick auf die Kursentwicklung des Euro zum Sonderziehungsrecht zu überprüfen und ggf. anzupassen. Gemäß Art. 78 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG erfolgt dies alle zwei Jahre. Die bei Drucklegung aktuellen Schwellenwerte wurden durch die Verordnung (EG) 1177/20095 mit Wirkung zum 1.1.2010 festgesetzt. 9 Absatz 1 knüpft nicht unmittelbar an die Schwellenwerte der EG-Vergaberichtlinien, sondern an die mit Rechtsverordnung nach § 127 festzulegenden Schwellenwerte an. Diese Festlegungen – von der Ermächtigung des § 127 Nr. 1 hat die Bundesregierung in §§ 2, 3 der Vergabeverordnung und in §§ 1 Abs. 2, 3 der Sektorenverordnung Gebrauch gemacht – haben somit nicht lediglich deklaratorischen Charakter6. Vielmehr belässt das GWB dem Verordnungsgeber die Möglichkeit, Schwellenwerte 1 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 5. 2 S. etwa Erwägungsgrund 23 der Richtlinie 92/50/EWG: „Diese Richtlinie gilt nicht für kleine Aufträge unterhalb eines bestimmten Schwellenwerts, um unnötige Formalitäten zu vermeiden“; s. auch Otting in Bechtold, GWB, § 100 Rz. 1. 3 Begründung zu § 109 des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz, BT-Drucks. 13/9340, S. 15; s. auch BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (Rz. 94 ff.). 4 Art. 1 Abs. 4 i.V.m. Anhang I GPA, die Anpassung der EG-Vergaberichtlinien an die GAP-Vorgaben erfolgte mit den Richtlinien 97/52/EG und 98/4/EG. 5 ABl. Nr. L 314 v. 1.12.2009, S. 64. 6 A. A. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 6.

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unterhalb der EG-Schwellenwerte festzulegen1 und somit den Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB über den gemeinschaftsrechtlich gebotenen Bereich hinaus zu erweitern. Eine Erhöhung der nationalen Schwellenwerte gegenüber den EG-Schwellenwerten kommt hingegen nicht in Betracht. Denn aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts können höhere nationale Schwellenwerte für im Übrigen den EG-Vergaberichtlinien unterfallende Aufträge nicht zur Anwendung gelangen. Vielmehr sind in diesem Fall die in den EG-Vergaberichtlinien festgelegten Schwellenwerte unmittelbar anzuwenden2. Dies gilt daher auch dann, wenn die durch Rechtsverordnung festgelegten Schwellenwerte aufgrund einer Neufestsetzung nach Art. 78 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Art. 69 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG von den Schwellenwerten der EG-Vergaberichtlinien unterschritten werden3. Absatz 1 setzt voraus, dass der im Einzelfall einschlägige Schwellenwert 10 „erreicht oder überschritten“ ist. Ist dies nicht der Fall, ist der sachliche Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB nicht eröffnet. Dies gilt auch dann, wenn die Vergabestelle – bewusst oder in Verkennung der Tatsachen- oder Rechtslage – eine EU-weite Ausschreibung vorgenommen hat. Allenfalls kann sich in diesem Fall nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eine Verpflichtung der Vergabestelle zur Einhaltung der für europaweite Ausschreibungen geltenden Verfahrensbestimmungen ergeben. Jedoch kann die Wahl einer unzutreffenden Verfahrensart nicht Rechtsmittel eröffnen, die der Gesetzgeber für das betroffene Vergabeverfahren nicht vorgesehen hat4. 2. Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte Werden die Schwellenwerte nicht erreicht, findet der 4. Teil des GWB 11 keine Anwendung. Für die Vergabe entsprechender Aufträge gelten damit weder die Vergabegrundsätze des § 97 noch die Vergaberegeln der Sektorenverordnung oder der Vergabeverordnung i.V.m. der VOF bzw. den jeweiligen Abschnitten 2 der VOB/A oder der VOL/A. Auch unterliegen entsprechende Aufträge nicht der Vergabenachprüfung nach §§ 107 ff. 1 Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 100 GWB Rz. 3. 2 S. auch Ruthig, NZBau 2006, 208 (213), Müller-Wrede, VergabeR 2005, 693 (695). 3 Im Ergebnis ebenso etwa VK Thüringen v. 24.6.2009 – 250–4002.20–3114/ 2009–005-SOK; VK Münster v. 30.4.2009 – VK 4/09; VK Südbayern v. 29.4.2009 – Z3–3-3194–1-11–03/09; VK Brandenburg v. 3.4.2009 – VK 8/09. 4 OLG Düsseldorf v. 31.3.2004 – Verg 74/03; OLG Stuttgart v. 12.8. 2002 – 2 Verg 9/02, NZBau 2003, 340.

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12 Die damit bestehende Zweiteilung des Vergaberechts ist nach herrschender Rechtsprechung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere verletzt der Ausschluss des Primärrechtsschutzes nach §§ 107 ff. bei Unterschwellenvergaben die davon betroffenen Bieter weder in deren Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG noch in dem im Rechtsstaatsprinzip verbürgten allgemeinen Justizgewährungsanspruch. Auch ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht dadurch verletzt, dass die besonderen Regelungen für den Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen oberhalb der Schwellenwerte nicht auch auf die anderen Vergabeentscheidungen erstreckt worden sind1. 13 Dass Aufträge, deren Werte den jeweils einschlägigen Schwellenwert nicht erreichen, nicht in den Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB fallen, bedeutet allerdings nicht, dass öffentliche Auftraggeber bei Vergaben derartiger Aufträge keinen rechtlichen Bindungen unterliegen. Solche ergeben sich vielmehr insbesondere aus dem primären Gemeinschaftsrecht, dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Haushaltsrecht. Der Primärrechtsschutz richtet sich insofern „nach der allgemeinen Rechtsschutzordnung“2; zuständig sind grundsätzlich die ordentlichen Gerichte3. 14 a) Gemeinschaftsprimärrechtliche Anforderungen. Nach Art. 18 AEUV (ex-Art. 12 EGV) ist jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Neben diesem allgemeinen Diskriminierungsverbot sieht das primäre Gemeinschaftsrecht mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV [ex-Art. 43 EGV]), der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV [ex-Art. 49 EGV]) und dem Grundsatz des freien Warenverkehrs (Art. 34 AEUV [ex-Art. 28 EGV]) spezielle Diskriminierungsverbote vor4, die – lex specialis derogat legi generali – Art. 18 Abs. 1 AEUV vorgehen5. 1 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135; OLG Brandenburg v. 2.10.2008 – 12 U 91/08, ZfBR 2009, 304; OLG Brandenburg v. 17.12.2007 – 13 W 79/07, VergabeR 2008, 294; OLG Hamm v. 12.2.2008 – 4 U 190/07, NZBau 2009, 344. 2 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (Rz. 71); s. hierzu etwa Krohn in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 24 Rz. 35 ff. 3 BVerwG v. 2.5.2007 – 6 B 10/07, BVerwGE 129, 9; zum vorläufigen Rechtsschutz s. etwa OLG Düsseldorf v. 13.1.2010 – 27 U 1/09, NZBau 2010, 272; Braun, VergabeR 2010, 531. 4 EuGH v. 5.12.1989 – Rs. C-3/88 (Kommission/Italien), Slg. 1989, 4035, Rz. 8. 5 S. etwa EuGH v. 26.1.1993 – Rs. C-112/91 (Werner), Slg. 1993, I-429, Rz. 20; EuGH v. 15.3.1994 – Rs. C-45/93 (Kommission/Spanien), Slg. 1994, I-911, Rz. 10; EuGH v. 8.7.1999 – Rs. C-203/98 (Kommission/Belgien), Slg. 1999, I-4899, Rz. 15; speziell zum Vorrang der Dienstleistungsfreiheit bei Konzessionsvergaben s. EuGH v. 13.10.2005 – Rs. C-458/03 (Parking Brixen), Slg. 2005, I-8585, Rz. 47.

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Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung folgt aus diesen Diskriminierungsverboten die grundsätzliche Pflicht öffentlicher Auftraggeber, Aufträge und Konzessionen, die von den Vergaberichtlinien nicht oder nicht abschließend erfasst werden, im Wege transparenter und wettbewerblicher Verfahren zu vergeben. In der insofern grundlegenden Coname-Entscheidung des EuGH heißt es hierzu: „Da an dieser Konzession auch ein in einem anderen Mitgliedstaat … niedergelassenes Unternehmen Interesse haben kann, liegt in der ohne jede Transparenz erfolgenden Vergabe dieser Konzession an ein im letztgenannten Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen eine unterschiedliche Behandlung zum Nachteil des in dem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmens … In Ermangelung jeder Transparenz hat nämlich das letztgenannte Unternehmen keine tatsächliche Möglichkeit, sein Interesse am Erhalt der erwähnten Konzession kundzutun.“1 Diese Rechtsprechung hat der EuGH allerdings mit mehreren jüngeren 15 Entscheidungen konkretisiert. Danach kommen die Grundfreiheiten zum einen dann nicht zur Anwendung, wenn der Auftraggeber über den avisierten Auftragnehmer eine Kontrolle ausübt wie über seine eigenen Dienststellen und zugleich diese Einrichtung ihre Tätigkeit im Wesentlichen für den Auftraggeber verrichtet2. Diese Kriterien entsprechen der Teckal-Entscheidung zu sog. In-House-Aufträgen (s. § 99 Rz. 51). Zum anderen hat der EuGH klargestellt, dass der Anwendungsbereich 16 der Grundfreiheiten in diesen Fallgestaltungen nur dann eröffnet ist, wenn der in Rede stehende Auftrag von eindeutigem grenzüberschreitendem Interesse ist3. Bei den sog. nichtprioritären Dienstleistungen des Anhang II B der Richtlinie 2004/18/EG ist dies grundsätzlich nicht der Fall. Insofern führte der Gerichtshof in der An-Post-Entscheidung aus, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber – vorbehaltlich der in Art. 43 dieser Richtlinie angesprochenen späteren Überprüfung – davon ausgegangen sei, dass Aufträgen über nichtprioritäre Dienstleistungen „wegen ihres spezifischen Charakters a priori keine grenzüberschreitende Bedeutung zukommt, die es rechtfertigen kann, dass sie in einem Ausschreibungs1 EuGH v. 21.7.2005 – Rs. C-231/03 (Coname), Slg. 2005, I-7310, Rz. 17 f. 2 EuGH v. 15.10.2009 – Rs. C-196/08 (Acoset), NZBau 2009, 804, Rz. 51; EuGH v. 10.9.2009 – Rs. C-573/07 (Se. T. Co. SpA), NZBau 2009, 797, Rz. 36. 3 EuGH v. 13.11.2007 – Rs. C-507/03 (An Post), Slg. 2007, I-9777, Rz. 29 ff.; EuGH v. 21.2.2008 – Rs. C-412/04 (Kommission/Italien), Slg. 2008, I-619, Rz. 66 f.; EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-147/06 u. 148/06 (SECAP und Santorso), Slg. 2008, I-3565, Rz. 21; EuGH v. 23.12.2009 – Rs. C-376/08 (Serrantoni und Consorzio stabile edili), Rz. 25.

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verfahren vergeben werden, das es den Unternehmen anderer Mitgliedstaaten ermöglichen soll, von der Ausschreibung Kenntnis zu nehmen und ein Angebot einzureichen“1. Für sonstige Dienstleistungen ist das Bestehen eines eindeutigen grenzüberschreitenden Interesses im Einzelfall anhand einer Marktanalyse2 zu beurteilen. Entscheidend ist dabei, ob insbesondere angesichts des Auftragswertes einerseits und des Ortes der Erfüllung des Auftrages andererseits davon auszugehen ist, dass Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten ein Interesse an dem Auftrag haben können. Letztlich gilt es also zu ermitteln, ob gewissermaßen das „Einzugsgebiet“ des Auftrages über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinaus reicht3. 17 Zu den sich nach der Rechtsprechung des EuGH aus den Grundfreiheiten ergebenden Anforderungen an die Vergabe von Aufträgen, die binnenmarktrelevant sind, aber nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen, hat die EU-Kommission am 1.8.2006 eine Mitteilung4 veröffentlicht. Danach gilt insbesondere, dass beabsichtigte Vergaben vorab angemessen bekannt zu machen sind. Das Angemessenheitserfordernis bezieht sich dabei zum einen auf das Bekanntmachungsmedium. Insofern gilt generell: „Je interessanter der Auftrag für potenzielle Bieter aus anderen Mitgliedstaaten ist, desto weiter sollte er bekannt gemacht werden“5. Eine in der Regel angemessene Art der Bekanntmachung stellt daher die Veröffentlichung über das Internet, etwa auf der Website des Auftraggebers, dar6. Das Angemessenheitserfordernis betrifft des Weiteren den Inhalt der Bekanntmachung. Die Bekanntmachung sollte alle Informationen enthalten, die ein Unternehmen normalerweise für die Entscheidung darüber benötigt, ob es Interesse an dem Auftrag bekunden soll. Nicht zuletzt muss auch der Zeitraum zwischen der Veröffent1 EuGH v. 13.11.2007 – Rs. C-507/03 (An Post), Slg. 2007, I-9777, Rz. 25. 2 So bereits GA Stix-Hackl, Schlussanträge v. 12.4.2005 in der Rs. C-231/03 (Coname), Rz. 100: „Dabei hat der nationale Richter im Sinne einer Marktanalyse zu berücksichtigen, für welche Wirtschaftsteilnehmer die geplante Vergabe im Hinblick auf den potenziellen Wettbewerb von Interesse ist, wobei der Wert und der Gegenstand der Vergabe eine entscheidende Rolle spielen.“ S. auch VK Brandenburg v. 22.5.2008 – VK 11/08. 3 Diehr, VergabeR 2009, 719 (727 f.). 4 Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen, ABl. Nr. C 179, S. 2 ff. 5 ABl. Nr. C 179, S. 4. 6 In der Mitteilung heißt es hierzu: „Bekanntmachungen auf der Website des Auftraggebers sind flexibel und preisgünstig. Sie sind so zu gestalten, dass potenzielle Bieter leicht Kenntnis dieser Informationen erhalten“, ABl. Nr. C 179, S. 4.

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lichung der Bekanntmachung und der beabsichtigten Vergabe angemessen sein. Diese Zeitspanne muss also zumindest ausreichen, um die Bekanntmachung inhaltlich zu prüfen und ggf. eine Interessenbekundung gegenüber dem Auftraggeber abzugeben. Weiter wird in der Mitteilung ausgeführt, dass die nach der Rechtsprechung gebotene Wettbewerblichkeit des Verfahrens insbesondere die Wahrung des Gleichbehandlungsgebotes erfordert. Diese Anforderung kommt bereits bei der Beschreibung des Auftragsgegenstandes und der Benennung der Einigungsnachweise1 in der Bekanntmachung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen zum Tragen. Darüber hinaus verlangt das Diskriminierungsverbot, dass Regelungen zum Ablauf des Verfahrens – einschließlich insbesondere der Fristen – gesetzt, transparent gemacht und eingehalten werden. Nicht zuletzt ist ein Maß an Transparenz zu gewährleisten, das die Nachprüfung ermöglicht, ob das Verfahren unparteiisch durchgeführt wurde. Dies erfordert neben der Publizität des Verfahrensablaufs eine Dokumentation zumindest der wesentlichen im Zusammenhang mit der Vergabe getroffenen Entscheidungen (s. auch § 97 Rz. 22 ff.). Die Mitteilung vom 1.8.2006 wurde von der Bundesrepublik – unter- 17a stützt von sechs Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament – im Wege der Nichtigkeitsklage angegriffen. Dabei wurde insbesondere geltend gemacht, dass es sich bei der Mitteilung um einen Fall faktischer Gesetzgebung handle. Denn die Mitteilung enthalte neue Vergaberegeln, die über die sich aus dem bestehenden Gemeinschaftsrecht ergebenden Verpflichtungen hinausgingen und die rechtsverbindliche Wirkung für die Mitgliedstaaten erzeugten. Für den Erlass einer solchen Mitteilung habe der Kommission daher die Zuständigkeit gefehlt2. Das EuG ist dem nicht gefolgt, sondern urteilte, dass „die Mitteilung keine neuen Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge [enthält], die über die Verpflichtungen hinausgehen, die sich aus dem bestehenden Gemeinschaftsrecht ergeben“3. Damit kann die Mitteilung als Orientierung bei der Vergabe von nicht oder nur teilweise von den Vergaberichtlinien erfassten Aufträgen, insbesondere also bei Unterschwellenaufträgen, herangezogen werden. b) Haushaltsrechtliche Anforderungen. Nach deutschem Recht ergeben 18 sich rechtliche Bindungen bei Vergaben von Unterschwellenaufträgen durch öffentliche Auftraggeber insbesondere aus dem Haushaltsrecht. So 1 Ausdrücklich angesprochen ist in der Mitteilung insofern die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, ABl. Nr. C 179, S. 6. 2 ABl. Nr. C. 294 v. 2.12.2006, S. 52. 3 EuG v. 20.5.2010 – Rs. T-258/06 (Deutschland/Kommission).

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sieht § 55 BHO vor, dass dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen muss. Entsprechende Regelungen finden sich in den Haushaltsordnungen aller Bundesländer. Auf dieser Grundlage wurden Verwaltungsanweisungen erlassen, wonach die staatlichen Verwaltungen die Verdingungs- bzw. Vergabe- und Vertragsordnungen zu beachten haben. Da neben existieren Anweisungen, Richtlinien und Satzungen zahlreicher Eigenbetriebe, Verbände, Anstalten und Unternehmen, die von der öffentlichen Hand unterhalten, betrieben oder subventioniert werden. 19 Anders als das Kartellvergaberecht der §§ 97 ff. dient das Haushaltsrecht allerdings nicht der Sicherung des Wettbewerbs oder der Einrichtung einer besonderen Wettbewerbsordnung für das Nachfrageverhalten des Staates. Ziel der haushaltsrechtlichen Vorgaben für die Vergabe öffentlicher Aufträge ist vielmehr ein wirtschaftlicher und sparsamer Umgang mit Haushaltsmitteln, der im öffentlichen Interesse liegt. Ausgehend hiervon stellte das Bundesverfassungsgericht fest: „Der Wettbewerb der Anbieter um einen ausgeschriebenen Auftrag wird als Mittel genutzt, um dieses Ziel zu erreichen, ist aber nicht selbst Zweck der haushaltsrechtlichen Normen“1. Ein Verstoß gegen Vorschriften der jeweiligen Abschnitte 1 der VOB/A und VOL/A begründet daher für sich genommen keine Rechtsverletzung der hiervon betroffenen Bieter2. 20 c) Grundrechtliche Anforderungen. Die Vergabe öffentlicher Aufträge berührt in der Regel nicht den Schutzbereich von Freiheitsgrundrechten. Dies gilt insbesondere für das Grundrecht der Berufsfreiheit3. Denn eine Berührung des Schutzbereichs der Berufsfreiheit kommt lediglich unter dem Gesichtspunkt eines staatlichen Eingriffs in den Wettbewerb zwischen den an dem Auftrag potenziell interessierten Unternehmern in Betracht4. So liegt in dem Vertragsschluss mit einem Unternehmen im Zweifel eine Begünstigung dieses Unternehmens gegenüber seinen Wettbewerbern5. Wegen der bei mittelbaren Grundrechtsbeeinträchtigungen generell höher anzusetzenden Eingriffsschwelle lässt sich in diesem Fall 1 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (Rz. 62). 2 Kallerhoff, NZBau 2008, 97 (101) m.w.N. 3 BVerfG v. 23.4.2009 – 1 BvR 3424/08, NVwZ 2009, 835, Rz. 9; BVerfG v. 27.2. 2008 – 1 BvR 437/08, ZfBR 2008, 816; BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (Rz. 55). 4 Vgl. BVerfG v. 8.2.1972 – 1 BvR 170/71, BVerfGE 32, 311 (317); BVerfG v. 12.10. 1977 – 1 BvR 217, 216/75, BVerfGE 46, 120 (137 f.). 5 Vgl. BVerfG v. 12.6.1990 – 1 BvR 335/86, BVerfGE 82, 209 (223 f.); BVerwG v. 18.4. 1985 – 3 C 34.84, BVerwGE 71, 183 (191).

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ein Eingriff in die Berufsfreiheit allerdings erst dann bejahen, wenn die berufliche Wettbewerbsfreiheit hierdurch „in einem unerträglichen Maße eingeschränkt“ wird1. Hieran dürfte es bei der Auftragsvergabe in aller Regel fehlen. Rechtliche Bindungen bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte erge- 21 ben sich aber aus dem allgemeinen Gleichheitssatz. Insofern stellte das Bundesverfassungsgericht fest: „Der staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es daher verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen. Darüber hinaus kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. Aufgrund dieser Selbstbindung kann den Verdingungsordnungen als den verwaltungsinternen Regelungen über Verfahren und Kriterien der Vergabe eine mittelbare Außenwirkung zukommen … Jeder Mitbewerber muss eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. Eine Abweichung von solchen Vorgaben kann eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG bedeuten. Insofern verfügt jeder Mitbewerber über ein subjektives Recht, für das effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden muss“2. Ausgehend hiervon wird teilweise vertreten, dass grundsätzlich jeder Ver- 22 stoß gegen die ersten Abschnitte der VOB/A bzw. der VOL/A die hiervon betroffenen Bieter in ihren Rechten verletzt3. Nach der wohl herrschenden Gegenauffassung kommt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz hingegen nur bei willkürlichen, also sachlich nicht gerechtfertigten Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsordnungen in Betracht4. Dem ist zuzustimmen. Denn eine Selbstbindung der Verwaltung durch ständiges Verwaltungshandeln schließt Abweichungen hiervon nicht generell aus. Eine Behörde ist daher durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht gehindert, eine ständige Verwaltungspraxis aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft allgemein oder für einen Einzelfall umzustellen5. 1 BVerwG v. 30.8.1968 – VII C 122.66, BVerwGE 30, 191 (198); BVerwG v. 23.3. 1982 – 1 C 157.79, BVerwGE 65, 167 (174). 2 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (Rz. 65). 3 S. etwa Antweiler, VergabeR 2008, 352 (358 f.); Braun, NZBau 2008, 160 (161); Krohn in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 24 Rz. 23. 4 OLG Hamm v. 12.2.2008 – 4 U 190/07, VergabeR 2008, 682; OLG Stuttgart v. 11.4.2002 – 2 U 240/01, NZBau 2002, 395; LG Landshut v. 11.12.2007 – 73 O 2576/07, VergabeR 2008, 298; LG Frankfurt/Oder v. 14.11.2007 – 13 O 360/07, VergabeR 2008, 132; LG Bad Kreuznach v. 6.6.2007 – 2 O 198/07, NZBau 2007, 471. 5 Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40 Rz. 123.

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IV. Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts (§ 100 Abs. 2) 1. Ausnahmecharakter der Vorschrift 23 Absatz 2 enthält einen umfangreichen Katalog an Ausnahmebestimmungen. Bereits aufgrund dieses Charakters als Ausnahmebestimmungen sind die einzelnen Tatbestände nicht analogiefähig1 und eher eng als weit auszulegen2. Dies dient in erster Linie dazu, eine Umgehung des Kartellvergaberechts zu vermeiden, was etwa im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand gemäß Absatz 2 lit. h) (Rz. 65) in der Vergabepraxis nicht selten erhebliche Bedeutung hat. Andererseits bedeutet eine enge Auslegung nicht, dass in jedem Fall strikt am Wortlaut des Ausnahmetatbestandes festgehalten werden muss und jedwede Auslegung nach Funktion sowie nach Sinn und Zweck des Ausnahmetatbestandes unzulässig wäre. Wenn etwa Arbeitsverträge vom Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts ausgeschlossen sind, schließt dies, obgleich nicht ausdrücklich genannt, auch die Ernennung von Beamten ein (Rz. 29), obgleich es sich dabei nicht um Arbeitsverträge handelt. 24 Die Ausnahmen in Absatz 2 sind grundsätzlich als abschließende Aufzählung zu verstehen3. Dies kann freilich keine Einschränkung des Gesetzgebers dahin bedeuten, Ausnahmen vom Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB in anderen Gesetzen zu regeln. Dementsprechend heißt es auch in § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB, dass eine Direktvergabe nur dann unwirksam ist, wenn sie nicht „aufgrund Gesetzes“ gestattet ist. Anders als nach dem Wortlaut des Referentenentwurfs4 zu § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB sind von der Unwirksamkeitsfolge somit nicht nur die „aufgrund dieses Gesetzes gestattet[en]“ Direktvergaben ausgenommen. Im Zweifelsfall ist daher durch Auslegung der entsprechenden Regelungen unter Berücksichtigung insbesondere der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und der Kollisionsregeln wie des Spezialitätsgrundsatzes und der Normhierarchie zu ermitteln, ob eine außerhalb des Absatzes 2 getroffenen Regelung zu einer Einschränkung des Anwendungsbereichs des Kartell1 Ziekow, VergabeR 2007, 711 (712). 2 S. etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 23; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 100 GWB Rz. 16. 3 OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – VII-Verg 78–03, NZBau 2004, 398 (400) m.w.N.; s. hierzu bereits die Begründung zu § 109 des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz, BT-Drucks. 13/9340, S. 15. 4 Aktualisierter Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für ein Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts v. 3.3.2008, BMWi I B 3 – 26 06 13/01, NZBau 2008, 235.

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vergaberechts führt. Dies ist etwa nach § 15 Abs. 2 AEG für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Schienenpersonennahverkehrsleistungen der Fall (§ 4 VgV Rz. 5 ff.)1. Für viele der in Absatz 2 geregelten Ausnahmetatbestände finden sich in 25 den Erwägungsgründen der EU-Vergaberichtlinien (insbesondere Erwägungsgründe 19 ff. der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgründe 31 ff. der Richtlinie 2004/17/EG) Anhaltspunkte für deren Auslegung und funktionale Eingrenzung. Die Erwägungsgründe machen dabei ebenso wie die Ausnahmetatbestände selbst deutlich, dass insofern kein einheitlichen Prinzipien folgendes Ausnahmesystem zugrunde liegt. Einige Ausnahmetatbestände ergeben sich weitestgehend aus der Natur der Sache, wie etwa der Erwerb oder die Anmietung von Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden (Absatz 2 lit. h), Rz. 65 ff.), da der Erwerb oder die Anmietung eines Grundstücks an einer bestimmten Stelle in alle Regel von vornherein nicht Gegenstand eines Wettbewerbsverfahrens sein kann. Andere Ausnahmetatbestände beruhen demgegenüber auf allgemeinen wirtschaftlichen oder, wie etwa hinsichtlich geheimhaltungsbedürftiger oder sicherheitsrelevanter Aufträge (Absatz 2 lit. d), Rz. 37 ff.), auf übergeordneten politischen Erwägungen. Wenn unter Berufung auf Absatz 2 von der Durchführung eines dem Kar- 26 tellvergaberecht unterfallenden Vergabeverfahrens abgesehen wird, ist dies hinreichend zu dokumentieren. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich nicht um einen eindeutigen Ausnahmetatbestand i.S.v. Absatz 2 handelt (z.B. Abschluss eines Arbeitsvertrages), sondern um einen Fall, in dem die Vergabestelle eine eigene Abwägungsentscheidung treffen muss (z.B. bei einem Absehen von einem Vergabeverfahren zum Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates gemäß Absatz 2 lit. d))2. 2. Ausnahmevorschriften für den Sektorenbereich Bis zum Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes waren 27 die die Sektoren betreffenden Ausnahmetatbestände im Wesentlichen in den §§ 9, 10 VgV a.F. verankert. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde Absatz 2 um entsprechende Vorschriften ergänzt (Rz. 6). 1 OLG Brandenburg v. 2.9.2003 – Verg W 3/03 und Verg W 5/03, NZBau 2003, 688; offen gelassen von OLG Düsseldorf v. 6.12.2004 – VII Verg 79/04, VergabeR 2005, 212; a.A. OLG Düsseldorf v. 21.7.2010 – VII Verg 19/10; OLG Düsseldorf v. 26.7. 2002 – Verg 22/02, NZBau 2002, 634; ähnlich OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699; VK Hessen v. 2.12.2004 – 69d-VK-72/2004; VK Münster v. 19.6.2007 – VK 12/07; VK Münster v. 18.3.2010 – VK 1/10, IBR 2010, 353. 2 OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – Verg 61/02, VergabeR 2004, 371.

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Wie bereits nach §§ 9, 10 VgV a.F. ist gemeinsame Voraussetzung dieser Ausnahmevorschriften, dass die betreffenden Aufträge durch Auftraggeber vergeben werden, die lediglich unter § 98 Nr. 4 fallen1. Aufträge von Einrichtungen, die (auch) nach einem anderen Tatbestand des § 98 als öffentliche Auftraggeber zu qualifizieren sind, werden von diesen Ausnahmeregelungen nicht erfasst. Für Absatz 2 lit. i) ergibt sich dies bereits eindeutig aus dem Wortlaut, für die übrigen Ausnahmetatbestände aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. So beruhen diese Ausnahmetatbestände auf den Art. 18 ff. der Richtlinie 2004/17/EG, welche den Anwendungsbereich der Richtlinie betreffen („Diese Richtlinie gilt nicht für Aufträge, …“). Für Aufträge, die einen dieser Ausnahmetatbestände erfüllen und die somit nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, gilt daher auch der grundsätzliche Vorrang der Richtlinie 2004/17/EG (s. § 98 Rz. 118) nicht, so dass diese Aufträge, wenn sie in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG fallen, nach den Vorgaben dieser Richtlinie zu vergeben sind. 3. Zu den einzelnen Ausnahmetatbeständen 28 a) Arbeitsverträge. Arbeitsverträge werden in Absatz 2 an erster Stelle und vor der sich anschließenden Aufzählung einzelner Aufträge unter lit. a) bis lit. t) genannt. Darin liegt jedoch keine besondere Hervorhebung oder Betonung von Arbeitsverträgen. Die Voranstellung hat lediglich regelungstechnische Gründe, da man bei Beschäftigungsverhältnissen von Verträgen spricht, während alle anderen nachfolgend unter a) bis t) behandelten Dienstleistungen ebenso wie alle Liefer- und Bauleistungen als Aufträge bezeichnet werden. 29 Der Begriff des Arbeitsvertrages wird weder in Absatz 2 noch in den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben näher definiert. Gemeint sind mit Arbeitsverträgen alle Dienstverhältnisse, bei denen sich ein Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, unter dessen Leitung Arbeitsleistungen gegen Entgelt zu erbringen2. Ohne Bedeutung ist, ob das Beschäftigungsverhältnis zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist, so dass auch das Beamtenverhältnis unter den Begriff des Arbeitsvertrages i.S.v. Absatz 2 fällt. 1 Schranner in Ingenstau/Korbion, Handkommentar zur VOB, § 1 SektVO Rz. 18 ff. 2 EuGH v. 21.6.1988 – Rs. 197/86 (Brown/Secretary of State for Scotland), Slg. 1988, 3205; Rövekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 23; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 100 GWB Rz. 19.

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Die Abgrenzung zu einem ausschreibungspflichtigen Dienstleistungs- 30 auftrag liegt darin, dass die Erbringung der Leistung nach Weisung erfolgt und der Arbeitnehmer in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers eingegliedert sein muss1. Dementsprechend fallen auch Anstellungsverträge für Mitglieder der Geschäftsleitung eines Unternehmens, das nach § 98 GWB öffentlicher Auftraggeber ist, unter den Ausnahmetatbestand. Hingegen fällt die Arbeitnehmerüberlassung oder die sonstige vertragliche Gestellung von Personal nicht unter den Ausnahmetatbestand. Es handelt sich in der Regel vielmehr um einen ausschreibungspflichtigen Dienstleistungsauftrag2. b) Aufträge aufgrund eines internationalen Abkommens im Zusammen- 31 hang mit der Stationierung von Truppen, (lit. a). Der Ausnahmetatbestand beruht auf Art. 15 lit. b) der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 22 lit. b) der Richtlinie 2004/17/EG. Voraussetzung für die Freistellung vom Kartellvergaberecht ist zum einen, dass ein internationales Abkommen im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen (Streitkräften) existiert und dass zum anderen für die Vergabe von Aufträgen im Zusammenhang mit dieser Stationierung besondere Verfahrensregeln gelten. Dies ist etwa der Fall bei der Vergabe von Bauaufträgen im Bereich der gemeinsam finanzierten NATO-Infrastruktur, für die sich besondere Verfahrensregeln aus den dafür geltenden Richtlinien (Ri-NATO) ergeben3. Demgegenüber fallen Aufträge, die etwa nach dem Abkommen im Zu- 32 sammenhang mit der Stationierung von Truppen vom 3.8.1959 in der Fassung vom 18.3.19934 (ZA-NTS) von deutschen Behörden „im Namen und auf Rechnung der Bundesrepublik Deutschland“ vergeben werden, nicht unter den Ausnahmetatbestand, da es an besonderen Verfahrensregeln fehlt. Auftraggeber ist in diesem Fall vielmehr der Bund auf der Grundlage der allgemeinen kartellvergaberechtlichen Bestimmungen5. Wird der betreffende Auftrag hingegen nach dem ZA-NTS oder auch nach anderen Bestimmungen unmittelbar durch die Behörden ausländischer Truppen vergeben, findet das Kartellvergaberecht von vornherein

1 OLG Düsseldorf v. 8.5.2002 – Verg 5/02, NZBau 2002, 697. 2 VK Düsseldorf v. 11.2.2004 – VK 43/03; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 25. 3 Ebenso Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 27; Rövekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 25. 4 BGBl. 1994 II, S. 2594, 2598. 5 VK Bund v. 8.3.2006 – VK 1–07/06; VK Bund v. 20.12.2005 – VK 2–156/05 und 159/05; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 28.

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keine Anwendung, da es sich dabei nicht um einen öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 98 handelt1. 33 c) Gemeinsame Projekte aufgrund internationaler Abkommen mit Drittstaaten (lit. b). Der Ausnahmetatbestand beruht auf Art. 15 lit. a) der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 22 lit. a) der Richtlinie 2004/17/EG. Er bezieht sich auf von der Bundesrepublik Deutschland und NichtEWR-Staaten gemeinsam zu verwirklichende und zu tragende Projekte. Ebenso wie bei lit. a) (Rz. 31) ist Voraussetzung sowohl ein internationales Abkommen als auch die Existenz eigenständiger Verfahrensregeln zur Auftragsvergabe. Zu denken ist dabei etwa an internationale Infrastrukturprojekte aus dem Straßen-, Schienen- oder Leitungsbereich (z.B. internationale Pipeline-Verbindung) oder auch an die gemeinsame Gewinnung von Rohstoffen im Meeresraum. 34 Nach Art. 15 lit. a) Teilsatz 2 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 22 lit. a) Teilsatz 2 der Richtlinie 2004/17/EG sind der Kommission entsprechende Übereinkünfte mitzuteilen. 35 d) Aufträge aufgrund des besonderen Verfahrens einer internationalen Organisation (lit. c). Dieser auf Art. 15 lit. c) der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 22 lit. c) der Richtlinie 2004/17/EG beruhende Ausnahmetatbestand betrifft Vergaben auf der Grundlage besonderer Verfahren einer internationalen Organisation (mit Sitz in Deutschland z.B. europäische Patentorganisation, EPO; europäische Südsternwarte, ESO; europäisches Laboratorium für Molekularbiologie, EMBL; europäische Zentralbank, EZB)2. Es geht also nicht um Vergaben internationaler Organisationen als solcher, sondern um Aufträge, die durch öffentliche Auftraggeber i.S.v. § 98 GWB für eine internationale Organisation vergeben werden. Denn internationale Organisationen sind keine öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 98 GWB3. Für diese ist daher bereits der subjektive Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts nicht eröffnet, so dass es auf die besonderen Ausnahmetatbestände des Absatzes 2 gar nicht mehr ankommt4. 36 Vergibt ein Auftraggeber i.S.v. § 98 aufgrund des Verfahrens einer internationalen Organisation, z.B. der UN, einen Auftrag, setzt die Freistel1 Anders Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 28, der darauf abstellt, dass in diesem Fall besondere Verfahrensregeln i.S.v. § 100 Abs. 2 lit. a) vorliegen. 2 Ullrich, VergabeR 2002, 331. 3 Sterner in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 100 Rz. 16 m.w.N. 4 Anders wohl Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 30; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 551; wie hier Ullrich, VergabeR 2002, 331 (338 f.) (nur deklaratorische Bedeutung des § 100 Abs. 2 lit. c).

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lung vom Kartellvergaberecht voraus, dass für die Auftragsvergabe ein besonderes Verfahren geregelt ist. Ist dies nicht der Fall, verbleibt es – ebenso wie bei Absatz 2 lit. a) und lit. b) – bei der Anwendbarkeit des Kartellvergaberechts. e) Aufträge in geheimhaltungsbedürftigen oder sicherheitsrelevanten Be- 37 reichen (lit. d). Der Ausnahmetatbestand beruht auf Art. 14 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 21 der Richtlinie 2004/17/EG sowie auf Art. 346 AEUV (ex-Art. 296 EGV). Er wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu gegliedert und um lit. cc) ergänzt. Lit. d) enthält drei unterschiedliche selbständig nebeneinander stehende Tatbestände1. Da der neu eingeführte lit. cc) nach der Begründung des Gesetzentwurfs lediglich „besondere Beispielsfälle“2 beinhaltet, gilt dies auch nach Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes. Zu unterscheiden sind danach folgende Fälle: – Aufträge, die in Übereinstimmung mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland für geheim erklärt werden; – Aufträge, deren Ausführung nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordern; – Aufträge, bei denen der Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates es gebietet, von der Anwendung des Kartellvergaberechts abzusehen. aa) Für geheim erklärte Aufträge (lit. aa). Die Tatbestände der lit. aa) und 38 bb) beruhen auf Rechts- und Verwaltungsvorschriften des nationalen Rechts. Der Begriff der Verwaltungsvorschrift macht dabei deutlich, dass es sich nicht um Gesetze im formellen Sinne handeln muss. Dies ändert allerdings nichts daran, dass die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ihrerseits gemeinschaftsrechtskonform sein müssen, also insbesondere den Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts nur im Rahmen von Sinn und Zweck der Ausnahmetatbestände und dabei nicht über Gebühr einschränken dürfen. Gleichwohl bedarf es – anders als beim dritten Tatbestand der lit. dd) – grundsätzlich keiner Abwägung im Einzelfall, ob das Kartellvergaberecht Anwendung finden soll oder nicht, sofern die maßgebliche Rechts- oder Verwaltungsvorschrift nicht ihrerseits eine Einzelfallprüfung erforderlich macht. 1 OLG Düsseldorf v. 30.3.2005 – Verg 101/04, WuW 2005, 865. 2 BT-Drucks. 16/10117, S. 19.

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39 Inhaltlich geht es beim ersten Tatbestand um Geheimhaltungsinteressen des Auftraggebers, die der Sache nach auf dem Selbstorganisationsrecht1 der Mitgliedstaaten beruhen und insbesondere die wesentlichen Interessen der inneren und äußeren Sicherheit des Mitgliedstaates und seiner Untergliederungen umfassen. Diese sind daher auch richtungsweisend dafür, welche Bereiche durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften ganz oder teilweise für geheim erklärt werden und daher im Rahmen der nationalstaatlichen Beurteilungsprärogative dem Kartellvergaberecht entzogen werden dürfen2. In Betracht kommen dabei sowohl Liefer- und Dienstleistungsaufträge als auch Bauaufträge, wenn die betreffenden Bauleistungen besonderen Sicherheitsanforderungen genügen müssen (z.B. Gebäude für oberste Bundesbehörden, Gebäude des Bundesnachrichtendienstes u. ä.3). 39a Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Sinne der lit. aa) sind insbesondere das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfgungsgesetz – SÜG) bzw. die entsprechenden Gesetze der Länder und die darauf basierenden allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen – VSA (Rz. 41). Der Tatbestand der lit. aa) ist erfüllt, wenn eine der den formellen und materiellen Anforderungen der einschlägigen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften genügende Geheimerklärung vorliegt. Nach den Kategorien des § 4 Abs. 2 SÜG genügt als eine solche Geheimerklärung bereits die Einstufung als „VS – NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“. In materieller Hinsicht kann eine Geheimerklärung im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens nur darauf hin überprüft werden, ob der Auftraggeber die Grenzen des ihm insofern zustehenden Beurteilungsspielraums überschritten hat, insbesondere also bei der Geheimerklärung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen oder unsachgemäße Erwägungen zugrunde gelegt hat4. 40 bb) Besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordernde Aufträge (lit. bb). Der zweite Tatbestand bezieht sich auf Aufträge, deren Ausführung – wie es gleichlautend in Art. 14 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 21 der Richtlinie 2004/17/EG heißt – „nach den in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Rechts- oder Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheits1 S. hierzu insbesondere Art. 346 Abs. 1 lit. a) AEUV [ex-Art. 296 Abs. 1 lit. a) EGV]. 2 OLG Düsseldorf v. 30.3.2005 – Verg 101/04, WuW 2005, 865; s. etwa auch Karpenstein in Schwarze, EU-Kommentar, Art. 296 EGV Rz. 2. 3 OLG Düsseldorf v. 30.3.2005 – Verg 101/04, WuW 2005, 865. 4 Sterner in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 100 Rz. 18.

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maßnahmen erfordern“. Der Ausnahmetatbestand erfasst damit die sog. „gefährlichen Aufträge“, also Aufträge, bei deren Ausführung staatliche Sicherheitsinteressen in besonderem Maße gefährdet sind und dementsprechend staatlicherseits durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift besondere Sicherheitsmaßnahmen angeordnet werden, die bei der Ausführung des Auftrags einzuhalten sind. Rechts- oder Verwaltungsvorschriften in diesem Sinne sind – ebenso wie 41 nach lit. aa) (Rz. 39a) – etwa das Luftsicherheitsgesetz1 und insbesondere das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz – SÜG) und die entsprechenden Gesetze der Länder sowie die darauf basierenden allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VSA)2. Nach herrschender Auffassung ist für das Vorliegen des Ausnahmetat- 42 bestandes grundsätzlich ausreichend, wenn die Voraussetzungen der einschlägigen Rechts- oder Verwaltungsvorschrift erfüllt sind. Einer Abwägung im Einzelfall bedarf es nicht, es sei denn, die betreffende Vorschrift sieht sie selbst ausdrücklich vor3. Ist dies nicht der Fall, beschränkt sich die Nachprüfung darauf, ob eine (gemeinschaftsrechtskonforme) Vorschrift vorliegt, die besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert, und ob deren Voraussetzungen erfüllt sind4. Das OLG Düsseldorf vertritt hingegen in seiner jüngeren Rechtspre- 43 chung die Auffassung, dass nach Absatz 2 lit. d) 2. Variante im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen des Auftraggebers und den Interessen des Bieters erforderlich sei. Denn weder der Wortlaut noch die Ratio der Norm begründeten das Verständnis, der Gesetzgeber habe bei der Formulierung der 2. Alternative auf ein Abwägungselement verzichten wollen5. Dem ist zu widersprechen. Zum einen macht gerade 1 VK Bund v. 30.5.2008 – VK 1–48/08, ZfBR 2008, 603; VK Bund v. 12.12.2006 – VK 1–136/06. 2 OLG Düsseldorf v. 30.3.2005 – Verg 101/04, WuW 2005, 865; VK Bund v. 2.2.2006 – VK 2–02/06; Rövekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 31 f.; Gass/Ohle, ZfBR 2006, 655 ff.; Herrmann/Polster, NVwZ 2010, 341. 3 OLG Düsseldorf v. 30.3.2005 – Verg 101/04, WuW 2005, 865; Ziekow, VergabeR 2007, 711. 4 OLG Dresden v. 18.9.2009 – WVerg 3/09; OLG Düsseldorf v. 30.3.2005 – Verg 101/04, WuW 2005, 865; VK Bund v. 3.2.2006 – VK 1–01/06; s. auch EuGH v. 16.10.2003 – Rs. C-252/01 (Kommission/Belgien), Slg. 2003, I-11859; Gass/Ohle, ZfBR 2006, 655 (657); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 36. 5 OLG Düsseldorf v. 10.9.2009 – Verg 12/09, VergabeR 2010, 90; kritisch hierzu etwa Herrmann/Polster, NVwZ 2010, 341 (342 f.).

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der Wortlaut der Vorschrift deutlich, dass es für das Eingreifen des Ausnahmetatbestandes eines Überwiegens des Sicherheitsinteresses gegenüber den Interessen der Bieter nicht bedarf: Der Ausnahmetatbestand ist erfüllt, wenn bei der Durchführung des Auftrages aufgrund nationaler Rechts- oder Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen sind. Für eine Abwägung lassen diese Voraussetzungen keinen Raum. Zum anderen wäre lit. bb) bei dieser Lesart ein Unterfall von lit. dd) und somit ohne eigenständige Bedeutung. 44 cc) Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates (lit. dd). Der Tatbestand der lit. dd) bezieht sich auf Fälle, in denen der Schutz wesentlicher Interessen der (inneren und/oder äußeren1) Sicherheit des Staates es gebietet, von der Anwendung des Kartellvergaberechts abzusehen. Hier bedarf es anders als nach lit. aa) und bb) keiner besonderen Rechts- oder Verwaltungsvorschrift als Grundlage. Vielmehr ist eine Abwägung zwischen den Sicherheitsbelangen des Staates einerseits und den Interessen potentieller Bewerber um den öffentlichen Auftrag andererseits vorzunehmen2. Bei dieser Abwägung ist namentlich auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten3. Es muss sich um eine objektiv gewichtige Gefährdung handeln, da ansonsten der Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates kein Absehen von einem Vergabeverfahren gebietet. Können etwa einzelne Bestandteile der anzufragenden Gesamtleistung herausgelöst und im Wettbewerb vergeben werden, ohne berechtigte Sicherheitsbelange zu beeinträchtigen, ist dieser Weg zu wählen. Sollen nicht jedem beliebigen Unternehmen die Ausschreibungsunterlagen mit sicherheitsrelevanten Informationen zur Verfügung gestellt werden, sondern nur Unternehmen, die zuvor auf ihre Zuverlässigkeit hin geprüft wurden, kann es ausreichen, anstelle eines offenen Verfahrens ein nichtoffenes Verfahren durchzuführen und die erforderliche Prüfung der zur Angebotsabgabe aufzufordernden Bewerber im Rahmen der Präqualifikation durchzuführen4. Die Vergabestelle hat bei der Frage, welche Interessen im konkreten Fall überwiegen, einen Beurteilungsspielraum. Die vergaberechtliche Nachprüfung beschränkt sich daher darauf, ob die Vergabestelle für ihre Entscheidung nachvollziehbare Gründe anführt und ob sie die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten oder überschritten hat5. 1 OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – Verg 61/02, VergabeR 2004, 371; s. auch Boesen, NVwZ 2007, 1233 (1234). 2 OLG Dresden v. 18.9.2009 – WVerg 3/09. 3 OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – Verg 61/02, VergabeR 2004, 371. 4 Vgl. OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – Verg 61/02, VergabeR 2004, 371. 5 VK Bund v. 14.7.2005 – VK 3–55/05; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 31.

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Im Hinblick auf die teilweise sehr extensive Auslegung der Sicherheits- 45 interessen des Staates hat die EU-Kommission eine Auslegungsmitteilung veröffentlicht1, deren Ziel es ist, den Charakter des Art. 346 AEUV (ex-Art. 296 EGV) und damit mittelbar auch des Absatz 2 lit. d) als Ausnahmevorschrift deutlich zu machen. In dem Entwurf der Mitteilung wird verdeutlicht, dass die Kommission unter den Begriff der wesentlichen Interessen der Sicherheit nur ernsthafte Risiken für die wehrtechnischen Kernfähigkeiten eines Mitgliedstaates sieht, nicht hingegen bloße finanzielle oder ökonomische Interessen2. Dies schließt es ein, dass etwa der Einkauf konventioneller Ausrüstungsgegenstände von Polizei und Sicherheitskräften regelmäßig nicht unter Berufung auf den Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates vom Vergaberecht ausgeklammert werden kann. dd) Schutz wesentlicher Interessen der Sicherheit des Staates bei der 46 Beschaffung von Informationstechnik oder Telekommunikationsanlagen (lit. cc). In dem mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz eingefügten Tatbestand der lit. cc) sind – wie es in der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt – „besondere Beispielsfälle genannt, um deren hohe Sicherheitsrelevanz zu unterstreichen“3. Die Begründung verweist des Weiteren auf den „BSI-Leitfaden für die Beschaffung von IT-Sicherheitsprodukten“, welcher als Hilfestellung bei der Prüfung des Vorliegens einer Ausnahme nach lit. cc) dient. Im Übrigen wird in der Begründung klargestellt, dass über das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach lit. cc) aufgrund einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist. ee) Eingeschränkte Geltung des Zuschlagsverbotes. Nach § 115 Abs. 4 47 gelten für Aufträge nach Absatz 2 lit. d) besondere Regelungen hinsichtlich des Zuschlagsverbotes. Insofern wird auf die Kommentierung zu § 115 (Rz. 79 ff.) verwiesen. f) Aufträge im Verteidigungsbereich (lit. e). Die Gemeinschaftsregeln 48 für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich Verteidigung ist gewissermaßen dreigeteilt: Aufträge, die unter Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV fallen, sind von der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge ausgenommen. Aufträge, die nicht unter Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV fallen und bestimmte Bau-, Liefer- und 1 Mitteilung v. 7.12.2006 - KOM (2006) 779 endg.; s. auch Karpenstein in Schwarze, EU-Kommentar, Art. 296 EGV Rz. 12. 2 Ausführlich Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 34 ff. 3 BT-Drucks. 16/10117, S. 19.

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Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit zum Gegenstand haben, fallen unter die Richtlinie 2009/81/EG1, welche nach deren Art. 72 allerdings erst bis 21.10.2011 umzusetzen ist. Aufträge, die weder unter Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV fallen noch von der Richtlinie 2009/81/EG erfasst werden – hierzu zählen auch die vor deren Umsetzung vergebenen Aufträge – unterliegen den Richtlinien 2004/18/ EG bzw. 2004/17/EG. Dieser Vorrang der Regelungen des Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV und der Richtlinie 2009/81/EG ist in Art. 10 der Richtlinie 2004/18/EG sowie Art. 22a der Richtlinie 2004/17/EG verankert. 49 Absatz 2 lit. e) nimmt Aufträge von der Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB aus, die unter Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV fallen; Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV entspricht Art. 296 Abs. 1 lit. b) EGV in der Fassung des Vertrages von Nizza. Danach kann jeder Mitgliedstaat „die Maßnahmen ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen; diese Maßnahmen dürfen auf dem Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren nicht beeinträchtigen.“ 50 Die Waren, auf die Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV Anwendung findet, sofern nicht die zuletzt genannte Einschränkung gilt (dual-use-Produkte, die nicht allein zu militärischen Zwecken entwickelt und konstruiert worden sind2), sind vom Rat der Europäischen Gemeinschaft in einer Warenliste festgelegt, der sogenannten Kriegsmaterialliste vom 15.4.19583. Diese seither unveränderte Liste umfasst folgende Gegenstände: 1. Handfeuerwaffen, auch automatisch, wie Gewehre, Karabiner, Revolver, Pistolen, Maschinenpistolen und Maschinengewehre, mit Ausnahme von Jagdwaffen, Kleinkaliberpistolen und anderen Kleinkaliberwaffen mit einem Kaliber unter 7 mm. 2. Artilleristische Waffen, Nebel-, Gas- und Flammenwerfer wie a) Kanonen, Haubitzen, Mörser, Geschütze, Panzerabwehrwaffen, Raketenwerfer, Flammenwerfer, rückstoßfreie Kanonen, b) Kriegsgerät wie Nebel- und Gaswerfer. 1 ABl. Nr. L 217 v. 20.8.2009, S. 76; s. hierzu etwa Hertel/Schöning, NZBau 2009, 684; Wagner/Bauer, VergabeR 2009, 856. 2 S. BGH v. 23.11.1995 – 1 StR 296/95, NJW 1996, 1355; Karpenstein in Schwarze, EU-Kommentar, Art. 296 EGV Rz. 8. 3 Abgedruckt bei Karpenstein, Europäisches Exportkontrollrecht für Dual-useGüter, 377 ff.; s. auch Gabriel, VergabeR 2009, 380 (383 f.).

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3. Munition für die unter 1 und 2 genannten Waffen. 4. Bomben, Torpedos, Raketen und ferngesteuertes Kriegsgerät: a) Bomben, Torpedos, Granaten, einschl. Nebelgranaten, Rauchtöpfe, Raketen, Minen, ferngesteuertes Kriegsgerät, Wasserbomben, Brandbomben, b) Apparate und Vorrichtungen für militärische Zwecke, eigens konstruiert für die Handhabung, das Scharfmachen, die Entschärfung, die Detonation und den Nachweis der unter a) aufgeführten Geräte. 5. Feuerleitungsmaterial für militärische Zwecke: a) Flugbahnprüfungsgeräte, Infrarot-Zielgeräte und anderes Nachtzielmaterial b) Entfernungsmesser, Ortungsgeräte, Höhenmesser c) Elektronische, gyroskopische, optische und akustische Beobachtungsvorrichtungen d) Visiergeräte für Bombenabwurf und Höhenrichtwerke für Kanonen, Periskope für die in dieser Liste aufgeführten Geräte. 6. Panzerwagen und eigens für militärische Zwecke konstruierte Fahrzeuge: a) Panzerwagen b) Militärfahrzeuge, bewaffnet oder gepanzert, einschl. Amphibienfahrzeuge c) Panzerzüge d) Militärfahrzeuge (Halbkettenfahrzeuge) e) Militärfahrzeuge zur Reparatur von Panzerwagen f) Besonders für den Transport der unter 3 und 4 aufgeführten Munition konstruierte Anhänger. 7. Toxische oder radioaktive Wirkstoffe: a) biologische und chemische toxische Wirkstoffe und radioaktive Wirkstoffe zur Vernichtung von Menschen, Tieren oder Ernten im Kriegsfalle b) militärische Geräte zur Verbreitung, Feststellung und Identifizierung der unter a) aufgeführten Stoffe c) Material zum Schutz gegen die unter a) aufgeführten Stoffe. Diehr

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8. Pulver, Explosionsstoffe und flüssige oder feste Treibmittel: a) Pulver und flüssige oder feste Treibmittel, besonders für die unter 3, 4 und 5 aufgeführten Geräte entwickelt oder hergestellt b) Explosionsstoffe für militärische Zwecke c) Brandsätze und Geliermittel für militärische Zwecke 9. Kriegsschiffe und deren Sonderausrüstungen: a) Kriegsschiffe aller Art b) Sonderausrüstungen zum Minenlegen, Minensuchen und Minenräumen c) U-Bootnetze. 10. Luftfahrzeuge und ihre Ausrüstungen zu militärischen Zwecken. 11. Elektronenmaterial für militärische Zwecke. 12. Eigens für militärische Zwecke konstruierte Aufnahmeapparate. 13. Sonstige Ausrüstungen und sonstiges Material: a) Fallschirme und Fallschirmmaterial b) eigens zu militärischen Zwecken entwickeltes Material zum Überqueren von Wasserläufen, c) elektronisch betätigte Scheinwerfer zu militärischen Zwecken. 14. Teile und Einzelteile des in dieser Liste aufgeführten Materials, soweit sie einen militärischen Charakter haben. 15. Ausschließlich für die Entwicklung, Herstellung, Prüfung und Kontrolle der in dieser Liste aufgeführten Waffen, Munition und rein militärischen Geräte entwickelten Maschinen, Ausrüstungen und Werkzeuge. 51 Zu dieser Liste gibt es eine Interpretation der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1978 auf der Basis der damaligen technologischen Erkenntnisse. Diese Interpretation lautet wie folgt: 1. Leichte Rohwaffen wie: a) Gewehre, Karabiner, Revolver, Pistolen, Maschinenpistolen und Maschinengewehre mit Ausnahme von Jagdwaffen, Kleinkaliberpistolen und anderen Kleinkaliberwaffen mit einem Kaliber unter 7 mm, b) Maschinenwaffen für Feld- und Fliegerabwehrkanonen sowie zur Beschaffung von Land-, Luft- und Seefahrzeugen. 346

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2. Schwere Waffen wie: a) Kanonen, b) Haubitzen, c) Mörser, d) Leitgeschütze. 3. Werfer für jegliche Art von Raketen. 4. Startanlagen für jegliche Art von Flugkörpern. 5. Einbausätze, Lafettierungen, Richt- und Stabilisierungsanlagen sowie Ladeautomaten, Feuerleitmittel für die unter 1.–3. genannten Geräte. 6. Einbausätze, Lafettierungen und Lenkanlagen für die unter 4. genannten Geräte. 7. Munition, Raketen und Flugkörper für die unter 1.–4. genannten Waffen. 8. Bomben, Torpedos, Handgranaten, Minen und Pionierkampfmittel einschl. dazugehöriger Abwurf-, Ausstoß- und Abrolleinrichtungen. 9. Apparate und Vorrichtungen für militärische Zwecke, eigens konstruiert für die Handhabung, das Verlegen, Suchen, Scharfmachen und Entschärfen der unter 8. aufgeführten Geräte. 10. Komponenten zu lfd. Nr. 1.–6. 11. Komponenten zu lfd. Nr. 7 und 8 wie: a) Spreng- und Zündstoffe b) Pulver und Treibstoffe (fest oder flüssig) c) pyrotechnische Sätze, d) Zünder u.s.w. 12. Feuerleitmaterial für militärische Zwecke. a) Flugbahnprüfungsgeräte, Infrarot-Zielgeräte und anderes Nachtzielmaterial b) Entfernungsmesser, Ortungsgeräte, Höhenmesser c) elektronische gyroskopische, optische und akustische Beobachtungsvorrichtungen d) Visiergeräte für Bombenabwurf und Höhenvorrichtwerke für Kanonen, Periskope für die in dieser Liste aufgeführten Geräte Diehr

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e)

Feuerleitrechner, Datenverarbeitungs- und periphere Komponenten für Feuerleitung.

52 Unabhängig davon, dass diese nationale Liste zwischenzeitlich zumindest teilweise veraltet und überholt sein dürfte, kann eine derartige nationale Interpretation den Anwendungsbereich des EG-Vergaberechts nicht einschränken. Es handelt sich daher vielmehr nur um eine verwaltungsinterne Anweisung, die Dritte nicht binden kann und daher insbesondere für die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht verbindlich ist1. Nach Auffassung der EU-Kommission ist allerdings auch die Kriegsmaterialliste selbst keine geeignete Bezugsbasis für die Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 346 AEUV, da sie – wie es im Grünbuch „Beschaffung von Verteidigungsgütern“ heißt – „weder jemals offiziell veröffentlicht noch aktualisiert wurde“2. 53 Der Anwendungsbereich des Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV bezieht sich sowohl auf die Erzeugung von als auch auf den Handel mit Kriegsmaterial im Sinne der Kriegsmaterialliste und dementsprechend sowohl auf Liefer- als auch auf Dienstleistungen. Demgegenüber spielen Bauleistungen in der Regel keine Rolle, obgleich auch sie in den Anwendungsbereich des Absatzes 2 lit. e) fallen können. Für diesen wiederum ist die Auslegungsmitteilung der Kommission vom 7.12.2006 zur Anwendung von Art. 296 EGV (s. Rz. 45) von Bedeutung, aus der sich insbesondere ergibt, dass die Güter rein militärischen Zwecken dienen müssen. Dies folgt bereits aus Art. 346 Abs. 1 lit. b), 2. Halbsatz AEUV. Nach der Rechtsprechung des EuGH greift die Ausnahmevorschrift daher auch dann nicht, wenn eine Nutzung für militärische Zwecke beim Erwerb der Ausrüstungsgegenstände ungewiss ist3. 54 Hinzu kommt auch hier, dass die Ausnahmetatbestände des Absatzes 2 grundsätzlich eng auszulegen sind (Rz. 23). Dies hat etwa zur Folge, dass Polizeiausrüstungsgegenstände u. ä. von Absatz 2 lit. e) in der Regel nicht erfasst sind, da Vergaben im Bereich der inneren Sicherheit nicht unter Art. 346 Abs. 1 lit. b) AEUV fallen4.

1 S. etwa VK Bund v. 28.8.2000 – VK 1–21/00; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 37; s. auch Karpenstein in Schwarze, EU-Kommentar, Art. 296 EGV Rz. 7. 2 KOM (2004) 608 endg., S. 8. 3 EuGH v. 2.10.2008 – Rs. C-157/06 (Augusta-Hubschrauber), Slg. 2008, I-7312, Rz. 26. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 38.

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g) Aufträge von Sektorenauftraggebern auf Gebieten, auf denen sie selbst 55 tätig sind (lit. f). Nach Absatz 2 lit. f) findet der 4. Teil des GWB keine Anwendung auf Aufträge von Sektorenauftraggebern, die – bei Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung die Beschaffung von Wasser oder – bei Tätigkeiten auf dem Gebiet der Energieversorgung die Beschaffung von Energie oder von Brennstoffen zur Energieerzeugung zum Gegenstand haben. Der Ausnahmetatbestand beruht auf Art. 26 der Richtlinie 2004/17/EG. 56 Er wurde mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu gefasst. Vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes fand sich eine entsprechende Regelung in § 9 Abs. 5 VgV a.F. Die Begriffe „Trinkwasserversorgung“ und „Energieversorgung“ werden 57 in der Anlage zu § 98 Nr. 4 definiert. Zur Ausfüllung des Begriffs „Energie“ kann auf das Begriffsverständnis des Energiewirtschaftsrechts zurückgegriffen werden1, wonach hierunter Elektrizität und Gas zu fassen sind, soweit sie zur leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet werden (§ 3 Nr. 14 EnWG). Unter „Brennstoffen zur Energieerzeugung“ lassen sich alle Stoffe fassen, die in Sekundärenergie umgewandelt werden sollen. Hinsichtlich der Wassergewinnung ist Hintergrund für die Ausnahme- 58 bestimmung, dass sich der Auftraggeber aus Quellen versorgen muss, die in der Nähe des Verwendungsortes liegen, weshalb eine europaweite Ausschreibung nicht sachgerecht wäre2. Bezüglich der Beschaffung von Energie und von Brennstoffen rechtfertigt sich die Ausnahme dadurch, dass bestehende Lieferstrukturen, die in einzelnen Mitgliedstaaten monopolisiert waren und großteils noch sind, nicht angetastet werden sollen3. h) Aufträge an Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, die ein ausschließ- 59 liches Recht zur Leistungserbringung haben (lit. g). Gemeinschaftsrechtliche Grundlage dieses Ausnahmetatbestandes sind Art. 18 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 25 der Richtlinie 2004/17/EG. Er richtet sich von seinem subjektiven Anwendungsbereich her an alle öffentlichen 1 S. auch die Kommentierung zur Anlage zu § 98 Nr. 4, Rz. 15. 2 S. Erwägungsgrund 26 Satz 2 der Richtlinie 2004/17/EG: „Die Vergabevorschriften der Art, die für die Lieferaufträge vorgeschlagen wird, sind allerdings für die Beschaffung von Wasser ungeeignet angesichts der Notwendigkeit, sich aus in der Nähe des Verwendungsorts gelegenen Quellen zu versorgen.“ 3 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 100 GWB Rz. 18; ausführlich Prieß, DB 1998, 405 ff.

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Auftraggeber i.S.v. § 98. Gleichzeitig ist er jedoch auf die Fälle begrenzt, in denen eine Auftragsvergabe an Personen erfolgen soll, die ihrerseits Auftraggeber nach § 98 Nr. 1, 2 oder 3 sind. 60 Während Art. 18 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 25 der Richtlinie 2004/17/EG sich ausdrücklich nur auf Dienstleistungsaufträge beziehen, enthält § 100 Abs. 2 lit. g) eine derartige Beschränkung nicht. Da dies zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben widerspricht, ist der Ausnahmetatbestand gemeinschaftsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass er ebenfalls nur Dienstleistungsaufträge umfasst1. 61 Andererseits würde es nach den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen genügen, wenn sich das ausschließliche Recht zur Leistungserbringung, auf das sich der Ausnahmetatbestand stützt, aus einer veröffentlichten Rechts- oder Verwaltungsvorschrift ergibt. Demgegenüber ist es nach Absatz 2 lit. g) erforderlich, dass das ausschließliche Recht zur Leistungserbringung auf Gesetz oder Verordnung beruht. Die Gewährung des Rechts etwa durch eine kommunale Satzung oder eine Verwaltungsvorschrift oder gar durch Vertrag2 reicht nach nationalem Recht also nicht aus3. Diese Verschärfung gegenüber den Anforderungen der Richtlinien ist gemeinschaftsrechtlich zulässig und daher auch im Rahmen des nationalen Rechts verbindlich. 62 Der Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 lit. g) setzt – wie alle in § 100 Abs. 2 geregelten Ausnahmetatbestände – voraus, dass der Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts überhaupt eröffnet ist. Daher sind etwa In-House-Geschäfte (§ 99 Rz. 50) von vornherein nicht daran zu messen. Gleiches gilt, wenn kein öffentlicher Auftrag vergeben werden soll, sondern mehrere öffentliche Auftraggeber zur Aufgabenerfüllung gemeinsam auf der Grundlage einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung einen Zweckverband gründen, dem die betreffenden Aufgaben als solche übertragen werden4. Ist der Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts 1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 46; Rövekamp in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 45; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 566; Wagner in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 100 GWB Rz. 32; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 100 GWB Rz. 32. 2 S. insbesondere zu § 16 Abs. 1 Krw-/AbfG BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, NZBau 2002, 397; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 49. 3 Sterner in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 100 Rz. 35 m.w.N. 4 OLG Düsseldorf v. 21.6.2006 – Verg 17/06, NZBau 2006, 662; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 50.

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jedoch eröffnet, genügt es auch im Hinblick auf Absatz 2 lit. g) nicht, wenn die beabsichtigte Leistungserbringung auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages oder einer sonstigen Form der interkommunalen Zusammenarbeit vergeben werden soll, da in derartigen Fällen kein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht zur Leistungserbringung vorliegt1. Die Einräumung eines auf Gesetz oder Verordnung beruhenden aus- 63 schließlichen Rechts auf Leistungserbringung bedeutet, dass ein staatliches Monopol existieren muss. Der Ausnahmetatbestand beruht insofern auf dem Gedanken, dass in einem derartigen Fall ein Ausschreibungsverfahren nicht erforderlich ist, weil aus Rechtsgründen von vornherein nur ein Unternehmen in der Lage ist, die Leistung zu erbringen. Dabei genügt es, wenn dieses Ausschließlichkeitsrecht lediglich gegenüber dem betreffenden Auftraggeber wirkt. Hingegen ist es nicht notwendig, dass das zu beauftragende Unternehmen gegenüber jedermann eine Monopolstellung hat (relatives staatliches Monopol)2. Absatz 2 lit. g) ist seinerseits keine Ermächtigungsgrundlage dafür, ein 64 staatliches Monopol zu schaffen. Dieses muss vielmehr bereits im Zeitpunkt der Auftragserteilung bestehen3. Zugleich muss dieses staatliche Monopol mit den Anforderungen des nationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts, vor allem Art. 106 AEUV (ex-Art. 86 EGV), vereinbar sein4. i) Verträge über Erwerb, Miete oder sonstige Rechte an unbeweglichem 65 Vermögen (lit. h). Gemäß Absatz 2 lit. h) sind Verträge über den Erwerb oder Mietverhältnisse über oder Rechte an Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen vom Kartellvergaberecht freigestellt. Dies gilt ungeachtet ihrer Finanzierung (Rz. 69). Absatz 2 lit. h) beruht auf Art. 16 lit. h) der Richtlinie 2004/18/EG sowie Art. 24 lit. a) der Richtlinie 2004/17/EG. In den Erwägungsgründen beider Richtlinien5 wird darauf hingewiesen, dass derartige Verträge Merk1 OLG Düsseldorf v. 21.6.2006 – Verg 17/06, NZBau 2006, 662; OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – Verg 78/03, NZBau 2004, 398; OLG Naumburg v. 3.11.2005 – 1 Verg 9/05, NZBau 2006, 58; OLG Frankfurt/Main v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04 und 12/04, NZBau 2004, 692. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 48. 3 OLG Düsseldorf v. 5.5.2004 – Verg 78/03, NZBau 2004, 398; Jaeger, NZBau 2001, 6 (9). 4 EuGH v. 10.11.1998 – Rs. C-360/96 (Gemeente Arnhem/BFI), Slg. 1998, I-6821, Rz. 45; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 52. 5 Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgrund 33 der Richtlinie 2004/17/EG.

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male aufweisen, die die Anwendung von Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen unangemessen erscheinen lassen. Gemeint ist damit, dass die Beschaffung von Immobilien (unbeweglichem Vermögen) in Form von Erwerb oder Miete regelmäßig durch die Einmaligkeit des betreffenden Objekts, seine spezifische Lage u. ä. geprägt ist. Eine an Wirtschaftlichkeitskriterien orientierte Austauschbarkeit des Beschaffungsgegenstandes ist daher im Vergleich zu Waren und Dienstleistungen, die üblicherweise am Markt beschafft werden können, nicht gegeben1. 66 Absatz 2 lit. h) bezieht sich auf den Erwerb und die Anmietung von Immobilien durch öffentliche Auftraggeber i.S.v. § 98 GWB. Ergänzend dazu werden auch Rechte an Immobilien erfasst. Dazu gehören insbesondere Erbbaurechte und sonstige dingliche Rechte. 67 Soweit von vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen die Rede ist, geht es in der Regel um existierende bauliche Anlagen, die erworben oder gemietet werden sollen. Die Durchführung von Maßnahmen auf dem betreffenden Grundstück im Auftrag des öffentlichen Auftraggebers ist davon also nicht mit umfasst. Dies schließt die Fälle ein, in denen der Verkäufer oder Vermieter oder auch ein sonstiger Dritter eine bauliche Anlage gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen, also nach dessen Beschaffungsprofil, errichten soll, z.B. auf der Grundlage eines Bauträgervertrages. In derartigen Fällen handelt es sich gemäß § 99 Abs. 3 3. Alternative um einen Bauauftrag (§ 99 Rz. 97). Unter Absatz 2 lit. h) fällt es allerdings, wenn die zu erwerbende oder zu mietende bauliche Anlage zwar noch nicht existiert, jedoch der öffentliche Auftraggeber auf deren bauliche Gestaltung keinen oder jedenfalls keinen wesentlichen Einfluss nimmt2. Mietet also etwa ein öffentlicher Auftraggeber Büroräume in einem bereits genehmigten und in der Errichtung befindlichen Gebäude oder erwirbt er ein solches Gebäude in der Bauphase, unterfällt dies nicht dem Kartellvergaberecht, sofern er nicht zuvor bereits die Planung des Gebäudes in wesentlichen Punkten mitbestimmt oder dem Verkäufer bzw. Bauherrn konkrete Vorgaben dazu gemacht hat, wie ein von ihm zu erwerbendes bzw. anzumietendes Gebäude auszusehen hat3.

1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 55. 2 Dreher, NZBau 2009, 542 (543f); s. auch EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-536/07 (Köln Messe), NZBau 2009, 792, Rz. 55. 3 Vgl. VK Südbayern v. 22.5.2003 – 17–04/03; VK Lüneburg v. 8.3.2004 – 203-VgK-03/04, BauR 2004, 1051.

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Nicht unter Absatz 2 lit. h) fallen des Weiteren Verträge über den Erwerb 68 oder die Anmietung von auf einem Grundstück befindlichen Containern oder provisorischen Gebäuden (fliegende Bauten)1. In derartigen Fällen handelt es sich weder um Gebäude noch um sonstiges unbewegliches Vermögen, sondern allenfalls um Scheinbestandteile i.S.v. § 95 BGB, deren Erwerb oder Miete nicht von Absatz 2 lit. h) gedeckt ist. Ebenfalls nicht unter Absatz 2 lit. h) fallen Finanzierungsgeschäfte. Dies 69 gilt unabhängig davon, ob sie dem Erwerb oder der Anmietung einer Immobilie dienen und auch unabhängig davon, ob sie mit einem solchen Erwerb oder einer solchen Anmietung verbunden sind. Für Finanzierungsgeschäfte ist daher das Kartellvergaberecht anwendbar, soweit nicht der Ausnahmetatbestand gemäß Absatz 2 lit. m) eingreift (Rz. 79 ff.). Dies wird insbesondere auch durch den Wortlaut der durch Absatz 2 lit. h) in nationales Recht umgesetzten Richtlinienbestimmungen verdeutlicht, aus denen sich ergibt, dass „Finanzdienstleistungsverträge jeder Form, die gleichzeitig, vor oder nach dem Kauf- oder Mietvertrag abgeschlossen werden“, unter die Richtlinienbestimmungen fallen. j) Aufträge von Sektorenauftraggebern, die nicht im Zusammenhang mit 70 einer Sektorentätigkeit stehen (lit. i). Der Ausnahmetatbestand wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu gefasst. Eine entsprechende Regelung war bis dahin in § 9 Abs. 2 VgV a.V. enthalten. Gemeinschaftsrechtliche Grundlage der Vorschrift ist Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG. Danach gilt die Richtlinie nicht für Aufträge, die Auftraggeber zu anderen Zwecken als der Durchführung der Sektorentätigkeiten vergeben. Der Ausnahmetatbestand steht in sachlichem Zusammenhang mit § 1 71 Abs. 1 Satz 2 SektVO. Darin ist bestimmt, dass die Verordnung lediglich auf die Vergabe solcher Aufträge Anwendung findet, die im Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeiten stehen. Ist dies nicht der Fall und der Auftraggeber lediglich Auftraggeber nach § 98 Nr. 4, besteht somit keine Verpflichtung zur Anwendung der materiellen Vergaberegeln der Sektorenverordnung oder der Vergabeverordnung i.V.m. den Abschnitten 2 der VOB/A oder VOL/A bzw. der VOF. Ohne Weiteres bliebe der Auftraggeber allerdings auch bei nicht in den Anwendungsbereich der Sektorenverordnung fallenden Vergaben an die Vergaberegeln des GWB gebunden und dem spezifischen Vergaberechtsschutz der §§ 107 ff. GWB unterwor1 VK Hessen v. 24.3.2004 – 69d-VK-09/2004; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 56; Rövekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 49.

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fen. Dies wird durch Absatz 2 lit. i) verhindert. Die Vorschrift gewährleistet damit für öffentliche Auftraggeber, die ausschließlich unter § 98 Nr. 4 GWB fallen, einen Gleichlauf zwischen der Anwendbarkeit der Sektorenverordnung und der Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB. 72 Die somit sowohl für Absatz 2 lit. i) als auch für § 1 Abs. 1 Satz 2 SektVO zentrale und für beide Vorschriften entsprechend zu beantwortende Frage ist die Abgrenzung zwischen Sektorentätigkeiten und Nichtsektorentätigkeiten. Hierfür ist entscheidend, ob ein innerer Zusammenhang mit der Sektorentätigkeit besteht, indem diese Tätigkeit durch den Auftrag ermöglicht, erleichtert oder gefördert wird1. Besteht ein solcher Zusammenhang sowohl mit einer Sektorentätigkeit als auch mit einer sonstigen Tätigkeit ist nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG der Hauptgegenstand des Auftrages entscheidend. Ist ein solcher nicht feststellbar und fällt eine der mit dem Auftrag in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/17/EG und eine andere Tätigkeit in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/ EG, ist der Auftrag nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17/EG gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 2004/18/EG zu vergeben. Dient ein Auftrag sowohl einer in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/17/ EG fallenden Tätigkeit als auch einer weder in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie noch der Richtlinie 2004/18/EG fallenden Tätigkeit, so ist der Auftrag, wenn sich keine Haupttätigkeit bestimmen lässt, nach Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 2004/17/EG zu vergeben2. 73 k) Aufträge über Kauf, Entwicklung, Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen und Sendungen (lit. j). Der Ausnahmetatbestand wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu gefasst. Damit erfolgte eine Anpassung an die Formulierung des Art. 16 lit. b) der Richtlinie 2004/18/EG3. 74 Der Hintergrund der Regelung ist in Erwägungsgrund 25 der Richtlinie erläutert. Darin heißt es, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge über bestimmte audiovisuelle Dienstleistungen im Fernseh- und Rundfunk-

1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 98 Rz. 170; Rövekamp in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 51; ähnlich Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 30. 2 Schranner in Ingenstau/Korbion, Handkommentar zur VOB, § 1 SektVO Rz. 18 ff. 3 BT-Drucks. 16/10117, S. 20.

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bereich1 besondere kulturelle und gesellschaftspolitische Erwägungen berücksichtigt werden können, die die Anwendung von Vergabevorschriften unangemessen erscheinen lassen. Aus diesen Gründen müsse eine Ausnahme für die öffentlichen Dienstleistungsaufträge vorgesehen werden, die den Ankauf, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion gebrauchsfertiger Programme sowie andere Vorbereitungsdienste zum Gegenstand haben, wie z.B. Dienste im Zusammenhang mit den für die Programmproduktion erforderlichen Drehbüchern oder künstlerischen Leistungen sowie Aufträge betreffend die Ausstrahlungszeit von Sendungen, wobei als Sendung die Übertragung und Verbreitung durch jegliches elektronisches Netzwerk gelten solle. Die Ausnahmeregelung gelte jedoch nicht für die Bereitstellung des für die Produktion, die Koproduktion und die Ausstrahlung dieser Programme erforderlichen technischen Materials. Diese restriktive Auslegung des Ausnahmetatbestandes hat der EuGH in 75 seiner Entscheidung „Bayerischer Rundfunk“ bestätigt2. Die Beschaffung etwa von Sendetechnik wird somit vom Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 lit. j) nicht erfasst3. l) Aufträge zur Ermöglichung der Bereitstellung von Telekommunikati- 76 onsdienstleistungen für die Öffentlichkeit (lit. k). Der Ausnahmetatbestand wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu gefasst. Er entspricht damit fast wörtlich Art. 13 der Richtlinie 2004/18/ EG. Hierzu heißt es in Erwägungsgrund 21 der Richtlinie: „Da infolge der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur Liberalisierung des Telekommunikationssektors auf den Telekommunikationsmärkten inzwischen wirksamer Wettbewerb herrscht, müssen öffentliche Aufträge in diesem Bereich aus dem Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie ausgeklammert werden, sofern sie allein mit dem Ziel vergeben werden, den Auftraggebern bestimmte Tätigkeiten auf dem Telekommunikationssektor zu ermöglichen.“ Der Ausnahmetatbestand beruht somit auf der Annahme, dass öffent- 77 liche Auftraggeber, sofern sie Leistungen im Wettbewerb erbringen wollen, auch bei der Beschaffung der hierfür erforderlichen Vorleistungen nach wettbewerblichen Grundsätzen handeln, so dass es insofern keiner 1 Zur Qualifizierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 s. § 98 Rz. 75 ff. 2 S. hierzu auch EuGH v. 13.12.2007 – Rs. C-337/06 (Bayerischer Rundfunk), Slg. 2007, I-11173, Rz. 61 ff. 3 Rövekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 55.

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vergaberechtlichen Bindungen bedarf. Dementsprechend werden Aufträge zur Ermöglichung von Telekommunikationsdiensten, die nicht gegenüber der Öffentlichkeit angeboten werden, sondern ganz oder überwiegend etwa der Kommunikation zwischen Behörden oder Dienststellen dienen sollen, von Absatz 2 lit. k) nicht erfasst. 78 m) Aufträge über Schiedsgerichts- und Schlichtungsleistungen (lit. l). Die Nichtanwendbarkeit des Kartellvergaberechts auf Schiedsgerichtsund Schlichtungsleistungen beruht auf Art. 16 lit. c) der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 24 lit. b) der Richtlinie 2004/17/EG. Begründet wird dies im 26. bzw. im 34. Erwägungsgrund der Richtlinien damit, dass derartige Leistungen normalerweise von Organisationen oder Personen übernommen werden, deren Bestellung oder Auswahl in einer Art und Weise erfolgt, die sich nicht nach Vergabevorschriften für öffentliche Aufträge richten kann. Gemeint ist damit, dass bei der Auswahl von Schiedsrichtern und Schlichtern als „gerichtsähnlichen Instanzen“ weniger wirtschaftliche Gründe maßgeblich sind als vielmehr deren Sach- und Fachkunde, besondere Anerkennung und persönliche Integrität. Derartige Anforderungen sind einem wettbewerblichen Verfahren, das darauf gerichtet sein soll, das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln, nur begrenzt zugänglich. Zu den von Absatz 2 lit. l) umfassten Leistungen gehören neben denjenigen als Schiedsrichter oder Schlichter auch die Sachverständigenleistungen im Rahmen eines Schiedsgutachtens oder als Grundlage für die Erstellung eines solchen Gutachtens. 79 n) Aufträge über finanzielle Dienstleistungen (lit. m). Nach Absatz 2 lit. m) sind finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten sowie Dienstleistungen der Zentralbanken vom Kartellvergaberecht ausgenommen. Grundlage ist Art. 16 lit. d) der Richtlinie 2004/18/EG sowie Art. 24 lit. c) der Richtlinie 2004/17/EG. Beide Richtlinien stellen dabei klar, dass es mit Ausnahme der Dienstleistungen der Zentralbanken insbesondere um Geschäfte geht, die der Geld- oder Kapitalbeschaffung der öffentlichen Auftraggeber dienen. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde die auf das Vergaberechtsänderungsgesetz zurückgehende Formulierung des Absatzes 2 lit. m), in der diese Klarstellung fehlte, entsprechend ergänzt. 80 Der Begriff „Dienstleistungen der Zentralbanken“ meint Dienstleistungen der Deutschen Bundesbank und ihrer Hauptverwaltungen (§ 8 BBankG) für öffentliche Auftraggeber. Nicht umfasst sind demgegenüber die Dienstleistungen der Landesbanken und Sparkassen. Im Einzelnen 356

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sind die freigestellten Tätigkeiten im 4. und 5. Abschnitt des Bundesbankgesetzes geregelt1. Für den Begriff der Wertpapiere, für die finanzielle Dienstleistungen im 81 Zusammenhang mit deren Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung vom Kartellvergaberecht freigestellt sind, ist auf die Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 18 der Finanzmarktrichtlinie (Richtlinie 2004/39/EG vom 21.4.20042) abzustellen3. Unter den Begriff der Wertpapiere fallen danach Aktien und andere, Aktien gleichzustellende Wertpapiere, Schuldverschreibungen und sonstige verbriefte Schuldtitel, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, und alle anderen üblicherweise gehandelten Titel, die zum Erwerb solcher Wertpapiere durch Zeichnung oder Austausch berechtigen oder zu einer Barzahlung führen. Ausgenommen sind dabei Zahlungsmittel im eigentlichen Sinne. Es geht also ausschließlich um übertragbare und fungible Papiere4. Zur Bestimmung des Begriffs der anderen Finanzinstrumente, die gemäß 82 Absatz 2 lit. m) vom Kartellvergaberecht freigestellt sind, kann auf die Definitionen in Art. 3 Nr. 1 lit. e) der Kapitaladäquanzrichtlinie (Richtlinie 2006/49/EG vom 14.6.20065) und in Art. 4 Nr. 17 der Finanzmarktrichtlinie i.V.m. Anhang I Abschnitt C dieser Richtlinie abgestellt werden. Zu den anderen Finanzinstrumenten zählen danach Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen, Geldmarktinstrumente, Finanzterminkontrakte, Zinsterminkontrakte, Zins- und Devisenswaps sowie Swaps auf Aktien und Aktienindexbasis6. Die in der Vergangenheit strittige Frage, ob zu den anderen Finanzinstru- 83 menten auch nichtverbriefte Schuldtitel zählen, ob also insbesondere auch die Aufnahme einfacher Darlehen unter Absatz 2 lit. m) fällt, hat sich mit Inkrafttreten der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG erledigt. Denn mit Art. 16 lit. d) der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 24 lit. c) der Richtlinie 2004/17/EG wurde klargestellt, dass sich die Freistellung auf alle Finanzinstrumente beziehen kann, die insbesondere der Geldoder Kapitalbeschaffung der öffentlichen Auftraggeber dienen. Dass diese 1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 94. 2 ABl. Nr. L 145, S. 1 ff. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 72 ff.; Hailbronner in Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 576; Röwekamp in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 64. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 72. 5 ABl. Nr. L 177, S. 201 ff. 6 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 78 ff.; Hailbronner in Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 576.

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Klarstellung bei der Interpretation von Absatz 2 lit. m) zu berücksichtigen ist, entsprach schon bislang herrschender Meinung1. Mit der Übernahme dieser Klarstellung in den Gesetzestext durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde dies nochmals bekräftigt. Damit fällt im Ergebnis jede Form der verbrieften oder nicht verbrieften Kreditaufnahme (Gelddarlehen jeder Art, Diskontierung von Schecks und Wechseln, Stundung von Forderungen, Bürgschaften, Garantien und Beteiligungen) unter den Begriff der sonstigen Finanzinstrumente i.S.v. Absatz 2 lit. m). 84 Absatz 2 lit. m) bezieht sich nicht nur auf die Ausgabe, den Verkauf, den Ankauf oder die Übertragung von Wertpapieren oder auf andere Finanzinstrumente als solche, sondern auf sämtliche finanzielle Dienstleistungen, die mit diesen Tätigkeiten im Zusammenhang stehen. Dies entspricht auch dem Wortlaut von Art. 16 lit. d) der Richtlinie 2004/18/EG und von Art. 24 lit. c) der Richtlinie 2004/17/EG. Im Hinblick darauf, dass Ausnahmetatbestände zum Kartellvergaberecht grundsätzlich eng auszulegen sind (Rz. 23), genügt nicht jedweder denkbare Kausalzusammenhang. Notwendig ist vielmehr, dass ein unmittelbarer Sachzusammenhang besteht. Es muss sich also insbesondere um eine finanzielle Dienstleistung handeln. Dies schließt dann allerdings sämtliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Aus- und Durchführung derartiger Geschäfte ein. Umfasst sind auch begleitende sowie vorbereitende Beratungen zur Ausgabe, zum Verkauf, zum Ankauf oder zur Übertragung von Wertpapieren sowie zum Einsatz anderer Finanzinstrumente insbesondere zur Geld- oder Kapitalbeschaffung eines öffentlichen Auftraggebers2. 85 o) Aufträge über Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen (lit. n). Auch Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen sind vom Kartellvergaberecht freigestellt. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Ergebnisse einer derartigen Dienstleistung ausschließlich Eigentum des öffentlichen Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit werden und die Dienstleistung vollständig durch den Auftraggeber vergütet wird. In einem solchen Fall handelt es sich um

1 Ausführlich Stickler, VergabeR 2008, 117; im Ergebnis ebenso Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 90; Otting in Bechtold, GWB, § 100 Rz. 24. 2 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 65; Hailbronner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 578; enger Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 92, der vorbereitende Tätigkeiten als nicht von dem Ausnahmetatbestand umfasst ansieht; ähnlich Stewen, ZfBR 2008, 146.

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einen konventionellen Dienstleistungsauftrag, der den allgemeinen Bestimmungen des Kartellvergaberechts unterfällt. Der Ausnahmetatbestand entspricht Art. 16 lit. f) der Richtlinie 2004/ 86 18/EG und Art. 23 lit. e) der Richtlinie 2004/17/EG. Der 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18/EG und der 37. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/17/EG weisen ergänzend darauf hin, dass nach Art. 163 EGV (= Art. 179 AEUV) die Unterstützung der Forschung und technologischen Entwicklung dazu beitrage, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der Industrie der Gemeinschaft zu stärken. Die Mitfinanzierung von Forschungsprogrammen soll daher nicht unter die Anforderungen des europäischen Vergaberechts fallen. Ziel von Forschungs- und Entwicklungsaufträgen ist die Gewinnung 87 neuer Erkenntnisse. Die Vorschrift erstreckt sich sowohl auf die Grundlagenforschung als auch die angewandte Forschung. Entsprechendes gilt für den Bereich der Entwicklung1. Der vergleichsweise weit gefasste Ausnahmetatbestand des § 100 Abs. 2 88 lit. n) wird durch eine in der Regelung selbst enthaltene Rückausnahme eingeschränkt. Diese setzt zunächst voraus, dass die beauftragte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistung vollständig durch den Auftraggeber vergütet wird. Maßstab sind dabei die marktüblichen Bedingungen für die Erbringung derartiger Leistungen. Bewegt sich die Zahlung des öffentlichen Auftraggebers unter der marktüblichen Höhe, verbleibt es dabei, dass die betreffende Forschungs- oder Entwicklungsdienstleistung vom Kartellvergaberecht freigestellt ist. Zu beachten bleiben allerdings ggf. die einschlägigen beihilfenrechtlichen Anforderungen. Im Weiteren setzt die in Absatz 2 lit. n) enthaltene Rückausnahme vo- 89 raus, dass die Ergebnisse der Dienstleistung ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für dessen Gebrauch bei der Ausübung seiner Tätigkeit werden. Der Begriff des Eigentums ist dabei nicht im streng zivilrechtlichen Sinne zu verstehen. Gemeint ist vielmehr, dass dem öffentlichen Auftraggeber das ausschließliche Nutzungsrecht an den Forschungs- und Entwicklungsergebnissen zustehen muss2. Auch die Voraussetzung, dass die Ergebnisse der Forschungs- oder Ent- 90 wicklungsdienstleistungen durch den öffentlichen Auftraggeber bei der Ausübung seiner Tätigkeit gebraucht werden, ist eher weit zu verstehen. 1 BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 25/02, NZBau 2003, 634. 2 BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 25/02, NZBau 2003, 634; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 98.

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So ist die Voraussetzung auch dann erfüllt, wenn die Ergebnisse nicht nur dem öffentlichen Auftraggeber, sondern auch der Allgemeinheit zugute kommen. Denn dies ist bei Tätigkeiten öffentlicher Auftraggeber regelmäßig der Fall (z.B. bei der historischen Erkundung von Verdachtsstandorten von Rüstungsaltlasten, die von einem öffentlichen Auftraggeber beauftragt wurde1). Auch ist es ohne Bedeutung, ob der öffentliche Auftraggeber Forschungs- oder Entwicklungsergebnisse, an denen er ein alleiniges Nutzungsrecht hat und die von ihm vollständig vergütet wurden, der Öffentlichkeit zur Kenntnis gibt. Denn dies hebt weder die ausschließliche Verfügungsbefugnis des Auftraggebers noch den Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit auf2. 91 p) Aufträge an verbundene Unternehmen im Sektorenbereich (lit. o). Die Ausnahmetatbestände des Absatzes 2 lit. o) sind durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz eingeführt worden. Eine Vorgängerregelung fand sich in Absatz 2 lit. i) der bis zum Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetz geltenden Fassung i.V.m. § 10 VgV a.F. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz sollte diese Regelung vollständig im GWB verankert und zudem an Art. 23 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/17/EG angepasst werden3. Diese Anpassung erfolgte insbesondere im Hinblick darauf, dass der Ausnahmetatbestand bis dahin – entsprechend der Vorgängerrichtlinie – lediglich Dienstleistungsaufträge erfasste, die Richtlinie 2004/17/EG jedoch eine Erweiterung der Ausnahmeregelung auf alle Auftragsarten, also auch auf Bau- und Lieferaufträge erlaubte4. 92 Absatz 2 lit. o) nimmt unter bestimmten Voraussetzungen Auftragsvergaben an verbundene Unternehmen im Sektorenbereich vom Anwendungsbereich des Vergaberechts aus. Die Regelung statuiert damit ein Konzernprivileg5, das sich dadurch rechtfertigt, dass in größeren Konzernen oftmals bestimmte Dienstleistungen für den Gesamtkonzern von einem Konzernunternehmen erbracht werden. Dieses wird wirtschaftlich gesehen wie eine unselbständige Abteilung des Auftraggebers tätig, weshalb es gerechtfertigt ist, Aufträge zwischen solchen Unternehmen dem Anwendungsbereich des Vergaberechts zu entziehen6. Die von Ab1 2 3 4

BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 25/02, NZBau 2003, 634. BayObLG v. 27.2.2003 – Verg 25/02, NZBau 2003, 634. BT-Drucks. 16/10117, S. 20. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 60; Otting in Bechtold, GWB, § 100 Rz. 18; Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 36. 5 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 100 GWB Rz. 25. 6 Vgl. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 59.

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satz 2 lit. o) erfassten Geschäfte weisen damit gewisse Ähnlichkeiten zu den sog. In-House-Geschäften (s. § 99 Rz. 50 ff.) auf. Absatz 2 lit. o) unterscheidet zwischen Auftragsvergaben von Sektoren- 93 auftraggebern an mit ihnen verbundene Unternehmen (lit. aa) und Auftragsvergaben von gemeinsamen1, von mehreren Sektorenauftraggebern gebildeten Unternehmen an mit einem dieser Auftraggeber verbundene Unternehmen (lit. bb). Hinsichtlich des Begriffs der verbundenen Unternehmen verweist die 94 Vorschrift auf § 36 Abs. 2 und 3 GWB der wiederum an den Begriffen des abhängigen und des herrschenden Unternehmens nach § 17 AktG und des Konzerns und der Konzernunternehmen nach § 18 AktG anknüpft. Entscheidend ist danach, ob zwischen dem Sektorenauftraggeber und dem Unternehmen die Möglichkeit der Beherrschung bzw. eine einheitliche Leitung besteht2. Gemeinsame Voraussetzung beider Alternativen ist weiterhin, dass min- 95 destens 80 % des von dem (zu beauftragenden) verbundenen Unternehmen während der letzten drei Jahre in der Europäischen Union erzielten durchschnittlichen Umsatzes im entsprechenden Liefer- oder Bau- oder Dienstleistungssektor aus der Erbringung dieser Lieferungen oder Leistungen für den mit ihm verbundenen Auftraggeber stammen. Umsätze, die außerhalb der Europäischen Union erzielt worden sind, bleiben damit außer Betracht. Gleiches gilt für Umsätze, die in einem anderen Sektor als demjenigen angefallen sind, dem der fragliche Auftrag zuzurechnen ist. Nicht entscheidend ist weiterhin, ob und in welchem Umfang das Unternehmen in der Vergangenheit Umsätze mit dem konkret in Rede stehenden Auftraggeber erzielt hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das beauftragte Unternehmen die 80 %-Schwelle mit Geschäften erreicht, die es insgesamt mit verbundenen Unternehmen getätigt hat3. Sofern das Unternehmen noch keine drei Jahre besteht, ist nach den 96 gleichen Grundsätzen eine Prognose über den in den ersten drei Jahren seines Bestehens wahrscheinlich zu erzielenden Umsatz anzustellen. Soweit die gleichen oder gleichartige Dienstleistungen von mehr als einem mit dem Auftraggeber verbundenen Unternehmen erbracht werden, ist 1 Hinsichtlich des Begriffs des Gemeinsamen Unternehmens kann auf § 310 HGB zurückgegriffen werden, Rövekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 74. 2 Vgl. hierzu Greb, VergabeR 2009, 140 (145). 3 Sterner in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 100 Rz. 49; Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 38.

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der Umsatz, den diese auf dem Dienstleistungssektor in der Europäischen Gemeinschaft erzielen, zusammenzurechnen. 97 q) Aufträge zwischen gemeinsamen Unternehmen und Sektorenauftraggebern (lit. p). Wie Absatz 2 lit. o) ist auch Absatz 2 lit. p) durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz eingeführt worden. Gemeinschaftsrechtliche Grundlage der Vorschrift ist § 23 Abs. 4 der Richtlinie 2004/ 17/EG. Eine der ersten Alternative der Vorschrift (lit. aa) entsprechende Vorgängerregelung findet sich in § 10 VgV a.F. i.V.m. Absatz 2 lit. i) der bis zum Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes geltenden Fassung. So umfasste § 10 Abs. 1 Nr. 2 VgV a.F. Dienstleistungsaufträge, „die ein gemeinsames Unternehmen, das mehrere Auftraggeber zur Durchführung von Tätigkeiten im Sinne des § 8 gebildet haben, an einen dieser Auftraggeber oder an ein Unternehmen vergibt, das mit einem dieser Auftraggeber verbunden ist“. Die erste dieser Tatbestandsvarianten (Vergabe eines Auftrages durch ein gemeinsames, von mehreren Sektorenauftraggebern gebildetes Unternehmen an ein mit einem dieser Auftraggeber verbundenes Unternehmen) ist mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz in Absatz 2 lit. o) bb) verankert worden. Die zweite Tatbestandsvariante des § 10 Abs. 1 Nr. 2 VgV a.F. findet sich nunmehr – wie Absatz 2 lit. o) erweitert auf alle Auftragsarten (s. Rz. 91) – in Absatz 2 lit. p) aa). Absatz 2 lit. p) bb) hat im bisherigen deutschen Recht keine Vorgängervorschrift. 98 Absatz 2 lit. p) aa) erfasst den Fall, dass ein gemeinsames Unternehmen, das von mehreren Sektorenauftraggebern ausschließlich zur Durchführung entsprechender Sektorentätigkeiten gebildet worden ist, einen Auftrag an einen dieser Auftraggeber vergibt. Absatz 2 lit. p) bb) betrifft hingegen den Fall, dass ein Sektorenauftraggeber einen Auftrag an ein solches gemeinsames Unternehmen vergibt, an dem er beteiligt ist. 99 Gemeinsame Voraussetzung beider Tatbestandsvarianten ist, dass das gemeinsame Unternehmen errichtet wurde, um die betreffende Tätigkeit während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren durchzuführen. Zudem muss in dem Gründungsakt festgelegt werden, dass die dieses Unternehmen bildenden Auftraggeber dem Unternehmen ebenfalls zumindest für drei Jahre angehören werden. 100 r) Aufträge außerhalb des Gebietes der Europäischen Union (lit. q). Der durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz in § 100 eingeführt Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 lit. q) entspricht § 9 Abs. 3 VgV a.F. Gemeinschaftsrechtliche Grundlage der Vorschrift ist Art. 20 Abs. 1 2. Alternative der Richtlinie 2004/17/EG. Danach gilt die Richtlinie nicht für Aufträge, die zur Durchführung einer Sektorentätigkeit in einem 362

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Drittland in einer Weise vergeben werden, die nicht mit der physischen Nutzung eines Netzes oder geografischen Gebiets in der Gemeinschaft verbunden ist. Der Ausnahmetatbestand erfasst damit nur Sektorentätigkeiten, die sich auf das Bereitstellen, Betreiben oder Versorgen von Netzen bzw. Anlagen beziehen, welche sich außerhalb des Gebietes der Europäischen Union befinden und dort eigenständig betrieben und unterhalten werden1. s) Aufträge zum Zwecke der Weiterveräußerung oder Weitervermietung 101 (lit. r). Der ebenfalls durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz in § 100 eingeführt Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 lit. r) entspricht § 9 Abs. 4 VgV a.F. Gemeinschaftsrechtliche Grundlage der Vorschrift ist Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG. Absatzes 2 lit. r) sieht eine Ausnahme für Aufträge vor, die zum Zweck 102 der Weiterveräußerung oder Weitervermietung an Dritte vergeben werden. Demnach unterliegt ein Sektorenauftraggeber nicht dem 4. Teil des GWB, wenn er Gegenstände anschafft, um sie an Dritte weiterzuveräußern oder -zuvermieten. Die Weiterveräußerung bzw. -vermietung muss sich unmittelbar auf den Gegenstand des fraglichen Auftrages beziehen. Der Ausnahmetatbestand greift daher nicht ein, wenn der Auftraggeber beabsichtigt, den Beschaffungsgegenstand vor der Weitergabe zu be- oder verarbeiten2. Voraussetzung ist weiterhin, dass der Auftraggeber kein besonderes oder 103 ausschließliches Recht zum Verkauf oder zur Vermietung des Auftragsgegenstands besitzt und andere Unternehmen die Möglichkeit haben, diese Waren unter gleichen Bedingungen wie der betreffende Auftraggeber zu verkaufen oder zu vermieten. Insofern ähnelt der Ausnahmetatbestand der Vorschrift des Absatzes 2 lit. k) (s. Rz. 77). So liegt auch dieser Voraussetzung die Annahme zugrunde, dass öffentliche Auftraggeber, sofern sie Leistungen im Wettbewerb erbringen, auch bei der Beschaffung der hierfür erforderlichen Vorleistungen nach wettbewerblichen Grundsätzen handeln, so dass es insofern keiner vergaberechtlichen Bindungen bedarf. Der Absatz 2 lit. r) erfasst Aufträge, bei denen die Beschaffung und Wei- 104 terveräußerung oder -vermietung im Zusammenhang mit der Sektorentätigkeit des Auftraggebers stehen. Ist dies nicht der Fall, greift bei Auf1 Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 31; Schranner in Ingenstau/Korbion, Handkommentar zur VOB, § 1 SektVO Rz. 25. 2 Kühnen in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 7 VgV Rz. 32; Sterner in MüllerWrede, GWB-Vergaberecht, § 100 Rz. 54.

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traggebern, die nur unter § 98 Nr. 4 fallen, bereits der Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 lit. i) (s. Rz. 70 ff.). 105 t) Baukonzessionen zum Zwecke der Durchführung von Sektorentätigkeiten (lit. s). Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde des Weiteren der Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 lit. s) in Absatz 2 eingeführt. Entsprechend Art. 18 der Richtlinie 2004/17/EG sind danach Aufträge von Auftraggebern, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, vom Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB ausgenommen, soweit sie Baukonzessionen zum Zwecke der Durchführung der Sektorentätigkeiten des Auftraggebers zum Gegenstand haben. 106 Der Begriff der Baukonzession ist in § 99 Abs. 6 legaldefiniert (s. § 99 Rz. 130 ff.). Deren Vergabe muss nach Absatzes 2 lit. s) „zum Zwecke der Durchführung der Sektorentätigkeiten“ erfolgen. Im Ergebnis wirkt sich diese Voraussetzung allerdings nicht aus. Denn bei Einrichtungen, die nur nach § 98 Nr. 4 als öffentliche Auftraggeber zu qualifizieren sind, sind Aufträge, die anderen Zwecken als der Durchführung der Sektorentätigkeit dienen, bereits nach Absatz 2 lit. i) vom Anwendungsbereich der §§ 97 ff. freigestellt. Aufträge von Einrichtungen, deren Qualifikation als öffentlicher Auftraggeber sich (auch) aus einem anderen Tatbestand des § 98 ergibt, werden von dem Ausnahmetatbestand ohnehin nicht erfasst (s. Rz. 27). 107 u) Aufträge, die einer auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzten Sektorentätigkeit dienen (lit. t). Bezug nehmend auf die Kommissionsmitteilung „Das öffentliche Auftragswesen der Europäischen Union“ vom 11.3.19981 heißt es in dem der Richtlinie 2004/ 17/EG zugrunde liegenden Kommissionsvorschlag vom 31.8.2000, dass die „Daseinsberechtigung“ der Vergabevorschriften für die Sektoren „das Fehlen von Wettbewerb aufgrund staatlichen Eingreifens durch die Gewährung eines Monopols oder eines Vorrechtes für einen Marktteilnehmer [ist]. Das Gegengewicht zu diesen vom Staat gewährten Vorrechten bilden Vorschriften über die Veröffentlichung und die Verfahren bei der Vergabe von Aufträgen. Wird festgestellt, dass in einem Bereich echter Wettbewerb herrscht, sollten die Auflagen der Richtlinie für diesen Bereich aufgehoben werden“2. Ausgehend von diesem Ansatz sieht Art. 30 der Richtlinie 2004/17/EG die Möglichkeit vor, bestimmte Sektorentätigkeiten in einzelnen Mitgliedstaaten von der Anwendung der Richtlinie auszunehmen. 1 KOM (98) 143 endg. 2 KOM (2000) 276 endg. (2), S. 6.

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Anwendungsbereich

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist Voraussetzung hierfür, dass die Tä- 108 tigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat „auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist.“ Als Kriterien dafür, ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, nennt Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie beispielhaft die Merkmale der betreffenden Waren und Dienstleistungen, das Vorhandensein alternativer Waren und Dienstleistungen, die Preise und das tatsächliche oder mögliche Vorhandensein mehrerer Anbieter der betreffenden Waren und Dienstleistungen. Das Bestehen eines freien Marktzugangs ist nach Art. 30 Abs. 3 UAbs. 1 zu vermuten, soweit der Mitgliedstaat die in Anhang XI der Richtlinie genannten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts umgesetzt hat. Hierbei handelt es sich: – hinsichtlich der Fortleitung oder Abgabe von Gas und Wärme um die Richtlinie 98/30/EG1, – hinsichtlich der Erzeugung, Fortleitung oder Abgabe von Elektrizität um die Richtlinie 96/92/EG2, – hinsichtlich der Tätigkeiten von Auftraggebern im Bereich der Postdienste um die Richtlinie 97/67/EG3 und – hinsichtlich der Aufsuchung und Gewinnung von Öl oder Gas um die Richtlinie 94/22/EG4. Ist das Bestehen eines freien Marktzugangs nicht bereits nach Art. 30 109 Abs. 3 UAbs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG zu vermuten, ist von dem Mitgliedstaat nach Art. 30 Abs. 3 UAbs. 2 der Richtlinie der Nachweis zu erbringen, dass der Zugang zu diesem Markt de jure und de facto frei ist. Die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 30 110 Abs. 1 der Richtlinie obliegt grundsätzlich der Kommission. So sind entsprechende Tätigkeiten gemäß Art. 30 Abs. 4 UAbs. 2 der Richtlinie erst vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, nachdem die Kommission mit einer Entscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 30 Abs. 1 festgestellt hat oder die Kommission innerhalb der Entscheidungsfrist des Art. 30 Abs. 6 keine Entscheidung getroffen hat. Anderes gilt nach Art. 30 Abs. 4 UAbs. 3 der Richtlinie in den Fällen, in denen der Zugang zu einem Markt nach Art. 30 Abs. 3 UAbs. 1 der Richtlinie als frei gilt. In diesen Fällen bedarf es keiner positiven Feststellung 1 2 3 4

ABl. Nr. L 204 v. 21.7.1998, S. 1. ABl. Nr. L 27 v. 30.1.1997, S. 20. ABl. Nr. L 15 v. 21.1.1998, S. 14. ABl. Nr. L 164 v. 30.6.1994, S. 3.

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Arten der Vergabe

der Anwendbarkeit von Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie. Die Kommission hat aber die Möglichkeit, eine Entscheidung über die Unanwendbarkeit von Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie zu treffen. Das Verfahren ist in Art. 30 Abs. 4–6 der Richtlinie 2004/17/EG sowie in der Entscheidung 2005/15/ EG1 geregelt. 111 Der Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 lit. t) knüpft im Wesentlichen an das Vorliegen einer Entscheidung der Kommission nach Art. 30 Abs. 4 der Richtlinie an, wobei einer positiven Entscheidung das Fehlen einer Entscheidung innerhalb der Entscheidungsfrist gleich steht (§ 3 Abs. 7 SektVO). Zudem muss die Entscheidung bzw. der Umstand, dass die Kommission innerhalb der Entscheidungsfrist keine Entscheidung getroffen hat, durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden sein. Nähere Regelungen zum Verfahren, insbesondere zur Beantragung einer Feststellung der Kommission nach Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie sind in § 3 SektVO verankert2. Entsprechend Art. 30 Abs. 5 der Richtlinie ist darin insbesondere auch vorgesehen, dass Auftraggeber selbst bei der Kommission einen Antrag auf Feststellung nach Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie stellen können (§ 3 Abs. 4 SektVO).

Arten der Vergabe

101

(1) Die Vergabe von öffentlichen Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen erfolgt in offenen Verfahren, in nicht offenen Verfahren, in Verhandlungsverfahren oder im wettbewerblichen Dialog. (2) Offene Verfahren sind Verfahren, in denen eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird. (3) Bei nicht offenen Verfahren wird öffentlich zur Teilnahme, aus dem Bewerberkreis sodann eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. 1 Entscheidung der Kommission v. 7.1.2005 über die Durchführungsmodalitäten für das Verfahren nach Art. 30 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. Nr. L 7 v. 11.1.2005, S. 7. 2 S. hierzu Opitz , VergabeR 2009, 689 (692); Rosenkötter/Plantiko, NZBau 2010, 78.

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Arten der Vergabe

(4) Ein wettbewerblicher Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge durch Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, soweit sie nicht auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, und § 98 Nr. 5. In diesem Verfahren erfolgen eine Aufforderung zur Teilnahme und anschließend Verhandlungen mit ausgewählten Unternehmen über alle Einzelheiten des Auftrags. (5) Verhandlungsverfahren sind Verfahren, bei denen sich der Auftraggeber mit oder ohne vorherige öffentliche Aufforderung zur Teilnahme an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren über die Auftragsbedingungen zu verhandeln. (6) Eine elektronische Auktion dient der elektronischen Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes. Ein dynamisches elektronisches Verfahren ist ein zeitlich befristetes ausschließlich elektronisches offenes Vergabeverfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Spezifikationen den Anforderungen des Auftraggebers genügen. (7) Öffentliche Auftraggeber haben das offene Verfahren anzuwenden, es sei denn, auf Grund dieses Gesetzes ist etwas anderes gestattet. Auftraggebern stehen, soweit sie auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren und das Verhandlungsverfahren nach ihrer Wahl zur Verfügung. I. 1. 2. II. III. 1. 2. 3.

4.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Verhältnis zu den Verdingungsordnungen . . . . . . . Arten der Vergabe . . . . . . . . . Offenes Verfahren (§ 101 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . Nicht offenes Verfahren (§ 101 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . Wettbewerblicher Dialog (§ 101 Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff und Bedeutung . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . c) Grundzüge und Grundsätze des Verfahrens . . . . . . . . . Verhandlungsverfahren (§ 101 Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 3 6 8 12 18 18 21 24 33

IV. 1. 2. V. VI. VII.

a) Begriff und Bedeutung . . . b) Grundzüge und Grundsätze des Verfahrens . . . . Elektronische Auktion und dynamisches elektronisches Verfahren (§ 101 Abs. 6) . . . . Elektronische Auktion (§ 101 Abs. 6 Satz 1) . . . . . . . . . . . Dynamisches Elektronisches Verfahren (§ 101 Abs. 6 Satz 2) . . . . . . . Vorrang des offenen Verfahrens (§ 101 Abs. 7 Satz 1) . Arten der Vergabe für Sektorenauftraggeber (§ 101 Abs. 7 Satz 2) . . . . . . . Rechtliche Folgen der Wahl einer falschen Vergabeart . . .

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Arten der Vergabe

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 101 bestimmt, dass die Vergabe öffentlicher Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge im Wege von offenen Verfahren, nicht offenen Verfahren, wettbewerblichen Dialogen oder Verhandlungsverfahren erfolgt. Die Absätze 2 bis 5 definieren die unterschiedlichen Vergabearten. Die Terminologie entspricht den Vorgaben der EU-Vergaberichtlinien. § 101 Abs. 6 regelt die elektronische Auktion und das dynamische elektronische Verfahren, bei denen es sich indes nicht um eine selbständige Verfahrensart, sondern lediglich um Durchführungsmodifikationen anderer Verfahrensarten handelt. Absatz 7 der Vorschrift regelt den grundsätzlichen Vorrang des offenen Verfahrens und sieht des Weiteren vor, dass die Sektorenauftraggeber zwischen den drei Verfahrensarten des offenen, des nicht offenen und des Verhandlungsverfahrens frei wählen können; der wettbewerbliche Dialog ihnen mithin nicht zur Verfügung steht1. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 101 Abs. 1, 2, 3, 5 und 7 gehen im Kern zurück auf die ursprüngliche Fassung der Vorschrift, wie sie mit dem Vergaberechtsänderungsgesetz vom 26.8.19982 eingeführt wurde. Der wettbewerbliche Dialog wurde als neue eigenständige Verfahrensart in Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien im Rahmen des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes3 als viertes Ver1 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber in der Begründung des Entwurfs zum ÖPP-Beschleunigungsgesetz (noch) davon ausgegangen ist, dass Sektorenauftraggeber zwar nur zwischen dem offenen, dem nicht offenen und dem Verhandlungsverfahren wählen können, es ihnen aber frei stehe, ein Verhandlungsverfahren so zu gestalten, dass es einem wettbewerblichen Dialog entspricht, vgl. BT-Drucks. 15/5668, S. 11; zustimmend Ollmann, VergabeR 2005, 685 (686); ob dies auch noch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts bzw. der hierdurch erfolgten Neufassung des § 101 Gültigkeit beansprucht, erscheint zweifelhaft; dies gilt umso mehr, als bereits der seinerzeitigen Vorstellung des Gesetzgebers mit der Argumentation widersprochen wurde, dass ein solches Verständnis nicht mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht konform sei; denn zum einen würde die in den Art. 28, 29 VKR klar vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Verhandlungsverfahren und dem wettbewerblichen Dialog verwässert, zum anderen würde das Festhalten an den (nur) drei klassischen Vergabearten im Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG unterlaufen, vgl. Müller/Brauser-Jung, NVwZ 2007, 884 (888). 2 Vgl. BGBl. I, S. 2512. 3 Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften v. 1.9.2005 - BGBl. I, S. 2676 ff.

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Arten der Vergabe

gabeverfahren aufgenommen. Hierzu wurde § 101 Abs. 1 entsprechend ergänzt und nach § 101 Abs. 4 ein neuer Absatz 5 eingefügt. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20091 wurden die Regelungen über das Verhandlungsverfahren (seinerzeit § 101 Abs. 4) und den wettbewerblichen Dialog (seinerzeit § 101 Abs. 5) in ihrer Reihenfolge geändert. Hierdurch soll klargestellt werden, dass zwischen diesen beiden Verfahrensarten keine Hierarchie besteht, sondern der wettbewerbliche Dialog ebenso wie das Verhandlungsverfahren an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft ist2. Schließlich wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.2009 in § 101 Abs. 7 der in § 101 Abs. 6 a.F. enthaltene Bezug auf § 98 Nr. 4 gestrichen. Dies bedeutet, dass es für die Sektorenbereiche keine Unterscheidung mehr zwischen öffentlichen Einrichtungen (§ 98 Nr. 2), öffentlichen Unternehmen und privaten Unternehmen (§ 98 Nr. 4) in diesen Bereichen geben soll3 (s. hierzu auch Rz. 55). II. Verhältnis zu den Verdingungsordnungen Nach § 101 Abs. 1 werden öffentliche Liefer-, Bau- und Dienstleistungs- 3 aufträge im Wege von offenen Verfahren, nicht offenen Verfahren, wettbewerblichen Dialogen oder Verhandlungsverfahren vergeben. Umfasst werden von der Vorschrift also alle Aufträge, die unter die materiellen EU-Vergaberichtlinien (Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG, Sektorenrichtlinie 2004/17/EG) fallen. Alle diese Aufträge sollen im Weiteren den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen aus der Rechtsmittelrichtlinie 2007/66/EG, insbesondere dem durch den 2. Abschnitt (§§ 102 ff.) gewährleisteten Bieterschutz, unterstellt werden. Die EU-Vergaberichtlinien sind außer durch den 4. Teil des GWB und die 4 Vergabeverordnung durch die Verdingungsordnungen, namentlich also durch die VOB/A, die VOL/A und die VOF, in nationales Recht umgesetzt. Letzteren kommt durch die Vergabeverordnung (§§ 4 ff. VgV) Außenrechtsqualität zu. Es handelt sich also oberhalb der sog. Schwellenwerte nicht nur um – haushaltsrechtlich begründete – staatsintern wirkende Verwaltungsvorschriften4.

1 2 3 4

Vgl. BGBl. I, S. 790 ff. Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 19. Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 20. S. etwa Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 3, 9 (bereits zur Vergabeverordnung v. 22.2.1994 - die auf der Grundlage von § 57a HGrG erlassen wurde).

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Arten der Vergabe

5 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass § 101 zwar einerseits gegenüber den durch die Vergabeverordnung zu Außenrecht erstarkten Verdingungsordnungen in der Normenhierarchie höher angesiedelt ist, anderseits die Verdingungsordnungen in Bezug auf die verschiedenen Auftragsarten aber detaillierter und damit letztlich speziell sind. Nur aus den §§ 4 ff. VgV in Verbindung mit den Verdingungsordnungen ergibt sich, auf welche unterschiedlichen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträge welche Verdingungsordnung konkret anzuwenden ist (vgl. etwa § 1 EG Abs. 1 VOL/A zur Abgrenzung gegenüber der VOB/A und der VOF). III. Arten der Vergabe 6 Wesentliche Bedeutung hat die detaillierte Ausgestaltung in der VOB/A, der VOL/A und der VOF für die Auswahl zwischen den vier zur Verfügung stehenden Arten der Vergabe (offenes Verfahren, nicht offenes Verfahren, wettbewerblicher Dialog, Verhandlungsverfahren), die in § 101 selbst nicht im Einzelnen geregelt ist. Die vier Verfahrensarten werden in § 101 Abs. 1 vielmehr nur genannt und in den Absätzen 2 bis 5 lediglich im Grundsatz und unter Nennung der wesentlichen Unterschiede definiert. Die Einzelheiten regeln die Verdingungsordnungen (vgl. § 3a VOB/A, § 3 EG VOL/A, § 3 VOF). Wegen der inhaltlichen Übereinstimmung der Begriffsdefinitionen für die verschiedenen Vergabearten kommt es auf die jeweils unterschiedliche Normqualität (vgl. Rz. 5) dabei letztlich nicht an. 7 Vor dem Hintergrund, dass die Einzelheiten für die einzelnen Vergabearten, insbesondere deren richtige Auswahl im Einzelfall, in den Verdingungsordnungen (VOB/A, VOL/A, VOF) als Teil des materiellen Vergaberechts geregelt werden, wird an dieser Stelle von einer gesonderten Kommentierung abgesehen1 und werden nachfolgend nur die grundlegenden Prinzipien dargestellt. 1. Offenes Verfahren (§ 101 Abs. 2) 8 § 101 Abs. 2 definiert das offene Verfahren als ein „Verfahren, in denen eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird“. Dies steht im Einklang mit den gemein1 Es wird stattdessen auf die einschlägigen Erläuterungen zur VOB/A, VOL/A und VOF verwiesen; zur VOB/A s. beispielsweise Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B; Heiermann/Riedel/Rusam, Handkommentar zur VOB; Ingenstau/ Korbion, VOB, Teile A und B; zur VOL/A Müller-Wrede, Kommentar zur VOL/A; Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A; zur VOF Diederichs/MüllerWrede, Kommentar zur VOF; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF.

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Arten der Vergabe

schaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 1 Abs. 11 lit. a) VKR, der das offene Verfahren beschreibt als „Verfahren, bei denen alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot abgeben können“. Bereits aus der Legaldefinition wird deutlich, dass beim offenen Verfah- 9 ren keine vorhergehende Einschränkung des Bewerberkreises stattfindet, d.h. jedes Unternehmen ist berechtigt, ein Angebot abzugeben. Das offene Verfahren entspricht damit im Vergleich zu den anderen Vergabearten am besten den wettbewerb- und marktwirtschaftlichen Prinzipien1. Da es jedem interessierten Bieter grundsätzlich möglich sein muss, an jedem offenen Verfahren seines Interesses teilzunehmen, ist insbesondere auch eine Klausel des wechselseitigen Ausschlusses in zwei oder mehreren Ausschreibungen unzulässig. Hierdurch würde der Vergabewettbewerb hinsichtlich der Möglichkeit zur Teilnahme in unzulässiger Weise beschränkt2. Kennzeichnend für das offene Verfahren sind insbesondere folgende Ver- 10 fahrensschritte und -grundsätze: die europaweite Vergabebekanntmachung, die sich daran anschließende Anforderung von Verdingungsunterlagen durch die Bieter, die unbeschränkte Teilnahmemöglichkeit aller interessierten Unternehmen, die Erarbeitung eines Angebots auf der Grundlage einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, die Abgabe eines Angebots zu einem festen (Submissions-)Termin, die Geheimhaltung der Angebote, das Nachverhandlungsverbot, die Wertung der Angebote auf der Grundlage vorab festgelegter Kriterien und die Beendigung des Verfahrens regelmäßig durch Zuschlagserteilung3. Ein offenes Verfahren beginnt mit der Absendung der verbindlichen Be- 11 kanntmachung an das EU-Amtsblatt, nicht schon mit der Absendung zur Bekanntmachung der Vorinformation4. 2. Nicht offenes Verfahren (§ 101 Abs. 3) § 101 Abs. 3 definiert nicht offene Verfahren als Verfahren, bei denen „öf- 12 fentlich zur Teilnahme, aus dem Bewerberkreis sodann eine beschränkte 1 Ähnlich Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, GWB, § 101 Rz. 3. 2 Vgl. VK Berlin v. 14.9.2005 – VK-B1–43/05; allerdings wird der Ausschluss innerhalb eines Vergabeverfahrens bezogen auf einzelne Lose (sog. Loslimitierung bzw. Losalternativität) für zulässig gehalten, vgl. OLG Düsseldorf v. 15.6.2000 – Verg 6/00, BauR 2000, 1603 (1605 ff.). 3 Vgl. VK Südbayern v. 17.7.2001 – 23–06/01; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, GWB, § 101 Rz. 3; Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 592 ff. 4 VK Sachsen v. 23.5.2001 – 1/SVK/34–01.

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Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert“ wird. Dies steht im Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 1 Abs. 11 lit. b) VKR, der nicht offene Verfahren beschreibt als „Verfahren, bei denen sich alle Wirtschaftsteilnehmer um die Teilnahme bewerben können und bei denen nur die vom öffentlichen Auftraggeber aufgeforderten Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot abgeben können“. Gemäß § 101 Abs. 7 Satz 1 ist das nicht offene Verfahren nur in begründeten Fällen, namentlich in den in § 3a Abs. 2 VOB/A i.V.m. § 3 Abs. 3 und 4 VOB/A bzw. § 3 EG Abs. 2 VOL/A enumerativ aufgeführten zulässig. 13 Beim nicht offenen Verfahren fehlt es mithin an der abschließenden Teilnahmemöglichkeit aller Interessierten. Die Abgabe der Verdingungsunterlagen erfolgt nur an die im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs (vgl. Rz. 16 f.) als geeignet ausgewählten Bieter. Demzufolge wird der Wettbewerb hier stärker eingeschränkt als bei der Durchführung eines offenen Verfahrens. Im Übrigen gelten jedoch weitgehend die gleichen Regeln wie beim offenen Verfahren (vgl. Rz. 10)1. Allerdings können sich beim nicht offenen Verfahren ohne Weiteres längere Verfahrensfristen ergeben als beim offenen Verfahren. In diesem Fall kann der Auftraggeber sich zur Begründung für das nicht offene Verfahren jedoch nicht auf eine Dringlichkeit im Sinne von § 3a Abs. 2 VOB/A i.V.m. § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A berufen2. 14 Das nicht offene Verfahren ist ein förmliches Vergabeverfahren. Es setzt sich im Einzelnen aus zwei Elementen zusammen, nämlich aus dem vorgeschalteten öffentlichen Teilnahmewettbewerb und der nachfolgenden beschränkten Ausschreibung3. 15 Der Wettbewerb wird zunächst durch die zwingend vorgeschriebene europaweite Vergabebekanntmachung zur Teilnahme aufgefordert. In der Vergabebekanntmachung muss insbesondere die Einsendefrist für die Anträge auf Teilnahme bekannt gemacht werden4. Hingegen ist der öffentliche Auftraggeber nicht dazu verpflichtet, sich bereits in der Vergabebekanntmachung festzulegen, welche Anzahl an Bewerbern er zur Angebotsabgabe auffordern will5. Es müssen jedoch immer so viele Be1 Ähnlich Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 7 m.w.N. 2 Vgl. VK Bund v. 31.5.2002 – VK 2–20/02. 3 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 8. 4 Vgl. OLG Düsseldorf v. 30.5.2001 – Verg 23/00; VK Bund v. 6.7.2006 – VK 3–54/06. 5 Vgl. BayObLG v. 20.4.2005 – Verg 26/04, VergabeR 2005, 532 (534); VK Lüneburg v. 21.8.2006 – VgK-18/2006; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 9.

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werber zugelassen werden, dass ein „echter Wettbewerb“ gewährleistet ist1. Darüber hinaus ist der Auftraggeber grundsätzlich auch nicht verpflichtet, die Kriterien, nach denen die Bewerberauswahl vorgenommen wird, in der Vergabebekanntmachung zu veröffentlichen. Er ist insbesondere auch nicht gehalten, seiner Entscheidung eine Bewertungsmatrix zugrunde zu legen bzw. diese zu veröffentlichen2. Denn die Bewerber haben in den Teilnahmeanträgen lediglich ihre wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit darzustellen; die Kenntnis der Bewertungsmatrix kann die Erstellung der Teilnahmeanträge nicht beeinflussen3. Es genügt daher, wenn der Auftraggeber seine Auswahlentscheidung auf sachliche und willkürfreie Erwägungen stützt. Solange dies der Fall ist, hält sich der Auftraggeber im Rahmen des ihm insoweit zugestandenen Beurteilungs- und Ermessensspielraums4 (vgl. Rz. 17). Hat der öffentliche Auftraggeber jedoch im Voraus Regeln für die Gewichtung der Kriterien für die Auswahl der Bewerber, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, aufgestellt, so ist er verpflichtet, diese Regeln in der Auftragsbekanntmachung bekannt zu geben5. Der vorgeschaltete Teilnahmewettbewerb dient regelmäßig dazu, die 16 Eignungsvoraussetzungen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (vgl. § 97 Abs. 4) bei den Bewerbern zu ermitteln und entsprechende Nachweise von ihnen zu verlangen. Er endet mit der Überprüfung der Eignung der Bewerber und mit der Auswahl derjenigen Bewerber durch den Auftraggeber, die ein Angebot einreichen sollen. Die Prüfung und Bejahung der Eignung eines Bewerbers durch den Auftraggeber ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden kann6. Denn die ausgewählten Teilnehmer haben ein Recht darauf, sich im nachfolgenden Angebotswettbewerb nur 1 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 9; Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 616. 2 OLG Düsseldorf v. 29.10.2003 – Verg 43/03, VergabeR 2004, 100 (102 ff.); VK Sachsen-Anhalt v. 10.6.2009 – VK 2 LVwA LSA – 13/09; Kulartz in Kulartz/Kus/ Portz, GWB, § 101 Rz. 12; a.A. VK Südbayern v. 9.4.2003 – 11–03/03, nach der es schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, zu denen auch die Vorhersehbarkeit, Messbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehören, unabdingbar sei, dass die Auswahlkriterien vorher, d.h. in der Bekanntmachung, bekannt gemacht werden, damit sich die interessierten Unternehmen hierauf einstellen können. 3 VK Sachsen-Anhalt v. 10.6.2009 – VK 2 LVwA LSA – 13/09. 4 Ebenso Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 12. 5 EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-470/99, VergabeR 2003, 141 (152), Rz. 87 ff. 6 Vgl. OLG Düsseldorf v. 24.9.2002 – Verg 48/02, NZBau 2003, 349 (351); VK Baden-Württemberg v. 26.8.2009 – 1 VK 43/09; VK Münster v. 12.5.2009 – VK 5/09.

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mit Bietern messen zu müssen, die zuvor ebenfalls die Kriterien des Teilnahmewettbewerbs erfüllt haben und als geeignet ausgewählt wurden1. 17 Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt in zwei Stufen. Auf der ersten Stufe sind zunächst alle Teilnahmeanträge auszuscheiden, die nicht fristgerecht eingegangen sind oder nicht die geforderten Nachweise enthalten. Aus Gründen der Gleichbehandlung und der Transparenz kommt dem Auftraggeber insoweit kein Handlungs- oder Ermessensspielraum zu2. Auf der zweiten Stufe findet sodann eine differenzierte Bewertung der fristgerechten und vollständigen Teilnahmeanträge statt. Dabei sind zunächst die nicht geeigneten von den geeigneten Bewerbern zu scheiden. Unter den verbliebenen geeigneten Bewerbern sind schließlich diejenigen auszuwählen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen. Der Auftraggeber ist also nicht verpflichtet, alle Bewerber, die sich grundsätzlich als geeignet darstellen, zum Angebotswettbewerb zuzulassen. Vielmehr kann er eine Auswahlentscheidung treffen und muss dies sogar, wenn er die Anzahl der zur späteren Angebotsabgabe aufzufordernden Bewerber (nicht notwendiger- [vgl. Rz. 15], aber) zulässigerweise eingeschränkt hat3. Bei seiner Auswahlentscheidung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, den er unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Transparenzgebotes ausfüllen muss4. In materieller Hinsicht unterliegt die Auswahlentscheidung daher lediglich einer Willkür- und Vertretbarkeitskontrolle. In prozessualer Hinsicht ist zu beachten, dass die Auswahlentscheidung im nachfolgenden Angebotsverfahren noch angegriffen werden kann, wenn der Auftraggeber den Bietern die Namen der anderen Teilnehmer nicht bekannt gegeben und auch nicht darüber informiert hat, inwieweit deren Eignung zuvor überprüft worden ist5.

1 VK Bund v. 22.2.2008 – VK 1–4/08 m.w.N.; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 13. 2 Vgl. OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08, VergabeR 2009, 609 (611); OLG Düsseldorf v. 30.5.2001 – Verg 22/00; VK Bund v. 6.7.2006 – VK 3–54/06; VK BadenWürttemberg v. 26.8.2009 – 1 VK 43/09; VK Baden-Württemberg v. 16.9.2008 – 1 VK 34/08; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 8 und 11. 3 Vgl. zum Ganzen auch Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 11. 4 OLG Düsseldorf v. 24.5.2007 – Verg 12/07, ZfBR 2008, 79 (80); OLG München v. 11.6.2007 – Verg 6/07, VergabeR 2007, 684 (689); BayObLG v. 20.4.2005 – Verg 026/04, VergabeR 2005, 532 (535); VK Sachsen v. 9.2.2009 – 1/SVK/071–08. 5 VK Münster v. 12.5.2009 – VK 5/09.

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3. Wettbewerblicher Dialog (§ 101 Abs. 4) a) Begriff und Bedeutung. § 101 Abs. 4 definiert den wettbewerblichen 18 Dialog als „ein Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge durch Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, soweit sie nicht auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, und § 98 Nr. 5“ (sog. staatliche Auftraggeber)1 und beschreibt ihn darüber hinaus als ein Verfahren, in dem „eine Aufforderung zur Teilnahme und anschließend Verhandlungen mit ausgewählten Unternehmen über alle Einzelheiten des Auftrags“ erfolgen. Die Regelung steht im Einklang mit der Begriffsdefinition des Art. 1 Abs. 11 lit. c) VKR, die allerdings wesentlich konkreter gefasst ist. Mit der Aufnahme des wettbewerblichen Dialogs in § 101 Abs. 4 machte der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes von der in Art. 28 Abs. 1 Satz 3 und 29 Abs. 1 VKR eingeräumten Option Gebrauch (s. hierzu auch Rz. 2). Die Anforderungen an einen wettbewerblichen Dialog im Sinne von § 101 Abs. 4 wurden – unter weitestgehender Übernahme der Vorgaben in Art. 1 Abs. 11 lit. c) und 29 VKR – ursprünglich in § 6a VgV konkretisiert. Neuerdings wurden die Einzelheiten aus Gründen der Vereinfachung und der Anwenderfreundlichkeit in die novellierten Abschnitte 2 der VOB/A (§ 3a Abs. 4 VOB/A) und VOL/A (§ 3 EG Abs. 7 VOL/A) übernommen. Mit Blick hierauf wurde § 6a VgV aufgehoben2. Der wettbewerbliche Dialog ist in besonderer Weise auf die spezifischen 19 Bedürfnisse bei der Eingehung von vergaberechtlich relevanten öffentlich-privaten Partnerschaften zugeschnitten3. Er soll dem Bedürfnis der Praxis nach einem Dialog zwischen dem Auftraggeber und den potentiellen Bietern zwecks Definition der zu erbringenden Leistung Rechnung tragen. Bisher liegen allerdings noch kaum Erfahrungen mit diesem Verfahren vor4. Rechtsdogmatisch lässt sich der wettbewerbliche Dialog als ein Verfah- 20 ren sui generis beschreiben, welches einerseits sowohl Elemente eines Verhandlungsverfahrens als auch eines offenen bzw. nicht offenen Ver-

1 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 19. 2 Vgl. Art. 1 Ziff. 7 der Verordnung zur Anpassung der Vergabeverordnung sowie der Sektorenverordnung v. 7.6.2010, BGBl. I, S. 724 ff. 3 Knauff, NZBau 2005, 249. 4 Vgl. hierzu Mösinger, NZBau 2009, 695 (696), nach dem deutschlandweit im Jahr 2009 (Stand: 15.10.2009) nur 23 Vergabeverfahren im wettbewerblichen Dialog ausgeschrieben wurden, was einem Anteil an allen europaweit bekannt gemachten deutschen Vergabeverfahren von lediglich ca. 0,1 % entspricht.

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fahrens miteinander kombiniert1, andererseits aber auch spezifische Eigenheiten aufweist. So sind zum einen Verfahrensabschnitte erkennbar, die im Wesentlichen den herkömmlichen Verfahrensabschnitten, wie z.B. dem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb2 oder der Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots, entsprechen3. Auch ist dem wettbewerblichen Dialog mit dem Verhandlungsverfahren gemein, dass in dem Fall, dass die Leistung beispielsweise nach Art und Umfang nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann (vgl. § 3a Abs. 5 Nr. 3 VOB/A bzw. § 3 EG Abs. 3 lit. b) und c) VOL/A), die Vergabestelle nicht imstande ist, das Vorhaben so konkret zu beschreiben, dass die Durchführung eines offenen oder nicht offenen Verfahrens möglich ist4. Der Leistungsgegenstand ist also sowohl im Verhandlungsverfahren als auch im wettbewerblichen Dialog nicht bereits in der Ausschreibung in allen Einzelheiten beschrieben, sondern wird erst im Verfahren konkretisiert5. Ähnlichkeiten bestehen weiter auch im Verfahrensablauf. Denn bei beiden Verfahren werden mit den ausgewählten Unternehmen Verhandlungen über die Auftragsbedingungen (§ 101 Abs. 5) bzw. über alle Einzelheiten des Auftrags (§ 101 Abs. 4 Satz 2) geführt6. Schließlich ist dem wettbewerblichen Dialog und dem Verhandlungsverfahren gemeinsam, dass das in der Praxis oft hinderliche Kontaktverbot zwischen den Bietern und der Vergabestelle in bestimmten Phasen der beiden Verfahren nicht gilt7. Zum anderen unterscheidet sich der wettbewerbliche Dialog vom offenen bzw. nicht offenen Verfahren vor allem darin, dass jedes Element des Auftrags verhandelbar ist8. Der wesentliche Unterschied zum Verhandlungsverfahren besteht darin, dass der Verhandlungsspielraum und die damit einhergehende Flexibilität den Beteiligten in jeweils unterschiedlichen Verfahrensabschnitten gewährt wer-

1 Vgl. EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - S. 10; Knauff, NZBau 2005, 249 (250); Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20; Schröder, NZBau 2007, 216 (217). 2 Allerdings werden die Bieter beim wettbewerblichen Dialog nicht nur auf ihre Eignung überprüft, sondern wird der Auftragsgegenstand durch Dialoggespräche gleichzeitig auch spezifiziert, vgl. m.w.N. Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20. 3 Heiermann, ZfBR 2005, 766. 4 Schröder, NZBau 2007, 216 (217). 5 Müller/Veil, VergabeR 2007, 298 (302). 6 Schröder, NZBau 2007, 216 (217). 7 Müller/Veil, VergabeR 2007, 298 (302). 8 EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - S. 10.

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den1. Beim wettbewerblichen Dialog wird der Verhandlungsspielraum für die sog. Dialogphase gewährt. Hingegen sollen die Bieter in der Angebotsphase auf der Grundlage der in der Dialogphase erarbeiteten technischen, finanziellen und rechtlichen Grundsatzlösungen ein präzisiertes und mit Preisen versehenes Angebot einreichen2. Insoweit besteht ein praktisch bedeutsamer Unterschied zum Verhandlungsverfahren. Während das Verhandlungsverfahren durch den sukzessiven Austausch von Vertragsangeboten charakterisiert ist, deren Änderung allein durch die Beachtung der materiellen Prinzipien des Vergaberechts begrenzt ist, besteht in der Angebotsphase des wettbewerblichen Dialogs ein Nachverhandlungsverbot, das im Grundsatz mit dem offenen und nicht offenen Verfahren vergleichbar ist, und sind insbesondere Verhandlungen über Änderungen der Angebote und Preise unstatthaft (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 6 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. d) Satz 4 VOL/A)3. Mit anderen Worten: Der wettbewerbliche Dialog ist flexibler bei der Lösungssuche und daher vorteilhafter, wenn der Auftraggeber hier möglichst offen sein will und stark auf das Know-how der Dialogpartner angewiesen ist4. Dagegen muss beim Verhandlungsverfahren das ganze Verfahren eingestellt werden, wenn sich herausstellt, dass die beste Lösung außerhalb des durch die funktionale Leistungsbeschreibung vorgesteckten Rahmens des Beschaffungsgegenstandes liegt5. Allerdings ist das Verhandlungsverfahren am Ende flexibler, weil gleichsam am Verhandlungstisch letzte kleinere Änderungen mit den präferierten Bietern ausgehandelt werden können6. Letztlich ist dies die Konsequenz der spezifischen Besonderheit des wettbewerblichen Dialogs, die darin liegt, dass der Auftraggeber zwar seinen Bedarf im Sinne einer Zielvorstellung definieren kann, nicht aber die dafür einzusetzenden Mittel. Dies unterscheidet den wettbewerblichen Dialog von den „klassischen“ Vergabeverfahren und grenzt ihn insbesondere vom Verhandlungsverfahren ab7.

1 Ausführlich Müller/Veil, VergabeR 2007, 298 (302 ff.); EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/ 04–rev1 v. 5.10.2005 - S. 10. 2 Vgl. Müller/Veil, VergabeR 2007, 298 (302). 3 Schenke/Klimpel, DVBl. 2006, 1492 (1495); ebenso Leinemann/Kirch, Vergabe Navigator 2006, 25 (26). 4 Burgi, DVBl. 2007, 649 (656 f.). 5 Kus, VergabeR 2006, 851 (863); Burgi, DVBl. 2007, 649 (656 f.). 6 Burgi, DVBl. 2007, 649 (656 f.). 7 Müller/Brauser-Jung, NVwZ 2007, 884 (887); s. hierzu auch Uechtritz/Otting, NVwZ 2005, 1105 (1108); Kus, VergabeR 2006, 851 (863).

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21 b) Anwendungsbereich. Der persönliche Anwendungsbereich ist gemäß § 101 Abs. 4 und 7 Satz 2 nur für die sog. „staatlichen Auftraggeber“ eröffnet, d.h. Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, soweit sie nicht auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, und § 98 Nr. 5. Sektorenauftraggebern steht das Verfahren des wettbewerblichen Dialogs nicht offen (s. hierzu auch bereits Rz. 1). 22 Der wettbewerbliche Dialog ist gegenüber dem offenen und dem nicht offenen Verfahren subsidiär1. Im Verhältnis zum Verhandlungsverfahren besteht keine Hierarchie2 (s. hierzu bereits Rz. 2). Daher hat der öffentliche Auftraggeber zwischen dem wettbewerblichen Dialog und dem Verhandlungsverfahren stets eine situationsgerechte Auswahl vorzunehmen. Dabei trifft ihn eine Darlegungslast und eine Dokumentationspflicht3 für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für das entsprechende Verfahren4. Liegen die Anwendbarkeitsvoraussetzungen des einen wie des anderen Verfahrens vor, so hat der öffentliche Auftraggeber ein Wahlrecht5. 23 Der sachliche Anwendungsbereich ist eröffnet für Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge (vgl. § 101 Abs. 4 Satz 1), bei denen der staatliche Auftraggeber objektiv nicht in der Lage ist, die technischen Mittel, mit denen seine Bedürfnisse und Ziele erfüllt werden können, oder die rechtlichen oder finanziellen Bedingungen des Vorhabens anzugeben (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 1 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 VOL/A). Als solche 1 Dies ergibt sich bereits aus Art. 29 Abs. 1 VKR sowie bezogen auf das offene Verfahren auch aus § 101 Abs. 7 Satz 1; vgl. hierzu auch m.w.N. Müller/Brause-Jung, NVwZ 2007, 884 (889); sowie Opitz , VergabeR 2006, 451. 2 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 19; so bereits auch Burgi, DVBl. 2007, 649 (656); die Gegenansichten, welche den wettbewerblichen Dialog teilweise als Unterfall des Verhandlungsverfahrens (Kullack/Temer, ZfBR 2004, 346 (348); Paetzold, ZVgR 2000, 191 ff.; Schütte, ZfBR 2004, 237 (243); Steinberg, Vergaberechtliche Steuerung als Verbundaufgabe, S. 264; Werner/Freitag, NZBau 2000, 551 f.) oder gegenüber dem Verhandlungsverfahren als nachrangig (so Müller/Veil, VergabeR 2007, 298 (312); Schröder, NZBau 2007, 216 (217)) bzw. vorrangig (so Knauff, NZBau 2005, 249 (255); ders., VergabeR 2004, 287 (289); Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (288); Schenke/Klimpel, DVBl. 2006, 1492 (1495)) ansehen, sind nach der Neufassung des § 101 nicht mehr haltbar (vgl. Rz. 2). 3 Vgl. hierzu auch Art. 43 lit. g) VKR, § 20 Abs. 1 VOB/A, § 24 EG lit. f) VOL/A. 4 Burgi, DVBl. 2007, 649 (656). 5 Müller/Veil, VergabeR 2007, 298 (312); Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (24); im Ergebnis ebenso Knauff, VergabeR 2004, 287 (296); Knauff, NZBau 2005, 249 (250); wohl auch Uechtritz/Otting, NVwZ 2005, 1105 (1106); Opitz , VergabeR 2006, 451 (452); Kus, VergabeR 2006, 851 (853 f.); Ollmann, VergabeR 2005, 685 (688).

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kommen nach dem Erwägungsgrund 31 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG insbesondere bedeutende integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte, große Computernetzwerke und Vorhaben mit komplexer Finanzierung, deren rechtliche und finanzielle Konstruktionen im Voraus nicht abschließend beschrieben werden können, in Betracht1. Grundsätzlich ist bei der Auslegung des Begriffs „besonders komplexer Auftrag“ eine eher restriktive Linie geboten, da der wettbewerbliche Dialog ebenso wie das Verhandlungsverfahren einen Ausnahmecharakter hat2. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass dem Auftraggeber die Angabe der technischen Mittel bzw. der rechtlichen oder finanziellen Bedingungen objektiv unmöglich im Sinne des § 275 Abs. 1, Alt. 2 BGB ist. Dies würde die Anwendungsmöglichkeiten des Verfahrens zu weit einschränken3. Ausreichend ist bereits, dass der Auftraggeber die entsprechenden Angaben nur mit grob unverhältnismäßigem Aufwand machen könnte4. Die Unmöglichkeit beschränkt sich damit auf ein nach der Ausschöpfung der gebotenen Sorgfaltsanstrengungen verbleibendes Unvermögen, wobei die Erreichung des „Erschöpfungspunkts“ nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt wird5. c) Grundzüge und Grundsätze des Verfahrens. Der wettbewerbliche Dia- 24 log ist ein dreistufiges Vergabeverfahren bestehend aus Teilnahmewettbewerb, Dialogphase und Angebotsphase6. In allen Phasen gelten – ebenso wie bei den anderen Verfahrensarten – die zentralen Prinzipien des Vergaberechts (vgl. § 97), so dass der wettbewerbliche Dialog diskriminierungsfrei, transparent, im Wettbewerb und unter Beachtung mittelständischer Interessen durchzuführen und der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen ist7. Zudem unterliegt auch der 1 Vgl. insoweit auch die Begründung des Entwurfs des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes BT-Drucks. 15/5668, S. 11; EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - S. 4; Heiermann, ZfBR 2005, 766 (767 f.); Schröder, NZBau 2007, 216 (220); Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (22); Bischof/Stoye, MMR 2006, 138 (141). 2 Ebenso Bischof/Stoye, MMR 2006, 138 (141). 3 Vgl. Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (22); Schröder, NZBau 2007, 216 (218); Kus, VergabeR 2006, 851 (858); Knauff, VergabeR 2004, 287 (290); Knauff, NZBau 2005, 249 (251); Braun, NZBau 2002, 378. 4 Ollmann, VergabeR 2005, 685 (688). 5 Vgl. Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (284); Heiermann, ZfBR 2005, 766 (770); Rechten, NZBau 2004, 366. 6 Opitz , VergabeR 2006, 451 (452). 7 Heiermann, ZfBR 2005, 766; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 6a VgV, Anm. 54.2.

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wettbewerbliche Dialog vollumfänglich der Prüfungskompetenz der vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen1. 25 Der Teilnahmewettbewerb wird durch eine Bekanntmachung eingeleitet, in der der Auftraggeber seine Bedürfnisse und Anforderungen beschreibt (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 2 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. a) VOL/A). Da die genaue Lösung für den komplexen Auftrag im Rahmen des Dialogs erst ermittelt werden soll, kann es dabei regelmäßig nur um Zielvorgaben bzw. einen groben Umriss der Projektaufgabe gehen2. Das schließt es indes nicht aus, dass der Auftraggeber vorab punktuell bestimmte Anforderungen an die Leistung bereits eindeutig und verbindlich festlegt3. Die weiteren Angaben, die in der Bekanntmachung enthalten sein müssen, sind dem Anhang VII Teil A der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG zu entnehmen. Für die Bewerbungsfrist ist mangels spezieller Regelungen auf § 10a Abs. 2 VOB/A bzw. § 12 EG Abs. 4 VOL/A oder – was im Ergebnis gleichbedeutend ist – unmittelbar auf Art. 38 VKR4 zurückzugreifen, wonach die Frist zur Abgabe der Teilnahmeanträge mindestens 37 Tage, beim elektronischen Versand mindestens 30 Tage beträgt. An die Bekanntmachung und den Eingang der Teilnahmeanträge schließt sich die Eignungsprüfung der interessierten Unternehmen an5. Aufgrund der in der Bekanntmachung angegebenen Kriterien wählt der Auftraggeber die Unternehmen aus, die er zur Teilnahme einladen will. Dabei muss er im Wettbewerbsinteresse – wie beim Verhandlungsverfahren auch – mindestens drei Bewerber einladen; die Höchstzahl kann von vornherein begrenzt werden, wenn dies in der Bekanntmachung angegeben wird6. 26 Die Dialogphase beginnt mit der gleichzeitigen Aufforderung der ausgewählten Bewerber zur Teilnahme am Dialog (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 3 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. b) VOL/A). Die Aufforderung muss insbesondere entweder die Beschreibung der Bedürfnisse und Anforderungen oder die Angabe, wie auf diese elektronisch zugegriffen werden kann, enthalten7. Gleichwohl eine konkrete Darstellung des Auftragsgegenstands in 1 2 3 4

VK Düsseldorf v. 11.8.2006 – VK-30/2006-L. Opitz , VergabeR 2006, 451 (452); Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (22). Opitz , VergabeR 2006, 451 (452). So Opitz , VergabeR 2006, 451 (452); Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (290); EUKommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - S. 7 (Fn. 19). 5 Knauff, NZBau 2005, 249 (251). 6 Vgl. Art. 44 Abs. 3 VKR. 7 Vgl. Art. 40 Abs. 2 VKR.

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diesem Verfahrensstadium noch nicht möglich ist1, sollte die Beschreibung den Auftrag bzw. die strukturellen Anforderungen (outputorientierte Vorgaben) so präzise wie möglich gefasst werden. Denn hierdurch wird der Rahmen für das weitere Verfahren insoweit vorgegeben, als im Ergebnis keine anderen Leistungen beauftragt werden dürfen als zunächst angegeben2. Zwar ist es umstritten und bislang noch nicht abschließend geklärt, ob die Anforderungen an die Leistung im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens vervollständigt oder gar geändert werden können. Allerdings erscheint die Ansicht, die dies für möglich hält3, mit Blick auf den Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz nicht unbedenklich4. Spätestens in der Beschreibung müssen den Bewerbern auch die relevanten Zuschlagskriterien (inklusive ihrer Unterkriterien sowie ihrer Gewichtung bzw. falls Letzteres nicht möglich ist, in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung) mitgeteilt werden5. Diese normative Vorgabe ist in Anbetracht der Tatsache, dass der Auftraggeber die näheren Details der Leistung noch nicht (vollständig) kennt, nicht unbedenklich6. In der Dialogphase werden die Lösungsvorschläge der ausgewählten Be- 27 werber erörtert. Der Auftraggeber ist weitestgehend frei darin, wie er die 1 Knauff, NZBau 2005, 249 (251); zustimmend Heiermann, ZfBR 2005, 766 (771). 2 Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (289). 3 Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (22); Opitz , VergabeR 2006, 451 (452); Knauff, NZBau 2005, 249 (251); sowie Kus, VergabeR 2006, 851 (858), der es auch aus prozesstaktischen Gründen für ratsam hält, in der Bekanntmachung das Anfordern einer ausführlichen Kurzbeschreibung zur technischen, rechtlichen oder finanziellen Komplexität anzubieten; dies zwinge den Markt, Rügen hinsichtlich der Durchführung des wettbewerblichen Dialogs bis zum Ablauf der Teilnahmefrist vorzubringen. 4 Knauff, VergabeR 2004, 287 (291 f.); einen „Mittelweg“ vertreten Schröder, NZBau 2007, 216 (221); Leinemann/Kirch, Vergabe Navigator 2006, 25 (26), die es jeweils ausreichen lassen, dass die Bedürfnisse und Anforderungen jedenfalls so präzise in der Bekanntmachung beschrieben werden, wie dies notwendig ist, um einem an dem Auftrag interessierten Unternehmen die Entscheidung über die Teilnahme an dem wettbewerblichen Dialog zu ermöglichen; darüber hinausgehende Informationen sollten der Beschreibung vorbehalten bleiben, um die Bekanntmachung inhaltlich nicht zu überlasten; so wohl auch Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (289). 5 Vgl. § 6a Abs. 4 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 VgV, Art. 53 Abs. 2 VKR; siehe hierzu auch EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - S. 6; sowie Ollmann, VergabeR 2005, 685 (689). 6 Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (289); Opitz , VergabeR 2006, 451 (461); Heiermann, ZfBR 2005, 766 (771); Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (25); Knauff, NZBau 2005, 249 (251).

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Dialogphase gestaltet1, wenn und soweit die Grundsätze der Gleichbehandlung und Vertraulichkeit gewahrt werden2. Insbesondere kann der Auftraggeber wählen, ob er entweder alle vorgelegten Lösungen – mehr oder minder intensiv – erörtern oder aber – sofern er dies in der Bekanntmachung oder der Beschreibung vorgesehen hat – die Dialogphase in verschiedenen aufeinander folgenden Stufen bzw. Dialogrunden abwickeln will, um die Zahl der zu erörternden Lösungen anhand der in der Bekanntmachung oder der Beschreibung angegebenen Zuschlagskriterien (sukzessive) zu verringern, d.h. eine Vorauswahl zu treffen3. Da die Dialogphase dem Zweck dient, das Leistungsformat zu strukturieren und somit den Auftrag zu konturieren4, können grundsätzlich alle Einzelheiten des Auftrags erörtert werden5. Kein Gegenstand des Dialogs sind jedoch die ökonomischen Daten, wie insbesondere der Preis, und die Zuschlagskriterien6. Auch finden in der Dialogphase keine Verhandlungen über Angebote statt; die Lösungen bzw. Lösungsvorschläge sind allein indikativer Natur, d.h. sie entfalten keine Rechtsbindungswirkung7. 28 Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert zunächst, dass allen Bietern dieselben Möglichkeiten und angemessenen Fristzeiträume für die Unterbreitung und Überarbeitung ihrer Lösungen zugestanden werden8. Für die Angemessenheit der Überarbeitungsfrist kommt es entscheidend darauf an, welchen Zeitbedarf alle im Wettbewerb verbliebenen Bieter beim Auftraggeber angemeldet und in welcher Wettbewerbsposition sie sich befunden haben9. Darüber hinaus führt das Diskriminierungsverbot auch dazu, dass eine Reduzierung der zu erörternden Lösungen (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 3 Satz 1 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. c) Satz 1 VOL/A) allein anhand der in der Bekanntmachung oder der Beschreibung bekannt gegebenen Zuschlagskriterien (und ihrer Gewichtung bzw. Reihenfolge) vor1 Vgl. Heiermann, ZfBR 2005, 766 (773); Opitz , VergabeR 2006, 451 (453). 2 Vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 3 Satz 3, 4 und 5 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. b) Satz 2 und 3 VOL/A, Art. 29 Abs. 3 VKR; s. ferner auch Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 24. 3 Vgl. OLG Brandenburg v. 7.5.2009 – Verg W 6/09, NZBau 2009, 734 (735). 4 Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (290). 5 Vgl. Kus, VergabeR 2006, 851 (862); Leinemann/Maibaum, VergabeR 2004, 275 (278); Bischof/Stoye, MMR 2006, 138 (142); Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (290). 6 Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (290). 7 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 23; Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (293). 8 Schröder, NZBau 2007, 216 (222). 9 OLG Brandenburg v. 7.5.2009 – Verg W 6/09, NZBau 2009, 734 (736); mit kritischer Anm. Mösinger, NZBau 2009, 695 ff.

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genommen werden kann. Denn alles andere liefe auf eine willkürliche Entscheidung hinaus1. Insbesondere ist es aus Gründen der Gleichbehandlung grundsätzlich unzulässig, die Zuschlagskriterien zu ändern. Denn der Auftraggeber könnte anderenfalls die Zuschlagskriterien zu einem Zeitpunkt ändern, an dem er bereits Kenntnis von den Lösungsvorschlägen der einzelnen Bewerber haben könnte. Damit hätte er die Möglichkeit, das Verfahren im Sinne des einen oder anderen zu steuern, insbesondere in den Fällen, in denen die Zuschlagskriterien dazu dienen, die Zahl der zu erörternden Lösungen schrittweise zu verringern2. Stellt sich im Verlauf des Verfahrens heraus, dass der öffentliche Auftraggeber seine Bedürfnisse falsch eingeschätzt hat, darf er das Vergabeverfahren nicht fortführen, sondern muss eine Neuausschreibung vornehmen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Falle der Verlautbarung eines abweichenden Bedürfnisses, das möglicherweise durch divergierende Lösungen befriedigt werden kann, andere Unternehmen am Wettbewerb teilgenommen hätten3. Zulässig ist – in gewissen Grenzen – aber die nachträgliche Präzisierung der Zuschlagskriterien und Ausfüllung durch Unterkriterien4. Da die Grenzen zwischen der Konkretisierung und der Änderung eines Kriteriums fließend sein können, ist insoweit jedoch stets eine sorgfältige, insbesondere am Diskriminierungsverbot orientierte, Einzelfallprüfung erforderlich. Der Grundsatz der Vertraulichkeit bedeutet, dass der Auftraggeber Lö- 29 sungsvorschläge oder vertrauliche Informationen eines Unternehmens nicht ohne dessen Zustimmung an die anderen Unternehmen weitergeben und diese nur im Rahmen des Vergabeverfahrens verwenden darf (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 3 Satz 5 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. b) Satz 3 VOL/A). Daraus folgt, dass der Dialog grundsätzlich getrennt mit den einzelnen 1 VK Düsseldorf v. 11.8.2006 – VK-30/2006-L; Opitz , VergabeR 2006, 451 (458). 2 Knauff, NZBau 2005, 249 (251); Knauff, VergabeR 2004, 287 (292); EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - S. 6 f.; differenzierend Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (290 f.), der eine Konkretisierung der Zuschlagskriterien für nur begrenzt zulässig hält; Zweifel an der Zulässigkeit bestünden unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und der Transparenz insbesondere dann, wenn die Vergabestelle nach den bisherigen Zuschlagskriterien bereits vergaberelevante Ausschließungsentscheidungen getroffen habe. 3 Knauff, NZBau 2005, 249 (251). 4 Vgl. EuGH v. 24.11.2005 – Rs. C-331/04, Slg. 2005, I-10122, 10136, Rz. 32; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, S. 995; Kus, VergabeR 2006, 851 (860 f.); Opitz , VergabeR 2006, 451 (461); Kaelble in Müller-Wrede, ÖPP-Beschleunigungsgesetz, 37, 53 (insb. auch Fn. 52).

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Unternehmen „hinter verschlossenen Türen“ zu führen ist1. Nur mit Zustimmung der Teilnehmer zur Weitergabe von Lösungsvorschlägen oder vertraulichen Informationen ist ein gemeinsamer Dialog oder sind einzelne gemeinsame Dialogphasen möglich2. Das Zustimmungserfordernis wird insbesondere auch dann relevant, wenn das Verfahren ohne Ergebnis endet, also außenwirksam aufgehoben wurde. Konkret ist es dem Aufraggeber dann nämlich verwehrt, mit den Erkenntnissen aus dem Verfahren ein neues Verfahren – dann ggf. als offenes oder nicht offenes Verfahren – zu initiieren, wenn er dabei die Leistungsbeschreibung auf konzeptionelle Erkenntnisse aus dem Dialogverfahren stützen will3. 30 Bei der Reduzierung der zu erörternden Lösungen (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 3 Satz 1 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. c) Satz 1 VOL/A) soll nur die „Zahl der zu erörternden Lösungen“ reduziert werden, nicht (unbedingt) die Zahl der Teilnehmer4. Schon weil ein Teilnehmer auch mehr als eine Lösung in den Dialog einführen kann, bedeutet eine Reduzierung der Lösungen daher nicht zwangsläufig eine Reduzierung der Teilnehmer5. In den meisten Fällen werden die Teilnehmer jedoch jeweils nur eine Lösung vorlegen und der Ausschluss einer Lösung ist dann gleichbedeutend mit dem Ausscheiden des betreffenden Teilnehmers6. Mit Blick auf das Wettbewerbsgebot, welches auch in Art. 44 Abs. 4 Satz 2 VKR und § 3a Abs. 4 Nr. 4 Satz 3 VOB/A zum Ausdruck kommt, ist fraglich, wie weit die Reduzierung der zu erörternden Lösungen konkret gehen darf, und ob – wie im Verhandlungsverfahren (s. hierzu Rz. 39) – ein sog. preferred bidder-Verfahren zulässig ist. Teile des Schrifttums halten dies unter Hinweis auf Art. 44 Abs. 4 Satz 2 VKR für per se unzulässig mit der Folge, dass im 1 Opitz , VergabeR 2006, 451 (457); Leinemann/Maibaum, VergabeR 2004, 275 (279); Knauff, NZBau 2005, 249 (252); EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - 7. 2 Opitz , VergabeR 2006, 451 (457); EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 7. 3 Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (292). 4 Vgl. Ruthig, NZBau 2006, 137 (141); EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - 9. A.A. wohl Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (22). 5 Opitz , VergabeR 2006, 451 (458). 6 Vgl. EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - 9 (Fn. 30), wo zugleich darauf hingewiesen wird, dass die Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG keine Bestimmung enthält, die die Auftraggeber daran hindert, den Teilnehmern die Einreichung mehrerer Lösungen zu erlauben.

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Ergebnis die Zahl der Teilnehmer nur bis auf minimal zwei reduziert werden könne1. Nach Ansicht der EU-Kommission ist dagegen eine Reduzierung auf eine einzige Lösung und einen geeigneten Bewerber möglich2. Auch Teile des Schrifttums halten es für zulässig, dass der Auftraggeber vorrangig nur mit einem bestimmten Unternehmen (sog. preferred bidder) verhandelt3. Selbst „Scheindialoge“ mit den übrigen Bietern sollen in diesem Zusammenhang erlaubt sein4. Letzterer Ansicht kann nur mit der Einschränkung zugestimmt werden, dass die Gespräche aber nicht von vornherein so konzipiert werden dürfen, dass sich aus den vorgeschlagenen Lösungen nur ein zuschlagfähiges Angebot herausfiltern lässt. Denn zumindest dies ist mit dem Wettbewerbsgrundsatz unvereinbar5. Der Auftraggeber hat den Dialog für abgeschlossen zu erklären, wenn 31 eine Lösung gefunden worden ist, die seine Bedürfnisse erfüllt, oder erkennbar ist, dass keine Lösung gefunden werden kann (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. d) Satz 1 VOL/A). Im erstgenannten Fall hat der Auftraggeber die Teilnehmer aufzufordern, auf der Grundlage der eingereichten und in der Dialogphase näher ausgeführten Lösungen ihr endgültiges Angebot vorzulegen (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. d) Satz 2 VOL/A). Für den Mindestgehalt dieser Aufforderung gilt wiederum Art. 40 Abs. 5 VKR6. Damit beginnt die Angebotsphase. Um dem Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz hinreichend Rechnung zu tragen, ist sämtlichen Bietern für die abschließende Angebotsabgabe eine angemessene Frist einzuräumen, die ausreichend Zeit für eine Angebotsanpassung lässt7. Dabei muss der Auftraggeber, auch wenn er grundsätzlich zu einem Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen verpflichtet ist, diesen Ausgleich allerdings nicht dahingehend vornehmen, dass er die Bieter, die im wettbewerblichen Dialog einen ausgeschiedenen Lösungsvorschlag eingereicht haben, in dieselbe Position versetzt wie ihre Konkurrenten zu Beginn der vorangehenden Dialogphase. Denn es würde dem Wesen des in Form von Dialogphasen durchgeführten wettbewerblichen Dialogs widersprechen, bei Ausschluss einer Lösung einem Unternehmen deutlich mehr Zeit ein1 M.w.N. Opitz , VergabeR 2006, 451 (459); Burgi, DVBl. 2007, 649 (656). 2 EU-Kommission, Erläuterungen – Wettbewerblicher Dialog – Klassische Richtlinie, Dokument CC/2005/04–rev1 v. 5.10.2005 - 8 f. Kritisch dazu Opitz , VergabeR 2006, 451 (459). 3 Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (23). 4 Knauff, NZBau 2005, 249 (252). 5 Ähnlich Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (23). 6 Ollmann, VergabeR 2005, 685 (690). 7 Vgl. Ruthig, NZBau 2006, 137 (141); Pünder/Franzius, ZfBR 2006, 20 (23).

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zuräumen als die Konkurrenten benötigen, damit der Anbieter der ausgeschlossenen Lösung im Wettbewerb bleiben kann. Hierdurch würde der Auftraggeber vielmehr diejenigen Bieter benachteiligen, die von ihm bevorzugte Lösungen eingereicht haben1. 32 Aus den beim Auftraggeber eingereichten verbindlichen bzw. endgültigen Offerten ist anhand der den Bietern bekannt gemachten Zuschlagskriterien das wirtschaftlichste Angebot auszuwählen. Verhandlungen sind nunmehr unzulässig2. Der Auftraggeber kann lediglich Präzisierungen, Klarstellungen und Ergänzungen, aber keine Änderungen der grundlegenden Elemente des Angebots verlangen (vgl. § 3a Abs. 4 Nr. 6 Satz 2 und 3 VOB/A, § 3 EG Abs. 7 lit. d) Satz 3 und 4 VOL/A). Den (positiven) Abschluss des Verfahrens bildet der Zuschlag. Scheitert der wettbewerbliche Dialog, weil entweder keine Lösung gefunden wurde oder keine bzw. keine ordnungsgemäßen (wertungsfähigen) Angebote abgegeben wurden, so liegt ein Aufhebungsgrund gemäß § 17 VOB/A bzw. § 20 EG VOL/A vor3. Der Auftraggeber kann in diesem Fall zumindest im Bereich der VOB/A nach derzeitiger Rechtslage aber nicht ohne Weiteres ein Verhandlungsverfahren mit bzw. ohne vorheriger Bekanntmachung anschließen. Art. 30 Abs. 1 lit. a) VKR steht dem zwar nicht entgegen, jedoch führt § 3a Abs. 5 und 6 VOB/A einen gescheiterten wettbewerblichen Dialog nicht als Rechtfertigung für ein Verhandlungsverfahren auf4. Anders ist dies im Bereich der VOL/A (vgl. § 3 EG Abs. 3 lit. a) VOL/A). 4. Verhandlungsverfahren (§ 101 Abs. 5) 33 a) Begriff und Bedeutung. Verhandlungsverfahren sind gemäß § 101 Abs. 5 „Verfahren, bei denen sich der Auftraggeber mit oder ohne vorherige öffentliche Aufforderung zur Teilnahme an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren über die Auftragsbedingungen zu verhandeln“. Diese Definition steht im Einklang mit Art. 1 Abs. 11 lit. d) VKR, wonach Verhandlungsverfahren Verfahren sind, „bei denen der öffentliche Auftraggeber sich an Wirtschaftsteilnehmer seiner Wahl wendet und mit einem oder mehreren von ihnen über die Auftragsbedingungen verhandelt“.

1 OLG Brandenburg v. 7.5.2009 – Verg W 6/09, NZBau 2009, 734 (736); mit kritischer Anm. Mösinger, NZBau 2009, 695 ff. 2 Vgl. Knauff, NZBau 2005, 249 (251 f.); Knauff, VergabeR 2004, 287 (294). 3 Opitz , VergabeR 2006, 451 (456). 4 Vgl. hierzu auch Kolpatzik, VergabeR 2007, 279 (294).

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Das Verhandlungsverfahren ist – anders als das nicht offene Verfahren – 34 keine bloße Abweichung vom offenen Verfahren, sondern eine wesentlich andere Verfahrensart1. Das Verhandlungsverfahren unterscheidet sich vom offenen und nicht offenen Verfahren insbesondere dadurch, dass sowohl der Leistungsgegenstand nicht bereits in der Ausschreibung in allen Einzelheiten festgeschrieben ist, als auch Angebote abgeändert werden können, nachdem sie abgegeben worden sind2. Dies bedeutet, dass nach Ablauf der Angebotsfrist die Angebote nicht nur noch nach dem für alle einheitlichen Maßstab zu bewerten sind, sondern vielmehr ein dynamischer Prozess beginnt, in dem sich durch Verhandlungen sowohl auf Nachfrage- als auch auf Angebotsseite Veränderungen ergeben können3. Hieraus wird deutlich, dass der Wettbewerb beim Verhandlungsverfahren, wo sich das Verfahren von vornherein auf die – sei es durch einen vorangegangen Teilnahmewettbewerb oder ohne Durchführung eines solchen – ausgewählten Unternehmer, mit denen über den Auftragsinhalt verhandelt wird, beschränkt, noch stärker zurückgedrängt wird als beim nicht offenen Verfahren und damit – zumindest potenziell – eine noch größere Anfälligkeit für willkürliche Vergabeentscheidungen besteht. Bei wettbewerbsgerechter und transparenter Durchführung ist das Verhandlungsverfahren jedoch ein ebenso geeignetes Verfahren zur Ermittlung von wirtschaftlichen Angeboten wie das offene oder das nicht offene Verfahren4. b) Grundzüge und Grundsätze des Verfahrens. Der Verfahrensablauf rich- 35 tet sich im Einzelnen danach, ob das Verhandlungsverfahren mit oder ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb/öffentliche Vergabebekanntmachung durchgeführt wird (vgl. § 3a Abs. 5 und 6 VOB/A, § 3 EG Abs. 3 und 4 VOL/A, § 3 Abs. 1 und 4 VOF). Im ersten Fall besteht das Verfahren im Rechtssinn aus zwei Elementen, namentlich dem vorgeschalteten öffentlichen Teilnahmewettbewerb (inklusive Vergabebekanntmachung) und dem nachfolgenden „eigentlichen“ Verhandlungsverfahren5. Insoweit 1 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 31. 2 Zu den im Vergleich zum wettbewerblichen Dialog bestehenden Unterschieden s. Rz. 20. 3 Vgl. BGH v. 10.9.2009 – VII ZR 255/08, BauR 2009, 1908 (1911); OLG Düsseldorf v. 5.7.2006 – Verg 21/06, VergabeR 2006, 929 (930); OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, VergabeR 2006, 914 (925); OLG Naumburg v. 13.5.2008 – 1 Verg 3/08, VergabeR 2009, 91 (93 ff.); OLG Dresden v. 3.12.2003 – WVerg 15/03, VergabeR 2004, 225 (228); VK Schleswig-Holstein v. 14.5.2008 – VK-SH 06/08. 4 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 45. 5 OLG Düsseldorf v. 24.9.2002 – Verg 48/02, NZBau 2003, 349 (351); VK Bund v. 22.2.2008 – VK 1–4/08; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 33.

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wird teilweise auch von einem „gemischt-förmlichen/nicht-förmlichen Verfahren“ gesprochen1. Im zweiten Fall beschränkt sich das Verfahren auf das zweite Element, d.h. das „eigentliche“ Verhandlungsverfahren. 36 Was den vorgeschalteten öffentlichen Teilnahmewettbewerb und die Auswahl der Teilnehmer betrifft, so unterscheidet sich dieser Verfahrensbestandteil nicht wesentlich von dem entsprechenden Verfahrensbestandteil im nicht offenen Verfahren. Es kann daher auf das oben unter Rz. 15–17 Gesagte verwiesen werden. 37 Das „eigentliche“ Verhandlungsverfahren ist dadurch charakterisiert, dass der Leistungsgegenstand nicht bereits in der Ausschreibung in allen Einzelheiten festgeschrieben ist als auch Angebote abgeändert werden können, nachdem sie abgegeben worden sind2. Verhandeln im Sinne des § 101 Abs. 5 bedeutet daher, dass Auftraggeber und potentieller Auftragnehmer den Auftragsinhalt und die Auftragsbedingungen solange besprechen können, bis klar ist, wie die Leistung ganz konkret beschaffen sein soll, zu welchen Konditionen der Auftragnehmer diese liefert und grundsätzlich insbesondere auch zu welchem Preis3. Dies darf indes nicht dazu führen, dass letztlich andere Leistungen beschafft werden, als angekündigt, d.h. die Identität des Beschaffungsvorhabens nicht gewahrt wird4. Aus Art. 30 Abs. 2 VKR und § 101 Abs. 5, wonach der öffentliche Auftraggeber mit den Bietern über die von diesen unterbreiteten Angebote verhandelt, lässt sich entnehmen, dass das Verhandlungsverfahren in der Regel zweistufig ausgestaltet ist und sich nach der Sichtung und Wertung der (indikativen) Eingangsangebote (erste Stufe) zumindest eine Ver1 Vgl. Boesen, Vergaberecht, § 101 Rz. 43; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 33. 2 Vgl. BGH v. 10.9.2009 – VII ZR 255/08, BauR 2009, 1908 (1911); OLG Düsseldorf v. 5.7.2006 – Verg 21/06, VergabeR 2006, 929 (930); OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, VergabeR 2006, 914 (925); OLG Naumburg v. 13.5.2008 – 1 Verg 3/08, VergabeR 2009, 91 (93 ff.); OLG Dresden v. 3.12.2003 – WVerg 15/03, VergabeR 2004, 225 (228); VK Schleswig-Holstein v. 14.5.2008 – VK-SH 06/08. 3 Vgl. BGH v. 10.9.2009 – VII ZR 255/08, BauR 2009, 1908 (1911); OLG Düsseldorf v. 5.7.2006 – Verg 21/06, VergabeR 2006, 929 (930); OLG Stuttgart v. 24.11.2008 – 10 U 97/08, VergabeR 2009, 514 (518), mit Anm. Herrmann; VK Bund v. 13.6. 2007 – VK 2–48/07; VK Bund v. 26.3.2007 – VK 3–19/07; VK Schleswig-Holstein v. 14.5.2008 – VK-SH 06/08; VK Südbayern v. 8.2.2002 – Verg 41-11/01. 4 Vgl. OLG Dresden v. 3.12.2003 – WVerg 15/03, VergabeR 2004, 225 (229); OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, VergabeR 2006, 914 (925); anderenfalls läuft die Ausschreibungsverpflichtung als Ausgangspunkt aller vergaberechtlichen Rechte und Pflichten der Beteiligten letztlich leer; bloße Modifikationen desselben v. konkreten Verhandlungsverfahren gedeckten Leistungsgegenstandes sind jedoch zulässig, vgl. VK Schleswig-Holstein v. 14.5.2008 – VH SH 06/08.

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handlungsrunde (zweite Stufe) anschließen soll. Auf eine zweite und weitere Verhandlungsrunde besteht dagegen kein Anspruch1. Im Regelfall wird am Ende des Verhandlungsprozesses ein Vertrag mit dem Unternehmen geschlossen, das bis zum Schluss übrig geblieben ist. Dabei kann der Verhandlungsprozess in Phasen ablaufen, nach deren jeweiligem Ende Unternehmen ausscheiden, beispielsweise weil sie technisch nicht die gewünschte Leistung erbringen können oder wollen2. Kommt dagegen eine Auftragserteilung nicht in Betracht, weil beispielsweise keine der angebotenen Leistungen überzeugt oder der günstigste Angebotspreis oberhalb der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel liegt, ist das Verfahren – zumindest im Bereich der VOL/A (vgl. § 20 EG Abs. 1 VOL/A) – formal zu beenden, d.h. aufzuheben3. Für das Verhandlungsverfahren gelten insgesamt nur geringe formale An- 38 forderungen. Gleichwohl ist das Verhandlungsverfahren kein wettbewerbsfreier Raum und mithin als ein „ordentliches“ Vergabeverfahren anerkannt4. Insbesondere hat der öffentliche Auftraggeber im Verhandlungsverfahren die wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts, d.h. die Grundsätze des Wettbewerbs sowie das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot, zu beachten5. So ist beispielsweise der Auftraggeber aufgrund des Wettbewerbsprinzips 39 auch im Verhandlungsverfahren nicht davon befreit, Angebote im Wett1 OLG Düsseldorf v. 5.7.2006 – Verg 21/06, VergabeR 2006, 929 (930). 2 OLG Celle v. 16.1.2002 – 13 Verg 1/02, VergabeR 2002, 299 (301 f.). 3 § 20 EG Abs. 1 VOL/A bezieht sich – anders als § 26 VOL/A 2006 – nicht nur auf „Ausschreibungen“, d.h. offene und nicht offenen Verfahren, sondern auf „Vergabeverfahren“; im Bereich der VOB/A spricht § 17 VOB/A indes – wie bereits § 26 VOB/A 2006 – von „Ausschreibungen“ und erfasst somit keine Verhandlungsverfahren, so dass hier der Streit, ob auch ein Verhandlungsverfahren formal zu beenden ist (so VK Sachsen-Anhalt v. 11.4.2005 – VK 2-LVwA LSA 06/05), oder ob dies eine „überflüssige Förmelei“ darstellt (so VK Hessen v. 7.10.2004 – 69d-VK-60/2004; zustimmend Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 47) weiterhin fortdauert. 4 OLG Düsseldorf v. 5.7.2006 – Verg 21/06, VergabeR 2006, 929 (930); Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 641 m.w.N.; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 34. 5 Vgl. BGH v. 10.9.2009 – II ZR 255/08, BauR 2009, 1908 (1911); BGH v. 1.8.2006 – X ZR 115/04, VergabeR 2007, 73 (75); OLG Düsseldorf v. 19.7.2006 – Verg 27/06; OLG Düsseldorf v. 18.6.2003 – Verg 15/03; OLG München v. 29.9.2009 – Verg 12/09, IBR 2009, 723 und 729; OLG München v. 20.4.2005 – Verg 8/05, OLGR München 2005, 673; BayObLG v. 5.11.2002 – Verg 22/02, VergabeR 2003, 186 (189); VK Bund v. 8.2.2005 – VK 1–02/05; VK Baden-Württemberg v. 21.1.2004 – 1 VK 74/03.

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bewerb einzuholen, d.h. zumindest mit mehreren Bietern zu verhandeln, soweit dies im Verfahren zumutbar ist1. Dies gilt insbesondere auch für die Schlussphase des Verhandlungsverfahrens. Auch hier muss noch ein echter Wettbewerb gewährleistet sein, sofern eine ausreichende Anzahl von geeigneten Bewerbern vorhanden ist (vgl. § 3a Abs. 7 Nr. 2 Satz 2 VOB/A, § 3 EG Abs. 6 Satz 3 VOL/A). Hieraus folgt aber nicht, dass bis zum Schluss mit mehr als einem Bieter verhandelt werden muss, wenn eine Beschränkung der Verhandlungen auf einen sog. „preferred bidder“ sachlich gerechtfertigt ist2. 40 Grundsätzlich kommt dem Auftraggeber bei der konkreten Ausgestaltung und Strukturierung des Verhandlungsverfahrens ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Das Transparenzgebot verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber jedoch, den Verfahrensablauf – soweit bekannt – mitzuteilen und davon nicht überraschend und willkürlich abzuweichen3. Regelmäßig dürfte es für den öffentlichen Auftraggeber aber bereits im Interesse der Vermeidung von Vergabenachprüfungsverfahren empfehlenswert sein, den Verfahrensablauf so transparent wie möglich zu gestalten, und zwar insbesondere durch die (frühzeitige) Bekanntgabe eines Bieterleitfadens sowie der im Voraus aufgestellten Bewertungsmatrix (Wertungskriterien, Unterkriterien und deren Gewichtung)4. Grundsätzlich steht es dem Auftraggeber aber frei, ob er die vorgesehenen Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtung schon in der Vergabebekanntmachung oder aber mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe in den Verdingungsunterlagen des Verhandlungsverfahrens bekannt gibt; wobei mit der Angebotsabgabe die Abgabe der endgültigen, verbindlichen Angebote gemeint ist und nicht die der im Verhandlungsverfahren üblichen indikativen, d.h. unverbindlichen Angebote im Rahmen der Verhandlungsphase5. Aus dem 1 OLG Düsseldorf v. 5.7.2006 – Verg 21/06, VergabeR 2006, 929 (930); OLG Düsseldorf v. 24.2.2005 – Verg 88/04, NZBau 2005, 535; OLG Düsseldorf v. 23.2.2005 – Verg 87/04, IBR 2005, 231; OLG Düsseldorf v. 23.2.2005 – Verg 78/04, NZBau 2005, 537 (538). 2 Vgl. OLG Frankfurt/Main v. 2.11.2004 – 11 Verg 16/04; VK Sachsen-Anhalt v. 3.3. 2006 – VK 2 LVwA LSA - 02/06; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 427 f.; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 42. 3 OLG Düsseldorf v. 18.6.2003 – Verg 15/03. 4 So bereits Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 38, der zutreffend darauf hinweist, dass Vergabeverfahren zumeist dann angefochten werden, wenn infolge von Intransparenz der Verdacht der „Kungelei“ besteht. 5 OLG Düsseldorf v. 21.11.2007 – Verg 32/07; sowie Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 38.

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Transparenzgebot folgen darüber hinaus auch das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, welches auch im Verhandlungsverfahren gilt1, sowie das Erfordernis konkreter Preisangaben des Bieters2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Auftraggeber weiter 41 dazu, im Verhandlungsverfahren alle Bieter gleich zu behandeln. Er muss also insbesondere allen Bietern die gleichen Informationen zukommen lassen und ihnen die Chance geben, innerhalb gleicher Fristen und zu gleichen Anforderungen Angebote abzugeben3. Von daher ist es auch zwingend notwendig, dass das letzte Angebot der verbliebenen Bieter zeitgleich, d.h. zu einem genau festgesetzten Termin eingeholt wird4. Dass die Angebote auf der Grundlage von Bedingungen abgegeben wurden, die für alle Bieter einheitlich sind, ist zudem auch beim Verhandlungsverfahren eine Grundvoraussetzung für eine vergaberechtskonforme Zuschlagsentscheidung. Denn nur unter dieser Prämisse sind die Angebote auf der vierten Wertungsstufe miteinander vergleichbar5. Weiter darf aus Gründen der Gleichbehandlung auch im Verhandlungsverfahren der Zuschlag nicht auf ein Angebot erteilt werden, das der Leistungsbeschreibung nicht entspricht6 oder verfristet eingereicht wurde7. Schließlich folgt aus dem Gebot der Gleichbehandlung, dass der Auftraggeber sicherstellen muss, dass zwischen den Bietern ein wirksamer (Geheim-) Wettbewerb stattfindet8. Dies bedeutet zum einen, dass der Auftraggeber nicht schon durch seine Teilnehmerauswahl erkennbar und nach allgemeiner Erfahrung zu einer möglichen Wettbewerbsverzerrung beiträgt9, und zum anderen, dass dem Grundsatz der Vertraulichkeit ein hoher Stellenwert zukommt, welcher dem Auftraggeber zum Ausgleich ein hohes Maß an klarer Verhandlungsführung abverlangt10. 1 OLG Düsseldorf v. 2.8.2002 – Verg 25/02, IBR 2003, 216. 2 Vgl. BGH v. 10.9.2009 – VII ZR 255/08, BauR 2009, 1908 (1911). 3 OLG Celle v. 16.1.2002 – 13 Verg 1/02, VergabeR 2002, 299 (301); OLG Düsseldorf v. 19.7.2006 – Verg 27/06; OLG Düsseldorf v. 5.7.2006 – Verg 21/06, VergabeR 2006, 929 (930); VK Brandenburg v. 14.12.2007 – VK 50/07; VK Münster v. 9.4.2003 – VK 05/03; VK Sachsen v. 17.12.2007 – 1/SVK/073–07; VK Saarland v. 16.3.2004 – 3 VK 09/2003; VK Südbayern v. 8.2.2002 – 41–11/01. 4 VK Südbayern v. 8.2.2002 – 41–11/01. 5 VK Bund v. 20.8.2008 – VK 1–111/08. 6 VK Bund v. 8.2.2005 – VK 1–02/05; VK Baden-Württemberg v. 28.10.2004 – 1 VK 68/04. 7 OLG Düsseldorf v. 7.1.2002 – Verg 36/01, VergabeR 2002, 169 (171). 8 VK Brandenburg v. 2.10.2006 – 2 VK 38/06. 9 VK Brandenburg v. 2.10.2006 – 2 VK 38/06. 10 VK Baden-Württemberg v. 12.1.2004 – 1 VK 74/03.

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IV. Elektronische Auktion und dynamisches elektronisches Verfahren (§ 101 Abs. 6) 42 § 101 Abs. 6 regelt die unselbständigen Verfahrensarten (vgl. Rz. 1) der elektronischen Auktion und des dynamischen elektronischen Verfahrens. Hiermit wird von den in Art. 33 VKR (dynamische Beschaffungssysteme) und Art. 54 VKR (elektronische Auktionen) gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Optionen Gebrauch gemacht. Die Beschreibungen/Definitionen des § 101 Abs. 6 sind indes nur rudimentär. Es ist daher auf die Regelungen der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG zurückzugreifen. 1. Elektronische Auktion (§ 101 Abs. 6 Satz 1) 43 Gemäß Art. 1 Abs. 7 Satz 1 VKR ist eine elektronische Auktion „ein iteratives Verfahren, bei dem mittels einer elektronischen Vorrichtung nach einer ersten vollständigen Bewertung der Angebote jeweils neue, nach unten korrigierte Preise und/oder neue, auf bestimmte Komponenten der Angebote abstellende Werte vorgelegt werden, und das eine automatische Klassifizierung dieser Angebote ermöglicht“. Folglich dürfen – so die Regelung in Art. 1 Abs. 7 Satz 2 VKR – „bestimmte Bau- und Dienstleistungsaufträge, bei denen eine geistige Leistung zu erbringen ist – wie z.B. die Konzeption von Bauarbeiten –, nicht Gegenstand von elektronischen Auktionen sein“. 44 Die elektronische Auktion ist – wie gesagt – kein eigenständiges Verfahren, sondern eine elektronische Methode zur Preisbildung, die im Rahmen der Vergabeverfahren offenes, nicht offenes und Verhandlungsverfahren durchgeführt werden kann, wenn die zu beschaffenden Leistungen genau bestimmt werden können (vgl. Art. 54 Abs. 2 VKR). Darüber hinaus kann diese Verfahrensart auch zur Preisbildung bei einer Rahmenvereinbarung oder einem elektronischen Katalogsystem durchgeführt werden. Im Gegensatz zur klassischen Auktion, die von der Basis eines Mindestgebots ausgeht und auf jeweilig höhere Gebote zielt, erfolgt die Preisbildung bei der elektronischen Auktion in Form einer sog. „inversen Auktion“. Dabei werden in verschiedenen Verfahrensschritten durch die Bieter jeweils nach unten korrigierte Preise vorgelegt. Die neuen Angebote werden dann automatisch neu bewertet. Den Bietern wird in den Phasen (Preisrunden) der jeweilige Rang mitgeteilt. Während der Preisrunden darf die Anzahl der Mitbewerber bekannt gegeben werden. Soweit dies vorher bekannt gemacht wurde, dürfen auch die Preise der Wettbewerber mitgeteilt werden. Die Offenlegung der Identität der Konkurrenz ist jedoch verboten (vgl. Art. 54 Abs. 6 VKR). 392

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Die elektronische Auktion endet, wenn entweder der als Ende bekannt 45 gegebene Termin eingetreten ist oder keine neuen Preise mehr eingehen und/oder die vorgesehene Anzahl an Preisrunden durchgeführt wurde. Als mögliche Vorteile einer elektronischen Auktion sind zu nennen: die 46 Kosteneinsparung beim öffentlichen Auftraggeber durch die elektronische Form, die automatische Angebotsauswahl durch automatische Neureihung der Angebote, die schnellen Reaktionsmöglichkeiten sowie die Verschärfung des Preiswettbewerbs durch die Möglichkeit der Bieter hinsichtlich der Preise nachzubessern. Dem steht der mögliche Nachteil einer Dumpingpreisgefahr gegenüber. 2. Dynamisches Elektronisches Verfahren (§ 101 Abs. 6 Satz 2) Art. 1 Abs. 6 VKR definiert das „dynamische Beschaffungssystem“ als 47 ein vollelektronisches Verfahren für Beschaffungen von marktüblichen Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen; dieses Verfahren ist zeitlich befristet und steht während der gesamten Verfahrensdauer jedem Wirtschaftsteilnehmer offen, der die Eignungskriterien erfüllt und ein erstes Angebot im Einklang mit den Verdingungsunterlagen unterbreitet hat. Das dynamische elektronische Verfahren kann als eine Art „vollelektro- 48 nisches Warenhaus“ umschrieben werden. Dabei richten sich Beschaffungsstellen IT-gestützt einen Zirkel von Bietern für bestimmte Waren oder Warengruppen ein, in dessen Rahmen anschließend Aufträge vergeben werden. Neben Verfahrenserleichterungen (aus einem eingerichteten Beschaffungssystem heraus können Einzelaufträge ohne erneute Eignungsprüfung der Bieter und innerhalb verkürzter Fristen vergeben werden) soll hier insbesondere das durchgehend elektronische Verfahren zu Vorteilen für Auftraggeber und Bieter führen. Dynamische elektronische Verfahren ähneln damit den Rahmenvereinbarungen und erlauben wie diese die sog. Katalogbeschaffung1. Das dynamische elektronische Verfahren kann für die Beschaffung 49 marktüblicher Leistungen eingerichtet werden und ist in allen Phasen von der Einrichtung bis zur Vergabe als offenes Verfahren durchzuführen (vgl. Art. 1 Abs. 6, 33 Abs. 2 VKR). In der Vergabebekanntmachung ist anzugeben, dass es sich um ein dynamisches elektronisches Verfahren handelt (vgl. Art. 33 Abs. 3 lit. a) VKR). In den Vergabeunterlagen sind 1 VK Münster v. 12.5.2009 – VK 5/09.

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insbesondere zu präzisieren die Art der beabsichtigten Beschaffung, die Gegenstand des dynamisch elektronischen Verfahrens sind, sowie alle erforderlichen Informationen zum dynamischen elektronischen Verfahren, zur verwendeten elektronischen Ausrüstung des Auftraggebers, zu den Datenformaten und zu den technischen Vorkehrungen und Merkmalen der elektronischen Verbindung (vgl. Art. 33 Abs. 3 lit. b) VKR). Des Weiteren ist ein ständiger freier, unmittelbarer und uneingeschränkter Zugang zu den Vergabeunterlagen und den zusätzlichen Dokumenten während des Vergabeverfahrens zu gewährleisten (vgl. Art. 33 Abs. 3 lit. c) VKR). In der ersten Verfahrensstufe geben die Bewerber zunächst unverbindliche Angebote ab, welche innerhalb einer (verlängerbaren) Frist von 15 Kalendertagen ab dem Zeitpunkt der Vorlage zu werten sind (vgl. Art. 33 Abs. 4 UA 1 VKR). Im Anschluss hieran unterrichtet der Auftraggeber die Unternehmen unverzüglich darüber, ob sie zur Teilnahme am dynamischen elektronischen Verfahren zugelassen werden oder ob das vorläufige Angebot abgelehnt wurde (vgl. Art. 33 Abs. 4 UA 2 VKR). Daran anschließend erfolgt die Zulassung der für geeignet erachteten Bieter zur Teilnahme am System. Alle im Bieterverzeichnis aufgeführten Unternehmen werden dann elektronisch für jeden Einzelauftrag zur Angebotsabgabe gesondert aufgefordert. Der Auftraggeber fordert hierbei alle zugelassenen Unternehmen auf, endgültige Angebote für die zu vergebenden Aufträge einzureichen. Für die Einreichung der Angebote ist eine angemessene Frist festzulegen. Der Auftrag ist an das Unternehmen zu vergeben, das nach den in der Bekanntmachung aufgestellten Zuschlagskriterien das wirtschaftlichste Angebot vorgelegt hat (vgl. Art. 33 Abs. 6 VKR). Diese Kriterien können ggf. in der Aufforderung nochmals präzisiert werden. Die Laufzeit des Verfahrens darf grundsätzlich vier Jahre nicht überschreiten (vgl. Art. 33 Abs. 7 VKR). 50 Als vorteilhaft erscheint das dynamische elektronische Verfahren insbesondere mit Blick auf folgende Umstände: die Kosteneinsparung beim öffentlichen Auftraggeber durch die elektronische Form, das „Mehr“ an Planungssicherheit sowie die Verschärfung des Preiswettbewerbs. Dem steht der Nachteil des hohen Verwaltungsaufwands im Vorfeld zur Vorbereitung eines reibungslosen Ablaufs des Verfahrens gegenüber. V. Vorrang des offenen Verfahrens (§ 101 Abs. 7 Satz 1) 51 Um den Wettbewerb weitestmöglich zu stärken und damit zugleich Willkürentscheidungen und Diskriminierungen vorzubeugen, ist in § 101 Abs. 7 Satz 1 vorgesehen, dass grundsätzlich das offene Verfahren gemäß Abs. 2 der Vorschrift anzuwenden ist. Es bleibt daher auch nach 394

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dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20091 für das deutsche Vergaberecht beim Vorrang des offenen Verfahrens. Das EU-Recht würde zwar gemäß Art. 28 Satz 2 VKR eine freie Wahl zwischen dem offenen und dem nicht offenen Verfahren zulassen; nachrangig sind lediglich das Verhandlungsverfahren sowie der wettbewerbliche Dialog, welche nur unter den in Art. 29 VKR bzw. Art. 30, 31 VKR genannten Voraussetzungen zulässig sind (vgl. Art. 28 Satz 3 VKR). Allerdings geht der deutsche Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass das offene Verfahren den Prinzipien der Marktwirtschaft am ehesten entspricht, weil es den größtmöglichen Wettbewerb gewährleistet und damit auch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit am besten Rechnung trägt2. Dies stellt insbesondere auch einen hinreichenden Grund für den Vorrang des offenen Verfahrens dar3. Der Vorrang für das offene Verfahren gilt im Übrigen auch für die Vergabe von sog. nachrangigen Dienstleistungen im Sinne von Anhang I B, die grundsätzlich einer europaweiten Ausschreibung nicht bedürfen4. Der Grundsatz des § 101 Abs. 7 Satz 1 steht unter der Einschränkung, 52 dass von der Wahl des offenen Verfahrens zugunsten des nicht offenen Verfahrens, des wettbewerblichen Dialogs oder des Verhandlungsverfahrens abgewichen werden darf, wenn dies aufgrund des Gesetzes gestattet ist. Diese Abweichungen sind in den §§ 4 ff. der Vergabeverordnung in Verbindung mit den für die verschiedenen Auftragsarten einschlägigen Verdingungsordnungen (VOB/A, VOL/A, VOF) geregelt (zu den öffentlichen Aufträgen s. die Kommentierung zu § 99). Aus diesen ergibt sich konkret, wann das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren, der wettbewerbliche Dialog oder das Verhandlungsverfahren zulässig ist. Für den Bereich der freiberuflichen Leistungen im Sinne von § 1 VOF ist in § 3 VOF vorgesehen, dass Aufträge über freiberufliche Leistungen immer im Verhandlungsverfahren vergeben werden, d.h. dort ist die Abweichung vom offenen Verfahren als Regelfall normiert5. Der grundsätzliche Vorrang des offenen Verfahrens führt jedoch dazu, 53 dass die Tatbestände, die ein Abweichen vom offenen Verfahren eröff-

1 Vgl. BGBl. I, S. 790 ff. 2 Vgl. bereits BT-Drucks. 13/9340, S. 15; Werner in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 690; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 65. 3 VK Lüneburg v. 12.11.2003 – 203-VgK-27/2003. 4 VK Magdeburg v. 6.6.2002 – 33–32571/07-VK-5/02-MD. 5 Vgl. Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 5 Rz. 6 ff.

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nen, eng auszulegen sind1. Die Beweislast für das Vorliegen der Ausnahmetatbestände trägt der Auftraggeber2. Schließlich wirkt der grundsätzliche Vorrang des offenen Verfahrens auch insoweit fort, als selbst dann, wenn eine andere Vergabeart wegen des Vorliegens eines entsprechenden Ausnahmetatbestandes zulässig in Betracht kommt, die Vergabestelle – jedenfalls im Prinzip – nicht daran gehindert ist, gleichwohl eine höherrangige, wettbewerblichere Vergabeart zu wählen3. Hierfür kann es im Einzelfall durchaus sachliche Gründe geben. Umgekehrt ist im Normalfall bei Vorliegen eines entsprechenden Ausnahmetatbestandes gegen das Absehen vom offenen Verfahren aber auch nichts einzuwenden4. 54 § 101 Abs. 7 Satz 1 zieht zudem für die Ausgestaltung durch untergesetzliche Normen dahingehend eine Grenze, dass keine zusätzlichen oder abweichenden Vergabearten zu denjenigen des § 101 Abs. 1 bis 5 geschaffen werden dürfen. VI. Arten der Vergabe für Sektorenauftraggeber (§ 101 Abs. 7 Satz 2) 55 Die sog. Sektorenauftraggeber dürfen gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 ohne Berücksichtigung des Rangverhältnisses der Vergabearten zwischen dem offenen, dem nicht offenen und dem Verhandlungsverfahren frei wählen. Nicht zur Verfügung steht ihnen der wettbewerbliche Dialog. Der Wortlaut der Neufassung des § 101 Abs. 7, der sich im Gegensatz zum bisherigen § 101 Abs. 6 nicht mehr auf Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 bezieht (s. hierzu bereits Rz. 2), stellt klar, dass allen Auftraggebern, die einer Sektorentätigkeit nachgehen, die freie Wahl unter den genannten Verfahrensarten zusteht5. § 101 Abs. 7 entspricht damit einer Eins-zu-Eins-Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 40 Abs. 2 SKR6. Soweit es im Einzelfall für erforderlich gehalten wird, können Empfänger öffentlicher Mittel darüber hinaus auch mit der Finanzierung zur Anwendung strengerer Vorgaben verpflichtet werden. Derartige Einzelfälle rechtfertigen nach Ansicht des Gesetzgebers jedoch nicht eine strengere gesetzliche Vorgabe7. 1 OLG Naumburg v. 10.11.2003 – 1 Verg 14/03. 2 VK Lüneburg v. 12.11.2003 – 203-VgK-27/2003; VK Sachsen v. 20.8.2004 – 1/SVK/067–04. 3 OLG Düsseldorf v. 27.10.2004 – Verg 52/04, VergabeR 2005, 252 (253). 4 OLG Düsseldorf v. 27.10.2004 – Verg 52/04, VergabeR 2005, 252 (253). 5 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 20; sowie VK Baden-Württemberg v. 1.9.2009 – 1 VK 46/09. 6 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 20. 7 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 20.

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Die Freiheit der Sektorenauftraggeber, das Vergabeverfahren wählen zu 56 können, bedeutet nicht, dass Elemente verschiedener Verfahrensarten miteinander kombiniert werden können1 oder nach Belieben auf eine andere Vergabeart übergewechselt werden kann2. Schreibt ein Sektorenauftraggeber daher nach einem bestimmten Verfahren aus, so ist er verpflichtet, die dafür geltenden Bestimmungen bis zur Beendigung des Verfahrens einzuhalten und das Verfahren konsequent zu Ende zu führen. Insoweit unterliegt ein Sektorenauftraggeber im Wesentlichen den gleichen Anforderungen wie ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1–33. VII. Rechtliche Folgen der Wahl einer falschen Vergabeart Die Vorschriften über die Auswahl der richtigen Verfahrensart nach 57 § 101 sind bieterschützend und begründen damit subjektive Rechte im Sinne von § 97 Abs. 7, denn die Hierarchie der Verfahrensarten soll ein möglichst hohes Maß an Objektivität und einen möglichst breiten Wettbewerb gewährleisten4. Die Wahl eines objektiv falschen Vergabeverfahrens ist daher ein Ver- 58 gaberechtsverstoß, der in einem Vergabenachprüfungsverfahren von einem (potenziellen) Bieter geltend gemacht werden kann5. Der (potenzielle) Bieter muss aber bereits im Rahmen der Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2) darlegen, inwieweit durch die Wahl der falschen Vergabeart seine Zuschlagschancen beeinträchtigt worden sein können6. Darüber hinaus ist zu beachten, dass ein etwaiger Vergaberechtsverstoß gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden muss7. Geschieht dies nicht, ist der Bieter bzw. Bewerber mit der späteren Beanstandung der Wahl der falschen Vergabeart ausgeschlossen8. Sind alle Anforderungen an eine zulässige und 1 VK Südbayern v. 17.7.2001 – 23–06/01. 2 Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 69. 3 Vgl. VK Südbayern v. 17.7.2001 – 23–06/01; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 69. 4 VK Bund v. 20.7.2004 – VK 1–75/04; VK Bund v. 20.7.2004 – VK 1–78/04; VK Bund v. 19.7.2004 – VK 2–79/04; VK Bund v. 19.7.2004 – VK 2–76/04; VK Bund v. 20.7. 2004 – VK 3–77/04; VK Brandenburg v. 23.11.2004 – VK 58/04. 5 OLG Düsseldorf v. 26.7.2002 – Verg 22/02, VergabeR 2002, 607 (609 f.); Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 67. 6 OLG Düsseldorf v. 26.7.2002 – Verg 22/02, VergabeR 2002, 607 (609 f.). 7 Vgl. hierzu auch KG Berlin v. 17.10.2002 - 2 Kart Verg 13/02; sowie Kulartz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101 Rz. 6. 8 OLG Düsseldorf v. 7.1.2001 – Verg 36/01, VergabeR 2002, 169 f.

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begründete Rüge erfüllt, kann die Vergabenachprüfungsinstanz die Entscheidung treffen, dass das Vergabeverfahren unter Zugrundelegung der Regelungen der richtigen Vergabeart fortzusetzen ist1.

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(1) Der Auftraggeber hat die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerberbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist. Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Satz 1 und 2 geschlossen werden. Wird die Information per Fax oder auf elektronischem Weg versendet, verkürzt sich die Frist auf 10 Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an. (2) Die Informationspflicht entfällt in den Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . 2. Entstehungsgeschichte/Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesetzesmaterialien . . . . . . . II. Anwendungsbereich von § 101a GWB . . . . . . . . . . . . 1. Öffentlicher Auftrag gemäß § 97 ff. GWB . . . . . . . . . . . . 2. Verfahrensarten . . . . . . . . . . 3. De-Facto-Vergabe . . . . . . . . . III. Verpflichteter und Adressat . . IV. Informationspflichten . . . . . . 1. Umfang der Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. V. 1. 2. 3.

Textform . . . . . . . . . . . . . . Frist des § 101a GWB . . . . . . Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . Fristbeginn/Fristende . . . . . . Absendung der Information oder Sicherstellung des Zugangs der Information? . . . . . 4. Pflicht zur erneuten Versendung eines Informationsschreibens . . . . . . . . . . . . . V. Ausnahme: Verhandlungsverfahren wegen Dringlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 101a GWB . . . . . . . . .

1 VK Düsseldorf v. 30.9.2002 – VK-26/2002-L.

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht §§ 101a und b GWB müssen stets gemeinsam gelesen und angewendet 1 werden. Sie ersetzen § 13 VgV a.F. Gemäß § 101a GWB muss der Auftraggeber 15 bzw. 10 Kalendertage vor Zuschlagerteilung die Bieter, die er nicht berücksichtigen will, über den Namen des erfolgreichen Bieters, über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes sowie über den frühesten Zeitpunkt der Zuschlagerteilung schriftlich unterrichten. Wird die Information nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilt, ist der Vertrag mit Wirkung ex tunc unwirksam, wenn der Verstoß gegen § 101a GWB in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt wurde (§ 101b GWB). §§ 101a und b GWB erweitern die Informationspflichten gegenüber § 13 2 VgV a.F. Erstens muss nunmehr auch der früheste Zeitpunkt der Zuschlagerteilung genannt werden, es muss also ein Hinweis auf die 15 bzw. 10-Tagefrist erfolgen. Zweitens müssen auch Bewerber eines Teilnahmewettbewerbs, die nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden, unterrichtet werden. § 101b GWB erweitert § 13 VgV a.F. insoweit, als nunmehr auch die sog. de-facto-Vergabe, d.h. die Vergabe eines Auftrags nach Verhandlungen mit nur einem Unternehmen, und zwar dem späteren Vertragspartner, ausdrücklich in § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB geregelt sind. § 101b GWB schränkt aber die Rechtsfolgen des § 13 VgV a.F. auf der 2a anderen Seite ein. Ein Verstoß führt nicht mehr zur absoluten Nichtigkeit des Vertrages, sondern der Vertrag wird nur dann unwirksam mit Wirkung ex tunc, wenn ein Verstoß gegen § 101a oder § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt wird, wobei dieses Verfahren längstens innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsschluss eingeleitet werden kann. 2. Entstehungsgeschichte/Hintergrund Hintergrund von § 13 VgV a.F. und §§ 101a und 101b GWB ist, dass nach 3 deutschem Recht die Entscheidung, wem der Zuschlag erteilt wird, nicht durch Verwaltungsakt oder einen vorgelagerten Akt entschieden wird, vielmehr handelt es sich (zunächst) um eine rein interne Entscheidung ohne Außenwirkung. Da der nichtberücksichtigte Bieter regelmäßig erst bei bzw. nach Abschluss des Vertrages Kenntnis von der Zuschlagentscheidung erlangte, fielen aus seiner Sicht Zuschlag und Vertragsschluss in einem Akt zusammen. Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bieters Glahs

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waren dann sehr begrenzt, weil ein einmal erteilter Zuschlag nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Der Bieter konnte nur Schadensersatzansprüche geltend machen. Diese Rechtslage gilt noch immer bei Auftragsvergabe außerhalb von §§ 97 ff. GWB, insbesondere bei Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte. 4 Der EuGH hat, bezogen auf das vergleichbare österreichische Recht, am 28.10.1999 in der Rechtssache C 81/98 (Alcatel Austria AG u.a. gegen Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr)1 festgestellt, die Rechtsmittelrichtlinie verlange, dass die dem Vertragsschluss vorangehende Entscheidung über den Zuschlag einem Nachprüfungsverfahren zugänglich zu machen sei, in dem der Bieter die Aufhebung der Entscheidung erreichen könne. Daraus folgte, dass auch die Ausgestaltung des deutschen Rechts vor Einführung des § 13 VgV a.F. nicht den europarechtlichen Vorgaben genügte, weil eine isolierte Überprüfung der Zuschlagentscheidung in der Regel faktisch unmöglich war. Infolge dieser Entscheidung wurde § 13 VgV a.F. und wurden nunmehr §§ 101a und 101b GWB geschaffen. 5 Die §§ 101a und 101b GWB dienen der Umsetzung der Richtlinie 89/665/EWG in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG („Rechtsmittelrichtlinie“)2. Deshalb ist zur Auslegung der §§ 101a und b GWB stets auch die Rechtsmittelrichtlinie heranzuziehen. 3. Gesetzesmaterialien 6 Die amtliche Begründung zu § 101a führt Folgendes aus:3 „Bislang regelt der § 13 Vergabeverordnung die Pflicht des Auftraggebers, die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über diese Absicht zu informieren und den Vertrag erst zu schließen, wenn die Informationen erteilt wurden und eine Frist von 14 Tagen vergangen ist. Tat der Auftraggeber dies nicht, war der Vertrag nichtig. Die Regelung des § 13 VgV wird mit etwas abweichendem Wortlaut in den Abs. 1 übernommen. Dabei wird der Wortlaut der Vorschrift auf die „betroffenen Bieter und Bewerber“ im Sinn des Art. 2a Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 der Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/665/EWG und 92/13/ EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bzgl. der Vergabe öffentlicher Aufträge (Rechts1 NZBau 2000, 150 f. 2 ABl. v. 20.12.2007, L 335/31. 3 BT-Drucks. 16/10, S. 117.

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mittel-Richtlinie) ausgerichtet. Bieter gelten dann als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder vor der Vergabekammer als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann. Bewerber gelten dann als betroffen, wenn der öffentliche Auftraggeber ihnen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt hat, bevor die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist. Die Vorschrift setzt auch Art. 2a Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2007/ 66/EG um. Die Wartefrist wird nunmehr gesetzlich geregelt und hinsichtlich der Dauer an die Vorgaben der Rechtsmittel-Richtlinie angepasst. Dabei wird die einheitliche Frist von 15 Kalendertagen für sämtliche Kommunikationsmittel festgelegt. Der öffentliche Auftraggeber kann über die in § 101a vorgegebenen Angaben hinaus auch weitere nützliche Informationen an die Unternehmen geben. In der Praxis hat sich z.B. gezeigt, dass die Angabe auch der Platzierung der jeweiligen Angebote der Unternehmen hilfreich sein kann. Aus der Angabe der Platzierung kann das Unternehmen Rückschlüsse für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages ziehen. Nachprüfungsanträge, die wegen schlechter Platzierung keine Chance auf einen Zuschlag haben, sind in der Regel wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig. Eine Angabe der Platzierung schützt daher die Unternehmen vor Verfahrenskosten in Nachprüfungsverfahren, die sie in Kenntnis ihrer Platzierung nicht anstrengen würden. Von einer Verpflichtung zur Angabe der Platzierung wurde wegen der dann damit verknüpften Rechtsfolge der Unwirksamkeit bei einem Fehlen der Angabe jedoch abgesehen. Die Information über den Grund der Nichtberücksichtigung eines Angebotes muss dem Unternehmen, das ein erfolgloses Angebot vorgelegt hat, hinreichend deutlich machen, aus welchem Grund sein Angebot nicht zu berücksichtigen war und welches Unternehmen den Zuschlag erhalten soll. Die Begründung hat auch die Komplexität des Auftrages und den daraus resultierenden Aufwand für die Angebotserstellung zu berücksichtigen. Ein bloßer Hinweis darauf, dass das Angebot nicht das wirtschaftlichste gewesen sei, genügt der Informationspflicht nicht. Zu Abs. 2 Die Regelung des Abs. 2 soll Flexibilität für besonders dringliche Ver- 7 gabeverfahren schaffen. Für die Vergabeverfahren, bei denen besonders dringliche Gründe außerhalb der Einflusssphäre des öffentlichen Glahs

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Auftraggebers, wie z.B. Flugkatastrophen, ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung rechtfertigen, wird klargestellt, dass der öffentliche Auftraggeber dann nicht zu einer vorherigen Information verpflichtet ist. Der Auftraggeber muss in diesen Fällen in der Lage sein, die erforderlichen Aufträge sofort zu vergeben, ohne eine Wartefrist einhalten zu müssen.“ II. Anwendungsbereich von § 101a GWB 1. Öffentlicher Auftrag gemäß § 97 ff. GWB 8 §§ 101a und 101b GWB sind nur anwendbar, wenn der geschlossene oder zuschließende Vertrag ein öffentlicher Auftrag i.S.v. § 99 GWB ist, wenn der Schwellenwerte überschritten ist und ein Ausnahmetatbestand nach § 100 Abs. 2 GWB nicht greift. Die Vorschrift gilt nicht bei Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte. Sie gilt auch nicht bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte, wenn und soweit der Auftraggeber die Lose dem sog. 20 %-Kontingent des § 3 VgV unterstellt hat. 2. Verfahrensarten 9 § 101a GWB erfasst alle Arten von Aufträgen. Die Regelung erfasst Bauaufträge, Aufträge über Dienst- und Lieferleistungen nach der VOL/A, Aufträge über freiberufliche Leistungen nach der VOF und Aufträge, die nach der Sektorenverordnung vergeben werden. 10 Die Vorschrift erfasst alle Arten von Vergabeverfahren. Sie erfasst offene und nichtoffene Verfahren, Verfahren im wettbewerblichen Dialog und Verhandlungsverfahren mit und ohne Vergabebekanntmachung. Nur Verhandlungsverfahren, die wegen besonderer Dringlichkeit ohne Vergabebekanntmachung durchgeführt werden dürfen, sind von der Informationspflicht gemäß § 101a Abs. 2 GWB ausgenommen. Erfasst werden auch Verfahren in Form von öffentlichen Ausschreibungen, beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben, vorausgesetzt, es handelt sich um Verfahren oberhalb der Schwellenwerte, auf die dennoch nur die Basisparagraphen bzw. Abschnitt 1 der VOL/A oder Abschnitt 1 der VOB/A anzuwenden sind.1 11 Im Ergebnis werden auch Verfahren in Verbindung mit einem Architektenwettbewerb erfasst. Zwar werden Auslobungsverfahren gemäß § 20

1 So z.B. bei arbeitsmarktpolitischen Dienstleistungsaufträgen der Bundesagentur für Arbeit (§ 4 Abs. 4 und 5 VgV und § 1 EG VOL/A 2009).

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VOF isoliert betrachtet nicht von § 101a GWB erfasst1, weil bei einem Wettbewerb die Entscheidung nicht durch den Auftraggeber, sondern durch ein Preisgericht getroffen wird und weil die Entscheidung des Preisgerichts nicht die Zuschlagserteilung darstellt. Ein Auftrag wird durch das Preisgericht nicht erteilt. Es folgt aber auf den Wettbewerb ein Verhandlungsverfahren (ohne vorherige Vergabebekanntmachung). Erst nach Abschluss dieses Verfahrens wird der Zuschlag erteilt.2 Da aber dem Auslobungsverfahren zwingend ein Verhandlungsverfahren folgen muss, greift § 101a GWB im Ergebnis auch bei einem Auslobungsverfahren bzw. dem folgenden Verhandlungsverfahren. Zu klären bleibt nur, wer in diesem Verhandlungsverfahren Bieter oder Bewerber i.S.v. § 101a GWB ist, und zwar insbesondere dann, wenn nicht mit allen Preisträgern oder allen Teilnehmern des Auslobungsverfahren verhandelt wird. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf sind grundsätzlich alle Preisträger Bieter i.S.v. § 13 VgV.3 Gleiches gilt für § 101a GWB.4 Keine Informationspflicht besteht, wenn der öffentliche Auftraggeber das 12 Vergabeverfahren ohne Erteilung des Zuschlags beendet5. Die Aufhebung der Ausschreibung wird vom Wortlaut des § 101a GWB nicht erfasst. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht. Weder liegt eine planwidrige Regelungslücke vor noch ist eine Analogie nach dem Sinn und Zweck von § 101a GWB erforderlich. Denn – anders als bei der Zuschlagserteilung – geht der Primärrechtsschutz bei einer Aufhebung des Verfahrens nicht verloren. Die rechtswidrige Aufhebung des Verfahrens beendet dieses nicht; vielmehr kann noch ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden6. Die Auftraggeber sind allerdings nach den Vergabeverordnungen verpflichtet, die Bieter nach erfolgter Aufhebung hierüber zu unterrichten. Aufgrund dieser Mitteilung kann der Bewerber oder Bieter ggf. Rechtsschutz in Anspruch nehmen.

1 OLG Düsseldorf v. 31.3.2004 – Verg 4/04, IBR 2004, 455; Voppel/Osenbrück/ Bubert, VOF, Anh. § 17 Rz. 16; Kriener in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 101a Rz. 9. 2 Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, Anh § 17 Rz. 16. 3 OLG Düsseldorf v. 2.12.2009 – Verg 39/09 (Berliner Stadtschloss), NZBau 2010, 333. 4 Zu dem Begriff Bieter und Bewerber siehe Rz. 15 ff. 5 Kriener in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 101a Rz. 10; Reidt/Brosius-Gersdorf, VergabeR 2002, 580 (592); Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, Anh. § 17 Rz. 18. 6 OLG Frankfurt v. 20.7.2004 – 11 Verg 6/04, VergabeR 2004, 642 (644); Reidt/Brosius-Gersdorf, VergabeR 2002, 580 (592).

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3. De-Facto-Vergabe 13 Der Begriff „De-Facto-Vergabe“ ist kein Rechtsbegriff. Im Rahmen der Rechtsprechung zu § 13 VgV hat sich der Begriff gebildet, um die Fallgruppen zu erfassen, in denen kein förmliches Vergabeverfahren nach §§ 97 ff. GWB durchgeführt wurde. Eine De-Facto-Vergabe liegt vor, wenn ein Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens vergibt. Dabei unterschied die Rechtsprechung wiederum zwischen dem Fall, in dem der Auftraggeber nur und ausschließlich mit dem Auftragnehmer verhandelt und andere Bieter oder Bewerber nicht vorhanden sind, und dem Fall, in dem der Auftraggeber außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens mit mehreren Bietern verhandelt oder dem Auftraggeber jedenfalls mehrere Unternehmen bekannt sind, die ein Interesse am Auftrag haben. Nach der Rechtsprechung zu § 13 VgV wurde die erste Fallgruppe nicht von der Bestimmung erfasst, so dass der Vertrag wirksam war. Diese Regelungslücke wird nunmehr zwar nicht durch § 101a GWB, aber durch § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB geschlossen. Dagegen wird die zweite Fallgruppe weiterhin von § 101a GWB unmittelbar oder analog erfasst. Auch nachdem § 13 VgV durch § 101a GWB ersetzt wurde gilt weiterhin ein weiter Begriff des Bieters oder Bewerbers.1 §§ 101a und101b GWB regeln auch den Fall, dass ein Verhandlungsverfahren oder ein sonstiges Verfahren zu Unrecht ohne öffentliche Vergabebekanntmachung durchgeführt wird, nur unvollständig. Es stellt sich die Frage, was gilt, wenn ein Vergabeverfahren zwar nach Verhandlungen mit mehreren Bietern in einem Verfahren gemäß §§ 97 ff. GWB durchgeführt wird, aber zu Unrecht z.B. ohne vorherige Vergabebekanntmachung. In diesem Fall können Unternehmen, die mangels Vergabebekanntmachung von der geplanten Auftragsvergabe keine Kenntnis erhalten und sich deshalb an dem Verfahren nicht beteiligen können, nur dann ausreichend Primärrechtschutz in Anspruch nehmen, wenn entweder der Begriff des Bieters oder Bewerbers i.S.v. § 101a GWB weit ausgelegt wird oder wenn diese Fälle als von § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB erfasst angesehen werden.2 III. Verpflichteter und Adressat 14 Verpflichtet die Information zu erteilen, ist der Auftraggeber. Zu informieren sind die Bieter, deren Angebot nicht berücksichtigt werden soll, 1 Siehe unten Rz. 15 ff. 2 Vgl. § 101b Rz. 10 ff.

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d.h. diejenigen, die ein Angebot abgegeben haben, aber den Zuschlag nicht erhalten sollen. Zu informieren sind weiter die Bewerber, die nach einem Teilnahmewettbewerb nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden und nicht schon früher über die Ablehnung ihrer Bewerbung unterrichtet wurden. Bieter ist in jedem Fall, wer in dem Vergabeverfahren ein Angebot abge- 15 geben hat. Unerheblich für den Status als Bieter ist dagegen, ob das Angebot vollständig oder wirtschaftlich ist, ob es rechtzeitig eingeht, verbindlich unterschrieben oder seriös gemeint ist.1 In der Gesetzesbegründung heißt es einschränkend, informiert werden müssten die „betroffenen Bieter“. Dieser Begriff wurde aus der Rechtsmittelrichtlinie übernommen. Betroffen ist ein Bieter, dessen Ausschluss nicht endgültig ist. Endgültig ist ein Ausschluss, wenn er dem betroffenen Bieter mitgeteilt wurde und entweder in einem Nachprüfungsverfahren als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann. Ein Bieter muss also nicht mehr informiert werden, wenn z.B. die Frist gemäß § 107 Abs. 3 Ziff. 4 GWB verstrichen ist. Fraglich ist, ob Bieter auch ein Unternehmen sein kann, das kein Ange- 16 bot abgegeben hat. Diese Frage stellt sich insbesondere für Unternehmen, die an der Abgabe eines Angebotes vergaberechtswidrig gehindert worden sind. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich ein Unternehmen wegen des Inhalts der Vergabebedingungen daran gehindert sieht, ein aussichtsreiches Angebot abzugeben, und deshalb davon absieht oder wenn es sich nach Aufhebung eines Vergabeverfahrens an dem anschließenden neuen Verfahren aus vergaberechtswidrigen Gründen nicht beteiligen kann. Die Rechtsprechung hat schon zu § 13 VgV herausgearbeitet, dass der Begriff des Bieters nicht formal, sondern funktional zu bestimmen ist. Mit Rücksicht auf den nach der Rechtsmittelrichtlinie zu gewährleistenden effektiven Primärrechtsschutz gelte ein weites Verständnis des Begriffs Bieter.2 Diese Rechtsprechung gilt im Rahmen von § 101a GWB fort. Nach der 17 von uns zu § 101b GWB vertretenen Ansicht gilt dies deshalb, weil die vorgenannten Fälle nur zum Teil durch § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB erfasst werden, aber im Hinblick auf den Normzweck des § 101a GWB ebenso erfasst werden müssen, wie es bei § 13 VgV der Fall war.3 Nur wer § 101b 1 OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09. 2 OLG Düsseldorf v. 2.12.2009 – Verg 39/09 (Berliner Stadtschloss), NZBau 2010, 333. 3 A.A. Kriener in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 101b Rz. 9.

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Abs. 1 Ziff. 2 GWB dahin auslegt, dass die Ziff. 2 alle Fälle erfasst, in denen der Auftraggeber von einem vergaberechtlichen gebotenen Vorgehen abweicht und sich interessierte Unternehmen deshalb nicht beteiligen können, kann auf die weite Auslegung der Begriffe Bieter und Bewerber verzichten.1 Nach der von uns zu § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB vertretenen Ansicht wird von der Vorschrift z.B. der Fall nicht erfasst, dass sich ein Bieter durch die Gestaltung der Vergabeunterlagen an der Abgabe eines Angebots gehindert sieht. Hier kann Abhilfe nur durch ein weites Begriffsverständnis des Wortes Bieter oder Bewerber geschaffen werden. Im Rahmen von § 101a GWB gelten also die Grundsätze, die sich durch die Entscheidungen der Oberlandesgerichte zu § 13 VgV, und zwar mit einem im Kern übereinstimmenden Gehalt, herausgebildet haben. Hiervon ausgehend entstehen für den öffentlichen Auftraggeber dann die Informationspflichten gemäß § 101a GWB gegenüber Bietern, wenn zu einem bestimmten Beschaffungsvorhaben mehrere Angebote bekannter Bieter eingegangen sind oder in Bezug auf eine bestimmte Beschaffung – nicht notwendig durch Einreichen eines Angebots – mehrere Unternehmen dem Auftraggeber gegenüber ein Interesse am Auftrag angezeigt oder sich um eine Auftragserteilung beworben haben2. Unbeachtlich ist lediglich das potentielle Interesse eines Unternehmens an einer Auftragserteilung, das dem Auftraggeber gegenüber nicht hervorgetreten ist. Darauf, ob, isoliert betrachtet, der Auftraggeber mit mehreren Bietern oder Bewerbern oder nur mit einem einzigen tatsächlich verhandelt hat, kommt es demnach nicht an. Ebenso wenig ist entscheidend, ob der Auftraggeber einem am Auftrag interessierten Unternehmen formal eine Bieter- oder Bewerbereigenschaft eingeräumt hat. Hat ein Unternehmen ein Interesse an einer Auftragserteilung bekundet, hat der Auftraggeber den dadurch gegebenen Bieterstatus im weiteren Verfahren in der Regel zu beachten. Die Unternehmen, denen ein Bieterstatus zuzuerkennen ist, sind in den Schutzbereich des § 101a GWB einbezogen3. Eigenständige Bedeutung erhält § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB deshalb vor allem in den Fällen, in denen Bieter im vorgenannten Sinne den Bieter- bzw. Bewerberstatus nicht erreicht haben. 18 Die Rechtsprechung hat im Hinblick auf den Normzweck als zu informierende Bieter auch solche Unternehmen angesehen, die in einem 1 So Kriener in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 101b Rz. 9; so wohl auch OLG Düsseldorf v. 21.4.2010 – Verg 55/09, NZBau 2010, 390. 2 OLG Düsseldorf v. 24.2.2005 – Verg 88/04 zu § 13 VgV, IBR 2005, 231. 3 OLG Düsseldorf v. 24.2.2005 – Verg 88/04 zu § 13 VgV, IBR 2005, 231.

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förmlichen Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben haben, dann aber nach Aufhebung des förmlichen Verfahrens vergaberechtwidrig nicht an dem neu eingeleiteten Verfahren beteiligt worden sind1. In diesen Fällen hat die Rechtsprechung zutreffend entschieden, dass es für den Bieterstatus nicht auf die Beteiligung an dem formalen Vergabeverfahren ankommt, sondern auf die Beteiligung an dem materiellen Vergabevorgang. Funktional handelt es sich um ein einheitliches Vergabeverfahren, wenn ein förmliches Vergabeverfahren aufgehoben wird, aber in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem aufgehobenen Vergabeverfahren ein neues Vergabeverfahren mit demselben Beschaffungszweck eingeleitet wird. Gleiches gilt für Unternehmen, die zwar im Rahmen der Auftragsverhandlungen über eine Zwischenlösung bis zur endgültigen Auftragserteilung nicht beteiligt worden sind, die sich aber an der vorangegangenen aufgehobenen Ausschreibung mit einem Angebot beteiligt hatten2. Auch diese Unternehmen sind im Rahmen des Vergabeverfahrens über die Interimslösung Bieter i.S.v. § 101a GWB, wenn auch sie zur Angebotsabgabe für die Zwischenlösung hätten aufgefordert werden müssen. Diesen Entscheidungen liegt letztlich eine einheitliche Betrachtung des gesamten materiellen Beschaffungsvorgangs zugrunde. Über den Grundsatz des einheitlichen Beschaffungsvorgangs lassen sich 19 auch die Auslobungsfälle gemäß § 20 VOF erfassen. Denn auch das Auslobungsverfahren und das folgende Verhandlungsverfahren stellen funktional Teile eines einheitlichen Beschaffungsvorhabens dar. Damit sind vor Zuschlagerteilung zu unterrichtende Bieter oder Bewerber mindestens alle Preisträger.3 Gleiches gilt aber auch für alle Teilnehmer an dem Auslobungsverfahren, sofern sie nicht schon früher über die Ablehnung ihrer Bewerbung, m. a. W. über den Ausgang des Wettbewerbs unterrichtet worden sind. Denn es gilt ein weites Begriffsverständnis, so dass unterrichtet werden muss, wer erkennbar ein Interesse an dem Auftrag hat und wer noch Primärrechtsschutz in Anspruch nehmen kann bzw. noch in seinen Rechten verletzt sein kann. Gleiches gilt für Unternehmen, die ein Interesse am Auftrag bekundet 20 haben, an der Abgabe eines Angebotes aber vergaberechtswidrig gehin1 OLG Düsseldorf v. 23. u. 24.2.2005 – VII Verg 78/04, NZBau 2005, 537 f.; OLG Naumburg v. 15.3.2007 – 1 Verg 14/06, VergabeR 2007, 512; OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09. 2 OLG Dresden v. 24.1.2008 – VergabeR 2008, 567; OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09. 3 OLG Düsseldorf v. 2.12.2009 – Verg 39/09 (Berliner Stadtschloss), NZBau, 2010, 333.

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dert worden sind1. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Vergabeunterlagen vergaberechtswidrig sind und das Unternehmen gerade deshalb von einer Angebotsabgabe absieht. Auch ein solches Unternehmen ist Bieter i.S.v. § 101a GWB. 21 Kein Bieter ist ein Unternehmen, das kein Angebot abgegeben hat, weil es kein Interesse an dem Auftrag hat, nicht aber, weil es sich durch vergaberechtswidrige Gründe an der Abgabe eines Angebotes gehindert sieht. Dies gilt allerdings nicht ohne Weiteres für Unternehmen, die einer Verlängerung der Bindefrist nicht zugestimmt haben, deren Angebot also durch den Ablauf der Bindefrist erloschen ist. Denn sie können durchaus noch ein schutzwürdiges Interesse am Auftrag haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es das Unternehmen nur versäumt hat, der Bindefristverlängerung innerhalb der vom Auftraggeber gesetzten Frist zuzustimmen.2 22 Bewerber ist, wer sich um die Teilnahme an einem Vergabeverfahren beworben hat und dessen Bewerbung abgelehnt wurde. Auch dieser ist gemäß § 101a GWB zu informieren, wenn er nicht schon früher über die Ablehnung seiner Bewerbung unterrichtet worden ist. Ist Letzteres geschehen, so muss ihm keine Information gemäß § 101a GWB erteilt werden, ihm muss insbesondere nicht mitgeteilt werden, wem der Zuschlag erteilt werden soll, obwohl dies eine Information ist, die der Bewerber bei Ablehnung seiner Bewerbung nicht erhält und nicht erhalten kann. Hierdurch wird der Primärrechtsschutz für die Bieter, die nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden sind, nicht unangemessen verkürzt, weil sie schon durch die unterbliebene Aufforderung zur Angebotsabgabe ausreichend darüber informiert sind, dass Ihnen der Zuschlag nicht erteilt werden kann. Sie können bereits dann Primärrechtsschutz in Anspruch nehmen. Allerdings könnte aus der Entscheidung des OLG Dresden3 gefolgert werden, dass auch diejenigen Bieter i.S. des § 13 VgV sind, die nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden sind, wenn und soweit die Entscheidung, sie nicht aufzufordern, vergaberechtswidrig war. Unseres Erachtens ist diese Auslegung zu verneinen und dürfte auch vom 1 OLG Naumburg v. 25.9.2006 – 1 Verg 10/06, VergabeR 2007, 255; OLG Dresden v. 14.2.2003 – W Verg 11/01, WuW 2004, 350; OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09; a.A. OLG Karlsruhe v. 18.3.2008 – 17 Verg 8/07, VergabeR 2008, 985 in einem obiter dictum; kritisch auch Conrad, VergabeR 2007, 258. 2 OLG Düsseldorf v. 9.12.2008 – Verg 70/08, IBR 2009, 468 (nach Ansicht des OLG kann selbst dann, wenn eine Bindefristverlängerung vollständig unterbleibt, der Zuschlag noch auf ein solches Angebot erteilt werden). 3 OLG Dresden v. 16.10.2001 – WVerg 07/01, VergabeR 2002, 142 ff.

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OLG Dresden für nicht notwendig erachtet werden, weil – anders als in dem vom OLG Dresden entschiedenen Fall – die Bieter, die nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden sind, ausreichend Rechtsschutz in Anspruch nehmen können, weil sie schon durch die unterbliebene Aufforderung zur Angebotsabgabe informiert sind. Keine Informationspflichten über die geplante Zuschlagerteilung beste- 23 hen gegenüber dem Bieter, dem der Zuschlag erteilt werden soll. Dennoch ist der Auftraggeber nicht gehindert, auch diesen Bieter über die geplante Zuschlagerteilung zu informieren. IV. Informationspflichten 1. Umfang der Informationspflicht Der Bieter ist über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen 24 werden soll, über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung seines Angebotes sowie den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren.1 Wird der Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, 25 nicht genannt, handelt es sich um keine ausreichende Information i.S.v. § 101a GWB. Zu dem Namen des Bieters gehören bei einer Bietergemeinschaft die Namen aller Mitglieder; bei juristischen Personen auch die richtige Angabe der Rechtsform. Die Nicht-Mitteilung der Rechtsform kann allenfalls dann unschädlich sein, wenn die Firma so eindeutig bezeichnet wird, dass keine Verwechslungen denkbar sind. Dies ist z.B. bei Konzernunternehmen nicht der Fall, weil dort häufig ähnlichen Firmen, d.h. Namen eingetragen sind. Anders als in § 13 VgV muss gemäß § 101a GWB auch über den frühesten 26 Zeitpunkt des Vertragsschlusses informiert werden. Fehlt die Information, handelt es sich nicht um eine ausreichende Information i.S.v. § 101a GWB. Zu § 13 VgV hat die Rechtsprechung vertreten, dass der Vertrag wirksam ist, wenn der Zuschlag nach Ablauf der Frist des § 13 VgV erteilt wurde, der Auftraggeber aber einen späteren Zuschlagstermin mitgeteilt hatte, an den er sich dann nicht hielt.2 Diese Rechtsprechung gilt im Rahmen von § 101a GWB nicht fort, wenn der Auftraggeber in dem Informationsschreiben eine (falsche) spätere Frist angibt. Denn dann ist die Information unzutreffend erteilt worden und die Frist wird nicht in 1 OLG Düsseldorf v. 19.3.2008 – VII Verg 13/08. 2 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – Verg 14/07; a.A. 2. Vergabekammer des Bundes v. 16.7.2002 – VK 2-50/02.

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Gang gesetzt.1 Die Rechtsprechung gilt im Rahmen von § 101a GWB jedoch fort, wenn in dem Informationsschreiben die Frist des § 101a GWB zutreffend mitgeteilt wird, wenn aber gleichzeitig erklärt wird, der Auftraggeber werde den Zuschlag erst zu einem späteren Zeitpunkt erteilen. Denn dann wird zugunsten des Bieters kein ausreichender Vertrauenstatbestand geschaffen. Der Bieter weiß in diesem Fall, dass die gesetzliche Frist für das Zuschlagverbot kürzer ist. Im Hinblick darauf, dass umgekehrt auch für den Bieter, dem der Zuschlag erteilt wird, ein Vertrauenstatbestand entsteht, zumal er den Schriftwechsel zwischen Auftraggeber und anderen Bietern nicht kennt, führt dies dazu, dass es bei der gesetzlichen Frist bleibt. 27 Zu § 13 VgV wurde in der Rechtsprechung angenommen, dass der Grund der Nichtberücksichtigung zwar wahrheitsgemäß sein muss, aber knapp mitgeteilt werden kann2. Zur Begründung wurde u.a. angeführt, § 13 VgV spreche nur von der Pflicht, den Grund für die Nichtberücksichtigung anzugeben, und nicht von den Gründen oder gar einer Begründung. Der Verordnungsgeber ist bei § 13 VgV bewusst von der ursprünglichen Formulierung, es müssten die Gründe der Nichtberücksichtigung angegeben werden, abgewichen, um die Anforderungen an die Informationspflichten nicht zu überspannen3. Nunmehr spricht § 101a GWB aber nicht mehr von dem Grund, sondern den Gründen der vorgesehenen Nichtberücksichtigung. Auch aus der Gesetzesbegründung wird deutlich, dass die Anforderungen an die Begründung erhöht werden sollten. Insbesondere ein bloßer Hinweis darauf, dass das Angebot nicht das wirtschaftlichste sei, soll nicht genügen. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Gerichte die Anforderungen an die Begründung nicht deutlich erhöhen werden. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Informationspflichten. Diese sollen dem Bieter in erster Linie ermöglichen, Primärrechtsschutz in Anspruch nehmen zu können, was bereits durch eine knappe Information ermöglicht wird4. Daraus muss insbesondere auch im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 101a GWB, nämlich schwebende Unwirksamkeit 1 Zu der Frage, ob jede unzutreffende Information die Unwirksamkeitsfolge des § 101b GWB auslöst, siehe unter § 101b Rz. 7 f. 2 OLG Düsseldorf v. 6.8.2001 – Verg 28/01, VergabeR 2001, 429 f.; BayObLG v. 22.4.2002 – Verg 8/02, VergabeR 2002, 383; OLG Koblenz v. 5.8.2003 – 1 Verg 1/02, VergabeR 2002, 384 ff. 3 Vgl. NZBau 2000, 68; Glahs/Külpmann, VergR 2002, 388; vgl. auch Hertwig, VergabeR 2001, 324; Abel, VergabeR 2001, 431. 4 Glahs/Külpmann, VergabeR 2002, 388.

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des geschlossenen Vertrages, gefolgert werden, dass der Auftraggeber sich kurz fassen und zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung auch zu vorformulierten Schreiben greifen darf1. Nicht ausreichend ist es aber, nur das Zuschlagskriterium: Wirtschaftlichkeit abstrakt zu wiederholen. Der Bieter muss zumindest in Ansätzen nachvollziehen können, welche konkreten Erwägungen ausschlaggebend waren2. Verzichtet hat der Gesetzgeber darauf, den Auftraggeber zu verpflichten, auch über die Platzierung des Angebotes zu unterrichten. Allerdings wird in der Gesetzesbegründung empfohlen, Informationen auch hierüber zu erteilen, weil sie den Bieter erkennen lassen, ob ein Nachprüfungsverfahren kaum Aussicht auf Erfolg hat, weil das Angebot an abgeschlagener Stelle platziert ist. 2. Textform Die Information muss in Textform erteilt werden. Der Begriff der Text- 28 form wird in § 126b BGB definiert. Die Erklärung muss in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werden, sie muss die Person des Erklärenden nennen und der Abschluss der Erklärung muss durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. § 126b BGB regelt mit der Textform einen neuen Formtyp der lesbaren, aber unterschriftslosen Erklärung. Die Erklärung muss in einer Urkunde oder in einer anderen zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werden. Den Anforderungen genügen Verkörperungen auf Papier, Diskette, CD-ROM, aber auch in E-Mail oder einem Computerfax3. Bei elektronischen, durch E-Mail übermittelten Erklärungen genügt, dass der Empfänger sie speichern und ausdrucken kann. Bei Erklärungen, die in das Internet eingestellt werden, dem Empfänger aber nicht übermittelt worden sind, ist die Textform nur gewahrt, wenn es tatsächlich zu einem Download kommt, anderenfalls nicht4. Schließlich müssen auch die Erfordernisse des § 130 BGB gewahrt sein. Ihnen genügt die elektronische Übermittlung nur, wenn der Empfänger durch Mitteilung seiner E-Mail-Anschrift, Fax-Nr. oder in sonstiger Weise zu erken1 2 3 4

BayObLG v. 22.4.2002 – Verg 8/02, VergabeR 2002, 383. KG v. 4.4.2002 – KartVerg 5/02, VergabeR 2002, 127 ff. Ellenberger in Palandt, BGB, § 126b Rz. 2; LG Kleve, NJW-RR 2003, 196. KG, NJW 2006, 3215; Ellenberger in Palandt, BGB, § 126b Rz. 3; a.A. OLG Naumburg v. 13.7.2007 – 10 U 14/07, NJW-RR 2008, 776; Zenker, JZ 2007, 816, die die Textform auch dann als nicht gewahrt ansehen, wenn ein Download erfolgt.

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nen gegeben hat, dass er mit einer telekommunikativen Übermittlung von rechtserheblichen Erklärungen einverstanden ist1. Weiter muss die Person des Erklärenden genannt werden und der Abschluss der Erklärung muss in geeigneter Weise erkennbar gemacht werden. Einer Unterschrift bedarf es hierzu nicht. Ausreichend ist auch ein Abschluss durch eine Datierung, eine Grußformel oder in sonstiger Weise2. Die Beweislast für die ordnungsgemäße Absendung der Erklärung trägt der Auftraggeber. Er muss deshalb insbesondere auch beweisen, dass nach dem Auftreten des Bieters oder Bewerbers eine Übermittlung durch Fax oder E-Mail zulässig war3. V. Frist des § 101a GWB 1. Frist 29 Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information geschlossen werden. Die Frist verkürzt sich auf 10 Kalendertage, wenn die Information per Fax oder auf elektronischem Wege erteilt wird. 2. Fristbeginn/Fristende 30 Die Frist beginnt an dem Tag zu laufen, der dem Tag der Absendung des letzten Informationsschreibens an die zu informierenden Bieter folgt4. Die Frist berechnet sich nach den §§ 187 ff. BGB. Auch wenn die Frist an einem Sonn- oder Feiertag oder Sonnabend endet, verlängert sie sich nicht auf den nächsten Werktag, weil § 193 BGB nicht anwendbar ist. § 193 BGB greift nicht, wenn am letzten Tag der Frist keine Handlung vorzunehmen ist, sondern lediglich eine Rechtswirkung eintritt.5 Diese Rechtswirkung ist bei § 101a GWB das Ende des Zuschlagverbots. 3. Absendung der Information oder Sicherstellung des Zugangs der Information? 31 Überwiegend angenommen und vom Gesetzgeber gewollt ist, dass die Frist mit der Absendung der Information beginnt und es unerheblich ist, ob und wann das Informationsschreibens dem Bieter zugeht.6 Dies ent1 2 3 4 5 6

Ellenberger in Palandt, BGB, § 126b Rz. 3. Ellenberger in Palandt, BGB, § 126b Nr. 5. Ellenberger in Palandt, BGB, § 126b Nr. 6. KG v. 4.4.2002 – KartVerg 5/02, VergabeR 2002, 235 (239). Ellenberger in Palandt, BGB, § 193 Rz. 2. König in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 101a Rz. 20.

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spricht auch dem Wortlaut der Rechtsmittelrichtlinie, in der ebenfalls auf die Absendung des Informationsschreibens, nicht aber den Zugang abgestellt wird. Im Hinblick auf die Pflicht zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes beginnt die Frist allerdings nur zu laufen, wenn der Auftraggeber das Informationsschreiben ordnungsgemäß adressiert und alles Erforderliche getan hat, um den unverzüglichen Zugang des Schreibens sicherzustellen. Fehler bei der Adressierung gehen zu Lasten des Auftraggebers. Es stellt sich nur die Frage, was gilt, wenn das Schreiben ordnungsgemäß 32 adressiert war, aber aus Gründen, die keine Partei zu vertreten hat, dennoch nicht vor Ablauf der Frist dem Bieter zugegangen ist. Sowohl nach dem Wortlaut von § 101a GWB als auch der Rechtsmittelrichtlinie kommt es auf den Zugang des Informationsschreibens beim Bieter nicht an. Dennoch bleibt dieses Ergebnis fraglich1. Zwar war es die Ansicht des historischen Gesetzgebers und auch der Verfasser der Rechtsmittelrichtlinie, dass es nur auf die Absendung des Informationsschreibens, nicht aber den Zugang ankomme. Allerdings wird das Hauptziel, die Gewährung effektiven Primärrechtsschutzes dann nicht erreicht, wenn der Zuschlag auch dann wirksam erteilt werden kann, wenn dem Bieter das Informationsschreiben nicht zugegangen ist. Die Wahrnehmung eigener gesetzlich vorgesehener Rechte kann nur in Kenntnis der Sachlage geschehen. Dies erfordert den Zugang des Schreibens beim Bieter, andernfalls der Primärrechtsschutz nicht gewährleistet wäre. Darüber hinaus wäre eine Benachteiligung ausländischer Bieter wegen der längeren Postlaufzeiten etc. nicht zu vermeiden. Aus diesem Grund ist ein Vertrag nur dann nicht gemäß § 101a GWB nichtig, wenn das ablehnende Informationsschreiben allen nichtberücksichtigten Bietern jedenfalls vor Ablauf der Frist von 10 bzw. 15 Tagen zugegangen ist2. 4. Pflicht zur erneuten Versendung eines Informationsschreibens Wird der Auftraggeber durch ein Nachprüfungsverfahren verpflichtet, die 33 Wertungsentscheidung zu wiederholen, muss er auch erneut ein Informationsschreiben versenden, und zwar selbst dann, wenn die Wertungsentscheidung wiederum dazu führt, dass der bereits früher ausgewählte Bieter den Zuschlag erhalten soll. Nichts anderes gilt, wenn der Auftraggeber – z.B. zur Abwendung eines Nachprüfungsverfahrens – die Wertungsentscheidung wiederholt. 1 KG v. 4.4.2002 – KartVerg 5/02, VergabeR 2002, 235; Gröning, WRP 2001, 1, 5; Erdl, VergabeR 2001, 20. 2 Vgl. zu § 13 VgV a.F. KG v. 4.4.2002 – KartVerg 5/02, VergabeR 2002, 235 (239).

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Dagegen entsteht keine neue Informationspflicht, wenn der Auftraggeber seine Wertungsentscheidung ergänzend begründet, z.B. auch damit, dass zusätzliche Ausschlussgründe genannt werden, die der Auftraggeber bei seiner früheren Wertungsentscheidung noch nicht berücksichtigt hatte.1 V. Ausnahme: Verhandlungsverfahren wegen Dringlichkeit 34 Die Informationspflicht gemäß § 101a GWB entfällt, wenn der Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung wegen besonderer Dringlichkeit durchgeführt hat und durchführen durfte (§ 101a Abs. 2 GWB). Die Informationspflicht entfällt also nur, wenn der Auftraggeber nicht nur davon ausgegangen ist, so vorgehen zu dürfen, sondern nur dann, wenn materiell-rechtlich ein Fall besonderer Dringlichkeit vorlag. Dies ist z.B. bei Naturkatastrophen, wie Überschwemmungen, Bränden oder Ähnlichem der Fall. Für die Bieter, die sich an einem solchen Verhandlungsverfahren beteiligt haben, tritt dann eine Verkürzung des Rechtsschutzes ein, weil sie vor Zuschlagserteilung nicht mehr informiert werden. Dies wird aber im Hinblick auf die übergeordneten Interessen der Gefahrenabwehr hingenommen. VII. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 101a GWB 35 Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 101a GWB sind nicht in § 101a, sondern in § 101b GWB geregelt.2

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(1) Ein Vertrag ist von Anfang an unwirksam, wenn der Auftraggeber

1. gegen § 101a verstoßen hat oder 2. einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren nach Absatz 2 festgestellt worden ist. (2) Die Unwirksamkeit nach Absatz 1 kann nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von 30 Kalendertagen ab 1 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – Verg 14/07. 2 Zu der Frage, ob jede unzutreffende Information die Unwirksamkeitsfolge des § 101b GWB auslöst, siehe die Kommentierung zu § 101b.

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Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist. Hat der Auftraggeber die Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht, endet die Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit 30 Kalendertage nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . 2. Entstehungsgeschichte/ Hintergrund . . . . . . . . . . . . 3. Gesetzesmaterialien . . . . . . . II. Voraussetzungen der Unwirksamkeit des Vertrages . . . . . . 1. Verstoß gegen § 101a GWB . . . 2. Verstoß gegen § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB . . . . . . . . . . . . . 3. Feststellung des Verstoßes in einem Nachprüfungsverfahren 4. Schwebende Wirksamkeit des Vertrages bis zur Feststellung in einem Nachprüfungsverfahren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des Vertrages gem. § 101b GWB . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Unwirksamkeit ex tunc . . . . 2. Rückabwicklung des Vertrages 3. Schadensersatz des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber? . . . . . . . . IV. Unwirksamkeit des Vertrages aus anderen Gründen . . . . . . 1. § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . 2. § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Unwirksamkeitsgründe . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtsfolgen bei Wirksamkeit des Vertrages . . . . . . . . 1. Europarechtswidrigkeit? . . . . 2. Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit für den geschlossenen Vertrag . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 101b GWB regelt die Rechtsfolgen eines Vertragsschlusses ohne die 1 erforderlichen Informationen. §§ 101a und 101b GWB müssen zusammen gelesen und angewendet werden. Sie ersetzen § 13 VgV. gem. § 101a GWB muss der Auftraggeber 15 bzw. 10 Kalendertage vor Zuschlagerteilung die Bieter, die er nicht berücksichtigen will, über den Namen des erfolgreichen Bieters, über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes sowie über den frühesten Zeitpunkt der Zuschlagerteilung schriftlich unterrichten. Wird die Information nicht oder nicht ordnungs gem. erteilt, ist der Vertrag mit Wirkung ex tunc unwirksam, wenn der Verstoß gegen § 101a GWB in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt wurde (§ 101b GWB). §§ 101a und 101b GWB erweitern die Informationspflichten gegenüber 2 § 13 VgV. Erstens muss nunmehr auch der früheste Zeitpunkt der ZuGlahs

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schlagerteilung genannt werden. Zweitens müssen auch Bewerber eines Teilnahmewettbewerbs, die nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden, unterrichtet werden. Drittens bestimmt § 101b GWB, dass nunmehr auch die sog. de-facto-Vergabe, d.h. die Vergabe eines Auftrags nach Verhandlungen mit nur einem Unternehmen, und zwar dem späteren Vertragspartner, erfasst und unter den Voraussetzungen von § 101b GWB unwirksam ist 3 § 101b GWB schränkt die Rechtsfolgen des § 13 VgV aber andererseits ein. Ein Verstoß führt nicht mehr zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern der Vertrag wird nur dann mit Wirkung ex tunc unwirksam, wenn ein Verstoß gegen § 101a oder § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt wird. Das Nachprüfungsverfahren kann längstens innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsschluss eingeleitet werden. 2. Entstehungsgeschichte/Hintergrund 4 Die §§ 101a und 101b GWB dienen der Umsetzung der Richtlinie 89/665/EWG in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG („Rechtsmittelrichtlinie“). Deshalb ist zur Auslegung der §§ 101a und b GWB stets auch die Rechtsmittelrichtlinie heranzuziehen. 3. Gesetzesmaterialien 5 Die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs führt zu § 101b GWB Folgendes aus: „§ 101b regelt in Abs. 1, dass die Verletzung der Informationspflicht gem. § 101a und der Fall, bei dem der öffentliche Auftraggeber unter Verletzung der Vergaberegeln den Auftrag direkt an ein Unternehmen vergibt, zur schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages führt. Die bisherige Rechtsfolge der Nichtigkeit in § 13 Vergabeverordnung wird nicht übernommen. Es erscheint sachgerechter, den Vertrag zu einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung zu stellen. Ein Vertrag ist von Anfang an wirksam, wenn die Frist nach Abs. 2 abgelaufen und die Unwirksamkeit nicht in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht wurde. Abs. 2 führt eine Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit ein. Nach Ablauf der Frist besteht Rechtssicherheit über den geschlossenen Vertrag. Die Geltendmachung kann nur durch Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens durch einen Antragsbefugten von der Vergabekammer erfolgen. Ein Vertragspartner, der sich möglicherweise im Nachhinein aus anderen Gründen von der vertraglichen Verpflichtung lösen möchte, kann sich dagegen nicht auf § 101b stützen. Für den Fall, dass die europäische Rechtsentwicklung dazu veranlasst, in bestehende Vertragsverhältnisse einzugreifen, besteht in Deutschland die Möglichkeit, § 313 BGB auf den geschlossenen Vertrag anzuwenden.

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Hat der öffentliche Auftraggeber die Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht, verkürzt sich die Frist zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages auf 30 Tage nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung über die Auftragsvergabe.“

II. Voraussetzungen der Unwirksamkeit des Vertrages 1. Verstoß gegen § 101a GWB Die Unwirksamkeit eines Vertrages gem. § 101b GWB setzt einen Ver- 6 stoß gegen § 101a GWB oder einen Verstoß gegen § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB voraus. Ein Verstoß gegen § 101a GWB liegt vor, wenn die dort vorgesehenen Informationspflichten nicht abgesandt wurden, wenn die Frist zwischen der Absendung des Informationsschreibens und der Zuschlagerteilung nicht eingehalten wurde oder wenn keine Information erteilt wurde, obwohl die Voraussetzungen für eine Verhandlungsverfahren wegen Dringlichkeit gem. § 101a Abs. 2 GWB nicht vorlagen1. Schon bei § 13 VgV stellte sich die Frage, ob jeder Verstoß gegen die 7 Informationspflichten zur Nichtigkeit des Vertrages führt. Bei § 101b GWB stellt sich die Frage, ob jeder Verstoß gegen § 101a GWB zur Unwirksamkeit des Vertrages gem. § 101b GWB führen kann. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist dies der Fall. Dennoch ist der Wortlaut im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift einschränkend auszulegen. § 101b GWB dient der Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Deshalb ist das Tatbestandsmerkmal von § 101a Abs. 1 Ziff. 1 GWB nicht erfüllt, wenn trotz eines Verstoßes unter keinem denkbaren Gesichtspunkt der Rechtsschutz eines Bieters verkürzt worden sein kann. Für diese Auslegung spricht auch die Gesetzesbegründung der Bundesregierung2. Diese zeigt ebenfalls, dass eine Ausweitung der Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Informationspflichten nicht intendiert war. Die Voraussetzung von § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB liegt z.B. nicht vor, 8 wenn der Auftraggeber in dem Informationsschreiben die Wartefrist unzutreffend zu lang angegeben hat, den Zuschlag aber erst nach Ablauf der falsch bemessenen, zu langen Frist erteilt hat. In diesem Fall liegt kein Verstoß gegen § 101b GWB vor, obwohl die Information gem. § 101a GWB nicht ordnungsgemäß erteilt wurde. Denn der Verstoß hat zu keiner Rechtsschutzverkürzung geführt. 1 Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 101a GWB verwiesen. 2 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrs. 16/10117, Anlage 4, S. 66; so auch: Kriener in Müller-Wrede, Vergaberecht, 2009, § 101b Rz. 4.

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9 An einer Rechtsschutzverkürzung kann es auch bei einer unvollständigen oder unzutreffenden Angabe über die Gründe der Nichtberücksichtigung fehlen. Dies ist z.B. der Fall, wenn drei Ausschlussgründe bestehen, der Auftraggeber aber nur einen Ausschlussgrund genannt hat. Allgemein wird die schon zu § 13 VgV vertretene Ansicht beibehalten werden können. Dort bestand weitgehend Einigkeit, dass nicht jede falsche oder unvollständige Information die Nichtigkeitsfolge auszulösen vermochte1. Entscheidend ist, ob die unvollständige oder unrichtige Information das Unternehmen, das ein Nachprüfungsverfahren einleiten will, jedenfalls abstrakt davon abgehalten haben kann, ein solches Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Ist dies nicht der Fall, ist § 101b Abs. 1 Ziff. 1 GWB einschränkend dahingehend auszulegen, dass trotz Verstoß gegen § 101a GWB keine Unwirksamkeit des Vertrages eintreten kann. Nicht gefolgt werden kann allerdings der Ansicht, dass ein Bieter oder Bewerber, der auf andere Weise inhaltlich über den geplanten Vertragsschluss unterrichtet wurde, nicht durch § 101b GWB geschützt werden soll, und zwar auch dann nicht, wenn er die entsprechenden Informationen nur von dritter Seite erhalten hat2. Im Hinblick auf die sehr kurzen Fristen des § 101a GWB kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden, weil sie zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes führt. Darüber hinaus ist es dem Auftraggeber zuzumuten, jedenfalls die Anforderungen von § 101a GWB einzuhalten. Dadurch wird der Auftraggeber nicht unangemessen belastet. 2. Verstoß gegen § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB 10 Außer bei einem Verstoß gegen § 101a GWB ist der Vertrag dann wirksam, wenn ein öffentlicher Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt wird, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund eines Gesetzes gestattet ist. Selbstverständlich setzt ein Verstoß gegen Ziff. 2 stets voraus, dass das Vorgehen des Auftraggebers vergaberechtswidrig war, also gegen vergaberechtliche Vorschriften verstieß. Durfte der Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung einleiten und mit einem Unternehmen verhandeln, so ist Ziff. 2 nicht erfüllt. Wiederum müssen im Rahmen von Ziff. 2 Teile der Begründetheitsprüfung vorgezogen werden. 11 Ziff. 2 ist erfüllt, wenn der Auftraggeber nur mit einem Unternehmen verhandelt bzw. gesprochen hat und nicht ein anderes Unternehmen an 1 OLG Koblenz v. 25.3.2002 – 1 Verg 1/02, VergR 2002, 384 (386); BayObLG v. 3.7. 2002 – Verg 13/02, VergR 2002, 631 (637). 2 König in Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 101b Rz. 3.

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dem Verfahren beteiligt hat. Dieser Fall war Anlass des Gesetzgebers, die Ziff. 2 einzuführen, weil nach der Rechtsprechung zu § 13 VgV dieser Fall nicht erfasst wurde und der Vertrag wirksam war, obwohl bei dieser Fallgruppe der „schwerste Verstoß“ gegen das Vergaberecht vorlag, weil keinerlei Wettbewerbsverfahren durchgeführt wurde. In der Rechtsprechung ist noch nicht geklärt, ob auch die Fälle von Ziff. 2 12 erfasst werden, in denen zwar mit mehreren Unternehmen verhandelt wurde, diese auch gem. § 101a GWB informiert wurden, in denen aber andere Unternehmen vergaberechtswidrig den Status als Bieter oder Bewerber1 nicht erlangt haben, weil sie von dem Vergabeverfahren keine Kenntnis erhalten haben. Dies ist u.a. der Fall, wenn vergaberechtswidrig ein Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern, aber ohne Vergabebekanntmachung durchgeführt wurde. Die VK Bund hat bei dieser Fallgestaltung einen Verstoß gegen § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB verneint2. Dies ist zutreffend3. Nach dem Wortlaut von § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB wird nur der Fall erfasst, dass der Auftraggeber kein einziges anderes Unternehmen an dem Verfahren beteiligt hat. Auch nach der Gesetzeshistorie sollte dieser Fall und nur dieser Fall erfasst werden, weil hierdurch die zu § 13 VgV erkannte Regelungslücke geschlossen werden sollte. Nicht geregelt ist dagegen der Fall, in dem rechtswidrig keine Bekannt- 12a machung veröffentlicht wurde und sich deshalb einige Unternehmen sich nicht bewerben oder ein Angebot abgeben konnten. Der Rechtsschutz dieser Unternehmen wird verkürzt, wenn § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB in diesem Fall nicht analog angewendet wird4. Die Vergabekammer des Bundes hat eine Analogie verneint, in der Literatur wird sie überwiegend bejaht5. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung hier entwickeln wird. In der Rechtsprechung ist auch nicht geklärt, ob auch die Fälle von Ziff. 2 13 erfasst werden, in denen mit mehreren verhandelt wurde, diese auch 1 Zu der weiten Auslegung der Begriffe in § 101a vgl. § 101a Rz. 12 ff. 2 VK Bund v. 1.12.2009 – VK 3-205/09; a.A.: König in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2007, § 101b Rz. 3; Kriener in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 101b Rz. 9. 3 OLG Düsseldorf v. 21.4.2009 – VII Verg 55/09, NZBau 2010, 330. 4 Gegen eine Analogie: VK Bund v. 1.12.2009 – VK 3-205/09. 5 VK Bund v. 1.12.2009 – VK 3-205/09; a.A.: König in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 101b Rz. 3; Kriener in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, § 101b Rz. 9.

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gem. § 101a GWB informiert wurden, in denen aber andere Unternehmen sich nicht an dem Verhandlungsverfahren beteiligen konnten, weil eine Bekanntmachung unterblieben war, obwohl sich eine Pflicht zur Bekannmachung zwar nicht aus den Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG und nicht aus dem deutschen Recht, aber aus den Grundfreiheiten des AEAV ergab. Die Fallgruppe unterscheidet sich von der vorgenannten Gruppe dadurch, dass sich eine Pflicht zur Bekanntmachung weder aus den Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG noch aus dem nationalen Recht, sondern allenfalls aus den Grundfreiheiten des AEAV ergibt. Die VK Bund hat bei dieser Fallgestaltung einen Verstoß gegen § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB verneint1. Diese Ansicht ist zutreffend, und zwar selbst dann, wenn man bei der Fallgruppe, dass sich eine Bekanntmachungspflicht aus den Richtlinien oder dem nationalen Recht ergibt, meint, diese Fällen würden von Ziff. 2 erfasst. 14 Wie gesagt geht es nur um den Fall, dass sich weder aus der Richtlinie 2004/18/EG oder 2004/17/EG noch aus dem nationalen Recht eine Pflicht zur Bekanntmachung der geplanten Auftragsvergabe oder zur Verhandlung mit einem größeren Bewerberkreis ergibt, sondern dass sich eine solche allenfalls aus den Grundfreiheiten des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ergibt. Jedenfalls in diesem Fall greift § 101b Abs. 1 Ziff. 2 GWB nicht. Denn der deutsche Gesetzgeber hat bislang noch in keinem Fall, in dem sich Bekanntmachungspflichten aus dem EU-Primärrecht ergeben, nationale Regelungen erlassen, die dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes in diesen Fällen dienen. Der Gesetzgeber hat sich allein darauf beschränkt, das EU-Sekundärrecht in nationales Recht umzusetzen. Dementsprechend gibt es im deutschen Recht keine Regelungen zum effektiven Rechtsschutz bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, bei Auftragsvergaben unterhalb der Schwellenwerte und auch nicht bei Frage zur Bekanntmachung von Aufträgen nach Anhang II B der Richtlinie 2004/18/EG. Deshalb kommt eine Analogie jedenfalls in dem Fall, in dem nicht mit allen Unternehmen verhandelt wurde, die aufgrund des EU-Primärrechts eine Chance auf Teilnahme hätten haben müssen, nicht in Betracht. 15 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsmittelrichtlinie. Aus der Rechtmittelrichtlinie ergibt sich, dass die Bestimmungen über die Stillhaltefrist sowie die Unwirksamkeit von Verträgen bei Verstoß gegen die Stillhaltefrist nur gelten, „falls der öffentliche Auftraggeber einen Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im 1 VK Bund v. 1.12.2009 – VK 3-205/09.

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Amtsblatt der Europäischen Union vergeben hat, ohne dass dies nach der Richtlinie 2004/18/EG zulässig ist.“ Schon aus dem Wortlaut der Rechtsmittelrichtlinie ergibt sich also, dass Art. 2a bis Art. 2f keine Geltung beanspruchen, falls sich die Bekanntmachungspflicht nicht aus der Richtlinie 2004/18/EG, sondern nur aus den Grundfreiheiten des EG-Vertrages ergibt. Dementsprechend bestimmt auch der Erwägungsgrund 8 der Richtlinie Folgendes: „Diese Art der Mindest-Stillhaltefrist soll nicht gelten, wenn die Richtlinie 2004/18/EG oder 2004/17/EG nicht die vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vorschreibt, insbesondere in Fällen äußerster Dringlichkeit gem. § 31 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Art. 40 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2004/17/EG. In diesen Fällen genügt es, wirksame Nachprüfungsverfahren nach dem Vertragsschluss vorzusehen.“

Auch daraus folgt, dass in den Fällen, in denen eine Pflicht zur Bekanntmachung nach der Richtlinie 2004/18/EG bzw. der Richtlinie 2004/17/EG nicht besteht, die Wirksamkeit des Vertrags hingenommen wird. 3. Feststellung des Verstoßes in einem Nachprüfungsverfahren Der Verstoß gegen § 101a GWB oder gegen Ziff. 2 von § 101b GWB muss 16 in einem Nachprüfungsverfahren nach Abs. 2 festgestellt worden sein. Dieses Nachprüfungsverfahren muss innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes eingeleitet werden. Es kann ferner, unabhängig von der Kenntnis, längstens sechs Monate nach dem Vertragsschluss eingeleitet werden. Diese Frist verkürzt sich auf 30 Kalendertage nach Veröffentlichung der Bekanntmachung, wenn die erfolgte Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht worden ist. Die Feststellung eines Verstoßes gegen § 101a GWB oder Ziff. 2 von § 101b GWB muss in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt werden. Bei § 13 VgV wurde allgemein die Ansicht vertreten, dass der Verstoß gegen § 13 VgV isoliert nicht dazu führen kann, dass der Nachprüfungsantrag begründet ist. Vielmehr führte ein Verstoß gegen § 13 VgV nur dazu, den Rechtsschutz zu eröffnen. Begründet war der Nachprüfungsantrag aber nur, wenn neben dem Verstoß gegen § 13 VgV auch ein materiell-rechtlicher Verstoß gegen das Vergaberecht und eine Rechtsverletzung des Bieters in materiell-rechtlicher Hinsicht vorlag. Aus dem Wortlaut von § 101b GWB ergibt sich nicht, ob in einem Nachprüfungsverfahren die Unwirksamkeit des Vertrages wegen eines Verstoßes gegen § 101b GWB festgestellt werden kann, ohne dass ein weiterer Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften vorliegt. Zutreffend ist, Glahs

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dass die Unwirksamkeit des Vertrages in einem Nachprüfungsverfahren nur festgestellt werden kann, wenn der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet ist1. Denn die Informations- und Wartepflicht dient nur dazu, den nicht berücksichtigten Bietern die Möglichkeit zur Erlangung von Primärrechtsschutz zu gewähren. Ist zwar gegen § 101b Abs. 1 Ziff. 1 oder 2 GWB verstoßen worden, fehlt es aber im Übrigen an der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags (fehlende Antragsbefugnis, fehlende Rügeobliegenheit) oder an der Begründetheit des Nachprüfungsantrags, weil der Bieter – abgesehen von dem Verstoß gegen § 101b GWB – nicht in seinen Rechten verletzt ist, ist der Nachprüfungsantrag unzulässig oder unbegründet und kann auch die Unwirksamkeit des Vertrages nicht festgestellt werden. 4. Schwebende Wirksamkeit des Vertrages bis zur Feststellung in einem Nachprüfungsverfahren? 17 Dem Wortlaut und der gesetzlichen Begründung zu § 101b GWB lässt sich nicht entnehmen, ob der geschlossene Vertrag bis zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages in einem Nachprüfungsverfahren schwebend wirksam oder schwebend unwirksam ist, d.h. mit anderen Worten, ob die Parteien in diesem Zeitraum zur Erbringung ihrer wechselseitigen Leistungen verpflichtet sind2. Nach dem Sinn und Zweck des § 101b GWB liegt bis zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages bzw. bis zum Fristablauf eine schwebende Wirksamkeit des Vertrages vor, d.h. Auftraggeber und Auftragnehmer sind bis zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages an diesen gebunden, d.h. sie müssen die entsprechenden Leistungen erbringen3. Für diese Auslegung spricht zunächst, wenn auch nicht eindeutig, der Wortlaut von § 101b GWB. Dort heißt es nicht, der Vertrag wird von Anfang an wirksam, wenn die Unwirksamkeit nicht festgestellt wird, vielmehr heißt es, der Vertrag ist von Anfang an unwirksam, wenn dies in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt wird. Darüber hinaus spricht auch der Sinn und Zweck des § 101b GWB dafür, dass der Vertrag schwebend wirksam ist. Denn nur so wird das Ziel des § 101b GWB erreicht, nämlich, den Vertrag gem. den vertraglichen Vereinbarungen abzuwickeln, es sei denn, die Unwirksam1 König in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 101b Rz. 2 f.; jedenfalls bzgl. der Antragsbefugnis ebenso Kriener in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 101b Rz. 13. 2 Vgl. zum Ganzen König in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 101b Rz. 4. 3 So auch König in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 101b Rz. 5.

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keit wird ausdrücklich festgestellt. Durch diese Auslegungen werden auch weder der Auftraggeber noch der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt. Zwar ist es so, dass der Vertrag insgesamt rückabgewickelt werden muss, wenn die Unwirksamkeit nachträglich festgestellt wird. Der Auftragnehmer wird hierdurch aber nicht unangemessen belastet, weil er nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Der Auftraggeber ist nicht belastet, weil es seine Verpflichtung ist, die Vorschriften der §§ 101a und 101b GWB ordnungsgemäß anzuwenden1. III. Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des Vertrages gem. § 101b GWB 1. Unwirksamkeit ex tunc Ist der Nachprüfungsantrag erfolgreich, stellt die Vergabekammer die 18 Unwirksamkeit des Vertrages mit Wirkung ex tunc fest2. Der Vertrag ist von Anfang an unwirksam. Wird die Unwirksamkeit festgestellt, gilt sie gegenüber jedermann. Auch der Auftraggeber und der Auftragnehmer können sich dann auf die Unwirksamkeit des Vertrages berufen. 2. Rückabwicklung des Vertrages Sofern der Auftraggeber und Auftragnehmer vor Feststellung der Unwirk- 19 samkeit bereits Leistungen erbracht haben, sind diese rückabzuwickeln. Anwendbar sind die §§ 812 ff. BGB. Die Leistungen, die der Auftraggeber und/oder der Auftragnehmer bereits erbracht haben, wurden ohne Rechtsgrund erbracht, so dass die § 812 BGB herausgegeben werden müssen. Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit der Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen (§ 818 Abs. 2 BGB). Insbesondere bei Dienstleistungen hindert deren Beschaffenheit in der Regel die Rückgewähr, ebenso bei nicht verkörperten Werkleistungen. Der Wertersatz bemisst sich dann nach der üblichen, hilfsweise nach der angemessenen vom Vertragspartner ersparten, höchstens nach der vereinbarten Vergütung3. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht, dass eine Rückabwicklung der 20 erbrachten Leistungen nach Bereicherungsgrundsätzen nicht stattfindet, 1 Vgl. Rz. 18 ff. 2 VK Arnsberg v. 16.12.2009 – VK 36/09. 3 BGH v. 31.5.1990 – VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308 (314); BGH v. 6.4.1694 – II ZR 75/62, BGHZ 41, 282 (288 f.); BGH v. 25.6.1962 – VII ZR 120/61, BGHZ 37, 258 (164); Spran in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 818 Rz. 21.

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wenn und soweit im Zeitpunkt der Feststellung des Vergabeverstoßes und der Unwirksamkeit des erteilten Auftrages im Nachprüfungsverfahren der Aufragnehmer Leistungen bereits erbracht hat1. Diese Ansicht ist schon mit dem Wortlaut von § 101b GWB nicht zu vereinbaren, weil sie gerade nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages von Anfang an führt. Darüber hinaus ist diese Auslegung bzw. einschränkende Auslegung von § 101b GWB auch deshalb nicht hinzunehmen, weil sie zu einer erheblichen Einschränkung der tatsächlichen Rechtsschutzmöglichkeiten anderer Bieter führt. Die Ansicht ist auch nicht erforderlich, weil der Auftragnehmer über etwaige Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen ausreichend geschützt wird und der Auftraggeber nicht schutzwürdig ist. 3. Schadensersatz des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber? 21 Informiert die Vergabestelle einen Bieter pflichtwidrig nicht über die begründete Vergaberüge eines Dritten und die dadurch drohende Aufhebung eines Vergabeverfahrens, kann sie auf Aufwendungsersatz in Anspruch genommen werden2. Rechtsgrundlage für solche Schadenersatzansprüche sind die §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 i.V.m. § 280, 282 BGB. Es handelt sich um Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen3 können sich Schadensersatzansprüche schon zugunsten von Bietern ergeben, die nutzlos die Aufwendungen für die Erstellung eines Angebotes aufgewendet haben, gilt dies erst recht für den Auftragnehmer. Verlangt der Auftraggeber von dem Auftragnehmer, dass dieser während des Schwebezustandes die vertraglichen Leistungen erbringt und wird dann festgestellt, dass der Vertrag unwirksam war, können dem Auftragnehmer Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zustehen. Denn die Verpflichtung, die §§ 101a und b GWB ordnungsgemäß einzuhalten, ist eine Verpflichtung, die allein den Auftraggeber trifft. IV. Unwirksamkeit des Vertrages aus anderen Gründen 1. § 134 BGB 22 Der Abschluss eines vergabepflichtigen Auftrags ohne vorherige Durchführung des gebotenen Vergabeverfahrens führt nicht zur Nichtigkeit 1 So König in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 101b Rz. 5. 2 OLG Dresden v. 10.1.2008 – 20 U 1697/03, IBR 2009, 2312, nachfolgend: BGH v. 3.3.2009 – X ZR 22/8, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. 3 Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 311 Rz. 22 ff.

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Unwirksamkeit

gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 97 Abs. 1, 101abs. 1 GWB. Diese Auffassung vertrat zu § 13 VgV insbesondere das OLG Düsseldorf1. Allerdings hatte das Kammergericht Berlin es für „durchaus erwägenswert“ gehalten, die Nichtigkeitsfolge aus § 134 BGB i.V.m. § 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 GWB, § 4 Abs. 1 VgV herzuleiten2. Zwar habe der Gesetzgeber mit der Schaffung des Vergaberechtsschutzes eigentlich den Grundsatz „pacta sunt servanda“ nicht antasten wollen, es sei jedoch zu bedenken, dass die Herleitung der Nichtigkeitsfolge aus den genannten Normen mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht schlechterdings unvereinbar erscheine. Der EuGH habe bei Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland mehrfach entschieden, dass Verträge über die Vergabe öffentlicher Aufträge, die unter Missachtung des in der Richtlinie 92/50/EWG (Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie) vorgeschriebenen Verfahren zustande gekommen seien, während ihrer gesamten Vertragslaufzeit eine Vertragsverletzung darstellten. Hinsichtlich der sich aus dieser Verletzung ergebenden Folgen seien die Mitgliedsstaaten jedoch nicht festgelegt. Zwar könne man sich – entsprechend Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie 89/665/EWG – auf die Gewährung von Schadensersatz an die durch den Verstoß geschädigten Personen beschränken, die in der Richtlinie enthaltene Befugnis verbiete es jedoch nicht, im nationalen Recht nach Möglichkeiten zu suchen, bei denen Schädigungen von anderen Bietern gar nicht erst auftreten können. Eine solche Möglichkeit läge in der Anwendung des § 134 BGB. Diese in einem obiter dictum vertretene Ansicht war schon im Rahmen von § 13 VgV nicht zutreffend; sie ist es erst recht nicht mehr seit in Kraft treten von § 101b GWB. Denn der Wortlaut von § 101b GWB ist eindeutig. Der Vertrag soll gerade nicht nichtig, sondern allenfalls mit Wirkung ex tunc unwirksam werden können. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausgeführt, für den Fall, dass die europäische Rechtsentwicklung dazu veranlasse, in bestehende Vertragsverhältnisse einzugreifen, bestehe in Deutschland die Möglichkeit, § 313 BGB auf den geschlossenen Vertrag anzuwenden3. 2. § 138 BGB § 138 BGB bleibt neben § 101b GWB selbständig anwendbar. Es kommt 23 dann auch nicht darauf an, ob ein Nachprüfungsverfahren innerhalb von 1 OLG Düsseldorf v. 3.12.2003 – VII-Verg 37/03, VergabeR 2004, 216 (219 ff.); LG München v. 20.12.2005 – 33 O 16465/05, NZBau 2006, 269 (270); VK Hamburg v. 27.4.2006 – VgK FB 2/06; Prieß/Gabriel, NZBau 2006, 219 (220). 2 KG Berlin v. 11.11.2004 – 2 Verg 16/04, VergabeR 2005, 236, 243 ff. 3 Zu der Frage, ob dies tatsächlich der Fall ist, siehe unten Rz. 28 f.

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Unwirksamkeit

sechs Monaten eingeleitet wurde oder nicht. In einem solchen Fall kann auch nach längerer Zeit ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden, vorausgesetzt, das Recht ist nicht verwirkt. Denn ein gem. § 138 BGb nichtiger Vertrag ist im Grundsatz dauerhaft nichtig, so dass Leistungen ohne Vertragsgrundlage erbracht werden. 24 Nichtigkeit gem. § 138 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handelt, er also entweder weiß, dass der betreffende Auftrag dem Kartellvergaberecht unterfällt, oder er sich einer solchen Kenntnis mutwillig verschließt, und überdies kollusiv mit dem Auftragnehmer zusammenwirkt1. An das Vorliegen des kollusiven Zusammenwirkens mit dem Auftragnehmer als zweite Voraussetzung werden jedoch hohe Anforderungen gestellt. Dies setzt ein bewusstes Zusammenwirken des öffentlichen Auftraggebers und dem Vertragspartner als Auftragnehmer zum Nachteil der Wettbewerber voraus2. 3. Sonstige Unwirksamkeitsgründe 25 Auch sonstige Nichtigkeitsgründe bleiben neben § 101b GWB bestehen. Hierzu gehören Vorschriften gegen das Schriftformerfordernis, Vertretungsregeln beim Handeln der öffentlichen Hand etc. In diesen Fällen kann auch nach längerer Zeit ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden, vorausgesetzt, das Recht ist nicht verwirkt. Die Frage der Wirksamkeit des Vertrages ist insoweit unabhängig vom Vergaberecht nach dem anwendbaren Zivil- oder öffentlichen Recht zu beantworten. V. Rechtsfolgen bei Wirksamkeit des Vertrages 1. Europarechtswidrigkeit? 26 Wird die Unwirksamkeit eines Vertrages nicht in einem Nachprüfungsverfarhren festgestellt, ist der Vertrag von Anfang an wirksam; d.h. die bereits erbrachten Leistungen wurden mit Rechtsgrund erbracht; die künftigen Leistungen werden ebenfalls auf vertraglicher Basis erbracht. Nach europäischem Recht ist der Vergaberechtsverstoß mit dem Abschluss des Vertrages aber nicht beendet, sondern besteht fort. Ein als Dauerschuldverhältnis ausgestalteter Vertrag, der unter Verstoß gegen 1 OLG Düsseldorf v. 3.12.2003 – VII Verg 37/03, VergabeR 2004, 216 (222); LG München v. 20.12.2005 – 33 O 16465/05, NZBau 2006, 269 (270) 2 Vgl. zu Kollusion im Rahmen der Vertretung: Ellenberger in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 164 Rdn. 13.

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Unwirksamkeit

Vergaberecht zustande gekommen ist, stellt nach Ansicht des EuGH einen fortdauernden Verstoß gegen das Vergaberecht dar, d.h. die Verletzung des AEAV endet nicht mit dem wirksamen, wenn auch vergaberechtswidrigen Vertragsschluss, sondern erst, wenn der Vertrag endet. Der EuGH hat entschieden, dass der Verstoß gegen die Richtlinie mit dem Vertragsschluss nicht abgeschlossen ist1. Für die Bundesrepublik Deutschland (und für alle Organe der Bundesrepublik) besteht deshalb aus europäischer Sicht bis zur Beendigung des Vertrages die Pflicht zur Beendigung der Vertragsverletzung und damit zur Beendigung des Vertrages2. Die Bundesrepublik und ihre Untergliederung sind deshalb bei einem 26a vergaberechtswidrig zustande gekommenen Vertrag verpflichtet, diesen zu beenden, d.h. von einer Kündigungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Zwar richten sich Vertragsverletzungsverfahren sowie etwaige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stets nur gegen die Bundesrepublik, materiell-rechtlich ist aber die Bundesrepublik mit ihren Untergliederungen gebunden. Hierzu gehören auch die Länder und Gemeinden sowie sonstige Gebietskörperschaften etc.; hierzu gehören auch juristische Personen des Privatrechts, vorausgesetzt, sie werden von staatlichen Stellen beherrscht3. Gem. Art. 20 GG gilt das Rechtsstaatsgebot und damit ein Gebot zur Recht- und Gesetzmäßigkeit allen staatlichen Handelns. Dieses Gebot gilt auch für Gemeinden, und auch soweit europäisches Recht betroffen ist. Rechtswidrige Zustände müssen – jedenfalls soweit es rechtlich möglich ist – beendet werden. Deshalb muss von einer Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht werden4. Das LG hat jedenfalls für den Fall, dass der EuGH die Vergabe- und Europarechtswidrigkeit eines Vertrages festgestellt hat, angenommen, dass sich aus dem Grundsatz der Recht- und Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns für eine Gemeinde die Notwendigkeit zur Kündigung eines vergaberechtswidrig geschlossenen Vertrages ergibt. Wird der europarechtswidrig zustande gekommene Vertrag nicht been- 27 det, drohen der Bundesrepublik Deutschland wegen einer nicht gehöri1 EuGH v. 9.9.2004 – Rs. C-125/03, EuZW 2004, 636 (637); EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-503/04, EuZW 2007, 514 (516); vgl. Weyand, IBR 2007, 504. 2 EuGH v. 9.9.2004 – Rs. C-125/03, EuZW 2004, 636 (637); vgl. auch Stellungnahme des Generalanwalts beim EuGH, Schlussanträge v. 28.3.2007 – Rs. C-503/04; Callies/Ruffert-Crämer, Kommentar zum EU-Vertrag und EG-Vertrag, Art. 228 EGV Rz. 3; Boesen, Urteilsanmerkung, NZBau 2009, 796 f. 3 Gabriel, VergabeR 2009, 7 ff. (9 f.). 4 So auch LG München v. 20.12.2005 – 33 O 16465/05, NZBau 2006, 269 (271).

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Unwirksamkeit

gen Umsetzung eines Urteils des EuGHs Zwangsgeldzahlungen. Bei der Höhe des Zwangsgeldes, das in mehrstelliger Millionenhöhe festgesetzt werden kann, berücksichtigt der EuGH die Schwere des Verstoßes und die Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedsstaates1. Aus Sicht der europäischen Union ist allein die Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung des Zwangsgeldes verpflichtet. Allerdings ist im Zuge der Föderalismusreform im Jahr 2006 das „Gesetz zur Lastentragung im Bund-LänderVerhältnis bei Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen“ erlassen worden2. Das Gesetz sieht eine innerstaatliche Haftungsverteilung bei finanziellen Sanktionen aufgrund von Verstößen gegen supranationale oder völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik, wozu auch die Verurteilung zur Zahlung von Zwangsgeld gehört, vor. Die Regelungen, die grundgesetzlich in Art. 104a Abs. 6 GG verankert sind, bestimmen für die Haftung von Bund und Ländern als wesentliches Prinzip das Verursacherprinzip. Verstößt somit eine Gemeinde gegen das Europarecht, bedeutet dies im Verhältnis zwischen Bund und Land, dass das Land, zu dem die Gemeinde gehört, im Innenverhältnis der Bundesrepublik Deutschland für die Zwangsgeldzahlung verantwortlich ist. Denn das Handeln der Gemeinde ist dem Bundesland zuzurechnen. Offen ist bis heute, ob das Bundesland dann seinerseits einen Regressanspruch gegen die Gemeinde hat. Dies ist nach wie vor rechtlich nicht geklärt3. 2. Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit für den geschlossenen Vertrag 28 Besteht ein Recht zur Kündigung nach dem Vertrag, kann die Europarechtskonformität hergestellt werden. Schwieriger ist dies, wenn in dem Vertrag kein Kündigungsrecht vorgesehen ist. Denn dann kann außerordentlich nur gekündigt werden, wenn die Europarechtswidrigkeit ein wichtiger Grund zur Kündigung gem. § 314 Abs. 2 BGB ist. Das LG München hat angenommen, es bestehe ein Recht zur Kündigung wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, weil und soweit beide Parteien davon ausgegangen sind und ausgehen durften, dass der Vertrag nicht vergaberechtswidrig zustande gekommen ist und sich dies nachträglich als falsch herausstellt4.

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Vgl. EuGH v. 10.1.2008 – C-70/06, EuZW 2008, 776; Boesen, NZBau 2009, 796 f. BGBl I, 2098, 2105. Boesen, NZBau 2009, 796 f. So auch LG München v. 20.12.2005 – 33 O 16465/05, NZBau 2006, 269 (271).

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Unwirksamkeit

Die Entscheidung des Landgerichts München vom 20.12.2005 ist zutref- 29 fend. Aus ihr folgt aber nicht, dass ein öffentlicher Auftraggeber grundsätzlich berechtigt ist, einen Vertrag außerordentlich zu kündigen, wenn der Abschluss des Vertrages europarechtswidrig war. In den Gesetzesmaterialien zu §§ 101a und b GWB erweckt der historische Gesetzgeber den Eindruck, dass bei einem Verstoß gegen Europarecht stets ein außerordentliches Kündigungsrecht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bestünde. Diese Ansicht ist unzutreffend. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bzw. Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage besteht nur, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Dies setzt regelmäßig vor, dass es sich nicht um Störungen handelt, die entweder eindeutig dem Risikobereich einer Partei zuzuordnen sind oder die bei Abschluss des Vertrages mindestens erkennbar waren1. Dass dem Auftraggeber bei Abschuss eines europarechtswidrigen Vertrages nicht stets ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zusteht, ist auch im Hinblick auf die hohen Zwangsgeldandrohungen nicht unangemessen. Denn trotz des fehlenden Kündigungsrechtes kann der öffentliche Auftraggeber die Europarechtswidrigkeit des Vertrages beseitigen, indem er die Leistungen aus dem Vertrag zwar nicht mehr abruft, umgekehrt aber dem Auftragnehmer die Vergütung abzgl. ersparter Aufwendungen und anderweitigen Verdienstes zahlt. Insoweit gilt der Rechtsgedanke des § 649 BGB.

1 Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 313 Rz. 19; § 314 Rz. 9.

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Zweiter Abschnitt: Nachprüfungsverfahren I. Nachprüfungsbehörden Vorbemerkung zu §§ 102–124 1 Der zweite Abschnitt des 4. Teils regelt das Nachprüfungsverfahren durch die Vergabekammern (§§ 107 ff.) sowie das Verfahren vor den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte als gerichtlicher Kontrollinstanz (§§ 116 ff.). Der zweite Abschnitt stellt im Hinblick auf den dort geregelten Rechtsschutz das Kernstück der vergaberechtlichen Vorschriften im GWB dar, mit dem den unionsrechtlichen und auch verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung getragen wird, die gegen die zuvor geltende Ausgestaltung angemeldet wurden (s. dazu Einleitung Rz. 4). Umgesetzt werden in diesem Abschnitt die sich insbesondere aus den Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung, Rz. 7) ergebenden Anforderungen an eine gerichtliche Kontrolle von Auftragsvergaben (§§ 116 ff.) durch öffentliche Auftraggeber i.S.v. § 98 GWB oberhalb der maßgeblichen Schwellenwerte (§ 100 Abs. 1 i.V.m. § 2 VgV). Dies gilt auch im Anwendungsbereich des SGB V (§ 69 Abs. 2 SGB V, s. § 116 Rz. 32 ff.). 2 Der gerichtlichen Überprüfung vorgeschaltet ist ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer (§§ 107 ff.). Notwendig ist jedoch stets, dass es tatsächlich um einen dem Kartellvergaberecht unterfallenden Auftrag geht. Die Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen kann nicht durch Auftraggeber und/oder Unternehmen freiwillig begründet werden1. Selbst rechtsirrig ist dies nicht möglich (z.B. bei falscher Schwellenwertberechnung2, s. noch § 102 Rz. 18). Nicht mehr ausdrücklich geregelt ist im zweiten Abschnitt das Verfahren vor den Vergabeprüfstellen (§ 103 a.F.), deren Einrichtung allerdings ohnehin den Ländern freigestell war. Auch ohne diese durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) gestrichene Regelung besteht für die Länder die Möglichkeit, ihre Vergabeprüfstellen, soweit überhaupt vorhanden, beizubehalten oder auch neue Vergabesprüfstellen einzurichten (s. noch § 102 Rz. 15).

1 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 12. 2 OLG Naumburg v. 4.10.2007 – 1 Verg 7/07, ZfBR 2008, 86.

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Nachprüfungsverfahren

Vor §§ 102–124

Sowohl bei einem etwaigen fakultativen Verfahren vor der Vergabeprüf- 3 stelle als auch bei dem Verfahren vor der Vergabekammer handelt es sich um Verwaltungsverfahren im Sinne der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder. Die darin enthaltenen Vorschriften finden ergänzend Anwendung, wenn im GWB, im sonstigen Bundesrecht oder im einschlägigen Landesrecht zu den jeweils maßgeblichen Punkten keine speziellen und abschließenden Regelungen enthalten sind (s. insb. noch § 107 Rz. 7 ff.)1. Demgegenüber handelt es sich bei der sofortigen Beschwerde zum OLG (§§ 116 ff.) um eine gerichtliche Kontrolle, die sowohl aus unionsrechtlichen Gründen (s. insb. Art. 2 Abs. 9 der Rechtsmittelrichtlinien, dazu Einleitung Rz. 7) als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist, da die subjektiven Rechte der Bieter (s. insb. § 97 Rz. 129 ff. sowie § 114 Rz. 10 ff.) die verfassungsrechtlichen Garantien des Art. 92 GG und, soweit Hoheitsakte ergehen, des Art. 19 Abs. 4 GG mit der Folge auslösen, dass Gerichtsschutz auch nach deutschem Verfassungsrecht zu gewähren ist2. Das Nachprüfungsverfahren, so wie es im zweiten Abschnitt des 4. Teils 4 des GWB geregelt ist, bildet den verfahrensrechtlichen Rahmen, um die subjektiven Rechte von Unternehmen im Sinne von § 97 Abs. 7 (dazu § 97 Rz. 129 ff.) zu gewährleisten und durchzusetzen. In erster Linie geht es dabei um die Gewährung von Primärrechtsschutz, also die Verhinderung von Benachteiligungen einzelner Unternehmen und damit in der Regel einhergehend um die Verhindertung der Vergabe des betreffenden Auftrages an einen Wettbewerber. Daher greifen die Rechtsschutzmöglichkeiten des Nachprüfungsrechts grundsätzlich nur so lange ein, wie der Auftrag noch nicht wirksam an einen Wettbewerber des (vermeintlich) benachteiligten Unternehmens vergeben ist. Hingegen kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ein bereits wirksam erteilter Zuschlag nicht mehr aufgehoben werden (§ 114 Abs. 2 Satz 1, s. § 114 Rz. 28 ff.). Dabei obliegt der Vergabekammer und ggf. dem Beschwerdesenat beim OLG die Prüfung, ob tatsächlich durch Zuschlagserteilung ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist (s. insb. § 101b). Eine Fortsetzung des Verfahrens ohne die Möglichkeit, das primäre Rechtsschutzziel (Verhinderung der Auftragserteilung an einen Wettbewerber) zu erreichen, kommt nur nach Maßgabe von § 114 Abs. 2 Satz 2 in Betracht (Fortsetzungsfeststellungsantrag, dazu § 114 Rz. 39 ff.). 1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 102 GWB Rz. 5; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 125 ff. 2 BVerfG v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03, BVerfGE 116, 135 (150); Pietzcker, ZHR 162 (1998), 427 (439).

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Vor §§ 102–124

Nachprüfungsverfahren

5 Sekundärleistungsansprüche, die Unternehmen zustehen können, weil sie im Rahmen des Vergabeverfahrens rechtsfehlerhaft behandelt wurden (Kostenerstattung für die Angebotserstellung, Ersatz des entgangenen Gewinns), können nicht im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens durchgesetzt werden. Für derartige Ansprüche sind ausschließlich die ordentliche Gerichte zuständig (s. § 104 Rz. 13 sowie die Kommentierung zu § 126). Ebensowenig besteht die Möglichkeit, vor der Vergabekammer die Rückabwicklung von vergaberechtswidrigen Verträgen durchzusetzen. Dies gilt selbst dann, wenn der betreffende Vertrag aus vergaberechtlichen Gründen nichtig war1. 6 Die materiellen Rechte, um deren Gewährleistung es in den Nachprüfungsverfahren des GWB geht, sind im zweiten Abschnitt des 4. Teils selbst nicht geregelt. Die diesbezüglichen Bestimmungen finden sich ohnehin nur teilweise im GWB selbst. Soweit dies der Fall ist, sind die betreffenden Regelungen im Wesentlichen im ersten Abschnitt des 4. Teils enthalten, der insbesondere die allgemeinen Grundsätze der Vergabe öffentlicher Aufträge sowie die Auftraggeber und die Verträge regelt, die der Nachprüfung gemäß dem 2. Abschnitt unterliegen. Eine andere und davon strikt zu trennende Frage ist, ob und ggf. welche Auftraggeber außerhalb des Anwendungsbereichs der vergaberechtlichen Vorschriften des GWB verpflichtet sind, subjektive Rechte von Unternehmen zu beachten und welche Vorschriften derartige Rechte vermitteln können. Dies ist vor allem bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte gemäß § 100 Abs. 1 i.V.m. § 2 VgV im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Diskriminierungsverbot) von Bedeutung (s. Einleitung Rz. 5 f., 28). Die Verletzung derartiger Rechte unterfällt jedoch nicht den Nachprüfungsverfahren gemäß dem zweiten Abschnitt des 4. Teils (zu den Einzelheiten des Rechtsschutzes bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte, bei Dienstleistungskonzessionen und sonstigen vom Kartellvergaberecht ausgenommenen Verträgen s. Einleitung Rz. 22 ff.). 7 Bei den der vergaberechtlichen Nachprüfung unterfallenden Vergaben, also bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen (§ 99) der Auftraggeber i.S.v. § 98 oberhalb der Schwellenwerte, sollen die Nachprüfungsmöglichkeiten effektiven Rechtsschutz für die geschützten subjektiven Rechte derjenigen Unternehmen vermitteln, die zulässigerweise ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet haben. Sowohl das Verfahren vor der Vergabekammer als auch die sich daran gegebenenfalls anschließende 1 OLG Karlsruhe v. 12.11.2008 – 15 Verg 4/08, VergabeR 2009, 200.

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Nachprüfungsverfahren

Vor §§ 102–124

sofortige Beschwerde zum OLG dienen der Durchsetzung subjektiver Rechte, nicht hingegen einer bloßen objektiven Beanstandung. Dies bedeutet im Kern, dass ein Unternehmen nicht erfolgreich dagegen vorgehen kann, wenn etwaige vergaberechtliche Vorschriften verletzt sind, die nicht ihren Schutz bezwecken. Dies gilt etwa für bloße Ordnungsvorschriften oder für Mitteilungspflichten, die dem Auftraggeber nach Zuschlagserteilung obliegen, die jedoch die Vergabeentscheidung selbst nicht beeinflusst haben. Ebensowenig kann sich ein Unternehmen darauf berufen, dass subjektive Rechte i.S.v. § 97 Abs. 7 verletzt sind, wenn sie im konkreten Fall (nur) einem anderen Unternehmen zustehen (im Einzelnen § 114 Rz. 11). Nicht ausdrücklich geregelt ist, welche vergaberechtlichen Bestimmun- 8 gen subjektive Rechte darstellen und damit eine Antragsbefugnis für das Nachprüfungsverfahren vermitteln und bei welchen Bestimmungen dies nicht der Fall ist (im Einzelnen § 97 Rz. 133 ff.). Dies entspricht der Handhabung, wie sie auch aus dem sonstigen Verwaltungsverfahrensrecht sowie dem Verwaltungsprozessrecht bekannt ist. Dort ist ebenfalls das Erfordernis einer Klagebefugnis und die Notwendigkeit einer Rechtsverletzung nur „abstrakt“ geregelt (s. insb. §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO)1. Auch dort bestehen in den einzelnen Rechtsbereichen nicht selten Streitigkeiten zu der Frage, welche Vorschriften eine geschützte Rechtsposition vermitteln und bei welchen dies nicht der Fall ist. Gleichwohl ist dies letztlich durch eine sachgerechte Auslegung der jeweiligen Vorschriften ermittelbar. Abgesehen davon würde eine – wohl auch kaum abschließende – Aufzählung von bieterschützenden Vorschriften nicht genügen, da es für die Antragsbefugnis auf die Möglichkeit einer Rechtsverletzung und für die Begründetheit eines Nachprüfungsantrags auf die tatsächliche Rechtsverletzung im konkreten Fall ankommt. Entscheidend ist letztlich, dass dem Unternehmen, das einen Nachprüfungsantrag stellt, durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht (Art. 1 Abs. 3 der Rechtsmittelrichtlinien, Einleitung Rz. 7). Es muss also ein hinreichender Ursachenzusammenhang zwischen Rechtsverstoß und dem daraus entstandenen oder drohenden Schaden feststellbar sein. Bei der Verletzung von Vorschriften, die allgemein oder im konkreten Fall das betreffende Unternehmen nicht schützen, scheidet dies zwangsläufig aus und kann daher – unionsrechtskonform – einem Nachprüfungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen. 1 Dazu etwa Redeker/von Oertzen, VwGO, § 42 Rz. 102 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 78 ff.

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Vor §§ 102–124

Nachprüfungsverfahren

9 Eine Sonderstellung nimmt in diesem Zusammenhang das Verfahren vor der nur fakultativ einzurichtenden Vergabeprüfstelle (s. § 102 Rz. 15) sowie die Tätigkeit der Aufsichtsbehörden ein, die nicht nur auf Antrag sondern auch von Amts wegen tätig werden können (§ 102 Rz. 7). Dementsprechend sind dort Fragen der Antragsbefugnis o. ä. irrelevant. Vielmehr kann jedermann vermeintliche Vergaberechtsverstöße bei der Vergabeprüfstelle oder der Aufsichtsbehörde zur Anzeige bringen, unabhängig davon, ob er davon selbst betroffen ist oder nicht. 10 Das Nachprüfungsverfahren nach dem GWB ist zweistufig ausgestaltet. Zunächst bedarf es einer Überprüfung durch die Vergabekammer. Danach kann mittels der sofortigen Beschwerde das Oberlandesgericht angerufen werden1. Unabhängig davon besteht die Möglichkeit zur Anrufung der Vergabeprüfstelle, sofern eine solche eingerichtet ist, oder der für den öffentlichen Auftraggeber zuständigen Aufsichtsbehörde (§ 102 Rz. 5 ff.). Diese zweistufige Ausgestaltung ist unionsrechtlich nicht notwendig. Sie ist allerdings ohne weiteres möglich (s. insb. Art. 2 Abs. 7 und 8 der Rechtsmittelrichtlinien). Auch im Übrigen hält die Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens im nationalen Recht den durch die unionsrechtlichen Anforderungen gesetzten Rahmen zumindest in den wesentlichen Eckpunkten ein. 11 Während die Ausgestaltung und die Tätigkeit der Vergabekammern in weiten Teilen derjenigen der früheren Vergabeüberwachungsausschüsse entspricht, liegen die wesentlichen Unterscheide zu den zuvor geltenden sog. haushaltsrechtlichen Lösung in der Möglichkeit der sofortigen Beschwerde zum Oberlandesgericht (s. Art. 2 Abs. 9 der Rechtsmittelrichtlinien) sowie dem so genannten Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1. Letzteres führt dazu, dass nach der Information des öffentlichen Auftraggebers über den Nachprüfungsantrag durch die Vergabekammer bis zum Abschluss des Verfahrens der Zuschlag nicht erteilt werden darf (s. insb. Art. 2 Abs. 3 der Rechtsmittelrichtlinien, § 115 Rz. 7 ff.). Ergänzt wird dieses Zuschlagsverbot durch die insbesondere in dessen Vorfeld wirkende Informations- und Wartepflicht gemäß § 101a sowie die Regelung zur Unwirksamkeit bzw. zur schwebenden Wirksamkeit in § 101b, die durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) in das GWB aufgenommen wurden. § 101a und teilweise auch § 101b hatten in § 13 VgV a.F. eine entsprechende Vorgängerregelung (s. § 101a Rz. 1 ff.). 1 S. etwa OLG München v. 11.6.2008 – Verg 6/08; Weyand, ibr-online-Kommentar, Vergaberecht, § 102 Rz. 1456.

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Nachprüfungsverfahren

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Das gesamte Nachprüfungsverfahren stellt sich in seinen wesentlichen 12 Schritten wie folgt dar: – Anrufung der Vergabeprüfstelle (soweit eingerichtet, s. § 102 Rz. 15) 13 oder einer zuständigen Aufsichtsbehörde, fakultativ: Geprüft wird hier auf Antrag oder von Amts wegen die Einhaltung der von öffentlichen Auftraggebern anzuwendenden Vergabevorschriften. Allerdings können nur Auftraggeber, die über die Verpflichtungen aus dem 4. Teil des GWB hinausgehend einer (rechts- oder fachaufsichtlichen) Kontrolle unterworfen sind, nach Maßgabe der Möglichkeiten und Grenzen dieser Aufsicht zur Aufhebung von rechtswidrigen Maßnahmen und zur Durchführung von rechtmäßigen Maßnahmen verpflichtet werden. Dies gilt bei der Tätigkeit von Vergabeprüfstellen in gleicher Weise wie bei sonstigen Aufsichtsbehörden. Von Bedeutung ist diese Möglichkeit daher im Wesentlichen nur bei den öffentlichen Auftraggebern i.S.v. § 98 Nr. 1 bis 3. Dementsprechend war bis zum Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (Einleitung Rz. 4 ff.) die in § 103 enthaltene Bestimmung (Vergabeprüfstellen) auch auf diese Auftraggeber beschränkt. Neben einer anordnenden Tätigkeit können Vergabeprüfstellen oder Aufsichtsbehörden die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden öffentlichen Auftraggeber auch bei der Anwendung der Vergabevorschriften beraten und Streitigkeiten schlichten, also letztlich (auch) als Mediator tätig werden. – Antrag an die Vergabekammer (§§ 107 ff.): Die Vergabekammer trifft 14 ihre Sachentscheidung auf Antrag eines antragsbefugten Unternehmens, d.h. wenn ein Unternehmen die Verletzung von eigenen Rechten nach § 97 Abs. 7 dargelegt hat und mit diesen Rügen nicht gemäß § 107 Abs. 3 ausgeschlossen ist. Die Vergabekammer entscheidet, ob eine Verletzung des Antragstellers in seinen Rechten tatsächlich vorliegt und trifft zugleich geeignete Maßnahmen, um diese Rechtsverletzung und damit verbundene – bereits eingetretene oder zu erwartende – Schädigungen des Antragstellers zu verhindern bzw. zu beseitigen. Nach einem wirksam erteilten Zuschlag (zum Begriff § 114 Rz. 28) kann sie allenfalls noch die Feststellung treffen, ob eine Rechtsverletzung des Antragstellers vorgelegen hat (§ 114 Abs. 2 Satz 2). Das während der Dauer des Verfahrens bestehende Zuschlagsverbot kann auf besonderen Antrag des Auftraggebers oder des Unternehmens, das den Zuschlag erhalten soll, durch die Vergabekammer aufgehoben werden, mit der Folge, dass der Zuschlag wirksam erteilt werden darf (§ 115 Abs. 2). Gegen diese in das Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer integrierte Entscheidung kann das Oberlandesgericht als BeReidt

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§ 102

Grundsatz

schwerdegericht angerufen werden, um bei einer Stattgabe das Zuschlagsverbot wiederherzustellen (Antrag des Unternehmens, das den Nachprüfungsantrag gestellt hat) oder bei einer Ablehnung der Vergabekammer das Zuschlagsverbot aufzuheben (Antrag des Auftraggebers, nicht hingegen das Unternehmens, das den Zuschlag erhalten soll). Im Weiteren entfällt das Zuschlagsverbot gemäß § 114 Abs. 4, wenn der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 Buchstabe d) geltend macht, zwei Tage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes durch die Vergabekammer an den Antragsteller. Das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht kann in diesem Fall allerdings das Zuschlagsverbot wiederherstellen. 15 – Sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht (§§ 116 ff.) Gegen die Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer gemäß § 114 Abs. 1 kann durch jeden der Verfahrensbeteiligten (Antragsteller, Antragsgegner, Beigeladene) sofortige Beschwerde eingelegt werden, sofern der Beschwerdeführer durch die Entscheidung selbst beschwert ist. Auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens kommt eine Vorabentscheidung über den Zuschlag in Betracht (§ 121).

Grundsatz

102

Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge der Nachprüfung durch die Vergabekammern. I. 1. 2. II.

Einführung . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . Möglichkeiten der Vergabeüberwachung . . . . . . . . . . 1. Aufsichtsbehörden . . . . . .

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1 1 2

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4 5

2. Vergabeprüfstellen . . . . . . . 3. Vergabekammern . . . . . . . . III. Verhältnis der Nachprüfungsmöglichkeiten zueinander . . IV. Divergierende Entscheidungen

15 17 19 21

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 102 regelt die prinzipielle Aufgabenzuständigkeit der Vergabekammern für die Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge. Er schreibt verbindlich die sachliche Nachrangigkeit der Einschaltung von Aufsichtsbehörden fest. 436

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Grundsatz

2. Entstehungsgeschichte Der Gesetzestext, der zunächst § 112 des Regierungsentwurfs des Ver- 2 gaberechtsänderungsgesetzes (Einleitung Rz. 7)1 entsprach, wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) im Jahr 2009 dahingehend geändert, dass der Verweis auf die Prüfungsmöglichkeiten von Vergabeprüfstellen entfiel. Es handelt sich dabei um eine Folgeänderung zu der vollständigen Streichung von § 103, der die Tätigkeit der fakultativ einzurichtenden Vergabeprüfstellen durch Bund und Länder behandelte (s. noch Rz. 15). Gemäß der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum 3 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz bleibt trotz dieser Streichung die grundsätzliche Prüfungsmöglichkeit durch Vergabeprüfstellen erhalten, also auch ohne ausdrückliche Erwähnung im GWB2. Der Sache nach ist dies folgerichtig, da es sich bei der Tätigkeit der Vergabeprüfstellen um eine besonders ausgestaltete aufsichtsbehördliche Prüfung handelt, deren Organisation und inhaltliche Ausgestaltung dem Bund und den Ländern obliegt. Dementsprechend regelte § 103 Abs. 1 Satz 2 a.F. ausdrücklich, dass die Vergabeprüfstellen auch bei den Fach- und Rechtsaufsichtsbehörden angesiedelt sein können. II. Möglichkeiten der Vergabeüberwachung § 102 nennt zwei verschiedene Möglichkeiten der Überwachung bei der 4 Vergabe öffentlicher Aufträge i.S.v. § 99. Diese kann zum einen durch die Aufsichtsbehörden und zum anderen durch die Vergabekammern erfolgen (zu der Tätigkeit der früher in § 103 geregelten Vergabeprüfstellen s. Rz. 2 f. sowie Rz. 15). Der Hinweis auf die Tätigkeit der Aufsichtsbehörden ist dabei rein deklaratorischer Natur. Der Tätigkeitsbereich von Aufsichtsbehörden in Bund und Ländern wird durch die Regelung weder eigenständig begründet, noch wird er erweitert oder eingeengt3. 1. Aufsichtsbehörden Nachgeordnete Bundes- und Landesbehörden unterliegen einer Rechts-, 5 Fach- und Dienstaufsicht4. Die Dienstaufsicht ist dabei vorliegend zu vernachlässigen. Sie erstreckt sich auf den Aufbau, die innere Ordnung, 1 BT-Drucks. 13/9340. 2 BT-Drucks. 16/10117, 22 (41). 3 Tahal in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 102 Rz. 5; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, § 102 Rz. 17; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 102 Rz. 4. 4 S. etwa Stockmann in Immenga/Mestmöcker, GWB, § 102 Rz. 5 ff.

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Grundsatz

die allgemeine Geschäftsführung und die Personalangelegenheiten nachgeordneter Behörden1. Die Fachaufsicht bezieht sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der den nachgeordneten Behörden obliegenden Aufgaben2. In Selbstverwaltungsangelegenheiten, also im Rahmen des eigenen Wirkungskreises einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, besteht lediglich eine Rechtsaufsicht, die sich auf die Rechtmäßigkeit der Aufgabenwahrnehmung bezieht, nicht hingegen auf die Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung. Dies ist etwa bei der allgemeinen Aufsicht über Gemeinden der Fall3. 6 Im Rahmen der jeweiligen Aufsicht besteht insbesondere die Möglichkeit zur Beanstandung getroffener oder auch geplanter Maßnahmen und Entscheidungen einer nachgeordneten Behörde, zur Anordnung von zu treffenden Maßnahmen oder Entscheidungen sowie ggf. auch zur Ersatzvornahme4. Diese Aufsichtsmöglichkeiten können auch im Bereich des Vergaberechts (oberhalb, aber auch unterhalb5 der Schwellenwerte gemäß § 100 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 VgV) von Bedeutung sein. Sie unterscheiden sich allerdings nicht von den Aufsichtsmöglichkeiten bei sonstigem Staatshandeln6. Entscheidend für den Bereich des öffentlichen Auftragswesens ist allerdings, dass Aufsichtsbehörden in diesem Sinne nicht für alle Auftraggeber i.S.v. § 98 existieren. Bei juristischen Personen des Privatrechts, insbesondere also bei den Sektorenauftraggebern (§ 98 Nr. 4, § 98 Rz. 100 ff.), ist dies nicht der Fall. Dies gilt auch für juristische Personen des Privatrechts, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden (§ 98 Nr. 2, s. dazu § 98 Rz. 68 f.). Allerdings kann dort über die entsprechenden Kontroll- und Aufsichtsgremien (z.B. Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat) zumindest mittelbar Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverhaltens genommen werden7. 7 Desweiteren ist von Bedeutung, dass die Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht im Ermessen der jeweiligen Aufsichtsbehörde steht8. Schutz1 Z.B. § 12 Landesorganisationsgesetz NW. 2 Z.B. § 13 Landesorganisationsgesetz NW. 3 Z.B. § 116 Abs. 1 Gemeindeordnung NW, § 20 Abs. 1 Landesorganisationsgesetz NW. 4 S. im Einzelnen etwa §§ 118 ff. Gemeindeordnung NW. 5 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 712; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 14. 6 Dazu im Einzelnen etwa Burgi in Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rz. 39 ff.; für den Bereich des Vergaberechts Heiermann/Ax, Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, 12 ff. 7 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 714. 8 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 14.

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Grundsatz

und Zielrichtung ist dabei die Rechtmäßigkeit des Staatshandelns als solche, nicht hingegen die Wahrung subjektiver Rechte von bestimmten Unternehmen1. Demgemäß erfolgt die Rechts- und Fachaufsicht von Amts wegen2, dabei freilich auch aufgrund von Hinweisen, die von dritter Seite zu den Aufsichtsbehörden gelangen. Ein Rechtsanspruch darauf, dass eine Rechts- oder Fachaufsichtsbehörde in bestimmter Weise tätig wird, besteht jedoch in der Regel nicht3. Der Anspruchsinhalt erschöpft sich im Regelfall darin, dass sich die zuständige Aufsichtsbehörde mit dem Vorbringen von Betroffenen oder sonstigen Dritten befassen muss. Anträge auf Einschreiten der Aufsichtsbehörden können dementsprechend formlos gestellt werden. Ebenfalls bestehen keine besonderen Fristen. Die Möglichkeiten, über die Rechts- und Fachaufsichtsbehörden auf die 8 Rechtmäßigkeit des Vergabeverhaltens von öffentlichen Auftraggebern einzuwirken, sind nicht zu unterschätzen4. Ihr Vorteil gegenüber einer Anrufung der Vergabekammer liegt zum einen darin, dass für die Tätigkeit von Aufsichtsbehörden keine besonderen Kosten erhoben werden. Zudem sind die Aufsichtsbehörden, sei es als Rechtsaufsicht, sei es als Fachaufsicht (Rz. 5), berechtigt, die Einhaltung der Vergabevorschriften durch die ihnen nachgeordneten Behörden in vollem Umfang zu überprüfen, also ohne eine Beschränkung auf subjektive Rechte i.S.v. § 97 Abs. 7. Ebenfalls ist es für die aufsichtsbehördliche Tätigkeit ohne Bedeutung, ob ein Unternehmen im Hinblick auf einen möglichen Vergaberechtsverstoß tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist, ob eine Antragsbefugnis gegeben ist oder ob etwaige Rügen i.S.v. § 107 Abs. 3 präkludiert sind (§ 107 Rz. 41 ff.). Im Rahmen der Fachaufsicht kann zudem auch die Zweckmäßigkeit ei- 9 ner Vergabe überprüft und dementsprechend ggf. auch durch die Aufsichtsbehörde gestoppt werden, selbst wenn ein Rechtsverstoß nicht besteht oder jedenfalls zweifelhaft ist. Dies schließt die Möglichkeit ein, die Erteilung des Zuschlags auf ein bestimmtes Angebot zu untersagen oder anzuordnen, etwaige Kündigungsmöglichkeiten, die ein bereits abgeschlossener Vertrag bietet, auszunutzen. Auch insofern geht die auf1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 102 Rz. 18; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 102 Rz. 4. 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 14. 3 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 102 Rz. 18; Kopp/Schenke, VwGO, Anhang zu § 42 Rz. 81. 4 Tahal in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 102 Rz. 19; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, § 102 Rz. 19.

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Grundsatz

sichtsbehördliche Tätigkeit also über die Möglichkeiten der Vergabekammer hinaus (s. hierzu § 114 Abs. 2 Satz 1, § 114 Rz. 28 ff.). 10 Ebenso ist die Aufsichtsbehörde grundsätzlich berechtigt, die Durchführung rechtmäßiger Maßnahmen im Rahmen eines Vergabeverfahrens anzuordnen, etwa bestimmte Bieter, bei denen Ausschlussgründe vorliegen, auszuschließen oder auch anzuordnen, das Vergabeverfahren fortzusetzen, obgleich die Vergabestelle selbst beabsichtigt, es durch Aufhebung oder in sonstiger Weise zu beenden, oder auch anzuordnen, den Zuschlag auf ein bestimmtes Angebot zu erteilen. Erst recht kann die Aufsichtsbehörde auf den Hinweis eines Unternehmens hin anordnen, überhaupt ein Vergabeverfahren durchzuführen, wenn die ihr nachgeordnete Vergabestelle beabsichtigt, davon in unzulässiger Weise abzusehen. 11 Bei ihrer rechts- oder fachaufsichtlichen Tätigkeit hat die zuständige Aufsichtsbehörde neben den subjektiven Interessen von Unternehmen und dem Gemeinwohlinteresse an einem zweck- und rechtmäßigen Vergabeverhalten auch die Belange der Vergabestelle selbst zu berücksichtigen. Dies kann es aus aufsichtsbehördlicher Sicht rechtfertigen, insbesondere aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oder aus sonstigen übergeordneten Gründen des Allgemeinwohls bestimmte Anordnungen trotz eines (möglichen) Vergaberechtsverstoßes gegenüber einer nachgeordneten Vergabestelle nicht zu treffen und sich auf Anodnungen im Hinblick auf zukünftige Vergabevorgänge zu beschränken. Ebenso hat sie die Möglichkeit, gegenüber einer ihr nachgeordneten Vergabestelle und auch gegenüber Unternehmen, die sich an sie wenden, beratend und streitschlichtend tätig zu werden (so ausdrücklich auch § 103 Abs. 2 Satz 2 a.F. zur Tätigkeit der Vergabeprüfstellen). 12 Sofern nicht ein Fall der uneingeschränkten Fachaufsicht vorliegt (s. Rz. 5), stellt eine Anordnung der Aufsichtsbehörde gegenüber der nachgeordneten Behörde in der Regel ein Verwaltungsakt i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG des Bundes und der Länder dar1. Die Vergabestelle selbst kann gegen eine Anordnung ihrer Aufsichtsbehörde nicht die Vergabekammer anrufen, da es bei deren Anordnung nicht um eine Nachprüfung der Vergabe im Sinne des Kartellvergaberechts geht, sondern um die Kontrolle der Rechtmäßigkeit und ggf. auch der Zweckmäßigkeit staatlichen Handelns. Zudem wären auch die Anforderungen des § 107 Abs. 2 für die Vergabestelle selbst nicht erfüllbar. Daher hat sie nur die Möglichkeit, die allgemeinen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Verwaltungs1 U. Stelkens Rz. 181f.

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in

Stelkens/Bonk/Sachs,

Verwaltungsverfahrensgesetz,

§ 35

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Grundsatz

akte auszunutzen (Widerspruch, §§ 68 ff. VwGO; Anfechtungsklage, §§ 74 ff. VwGO). Ebenfalls greifen die sonstigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Insbesondere haben Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörde aufschiebende Wirkung, sofern nicht durch Bundes- oder Landesrecht gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO etwas anderes geregelt ist oder nicht gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der aufsichtsbehördlichen Entscheidung angeordnet wurde, gegen die dann wiederum die Möglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO bestehen. Ist die Anordnung der Aufsichtsbehörde bestandskräftig oder sofort voll- 13 ziehbar, muss sie durch die Vergabestelle beachtet werden. Ansonsten greifen die allgemeinen verwaltungsvollstreckungs- und organisationsrechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten, insbesondere also die Möglichkeiten zum Selbsteintritt bzw. zur Ersatzvornahme1. Allerdings ändert dies nichts daran, dass ein ggf. entgegen einer aufsichtsbehördlichen Weisung erteilter Zuschlag grundsätzlich wirksam ist,2 da § 115 Abs. 1 im Bereich der Verwaltungsaufsicht nicht anwendbar ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Nichtigkeitsgründe eingreifen, sei es unmittelbar aus dem Bereich des Vergaberechts (s. neben § 115 Abs. 1 insbesondere § 101b), sei es aus dem allgemeinen Zivilrecht (s. insbesondere § 138 und § 311b BGB). Da die Einschaltung der Aufsichtsbehörde nicht Voraussetzung dafür ist, 14 die Vergabekammer anzurufen, muss ein Unternehmen deren Entscheidung auch nicht abwarten, wenn es die zuständige Aufsichtsbehörde eingeschaltet hat. Dementsprechend kann dies auch parallel zu einem Nachprüfungsantrag erfolgen3. Wird die Aufsichtsbehörde auf Verlangen eines Unternehmens gar nicht oder nicht in dem von einem Unternehmen gewünschten Sinne tätig, besteht regelmäßig nicht die Möglichkeit, dagegen gesondert auf dem Verwaltungsrechtsweg vorzugehen, also ein aufsichtsbehördliches Tätigwerden mittels Widerspruch und Verpflichtungsklage zu erzwingen4. Hierfür sind die Rechtsschutzmöglichkeiten 1 S. etwa aus dem Bereich der Kommunal- und Körperschaftsaufsicht § 120 Gemeindeordnung NW, § 20 Landesorganisationsgesetz NW. 2 Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 102 Rz. 6. 3 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 102 Rz. 3; Tahal in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 102 Rz. 5, 8; von einem Fall konkurrierender Zuständigkeiten spricht Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 102 Rz. 6. 4 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 102 Rz. 8.

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Grundsatz

vor der Vergabekammer vorrangig (s. auch § 103 Abs. 3 Satz 1 a.F. zur Tätigkeit der Vergabeprüfstellen). Ohnehin hätte eine solche Möglichkeit im Hinblick auf die Dauer verwaltungsverfahrens- und verwaltungsgerichtlicher Auseinandersetzungen sowie in Ermangelung eines Zuschlagsverbotes i.S.v. § 115 Abs. 1 allenfalls theoretische Bedeutung. 2. Vergabeprüfstellen 15 Die Tätigkeit von Vergabeprüfstellen ist wegen ihrer Bedeutungslosigkeit im GWB nicht mehr ausdrücklich geregelt1. Gleichwohl besteht diese Möglichkeit weiterhin, sofern der Bund oder einzelne Länder Vergabeprüfstellen für sämtliche Auftragsvergaben, für bestimmte Arten von Aufträgen oder für Aufträge ab einer bestimmten Größenordnung einrichten (s. Rz. 3). Für die Tätigkeit der Vergabeprüfstellen wird im Einzelnen auf die Kommentierung zu § 103 a.F. in der Vorauflage verwiesen. Im Wesentlichen entspricht die Tätigkeit von Vergabeprüfstellen, sofern sie fortbestehen oder neu eingerichtet werden, derjenigen von Rechtsaufsichtsbehörden (s. Rz. 5)2. Zwar kann das Antragsrecht von Unternehmen oder sonstigen Dritten stärker ausgestaltet werden als dies typischerweise bei der Anrufung von Aufsichtsbehörden der Fall ist (Rz. 7), jedoch ändert dies nichts daran, dass das Rechtsschutzsystem des Kartellvergaberechts beachtet werden muss. So wäre es etwa ohne besondere bundesgesetzliche Regelung nicht möglich, einem Antrag an eine fakultativ eingerichtete Vergabeprüfstelle die Wirkung eines § 115 Abs. 1 vergleichbaren Zuschlagsverbots beizumessen (s. hierzu auch die Kommentierung zu § 115a). Ebensowenig könnte die Anrufung der Vergabekammer davon abhängig gemacht werden, dass zuvor die Entscheidung einer Vergabeprüfstelle eingeholt wird (so ausdrücklich bereits § 103 Abs. 3 a.F.)3. 16 Des weiteren wäre es nicht möglich, vom Bund oder einem Land eingerichteten Vergabeprüfstellen die Kompetenz einzuräumen, gegenüber öffentlichen Auftraggebern, die keiner staatlichen Rechts- oder Fachaufsicht unterworfen sind, verbindliche Anordnungen im Hinblick auf ihre Vergabetätigkeit zu treffen. Dementsprechend beschränkte § 103 Abs. 1 Satz 1 a.F. die Tätigkeit von Vergabegabeprüfstellen ausdrücklich auf die

1 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 1, 14; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 7. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 102 Rz. 10. 3 Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 103 Rz. 1514; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 102 Rz. 10.

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Grundsatz

Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 1 bis 31. Außerhalb der Rechts- und Fachaufsicht ist die vergaberechtliche Kontrolle der Tätigkeit von öffentlichen Auftraggebern also durch das Rechtsschutzsystem der §§ 107 ff. begrenzt, das allein dem Schutz antragsbefugter Unternehmen im Hinblick auf deren Rechte i.S.v. § 97 Abs. 7 dient (zu darüber hinausgehenden wettbewerbsrechtlichen und sonstigen Ansprüchen, die nicht der Prüfung durch die Vergabekammern unterfallen, s. § 104 Rz. 7 ff.). 3. Vergabekammern Für die Tätigkeit der Vergabekammern finden sich die maßgeblichen 17 Detailregelungen zur organisatorischen Ausgestaltung in den §§ 104 bis 106a und zum Verfahren vor der Vergabekammer in den §§ 107 bis 115. Zuständig ist die Vergabekammer nur dann, wenn es sich tatsächlich um 18 einen Auftrag handelt, der in den Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts fällt (zu Aufträgen im Anwendungsbereich des SGB V s. § 69 Abs. 2 SGB V, § 116 Rz. 32 ff.). Ist dies nicht der Fall, ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig. Die Vergabekammer muss ihn in einem solchen Fall als unzulässig ablehnen. Erfolgt dies nicht, kann die Entscheidung ggf. durch die Beschwerde zum OLG (§§ 116 ff.) angegriffen werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Vergabestelle im Rahmen ihrer Ausschreibung rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass die betreffende Auftragsvergabe dem Kartellvergaberecht unterfällt, etwa weil sie den Schwellenwert (§ 100 Abs. 1, s. dazu § 100 Rz. 10) falsch berechnet hat2 oder sie nicht erkannt hat, dass es um eine nicht dem Kartellvergaberecht unterfallende Dienstleistungskonzession geht3, oder aber wenn sie trotz Unterschreitung des Schwellenwertes freiwillig europaweit ausschreibt4. Andererseits findet der Rechtsschutz durch die Vergabekammern und Vergabesenate uneingeschränkt Anwendung, wenn ein öffentlicher Auftraggeber zu Unrecht von einem EU-weiten Ausschreibungsverfahren abgesehen hat (unzulässige Direktvergabe, de facto-Vergabe, s. dazu auch § 101b

1 Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 103 Rz. 4; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 712; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 103 Rz. 1510. 2 S. etwa OLG Naumburg v. 4.10.2007 – 1 Verg 7/07, ZfBR 2008, 86; VK Brandenburg v. 30.5.2007 – 1 VK 15/07. 3 S. insbes. OLG Jena v. 11.12.2009 – 9 Verg 2/08; OLG Brandenburg v. 12.1.2010 – Verg W 7/09; Otting in Bechtold, GWB, § 102 Rz. 1; ebenso Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 102 Rz. 4a. 4 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 12.

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Grundsatz

Abs. 1 Nr. 2)1. Ebenfalls zum Gegenstand einer Überprüfung durch die Vergabekammer gemacht werden kann die Aufhebung einer Ausschreibung2. Dies ändert jedoch nichts daran, dass für einen öffentlichen Auftraggeber keine Zuschlagspflicht besteht. Er kann daher insbesondere nicht verpflichtet werden, bei Aufgabe oder wesentlicher Veränderung seiner Beschaffungsabsicht gleichwohl ein eingeleitetes Vergabeverfahren mit einer Zuschlagserteilung zugunsten eines bestimmten Bieters abzuschließen (s. Vorbem. zu §§ 97 bis 101b Rz. 4; § 114 Rz. 24). III. Verhältnis der Nachprüfungsmöglichkeiten zueinander 19 Die Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden und ggf. auch von Vergabeprüfstellen bestehen unabhängig von der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Daraus ergibt sich zum einen, dass kein Vorrangverhältnis dergestalt besteht, dass Unternehmen zunächst die Aufsichtsbehörden oder Vergabeprüfstellen einschalten müssen, bevor sie die Vergabekammern anrufen3. Dies kann auch landesrechtlich nicht abweichend geregelt werden (§ 115a, s. auch Rz. 15 f.). Des weiteren ergibt sich aus der Formulierung „unbeschadet“, dass die Überprüfung eines konkreten Vergabeverfahrens auch parallel durch die verschiedenen Nachprüfungsbehörden (Aufsichtsbehörde, Vergabeprüfstelle, Vergabekammer) erfolgen kann4. Dies gilt unabhängig davon, ob die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde oder Vergabeprüfstelle von Amts wegen oder aufgrund einer Initiative desjenigen Unternehmens erfolgt, das parallel dazu ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer angestrengt hat. In letzterem Fall fehlt insbesondere nicht das notwendige Sachentscheidungsinteresse für das Verfahren bei der Vergabekammer. Dies folgt neben dem Wortlaut des § 102 auch aus den verfahrensrechtlichen Wirkungen einer Nachprüfung durch die Vergabekammer, insbesondere aus dem Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1, das allein dem Verfahren gemäß den §§ 107 ff. zukommt (s. Rz. 16).

1 S. etwa Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 102 Rz. 10 ff.; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 102 Rz. 14; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 4, 12. 2 EuGH v. 2.6.2005 – C-15/04, NZBau 2005, 472; EuGH v. 18.6.2002 – C-92/00, NZBau 2002, 458; BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313. 3 Otting in Bechtold, GWB, § 102 Rz. 3. 4 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 102 Rz. 18 f.; Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 103 Rz. 11; Otting in Bechtold, GWB, § 102 Rz. 3.

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Grundsatz

Allenfalls kann die Antragsbefugnis für ein Verfahren vor der Vergabe- 20 kammer fehlen oder wegfallen, wenn die Aufsichtsbehörde oder Vergabeprüfstelle eine Anordnung gegenüber dem Auftraggeber getroffen hat, die den Belangen des Unternehmens Rechnung trägt und der Auftraggeber diese Beanstandung oder Weisung auch respektiert (zu den Rechtsschutzmöglichkeiten des Auftraggebers Rz. 12; zur notwendigen Antragsbefugnis s. auch § 107 Rz. 14 ff.)1. IV. Divergierende Entscheidungen Wie dies bei der parallelen Prüfung von ganz oder teilweise identischen 21 Sach- und Rechtsfragen immer der Fall ist, stellt sich auch bei der vergaberechtlichen Nachprüfung die Frage, wie bei widersprüchlichen Entscheidungen zu verfahren ist. So ist es etwa denkbar, dass die Rechtsoder Fachaufsichtsbehörde ein bestimmtes Vergabeverhalten des Auftraggebers für rechtmäßig hält, während die Vergabekammer oder ggf. der Vergabesenat des OLG eben dieses Verhalten als vergaberechtswidrig beanstandet. In diesem Fall ist für den Auftraggeber im Ergebnis die jeweils weiterrei- 22 chende Entscheidung maßgeblich. Er kann sich also nicht darauf verlassen und darauf berufen, dass durch eine von mehreren Nachprüfungsbehörden ein bestimmtes Vergabeverhalten nicht beanstandet wurde2. Die Vergabekammer trifft ihre Entscheidung gemäß §§ 114 Abs. 3 Satz 1 23 durch Verwaltungsakt.3 Wird gegenüber dem Auftraggeber durch diese Entscheidung bzw. durch eine entsprechende Entscheidung des Vergabesenats beim OLG ein bestimmtes Vergabeverhalten bestands- bzw. rechtskräftig untersagt, ist sie durch den Auftraggeber zwingend zu beachten. Sie kann anderenfalls mit den Möglichkeiten des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden (§ 114 Rz. 82 ff.).4 Der Auftraggeber darf also einen Zuschlag nicht auf der Grundlage eines Vergabeverfahrens erteilen, das die Vergabekammer für rechtswidrig und in Bezug auf das antragstellende Unternehmen für rechtsverletzend hält. Daran 1 So auch Boesen, Vergaberecht, § 103 Rz. 19. 2 Anders etwa Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 102 Rz. 4, ohne allerdings die unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe zu berücksichtigen; für den Vorrang der Entscheidung der Vergabekammer im Verhältnis zu Anordnungen der Vergabeprüfstellen Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 103 Rz. 11 ff. 3 Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 247. 4 Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 55.

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§ 104

Vergabekammern

ändert auch der Umstand nichts, dass möglicherweise die zuständige Aufsichtsbehörde oder eine Vergabeprüfstelle einen Verstoß weder gegen subjektive Rechte, noch gegen objektives Vergaberecht festgestellt hat oder jedenfalls dagegen nicht im Rahmen ihres Entschließungs- und Auswahlermessens einschreitet (Rz. 11). Will der Auftraggeber die Entscheidung der Vergabekammer nicht akzeptieren, so bleibt ihm nur die Möglichkeit, den Vergabesenat beim OLG anzurufen (§ 116). Entscheidet auch dieser zu Lasten des Auftraggebers, ist er endgültig daran gebunden. 24 Zusätzlich muss der Auftraggeber allerdings auch die rechtsverbindlichen Anordnungen seiner Rechts- oder Fachaufsichtsbehörde oder auch einer in ihren Kompetenzen vergleichbaren Vergabeprüfstelle (Rz. 15 f.) beachten. Verneint die Vergabekammer und ggf. auch der Vergabesenat einen Verstoß gegen materielles Vergaberecht zu Lasten eines antragstellenden Unternehmens, ergeht jedoch gleichwohl die verbindliche Anordnung einer Aufsichtsbehörde oder einer Vergabeprüfstelle, bestimmte Änderungen im Rahmen des Vergabeverfahrens – insbesondere bei einem Verstoß gegen nicht bieterschützende Vorschriften i.S. von § 97 Abs. 7 (§ 97 Rz. 129 ff.) – vorzunehmen, ist auch diese, in einem solchen Fall also weiterreichende, Entscheidung zu beachten. Dem Auftraggeber verbleibt ggf. nichts anderes, als gegen eine solche Entscheidung, sofern sie überhaupt als Verwaltungsakt ergeht, Rechtsmittel einzulegen (s. Rz. 12). Lässt der Auftraggeber die aufsichtliche Entscheidung hingegen bestandskräftig werden, muss er sie beachten, da anderenfalls die aufsichtlichen Vollstreckungsmöglichkeiten drohen. Allerdings ändern auch diese im Regelfall nichts an der Wirksamkeit eines gleichwohl erteilten Zuschlags (s. Rz. 13).

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(weggefallen)

Vergabekammern

104

(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden Aufträge, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechnenden Aufträge wahr. (2) Rechte aus § 97 Abs. 7 sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung 446

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Diehr

§ 104

Vergabekammern

in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden. (3) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Befugnisse der Kartellbehörden zur Verfolgung von Verstößen insbesondere gegen §§ 19 und 20 bleiben unberührt. I. II. III. IV.

Inhaltsübersicht . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . Zuständigkeit (§ 104 Abs. 1) Ausschließlichkeit des Vergaberechtsschutzes (§ 104 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte aus § 97 Abs. 7 . . . .

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4 6

2. Sonstige Ansprüche . . . . . . V. Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte und Kartellbehörden (§ 104 Abs. 3) . . . 1. Ordentliche Gerichte . . . . . 2. Befugnisse der Kartellbehörden . . . . . . . . . . . . .

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I. Inhaltsübersicht § 104 Abs. 1 bestimmt die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammern 1 des Bundes und der Länder. Die Vorschrift wird durch die § 106a weiter konkretisiert. Absatz 2 regelt die Ausschließlichkeit des Vergaberechtsschutzes durch die Nachprüfungsbehörden und die zuständigen Beschwerdegerichte. Absatz 3 beinhaltet zum einen eine Klarstellung hinsichtlich der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Zum anderen sieht die Vorschrift einen Vorbehalt für die Verfolgung von Kartellverstößen durch die Kartellbehörden vor. II. Entstehungsgeschichte § 104 knüpft an die Regelung des § 57c HGrG an. Der Gesetzestext des 2 Absatzes 1 entspricht § 114 Abs. 1 des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz1. Auch Absatz 2 geht im Wesentlichen auf das Vergaberechtsänderungsgesetz zurück. Die Einbeziehung der „sonstigen Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber“ erfolgte dabei auf einen Vorschlag des Bundesrates hin2. Mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurden in Absatz 2 – als Folge der Aufhebung von § 103 – die Vergabeprüfstellen gestrichen. Der bisherige Absatz 2 Satz 2 wurde zu Absatz 3. Dieser wurde zudem um einen klarstellenden Verweis auf §§ 19, 20 GWB erweitert3. 1 BT-Drucks. 13/9340, S. 6. 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 39. 3 BT-Drucks. 16/10117, S. 22.

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III. Zuständigkeit (§ 104 Abs. 1) 3 § 104 Abs. 1 unterscheidet hinsichtlich der Zuständigkeit der Vergabekammern nach öffentlichen Aufträgen, die dem Bund zuzurechnen sind, und öffentlichen Aufträgen, die den Ländern zugerechnet werden. Der danach für die Abgrenzung maßgebliche Begriff der Zurechnung wird durch § 106a konkretisiert1. Im Grundsatz gilt danach, dass für Aufträge, die vom Bund oder einem dem überwiegenden Einfluss des Bundes unterliegenden öffentlichen Auftraggeber vergeben werden, die Vergabekammer des Bundes zuständig ist (§ 106a Abs. 1). Entsprechendes gilt für die Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder bei Auftraggebern, die dem jeweiligen Land zuzuordnen sind (§ 106a Abs. 2 Satz 2). Im Übrigen richtet sich die Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder grundsätzlich nach dem Sitz des Auftraggebers (§ 106a Abs. 3 Satz 1). IV. Ausschließlichkeit des Vergaberechtsschutzes (§ 104 Abs. 2) 4 Nach Absatz 2 können die Rechte aus § 97 Abs. 7 sowie sonstige auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtete Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden. Beschwerdegerichte sind bei Vergaben nach § 69 SGB V die Landessozialgerichte (s. § 116 Rz. 32 ff.) und im Übrigen die Oberlandesgerichte. 5 Die Vorschrift begründet eine abschließende Rechtswegzuweisung. Andere Rechtsschutzmöglichkeiten, insbesondere Anträge auf Erlass einstweiliger Verfügungen, die auf Unterlassung einer Handlung in einem Vergabeverfahren abzielen2, kommen hinsichtlich der erfassten Rechte und Ansprüche mithin nicht in Betracht, d.h. der Primärrechtsschutz in Vergabesachen ist ausschließlich und abschließend (zu Sekundäransprüchen und Befugnissen der Kartellbehörde s. unten, Rz. 13 ff.)3. Voraussetzung ist allerdings immer, dass überhaupt eine konkrete Vergabe, also eine Beschaffungsmaßnahme oberhalb der Schwellenwerte vorliegt4.

1 Vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes fand sich eine entsprechende Regelung in § 18 VgV; Grundlage hierfür war § 127 Nr. 5. 2 Vgl. LG Stuttgart v. 17.7.2007 – 41 O 87/07 KfH. 3 OLG Schleswig v. 6.7.1999 – 6 U Kart 22/99, BauR 2000, 1046. 4 VK Bund v. 1.2.2001 – VK 2-44/00, VergabeR 2001, 147.

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1. Rechte aus § 97 Abs. 7 Rechte aus § 97 Abs. 7 meint den Anspruch der Bewerber bzw. Bieter auf 6 Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren, also aller Regelungen, die das Vergabeverfahren als solches betreffen (s. § 97 Rz. 131 ff.). Diese Regelungen können sich aus dem GWB, der VgV i.V.m. den Vergabe- und Vertragsordnungen und aus der SektVO ergeben. 2. Sonstige Ansprüche Absatz 2 erfasste zudem sonstige Ansprüche, wenn sich diese gegen öf- 7 fentliche Auftraggeber richten und auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind. Solche Ansprüche können sich etwa aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB oder aus einem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis (§ 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2, culpa in contrahendo) in Verbindung mit § 1004 BGB ergeben1. Die Regelung wurde auf Vorschlage des Bundesrates in das Vergabe- 8 rechtsänderungsgesetz aufgenommen. In der Begründung hierzu wird ausgeführt, dass das mit der Vorschrift verfolgte Ziel, den Primärrechtsschutz in Vergabesachen auf einen eigenständigen ausschließlichen Rechtsweg zu konzentrieren, nur erreicht werden kann, wenn auch die mit den Rechten aus § 97 Abs. 7 konkurrierenden Ansprüche, die auf anderen Normen beruhen, in die Vorschrift einbezogen werden2. Absatz 2 steht damit in Widerspruch zu § 107 Abs. 2, wonach die Zuläs- 9 sigkeit von Nachprüfungsanträgen die Geltendmachung einer Verletzung der Rechte aus § 97 Abs. 7 voraussetzt; das Ziel der Durchsetzung sonstiger Ansprüche genügte dem Wortlaut des § 107 Abs. 2 nach somit nicht zur Begründung der Antragsbefugnis. Dieses Ergebnis führte allerdings zu einer Lücke im Primärrechtsschutz und ist daher nicht hinnehmbar. Wie dieser Widerspruch aufzulösen ist, ist umstritten. Zum Teil wird vertreten, § 107 Abs. 2 erweiternd dahin auszulegen, dass auch die Geltendmachung sonstiger Ansprüche zur Begründung der Antragsbefugnis genügt3. Für diese Auffassung spricht das hinter Absatz 2 stehende Ziel der Rechtswegkonzentration. Nach der Gegenauffassung ist Absatz 2 entsprechend § 107 Abs. 2 eng zu interpretieren: Die ausschließliche Zuständigkeit der Vergabekammern nach Absatz 2 reiche daher nur soweit, wie ein Nachprüfungsantrag nach § 107 Abs. 2 zulässi1 So auch OLG Schleswig v. 6.7.1999 – 6 U Kart 22/99, BauR 2000, 1046. 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 39. 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 104 Rz. 8; in diese Richtung wohl auch OLG Düsseldorf v. 26.7.2002 – Verg 22/02.

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gerweise gestellt werden kann1. Nach einer differenzierenden Ansicht fallen unter die sonstigen Ansprüche i.S.v. Absatz 2 solche Ansprüche, die sich inhaltlich nicht von den unmittelbaren vergaberechtlichen Ansprüchen unterscheiden, also insbesondere Ansprüche auf Unterlassung bzw. Beseitigung von Verstößen gegen Vergabevorschriften aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB. Andere Ansprüche hingegen werden danach von Absatz 2 nicht erfasst2. Diese Auffassung ist zuzustimmen. Denn das mit der Vorschrift verfolgte Konzentrationsziel ist zwar legitim; die vom Gesetzgeber damit geschaffene Rechtsunsicherheit – etwa hinsichtlich der Geltung der Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 und der Präklusionsregelung des § 101b Abs. 2 – darf jedoch nicht zulasten der Rechtsschutzsuchenden gehen. 10 Absatz 2 erfasst jedenfalls nur solche sonstigen Ansprüche, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind. Vergabeverfahren meint jedes materielle Beschaffungsverhalten eines öffentlichen Auftraggebers; nicht erforderlich ist, dass es sich um ein geregeltes bzw. förmliches Verfahren handelt3. Das Verfahren muss bereits begonnen haben – einen vorbeugenden Rechtsschutz sehen die §§ 102 ff. nicht vor4 – und darf noch nicht beendet sein. Der Beginn des Vergabeverfahrens liegt in dem „erste[n] Schritt zur Herbeiführung eines konkreten Vertragsabschlusses“5. Bei förmlichen Vergabeverfahren mit Vergabebekanntmachung ist dies die Absendung dieser Bekanntmachung an das Veröffentlichungsorgan (s. § 3 VgV Rz. 4). Beendet ist das Vergabeverfahren, wenn der Zuschlag wirksam erteilt worden ist oder sich das Verfahren auf andere Weise i.S.v. § 114 Abs. 2 Satz 2 erledigt hat (s. § 114 Rz. 40 ff.)6. 1 Otting in Bechtold, GWB, § 104 Rz. 3; Gronstedt in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 104 Rz. 826; so wohl auch OLG Düsseldorf v. 16.6.2008 – VII-Verg 13/08: „Im Übrigen beschränkt sich die Überprüfung der Vergabeentscheidung nach § 97 Abs. 7, § 104 Abs. 2 GWB darauf, ob der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten hat. Weitere Gesichtspunkte sind nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens.“; ebenso OLG Düsseldorf v. 16.6.2008 – VII-Verg 7/08; OLG Düsseldorf v. 26.5.2008 – VII-Verg 14/08, ZfBR 2008, 823. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 104 Rz. 13 ff. 3 BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, BGHZ 162, 116. 4 OLG Düsseldorf v. 29.10.2008 – VII-Verg 35/08; OLG Düsseldorf v. 16.6.2008 – VII-Verg 13/08; anders VK Baden-Württemberg v. 6.6.2001 – 1 VK 6/01; ebenso VK Halle v. 27.5.2002 – VK Hal 03/02. 5 OLG Naumburg v. 8.10.2009 – 1 Verg 9/09 m.w.N. 6 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, BGHZ 146, 202.

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Vergabekammern

Auf Vornahme oder Unterlassung einer Handlung in einem Vergabever- 11 fahren ist ein Anspruch gerichtet, wenn er den Ablauf des Vergabeverfahrens sachlich tangiert1, also etwa auf die Berücksichtigung des Angebotes des Anspruchstellers in der Wertung oder die Nichterteilung des Zuschlages auf das Angebot eines Wettbewerbers gerichtet ist. Davon zu unterscheiden sind Ansprüche, die nicht den Ablauf des Verfahrens betreffen. Hierzu zählen etwa Sekundäransprüche wegen eines in einem Vergabeverfahren begangenen Rechtsverstoßes (s. Rz. 13). Sonstige Ansprüche i.S.v. Absatz 2 sind nur Ansprüche gegen öffentliche 12 Auftraggeber. Ansprüche von Bietern oder Bewerbern untereinander werden hiervon hingegen nicht erfasst2. Derartige Ansprüche können daher nicht zum Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens gemacht werden. V. Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte und Kartellbehörden (§ 104 Abs. 3) 1. Ordentliche Gerichte Unberührt von der ausschließlichen Zuständigkeit der Vergabekammern 13 für Vergaberechtsverstöße im Rahmen des Primärrechtsschutzes bleibt die Inanspruchnahme des ordentlichen Rechtswegs für Schadensersatzansprüche, gleich nach welcher Anspruchsgrundlage (sog. Sekundärrechtsschutz3). Dem entspricht es, dass die Zuständigkeit der Vergabekammer grundsätzlich mit Erteilung des Zuschlags endet (vgl. § 114 Abs. 2 Satz 1, s. dazu § 114 Rz. 28 ff.), also Rechtsschutz durch die Vergabekammer nur während eines Vergabeverfahrens gewährt wird, nicht hingegen bereits im Vorfeld oder nach Abschluss eines Beschaffungsvorgangs. 2. Befugnisse der Kartellbehörden Von der ausschließlichen Zuständigkeit der Vergabekammern und -se- 14 nate nach Absatz 2 unberührt bleiben auch die Befugnisse der Kartellbehörden. Die Kartellbehörden können somit ungeachtet der Zuständigkeiten der Vergabekammern ein Verfahren nach §§ 54 ff. einleiten4. Die 1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 10.4.2002 – Verg 6/02, VergabeR 2002, 668; OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – Verg 68/08, VergabeR 2009, 905. 2 BGH v. 3.7.2008 – I ZR 145/05, BGHZ 177, 150. 3 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, BGHZ 146, 202. 4 Zum kartellbehördlichen Verwaltungsverfahren gemäß den §§ 54 ff. s. etwa Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 54 Rz. 2 ff.; allgemein zur Dispositions- und Offizialmaxime Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 22 Rz. 1 ff.

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§ 105

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Vorschrift macht damit deutlich, dass das Kartellvergaberecht das materielle Kartellrecht nicht verdrängt1. Dies gilt sowohl für Kartellrechtsverstöße, die mit Vergaberechtsverstößen konkurrieren, als auch für sonstige Kartellerechtsverstöße. Zulässig ist die Einleitung eines Kartellverfahrens daher auch mit dem Ziel, einen öffentlichen Auftraggeber zu verpflichten, einen Auftrag in einer bestimmten Art und Weise oder an ein bestimmtes Unternehmen zu erteilen2. 15 Absatz 3 betrifft lediglich die Befugnisse der Kartellbehörden. Den Bietern oder Bewerbern in einem Vergabeverfahren steht es selbstverständlich frei, ein entsprechendes Verfahren bei der Kartellbehörde anzuregen. Dies ändert allerdings nichts daran, dass Primärrechtsschutz hinsichtlich der von Absatz 2 erfassten Rechte und Ansprüche für die Bewerber bzw. Bieter ausschließlich durch die Vergabekammern und -senate zu erlangen ist.

Besetzung, Unabhängigkeit

105

(1) Die Vergabekammern üben ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze unabhängig und in eigener Verantwortung aus.

(2) Die Vergabekammern entscheiden in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern, von denen einer ein ehrenamtlicher Beisitzer ist. Der Vorsitzende und der hauptamtliche Beisitzer müssen Beamte auf Lebenszeit mit der Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder vergleichbar fachkundige Angestellte sein. Der Vorsitzende oder der hauptamtliche Beisitzer müssen die Befähigung zum Richteramt haben; in der Regel soll dies der Vorsitzende sein. Die Beisitzer sollen über gründliche Kenntnisse des Vergabewesens, die ehrenamtlichen Beisitzer auch über mehrjährige praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Vergabewesens verfügen. (3) Die Kammer kann das Verfahren dem Vorsitzenden oder dem hauptamtlichen Beisitzer ohne mündliche Verhandlung durch unanfechtbaren Beschluss zur alleinigen Entscheidung übertragen. Diese Übertragung ist nur möglich, sofern die Sache keine wesentlichen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und die Entscheidung nicht von grundsätzlicher Bedeutung sein wird.

1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 104 Rz. 21. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 104 Rz. 7.

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§ 105

Besetzung, Unabhängigkeit

(4) Die Mitglieder der Kammer werden für eine Amtszeit von fünf Jahren bestellt. Sie entscheiden unabhängig und sind nur dem Gesetz unterworfen. I. 1. 2. II.

Einführung . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . Unabhängigkeit der Vergabekammern, eigene Verantwortung (§ 105 Abs. 1) . . . . . . . III. Besetzung der Vergabekammern (§ 105 Abs. 2) . . . . . . .

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1 1 2

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4

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IV. Übertragung, Entscheidung durch nur ein Mitglied der Vergabekammer (§ 105 Abs. 3) . . 14 V. Amtsdauer, Unabhängigkeit der einzelnen Kammermitglieder (§ 105 Abs. 4) . . . . . . . . . 22

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 105 Abs. 1 regelt die sachliche Weisungsungebundenheit der Vergabe- 1 kammern bei ihrer Tätigkeit. Abs. 2 regelt die Besetzung der Vergabekammern und die erforderlichen Qualifizierungen ihrer Mitglieder. Abs. 3 sieht vor, dass das Verfahren von der Kammer auf eines ihrer Mitglieder zur alleinigen Entscheidung übertragen werden kann. Abs. 4 bestimmt die Amtsdauer für die Mitglieder der Vergabekammer und schreibt deren – auch kammerinterne – persönliche Weisungsfreiheit fest. 2. Entstehungsgeschichte § 105 GWB ist seit seinem erstmaligen Inkrafttreten nicht geändert wor- 2 den. Er hat dadurch, dass mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 3) § 106 Abs. 2 Satz 2 gestrichen wurde (s. § 106 Rz. 4 ff.) eine Aufwertung erfahren, da die Länder nunmehr für die Besetzung der Vergabekammern keine abweichenden Bestimmungen mehr treffen können (s. auch § 115a). In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsände- 3 rungsgesetz (Einleitung Rz. 7) 1 wird der juristische Sachverstand unter Einbeziehung des Fachwissens aus Wirtschaft und Vergabepraxis für die Besetzung des Spruchkörpers sowie dessen externe und interne Unabhängigkeit in den Vordergrund gestellt.

1 BT-Drucks. 13/9340.

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II. Unabhängigkeit der Vergabekammern, eigene Verantwortung (§ 105 Abs. 1) 4 § 105 Abs. 1 ist an Art. 97 Abs. 1 GG und § 25 DRiG angelehnt. Die Vergabekammern sind danach in Bezug auf ihre fachliche Tätigkeit weisungsungebunden (sachliche Unabhängigkeit; zur persönlichen Unabhängigkeit der einzelnen Kammermitglieder gem. Abs. 4 Satz 2 Rz. 24). Sie unterliegen also nur der allgemeinen Dienstaufsicht1. Trotz dieses gerichtsähnlichen Charakters2 sind die Vergabekammern lediglich eine Verwaltungsinstanz, also Teil der Exekutive3. Sie sind nicht Rechtsprechung i.S. von Art. 92 GG (zur haftungsrechtlichen Bedeutung dieser Einordnung Rz. 7)4. 5 Diese besondere Ausgestaltung wäre wegen der Möglichkeiten einer sich anschließenden gerichtlichen Überprüfung aus Rechtsgründen nicht notwendig gewesen. Sie wird weder durch die Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) oder durch sonstiges Unionsrecht noch durch nationales Verfassungsrecht gefordert. Andererseits steht höherrangiges Recht einer solchen Ausgestaltung auch nicht entgegen. Art. 2 Abs. 9 der Rechtsmittelrichtlinien verlangt lediglich, dass eine behauptete rechtswidrige 1 OLG Bremen v. 12.3.2007 – Verg 3/06, VergabeR 2007, 812; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 4 ff; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 3. 2 S. etwa OLG Bremen v. 12.3.2007 – Verg 3/06, VergabeR 2007, 812; OVG Hamburg v. 30.6.2005 – 1 Bs 182/05, NVwZ 2005, 1447; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 3; Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 2; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 9; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 150. 3 S. etwa BSG v. 22.4.2008 – B 1 SF 1/08 R, VergabeR 2008, 693 (697); Weyand, IBRonline-Kommentar, Vergaberecht, § 105 Rz. 1583/1; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 102 Rz. 9. 4 BSG v. 22.4.2008 – B 1 SF 1/08 R, VergabeR 2008, 693 (697); Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 3; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 1; Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 2; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 1; Weyand, IBR-Online-Kommentar, Vergaberecht, § 105 Rz. 1583/2; Pietzcker, ZHR 162 (1998), 427 (438 f.) unter Hinweis insbesondere auf die Erforderlichkeit einer gerichtlichen Überprüfung aus gemeinschaftsund verfassungsrechtlichen Gründen; sehr weitgehend OLG Koblenz v. 22.3. 2001 – Verg 9/00, VergabeR 2001, 407, im Hinblick auf die Anwendung von Art. 103 Abs. 1 GG; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 15 mit dem Hinweis auf die Gerichtsqualität i.S.v. Art. 234 EG.

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Maßnahme der Nachprüfungsstelle oder ein behaupteter Verstoß bei der Ausübung der übertragenen Befugnisse zum Gegenstand einer Klage oder einer Nachprüfung bei einer anderen von dem öffentlichen Auftraggeber und der Nachprüfungsstelle unabhängigen Stelle, die ein Gericht i.S.d. Art. 267 AEUV ist, gemacht werden kann. Daraus sowie aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt daher, dass die Entscheidungen der Vergabekammern einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht werden müssen, so wie dies durch die §§ 115 ff. sichergestellt ist. Insbesondere sind die Vergabekammern selbst keine Gerichte i.S.d. Art. 267 AEUV1. Die Anforderungen an eine solche „unabhängige Stelle“ sind in Art. 2 Abs. 9, 2. Unterabsatz der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung, Rz. 7) festgelegt. Während die dort geregelten Anforderungen an das Verfahren erfüllt sind, wäre weitere Voraussetzung, dass für die Ernennung und das Ende der Amtszeit der Mitglieder der Vergabekammern, bezüglich der für ihre Ernennung zuständigen Behörde, der Dauer ihrer Amtszeit und ihrer Absetzbarkeit die gleichen Bedingungen gelten wie für Richter. Dem entspricht § 106 nicht. Gleichwohl tragen die mit § 105 gesicherte Qualifikation und die Ausgestaltung des Verfahrens – trotz der daran geübten Kritik2 – dazu bei, den Vergabekammern ein so hohes Ansehen zu verschaffen, dass der Weg zu den Gerichten gemäß den §§ 116 ff. häufig nicht beschritten wird3. Diese „Gerichtsähnlichkeit“ wird dadurch verstärkt, dass es sich bei der 6 Vergabekammer um einen Ausschuss i.S. von § 88 VwVfG (des Bundes und der Länder) handelt, so dass die §§ 89 bis 93 VwVfG Anwendung finden, soweit nicht für die Tätigkeit der Vergabekammer Sonderregelun1 Ebenso, allerdings unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH zur Vorlageberechtigung der früheren Vergabeüberwachungsausschüsse (EuGH v. 17.9.1997 – Rs. C-54/96, Slg. 1997, S. I-4961) Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 3; a.A. Heuvels in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 1; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 11; offen gelassen bei Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 1. 2 S. insb. BT-Drucks. 16/10117, 22 (33, 42) zum Regierungsentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes. 3 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, § 105 GWB, Rz. 2; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 869; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 4, 21; Schneevogel/ Horn, NVwZ 1998, 1242, 1245; s. hierzu auch die statistische Übersicht des BMWi über die Vergabenachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern und den Oberlandesgerichten seit 1999 (abrufbar unter http://www.bmwi.de/ BMWi/Navigation/Wirtschaft/Wirtschaftspolitik/oeffentliche-auftraege,did= 191022.html).

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gen des GWB eingreifen1. Anzuwenden sind daher insbesondere die Vorschriften zur Sitzungsordnung (§ 89 VwVfG), zur Beschlussfassung (§ 91 VwVfG) sowie zur Niederschrift über die Sitzung der Vergabekammer (§ 93 VwVfG). Ebenfalls sind die Ausschlusstatbestände des § 20 Abs. 4 und die Befangenheitsregelungen des § 21 VwVfG anzuwenden2. Nicht einschlägig hingegen sind aufgrund der Spezialregelung in § 105 Abs. 2 die Vorschriften zur Beschlussfähigkeit, soweit es um die Möglichkeit geht, in einer anderen als der in § 105 Abs. 2 genannten (vollständigen) Besetzung zu entscheiden (zu den Ausgestaltungsmöglichkeiten mittels der Geschäftsordnung nach § 106 Abs. 1 Satz 3 bzw. gemäß § 106 Abs. 2 Satz 1 s. § 106 Rz. 12 ff.). 7 Ob den Mitgliedern der Vergabekammern das richterliche Haftungsprivileg des § 839 Abs. 2 BGB (Spruchrichterprivileg) zusteht3, ist zumindest nicht zweifelsfrei, da die Tätigkeit der Vergabekammern nicht Rechtsprechung i.S.v. Art. 92 GG sondern Verwaltungstätigkeit ist (s. Rz. 4)4. Auch bei sonstigen Ausschüssen i.S.v. § 88 VwVfG (vgl. Rz. 6) wird in der Regel keine derartige Analogie gezogen. Die Frage hat allerdings letztlich keine besondere praktische Tragweite, da gegen Entscheidungen der Vergabekammern als Teil der Exekutive über die Möglichkeit zur sofortigen Beschwerde gemäß § 116 der Weg zu den Gerichten eröffnet ist. Hält sich ein Beteiligter durch die Entscheidung einer Vergabekammer für be1 OVG Hamburg v. 30.6.2005 – 1 Bs 182/05, NVwZ 2005, 1447; OLG Jena v. 22. 12.1999 – 6 Verg 3/99, VergabeR 2000, 349; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 7; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 15. 2 OVG Hamburg v. 30.6.2005 – 1 Bs 182/05, NVwZ 2005, 1447; OLG Naumburg v. 17.1.2000 – 1 Verg 2/99, ZVgR 2000, 170; OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, VergabeR 2000, 349; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 105 Rz. 1585 ff.; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 874 f.; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 7; dies galt bereits für die früheren Vergabeüberwachungsausschüsse, so dass Analogien etwa zu § 54 VwGO bzw. §§ 41 ff. ZPO nicht gezogen werden mussten; so aber z.B. VÜA Hessen v. 22.10.1997 – VÜA 10/97 und VÜA Sachsen-Anhalt v. 17.11.1997 – 1 VÜ 6/95, WuW 1999, 798; ebenfalls für eine entsprechende Anwendung der VwGO unter Hinweis auf das förmliche Ablehnungsrecht des § 42 ZPO i.V.m. § 54 I VwGO und die richterähnliche Unabhängigkeit der Mitglieder der Vergabekammer OLG Düsseldorf v. 23.1.2006 – VII Verg 96/05, NZBau 2006, 598; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB, Rz. 5. 3 So etwa Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 6; Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 2; Horn/Graef, NZBau 2002, 142; Braun, ZVgR 2000, 111. 4 So auch Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 16.

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schwert, muss er diese Rechtsmittelmöglichkeit ausnutzen. Ansonsten kann er bereits im Hinblick auf § 839 Abs. 3 und § 254 Abs. 2 BGB in der Regel keine Haftungsansprüche geltend machen1. Handelt es sich um Pflichtverletzungen außerhalb der eigentlichen Entscheidungsfindung, insbesondere um eine verzögerte Bearbeitung, die gerade bei vergaberechtlichen Nachprüfungen gemäß § 113 eine besondere Rolle spielen kann, kommt das Spruchrichterprivileg gemäß § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB ohnehin nicht zur Anwendung2. III. Besetzung der Vergabekammern (§ 105 Abs. 2) Die gesetzlich geregelte Besetzung der Vergabekammern verstärkt eben- 8 falls deren Bedeutung und gerichtsähnliche Funktion (Rz. 4). Die Regelung gilt uneingeschränkt für alle Vergabekammern, also unabhängig davon, ob es sich um Kammern des Bundes oder der Länder handelt. Abweichende Landesregelungen zur Besetzung der Vergabekammern sind nach der Streichung von § 106 Abs. 2 Satz 2 durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Rz. 2) nicht mehr möglich (§ 115a). Werden die Besetzungsanforderungen nicht eingehalten, ist die Entscheidung der Vergabekammer, die als Verwaltungsakt ergeht (§ 114 Abs. 3 Satz 1, dazu § 114 Rz. 63), zwar nicht nichtig (§ 44 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG), jedoch liegt ein Verfahrensfehler vor, der die Entscheidung rechtswidrig macht. Allerdings führt dies wegen § 46 VwVfG im Rahmen einer sofortigen Beschwerde gemäß den §§ 116 ff. nicht zu einer Änderung der Entscheidung der Vergabekammer, wenn sie inhaltlich richtig war. Ein Unternehmen kann also nicht verlangen, dass eine aus Sicht des Vergabesenats beim OLG zutreffende Entscheidung der Vergabekammer allein deshalb aufgehoben wird, weil die Kammer nicht in einer vorschriftsgemäßen Besetzung entschieden hat3. § 105 Abs. 2 unterscheidet zwischen zwingenden Anforderungen an die 9 Besetzung der Vergabekammern, die keine Ausnahme zulassen, und solchen, bei denen unter besonderen Umständen Abweichungen in Betracht kommen. Zwingend ist, dass die Kammer in einer Besetzung mit drei Mitgliedern 10 entscheidet, von denen ein Mitglied ehrenamtlicher Beisitzer sein muss. 1 S. nur Sprau in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rz. 68 ff. 2 Sprau in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 839 Rz. 67; s. auch OLG Bremen v. 12.3.2007 – Verg 3/06, VergabeR 2007, 812. 3 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB, Rz. 3; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 862; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 23.

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§ 105

Besetzung, Unabhängigkeit

Die anderen Mitglieder der Vergabekammer sind hauptamtlich tätig. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie ausschließlich mit Verfahren vor der Vergabekammer befasst sein müssen. Vielmehr können sie innerhalb der Behörde, in die die Vergabekammer organisatorisch eingegliedert ist, auch weitere Funktionen wahrnehmen1. Von der gesetzlich vorgesehenen Besetzung ist eine Ausnahme nur zulässig, wenn ein Fall der Übertragung gemäß § 105 Abs. 3 vorliegt (Rz. 14 ff.). 11 Ebenfalls zwingend ist, dass die beiden nicht ehrenamtlichen Mitglieder der Vergabekammer Lebenszeitbeamte sein und die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst haben oder vergleichbar fachkundige Angestellte sein müssen (vgl. § 19 BBG und die entsprechenden Regelungen in den Landesbeamtengesetzen). Aus dem Umstand, dass § 105 Abs. 2 nur vom ehrenamtlichen Beisitzer spricht, ergibt sich, dass das ehrenamtliche Kammermitglied nicht den Vorsitz haben kann. 12 Zwingend ist des Weiteren, dass eines der beiden hauptamtlichen Mitglieder der Kammer die Befähigung zum Richteramt i.S. von § 5 DRiG haben muss2. Dies soll in der Regel der Vorsitzende sein. 3 In Ausnahmefällen kann also davon abgewichen werden. Allerdings muss dafür ein besonderer Grund bestehen (z.B. besondere theoretische und praktische Kenntnisse in der Vergabeüberwachung bei einem nicht mit der Befähigung zum Richteramt ausgestatteten Vorsitzenden einer Vergabekammer)4. 13 Eine Sollregelung enthält auch § 105 Abs. 2 Satz 4, nach dem die Beisitzer über umfassende Kenntnisse des Vergabewesens verfügen sollen, der ehrenamtliche Beisitzer dabei auch über mehrjährige praktische Erfahrungen.

1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 14; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, §§ 105, 106 Rz. 10; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 863; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 14; einschränkend Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 23. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 16. 3 Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 4. 4 Allgemein zu Sollvorschriften etwa Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40 Rz. 26 ff.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40 Rz. 44.

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§ 105

Besetzung, Unabhängigkeit

IV. Übertragung, Entscheidung durch nur ein Mitglied der Vergabekammer (§ 105 Abs. 3) Grundsätzlich entscheidet die Vergabekammer in der in § 105 Abs. 2 14 Satz 1 genannten Besetzung mit drei Mitgliedern. Gemäß Abs. 3 Satz 1 kann das Verfahren allerdings auf ein Mitglied der Kammer zur alleinigen Entscheidung übertragen werden. Die Regelung dient einer Beschleunigung und Entlastung im Rahmen des sehr engen Prüfungs- und Entscheidungsprogramms (§ 113 Rz. 4 ff.)1. Eine alleinige Entscheidung kommt nur durch den Vorsitzenden oder 15 den hauptamtlichen Beisitzer in Betracht. Das Verfahren kann hingegen nicht dem ehrenamtlichen Mitglied der Vergabekammer zur alleinigen Entscheidung übertragen werden. Allerdings ist es möglich, dass die alleinige Entscheidung durch jemanden getroffen wird, der nicht die Befähigung zum Richteramt hat. Dies ist zwar rechtlich bei der Vergabekammer als Verwaltungsbehörde unbedenklich, da sich an deren Entscheidung eine Überprüfungsmöglichkeit durch ein ordentliches Gericht anschließt (§§ 116 ff.; s. auch zu den diesbezüglichen Anforderungen an eine unabhängige Stelle, die ein Gericht i.S.d. Art. 267 AEUV sein muss, Art. 2 Abs. 9, 2. Unterabsatz der Rechtsmittelrichtlinien sowie vorstehend Rz. 5), kann allerdings die den Vergabekammern zugedachte – insbesondere rechtliche – Autorität beeinträchtigen. In der Entscheidungspraxis der Vergabekammern wird daher von dieser Möglichkeit auch eher selten Gebrauch gemacht. Die Übertragung darf zwar ohne mündliche Verhandlung (§ 112) erfol- 16 gen, jedoch nur durch die vollständige Kammer i.S. von § 105 Abs. 2 Satz 12. Dabei ist allerdings eine Beschlussfassung auch im schriftlichen Verfahren möglich (§ 90 Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Die Vergabekammer muss daher für eine Übertragung zur alleinigen Entscheidung nicht zusammenkommen. Dies entbindet unter Berücksichtigung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Übertragung (Rz. 21) jedoch nicht davon, dass sich die einzelnen Kammermitglieder den erforderlichen Überblick über das Verfahren und die relevanten Sach- und Rechtsfragen verschaffen. Für die Übertragung ist keine besondere Form vorgesehen. Der Be1 S. dazu die Empfehlung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung zum Vergaberechtsänderungsgesetz, BR-Drucks. 646/2/97, 19; Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 6; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 878. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 20; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 9; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 876.

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§ 105

Besetzung, Unabhängigkeit

schluss ist allerdings in der Verfahrensakte schriftlich zu dokumentieren und den Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens mitzuteilen1. 17 Eine pauschale Übertragung zur alleinigen Entscheidung ohne Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls (z.B. Vorabübertragung verschiedener Fallgruppen) ist nicht zulässig2. In einem konkreten Nachprüfungsfall kann die Übertragung auch unter Berücksichtigung von fachspezifischen Kenntnissen, arbeitsmäßiger Belastung usw. erfolgen, da es sich bei der Vergabekammer nicht um eine gerichtliche Instanz handelt (Rz. 4). Dementsprechend muss nicht dem Erfordernis des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) Rechnung getragen werden. Eine abstrakte Regelung in einem Geschäftsverteilungsplan dazu, welchem hauptamtlichen Mitglied der Vergabekammer welche Fälle übertragen werden, ist daher entbehrlich3. 18 § 105 Abs. 3 enthält keine Regelungen, wann die Übertragung zur alleinigen Entscheidung erfolgen darf. Daraus ist zu schließen, dass eine Übertragung auch noch nach der mündlichen Verhandlung gemäß § 112 möglich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich noch eine weitere Verhandlung als erforderlich erweisen sollte4. Allerdings dürften in einem solchen Fall regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 105 Abs. 3 Satz 2 (Rz. 21) nicht erfüllt sein. 19 Da die Entscheidung durch die gesamte Kammer der Regelfall ist und die Entscheidung durch nur ein Mitglied die Ausnahme darstellt, ist eine Rückübertragung – auch gegen den Willen des Mitglieds, dem die Sache zur alleinigen Entscheidung übertragen wurde5 – auf die gesamte Kammer jederzeit möglich, wenn sie dies (mehrheitlich) beschließt, etwa weil sich bei der alleinigen Bearbeitung des Verfahrens herausgestellt hat, dass sich der Fall dazu entgegen der ursprünglichen Einschätzung nicht eignet6. 1 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 30. 2 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 881. 3 Vgl. BVerwG v. 18.10.1990 – 3 C 19/88, NJW 1991, 1370; OVG Hamburg v. 24.9. 1993 – Bs IV 177/93, NJW 1994, 274, 275; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 5; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 6 Rz. 2. 4 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 32. 5 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 23; insofern a.A. Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 9; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 877; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 7. 6 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 20; a.A. Portz in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 31; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, §§ 105, 106 Rz. 18; differenzierend Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 7 (nur mit Zustimmung des betroffenen Kammermitglieds).

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§ 105

Besetzung, Unabhängigkeit

Der Beschluss der Kammer über die Übertragung ist unanfechtbar1. Es 20 kommt also nur die Einlegung von Rechtsmitteln in der Hauptsache in Betracht (sofortige Beschwerde zum OLG gemäß den §§ 116 ff.), die allerdings nur dann Erfolg haben kann, wenn die getroffene Entscheidung auch sachlich unrichtig ist. Eine unzulässige Übertragung der Sache zur alleinigen Entscheidung durch ein Mitglied der Kammer genügt dafür als Verfahrensfehler (§ 46 VwVfG) nicht (vgl. Rz. 8). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Übertragung sind in § 105 21 Abs. 3 Satz 2 geregelt. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Übertragung zulässig, nicht jedoch erforderlich. Möglich ist eine Übertragung, wenn die Sache keine wesentlichen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und nicht von grundsätzlicher Bedeutung sein wird.2 Dabei ist die ex-ante-Perspektive maßgeblich, wie sich bereits aus der Formulierung „sein wird“ ergibt3. Keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art liegen vor, wenn es sich um eine durchschnittliche und überschaubare Angelegenheit mit typischen Sachverhalts- und geklärten Rechtsfragen handelt. Grundsätzliche Bedeutung ist anzunehmen, wenn die in dem Verfahren angesprochenen Rechtsfragen ganz oder teilweise noch nicht geklärt sind und über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben4. Komplexe Sachverhalte mit schwierigen Rechtsfragen oder unübersichtlichen und umfangreichen Tatsachengrundlagen scheiden hingegen aus. Insbesondere Fälle, in denen Nachprüfungsanträge offensichtlich unbegründet oder unzulässig sind, bieten sich daher für eine Übertragung auf ein Mitglied der Kammer zur alleinigen Entscheidung am ehesten an5.

1 Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 9; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 876; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 30; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 23.1.2006 – VII-Verg 96/05, NZBau 2006, 598; Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 6. 2 Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 18. 3 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 33. 4 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 23; Portz in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 33; zu den vergleichbaren Anforderungen im Verwaltungsprozess Redeker/von Oertzen, VwGO, § 6 Rz. 6 und § 124 Rz. 15 ff. 5 So auch Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 35.

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§ 105

Besetzung, Unabhängigkeit

V. Amtsdauer, Unabhängigkeit der einzelnen Kammermitglieder (§ 105 Abs. 4) 22 § 105 Abs. 4 Satz 1 regelt die Amtszeit der (hauptamtlichen und ehrenamtlichen) Mitglieder der Vergabekammern für Bund und Länder verbindlich. Die gesetzlich geregelte Amtszeit von 5 Jahren sichert die Kontinuität der Spruchpraxis und die Unabhängigkeit der Kammermitglieder,1 die nicht aufgrund ihrer Entscheidungspraxis oder aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen abberufen werden können2. Weder eine längere noch eine kürzere Amtszeit ist zulässig3. Allerdings kommt ein vorzeitiger Abbruch während der laufenden Amtszeit im Einverständnis mit dem betreffenden Kammermitglied in Betracht4. Eine erneute Bestellung ist zulässig, allerdings wiederum nur für die gesetzlich festgelegte Amtsdauer5. 23 Nicht geregelt ist, anders als etwa für Richter (§§ 26 ff. DRiG), die in Ausnahmefällen erforderliche Versetzung oder Amtsenthebung. Da die Bestellung zum Mitglied einer Vergabekammer ein Verwaltungsakt i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG ist, greifen neben den beamtenrechtlichen Sondertatbeständen6 auch die §§ 48 f. VwVfG ein7. So kann etwa die Bestellung eines Kammermitglieds widerrufen werden, wenn die für die Bestellung zuständige Behörde (dazu § 106 Rz. 8 u. 17 ff.) aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen nicht berechtigt wäre, die Bestellung zum Kammermitglied vorzunehmen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde8. Bei der möglichen Befangenheit von Kammermitgliedern im Einzelfall oder auch über einzelne konkrete Ver1 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 882; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 8; MüllerWrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 17. 2 OVG Hamburg v. 30.6.2005 – 1 Bs 182/05, NVwZ 2005, 1447. 3 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 7; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 4. 4 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 8; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 4; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 7. 5 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 8; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 4; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 36. 6 Vgl. Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 4. 7 OVG Hamburg v. 30.6.2005 – 1 Bs 182/05, NVwZ 2005, 1447; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 105 Rz. 1592 ff.; Heuvels in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 105 GWB Rz. 8. 8 So auch Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 37.

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§ 106

Einrichtung, Organisation

gabeverfahren hinaus ist allerdings der Vorrang der §§ 20 und 21 VwVfG zu berücksichtigen (s. Rz. 6)1. § 105 Abs. 4 Satz 2 betont noch einmal die Weisungsunabhängigkeit. Die 24 eigenständige Bedeutung der Regelung liegt darin, dass § 105 Abs. 1 die sachliche Weisungsunabhängigkeit der Vergabekammer regelt, während § 105 Abs. 4 Satz 2 auf die persönliche Unabhängigkeit und Weisungsungebundenheit des einzelnen Kammermitglieds bei seiner Tätigkeit innerhalb der Kammer abzielt. Dies schließt sowohl externe als auch interne Anordnungen (z.B. durch den Vorsitzenden der Kammer) aus, in einer bestimmten Weise zu entscheiden2.

Einrichtung, Organisation

106

(1) Der Bund richtet die erforderliche Anzahl von Vergabekammern beim Bundeskartellamt ein. Einrichtung und Besetzung der Vergabekammern sowie die Geschäftsverteilung bestimmt der Präsident des Bundeskartellamts. Ehrenamtliche Beisitzer und deren Stellvertreter ernennt er auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der öffentlich-rechtlichen Kammern. Der Präsident des Bundeskartellamts erlässt nach Genehmigung durch das Bundesministerium für Wirtschaft eine Geschäftsordnung und veröffentlicht diese im Bundesanzeiger. (2) Die Einrichtung, Organisation und Besetzung der in diesem Abschnitt genannten Stellen (Nachprüfungsbehörden) der Länder bestimmen die nach Landesrecht zuständigen Stellen, mangels einer solchen Bestimmung die Landesregierung, die die Ermächtigung weiter übertragen kann. Die Länder können gemeinsame Nachprüfungsbehörden einrichten. I. 1. 2. II.

Einführung . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . Vergabekammern des Bundes

. . . .

1 1 2 4

1. 2. 3. 4.

Anzahl der Vergabekammern Besetzungen der Kammern . . Geschäftsverteilung . . . . . . Geschäftsordnung . . . . . . . .

5 6 10 12

1 OVG Hamburg v. 30.6.2005 – 1 Bs 182/05, NVwZ 2005, 1447; s. auch OLG Düsseldorf v. 23.1.2006 – VII-Verg 96/05, NZBau 2006, 598; Portz in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 8 f. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 105 Rz. 5; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 2; Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 857f; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 17, 39.

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§ 106

Einrichtung, Organisation

5. Genehmigung, Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . 15 III. Vergabekammern der Länder . 16 1. Einrichtung, Organisation und Besetzung . . . . . . . . . . . . . . 16

2. Besetzung der Vergabekammern in den Ländern . . . . . . 3. Gemeinsame Vergabekammer

19 20

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 106 Abs. 1 regelt die Einrichtung der Vergabekammern des Bundes, deren Besetzung und interne Organisation. Abs. 2 enthält die entsprechenden Regelungen für die Nachprüfungsbehörden der Länder. Ebenfalls bestimmt er, dass die Länder gemeinsame Nachprüfungsbehörden einrichten können. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 106 ist im Vergleich zum Regierungsentwurf des Vergaberechtsänderungsgesetzes (Einleitung Rz. 7)1 inhaltlich in den wesentlichen Punkten praktisch unverändert geblieben. 3 Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) wurde § 106 Abs. 2 Satz 2 gestrichen, nach dem bei der Besetzung der Vergabekammern der Ländern gewährleistet sein müsse, dass mindestens ein Mitglied die Befähigung zum Richteramt besitze und nach Möglichkeit gründliche Kenntnisse des Vergabewesens vorhanden sein sollen. Diese Regelung schloss die Möglichkeit ein, dass die Länder die Besetzung der Vergabekammern abweichend von § 105 Abs. 2 Satz 2 bis 4 regeln. Folge ist, dass § 105 Abs. 2 Satz 2 bis 4 nunmehr einheitlich für Bund und Länder gilt, ohne dass letztere abweichende Regelungen treffen dürfen2. Grund dieser Änderung war, dass Unternehmen häufig mit der Qualität der Entscheidungen der Vergabekammern der Länder unzufrieden waren, was auch auf deren Besetzung zurückgeführt wurde3. II. Vergabekammern des Bundes 4 Die Vergabekammern des Bundes sind gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 beim Bundeskartellamt einzurichten. Für sofortige Beschwerden gegen Ent1 BT-Drucks. 13/9340. 2 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106 Rz. 4, 25. 3 So die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 16/10771, 22 (42); s. dazu auch die gegenläufige Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 16/10771, 22 (33).

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§ 106

Einrichtung, Organisation

scheidungen der Vergabekammern des Bundes ist der Vergabesenat beim Oberlandesgericht Düsseldorf zuständig (§ 116 Abs. 3). Sowohl die Einrichtung der Vergabekammern als auch deren Besetzung und die Geschäftsverteilung erfolgen durch den Präsidenten des Bundeskartellamtes. 1. Anzahl der Vergabekammern Die Anzahl der einzurichtenden Vergabekammern richtet sich nach der 5 Erforderlichkeit. Insofern besteht ein organisatorischer Entscheidungsspielraum. Allerdings ist zu gewährleisten, dass die in § 113 geregelte Verfahrensdauer grundsätzlich eingehalten werden kann1. Derzeit sind beim Bundeskartellamt in Bonn drei Vergabekammern eingerichtet. 2. Besetzungen der Kammern Gemäß § 105 Abs. 2 entscheiden die Vergabekammern mit einer Beset- 6 zung durch drei Mitglieder. Dies bedeutet nicht, dass die einzelnen Vergabekammern nicht auch mehr Mitglieder haben können, die nach einer bestimmten Geschäftsverteilung in unterschiedlicher Zusammensetzung entscheiden2. Dies wird durch § 106 Abs. 1 Satz 3 bestätigt, in dem ausdrücklich von den Stellvertretern der ehrenamtlichen Beisitzer die Rede ist. Hauptamtlich i.S.v. § 105 Abs. 2 bedeutet nicht, dass die hauptamtlichen 7 Mitglieder ausschließlich in einer oder mehreren Vergabekammern tätig sind. Es handelt sich vielmehr um den Gegenbegriff zur Ehrenamtlichkeit und den damit jeweils verbundenen gesetzlichen Anforderungen (s. auch § 105 Rz. 10)3. Für die hauptamtlichen Mitglieder der Vergabekammern stellt § 106 8 Abs. 1 über die Qualifizierungsanforderungen des § 105 Abs. 2 Satz 2 hinausgehend (§ 105 Rz. 9 ff.) keine besonderen Anforderungen. Demgegenüber sind die ehrenamtlichen Mitglieder und deren Stellvertreter auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der öffentlich-rechtlichen Kammern zu 1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 106 Rz. 4; Otting in Bechtold, GWB, § 106 Rz. 1; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 6. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 106 Rz. 13; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 5 s. auch § 1 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes, Anhang III; Sura, in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 105 Rz. 4. 3 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 863; Otting in Bechtold, GWB, § 105 Rz. 8.

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§ 106

Einrichtung, Organisation

ernennen. Dies sind u.a. die Bundesarchitektenkammer, die Bundesingenieurkammer, der Deutsche Handwerkskammertag, der Deutsche Industrie- und Handelstag, der Verband der Landeswirtschaftskammern und die Wirtschaftsprüferkammer. Mit ihren Vorschlägen können sich die Berechtigten initiativ an den Präsidenten des Bundeskartellamts wenden. Erfolgt dies nicht oder unzureichend, kann dieser sich seinerseits an die betreffenden Spitzenorganisationen mit der Bitte wenden, ihr Vorschlagsrecht auszuüben. An eingehendeVorschläge ist der Präsident des Bundeskartellamts gebunden, d.h. er kann niemanden zum ehrenamtlichen Mitglied einer Vergabekammer bestellen, der nicht durch eine der Spitzenorganisationen benannt worden ist. Andererseits muss er niemanden ernennen, der nicht die in § 105 Abs. 2 Satz 4 genannten Anforderungen erfüllt, also nicht über gründliche Kenntnisse des Vergabewesens verfügt (§ 105 Rz. 13)1. Werden durch die Spitzenorganisationen mehr Personen vorgeschlagen als erforderlich, steht dem Präsidenten des Bundeskartellamts ein Auswahlermessen zu, sofern sich die Spitzenorganisationen nicht auf eine einvernehmliche Reihenfolge der Vorschläge verständigt haben2. 9 Das Vorschlagsrecht bezieht sich nur auf die Personen, die als ehrenamtliche Beisitzer ernannt werden können, nicht hingegen auf die Besetzung einzelner Vergabekammern mit bestimmten Geschäftsbereichen. Allerdings hat der Präsident des Bundeskartellamts bei seinen Organisationsentscheidungen die jeweiligen spezifischen Kenntnisse der vorgeschlagenen ehrenamtlichen Kammermitglieder zu berücksichtigen. Dies gilt sowohl für deren praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Vergabewesens (§ 105 Abs. 2 Satz 4) als auch für die Bereiche, in denen die vorgeschlagenen Personen praktischen Erfahrungen gesammelt haben. 3. Geschäftsverteilung 10 Die Geschäftsverteilung wird durch den Präsidenten des Bundeskartellamts geregelt. Dies bezieht sich auf die Geschäftsverteilung zwischen den einzelnen Vergabekammern. Die Geschäftsverteilung muss sich an sachgerechten Kriterien orientieren. Maßgeblich können dabei besondere bereichsspezifische Erfahrungen (z.B. besondere vergaberelevante Kenntnisse im Hoch- oder Tiefbau), aber auch die unterschiedlichen Fallzahlen in verschiedenen Vergabebereichen, die damit verbundene Auslastung 1 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 13. 2 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 106 Rz. 895; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 Rz. 4; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 106 Rn 5; Otting in Bechtold, GWB, § 106 Rz. 1.

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§ 106

Einrichtung, Organisation

usw. sein1. Ebenso ist eine Verteilung nach der Reihenfolge der Eingänge o. Ä. möglich. Nicht hingegen bezieht sich die Geschäftsverteilung auf die Verteilung 11 innerhalb der Vergabekammer, die daher von ihr selbst zu organisieren ist. Dies gilt sowohl für die Federführung (Einsetzung als Berichterstatter) als auch für die Frage, welchem Kammermitglied ggf. ein Verfahren zur alleinigen Entscheidung übertragen wird (§ 105 Rz. 14 ff.)2. Da es sich bei den Vergabekammern nicht um Gerichte handelt (§ 105 Rz. 4), sind an die Geschäftsverteilung nicht die Anforderungen zu stellen, die das Gerichtsverfassungsgesetz für die externe und interne Geschäftsverteilung enthält (§ 21e und § 21g GVG)3. 4. Geschäftsordnung Ebenfalls zuständig ist der Präsident des Bundeskartellamts für den Er- 12 lass einer Geschäftsordnung (zu den entsprechenden Länderregelungen Rz. 17)4. Zu deren Erlass ist er verpflichtet. Insofern besteht also kein Entscheidungsspielraum dem Grunde nach5. Allerdings ist der Inhalt der Geschäftsordnung nicht weiter präzisiert. Es sind daher alle Regelungen zu treffen, die für eine reibungslose Tätigkeit der Vergabekammern geboten sind und für die eine Bekanntmachung gegenüber der Allgemeinheit angezeigt ist. Die Geschäftsordnung ist reines Innenrecht, das die Organisation und 13 den Verfahrensablauf innerhalb der Vergabekammern regelt6. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um Verwaltungsvorschriften oder um einen Regelungstyp eigener Art handelt. In jedem Fall hat eine Geschäftsordnung das außenwirksame materielle Recht (formelle Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen) strikt einzuhalten7 und auch die ge1 So auch Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 12. 2 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 105 Rz. 12; s. für die dem Bund zuzurechnenden Aufträge § 2 Abs. 2 und § 3 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes, abgedruckt im Anhang III; ebenso für die Verteilung innerhalb eines gerichtlichen Spruchkörpers § 21g GVG. 3 Stockmann in in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 106 Rz. 6. 4 Abgedruckt in Anhang III. 5 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 106 Rz. 7. 6 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 106 Rz. 897; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 Rz. 3; Otting in Bechtold, GWB, § 106 Rz. 2. 7 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rz. 12 ff.; Stelkens/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 1 Rz. 181.

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§ 106

Einrichtung, Organisation

meinschaftsrechtlichen Anforderungen insbesondere der Vergaberichtlinien und der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) zu beachten. Dies bedeutet insbesondere, dass die Geschäftsordnung keine Bestimmungen enthalten darf, die den Vorschriften im 4. Teil des GWB zuwiderlaufen. Da es sich bei der Tätigkeit der Vergabekammern um eine verwaltungsbehördliche Tätigkeit handelt (§ 107 Rz. 7) können auch die gemäß § 1 VwVfG anwendbaren Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (des Bundes oder der Länder) nicht abbedungen oder modifiziert werden. Gleichwohl erlassene Bestimmungen der Geschäftsordnung sind unwirksam und daher auch für die interne Organisation und den Verfahrensablauf der Vergabekammern unbeachtlich. Unzutreffend ist vor diesem Hintergrund zumindest in der Begründung der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12.6.20011, der sich u.a. mit der Unterschrift von Beschlüssen der Vergabekammern befasst (dazu noch § 114 Rz. 76 f.). Der BGH verweist für die Frage, durch wen der Beschluss der Vergabekammer unterschrieben werden muss, auf die Organisation der Vergabekammern und damit auf den Regelungsbereich der maßgeblichen Geschäftsordnung. Dies ist allerdings im Hinblick auf die Regelung in § 37 Abs. 3 VwVfG (des Bundes und der Länder), die für die Vergabekammern bindend ist, unzutreffend (zur Verwaltungsaktqualität die Entscheidung der Vergabekammer § 114 Rz. 63). Daran ändert in Bezug auf diese Entscheidung des BGH auch der Umstand nichts, dass es nicht um eine Vergabekammer des Bundes sondern eines Landes ging, für die § 106 Abs. 2 und nicht Abs. 1 der Vorschrift einschlägig ist. Denn auch für die Vergabekammern der Länder und deren Organisation ist das außenwirksame materielle Rechte beachtlich (s. auch § 115a). Die in dem entschiedenen Fall maßgeblichen Ausführungsvorschriften des Thüringer Landesrechts2 enthielten keine Regelung, nach der die Tätigkeit der Vergabekammern des Landes Thüringen insgesamt oder auch nur in diesem Punkt nicht dem (Landes-)Verwaltungsverfahrensgesetz unterfällt. Dementsprechend war in dem entschiedenen Fall § 37 Abs. 3 VwVfG (Land) zu beachten, ohne dass das dort zuständige Landesverwaltungsamt eine widersprechende und damit gegen höherrangiges Recht verstoßende Geschäftsordnungsregelung wirksam treffen konnte3. 14 Geregelt werden können in der Geschäftsordnung hingegen die für die interne Organisation und den Verfahrensablauf der Vergabekammern maß1 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, VergabeR 2001, 286; ebenso OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89. 2 Anhang II.1. 3 Ebenso Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 106 Rz. 943.

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geblichen Einzelheiten, soweit sie nicht durch materielles Recht bereits normiert sind. Geschäftsordnungsregelungen sind ebenfalls zulässig, soweit das materielle Rechte konkretisierungsfähig und eine abstrakte Regelung für die Tätigkeit der Vergabekammern möglich ist. Dies betrifft etwa die Zahl der Mitglieder der Vergabekammern, allgemeine Grundsätze für die Übertragung zur alleinigen Entscheidung gemäß § 105 Abs. 3 (§ 105 Rz. 14 ff.), die Einzahlung von Kostenvorschüssen (§ 110 Rz. 34), die Ladungsfrist, die Konkretisierung von § 93 VwVfG zum Ablauf der mündlichen Verhandlung oder in Ergänzung zu § 37 VwVfG den Aufbau und Inhalt der Entscheidung der Vergabekammern nach § 114 Abs. 3 Satz 11. 5. Genehmigung, Veröffentlichung Die Geschäftsordnung bedarf der Genehmigung durch das Bundesminis- 15 terium für Wirtschaft. Dabei handelt es sich um eine rechts- und fachaufsichtliche Kontrolle. Erst nach erteilter Genehmigung darf die Geschäftsordnung erlassen und zur Herstellung der notwendigen Publizität veröffentlicht werden. III. Vergabekammern der Länder 1. Einrichtung, Organisation und Besetzung § 106 Abs. 2 trägt dem Grundsatz der Länderexekutive gemäß Art. 83 f. 16 GG Rechnung2. Die Länder führen danach die für das Nachprüfungsverfahren maßgeblichen bundesrechtlichen Bestimmungen als eigene Angelegenheit aus, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Letzteres ist im Hinblick auf die Besetzung der Vergabekammern gemäß § 105 Abs. 2 der Fall (s. Rz. 3). Solange sie die bundesrechtlichen Vorgaben einhalten (§ 115a), haben die Länder jedoch im Übrigen freie Hand. § 106 Abs. 2 bezieht sich von seinem Wortlaut her ganz allgemein auf die Nachprüfungsbehörden des zweiten Abschnitts des 4. Teils (§§ 102 ff.). Nachdem § 103 durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 7) aufgehoben wurde, sind damit nur noch die Vergabekammern gemeint. Die Einrichtung von gesonderten Vergabeprüfstellen ist den Ländern gleichwohl freigestellt (§ 102 Rz. 3). Sie unterliegen dabei keinen besonderen Anforderungen und Einschränkungen durch das Kartellvergaberecht. Allerdings dürfen Vergabeprüfstellen keine Kompetenzen eingeräumt werden, die das Rechtsschutzsystem des Kartellvergaberechts 1 S. zu den Geschäftsordnungenregelungen für die Vergabekammern des Bundes Anhang III. 2 Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 106 Rz. 940.

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unterlaufen. Es darf sich in erster Linie also nur um eine besondere Form der rechts- oder fachaufsichtlichen Prüfung sowie um eine beratende oder streitschlichtende Tätigkeit handeln. 17 Die Zuständigkeit für die Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammern bestimmt sich – unter Beachtung insbesondere von § 105 – nach dem jeweiligen Landesrecht. § 106 Abs. 2 Satz 1 regelt daher lediglich eine Auffangzuständigkeit der jeweiligen Landesregierung. Da § 106 Abs. 1 für die Länder nicht einschlägig ist, kann das Landesrecht auch bestimmen, ob, durch wen und mit welchem Inhalt die Geschäftsordnungen für die Vergabekammern der Länder erlassen werden. Wird dies nicht durch Landesrecht ausdrücklich geregelt, kann gleichwohl für die interne Organisation des Verfahrensablaufs durch die Vergabekammern selbst oder durch die Behörden, denen sie angegliedert sind, eine Geschäftsordnung erlassen werden, da damit kein materielles außenwirksames Recht gesetzt wird. Allerdings ist dabei das Gesetzesrecht zu beachten, das durch Geschäftsordnungen (zumindest ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung) nicht übergangen oder modifiziert werden darf (s. bereits Rz. 13) 18 Die Landesregierungen können gemäß § 106 Abs. 2 Satz 1 ihre „Auffangzuständigkeit“ nach § 106 Abs. 2 Satz 1 weiter übertragen.1 Dies gilt ebenfalls mit der Einschränkung, dass dem jeweils landesrechtliche Vorgaben nicht entgegenstehen dürfen2. 2. Besetzung der Vergabekammern in den Ländern 19 Die bis zum Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (Einleitung Rz. 4 ff.) in § 106 Abs. 2 Satz 2 enthaltene Regelung, die den Ländern die Möglichkeit einräumte, die Besetzung der Vergabekammern abweichend von § 105 Abs. 2 Satz 2 bis 4 zu regeln, ist entfallen. Daher muss die Besetzung der Vergabekammern derjenigen entsprechen, die auch für die Vergabekammern des Bundes gilt (s. Rz. 6 ff.)3. 3. Gemeinsame Vergabekammer 20 Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 können die Länder gemeinsame Vergabekammern als Nachprüfungsbehörden i.S.d. 2. Abschnitts einrichten. Da den 1 Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 106 Rz. 4. 2 S. im Einzelnen zu den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen Anhang II.1. 3 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106 Rz. 4, 25; Wiedemann, VergabeR 2009, 302 (307).

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Vergabekammern hoheitliche Kompetenzen zustehen, bedarf dies einer besonderen gesetzlichen Grundlage in den beteiligten Ländern. Ein derartiger Zusammenschluss kann unter Kosten- und Effizienzgesichtspunkten sinnvoll sein. Insbesondere ermöglicht er die Bildung von länderübergreifenden Vergabekammern mit jeweils besonderen bereichsspezifischen Kenntnissen (z.B. im Bereich der Bauvergabe)1. Gleichwohl ist es bislang noch nicht zur Einrichtung von gemeinsamen Vergabekammern durch mehrere Länder gekommen.

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(1) Die Vergabekammer des Bundes ist zuständig für die Nachprüfung der Vergabeverfahren

1. des Bundes; 2. von Auftraggebern im Sinne des § 98 Nr. 2, sofern der Bund die Beteiligung überwiegend verwaltet oder die sonstige Finanzierung überwiegend gewährt hat oder über die Leitung überwiegend die Aufsicht ausübt oder die Mitglieder des zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organs überwiegend bestimmt hat, es sei denn, die an dem Auftraggeber Beteiligten haben sich auf die Zuständigkeit einer anderen Vergabekammer geeinigt; 3. von Auftraggebern im Sinne des § 98 Nr. 4, sofern der Bund auf sie einen beherrschenden Einfluss ausübt; ein beherrschender Einfluss liegt vor, wenn der Bund unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Auftraggebers besitzt oder über die Mehrheit der mit den Anteilen des Auftraggebers verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Auftraggebers bestellen kann; 4. von Auftraggebern im Sinne des § 98 Nr. 5, sofern der Bund die Mittel überwiegend bewilligt hat; 5. von Auftraggebern nach § 98 Nr. 6, sofern die unter § 98 Nr. 1 bis 3 fallende Stelle dem Bund zuzuordnen ist; 6. die im Rahmen der Organleihe für den Bund durchgeführt werden. 1 Sura in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 106 Rz. 5; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 Rz. 8.

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(2) Wird das Vergabeverfahren von einem Land im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund durchgeführt, ist die Vergabekammer dieses Landes zuständig. Ist in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 bis 6 ein Auftraggeber einem Land zuzuordnen, ist die Vergabekammer des jeweiligen Landes zuständig. (3) In allen anderen Fällen wird die Zuständigkeit der Vergabekammern nach dem Sitz des Auftraggebers bestimmt. Bei länderübergreifenden Beschaffungen benennen die Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung nur eine zuständige Vergabekammer. I. 1. 2. II. 1. 2. 3.

Einführung . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . Zuständigkeitsabgrenzung § 106a Abs. 1 Nr. 1 . . . . . § 106a Abs. 1 Nr. 2 . . . . . § 106a Abs. 1 Nr. 3 . . . . .

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. 1 . 1 . 2 . 5 . 10 . 11 . 16

4. 5. 6. 7. 8. 9.

§ 106a Abs. 1 Nr. 4 § 106a Abs. 1 Nr. 5 § 106a Abs. 1 Nr. 6 § 106a Abs. 2 Satz 1 § 106a Abs. 3 Satz 1 § 106a Abs. 3 Satz 2

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 106a regelt die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Vergabekammern des Bundes einerseits und den Vergabekammern der Länder andererseits. Nicht maßgeblich ist die Regelung für die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen der Tätigkeit der Vergabekammern und der Tätigkeit der Behörden und Gerichte außerhalb des Kartellvergaberechts, insbesondere also der Kartellbehörden und der Rechts- und Fachaufsichtsbehörden sowie der Zivilgerichte, Verwaltungsgerichte und Sozialgerichte. Hierfür ist § 104 Abs. 2 und Abs. 3 maßgeblich (s. § 104 Rz. 5, 13 ff.). § 106a bestimmt desweiteren nicht, welche Vergabekammer des Bundes zuständig ist. Dafür ist die Geschäftsverteilung gemäß § 2 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes1 maßgeblich. Ebenso wenig regelt § 106a, welche Vergabekammer auf Landesebene zuständig ist, wenn dort mehrere Vergabekammern eingerichtet sind. Dort richtet sich die Zuständigkeitsabgrenzung nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen (§ 106 Abs. 2, s. § 106 Rz. 16)2.

1 Anhang III. 2 Zu den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen s. Anhang II.1.

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2. Entstehungsgeschichte § 106a wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung 2 Rz. 4 ff.) neu aufgenommen. In der ursprünglichen Fassung des 4. Teils des GWB war eine über § 104 Abs. 1 hinausgehende Zuständigkeitsabgrenzung nicht geregelt, was in nicht wenigen Fällen zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Zuständigkeitsproblemen geführt hat. Dem wurde durch den Erlass der Vergabeverordnung im Jahr 2001 (§ 97 Rz. 124) dahingehend Rechnung getragen, dass § 18 VgV a.F. die erforderliche Zuständigkeitsabgrenzung, insbesondere für Zweifelsfälle, regelte. Ergänzend dazu bestimmte § 17 VgV a.F. und bestimmt nunmehr § 14 Abs. 1 VgV, dass der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen die Anschrift der zuständigen Vergabekammer anzugeben hat (s. im Einzelnen die Kommentierung zu § 14 VgV). § 18 VgV a.F. wurde mit nur wenigen Änderungen als § 106a in den 2. Abschnitt des 4. Teils des GWB übergenommen. Die Regelung selbst wurde bereits durch Art. 2 des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes aufgehoben. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsmoderni- 3 sierungsgesetz heißt es hierzu, dass die neue Vergabeverordnung nicht mit Regelungen zu den Nachprüfungsverfahren überfrachtet werden soll. Zudem sollen die Zuständigkeitsregelungen für Bund und Länder klarer strukturiert werden1. § 106a Abs. 3 Satz 2, der in § 18 VgV a.F. nicht enthalten war, wurde erst 4 aufgrund der Stellungnahme des Bundesrates2 aufgenommen, um mit dem darin geregelten konstitutiven Benennungsrecht verbleibende Abgrenzungsschwierigkeiten zu beseitigen. Dieses Ziel wurde durch diese Ergänzung jedoch nur mit Abstrichen erreicht (s. noch Rz. 24 ff.). II. Zuständigkeitsabgrenzung § 106a enthält Bestimmungen zur Abgrenzung der Zuständigkeit der 5 Vergabekammern zwischen Bund und Ländern. Die Vorschrift ergänzt § 104 Abs. 13, der pauschal regelt, dass die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge, die dem Bund zuzurechnen sind, den Vergabekammern des Bundes und der Vergabe öffentlicher Aufträge, die den Ländern zuzurechnen sind, den Vergabekammern der Länder obliegt. Die Zurechnung von Aufträgen zum Bund oder zu einzelnen Ländern kann allerdings vor allem dann Schwierigkeiten bereiten, wenn es sich um öffent1 BT-Drucks. 16/10117, 22. 2 BT-Drucks. 16/10117, 34. 3 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 5.

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liche Auftraggeber handelt, die vom Bund und einem oder mehreren Ländern gemeinsam errichtet, beherrscht oder finanziert werden oder wenn es um gemeinsame Aufträge mehrerer öffentlicher Auftraggeber geht. Die Regelung hat in solchen Fällen für die Rechts- und Verfahrenssicherheit erhebliche Bedeutung (zur Angabe der Vergabekammer in der Vergabebekanntmachung und den Verdingungsunterlagen s. § 14 Abs. 1 VgV). 6 Die in § 106a Abs. 1 Nr. 1 bis 6 geregelten Fälle beziehen sich durchgängig auf dem Bund zuzurechnende Auftragsvergaben und eine daran anknüpfende Zuständigkeit der Vergabekammern des Bundes. Der Umstand, dass § 106a Abs. 1 anders als § 104 Abs. 1 und § 106 Abs. 1 Satz 1 von der Vergabekammer im Singular spricht, hat keine besondere Bedeutung. Die Regelung hat insbesondere nicht zur Folge, dass für sämtliche dem Bund zuzurechnenden Aufträge nur eine einzige Vergabekammer zuständig sein dürfte. Gemeint ist vielmehr lediglich, dass bei dem Bund zuzurechnenden Aufträgen die Zuständigkeit beim Bundeskartellamt und den dort tatsächlich eingerichteten Vergabekammern liegt. Die interne Aufteilung von Nachprüfungsverfahren auf diese Kammern obliegt der Geschäftsverteilung durch den Präsidenten des Bundeskartellamtes (s. § 106 Rz. 10). 7 Entsprechendes gilt für § 106a Abs. 2 Satz 2, wenn dort von der Vergabekammer des jeweiligen Landes die Rede ist. Dies bedeutet nicht, dass die Länder lediglich berechtigt wären, jeweils nur eine Vergabekammer einzurichten. Vielmehr können sie auch mehrere Vergabekammern, insbesondere nach Maßgabe einer unterschiedlichen örtlichen Zuständigkeit, vorsehen. Deren landesinterne Zuständigkeitsabgrenzung wird durch § 106a nicht geregelt. Aus der Vorschrift kann also nur abgeleitet werden, ob eine Vergabekammer des Bundes oder eines bestimmten Landes zuständig ist. Bei Nachprüfungsanträgen, die bei dem Bund zuzurechnenden Aufträgen an das Bundeskartellamt gerichtet werden, zieht dies keine besonderen Rechtsfolgen nach sich, da es nur um eine Frage der behördeninternen Geschäftsverteilung geht und ein gestellter Nachprüfungsantrag durch die Vergabekammer beim Bundeskartellamt bearbeitet wird, die nach der internen Geschäftsverteilung dafür zuständig ist. Hingegen kann dies bei der Anrufung einer nach dem maßgeblichen Landesrecht unzuständigen Vergabekammern anders sein. Hier folgt ggf. aus der landesrechtlichen Unzuständigkeit der Vergabekammer auch die Unzulässigkeit des dort gestellten Nachprüfungsantrags (zur Möglichkeit einer Verweisung an die zuständige Vergabekammer s. § 108 Rz. 8). 474

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§ 106a Abs. 2 Satz 2 bestimmt für die in § 106a Abs. 1 Nr. 2 bis 6 geregel- 8 ten Fälle, die sich auf die dem Bund zuzurechnenden Aufträge beziehen, dass die Regelung entsprechend gilt, wenn nach den dort genannten Kriterien ein Auftraggeber einem bestimmten Land zuzuordnen ist. Für § 106a Abs. 1 Nr. 1 gilt letztlich nichts anderes. Wenn es um den Auftrag eines Landes geht, ist die nach dem Recht des betreffenden Landes zuständige Vergabekammer anzurufen. Dies ergibt sich bereits aus § 104 Abs. 1. Die Zuständigkeit der Vergabekammer, die im Rahmen eines Nachprü- 9 fungsverfahrens entschieden hat, ist im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens (§ 116 ff.) überprüfbar (zur Möglichkeit einer Verweisung s. § 108 Rz. 8). Da es sich bei der Tätigkeit der Vergabekammern um eine verwaltungsbehördliche Tätigkeit handelt und spezialgesetzlich im 4. Teil des GWB nichts anderes bestimmt ist (s. in diesem Zusammenhang auch § 115a), ist § 46 VwVfG des Bundes und der Länder zu beachten. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften u.a. über die örtliche Zuständigkeit zustandegekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hat also eine örtlich unzuständige Vergabekammer entschieden, ist deren Entscheidung allerdings nach Prüfung durch den Vergabesenat beim OLG inhaltlich zutreffend, scheidet eine Aufhebung der Vergabekammerentscheidung aus. Etwas anderes gilt dann, wenn es nicht um die örtliche Zuständigkeit geht, sondern um die sachliche Zuständigkeit, weil anstelle der Vergabekammer eines bestimmten Landes die Vergabekammer eines anderen Landes oder des Bundes entschieden hat. In diesem Fall muss die Entscheidung durch den Beschwerdesenat aufgehoben werden (s. auch § 108 Rz. 7 ff.)1. 1. § 106a Abs. 1 Nr. 1 § 106a Abs. 1 Nr. 1 regelt i.V.m. § 104 Abs. 1 in Bezug auf die Auftrag- 10 geber nach § 98 Nr. 1 die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Vergabekammern des Bundes und der Länder. Da es um Vergaben geht, bei denen der Bund oder die Länder einschließlich der ihnen zuzurechnenden Gebietskörperschaften (§ 98 Rz. 12) jeweils alleinige Auftraggeber sind, handelt es sich um einen hinsichtlich der Abgrenzung in der Regel unproblematischen Fall.

1 S. hierzu OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 (81 f.).

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2. § 106a Abs. 1 Nr. 2 11 § 106a Abs. 1 Nr. 2, ggf. i.V.m. § 106a Abs. 2 Satz 2, bezieht sich auf Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 2 GWB. Die Vorschriften regeln, dass die Vergabekammern des Bundes oder eines bestimmten Landes zuständig sind, wenn der Bund oder ein Land den betreffenden Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB durch Verwaltung, Finanzierung oder Bestimmung der Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane beherrscht. Die unterschiedlichen Kriterien der Beherrschung stehen dabei gleichgewichtig und gleichberechtigt nebeneinander1. Erfolgt die Beherrschung durch den Bund und einen oder mehrere andere öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 oder 3, ist die Vergabekammer des Bundes zuständig, wenn die Beherrschung durch den Bund im Verhältnis zu den anderen Auftraggebern überwiegt2, also über 50 % liegt (s. zu der Definition der Beherrschung gemäß § 106a Abs. 1 Nr. 3 s. Rz. 16). Entsprechendes gilt (mit oder ohne Beteiligung des Bundes) für das Verhältnis mehrerer Länder und ihrer Vergabekammern zueinander (§ 106a Abs. 2 Satz 2). Hier ist die Zuständigkeit der Vergabekammern eines Landes gegeben, wenn dieses den betreffenden Auftraggeber (überwiegend) beherrscht (zum Auseinanderfallen von Verwaltung, Bestimmung der Organe und Finanzierung s. noch Rz. 15). 12 Abweichend davon können sich die an dem öffentlichen Auftraggeber Beteiligten allerdings auf die Zuständigkeit einer anderen Vergabekammer einigen. Beteiligte in diesem Sinne sind diejenigen, die Tätigkeiten i.S.v. § 106a Abs. 1 Nr. 2 wahrnehmen, also den Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 2 verwalten, finanzieren, leiten oder die Mitglieder der Geschäftsführung oder der Aufsichtsorgane bestimmen3. Die Einigung ist im Hinblick darauf, dass sie in erster Linie Zuständigkeitsunsicherheiten vermeiden soll, dahingehend beschränkt, dass es sich um eine der Vergabekammern handeln muss, die zumindest für eine der den Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB beherrschenden Stellen zuständig ist. Die Beteiligten können also nicht etwa die Zuständigkeit einer gänzlich anderen Vergabekammer vereinbaren4. Während in den Fällen, in denen die Beherrschungsverhältnisse eindeutig sind, die Einigungsmöglichkeit vergleichsweise geringe Relevanz haben dürfte, hat sie größere Bedeutung für die Verfahrenssicherheit, wenn die überwiegende Beherrschung zweifelhaft ist.

1 OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 (82); VK Kiel v. 27.1.2009 – VK-SH 19/08; VK Leipzig v. 19.12.2008 – 1/SVK/064-08. 2 Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 18 VgV Rz. 1720. 3 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 10. 4 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 11.

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Daraus folgt zugleich, dass § 106a Abs. 1 Nr. 2 vor allem über seinen 13 Wortlaut hinausgehend Bedeutung hat. Denn bei wörtlichem Verständnis ist die Regelung nur dann einschlägig, wenn eine überwiegende Beherrschung durch den Bund oder durch ein Land (§ 106a Abs. 2 Satz 2) feststeht, dann jedoch eine Einigung mit den weiteren Beteiligten dahingehend erfolgt, dass nicht die für den Beherrschenden an sich zuständige Vergabekammer maßgeblich sein soll, sondern die für einen der anderen Beteiligten zuständige Vergabekammer. Hingegen wäre die Regelung nicht einschlägig, wenn sich eine eindeutige Beherrschung nicht feststellen lässt. Gleichwohl entspricht es dem Sinn und Zweck der Regelung, dass gerade in diesen Fällen eine Einigung auf die Zuständigkeit einer bestimmten Vergabekammer möglich sein soll1. Eine Einigung über die Zuständigkeit der Vergabekammer setzt den Kon- 14 sens der Beteiligten voraus. Notwendig ist also die Zustimmung aller beherrschenden Stellen. Es reicht daher nicht aus, wenn der Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 sich ohne Beteiligung der ihn beherrschenden Stellen eine Vergabekammer aussucht und diese gemäß § 14 Abs.1 VgV in der Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen angibt. Allerdings kann die Einigung zwischen den Beteiligten auch stillschweigend oder konkludent sowie vorab für alle anstehenden Vergabeverfahren des beherrschten Auftraggebers erfolgen2. Der Zustimmung von Unternehmen, die ggf. einen Nachprüfungsantrag stellen wollen, bedarf es nicht. Dies folgt bereits daraus, dass der Auftraggeber die Vergabekammer, auf die sich die Beteiligten geeinigt haben, in der Vergabebekanntmachung angeben muss (§ 14 Abs. 1 VgV). Liegt eine Einigung nicht vor, etwa weil die Vergabestelle zu Unrecht 15 kein förmliches Vergabeverfahren eingeleitet hat (unzulässige Direktvergabe, de-facto-Vergabe, zur Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens in diesem Fall § 107 Rz. 62 ff.), kann der Antragsteller zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes zwischen den Vergabekammern, die für die den Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 beherrschenden Stellen zuständig sind, wählen, sofern sich nicht eindeutig eine überwiegende Beherrschung durch den Bund oder ein bestimmtes Land feststellen lässt und sich auch nicht aus § 106a Abs. 3 die alleinige Zuständigkeit einer Vergabekammer

1 S. zu dieser Problematik etwa OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 einerseits und LSG Baden-Württemberg v. 28.12.2008 – L 11KR 4810/08 andererseits. 2 A. A. Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 12.

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ergibt (s. noch Rz. 22)1. Dies gilt auch dann, wenn Verwaltung, Finanzierung und ggf. auch die Bestimmung der Aufsichtsorgane dahingehend auseinanderfallen, dass der Bund oder ein bestimmtes Land für eine dieser Aufgaben zuständig ist und ein anderes Land für eine der anderen Aufgaben (z.B. wenn die überwiegende Finanzierung durch den Bund erfolgt und die Aufsicht bei einem oder mehreren Ländern liegt)2. 3. § 106a Abs. 1 Nr. 3 16 § 106a Abs. 1 Nr. 3, ggf. i.V.m. § 106a Abs. 2 Satz 2, bezieht sich auf die Sektorenauftraggeber nach § 98 Nr. 4 (§ 98 Rz. 100 ff.). Er regelt ähnlich wie Nr. 2, dass ein Auftrag dann dem Bund zuzurechnen ist, wenn er den Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 beherrscht. Bei einer gemeinsamen Beherrschung kommt es darauf an, ob der Anteil des Bundes überwiegt. § 106a Abs. 1 Nr. 3 enthält eine Legaldefinition des beherrschenden Einflusses, die an die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Auftraggebers, die Mehrheit der Anteile oder die überwiegende Bestellung der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans anknüpft. Im Wesentlichen gelten hier die vorstehenden Ausführungen zu § 106a Abs. 1 Nr. 2 (Rz. 11; s. auch § 98 Rz. 45 ff. zu § 98 Nr. 2) sinngemäß. 17 Anders als bei § 106a Abs. 1 Nr. 2 können sich die Beteiligten aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes hier nicht auf die Zuständigkeit einer Vergabekammer einigen3, d.h. die Zuständigkeit ergibt sich allein aus der Beherrschung des Auftraggebers durch den Bund oder ein bestimmtes Land (§ 106a Abs. 2 Satz 2), bei paritätischen oder zumindest nicht eindeutigen Beteiligungsverhältnissen aus § 106a Abs. 3 (Rz. 22)4. Im Einzelfall kommt daher zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes auch hier ein Wahlrecht des Antragstellers in Betracht (Rz. 15).

1 OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 (82 f.); Brauer, NZBau 2009, 297 (298); s. insb. zum Gebot der Wahrung effektiven Rechtsschutzes in diesem Zusammenhang auch OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, VergabeR 2002, 617; VK Lüneburg v. 20.9.2004 – 203-VgK 46/2004; VK Hamburg v. 21.4.2004 – VgK FB 1/04. 2 OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 (82); VK Schleswig-Holstein v. 27.1.2009 – VK-SH 19/08; a.A. Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 9, der dann stets eine Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes annimmt; ebenso VK Baden-Württemberg v. 19.12.2008 – 1 VK 67/08. 3 A. A. Kratzenberg, NZBau 2001, 119 (122) zu § 18 VgV a.F.; offen gelassen bei OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 (83). 4 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 13.

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§ 106a

Abgrenzung der Zuständigkeit der Vergabekammern

4. § 106a Abs. 1 Nr. 4 Für die staatlich subventionierten Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 (§ 98 18 Rz. 121) bestimmt § 106a Abs. 1 Nr. 4, dass der betreffende Auftrag dem Bund zuzurechnen ist, wenn er die Mittel überwiegend bewilligt hat. Bei einer überwiegenden Bewilligung durch ein Land, ist dessen Vergabekammer zuständig (§ 106a Abs. 2 Satz 2). Fehlt es an einer überwiegenden Bewilligung durch den Bund oder ein Land, greift § 106a Abs. 3 ein. Eine Einigung der bewilligenden Stellen (Bund, Länder) scheidet hingegen außerhalb des Regelungsbereichs von § 106a Abs. 1 Nr. 2 aus (vgl. Rz. 12). 5. § 106a Abs. 1 Nr. 5 § 106a Abs. 1 Nr. 5 regelt für Baukonzessionäre, wenn sie als als öffent- 19 liche Auftraggeber nach § 98 Nr. 6 (§ 98 Rz. 128) tätig werden, dass die für den Konzessionsgeber (öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3) zuständige Vergabekammer maßgeblich ist. Es kann daher auf die vorstehenden Ausführungen (Rz. 5 ff.) sowie auf die Erläuterungen zu § 104 Rz. 5, 13 ff. verwiesen werden. 6. § 106a Abs. 1 Nr. 6 Die Regelung bestimmt, dass in Fällen der Organleihe durch den Bund 20 bzw. durch ein Land (§ 106a Abs. 2 Satz 2) der Auftrag dem Bund bzw. dem Land zuzurechnen ist, zu dessen Gunsten das betreffende Organ tätig wird. Das ausgeliehene Organ ist also, soweit die Inanspruchnahme erfolgt, nicht nur funktionell, sondern auch organisatorisch dem ausleihenden Verwaltungsträger zugeordnet1. Dies ist in dem Verhältnis vom Bund zu den Ländern etwa bei der Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben der See- und der überregionalen Schifffahrt der Fall, bei der die Wasserschutzpolizeien der Länder teilweise im Wege der Organleihe tätig werden2. Ähnliches gilt für die Hochbauaufgaben des Bundes, sofern sie von den Finanzbauverwaltungen der Länder durchgeführt werden3. 7. § 106a Abs. 2 Satz 1 In Fällen der Auftragsverwaltung durch die Länder (Art. 85 GG) sind die 21 Vergabekammern des ausführenden Landes zuständig, nicht hingegen die Vergabekammern des Bundes. Dies ist insbesondere im Bereich des Fernstraßenbaus und bei den in diesem Zusammenhang vergebenden 1 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 16. 2 Gröpel in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 89 Rz. 115. 3 Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 18 VgV Rz. 3485.

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Abgrenzung der Zuständigkeit der Vergabekammern

Aufträgen von Bedeutung (s. insbesondere Art. 90 Abs. 2 GG). Absatz 2 Satz 1 ist in diesen Fällen als lex specialis gegenüber Absatz 1 anzusehen, so dass die Vergabekammer des jeweiligen Landes auch dann zuständig ist, wenn das Fernstraßenvorhaben überwiegend vom Bund finanziert wird1. 8. § 106a Abs. 3 Satz 1 22 Die Vorschrift enthält eine Auffangzuständigkeit2, nach der sich in allen anderen, also in allen nicht in § 106a Abs. 1 und Abs. 2 sowie Abs. 3 Satz 2 geregelten Fällen die Zuständigkeit nach dem Sitz des Auftraggebers richtet. Nicht geregelt in diesem Sinne sind insbesondere die Fälle, in denen keine überwiegende Beherrschung, Finanzierung oder Subventionierung des öffentlichen Auftraggebers durch den Bund oder ein einzelnes Land vorliegt, also paritätische Verhältnisse gegeben sind. Dies wird man auch dann annehmen müssen, wenn die überwiegende Beherrschung oder Subventionierung durch den Bund oder ein bestimmtes Land nicht eindeutig ist (s. Rz. 11); in derartigen Fällen kommt die Auffangzuständigkeit nach § 106a Abs. 3 Satz 1 zumindest zusätzlich zur Anwendung. Dies gilt lediglich im Falle des § 106a Abs. 1 Nr. 2 (Rz. 15) sowie des § 106a Abs. 3 Satz 2 (Rz. 24 ff.) nicht, wenn sich die Beteiligten auf die Zuständigkeit einer Vergabekammer geeinigt haben3. 23 Hat ein Auftraggeber mehrere Sitze, steht dem Antragsteller im Rahmen des § 106a Abs. 3 Satz 1 ein Wahlrecht (vgl. Rz. 15) zu4. Er ist hingegen nicht zwingend an eine möglicherweise einschränkende Angabe des Auftraggebers nach § 14 Abs. 1 VgV gebunden, da diese außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Einigungsmöglichkeit nach § 106a Abs. 1 Nr. 2 (Rz. 12) keine zuständigkeitsbegründende Wirkung hat5. 9. § 106a Abs. 3 Satz 2 24 § 106a Abs. 3 Satz 2 bezieht sich auf länderübergreifende Beschaffungen. Gemeint sind damit Auftragsvergaben, bei denen mehrere Auftraggeber aus verschiedenen Ländern zusammenwirken. Dies ist etwa im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) bei landesgrenzenüberschrei1 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 17. 2 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 19; Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 18 VgV Rz. 1726. 3 So auch Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 19. 4 Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 18 VgV Rz. 1726. 5 Brauer, NZBau 2009, 297 (298).

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Abgrenzung der Zuständigkeit der Vergabekammern

tenden Verkehren anzutreffen1. Die Benennung der zuständigen Vergabekammer setzt selbstverständlich voraus, dass die betreffende Leistung tatsächlich nach Maßgabe des Kartellvergaberechts ausgeschrieben werden muss. Etwa im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs ist dies im Hinblick auf die Regelungen insbesondere in Art. 5 Abs. 6 der VO (EG) 1370/2007 nicht zwingend notwendig2. Gemäß der gesetzlichen Regelung benennen die beteiligten Auftraggeber 25 in der Vergabebekanntmachung nur eine zuständige Vergabekammer. Vermieden werden soll damit, dass verschiedene Vergabekammern angerufen werden. Erfolgt eine derartige Benennung, ist sie konstitutiv und für die Unternehmen bindend3. Die Anrufung einer Vergabekammer, die in der Bekanntmachung nicht genannt ist, wäre unzulässig, selbst wenn das Schwergewicht der Leistungen in einem Land erbracht wird, dem die genannte Vergabekammer nicht angehört (zur Möglichkeit einer Verweisung s. § 108 Rz. 8) Wird entgegen der Regelung in § 106a Abs. 3 Satz 2 keine Vergabekammer 26 benannt, verbleibt es bei länderübergreifenden Beschaffungen mehrerer öffentlicher Auftraggeber bei der Regelung in § 106a Abs. 3 Satz 1. Ein Unternehmer hat in diesem Fall also die Wahl, an welche Vergabekammer es sich mit seinem Nachprüfungsbegehren richtet4. Auf das Schwergewicht der Leistungen in dem einen oder anderen Land kommt es nicht an. Dies wäre mit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes, gerade bei Unsicherheiten über dieses Schwergewicht, insbesondere im Hinblick auf die Herbeiführung des Zuschlagsverbotes gemäß § 115 Abs. 1 nicht vereinbar5. 1 Dieses Beispiel wird auch in der Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf für das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz ausdrücklich genannt, BT-Drucks. 16/10117, 34; s. zu der Problematik vor Inkrafttreten von § 106a Abs. 3 Satz 2 etwa OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, VergabeR 2002, 617; VK Lüneburg v. 20.9.2004 – 203-VgK 46/2004. 2 S. hierzu etwa Heiß, VerwArch 2009, 113 (130); Otting/Scheps, NVwZ 2008, 499. 3 Brauer, NZBau 2009, 297 (298). 4 OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 (83); OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02; VK Sachsen v. 19.12.2008 – 1/SVK/064-08; Brauer, NZBau 2009, 297 (298). 5 So bereits für die Rechtslage vor Inkrafttreten von § 106a Abs. 3 Satz 2 etwa OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, VergabeR 2002, 617; VK Baden-Württemberg v. 19.12.2008 – 1 VK 67/08; VK Brandenburg v. 14.3.2003 – VK 14/03; VK Hamburg v. 21.4.2004 – VgK FB 1/04; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 18 VgV Rz. 3496 f.; a.A. für die frühere Rechtslage OLG Bremen v. 17.8.2000 – Verg 2/2000; VK Lüneburg v. 20.9.2004 – 203-VgK-46/2004, dort auch zur Möglichkeit einer Verweisung an die zuständige Vergabekammer nach bereits erfolgter Zustellung des Nachprüfungsantrags an den öffentlichen Auftraggeber.

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§ 107

Einleitung, Antrag

Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen öffentliche Auftraggeber bei einer länderübergreifenden Beschaffung vergaberechtswidrig von der Durchführung eines Vergabeverfahrens absehen (de-facto-Vergabe/unzulässige Direktvergabe, s. Rz. 15). 27 Nicht anwendbar ist § 106a Abs. 3 Satz 2 in den Fällen, in denen es nicht um eine länderübergreifende Beschaffung geht, also um eine Auftragsvergabe durch verschiedenen Ländern zuzurechnende öffentliche Auftraggeber, sondern um eine gemeinsame Vergabe von Bund und einem oder mehreren Ländern1. In diesem Fall ist die gleichwohl in der Vergabebekanntmachung erfolgte Angabe einer bestimmten Vergabekammer nicht konstitutiv. Wird etwa bei einer gemeinsamen Vergabe von Bund und einem oder mehreren Ländern die Vergabekammer eines Landes angegeben, kann ein Unternehmen gleichwohl auch die Vergabekammer des Bundes anrufen (vgl. auch Rz. 23). 28 Ebenfalls keine Bedeutung hat § 106a Abs. 3 Satz 2 in den Fällen, in denen es nicht um eine länderübergreifende Beschaffung geht, sondern um eine Beschaffung innerhalb eines Landes, das allerdings mehrere Vergabekammern mit örtlich unterschiedlichen Zuständigkeiten hat (z.B. Nordrhein-Westfalen). Schreiben beispielsweise mehrere Kommunen, für die unterschiedliche Vergabekammern zuständig sind, gemeinsam die Beschaffung bestimmter Leistungen aus, hat ein Unternehmen, dass sich im Rahmen des Vergabeverfahrens in seinen Rechten verletzt fühlt, die Möglichkeit, sich an eine der in Betracht kommenden Vergabekammern zu wenden.

II. Verfahren vor der Vergabekammer Einleitung, Antrag

107

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. 1 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 23.

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§ 107

Einleitung, Antrag

Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen öffentliche Auftraggeber bei einer länderübergreifenden Beschaffung vergaberechtswidrig von der Durchführung eines Vergabeverfahrens absehen (de-facto-Vergabe/unzulässige Direktvergabe, s. Rz. 15). 27 Nicht anwendbar ist § 106a Abs. 3 Satz 2 in den Fällen, in denen es nicht um eine länderübergreifende Beschaffung geht, also um eine Auftragsvergabe durch verschiedenen Ländern zuzurechnende öffentliche Auftraggeber, sondern um eine gemeinsame Vergabe von Bund und einem oder mehreren Ländern1. In diesem Fall ist die gleichwohl in der Vergabebekanntmachung erfolgte Angabe einer bestimmten Vergabekammer nicht konstitutiv. Wird etwa bei einer gemeinsamen Vergabe von Bund und einem oder mehreren Ländern die Vergabekammer eines Landes angegeben, kann ein Unternehmen gleichwohl auch die Vergabekammer des Bundes anrufen (vgl. auch Rz. 23). 28 Ebenfalls keine Bedeutung hat § 106a Abs. 3 Satz 2 in den Fällen, in denen es nicht um eine länderübergreifende Beschaffung geht, sondern um eine Beschaffung innerhalb eines Landes, das allerdings mehrere Vergabekammern mit örtlich unterschiedlichen Zuständigkeiten hat (z.B. Nordrhein-Westfalen). Schreiben beispielsweise mehrere Kommunen, für die unterschiedliche Vergabekammern zuständig sind, gemeinsam die Beschaffung bestimmter Leistungen aus, hat ein Unternehmen, dass sich im Rahmen des Vergabeverfahrens in seinen Rechten verletzt fühlt, die Möglichkeit, sich an eine der in Betracht kommenden Vergabekammern zu wenden.

II. Verfahren vor der Vergabekammer Einleitung, Antrag

107

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. 1 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 23.

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§ 107

Einleitung, Antrag

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit 1. der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat, 2. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, 3. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, 4. mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages nach § 101b Abs. 1 Nr. 2. § 101a Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt. I. 1. 2. II. 1. 2. III. 1. 2. 3. 4.

5.

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Antragserfordernis (§ 107 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsverfahren . . . . . . Beginn des Verwaltungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2) Unternehmen . . . . . . . . . . . Erforderlichkeit eines konkreten Vergabevorgangs . . . . . . . Interesse am Auftrag . . . . . . . Geltendmachung einer Verletzung von Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften . . . . a) Rechtliche Konzeption . . . b) Nichtbeachtung von Vergabevorschriften . . . . . . . . c) Verletzung eigener Rechte nach § 97 Abs. 7 . . . . . . . . Darlegung eines zumindest drohenden Schadens (§ 107 Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . .

1 1 2 7 7 11 14 15 17 22

29 29 31 32 35

6. Geltendmachung . . . . . . . . IV. Rügeobliegenheit, Präklusion (§ 107 Abs. 3) . . . . . . . . . . . 1. Erkannte Verstöße gegen Vergabevorschriften (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . a) Unionsrechtswidrigkeit des Begriffs unverzüglich, Konkretisierungsmöglichkeit der Vergabestelle . . . . b) Positive Kenntnis . . . . . . c) Unverzügliche Rüge . . . . 2. Aufgrund der Vergabebekanntmachung erkennbare Verstöße (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2) . . . 3. Aufgrund der Vergabeunterlagen erkennbare Verstöße (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3) . . . . . . . 4. Entbehrlichkeit der Rüge . . . a) de-facto-Vergabe, unzulässige Direktvergabe (§ 107 Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . b) Entbehrlichkeit einer Rüge bei bereits anhängigem Nachprüfungsverfahren . .

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40 41 46

48 51 54 58 60 62 62 68

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§ 107

Einleitung, Antrag

c) Entbehrlichkeit der Rüge bei Wiederholung des Vergaberechtsverstoßes . . . . . d) Eindeutig fehlender Abhilfewille . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonstige Fälle . . . . . . . . . 5. Form und Inhalt der Rüge . . . . 6. Zeitlicher Abstand zwischen Rüge und Stellung eines Nachprüfungsantrags . . . . . . . . . .

69 70 71 72 76

a) Zeitlicher Mindestabstand b) Höchstfrist . . . . . . . . . . aa) Keine Abhilfe (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4) . . . bb) Verwirkung . . . . . . . 7. Unzulässigkeit eines Nachprüfungsantrags wegen Rechtsmissbrauchs . . . . . . . . . . . . 8. Rügeobliegenheit und Angebotsabgabe . . . . . . . . . . . . .

77 79 79 90 95 97

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 107 regelt in Abs. 1 ein zwingendes Antragserfordernis für das Verfahren vor der Vergabekammer (Dispositionsmaxime). Abs. 2 enthält Bestimmungen zur Antragsbefugnis und zur diesbezüglichen Darlegungslast. Abs. 3 regelt eine besondere Rügeobliegenheit des antragstellenden Unternehmens gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber, deren Missachtung – soweit sie unionsrechtskonform ist – die Antragsbefugnis regelmäßig ausschließt. 2. Entstehungsgeschichte 2 In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz (Einleitung Rz. 7)1 wird hervorgehoben, dass es sich beim Vergabenachprüfungsverfahren um ein antragsgebundenes Verfahren handeln soll. Die Antragsberechtigung ergebe sich dabei aus objektiven Kriterien und könne auch dann gegeben sein, wenn eine Ausschreibung rechtswidrig unterblieben ist. § 107 Abs. 3 enthalte eine Präklusionsregelung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zur Vermeidung unnötiger Verfahren. Erkennt ein Unternehmen Fehler im Vergabeverfahren, muss es dem Auftraggeber Gelegenheit geben, diese Fehler zu korrigieren. Spekuliert es stattdessen bei einem erkannten Fehler, weil dieser sich möglicherweise zu seinen Gunsten auswirken könnte, soll es nicht die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einfordern dürfen, wenn diese Spekulation nicht aufgeht. 3 § 107 Abs. 1 und Abs. 2 sind durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.)2 unverändert geblieben. Die beiden Sätze des 1 BT-Drucks. 13/9340, 17. 2 BT-Drucks. 16/10117.

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Einleitung, Antrag

früheren § 107 Abs. 3 sind ebenfalls praktisch unverändert in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 übernommen worden. Neu hinzugekommen ist eine fristgebundene Rügeobliegenheit bei Vergaberechtsverstößen, die sich nicht aus der Vergabebekanntmachung gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ergeben, sondern erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3). Für diesen Fall galt zuvor lediglich die allgemeine Obliegenheit, Verstöße gegen Vergabevorschriften unverzüglich zu rügen (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1). Ergänzt wurde zudem § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, der eine Frist zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens binnen 15 Kalendertagen vorsieht, wenn der öffentliche Auftraggeber einem Unternehmen mitgeteilt hat, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen. Auch damit wird eine frühere Regelungslücke geschlossen, da vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes zwar die Obliegenheit einer fristgebundenen und unverzüglichen Rüge gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber bestand, nicht hingegen eine Frist, innerhalb derer ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden musste. Unternehmen hatten daher die Möglichkeit, zunächst eine Rüge gegenüber dem Auftraggeber zu erheben, dann allerdings abzuwarten, wie das Vergabeverfahren ausgeht. Das Regelungsziel, Spekulationen von Unternehmen zu vermeiden (Rz. 2) wurde also vor Inkrafttreten von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 nur unvollständig erreicht. Der Bundesrat hatte im Gesetzgebungsverfahren zum Vergaberechts- 4 modernisierungsgesetz versucht, in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 eine Ersetzung des Wortes „unverzüglich“ durch die Wörter „innerhalb einer Woche“ zu erreichen1. Dem ist die Bundesregierung jedoch im Rahmen ihrer Gegenäußerung mit dem – unionschaftsrechtlich wohl unzureichenden (s. insbesondere Rz. 46 ff.) – Argument entgegengetreten, dass sie den Begriff unverzüglich i.S.v. § 121 Abs. 1 BGB für hinreichend bestimmt halte und damit den Umständen des Einzelfalls besser Rechnung getragen werden könne. Hingegen wurde der Forderung des Bundesrates, in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 die Rügefrist bis zum Ablauf der Angebotsfrist zu erstrecken, gefolgt2. Der Bundesrat hatte darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Formulierung des Regierungsentwurfs („unverzüglich nach Erhalt“) über § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 hinausgehe und eine Obliegenheit der Bieter zur Durchsicht der Unterlagen sofort nach Erhalt begründe. Dies würde gerade den Mittelstand benachteiligen, der über keine spezialisierten Abteilungen für Auftragsvergaben verfüge3. 1 BR-Drucks. 349/08, 16. 2 BT-Drucks. 16/10117, 42. 3 BR-Drucks. 349/08, 16.

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Einleitung, Antrag

5 Die durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu aufgenommene Regelung in § 107 Abs. 3 Satz 2 stellt in Anknüpfung an die überwiegende Rechtsprechung1 klar, dass eine Rügeobliegenheit nicht besteht, wenn ein Auftrag rechtswidrig ohne Vergabeverfahren an ein Unternehmen vergeben wurde (§ 101b Abs. 1 Nr. 2). Die für den Auftraggeber gemäß § 101a Abs. 1 Satz 2 bestehenden Informationspflichten lässt dies unberührt. 6 Die Abhängigkeit eines Nachprüfungsverfahrens von einem entsprechenden Antrag (§ 107 Abs. 1) und von der Notwendigkeit einer Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2) ist von Art. 1 Abs. 3 und Abs. 5 der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) gedeckt. Die Präklusionsregelungen in § 107 Abs. 3 halten sich hingegen nicht vollständig im Umsetzungsspielraum zu Art. 1 Abs. 4 der Rechtsmittelrichtlinien (s. hierzu noch Rz. 43 f.). II. Antragserfordernis (§ 107 Abs. 1) 1. Verwaltungsverfahren 7 Bei dem Verfahren vor der Vergabekammer handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren i.S. von § 9 VwVfG des Bundes und der Länder. Dies ergibt sich neben der Tätigkeit der Kammer als einem Teil der Exekutive i.S. von § 1 Abs. 1 VwVfG (§ 105 Rz. 4) daraus, dass die Vergabekammer durch Erlass eines Verwaltungsaktes entscheidet (§ 114 Abs. 3 Satz 1, § 114 Rz. 63)2. 8 Die Bestimmungen über das Verfahren vor den Kartellbehörden (§§ 54 ff.) sind demgegenüber nicht unmittelbar anwendbar, weil die Vergabekammer nicht Kartellbehörde i.S.v. § 48 ist. Die dortigen Bestimmungen sind daher nur dann heranzuziehen, wenn und soweit sie ausdrücklich für anwendbar erklärt werden, wie dies in § 114 Abs. 3 Satz 3 und § 120 Abs. 2 der Fall ist. 9 Bei der Vergabekammer handelt es sich um einen Ausschuss i.S.v. § 88 VwVfG, so dass die §§ 89 bis 93 VwVfG Anwendung finden, sofern nicht Spezialvorschriften des GWB oder des maßgeblichen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Bund/Land) etwas Abweichendes bestimmen (s. § 105 Rz. 6). 10 Das Verfahren vor der Vergabekammer ist kein förmliches Verwaltungsverfahren i.S.d. §§ 63 ff. VwVfG, weil die entsprechenden Vorschriften 1 OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – VII-Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (277); a.A. OLG Naumburg v. 2.3.2006 – 1 Verg 1/06, NZBau 2006, 667. 2 S. etwa OLG Bremen v. 12.3.2007 – Verg 3/06; OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 1; Boesen, Vergaberecht, § 102 Rz. 4.

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nicht gemäß § 63 Abs. 1 VwVfG für anwendbar erklärt worden sind1. Es handelt sich daher um ein nichtförmliches Verfahren, so dass lediglich die sonstigen das Verwaltungsverfahren betreffenden Vorschriften des VwVfG ergänzend zu den Bestimmungen im 4. Teil des GWB anwendbar sind2. Allenfalls kann man aufgrund der umfangreichen Verfahrensvorschriften in den §§ 102 ff. von einem förmlichen Verfahren im weiteren Sinne sprechen. 2. Beginn des Verwaltungsverfahrens § 107 Abs. 1 ist eine Bestimmung i.S.v. § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG, nach der 11 ein Verwaltungsverfahren nur auf Antrag hin eingeleitet werden darf. Die Einzelheiten zu Form und Inhalt des zu stellenden Nachprüfungsantrags sind in § 108 geregelt. Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens durch die Vergabekammer ohne einen wirksamen Antrag ist unzulässig (s. demgegenüber zur Tätigkeit der Vergabeprüfstellen und Aufsichtsbehörden § 102 Rz. 5 ff., 15 f.)3. Innerhalb des Verfahrens gilt allerdings § 114 Abs. 1 Satz 2. Danach ist die Vergabekammer nicht an bestimmte Sachanträge gebunden (zur Bedeutung dieser Regelung § 114 Rz. 18). Das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer beginnt noch nicht 12 mit der Antragstellung selbst, sondern wird erst auf der Grundlage des Antrags durch die Vergabekammer eingeleitet, indem sie sich mit diesem Antrag i.S. von § 9 VwVfG befasst, also eine nach außen wirkende Tätigkeit aufnimmt, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass der von ihr gemäß § 114 Abs. 3 Satz 1 durch Verwaltungsakt zu treffenden Entscheidung gerichtet ist. Die gegenteilige Auffassung4 überzeugt nicht. § 22 VwVfG, auf den in diesem Zu1 Vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 63 Rz. 28; Clausen in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, vor § 9 Rz. 30. 2 OLG Naumburg v. 17.1.2000 – 1 Verg 2/99, ZVgR 2000, 170; Clausen in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, vor § 9 Rz. 30; a.A. offensichtlich OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, VergabeR 2000, 349, das – ohne weitere Begründung – die Vorschriften über das förmliche Verfahren heranzieht. 3 Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 11 f.; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 2; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 1, Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 2. 4 BGH, Beschl. v. 9.2.2004 – X ZB 44/03, VergabeR 2004, 201; OLG Düsseldorf v. 5.7.2000 – Verg 5/99, NZBau 2001, 106; OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (758); ebenso etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 4; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 14; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 1; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 3.

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sammenhang abgehoben wird, bezieht sich nur auf die Frage, ob und wann die zuständige Behörde, hier also die Vergabekammer, ein Verwaltungsverfahren (Nachprüfungsverfahren) einleiten muss. Die Vorschrift beantwortet indes nicht die Frage, ab wann ein Verwaltungsverfahren tatsächlich vorliegt. Dies ist in § 9 VwVfG geregelt, der für ein Verwaltungsverfahren die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde zwingend voraussetzt, d.h. bis dahin liegt ein Verwaltungsverfahren noch nicht vor. Insbesondere genügt also für dessen Beginn nicht die vollständige Passivität der Behörde. Die in § 113 Abs. 1 Satz 1 geregelte Fünf-Wochen-Frist ändert daran nichts.1 Denn § 113 Abs. 1 Satz 1 stellt gerade nicht auf den Beginn des Verwaltungsverfahrens sondern – mit Blick auf die Eindeutigkeit der Fristberechnung völlig zu Recht – auf die Stellung des Nachprüfungsantrages ab (§ 113 Rz. 4). Auch die mögliche „Willkür der Behörde“2 rechtfertigt keine andere Betrachtung. Käme es darauf an, könnte die Vergabekammer auch aus anderweitigen Gründen eine Information über den Nachprüfungsantrag gemäß § 115 Abs. 1 (§ 115 Rz. 8) sowie dessen Übermittlung in Kopie gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 (§ 110 Rz. 17 ff.) unterlassen, etwa mit der Behauptung, der Antrag sei offensichtlich unzulässig oder unbegründet. Die Vergabekammer hat die Amtspflicht, die erforderlichen Schritte umgehend durchzuführen (§ 110 Rz. 18 f.). Eine Missachtung dieser Pflicht kann wie jede willkürliche und damit rechtswidrige Handlung von Staatsorganen Amtshaftungsansprüche gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auslösen (zum Spruchrichterprivileg gemäß § 839 Abs. 2 s. § 105 Rz. 7). Der Frage, wann das Nachprüfungsverfahren im Rechtssinne beginnt, kommt mit Blick auf § 113 Abs. 1 Satz 1 allerdings nur Bedeutung für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags zu (§ 114 Rz. 54). Selbst wenn dieser jedoch unzulässig ist, besteht die Möglichkeit, einen Schadensersatzanspruch unmittelbar zivilgerichtlich geltend zu machen. 13 Der Verfahrensgegenstand, also der Gegenstand der konkreten Befassung der Vergabekammer, wird durch den gestellten Antrag bestimmt (Dispositionsmaxime)3. Dieser umreißt den zur Entscheidung gestellten konkreten Lebenssachverhalt und das Ziel des Antragstellers4. In diesem Rahmen ist die Kammer in ihrer Entscheidung weitgehend frei (dazu 1 So aber Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 3. 2 OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (758). 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 4. 4 Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 9 Rz. 108; Clausen in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 22 Rz. 5.

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noch § 114 Rz. 16). Dies ändert indes nichts an dem bestehenden Antragserfordernis. Wird der Antrag vor Bekanntgabe der Entscheidung der Vergabekammer zurückgenommen, was keine Zustimmung der anderen Verfahrensbeteiligten erfordert, darf eine Sachentscheidung der Vergabekammer nicht mehr ergehen, weil es dann an einer zwingenden Verfahrensvoraussetzung fehlt (zur Rücknahme des Nachprüfungsantrags oder der Beschwerde vor dem Vergabesenat s. § 128 Rz. 10, § 114 Rz. 12)1. Es hat dann nur noch eine Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens und über die Kosten zu erfolgen (s. § 114 Rz. 12). III. Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2) Die von Amts wegen zu prüfende Antragsbefugnis erfordert, dass der 14 Antrag durch ein Unternehmen gestellt wird, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Ergänzend ist ein zumindest drohender Schaden für das Unternehmen durch die behauptete Rechtsverletzung darzulegen. Diese Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Vergabekammer im Hinblick auf jeden Vergaberechtsverstoß erfüllt sein, auf den der Nachprüfungsantrag erfolgreich gestützt werden soll (s. noch Rz. 29 ff.).2 Wenn dies nicht der Fall ist, ist der Antrag unzulässig oder nur teilweise zulässig3. 1. Unternehmen Die Antragsbefugnis für das Verfahren vor der Vergabekammer steht nur 15 Unternehmen zu, also nicht dem öffentlichen Auftraggeber selbst oder sonstigen Dritten, die ein (ideelles) Interesse an der Ordnungsgemäßheit von Vergabeverfahren haben (z.B. Unternehmensverbände)4. Ebenfalls nicht antragsbefugt sind die Aufsichtsbehörden der jeweiligen Vergabe1 OLG Naumburg v. 17.8.2007 – 1 Verg 5/07, VergabeR 2008, 291 (292); Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 15; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 2; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 950. 2 OLG Schleswig v. 30.6.2005 – Verg 5/05; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 15; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 954. 3 OLG Naumburg v. 15.3.2001 – 1 Verg 11/00; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 19. 4 Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 23; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 5, 11; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 9; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 5.

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stelle. Mehrere Unternehmen können auch gemeinsam einen Nachprüfungsantrag stellen („subjektive Klagehäufung“)1. Ebenso kann die Vergabekammer die Nachprüfungsverfahren mehrerer Unternehmen verbinden, wenn dies aus ihrer Sicht zweckmäßig ist. 16 Der Begriff des Unternehmens ist im 4. Teil des GWB nicht gesondert definiert. Er ist daher im allgemeinen kartellrechtlichen Sinne zu verstehen. Danach handelt es sich unabhängig von der Rechtsform um ein Unternehmen, wenn eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr stattfindet, die auf den Austausch von Waren oder gewerblichen Leistungen gerichtet ist und sich nicht auf die Deckung des privaten Verbrauchs beschränkt (zu Personenmehrheiten Rz. 34). Verkürzt formuliert genügt also jedwede Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr (funktionaler Unternehmensbegriff)2. Hierzu zählt auch die Tätigkeit von Freiberuflern und von staatlichen oder staatlich beherrschten Unternehmen, soweit sie sich am Wirtschaftsleben beteiligen. Nicht unter den Unternehmensbegriff fällt die hoheitliche Tätigkeit der öffentlichen Hand sowie von Verbrauchern, soweit sie allein im privaten Interesse handeln3 (zu den möglichen Vertragspartnern des öffentlichen Auftraggebers s. auch § 99 Rz. 35 ff.). 2. Erforderlichkeit eines konkreten Vergabevorgangs 17 Unverzichtbare Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist, dass überhaupt ein konkreter Vergabevorgang (allgemein zum Begriff des öffentlichen Auftrags einschließlich der in Betracht kommenden Sonderfälle, wie etwa die Verlängerung bereits abgeschlossener Verträge s. § 99 Rz. 5 ff.) vorliegt. Ansonsten kann ein Interesse an einem zu vergebenden Auftrag von vornherein nicht bestehen. Nicht notwendig ist es dabei allerdings, dass es sich um ein förmliches Vergabeverfahren i.S.v. § 101 GWB handelt. Auch in den Fällen, in denen der Auftraggeber zu Unrecht kein Vergabeverfahren durchführt, gleichwohl jedoch die Erteilung eines Auftrags erfolgen soll (unzulässige Direktvergabe/de-facto-Vergabe, s. § 101b Abs. 1 Nr. 2, dazu § 101b Rz. 10 ff.), ist ein Nachprüfungsverfah1 OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – VII Verg 23/08; Möllenkamp in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 23; einschränkend Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 5. 2 Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 149; im Einzelnen BGHZ 67, 81 (84); Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 5; Huber in Frankfurter Kommentar, § 1 Rz. 25 mit Verweis auf § 1 a.F. Rz. 37 ff.; Emmerich, Kartellrecht, 17 ff. 3 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar, § 99 Rz. 2.

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ren zulässig, insbesondere die Antragsbefugnis eines Unternehmens, das sich dagegen zur Wehr setzen will, gegeben1. Es genügt dafür ein bereits eingeleiteter, jedoch noch nicht durch wirksamen Vertragsabschluss beendeter oder wegen Aufgabe der Beschaffungsabsicht eingestellter Güterbeschaffungsvorgang oberhalb der Schwellenwerte gemäß § 100 Abs. 1 i.V.m. § 2 VgV (zur Aufhebung oder sonstigen Beendigung des Vergabeverfahrens s. § 114 Rz. 40 ff.). Ob ein konkreter Vergabevorgang, der einem Nachprüfungsverfahren vor 18 der Vergabekammer zugänglich ist, bereits begonnen hat, richtet sich nach materiellen Kriterien. Diese hat das Oberlandesgericht Düsseldorf2 wie folgt umschrieben: „Der öffentliche Auftraggeber hat sich zur Deckung eines akuten Bedarfs 19 oder eines zukünftigen Bedarfs, dessen Deckung er aber schon in der Gegenwart vorbereiten und organisieren will, zur Beschaffung von Waren, Bau- oder Dienstleistungen entschlossen und beginnt mir organisatorischen und/oder planerischen Schritten, zu regeln, auf welche Weise (insbesondere mit welcher Vergabeart) und mit welchen gegenständlichen Leistungsanforderungen das Beschaffungsvorhaben eingeleitet und durchgeführt und wie die Personen oder der Personenkreis des oder der Leistenden ermittelt und dann ausgewählt werden soll – dies alles mit dem ins Auge gefassten Ziel, dass am Ende dieser organisatorischen Schritte ein Vertragabschluss steht. Abzugrenzen ist der so umschriebene Beginn eines konkreten Vergabeverfahrens u.a. gegenüber Unternehmenskontakten oder sonstigen Aktivitäten des öffentlichen Auftraggebers, die sich auf eine Markterkundung oder Marktbeobachtung ohne konkrete Beschaffungsinitiative beschränken.“ Sind die vorstehenden Voraussetzungen (noch) nicht erfüllt, ist ein 20 Nachprüfungsantrag unzulässig3. Vorbeugender Rechtsschutz ohne ei1 S. etwa BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, VergabeR 2005, 328; OLG Celle v. 29.10. 2009 – 13 Verg 8/09; OLG Rostock v. 5.2.2003 – 17 Verg 14/02; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 26; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 6. 2 OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2001, 329; ebenso etwa OLG Schleswig v. 1.4.2010 – 1 Verg 5/09; OLG Naumburg v. 8.10.2009 – 1 Verg 9/09, VergabeR 2010, 219; BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244; i. E. ähnlich BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71; OLG Jena v. 22.11.2000 – 6 Verg 8/00, VergabeR 2001, 53; OLG Schleswig v. 6.11.2001 – 6 Kart U 44/01, ZfBR 2002, 189. 3 BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, NZBau 2005, 290, Möllenkamp in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 27 f.

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nen bereits stattfindenden Vergabevorgang wird durch die Vergabekammern nicht gewährt1. In derartigen Fällen kommt (allenfalls) vorbeugender Rechtsschutz in anderweitigen Verfahren und nach anderen Rechtsgrundlagen in Betracht, etwa ein vorbeugender Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB, der dann allerdings vor den Zivilgerichten geltend zu machen ist. 21 Die Antragsbefugnis fehlt im weiteren nach Abschluss des Vergabeverfahrens durch wirksame Zuschlagserteilung (§ 114 Abs. 2 Satz 1, § 114 Rz. 28 ff.)2 oder bei einer sonstigen tatsächlichen Erledigung des Vergabevorgangs vor Beginn des Nachprüfungsverfahrens. Ein gleichwohl nach Erledigung gestellter Antrag ist außer im Fall der Aufhebung unzulässig (s. § 114 Rz. 35, zur Aufhebung oder sonstigen Beendigung eines Vergabeverfahrens sowie zur Möglichkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags). 3. Interesse am Auftrag 22 Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass das antragstellende Unternehmen ein Interesse an dem betreffenden Auftrag hat. Dabei geht es um ein tatsächliches wirtschaftliches Interesse3. Dieses Interesse ist durch das Unternehmen geltend zu machen. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 107 Abs. 2, jedoch mittelbar daraus, dass ihm nur in diesem Fall ein Schaden i.S. von § 107 Abs. 2 Satz 2 drohen kann. 23 Sinn und Zweck der Antragsbefugnis, die in der gesetzlichen Formulierung fast wörtlich Art. 1 Abs. 3 der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) entspricht, ist es, den Kreis der potentiellen Antragsteller einzuengen, um Popularrechtsmittel zu vermeiden4. An den Nachweis eines Interesses an dem betreffenden Auftrag sind in der Regel keine besonders hohen Anforderungen zu stellen, wenn das betreffende Unternehmen ein Angebot oder eine Bewerbung abgegeben hat5. Das Interesse an dem kon1 OLG Naumburg v. 13.5.2003 – 1 Verg 2/03, NZBau 2004, 62; BayObLG v. 22.1. 2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 16. 2 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 160. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 12; Noch, ZfBR 1997, 221 (224). 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 12; zu der vergleichbaren Regelung des §§ 42 Abs. 2 VwGO Redeker/von Oertzen, VwGO, § 42 Rz. 25; Kopp/ Schenke, VwGO, § 42 Rz. 59 ff. 5 BVerfG v. 29.7.2004 – 2 BvR 2248/03, VergabeR 2004, 597; BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09; BGH v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, NZBau 2006, 800; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 24.

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kreten Auftrag fehlt jedoch trotz Angebotsabgabe etwa dann, wenn bei einer Einzellosvergabe ein Unternehmen einen Nachprüfungsantrag nur hinsichtlich eines bestimmten Einzelloses stellt, obgleich es dieses Einzellos gar nicht angeboten hat oder sich aus einer Auslegung des eingereichten Angebotes ergibt, dass das Unternehmen ausschließlich daran interessiert war, einen Zuschlag auf eine Gesamtvergabe für alle Lose zu erhalten1. Ebenfalls fehlt das eigene Interesse an dem Auftrag, wenn eine Bietergemeinschaft einen Nachprüfungsantrag stellt, obgleich nicht sie, sondern nur ein einzelnes Mitglied der Bietergemeinschaft zuvor ein (eigenständiges) Angebot abgegeben hat2. Daran schließt sich die weitere Frage an, ob auch Vorlieferanten oder 24 Subunternehmen ein Interesse am Auftrag i.S.v. § 107 Abs. 2 haben können und daher ggf. auch antragsbefugt sind. Dies ist zu verneinen3. Gemeint ist in § 107 Abs. 2 ein unmittelbares eigenes Interesse an dem ausgeschriebenen Auftrag. Ein solches unmittelbares Interesse haben Vorlieferanten oder Subunternehmen nicht. Sie haben lediglich ein Interesse an einem Auftrag des Bieters, nicht aber an einem eigenen Auftrag durch den öffentlichen Auftraggeber. Es besteht daher nur ein nicht ausreichendes mittelbares Interesse i.S. eines Rechtsreflexes. Demgemäß haben Vorlieferanten oder Subunternehmen in Bezug auf das konkrete Vergabeverfahren auch keine eigenen Rechte i.S.v. § 97 Abs. 74. Etwaige Bedenken, ob dies mit den Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) im Einklang steht, sind unbegründet. Art. 1 Abs. 3 der beiden Richtlinien ist dahingehend zu verstehen, dass ein unmittelbares eigenes Interesse an einem bestimmten öffentlichen Liefer- oder Bauauftrag gemeint ist. 1 OLG Koblenz v. 8.2.2001 – 1 Verg 5/00, VergabeR 2001, 123; s. auch OLG Brandenburg v. 27.11.2008 – Verg W 15/08, VergabeR 2009, 652 (656); OLG Frankfurt/ Main v. 5.3.2002 – 11 Verg 2/01, VergabeR 2002, 394. 2 BayObLG v. 20.8.2001 – Verg 11/01, VergabeR 2002, 77. 3 BVerfG v. 23.4.2009 – 1 BvR 3424/08, VergabeR 2009, 777 (779); OLG Düsseldorf v. 18.6.2008 – VII Verg 23/08; OLG Düsseldorf v. 14.5.2008 – VII Verg 27/08, ZfBR 2008, 820 (822); OLG Rostock v. 31.3.2004 – 17 Verg 15/03; Dicks, ZfBR 2010, 235 (237); Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 25; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 10; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, 614 Rz. 19; a.A. Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 971. 4 OLG Rostock v. 22.2.2000 – 17 W 1/00, BauR 2000, 1586; VK Bund v. 12.10.2000 – VK 2-32/00, WuW 2001, 334; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 5; Boesen, Vergaberecht, § 107 Rz. 40; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 155; a.A. Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 971; Dreher in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 15.

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Stellt der potentielle Auftragnehmer der Vergabestelle – aus welchen Gründen auch immer – selbst keinen Nachprüfungsantrag, muss sich ein (potentieller) Vorlieferant oder Subunternehmer ggf. zivilrechtlich an diesen halten. 25 Fraglich kann desweiteren sein, wann das Interesse an dem Auftrag bestehen muss. In keinem Fall ausreichend ist ein Interesse an dem Auftrag erst nach Erledigung des Vergabeverfahrens, etwa nach Zuschlagserteilung oder nach Aufhebung des Vergabeverfahrens (zum Begriff der Erledigung § 114 Rz. 41 ff.). Ebensowenig genügt ein ansonsten erst nachträglich, also nach einem Vergabefehler des öffentlichen Auftraggebers entstandenes Interesse. Das Nachprüfungsverfahren soll nicht Unternehmen schützen, die vorweg etwaige Fristen versäumt haben, ohne dass dem Auftraggeber bis dahin ein Fehler unterlaufen war. So hat etwa ein Unternehmen, das in einem fehlerfrei durchgeführten Teilnahmewettbewerb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 VOB/A keinen Teilnahmeantrag abgegeben hat, keine Antragsbefugnis, wenn es einen Fehler des sich anschließenden weiteren Vergabeverfahrens rügt. Nichts anderes gilt bei einem einstufigen Vergabeverfahren, wenn der Auftraggeber erst nach Ablauf der Angebotsfrist einen Fehler gemacht hat, das antragstellende Unternehmen aber gar kein Angebot abgegeben hat, ohne dass die Nichtbeteiligung in einem ursächlichen Zusammenhang mit diesem Fehler des Vergabeverfahrens steht1. Erst recht ist ein Unternehmen nicht antragsbefugt, das zum Zeitpunkt eines (vermeintlichen) Vergaberechtsverstoßes noch gar nicht existierte2. Auch in den Fällen, in denen Unternehmen die ausgelaufene Bindefrist für sein Angebot nicht verlängert hat, weil es an diesem Angebot nicht mehr festhalten möchte, kann das Interesse am Auftrag fehlen3. 26 Die Abgabe eines Angebotes ist nicht immer zwingende Voraussetzung dafür ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Sie ist vor allem dann entbehrlich, wenn der Nachprüfungsantrag bereits vor Ablauf der Angebotsfrist gestellt wurde oder im Hinblick auf § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 (Rz. 79 ff.) sogar bereits vor Angebotsabgabe gestellt werden musste4 oder wenn die Erstellung eines Angebotes aus Sicht des Antragstellers gar nicht möglich war, weil die Verdingungsunterlagen eine ordnungs1 OLG Rostock v. 24.9.2001 – 17 W 11/01, VergabeR 2002, 193 (m. Anm. Reidt); OLG Koblenz v. 25.5.2000 – 1 Verg 1/00, NZBau 2000, 445. 2 OLG Düsseldorf v. 24.6.2010 – VII Verg 21/10. 3 Vgl. OLG München v. 23.6.2009 – Verg 8/09, VergabeR 2009, 942 (944); a.A. OLG Frankfurt/Main v. 24.2.2009 – 11 Verg 19/08; Dicks, ZfBR 2010, 235 (241). 4 VK Brandenburg v. 8.9.2009 – VK 33/09.

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gemäße Angebotskalkulation nicht zuließen1 oder ein Angebot durch die Vergabestelle dezidiert nicht gewünscht war (z.B. weil sie den Antragsteller vom Vergabeverfahren ausgeschlossen oder im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert hat)2. Entsprechendes gilt, wenn der Auftraggeber gar kein Vergabeverfahren durchgeführt hat, obgleich dies notwendig gewesen wäre, so dass das betreffende Unternehmen gar nicht damit rechnen durfte, auf ein etwaiges Angebot den Zuschlag zu erhalten3. Ferner bedarf es dann nicht der Abgabe eines Angebotes, wenn ein Unter- 27 nehmen die Grundlagen der Ausschreibung angreift und dies bei Obsiegen des Unternehmens zu einer Wiederholung des Vergabeverfahrens oder jedenfalls zur Rückversetzung in den Stand des Vergabeverfahrens vor der Angebotsabgabe führen muss4. Es ist in derartigen Fällen auch nicht notwendig, dass das Unternehmen im Rahmen seines Nachprüfungsantrags darlegt, wie sein Angebot ausgesehen hätte5 (s. auch Rz. 35 ff. zur Darlegung eines drohenden Schadens). Dies würde letztlich von den Anforderungen her auf dasselbe hinauslaufen wie eine Verpflichtung des Unternehmens, in jedem Fall ein Angebot abzugeben, da der 1 OLG Düsseldorf v. 14.1.2009 – VII Verg 59/08, VergabeR 2009, 619 (621); OLG Düsseldorf v. 25.1.2005 – VII Verg 93/04; OLG Saarbrücken v. 7.5.2008 – 1 Verg 5/07, ZfBR 2008, 733; OLG Koblenz v. 25.5.2000 – 1 Verg 1/00, NZBau 2000, 445; VK Nordbayern v. 30.11.2009 – 21. VK-3194-40/09; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 4; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 13; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 957. 2 OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, NZBau 2000, 45; s. auch OLG Dresden v. 16.10.2001 – WVverg 0007/01, ZfBR 2002, 298. 3 OLG Celle v. 29.10.2009 – 13 Verg 8/09, NZBau 2010, 194 (199); BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244; OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2001, 329; KG v. 5.1.2000 – Kart Verg 11/99, BauR 2000, 1579; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 154; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 12. 4 OLG Düsseldorf v. 9.7.2003 – Verg 26/03; OLG Düsseldorf v. 18.10.2000 – Verg 3/00, VergabeR 2001, 45; OLG Koblenz v. 25.5.2000 – 1 Verg 1/00, NZBau 2000, 445; OLG Rostock v. 24.9.2001 – 17 W 11/01, VergabeR 2002, 193 (m. Anm. Reidt); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 14; Dicks, ZfBR 2010, 235 (241). 5 OLG Düsseldorf v. 9.7.2003 – Verg 26/03; OLG Düsseldorf v. 18.10.2000 – Verg 3/00, VergabeR 2001, 45; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 40; a.A. OLG Rostock v. 24.9.2001 – 17 W 11/01, VergabeR 2002, 193 (m. Anm. Reidt); OLG Koblenz v. 25.5.2000 – 1 Verg 1/00, NZBau 2000, 445; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 957; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 6.

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Bearbeitungsaufwand dahinter allenfalls geringfügig zurückbliebe. Eine solche Forderung ist allerdings in den Fällen, in denen die Zielsetzung des Unternehmens darin liegt, wegen eines grundlegenden Mangels der Ausschreibung („Wurzelschaden“) eine Neuausschreibung oder zumindest eine Rückversetzung des Ausschreibungsverfahrens in den Stand vor der Angebotsabgabe zu erreichen, nicht gerechtfertigt. Denn wenn der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringt, sind sowohl die Ausarbeitung eines Angebotes als auch die Darlegung, wie das Angebot ausgesehen hätte, überflüssig und nutzlos. Die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 verlangt jedoch keine nutzlosen und damit dem betreffenden Unternehmen auch nicht zumutbaren Ausführungen1. Es kann in derartigen Fällen schon allein aufgrund des Umstandes, dass ein Nachprüfungsverfahren mit dem Ziel eingeleitet wurde, eine Neuausschreibung oder jedenfalls eine neue Aufforderung zur Angebotsabgabe zu erreichen, zumeist davon ausgegangen werden, dass das betreffende Unternehmen sich an dem neuen Vergabeverfahren beteiligen wird, wenn es dies plausibel darlegt und geltend macht2. Jedoch trägt der Antragsteller selbst das Risiko, nicht den Auftrag zu erhalten, wenn er lediglich einen Nachprüfungsantrag stellt, ohne gleichzeitig ein Angebot einzureichen, und sich der Antrag dann späterhin als unzulässig oder jedenfalls als unbegründet erweist (zur Möglichkeit einer Angebotsabgabe trotz der Beanstandung von Vergabefehlern des Auftraggebers Rz. 97). 28 Auch wenn es für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht stets notwendig ist, dass das Unternehmen zuvor ein Angebot abgegeben hat, müssen die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Nachprüfungsantrag erfüllt sein. Dies gilt insbesondere für die Erfüllung der Rügeobliegenheiten nach § 107 Abs. 3 (Rz. 41 ff.)3. 4. Geltendmachung einer Verletzung von Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften 29 a) Rechtliche Konzeption. Die rechtliche Konzeption des § 107 Abs. 2 ist der Formulierung in § 42 Abs. 2 VwGO und dessen Verhältnis zu § 113 1 OLG Düsseldorf v. 14.1.2009 – VII Verg 59/08, VergabeR 2009, 619 (621); VK Nordbayern v. 30.11.2009 – 21. VK-3194-40/09. 2 So im Ergebnis auch OLG Düsseldorf v. 14.5.2008 – VII Verg 27/08; OLG Düsseldorf v. 18.10.2000 – Verg 3/00, VergabeR 2001, 45; OLG Celle v. 29.10.2009 – 13 Verg 8/09, NZBau 2010, 194 (199); OLG Jena v. 28.1.2004 – 6 Verg 11/03; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 30; Reidt, Anm. zu OLG Rostock v. 24.9.2001 – 17 W 11/01, VergabeR 2002, 193 (195). 3 OLG Dresden v. 16.10.2001 – WVerg 0007/01, ZfBR 2002, 298.

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Abs. 1 VwGO vergleichbar1. Danach genügt für die Zulässigkeit eines Antrags die Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Erst im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels ist dann zu prüfen, ob eine Rechtsverletzung tatsächlich vorliegt.2 Ebenso wie bei § 113 VwGO erfolgt dies bei dem Verfahren vor der Vergabekammer im Rahmen der Begründetheitsprüfung gemäß § 114. Die Antragsbefugnis ist Sachentscheidungsvoraussetzung (s. bereits 30 Rz. 14). Wenn sie fehlt, ist der Antrag unzulässig. Dabei genügt allerdings die substantiierte Geltendmachung einer Rechtsverletzung, ohne dass es darauf ankommt, ob sie wirklich vorliegt3. Die Geltendmachung einer Rechtsverletzung ist dabei mehr als ein bloßes Behaupten. Aus dem Vorbringen des antragstellenden Unternehmens muss sich die konkrete Möglichkeit einer Rechtsverletzung ergeben (sog. Möglichkeitstheorie). Dies ist nicht der Fall, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise eigene Rechte des Unternehmens nach § 97 Abs. 7 verletzt sein können4. b) Nichtbeachtung von Vergabevorschriften. Die Möglichkeit einer Ver- 31 letzung von eigenen Rechten des Antragstellers kommt nur dann in Betracht, wenn Vergabevorschriften nicht beachtet worden sind. Gemeint sind damit alle Bestimmungen des Vergaberechts, die materielles außenwirksames Recht darstellen. Dazu gehören im Wesentlichen die Regelungen des 4. Teils des GWB, die Vergabeverordnung sowie die über die Vergabeverordnung zum Außenrecht erstarkten Verdingungsordnungen (§ 97 Rz. 126; zu den sonstigen Ansprüchen i.S.v. § 104 Abs. 2 s. § 104 Rz. 7 ff.). c) Verletzung eigener Rechte nach § 97 Abs. 7. Allein die Verletzung von 32 Vergabebestimmungen genügt für die Antragsbefugnis nicht. Es muss vielmehr um die mögliche Verletzung eigener Rechte des Antragstellers nach § 97 Abs. 7 gehen. Diese eigenen (subjektiven) Rechte stellen einen 1 So etwa auch Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 2; Heuvels in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 13; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 971. 2 Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 23. 3 S. etwa OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (909); Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 32; Kulartz , BauR 1999, 724 (727 f.). 4 BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, VergabeR 2009, 898; BGH v. 26.9.2006 – X 7 B 14/06, NZBau 2006, 800; OLG Düsseldorf v. 16.12.2009 – Verg 32/09; OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682 (685); Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 32; zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO s. z.B. Redeker/von Oertzen, VwGO, § 42 Rz. 15; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 59 m.w.N.

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Ausschnitt der gesamten Vergabevorschriften dar. Das Verfahren vor der Vergabekammer ist also – wie sich bereits aus der Beschränkung der in Betracht kommenden Antragsteller (o. Rz. 15 f.) ergibt – kein objektives Beanstandungsverfahren. 33 Entsprechend der sonstigen deutschen Rechtstradition bei Rechtsmitteln gegenüber der öffentlichen Hand haben Unternehmen keinen allgemeinen Überprüfungsanspruch hinsichtlich des Verhaltens von öffentlichen Auftraggebern. Auch gemeinschaftsrechtlich wird dies nicht verlangt. Unternehmen können daher nur erfolgreich geltend machen, dass Vorschriften verletzt sind, die ihrem eigenen Schutz zu dienen bestimmt sind (subjektive Rechte)1. Es genügt also nicht die Missachtung einer Norm, die lediglich Ordnungsfunktion hat oder lediglich die Interessen der Allgemeinheit wahren soll (z.B. Schutz der öffentlichen Haushalte, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit). Ebenso wenig können Unternehmen (subjektive) Rechte Dritter geltend machen, selbst wenn diese Dritten tatsächlich in Rechten verletzt sein sollten, die ihnen eine Antragsbefugnis i.S. von § 107 Abs. 2 vermitteln würden2. Da zu den subjektiven Rechten i.S.v. § 97 Abs. 7 auch die Bestimmungen gehören, aus denen sich ergibt, ob überhaupt ein und ggf. welches Vergabeverfahren durchzuführen ist (§ 97 Rz. 129 ff.), kann ein Nachprüfungsverfahren auch ohne ein laufendes förmliches Vergabeverfahren eingeleitet werden (unzulässige Direktvergabe/de-facto-Vergabe, Rz. 62). 34 Bei Personenmehrheiten, die keine juristische Person sind (Vereinigungen, insbesondere BGB-Gesellschaften), die gemeinsam als Bietergemeinschaft oder bereits als Konsortium (Unternehmenszusammenschluss)3 ein Angebot abgegeben haben, ist sowohl die Personenmehrheit insgesamt4, als auch jedes einzelne Mitglied, das Unternehmen i.S.v. § 107 Abs. 2 ist (Rz. 15 f.), antragsbefugt5. § 107 Abs. 2 enthält insofern keine weitergehen1 OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682 (685); Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 13; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 32; Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 149. 2 OLG Dresden v. 9.11.2001– WVerg 0009/01, VergabeR 2002, 138. 3 OLG Koblenz v. 8.2.2001 – 1 Verg 5/00, VergabeR 2001, 123. 4 OLG Frankfurt v. 5.3.2002 – 11 Verg 2/01, VergabeR 2002, 394; BayObLG v. 21.5. 1999 – Verg 1/99, WuW 1999, 1037; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 2; s. auch EuGH v. 8.9.2005 – C-129/04, VergabeR 2005, 748. 5 OLG Hamburg v. 10.10.2003 – 1 Verg 2/03, ZfBR 2004, 296; OLG Rostock v. 24.9. 2001 – 17 W 11/01, VergabeR 2002, 193 (m. Anm. Reidt); VK Berlin v. 31.5.2000 – VK-B2-15/00; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 5; Erdl, Der neue Vergaberechtsschutz, Rz. 506;

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den Beschränkungen. Die Vorschrift bezieht sich vielmehr auf jedes Unternehmen und dessen (jeweils eigene) Rechte. Allerdings muss sich das einzelne Unternehmen das Verhalten der anderen Mitglieder seiner Bietergemeinschaft und auch der Bietergemeinschaft in ihrer Gesamtheit zurechnen lassen. Dies gilt insbesondere für die Ausschlusstatbestände des § 107 Abs. 3 (dazu Rz. 41 ff.). Auch ist bzw. wird der Antrag in der Regel unzulässig, was von Amts wegen seitens der Vergabekammer zu berücksichtigen ist, wenn die Bietergemeinschaft auseinanderfällt. Denn in diesem Fall kann der Bietergemeinschaft, die sich gemeinsam um einen bestimmten Auftrag beworben hat, kein Schaden mehr drohen, da sie aus in ihrem eigenen Verantwortungsbereich liegenden Gründen (gemeinsam) den Auftrag in der Regel nicht mehr erhalten kann1. Möglich ist des Weiteren die Antragstellung nur durch ein Mitglied einer Bietergemeinschaft in Verfahrensstandschaft auch für die anderen Unternehmen2. 5. Darlegung eines zumindest drohenden Schadens (§ 107 Abs. 2 Satz 2) § 107 Abs. 2 fordert für die Antragsbefugnis nicht nur die Möglichkeit der 35 Verletzung eines subjektiven Rechts, sondern auch die Darlegung der Möglichkeit eines daraus resultierenden Schadens. Dies soll der Durchführung unnötiger Nachprüfungsverfahren entgegenwirken. Etwaige Rechtsverstöße von öffentlichen Auftraggeber müssen sich zumindest nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers3 zu seinem Nachteil auch ausgewirkt haben oder noch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu seinem Nachteil auswirken können.4 Wenn dies nicht der Fall ist, fehlt es an der erforderlichen Antragsbefugnis, so dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist. Dies ist etwa anzunehmen, wenn anstelle eines erforder-

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s. auch EuGH v. 6.5.2010 – C-145/08 und 149/08, VergabeR 2010, 506; a.A. OLG Düsseldorf v. 3.1.2005 – VII Verg 82/04; VK Baden-Württemberg v. 11.8.2009 – 1 VK 36/09; Dicks, ZfBR 2010, 235 (237); Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 23; Heuvels in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 9; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 10. Vgl. OLG Karlsruhe v. 15.10.2008 – 15 Verg 9/08, VergabeR 2009, 164; offengelassen OLG Hamburg v. 12.12.2000 – 1 Verg 1/00, NZBau 2001, 460. OLG Frankfurt/Main v. 23.1.2007 – 11 Verg 11/06; OLG Düsseldorf v. 30.3.2005 – VII Verg 101/04, WuW 2005, 865; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 9; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 1; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 19. BGH v. 18.5.2004 – X ZB 7/04, VergabeR 2004, 473 (475); OLG Düsseldorf v. 15.1. 2009 – Verg 77/08; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 5. Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 24.

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lichen offenen Verfahrens gemäß § 101 Abs. 2 ein nicht offenes Verfahren gemäß § 101 Abs. 3 durchgeführt wird, das betreffende Unternehmen jedoch zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde. In diesem Fall ist dem Unternehmen in der Regel kein Schaden entstanden und droht ihm auch nicht1. Entsprechendes gilt, wenn der Auftraggeber zwar möglicherweise zu Unrecht von einer EU-weiten Ausschreibung abgesehen hat, der Antragsteller jedoch bereits nach seinem eigenen Vortrag dennoch in der Lage war, ein Angebot abzugeben2. Anders kann die Situation jedoch sein, wenn ein Unternehmen in einem zu Unrecht durchgeführten nicht offenen Verfahren zwar zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde, dieses Verfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt3. Dies ist etwa dann denkbar, wenn die Wahl des Verfahrens durch andere Unternehmen, die nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden, gerügt wurde und daher ein Nachprüfungsverfahren des betreffenden Unternehmens in Betracht kommt. In diesem Fall ist es auch einem zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmen nicht zuzumuten, ein Angebot abzugeben und sich an einem möglicherweise ergebnislosen Vergabeverfahren zu beteiligen. Vielmehr kann es sich in diesem Fall gegen die Wahl des falschen Vergabeverfahrens ebenfalls zur Wehr setzen. Erst recht gilt dies, wenn anstelle eines offenen oder nicht offenen Verfahrens ein Verhandlungsverfahren gewählt wurde. Da im Verhandlungsverfahren der Inhalt der Angebote verhandelbar ist, ist auch ein am Verhandlungsverfahren beteiligtes Unternehmen der Gefahr ausgesetzt, im Rahmen von Verhandlungen von einem Mitbieter unterboten zu werden, was bei einem offenen oder nicht offenen Verfahren nicht der Fall wäre. Dadurch können seine Zuschlagschancen beeinträchtigt werden4. 36 Einem antragstellenden Unternehmen droht in der Regel kein Schaden, wenn es zwar vergaberechtliche Verstöße rügt, jedoch gleichwohl bereits 1 OLG Jena v. 8.5.2008 – 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653; OLG Saarbrücken v. 22.10.1999 – 5 Verg 2/99, ZVgR 2000, 24 (29); Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 974; vgl. auch BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, WuW 1999, 1037. 2 OLG München v. 5.11.2009 – Verg 15/09, VergabeR 2010, 677; OLG Karlsruhe v. 16.12.2009 – 15 Verg 5/09, VergabeR 2010, 685; OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (909); OLG Koblenz v. 8.12.2008 – 1 Verg 4/08; VK Hessen v. 30.3.2009 – 69d-VK-66/2008; a.A. KG v. 17.10.2002 – 2 KartVerg 13/02, VergabeR 2003, 50. 3 BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, VergabeR 2009, 898. 4 BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, VergabeR 2009, 898; s. dazu auch Dicks, ZfBR 2010, 235 (237 ff.).

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nach seinem eigenen Vortrag evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlags hat, selbst wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde1. Darüber hinausgehend dürfen an die Antragsbefugnis jedoch keine hohen Anforderungen gestellt werden2. Es genügt, wenn der gerügte Vergaberechtsverstoß überhaupt geeignet ist, die Chance des Antragstellers auf den Zuschlag zu beeinträchtigen3. Dies kann auch bei Bietern der Fall sein, deren Angebote in der Wertungsreihenfolge weit hinten plaziert sind, solange bei Beseitigung des gerügten Vergaberechtsverstoßes eine realistische Chance auf den Zuschlag nicht mehr ausgeschlossen erscheint.4 Eine ins Detail gehende Prüfung ist dabei nicht geboten und auch nicht zulässig. Wird durch den Antragsteller etwa geltend gemacht, dass die Wertung der Angebote fehlerhaft erfolgt sei und daher wiederholt werden müsse, ist es im Rahmen der Antragsbefugnis regelmäßig irrelevant, wie diese fiktive Neubewertung ausfallen würde. Ebenfalls ist es für die Antragsbefugnis in der Regel ohne Bedeutung, ob 37 das Angebot des Antragstellers zwingend ausgeschlossen werden muss (z.B. wegen Unvollständigkeit)5. Allerdings kann es in diesem Fall an einer tatsächlichen Rechtsverletzung zu Lasten des Antragstellers fehlen, die zwar nicht im Rahmen von § 107 Abs. 2 für die Antragsbefugnis, wohl allerdings für die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 114 Abs. 1 (§ 114 Rz. 12 ff.) beachtlich ist6. Dies gilt allerdings dann nicht, 1 OLG Brandenburg v. 9.2.2010 – Verg W 10/09, VergabeR 2010, 516; OLG Düsseldorf v. 15.1.2009 – Verg 77/08; OLG Düsseldorf v. 19.3.2001 – Verg 7/01, VergabeR 2001, 221; OLG Koblenz v. 25.5.2002 – 1 Verg 1/00, NZBau 2000, 445; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 974. 2 BVerfG v. 29.7.2004 – 2 BvR 2248/03, VergabeR 2004, 597; BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, NZBau 2005, 290; OLG Celle v. 29.10.2009 – 13 Verg 8/09; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 21; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 17; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 21 ff. 3 S. etwa OLG Schleswig v. 22.5.2006 – 1 Verg 5/06, NZBau 2007, 257 (258); VK Brandenburg v. 8.9.2009 – VK 33/09; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 3; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 35. 4 Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 158. 5 BVerfG v. 29.7.2004 – 2 BvR 2248/03, VergabeR 2004, 597; BGH v. 18.5.2004 – X ZB 7/04, VergabeR 2004, 473; OLG Frankfurt v. 9.7.2010 – 11 Verg 5/10; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 5; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 37; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 18; s. auch EuGH v. 19.6.2003 – C-249/01, Slg. 2003, I-06319; a.A. Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 10a, 10b. 6 OLG Jena v. 11.1.2007 – 9 Verg 9/06, ZfBR 2007, 380 (383).

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wenn nicht nur das Angebot des Antragstellers, sondern auch alle anderen Angebote zwingend auszuschließen wären oder das Vergabeverfahren aus anderen Gründen zu wiederholen wäre. Ob sämtliche Angebote dabei an dem gleichen oder aber an unterschiedlichen Ausschlussgründen leiden, ist ohne Bedeutung1. Denn in diesem Fall führt die Notwendigkeit, sämtliche Angebote auszuschließen dazu, dass sich eine Rechtsverletzung auch zu Lasten des Antragstellers auswirkt und die damit verbundene Schädigung der betroffenen Interessen des Antragstellers verhindert werden kann, etwa mittels einer Wiederholung der Ausschreibung. Hierbei hat der Antragsteller dann eine zweite Chance. In diesem Fall ist es daher weder mit dem Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 2 noch mit dem Gebot effektiven Rechtschutzes vereinbar, wenn der Antragsteller mit seinem Angebot aufgrund eines Ausschlussgrundes unberücksichtigt bleibt, hingegen zwischen den verbleibenden Bietern, deren Angebote ebenfalls ausgeschlossen werden müssen, entschieden wird, wem der Auftrag erteilt wird. Anders ist die Situation dann, wenn aus dem Kreis der Bieter zumindest ein wertbares Angebot vorliegt2. In diesem Fall verbleibt es dabei, dass ein bei dem Antragsteller vorliegender Ausschlussgrund zwar regelmäßig nicht dessen Antragsbefugnis entfallen lässt, allerdings dazu führen kann, dass es an einer tatsächlichen Rechtsverletzung i.S.v. § 114 Abs. 1 fehlt, die es rechtfertigt, dem Nachprüfungsantrag stattzugeben. Er ist in diesem Fall vielmehr unbegründet. Die praktische Schwierigkeit für den Antragsteller liegt dabei in der Regel darin, dass er sich zu gleichartigen oder auch anders gelagerten Ausschlussgründen in den Angeboten seiner Mitbewerber mangels Kenntnis in der Regel nicht äußern kann. Hier greift, jedenfalls soweit es um gleichgelagerte oder jedenfalls offensichtliche Ausschlussgründe geht, die für die Vergabekammer bestehende Amtsermittlungspflicht (§ 110). Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Vergabekammer bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes im Angebot des Antragstellers verpflichtet wäre, gleichsam ins Blaue hinein auch sämtliche anderen Angebote dahingehend zu überprüfen, ob dort ebenfalls irgendwelche Ausschlussgründe bestehen. 1 BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, VergabeR 2009, 898; BGH v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59; OLG Düsseldorf v. 30.11.2009 – Verg 41/09; OLG Koblenz v. 3.4.2008 – 1 Verg 1/08; OLG Karlsruhe v. 6.2.2007 – 17 Verg 5/06, VergabeR 2007, 388; OLG Frankfurt v. 19.12.2006 – 11 Verg 7/06, VergabeR 2007, 376; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 5; Heuvels in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 20 ff; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium zum Vergaberecht, Kap. 25, Rz. 26. 2 OLG Düsseldorf v. 30.11.2009 – Verg 41/09; OLG Jena v. 11.1.2007 – 9 Verg 9/06, ZfBR 2007, 380 (383).

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Sie muss dafür zumindest gewisse Anhaltspunkte haben (s. zum Amtsermittlungsgrundsatz und dessen Grenzen § 110 Rz. 6)1. Eine ebenso großzügige Handhabung im Hinblick auf einen drohenden 38 Schaden ist notwendig, wenn eine förmliche Ausschreibung gar nicht stattfand oder die Ausschreibung nach dem Vortrag des Antragstellers in den Stand vor Angebotsabgabe zurückversetzt werden muss, etwa wegen einer nicht hinreichend eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung (s. etwa § 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A) und deshalb gar kein Angebot abgegeben wurde2. Dies gilt auch dann, wenn ein Unternehmen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs bei einer beschränkten Ausschreibung nicht aufgefordert wurde, ein Angebot abzugeben und sich gegen diese Entscheidung zur Wehr setzt. In derartigen Fällen reicht es für die Antragsbefugnis aus, wenn das betreffende Unternehmen – die ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens unterstellt – zu dem Kreis der Bieter gehören könnte, die für eine Auftragserteilung grundsätzlich und ernsthaft in Betracht kommen (s. dazu auch Rz. 40). Für den „entstandenen Schaden“ i.S.d. § 107 Abs. 2 ist bedeutsam, ob 39 dieser durch Maßnahmen i.S.v.§ 114 Abs. 1 (dazu § 114 Rz. 22 ff.) wieder beseitigt werden kann. Das ist insbesondere nach dem wirksamen Vertragsabschluss über die zu vergebende Leistung nicht mehr möglich (Zuschlag gem. § 114 Abs. 2, dazu § 114 Rz. 28). Dies führt dazu, dass ein erst nach wirksamem Vertragsabschluss gestellter Nachprüfungsantrag unzulässig ist. Eine Erledigung i.S.v. § 114 Abs. 2 Satz 2 liegt in diesem Fall nicht vor. Ein Feststellungsantrag nach dieser Vorschrift kommt nur in Betracht, wenn die Zuschlagserteilung (Vertragsabschluss) nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erfolgt ist (zum Beginn des Nachprüfungsverfahrens o. Rz. 12). Ansonsten ist nur die unmittelbare Geltendmachung eines etwaigen Schadensersatzanspruches möglich (s. § 126 Rz. 12 ff.). Entsprechendes gilt in der Regel bei einer Erledigung des Vergabeverfahrens aus sonstigen Gründen (§ 114 Rz. 45, dort auch zur Erledigung durch Aufhebung). Ebenso fehlt es an einem Schaden i.S.v. § 107 Abs. 2, wenn nur Fragen des Vertragsvollzugs in Rede stehen, nicht hingegen solche des Vergaberechts (z.B. Vergütungsrisiken)3.

1 OLG Jena v. 11.1.2007 – 9 Verg 9/06, ZfBR 2007, 380 (383). 2 OLG Celle v. 29.10.2009 – 13 Verg 8/09; OLG Düsseldorf v. 14.1.2009 – VII Verg 59/08, VergabeR 2009, 619 (621); BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 39. 3 VK Baden-Württemberg v. 2.2.2010 – 1 Verg 75/09.

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6. Geltendmachung 40 Das antragstellende Unternehmen hat selbst die Verletzung von subjektiven Rechten i.S.v. § 97 Abs. 7 geltend zu machen und einen zumindest möglichen Schaden durch die Verletzung von Vergabevorschriften darzulegen. Diese Darlegungslast bezieht sich nur auf die dem Unternehmen bereits im Vorfeld einer etwaigen Akteneinsicht gemäß § 111 bekannten Umstände. Dementsprechend sind die Anforderungen auch mit Blick auf Sinn und Zweck der Antragsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung (o. Rz. 23) eher niedrig. Allerdings ist es zumindest erforderlich, dass das Unternehmen darlegt, selbst in der Lage zu sein, den Auftrag auszuführen, um den es geht oder der ggf. nach Auffassung des Unternehmens hätte ausgeschrieben werden müssen1. IV. Rügeobliegenheit, Präklusion (§ 107 Abs. 3) 41 § 107 Abs. 3 schränkt den Rechtsschutz des Kartellvergaberechts durch den Unternehmen auferlegte Rügeobliegenheiten ein. Es handelt sich dabei um von Amts wegen von den Vergabekammern zu prüfende2 (materielle) Präklusionsregelungen, die dazu führen, dass eine Nichtbeachtung Nachprüfungsanträge hinsichtlich der nicht rechtzeitig gerügten Verstöße (Rz. 54; zu Ausnahmen von der Rügeobliegenheit Rz. 62 ff.) unzulässig macht3. Daher enthält § 107 Abs. 3 keine Rechtspflicht sondern eine Obliegenheit der Unternehmen, d.h. eine Pflicht der Unternehmen gegen sich selbst4. Sie beruhen im Kern darauf, dass öffentliche Auftraggeber und Bieter eine Vertrauensgemeinschaft mit wechselseitigen Rechten und Pflichten bilden. Dies verbietet zwar einerseits öffentlichen Auftraggebern, schutzwürdige Rechte von Bietern zu missachten. Andererseits dürfen Unternehmen nicht darauf spekulieren, dass erkannte oder jedenfalls (bewusst oder unbewusst) akzeptierte Vergaberechtsverstöße nicht zu ihren Lasten, sondern allenfalls zu Lasten ihrer Wettbewerber gehen und sie selbst daraus möglicherweise sogar Vorteile zie1 OLG Brandenburg v. 27.11.2008 – Verg W 15/08, VergabeR 2009, 652 (656); Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 22. 2 OLG Celle v. 2.9.2004 – 13 Verg 11/04, NZBau 2005, 52; Wiese in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 57. 3 BR-Drucks. 646/2/97, 21 f.; s. etwa OLG Rostock v. 6.3.2009 – 17 Verg 1/09, VergabeR 2009, 660 (668). 4 Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 54; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 29; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 981; zum Begriff der Obliegenheit s. etwa Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, vor § 241 Rz. 13.

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hen. Diesem Grundgedanken einer Vertrauensgemeinschaft entspricht es, dass in den Fällen, in denen ein öffentlicher Auftraggeber von der Durchführung eines Vergabeverfahrens abgesehen hat (de-facto-Vergabe, unzulässige Direktvergabe) gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 101b Abs. 1 Nr. 2 (s. § 101b Rz. 10 ff.) keine Rügeobliegenheit besteht.1 Denn in diesem Fall hat sich eine Vertrauensgemeinschaft mit wechselseitigen Rechten und Pflichten von öffentlichem Auftraggeber einerseits und Unternehmen andererseits gar nicht bilden können. Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch in diesem Fall alle anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Davon befreit § 107 Abs. 3 Satz 2 nicht. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Rügeobliegenheit in der öffent- 42 lichen Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bedarf es nicht. Da es sich um Präklusionsregelungen handelt, wird dies weder durch die Vergabe- und Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7; s. jedoch auch im Zusammenhang mit § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Rz. 86) noch durch die Vorschriften des nationalen Rechts gefordert. Den Unternehmen wird daher abverlangt, dass sie die rechtlichen Grundlagen hinreichend kennen (s. allerdings zu den unionsrechtlichen Aspekten Rz. 43 f.; zur Notwendigkeit einer Angabe der Frist von 15 Kalendertagen gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 in der Vergabebekanntmachung s. Rz. 88)2. Gleichwohl ist ein solcher Hinweis selbstverständlich zulässig und zur Vermeidung insbesondere von gemeinschaftsrechtlichen Bedenken auch sinnvoll (s. zu einer Konkretisierung des Begriffs „unverzüglich“ im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in der Bekanntmachung und/oder den Vergabeunterlagen Rz. 54). Er muss dann aber inhaltlich zutreffend und darf nicht irreführend sein. Die Anforderungen aus Art. 1 Abs. 4 der Rechtsmittelrichtlinien (Einlei- 43 tung Rz. 7) sind weitgehend gewahrt (zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 s. Rz. 46 ff.). Danach können die Mitgliedstaaten verlangen, dass derjenige, der ein Nachprüfungsverfahren anzustrengen beabsichtigt, den öffentlichen Auftraggeber über den behaupteten Verstoß und die beabsichtigte Nachprüfung unterrichtet. Dies schließt es im Rahmen des nationalen Umsetzungsspielraums mit ein, dass ein Verstoß gegen eine solche Regelung sanktioniert werden darf. Ansonsten läuft eine derartige Ver1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 20. 2 OLG Koblenz v. 10.6.2010 – 1 Verg 3/10; a. A. Jaeger, NZBau 2009, 558 (560); Greiffenhagen, VergabeR 2002, 438.

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pflichtung im Ergebnis leer, was auch unionsrechtlich nicht gefordert wird1. 44 Anders als § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 (dazu Rz. 46 ff.) sind die Präklusionsregelungen in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 unionsrechtskonform. Nr. 4 der Vorschrift regelt ohnehin einen anderen Fall. Dort wird keine Rügeobliegenheit geregelt, sondern die Verpflichtung, nach erfolgter Rüge binnen 15 Kalendertagen einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer zu stellen, wenn der Auftraggeber mitgeteilt hat, der Rüge nicht abhelfen zu wollen. Art. 1 Abs. 4 der Rechtsmittelrichtlinien bezieht sich von seinem Wortlaut her auf behauptete Vergaberechtsverstöße, von deren vorhergehender Mitteilung an den öffentlichen Auftraggeber die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags abhängig gemacht werden kann. Im strengen Wortsinn handelt es sich in den Fällen von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 nicht um Vergaberechtsverstöße, die behauptet werden können. Denn die Behauptung eines Vergaberechtsverstoßes setzt dessen Kenntnis voraus. Dieser Fall ist bereits in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 geregelt. Demgegenüber behandeln Nr. 2 und Nr. 3 keine erkannten, sondern lediglich erkennbare Vergaberechtsverstöße, die vor Ablauf der in beiden Regelungen enthaltenen Rügefristen den betroffenen Unternehmen nicht zwangsläufig auch positiv bekannt waren und daher auch nicht bis zu diesem Zeitpunkt behauptet werden konnten2. Allerdings muss der öffentliche Auftraggeber davon ausgehen können, dass sich ein Unternehmen bis zum Ablauf der Bewerbungsoder Angebotsfrist in ausreichendem Maße mit der Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen beschäftigt hat. Beanstandet es die Unterlagen gleichwohl nicht, ergibt sich daraus bei verständiger Betrachtungsweise, dass die Unterlagen seitens des betreffenden Unternehmens akzeptiert werden. Lässt sich das Unternehmen auf dieser Grundlage auf ein Vergabeverfahren ein, muss es das Verfahren auch in seinem Fortgang und mit seinem Ergebnis akzeptieren, sofern es von den Vergaberechtsverstößen Kenntnis hatte oder hätte erlangen müssen.3 Insofern gilt nichts anderes als bei sonstigen Präklusionsregelungen, etwa im Um1 EuGH v. 11.10.2007 – C-241/06, Slg. 2007, I-8415, NZBau 2007, 798; EuGH v. 12.12.2002 – C-470/99, Slg. 2002, I-11617; vgl. auch EuGH v. 28.1.2010 – C-406/08, NZBau 2010, 183, Rz. 26; OLG Koblenz v. 10.6.2010 – 1 Verg 3/10; OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 30; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rn 27; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 61; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 41. 2 Jaeger, NZBau 2009, 558 (560). 3 EuGH v. 28.1.2010 – C-406/08, NZBau 2010, 183 Rz. 32.

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welt- und Planungsrecht, die auch in Fällen gelten, in denen es um durch Unionsrecht vorgesehene Rechte geht1. Dementsprechend bewegen sich auch die Präklusionsregelungen in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 noch im Umsetzungsspielraum des Art. 1 Abs. 4 der Rechtsmittelrichtlinien2. Ein Nachprüfungsantrag ist im Falle der Präklusion einer Rüge nicht 45 insgesamt unzulässig3. Vielmehr gilt dies nur für die konkreten Vergaberechtsverstöße, die das betreffende Unternehmen hätte rügen müssen, jedoch nicht rechtzeitig gerügt hat4. Dies schließt auch die aus dem Verstoß resultierenden Folgen ein (z.B. bei Präklusion der Rüge von fehlenden Mindestanforderungen bei Nebenangeboten auch deren Wertbarkeit)5. Alle verbleibenden Verstöße, einschließlich etwaiger Folgefehler, können nach wie vor uneingeschränkt geltend gemacht werden und dann ggf. auch Gegenstand der Begründetheitsprüfung durch die Vergabekammer sein.6 Auch insofern gilt also nichts anderes als bei sonstigen Präklusionsregelungen, wie sie aus dem Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht bekannt sind (s. insb. § 73 Abs. 4 VwVfG; zur Möglichkeit ungeachtet der Rüge eines Vergabefehlers ein Angebot abzugeben s. Rz. 97)7. Dementsprechend sind Rügen allerdings auch immer nur auf das betreffende Vergabeverfahren bezogen und wirken nicht fort. 1 S. etwa EuGH v. 12.12.2002 – C-470/99, Slg. 2002, I-11617; vgl. etwa auch Kment in Hoppe, UVPG, Vorbemerkungen Rz. 78; Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, § 14a Rz. 41ff und § 21 1 ff.; Genth, NuR 2008, 28 (31). 2 S. hierzu EuGH v. 28.1.2010 – C-406/08, NZBau 2010, 183 Rz. 32 ff.; EuGH v. 11.10.2007 – C-241/06, Slg. 2007, I-8415, NZBau 2007, 798; OLG München v. 4.4.2008 – Verg 4/08, NZBau 2008, 542 (543); VK Hessen v. 30.7.2009 – 69d VK 25/2009; Otting, VergabeR 2008, 68; a.A. Jaeger, NZBau 2009, 558 (560). 3 OLG Rostock v. 6.3.2009 – 17 Verg 1/09, VergabeR 2009, 660 (668); OLG Celle v. 31.7.2008 – 13 Verg 3/08; BayObLG v. 20.8. 2001 – Verg 9/01, NZBau 2002, 348; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 981; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 32; Heuvels in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 27; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 54. 4 S. etwa OLG Celle v. 31.7.2008 – 13 Verg 3/08; OLG Düsseldorf v. 18.6.2007 – Verg 35/06, VergabeR 2007, 200, 204; OLG Stuttgart v. 11.7.2000 – 2 Verg 5/00, NZBau 2001, 462; BayObLG v. 12.4.2000 – Verg 1/00, NZBau 2000, 481; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 10a; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 31; s. auch EuGH v. 11.10.2007 – C-241/06, Slg. 2007, I-8415, NZBau 2007, 798. 5 OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09. 6 Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 43. 7 Dazu etwa Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 73 Rz. 87 ff.

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Hat ein Unternehmen im Rahmen eines Vergabeverfahrens einen Vergaberechtsverstoß moniert, kann es nicht im Rahmen eines anderweitigen Vergabeverfahrens desselben Auftraggebers oder auch nur bei einer Wiederholung von Verfahrensschritten des bisherigen Verfahrens auf die Rüge verzichten. Diese hat in dem anderen Verfahren bzw. zu dem wiederholten Verfahrensschritt vielmehr ebenfalls zu erfolgen, selbst wenn es sich nach Auffassung des Unternehmens um den gleichen Rechtsverstoß handelt. Das gilt selbst dann, wenn es um die erneute Ausschreibung desselben Auftrags geht (z.B. nach einer zwischenzeitlichen Aufhebung des Vergabeverfahrens)1. Ebenso genügt es nicht, den öffentlichen Auftraggeber vor Beginn eines Vergabeverfahrens oder vor einem erst noch bevorstehenden Vergaberechtsverstoß auf diesen hinzuweisen. Dieser Hinweis ersetzt eine spätere Rüge nicht2. Eine erhobene Rüge kann gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber wieder zurückgenommen werden. Es gelten dafür diesselben Anforderungen wie bei der Rüge selbst (Rz. 72 ff.). Eine erneute Erhebung ist möglich, kann allerdings an den Präklusionsfristen des § 107 Abs. 3 Satz 1 (Rz. 54 ff.) scheitern. 1. Erkannte Verstöße gegen Vergabevorschriften (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1) 46 Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, wenn der Antragsteller den gerügten Verstoß bereits im Vergabeverfahren erkannt und nicht gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich gerügt hat. Eine Rüge gegenüber einem Dritten, z.B. der Aufsichtsbehörde des Auftraggebers, genügt nicht3. Ausreichend ist es jedoch, wenn der öffentliche Auftraggeber einen Empfangsbevollmächtigten für Rügen benannt hat und sie an diesen gerichtet werden4. 1 OLG Koblenz v. 18.9.2003 – 1 Verg 4/03, VergabeR 2003, 709; OLG Düsseldorf v. 15.6.2000 – Verg 6/00, NZBau 2000, 440; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 32, 55. 2 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (910); OLG Koblenz v. 18.9.2003 – 1 Verg 4/03, VergabeR 2003, 709; VK Südbayern v. 24.4.2009 – Z3-3194-1-09; VK Nordbayern v. 4.10.2007 – 21. VK. 3194-41/2007; VK Sachsen v. 8.6.2006 – 1/SVK/050-06; VK Hessen v. 2.12.2004 – 69d VK-72/2004; einschränkend OLG Brandenburg v. 19.2.2008 – Verg W 22/07; Wiese in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 71. 3 OLG Brandenburg v. 11.5.2000 – Verg 1/00, NZBau 2001, 226; Schröder, VergabeR 2002, 229 (231); Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 103. 4 OLG Dresden v. 3.7.2000 – 6 Verg 3/00, NZBau 2000, 539; Wiese in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 103; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 37; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 54.

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Die Pflicht zur unverzüglichen Rüge besteht generell, also auch in den 47 Fällen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3. Ein Unternehmen kann also bei positiver Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß nicht bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist oder der Angebotsfrist abwarten, um eine Rüge zu erheben. Vielmehr handelt es sich bei diesen zusätzlichen Fristen um die äußersten zeitlichen Grenzen für Rügen in den dort geregelten Fällen. Sie entbinden nicht von der ergänzend zu wahrenden Anforderungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 11. a) Unionsrechtswidrigkeit des Begriffs unverzüglich, Konkretisierungs- 48 möglichkeit der Vergabestelle. Nach Auffassung des EuGH „steht es den Mitgliedstaaten frei, Fristen für die Verfahrenseinleitung vorzuschreiben, mit denen sie die Wirtschaftsteilnehmer zwingen, Vorbereitungsmaßnahmen oder Zwischenentscheidungen, die in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ergangen sind, innerhalb einer kurzen Frist anzufechten“. Allerdings seien dabei die Erfordernisse der Rechtssicherheit zu beachten. „Zu diesem Zweck müssen die Mitgliedstaaten eine Fristenregelung schaffen, die hinreichend genau, klar und vorhersehbar ist, damit der einzelne seine Rechte und Pflichten kennen kann.“2 Danach sei eine nationale Bestimmung, nach der die Einleitung eines Verfahrens zur Nachprüfung nur zulässig ist, wenn „das Verfahren unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten … eingeleitet wird“, unionsrechtswidrig. Nach Auffassung des EuGH könne in diesem Fall nicht ausgeschlossen werden, „dass die nationalen Gerichte auf der Grundlage einer solchen Bestimmung einen Nachprüfungsantrag bereits vor Ablauf der 3-Monatsfrist wegen Fristversäumnis zurückweisen können, wenn sie der Ansicht sind, dass der Antrag nicht ‚unverzüglich‘ i.S. dieser Bestimmung gestellt worden sei.“ Diese Anforderungen sind auf das Gebot der unverzüglichen Rüge gemäß 49 § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 uneingeschränkt übertragbar. Daran ändert der Umstand nichts, dass sich das Gebot der Unverzüglichkeit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 nicht auf die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens bezieht, sondern auf die diesem vorgelagerte Rügepflicht. Denn es bedeutet für die durch den EuGH betonten Erfordernisse der Rechtssicherheit keinen Unterschied, ob ein Nachprüfungsantrag in einer hinreichend 1 Kadenbach in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 107 Rz. 34; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 44; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 62; s. hierzu auch die Begründung zum Regierungsentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 16/10117, 22. 2 EuGH v. 28.1.2010 – C-406/08, NZBau 2010, 183 Rz. 38 f.

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bestimmten Frist einzureichen ist oder ob es um eine dem vorgelagerte Rüge geht. In beiden Fällen scheidet die Rechtsschutzgewährung bei Verstoß gegen das Gebot der Unverzüglichkeit aus, obgleich der EuGH den Begriff der Unverzüglichkeit für nicht hinreichend bestimmt hält. Bedeutungslos ist dabei, dass der Begriff unverzüglich in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB als „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert ist1. Denn hierbei wird lediglich ein unbestimmter Rechtsbegriff durch einen anderen ersetzt, der ebenso wenig „hinreichend genau, klar und vorhersehbar ist, damit der einzelne seine Rechte und Pflichten kennen kann.“2 Der EuGH hätte daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in seinem Urteil vom 28.1.2010 nicht anders entschieden, wenn es in der dort strittigen Regelung geheißen hätte, dass Nachprüfungsverfahren ohne schuldhaftes Verzögern eingeleitet werden müssen. Dies gilt ungeachtet der „über 100-jährigen Rechtstradition“ des § 121 BGB3. Ebenso wenig kann von einer ausgeprägten Rechtsprechung zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bzw. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a.F. die Rede sein, durch die der Begriff der Unverzüglichkeit so weitgehend konkretisiert worden sei, dass es gerade nicht im Ermessen der Nachprüfungsinstanz stehe, ob eine Rüge unverzüglich vorgenommen wurde oder nicht4. Die Vergabe- und Nachprüfungspraxis belegt vielmehr das Gegenteil und bestätigt, dass von einer rechtssicheren und hinreichend eindeutigen Verwendung des Begriffs unverzüglich bei der vergaberechtlichen Nachprüfung nicht die Rede sein kann. Völlig zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Subsumtion unter den Begriff unverzüglich eine „never ending story“ sei und Antragsteller gut daran täten, sich, wenn Präklusion eine Rolle spielte, an den regional durchaus verschiedenen Interpretationen und Usancen der Vergabenachprüfungsinstanzen zu orientieren. Die Praxis werde zunehmend unübersichtlicher, so dass sich dies allmählich dem Befund einer Rechtszersplitterung annähere5. Soweit insbesondere in der vergaberechtlichen Rechtsprechung betont wird, für die Frage, ob eine Rüge unverzüglich erfolgt sei, komme es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an (s. im Einzelnen noch Rz. 54 ff.), belegt auch dies, dass ein Unternehmen die zeitlichen Vorgaben für seine Rügepflicht nicht klar und genau erkennen 1 So aber OLG Dresden v. 7.5.2010 – W Verg 6/10 (im Ergebnis jedoch gleichwohl die Anwendbarkeit von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 offen lassend), NZBau 2010, 526; VK Bund v. 5.3.2010 – VK 1-16/10. 2 EuGH v. 28.1.2010 – C-406/08, NZBau 2010, 183 Rz. 39. 3 So aber OLG Dresden v. 7.5.2010 – W Verg 6/10, NZBau 2010, 526. 4 So aber VK Bund v. 5.3.2010 – VK 1-16/10. 5 So ausdrücklich Dicks, ZfBR 2010, 235 (242); ähnlich etwa auch Erdl, VergabeR 2007, 450 ff.

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kann. Dies hat zur Folge, dass § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 nicht zu einer Rügepräklusion führt, soweit allein auf den Gesetzestext abgestellt wird. Die Nichtberücksichtigung einer Rüge allein unter Verweis auf § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 wäre daher unionsrechtswidrig1. Allerdings hat der vorstehende Befund nicht zwangsläufig zur Folge, dass 50 § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis auf weiteres gar nicht anwendbar wäre. Zum einen kommt die Möglichkeit in Betracht, dass der Gesetzgeber die Regelung nachbessert und den Begriff unverzüglich durch einen exakt bestimmten Zeitraum ersetzt (s. hierzu bereits den Vorschlag des Bundesrates anlässlich des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes, Rz. 4). Zumindest übergangsweise, wohl aber auch dauerhaft, bestünde alternativ die Möglichkeit, dass der öffentliche Auftraggeber in seiner Vergabebekanntmachung den Begriff unverzüglich konkretisiert und einen verbindlichen Zeitraum angibt, innerhalb dessen Unternehmen einen erkannten Verstoß gegen Vergabevorschriften rügen müssen. Der Gesetzeswortlaut steht dem nicht entgegen. Ist § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 aus unionsrechtlichen Gründen nicht hinreichend bestimmt, kann eine notwendige Konkretisierung im Gesetzesvollzug erfolgen, solange sie nicht durch die gesetzliche Bestimmung selbst ausgeschlossen ist (Vorrang des Gesetzes) und solange es tatsächlich nur um eine Konkretisierung einer Rechtsnorm geht, deren wesentlicher Regelungsinhalt sich bereits dem Gesetzestext selbst entnehmen lässt (Vorbehalt des Gesetzes). Dies ist hier der Fall. Erfolgt eine Konkretisierung durch die Angabe eines bestimmten Zeitraums in der Vergabebekanntmachung durch den öffentlichen Auftraggeber nicht, hat dies zur Folge, dass § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 unanwendbar ist und der Geltendmachung von Vergaberechtsverstößen in einem Nachprüfungsverfahren nicht entgegengehalten werden kann. Erfolgt eine derartige Konkretisierung, muss sie zum einen hinreichend bestimmt, zum anderen vom zeitlichen Umfang her angemessen sein. Es dürfte sich ein Zeitraum von drei bis fünf Werktagen anbieten (vgl. auch Rz. 57), zumal den Unternehmen bei einer solchen Ausgestal1 So auch VK Saarland v. 8.3.2010 – 1 VK 03/2010; VK Rheinland-Pfalz v. 20.4.2010 – VK 2-7/10; VK Hamburg v. 7.4.2010 – VK BSU 2/10; zumindest tendenziell auch OLG Celle v. 26.4.2010 – 13 Verg 4/10, VergabeR 2010, 661; OLG Koblenz v. 26.5.2010 – 1 Verg 2/10; a.A. OLG Dresden v. 7.5.2010 – W Verg 6/10 (im Ergebnis die Anwendbarkeit von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 allerdings offen lassend), NZBau 2010, 526; VK Bund v. 5.3.2010 – VK 1-16/10; noch offen lassend OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09, VergabeR 2010, 669; OLG Frankfurt v. 9.7.2010 – 11 Verg 5/10; Fürmann, VergabeR 2010, 420 (424); VK Nordbayern v. 10.2.2010 – 21.VK-3194-01/10; wie hier auch Krohn, NZBau 2010, 186; Hübner, VergabeR 2010, 414.

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tung durch die Angabe in der Vergabebekanntmachung ihre Handlungspflicht bei positiver Kenntnis noch deutlicher vor Augen geführt wird als bei einer bloßen gesetzlichen Regelung. Der Vorschlag des Bundsrates zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz nannte für eine gesetzliche Regelung eine Woche (Rz. 4). Ist die diesbezügliche Angabe in der Bekanntmachung des öffentlichen Auftraggebers nicht hinreichend bestimmt oder die angegebene Frist zu kurz, ist dies dann seinerseits rügefähig und muss, um Präklusion zu vermeiden, auch gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 durch das Unternehmen beanstandet werden. 51 b) Positive Kenntnis. Der Begriff „erkannt“ ist so zu verstehen, dass der Antragsteller positive Kenntnis von dem Vergaberechtsverstoß haben muss. Da es dabei um die Kenntnis des Verstoßes geht, bezieht sich diese positive Kenntnis sowohl auf den tatsächlichen Sachverhalt als auch auf dessen rechtliche Bedeutung.1 Wenn das betreffende Unternehmen nur den Sachverhalt kennt, ist damit allein noch nicht die Kenntnis eines (Rechts-)Verstosses gegeben2. Dies gilt auch dann, wenn ein Unternehmen lediglich vermutet, es könnte ein Vergaberechtsverstoß vorliegen und dies zur Veranlassung nimmt, eine juristische Prüfung durchführen zu lassen3. Allerdings ist es für die Notwendigkeit der Rüge nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 nicht zwingend notwendig, dass die Rechtswidrigkeit des Vergabeverhaltens eindeutig feststeht. Für die Rügeobliegenheit reicht es vielmehr aus, wenn ein Unternehmen den Sachverhalt kennt und daraus für sich, ggf. auch erst nach entsprechender juristischer Beratung, die Schlussfolgerung gezogen hat, dass dieser einen Vergaberechtsverstoß begründet. Ein Verstoß muss also nach der subjektiven Einschätzung des Unternehmens vorliegen4. Hingegen sind bloße Verdachtsrügen oder Rügen ins Blaue hinein nicht erforderlich5. Um eine Verdachtsrüge in diesem Sinne handelt es allerdings nicht, wenn 1 OLG Dresden v. 23.4.2009 – WVerg 11/08, VergabeR 2010, 106; Dicks, ZfBR 2010, 235 (242); Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 983. 2 OLG Düsseldorf v. 13.6.2001 – Verg 2/01, VergabeR 2001, 415; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 9; Boesen, Vergaberecht, § 107 Rz. 59; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, §§ 107, 108 Rz. 27. 3 OLG Düsseldorf v. 9.2.2009 – VII Verg 66/08, VergabeR 2009, 956 (958); OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09,VergabeR2009, 933 (939); Dicks, ZfBR2010, 235 (242). 4 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/09, VergabeR 2009, 905 (910); OLG Dresden v. 23.4.2009 – Wverg 11/08, VergabeR 2010, 106; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 33; Dreher in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 48; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, §§ 107, 108 Rz. 27. 5 S. etwa OLG Celle v. 5.7.2007 – 13 Verg 8/07; OLG Düsseldorf v. 27.7.2006 – Verg 23/06; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 9; Heuvels in Loewenheim/Meessen/

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dem Unternehmen zwar der Vergaberechtsverstoß bekannt ist, nicht hingegen dessen konkrete Auswirkungen. Hat ein Unternehmen etwa Kenntnis davon, dass das Angebot eines Mitwerbers ausgeschlossen werden muss, besteht die Pflicht zur Rüge bereits ab diesem Zeitpunkt und nicht erst dann, wenn das Unternehmen erfährt, dass dem Mitbewerber der Zuschlag erteilt werden soll1. Der Nachweis der positiven Kenntnis ist vielfach schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Dies wirft die Frage auf, ob nicht auch ein Kennenmüssen der konkreten Umstände und ihrer rechtlichen Bedeutung ausreicht. Dies ist jedoch nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht der Fall2. Zudem ist der Abgrenzung zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 zu entnehmen, dass es in § 107 Abs. 3 Satz 1 nur um tatsächlich erkannte Verstöße geht, also ein Kennenmüssen nicht ausreicht3. Ein Unternehmen ist dabei nicht verpflichtet, sich bestimmte Informationen zu beschaffen4. Auch müssen auf Seiten eines Unternehmens, unabhängig von seiner Größe, keine besonderen organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, um etwaige Vergaberechtsverstöße von öffentlichen Auftraggebern zu erkennen, etwa mittels einer (auf Fragen des Vergaberechts spezialisierten) Rechtsabteilung, deren Einbindung in die Prüfung der Vergabeunterlagen oder auch nur generell mittels frühzeitiger Prüfung der Vergabeunterlagen, um etwaige Vergaberechtsverstöße möglichst schnell geltend machen zu können. Obgleich für Unternehmen im Hinblick auf § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 keine besonderen

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Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 35; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 983. OLG Brandenburg v. 19.1.2009 – Verg W 2/09, VergabeR 2009, 820. BGH v. 26.9.2006 – X ZB 14/06; NZBau 2006, 800 (803); OLG Düsseldorf v. 10.9. 2009 – Verg 12/09, VergabeR 2010, 83 (88); OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/09, VergabeR 2009, 905 (910); OLG Naumburg v. 18.7.2006 – 1 Verg 4/06, ZfBR 2006, 707 (709); Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 9; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 33; Wiese in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 64; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 43. S. etwa OLG Düsseldorf v. 13.6.2001 – Verg 2/2001, VergabeR 2001, 415; VK Düsseldorf v. 7.7.2000 – VK 12/2000-L, NZBau 2001, 46; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 34; Boesen, Vergaberecht, § 107 Rz. 59; Sturmberg, BauR 1998, 1063 (1068); Kulartz , BauR 1999, 724 (728). OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09, VergabeR 2009, 933 (940); OLG München v. 23.6.2009 – Verg 8/09, VergabeR 2009, 942 (945); OLG Düsseldorf v. 16.2. 2005 – VII Verg 74/04, VergabeR 2005, 364; OLG Düsseldorf v. 18.7.2001 – Verg 16/01, VergabeR 2001, 419; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 35; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 43; zu Unrecht strenger etwa OLG Rostock v. 6.3.2009 – 17 Verg 1/09, VergabeR 2009, 660 (668); VK Hessen v. 30.7.2009 – 69d VK 25/2009.

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Organisations- oder Handlungspflichten bestehen, kann es für die Beweislage bedeutsam sein, wenn dem Unternehmen der Sachverhalt als solcher bekannt und die daraus resultierende Rechtswidrigkeit bei objektiver Betrachtung eindeutig ist. Zwar ist es für die Rügeobliegenheit nicht erforderlich, dass ein Vergaberechtsverstoß bei objektiver Betrachtung tatsächlich vorliegt und damit der Nachprüfungsantrag im Ergebnis auch begründet sein wird. Entscheidend ist vielmehr, ob das betreffende Unternehmen subjektiv einen Vergaberechtsverstoß für gegeben hält. Allerdings ist dies bei eindeutigen Verstößen, etwa aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung zu bestimmten Fragen, sehr viel eher anzunehmen als bei nicht eindeutig geklärten Rechtsfragen oder einem nicht eindeutigen Sachverhalt. Entsprechendes gilt, wenn sich selbst bei einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ als offensichtlich aufdrängt, dass ein bestimmter Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß darstellt1. 52 Der Antragsteller muss nicht nachweisen, wann er im Vorfeld seines Nachprüfungsantrags einen Vergaberechtsverstoß erkannt und ob er ihn sodann rechtzeitig gerügt hat. Vielmehr obliegt es dem öffentlichen Auftraggeber, ggf. auch dem oder den beigeladenen Unternehmen (s. Rz. 15 f.), die positiven Kenntnis des Vergaberechtsverstoßes auf Seiten des Antragstellers nachzuweisen2. Jedoch wird dem öffentlichen Auftraggeber oder ggf. dem oder den beigeladenen Unternehmen eine Beweiserleichterung zugestanden, wenn die Unkenntnis des Antragstellers vom Vergaberechtsverstoß nur als ein mutwilliges Sichverschließen vor der Erkenntnis dieses Vergaberechtsverstoßes verstanden werden kann3. 1 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/09, VergabeR 2009, 905 (910); OLG München v. 16.4.2009 – Verg 3/09, NZBau 2009, 467; OLG Frankfurt/Main v. 15.7.2008 – 11 Verg 4/08; OLG Celle v. 5.7.2007 – 13 Verg 8/07, VergabeR 2007, 794; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 9; Heuvels in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 34; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 42 ff. 2 BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, NZBau 2005, 290; OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09, VergabeR 2009, 933 (939); Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 36; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 125; Maier, VergabeR 2004, 176 (178 f.); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 46. 3 BGH v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 (803); OLG Koblenz v. 5.7.2003 – 1 Verg 2/03; OLG München v. 23.6.2009 – Verg 8/09, VergabeR 2009, 942 (945); OLG Naumburg v. 14.12.2004 – 1 Verg 17/04; Dicks, ZfBR 2010, 235 (242); Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 9; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 35; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 69; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 197 Rz. 15.

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Für die Frage, ob positive Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß vor- 53 liegt oder jedenfalls als bewiesen gelten muss, kann es auch auf die Frage ankommen, bei welcher Person innerhalb des antragstellenden Unternehmens die positive Kenntnis gegeben sein muss. Dies sind diejenigen (natürlichen) Personen, die berechtigt sind, darüber zu entscheiden, ob eine Rüge erfolgen soll oder nicht und dementsprechend auch berechtigt wären, für das Unternehmen verbindliche Erklärungen abzugeben1. Dabei handelt es sich in der Regel um die Mitglieder der Geschäftsführung (vgl. in diesem Zusammenhang etwa zur Unterzeichnung von abzugebenden Angeboten § 13 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A). Nicht ausreichend ist demgegenüber die positive Kenntnis von Vergaberechtsverstößen lediglich bei Mitarbeitern des Unternehmens, etwa bei Mitarbeitern der Rechtsabteilung, die nicht berechtigt sind, für das Unternehmen Erklärungen abzugeben.2 Ebensowenig genügt positive Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß bei externen Beratern des antragstellenden Unternehmens, zum Beispiel bei beauftragten Rechtsanwälten oder Ingenieurbüros. Der Umstand, dass Mitarbeiter eines Unternehmens in derartigen Fällen regelmäßig Informationspflichten gegenüber der Geschäftsführung haben, ist unerheblich, da eine solche unternehmensinterne Pflichtverletzung die erforderliche positive Kenntnis nicht zu ersetzen vermag3. Dies gilt auch für ein etwaiges eigenes Organisationsverschulden der Geschäftsführung, da es auf ein Kennenmüssen des Vergaberechtsverstoßes gerade nicht ankommt. Allerdings können solche Umstände für die Beweislage von Relevanz sein (Rz. 51). c) Unverzügliche Rüge. Ein positiv erkannter Vergaberechtsverstoß 54 muss gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nach dem Gesetzeswortlaut unverzüglich gerügt werden, wenn das Unternehmen nicht mit seiner Rüge präkludiert sein will (zu Form und Inhalt Rz. 72 ff.)4. Der Begriff unverzüglich ist dabei i.S.v. § 121 BGB auszulegen, d.h. die Rüge muss

1 OLG Koblenz v. 6.9.2006 – 1 Verg 6/06; BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244; VK Baden-Württemberg v. 20.5.2009 – 1 VK 18/09; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 32; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 65. 2 A.A. Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 68. 3 BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244; anders wohl Schröder, VergabeR 2002, 229 (232). 4 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (910); OLG Rostock v. 6.3.2009 – 17 Verg 1/09, VergabeR 2009, 660 (668); OLG München v. 17.9. 2007 – Verg 10/07.

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ohne schuldhaftes Verzögern erfolgen1. Dies ist allerdings nach Auffassung des EuGH gegenüber den betroffenen Unternehmen nicht hinreichend bestimmt (Rz. 48). Die Regelung ist daher gegenüber den Unternehmen nicht unmittelbar beachtlich und kann daher die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht direkt in Frage stellen. Möglich ist es jedoch zumindest als Zwischenlösung bis zu einer Konkretisierung durch den Gesetzgeber, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Ausschreibung den Begriff unverzüglich durch die Angabe einer exakt bestimmten Frist präzisiert, innerhalb derer positiv erkannte Vergaberechtsverstöße zu rügen sind. Diese Frist ist dann, sofern sie nicht unangemessen kurz ist, für die Unternehmen maßgeblich (Rz. 50). 55 Nur wenn man die Rechtsprechung des EuGH (Rz. 48) nicht für einschlägig hält oder § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 nicht wegen dieser Rechtsprechung als gänzlich unbeachtlich ansieht (vgl. Rz. 49), gilt Folgendes: 56 Die maximal in Betracht kommende Frist bis zum Zugang der Rüge beim öffentlichen Auftraggeber2 nach positiver Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß liegt bei etwa zwei Wochen3. In den meisten Fällen, insbesondere dann, wenn sie einfach gelagert sind, ist ist die Frist deutlich kürzer. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass schwierige Fallkonstellationen eher selten sind. Denn das Gebot zur unverzüglichen Rüge besteht für das betreffende Unternehmen erst, wenn es positive Kenntnis von dem Vergaberechtsverstoß hat (s. Rz. 51). In diesem Fall bedarf es, anders als bei der Klärung, ob ein Vergaberechtsverstoß überhaupt aus Sicht des Unternehmens vorliegt, in der Regel keiner besonderen Abstimmung mehr, etwa mit der internen Rechtsabteilung oder mit exter1 OLG Naumburg v. 25.1.2005 – 1 Verg 22/04, VergabeR 2005, 667; OLG Brandenburg v. 11.5.2000 – Verg 1/00, NZBau 2001, 226; OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (756); Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 8; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 77; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 52; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 987; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 76 f. 2 OLG Jena v. 31.8.2009 – 9 Verg 6/09. 3 OLG Jena v. 31.8.2009 – 9 Verg 6/09; OLG Düsseldorf v. 5.12.2001 – Verg 32/01; BayObLG v. 12.4.2000 – Verg 1/00, NZBau 2000, 481; KG v. 24.8.1999 – Kart Verg 5/99, NZBau 2000, 258; OLG Jena v. 5.7.2000 – 6 Verg 3/00, NZBau 2000, 539; VK Düsseldorf v. 20.8.2009 – VK-13/2009-L; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 8; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 76 f.; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 39; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 79 (jedoch in Bezug auf die Absendung).

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nen Rechtsberatern. Allein der Umstand, dass ein Unternehmen geltend macht, nicht gewusst zu haben, dass es einen Vergaberechtsverstoß gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 rügen muss, rechtfertigt keine Verzögerung. Anders als beim Vergaberechtsverstoß selbst ist im Hinblick auf diese Verpflichtung keine positive Kenntnis notwendig (s. Rz. 51). Bei der Bewertung, ob eine Rüge nach positiver Kenntnis von einem Ver- 57 gaberechtsverstoß schuldhaft verzögert wurde oder nicht, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an1. Befindet sich das Vergabeverfahren noch am Anfang, also etwa in der Phase unmittelbar nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe, ist bei der Frage, ob eine Verzögerung schuldhaft ist oder nicht, ein großzügigerer Maßstab gerechtfertigt als wenn es um eine Rüge kurz vor Ablauf der Angebotsfrist geht. Denn in letzterem Fall sind die Möglichkeiten des öffentlichen Auftraggebers, auf die Rüge ohne Verfahrensverzögerung zu reagieren, sehr viel geringer. Dementsprechend hat die Rechtsprechung in derartigen Fällen auch bereits Rügen, die mehr als einen bis drei Tage nach positiver Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß erhoben wurden, als verspätet betrachtet2. Dies ist allerdings überzogen und im Hinblick auf den zu wahrenden Bieterschutz bedenklich (vgl. auch Rz. 50). Zumindest im Regelfall wird man eine Rüge, die binnen drei bis fünf Werktage nach positiver Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß beim öffentlichen Auftraggeber eingeht, noch als unverzüglich ansehen müssen3. 2. Aufgrund der Vergabebekanntmachung erkennbare Verstöße (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2) § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bezieht sich, ergänzend zu Nr. 1 der Vorschrift 58 (Rz. 46 ff.), auf Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens erkennbar waren (zu unionsrechtlichen Bedenken s. Rz. 44). Entscheidend ist dabei allein die veröffentlichte Vergabebekanntmachung (s. insb. §§ 12, 12a VOB/A und

1 OLG München v. 10.12.2009 – Verg 16/09, VergabeR 2010, 246 (253); OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (911). 2 S. etwa OLG Jena v. 31.8.2009 – 9 Verg 6/09; OLG München v. 13.4.2007 – 1/07, VergabeR 2007, 546; OLG Celle v. 8.3.2007 – 13 Verg 2/07; OLG Koblenz v. 18.9. 2003 – 1 Verg 4/03, VergabeR 2003, 709. 3 Ähnlich etwa Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 53; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 80; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 39; Jennert in MüllerWrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 76 f.

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§ 15 EG VOL/A)1. Auf die Vergabeunterlagen, die den interessierten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden (s. insbesondere §§ 8, 8a VOB/A und § 9 EG VOL/A), kommt es demgegenüber nicht an (s. hierzu Rz. 60). Für die Erkennbarkeit ist auf die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Antragstellers abzustellen2. Maßgeblich ist also nicht der subjektive Maßstab des betreffenden Unternehmens, sondern der objektive Maßstab eines sorgfältig handelnden und prüfenden Unternehmens, das mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertraut ist, ohne dafür besonderen Rechtsrat, sei es durch eine eigene Rechtsabteilung, sei es durch externe Rechtsberater, einholen zu müssen. Noch weitergehende Anforderungen würden die Effektivität des Bieterschutzes übermäßig einschränken (Rz. 44)3. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist es, anders als bei § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, ohne Bedeutung, ob das antragstellende Unternehmen den Vergaberechtsverstoß tatsächlich erkannt hat. Es genügt, wenn das Unternehmen den Verstoß hätte erkennen müssen. Vor allem bei eindeutiger Rechtslage hat daher eine Rüge in jedem Fall vor Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung zu erfolgen. 59 Im Unterschied zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ist das Ende der Rügefrist exakt bestimmt. Es kann durch den öffentlichen Auftraggeber weder vorverlagert4 noch zeitlich hinausgeschoben werden. Die Rüge muss spätes1 OLG Karlsruhe v. 16.10.2009 – 15 Verg 5/09, VergabeR 2010, 685; BayObLG v. 12.4.2000 – Verg 1/00, NZBau 2000, 481; Heuvels in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 40; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 84; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 70; Fürmann, VergabeR 2010, 420 (425). 2 S. etwa BGH v. 26.9.2006 – X BR 14/06, NZBau 2006, 800 Rz. 34; OLG Jena v. 31.8.2009 – 9 Verg 6/09; OLG Stuttgart v. 11.7.2000 – 2 Verg 5/00, NZBau 2000, 462; BayObLG v. 23.11.2000 – Verg 12/00; VK Hessen v. 13.5.2009 – 69d VK 10/2009; VK Bund v. 14.12.2004 – VK-2-208/04; Jaeger, NZBau 2009, 558 (561); Kühnen, NZBau 2004, 427 (431); Maier, VergabeR 2004, 176 (177); Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 42; Schweda in Langen/Bunte, Kartellrecht, § 107 Rz. 11, 16; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 169; offen lassend OLG Naumburg v. 8.10.2010 – 1 Verg 9/09, VergabeR 2010, 219 (224); OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09; a.A. OLG Düsseldorf v. 18.10.2006 – Verg 35/06, VergabeR 2007, 200 (203); Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 10; Byok in Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107 Rz. 986; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 73; Dreher in Immenga/Mestmäcker, § 107 Rz. 57; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 85. 3 Vgl. EuGH v. 11.10.2007 – C-241/06, Slg. I-8415, NZBau 2007, 798; Jaeger, NZBau 2009, 558 (561). 4 OLG Düsseldorf v. 17.2.2010 – Verg 42/09.

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tens bis zum Ablauf der Angebots- oder Bewerbungsfrist gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber erfolgen, also beim öffentlichen Auftraggeber eingegangen sein (vgl. Rz. 56). Etwaige Verlängerungen der Bewerbungsoder Angebotsfrist sind nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht zu berücksichtigen1. Mit dem Ablauf der Angebots- oder Bewerbungsfrist ist zudem nur das äußerste Ende der Rügefrist markiert. Unabhängig davon gilt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 (s. Rz. 46 ff.).2 3. Aufgrund der Vergabeunterlagen erkennbare Verstöße (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3) § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 bezieht sich auf die Fälle, in denen Verstöße 60 gegen Vergabevorschriften nicht bereits aus der öffentlichen Bekanntmachung erkennbar sind (Rz. 58), sondern erst anhand der Vergabeunterlagen. Was zu den Vergabeunterlagen gehört, ergibt sich aus der VOB/A, der VOL/A und der VOF. In § 8 VOB/A und § 8 VOL/A sind die Vergabeunterlagen im Einzelnen geregelt. Dazu gehören insbesondere die Aufforderung zur Angebotsabgabe, die Bewerbungsbedingungen sowie die Vertragsunterlagen. In der VOF sind die Vergabeunterlagen nicht besonders definiert. Gleichwohl sind auch hier die Unterlagen und Informationen gemeint, die für die Teilnahme an einem Ausschreibungsverfahren notwendig sind, soweit sie nicht bereits Gegenstand der Vergabebekanntmachung waren, die unter § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 fällt. In allen Fällen geht es im Kern um die Unterlagen, die erforderlich sind, um eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren oder zur Angebotsabgabe zu ermöglichen (so ausdrücklich § 8 Abs. 1 Satz 1 VOL/A). Für Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterla- 61 gen erkennbar sind, gelten die Ausführungen zu den Vergaberechtsverstößen, die bereits aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, entsprechend (s. vorstehend Rz. 58 f.). Dies gilt insbesondere für den Maßstab, der für die Erkennbarkeit anzulegen ist. Geht trotz Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften aus Sicht eines sorgfältig handelnden und prüfenden Unternehmens, das mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertraut ist, nicht spätestens bis zum Ablauf der Angebots- bzw. Bewerbungsfrist eine Rüge beim öffentlichen Auftraggeber ein (vgl. Rz. 56), ist das betreffende Unternehmen 1 KG v. 11.7.2000 – BauR 2000, 1620; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 89; vgl. auch VK Hessen v. 30.7.2009 – 69d VK 25/2009; a.A. Jaeger, NZBau 2001, 289 (296). 2 OLG Düsseldorf v. 17.2.2010 – Verg 42/09; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 75.

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mit der Geltendmachung des betreffenden Vergaberechtsverstoßes zu einem späteren Zeitpunkt ausgeschlossen1. Maßgeblich ist dabei die in der Bekanntmachung benannte Frist. Auf etwaige spätere Verlängerungen kommt es nicht an (vgl. Rz. 59), so dass sich auch die Rügefrist nicht entsprechend verlängert2. Wird in der Bekanntmachung noch keine Frist zur Angebotsabgabe genannt, sondern erst in den Vergabeunterlagen oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe, ist die dort genannte Frist maßgeblich3. 4. Entbehrlichkeit der Rüge 62 a) de-facto-Vergabe, unzulässige Direktvergabe (§ 107 Abs. 3 Satz 2). Die Regelung ist durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu in § 107 Abs. 3 eingefügt worden (s. Rz. 3). Bereits zuvor hatte die Rechtsprechung jedoch in derartigen Fällen eine Obliegenheit zur Rüge vor Einreichung eines Nachprüfungsantrags verneint4. Dies war folgerichtig. Denn wenn man die Rügeobliegenheit, die dem öffentlichen Auftraggeber Gelegenheit geben soll, einen möglichen Vergaberechtsverstoß auszuräumen, aus dem Vertrauensverhältnis ableitet, das mit der Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens zwischen öffentlichem Auftraggeber und den an der Auftragsvergabe interessierten Unternehmen begründet wird, kann dies von vornherein nicht zum Tragen kommen, wenn der öffentliche Auftraggeber auf eine geregelte Ausschreibung vollständig verzichtet (s. bereits Rz. 5). 63 Eine Rüge ist, anders als die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen, gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 entbehrlich, wenn der Nachprüfungsantrag auf die Feststellung der Unwirksamkeit eines ohne Vergabeverfahren abgeschlossenen Vertrages gerichtet ist. Die Unwirksamkeit eines Vertrages in diesem Fall ergibt sich aus § 101b Abs. 1 Nr. 2. Man spricht in diesem Fall von einer de-facto-Vergabe oder einer unzulässigen Direktvergabe. Die Unwirksamkeit besteht nur dann, wenn sie im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens festgestellt wurde. Dies wiederum ist nur innerhalb der Fristen möglich, die in § 101b Abs. 2 geregelt sind (s. im 1 OLG Naumburg v. 8.10.2009 – 1 Verg 9/09, VergabeR 2010, 219 (224); OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09. 2 VK Hessen v. 30.7.2009 – 69d VK 25/2009. 3 VK Schleswig-Holstein v. 22.1.2010 – VK-SH 26/09. 4 S. etwa OLG Celle v. 29.10.2009 – 13 Verg 8/09, NZBau 2010, 194 (199); OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – VII Verg 37/07, NZBau 2008, 271 (277); VK Bund v. 18.2.2009 – VK 3-158/08; Jaeger, NZBau 2009, 558 (562); a.A. zur früheren Rechtslage etwa OLG Naumburg v. 2.3.2006 – 1 Verg 1/06, NZBau 2006, 667.

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Einzelnen § 101b Rz. 16 ff.). Ein solcher Nachprüfungsantrag kann gestellt werden, ohne dass zuvor eine Rüge gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber erfolgt ist. Wird der Nachprüfungsantrag nach Ablauf der in § 101b Abs. 2 geregelten Fristen gestellt, ist er zwar nicht mangels einer fehlenden Rüge unzulässig, wohl allerdings deshalb, weil die Unwirksamkeit des Vertrages in diesem Fall in der Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Etwas anderes kommt in Betracht, wenn der Vertrag an anderen zu seiner Unwirksamkeit führenden Mängeln leidet (z.B. einem Verstoß gegen die Beurkundungspflicht gemäß § 311b BGB). Wenn § 101b Abs. 2 dem Nachprüfungsantrag noch nicht entgegensteht, ist ausnahmweise eine Verwirkung des Rechts auf Nachprüfung denkbar (s. im Einzelnen Rz. 90 ff.). Für die Entbehrlichkeit der Rüge kommt es darauf an, dass das antrag- 64 stellende Unternehmen den abgeschlossenen Vertrag für unwirksam hält, weil es sich nach seiner Auffassung um einen Auftrag handelt, der nicht unmittelbar an ein Unternehmen hätte erteilt werden dürfen, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist. Ob dies tatsächlich der Fall ist, hat für die Entbehrlichkeit der Rüge keine Bedeutung. Die Frage, ob der abgeschlossene Vertrag gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 2 unwirksam ist oder nicht, ist gerade Gegenstand der Prüfung durch die Vergabekammer und damit keine Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags sondern vielmehr dafür maßgeblich, ob der Nachprüfungsantrag begründet ist. Nicht entbehrlich ist eine Rüge nach Maßgabe von § 107 Abs. 3 Satz 1, wenn es dem Antragsteller nicht nur um die Feststellung der Unwirksamkeit geht, sondern zusätzlich etwa auch um eine Losaufteilung (z.B. weil er die Leistungen eines direkt vergebenen Vertrags gar nicht in vollem Umfang erbringen kann). Nicht einschlägig ist § 107 Abs. 3 Satz 2 in den Fällen, in denen ledig- 65 lich die falsche Vergabeart gewählt wurde (z.B. anstelle des offenen oder nicht offenen Verfahrens das Verhandlungsverfahren), jedoch andere Unternehmen an dem Vergabeverfahren beteiligt waren, also insbesondere eine eigene Bewerbung oder ein eigenes Angebot abgeben durften (s. § 101b Rz. 12). In diesem Fall muss das Unternehmen, das sich benachteiligt fühlt, die Wahl der Vergabeart rechtzeitig gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 rügen, wenn es mit seinem Nachprüfungsantrag hinsichtlich dieses Vergaberechtsverstoßes nicht präkludiert sein möchte1. 1 OLG Dresden v. 27.1.2009 – Verg 10/08; OLG Brandenburg v. 15.9.2009 – Verg W 13/08 (Wahl eines Verwaltungsverfahrens nach dem VwVfG).

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66 Der Wortlaut des § 107 Abs. 3 Satz 2 bezieht sich auf Fälle, in denen es um die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages wegen einer unzulässigen de-facto-Vergabe bzw. Direktvergabe geht. Gemeint sind damit die Fälle, in denen ein derartiger Vertrag bereits abgeschlossen wurde. Die Regelung ist allerdings von ihrem Sinn und Zweck her auch auf die Fälle auszudehnen, in denen ein öffentlicher Auftraggeber eine unzulässige Direktvergabe beabsichtigt, den Vertrag jedoch noch nicht mit dem dafür vorgesehenen Unternehmen abgeschlossen hat. Auch in diesem Fall ist ein Nachprüfungsantrag zulässig, ohne dass es einer vorhergehenden Rüge bedarf. 67 Durch § 107 Abs. 3 Satz 3 wird klargestellt, dass die Informationspflichten, die für öffentliche Auftraggeber gemäß § 101a Abs. 1 Satz 2 bestehen (s. dazu § 101a Rz. 25 ff.), unberührt bleiben. Die Freistellung von der Rügeobliegenheit hat also nicht zur Folge, dass gleichzeitig die öffentlichen Auftraggeber von ihren Informationspflichten entbunden wären1. 68 b) Entbehrlichkeit einer Rüge bei bereits anhängigem Nachprüfungsverfahren. Entbehrlich ist eine gesonderte Rüge des Weiteren, wenn ein Nachprüfungsverfahren bereits anhängig ist und das Unternehmen im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens (z.B. aufgrund der Akteneinsicht gemäß § 111) Kenntnis von weiteren Vergaberechtsverstößen erhält2. In diesem Fall genügt es, wenn der erkannte Vergaberechtsverstoß unmittelbar gegenüber der Vergabekammer geltend gemacht wird. Da die Vergabekammer ihrerseits den Schriftsatz an den öffentlichen Auftraggeber weiterleitet, ist damit im Ergebnis nur eine gesonderte Geltendmachung gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber außerhalb des Nachprüfungsverfahrens verzichtbar. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Nachprüfungsverfahren auf der Grundlage eines nicht oder verspätet gerügten

1 Jaeger, NZBau 2009, 558 (562). 2 BGH v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59 (65); OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09; KG v. 18.3.2010 – 2 Verg 12/09; OLG Düsseldorf v. 9.2.2009 – VII Verg 66/08; OLG Frankfurt/Main v. 8.12.2009 – 11 Verg 6/09; OLG Karlsruhe v. 20.3.2009 – 15 Verg 2/09; OLG Celle v. 12.5.2005 – 13 Verg 5/05; OLG Düsseldorf v. 23.2.2005 – Verg 92/04; BayObLG v. 20.8.2001 – Verg 9/01, NZBau 2002, 348; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 60; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 11; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 48; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 106; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 60; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 19.

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Vergabemangels eingeleitet wurde, also ohne die Geltendmachung des noch nachträglich erkannten Mangels unzulässig wäre1. c) Entbehrlichkeit der Rüge bei Wiederholung des Vergaberechtsversto- 69 ßes. Ebenfalls entbehrlich ist eine gesonderte Rüge vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens, wenn bereits innerhalb des laufenden Vergabeverfahrens gerügte Verstöße wiederholt werden oder sich fortsetzen (z.B. unzulässige Verhandlungen mit einem einzelnen Bieter im offenen oder nicht offenen Verfahren, § 101 Abs. 2 und 3)2. Dies gilt allerdings nicht in den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber ein anderes oder neues Vergabeverfahren durchführt und in diesem Verfahren den früher bereits gerügten Vergaberechtsverstoß wiederholt. In diesem Fall bedarf es einer erneuten Rüge (s. bereits Rz. 45). d) Eindeutig fehlender Abhilfewille. Der Sinne und Zweck einer Rüge 70 liegt darin, dem öffentlichen Auftraggeber vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens Gelegenheit zu geben, den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß auszuräumen. Daher wird man eine Rüge im Vorfeld der Einreichung eines Nachprüfungsantrags dann als entbehrlich ansehen müssen, wenn der öffentliche Auftraggeber bereits im Hinblick auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß eindeutig und unmissverständlich erklärt hat, dass er sein Vergabeverhalten nicht ändern wird3. In Betracht zu ziehen ist dies beispielsweise dann, wenn bereits ein anderes Unternehmen den betreffenden Verstoß gerügt hat und der Auftraggeber daraufhin gegenüber allen Bietern unmissverständlich klargestellt hat, dass er sein Verhalten in diesem Punkt als rechtmäßig ansieht und daher nicht beabsichtige, es zu ändern. 1 OLG Brandenburg v. 6.10.2006 – Verg W 6/06, NZBau 2007, 329; OLG Koblenz v. 26.10.2005 – 1 Verg 4/05, VergabeR 2006, 392; OLG Celle v. 12.5.2005 – 13 Verg 5/05; OLG Celle v. 23.2.2001 – 13 Verg 3/01, VergabeR 2001, 252; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 48; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 62; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 48. 2 BayObLG v. 12.4.2000 – Verg 1/00, NZBau 2000, 481; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 66; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 113. 3 OLG Düsseldorf v. 16.2.2005 – Verg 74/04, VergabeR 2005, 364; OLG Saarbrücken v. 29.5.2002 – 5 Verg 1/01, VergabeR 2002, 493; OLG Stuttgart v. 11.7. 2000 – 2 Verg 5/00, NZBau 2001, 462; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 64; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 11; Heuvels in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 50; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 112; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 52; zweifelnd Marx in Beck’scher VOBKommentar Teil A, §§ 107, 108 Rz. 27.

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71 e) Sonstige Fälle. Angesichts des Umstandes, dass es abgesehen von § 107 Abs. 3 Satz 2 keine gesetzlich geregelten Fälle gibt, in denen eine Rüge verzichtbar ist, wird man über die vorstehend behandelten Fälle hinausgehend bei weiteren Ausnahmen zurückhaltend sein müssen. Eine Rechtsschutzverkürzung dahingehend, dass aufgrund einer Rüge unwiderbringliche Nachteile drohen, insbesondere eine wirksame Auftragserteilung an einen Konkurrenten, wird man wegen der Informations- und Wartepflicht gemäß § 101a sowie der Regelungen zur Unwirksamkeit gemäß § 101b in aller Regel nicht annehmen können1. 5. Form und Inhalt der Rüge 72 Die gegenüber dem Auftraggeber vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zu erhebende Rüge unterliegt keinen besonderen formellen Anforderungen2. Sie ist daher auch mündlich oder telefonisch möglich3, wenngleich sich für einen entsprechenden Nachweis die Schriftform einschließlich Telefax empfiehlt. Ebenfalls kommt eine Rüge in elektronischer Form in Betracht, sofern der öffentliche Auftraggeber hierfür einen Zugang geöffnet hat, etwa mittels der Angabe einer e-mail-Anschrift in der Vergabebekanntmachung (§ 3a Abs. 1 VwVfG; s. dazu § 110 Rz. 36). Für den Zugang der Rüge ist das betreffende Unternehmen darlegungs- und beweispflichtig4. Dies gilt nicht nur für den Zugang als solchen, sondern auch für die Einhaltung der Fristen gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1. 73 Rügen einer Bietergemeinschaft müssen als solche erkennbar sein und im Namen und Auftrag aller Mitglieder erhoben werden5. Auf die Rüge durch einen Bevollmächtigten ist § 14 Abs. 1 Satz 3 VwVfG entsprechend anzuwenden, nicht hingegen § 174 Abs. 1 BGB, da es sich um eine 1 Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 114. 2 KG v. 15.4.2002 – KartVerg 3/02, VergabeR 2002, 398; VK Südbayern v. 21.4.2009 – Z3-3-3194-1-09-02/09; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 7; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 28; Schröder, VergabeR 2002, 229 (230). 3 OLG München v. 10.12.2009 – Verg 16/09, VergabeR 2010, 247 (253); OLG Düsseldorf v. 29.3.2006 – VII Verg 77/05, VergabeR 2006, 509; OLG Dresden v. 7.8. 2001 – WVerg 0005/01; VK Düsseldorf v. 7.7.2000 – VK 12/2000, NZBau 2001, 46; OLG Brandenburg v. 11.5.2000 – Verg 1/00, NZBau 2001, 226; VK Südbayern v. 12.6.2009 – Z3-3-3194-1-20-05/09; VK Bund v. 4.8.1999 – VK 2-16, NZBau 2000, 112; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 35; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 53. 4 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 28. 5 VK Sachsen v. 10.6.2008 – 1/SVK/06-08; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 53.

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Erklärung handelt, die für die Zulässigkeit eines dem Verwaltungsrecht zuzuordnenden Nachprüfungsverfahrens erforderlich ist. Besondere zivilrechtliche Wirkungen für den anzubahnenden Vertrag oder für das vorvertragliche Rechtsverhältnis im Übrigen hat sie hingegen nicht1. Der Begriff Rüge muss nicht unbedingt verwendet werden. Ebensowenig 74 ist es erforderlich, dass die Bestimmungen benannt werden, die das rügende Unternehmen für verletzt hält. Zum Ausdruck kommen muss jedoch, welchen Sachverhalt das Unternehmen für vergaberechtswidrig hält und zu dem es dem öffentlichen Auftraggeber vor Anrufung der Vergabekammer die Möglichkeit einer Selbstkorrektur geben möchte2. Die Formulierung der Rüge als Hinweis gegenüber der Vergabestelle ist zwar möglich, jedoch muss nach dem objektiven Empfängerhorizont zumindest durch Auslegung eindeutig erkennbar sein, dass nicht nur eine Anregung zur Optimierung eines (rechtmäßigen) Vergabeverfahrens gegeben werden soll, sondern ein Rechtsfehler geltend gemacht wird, der beseitigt werden soll. Bloße Nachfragen zu den Ausschreibungsunterlagen, Bitten um Aufklärung zu einzelnen Aspekten der Ausschreibung o. ä. genügen nicht3. Hingegen ist es nicht erforderlich, dem öffentlichen Auftraggeber die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens anzudrohen oder auch nur in sonstiger Weise konkret in Aussicht zu stellen, wenn er der Rüge nicht nachkommt4. Die Rüge muss keine Begründung, insbesondere keine detaillierte recht- 75 liche Würdigung enthalten5. Sie darf allerdings auch nicht völlig pau1 VK Baden-Württemberg v. 21.12.2004 – 1 VK 83/04; VK Bund v. 5.9.2001 – VK 1-23/01; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 28; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 36; a.A. Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 101. 2 S. etwa OLG Brandenburg v. 16.3.2010 – Verg W 6/10; OLG Frankfurt/Main v. 8.12.2009 – 11 Verg 6/09; KG v. 20.8.2009 – 2 Verg 4/09; OLG Karlsruhe v. 20.3.2009 – 15 Verg 2/09; OLG Jena v. 31.8.2009 – 9 Verg 6/09; OLG München v. 5.11.2009 – Verg 15/09, VergabeR 2010, 677; VK Bund v. 21.10.1999 – VK 2-26/99, NZBau 2000, 108; Schröder, VergabeR 2002, 229 (230); Willenbruch, NVwZ 1999, 1062, 1066; Schweda, in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 107 Rz. 18. 3 S. etwa OLG Frankfurt/Main v. 8.12.2009 – 11 Verg 6/09. 4 OLG Düsseldorf v. 18.7.2001 – Verg 16/01, VergabeR 2001, 419; KG v. 4.4.2002 – KartVerg 5/02, VergabeR 2002, 235; KG v. 22.8.2001 – KartVerg 3/01, VergabeR 2001, 392; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 29; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 40. 5 OLG Frankfurt/Main v. 24.6.2004 – 11 Verg 15/04; BKartA; v. 9.4.2001 – VK 1-7/01, VergabeR 2001, 238; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 99.

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schal und undifferenziert sein oder sich gar auf den bloßen Hinweis beschränken, dass das Vergabeverfahren rechtsfehlerhaft sei. Maßstab für die Konkretheit der Rüge ist immer, dass der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit haben muss, sich selbst zu korrigieren.1 Dies setzt zwangsläufig voraus, dass er erkennen kann, welche vermeintlichen Fehler er abstellen soll. Dabei muss das Unternehmen dem öffentlichen Auftraggeber nicht darlegen, wie dies erfolgen kann oder soll. Ohnehin wäre der Auftraggeber an eine solche Forderung nicht gebunden. Dies gilt namentlich dann, wenn verschiedene Möglichkeiten in Betracht kommen, um den Vergaberechtsverstoß abzustellen. 6. Zeitlicher Abstand zwischen Rüge und Stellung eines Nachprüfungsantrags 76 Beim zeitlichen Abstand zwischen einer Rüge und der Stellung eines Nachprüfungsantrags muss unterschieden werden zwischen dem zeitlichen Mindestabstand zwischen Rüge und Nachprüfungsantrag sowie der maximalen Zeitdauer, die zwischen einer Rüge und der Stellung des Nachprüfungsantrags verstreichen darf. Entsprechendes gilt in den Fällen, in denen ein Nachprüfungsantrag ohne vorhergehende Rüge eingereicht werden kann (s. Rz. 62 ff.). 77 a) Zeitlicher Mindestabstand. Ein zeitlicher Mindestabstand zwischen einer Rüge gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber und der Einreichung eines Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer ist gesetzlich nicht geregelt. Allerdings liegt der Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit darin, dem öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit zu geben, selbst etwaige Vergaberechtsverstöße auszuräumen. Dies setzt eine dafür hinreichende Frist voraus. Dem würde es ersichtlich nicht Rechnung tragen, wenn der Nachprüfungsantrag der Rüge unmittelbar auf dem Fuße folgen dürfte. Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, dass allein die Rüge des Vergaberechtsverstoßes nicht zu dem Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 (dazu § 115 Rz. 8 ff.) führt. Das damit verbundene Risiko wird jedoch insbesondere durch die Informations- und Wartepflicht gemäß § 101a i.V.m. der dazu in § 101b Abs. 1 Nr. 1 geregelten Rechtsfolge relativiert. Sofern daher keine besonderen Umstände des Einzelfalls vorliegen, hat dies zur Folge, dass zwischen der Rüge und der Einreichung des

1 OLG München v. 10.12.2009 – Verg 16/09, VergabeR 2010, 246 (253); Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 58.

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Nachprüfungsantrags zumindest eine kurze Frist zu liegen hat1. Dies gilt erst recht dann, wenn der öffentliche Auftraggeber ausdrücklich eine Überprüfung ankündigt und gleichzeitig erklärt, bis zu deren Abschluss den Zuschlag nicht zu erteilen2. Wird ein Nachprüfungsantrag ohne eine angemessene Frist seit der erho- 78 benen Rüge oder sogar bereits vor der Rüge eingereicht, ohne dass die Rüge ausnahmsweise entbehrlich war (Rz. 62 ff.), ist er unzulässig. Allerdings kann er zulässig werden, wenn bis zu einer Entscheidung der Vergabekammer die ordnungs- und fristgemäße Rüge nachgeholt wird bzw. eine angemessene Frist abgelaufen ist und der öffentliche Auftraggeber bis dahin auf die Rüge nicht reagiert oder sogar erklärt hat, dass er sein Vergabeverhalten für rechtmäßig halte. In einem solchen Fall wäre es eine bloße Förmlichkeit, wenn der Nachprüfungsantrag als unzulässig abgelehnt würde, das Unternehmen jedoch die Möglichkeit hätte, erneut einen Antrag zu stellen3. b) Höchstfrist. aa) Keine Abhilfe (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4). Gemäß 79 § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 ist ein Nachprüfungsantrag (offensichtlich)4 unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des öffentlichen Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Anders als § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 regelt Nr. 4 der Vorschrift also keine Rügeobliegenheit, sondern setzt eine erfolgte Rüge voraus5. Dabei erfasst § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 alle drei in den vorangehenden Nummern behandelten Fälle.

1 VK Bund v. 9.4.2001 – VK 1-7/01, VergabeR 2001, 238; VK Sachsen v. 23.5.2001 – 1/SVK/34-01, ZVgR 2001, 41; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 107 Rz. 41; Otting in Bechtold, GWB, § 107 Rz. 1; Maier, NZBau 2004, 196 (197); tendenziell auch OLG München v. 7.8.2007 – Verg 8/07, VergabeR 2007, 802; VK Bund v. 10.1.2007 – VK 1-151/06; anders etwa OLG Naumburg v. 25.10.2005 – 1 Verg 5/05, NZBau 2006, 58; KG v. 15.4.2002 – KartVerg 3/02, VergabeR 2002, 398; OLG Frankfurt v. 16.5.2000 – 11 Verg 1/99, NZBau 2001, 101; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 120; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 992. 2 OLG Bremen v. 5.3.2007 – Verg 4/2007; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 Rz. 26. 3 So i. E. auch OLG München v. 7.8.2007 – Verg 8/07; KG v. 15.4.2002 – KartVerg 3/02, VergabeR 2002, 398; s. insofern zu der vergleichbaren Situation bei der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rz. 11; a.A. VK Bund v. 9.4.2001 – VK 1-7/01, VergR 2001, 238. 4 VK Baden-Württemberg v. 4.1.2010 – 1 VK 74/09. 5 Vgl. auch Dicks, ZfBR 2010, 235 (242).

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80 Nicht einschlägig ist die Regelung in den Fällen, in denen es keiner Rüge bedarf, vor allem also bei einer unzulässigen Direktvergabe (§ 107 Abs. 3 Satz 2, s. Rz. 62). Dies gilt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch dann, wenn zwar keine Rügeobliegenheit bestand, jedoch gleichwohl über die für das betreffende Unternehmen bestehende Obliegenheit hinausgehend dennoch eine Rüge erfolgt ist (z.B. wenn ein Unternehmen vor der Einreichung eines Nachprüfungsantrags gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber gerügt hat, dass eine unzulässige Direktvergabe stattfinde). Selbst wenn der öffentliche Auftraggeber dem Unternehmen dazu mitteilt, dass er der Rüge nicht abhelfen will, ist § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 nicht einschlägig. Denn § 107 Abs. 3 Satz 2 besagt ausdrücklich, dass in den Fällen, in denen es um die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 geht, § 107 Abs. 3 Satz 1 nicht gilt. Allerdings kann nach einer Mitteilung des öffentlichen Auftraggebers, an einer aus Sicht des Unternehmens unzulässigen Direktvergabe festhalten zu wollen, eine Verwirkung des Anspruchs auf Nachprüfung in Betracht kommen (s. Rz. 93). 81 Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, auf eine bei ihm eingehende Rüge zu reagieren, insbesondere gegenüber dem rügenden Unternehmen eine Erklärung abzugeben. Es kann durchaus gute Gründe dafür geben, dies nicht zu tun. Vor allem kann dadurch ein etwaiges Nachprüfungsverfahren zu einem unpassenden Zeitpunkt vermeidbar sein1. Dem Auftraggeber soll also lediglich die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Selbstkorrektur vorzunehmen. Davon muss er weder Gebrauch machen, noch muss er eine Erklärung dazu abgeben, warum und aus welchen Gründen dies nicht erfolgt. Erklärt der öffentliche Auftraggeber allerdings nicht gegenüber dem rügenden Unternehmen, dass er der Rüge nicht abhelfen will, greift die in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 geregelte Rechtsfolge nicht.2 Auch eine Verwirkung des Anspruchs auf Nachprüfung für das betreffende Unternehmen scheidet regelmäßig aus (s. Rz. 92). 82 Ebenso wie sich eine (verspätete) Rüge immer auf den jeweiligen Vergaberechtsverstoß bezieht, also nicht pauschal zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Nachprüfungsantrags führt (s. Rz. 45), erstreckt sich auch § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 immer nur auf den jeweiligen Vergaberechtsverstoß und die betreffende Erklärung des öffentlichen Auftraggebers.3 Es ist daher bei mehreren Rügen für jeden einzelnen Verstoß gesondert festzustellen, ob und wann der öffentliche Auftraggeber mit1 Vgl. Byok, NVwZ 2009, 551 (555); Dieckmann, AbfallR 2009, 82 (86). 2 OLG München v. 29.9.2009 – Verg 12/09, VergabeR 2010, 238 (241). 3 OLG Karlsruhe v. 8.1.2010 – 15 Verg 1/10.

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geteilt hat, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen. Erfolgen die diesbezüglichen Erklärungen des Auftraggebers nicht zeitgleich, gelten für die verschiedenen Vergaberechtsverstöße gegebenenfalls unterschiedliche Fristen. Allerdings können dann, wenn das Nachprüfungsverfahren bereits anhängig ist, auch noch nicht gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber gerügte Verstöße in dieses Verfahren eingeführt werden, sofern sie nicht bereits präkludiert sind. Einer gesonderten Rüge bedarf es in diesem Fall nicht (s. Rz. 68). Erst recht können die Vergaberechtsverstöße in das Verfahren einbezogen werden, die zwar gerügt wurden, zu denen jedoch durch den öffentlichen Auftraggeber keine Mitteilung gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 erfolgt ist. Erfolgte eine Mitteilung des Inhalts, dass der Rüge nicht abgeholfen werden soll, muss der betreffende Vergaberechtsverstoß binnen 15 Kalendertagen in das bereits laufende Nachprüfungsverfahren eingeführt werden, wenn er nicht präkludiert sein soll. Für die Fristberechnung sind § 31 Abs. 1 und Abs. 3 VwVfG i.V.m. § 187 83 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB maßgeblich1. Die Frist endet mit Ablauf des fünfzehnten Tages nach Zugang der Mitteilung bei dem betreffenden Unternehmen.2 Der Tag des Eingangs selbst zählt dabei nicht mit (zu Einzelheiten der Fristberechnung s. § 113 Rz. 7 ff.). Eine Verlängerung der Frist ist, auch wenn sie zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem rügenden Unternehmen vereinbart wurde, unbeachtlich und führt nicht zur Zulässigkeit eines nach Fristablauf gestellten Nachprüfungsantrags. Dies ergibt sich neben dem klaren Gesetzeswortlaut auch daraus, dass die Fristenregelung des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 nicht nur den öffentlichen Auftraggeber sondern auch die anderen an der Ausschreibung beteiligten Unternehmen schützen soll, vor allem das für die Zuschlagserteilung vorgesehene Unternehmen. Hinsichtlich der Form der Mitteilung bestehen keine besonderen Anfor- 84 derungen. Ebenso wie die Rüge selbst kann die Mitteilung daher schriftlich, mündlich oder auch elektronisch erfolgen (s. Rz. 72). Während für den Eingang und die Fristgemäßheit der Rüge das betreffende Unternehmen darlegungs- und beweispflichtig ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für den Eingang der Mitteilung beim öffentlichen Auftraggeber. Der Inhalt der Mitteilung kann sich auf die Erklärung beschränken, einer 85 Rüge nicht abhelfen zu wollen. Einer Begründung dafür bedarf es nicht. 1 Dicks, ZfBR 2010, 339 (341); Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 123, vgl. auch OLG Brandenburg v. 8.9.2008 – VK 33/09. 2 OLG Karlsruhe v. 8.1.2010 – 15 Verg 1/10.

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Jedoch muss die Erklärung als solche klar und unmissverständlich sein. Dementsprechend wird die Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 nicht ausgelöst, wenn insofern Unklarheiten verbleiben oder es sich gar um eine bloße Eingangsbestätigung, einen Zwischenbescheid o. ä. des öffentlichen Auftraggebers handelt. 86 Anders als für die Entscheidung der Vergabekammer (§ 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61, s. § 114 Rz. 73) ist für die Mitteilung gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 nicht geregelt, ob es einer Rechtsbehelfsbelehrung des öffentlichen Auftraggebers bedarf, um die Rechtswirkungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 auszulösen. Im Wortsinne handelt es sich bei § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und der dort genannten Frist von 15 Kalendertagen nicht um eine Rechtsbehelfsfrist. Denn die Regelung bestimmt nicht, dass nach Ablauf dieser Frist ein Nachprüfungsantrag nicht mehr gestellt werden darf. Die Regelung beschränkt sich als reine Präklusionsvorschrift vielmehr darauf, dass die Vergaberechtsverstöße, die unter § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 fallen, in einem Nachprüfungsverfahren nicht mehr erfolgversprechend geltend gemacht werden können. Allerdings wird man im Hinblick auf die Effektivität des Rechtsschutzes sehen müssen, dass sich daraus vom praktischen Ergebnis her kaum Unterschiede ergeben1. Dabei gilt für die Rügefristen gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 im Ergebnis jedoch nichts anderes. Auch hierbei handelt es sich um Präklusionsregelungen, deren Missachtung dazu führt, dass ein gestellter Nachprüfungsantrag hinsichtlich der betreffenden einzelnen Bestandung des Vergabeverfahrens unzulässig wird. 87 Geht man gleichwohl wegen der bloßen Präklusionswirkung von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4 davon aus, dass dort keine Rechtsbehelfsfristen geregelt sind, bedarf es einer entsprechenden Angabe von vornherein nicht. Geht man demgegenüber im Hinblick auf die praktische Wirkung der Präklusionsregelungen davon aus, dass es sich dabei, insbesondere bei § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, um Rechtsbehelfsfristen handelt, stellt sich die weitere Frage, ob der öffentliche Auftraggeber die Unternehmen darüber belehren muss, um die Präklusionswirkung herbeizuführen. Aus Gründen des nationalen Rechts einschließlich des nationalen Verfassungsrechts ist dies nicht der Fall. Weder aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, noch aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt eine Belehrungspflicht2. Eine Belehrungspflicht besteht nach nationalem Recht vielmehr nur dann, 1 VK Bund v. 30.10.2009 – VK 2-180/09; Jaeger, NZBau 2009, 558 (562). 2 S. etwa BVerwG v. 21.9.1972 – VII B 18.72, DVBl 1973, 313 (314); Czybulka in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, § 58 Rz. 7; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 58 Rz. 2.

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wenn sie einfachgesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist im Hinblick auf § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4 nicht der Fall. Allerdings können sich diesbezügliche Pflichten aus dem Unionsrecht 88 ergeben. Gemäß Anhang VII Teil A Nr. 24 der Richtlinie 2004/18/EG sowie u.a. gemäß Anhang VIII Teil A Nr. 20 der Richtlinie 2004/17/EG sind in der Vergabebekanntmachung Hinweise in Bezug auf die Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen bzw. ggf. Name, Anschrift, Telefonnummer, Faxnummer und e-mail-Adresse des Dienstes, bei dem diese Auskünfte eingeholt werden können, anzugeben. Eine entsprechende Regelung enthält Ziff. VI, 4.2 und 4.3 des Anhangs II der VO (EG) Nr. 1564/2005. Dieses Bekanntmachungsformular ist bei EU-weiten Ausschreibungen anzuwenden (§ 15 Abs. 1 EG VOL/A, § 12a Abs. 2 Nr.2 VOB/A, § 9 Abs. 2 VOF). Hält man den in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 genannten Zeitraum von 15 Kalendertagen für eine Rechtsbehelfsfrist, muss dieser folglich Gegenstand der Vergabebekanntmachung sein. Entsprechendes gilt ggf. auch für § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3. Andernfalls liegt darin ein Vergaberechtsverstoß, der zur Unwirksamkeit der betreffenden Präklusionsregelung führt. Folge ist, dass der betreffende Vergaberechtsverstoß nicht aufgrund einer Präklusion bei späterem Vorbringen von der Vergabekammer unbeachtet bleiben kann1. Allerdings ist es unionsrechtlich nicht notwendig, eine bestimmte Rechtsbehelfsfrist zu nennen. Es genügen vielmehr genaue Hinweise in Bezug auf die Frist für die Einlegung von Rechtsbehelfen. Daher reicht es aus, in der Vergabebekanntmachung auf § 107 Abs. 3 hinzuweisen. Ebenfalls ausreichend wäre die Angabe von Name, Anschrift, Telefonnummer, Faxnummer und E-mail-Adresse des Dienstes, bei dem diese Auskünfte, d.h. Hinweise in Bezug auf die Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen, eingeholt werden können. Gemäß Ziff. VI 4.2 und 4.3 des Bekanntmachungsformulars in Anhang II der VO (EG) Nr. 1464/05 sind die betreffenden Angaben alternativ möglich. Zur Vermeidung des Risikos, dass die Präklusionsregelungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 nicht anwendbar sind, empfiehlt es sich daher für öffentliche Auftraggeber, in ihrer Vergabebekanntmachung zumindest sich selbst als die Stelle anzugeben, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich sind. Daran schließt sich selbstverständlich die Verpflichtung an, Unternehmen, die derartige Auskünfte verlangen, auf § 107 Abs. 3 Satz 1 hinzuweisen. Auch aus unionsrechtlichen Gründen ist es selbst bei vorsorglicher Betrachtung hingegen nicht erforderlich, in der Mitteilung des 1 OLG Celle v. 12.5.2010 – 13 Verg 3/10; OLG Celle v. 4.3.2010 – 13 Verg 1/10, VergabeR 2010, 653; Dicks, ZfBR 2010, 235 (242); Lindenthal, VergabeR 2006, 1 (7).

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öffentlichen Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, auf die Frist von 15 Kalendertagen hinzuweisen. 89 Die Präklusionsregelung des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 richtet sich in erster Linie gegen das Unternehmen, dass eine Rüge erhoben hat und dem dazu durch den öffentlichen Auftraggeber mitgeteilt wurde, dass dieser nicht abgeholfen werden soll. Die Regelung gilt darüber hinaus jedoch auch gegenüber den anderen Unternehmen, die sich an einem Ausschreibungsverfahren beteiligen. Erforderlich ist allerdings, dass der öffentliche Auftraggeber den anderen Unternehmen den Inhalt der Rüge zur Kenntnis gibt und auch ihnen mitteilt, dass eine Abhilfe nicht beabsichtigt ist. In diesem Fall ist es zwar für die anderen Unternehmen, die selbst nicht gerügt haben, einerseits verzichtbar, noch eine eigene Rüge gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber zu erheben (s. Rz. 68). Andererseits gilt dann für sie auch die Frist von 15 Kalendertagen gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 Nr. 41. 90 bb) Verwirkung. Mit den Neuregelungen in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und § 101b hat die Frage, ob ein Unternehmen sein Recht auf Nachprüfung verwirken kann, deutlich an Bedeutung verloren2. Zuvor spielte die Frage nicht selten eine erhebliche Rolle. Denn es existierte keine zeitliche Beschränkung, bis wann ein Nachprüfungsantrag gestellt werden kann. Die äußerste Grenze dabei war lediglich ein wirksamer Vertragsabschluss (§ 114 Abs. 2 Satz 1, s. dazu § 114 Rz. 28 ff.). Wegen der möglichen Unwirksamkeit einer unzulässigen Direktvergabe insbesondere aufgrund eines möglichen Verstoßes gegen § 138 BGB war selbst diese Begrenzung jedoch nicht eindeutig. Hierfür existiert nunmehr mit § 101b Abs. 2 eine klare Regelung (§ 101b Rz. 16). Daher ist eine Verwirkung des Rechts auf Nachprüfung nur noch in besonderen Ausnahmefällen denkbar. 91 Die Verwirkung eines Rechts leitet sich aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ab. Danach kommt eine Verwirkung in Betracht, wenn der Berechtigte ein ihm zustehendes Recht über längere Zeit nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten einrichten durfte, dass dieses Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird.3 Mit der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung 1 Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 122. 2 Noch weitergehend Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 124. 3 OLG Brandenburg v. 15.9.2009 – Verg W 13/08; OLG Dresden v. 23.4.2009 – WVerg 11/08, VergabeR 2010, 106 (108).

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von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden. Dabei ist das Verhalten des Berechtigten nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Auf die subjektive Willensrichtung des Berechtigten kommt es nicht an. Verwirkung kann daher auch gegen den Willen des Berechtigten und selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat. Hierin kommt der rechtliche Unterschied zwischen der Verwirkung und einem stillschweigenden Verzicht zum Ausdruck1. Erfolgt eine Rüge durch ein Unternehmen, kann dessen Anspruch auf 92 Nachprüfung vor diesem Hintergrund in aller Regel nicht verwirken. Der öffentliche Auftraggeber ist zwar nicht verpflichtet, auf diese Rüge zu reagieren (s. Rz. 81). Gegebenenfalls kann dies zur Vermeidung eines Nachprüfungsverfahrens durchaus auch sinnvoll sein, da eine Mitteilung gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 das betreffende Unternehmen dazu zwingt, entweder auf die betreffende Beanstandung zu verzichten oder aber innerhalb von 15 Kalendertagen ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Dies kann die Fortsetzung eines Vergabeverfahrens aus Sicht eines öffentlichen Auftraggebers zur Unzeit blockieren. Allerdings führt das Absehen von einer Mitteilung gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 zwangsläufig dazu, dass der öffentliche Auftraggeber nicht damit rechnen darf, dass ein Nachprüfungsantrag nicht mehr gestellt wird. Er muss damit vielmehr bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens jederzeit noch damit rechnen. Ein Vertrauen darauf, dass dies nicht erfolgt, kann sich in der Regel nicht bilden. Möchte der öffentliche Auftraggeber dies Risiko vermeiden, steht ihm die Möglichkeit der Mitteilung gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 offen. Nutzt er sie nicht, kann er sich gegenüber dem Unternehmen nicht auf eine Verwirkung, also auf die treuwidrige Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens berufen. Entsprechende Überlegungen gelten bei einer unzulässigen Direktver- 93 gabe. Deren Unwirksamkeit kann vor der Vergabekammer gemäß § 101b Abs. 2 nur binnen 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht werden. Die Kenntnisnahme kann der öffentliche Auftraggeber dadurch erreichen, dass er den Vertragsschluss im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt macht (§ 101b Abs. 2 Satz 2). Macht er dies nicht, muss 1 OLG Karlsruhe v. 13.6.2008 – 15 Verg 3/08, NZBau 2008, 537 (540); ähnlich OLG Celle v. 29.10.2009 – 13 Verg 8/09; OLG Naumburg v. 3.9.2009 – 1 Verg 4/09, VergabeR 2009, 933 (940); OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – VII Verg 23/08; OLG Dresden v. 11.9.2003 – WVerg 7/03, NZBau 2004, 352; OLG Frankfurt/Main v. 7.9. 2004 – 11 Verg 11/04, NZBau 2004, 692; Wagner/Görs, NVwZ 2007, 900 (902).

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er bis sechs Monate nach dem Vertragsschluss noch mit einem auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages gerichteten Nachprüfungsverfahren rechnen. Ein schutzwürdiges Vertrauen besteht in diesem Fall nicht. Erfolgt die Bekanntmachung, ergibt sich aus der gesetzlichen Wertung des § 101b Abs. 2 Satz 1, dass eine Verwirkung in aller Regel ausscheidet, der öffentliche Auftraggeber also bis 30 Kalendertage nach der Bekanntmachung oder sonstigen Kenntnisnahme durch ein Unternehmen noch mit einem Nachprüfungsantrag rechnen muss, ohne dass dieser Antrag als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben angesehen werden kann. 94 Etwas anderes kommt in den Fällen in Betracht, in denen das betreffende Unternehmen ausdrücklich oder jedenfalls stillschweigend gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber erklärt hat, ein Nachprüfungsverfahren nicht einleiten zu wollen oder dies durch die Rücknahme von erhobenen Rügen (s. Rz. 45) zum Ausdruck gebracht hat. Dabei handelt es sich allerdings der Sache nach in der Regel nicht um einen Fall der Verwirkung des Antragsrechts, sondern um einen diesbezüglichen Verzicht (vgl. Rz. 91). 7. Unzulässigkeit eines Nachprüfungsantrags wegen Rechtsmissbrauchs 95 Unabhängig davon, ob ein Unternehmen vermeintliche Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt hat und auch unabhängig von einer etwaigen Verwirkung kann ein Nachprüfungsantrag auch deshalb unzulässig sein, weil er rechtsmissbräuchlich gestellt wurde. Ein Rechtsmissbrauch liegt insbesondere in den Fällen des § 125 Abs. 2 vor (s. § 125 Rz. 10). Dazu gehört auch der Fall, dass ein Nachprüfungsantrag in der Absicht gestellt wird, ihn später gegen Geld oder andere Vorteile zurückzunehmen1. 96 Allerdings kommt es hier maßgeblich immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. So ist es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn zunächst ohne Missbrauchsabsicht ein Nachprüfungsantrag gestellt wurde und sich die Parteien im Rahmen des Verfahrens sodann zur Vermeidung einer streitigen Entscheidung und für die Wiederherstellung des Rechtsfriedens einvernehmlich verständigen, ggf. also auch dahingehend, dass Antragsteller und Beigeladener bei der Auftragsdurchführung kooperieren o. ä. Die Beweislast dafür, dass ein Nachprüfungsantrag rechtsmissbräuchlich gestellt wurde, liegt bei demjenigen, der sich darauf beruft, regelmäßig also beim öffentlichen Auftraggeber oder ggf. auch einem dem Verfahren beigeladenen Unternehmen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass ein Fall des Rechtsmissbrauchs nicht vorliegt. 1 OLG Düsseldorf v. 14.5.2008 – Verg 27/08, ZfBR 2008, 820.

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8. Rügeobliegenheit und Angebotsabgabe Ein Unternehmen ist ungeachtet der Rüge eines (vermeintlichen) Ver- 97 gaberechtsverstoßes nicht daran gehindert, ein Angebot oder eine Bewerbung abzugeben (zu der Frage, ob es notwendig ist, ein Angebot abzugeben, um einen Nachprüfungsantrag zu stellen Rz. 26)1. Dies ist mit Blick auf die Antragsbefugnis für ein späteres Nachprüfungsverfahren nicht treuwidrig2. Denn für den Fall, dass der Vergaberechtsverstoß nach Auffassung der Vergabekammer nicht vorliegt, muss das Unternehmen gleichwohl in der Lage sein, ein fristgerechtes Angebot oder eine Bewerbung einzureichen. Allerdings kann es in solchen Fällen durchaus sein, dass die Antragsbefugnis aus anderen Gründen fehlt. Rügt das betreffende Unternehmen etwa eine zu kurze Angebotsfrist, hat es aber gleichwohl ein Angebot abgegeben, kann es an einem entstandenen oder drohenden Schaden i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 2 fehlen (Rz. 35 ff.).

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(1) Der Antrag ist schriftlich bei der Vergabekammer einzureichen und unverzüglich zu begründen. Er soll ein bestimmtes Begehren enthalten. Ein Antragsteller ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat einen Empfangsbevollmächtigten im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu benennen. (2) Die Begründung muss die Bezeichnung des Antragsgegners, eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung und die Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel enthalten sowie darlegen, dass die Rüge gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist; sie soll, soweit bekannt, die sonstigen Beteiligten benennen. I. 1. 2. II.

Einführung . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . Formelle Mindestanforderungen (§ 108 Abs. 1) . . . . . . . .

. . .

1 1 2

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3

1. Schriftform, ergänzende Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes . . . . . . . . . 2. Zuständigkeit, Verweisung durch die angerufene Vergabekammer . . . . . . . . . . . . . .

3 7

1 BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 59; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 154; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberrecht, § 107 Rz. 993. 2 BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09; KG v. 18.3.2010 – 2 Verg 12/09.

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3. Sonstige verfahrensrechtliche Bestimmungen . . . . . . . . . . 4. Pflicht zur unverzüglichen Begründung . . . . . . . . . . . . . . 5. Bestimmtes Begehren . . . . . . 6. Benennung eines Empfangsbevollmächtigten . . . . . . . . . III. Antragsbegründung (§ 108 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Antragsgegner . . . . . . . . . . .

14 15 18 20 21 22

2. Sachverhaltsdarstellung, Rechtsverletzung . . . . . . . . 3. Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel . . . . . . . . . . . 4. Darlegung der rechtzeitigen Rüge . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Benennung sonstiger Beteiligter . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgen von Verstößen bei formellen Anforderungen . . . . .

23 25 32 34 36

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 108 Abs. 1 bestimmt die formalen Anforderungen an den Nachprüfungsantrag. Abs. 2 der Vorschrift regelt die inhaltlichen Mindestanforderungen, die an die Antragsbegründung zu stellen sind. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 108 ist seit seinem erstmaligen Inkrafttreten mit dem Vergaberechtsänderungsgesetz (Einleitung Rz. 7) unverändert geblieben. In der Begründung zum Regierungsentwurfs des Vergaberechtsänderungsgesetzes1 wird darauf hingewiesen, dass sich die Vorschrift an entsprechenden Regelungen für den Inhalt von Klageschriften (vgl. § 253 Abs. 2 ZPO, § 82 VwGO) orientiere. Die Festlegung des Mindestinhalts der Begründung in der Antragsschrift diene der Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens. Entsprechendes gelte für die anderen in der Vorschrift genannten Anforderungen. Eine Verletzung mache den Antrag unzulässig, soweit es nicht nur um Sollbestimmungen gehe. II. Formelle Mindestanforderungen (§ 108 Abs. 1) 1. Schriftform, ergänzende Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes 3 § 108 Abs. 1 orientiert sich hinsichtlich der Formvorschriften an den entsprechenden Regelungen für den Inhalt von Klageschriften im Verwaltungsprozess (§ 82 VwGO) und im Zivilprozess (§ 253 ZPO; s. Rz. 2). Ungeachtet dessen handelt es sich jedoch gleichwohl um einen Antrag an eine Verwaltungsbehörde, so dass für den Antrag über die ausdrück1 BT-Drucks. 13/9340.

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lichen vergaberechtlichen Anforderungen hinausgehend nicht die verwaltungs- oder zivilprozessualen Anforderungen gelten, sondern die Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder (§ 107 Rz. 7 ff.). Soweit allerdings die spezialgesetzlichen Bestimmungen des GWB sich inhaltlich mit den prozessualen Regelungen in der Verwaltungsgerichtsordnung und der Zivilprozessordnung decken, kann die diesbezügliche Rechtsprechung und Literatur zumindest zur Auslegung herangezogen werden. § 108 Abs. 1 Satz 1 regelt für den Nachprüfungsantrag ausdrücklich die 4 Schriftform. Der Antrag kann also abweichend von § 22 VwVfG nicht mündlich oder zur Niederschrift bei der Vergabekammer gestellt werden1. Der Antrag ist grundsätzlich in deutscher Sprache einzureichen. Ansonsten kann die Vergabekammer eine Übersetzung verlangen, ggf. auch auf Kosten des Antragstellers selbst eine Übersetzung beschaffen (§ 23 Abs. 1 und 2 VwVfG). Ein in anderen Sprachen eingereichter Antrag führt also – mangels entsprechender Regelung – nicht zu dessen Unzulässigkeit, verzögert jedoch den Verfahrensfortgang und damit insbesondere die Sicherstellung des Zuschlagsverbotes gemäß § 115 Abs. 12. Das Schriftformerfordernis bedeutet im weiteren, dass der Nachprüfungsantrag durch den Antragsteller bzw. einen seiner Vertreter oder einen durch ihn Bevollmächtigten in der Regel handschriftlich unterschrieben sein muss3. Eine Vollmacht muss dem Antrag nicht beigefügt sein. Sie ist nur auf Verlangen der Vergabekammer nachzuweisen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 VwVfG). Eine Ausnahme vom Unterschriftserfordernis kommt dann in Betracht, 5 wenn aus der Antragsschrift oder den ihr beigefügten Unterlagen eindeutig und unmissverständlich erkennbar ist, dass der Antrag von dem antragstellenden Unternehmen herrührt (Urheberschaft) und mit dessen Willen an die Vergabekammer gelangt ist (Verkehrswille). Dies ist etwa dann in Betracht zu ziehen, wenn ein dem Antrag beigefügtes Anschrei1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 2; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 2. 2 So auch Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, §§ 107, 108 Rz. 9; a.A. Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 3, der auf § 184 GVG abstellt, nach dem die Gerichtssprache – ausnahmslos – deutsch ist. 3 OLG Dresden v. 16.10.2001 – WVerg 0007/01, ZfBR 2002, 298; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 2; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 2; Dreher in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 3.

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ben oder Begleitschreiben handschriftlich unterzeichnet ist1. Auch kann die Unterschrift gegebenenfalls auf Nachfrage der Vergabekammer hin nachgeholt werden2. 6 Die Art der Übermittlung eines Nachprüfungsantrags an die Vergabekammer ist unerheblich. Er kann also insbesondere persönlich oder durch Boten übergeben oder per Post oder per Telefax bei der Vergabekammer eingehen3. 2. Zuständigkeit, Verweisung durch die angerufene Vergabekammer 7 Der Antrag ist bei der Vergabekammer einzureichen. Eine Einreichung bei dem öffentlichen Auftraggeber, der das Vergabeverfahren durchführt, genügt also nicht4. Ebenfalls muss es sich um die im konkreten Fall zuständige Vergabekammer handeln, um die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags herbeizuführen. Ist die Vergabekammer unzuständig, muss sie gleichwohl einen bei ihr eingehenden Nachprüfungsantrag entgegennehmen (§ 24 Abs. 3 VwVfG). Sie darf dies also nicht unter Verweis auf ihre tatsächliche oder vermeintliche Unzuständigkeit verweigern. Allerdings sind in diesem Zusammenhang die verschiedenen Fälle einer möglichen Verweisung in den Blick zu nehmen. Hierbei ist wie folgt zu differenzieren: 8 Hält sich die angerufene Vergabekammer für örtlich oder sachlich unzuständig, kommt eine Verweisung an eine andere Vergabekammer in Betracht, die die angerufene Kammer für zuständig hält. Da es sich bei der angerufenen Vergabekammer nicht um ein Gericht sondern um eine Behörde handelt, scheidet eine Verweisung unter unmittelbarer Heranziehung des § 83 VwGO, § 17a Abs. 2 GVG jedoch aus5. Das Verwaltungsverfahrensrecht selbst regelt lediglich eine Beratungs- und Auskunftspflicht gegenüber dem Antragsteller (§ 25 VwVfG), nicht hingegen die Zulässigkeit einer Verweisung. Gleichwohl ist die Möglichkeit der

1 OLG Düsseldorf v. 18.7.2001 – Verg 16/01, VergabeR 2001, 419. 2 OLG Dresden v. 16.10.2001 – WVerg 0007/01, ZfBR 2002, 298; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 5. 3 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, §§ 107, 108 Rz. 8; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 3; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 997; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 4. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 5. 5 OLG München v. 26.11.2008 – Verg 21/08; VK Sachsen v. 19.12.2008 – 1/SVK/064-08.

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Verweisung im Vergabenachprüfungsverfahren anerkannt1. Dem steht insbesondere nicht der Beschleunigungsgrundsatz des § 113 entgegen. Im Gegenteil spricht das Gebot der Beschleunigung eher für als gegen eine Verweisungsmöglichkeit. Denn würde ein Nachprüfungsantrag wegen der (vermeintlichen) Unzuständigkeit der angerufenen Vergabekammer abgelehnt, wäre im Zweifelsfall damit zu rechnen, dass – ggf. erst nach einem Beschwerdeverfahren – ein erneuter Nachprüfungsantrag bei der tatsächlich zuständigen Vergabekammer eingereicht würde. Im Zweifel würde dies eher zu einer Verschleppung des gesamten Verfahrens und damit auch des Zuschlagsverbotes gemäß § 115 Abs. 1 führen als zu einer Beschleunigung. Hält sich die Vergabekammer, an die das Nachprüfungsverfahren verwie- 9 sen wurde, ihrerseits für unzuständig, stellt sich die Frage nach der Bindungswirkung einer erfolgten Verweisung. Eine solche könnte sich aus § 17a Abs. 2 GVG ergeben, dessen unmittelbare Anwendung jedoch ausscheidet. Für eine Bindungswirkung in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung spricht der Grundsatz der Beschleunigung gem. § 113. Denn jede Rück- oder Weiterverweisung des Antrags würde zu einer erneuten Verzögerung des Nachprüfungsverfahrens führen. Daher ist es geboten die Verweisungmöglichkeiten im Interesse einer zügigen Beendigung des Nachprüfungsverfahrens zu begrenzen und einer erfolgten Verweisung Bindungswirkung zuzusprechen2. Aus den gleichen Gründen scheiden gesonderte Rechtsmittel gegen ei- 10 nen Verweisungsbeschluss, insbesondere in Form eines etwaigen Zwischenverfahrens, in der Regel aus. Es wäre mit dem Beschleunigungsgrundsatz des § 113 unvereinbar, wenn in einem zeitaufwendigen Zwischenverfahren zunächst die Zuständigkeit der Vergabekammer geprüft werden müsste, bevor in der Sache entschieden werden kann (vgl.

1 OLG München v. 26.11.2008 – Verg 21/08; OLG Bremen v. 17.8.2000 – Verg 2/00; VK Sachsen v. 19.12.2008 – 1/SVK/064-08; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 24; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 114 Rz. 2370; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 83. 2 So i. E. auch OLG Jena v. 16.7.2007 – 9 Verg 4/07, VergabeR 2008, 269; VK Bund v. 26.3.2009 – VK 3-43/09; VK Bund v. 29.1.2009 – VK 3-200/08; VK Bund v. 9.5.2007 – VK 1-26/07; VK Bund v. 8.6.2006 – VK 2 114/06, VergabeR 2007, 100 (106 f.); Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 25; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 114 Rz. 3502 f.

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§ 44a VwGO)1. Die Rechtsprechung lässt eine Anfechtung der Verweisung daher lediglich in den Fällen zu, in denen sie offensichtlich willkürlich erfolgt ist2. Nur dann ist dementsprechend auch eine Beschwerde an den Vergabesenat möglich, die sich gegen die Verweisung richtet. In diesen – seltenen – Fällen wird der Verweisung auch die sonst gegebene Bindungswirkung (Rz. 9) abgesprochen3. Daher ist dann auch eine Weiter– oder Rückverweisung möglich. In allen anderen Fällen kann die Fehlerhaftigkeit der Verweisung nur im Rahmen einer Beschwerde gegen die Sachentscheidung der Vergabekammer geltend gemacht werden, an die das Nachprüfungsverfahren verwiesen wurde (vgl. § 44a VwGO). Vielfach führt sie dann nur zu einem unbeachtlichen Verfahrensfehler (§ 46 VwVfG; zur Entscheidung durch eine unzuständige Vergabekammer s. § 106a Rz. 9)4. 11 Eine Verweisung durch die Vergabekammer an ein Gericht (z.B. bei einer Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte) kommt nicht in Betracht. Eine (auch nur analoge) Anwendung des § 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG scheidet aus.5 Denn zum einen ist die Vergabekammer als Verwaltungsbehörde nicht Normadressat dieser Bestimmungen, zum anderen würde eine entsprechende Anwendung nur die Verweisung an eine andere Vergabekammer erlauben (Rz. 8 f.), nicht hingegen an ein Gericht. Denn es ist nicht ersichtlich, dass eine gewaltenübergreifende Zuweisung von Verfahren durch Exekutivorgane an die Gerichte ermöglicht werden sollte. Auch der Beschleunigungsgrundsatz des § 113 vermag eine Verweisung durch die Vergabekammer an ein Gericht nicht zu rechtfertigen, da dieser nicht gilt, wenn der Rechtweg zu den Vergabekammern gar nicht eröffnet ist.6

1 OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07; OLG Düsseldorf v. 18.1.2005 – VII Verg 104/04; LSG Nordrhein-Westfalen v. 28.4.2009 – L 21 KR 40/09 SFB; VK Baden-Württemberg v. 19.12.2008 – 1 VK 67/08; VK Sachsen v. 19.12.2008 – 1/SVK/064-08; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 114 Rz. 2370, § 116 Rz. 2493. 2 LSG Nordrhein-Westfalen v. 28.4.2009 – L 21 KR 40/09 SFB. 3 OLG Jena v. 16.7.2007 – 9 Verg 4/07, VergabeR 2008, 269; VK Bund v. 26.3.2009 – VK 3-43/09; VK Bund v. 23.1.2009 – VK 3-194/08; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 106a Rz. 25. 4 OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – Verg 51/07. 5 VK Brandenburg v. 10.2.2003 – VK 80/02; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 114 Rz. 2228 f. 6 OVG Weimar v. 18.11.2004 – 2 EO 1329/04, NVwZ 2005, 235; VG Frankfurt/ Oder v. 20.2.2009 – 4 L 186/08.

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Ebenso scheidet im umgekehrten Fall die Verweisung von einem Gericht 12 an eine Vergabekammer aus. Auch hier kommt eine analoge Anwendung von § 17a Abs. 2 GVG nicht in Betracht.1 Beabsichtigt die Vergabekammer ein bei ihr angestrengtes Nachprü- 13 fungsverfahren an eine andere Vergabekammer zu verweisen, sind die Beteiligten vorher anzuhören. Dies ergibt sich bereits aus § 28 Abs. 1 VwVfG sowie ganz allgemein aus den Anforderungen, die für ein rechtsstaatliches Verfahren gelten (s. auch Rz. 37 f.). Ein die Vergabekammer bindendes Widerspruchsrecht steht den Beteiligten jedoch nicht zu. Zudem führt der etwaige Verstoß gegen die Pflicht zur Anhörung in der Regel nicht zu besonderen Rechtsfolgen, sofern die Verweisung nicht offensichtlich willkürlich erfolgt ist und schon aus diesem Grunde keine Bindungswirkung erzeugt (s. Rz. 10). 3. Sonstige verfahrensrechtliche Bestimmungen Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gelten die Vor- 14 schriften des Verwaltungsverfahrensrechts, wie etwa die Regelung der für das Verfahren maßgeblichen Amtssprache (§ 23 VwVfG) oder die Regelung zur Vertretung durch Bevollmächtigte und Beistände gemäß § 14 VwVfG (s. bereits Rz. 13)2. Wie in anderen Verwaltungsverfahren auch, besteht anders als in dem Verfahren der sofortigen Beschwerde gemäß § 116 ff. kein Anwaltszwang3. 4. Pflicht zur unverzüglichen Begründung Während sich aus § 108 Abs. 2 die Anforderungen an den Inhalt der Be- 15 gründung eines Nachprüfungsantrages ergeben (Rz. 21), regelt § 108 Abs. 1 die Unverzüglichkeit der Begründung. Unverzüglich ist dabei nach allgemeinem Verständnis so zu verstehen, dass die Begründung ohne schuldhaftes Zögern erfolgen muss (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, s. dazu auch § 107 Rz. 54). Die bei § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bestehenden unionsrechtlichen Bedenken (§ 107 Rz. 48) dürften hier nicht einschlägig sein. Denn bei unionsrechtskonformer Auslegung geht es hier allein da1 OLG Celle v. 4.5.2001 – 13 Verg 5/00, VergabeR 2001, 325; VG Köln v. 29.8.2008 – 7 L 1205/08; VK Baden-Württemberg v. 26.1.2007 – 1 VK 82/06; VK Brandenburg v. 10.2.2003 – VK 80/02; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 114 Rz. 2228 f. 2 Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (759). 3 Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 2; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 108 Rz. 2.

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rum, dass der Nachprüfungsantrag nicht bereits bei Einreichung begründet werden muss, sondern eine (ergänzende) Begründung auch noch nachgereicht werden darf. Zudem muss sich die Begründung nur auf Sachverhaltsangaben beziehen, nicht auf Rechtsausführungen (Rz. 23 f.). Hinzu kommt der gemäß § 110 geltende Untersuchungsgrundsatz. 16 Die Unverzüglichkeit bezieht sich auf den Mindestinhalt der Antragsbegründung gemäß Abs. 2. In der Regel führt dies dazu, dass die Begründung bereits weitestmöglich in der Antragsschrift enthalten sein muss1. Anders kann dies nur dann sein, wenn dem antragstellenden Unternehmen bestimmte Informationen nicht oder noch nicht vorliegen. In diesem Fall muss die Begründung nachgeholt bzw. ergänzt werden, sobald es dem Antragsteller möglich ist. Dies gilt vor allem für in der Antragsschrift noch nicht geltend gemachte Rechtsverletzungen, die sich erst aus der Akteneinsicht (§ 111) ergeben haben. Rechtsausführungen dürfen hingegen bis zur Entscheidung der Vergabekammer jederzeit erfolgen (s. dazu noch Rz. 24 sowie § 113 Rz. 26 ff.). 17 Auch wenn die Anforderungen an die Antragsschrift selbst, insbesondere auch im Hinblick auf die Möglichkeit zur späteren Vertiefung des Sachund Rechtsvortrags nach erfolgter Akteneinsicht, nicht überspannt werden dürfen2, muss die in der Antragsschrift selbst enthaltene Begründung bereits so umfassend sein, dass die Vergabekammer prüfen kann, ob der Antrag offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist (s. § 110 Rz. 21)3. Ansonsten erfolgt keine Information des Auftraggebers gemäß § 115 Abs. 1, so dass es nicht zu einem Zuschlagsverbot kommt. Dementsprechend ist dann auch eine Akteneinsicht bei der Vergabekammer gemäß § 111 nicht möglich. Ein Unternehmen kann also nicht einen vollständig unbegründeten Antrag ins Blaue hinein stellen, um anlässlich einer etwaigen Akteneinsicht festzustellen, ob unter Umständen eine Verletzung von Rechten i.S.v. § 97 Abs. 7 (dazu § 97 Rz. 129 ff.) vorliegen könnte4. 1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 108 Rz. 3; großzügiger Otting in Bechtold, GWB, § 108 Rz. 5; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 2. 2 OLG München v. 7.8.2007 – Verg 8/07, ZfBR 2007, 718; VK Südbayern v. 11.2. 2009 – Z3-3-3194-1-01-01/09; VK Brandenburg v. 7.4.2008 – VK 7/08; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 14. 3 S. etwa VK Brandenburg v. 7.4.2008 – VK 7/08; Otting in Bechtold, GWB, § 108 Rz. 3; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 5; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 85. 4 OLG München v. 7.8.2007 – Verg 8/07, ZfBR 2007, 718 (719); VK Südbayern v. 11.2.2009 – Z3-3-3194-1-01-01/09; VK Brandenburg v. 7.4.2008 – VK 7/08; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 14.

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Allerdings dürfen auch hierbei keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden. Zwar reichen pauschale und unsubstantiierte Behauptungen ohne jede weitere Grundlage nicht aus, zumal auch die Untersuchungspflicht der Vergabekammer gemäß § 110 Abs. 1 zum einen einen zulässigen Nachprüfungsantrag voraussetzt und zum anderen auch ein Mindestmaß an substantiierten Sachvortrag erfordert (s. § 110 Rz. 8 f.). Jedoch ist immer auch zu berücksichtigen, dass die an einem Nachprüfungsverfahren beteiligten Unternehmen oftmals nur sehr begrenzte Kenntnis von möglichen Vergaberechtsverstößen haben und auch nur haben können1. So ist das Vergabeverfahren zwischen den Bietern als Geheimwettbewerb ausgestaltet2. Geht es um eine Ausschreibung unter Zugrundelegung der VOL/A oder VOF, bei denen kein Submissionstermin unter Beteiligung der Bieter stattfindet, haben diese in der Regel nicht einmal Kenntnis davon, wie ihr Angebot im Vergleich zu den Angeboten ihrer Wettbewerber positioniert ist. Dies spricht bereits im Hinblick auf die notwendige Effektivität des Rechtsschutzes und die notwendige Transparenz von Vergabeverfahren für eine eher großzügige Möglichkeit zur Akteneinsicht (s. § 111 Rz. 3 ff. sowie 20), erst recht aber dafür, im Hinblick auf Unverzüglichkeit und Umfang der Antragsbegründung einen großzügigen Maßstab anzulegen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine ggf. bereits erfolgte Information des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 101a Abs. 1 nur sehr knapp und wenig aussagekräftig erfolgt ist, so wie dies in der Vergabepraxis häufig anzutreffen ist. Insofern korrespondieren Informationen des öffentlichen Auftraggebers einerseits und Anforderungen an den Begründungsinhalt eines Nachprüfungsantrags andererseits. Bei einer nur spärlichen Information der Bieter kann nur ein eher spärlich begründeter Nachprüfungsantrag erwartet werden. Alles andere wäre mit der notwendigen Effektivität des zu gewährenden Rechtsschutzes nicht vereinbar. 5. Bestimmtes Begehren Der Antrag soll gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 ein bestimmtes Begehren 18 (Sachantrag) enthalten. Dabei muss es sich in der Regel um ein Leistungsbegehren (z.B. zur Angebotsabgabe aufgefordert zu werden) handeln, ggf. auch um ein Feststellungsbegehren kombiniert mit einem Leis1 OLG München v. 29.9.2009 – Verg 12/09, VergabeR 2010, 238 (241); OLG Karlsruhe v. 20.3.2009 – 15 Verg 2/09; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 14. 2 S. etwa OLG Düsseldorf v. 13.4.2006 – Verg 10/06, NZBau 2006, 810; OLG Düsseldorf v. 16.9.2003 – Verg 52/03, VergabeR 2003, 690.

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tungsbegehren (z.B. Feststellung, dass ein erteilter Zuschlag gemäß § 101b unwirksam ist und die Angebotswertung wiederholt werden muss)1. Da es hier nur um eine Soll-Vorschrift geht, führt das Fehlen eines bestimmten Begehrens nicht zur Unzulässigkeit des Antrags2. Auch wenn sich daher aus dem Nachprüfungsantrag nicht zwingend ergeben muss, wie die geltend gemachte Rechtsverletzung beseitigt werden soll, muss gleichwohl aus dem Nachprüfungsantrag insgesamt deutlich werden, welche Rechtsverletzung nach Auffassung des antragstellenden Unternehmens beseitigt werden muss3. 19 Mit der fehlenden Notwendigkeit eines bestimmten Begehrens korrespondiert § 114 Abs. 1 Satz 2. Danach ist die Vergabekammer selbst bei einem gestellten (Sach-)antrag nicht an diesen gebunden. Vielmehr kann sie auch auf andere Weise der begehrten Beseitigung einer von ihr festgestellten Rechtsverletzung Rechnung tragen (§ 114 Rz. 16). 6. Benennung eines Empfangsbevollmächtigten 20 § 108 Abs. 1 Satz 3 enthält eine gegenüber § 15 VwVfG spezielle Regelung. Danach hat ein ausländischer Antragsteller einen inländischen Empfangsvollmächtigten zu benennen. Dazu bedarf es keiner besonderen Aufforderung durch die Vergabekammer. Genügt der Antrag eines ausländischen Antragstellers diesen Anforderungen nicht, ist er unzulässig4. In diesem Fall greift also nicht lediglich die in § 15 Satz 2 VwVfG geregelte Bekanntgabefrist für Schriftstücke. Mit Blick auf die Beschleunigungsanforderungen, die an das Nachprüfungsverfahren zu stellen sind, ist dies sachlich gerechtfertigt und auch mit Blick auf die Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) unbedenklich.

1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 9 ff. 2 OLG Düsseldorf v. 18.7.2001 – Verg 16/01, VergabeR 2001, 419; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 6; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 7; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 84. 3 OLG Koblenz v. 10.8.2000 – NZBau 2000, 534; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 7 f.; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 2; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 998. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 120; Otting in Bechtold, GWB, § 108 Rz. 2; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 6; Boesen, Vergaberecht, § 108 Rz. 9.

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III. Antragsbegründung (§ 108 Abs. 2) § 108 Abs. 2 regelt den Mindestinhalt der Antragsbegründung (zur 21 Schriftform und Sprache Rz. 4). In der Regel muss diese bereits in der Antragsschrift selbst enthalten sein, sofern dem nicht durch das antragstellende Unternehmen nicht zu vertretende Hindernisse entgegenstehen (Rz. 16). Jedoch sind – unter Beachtung etwaiger Fristsetzungen gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 (§ 113 Rz. 26 ff.) sowie der Präklusionsregelungen des § 107 Abs. 3 (§ 107 Rz. 41 ff.) – bis zur Entscheidung der Vergabekammer jederzeit Ergänzungen und Vertiefungen möglich. 1. Antragsgegner Zwingend zu benennen ist in dem Nachprüfungsantrag der Antragsgeg- 22 ner, also der öffentliche Auftraggeber, um dessen Vergabeverfahren es geht. Die Benennung des Antragsgegners muss zumindest so präzise sein, dass seine Information gemäß § 115 Abs. 1 sowie die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 möglich sind. Unschädlich ist dabei allerdings eine ungenaue Angabe (z.B. Benennung der Behörde anstelle der betreffenden Körperschaft selbst, vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz VwGO). Entscheidend ist, dass zumindest im Wege der Auslegung ermittelbar ist, gegen wen sich der Nachprüfungsantrag richten soll1. 2. Sachverhaltsdarstellung, Rechtsverletzung In der Antragsbegründung muss der Sachverhalt einschließlich der be- 23 haupteten Rechtsverletzung dargelegt werden. Dies hat zumindest so umfassend erfolgen, dass die Vergabekammer die Antragsbefugnis (§ 107 Rz. 14 ff.; s. bereits vorstehend Rz. 17) feststellen kann. Fehlt es daran, ist der Antrag sowohl wegen eines Verstoßes gegen § 108 als auch gegen § 107 Abs. 2 Satz 2 unzulässig2. Ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 110 (dazu § 110 24 Rz. 6) folgt daraus, dass die diesbezügliche Darlegungslast bei dem antragstellenden Unternehmen liegt3. Allerdings dürfen dabei die Anforde1 Otting in Bechtold, GWB, § 108 Rz. 4; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 10; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 86; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 108 Rz. 4. 2 Instruktiv insofern OLG Koblenz v. 10.8.2000 – 1 Verg 2/00, NZBau 2000, 534; VK Baden-Württemberg v. 21.8.2009 – 1 VK 40/09; Heuvels in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 11 f. 3 Braun, BB 1999, 1069 (1070).

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rungen nicht überspannt werden (s. bereits Rz. 17). Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil es in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nicht zwingend einer anwaltlichen Vertretung bedarf (Rz. 14). Nicht nötig für die Zulässigkeit des Antrags ist es, dass der Antragsteller die einzelnen Rechtsvorschriften benennt, die nach seiner Auffassung verletzt sind. Es genügt, wenn der Antragsteller den aus seiner Sicht relevanten Sachverhalt darstellt und im weiteren ausführt, durch welche Handlungen oder Unterlassungen der Vergabestelle er sich fehlerhaft behandelt fühlt1. Ob es sich dabei tatsächlich um geschützte Rechte des Antragstellers i.S.v. § 97 Abs. 7 handelt und ob diese Rechte im konkreten Fall verletzt sind, obliegt der Prüfung durch die Vergabekammer. Durch die Darlegungen des Unternehmens in seiner Antragsbegründung werden zugleich dem Untersuchungsgrundsatz des § 110 Grenzen gezogen. Die Vergabekammer muss nicht ins Blaue hinein Sachverhaltsermittlungen vornehmen. Vielmehr hat sie den Sachverhalt nur in dem durch den Antragsteller als entscheidungserheblich dargestellten Rahmen und mit Blick auf die von ihm behaupteten Rechtsverletzungen zu untersuchen (§ 110 Rz. 8 ff.). 3. Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel 25 Was unter den Begriff der Beweismittel fällt, ergibt sich aus § 26 Abs. 1 VwVfG2. Dazu gehören insbesondere Auskünfte jeder Art – die Anhörung von Beteiligten – die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen – die Einholung von schriftlichen Äußerungen von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen – die Beiziehung von Urkunden und Akten – die Einnahme des Augenscheins. 26 Der Katalog des § 26 VwVfG ist nicht abschließend. In Betracht kommen alle zum Beweis streitiger Sachverhaltsfragen geeigneten Beweismittel. Der Antragsteller muss die verfügbaren, d.h. die ihm bekannten, Beweis1 OLG Düsseldorf v. 18.7.2001 – Verg 16/01, VergabeR 2001, 419; Otting in Bechtold, GWB, § 108 Rz. 5; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 7, 13; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 4. 2 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 14; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 90.

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mittel bezeichnen. Vom Wortlaut her ist die Regelung strenger als § 26 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, der lediglich verlangt, dass die Beteiligten die ihnen bekannten Beweismittel angeben sollen. Dies wirft Abgrenzungsfragen zum Untersuchungsgrundsatz gemäß § 110 auf: Hierbei ist zunächst von Bedeutung, dass die fehlende Angabe von ver- 27 fügbaren Beweismitteln den Antrag nicht unzulässig macht. Sie kann allenfalls dazu führen, dass bestimmte Umstände nicht nachgewiesen werden und dies zu Lasten des Antragstellers geht, der sich darauf beruft (s. § 110 Rz. 12)1. Wie dies auch sonst bei Beweismitteln der Fall ist, sind sie zudem nur dann von Bedeutung, wenn Sachverhaltsfragen streitig oder unklar sind. Bei Einreichung des Nachprüfungsantrags steht dies zumeist noch nicht fest. Ergibt sich auch aus dem Verlauf des Nachprüfungsverfahrens nicht, dass bestimmte Punkte vom Sachverhalt her strittig sind, bedarf es auch keiner Bezeichnung von Beweismitteln. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die entscheidungserheblichen Umstände bereits der Vergabeakte entnommen werden können oder nicht bestritten werden. Sind allerdings Sachverhaltsfragen ungeklärt, stellt sich die Frage, welche 28 Bedeutung die Verpflichtung zur Bezeichnung von verfügbaren Beweismitteln hat. Dabei sind zunächst die Beweismittel auszugrenzen, die das antragstellende Unternehmen nicht kennt. Diese Beweismittel sind für das Unternehmen i.S.v. § 108 Abs. 2 Satz 3 nicht verfügbar. Ergeben sich diese Beweismittel durch die Sachverhaltserforschung der Vergabekammer, hat sie sich ihrer zu bedienen, wenn sie dies zur Aufklärung des Sachverhalts für erforderlich hält. Es verbleiben dann noch die Beweismittel, deren Inanspruchnahme für 29 die Aufklärung der strittigen und entscheidungserheblichen Sachverhaltsfragen erforderlich ist, die jedoch durch den Antragsteller nicht bezeichnet wurden, obwohl sie ihm bekannt waren. In diesem Fall kann es zweifelhaft sein, ob die Vergabekammer die entsprechenden Beweise erheben darf oder sogar erheben muss. Die Zulässigkeit der Beweiserhebung ist zu bejahen2. Denn bei dem 30 Nachprüfungsverfahren handelt es sich um ein durch den Unter1 Allgemein zu den Folgen fehlender Mitwirkung s. Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 26 Rz. 36 f.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 24 Rz. 50, § 26 Rz. 43 f. 2 I. E. ebenso Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 108 Rz. 14 f.; Boesen, Vergaberecht, § 108 Rz. 23 ff.; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 1005.

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suchungsgrundsatz geprägtes Verwaltungsverfahren, nicht hingegen um ein durch den Beibringungsgrundsatz gekennzeichnetes Verfahren, wie es aus der Zivilprozessordnung bekannt ist. Daraus folgt, dass die Verfahrensbeteiligten in Bezug auf die Sachverhaltsaufklärung lediglich Mitwirkungslasten haben. Diese sind zwar im Nachprüfungsverfahren gegenüber den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts verstärkt (Rz. 24), jedoch ändert das nichts an diesem prinzipiellen Verständnis. Die Bedeutung der Bezeichnung von verfügbaren Beweismitteln liegt in der Verpflichtung der Verfahrensbeteiligten, zur Förderung und Beschleunigung des Verfahrens beizutragen. Dies wird auch durch § 113 Abs. 2 und § 110 Abs. 1 bestätigt. Daraus folgt im Ergebnis, dass die Vergabekammer grundsätzlich auch auf Beweismittel zugreifen darf, die der Antragsteller nicht bezeichnet hat, obgleich sie ihm bekannt waren.1 Dies gilt namentlich dann, wenn sich die entsprechenden Aufklärungsmaßnahmen aus dem Sachvortrag oder aus den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. 31 Andererseits endet die Verpflichtung zur Erforschung des Sachverhalts dort, wo die Mitwirkungslast der Beteiligten einsetzt. Bezeichnet daher der Antragsteller bestimmte Beweismittel nicht und drängen sich diese der Vergabekammer auch nicht auf, dann muss sie auch keine vertieften Sachverhaltsermittlungen zu den betreffenden Punkten vornehmen. Dieses Zusammenspiel von Untersuchungsgrundsatz einerseits und Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten andererseits gilt allgemein im Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht2. Erst recht ist es in dem auf eine schnelle Entscheidung angelegten Nachprüfungsverfahren von Bedeutung. Die Vergabekammer kann also zumeist davon ausgehen, dass die Antragsbegründung und die Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel durch das antragstellende Unternehmen vollständig sind, dieses also – schon im eigenen Interesse – seiner Mitwirkungslast hinreichend nachkommt. Daher muss sie in der Regel außer in den sich dafür aufdrängenden Fällen nicht von Beweismitteln Gebrauch machen, die der Antragsteller nicht bezeichnet hat, obgleich ihm dies möglich gewesen wäre.

1 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 1005. 2 S. etwa Redeker/von Oertzen, VwGO, § 86 Rz. 7 ff. mit ausführlichen Nachweisen zur Rechtsprechung und Literatur.

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4. Darlegung der rechtzeitigen Rüge Des weiteren ist in der Antragsbegründung darzulegen, dass die erforder- 32 lichen Rügen gemäß § 107 Abs. 3 (dazu § 107 Rz. 41 ff.) erfolgt sind. Dies schließt Angaben auch dazu ein, wann dies erfolgt ist.1 Die Ausführungen müssen so präzise sein, dass die Vergabekammer insofern die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags feststellen und dementsprechend auch klären kann, ob das Antragsbegehren auf bestimmte gerügte Verstöße gestützt werden kann oder nicht (vgl. § 107 Rz. 75; zum zeitlichen Abstand zwischen Rüge und Antragstellung § 107 Rz. 76)2. Nicht notwendig sind Ausführungen zu der Rechtsfrage, ob die Rüge des Antragstellers rechtzeitig erfolgt ist oder nicht. Diese Prüfung obliegt der Vergabekammer, setzt allerdings die dafür notwendigen Angaben des Antragstellers vor allem dann voraus, wenn sich die Rechtzeitigkeit der Rüge im Hinblick auf den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß nicht als offensichtlich aufdrängt. Entbehrlich ist die Darlegung einer rechtzeitigen Rüge dann, wenn eine 33 solche gar nicht erforderlich war. Dies gilt insbesondere in Fällen einer unzulässigen Direktvergabe/de-facto-Vergabe (§ 107 Abs. 3 Satz 2, s. dazu § 107 Rz. 62)3. In diesem Fall muss sich allerdings aus dem Nachprüfungsantrag ergeben, warum es einer vorhergehenden Rüge nicht bedurfte. 5. Benennung sonstiger Beteiligter Die Regelung des § 108 Abs. 2, 2. Halbs. ist ungenau. Gemeint sind in der 34 Bestimmung Unternehmen, deren Interessen durch die von der Vergabekammer zu treffende Entscheidung schwerwiegend berührt werden können (§ 109 Rz. 9 ff.). Die betreffenden Unternehmen werden allerdings erst durch die noch ausstehende Beiladung Verfahrensbeteiligte (§ 109 Rz. 5). Bei den Unternehmen, die der Antragsteller benennen soll, handelt es sich daher um solche, die dem Verfahren noch beigeladen werden sollen4. Aus der Formulierung der Vorschrift („soll“) folgt, dass es sich dabei 35 nicht um eine Verpflichtung handelt, die die Zulässigkeit des Nachprü1 VK Baden-Württemberg v. 1.9.2009 – 1 VK 46/09; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 1006; Jennert in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 25, Rz. 92. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 108 Rz. 7. 3 OLG Karlsruhe v. 20.3.2009 – 15 Verg 2/09; OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – Verg 25/08; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 107 Rz. 1807 m.w.N. 4 Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 21; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 108 Rz. 1007.

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fungsantrags in Frage stellt. Die möglichst frühzeitige Benennung soll lediglich dem das gesamte Nachprüfungsverfahren durchziehenden Beschleunigungsgrundsatz Rechnung tragen. IV. Folgen von Verstößen bei formellen Anforderungen 36 Genügt ein eingereichter Nachprüfungsantrag den Anforderungen des § 108 nicht, ist er in der Regel unzulässig, soweit es nicht um bloße SollAnforderungen geht (Rz. 18), deren Nichteinhaltung im konkreten Fall unbeachtlich ist. Erweist sich ein Nachprüfungsantrag als unzulässig, ist er in der Regel zurückzuweisen. Ergibt sich die Unzulässigkeit bereits aus der eingegangenen Antragsschrift, ohne dass es dazu einer weiteren vertieften Prüfung bedarf, hat die Zurückweisung zu erfolgen, ohne dass zuvor gemäß § 115 Abs. 1 das Zuschlagsverbot für den öffentlichen Auftraggeber ausgelöst wird (s. Rz. 7 ff.). 37 Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Vergabekammer als Behörde eine Beratungs- und Auskunftspflicht gegenüber dem Antragsteller hat (§ 25 VwVfG). Zudem ist auch hier wiederum das Beschleunigungsgebot in den Blick zu nehmen. In der Regel dient es nicht der Beschleunigung, einen lediglich formell unzureichenden Nachprüfungsantrag zurückzuweisen, da in diesem Fall damit gerechnet werden muss, dass ein nachgebesserter Antrag eingereicht wird und sich dementsprechend das Verfahren länger hinzieht als dies bei einer Nachbesserung des zunächst eingereichten Nachprüfungsantrags der Fall wäre (vgl. bereits Rz. 9). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um formelle Mängel des Nachprüfungsantrags handelt, die ohne Weiteres nachgebessert werden können (z.B. die fehlende Unterschrift bei einem gestellten Nachprüfungsantrag, s. Rz. 5, oder eine nicht hinreichend genaue Bezeichnung des Antragsgegners). Selbst bei unzureichenden Sachverhaltsdarstellungen, etwa bei nicht weiter substantiierten Behauptungen zu einer vermeintlich fehlerhaften Angebotswertung, sind Nachbesserungen zumeist möglich. 38 In einem solchen Fall ist die Vergabekammer nicht ohne weiteres berechtigt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Sie hat vielmehr die Verpflichtung, den Antragsteller auf den formalen Fehler hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur kurzfristigen Abhilfe einzuräumen1. Dieser Hinweis kann vielfach direkt nach Eingang des Nachprüfungsantrags 1 OLG München v. 7.8.2007 – Verg 8/07, ZfBR 2007, 718; OLG Thüringen v. 23.1. 2003 – 6 Verg 11/02, NZBau 2003, 639; VK Sachsen v. 31.1.2007 – 1/SVK/124-06; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 108 Rz. 8.

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erfolgen, also vor einer Information des Antragsgegners zur Auslösung des Zuschlagsverbots gemäß § 115 Abs. 1, wenn der Mangel offensichtlich ist. Denkbar ist es allerdings auch, dass sich ein solcher Mangel erst im weiteren Verlauf des Nachprüfungsverfahrens herausstellt (z.B. bei der Frage, ob eine bestimmte Rüge rechtzeitig erfolgt ist oder nicht). In diesem Fall kann ein Hinweis auf einen bestehenden Nachbesserungsbedarf auch im weiteren Verlauf des Verfahrens erfolgen, ggf. also auch noch in der mündlichen Verhandlung (§ 112).

Verfahrensbeteiligte, Beiladung

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Verfahrensbeteiligte sind der Antragsteller, der Auftraggeber und die Unternehmen, deren Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden und die deswegen von der Vergabekammer beigeladen worden sind. Die Entscheidung über die Beiladung ist unanfechtbar. I. 1. 2. II. III. 1. 2.

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Antragsteller, Antragsgegner . Weitere Unternehmen . . . . . . Begriff des Unternehmens . . . Materieller Maßstab für die Beiladung . . . . . . . . . . . . . . a) Mögliches Berührtsein von Interessen . . . . . . . . . . . . b) Interessen . . . . . . . . . . . . c) Berührtsein . . . . . . . . . . . d) Rechte aus § 97 Abs. 7 . . . . 3. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . a) Entscheidung über die Beiladung . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 2 4 5 8 9 10 11 12 19 20

b) Notwendige Beiladung, einfache Beiladung . . . . . . . aa) Notwendige Beiladung bb) Einfache Beiladung (Ermessensbeiladung) . c) Zeitpunkt und Dauer der Beiladung . . . . . . . . . . . d) Stellung des Beigeladenen . e) Rechtsschutz . . . . . . . . . f) Analoge Anwendung von § 108 Abs. 1 Satz 2 . . . . . . g) Aufwendungen des Beigeladenen (Erstattungsfähigkeit) . . . . . . . . . . . . . . .

21 22 24 26 30 34 37 38

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 109 regelt, wer an einem Nachprüfungsverfahren beteiligt ist ein- 1 schließlich der Möglichkeit zur Beiladung bestimmter Unternehmen.

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2. Entstehungsgeschichte 2 § 109 ist seit seiner Einführung durch das Vergabeänderungsgesetz (Einleitung Rz. 7) unverändert geblieben. In der Begründung zum Regierungsentwurf zum Vergaberechtsänderungsgesetz1 wird darauf hingewiesen, dass die Festlegung des Kreises der Verfahrensbeteiligten mit dem Ziel der Beschleunigung des Vergabeverfahrens erfolgen soll. 3 Die Beiladung, die sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen erfolgen könne, soll die Beteilung all derer sicher stellen, die durch eine für sie nachteilige Entscheidung der Vergabekammer eine Verletzung ihrer eigenen Rechte erfahren und – bei Nichtbeteiligung – ein weiteres Überprüfungsverfahren beantragen könnten. Hingewiesen wird dabei insbesondere auf die Unternehmen, deren Angebote für die Auftragsvergabe in die engere Wahl kommen. Der Begriff „schwerwiegend berührt“ soll es ermöglichen, hierbei eine andere Auslegung zu wählen, als bei dem in § 67 Abs. 1 Nr. 32 GWB verwendeten Begriff „erheblich betroffen“.3 II. Antragsteller, Antragsgegner 4 Es versteht sich von selbst, dass das antragstellende Unternehmen und der öffentliche Auftraggeber Beteiligte des Nachprüfungsverfahrens sind (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG). Man kann dabei von geborenen Verfahrensbeteiligten sprechen. Für die Beteiligtenfähigkeit, die Handlungsfähigkeit sowie die Einschaltung von Bevollmächtigten und Beiständen gelten die allgemeinen Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen von Bund und Ländern (§§ 11 ff. VwVfG). III. Weitere Unternehmen 5 § 109 sieht die Möglichkeit vor, dass weitere Unternehmen durch die Vergabekammer dem Verfahren beigeladen werden, wenn deren Interessen durch die zu treffende Entscheidung schwerwiegend berührt werden. Diese Unternehmen sind erst dann Verfahrensbeteiligte, wenn sie tatsächlich beigeladen worden sind (§ 108 Rz. 34)4. Man kann sie als gekorene Verfahrensbeteiligte bezeichnen. 1 BT-Drucks. 13/9340. 2 Nunmehr § 54 Abs. 2 Nr. 3. 3 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 2. 4 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 5; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 GWB Rz. 3.

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Die Beiladung ist auch in § 54 Abs. 2 Nr. 3 für das Verfahren vor den 6 Kartellbehörden geregelt. Ebenfalls findet sich der Begriff in § 65 VwGO. Demgegenüber spricht § 13 Abs. 2 VwVfG nicht von einer Beiladung sondern von einer Hinzuziehung. Die gegenüber § 13 VwVfG abweichende Begrifflichkeit ist gerechtfer- 7 tigt, weil es sich bei § 109 um eine spezielle Regelung handelt, die den Besonderheiten des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens Rechnung trägt (s. insb. Rz. 11). Ebenfalls unterscheidet sich die Beiladung nach § 109 hinsichtlich ihrer Voraussetzungen von der Beiladung gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 (s. bereits Rz. 3).1 1. Begriff des Unternehmens Beigeladen werden können nur (an dem ausgeschriebenen Auftrag unmit- 8 telbar interessierte, Rz. 10 ff.) Unternehmen, nicht hingegen Verbände oder sonstige Dritte, die ein nur mittelbares Interesse an dem Verlauf und Ausgang des Nachprüfungsverfahrens haben2. Für den Begriff des Unternehmens gelten dabei dieselben Anforderungen wie für den Antragsteller (dazu § 107 Rz. 15 f.)3. Die fehlende Möglichkeit zur Beiladung von Dritten, die nicht schwerwiegend in ihren Interessen berührt sind, bedeutet nicht, dass sie nicht, auch ohne Zustimmung des Verfahrensbeteiligten, im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens von der Vergabekammer als Maßnahme der Amtsermittlung (§ 110) angehört werden könnten. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn durch die Nachprüfungsentscheidung berührte Dritte, die keine Unternehmen i.S.v. § 109 sind, zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können oder wenn die Auswirkungen auf deren Interessen möglicherweise für die Nachprüfungsentscheidung Bedeutung haben.4

1 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 109 Rz. 32; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 5; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 1012. 2 Freund, NZBau 2005, 266; Lausen, VergabeR 2002, 117 (118); Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 1; a.A. OLG Düsseldorf v. 13.2.2007 – VII Verg. 2/07, VergabeR 2007, 406, wenn auch für einen Sonderfall; VK Lüneburg v. 2.2.2000 – 203-VgK-01/2000; weitergehend auch Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 5, 20 f.; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 6, 10 im Hinblick auf Zulieferer und Nachunternehmer. 3 Freund, NZBau 2005, 266. 4 A. A. OLG Düssendorf v. 13.2.2007 – VII Verg. 2/07, VergabeR 2007, 406, das in diesem Fall eine Beiladung für notwendig hält.

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2. Materieller Maßstab für die Beiladung 9 Voraussetzung für die Beiladung ist, dass Interessen von anderen Unternehmen als dem Antragsteller durch die von der Vergabekammer zu treffende Entscheidung schwerwiegend berührt werden. 10 a) Mögliches Berührtsein von Interessen. Es genügt entgegen dem insofern missverständlichen Wortlaut die Möglichkeit der Interessenberührung (Rz. 11 ff.)1. Diese muss im konkreten Fall unter sachgerechter Berücksichtigung aller Umstände möglich erscheinen. Eine tatsächliche Betroffenheit durch die Entscheidung der Vergabekammer muss noch nicht definitiv feststehen. Dies ist regelmäßig vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens noch offen. Allerdings ist ein Berührtsein von Interessen und damit eine Beiladung regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Bewerber bereits vor Beginn des Nachprüfungsverfahrens aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden ist (z.B. wegen eines erfolgten Ausschlusses oder bei nicht mehr bestehendem Angebot, etwa weil die Bindefrist durch das Unternehmen nicht verlängert wurde)2. 11 b) Interessen. Im Unterschied zu § 13 VwVfG spricht § 109 nur von Interessen, nicht hingegen von rechtlichen Interessen. Die Interessen, die eine Beiladung rechtfertigen können, müssen also nicht zwingend durch eine Rechtsnorm des öffentlichen oder privaten Rechts geschützt sein. Es genügt vielmehr ein bloßes wirtschaftliches Interesse3. Dies gilt namentlich für die wirtschaftliche Chance, den Zuschlag zu erhalten4. Allerdings ist dies immer im Zusammenhang mit der Notwendigkeit zu sehen, dass es sich um eine schwerwiegende Interessenberührung handeln muss (Rz. 17). 12 c) Berührtsein. Berührt werden Interessen i.S.v. § 109 dann, wenn sie durch die Entscheidung der Vergabekammer negativ betroffen sein kön1 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 16; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 3; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 25. 2 S. etwa OLG Rostock v. 9.9.2003 – 17 Verg 11/03; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 1012; Otting in Bechtold, GWB, § 109 Rz. 2; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 3. 3 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 GWB Rz. 5; Otting in Bechtold, GWB, § 109 Rz. 2. 4 Lausen, VergabeR 2002, 117 (119); s. auch Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 13 Rz. 14; Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 13 Rz. 32.

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nen. Es muss sich um eine für das beizuladende Unternehmen möglicherweise nachteilige Entscheidung der Vergabekammer handeln, die dieses Unternehmen veranlassen könnte, gegen die veränderte Fortsetzung des Vergabeverfahrens vorzugehen. Dies soll aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Beschleunigung vermieden werden1. Daraus folgt, dass Unternehmen, die ein gleiches Interesse wie der An- 13 tragsteller haben, in der Regel nicht zwingend beizuladen sind, weil sie durch die Entscheidung der Vergabekammer typischerweise nicht negativ betroffen sein können. Allenfalls wirkt die Entscheidung für sie mittelbar begünstigend, wenn dem Nachprüfungsantrag stattgegeben wird. Wenn dies hingegen nicht erfolgt, stehen diese Unternehmen nicht besser und nicht schlechter dar, als wenn das Nachprüfungsverfahren gar nicht durchgeführt worden wäre. Auch § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 spricht für dieses Verständnis (s. noch Rz. 31). Für die Beiladung kommen daher in erster Linie Unternehmen in Be- 14 tracht, die nach dem Stand des Vergabeverfahrens eine größere Chance als das antragstellende Unternehmen haben, den Zuschlag zu erhalten2. Diese Unternehmen können etwa bei einer durch die Vergabekammer für erforderlich gehaltenen Veränderung der Zuschlagskriterien in ihrer Chance, den Zuschlag zu erhalten, beeinträchtigt sein. Erst recht gilt dies in den Fällen, in denen von anderen Unternehmen gezielt beantragt wird, den Bieter vom Vergabeverfahren auszuschließen, der nach dem Willen der Vergabestelle den Zuschlag erhalten soll. Anders als für die Beiladung im Kartellverwaltungsverfahren gemäß § 54 15 Abs. 2 Nr. 3 ist für § 109 eine unmittelbare negative Betroffenheit erforderlich. Eine lediglich mittelbare Berührung von Interessen genügt hingegen nicht. Dies zeigt bereits der Kreis der Beiladungsfähigen in § 54 Abs. 2 Nr. 3 einerseits und in § 109 andererseits. Auch wenn für die Beiladung ein bloßes wirtschaftliches Interesse ge- 16 nügt (Rz. 11), müssen die Beizuladenden zumindest potentiell eigene Rechte i.S.v. § 97 Abs. 7 in Bezug auf das konkrete Vergabeverfahren haben. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Beschleunigung weitere Nachprüfungs1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 GWB Rz. 7; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, 109 Rz. 9; Schneevogel/Horn, NVwZ 1998, 1242 (1245); weitergehend Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 15. 2 Lausen, VergabeR 2002, 117, 119; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 18.

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verfahren zu vermeiden1. Demgemäß fallen etwa Muttergesellschaften, Zulieferer u.s.w. nicht in den Kreis der Beizuladenden (zur fehlenden Antragsbefugnis solcher Unternehmen s. § 107 Rz. 24). 17 Während § 54 Abs. 2 Nr. 3 für eine Beiladung fordert, dass Interessen erheblich berührt werden, ist für die Beiladung gemäß 109 eine schwerwiegende Berührung notwendig. Dieser Wortlaut spricht für höhere Anforderungen an die Beiladung2. Dabei ist für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „schwerwiegend“ auch in den Blick zu nehmen, dass eine Beiladung die gesamten Verfahrenskosten für die unterlegene Partei erheblich erhöhen kann (zum Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Rechtsverfolgung s. § 128 Abs. 4, dazu § 128 Rz. 20 ff.). Dies kann insbesondere bei um Rechtsschutz nachsuchenden Unternehmen eine Hemmschwelle dafür sein, einen Nachprüfungsantrag zu stellen und insofern den Rechtsschutz verkürzen. Andererseits ist jedoch der Sinn und Zweck des § 109 zu sehen, zusätzliche Nachprüfungsverfahren zu vermeiden. Dies spricht für eine zumindest nicht allzu enge Auslegung, damit möglichst alle an dem Ausschreibungsverfahren Beteiligten durch die Entscheidung der Vergabekammer gebunden sind (zur Stellung des Beigeladenen im Verfahren s. Rz. 30 ff.). 18 Im Ergebnis ist der personelle Kreis der für eine Beiladung gemäß § 109 in Betracht kommenden Unternehmen enger zu ziehen als bei § 54 Abs. 2 Nr. 3. Für die Qualität der Betroffenheit wird man demgegenüber ebenso wie bei § 54 Abs. 2 Nr. 3 sehen müssen, dass die hinreichend konkrete Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt, was insofern einen eher großzügigen Maßstab rechtfertigt. Gleichwohl verbleibt es dabei, dass – ebenso wie im Kartellverwaltungsverfahren – sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „schwerwiegend“ heranzuziehen sind. In Fällen einer notwendigen Beiladung (Rz. 22 ff.) wird man dabei allerdings ohne weitere Prüfung immer von einer schwerwiegenden Betroffenheit ausgehen müssen. 19 d) Rechte aus § 97 Abs. 7. § 109 spricht für die Beiladung von Interessen der betreffenden Unternehmen, nicht hingegen von Rechten i.S. von § 97 Abs. 7. Da allerdings die Beiladung aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und der Verfahrensökonomie weitere Nachprüfungsverfahren 1 Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 109 Rz. 2043; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 109 Rz. 23; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 9. 2 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 109, Rz. 1012; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 109 GWB Rz. 5.

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vermeiden soll (Rz. 17), können die Interessen i.S. des § 109 nur dann rechtserheblich sein, wenn es zugleich um Rechte aus § 97 Abs. 7 geht und dem betreffenden Unternehmen bei einer antragsgemäßen Veränderung des Vergabeverfahrens oder ggf. auch durch deren Unterlassen aufgrund der Entscheidung der Vergabekammer ein Schaden droht. Nur in einem solchen Fall muss ernsthaft damit gerechnet werden, dass dieses Unternehmen ein weiteres Nachprüfungsverfahren einleitet, um so seinen eigenen Rechtsstandpunkt zur Geltung zu bringen. 3. Verfahren a) Entscheidung über die Beiladung. § 109 regelt die verfahrensmäßigen 20 Voraussetzungen für die Beiladung nicht. Sie ist daher sowohl von Amts wegen möglich als auch auf Antrag derjenigen Unternehmen, die beigeladen werden möchten (§ 13 Abs. 2 Satz 1 VwVfG)1. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine einfache oder um eine notwendige Beiladung handelt. b) Notwendige Beiladung, einfache Beiladung. Das Verwaltungsverfah- 21 rensgesetz unterscheidet in § 13 Abs. 2 VwVfG zwischen einer im Ermessen der Behörden stehenden Hinzuziehung und einer Hinzuziehung, die zwingend erfolgen muss. Im Kartellverwaltungsverfahren ist diese Regelung zu beachten, da § 54 Abs. 2 Nr. 3 insofern nicht abschließend ist2. Man wird dies für das Verfahren vor der Vergabekammer nicht anders sehen können3. aa) Notwendige Beiladung. Notwendig ist die Beiladung ohne jedweden 22 Entscheidungsspielraum der Vergabekammer dann, wenn der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens rechtsgestaltende Wirkung für ein drittes Unternehmen hat4. 1 Freund, NZBau 2005, 266, 267; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 GWB Rz. 9; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 11; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 7; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 109 Rz. 43. 2 Bracher in Frankfurter Kommentar, § 54 GWB Rz. 66. 3 BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, NVwZ 1999, 1138; Freund, NZBau 2005, 266 (267); Lausen, VergabeR 2002, 117 (121); Boesen, Vergaberecht, § 109 Rz. 14; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 106 GWB Rz. 10; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 12; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 109 Rz. 26; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 8; Otting in Bechtold, GWB, § 109 Rz. 4. 4 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 8; Otting in Bechtold, GWB, § 109 Rz. 4; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 6.

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23 Eine rechtsgestaltende Wirkung ist dann gegeben, wenn die in Betracht kommende Entscheidung unmittelbar Rechte eines dritten Unternehmens begründet, ändert oder aufhebt1. Ob der Ausgang des Verfahrens tatsächlich rechtsgestaltende Wirkung hat, ist für die Notwendigkeit der Beiladung unerheblich, da dies erst bei Abschluss des Verfahrens feststeht. Es genügt die konkrete Möglichkeit einer rechtsgestaltenden Wirkung der Nachprüfungsentscheidung für ein drittes Unternehmen2. Denkbar ist eine solche Möglichkeit vor allem dann, wenn der Antragsteller geltend macht, dass ein drittes Unternehmen, das den Zuschlag erhalten soll, ausgeschlossen werden musste oder aus sonstigen Gründen den Auftrag nicht erhalten darf. 24 bb) Einfache Beiladung (Ermessensbeiladung). Sofern kein Fall der notwendigen Beiladung vorliegt, steht sie im Verfahrensermessen der Vergabekammer3. Dieses Verfahrensermessen knüpft allerdings erst an die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 109 an, d.h. eine Beiladung ist auch als Ermessensentscheidung nur dann zulässig, wenn die Interessen des beizuladenden Unternehmens durch die Entscheidung der Vergabekammer schwerwiegend berührt werden können (Rz. 9 ff.)4. 25 Auf der Ermessensebene kann die Vergabekammer alle insofern relevanten Aspekte berücksichtigen. Besondere Bedeutung hat dabei der das Nachprüfungsverfahren prägende Beschleunigungsgrundsatz (§ 113). Auch Kostengesichtspunkte können eine Rolle spielen (Rz. 17)5. Bei Unternehmen, bei denen mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem weiteren Nachprüfungsverfahren gerechnet werden muss, spricht zumeist vieles für eine Beiladung. Auch die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann bei der Entscheidung über die Beiladung Bedeutung haben. Zwar sieht § 111 Abs. 2 Einschränkungen für die Möglichkeit zur Akteneinsicht vor (§ 111 Rz. 14 ff.), jedoch werden nicht selten die betroffenen Punkte auch schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung behandelt. Geht es dabei für die Vergabestelle, den 1 Lausen, VergabeR 2002, 117 (121); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 12; allgemein Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 13 Rz. 40. 2 Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 13 Rz. 42; Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 13 Rz. 18. 3 Otting in Bechtold, GWB, § 109 Rz. 4; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 1009; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 6. 4 Freund, NZBau 2005, 266 (267). 5 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 7.

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Antragsteller oder auch für sonstige Dritte um besonders wichtige und sensible Fragen, spricht dies für eine größere Zurückhaltung hinsichtlich einer Beiladung. Dies gilt namentlich dann, wenn ein Antrag auf Beiladung offensichtlich in ganz erheblichem Umfang auch dadurch motiviert ist, derartige Informationen zu erhalten. c) Zeitpunkt und Dauer der Beiladung. Die Beiladung setzt ein laufendes 26 Nachprüfungsverfahren voraus. Vorher ist sie noch nicht möglich, etwa als vorsorgliche Beiladung o. ä. für ein potentielles Nachprüfungsverfahren. In Betracht kommt die Beiladung durch die Vergabekammer nur bis zu 27 deren Entscheidung gemäß § 114 Abs. 3 Satz 1 (§ 114 Rz. 63 ff.; zum Beschwerdeverfahren s. Vorb. zu §§ 116–124 Rz. 1 f.)1. Innerhalb des Nachprüfungsverfahrens hat die Beiladung umgehend zu erfolgen, sobald sich die Vergabekammer ein Bild davon machen konnte, ob durch eine im Rahmen des Verfahrens in Betracht kommende Entscheidung Interessen von anderen Unternehmen schwerwiegend berührt sein können. Wird durch ein Unternehmen etwa geltend gemacht, ein anderer Bieter müsse von dem Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen werden, hat die Beiladung in der Regel umgehend nach der Information des Auftraggebers gemäß § 115 Abs. 1 zu erfolgen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Beschleunigungsgebot des § 113 GWB einschließlich der Vorgabe, das Nachprüfungsverfahren in der Regel innerhalb einer Frist von fünf Wochen abzuschließen, als auch aus dem – auch für den Beigeladenen geltenden – Gebot des effektiven Rechtschutzes. Letzteres umfasst insbesondere, dass auch ein beizuladendes Unternehmen innerhalb der Entscheidungsfrist von fünf Wochen hinreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht sowie zu dem aus seiner Sicht gebotenen Sach- und Rechtsvortrag haben muss. Wird der Nachprüfungsantrag zurückgenommen, endet die Beiladungs- 28 wirkung2. Dies gilt sowohl für die einfache als auch für die notwendige Beiladung. Das beigeladene Unternehmen kann nicht verlangen, dass der Nachprüfungsantrag aufrechterhalten oder das Verfahren ohne einen entsprechenden Antrag fortgesetzt wird. Die Durchführung des Verfahrens

1 A. A. Otting in Bechtold, GWB, § 109 Rz. 3; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 14; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 109 Rz. 2045, die eine Beiladung durch die Vergabekammer bis zur Unanfechtbarkeit ihrer Entscheidung für möglich halten. 2 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 11.

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liegt also auch bei erfolgter Beiladung im ausschließlichen Dispositionsbereich des Antragstellers1. 29 Die Beiladung kann durch die Vergabekammer wieder aufgehoben werden, wenn sie zu der Auffassung gelangt, dass die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen2. 30 d) Stellung des Beigeladenen. Sobald ein Unternehmen beigeladen worden ist, hat es innerhalb des Nachprüfungsverfahrens die Stellung eines Verfahrensbeteiligten. Das Unternehmen kann daher ebenso wie der Antragsteller und der Antragsgegner Anträge stellen, tatsächliche und rechtliche Ausführungen machen, Akteneinsicht nehmen (§ 111) sowie alle sonstigen Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen, um seine eigenen Interessen wahrzunehmen. Es ist also nicht darauf beschränkt, einen der anderen Beteiligten zu unterstützen3. 31 Das Unternehmen ist ebenso wie der Antragsteller und der Antragsgegner an die Entscheidung der Vergabekammer gebunden. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann das beigeladene Unternehmen Rechtsmittel einlegen, sofern es durch die Entscheidung beschwert ist (dazu § 116 Rz. 24 ff.)4. Es ist auch nicht gehindert, in Bezug auf einen von ihm gerügten Vergaberechtsverstoß einen eigenen Nachprüfungsantrag zu stellen, wenn die diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind5. Insbesondere fehlt es in diesem Fall nicht an dem notwendigen Sachentscheidungsinteresse, da das Nachprüfungsverfahren, zu dem ein Unternehmen beigeladen worden ist, ohne dessen Mitwirkung jederzeit beendet werden kann (Rz. 28) und gegebenenfalls bis zur nachträglichen Einleitung eines eigenen Nachprüfungsverfahrens durch den Beigeladenen der Zuschlag bereits erteilt worden ist. Ebenfalls muss ein Unternehmen selbst bei erfolgter Beiladung die Frist gemäß

1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 109 GWB Rz. 4; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 17; Tahal in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 109 Rz. 7; vgl. für die Beiladung im Verwaltungsprozess Redeker/von Oertzen, VwGO, § 66 Rz. 6 ff. 2 Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 7. 3 Freund, NZBau 2005, 266 (268); Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 8; Heuvels in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 109 GWB Rz. 4; Portz in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 12. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 21; Portz in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 12. 5 Freund, NZBau 2005, 266, 267; Lausen, VergabeR 2002, 117 (123).

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§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 beachten, die durch eine Beiladung weder gewahrt noch gehemmt wird (§ 107 Rz. 79 ff.). Das beigeladene Unternehmen muss den Verfahrensstand des Nachprü- 32 fungsverfahrens so übernehmen, wie es ihn nach der erfolgten Beiladung vorfindet (s. allerdings zum Zeitpunkt der Beiladung Rz. 27). Es hat keinen Anspruch auf Wiederholung früherer Verfahrenshandlungen1. Ist das beigeladene Unternehmen der Auffassung, dass es aufgrund einer erst sehr spät erfolgten Beiladung nicht mehr in der Lage war, sich sachgerecht zu äußern, kann es dies nur im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gemäß den §§ 116 ff. geltend machen, sofern es auch materiell beschwert ist. Es ist nicht möglich, dass ein Unternehmen auf die Stellung als Beigela- 33 dener verzichtet. Ist die (einfache oder notwendige) Beiladung erfolgt, dann ist die damit einhergehende Bindungswirkung seitens der Vergabekammer gerade gewollt. Dem kann sich das betreffende Unternehmen nicht einseitig entziehen. e) Rechtsschutz. Die Beiladungsentscheidung der Vergabekammer ist 34 gemäß § 109 Satz 2 unanfechtbar, also nicht gesondert überprüfbar. Das gilt sowohl für eine positive als auch für eine negative Entscheidung über die Beiladung2. Dies ist auch mit Blick auf die tatsächlichen und rechtlichen Folgen unbedenklich: Wird ein Unternehmen nicht beigeladen, obgleich es dies beantragt hat, 35 dann kann es ggf. mit einem eigenen Nachprüfungsantrag die Vergabekammer anrufen, wenn es sich durch das Vergabeverfahren des öffentlichen Auftraggebers in eigenen Rechten aus § 97 Abs. 7 beschwert fühlt und ihm ein Schaden droht. Die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 114 Abs. 3 entfaltet in diesem Fall für das nicht beigeladene Unternehmen keine Bindungswirkung. Die Beiladung kann zudem auch durch das Oberlandesgericht im Beschwerdeverfahren noch nachgeholt werden (§ 119 Rz. 3)3. 1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 109 Rz. 8; vgl. zur Beiladung im Kartellverwaltungsverfahren Bracher in Frankfurter Kommentar, § 54 GWB Rz. 81. 2 OLG Karlsruhe v. 25.11.2008 – 15 Verg 13/08; OLG Frankfurt v. 28.6.2005 – 11 Verg 9/05, VergabeR 2006, 144; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 15; Otting in Bechtold, GWB, § 109 Rz. 5; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 109 Rz. 2055; Portz in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 109 Rz. 27. 3 OLG Koblenz v. 29.12.2004 – 1 Verg 6/04; OLG Naumburg v. 9.12.2004 – 1 Verg 21/04; OLG Düsseldorf v. 26.6.2002 – Verg 24/02, NZBau 2002, 639; Freund, NZBau, 2005, 266; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 189.

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Untersuchungsgrundsatz

36 Erfolgt aus Sicht eines der anderen Verfahrensbeteiligten zu Unrecht eine Beiladung, dann ist dies hinzunehmen. Die Wahrung der Interessen der weiteren Beteiligten ist vor allem durch § 111 Abs. 2 und 3 hinreichend gewahrt. 37 f) Analoge Anwendung von § 108 Abs. 1 Satz 2. § 108 Abs. 1 Satz 2 sieht vor, dass ein ausländischer Antragsteller einen Empfangsbevollmächtigten in der Bundesrepublik Deutschland zu benennen hat (§ 108 Rz. 20). Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift, das Nachprüfungsverfahren möglichst zu beschleunigen, greift auch für beizuladende Unternehmen ein. Daher kann in entsprechender Anwendung dieser Regelung einem beizuladenden Unternehmen mit der Beiladungsentscheidung aufgegeben werden, einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu benennen1. 38 g) Aufwendungen des Beigeladenen (Erstattungsfähigkeit). Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten, die dem Beigeladenen aufgrund seiner Beteiligung an dem Nachprüfungsverfahren entstanden sind, wird auf die Ausführungen zu § 128 Rz. 18 verwiesen.

Untersuchungsgrundsatz

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(1) Die Vergabekammer erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle ist die Vergabekammer nicht verpflichtet. Sie achtet bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird. (2) Die Vergabekammer prüft den Antrag darauf, ob er offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Dabei berücksichtigt die Vergabekammer auch einen vorsorglich hinterlegten Schriftsatz (Schutzschrift) des Auftraggebers. Sofern der Antrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, übermittelt die Vergabekammer dem Auftraggeber eine Kopie des Antrags und fordert bei ihm die Akten an, die das Vergabeverfahren dokumentieren (Vergabeakten). Der Auftraggeber hat die Vergabeakten der Kammer sofort zur Verfügung zu stellen. Die §§ 57 bis 59 Abs. 1 bis 5 sowie § 61 gelten entsprechend.

1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 109 Rz. 23.

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Untersuchungsgrundsatz I. 1. 2. II. 1. 2.

3. III.

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Grundsatz der Amtsermittlung (§ 110 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . Verpflichtung zur Sachverhaltserforschung . . . . . . . . . Erforderliche Ermittlungen . . . a) Eigenverantwortlichkeit der Verfahrensbeteiligten . . . . . . . . . . . . b) Umfang der Ermittlungen, Beweiswürdigung . . . . . . . c) Verhältnismäßigkeit . . . . . Folgen mangelhafter Sachverhaltserforschung . . . . . . . . . Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags an den Auftraggeber (§ 110 Abs. 2 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Umgehende Durchführung der notwendigen Schritte . . . . . . 2. Prüfung der offensichtlichen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit (Vorprüfung) . . . a) Vorgaben aus dem Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . b) Prüfungsdichte . . . . . . . . c) Schutzschrift (§ 110 Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Übermittlungsvoraussetzungen, Kostenvorschuss . 4. Art und Weise der Übermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verfahrensfortgang bei nicht erfolgter Übermittlung . . . . . IV. Anforderung der Vergabeakten (§ 110 Abs. 2 Satz 3 und 4) . . . V. Entsprechende Geltung der §§ 57 bis 59 Abs. 1 bis 5 (§ 110 Abs. 2 Satz 5) . . . . . . .

18 20 21 22 28 34 35 38 42 47

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 110 Abs. 1 regelt für das Nachprüfungsverfahren den Untersuchungs- 1 grundsatz, der jedoch gleichzeitig durch die Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten sowie die Pflicht zur beschleunigten Durchführung des Nachprüfungsverfahrens (s. auch § 113) relativiert wird. Abs. 2 der Vorschrift behandelt die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrages an die Vergabestelle einschließlich der dafür bestehenden Voraussetzungen, die Anforderung der Vergabeakten sowie die Möglichkeiten zur Sachverhaltsermittlung und Beweiserhebung. 2. Entstehungsgeschichte In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsände- 2 rungsgesetz1 (Einleitung Rz. 7) wurde bereits die knappe Frist, innerhalb der die Überprüfung durch die Vergabekammer zu erfolgen habe, betont. Dies erfordere einerseits eine Klärung des Sachverhalts von Amts wegen, andererseits bestehe die Notwendigkeit, den Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen zu beeinträchtigen und daher die Tätigkeit in aller Regel auf die Prüfung der vorliegenden Anträge und die vorgetrage1 BT-Drucks. 13/9340.

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nen Beanstandungen zu beschränken. Ein öffentlicher Auftraggeber müsse, ohne sich auf entschuldbare Verzögerungen berufen zu können, die bei ihm vorhandenen Unterlagen schnellstmöglich zur Verfügung stellen. Auch die Verweise auf die §§ 46, 54 und 55 mit den darin geregelten Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefugnissen sollen sowohl der Beschleunigung dienen als auch für die Vergabekammer die Möglichkeit schaffen, die tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen hinreichend zu ermitteln. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass, sofern nicht Spezialregelungen greifen, das Verwaltungsverfahrensgesetz subsidiär zu § 110 Anwendung finde. 3 Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) wurde § 110 nicht unwesentlich umgestaltet. Dabei handelt es sich allerdings weitgehend um redaktionelle Änderungen. So wurde § 110 Abs. 1, entsprechend der Begründung zum Regierungsentwurf der Ursprungsfassung (Rz. 2) dahingehend ergänzt, dass die Vergabekammer sich bei ihrer Tätigkeit auf das beschränken könne, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zudem sei sie nicht zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle verpflichtet. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wird des Weiteren betont, dass die Vergabekammer nicht allen denkbaren Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen nachgehen müsse und sich neben dem Vortrag der Beteiligten auf das beschränken könne, was „dem sorgfältig ermittelnden Beamten zur Kenntnis gelangt“. Dies schließe „beispielsweise Indizien wie Pressemeldungen“ ein1. 4 § 10 Abs. 2 wurde des Weiteren um eine ausdrückliche Bestimmung ergänzt, nach der die Vergabekammer einen vorsorglich hinterlegten Schriftsatz (Schutzschrift) zu berücksichtigen hat. Auch dies sei allerdings nur eine Klarstellung2. Anders als nach der zuvor geltenden Rechtslage muss der Nachprüfungsantrag dem Auftraggeber nach der Prüfung, ob er offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, nicht mehr förmlich zugestellt werden. Es genügt nunmehr die Übermittlung einer Kopie des Antrags an den öffentlichen Auftraggeber. Die Auslösung des Zuschlagsverbotes gemäß § 115 Abs. 1 ist von dieser Übermittlung an den Auftraggeber nicht abhängig. Dafür genügt vielmehr eine entsprechende Information des Auftraggebers in Textform über den Antrag auf Nachprüfung. Allerdings darf auch diese Information nur dann erfolgen, wenn der Nachprüfungsantrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist (s. § 115 Rz. 8). 1 BT-Drucks. 16/10117, 22. 2 S. insbesondere BT-Drucks. 16/10117, 22 (42).

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Gestrichen wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz die 5 Verpflichtung der Vergabekammer, eine Kopie des Nachprüfungsantrags der Vergabeprüfstelle zu übermitteln. Dabei handelt es sich um eine Folgeänderung zu der Streichung von § 103 (s. dazu § 102 Rz. 15 f.). II. Grundsatz der Amtsermittlung (§ 110 Abs. 1) § 110 Abs. 1 Satz 1 entspricht inhaltlich im Wesentlichen dem in § 24 6 VwVfG des Bundes und der Länder allgemein für das Verwaltungsverfahren geregelten Untersuchungsgrundsatz. Unabhängig von der den Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Antragsteller, auferlegten Beibringungslast (s. insbesondere § 108 Rz. 24, § 113 Rz. 24 ff.) prägt dieser Grundsatz – ebenso wie andere Verwaltungsverfahren auch – das Nachprüfungsverfahren1. Soweit § 110 keine besonderen Regelungen trifft, ist daher für die Sachverhaltsermittlung das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes oder des betreffenden Landes ergänzend heranzuziehen (s. bereits Rz. 2)2. Soweit § 24 VwVfG durch das GWB verdrängt wird, kann die Regelung zumindest zur Auslegung der GWB-Vorschriften herangezogen werden3. 1. Verpflichtung zur Sachverhaltserforschung Gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 erforscht die Vergabekammer den Sachverhalt 7 von Amts wegen. Daraus folgt, dass die Vergabekammer insofern kein Ermessen hat. Dies muss vielmehr in dem erforderlichen Umfang erfolgen. Begrenzt wird dies durch § 110 Abs. 1 Satz 2 dahingehend, dass sich die Sachverhaltsaufklärung auf den Vortrag der Beteiligten sowie das beschränken kann und in der Regel auch beschränken muss (Rz. 9), was der Vergabekammer ansonsten bekannt ist oder jedenfalls bekannt sein muss. Hinsichtlich der Rechtsfragen ergibt sich eine Begrenzung aus § 110 Abs. 1 Satz 3 dahingehend, dass keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle anzustellen ist, d.h. die Vergabekammer muss nur – dies jedoch vollständig und abschließend – prüfen, ob der Antragsteller auf der Grundlage des von ihm vorgetragenen Sachverhalt in seinen Rechten verletzt ist. Es bedarf also weder der Prüfung einer möglichen Rechtsverletzung über den vom Antragsteller selbst vorgetragenen Sachverhalt hinaus, noch muss sich die Vergabekammer mit der Frage befassen, ob 1 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, NZBau 2001, 151. 2 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110, Rz. 4; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 110 Rz. 1. 3 Ebenso für das kartellrechtliche Verwaltungsverfahren Bracher in Frankfurter Kommentar, § 57 GWB Rz. 5.

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Untersuchungsgrundsatz

sonstige Unternehmen möglicherweise in ihren Rechten verletzt sind oder gar Vergabevorschriften missachtet wurden, die keine subjektiven Rechte i.S.v. § 97 Abs. 7 begründen. 2. Erforderliche Ermittlungen 8 a) Eigenverantwortlichkeit der Verfahrensbeteiligten. Die Vergabekammer muss nur den für ihre Entscheidung notwendigen Sachverhalt ermitteln. Dabei ist zu beachten, dass der Antragsteller gemäß § 108 Abs. 1 seinen Nachprüfungsantrag unverzüglich begründen muss. Die Vergabekammer kann in der Regel davon ausgehen, dass in der Begründung des Nachprüfungsantrags die wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkte zumindest dem Grunde nach angesprochen sind (§ 108 Rz. 24)1. Maßgeblicher Sachverhalt sind dabei die tatsächlichen Umstände, die von den Beteiligten mit der ihnen jeweils möglichen Substantiierung vorgebracht werden oder die zwar von den Beteiligten nicht selbst angesprochen werden, jedoch der Vergabekammer aus sonstigen Gründen, z.B. aufgrund von Pressemitteilungen (s. Rz. 3) oder auch aus anderen Nachprüfungsverfahren, bekannt sind und die gleichzeitig in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens stehen. Dabei hat die Vergabekammer auch zu berücksichtigen, dass im Nachprüfungsverfahren kein Anwaltszwang besteht und daher auch Ermittlungen zu aus juristischer Sicht nicht eindeutig vorgetragenen Umständen notwendig sein können.2 Andererseits muss die Vergabekammer nicht etwaigen Sachverhaltsfragen nachgehen, die zwar von den Verfahrensbeteiligten angesprochen sind, die jedoch keinen entscheidungserheblichen Bezug zu subjektiven Rechten des Antragstellers gemäß § 97 Abs. 7 haben und auch nicht aus sonstigen Gründen entscheidungsrelevant sind. Letzteres ist etwa dann nicht der Fall, wenn der Antragsteller mit dem betreffenden Vortrag gemäß § 107 Abs. 3 präkludiert ist (s. § 107 Rz. 41, 45)3. Da dem Nachprüfungsantrag auf dieser 1 OLG München v. 27.6.2007 – Verg 07/07; VK Münster v. 31.10.2007 – VK 23/07; VK Südbayern v. 19.2.2008 – Z3-3-3194-1-02-01/08; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 6. 2 Maier, NZBau 2004, 667, 668; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 3. 3 OLG München v. 10.9.2009 – Verg 18/09; OLG Rostock v. 5.7.2009 – 17 Verg. 7/06; OLG Düsseldorf v. 15.6.2009 – VII Verg. 05/05; Gause in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 14 Rz. 7; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 110 Rz. 11; Ramm, VergabeR 2007, 739 (744); a.A. Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 110 Rz. 4; Weyand, IBRonline-Kommentar, Vergaberecht, § 110 GWB Rz. 2060.

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Untersuchungsgrundsatz

Grundlage dann ohnehin nicht stattgegeben werden kann, müssen insofern auch keine möglicherweise unklaren Einzelheiten des Sachverhalts aufgeklärt werden. Diese Einschränkungen der Untersuchungspflichten der Vergabekammer 9 ergeben sich bereits aus dem Sinn und Zweck des verwaltungsverfahrensrechtlichen Untersuchungsgrundsatzes selbst1. Ergänzend dazu folgen sie auch aus § 110 Abs. 1 Satz 2 sowie aus der Regelung, dass die Vergabekammer nicht zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle verpflichtet ist (§ 110 Abs. 1 Satz 3). Auch wenn der Gesetzeswortlaut die Vergabekammer lediglich berechtigt, sich auf den Vortrag der Beteiligten oder das, was ihr bekannt sein muss, zu beschränken und damit eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle durch den Gesetzeswortlaut des § 110 Abs. 1 Satz 3 zumindest nicht ausgeschlossen ist, ergibt sich sowohl für die Sachverhaltsermittlung als auch für die Rechtsprüfung regelmäßig eine weitgehende Beschränkung aus § 110 Abs. 1 Satz 4. Danach achtet die Vergabekammer bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird.2 Ebenfalls folgt eine diesbezügliche Einschränkung aus dem Umstand, dass es sich beim Nachprüfungsverfahren um ein antragsgebundenes Streitverfahren handelt, bei dem es um die Klärung geht, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und das allein zur Zielsetzung hat, eine solche Rechtsverletzung zu beseitigen (§ 114 Abs. 1; zur fehlenden Antragsbindung gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 s. § 114 Rz. 16)3. Fehlt es, etwa aufgrund einer Rücknahme durch den Antragsteller, an dem notwendigen Nachprüfungsantrag, scheidet eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch die Vergabekammer aus4. b) Umfang der Ermittlungen, Beweiswürdigung. Der Umfang der Sach- 10 verhaltsermittlungen ist begrenzt durch den Verfahrensgegenstand. § 114 Abs. 1 Satz 2 ändert nichts daran, dass das Verfahren auf den zur 1 S. dazu etwa Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 24 Rz. 2; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 24 Rz. 1. 2 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 4. 3 OLG München v. 10.12.2009 – Verg 16/09, VergabeR 2010, 246 (259); OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682; OLG Karlsruhe v. 24.7. 2007 – 17 Verg 6/07; OLG Frankfurt v. 8.2.2005 – 11 Verg 24/04, VergabeR 2005, 384; VK Südbayern v. 19.2.2008 – Z3 3-3194-1-02-01/08; VK Münster v. 31.10. 2007 – VK 23/07; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 110 Rz. 6; Maier, NZBau, 2004, 667 (668). 4 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 8.

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Untersuchungsgrundsatz

Entscheidung gestellten Sachverhalt und das durch den Antragsteller verfolgten Ziels beschränkt ist. Es dürfen und müssen daher keine Ermittlungen der Vergabekammer dahingehend angestellt werden, ob etwa ein anderes Unternehmen, das keinen Nachprüfungsantrag gestellt hat, in subjektiven Rechten gemäß § 97 Abs. 7 verletzt ist (Rz. 7; s. dazu auch noch § 114 Rz. 15). 11 Innerhalb dieses Rahmens ergibt sich der Umfang der Sachverhaltsermittlung aus dem materiellen Vergaberecht. Es ist alles das aufzuklären, was für die dem Antragsgegner vorgeworfene und nicht gemäß § 107 Abs. 3 präkludierte Verletzung von subjektiven Rechten des Antragstellers1 gemäß § 97 Abs. 7 maßgeblich und für die Überzeugungsbildung der Vergabekammer notwendig ist (zu den Möglichkeiten der Beweiserhebung Rz. 12; zu den in Betracht kommenden Beweismitteln § 108 Rz. 25). Der das Nachprüfungsrecht prägende Beschleunigungsgrundsatz (§ 110 Abs. 1 Satz 4, § 113) führt dabei nicht zu geringeren Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung und Überzeugungsbildung als dies bei anderen Verwaltungsverfahren der Fall ist. Es handelt sich also nicht um ein Eilverfahren mit reduzierten Anforderungen an die Ermittlungspflichten und die Überzeugungsbildung der Vergabekammer2. Die Vergabekammer muss daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Richtigkeit des ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts überzeugt sein. Zeigt sich bei der Beurteilung, dass im konkreten Fall der Sachverhalt auch anders sein kann als vorgetragen, muss weiter ermittelt werden. Dies gilt erst recht dann, wenn sich ein anderer Tatbestand aufdrängt. Hingegen muss die Vergabekammer über die Richtigkeit ihrer Entscheidungsgrundlage keine absolute Gewissheit erlangt haben3. 12 Für das Nachprüfungsverfahren gilt dabei wie für jedes Verwaltungsverfahren, sofern nichts anderes geregelt ist, der Grundsatz der freien Beweiswürdigung4. Die Vergabekammer ist daher nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Sie ist in der Bewertung und Würdigung der Tatsachen, die sie ihrer rechtlichen Entscheidung zu Grunde legt, frei5. 1 OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09, VergabeR 2010, 669. 2 BKartA v. 1.2.2001 – VK 1-1/01, VergabeR 2001, 143; Gröning, ZIP 1999, 52 (58); Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 5. 3 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 110 Rz. 12; Boesen, Vergaberecht, § 110 Rz. 21 ff.; allgemein Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 24 Rz. 20 ff. 4 Ramm, VergabeR 2007, 739 (744 f.). 5 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 110 Rz. 12; Boesen, Vergaberecht, § 110 Rz. 22.

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Wegen des Grundsatzes der Amtsermittlung gibt es zwar keine formelle Darlegung- und Beweislast, jedoch gleichwohl eine materielle Beweislast.1 Die Unaufklärbarkeit bestimmter Umstände wirkt sich daher zu Lasten der Partei aus, die sich darauf beruft.2 c) Verhältnismäßigkeit. § 110 Abs. 1 Satz 4 enthält eine besondere Aus- 13 prägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der bei der Amtsermittlung der Vergabekammer ebenso zu beachten ist wie bei allen anderen staatlichen Tätigkeiten. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert insbesondere die Wahl der zur Sachverhaltsaufklärung zur Verfügung stehenden mildesten Mittel, d.h. der Mittel, die die Positionen der Betroffenen und der Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen3. Gesteigertes Gewicht misst § 110 Abs. 1 Satz 4 dabei der zügigen Weiter- 14 führung des Vergabeverfahrens und der Auftragsvergabe bei. Darauf ist folglich besonders zu achten, wenn es um die Frage geht, ob bestimmte Sachverhaltsermittlungen noch verhältnismäßig sind. So braucht die Vergabekammer keine Nachforschungen anzustellen, die sehr zeitintensiv sind oder sehr nachhaltig in schutzwürdige Positionen von Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Dritten eingreifen (zum Geheimnisschutz § 111 Rz. 36 ff.), gleichwohl jedoch kaum die Aussicht bieten, nachhaltig zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen. Sie darf und muss sich vielmehr auf das bei vernünftiger Betrachtungsweise wirklich Erforderliche beschränken4. Auch muss die in § 113 Abs. 1 genannte Entscheidungsfrist zur Sachverhaltsermittlung nicht vollständig ausgenutzt werden. Diese ist zwar ohnehin sehr eng bemessen (§ 113 Rz. 4), jedoch kann es durchaus Fälle geben, in denen sie gleichwohl nicht vollständig ausgeschöpft werden muss. Andererseits gibt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch unter Berück- 15 sichtigung von § 110 Abs. 1 Satz 4 keine Rechtfertigung für eine nur oberflächliche Sachverhaltsermittlung. In jedem Fall muss die Vergabe1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 2. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 110 Rz. 1; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 110 Rz. 14. 3 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 110 Rz. 1; zur Begrenzung von erforderlichen Ermittlungen gemäß § 57 für das Kartellverwaltungsverfahren Bracher in Frankfurter Kommentar, § 57 GWB Rz. 17 ff.; allgemein zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Amtsermittlung Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 24 Rz. 36 ff. 4 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 23; Otting in Bechtold, GWB, § 110 Rz. 3.

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kammer daher prüfen, ob und ggf. welche Aufklärungsmaßnahmen sie durchführen oder aus welchen Gründen sie davon ggf. in der konkreten Situtation Abstand nehmen will. 3. Folgen mangelhafter Sachverhaltserforschung 16 Die nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten unzureichende Sachverhaltsaufklärung ist nicht eigenständig anfechtbar oder zu erzwingen. Es besteht daher lediglich die Möglichkeit, gegen eine auf einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung beruhende Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde gemäß den §§ 116 ff. einzulegen, wenn zugleich auch eine materielle Beschwer gegeben ist1. III. Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags an den Auftraggeber (§ 110 Abs. 2 Satz 3) 17 Die Vergabekammer übermittelt den Nachprüfungsantrag in Kopie der Vergabestelle, wenn er nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Anders als nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (Rz. 3) knüpft das Zuschlagsverbot jedoch nicht an diese Übermittlung bzw. an die nach altem Recht notwendige Zustellung des Nachprüfungsantrags an. Vielmehr ist für die Auslösung des Zuschlagsverbotes lediglich die in § 115 Abs. 1 geregelte Information notwendig. Die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags erfolgt unabhängig davon, unterliegt allerdings denselben Voraussetzungen. Diese sind in § 115 Abs. 1 für die Information über den Antrag auf Nachprüfung nicht ausdrücklich geregelt und daher inhaltlich § 110 Abs. 2 zu entnehmen. Sowohl die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags als auch die Information gemäß § 115 Abs. 1 sind davon abhängig, dass nach der Prüfung der Vergabekammer der gestellte Nachprüfungsantrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. 1. Umgehende Durchführung der notwendigen Schritte 18 Der Information gemäß § 115 Abs. 1, schon im Hinblick auf die identischen Anforderungen (Rz. 17) aber auch der Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrages an den Auftraggeber, kommt zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für den Antragsteller wesentliche Bedeutung zu. Nur sie kann nach Ablauf der Frist gemäß § 101a Abs. 1 (dazu 1 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 8; vgl. auch Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 24 Rz. 7, 58 ff.

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§ 101a Rz. 26 ff.) in der Regel gewährleisten, dass die Zuschlagserteilung unterbleibt (§ 115 Rz. 24) bzw. ein gleichwohl erteilter Zuschlag gemäß § 101b unwirksam ist (§ 101b Rz. 6) und die durch den Antragsteller gerügten Vergaberechtsverstöße beseitigt werden können. § 110 Abs. 2 Satz 1 bestimmt keinen Zeitraum für die Prüfung durch die 19 Vergabekammer, ob ein dort eingegangener Nachprüfungsantrag offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Entsprechendes gilt für die Übermittlung einer Kopie des Antrags an der Auftraggeber sowie die Information gemäß § 115 Abs. 1, die für den Antragsteller von vorrangiger Bedeutung ist. Allerdings sieht Art. 2 Abs. 1 der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) vor, dass vorläufige Maßnahmen zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes „so schnell wie möglich“ eingreifen müssen. Dies gilt daher jedenfalls dann, wenn eine durch die Vergabekammer nicht mehr rückgängig zu machende Auftragsvergabe an einen Konkurrenten des Antragstellers droht (§ 114 Abs. 2 Satz 1, dazu § 114 Rz. 28 ff.). Da der Vergabekammer für die Übermittlung gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 und die Information gemäß § 115 Abs. 1 kein Ermessensspielraum eingeräumt ist und sie daher eine Kopie des Antrags an den Auftraggeber übermitteln und in Textform über den Antrag auf Nachprüfung informieren muss, wenn er nicht offensichtlich erfolglos sein wird, ist die Regelung so zu verstehen, dass die Offensichtlichkeitsprüfung und die sich daran anschließenden Schritte sofort zu erfolgen haben1. Nicht in Betracht kommt es daher, die Offensichtlichkeitsprüfung in den allgemeinen Geschäftsgang einzuordnen und ggf. erst nach mehreren Tagen zu entscheiden, ob der Antrag dem Auftraggeber in Kopie übermittelt wird und eine Information gemäß § 115 Abs. 1 erfolgt, um das Zuschlagsverbot auszulösen. In der Regel wird diese Entscheidung noch am Tag des Antragseingangs oder spätestens am darauffolgenden Tag zu treffen sein2. 2. Prüfung der offensichtlichen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit (Vorprüfung) Nach Antragseingang hat die Vergabekammer zunächst eine Prüfung da- 20 hingehend vorzunehmen, ob der Nachprüfungsantrag offensichtlich un1 Vgl. zur fehlenden Bestimmung einer Leistungszeit im Zivilrecht § 271 BGB; ebenso Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 8. 2 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 110 Rz. 10; Tahal in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 110 Rz. 3; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 10.

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zulässig oder unbegründet ist. Davon hängt es ab, ob das Vergabeverfahren ausgesetzt und damit verzögert wird oder nicht. Zwar soll ein Vergabeverfahren nicht ohne Not unterbrochen werden, was auch die Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) nicht fordern (s. insbesondere Art. 2 Abs. 3–5 der Rechtsmittelrichtlinien), andererseits soll aber auch nicht der Fall eintreten, dass die notwendigen Schritte zur Auslösung des Zuschlagsverbots bewusst unterbleiben und sodann entgegen der ursprünglichen Einschätzung der Vergabekammer ein den Antragsteller in seinen subjektiven Rechten verletzender Zuschlag erteilt wird. Diese Grundsätze sind für die Beantwortung der Frage maßgeblich, wie umfangreich die Vorprüfung der Vergabekammer sein muss. Im Zweifelsfall ist eine Kopie des Nachprüfungsantrags zu übermitteln und die Information gemäß § 115 Abs. 1 vorzunehmen, da der Antrag dann nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist1. Dass in diesem Fall in der Regel die Erfolgsaussichten ebenfalls offen sind und erst recht nicht die Feststellung getroffen werden kann, dass der Antrag offensichtlich zulässig und begründet ist, spielt keine Rolle (zum weiteren Verfahrensgang bei einem aus Sicht der Vergabekammer offensichtlich unzulässigen oder unbegründeten Nachprüfungsantrag s. Rz. 21). 21 a) Vorgaben aus dem Verfahrensablauf. Gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 erfolgt die Anforderung der Vergabeakten ebenso wie die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrages sowie die Information gemäß § 115 Abs. 1 zur Auslösung des Zuschlagsverbots (§ 115 Rz. 8 ff.) erst nach der Vorprüfung durch die Vergabekammer. Daraus folgt für diese Prüfung, dass sie grundsätzlich allein anhand des Nachprüfungsantrages zu erfolgen hat, also ohne weitergehende Sachverhaltsermittlungen (zur Berücksichtigung einer Schutzschrift s. Rz. 28). Nur wenn sich aus dem Nachprüfungsantrag selbst dessen offensichtliche Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ergibt, darf in der Regel von einer Übermittlung sowie einer Information gemäß § 115 Abs. 1 abgesehen werden. Eine Anhörung der Vergabestelle sowie weiterer (zukünftiger) Verfahrensbeteiligter i.S.v. § 109 hat zu unterbleiben2. Das insofern notwendige Gegengewicht für rechtsmissbräuchliche Nachprüfungsanträge enthält § 125 (§ 125 Rz. 6 ff.). 22 b) Prüfungsdichte. Maßgebliches Kriterium für die Prüfungsdichte der Vergabekammer bei ihrer Vorprüfung ist die Offensichtlichkeit. Es muss

1 Otting in Bechtold, GWB, § 110 Rz. 6. 2 Gabriel, NJW 2009, 2011, 2015; Otting in Bechtold, GWB, § 110 Rz. 5.

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also evident sein, dass dem Nachprüfungsantrag kein Erfolg beschieden sein wird1. Da zum Zeitpunkt der Vorprüfung durch die Vergabekammer in der Re- 23 gel nur der Nachprüfungsantrag vorliegt (Rz. 19), kann sich die Erfolglosigkeit des Antrags zumeist nicht aus einer eigenen Sachverhaltsermittlung und -würdigung der Vergabekammer ergeben. Vielmehr ist der durch den Antragsteller dargelegte Sachverhalt grundsätzlich als wahr zu unterstellen2, sofern er sich nicht als eindeutig falsch aufdrängt oder die Vergabekammer etwa aus vorherigen Nachprüfungsverfahren bereits konkrete Sachverhaltskenntnisse hat. Offensichtlich unzulässig kann der Nachprüfungsantrag sein, wenn er 24 die formellen Anforderungen des § 108 nicht einhält3. Ebenfalls kann er offensichtlich unzulässig sein, wenn der Zuschlag nach dem Kenntnisstand der Vergabekammer bereits wirksam an einen anderen Bieter erteilt wurde, die geltend gemachten Verstösse gegen Vergabevorschriften nicht fristgerecht gerügt worden sind (§ 107 Abs. 3 Satz 1, s. dazu § 107 Rz. 46 ff.)4, der maßgebliche Schwellenwert eindeutig nicht erreicht ist oder die Frist zur Stellung des Nachprüfungsantrags gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 (§ 107 Rz. 79 ff., 83) bereits abgelaufen ist. Bei der materiellen Bewertung des durch den Antragsteller in seiner 25 Antragsschrift dargestellten Sachverhalts und der gerügten Vergaberechtsverstöße kommt es für die offensichtliche Unzulässigkeit oder Unbegründetheit sowohl auf die maßgeblichen vergaberechtlichen Bestimmungen als auch auf deren Auslegung durch die Vergabekammern und Vergabesenate an. Ist eine von dem Antragsteller zugrunde gelegte Rechtsauffassung zwar mit guten Gründen vertretbar, wird sie jedoch in ständiger Rechtsprechung nicht geteilt, dann führt dies zur offensichtlichen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags, sofern sich nicht aus der Antragsbegründung wesentliche neue Erwägungen in rechtlicher Hinsicht ergeben. Die insofern deutlich strengeren Anforderungen in der Rechtsprechung zu § 80 Abs. 1 VwGO5 können hier nicht herangezogen werden. Denn zum einen enthält § 80 Abs. 1 1 S. etwa VK Baden-Württemberg v. 4.1.2010 – 1 VK 74/09; VK Berlin v. 27.3.2007 – VK-B 1-06/07; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 26; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 110 GWB Rz. 2076. 2 Vgl. etwa VK Schleswig-Holstein v. 5.9.2007 – VK-SH 21/07. 3 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 26. 4 S. etwa VK Arnsberg v. 18.1.2008 – VK 1/08; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 7. 5 S. dazu etwa Redeker/von Oertzen, VwGO, § 80 Rz. 11.

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VwGO keine § 110 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 entsprechende Regelung, zum anderen ist das Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht nicht durch einen § 113 vergleichbaren Beschleunigungsgrundsatz geprägt. Zudem spricht § 110 Abs. 2 Satz 1 nicht nur von der offensichtlichen Unzulässigkeit sondern auch von der offensichtlichen Unbegründetheit. Es ist also auch eine, wenn auch am Offensichtlichkeitsmaßstab ausgerichtete, materiell-rechtliche Vorprüfung der Vergabekammer notwendig, damit ein Vergabeverfahren nicht unnötig verzögert wird. 26 Die Vorprüfung der Vergabekammer darf nur dann dazu führen, dass eine Kopie des Nachprüfungsantrags wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussichten nicht an den Auftraggeber übermittelt wird und auch die Information gemäß § 115 Abs. 1 unterbleibt (Rz. 21), wenn sich dies eindeutig aus den vergaberechtlichen Bestimmungen oder einer gefestigten Rechtsprechung ergibt1. Ist dies nicht der Fall, dann ist der Antrag zumindest nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Rechtsauffassung des Antragstellers von plausiblen und vertretbaren Erwägungen getragen ist. Insofern ist die Vorprüfung der Vergabekammer mit einer Schlüssigkeitsprüfung vergleichbar. Sie weicht davon allerdings aufgrund des Offensichtlichkeitsmaßstabs dahingehend ab, dass die maßgeblichen Rechtsfragen in diesem Stadium des Nachprüfungsverfahrens noch nicht vollständig geklärt werden müssen und durch die Vergabekammer wegen des damit verbundenen Zeitaufwandes (Rz. 18 f.) in der Regel auch noch gar nicht im Einzelnen geklärt werden dürfen.2 27 Ist der Nachprüfungsantrag nach Auffassung der Vergabekammer offensichtlich unzulässig oder unbegründet, handelt es sich jedoch um einen heilbaren Fehler, etwa um eine in formeller Hinsicht unzureichende Antragsschrift, empfiehlt es sich, dass die Vergabekammer von der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens zwar zuächst absieht, jedoch dem Antragsteller die Möglichkeit einräumt, den Antrag nachzubessern3. Ansonsten muss sie damit rechnen, dass das betreffende Unternehmen nach der Ablehnung seines Antrags einen erneuten Nachprüfungsantrag stellt. Dies wäre ohne Weiteres möglich. Insbesondere würde ein nachgebesserter Antrag nicht an dem fehlenden Rechtsschutzinteresse des Unternehmens 1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (759); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 110 Rz. 20. 2 Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 31. 3 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 29.

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scheitern. Eine Pflicht der Vergabekammer zu einem derartigen Hinweis an das antragstellende Unternehmen besteht allerdings in der Regel nicht. Es geht insofern vielmehr in erster Linie um das Gebot, ein Nachprüfungsverfahren zweckmäßig durchzuführen (s. dazu §§ 10, 25 VwVfG). c) Schutzschrift (§ 110 Abs. 2 Satz 2). Mit dem Vergaberechtsmodernisie- 28 rungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) wurde durch die Neuregelung in § 110 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich klargestellt, dass die Vergabekammer auch einen vorsorglich hinterlegten Schriftsatz (Schutzschrift) bei ihrer Vorprüfung berücksichtigt. Diese Möglichkeit war allerdings vorher bereits anerkannt1. Daher wird in der Begründung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um eine klarstellende Regelung handele (Rz. 4). Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, dass § 110 Abs. 2 Satz 2 lediglich von einer Schutzschrift des Auftraggebers spricht. Ebenso ist es möglich, dass ein voraussichtlich gemäß § 109 beizuladendes Unternehmen (§ 109 Rz. 5, 8) eine Schutzschrift hinterlegt. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen das betreffende Unternehmen bereits für die Zuschlagserteilung ausgewählt wurde. Zu hinterlegen ist der Schriftsatz bei der für ein mögliches Nachprü- 29 fungsverfahren zuständigen Vergabekammer. Sofern mehrere Vergabekammern zuständig sein können (s. hierzu § 106a Rz. 15, 23), sollte die Schutzschrift bei allen in Betracht kommenden Vergabekammern hinterlegt werden. Eine Pflicht der Vergabekammer, ihre Zuständigkeit vorab zu prüfen und die Schutzschrift ggf. an eine andere Vergabekammer weiterzuleiten, die zusätzlich oder allein zuständig ist, besteht nicht. Eingereicht werden kann eine Schutzschrift jederzeit. Allerdings wird 30 dies regelmäßig nur dann sinnvoll sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Nachprüfungsverfahren durch ein bestimmtes Unternehmen oder möglicherweise durch mehrere Unternehmen eingeleitet werden soll und wenn absehbar ist, welche vermeintlichen Mängel des Vergabeverfahrens dabei beanstandet werden. Anhaltspunkte dafür bestehen regelmäßig dann, wenn beim Auftraggeber Rügen von einem oder mehreren Unternehmen eingegangen sind, denen der Auftraggeber nicht abgeholfen hat. Die Schutzschrift muss sich jedoch nicht auf den möglichen Nachprüfungsantrag eines bestimmten Unternehmens bezie1 S. dazu etwa Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 110 Rz. 13; Tahal in Willenbruch/Bischoff, Komapaktkommentar Vergaberecht, § 110 Rz. 4; Brauer, NZBau 2009, 297 (298 f. unter Hinweis auf die geringe praktische Relevanz); Byok, NVwZ 2009, 531 (555); Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 32; Erdl, VergabeR 2001, 270 ff.

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hen. Sie kann vielmehr auch den Fall abdecken, dass ein Nachprüfungsantrag von einem noch nicht konkret feststehenden Unternehmen oder auch von mehreren Unternehmen droht. 31 Wie jeder andere Schriftsatz auch, der in einem Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer eingereicht wird, kann auch eine Schutzschrift Ausführungen sowohl zum Sachverhalt als auch zur Rechtslage enthalten. Die Vergabekammer berücksichtigt eine eingereichte Schutzschrift bei ihrer Offensichtlichkeitsprüfung gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1. Der dabei einzuhaltende Prüfungsmaßstab wird allerdings nicht verändert. Es verbleibt also auch bei Vorliegen einer Schutzschrift dabei, dass die Vergabekammer zunächst nur prüft, ob der Nachprüfungsantrag offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist1. Sofern dies nicht der Fall ist, ist der Nachprüfungsantrag gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 dem Auftraggeber in Kopie zu übermitteln. Zudem ist er in diesem Fall zur Auslösung des Zuschlagsverbotes gemäß § 115 Abs. 1 über den Nachprüfungsantrag zu informieren (Rz. 17) 32 Ist der Sachverhalt unter Zugrundelegung von Nachprüfungsantrag einerseits und Schutzschrift andererseits streitig, kann und darf dies nicht im Rahmen der Vorprüfung gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 aufgeklärt werden. In der Regel ist dann der Vortrag des Antragstellers zugrunde zu legen, es sei denn, er ist eindeutig falsch, ohne dass dies einer vertiefenden Prüfung bedarf, etwa weil der Auftraggeber hierfür hinreichend aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat. 33 Für die rechtliche Bewertung des Nachprüfungsantrags gelten die vorstehenden Ausführungen sinngemäß. Die Vorprüfung der Vergabekammer ist nicht das Verfahrensstadium, um sich mit divergierenden Rechtsansichten vertieft auseinanderzusetzen. Auch bei vorliegender Schutzschrift darf also die Übermittlung des Nachprüfungsantrags nur dann unterbleiben, wenn dieser – den Sachvortrag des Antragstellers dabei in der Regel als zutreffend unterstellt (s. Rz. 23) – aufgrund eindeutiger rechtlicher Bestimmungen und zumeist einer bereits gefestigten Rechtsprechung ohne verbleibende nennenswerte Zweifel und ohne besonders vertiefte Prüfung unzulässig oder unbegründet ist. 3. Weitere Übermittlungsvoraussetzungen, Kostenvorschuss 34 § 110 Abs. 2 Satz 3 enthält keine weiteren Voraussetzungen für die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrages an den Auftraggeber 1 Byok, NVwZ 2009, 551 (555); Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 33.

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sowie für die Information gemäß § 115 Abs. 1 zur Auslösung des Zuschlagsverbots. Von Bedeutung kann in diesem Zusammenhang allerdings § 128 Abs. 1 i.V.m. den Regelungen des Verwaltungskostengesetzes sein. Gemäß § 16 VwKostG kann eine Amtshandlung, die auf Antrag vorzunehmen ist, von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses oder von einer angemessenen Sicherheitsleistung bis zur Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten abhängig gemacht werden. Da es sich beim Nachprüfungsverfahren um ein antragsgebundenes Verwaltungsverfahren handelt (§ 107 Rz. 7 ff.), ist diese Regelung hier einschlägig1. Dementsprechend sieht etwa die Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes2 in § 4 Abs. 1 zulässigerweise vor, dass die Übermittlung an den Auftraggeber erst erfolgt, wenn eine Vorschusszahlung in Höhe der Mindestgebühr nachgewiesen ist. Da die Information gemäß § 115 Abs. 1 von denselben Voraussetzungen abhängt wie die Übermittlung (Rz. 17) und zudem bereits mit der Information die Verpflichtung der Vergabekammer verbunden ist, das Nachprüfungsverfahren durchzuführen, ist sie in gleicher Weise von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses oder von einer angemessenen Sicherheitsleistung abhängig, wenn sie von der Vergabekammer geltend gemacht wird. Sollte der Antragsteller nicht bereits von sich aus den entsprechenden Vorschuss geleistet haben, weil er mit der diesbezüglichen Handhabung der Vergabekammer nicht vertraut ist, muss die Kammer ihn darauf umgehend hinweisen und kann vor der Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags an den Auftraggeber und der Information gemäß § 115 Abs. 1 den Vorschuss anfordern. Regelmäßig genügt ein Nachweis der Zahlung, etwa durch Vorlage eines Überweisungsbelegs oder einer Quittung, ohne dass der Betrag bereits bei der Vergabekammer eingegangen oder dem angegebenen Konto gutgeschrieben sein müsste3. 4. Art und Weise der Übermittlung Gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 übermittelt die Vergabekammer dem Auftrag- 35 geber eine Kopie des Nachprüfungsantrags, sofern er nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Eine Zustellung des Nachprüfungsantrags, so wie sie vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (s. Rz. 3 ff. sowie Einleitung Rz. 4 ff.) noch notwendig war, muss 1 Ebenso Willenbruch, NVwZ 1999, 1062 (1066); einschränkend Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 1025; ebenso wohl Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 110 Rz. 15. 2 Abgedruckt in Anhang III. 3 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 1025; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 34.

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nicht erfolgen. Insbesondere müssen daher auch nicht die strengen formellen Anforderungen des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes gewahrt werden. Dies ist folgerichtig, da das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 nicht mehr daran geknüpft ist, dass der Nachprüfungsantrag dem Auftraggeber zugestellt wurde. Vielmehr genügt eine Information des Auftraggebers über den Antrag auf Nachprüfung in Textform. Der Antrag selbst muss also dem Auftraggeber noch nicht vorliegen, um gemäß § 115 Abs. 1 eine wirksame Zuschlagserteilung zu verhindern (s. § 115 Rz. 8). Auf diese Weise wird das Zuschlagsverbot schneller erreicht, da eine Verzögerung bei der Zustellung oder auch etwaige Zustellungsmängel ohne Bedeutung sind. Sowohl die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags als auch die Information gemäß § 115 Abs. 1 hängen in gleicher Weise davon ab, dass die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag nicht für offensichtlich unzulässig oder unbegründet hält. Liegen diese Voraussetzungen vor, muss also beides erfolgen (s. bereits Rz. 17). 36 Für die Form der Übermittlung bestehen keine besonderen Anforderungen. Die Kopie des Antrags kann also insbesondere auf dem Postweg oder per Telefax übermittelt werden1. Ebenfalls ist eine Übermittlung in elektronischer Form möglich, wenn der Auftraggeber hierfür einen Zugang eröffnet hat (§ 3a VwVfG). Eröffnet ist ein derartiger Zugang dann, wenn der öffentliche Auftraggeber einen derartigen Kommunikationsweg mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Möglichkeit bereitstellt, ihn auch zu nutzen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn im Briefkopf oder in sonstigen schriftlichen Unterlagen eine E-Mail-Adresse ohne besondere einschränkende Zusätze angegeben wird2. 37 Erfolgt die Übermittlung durch die Vergabekammer (nicht), besteht dagegen ebenso wie gegen die Information gemäß § 115 Abs. 1 oder deren Unterlassen kein besonderes Rechtsmittel.3 Daher kann weder die Vergabestelle gegen die Übermittlung des Nachprüfungsantrags oder die Information gemäß § 115 Abs. 1 gesondert vorgehen, etwa dagegen sofortige Beschwerde gemäß § 116 einlegen4, noch kann der Antragsteller die 1 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 36. 2 S. im Einzelnen etwa Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 3a Rz. 10 ff. 3 Otting in Bechtold, GwB, § 110 Rz. 6; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 110 Rz. 14; von einer Rechtsschutzlücke spricht Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 8. 4 OLG Düsseldorf v. 18.1.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 596.

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Übermittlung oder die Information durch ein gesondertes Rechtsmittel erzwingen1. 5. Verfahrensfortgang bei nicht erfolgter Übermittlung Wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag dem Auftraggeber 38 nicht gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 in Kopie übermittelt, weil sie den Antrag für offensichtlich unzulässig oder unbegründet hält, stellt sich die Frage nach dem weiteren Fortgang des Nachprüfungsverfahrens. Entsprechendes gilt, wenn die Vergabekammer den Auftraggeber nicht gemäß § 115 Abs. 1 über den Nachprüfungsantrag informiert. Der Fall ist im GWB nicht ausdrücklich geregelt. Ebensowenig geregelt ist der Fall, dass zwar die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 erfolgt, nicht aber eine Information gemäß § 115 Abs. 1 oder der umgedrehte Fall, dass zwar die Information gemäß § 115 Abs. 1 erfolgt, nicht aber eine Übermittlung des Nachprüfungsantrags. In diesen Fällen ist zunächst maßgeblich, dass das Zuschlagsverbot an 39 die Information gemäß § 115 Abs. 1 anknüpft (§ 115 Rz. 8 sowie vorstehend Rz. 17). Das Zuschlagsverbot wird also auch dann durch eine entsprechende Information ausgelöst, wenn die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags nicht oder, was eher anzunehmen ist, erst verspätet erfolgt. Wird lediglich eine Kopie des Nachprüfungsantrags gemäß § 110 Abs. 2 40 Satz 3 übermittelt, erfolgt allerdings keine Information des öffentlichen Auftraggebers durch die Vergabekammer in Textform über den Antrag auf Nachprüfung gemäß § 115 Abs. 1, bedarf es ggf. der Auslegung. Die Übermittlung des Nachprüfungsantrags kann in diesem Fall die Information gemäß § 115 Abs. 1 einschließen. Regelmäßig wird sich dies aus dem Begleitschreiben oder einer Begleitverfügung der Vergabekammer ergeben. Allerdings kann die Übermittlung in diesem Fall auch erfolgen, um den Auftraggeber davon in Kenntnis zu setzen, dass bei der Vergabekammer zwar ein Nachprüfungsantrag eingegangen ist, die Vergabekammer diesen allerdings für offensichtlich unzulässig oder unbegründet hält und daher das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 gerade nicht auslösen möchte. Auch dies wird sich regelmäßig aus einem Begleitschreiben oder einer Begleitverfügung der Vergabekammer ergeben. 1 OLG Dresden v. 4.7.2002 – WVerg 0011/02, VergabeR 2002, 544; Gröning, VergabeR 2002, 435; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 31; differenzierend Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 1026 ff., der in Einzelfällen wohl eine sofortige Beschwerde für möglich hält.

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41 Erfolgt weder die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 noch eine gesonderte Information des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 115 Abs. 1, hat der Antragsteller grundsätzlich nur die Möglichkeit, gemäß § 116 Abs. 2 nach Ablauf von fünf Wochen sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht einzulegen, da in diesem Fall sein Antrag als abgelehnt gilt. Allerdings ist § 116 Abs. 2 auf den Fall zugeschnitten, dass der Nachprüfungsantrag dem Auftraggeber in Kopie übermittelt und er zudem gemäß § 115 Abs. 1 informiert wurde, dass ein Zuschlagsverbot besteht. Demgegenüber ist es für den Antragsteller in der Regel nicht akzeptabel, fünf Wochen abwarten zu müssen, ohne dass der Auftraggeber gehindert wäre, den Zuschlag zu erteilen und die ausgeschriebene Leistung zu vergeben. Eine solche Verzögerung stünde mit Art. 2 Abs. 9 der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) nicht im Einklang. Die Vergabekammer ist daher verpflichtet, bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ohne weitere Durchführung des Nachprüfungsverfahrens (Anforderung der Vergabeakten, Einräumung der Möglichkeit zur Akteneinsicht, Beiladung, Durchführung einer mündlichen Verhandlung) ihre Sachentscheidung gemäß § 114 Abs. 3 über den gestellten Nachprüfungsantrag zu treffen1. Dies hat mit Blick auf das fehlende Zuschlagsverbot sofort zu erfolgen. Der Antragsteller hat dann die Möglichkeit, gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde einzulegen (§§ 116 ff.; s. § 116 Rz. 9; zur Möglichkeit einer sofortigen Beschwerde bereits zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die Vergabekammer untätig bleibt s. § 116 Rz. 9)2. Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 kann er in diesem Fall zusätzlich beantragen, dass seine sofortige Beschwerde Suspensiveffekt erhält. Es geht in diesem Fall allerdings nicht um eine Verlängerung des Zuschlagsverbotes gemäß § 115 Abs. 1, sondern um dessen erstmalige Anordnung. Des weiteren sind im Falle eines Fehlverhaltens der Vergabekammer Amtshaftungsansprüche gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG denkbar (s. in diesem Zusammenhang auch § 105 Rz. 7)3.

1 KG Berlin v. 15.4.2004 – 2 Verg 6/04; OLG Stuttgart v. 4.11.2002 – 2 Verg 4/02; OLG Düsseldorf v. 18.1.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 596; OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (752); VK Südbayern v. 19.2.2008 – Z3 3-3194-1-02-01/08; VK Kiel v. 5.9.2007 – VK-SH 21/07. 2 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 29; ähnlich Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 1027, der die Entscheidung über die offensichtliche Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit selbst als gem. § 116 anfechtbare Endentscheidung ansieht. 3 So auch Gröning, VergabeR 2002, 435 (438).

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IV. Anforderung der Vergabeakten (§ 110 Abs. 2 Satz 3 und 4) Sofern die Voraussetzungen für die Übermittlung des Nachprüfungs- 42 antrages an den Auftraggeber vorliegen (Rz. 17), fordert die Vergabekammer – in der Regel bereits mit der Übermittlung einer Kopie des Antrags – bei dem Auftraggeber die Akten an, die das Vergabeverfahren dokumentieren. Das Gesetz bezeichnet diese Unterlagen als Vergabeakten. Sie dienen als Grundlage für die Sachverhaltsermittlung der Vergabekammer (Rz. 8) und die sich daran anschließende rechtliche Bewertung. Zu den Vergabeakten zählen sämtliche Unterlagen, die im Zusammen- 43 hang mit dem Vergabeverfahren entstanden sind1. Die Vergabestelle selbst hat in der Regel keine eigene Entscheidungs- und Bewertungskompetenz, welche Unterlagen für die Entscheidungsfindung der Vergabekammer von Bedeutung sind und welche nicht. Neben den Ausschreibungsbedingungen und ggf. bereits eingegangenen Angeboten sind daher auch Unterlagen im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Vergabeverfahrens (z.B. Kostenermittlungen im Hinblick auf den Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1, interne Prüfungen zur Losaufteilung gemäß § 97 Abs. 3), Vermerke über Aufklärungsgespräche, der Vergabevermerk sowie sonstige interne Stellungnahmen des Auftraggebers, die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren erstellt wurden und die für dessen Ausgestaltung und Durchführung von Bedeutung sein können, der Vergabekammer zur Verfügung zu stellen2. § 110 enthält anders als etwa § 99 Abs. 1 VwGO keine Beschränkungen 44 für die Verpflichtung des Auftraggebers zur Vorlage von Unterlagen. Die §§ 57 bis 59 Abs. 1 bis 5, auf die § 110 Abs. 2 Satz 5 verweist, differenzieren nicht zwischen den unterschiedlichen Auftraggebern, die in § 98 zusammengefasst werden. Damit geht die Verpflichtung zur Aktenvorlage bei der Vergabekammer als „gerichtsähnlicher Instanz“ (§ 105 Rz. 4) weiter als gemäß § 99 VwGO bei einem Verwaltungsgericht. In der Regel besteht allerdings für eine Beschränkung insbesondere aus Gründen der Geheimhaltung wegen § 111 Abs. 2 und 3 (dazu § 111 1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 11; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 110 Rz. 25; zur Dokumentationspflicht des Auftraggebers s. etwa OLG Brandenburg, v. 3.8. 1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 45. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 110 Rz. 9; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 45; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 110 Rz. 25; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 110 Rz. 4.

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Rz. 36 ff.) auch keine Veranlassung. Dennoch sind durchaus Fälle denkbar, in denen ein besonderes Geheimhaltungsinteresse besteht, dem nicht allein durch die Beschränkungsmöglichkeiten für die Akteneinsicht gemäß § 111 Abs. 2 und 3 Rechnung getragen werden kann (z.B. Verteidigungsaufträge). Jedenfalls dann, wenn es sich bei der Vergabestelle um eine Behörde handelt, ist die Übermittlung der Vergabeakten letztlich als ein spezialgesetzlich, jedoch nicht abschließend geregelter Fall der Amtshilfe anzusehen. Das spricht dafür, auch die Grenzen der Amtshilfe gemäß § 5 Abs. 2 VwVfG heranzuziehen. Danach müssen insbesondere Urkunden und Akten nicht vorgelegt werden, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen1. Dabei handelt es sich trotz des insofern unklaren Wortlauts des § 5 Abs. 2 VwVfG um ein striktes Amtshilfeverbot2. Die Vergabestelle hat dies dann ggf. der Vergabekammer mitzuteilen (§ 5 Abs. 5 VwVfG). Sofern die Vergabekammer die Gründe für die (teilweise) Verweigerung einer Vorlage von Vergabeakten nicht akzeptiert, entscheidet die für die Vergabestelle fachlich zuständige Aufsichtsbehörde darüber, ob und ggf. welche Unterlagen vorgelegt werden müssen3. Ein solches Amtshilfeverbot könnte mit einer grundsätzlich möglichen Beschlagnahme der jeweiligen Vergabeunterlagen durch die Vergabekammer (§ 110 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 58, s. Rz. 47) im Konflikt stehen. Angesichts des strikten Verbotscharakters des § 5 Abs. 2 VwVfG und der Bindung möglicher Ermittlungsmaßnahmen an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Rz. 13 ff.) hat bei Vorliegen eines Amtshilfeverbotes eine Anordnung der Beschlagnahme jedoch zu unterbleiben. Die der Beschlagnahme entgegenstehenden Belange wiegen in diesem Fall schwerer als diejenigen, zu deren Wahrnehmung die Beschlagnahme erfolgen soll.4 45 Der Auftraggeber hat die Vergabeakten der Vergabekammer sofort zur Verfügung zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 4). Sofort bedeutet, dass umgehend nach Eingang der Aufforderung die Unterlagen zusammengestellt

1 S. dazu Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 5 Rz. 27 ff. 2 Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 5 Rz. 27. 3 Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 5 Rz. 38 ff. 4 S. dazu Bracher in Frankfurter Kommentar, § 57 GWB Rz. 18 ff

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und auf dem schnellstmöglichen Weg an die Vergabekammer überbracht werden müssen1. Eine Einschränkung gilt dann, wenn die Vergabekammer selbst eine 46 Übersendung der Vergabeakten nicht in vollem Umfang anfordert. Dies ist vor allem dann in Betracht zu ziehen, wenn die gesamten Vergabeakten einschließlich der eingegangenen Angebote sehr umfangreich sind, das Nachprüfungsverfahren jedoch auf Gesichtspunkte gestützt wird, die mit den eingegangenen Angeboten nichts zu tun haben (z.B. die Wahl eines fehlerhaften Vergabeverfahrens). In diesem Fall kann die Vergabekammer eine Übersendung der Vergabeakten in nur eingeschränktem Umgang anfordern. Die Verpflichtung des Auftraggebers, die zunächst noch nicht vorzulegenden Vergabeakten nachträglich der Vergabekammer auf entsprechende Anforderung hin zur Verfügung zu stellen, bleibt davon unberührt. V. Entsprechende Geltung der §§ 57 bis 59 Abs. 1 bis 5 (§ 110 Abs. 2 Satz 5) Die §§ 57 bis 59 Abs. 1 bis 5 gelten für das Nachprüfungsverfahren vor 47 der Vergabekammer entsprechend.2 Es geht dabei um die Regelungen zur Sachverhaltsermittlung (s. dazu bereits Rz. 7) und Beweiserhebung (§ 57), zur Beschlagnahme (§ 58; s. dazu Rz. 44) und zu Auskunftsverlangen (§ 59). Auf die einschlägigen Erläuterungen zu diesen Vorschriften zum Kartell- 48 verwaltungsverfahren kann hier verwiesen werden3. Sie haben für das Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern in der Regel keine besondere praktische Relevanz. Daneben greifen auch die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes ein, wenn die Verweisregelungen zu bestimmten Punkten nicht abschließend oder lückenhaft sind (s. in diesem Zusammenhang zu Geheimhaltungsfragen Rz. 44).

1 Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 10; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 110 Rz. 10; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 110 Rz. 5; vgl. zum Begriff „sofort“ in Abgrenzung zu „unverzüglich“ auch OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (756); a.A. Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 110 Rz. 1035, der für das Zurverfügungstellen ein Bereithalten am Ort des Auftraggebers ausreichen lässt, also keine Übermittlung an die Vergabekammer für notwendig hält. 2 Hierzu Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 200 ff. 3 S. etwa die Kommentierung bei Bechtold, GWB, §§ 57 ff.; Bracher in Frankfurter Kommentar, §§ 57 GWB ff.

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(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. (2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist. (3) Jeder Beteiligte hat mit Übersendung seiner Akten oder Stellungnahmen auf die in Absatz 2 genannten Geheimnisse hinzuweisen und diese in den Unterlagen entsprechend kenntlich zu machen. Erfolgt dies nicht, kann die Vergabekammer von seiner Zustimmung auf Einsicht ausgehen. (4) Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden. I. 1. 2. II. 1.

2. III. 1. 2.

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Einführung . . . . . . . . . . . . . 1 Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . 1 Entstehungsgeschichte . . . . . 2 Recht zur Akteneinsicht (§ 111 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Besonderheiten gegenüber § 29 Abs. 1 VwVfG und gegenüber sonstigen Vorschriften zur Akteneinsicht . . . . . . . . . . . 3 Gegenstand der Akteneinsicht, Durchführung . . . . . . . . . . . 9 Versagung und Beschränkung der Akteneinsicht . . . . . . . . . 14 Unzulässigkeit oder offensichtliche Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags . . . . . . 14 Keine generelle Beschränkung der Akteneinsicht auf die durch den Antragsteller bereits geltend gemachten Vergaberechtsverstöße . . . . . . . . . . . . . . . 17

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3. Abwägung der wechselseitigen Belange . . . . . . . . . 4. Überwiegende wichtige Gründe . . . . . . . . . . . . . . . IV. Hinweispflichten (§ 111 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . V. Entscheidung der Vergabekammer, Rechtsfolgen bei unrichtiger Entscheidung über die Beschränkung oder Nichtbeschränkung der Akteneinsicht (§ 111 Abs. 4) . . . . . . . 1. Ungerechtfertigte Versagung der Akteneinsicht . . . . . . . . 2. Missachtung von wichtigen Gründen gemäß § 111 Abs. 2 .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 111 regelt die Akteneinsicht. Abs. 1 der Vorschrift bestimmt dabei ein 1 prinzipielles Akteneinsichtsrecht für die Verfahrensbeteiligten i.S.v. § 109. § 111 Abs. 2 enthält dazu Ausnahmetatbestände aus wichtigen Gründen. Beispielhaft, also nicht abschließend, werden hierbei der Geheimschutz sowie die Wahrung von Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen genannt. Nach § 111 Abs. 3 haben die Verfahrensbeteiligten auf die aus ihrer Sicht bestehenden Geheimhaltungserfordernisse hinweisen, um so die Effizienz der Ausnahmeregelung in Abs. 2 sicherzustellen. § 111 Abs. 4 befasst sich mit den Rechtsschutzmöglichkeiten bei Versagung der Akteneinsicht. 2. Entstehungsgeschichte Der Gesetzestext ist seit dem Vergaberechtsänderungsgesetz (Einleitung 2 Rz. 7) unverändert geblieben. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz1 wird darauf hingewiesen, dass das Akteneinsichtsrecht für einen effektiven Rechtsschutz im öffentlichen Auftragswesen zentrale Bedeutung habe und eine entscheidende Voraussetzung für die Verbesserung der Transpararenz des Vergabeverfahrens sei. Nach der zuvor geltenden Rechtslage sei es noch so gewesen, dass die Vergabeakten den Beteiligten in der Regel nicht oder allenfalls eingeschränkt bekannt und zugänglich gewesen seien. Zur Wahrung von Geheimnissen müsse die Vergabekammer die Sensibilität und Schutzbedürftigkeit des vorgelegten Materials zweifelsfrei erkennen können. Ob wichtige Gründe vorliegen, die einer Einsichtnahme entgegenstehen, habe sie zu entscheiden. Mit der Regelung, dass weder die teilweise noch die vollständige Versagung des Akteneinsichts isoliert anfechtbar sei, sollen eine Zersplitterung des Verfahrens und Verfahrensverzögerungen vermieden werden. II. Recht zur Akteneinsicht (§ 111 Abs. 1) 1. Besonderheiten gegenüber § 29 Abs. 1 VwVfG und gegenüber sonstigen Vorschriften zur Akteneinsicht § 111 Abs. 1 entspricht im Wesentlichen § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG des 3 Bundes und der Länder. Die Vorschrift enthält allerdings einige Abwei1 BT-Drucks. 13/9340.

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chungen. So geht § 111 Abs. 1 von seinem Wortlaut her davon aus, dass allen Verfahrensbeteiligten i.S.v. § 1091 im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes generell und umfassend ein Anspruch auf Akteneinsicht zusteht. Dies entspricht auch ausweislich der Gesetzesmaterialien dem Ziel der Regelung, die dem in § 97 Abs. 1 geregelten und auch unionsrechtlich vorgegebenen Transparenzgebot (§ 97 Rz. 18) Rechnung trägt. Eine Einschränkung dahingehend, dass der Anspruch generell nur besteht, soweit die Kenntnis des Akteninhalts zur Geltendmachung oder Verteidigung rechtlicher Interessen erforderlich ist, enthält die Vorschrift hingegen nicht. Eine Erforderlichkeit in diesem Sinne wird also aufgrund der Stellung als Verfahrensbeteiligter im Nachprüfungsverfahren unwiderlegbar vermutet. Dies ist daher auch für die Vergabekammer bindend (s. hierzu allerdings noch Rz. 17 ff.)2. Das umfassende Akteneinsichtsrecht trägt damit zugleich auch dem gerichtsähnlichen Charakter des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer Rechnung (§ 105 Rz. 4). Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren haben die Verfahrensbeteiligten gemäß § 100 VwGO ein umfassendes Akteneinsichtsrecht in die gemäß § 99 VwGO dem Verwaltungsgericht vorzulegenden Akten3. 4 In § 111 Abs. 1 fehlt der in § 29 Abs. 1 Satz 2 VwVfG enthaltene Ausschluss für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Gleichwohl ist den Verfahrensbeteiligten zwar volle Akteneinsicht insbesondere in die der Vergabekammer zur Verfügung zu stellenden Akten i.S.v. § 110 Abs. 2 (Vergabeakten, dazu § 110 Rz. 43) sowie in die von den anderen Verfahrensbeteiligten eingereichten Schriftsätze und sonstigen Unterlagen (s. noch Rz. 9) zu gewähren, nicht jedoch in Entscheidungsentwürfe, Voten u. ä. der Vergabekammer.4 Insofern ergänzt § 29 Abs. 1 Satz 2 VwVfG die Regelung in § 111 Abs. 15.

1 Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 3; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 111 Rz. 1; Ramm, VergabeR 2007, 739. 2 OLG Thüringen v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, BauR 2000, 95 (96). 3 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 100 Rz. 1. 4 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 111 Rz. 2. 5 So auch Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 10; Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 1; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 25; Boesen, Vergaberecht, § 111 Rz. 3; Griem, WuW 1999, 1182 (1184); a.A. Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1038.

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Des Weiteren fehlt in § 111 Abs. 1 auch eine § 29 Abs. 1 Satz 3 VwVfG 5 vergleichbare Regelung. Dies ist folgerichtig, weil aufgrund des durch § 109 begrenzten Kreises der Verfahrensbeteiligten eine derartige Bestimmung für das Nachprüfungsverfahren nicht erforderlich ist (zu weiteren Abweichungen von § 29 VwVfG s.u.a. Rz. 10). Für das Verhältnis von § 111 zu den allgemeinen Informations- und Ein- 6 sichtsrechten, insbesondere nach den Umweltinformationsgesetzen des Bundes und der Länder und den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder ist zu differenzieren: Soweit es um Ansprüche gegen die Verfahrensbeteiligten, also Antrag- 7 steller, Antragsgegner oder Beigeladene (§ 109 Rz. 5, 8) außerhalb des, ggf. auch (noch) anhängigen, Nachprüfungsverfahrens geht, sind die in diesen Gesetzen geregelten Informations- und Einsichtsrechte grundsätzlich anwendbar. Sie werden nicht durch § 111 verdrängt, da die Vorschrift einen Anspruch auf Akteneinsicht nur gegenüber der Vergabekammer regelt. Allerdings bestehen derartige Ansprüche gegen die Verfahrensbeteiligten nur dann und insoweit, wie sie informationspflichtige Stellen i.S.d. jeweiligen Gesetzes sind, z.B. gemäß § 1 Abs. 1 IFG1 oder gemäß § 2 Abs. 1 UIG2 Bund. Des weiteren enthalten die bundes- und landesrechtlichen Vorschriften zu Informationsansprüchen und Einsichtsrechten ihrerseits Ablehnungsgründe, insbesondere zum Schutz öffentlicher und privater Belange (s. z.B. §§ 8 und 9 UIG Bund, §§ 4 – 6 IFG Bund). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsheimnissen3. Soweit es um die Tätigkeit der Vergabekammer geht, sind Informations- 8 und Einsichtsrechte gemäß den Informationsfreiheitsgesetzen von Bund und Ländern verdrängt4. Im Hinblick auf die diesbezüglichen landesrechtlichen Bestimmungen ergibt sich dies bereits aus dem Vorrang des Bundesrechts, das das Verfahren vor der Vergabekammer abschließend regelt (s. § 115a). Soweit es um das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes geht, ist § 111 für die Tätigkeit der Vergabekammer speziell (§ 1

1 S. dazu Schoch, IFG, § 1 Rz. 72 ff. 2 S. dazu Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG Rz. 4 ff. 3 S. etwa zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG Bund Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG Rz. 18 ff.; zu § 6 IFG Bund Schoch, IFG, § 6 Rz. 40 ff. 4 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 1; Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 1a; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 8.

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Abs. 3 IFG Bund)1. Dem stehen weder unions-, noch verfassungsrechtliche Gründe entgegen. Unionsrechtliche Regelungen für allgemeine Informationsansprüche gegenüber staatlichen Stellen der Mitgliedstaaten existieren nicht2. Verfassungsrechtlich ist die Einräumung von Informationsansprüchen, so wie sie in den Informationsfreiheitsgesetzen geregelt sind, ebenfalls nicht gefordert3. Soweit es um Informationsansprüche gegenüber der Vergabekammer nach Maßgabe der Umweltinformationsgesetze des Bundes und der Länder geht, gilt aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts anderes. Allerdings basieren die umweltbezogenen Informationsansprüche auf der Richtlinie 2003/4/EG vom 28.1.2003 (Umweltinformationsrichtlinie)4. Auch wenn es sich bei den Vergabekammern von Bund und Ländern um informationspflichtige Stellen handelt, da sie keine Gerichte sind (s. insbesondere § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG Bund), stehen, jedenfalls während eines laufenden Nachprüfungsverfahrens, etwaigen über § 111 hinausgehenden Informationsansprüchen die in den Umweltinformationsgesetzen geregelten Ausschlusstatbestände entgegen, insbesondere der Schutz der Vertraulichkeit der Beratungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 25 sowie der Schutz der Rechte am geistigen Eigentum sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Verfahrensbeteiligten (vgl. insb. § 9 Abs. 1 Satz 1r. 2 und 3 UIG Bund)6. 9 2. Gegenstand der Akteneinsicht, Durchführung. § 111 Abs. 1 bezieht sich auf Akten. Gemeint sind damit zwar in erster Linie, aber nicht nur die Vergabeakten gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1. Dies ergibt sich bereits aus einem Vergleich der jeweiligen Formulierung. Unter Akten i.S.v. § 111 Abs. 1 fallen vielmehr sämtliche der Vergabekammer zur Entscheidung vorliegenden Unterlagen, also sowohl die Akten der Kammer selbst als 1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 1; Losch, VergabeR 2008, 739 (748); Schoch, IFG, § 1 Rz. 189; Jastrow/Schlatmann, IFG, Teil C, § 1 Rz. 62; i. E. wohl auch Rossi, IFG, § 1 Rz. 104 ff., der eine Spezialität annimmt, soweit die bereichsspezifische Regelung (auch) dem Schutz des Anspruchgsgegenstandes dient, was hier im Hinblick auf § 111 Abs. 2 anzunehmen ist; anders Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 45. 2 Schoch, IFG, Einl. Rz. 61, 83; Schomerus/Tolkmitt, DÖV 2007, 985 (987); Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984 (986 f.). 3 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rz. 15; Schoch, IFG, Einl. Rz. 47. 4 ABl. L Nr. 41, Aus. S. 26; zu den vergabe- und gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen umweltbezogener Informationsansprüche Reidt/Schiller in Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Vorb. UIG Rz. 15 ff. 5 Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 8 UIG Rz. 23 ff. 6 Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 8 UIG Rz. 15 ff.

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auch die beigezogenen Vergabeakten, eingereichten Schriftsätze usw. (s. auch Rz. 4)1. Die Einsichtnahme in die Akten kann nur bei der Vergabekammer erfol- 10 gen. Andere Möglichkeiten der Einsichtnahme sieht die Vorschrift nicht vor. Im Unterschied zu § 29 Abs. 3 Satz 2 VwVfG kommt daher zur Erleichterung der Akteneinsicht für nicht ortsansässige Verfahrensbeteiligte eine Übersendung der Vergabeakten im Original an den betreffenden Verfahrensbeteiligten oder dessen Bevollmächtigten oder auch nur an eine andere Behörde am Ort des Verfahrensbeteiligten nicht in Betracht (s. allerdings noch Rz. 13)2. Insofern ist § 111 Abs. 1 auch abschließend und speziell. Dies ist der Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens geschuldet (s. insb. § 113 Rz. 4, 25). Die Akteneinsicht findet in den Amtsräumen der Vergabekammer statt3. 11 Die Mitglieder der Vergabekammer müssen bei der Akteneinsicht nicht anwesend sein. Gleichwohl muss jedoch die Vergabekammer bzw. deren Geschäftsstelle die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen treffen, damit die Vergabeakten vollständig erhalten bleiben, also keine Unterlagen entnommen oder beschädigt werden und vor allem auch dem Geheimnisschutz gemäß § 111 Abs. 2 (dazu noch Rz. 36 ff.) hinreichend Rechnung getragen wird, soweit dies im Einzelfall geboten ist. Letzteres erfordert in der Regel eine Entnahme oder Schwärzung der geheimhaltungsbedürftigen Teile der Akten. Die Verfahrensbeteiligten haben gemäß § 111 Abs. 1 einen Anspruch auf 12 die – allerdings kostenpflichtige – Erstellung von Ausfertigungen, Auszügen oder Abschriften aus den Akten der Vergabekammer, was nach den Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze nicht ohne wei-

1 Ramm, VergabeR 2007, 739; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 25; Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 1; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 2; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 208; vgl. insofern zur Gerichtsakte Redeker/von Oertzen, VwGO, § 100 Rz. 1; Kopp/Schenke, VwGO, § 100 Rz. 3. 2 Ebenso Ramm, VergabeR 2007, 739; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 7; einschränkend Boesen, Vergaberecht, § 111 Rz. 4; Kus in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 27; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 3, der eine Versendung zumindest für möglich hält; ebenso Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 209. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 7; vgl. auch Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 78.

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teres der Fall wäre1. Ein Ermessensspielraum der Vergabekammer besteht insofern nicht2. Die Höhe der Kosten für Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften aus den Vergabeakten richtet sich nach den Verwaltungskostenregelungen des Bundes und der Länder3. 13 Der Anspruch auf die Erteilung von Ausfertigungen, Auszügen oder Abschriften besteht nicht nur ergänzend zur eigenen Einsichtnahme. Vielmehr können die Verfahrensbeteiligten auch ohne vorhergehende eigene Akteneinsicht diesen Anspruch geltend machen, also verlangen, dass sie Ablichtungen der gesamten bei der Vergabekammer vorliegenden Akte oder von Auszügen daraus erhalten, sofern dem nicht ganz oder teilweise Versagungsgründe gemäß § 111 Abs. 2 (Rz. 31 ff.) entgegenstehen. Viele Vergabekammern verfahren in der Praxis so, dass sie von vornherein insbesondere den auswärtigen Verfahrensbeteiligten anbieten, ihnen Kopien der Akten auf dem Postweg oder per Telefax zu übermitteln, die sie als nicht geheimhaltungsbedürftig einstufen und die sie für verfahrensrelevant halten. Die Verfahrensbeteiligten können sich auf diesen der Vereinfachung und Beschleunigung dienenden Weg einlassen. Sie müssen dies allerdings nicht. Wenn sie es wünschen, muss ihnen auch Einsicht in die Originalakten bei der Vergabekammer gewährt werden. III. Versagung und Beschränkung der Akteneinsicht 1. Unzulässigkeit oder offensichtliche Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags 14 Die Akteneinsicht ist regelmäßig zu versagen, wenn der gestellte Nachprüfungsantrag zweifelsfrei unzulässig ist4. Etwas anderes gilt also dann,

1 Vgl. Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 84 f.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 42; Ule/ Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 25 Rz. 8. 2 Ramm, VergabeR 2007, 739 f. hält allerdings bei umfangreichen Akten unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit für die Vergabekammer eine Beschränkung auf das Recht zur Einsichtnahme für zulässig; ebenso Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 11. 3 Vgl. Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 85. 4 S. etwa BayObLG v. 12.12.2001 – Verg 19/01; BayObLG v. 19.12.2000 – Verg 7/00; VK Südbayern v. 19.2.2008 – Z3-3-9194-1-02-01/08; VK Potsdam v. 28.2.2007 – 2 VK 8/07; VK Hamburg v. 25.7.2007 – VK BSU-8/07; VK Saarbrücken v. 19.1. 2007 – 3 Verg. 05/2006; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 13.

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wenn und soweit die Akteneinsicht notwendig ist, um die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags zu klären1. Sofern dem Antragsteller wegen Unzulässigkeit seines Nachprüfungs- 15 antrags die Akteneinsicht vollständig versagt wird, hat dies regelmäßig auch für ein ggf. bereits beigeladenes Unternehmen zu gelten. Es würde dem Gebot der Chancengleichheit und der Verfahrensfairness widersprechen, dem Antragsteller die Akteneinsicht zu versagen, sie hingegen einem beigeladenen Unternehmen einzuräumen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, in welchem Umfang die Akteneinsicht in einzelne Unterlagen nach Maßgabe von § 111 Abs. 2 versagt wird. Dies kann bei den Verfahrensbeteiligten in jeweils unterschiedlichem Umfang der Fall sein (s. Rz. 26). Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise, wenn der ge- 16 stellte Nachprüfungsantrag offensichtlich unbegründet ist2 und die Vergabekammer aus diesem Grunde den Antrag nicht einmal gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 übermittelt und auch nicht durch Information gemäß § 115 Abs. 1 das Zuschlagsverbot auslöst (s. § 110 Rz. 21) oder wenn sie wegen offensichtlicher Unbegründetheit beabsichtigt, gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 nach Lage der Akten, also ohne mündliche Verhandlung, zu entscheiden (§ 112 Rz. 17 ff.)3. 2. Keine generelle Beschränkung der Akteneinsicht auf die durch den Antragsteller bereits geltend gemachten Vergaberechtsverstöße Die Vergabesenate und Vergabekammern vertreten ganz überwiegend die 17 Auffassung, dass auch bei einem zulässigen Nachprüfungsantrag Akteneinsicht nur in dem Umfang zu gewähren sei, wie dies zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des jeweiligen Verfahrensbeteiligten erforderlich ist. Es komme daher auf die „Themen“ an, die der Antragsteller selbst benennt. Nicht (rechtzeitig) Gerügtes sei nicht entscheidungsrelevant und vermöge folglich kein Akteneinsichtsrecht zu begründen. Denn dieses Recht diene nicht dazu, ein Unternehmen in die Lage zu versetzen,

1 VK Saarbrücken v. 19.1.2007 – 3 VK 05/2006; VK Potsdam v. 17.5.2002 – VK 23/02; Ramm, VergabeR 2007, 739 (740); Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1040. 2 VK Brandenburg v. 27.3.2008 – VK 5/08; VK Baden-Württemberg v. 11.1.2008 – 1 VK 52/07; VK Schleswig-Holstein v. 28.11.2006 – VK-SH 25/06; Ramm, VergabeR 2007, 740; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 5. 3 So z.B. VK Schleswig-Holstein v. 17.3.2006 – VK-SH 2/06.

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hypothetische Vergaberechtsmängel aufzudecken, um sie anschließend zum Gegenstand einer Rüge machen zu können1. 18 Daran ist zutreffend, dass ein Nachprüfungsantrag, der zwar nicht in Gänze, allerdings hinsichtlich einzelner Vergaberechtsverstöße unzulässig ist, auch nicht zu einer vollständigen Akteneinsicht berechtigt (s. vorstehend zur vollständigen Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags Rz. 15). Dies ist vor allem in den Fällen anzunehmen, in denen Rügen zu bestimmten Punkten zweifelsfrei verfristet sind. 19 In allen anderen Fällen ist jedoch ein derartiges Verständnis bereits im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut in § 111 Abs. 1 und Abs. 2 problematisch. Es ist im Übrigen auch nicht erkennbar, warum der Umfang des Akteneinsichtsrechts insbesondere hinter § 100 VwGO zurückbleiben sollte. § 111 Abs. 1 regelt von seinem Wortlaut her ein unbeschränktes Akteneinsichtsrecht der Beteiligten und schafft damit ebenso wie § 100 VwGO die grundsätzliche Möglichkeit, (zusätzliche) Mängel in der Tätigkeit öffentlicher Auftraggeber, also (überwiegend) staatlicher Stellen, aufzudecken2. § 111 Abs. 1 Satz 2 bestimmt sodann, dass die Vergabekammer die Einsicht in die Unterlagen zu versagen hat, soweit dies aus wichtigen Gründen geboten ist. Die vollständige oder allenfalls teilweise eingeschränkte Akteneinsicht ist danach die Regel, deren Versagung die Ausnahme3. Eine vollständige oder teilweise Versagung ist dabei nur dann möglich, wenn sie aus wichtigen Gründen geboten ist. § 111 Abs. 2 nennt die Fälle, in denen dies „insbesondere“ der Fall ist. 20 Der Gesetzeswortlaut entspricht damit dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck der Regelungen. Dort wird ausdrücklich auf die Bedeutung des Akteneinsichtsrechts für einen effektiven Rechtsschutz sowie für die Verbesserung der Transparenz in Vergabeverfahren hingewiesen (s. Rz. 2). Auch unionsrechtlich ist ein sol1 So ausdrücklich OLG Jena v. 11.1.2007 – 9 Verg 9/06, VergabeR 2007, 207; ebenso etwa OLG Naumburg v. 11.6.2003 – 1 Verg 6/03; VK Ansbach v. 3.5.2007 – 21 VK-3194-19/07; VK Hamburg v. 25.7.2007 – VK BSU-8/07; Losch, VergabeR 2008, 739 (744). 2 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 8 f.; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 12 f. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 12 f.; Losch, VergabeR 2008, 739, 745; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 111 Rz. 4 m.w.N.; a.A. Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1043; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 13 ff.; s. auch BVerfG v. 13.4.2010 – 1 BvR 3515/08, NVwZ 2010, 954 zum finanzgerichtlichen Verfahren.

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ches Verständnis geboten. Erforderlich ist danach, wie auch in § 97 Abs. 1 zum Ausdruck kommt, die Durchführung transparenter Vergabeverfahren. Dies schließt es ein, dass die an dem Verfahren beteiligten Unternehmen den gesamten Vergabe- und Entscheidungsprozess des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen und auch prüfen können. Dies beinhaltet durchaus auch die Möglichkeit etwaige Mängel in einem Konkurrenzangebot erst aufdecken zu können, sofern dem nicht Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder sonstige wichtige Gründe im konkreten Fall entgegenstehen. Im sechsten Erwägungsgrund der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „den betroffenen Bietern die relevanten Informationen übermittelt werden (sollen), die für sie unerlässlich sind, um eine wirksame Nachprüfung zu beantragen“. Es ist offensichtlich, dass sowohl das Gebot des effektiven Rechtsschutzes als auch das Erfordernis der Transparenz weitgehend leerlaufen, wenn ein Auftraggeber die unterlegenen Bieter nur sehr knapp und zumeist formelartig gemäß § 101a Abs. 1 davon unterrichtet, dass sie den Auftrag nicht erhalten sollen, so wie dies in der Vergabepraxis weitgehend anzutreffen ist und ihnen gleichzeitig das Recht zur Akteneinsicht abgesprochen wird, um sich selbst ein Bild darüber machen zu können, ob die Vergabeentscheidung in Ordnung ist oder nicht. Dies gilt um so mehr deshalb, weil selbst anderweitig erlangte Informationen über Angebote von Konkurrenten nicht ohne weiteres im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens verwertet werden können1. 3. Abwägung der wechselseitigen Belange Auch wenn – entgegen der überwiegenden Entscheidungspraxis der Ver- 21 gabekammern und Vergabesenate – das Akteneinsichtsrecht nicht auf die von einem Antragsteller bereits geltend gemachten Vergaberechtsverstöße beschränkt werden darf (s. Rz. 19), ändert dies nichts daran, dass auch die Interessen der anderen Verfahrensbeteiligten berücksichtigt werden müssen. Die Kenntnis der Vergabeakten ist zwar wichtig für die Geltendmachung 22 von Ansprüchen durch den Antragsteller sowie für die Stellungnahmen 1 Zur fehlenden Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Informationen und dem sich daraus ggf. ergebenden Ausschlussgrund für das betreffende Unternehmen s. OLG Brandenburg v. 6.10.2005 – Verg W 7/05, WRP 2005, 1550; i. E. offen gelassen OLG Jena v. 16.7.2007 – 9 Verg 4/07, VergabeR 2008, 269; für das Verwaltungsverfahren allg. Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 24 Rz. 31 ff; Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 26 Rz. 16.

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der Beigeladenen. Jede Einschränkung des Rechts auf Akteneinsicht bewirkt also eine graduelle Zurücknahme von Rechtsschutz. Sie ist ein Schritt weg von der Gleichbehandlung der um den Zuschlag konkurrierenden Unternehmen und eine Minderung der Transparenz der Auftragsvergabe1. Allerdings ist auch zu sehen, dass bei Vergabeverfahren häufig sehr sensible Bereiche angesprochen sind. Dies gilt vor allem auf seiten der beteiligten Unternehmen, und zwar unabhängig davon, ob sie Verfahrensbeteiligte sind oder nicht. Zu denken ist dabei etwa an die Ertragslage der anbietenden Unternehmen, deren Bezugsquellen, Kalkulationsgrundlagen, technische Details bei Funktionalausschreibungen, neue technische Verfahrensweisen, betriebswirtschaftliche Konzepte u. ä. oder auch an personenbezogene Daten von Mitarbeitern. Auch auf Seiten des Auftraggebers selbst können sensible und daher geheimhaltungsbedürftige Informationen (z.B. im Verteidigungswesen) in Betracht kommen2. Dies schließt auch die vertrauliche Korrespondenz zwischen Auftraggeber und dessen externen Beratern, insbesondere dessen Anwälten, ein3. 23 Dementsprechend regelt § 111 Abs. 2, dass die Vergabekammer die Einsicht in die Vergabeakten versagen muss, soweit dies aus wichtigen Gründen geboten ist. Beispielhaft, also nicht abschließend, werden dafür der Geheimnisschutz auf Seiten des Auftraggebers sowie die Wahrung von Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen auf Bieterseite genannt (dazu Rz. 37). Auch ist es vielfach nicht ausgeschlossen, dass ein Nachprüfungsverfahren nur deshalb eingeleitet wird oder ein Unternehmen nur deshalb einen Antrag auf Beiladung stellt, weil es auf diese Weise Informationen sammeln möchte, an die es ansonsten nicht ohne weiteres käme. Dementsprechend ist die Einsicht zwingend zu versagen, wenn wichtige Gründe i.S. von § 111 Abs. 2 vorliegen4. Die Regelung ist also enger als § 29 Abs. 2 VwVfG, der der Behörde ein Ermessen einräumt, wenn auch nur unter engen Voraussetzungen5. Die Prüfung und eventuelle Versagung der Akteneinsicht erfolgt durch die Vergabekam1 OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354; s. auch Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 111 Rz. 1 ff. 2 BGH v. 10.5.1995 – 1 Str 764/94, NJW 1995, 2301; OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281. 3 OLG Düsseldorf v. 4.3.2009 – VII Verg 67/08, NZBau 2009, 334. 4 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 4; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 7. 5 Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 56 ff.

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mer selbst. Ein in-camera-Verfahren o. ä. bei einer anderen Vergabekammer, einer anderen Behörde oder einem Gericht zu der Frage, ob die Akteneinsicht ganz oder teilweise zu versagen ist und der gleichzeitigen Folge, dass ggf. die zuständige Vergabekammer selbst die betreffenden Unterlagen nicht zu Gesicht bekommt (s. zum Verwaltungsprozess § 99 VwGO), ist nicht vorgesehen (zur Verwertbarkeit des gesamten Akteninhalts s. Rz. 30)1. Die Möglichkeit zur Versagung der Einsichtnahme bezieht sich auf Un- 24 terlagen. Darunter fallen nur die Teile der Akten gemäß § 111 Abs. 1 (o. Rz. 19), bei denen wichtige Gründe vorliegen, die eine Versagung der Einsichtnahme rechtfertigen. Die Versagung kann dergestalt erfolgen, dass die betreffenden Unterlagen von der Akteneinsicht ausgeschlossen werden oder aber dadurch, dass mittels Schwärzungen die insofern relevanten Informationen unkenntlich gemacht werden. Eine vollständige Verweigerung der Akteneinsicht ist demgegenüber in der Regel nicht erforderlich und damit rechtswidrig (Rz. 28; zu den Folgen der rechtswidrigen Versagung Rz. 45)2. Wie sich aus dem Begriff „geboten“ ergibt, ist eine Abwägung vorzuneh- 25 men3. Dies folgt bereits unmittelbar aus den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 111 Abs. 2. Eine analoge Anwendung von § 120 Abs. 2 i.V.m. § 72 auf das Verfahren vor der Vergabekammer ist daher nicht erforderlich4. Da es um die Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe auf Tatbestandsseite, nicht hingegen um einen der Vergabekammer zustehenden Ermessensspielraum geht (vgl. § 114 VwGO), unterliegt die Abwägung der Vergabekammer der vollen gerichtlichen Nachprüfung (zu den Rechtsfolgen einer unrichtigen Entscheidung Rz. 45 ff.)5. Eine das 1 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 12, 21. 2 Losch, VergabeR 2008, 739 (745); Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 213. 3 OLG Düsseldorf v. 4.3.2009 – VII Verg 67/08, NZBau 2009, 334; OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; OLG Jena v. 11.1.2007 – 9 Verg 9/06, VergabeR 2007, 207; VK Ansbach v. 3.5.2007 – 21.VK-3194-19/07; Weyand, IBR-online Kommentar, Vergaberecht § 111 Rz. 2118; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 212. 4 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 12; anders allerdings OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; Gröning, NZBau 2000, 366 (368). 5 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1041; Weyand, IBR-online Kommentar, Vergaberecht, § 111 Rz. 2120.

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Akteneinsichtsrecht ausschließende oder begrenzende Entscheidung ist zu begründen1. 26 Maßstab für die Entscheidung über die Gestattung oder Versagung der Akteneinsicht sind die jeweils kollidierenden Rechte und Rechtsgüter sowie die Umstände des Einzelfalls.2 Die Abwägung durch die Vergabekammer hat dabei im Verhältnis zu jedem Verfahrensbeteiligten gesondert zu erfolgen, da die jeweilige Interessenlage und Schutzwürdigkeit unterschiedlich sein kann. Daraus folgt zwangsläufig, dass für einzelne Beteiligte das Akteneinsichtsrecht umfangreicher oder auch geringer sein kann als für andere Beteiligte des Nachprüfungsverfahrens (Teilbarkeit des Akteneinsichtsrechts)3. 27 Entscheidend für die Frage, ob die Akteneinsicht beschränkt oder gar vollständig versagt wird, ist insbesondere, ob und inwieweit die betreffenden Unterlagen entscheidungserheblich sein können4, welche anderen Möglichkeiten bestehen, um demjenigen, der Akteneinsicht nehmen möchte, die für das Nachprüfungsverfahren relevanten Sachverhaltsumstände zugänglich zu machen und wie gewichtig andererseits die gegenläufigen konkreten Geheimhaltungsinteressen bei verständiger Würdigung sind5. 28 In der Regel darf die Beschränkung der Akteneinsicht nicht so weit gehen, dass den Beteiligten nur noch die formalen Bestandteile der Akten zugänglich gemacht werden, die sie zumeist ohnehin bereits kennen (Vergabebekanntmachung u.s.w., Formalbestandteile des „gegnerischen“ Angebots u. ä.). Notwendig ist im Regelfall vielmehr auch die Zugänglichkeit der wertungsrelevanten Unterlagen, die in den meisten Fällen auch die Entscheidung der Vergabekammer letztlich tragen6. 29 Grundsätzlich nicht bedeutsam für die Abwägungsentscheidung, ob und ggf. in welchem Umfang die Akteneinsicht versagt wird, sind die Erfolgsaussichten des Verfahrens7. Etwas anderes gilt dann, wenn der Antrag 1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 8; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 20. 2 Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 42. 3 Gröning, NZBau 2000, 366, 370. 4 OLG Naumburg v. 11.6.2003 – Verg 6/03; OLG Jena v. 12.12.2001 – 6 Verg 5/01, VergabeR 2002, 305; OLG Düsseldorf v. 29.12.2001 – Verg 22/01, NZBau 2002, 578; VK Schleswig-Holstein v. 17.3.2006 – VK-SH 2/06. 5 Zu den Kriterien im einzelnen Gröning, NZBau 2000, 366 (368); allgemein Bonk/ Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 20 ff.; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 23 Rz. 8 ff. 6 OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354. 7 Vgl. BVerfG v. 13.4.2010 – 1 BvR 3515/08, NVwZ 2010, 954.

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bereits unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist (s. Rz. 20). Entsprechendes gilt, wenn ein Missbrauch des Akteneinsichtsrechts und der daraus zu gewinnenden Informationen ernsthaft zu besorgen ist. In derartigen Konstellationen kann es gerechtfertigt sein, die Akteneinsicht vollständig zu versagen1. Wird die Akteneinsicht ganz oder – in der Regel – teilweise versagt, än- 30 dert dies nichts an der Verwertbarkeit des Akteninhaltes für die Entscheidung, sofern er zumindest in den Grundzügen vorgetragen wurde (vgl. § 120 Abs. 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 3 für das Beschwerdeverfahren)2. Die Vergabekammer entscheidet in einem solchen Fall unter Berücksichtigung des vollständigen Akteninhalts auch ohne vorhergehende Akteneinsicht aller oder einiger Verfahrensbeteiligter in die betreffenden Unterlagen (Rz. 26). Dies ist dem Umstand geschuldet, dass an dem Vergabeverfahren eine Mehrzahl von Unternehmen beteiligt ist, deren Interessen gewahrt werden müssen. Ohne Berücksichtigung des vollständigen Akteninhaltes könnte die Vergabekammer keine sachgerechte Entscheidung treffen. Ihre Prüfungspflicht liefe dann praktisch leer3. Dies gilt vor allem dann, wenn – wie in der Praxis der Vergabekammern weitgehend praktiziert – die Akteneinsicht entgegen den vorstehenden Ausführungen (Rz. 17) sehr restriktiv gehandhabt wird. Geht es etwa um die Frage, welches das wirtschaftlichste Angebot ist, wird den jeweiligen Unternehmen häufig nichtmals teilweise Einsicht in die Konkurrenzangebote gewährt. Wird deren für die Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgeblicher Inhalt auch nicht vorgetragen, wäre der Vergabekammer, wenn sie den Akteninhalt in diesem Fall außer Betracht zu lassen hätte, eine sinnvolle Sachentscheidung nicht mehr möglich. Sie wäre dann regelmäßig veranlasst, den Nachprüfungsantrag unter Verweis auf Beweislasterwägungen (s. § 110 Rz. 12) zurückzuweisen. Dies allerdings wäre weder mit dem Gebot der Transparenz noch mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzs in Einklang zu bringen.4 1 S. etwa OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354; vgl. auch EuGH v. 14.2.2008 – Rs. C-450/06, Slg. 2008, S. I-581. 2 EuGH v. 14.2.2008 – Rs. C-450/06, Slg. 2008, S. I-581; tendenziell strenger wohl OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (287 f.). 3 So auch Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 111 Rz. 33 ff.; Gröning, NZBau 2000, 759, 761; Ramm, VergabeR 2007, 739, 41; wohl ebenso OLG Düsseldorf v. 29.1.2001 – Verg 22/01, NZBau 2002, 578; vgl. auch OVG Münster v. 23.11. 2000 – 13 E 276/00, NVwZ 2001, 820; BVerfG v. 27.10.1999 – 1 BvR 385/90, BVerfGE 101, 106, jeweils auch zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen; a.A. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 18; Griem, WuW 1999, 1182 (1187 f.). 4 Ramm, VergabeR 2007, 739 (741).

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4. Überwiegende wichtige Gründe 31 Wichtige Gründe können nur solche sein, die bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiegen1. Dies können Interessen sowohl auf Seiten der an dem Verfahren beteiligten Unternehmen (Antragsteller, Beigeladene, s. § 109 Rz. 5, 8) als auch Interessen von an dem Verfahren (noch) nicht beteiligten Unternehmen sowie Interessen des Auftraggebers selbst sein (s. Rz. 22). 32 Dabei ist, insbesondere auf Seiten des Antragstellers, dessen rechtlich geschütztes Interesse an einem transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren sowie das für ihn streitende Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zu sehen. Dem stehen auf Seiten des Antragsgegners insbesondere der Geheimschutz (Rz. 36 ff.) sowie auf Seiten der Beigeladenen und der übrigen an dem Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen vor allem deren Fabrikations-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Rz. 37) gegenüber. Soweit es um eine Akteneinsicht durch den Beigeladenen geht, gelten diese Versagungsgründe auch im Hinblick auf den Antragsteller. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Belange für alle beteiligten Unternehmen grundrechtlich insbesondere durch Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG geschützt werden und daher die Preisgabe von Geheimnissen einen Grundrechtseingriff darstellt, der verhältnismäßig sein muss2. Soweit es um persönliche Daten geht, etwa weil die jeweiligen Angebote Personenprofile der vorgesehenen Mitarbeiter enthalten, greift ergänzend das aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abzuleitende Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung3. 33 Auf der Ebene des Unionsrechts gilt insofern nichts anderes. Ebenso wie im bundesdeutschen Verfassungsrecht sind insbesondere Betriebs- und 1 Das OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354 spricht sogar – sehr weitgehend – von dem Erfordernis eines eindeutigen Übergewichts zugunsten des Geheimnisschutzes, wenn die Akteneinsicht verweigert werden soll; zustimmend etwa Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1043; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 212; demgegenüber zu Recht kritisch Gröning, NZBau 2000, 366 (367). 2 BVerfG v. 1.10.1997 – 2 BvR 1178, 1179, 1191/86, BVerfGE 77, 1 (46); BVerwG v. 20.12.2001 – 6 C 7.01, BVerwGE 115, 315 (325 f.); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 16; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 12 Rz. 11, Art. 14 Rz. 19; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Vorb. UIG Rz. 54. 3 Grundlegend BVerfG v. 15.12.1983 – 1 BvR 219 u.a. 83, BVerfGE 65, 1 (41 ff.); Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 2 Rz. 33; Reidt/Schiller in Landmann/ Rohmer, Umweltrecht Vorb. UIG Rz. 55.

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Geschäftsgeheimnisse im primären Unionsrecht zwar nicht ausdrücklich geregelt, allerdings auch dort insbesondere durch Art. 339 AEUV1 geschützt. Ihre Schutzwürdigkeit ist im Übrigen vom EuGH als allgemeiner Rechtsgrundsatz anerkannt2. Auch die europäische Grundrechte-Charta schützt neben der uneingeschränkten Achtung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren (Art. 47 Abs. 1 und Abs. 2; s. hierzu insbesondere auch den 36. Erwägungsgrund der Rechtsmittelrichtlinien, Einleitung Rz. 7) auch das Eigentumsrecht des Einzelnen einschließlich des geistigen Eigentums (Art. 17 der Grundrechte-Charta)3. Zwar entfaltet die europäische Grundrechte-Charta aus sich heraus keine Rechtsverbindlichkeit, da sie kein primäres Unionsrecht ist. Dennoch kommt ihr als Rechtserkenntnisquelle für die Reichweite des Grundrechtsschutzes in der Europäischen Union4 und die Auslegung der Unionsgrundrechte Bedeutung zu5. Entsprechend hat sich auch der EuGH wiederholt auf die Grundrechte-Charta berufen6. Ebenso wie im nationalen Verfassungsrecht ist auch hier eine Einschränkung der gewährleisteten Rechte nur nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Grundrechte-Charta)7, so dass insofern ein dem deutschen Grundrechtsschutz vergleichbares Schutzniveau besteht. Dies ist insbesondere für die Frage bedeutsam,

1 S. zum Berufsgeheimnis i.S.d. Art. 339 AEUV Hatje in Schwarze, EU-Kommentar, Art. 287 EG Rz. 4 ff. 2 S. etwa EuGH v. 14.2.2008 – Rs. C-450/06, Slg. 2008, S. I-581. 3 S. hierzu etwa auch EuGH v. 28.4.1998 – Rs. C-200/96, Slg. 1998, S. I-1953; Calliess in Calliess/Ruffert, Verfassungsrecht der Europäischen Union, Art. 17 EUGR-Charta Rz. 3 ff.; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Vorb. UIG Rz. 35. 4 Allg. zum gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtschutz Stumpf in Schwarze, EUKommentar, Art. 6 EU Rz. 12 ff. 5 Knecht in Schwarze, EU-Kommentar, Präambel EU-GR-Charta Rz. 11 ff.; Pernice/Mayer in Grabitz/Hilf, Recht der Europäischen Union, nach Art. 6 EU Rz. 24 ff.; Kingreen in Calliess/Ruffert, Verfassungsrecht der Europäischen Union, Art. 6 EU Rz. 31 ff.; Herdegen, Europarecht, § 9 Rz. 30. 6 S. etwa EuGH v. 29.1.2008 – Rs. C-275/06, Slg. 2008, S. I-271 (Schutz des geistigen Eigentums, des Privatlebens und personenbezogener Daten, Art. 7, 8 und 17 Abs. 2 EU-GR-Charta); EuGH v. 18.12.2007 – Rs. C-341/05, Slg. 2007, S. I-11767 (Recht auf arbeitsrechtliche Kollektivmaßnahmen, Art. 28 EU-GR-Charta); EuGH v. 27.6.2006 – Rs. C-540/03, Slg. 2006, S. I-5769 (Schutz der Familie, Art. 7 und 24 EU-GR-Charta). 7 Zur Kontrolldichte durch den EuGH s. Calliess in Calliess/Ruffert, Verfassungsrecht der Europäischen Union, Art. 17 EU-GR-Charta Rz. 25 ff. und allg. Kingreen ebd. Art. 52 EU-GR Charta Rz. 65 ff.

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inwieweit das nationale Recht im Lichte der Anforderungen des Unionssrechts ausgelegt werden muss. 34 Bei den unterschiedlichen, jeweils auch verfassungsrechtlich und durch Unionsrecht geschützten Positionen kommt keinem der widerstreitenden Interessen ein prinzipieller Vorrang zu. Dies gilt für das Interesse des Antragstellers auf Akteneinsicht als Bestandteil eines effektiven Rechtsschutzes und als Ausdruck eines transparanten und chanchengleichen Vergabeverfahrens ebenso wie für die Interessen der anderen Verfahrensbeteiligten auf Wahrung von unternehmerischen Geheimnissen1. Es bedarf daher in der Regel einer jeweils einzelfallbezogenen Abwägung der widerstreitenden Interessen, sofern die ernsthafte Möglichkeit im Raum steht, dass zu schützende Geheimnisse bestehen und daher hinsichtlich der betreffenden Unterlagen die Akteneinsicht ganz oder teilweise beschränkt werden muss. Hierbei spielen auch etwaige erfolgte oder nicht erfolgte Hinweise gemäß § 111 Abs. 3 eine Rolle (s. noch Rz. 42). 35 § 111 Abs. 2 nennt beispielhaft wichtige Gründe, die eine Versagung der Einsichtnahme in die Akten rechtfertigen können. Auch dabei genügt es allerdings nicht, dass derartige Gründe überhaupt vorliegen. Vielmehr ist es notwendig, dass diese Gründe im konkreten Fall so wichtig sind, dass sie das Interesse an einer Akteneinsicht als rechtsstaatlicher Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Verfahrensbeteiligung überwiegen (zu dem erforderlichen Hinweis durch denjenigen, der sich auf den wichtigen Grund beruft Rz. 40). 36 Unter Geheimschutz fallen alle diejenigen Akteninhalte, die aufgrund eines Gesetzes oder ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen. Vielfach geht es dabei zwar um Fälle, in denen es von vornherein keiner Ausschreibung bedarf (s. insbesondere § 100 Abs. 2 lit. d), dazu § 100 Rz. 37 ff.). Allerdings unterliegt auch die Frage, ob zulässigerweise von einer Ausschreibung abgesehen wird, der Nachprüfung (dazu § 107 Rz. 17). Von Bedeutung für den Geheimschutz sind auch datenschutzrechtliche Bestimmungen sowie Regelungen, die sich auf die innere Sicherheit beziehen2. 37 § 111 Abs. 2 nennt weiterhin beispielhaft Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Es handelt sich insofern um eine Konkretisierung 1 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (286). 2 S. im Einzelnen Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 56 ff.; Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 18 ff.

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des Geheimhaltungsanspruchs nach § 30 VwVfG1. Fabrikations- und Betriebsgeheimnisse betreffen in erster Linie betrieblich-technische Vorgänge und Erkenntnisse. Geschäftsgeheimnisse beziehen sich auf den kaufmännischen Bereich2. Eine exakte Differzierung ist letztlich entbehrlich, weil die Begriffe regelmäßig gemeinsam verwendet werden und daher dem gleichen Schutzanspruch unterliegen. Unter Fabrikations-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse fallen daher insbesondere Informationen über Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen3, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte.4 Der Begriff des Geheimnisses ist dadurch gekennzeichnet, dass es um 38 Umstände geht, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und bei denen sich das zu schützende Unternehmen wünscht, dass diese nicht unkontrolliert verbreitet werden. Des Weiteren müssen die betreffenden Umstände Gegenstand eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses sein5. Dabei sind vor allem im Hinblick auf einen unverfälschten Wettbewerb auch eventuelle zukünftige Vergabeverfahren des selben oder auch anderer öffentlicher Auftraggeber zu berücksichtigen6. Ausgeschlossen sind solche Umstände, bei denen lediglich rein willkürlich eine Geheimhaltung gefordert wird. Entscheidend ist, ob ein verständiger Unternehmer Informationen dieser Art geheimhalten würde. Ebenfalls ausgeschlossen sind alle Informationen, die bereits offenkundig sind7. Warum dies der Fall ist, ist dabei ohne Bedeutung8. 1 S. dazu Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 7 ff.; Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 5 ff. 2 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (285); Tahal in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 111 Rz. 4; Weyand, IBR-online Kommentar, Vergaberecht, § 111 Rz. 2115 ff.; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG Rz. 22. 3 VK Schleswig-Holstein v. 14.5.2008 – VK-SH 6/08. 4 Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 214. 5 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; VK Schleswig-Holstein v. 14.5.2008 – VK-SH 6/08; Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/ Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 13; Breuer, Schutz von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen im Umweltrecht, NVwZ 1986, 171 (172). 6 EuGH v. 14.2.2008 – Rs. C-450/06, Slg. 2008, S. I-581. 7 Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 21; Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 13. 8 Gröning, NZBau 2000, 366 (367); Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG Rz. 20 f.

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IV. Hinweispflichten (§ 111 Abs. 3) 39 Korrespondierend mit § 111 Abs. 2 regelt Abs. 3 der Vorschrift Hinweispflichten sowie die Verpflichtung zur Kenntlichmachung von Unterlagen, die Geheimnisse enthalten und daher gemäß § 111 Abs. 2 von der Akteneinsicht ausgeschlossen sein sollen. In der Praxis erfolgt dies regelmäßig durch einen entsprechenden „Sperrvermerk“ oder eine sonstige auffällige Kennzeichnung in den betreffenden Unterlagen oder Teilen davon. 40 Die Hinweispflicht erstreckt sich auf Akten und Stellungnahmen, die der betreffende Beteiligte an die Vergabekammer übermittelt. Gemeint sind also nicht die Akten i.S. von § 111 Abs. 1 (Rz. 9). Es geht vielmehr nur um die jeweils eigenen Unterlagen des betreffenden Beteiligten1. Die Beteiligten müssen und können in der Regel nicht auf Geheimnisse in Unterlagen hinweisen, die andere Beteiligte bei der Vergabekammer einreichen. Allerdings bleibt ihnen dies unbenommen, um eine entsprechende Prüfung der Vergabekammer gemäß § 111 Abs. 2 sicherzustellen. So kann etwa ein Beigeladener die Vergabekammer darauf hinweisen, dass in den seitens des Auftraggebers vorzulegenden Vergabeakten für ihn zu schützende Betriebsgeheimnisse enthalten sind und in welchen Unterlagen dies konkret der Fall ist. 41 Die Hinweispflicht bezieht sich im weiteren nur auf die in Abs. 2 genannten Geheimnisse. Dies bedeutet, dass eine Hinweispflicht nicht für sämtliche wichtigen Gründe besteht, sondern nur für Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Jedoch lässt dies die Möglichkeit unberührt, auch auf andere wichtige Gründe hinzuweisen, damit die Vergabekammer diese prüft und bewertet2. Für diese Fälle greift indes nicht die Zustimmungsfiktion des § 111 Abs. 3 Satz 2. Allerdings kann zumindest im Einzelfall ein fehlender Hinweis darauf, dass die entsprechenden Unterlagen nicht durch die weiteren Verfahrensbeteiligten eingesehen werden sollen, als konkludente Zustimmung ausgelegt werden3.

1 Gröning, NZBau 2000, 366 (367); Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 51; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 11. 2 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 11. 3 Vgl. Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 17; Clausen in Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 10; insofern eher restriktiv EuGH v. 14.2.2008 – Rs. C-450/06, Slg. 2008, S. I-581.

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Erfolgt durch den betroffenen Verfahrensbeteiligten bei den von ihm 42 selbst vorgelegten Unterlagen keine Kennzeichnung der in § 111 Abs. 2 genannten Geheimnisse, kann die Vergabekammer gemäß § 111 Abs. 3 Satz 2 von seiner Zustimmung zur uneingeschränkten Akteneinsicht durch alle weiteren Verfahrensbeteiligten ausgehen. In diesem Fall besteht mithin in der Regel ein Recht und auch eine Pflicht zur Offenbarung etwaiger Geheimnisse, d.h. die Vergabekammer kann und muss aufgrund der gesetzlichen Regelung allein aus dem Schweigen jedenfalls dann, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, auf das Einverständnis des Betroffenen schließen. Diese Zustimmungsfiktion gilt allerdings nur hinsichtlich desjenigen, 43 der die betreffenden Akten oder Stellungnahmen übermittelt hat. Legt der Auftraggeber gemäß seiner Verpflichtung aus § 110 Abs. 2 die Vergabeakten vor und weist er dabei nicht auf besondere Geheimnisse hin, kann und darf die Vergabekammer daraus lediglich schließen, dass der Auftraggeber insofern nicht selbst den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geltend macht. Hingegen ist nicht die Schlussfolgerung möglich, dass die in den Vergabeakten befindlichen Angebote und sonstigen Unterlagen von Unternehmen ebenfalls nicht schutzbedürftig sind1. In Bezug auf diese Betroffenen kann die Vergabekammer also nicht von deren Zustimmung zur Akteneinsicht ausgehen. Dies bedeutet zugleich, dass allein fehlende Hinweise und Kennzeichnungen die Vergabekammer nicht von der Prüfung entbinden, ob nicht möglicherweise doch ein Geheimnisschutz erforderlich ist2. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf Unternehmen, die (noch) gar nicht an dem Nachprüfungsverfahren beteiligt sind und die sich daher in der Regel nicht zu etwaigen Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen gegenüber der Vergabekammer äußern. § 111 Abs. 3 fordert lediglich – die Vergabekammer nicht bindende3 – 44 Hinweise und Kennzeichnungen für die Geheimnisse i.S.v. Abs. 2. Die Vergabekammer hat dann selbst zu prüfen, ob die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe im Rechtssinne so gewichtig sind, dass sie das Interesse an einer uneingeschränkten Akteneinsicht überwiegen

1 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1047. 2 Gröning, NZBau 2000, 366 (367); Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 51; Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 5; Griem, WuW 1999, 1182 (1185); Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 43. 3 Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 5.

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Akteneinsicht

(Rz. 25 ff.)1. Über den Gesetzeswortlaut hinausgehend folgt daraus, dass diejenigen, die sich auf derartige wichtige Gründe berufen, dies zumindest bei einer entsprechenden Nachfrage auch in einer Weise begründen müssen, die es der Vergabekammer ermöglicht, eine entsprechende Abwägung vorzunehmen (Glaubhaftmachung i.S.v. § 294 ZPO)2. Dies umfasst in der Regel sowohl die Darlegung, dass ein Geheimnis vorliegt, als auch Erläuterungen zu den Nachteilen, die für den Betroffenen mit dessen Preisgabe verbunden wären. V. Entscheidung der Vergabekammer, Rechtsfolgen bei unrichtiger Entscheidung über die Beschränkung oder Nichtbeschränkung der Akteneinsicht (§ 111 Abs. 4) 1. Ungerechtfertigte Versagung der Akteneinsicht 45 Der Fall, dass die Akteneinsicht durch eine entsprechende Entscheidung der Vergabekammer zu Unrecht beschränkt wurde, ist in § 111 Abs. 4 ausdrücklich geregelt. Danach ist eine solche Entscheidung nicht isoliert anfechtbar.3 Vielmehr ist sie als reine Zwischenentscheidung zunächst hinzunehmen. Wenn die Hauptsachenentscheidung der Vergabekammer denjenigen, dem die (uneingeschränkte) Akteneinsicht verwehrt wurde, beschwert, kann er gegen diese Entscheidung mit der sofortigen Beschwerde gemäß den §§ 116 ff. vorgehen. In dem Beschwerdeverfahren kann er dann auch geltend machen, dass ihm eine weitergehende Akteneinsicht als bei der Vergabekammer gewährt werden müsse4. Der notwendige effektive Rechtsschutz ist damit gewährleistet.

1 OLG Düsseldorf v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08; OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 111 Rz. 4; Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 5 („Plausibilitätskontrolle“). 2 OLG Düsseldorf v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08; Weyand, IBR-online Kommentar, Vergaberecht, § 111 Rz. 2118; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 53; Ramm, VergabeR 2007, 739 (742); Gröning, NZBau 2000, 365 (367); von einer diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast spricht Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 111 Rz. 4; allgemein Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 Rz. 64. 3 OLG Düsseldorf v. 4.3.2009 – Verg 67/08. 4 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (282); OLG Jena v. 8.6.2000 – 6 Verg 2/00, NZBau 2001, 163; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 13.

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2. Missachtung von wichtigen Gründen gemäß § 111 Abs. 2 Nicht gesetzlich geregelt ist hingegen der Fall, dass die Vergabekammer 46 zu Unrecht die Akteneinsicht nicht beschränkt. Hinsichtlich der Rechtsfolgen gelten daher die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Die zu Unrecht nicht beschränkte Akteneinsicht stellt einen Verfahrens- 47 fehler dar, der allerdings in aller Regel nicht zur Nichtigkeit der Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 114 Abs. 3 führt (§ 44 VwVfG). Vielmehr hat dieser Fehler zumeist keine Folgen i.S.v. § 46 VwVfG, da die Akten der Vergabekammer vorlagen und von dieser in der Regel auch der getroffenen Entscheidung zu Grunde gelegt werden durften (Rz. 30). Daher bleibt ein solcher Verstoß, wenn er eingetreten ist, in Bezug auf das Nachprüfungsverfahren zumeist folgenlos1. Allerdings können sich aus einer solchen fehlerhaften Verfahrensweise straf- und vor allem auch haftungsrechtliche Konsequenzen ergeben (zur haftungsrechtlichen Stellung der Mitglieder der Vergabekammer § 105 Rz. 7)2. Zu unterscheiden von der Frage, welche Konsequenzen ein eingetretener 48 Verfahrensfehler hat, ist, ob und wie dieser vorab verhindert werden kann. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass es im Bereich des Geheimnisschutzes für die Betroffenen oftmals um Rechtspositionen von erheblicher wirtschaftlicher oder auch persönlicher Bedeutung geht. Während bei einer rechtmäßigen Versagung der Akteneinsicht durch das Beschwerdeverfahren gemäß den §§ 116 ff. nachträglich ein hinreichend effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden kann, ist dies bei der zu Unrecht erfolgten Gewährung von Akteneinsicht nicht mehr der Fall. Hier ist effektiver Rechtsschutz nur in der Weise möglich, dass die Entscheidung der Vergabekammer, Akteneinsicht zu gewähren, ihrerseits einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden kann, noch bevor die Akteneinsicht vollzogen ist.3 Ebenso wie im Fall der versagten Akteneinsicht, für den mittels der 49 sofortigen Beschwerde in der Hauptsache (§ 111 Abs. 4, Rz. 45) ein gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit besteht, muss dies folglich auch für den umgedrehten Fall gelten, wenn der Betroffene der Auffassung ist, dass seine Geheimhaltungsrechte durch eine Preisgabe der Unterlagen 1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 5.3.2008 – VII-Verg 12/08. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 21; Tahal in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 111 Rz. 15 f.; Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 30 Rz. 27 ff.; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 23 Rz. 11; zur Möglichkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags OLG Düsseldorf v. 5.3.2008 – VII Verg 12/08. 3 Ebenso Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 215.

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an die (anderen) Verfahrensbeteiligten verletzt werden. Dieser aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitende Anspruch macht bestimmte verfahrensmäßige Schritte der Vergabekammer zwingend erforderlich. So ist in den Fällen, in denen Geheimhaltungsrechte eines Verfahrensbeteiligten oder auch eines sonstigen Dritten verletzt werden könnten, dem Betroffenen vorab mitzuteilen, dass die Unterlagen im Rahmen der Akteneinsicht gegenüber (anderen) Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens offenbart werden sollen1. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen ein Beteiligter bestimmte Unterlagen gemäß § 111 Abs. 3 (Rz. 40) substantiiert als geheimhaltungsbedürftigt bezeichnet hat. 50 Die Entscheidung der Vergabekammer als Teil der Exekutive muss des Weiteren einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein, die im Vorfeld der Gewährung einer Akteneinsicht in die streitigen Unterlagen stattzufinden hat. Anders als in dem in § 111 Abs. 4 geregelten Fall kann dies nicht die sofortige Beschwerde in der Hauptsache sein. Notwendig ist vielmehr eine eigenständige gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit im Hinblick auf die von der Vergabekammer beabsichtigte Gewährung der Akteneinsicht. Dies bedeutet, dass es einer besonderen (Zwischen-)Entscheidung der Vergabekammer bedarf, wenn es um die Gewährung der Akteneinsicht in (potentiell) geheimhaltungsbedürftige Unterlagen geht und diese Entscheidung sodann eigenständig gerichtlich überprüfbar sein muss. Diese gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit ist mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 116 Abs. 1 in analoger Anwendung gegeben, zumal die Vorschrift ganz allgemein von Entscheidungen der Vergabekammer spricht2. 51 Im Hinblick auf die notwendige Effektivität des Rechtsschutzes muss der zeitliche Abstand zwischen der Entscheidung der Vergabekammer über die Gewährung der Akteneinsicht und deren tatsächlicher Durchführung so bemessen sein, dass dem Betroffenen die Möglichkeit ver1 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 58. 2 So auch OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 - VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (282 f.); Losch, VergabeR 2008, 739 (749); a.A. OLG Hamburg v. 2.12.2004 – 1 Verg 2/04; wie hier Ramm, VergabeR 2007, 739 (743); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 111 Rz. 25 ff., insb. Rz. 37; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1051; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 56 ff.; OLG Düsseldorf v. 5.3.2008 – VII-Verg 12/08; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 14; a.A. Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 111 Rz. 6; Otting in Bechtold, GWB, § 111 Rz. 7; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 111 Rz. 20.

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bleibt, das Oberlandesgericht anzurufen, damit dieses – ggf. zunächst durch eine eigene Zwischenentscheidung – darüber befinden kann, ob die Akteneinsicht (jedenfalls vorläufig) zu unterbleiben hat (vgl. § 114 Rz. 13)1.

Mündliche Verhandlung

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(1) Die Vergabekammer entscheidet auf Grund einer mündlichen Verhandlung, die sich auf einen Termin beschränken soll. Alle Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Zustimmung der Beteiligten oder bei Unzulässigkeit oder bei offensichtlicher Unbegründetheit des Antrags kann nach Lage der Akten entschieden werden. (2) Auch wenn die Beteiligten in dem Verhandlungstermin nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten sind, kann in der Sache verhandelt und entschieden werden. I. 1. 2. II. 1. 2. 3. 4. III. 1.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . Mündliche Verhandlung Entscheidungsgrundlage . . . Beschränkung auf einen Termin . . . . . . . . . . . . . . . Ladung, Verlauf . . . . . . . . . Zeitpunkt der Entscheidung . Absehen von der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . Zustimmung der Verfahrensbeteiligten . . . . . . . .

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1 2

.

4

. 6 . 7 . 12 . 13 . 14

2. Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags . . . . . . 3. Offensichtliche Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags . . . . . . . . . 4. Vorhergehende Anhörung . . . 5. Keine entsprechende Anwendung bei offensichtlicher Begründetheit . . . IV. Fehlerhaftes Absehen von der mündlichen Verhandlung, fehlerhafte Durchführung der mündlichen Verhandlung

15 17 20 21

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 112 Abs. 1 regelt die grundsätzliche Notwendigkeit einer mündlichen 1 Verhandlung vor einer Entscheidung der Vergabekammer sowie die dazu 1 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 1052; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 111 GWB Rz. 14; ebenso Ramm, VergabeR 2007, 739 (743), der eine Frist von drei bis fünf Tagen für angemessen hält; weitergehend Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 111 Rz. 58, der eine Aussetzung des Nachprüfungsverfahrens bis zur Entscheidung des Vergabesenats für erforderlich hält.

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Mündliche Verhandlung

bestehenden Ausnahmen. Abs. 2 der Regelung bestimmt, dass bei Abwesenheit auch ohne die betreffenden Beteiligten verhandelt und sodann auch entschieden werden kann. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 112 ist seit dem Gesetzgebungsverfahren zum Vergaberechtsänderungsgesetz (Einleitung Rz. 7) im Wesentlichen unverändert geblieben. 3 In der Begründung zum Regierungsentwurf des Vergaberechtsänderungsgesetzes1 wird darauf hingewiesen, dass die in der Regel notwendige mündliche Verhandlung auch aus mehreren Terminen bestehen könne, jedoch so gut vorbereitet sein sollte, dass ein einziger Verhandlungstermin genügt. II. Mündliche Verhandlung 1. Entscheidungsgrundlage 4 § 112 Abs. 1 Satz 1 sieht vor, dass die Vergabekammer aufgrund einer mündlichen Verhandlung entscheidet. Eine Entscheidung nach Aktenlage ist daher – jedenfalls im Grundsatz (zu den Ausnahmen Rz. 13 ff.) – nicht zulässig. 5 Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 haben alle Beteiligten i.S.v. § 109 Gelegenheit zur Stellungnahme, d.h. sie können sich über ihren schriftlichen Sachund Rechtsvortrag hinausgehend auch in der mündlichen Verhandlung äußern (zum Verlauf der mündlichen Verhandlung Rz. 7 ff.). Dadurch wird in dem gerichtsähnlich (s. § 105 Rz. 4) ausgestalteten Nachprüfungsverfahren dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Rechnung getragen2. 2. Beschränkung auf einen Termin 6 Die mündliche Verhandlung soll sich auf einen Termin beschränken, um so eine Entscheidung innerhalb der Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1 zu ermöglichen3. Die Regelung dient der Durchsetzung des Beschleunigungsgrundsatzes4. Die Formulierung „soll“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Durchführung eines zweiten Termins nur dann in Erwägung zu 1 BT-Drucks. 13/9340. 2 OLG Düsseldorf v. 2.3.2005 – VII Verg 70/04; VK München v. 19.2.2008 – Z 3–33194–1-02–01/08; Otting in Bechtold, GWB, § 112 Rz. 1; Schweda in Langen/ Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 112 Rz. 2; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 6. 3 BT-Drucks. 13/9340, S. 19; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 4. 4 VK München v. 19.2.2008 – Z 3-3-3194-1-02-01/08.

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Mündliche Verhandlung

ziehen ist, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies ausnahmsweise gebieten1. Der Sachverhalt, der der Entscheidung der Vergabekammer zugrunde gelegt wird, muss dort behandelt worden sein. Es gilt also der Grundsatz der Unmittelbarkeit2. Soll die Entscheidung daher auf Sachverhaltsumstände gestützt werden, die der mündlichen Verhandlung noch nicht zu Grunde lagen, bedarf es in der Regel eines zweiten Verhandlungstermins. Praktisch scheidet dies allerdings zumindest dann in aller Regel aus, wenn die Vergabekammer von den Fristsetzungsmöglichkeiten gemäß § 113 Abs. 2 Gebrauch macht (dazu § 113 Rz. 26 ff.). Die Notwendigkeit eines weiteren Verhandlungstermins kommt jedoch etwa dann in Betracht, wenn sich anlässlich des ersten Termins ergibt, dass es noch einer (weiteren) Zeugenvernehmung, der Beiziehung zusätzlicher Unterlagen (z.B. aus einem früheren Vergabeverfahren) oder sonstiger Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung bedarf. 3. Ladung, Verlauf Der 4. Teil des GWB enthält keine besonderen Regelungen zur Aus- 7 gestaltung und zum Verlauf der mündlichen Verhandlung. Die §§ 63 ff. VwVfG des Bundes und der Länder finden keine unmittelbare Anwendung, weil es sich nicht um ein förmliches Verwaltungsverfahren handelt (§ 107 Rz. 10)3. Vielmehr greift § 10 VwVfG ein, nach dem das (nicht förmliche) Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden ist, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften bestehen. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen. Gleichwohl können sich gewisse Anhaltspunkte für die Ausgestaltung der mündlichen Verhandlung und deren Vorbereitung aus den Vorschriften über das förmliche Verfahren (§§ 63 ff. VwVfG) sowie aus den Prozeßordnungen ergeben. Vorrangig finden jedoch die Vorschriften über Ausschüsse in den § 88 ff. VwVfG Anwendung (§ 107 Rz. 9, § 105 Rz. 6). Soweit die Regelungen des GWB und des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht entgegenstehen, können durch Geschäftsordnung Regelungen zur einheitlichen Ausgestaltung des Verfahrens geschaffen werden (§ 106 Rz. 13)4. 1 Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 4. 2 Gause in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 112 Rz. 2; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 112 Rz. 2; Brauer in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 6; vgl. insofern zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsprozess gemäß § 101 VwGO Redeker/von Oertzen, VwGO, § 101 Rz. 2; Kopp/Schenke, VwGO, § 101 Rz. 1 und § 96 Rz. 1 ff. 3 A.A. Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 5 ff. 4 S. zur Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes, abgedruckt in Anhang III, Noch in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 106 Rz. 897 ff.

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8 Die für die mündliche Verhandlung erforderliche, wenn auch nicht unbedingt förmliche Ladung muss mit angemessener Frist erfolgen1. Angemessen ist in der Regel eine Frist von mindestens drei Tagen.2 Ein Hinweis auf § 112 Abs. 2 ist zwar aus Rechtsgründen nicht notwendig, jedoch aus Gründen der Verfahrensfairness zumindest geboten (vgl. § 67 Abs. 1 VwVfG)3. 9 Die mündliche Verhandlung ist wie jedes Verwaltungsverfahren, für das nichts anderes gesetzlich geregelt ist, nicht öffentlich (vgl. auch § 68 Abs. 1 Satz 1 VwVfG)4. Es dürfen also nur die Verfahrensbeteiligten gemäß § 109 mit ihren Bevollmächtigten und Beiständen (§ 14 VwVfG) teilnehmen. Wie sich aus dem Begriff „Verhandlung“ sowie aus der Möglichkeit der Beteiligten zur Stellungnahme (§ 112 Abs. 1 Satz 2) ergibt, ist die Sach- und Rechtslage im Termin zu erörtern. Ebenfalls können Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung geladen und angehört werden (§ 110 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 57). Die allen Beteiligten (Antragsteller, Antragsgegner, Beigeladene) eingeräumte Gelegenheit zur Stellungnahme ist zum einen durch den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens begrenzt. Zum anderen kann die Vergabekammer die Gelegenheit zur Stellungnahme auf die Gesichtspunkte beschränken, die aus ihrer Sicht entscheidungserheblich sind. Die Vergabekammer kann in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit zur Stellungnahme für die Beteiligten thematisch strukturieren und sowohl im Hinblick auf Vortragsinhalt als auch Vortragszeit begrenzen. 10 Für die Ordnung in der Sitzung gilt § 89 VwVfG, für die Protokollierung § 93 VwVfG. Diesbezügliche Präzisierungen in der Geschäftsordnung sind möglich (o. Rz. 7)5.

1 Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 7; zur Ladungsfrist s. § 6 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes, abgedruckt in Anhang III. 2 Maier, NZBau 2004, 667 (669). 3 Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 7; noch strenger Boesen, Vergaberecht, § 112 Rz. 34, der einen solchen Hinweis für unverzichtbar hält; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 14. 4 Otting in Bechtold, GWB, § 112 Rz. 3; Boesen, Vergaberecht, § 112 Rz. 5; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 5; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 2; Gause in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 112 Rz. 2. 5 S. etwa § 7 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes, abgedruckt in Anhang III.

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Mündliche Verhandlung

Die mündliche Verhandlung kann auch dann stattfinden, wenn die Betei- 11 ligten nicht erscheinen bzw. bei juristischen Personen nicht ordnungsgemäß vertreten sind (§ 112 Abs. 2). Dies setzt allerdings eine vorhergehende ordnungsgemäße Ladung voraus (s. auch Rz. 8)1. Wenn diese nicht erfolgt ist, darf nicht verhandelt bzw. aufgrund einer etwaigen verfahrensfehlerhaften Verhandlung nicht entschieden werden. Diese Anforderung gilt in Bezug auf alle Verfahrensbeteiligten, also nicht nur für Antragsteller und Antragsgegner, sondern auch für die dem Verfahren Beigeladenen. Im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer besteht, anders als gem. § 120 Abs. 1 Satz 1 im Beschwerdeverfahren, kein Anwaltszwang2. 4. Zeitpunkt der Entscheidung § 112 regelt ebensowenig wie § 114, wann die Entscheidung, die aufgrund 12 der mündlichen Verhandlung ergeht, erlassen werden muss. Daher sind allein die zeitlichen Vorgaben aus § 113 zu beachten (dazu § 113 Rz. 4 ff.). Insbesondere muss die Entscheidung nicht in der mündlichen Verhandlung oder im unmittelbaren Anschluß daran ergehen. In der Praxis ist dies auch nicht üblich. Vielmehr wird die Entscheidung der Vergabekammer den Beteiligten in der Regel erst mit der Zustellung gemäß § 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61 (§ 114 Rz. 78 ff.) bekannt gegeben. Den §§ 116 ff. VwGO oder den §§ 310 f. ZPO vergleichbare Vorgaben gibt es für die Entscheidung der Vergabekammer schon wegen des besonderen zeitlichen Rahmens gemäß § 113, aber auch wegen ihres Charakters als Verwaltungsakt (§ 114 Abs. 3 Satz 1, s. dazu § 114 Rz. 63), nicht (zur Entscheidungsfrist s. § 113 Rz. 4 ff.). III. Absehen von der mündlichen Verhandlung Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 kann bei Zustimmung der Beteiligten oder bei 13 Unzulässigkeit oder offensichtlicher Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags nach Lage der Akten, also ohne mündliche Verhandlung, entschieden werden. 1. Zustimmung der Verfahrensbeteiligten In Betracht kommt zum einen der Fall, dass sämtliche Verfahrensbetei- 14 ligten gemäß § 109, also auch die Beigeladenen, einem Verzicht auf die 1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 13. 2 Byok in Byok/Jaeger, GWB, § 112 Rz. 1060; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 112 Rz. 4; Brauer in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 8.

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mündliche Verhandlung zugestimmt haben1. Mangels anderweitiger Regelung kann dies formlos erfolgen2. Erforderlich ist in sich dafür anbietenden Fällen eine entsprechende Nachfrage der Vergabekammer. Eine einmal erfolgte Zustimmung ist nicht widerruflich3. 2. Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags 15 Zum anderen kann – ohne Zustimmung der Beteiligten – die Vergabekammer von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn sie den Nachprüfungsantrag für unzulässig hält, ohne dass es dabei auf den Grund der Unzulässigkeit im Einzelnen ankommt. Diese Möglichkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn die Vergabekammer gar nicht erst das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 durch Information des Auftraggebers ausgelöst (§ 115 Rz. 8 ff.) und ihm auch keine Kopie des Nachprüfungsantrags gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 übermittelt hat (§ 110 Rz. 17). Allerdings besteht diese Möglichkeit auch dann, wenn die Vergabekammer zwar diese Schritte ergriffen hat, jedoch aufgrund ihrer zwischenzeitlichen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist4. Auf die Offensichtlichkeit kommt es dabei anders als beim Fall der Unbegründetheit (Rz. 18) nicht an5. Daher ist die Vergabekammer auch dann berechtigt, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen, wenn die Frage der Zulässigkeit zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig ist.

1 Byok in Byok/Jaeger, GWB, § 112 Rz. 1056; Heuvels in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 8. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 112 Rz. 3; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 8; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 112 Rz. 21; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 13. 3 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 112 Rz. 24; Otting in Bechtold, GWB, § 112 Rz. 4; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 8; Gause in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 112 Rz. 6; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 13. 4 S. etwa VK Brandenburg v. 30.5.2007 – 1 VK 15/07 (Unterschreitung des Schwellenwertes); Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 112 Rz. 2145; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 14. 5 OLG Brandenburg v. 5.10.2004 – Verg W 12/04, VergabeR 2005, 138; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 14; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 112 GWB Rz. 9; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 3.

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Allerdings muss die Vergabekammer nicht von der mündlichen Verhand- 16 lung absehen. Dies steht vielmehr in ihrem Verfahrensermessen1. In der Regel ist eine mündliche Verhandlung jedenfalls dann durchzuführen, wenn die Unzulässigkeit des Antrags nicht völlig eindeutig ist und die mündliche Verhandlung daher einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn2 verspricht. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn der Antragsteller mehrere Rügen geltend gemacht hat und ggf. bei einzelnen Rügen noch aufgeklärt werden muss, ob sie i.S.v. § 107 Abs. 3 präkludiert sind oder nicht3. 3. Offensichtliche Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags Letztlich kommt ein Absehen von der mündlichen Verhandlung auch 17 dann in Betracht, wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag für offensichtlich unbegründet hält. Dieser Fall überschneidet sich häufig mit dem Fall der fehlenden Zulässigkeit. Denn bei offensichtlicher Unbegründetheit wird es häufig auch an der erforderlichen Antragsbefugnis fehlen. Ungeachtet dessen ist der Entscheidungsmaßstab bei § 112 Abs. 1 Satz 3 18 ein anderer als bei § 110 Abs. 2 Satz 1 (dazu § 110 Rz. 20 ff.)4. Denn nach § 110 Abs. 2 wird bei einem offensichtlich unbegründeten Nachprüfungsantrag dem Auftraggeber gar nicht erst eine Kopie des Antrags gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 übermittelt und auch nicht durch eine Information über den Nachprüfungsantrag das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 ausgelöst (s. § 110 Rz. 21; zum Fortgang des Nachprüfungsverfahrens in einem solchen Fall s. § 110 Rz. 21). Der entscheidende Unterschied hinsichtlich der Offensichtlichkeit liegt im Zeitpunkt der jeweiligen Prüfung und der unterschiedlichen Prüfungstiefe. Bei der Entscheidung, ob von einer mündlichen Verhandlung wegen offensichtlicher Unbegründetheit abgesehen werden kann, liegen der Vergabekammer schon die Vergabeakten sowie die schriftlichen Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten vor. Die sich daraus ergebenden tatsächlichen und rechtlichen Informationen bilden die Grundlage für die Prüfung, ob der Nachprüfungsantrag 1 BayObLG v. 20.8.2001 – Verg 11/01, VergabeR 2002, 77; VK München v. 19.2.2008 – Z 3–3-3194–1-02–01/08; VK Schleswig-Holstein v. 5.7.2007 – VK-SH 13/07. 2 OLG Schleswig v. 30.6.2005 – 6 Verg 5/05; VK Brandenburg v. 23.6.2009 – VK 26/09; VK Leipzig v. 10.8.2006 – 1/SVK/079–06; VK Schleswig-Holstein v. 17.3. 2006 – VK-SH 02/06. 3 OLG Celle v. 31.7.2008 – 13 Verg 3/08; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 15. 4 OLG Koblenz v. 22. 3.2001 – Verg 9/00, VergabeR 2001, 407; a.A. Otting in Bechtold, GWB, § 112 Rz. 4.

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offensichtlich unbegründet ist (s. demgegenüber § 110 Rz. 23). Dies wird man im Wesentlichen dann annehmen können, wenn der maßgebliche Sachverhalt unstreitig oder aus Sicht der Vergabekammer hinreichend aufgeklärt ist und die mündliche Verhandlung daher insofern keinen besonderen Erkenntnisgewinn verspricht (vgl. Rz. 16). Ebenfalls wird zumeist eine eindeutige Rechtslage erforderlich sein1, wenngleich sich der Begriff der Offensichtlichkeit in erster Linie auf die äußeren Umstände, also auf den entscheidungserheblichen Sachverhalt, bezieht. 19 Wenn die Vergabekammer den Antrag für offensichtlich unbegründet hält und nach dem vorliegenden Sach- und Rechtsvortrag der Verfahrensbeteiligten sowie unter Berücksichtigung ggf. gesetzter Fristen gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 (dazu § 113 Rz. 26 ff.) davon ausgeht, dass die mündliche Verhandlung keine entscheidungserheblichen neuen Erkenntnisse mehr liefert, darf sie – ebenso wie bei Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags (Rz. 15) ohne Zustimmung der Beteiligten – von der Durchführung der mündlichen Verhandlung absehen. Sie ist ebenso wie bei der fehlenden Zulässigkeit des Antrags dazu allerdings nicht verpflichtet (Rz. 16). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrags ohne mündliche Verhandlung die Ausnahme darstellen soll, nicht hingegen den Regelfall2. Wenn die Vergabekammer sich veranlasst sieht, ihre den Nachprüfungsantrag zurückweisende Entscheidung umfänglich begründen zu müssen, ist dies tendenziell ein Indiz dafür, dass es an der notwendigen Offensichtlichkeit fehlt3. 4. Vorhergehende Anhörung 20 Sowohl bei Unzulässigkeit als auch bei offensichtlicher Unbegründetheit des Antrags besteht keine gesetzliche Verpflichtung der Vergabekammer, die Verfahrensbeteiligten vorher zu der Absicht anzuhören, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Allerdings ist dies zulässig und aus Gründen der Verfahrensfairness vor allem gegenüber dem Antragsteller in der Regel auch geboten. 5. Keine entsprechende Anwendung bei offensichtlicher Begründetheit 21 Alle Fälle des Verzichts auf eine mündliche Verhandlung dienen der Verfahrensbeschleunigung, die gerade bei aussichtslosen Nachprüfungs1 VK Schleswig-Holstein v. 17.3.2006 – VK-SH 02/06. 2 OLG Schleswig v. 20.3.2008 – 1 Verg 6/07; Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 112 Rz. 16; Maier, NZBau 2004, 667 (669). 3 OLG Schleswig v. 20.3.2008 – 1 Verg 6/07.

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anträgen wegen des Zuschlagsverbots gemäß § 115 Abs. 1 noch eher geboten ist als dies ansonsten der Fall ist. Im umgedrehten Fall, also bei offensichtlicher Begründetheit des Nachprüfungsantrags, besteht kein derartiges Beschleunigungsbedürfnis, weil das weitere Vergabeverfahren ohnehin aufgrund der erforderlichen Nachbesserungen durch den öffentlichen Auftraggeber verzögert wird. Dementsprechend ist die Möglichkeit, von der mündlichen Verhandlung abzusehen, nicht analog auf den Fall anzuwenden, dass der Nachprüfungsantrag offensichtlich begründet ist, d.h. bei einem nach Auffassung der Vergabekammer (offensichtlich) begründeten Nachprüfungsantrag muss in jedem Fall mündlich verhandelt werden. IV. Fehlerhaftes Absehen von der mündlichen Verhandlung, fehlerhafte Durchführung der mündlichen Verhandlung Bei § 112 handelt es sich um eine Verfahrensvorschrift für das Nachprü- 22 fungsverfahren. Dementsprechend richten sich mangels gesonderter Regelungen im 4. Teil des GWB die Folgen etwaiger Verfahrensfehler nach den §§ 45 ff. VwVfG des Bundes und der Länder. In aller Regel greift hier § 46 VwVfG ein, so dass die Entscheidung der Vergabekammer nur gleichzeitig mit einer materiellen Beschwer durch den Inhalt der Entscheidung mit der sofortigen Beschwerde gemäß §§ 116 ff. erfolgversprechend angefochten werden kann1.

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(1) Die Vergabekammer trifft und begründet ihre Entscheidung schriftlich innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Dieser Zeitraum soll nicht länger als zwei Wochen dauern. Er begründet diese Verfügung schriftlich. (2) Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, wie es einem auf Förderung und raschen Abschluss des Verfahrens bedachten Vorgehen entspricht. Den Beteiligten können Fristen gesetzt werden, nach deren Ablauf weiterer Vortrag unbeachtet bleiben kann. 1 So im Ergebnis wohl auch OLG Schleswig v. 20.3.2008 – 1 Verg 6/07; MüllerWrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 48.

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I. 1. 2. II.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . 1 Entstehungsgeschichte . . . . . 2 Verfahrensdauer (§ 113 Abs. 1) 1. Grundsätzliche zeitliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2. Fristberechnung, Verlängerung der Verfahrensdauer a) Berechnung der Entscheidungsfrist . . . . . . 7 b) Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten . 8 c) Erforderlichkeit eines Ausnahmefalls . . . . . . . . . . . 11 d) Zeitpunkt der Verlängerung 13 e) Verlängerung um den erforderlichen Zeitraum, regelmäßige Beschränkung auf maximal zwei Wochen . . . 14

f) Mehrfache Verlängerung der Entscheidungsfrist . . . g) Zuständigkeit . . . . . . . . . h) Form der Verlängerung, Begründungspflicht . . . . . . i) Rechtsfolgen einer rechtswidrigen Fristverlängerung III. Mitwirkungslasten der Verfahrensbeteiligten (§ 113 Abs. 2) 1. Pflicht zur Förderung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschlussfristen . . . . . . . . a) Zulässigkeit einer Fristsetzung . . . . . . . . . . . . . . . b) Angemessenheit der gesetzten Frist . . . . . . . . c) Unbeachtlichkeit des Vortrags . . . . . . . . . . . . . . . d) Fehlerfolgen, Berücksichtigung durch das Oberlandesgericht . . . . . . . . .

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24 26 27 28 30 33

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 113 Abs. 1 legt die regelmäßige Dauer des Nachprüfungsverfahrens mit fünf Wochen fest. Diese Frist kann im Ausnahmefall verlängert werden. Abs. 2 der Vorschrift regelt die Mitwirkungspflichten der Verfahrensbeteiligten sowie die Möglichkeit der Vergabekammer, Ausschlussfristen zu setzen. 2. Entstehungsgeschichte 2 Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Ursprungsfassung des Vergaberechtsänderungsgesetzes (Einleitung Rz. 7). In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsänderungsgesetz1 wird darauf hingewiesen, dass es sich um die zentrale Regelung für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens handele, die vor allem Investitionsblockaden verhindern solle. Zugleich wird betont, dass voraussichtlich nur in seltenen Fällen die Entscheidungsfrist verlängert werden müsse. Dafür seien besondere Gründe erforderlich.

1 BT-Drucks. 13/9340.

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Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) 3 wurde § 113 Abs. 1 um die jetzt in Satz 3 der Vorschrift enthaltene Regelung ergänzt. Danach soll der Zeitraum für die Verlängerung der Entscheidungsfrist nicht länger als zwei Wochen dauern. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wird darauf hingewiesen, dass dies der weiteren Beschleunigung diene1. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf zwar empfohlen, diese Ergänzung nicht aufzunehmen, weil die Verlängerung neben der rechtlichen und tatsächlichen Komplexität der Nachprüfungsverfahren häufig auch von dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten (Anträge auf Verlängerung von Fristen zur Abgabe von Stellungnahmen, Anträge auf Verschiebung des Termins der mündlichen Verhandlung) abhänge, jedoch hat sich die Bundesregierung dem nicht angeschlossen. Sie hat darauf hingewiesen, dass es sich bei der Regelung ohnehin nur um eine Sollvorschrift handele. Zudem sei es seit dem Jahr 2003 lediglich in rund 21 bis 27 % der Fälle zu einer Verlängerung der Entscheidungsfrist gekommen, die im Durchschnitt nur eine Woche bis maximal zwei Wochen betragen habe. II. Verfahrensdauer (§ 113 Abs. 1) 1. Grundsätzliche zeitliche Vorgaben Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 soll binnen fünf Wochen ab Eingang des 4 Nachprüfungsantrags das gesamte Verfahren abgewickelt werden. Etwas anderes gilt nur in den Fällen des § 114 Abs. 2, dessen Satz 2 die Anwendung von § 113 Abs. 1 ausschließt (zur Erledigung des Verfahrens während dieser Frist s. § 114 Rz. 40 ff.). Dieser macht eine straffe Verfahrensorganisation und Verfahrensführung unverzichtbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antrag in der Regel zunächst nur vorläufig und erst nach Akteneinsicht (§ 111) ergänzend begründet werden muss (§ 108 Rz. 17). Die Vergabekammer muss die Erforderlichkeit von Beiladungen prüfen und soweit geboten auch vornehmen, was bereits eine zumindest grobe Auseinandersetzung mit der gesamten Angelegenheit erfordert, die zumeist erst nach Aktenübersendung durch den öffentlichen Auftraggeber möglich ist (zur Aktenübersendung § 110 Rz. 42 ff.). Aufgrund der Notwendigkeit des rechtlichen Gehörs ist den weiteren Verfahrensbeteiligten, also neben dem Antragsteller auch dem Antragsgegner und den beigeladenen Unternehmen, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, was auch durch die beigeladenen Unternehmen in der Regel erst nach 1 BT-Drucks. 16/10117, 23.

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vorhergehender Akteneinsicht zu erwarten ist. Für diese wiederum bedarf es zuvor einer Prüfung von Geheimhaltungsinteressen (dazu § 111 Rz. 25 ff.), was bei komplexen Vergabevorgängen einen beträchtlichen Aufwand bedeuten kann. Sodann hat die Vergabekammer im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes den Erfordernissen an die Sachverhaltsermittlung einschließlich etwaiger erforderlicher Beweiserhebungen Rechnung zu tragen (dazu § 110 Rz. 6 ff.). Anschließend ist nach vorhergehender rechtzeitiger Ladung der Verfahrensbeteiligten (§ 112 Rz. 11) mündlich zu verhandeln, innerhalb der Vergabekammer zu beraten und sodann zu entscheiden. 5 Die Entscheidung muss schriftlich und mit Begründung abgesetzt werden, wie sich sowohl aus § 113 Abs. 1 Satz 1 als auch aus § 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61 ergibt (zu Form und Inhalt der Entscheidung § 114 Rz. 63 ff.). Getroffen ist die Entscheidung erst dann, wenn sie gegenüber den Verfahrensbeteiligten wirksam wird, d.h. mit ihrer Zustellung1. Dies folgt auch aus § 116 Abs. 2 i.V.m. § 117 Abs. 1, nach dem der Nachprüfungsantrag endgültig und für die Vergabekammer unwiderruflich2 als abgelehnt gilt, wenn nicht binnen fünf Wochen die Entscheidung getroffen wurde. Dies ist für den Antragsteller nur dann rechtssicher festzustellen, wenn auf die tatsächlich erfolgte Zustellung als nach außen erkennbaren Umstand abgestellt wird. Ansonsten weiß er nicht, ob die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 bereits mit Ablauf der Fünf-WochenFrist zu laufen begonnen hat oder ob dies erst nach der (verspäteten) tatsächlichen Zustellung der Fall ist. Einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bedarf es in derartigen Fällen nicht3. Gleichwohl lässt die Rechtsprechung es in der Regel genügen, wenn innerhalb der Entschei1 So auch Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 2; ähnlich Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 1062, der zwar keine Zustellung, zumindest aber eine Bekanntgabe (per Telefax) fordert, da eine „Entscheidung“ nur bei Außenwirksamkeit vorliege; a.A. Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 3; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 113 Rz. 8; Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 2. 2 OLG München v. 4.4.2008 – Verg 4/08, NZBau 2008, 543 (543); OLG Düsseldorf v. 12.3.2003 – Verg 49/02; OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89; Marx in Beck’scher Kommentar Teil A, § 113 Rz. 6; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 7; Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 5; Heuvels in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 1; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 8; a.A. OLG Rostock v. 17.10.2001 – 17 W 18/90, VergR 2002, 85; KG v. 7.11.2001 – KartVerg 8/01, VergabeR 2002, 96; Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 35 ff. 3 So aber OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89.

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dungsfrist des § 113 Abs. 1 Satz 1 die Entscheidung der Vergabekammer vollständig, also einschließlich der erforderlichen Unterschriften (s. hierzu § 114 Rz. 76 f.), abgesetzt und zumindest deren Zuleitung an die Geschäftsstelle zum Zwecke der Zustellung aktenkundig ist1. Aus den vorstehenden Gründen ist dem allerdings nicht zuzustimmen. Diese gesamten Bearbeitungsschritte erfordern die Einrichtung einer ge- 6 nügenden Anzahl von Vergabekammern auf Bundes- und Länderebene. Dies schließt eine ggf. notwendige bedarfsbezogene Anpassung ein. Unabhängig davon ist eine permanente Ablauf- und Terminkontrolle durch die Vergabekammer unverzichtbar (zu den Mitwirkungspflichten der Verfahrensbeteiligten Rz. 24). Ansonsten sind Qualitätsdefizite in Bezug auf die Entscheidungen der Vergabekammern zu besorgen und entsprechend hohe Eingangszahlen bei den Beschwerdegerichten zu erwarten, was durch die Ausgestaltung der Vergabekammern als „gerichtsähnliche Instanzen“ (dazu § 105 Rz. 4) gerade vermieden werden soll. Alternativ ist eine Flucht in die Verlängerungsmöglichkeiten des § 113 Abs. 1 Satz 2 zu befürchten, was dem Beschleunigungsgrundsatz, der das gesamte Nachprüfungsverfahren prägt, widerspräche2. 2. Fristberechnung, Verlängerung der Verfahrensdauer a) Berechnung der Entscheidungspflicht. Die Frist von fünf Wochen für 7 das Nachprüfungsverfahren ist prinzipiell zwingend, wie sich auch aus den Rechtsfolgen des § 116 Abs. 2 ergibt (dazu § 116 Rz. 14 ff.). Für die Fristberechnung ist § 31 Abs. 1 und Abs. 3 VwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB (sog. Ereignisfrist) maßgeblich3. Die Entscheidungsfrist beginnt daher zwingend mit Antragseingang bei der Vergabekammer, und zwar unabhängig davon, ob die formellen Anforderungen des § 108 an den Antrag erfüllt sind oder nicht. Denn auch ein unzulässiger Antrag ist ein gestellter Antrag, mit dem nach den gesetzlichen Bestimmungen verfahren werden muss4. Auch die Übermittlung des Antrags an den Antragsgegner ist für den Fristbeginn unerheblich5. Die Frist 1 OLG Naumburg v. 13.10.2006 – 1 Verg 6/06, VergabeR 2007, 125 (127); OLG Saarbrücken v. 29.4.2003 – 5 Verg 4/02, VergabeR 2003, 429 (430); OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (92 f.) 2 In diesem Sinne auch Gröning, ZIP 1999, 52 (58); Gröning, ZIP 1998, 370 (375). 3 OLG Dresden v. 17.6.2005 – WVerg 8/05, VergabeR 2005, 812; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 113 Rz. 5; Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 2; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 9. 4 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 1061. 5 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 10.

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endet fünf Wochen nach Eingang des Antrags mit Ablauf des Wochentages, an dem der Eingang bei der Vergabekammer erfolgte, oder – wenn es sich bei dem letzten Tag der Frist um einen Samstag, Sonntag oder um einen gesetzlichen Feiertag nach Bundes- oder Landesrecht am Ort der Vergabekammer oder des Antragstellers handelt (vgl. § 193 BGB) – am nächsten folgenden Werktag. Sie darf nur in besonders gelagerten Fällen verlängert werden. Eine Aussetzung des Verfahrens, etwa wegen der Vorgreiflichkeit eines anderweitig anhängigen Rechtsstreits oder wegen eines parallel laufenden Nachprüfungsverfahrens eines anderen Unternehmens, ist daneben nicht vorgesehen und daher auch nicht zulässig (§ 114 Rz. 5, 12). Die an eine Verlängerung der Entscheidungsfrist von fünf Wochen gestellten Anforderungen sind durch § 113 Abs. 1 Satz 2 sehr hoch gesteckt. Dies verstärkt den Ausnahmecharakter einer solchen Verlängerung, die also nicht zum Regelfall werden darf. Insbesondere eine gleichsam routinemäßige Verlängerung der Entscheidungsfrist zu den bei der Vergabekammer eingehenden Nachprüfungsanträgen ist unzulässig. 8 b) Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten. Voraussetzung für eine Verlängerung der Verfahrensdauer ist zunächst, dass besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten vorliegen. 9 Rechtliche Schwierigkeiten sind im Rahmen der juristischen Bewertung des konkreten Vergabefalls denkbar, etwa bei komplexen Vergabevorgängen oder bei besonderen und eher selten stattfindenden Vergaben, zu denen es noch keine umfangreiche Rechtsprechung gibt (z.B. bei Durchführung eines wettbewerblichen Dialogs gemäß § 101 Abs. 4, s. dazu § 101 Rz. 18), oder wenn ansonsten umfangreiche und noch nicht im Einzelnen geklärte Rechtsfragen von der Vergabekammer zu prüfen sind1. 10 Besondere tatsächliche Schwierigkeiten können in der Vergabe selbst ihre Ursache haben, aber auch in dem Nachprüfungsverfahren. Letzteres ist vor allem dann möglich, wenn es in dem Nachprüfungsverfahren besonders viele Beteiligte gibt, denen jeweils Gehör gewährt werden muss, oder bei der Notwendigkeit zur Einschaltung von Sachverständigen2. Ebenfalls können sich tatsächliche Schwierigkeiten aus einer Überlastung der Vergabekammer ergeben3. Dies gilt indes nur für eine nicht vorhersehbare kurzzeitige Überlastung im Ausnahmefall, z.B. bei Krankheit 1 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 7. 2 Gröning, ZIP 1999, 52 (58); Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 13. 3 Ebenso Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 3; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 20; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 14.

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oder bei einer unerwartet hohen Zahl von Eingängen in kurzer Zeit. Keinesfalls ermöglicht § 113 Abs. 1 Satz 2 eine – dann praktisch regelmäßige – Verlängerung der Verfahrensdauer aufgrund permanenter Überlastung1. c) Erforderlichkeit eines Ausnahmefalls. Neben den besonderen tatsäch- 11 lichen oder rechtlichen Schwierigkeiten ist zusätzlich gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 ein Ausnahmefall erforderlich, d.h. selbst bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten ist die Frist von fünf Wochen in der Regel einzuhalten. Allerdings ist der Übergang zwischen den besonderen tatsächlichen oder 12 rechtlichen Schwierigkeiten und dem Vorliegen eines Ausnahmefalls fließend, was die ergänzende Hervorhebung der Erforderlichkeit eines Ausnahmefalls entbehrlich erscheinen lässt. Immerhin liegt darin ein zusätzlicher Appell an die Vergabekammer, die gesetzlich geregelte Frist in der Regel einzuhalten. d) Zeitpunkt der Verlängerung. Die Verlängerung des Entscheidungszeit- 13 raums muss zwingend vor Ablauf der gesetzlich oder in einer vorangegangenen Verlängerungsentscheidung (Rz. 15) festgelegten Entscheidungsfrist erfolgen (zu den formellen und inhaltlichen Anforderungen Rz. 16 ff.)2. Dies schließt den Zugang der entsprechenden Mitteilung bei allen Verfahrensbeteiligten ein (s. auch Rz. 17)3. Besondere Formvorschriften bestehen dafür nicht. Insbesondere gilt für die Mitteilung als reine Verfahrenshandlung nicht § 114 Abs. 3 Satz 3 GWB mit der dort geregelten Pflicht zur förmlichen Zustellung4. Die Notwendigkeit zur Mitteilung der Verlängerung des Entscheidungszeitraums vor Ablauf der gesetzlichen Entscheidungsfrist ergibt sich aus § 116 Abs. 2, nach dem 1 In diese Richtung jedoch Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 1064, der auch die Belastung mit mehreren anhängigen Verfahren, Urlaubsabwesenheit etc. ausreichen lässt; a.A. Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 49, der organisatorische und personelle Probleme der Vergabekammer grundsätzlich nicht für genügend erachtet. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 4. 3 Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 29; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 20; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 4; anders KG v. 6.11.2003 – 2 Verg 12/03, VergabeR 2004, 253; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 5; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 113 Rz. 9; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 237 lässt ordnungsgemäßes In-den-Geschäftsgang-Gelangen der Verfügung genügen. 4 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 5; Gause in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht § 110 Rz. 6; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 16.

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ein Nachprüfungsantrag als abgelehnt gilt, wenn nicht innerhalb der gesetzlichen Frist über ihn entschieden wurde. Dabei handelt es sich um eine unwiderlegbare und nicht rückholbare gesetzliche Fiktion, durch die die Entscheidung der Vergabekammer endgültig ersetzt und die Beschwerdefrist in Gang gesetzt wird1. 14 e) Verlängerung um den erforderlichen Zeitraum, regelmäßige Beschränkung auf maximal zwei Wochen. § 113 Abs. 1 Satz 2 besagt, dass der Entscheidungszeitraum um den erforderlichen Zeitraum verlängert werden darf. Dies ist durch § 113 Abs. 1 Satz 3 seit Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes dahingehend konkretisiert worden, dass dieser erforderliche Zeitraum nicht länger als zwei Wochen dauern soll (s. Rz. 3). Dabei handelt es sich um eine Soll-Vorschrift. Dies bedeutet einerseits, dass in den Fällen, in denen dies notwendig ist, die Verlängerung der Entscheidungsfrist auch länger als zwei Wochen sein kann. Andererseits ist bereits dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 3 zu entnehmen, dass die Verlängerung kürzer als zwei Wochen sein muss, wenn dies im konkreten Fall genügt. Die Verlängerung muss also immer so kurz wie möglich sein. 15 f) Mehrfache Verlängerung der Entscheidungsfrist. Gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, ob die Entscheidungsfrist nur einmal oder ggf. auch mehrfach verlängert werden darf. Letzteres ist zu bejahen2, wobei sowohl für jede einzelne Fristverlängerung als auch für die Fristverlängerungen insgesamt der Maßstab der Erforderlichkeit gewahrt bleiben muss (Rz. 14)3. Auf diese Weise kann die Vergabekammer sich selbst durch möglichst kurze Fristen in die Pflicht nehmen und auch den Verfahrensbeteiligten gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 entsprechend kurze Fristen setzen (dazu Rz. 26 ff.). Ansonsten bestünde die Gefahr, dass von vornherein – gewissermaßen versorglich – unnötig lange Fristverlängerungen erfolgen, was dem Beschleunigungsgebot gerade widerspräche.

1 OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2001, 329; Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 5; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht 2009, § 113 Rz. 3383; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 113 Rz. 11 (nur eine weitere Verlängerung); ebenso Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 5; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 29 (35 ff.). 2 S. etwa OLG Saarbrücken v. 5.7.2006 – 1 Verg 6/05. 3 So etwa auch Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 113 Rz. 8; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 113 Rz. 9; a.A. Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 8; Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 27.

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g) Zuständigkeit. Für die Verlängerung der Frist und die entsprechende 16 Mitteilung (Rz. 17 f.) ist nicht die gesamte Vergabekammer als Ausschuss (§ 112 Rz. 7) zuständig. Vielmehr entscheidet der Vorsitzende darüber alleine, ohne dass es dazu eines Mehrheitsbeschlusses bedarf1. h) Form der Verlängerung, Begründungspflicht. Die Verlängerung der 17 Entscheidungsfrist erfolgt durch Mitteilung an alle Verfahrensbeteiligten i.S. von § 109. Die dafür bestehenden Anforderungen führen zugleich dazu, dass eine stillschweigende oder konkludente Verlängerung der Entscheidungsfrist ausscheidet2. Die erforderliche Mitteilung muss den konkreten Zeitraum angeben, um den die Entscheidungsfrist verlängert wird. Aus dem Schriftformerfordernis für die Begründung der Verlängerung (§ 113 Abs. 1 Satz 4) ergibt sich zugleich, dass die gesamte Mitteilung (einschließlich Begründung)3 vor Ablauf der 5-Wochen-Frist (Rz. 13) schriftlich zu erfolgen hat4. Die Begründung der Verlängerung muss sich sowohl auf das Vorliegen 18 der entsprechenden Voraussetzungen beziehen als auch die Erforderlichkeit des Verlängerungszeitraums darlegen. Neben der Information der Verfahrensbeteiligten liegt darin eine Selbstkontrolle der Vergabekammer und der gleichzeitige Appell, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Dementsprechend darf sich die Begründung nicht auf eine formelhafte Wiedergabe des Gesetzeswortlauts oder auf allgemeine Ausführungen beschränken. Sie muss vielmehr darlegen, warum es im konkreten Fall der Verlängerung bedarf. Andererseits dürfen bei dieser bloßen Verfahrenshandlung (Rz. 19) die Anforderungen nicht überspannt werden. Keinesfalls wird man die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung mit denjenigen gleichsetzen können, die für die Begründung der Entscheidung selbst bestehen. Bei der Mitteilung über die Fristverlängerung handelt es sich um eine 19 bloße Verfahrenshandlung ohne Regelungswirkung, nicht hingegen um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 35 VwVfG des Bundes und der Länder. 1 Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 4; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 16; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 237. 2 OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2001, 329; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 113 Rz. 9 3 A.A. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 113 Rz. 9; Maier in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 21. 4 A.A. für die Mitteilung selbst Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 30; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 21; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 113 Rz. 7.

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Dafür fehlt es an einer Regelung mit unmittelbar nach außen gerichteter Rechtswirkung1. 20 h) Rechtsfolgen einer rechtswidrigen Fristverlängerung. Wird die Entscheidungsfrist verlängert, obgleich die diesbezüglichen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliegen oder geht die Dauer der Verlängerung über den erforderlichen zusätzlichen Zeitraum hinaus, ist die diesbezügliche Mitteilung des Vorsitzenden der Vergabekammer gleichwohl beachtlich2. Sie ist als bloße Verfahrenshandlung nicht selbständig anfechtbar (vgl. § 44a VwGO).3 Die Ablehnungsfiktion des § 116 Abs. 2 greift nicht ein4. 21 Neben den – allerdings sehr beschränkten – Möglichkeiten der Dienstaufsicht besteht für den Antragsgegner und/oder das Unternehmen, das den Zuschlag erhalten soll, in diesem Fall allenfalls die Möglichkeit, einen Antrag auf vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung gemäß § 115 Abs. 2 zu stellen (dazu § 115 Rz. 33 ff.)5. Ebenfalls kann sich der Antragsgegner auf § 115 Abs. 4 berufen und das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 100 Abs. 2 lit. d) geltend machen (s. § 115 Rz. 79 ff.). In letzterem Fall entfällt das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 automatisch, ohne dass es wie bei § 115 Abs. 2 einer gesonderten Entscheidung der Vergabekammer bedarf. 22 Für den Antragsteller führt eine ggf. unzulässige Verlängerung der Entscheidungsfrist in der Regel zu keinen besonderen Problemen, so dass es bereits an einer damit verbundenen Beschwer fehlen dürfte6. Wenn dies in besonders gelagerten Fällen anders sein sollte, ist ausnahmsweise die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, eine Untätigkeitsbeschwerde gemäß § 116 Abs. 2 einzulegen, obgleich der Antrag weder abgelehnt wurde, noch als abgelehnt gilt (Rz. 20; s. auch § 116 Rz. 14)7. Der Vergabesenat 1 Vgl. U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rz. 148 ff.; Henneke in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rz. 65 f. 2 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 1065; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 7; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 21. 3 Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 49. 4 OLG Naumburg v. 13.8.2007 – 1 Verg 8/07, VergabeR 2008, 290 (291); OLG Koblenz v. 31.8.2001 – 1 Verg 3/01, NZBau 2001, 641. 5 OLG Naumburg v. 13.8.2007 – 1 Verg 8/07, VergabeR 2008, 290 (291); OLG Koblenz v. 31.8.2001 – 1 Verg 3/01, NZBau 2001, 641; Heuvels in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 9; Weyand, IBR-onlineKommentar, Vergaberecht, § 113 Rz. 2158. 6 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 1065. 7 So im Ergebnis auch Dicks, ZfBR 2010, 339 (345); Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 34.

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hat dann – neben der Beschwer und dem besonderen Rechtsschutzinteresse – zu klären, ob die Frist zu Recht durch die Vergabekammer verlängert wurde. Ist dies nicht der Fall, hat er bei Vorliegen auch der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen in der Sache zu entscheiden. Erfolgte die Fristverlängerung hingegen zu Recht, ist die Beschwerde als unzulässig abzulehnen, es sei denn, es liegen bis zum Entscheidungszeitpunkt des Beschwerdesenats die Voraussetzungen für eine „normale“ sofortige Beschwerde vor1. Der Antragsteller ist allerdings nicht verpflichtet, vorsorglich eine Untä- 23 tigkeitsbeschwerde für den Fall zu erheben, dass die Fristverlängerung rechtswidrig sein könnte. Denn es handelt sich typischerweise wegen der damit einhergehenden Verlängerung des Zuschlagsverbotes zugunsten eines anderen Unternehmens um eine für ihn begünstigende Entscheidung. Selbst wenn daher die Fristverlängerung rechtswidrig sein sollte, führt dies wegen des begünstigenden Charakters dieser Verfahrenshandlung und ihrer fehlenden selbständigen Anfechtbarkeit nicht dazu, dass dem Antragsteller § 116 Abs. 2, 2. Halbs. i.V.m. § 117 Abs. 1, 2. Alternative, also eine etwaige Verfristung der Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer nach Ablauf des (objektiv rechtswidrigen) Verlängerungszeitraums entgegengehalten werden kann (s. bereits Rz. 20)2. III. Mitwirkungslasten der Verfahrensbeteiligten (§ 113 Abs. 2) 1. Pflicht zur Förderung des Verfahrens Mit den engen zeitlichen Vorgaben für die Vergabekammer gemäß § 113 24 Abs. 1 korrespondieren Mitwirkungslasten der Verfahrensbeteiligten. Nicht nur die Vergabekammer, sondern auch die Beteiligten des Verfahrens müssen auf dessen Förderung und Beschleunigung bedacht sein. § 113 Abs. 2 Satz 1 ist in erster Linie ein Programmsatz, der an verschie- 25 denen Stellen des 4. Teils des GWG konkretisiert wird (s. insbesondere § 107 Abs. 3, dazu § 107 Rz. 41 ff.; § 110 Abs. 1 Satz 2, dazu § 110 Rz. 7; § 111 Abs. 1, dazu § 111 Rz. 10; § 112 Abs. 1, dazu § 112 Rz. 6). Kommt ein Beteiligter seiner Verpflichtung zur Förderung des Verfahrens nicht nach, reduziert dies zugleich die Untersuchungspflichten der Vergabekammer. So brauchen die Nachprüfungsinstanzen insbesondere verspä1 Vgl. insofern zur Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO Redeker/von Oertzen, VwGO, § 75 Rz. 11. 2 OLG Naumburg v. 13.8.2007 – 1 Verg 8/07, VergabeR 2008, 290 (291).

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tetem Vorbringen (s. auch noch Rz. 30 ff.) nicht mehr nachzugehen1. Kündigt ein Verfahrensbeteiligter weitere Konkretisierungen des Sachverhaltes und etwaige neue Beweismittel an, kommt er dieser Ankündigung jedoch nicht nach, ist die Vergabekammer in der Regel nicht selbst zu vertieften Untersuchungen verpflichtet. Sie kann derartigen, in der Regel ins Blaue hinein erfolgten, Vortrag vielmehr unberücksichtigt lassen2. 2. Ausschlussfristen 26 Besondere und eigenständige Bedeutung hat § 113 Abs. 2 Satz 2. Danach können den Beteiligten für ihren Sach- und Rechtsvortrag durch die Vergabekammer Ausschlussfristen gesetzt werden. 27 a) Zulässigkeit einer Fristsetzung. Ausschlußfristen gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 können gesetzt werden, d.h. dies muss nicht erfolgen. Vielfach ist dies allerdings zur Verfahrenssteuerung und -kontrolle zweckmäßig. Dies gilt sowohl für eine etwaige ergänzende Antragsbegründung durch den Antragsteller nach erfolgter Akteneinsicht als auch für den Sach- und Rechtsvortrag des Antragsgegners und der ggf. dem Verfahren beigeladenen Unternehmen. 28 b) Angemessenheit der gesetzten Frist. Die dem jeweiligen Verfahrensbeteiligten gesetzte Frist muss angemessen sein, um einen qualifizierten Sach- und Rechtsvortrag zu ermöglichen3. Andererseits sind dabei allerdings auch die zeitlichen Vorgaben des § 113 Abs. 1 zu beachten. Die Vergabekammer muss also in der Regel noch die Möglichkeit haben, innerhalb der gesetzlichen oder ausnahmsweise innerhalb der gemäß § 113 Abs. 2 verlängerten Entscheidungsfrist die Stellungnahmen der Parteien zu würdigen, mündlich zu verhandeln und sodann eine schriftlich begründete Entscheidung zu erlassen4. 29 Die jeweiligen Fristsetzungen müssen dem Grundsatz der Verfahrensgerechtigkeit Rechnung tragen. Die Vergabekammer darf also nicht ohne 1 OLG Frankfurt v. 7.8.2007 – 11 Verg 3/07; OLG Düsseldorf v. 19.11.2003 – Verg 22/03; VK Düsseldorf v. 15.8.2008 – VK-18/2008-L; BKartA v. 29.7.2008 – VK 1–81/08; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 26; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 8. 2 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71; OLG Düsseldorf v. 29.12. 2001 – Verg 22/01, NZBau 2002, 578; VK Düsseldorf v. 15.8.2008 – VK-18/2008-L; kritisch Dreher, NZBau 2001, 244 (246). 3 Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 11. 4 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 29.

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besonderen Grund einzelnen Beteiligten besonders lange und anderen Beteiligten besonders kurze Fristen setzen. Dies schließt es gleichwohl nicht aus, dass die Fristen unterschiedlich lang sein können. Dies hängt u.a. vom Zeitpunkt der Fristsetzung sowie dem bis dahin bereits vorliegenden Sach- und Rechtsvortrag des Beteiligten ab. In jedem Fall muss die einem Verfahrensbeteiligten gesetzte Frist eindeutig bestimmt sein. c) Unbeachtlichkeit des Vortrags. Nach Ablauf einer gesetzten Frist er- 30 folgter Vortrag des betreffenden Verfahrensbeteiligten kann gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 unbeachtet bleiben. Dies ist allerdings keine zwingende Rechtsfolge, d.h. die Vergabekammer ist nicht verpflichtet, diesen Vortrag als unbeachtlich zurückzuweisen1. Das ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn der ergänzende Vortrag zu Verzögerungen, etwa wegen der Notwendigkeit zusätzlicher Sachverhaltsaufklärungen, führen würde. Bei Sach- und Rechtsvortrag vor der mündlichen Verhandlung ist dies in der Regel zu verneinen, sofern sich nicht aus dem Vortrag neue Ermittlungs- und ggf. auch Beweiserhebungspflichten für die Vergabekammer ergeben (zum Untersuchungsgrundsatz § 110 Rz. 6 ff.). Ebenfalls ist von Bedeutung, ob der betreffende Verfahrensbeteiligte überhaupt in der Lage war, zu einem bestimmten Punkt bereits früher vorzutragen. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn erst neue Ausführungen eines anderen Beteiligten dazu Veranlassung gegeben haben. Bloße Ausführungen zur Rechtslage führen niemals zu einer Verzöge- 31 rung der Entscheidung. Die Vergabekammer muss in jedem Fall eine den rechtlichen Anforderungen entsprechende Entscheidung treffen, also unabhängig davon, ob und wann einer der Verfahrensbeteiligten auf bestimmte rechtliche Aspekte hingewiesen hat. Die Fristsetzung ist an keine besondere Form gebunden. Insbesondere 32 bedarf es daher keiner Zustellung der diesbezüglichen Mitteilung2. Aus § 113 Abs. 2 Satz 2 wird man jedoch zumindest herleiten müssen, dass die Folge der Fristsetzung anzugeben ist, also die Möglichkeit zur Nichtberücksichtigung von verfristetem Vortrag3. d) Fehlerfolgen, Berücksichtigung durch das Oberlandesgericht. Bei der 33 Fristsetzung der Vergabekammer handelt es sich um eine bloße Verfah1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 8; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 113 Rz. 2173. 2 Zustimmend Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 113 GWB Rz. 12; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 48, jedoch ohne Begründung, woraus sich ein Zustellungserfordernis ergeben soll. 3 In analoger Anwendung von § 87 Abs. 3 Nr. 3 VwGO; i.E. ebenso Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 30.

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renshandlung, die nicht gesondert anfechtbar ist1. Es kommt daher nur die sofortige Beschwerde gemäß den §§ 116 ff. für diejenigen Verfahrensbeteiligten in Betracht, die durch die Entscheidung der Vergabekammer materiell beschwert sind. Dort ist auch verspäteter Vortrag der Parteien zu berücksichtigen (s. auch § 117 Rz. 18).2

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(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhänig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. (2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 113 Abs. 1 gilt in diesem Fall nicht. (3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die §§ 61 und 86a Satz 2 gelten entsprechend.3 I. 1. 2. II.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Prüfungsprogramm der Vergabekammer (§ 114 Abs. 1, 1. Halbs.) . . . . . . . . . 1. Rechtskontrolle . . . . . . . . . . 2. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Rechtsverletzung a) Bieterschützende Vorschriften . . . . . . . . . . b) Subjektive Beeinträchtigung . . . . . . . . . . III. Entscheidungsmöglichkeiten, Entscheidungsinhalt 1. Verfahrensentscheidungen . .

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1 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 28; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 8. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 113, Rz. 7. 3 Abgedruckt im Anhang I.

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Entscheidung der Vergabekammer 2. Bindung an eine Verletzung von Rechten des Antragstellers . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine Bindung an gestellte Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitergehende Einwirkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . 5. Geeignete Maßnahmen . . . . . IV. Keine Aufhebung eines wirksam erteilten Zuschlags (§ 114 Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . 1. Begriff des Zuschlags . . . . . . . 2. Inhaltliche Grenze für die Entscheidungsmöglichkeiten der Vergabekammer . . . . . . . . . . V. Feststellung der Rechtswidrigkeit (§ 114 Abs. 2 Satz 2 und 3) . . . . . . . . . . . . 1. Erledigung . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . b) Fallkonstellationen . . . . . . c) Zeitpunkt der Erledigung . .

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2. Antrag . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fortsetzungsfeststellungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wegfall des Beschleunigungsgebotes, keine Ablehnungsfiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . VI. Entscheidung durch Verwaltungsakt (§ 114 Abs. 3 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Form der Entscheidung . . . . 2. Entscheidungsinhalt . . . . . . a) Entscheidungstenor . . . . . b) Entscheidungsbegründung c) Rechtsmittelbelehrung . . d) Kostenentscheidung . . . . e) Unterschrift . . . . . . . . . . 3. Zustellung . . . . . . . . . . . . . 4. Verstoß gegen formelle Anforderungen . . . . . . . . . . VII. Vollstreckung der Entscheidung . . . . . . . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 114 Abs. 1 regelt das Entscheidungsprogramm und den Prüfungsmaß- 1 stab der Vergabekammer. Abs. 2 der Vorschrift bestimmt Grenzen für die Entscheidungsmöglichkeiten der Vergabekammer bei wirksam erfolgter Zuschlagserteilung und regelt die Möglichkeit einer sog. Fortsetzungsfeststellungsentscheidung. § 114 Abs. 3 regelt die Rechtsnatur der Entscheidung sowie deren Durchsetzung. 2. Entstehungsgeschichte Die Vorschrift des § 114 entspricht weitestgehend dem Regierungsent- 2 wurf zum Vergaberechtsänderungsgesetz (Einleitung Rz. 7). In der Begründung des Regierungsentwurfs1 wird hervorgehoben, dass die Vergabekammer eine weitgehende Entscheidungskompetenz habe, um ihr eine flexible Reaktion zu ermöglichen, die einerseits in effektiver Weise die Belange der Bieter schützt, anderseits jedoch auch dem öffentlichen Interesse an einer möglichst zügigen Auftragsvergabe gerecht wird. Zu 1 BT-Drucks. 13/9340.

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§ 114 Abs. 2 wird betont, es sei ein Prinzip des deutschen Vergaberechts, dass mit dem Zuschlag das Vergabeverfahren beendet werde und die Aufhebung eines Vertrages nicht mehr möglich sei. Die Regelung in § 114 Abs. 3, nach der die Vergabekammer durch Verwaltungsakt entscheidet, wird damit begründet, dass es sich bei der Vergabekammer nicht um ein Gericht handele und daher eine hinreichende Durchsetzbarkeit der Entscheidung sichergestellt werden müsse. 3 Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) wurde § 114 Abs. 2 lediglich dahingehend geändert, dass nunmehr statt von einem bereits erteilten Zuschlag von einem wirksam erteilen Zuschlag die Rede ist. Dabei handelt es sich einerseits um eine bloße redaktionelle Klarstellung, da auch zuvor bereits eine Sachentscheidung der Vergabekammer über den gestellten Nachprüfungsantrag nicht mehr in Betracht kam, wenn der Zuschlag bereits wirksam erteilt war. Anderseits knüpft die Gesetzesformulierung nunmehr an den durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz neu eingeführten § 101b an, der die Unwirksamkeit von Verträgen aus vergabrechtlichen Gründen regelt. Diese Unwirksamkeit wird durch die Regelung auch auf die Zuschlagserteilung als solche erstreckt1. Des Weiteren wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz § 114 Abs. 3 Satz 3 dahingehend ergänzt, dass neben § 61 auch § 86a Abs. 2 entsprechend gilt. Damit wird der dort geregelte und über das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes und die Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder hinausgehende Zwangsgeldrahmen für Entscheidungen der Vergabekammer anwendbar gemacht. Begründet wird dies damit, dass sich in der Vergabepraxis gezeigt habe, dass einzelne öffentliche Auftragsgeber die Anordnungen der Vergabekammern schlicht ignorieren und in diesen Fällen der ansonsten bestehende Zwangsgeldrahmen zu gering sei, um eine wirksame Durchsetzung der Vergabekammerentscheidungen zu gewährleisten2. II. Prüfungsprogramm der Vergabekammer (§ 114 Abs. 1, 1. Halbs.) 1. Rechtskontrolle 4 Die Vergabekammer hat zu prüfen, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist. Gemeint sind damit die subjektiven Rechte im Sinne von § 97 Abs. 7 (dazu § 97 Rz. 129). Die Notwendigkeit einer tatsächlichen Rechtsverletzung, die über die für die Zulässigkeit des Antrags ausreichende Möglichkeit einer Rechtsverletzung (§ 107 Abs. 2, dazu § 107 1 BT-Drucks. 16/10117, S. 23. 2 BT-Drucks. 16/10117, S. 23.

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Rz. 29) hinausgeht, entspricht den auch ansonsten aus dem Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht bekannten Gegebenheiten (s. insbesondere §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 VwGO)1. Insbesondere gilt dies für Fälle mit mehreren Beteiligten, hier also vor allem für Fälle mit mehreren (möglicherweise) in ihren Rechten oder Interessen betroffenen Unternehmen, in denen der Notwendigkeit einer Rechtsverletzung besondere Bedeutung zukommt2. Die Vergabekammer muss über die Frage, ob eine Rechtsverletzung zum 5 Nachteil des Antragstellers vorliegt, selbst und abschließend entscheiden. Eine Aussetzung des Verfahrens, etwa wegen der Vorgreiflichkeit eines anderweitig anhängigen Rechtsstreits, ist nicht möglich (zur Möglichkeit von verfahrensbezogenen Zwischenentscheidungen s. Rz. 13)3. Dem steht der Beschleunigungsgrundsatz des § 113 entgegen. Während für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages gemäß § 107 6 Abs. 2 die Möglichkeit ausreicht, dass der Antragsteller in zumindest einer ihn schützenden Vorschrift verletzt sein kann (§ 107 Rz. 29), ist die Prüfung im Rahmen der Begründetheit umfassender und tiefer. Geprüft werden müssen alle den Antragsteller schützenden Vorschriften, also nicht nur diejenigen, die der Antragsteller geltend gemacht hat und die für die Bejahung der Zulässigkeit herangezogen wurden, sofern sie in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Nachprüfungsantrag und dessen inhaltlicher Zielrichtung stehen (s. noch Rz. 18). Ungeachtet dessen greifen auch für Vorschriften, auf die sich der Antragsteller nicht konkret beruft, die Rügeobliegenheiten des § 107 Abs. 3 (dazu §§ 107 Rz. 41 ff.), d.h. diejenigen Verstöße, die durch den Antragsteller hätten gerügt werden müssen, jedoch nicht rechtzeitig gerügt worden sind, können dem Antrag grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen (zu Ausnahmen von der Rügeobliegenheit § 107 Rz. 62 ff.; s. noch Rz. 19). Die Prüfung der Vergabekammer beschränkt sich – anders als dies bei 7 einer Fachaufsicht der Fall wäre (dazu § 102 Rz. 5, 9) – im Wesentlichen (zu Ausnahmen Rz. 17 ff.) auf eine etwaige Rechtsverletzung zu Lasten des Antragstellers4. Es geht also um eine diesbezügliche Rechtskontrolle, 1 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 42 Rz. 14 ff., 102 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rz. 24 ff. 2 Zu den maßgeblichen Fragen in diesem Zusammenhang für den Bereich des Verwaltungsprozessrechts s. etwa Redeker/von Oertzen, VwGO, § 80a Rz. 1 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, § 80a Rz. 1 ff. 3 OLG Düsseldorf v. 11.3.2002 – Verg 43/01, VergabeR 2002, 404. 4 S. etwa BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, NVwZ 1999, 1138; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 3.

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nicht hingegen um eine Prüfung der Zweckmäßigkeit des Vergabeverfahrens und der in dessen Rahmen getroffenen Entscheidungen. Insbesondere darf die Vergabekammer bei bestehenden Wertungsspielräumen nicht eigene Wertungen oder gar Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle derjenigen der Vergabestelle setzen1. 2. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt 8 Für die Frage, ob der Antragsteller in eigenen Rechten i.S.v. § 97 Abs. 7 verletzt ist, ist die Sach- und Rechtslage entscheidend, die zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer gilt. Etwas anderes kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die materiell-rechtlichen bieterschützenden Vorschriften Abweichendes bestimmen2. 9 Dies kann dazu führen, dass der Antragsteller zwar zum Zeitpunkt der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens noch beschwert war, jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Vergabekammer nicht mehr beschwert ist, etwa weil die Vergabestelle zwischenzeitlich ihr Verfahren nachgebessert oder die Ausschreibung ohne Zuschlagserteilung beendet hat (s. Rz. 43 f.). Die Vergabekammer hat dies dann entsprechend zu berücksichtigen. Für den Antragsteller kommt dann ggf. eine Rücknahme des Nachprüfungsantrags in Betracht oder auch die Möglichkeit, das Nachprüfungsverfahren für erledigt zu erklären (Rz. 47)3. Ebenfalls kann ein Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 (Rz. 39 ff., 56) in Betracht kommen4.

1 S. etwa OLG Düsseldorf v. 14.4.2005 – Verg 93/04, VergabeR 2005, 513; OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, VergabeR 2002, 617; VK Schleswig-Holstein v. 28.11.2006 – VK-SH 25/06; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 12; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1071; MüllerWrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 53; vgl. zur diesbezüglich vergleichbaren Situation bei Ermessensentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung gemäß § 114 VwGO Redeker/von Oertzen, VwGO, § 114 Rz. 7 ff. 2 OLG Düsseldorf v. 26.11.2008 – Verg 54/08; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 15; allgemein Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 44 Rz. 16 ff.; vgl. auch OLG Schleswig v. 6.7.1999 – 6 U Kart 22/99, ZVgR 1999, 249. 3 Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 246. 4 S. etwa VK Sachsen-Anhalt v. 15.1.2008 – VK 2 LVwA LSA – 28/07; VK Lüneburg v. 26.6.2007 – VgK-29/2007; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 15.

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3. Rechtsverletzung a) Bieterschützende Vorschriften. Eine zentrale Frage für die Nachprü- 10 fung durch die Vergabekammer ist, welche Vorschriften des formellen und materiellen Vergaberechts bieterschützenden Charakter haben. Man spricht insofern von subjektiven Rechten, die von den lediglich objektivrechtlich bedeutsamen Vorschriften des Vergaberechts abzugrenzen sind1. Der Begriff entspricht weitgehend dem aus dem klassischen Verwaltungsrecht bekannten subjektiv-öffentlichen Recht2. Die insofern abweichende Terminologie ist jedoch gerechtfertigt, weil es im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zwar auch, jedoch nicht ausschließlich um Rechte gegenüber dem Staat geht (zu den öffentlichen Auftraggebern § 98 Rz. 2 f.). Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 97 Abs. 7 (§ 97 Rz. 129) verwiesen. b) Subjektive Beeinträchtigung. Es genügt nicht, dass eine bieterschüt- 11 zende Vorschrift missachtet wird. Der Antragsteller muss sich auf diese Verletzung vielmehr auch konkret berufen können, d.h. die Vorschrift muss zu seinen eigenen Lasten verletzt sein. Ansonsten ist er nicht in seinen Rechten verletzt. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn ein Unternehmen zwar zu Recht einen Fehler bei der Angebotsbewertung rügt, allerdings selbst gar kein Angebot abgegeben hat, oder wenn ein Unternehmen beanstandet, dass anstelle eines offenen Verfahrens ein nicht offenes Verfahren gewählt wurde (zu dieser Unterscheidung § 101 Rz. 8 ff., 12 ff.), obgleich es selbst zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde (s. dazu bereits § 107 Rz. 35). III. Entscheidungsmöglichkeiten, Entscheidungsinhalt 1. Verfahrensentscheidungen Regelmäßig endet ein Nachprüfungsverfahren mit einer Sachentschei- 12 dung der Vergabekammer. Nur in Sonderfällen kommt eine Beendigung des Nachprüfungsverfahrens ohne Sachentscheidung in Betracht. Dies ist vor allem dann denkbar, wenn der Nachprüfungsantrag durch den Antragsteller zurückgenommen wurde oder wenn sich das Nachprüfungsverfahren erledigt hat, ohne dass ein Feststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 gestellt worden ist (Rz. 39 ff.). In diesen Fällen ergeht lediglich eine Kostenentscheidung (s. dazu Rz. 75). Eine Vorlage von Rechts1 Boesen, EuZW 1998, 552 (554); Gröning, ZIP 1999, 52 (54). 2 Dazu Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40 Rz. 131 ff.; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 42 Rz. 102 ff.

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fragen an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) scheidet aus, da es sich bei der Vergabekammer um eine Verwaltungsbehörde und nicht um ein Gericht handelt (s. § 105 Rz. 4)1. Hingegen dürfte eine Vorlage an den EuGH wegen des weitergehenden Gerichtsbegriffs in Art. 234 EG (= Art. 267 AEUV) möglich, wenn auch im Regelfall aufgrund des für die Vergabekammer geltenden Beschleunigungsgebotes kaum sinnvoll sein2. Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf den Ausgang eines anderweitig anhängigen Rechtsstreits scheidet hingegen mangels einer entsprechenden Ermächtigung für die Vergabekammer aus3. 13 Ebenfalls scheidet eine Sachentscheidung der Vergabekammer dann aus, wenn sie den Nachprüfungsantrag an eine andere Vergabekammer verweist (s. dazu im Einzelnen § 108 Rz. 8). Zwischenentscheidungen, insbesondere zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags, sind gesetzlich nicht geregelt. Ihre Zulässigkeit ist gleichwohl nicht zwangsläufig ausgeschlossen (s. zur Akteneinsicht § 111 Rz. 49 ff.). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Nachprüfungsverfahren generell durch den Beschleunigungsgrundsatz des § 113 dominiert wird. Daher ist davon auszugehen, dass eine gesonderte Zwischenentscheidung etwa über die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags in der Regel ausscheidet4. Großzügiger wird dies allerdings dann gesehen, wenn es um die Frage geht, ob sich das Nachprüfungsverfahren erledigt hat, damit danach ggf. ohne besonderen Zeitdruck über einen Fortsetzungsfeststellungsantrag entschieden werden kann5. Eine Sachentscheidung kommt letztlich auch nicht mehr in Betracht, wenn bereits die Ablehnungsfiktion gemäß § 116 Abs. 2 GWB (§ 116 Rz. 14) eingetreten ist6. In diesem Fall kommt eine (erneute) Sachentscheidung nicht in Betracht. Ist ein entsprechendes

1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 14. 2 EuGH v. 19.6.2003 – Rs. C-315/01; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 14; anders hingegen etwa VK Düsseldorf v. 31.10.2007 – VK-31/2007-L; VK Hamburg v. 25.7.2007 – VK BSU 8/07, die von einer Vorlagepflicht nur der nationalen Gerichte ausgehen. 3 OLG Düsseldorf v. 11.3.2002 – Verg 43/01, NZBau 2003, 55; VK Baden-Württemberg v. 16.1.2009 – 1 VK 65/08; VK Baden-Württemberg v. 30.12.2008 – 1 VK 51/08; VK Sachsen v. 29.8.2008 – 1/SVK/042–08. 4 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; OLG Düsseldorf v. 18.1.2005 – VII Verg 104/04. 5 S. etwa OLG Thüringen v. 16.7.2003 – 6 Verg 3/03; VK Thüringen v. 9.1.2006 – 360-4002-20-063-05-ef-s; VK Rheinland-Pfalz v. 12.5.2005 – VK 17/05; VK BadenWürttemberg v. 24.3.2004 – 1 VK 14/04. 6 OLG München v. 4.4.2008 – Verg 4/08, NZBau 2008, 542.

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Begehren des Antragstellers als neuer Nachprüfungsantrag auszulegen, ist er unzulässig und dementsprechend abzulehnen. 2. Bindung an eine Verletzung von Rechten des Antragstellers Nur wenn die Vergabekammer eine Verletzung von Rechten des Antrag- 14 stellers festgestellt hat, trifft sie die geeigneten Maßnahmen, um diese Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Dies muss dann auch erfolgen. Die Vergabekammer hat insofern keinen Ermessensspielraum1. Die Vergabekammer ist bei ihrer Entscheidung an die Rechtsverletzung 15 des Antragstellers gebunden. Sie kann diesbezügliche Feststellungen oder gar das Nachprüfungsverfahren als solches nicht zum Anlass nehmen, um Maßnahmen zu treffen, die keinen Bezug zu dieser Rechtsverletzung haben, also nur abstrakt die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens sichern oder gezielt Rechtsverletzungen zu Lasten Dritter, die keinen eigenen Nachprüfungsantrag gestellt haben, verhindern bzw. beseitigen sollen (zu den Einwirkungsmöglichkeiten gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbs. s. noch Rz. 17 ff.)2. 3. Keine Bindung an gestellte Anträge Obgleich die Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung auf die 16 Stellung sachgerechter Anträge hinwirken soll, ist sie an gestellte Anträge nicht gebunden3. Dies bedeutet, dass die Vergabekammer darin frei ist, wie sie die Rechtsverletzung und eine damit verbundene Schädigung der betroffenen Interessen des Antragstellers beseitigt bzw. verhindert. Dies kann in der vom Antragsteller gewünschten Weise, aber auch auf andere Art erfolgen, solange das gesetzlich geforderte Ziel erreicht wird. Insbesondere darf die Vergabekammer also hinter dem Begehren des Antragstellers zurückbleiben4. Macht zum Beispiel ein Antragsteller geltend, dass er aufgrund einer fehlerhaften Anwendung der Zuschlagskriterien durch den öffentlichen Auftraggeber in seinen Rechten verletzt sei 1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 16; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 13. 2 OLG München v. 10.12.2009 – Verg 16/09, VergabeR 2010, 246 (259); Otting in Bechtold, GWB, § 114 Rz. 1; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1073; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 32; Maier in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 14 und 17 ff. 3 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 2 ff. 4 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1073; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 12, 19; Heuvels in Loewenheim/Meesen/ Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 4.

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und er den Zuschlag erhalten müsse, kann die Vergabekammer, sofern sie eine fehlerhafte, nicht nachvollziehbare oder nicht dokumentierte1 Anwendung der Zuschlagskriterien feststellt, in der Regel nur entscheiden, dass der öffentliche Auftraggeber eine Neubewertung der abgegebenen Angebote vornehmen muss. Denn sie hat lediglich eine rechtliche Kontrollkompetenz (s. Rz. 7), die auch die Wertungsspielräume des Auftraggebers respektieren muss2. Sie kann sich hingegen nicht an die Stelle des öffentlichen Auftraggebers setzen und für ihn die erforderlichen Entscheidungen treffen. Selbst in Fällen, in denen lediglich eine Entscheidung in Betracht kommt, also keinerlei Bewertungsspielräume mehr bestehen, die verschiedene und jeweils rechtmäßige Ergebnisse ermöglichen, darf sie nur gegenüber dem Auftraggeber konkrete Anordnungen treffen, nicht hingegen für ihn gegenüber Dritten3. 4. Weitergehende Einwirkungsmöglichkeiten 17 Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 kann die Vergabekammer auch unabhängig von gestellten Anträgen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Dies bedeutet indes nicht, dass sie losgelöst von dem angestrengten Nachprüfungsverfahren Regelungsmöglichkeiten in Bezug auf Art und Weise der Vergabe hat. Vielmehr bleibt auch in diesem Fall das Antragsziel, über das der Antragsteller kraft seiner Dispositionsbefugnis bestimmt (dazu § 107 Rz. 13), maßgeblich. Daraus folgt zunächst, dass durch die Entscheidung der Vergabekammer keine Verschlechterung der Situation des Antragstellers im Rahmen des Vergabeverfahrens herbeigeführt werden darf. Denn dies würde dem übergeordneten Ziel des Vergabenachprüfungsverfahrens gem. § 114 Abs. 1 Satz 1 widersprechen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu Lasten des Antragstellers zu beseitigen4. 18 Soweit es um Einwirkungen der Vergabekammer unabhängig von gestellten Anträgen geht, die (auch) zu Gunsten des Antragstellers wirken, müssen sie – abgesehen von immer möglichen Hinweisen und Empfehlungen – in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Rechtsschutzziel 1 S. etwa VK Hessen v. 27.5.2009 – 69d-VK-11/2009. 2 OLG Koblenz v. 15.10.2009 – 1 Verg 9/09; OLG Karlsruhe v. 20.3.2009 – 15 Verg 2/09; VK Hessen v. 2.2.2009 – 69d-VK-65/2008. 3 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 22; Maier in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 13 ff.; Otting in Bechtold, GWB, § 114 Rz. 2 f.; Braun, BB 1999, 1069 (1071). 4 OLG Rostock v. 5.7.2006 – 17 Verg 7/06; VK Münster v. 31.10.2007 – VK 23/07; Otting in Bechtold, GWB, § 114 Rz. 2; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 8.

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des Antragstellers stehen1. Noch weitergehende Einschränkungen ergeben sich daraus, dass der Vergabekammer durch § 114 Abs. 1 Satz 2 nicht die Kompetenz zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle eingeräumt wird2. Es geht vielmehr darum, dass die Vergabekammer zur Sicherstellung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens auch solche Maßnahmen ergreifen darf, die vom Antragsteller nicht ausdrücklich beantragt wurden, die aber deshalb notwendig sind, weil allein die vom Antragsteller begehrte Entscheidung den konkret gerügten Vergaberechtsverstoß nicht ausräumen oder aber weitere Nachprüfungsverfahren anderer Unternehmen nach sich ziehen würde. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Fall, dass ein Unternehmen die Wiederholung der Angebotswertung hinsichtlich seines Angebotes beantragt. Stellt die Vergabekammer fest, dass die Angebotswertung tatsächlich fehlerhaft war, bedarf es in der Regel einer Neubewertung sämtlicher Angebote. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Neubewertung allein des Angebots des Antragstellers möglicherweise auf die Bieterreihenfolge auswirkt. Die weitergehenden Einwirkungsmöglichkeiten der Vergabekammer set- 19 zen stets voraus, dass ein zulässiger Nachprüfungsantrag vorliegt und es um rechtzeitig gerügte, also nicht präkludierte Vergaberechtsverstöße geht, sofern nicht im Einzelfall eine Rüge gegenüber dem Auftraggeber vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens entbehrlich war (s. dazu § 107 Rz. 62 ff.)3. Ist der Nachprüfungsantrag insgesamt unzulässig, kann er nur abgelehnt werden. Eine isolierte Entscheidung auf der Grundlage von § 114 Abs. 1 Satz 2 kommt in diesem Fall nicht in Betracht. Ist der Nachprüfungsantrag zwar zulässig, sind jedoch einzelne vom Antragsteller geltend gemachte Vergaberechtsverstöße nicht oder nicht rechtzeitig gerügt worden, können diese ebenfalls nicht Gegenstand weitergehender Einwirkungsmöglichkeiten der Vergabekammer sein. 1 Vgl. OLG Dresden v. 29.5.2001 – W Verg 0003/01, VergabeR 2001, 311; offen gelassen OLG Naumburg v. 15.3.2001 – 1 Verg 11/00, NZBau 2001, 579; unklar Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1073; weitergehend Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 12. 2 OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08; OLG Düsseldorf v. 16.3.2005 – Verg 5/08; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 17 f. 3 S. etwa OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09, VergabeR 2010, 669; OLG München v. 10.12.2009 – Verg 18/09; OLG Karlsruhe v. 24.7.2007 – 17 Verg 6/07; OLG Düsseldorf v. 12.3.2003 – Verg 49/02; BayObLG v. 24.10.2000 – Verg 6/00, ZfBR 2001, 118; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 11; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 30 ff.; a.A. Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 23; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 2; Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 15 f.

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20 Die Vergabekammer kann unabhängig von gestellten Anträgen auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens einwirken. Dies muss allerdings nicht zwingend erfolgen. Sie hat dabei vor allem die Verfahrensökonomie zu berücksichtigen. Ebenfalls muss sie sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Korrektur eines Vergabefehlers zu Lasten des Antragstellers überhaupt möglich ist, ohne eine darüber hinausgehende Anordnung zu treffen (s. Rz. 18). 21 Möglich ist ein Einwirken auch bereits im Vorfeld der Entscheidung gemäß § 114 Abs. 3, ggf. also auch durch vorläufige Maßnahmen (z.B. Anordnung, Informationsgespräche mit einzelnen Bietern zu bestimmten Punkten zu unterlassen). 5. Geeignete Maßnahmen 22 Die von der Vergabekammer zu treffenden Maßnahmen müssen geeignet sein, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Die Vergabekammer hat dabei für ihre Anordnung einen weiten Entscheidungsspielraum, der neben den Interessen des Antragstellers auch die Belange des öffentlichen Auftraggebers sowie der anderen Unternehmen berücksichtigen muss. Die Anordnung muss danach – wie jede andere Verwaltungsentscheidung auch – verhältnismäßig sein, also nicht weiter als nötig in das Vergabeverfahren eingreifen, um die Interessen des Antragstellers und ggf. weitere damit im Zusammenhang stehende Belange (dazu o. Rz. 17) zu sichern1. 23 Soweit in § 114 Abs. 1 Satz 1 davon die Rede ist, dass eine Schädigung der betroffenen Interessen verhindert werden muss, weicht der Wortlaut von § 107 Abs. 2 Satz 2 ab, der neben drohenden und damit in der Regel noch verhinderbaren Schäden auch von bereits entstandenen Schäden spricht, die naturgemäß nicht mehr verhindert werden können. Gemeint ist im Ergebnis allerdings letztlich dasselbe. Es geht darum, dass Auswirkungen von Rechtsverletzungen zum Nachteil des Antragstellers verhindert oder beseitigt werden müssen, soweit dies materiellrechtlich noch möglich ist. Dies ist vor der wirksamen Zuschlagserteilung praktisch immer der Fall. Maßnahmen, die dieses Ziel nicht zu erreichen vermögen, sind ungeeignet. 1 OLG Karlsruhe v. 20.3.2009 – 15 Verg 2/09; OLG Rostock v. 1.9.1999 – 17 W (Verg) 1/99, ZVgR 2000, 18 (22); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 19; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 14; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1071; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 114 Rz. 8; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 15; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 54.

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In der Regel hat sich die Entscheidung der Vergabekammer auf die An- 24 ordnung zu beschränken, dass etwaige fehlerhafte Schritte des Vergabeverfahrens, die zu einer Verletzung von Rechten des Antragstellers geführt haben, unter Berücksichtigung der rechtlichen Maßgaben der Vergabekammer wiederholt werden müssen, während die rechtmäßigen Verfahrensschritte unberührt bleiben1. In Betracht kommt auch die Anordnung, etwaige Umstände (z.B. Preisnachlässe einzelner Bieter nach Angebotsabgabe) im weiteren Vergabeverfahren unberücksichtigt zu lassen2. Im weitestreichenden Fall kann eine Verpflichtung zur Beendigung des gesamten Vergabeverfahrens angeordnet werden, etwa dann, wenn bereits die Ausschreibung auf einer falschen Grundlage beruhte und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist (z.B. unzulässige Durchführung eines nicht offenen Verfahrens, bei dem der Antragsteller nicht zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde)3. Die Anordnung, einem bestimmten Unternehmen den Zuschlag zu erteilen, scheidet aus. Denn die Entscheidung, die Beschaffungsabsicht gänzlich aufzugeben oder den Beschaffungsgegenstand zu modifizieren, so dass es ggf. einer Neuausschreibung bedarf, steht allein dem öffentlichen Auftraggeber zu. Ein durch die Vergabekammer mittels Verwaltungsakt angeordneter Kontrahierungszwang würde dem widersprechen.4 Möglich ist allerdings 1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 4. 2 S. etwa OLG München v. 13.3.2009 – Verg 2/02, NZBau 2009, 341; OLG Düsseldorf v. 15.11.2000 – Verg 15/00, WuW/E Verg 413; KG v. 3.11.1999 – KartVerg 3/99, NZBau 2000, 209; VK Bund v. 9.9.1999 – VK 2-24/99, NZBau 2000, 110 (112); Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1072. 3 OLG Schleswig v. 13.2.2001 – 6 Verg 1/2001, VergabeR 2001, 214; VK Bund v. 26.8. 1999 – VK 2 – 20/99, NZBau 2000, 398; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 19; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 16; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1072; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 4. 4 BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02, BGHZ 154, 32; BGH v. 5.11.2002 – X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163; OLG Celle v. 10.1.2008 – 13 Verg 11/07; OLG München v. 12.7.2005 – Verg 8/05, VergabeR 2005, 802; OLG Frankfurt v. 28.6.2005 – 11 Verg 21/04, VergabeR 2006, 131; VK Baden-Württemberg v. 8.9.2006 – 1 VK 49/06; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 13; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 4a; a.A. OLG Naumburg v. 13.10.2006 – 1 Verg 7/06; ebenfalls für die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Anordnung zur Zuschlagserteilung, wenn diese die einzig rechtmäßige Entscheidung ist, OLG Düsseldorf v. 13.7. 2005 – VII Verg 19/05; VK Münster v. 30.4.2009 – VK 4/09; Dreher in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 17.

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die Anordnung der Vergabekammer gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber, ein bestimmtes Unternehmen vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen, sofern dessen Teilnahme den Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens in seinen Rechten verletzen würde (z.B. weil das auszuschließende Unternehmen ein unvollständiges oder verspätetes Angebot abgegeben hat)1. 25 Der öffentliche Auftraggeber kann durch die Vergabekammer weder verpflichtet werden, einem bestimmten Unternehmen den Zuschlag zu erteilen (s. Rz. 24), noch dazu, das Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung abzuschließen2. Der Umstand, dass das materielle Vergaberecht einzelne Aufhebungsgründe regelt (s. § 17 VOB/A, § 17 VOL/A), ändert daran nichts. Liegen deren Voraussetzungen vor, handelt es sich um eine rechtmäßige Aufhebung des betreffenden Vergabeverfahrens mit der gleichzeitigen Folge, dass den Unternehmen, die sich an der Ausschreibung beteiligt haben, in der Regel keine Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz zustehen. Hingegen kommen solche Ansprüche in Betracht, wenn die betreffenden Voraussetzungen nicht vorliegen. Dennoch handelt es sich um eine wirksame Beendigung des Vergabeverfahrens, die ein ggf. bereits anhängiges Nachprüfungsverfahren erledigt (s. Rz. 43)3. Auch der Umstand, dass eine Aufhebungsentscheidung in einem Nachprüfungsverfahren überprüft werden kann4, ändert daran nichts. Denn diese Prüfung ist auf die Frage beschränkt, ob die Aufhebungsvoraussetzungen vorlagen oder nicht. Allein dies kann daher durch die Vergabekammer festgestellt werden5. Dementsprechend be1 EuGH v. 18.6.2002 – Rs. C-92/00, Slg. 2002, S. I-5553; OLG Frankfurt v. 20.12. 2000 – 11 Verg 1/00, VergabeR 2001, 243; OLG Düsseldorf v. 10.5.2000 – Verg 5/00, NZBau 2000, 541; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 13; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 23. 2 S. etwa BGH v. 5.11.2002 – X ZR 232/00, NZBau 2003, 168; BGH v. 8.9.1998 – X ZR 99/96, NJW 1998, 3640; OLG Celle v. 15.7.2010 – 13 Verg 9/10; Burgi, NZBau 2003, 16; Burbulla, ZfBR 2009, 134; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1072; Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 5; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 4a; zumindest unklar insofern VK Rheinland-Pfalz v. 13.8.2009 – VK 1-39/09, wenn es dort heißt, dass „die Antragstellerin einen Anspruch auf Fortsetzung des Verfahrens und ggf. auf Zuschlagserteilung“ hat. 3 EuGH v. 18.6.2002 – Rs. C-92/00, Slg. 2002, S. I-5553; dazu etwa Reidt/Gersdorf, VergabeR 2002, 580 ff.; Portz, ZfBR 2002, 551 ff.; Priess, NZBau 2002, 433 ff. 4 BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02, BGHZ 154, 32; OLG Dresden v. 10.7.2003 – WVerg 15/02, NZBau 2003, 573; Burbulla, ZfBR 2009, 134; Conrad, NZBau 2007, 287. 5 Burbulla, ZfBR 2009, 134; Conrad, NZBau 2007, 287 (288); Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 6 ff.

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steht auch kein Anspruch des Antragstellers darauf, dass ein Vergabeverfahren aufgehoben wird, wenn die betreffenden Voraussetzungen vorliegen. Besteht eine andere Möglichkeit des Auftraggebers, einen vergaberechtskonformen Zustand zu gewährleisten, muss der Antragsteller dies hinnehmen1. In Betracht kommt allerdings eine Entscheidung der Vergabekammer 26 dahingehend, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet wird, das Vergabeverfahren fortzusetzen, wenn die Aufhebung rechtsirrtümlich erfolgt ist, weil der öffentliche Auftraggeber der Auffassung war, die Ausschreibung aufheben zu müssen2, oder wenn dies nur zum Schein erfolgt ist, der öffentliche Auftrageber jedoch tatsächlich die Vergabe weiter betreiben möchte (z.B. wenn eine Aufhebung nur deshalb erfolgt, weil ein durch den Auftraggeber gewünschtes Unternehmen ein unvollständiges und daher auszuschließendes Angebot abgegeben hat)3. Die Anordnung einer Kontrahierungspflicht des öffentlichen Auftraggebers durch die Vergabekammer ist jedoch auch in diesen Fällen nicht zulässig. Ebenso wenig kommt es in Betracht, den öffentlichen Auftraggeber dazu zu verpflichten, eine Ausschreibung aufzuheben. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine (rechtmäßige) Aufhebung der Ausschreibung (s. dazu Rz. 43) eindeutig vorliegen, etwa weil kein zuschlagsfähiges Angebot eingereicht wurde (s. z.B. § 17 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A). Denn allein darin, dass der öffentliche Auftraggeber die Ausschreibung nicht förmlich aufhebt, liegt keine Rechtsverletzung zu Lasten eines einzelnen Unternehmens. Dies wäre vielmehr erst dann der Fall, wenn ein nicht zuschlagsfähiges Angebot angenommen werden soll4. Geht die Anordnung der Vergabekammer über das notwendige und damit 27 verhältnismäßige Maß hinaus, ist dies für den Auftraggeber und ggf. auch für nach § 109 zu beteiligende Unternehmen rechtsverletzend. Es besteht dann die Möglichkeit, gegen derartige unverhältnismäßige Anordnungen der Vergabekammer mit der sofortigen Beschwerde nach § 116 vorzugehen5. 1 OLG Düsseldorf v. 16.12.2009 – Verg 32/09. 2 BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02, NVwZ 2003, 1149; Scharen, NZBau 2003, 585; Burbulla, ZfBR 2009, 134. 3 OLG Düsseldorf v. 16.2.2005 – VII Verg 72/04; OLG Düsseldorf v. 19.11.2003 – Verg 59/03, ZfBR 2004, 202; OLG München v. 12.7.2005 – Verg 8/05, VergabeR 2005, 802; Burbulla, ZfBR 2009, 134; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 60 ff. 4 A.A. VK Südbayern v. 29.7.2009 – Z3-3-3194-1-27-05/09. 5 OLG Düsseldorf v. 15.11.2000 – Verg 15/00.

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IV. Keine Aufhebung eines wirksam erteilten Zuschlags (§ 114 Abs. 2 Satz 1) 1. Begriff des Zuschlags 28 Der Begriff des Zuschlags hat im Vergaberecht eine zentrale Bedeutung. Er bildet die Zäsur für die Möglichkeit der Vergabekammer und damit auch für Konkurrenzunternehmen, noch auf das Vergabeverfahren einwirken zu können. Dementsprechend können Konkurrenzunternehmen auch nicht erreichen, dass ein wirksam erteilter Zuschlag rückgängig gemacht wird. Sie sind dann auf die Geltendmachung von Sekundäransprüchen in Form von Schadensersatz beschränkt (s. Rz. 60 sowie § 126 Rz. 12 ff.)1. 29 Im deutschen Vergaberecht ist der Zuschlag gleichbedeutend mit der Annahme des Vertragsangebotes eines Bieters, d.h. mit wirksamer Zuschlagserteilung ist die zu beauftragende Leistung tatsächlich und rechtlich vergeben (s. dazu auch Vorbemerkung zu §§ 97–101 Rz. 8)2. Es gelten insofern die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts (§§ 145 ff. BGB)3. Daher ist ggf. durch Auslegung (§§ 133, 157, 242 BGB) zu ermitteln, ob die Erklärung der Vergabestelle als die Annahme des Vertragsangebotes eines bestimmten Bieters zu verstehen ist (s. Rz. 34)4. Auch sind die (zivilrechtlichen) Unwirksamkeitsgründe sowie beispielsweise kommunalrechtliche Form- und Vertretungsregelungen5 für die Frage maßgeblich, ob die wirksame Annahme eines Vertragsangebotes vorliegt (Rz. 36). 30 Dies bedeutet zugleich, dass allein die interne Willensbildung des Auftraggebers, also z.B. die Entscheidung der Gemeindevertretung oder des Vergabeausschusses einer Stadt, nicht für die Zuschlagserteilung genügt. Sie stellt im Rechtssinne noch keine Annahme des Vertragsangebotes 1 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 41; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 7. 2 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71; KG v. 7.6.2000 – Kart Verg 3/00, NZBau 2000, 531; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 35; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1075. 3 S. etwa OLG Düsseldorf v. 14.3.2001 – Verg 30/00, VergabeR 2001, 226; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 25 ff.; Rusam in Heiermann/Riedel/ Rusam, Handkommentar zur VOB, § 28 VOB/A Rz. 1; Marx in Jestaedt/Kemper/ Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 144; zum Verhältnis von Zuschlag und Auftragserteilung ausführlich Reidt, BauR 2000, 22 ff. 4 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – Verg 14/07; OLG Rostock v. 16.5.2001 – 17 W 1/01, 2/01, VergabeR 2001, 315; OLG Jena v. 8.6.2000 – 6 Verg 2/00, NZBau 2001, 163. 5 OLG Celle v. 29.10.2009 – 13 Verg 8/09, NZBau 2010, 194 (199).

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dar1. Ebensowenig genügt für den Zuschlag eine das Angebot des Bieters erweiternde, einschränkende oder ändernde Annahme2. Eine solche Erklärung gilt gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des unterbreiteten Angebots, verbunden mit einem neuen Antrag. Der Vertrag kommt in diesem Fall erst mit der wirksamen Annahme durch das Unternehmen zustande. Zu diesem Zeitpunkt liegt dann auch erst der Zuschlag im vergaberechtlichen Sinne vor3. Auch die Entscheidung eines Preisgerichts im Rahmen eines Planungswettbewerbs (s. insbes. § 25 VOF) stellt noch keine Zuschlagserteilung dar und ist dieser lediglich vorgelagert (vgl. § 25 Abs. 8 VOF)4. Handelt es sich um ein beurkundungsbedürftiges Rechtsgeschäft, erfolgt der 31 Zuschlag erst mit der Beurkundung bzw. mit Vollzug des beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäfts (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB; s. noch Rz. 36). Demgegenüber ist es unerheblich, wenn im Anschluss an die mündliche 32 oder schriftliche Annahme des Vertragsangebotes noch eine ergänzende urkundliche Fixierung erfolgt. Diese dient dann lediglich Beweiszwecken, ändert jedoch nichts daran, dass bereits vorher der Vertrag wirksam abgeschlossen wurde5. 2. Inhaltliche Grenze für die Entscheidungsmöglichkeiten der Vergabekammer § 114 Abs. 2 enthält eine strikte Grenze für die Entscheidungsmöglich- 33 keiten der Vergabekammer. Sie kann einen wirksam erteilten Zuschlag nicht mehr aufheben. Dies gilt unabhängig davon, ob das durchgeführte Vergabeverfahren rechtmäßig oder rechtswidrig war6. Das Vergabeverfahren ist also mit der Zuschlagserteilung abgeschlossen, ohne dass die Vergabekammer rückwirkende Einflussmöglichkeiten hat (zur Feststellung der Rechtswidrigkeit u. Rz. 47 ff.). Folglich hat die Vergabekammer auch nicht die Möglichkeit, einen öffentlichen Auftraggeber anzuweisen, ei1 OLG Dresden v. 11.7.2000 – W Verg 5/00, BauR 2001, 235. 2 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1075. 3 OLG Düsseldorf v. 5.7.2000 – Verg 5/99, NZBau 2001, 106; BayObLG v. 10.10. 2000 – Verg 5/00, VergabeR 2001, 55; Rusam in Heiermann/Riedel/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 28 VOB/A Rz. 14 ff.; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 39; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1075. 4 OLG Koblenz v. 26.5.2010 – 1 Verg 2/10; a.A. OLG Düsseldorf v. 31.3.2004 – VIIVerg 4/04. 5 OLG Rostock v. 16.5.2001 – 17 W 1/01, 2/01, VergabeR 2001, 315; Rusam in Heiermann/Riedel/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 28 VOB/A Rz. 13. 6 OLG Düsseldorf v. 14.10.2009 – Verg 24/09; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 46.

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nen wirksam abgeschlossenen Vertrag zu beenden. Dies gilt selbst dann, wenn eine Vertragsbeendigung notwendig sein sollte, um einen vom Europäischen Gerichtshof festgestellten Unionsrechtsverstoß auszuräumen1. Für diesbezügliche Auseinandersetzungen sind also allein die ordentlichen Gerichte oder – sollte es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handeln – die Verwaltungsgerichte zuständig. 34 Diese Einschränkungen gelten auch dort, wo die maßgebliche Verdingungsordnung den Begriff des Zuschlags gar nicht vorsieht, wie dies in der VOF der Fall ist, die in § 11 nur von einer Auftragserteilung und vom Vertragsabschluss spricht (s. demgegenüber § 18 VOL/A und § 18 VOB/A). Der Begriff des Zuschlags i.S. von § 114 Abs. 2 bedeutet auch hier nichts anderes als die Annahme des Vertragsangebotes eines bestimmten Bieters (Rz. 29)2. 35 Wenn der Zuschlag bereits vor Stellung des Nachprüfungsantrags erteilt wurde, ist der Antrag unzulässig, weil das Antragsziel (Beseitigung der Rechtsverletzung des Antragstellers) durch die Vergabekammer nicht mehr erreicht werden kann (§ 107 Rz. 21)3. Die im Vergabeverfahren unterlegenen Bieter können in diesem Fall nur unmittelbar Schadensersatz geltend machen (§ 126 Rz. 12 ff.; zur Zuschlagserteilung nach der Information des öffentlichen Auftraggebers über den Nachprüfungsantrag s. § 115 Rz. 31 f.). Unionsrechtlich ist dies unbedenklich. Die Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) gehen selbst davon aus, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch dann ein Auftrag wirksam vergeben werden kann, wenn er gegen die Anforderungen des (europäischen) Vergaberechts verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Stillhaltefrist abgewartet wurde und auch die Frist für die Beantragung einer Nachprüfung abgelaufen ist, ohne dass ein Nachprüfungsantrag gestellt wurde (s. insbesondere Art. 2a und Art. 2c der Rechtsmittelrichtlinien; s. auch § 101a Rz. 1 sowie § 101b Rz. 3). In derartigen Fällen können die Rechte betroffener Unternehmen auf die Gewährung von Schadensersatz beschränkt werden (s. Art. 2 Abs. 6 und Abs. 7 der Rechtmittelrichtlinien)4. 1 OLG Düsseldorf v. 23.5.2007 – Verg 14/07; VK Düsseldorf v. 12.3.2008 – VK 2/2008; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 32; zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen zur Beseitigung eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes im Vergaberecht zu treffen s. EuGH v. 18.7.2007 – Rs. T-503/04, NZBau 2007, 594. 2 OLG Dresden v. 11.7.2000 – WVerg 5/00, BauR 2001, 235; OLG Rostock v. 16.5. 2001 – 17 W 1/01, 2/01, VergabeR 2001, 315. 3 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71; BayObLG v. 10.10.2000 – Verg 5/00, VergabeR 2001, 55. 4 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71.

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Maßgeblich ist dabei allerdings, dass es sich um einen wirksamen und 36 endgültigen Zuschlag handeln muss. Ob und wann dies der Fall ist, richtet sich neben § 101b (§ 101b Rz. 6 ff.) und § 115 Abs. 1 (§ 115 Rz. 7 ff., 31) nach allgemeinem Vertragsrecht1. Zu beachten sind im Weiteren etwa auch die Formvorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes für öffentlich-rechtliche Verträge (Vorb. zu §§ 97–101 Rz. 9 ff.)2 sowie die kommunalrechtlichen Vertretungs- und Formvorschriften, die in der Regel dazu führen, dass Erklärungen, durch die eine Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform bedürfen und vom Bürgermeister, häufig auch noch von einem weiteren Mitglied der Verwaltung, unterschrieben werden müssen, sofern es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt, was bei Aufträgen oberhalb der Schwellenwerte zumeist nicht der Fall ist3. Erklärungen der Gemeinde, insbesondere also auch die Annahme von Vertragsangeboten, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind schwebend unwirksam oder sogar nichtig. In jedem Fall führen sie nicht zu einer wirksamen und endgültigen Zuschlagserteilung4. Die Bestimmungen über sonstige Körperschaften der Länder (z.B. Landkreise, Zweckverbände) enthalten ähnliche Vorschriften. Sie führen dazu, dass ein wirksamer Zuschlag nicht mündlich oder gar konkludent erteilen werden kann. Daneben kommt etwa ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB5, ein Verstoß gegen § 138 BGB6 oder auch ein Verstoß gegen Formvorschriften wie § 311b BGB in Betracht7.

1 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 46 ff.; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 7. 2 OLG Düsseldorf v. 11.3.2002 – Verg 43/01, VergabeR 2002, 404. 3 S. etwa § 63 Abs. 2 Niedersächsische Gemeindeordnung, § 67 Abs. 2 Gemeindeordnung Brandenburg, § 64 Abs. 1 Gemeindeordnung NW; OLG Brandenburg v. 11.12.2001 – Verg W 6/01, NZBau 2002, 624; s. allerdings auch OLG Brandenburg v. 29.1.2002 – Verg W 8/01, NZBau 2002, 625. 4 OLG Dresden v. 21.7.2000 – WVerg 0005/00, WuW/E Verg 384; Schumacher in Schumacher u.a. Gemeindeordnung Brandenburg, Loseblattsammlung, § 67 Anm. 3; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rz. 370. 5 OLG Düsseldorf v. 21.4.2010 – VII Verg 55/09, NZBau 2010, 390 (im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen die Notifizierungspflicht durch die EU-Kommission bei Beihilfen); OLG Düsseldorf v. 12.1.2000 – Verg 4/99, NZBau 2000, 391. 6 S. etwa OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – Verg 23/08; VK Darmstadt v. 4.9.2008 – 69d-VK-30/08, NZBau 2008, 795. 7 S. etwa VK Bund v. 13.7.2001 – VK 1 – 19/01, VergabeR 2001, 433; OLG Schleswig v. 6.7.1999 – 6 U Kart 22/99, ZVgR 1999, 249; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 33.

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37 Hingegen reicht es für die Unwirksamkeit eines bereits abgeschlossenen Vertrages nicht aus, wenn dieser nachträglich beendet wurde1, unter einer aufschiebenden Bedingung steht oder mit einem Rücktrittsrecht für den Auftraggeber abgeschlossen wurde2. Denn derartige Umstände lassen die Wirksamkeit des abgeschlossenen Vertrages als solche unberührt. Für die Anordnung, von einem vertraglich vorgesehenen Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen oder den Eintritt einer bestimmten Bedingung zu verhindern, besteht keine Ermächtigungsgrundlage (vgl. Rz. 26). Insbesondere § 114 Abs. 1 Satz 2 reicht dafür nicht aus, da es bei einer derartigen Anordnung nicht um eine Einwirkung auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens ginge. Gegenstand der Einwirkung wäre in diesem Fall nicht das Vergabeverfahren sondern der bereits abgeschlossene Vertrag als solcher sowie der Umgang des öffentlichen Auftraggebers mit diesem bereits abgeschlossenen Vertrag (s. Rz. 28, 35). Keine Nichtigkeit des Vertrages ergibt sich außer in den Fällen des § 101b und des § 115 Abs. 1 in der Regel aus einem Verstoß gegen Vorschriften, die allein für das Vergabeverfahren relevant sind. Das gilt auch für bieterschützende Vorschriften i.S.v. § 97 Abs. 7, da § 114 Abs. 2 Satz 1 bestimmt, dass ein Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen für einen bereits abgeschlossenen Vertrag unbeachtlich ist, sofern keine speziellen Unwirksamkeits- oder Nichtigkeitsgründe bestehen3. Etwas anderes kommt – insbesondere über die Regelung des § 138 BGB – in besonderen Ausnahmefällen in Betracht, wenn es sich um ganz massive Verstöße gegen Vergaberecht handelt, durch die gezielt bestimmte Unternehmen benachteiligt werden sollen oder wenn der Auftraggeber mit dem Auftragnehmer kollusiv zusammengewirkt hat4. 38 Erweist sich ein erteilter Zuschlag als nichtig, heißt dies nicht zwangsläufig, dass einem gestellten Nachprüfungsantrag stattzugeben ist. Dies bedeutet vielmehr zunächst nur, dass die Vergabekammer überhaupt prüfen darf, weil dem nicht § 114 Abs. 2 Satz 1 entgegensteht. Kommt sie trotz Nichtigkeit des Vertrages (z.B. mangels Beurkundung) zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nicht in eigenen Rechten verletzt ist (z.B. weil dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wurde), muss sie den Nachprüfungsantrag ablehnen. 1 2 3 4

VK Lüneburg v. 3.7.2009 – VgK-30/2009. OLG Düsseldorf v. 12.1.2000 – Verg 4/99, NZBau 2000, 391. VK Bund v. 13.7.2001 – VK 1 – 19/01, VergabeR 2001, 433. BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71; KG v. 26.10.1999 – Kart Verg 8/99, NZBau 2000, 262; OLG Schleswig v. 6.7.1999 – 6 U Kart 22/99, ZVgR 1999, 249.

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V. Feststellung der Rechtswidrigkeit (§ 114 Abs. 2 Satz 2 und 3) Für den Fall, dass sich das Nachprüfungsverfahren erledigt, sieht § 114 39 Abs. 2 Satz 2 vor, dass die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten feststellen muss, ob aufgrund des durch den Antragsteller beanstandeten Vergaberechtsverstoßes eine Rechtsverletzung vorgelegen hat oder nicht, die ohne das erledigende Ereignis dem Nachprüfungsantrag zum Erfolg verholfen hätte (Fortsetzungsfeststellungsantrag1). Ein Feststellungsantrag, der auf ein anderes Ziel gerichtet ist (z.B. Antrag auf Feststellung der Vertragsnichtigkeit2 oder Antrag auf Feststellung, welche Vergabeart statthaft gewesen wäre3), ist unzulässig. 1. Erledigung Voraussetzung für einen Fortsetzungsfeststellungsantrag bei der Vergabe- 40 kammer ist, dass sich das Nachprüfungsverfahren erledigt hat. Ob das Nachprüfungsverfahren zulässig war oder nicht, ist dabei nach dem Gesetzeswortlaut unerheblich. Gleichwohl wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass der gestellte Nachprüfungsantrag zulässig gewesen sein muss4. Zudem würde es bei einem von vornherein unzulässigen Nachprüfungsantrag regelmäßig auch an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse (Rz. 59) fehlen. a) Begriff. § 114 Abs. 2 Satz 2 spricht von einer Erledigung durch Ertei- 41 lung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder von einer Erledigung in sonstiger Weise. Eine Erledigung durch Erteilung des Zuschlags liegt vor, wenn der betref- 42 fende Auftrag wirksam vergeben wurde. Ist der abgeschlossene Vertrag unwirksam, liegt ein erledigendes Ereignis hingegen nicht vor (s. bereits Rz. 36 zu § 114 Abs. 2 Satz 1). 1 Zur Terminologie s. etwa VK Sachsen-Anhalt v. 15.1.2008 – VK 2 LVwA LSA 28/07; VK Lüneburg v. 26.6.2007 – VgK-29/2007; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 44; Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 17; Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 57 f.; s. auch aus dem Bereich des Verwaltungsprozessrechts Redeker/von Oertzen, VwGO, § 113 Rz. 30 f. 2 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (920); OLG Celle v. 8.12.2005 – 13 Verg 2/05. 3 VK Hessen v. 21.3.2003 – 69d VK-11/2003. 4 S. etwa VK Hessen v. 13.5.2009 – 69d VK 10/2009; VK Brandenburg v. 16.5.2007 – 1 VK 13/07; VK Sachsen-Anhalt v. 15.1.2008 – VK 2 LVwA LSA-28/07; VK Nordbayern v. 27.6.2008 – 21. VK-3194-10/08; VK Lüneburg v. 30.6.2008 – VgK 07/2008; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 49; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 74.

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43 Eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Aufhebung ist gegeben, wenn der Auftraggeber eine entsprechende Entscheidung getroffen hat. Es muss sich zudem um eine rechtmäßige Aufhebung handeln. Maßgeblich sind dafür die Regelungen zur Aufhebung in § 17 VOB/A und § 17 VOL/A (zu nicht von den Aufhebungsgründen in § 17 VOB/A und § 17 VOL/A gedeckten Fällen s. Rz. 44). 44 Eine Einstellung des Vergabeverfahrens bezieht sich auf die Fälle, für die eine Aufhebung i.S.v. § 17 VOB/A oder § 17 VOL/A nicht ausdrücklich geregelt ist. Darunter fällt vor allem die Beendigung eines Vergabeverfahrens nach Maßgabe der VOF (§ 14 Abs. 6 VOF) oder auch die Einstellung eines Verhandlungsverfahrens1. Begrifflich kann man unter die Einstellung auch die nicht von § 17 VOB/A oder § 17 VOL/A gedeckte Aufhebung einer Ausschreibung oder auch eine rechtswidrige Einstellung des Vergabeverfahrens fassen. Überwiegend wird darin allerdings eine Beendigung in sonstiger Weise gesehen. Besondere Bedeutung kommt dem indes nicht zu, da in allen vier in § 114 Abs. 2 Satz 2 genannten Fällen eine Erledigung vorliegt. 45 Die Erledigung in sonstiger Weise umfasst als Auffangtatbestand alle Fälle, die nicht unter die wirksame Erteilung des Zuschlags, die Aufhebung oder die Einstellung des Vergabeverfahrens gefasst werden können, jedoch gleichwohl dazu führen, dass das Vergabeverfahren bereits sein Ende gefunden hat. In diesen Fällen ergibt eine auf das Vergabeverfahren bezogene Sachentscheidung der Vergabekammer keinen Sinn mehr, insbesondere können schutzwürdige Ziele des Antragstellers in Bezug auf das Vergabeverfahren selbst nicht mehr erreicht werden. Auch in Fällen der Erledigung in sonstiger Weise muss das Nachprüfungsbegehren allerdings gegenstandslos geworden sein2. 46 Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt vor, wenn der Auftraggeber den beanstandeten Mangel des Vergabeverfahrens vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens beseitigt hat und dem Antragsteller dadurch die Beschwer genommen wird (Nachbesserung)3. Allerdings liegt eine Erledigung durch Nachbesserung dann nicht vor, wenn der Antragsteller diese für unzureichend hält (z.B. eine durch den öffentlichen Auftraggeber vor1 Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 18. 2 S. etwa VK Lüneburg v. 2.12.2008 – VgK-41/08. 3 S. etwa OLG Düsseldorf v. 26.11.2008 – Verg 54/08; BayObLG v. 20.9.2004 – Verg 21/04; VK Lüneburg v. 26.6.2007 – VgK-29/2007; OLG Koblenz v. 26.5.2010 – 1 Verg 2/10; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 71 f.; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 17.

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genommene Neubewertung der Angebote) oder eine Nachbesserung gar nicht möglich ist1. In diesem Fall kann er im Rahmen des laufenden Nachprüfungsverfahrens geltend machen, dass er noch immer in seinen Rechten verletzt sei, ohne dass ihm eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens entgegengehalten werden könnte2. Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt des Weiteren dann vor, wenn 47 Antragsteller und Antragsgegner übereinstimmend das Nachprüfungsverfahren für erledigt erklären3. Ob tatsächlich ein erledigendes Ereignis vorliegt, ist in diesem Falle ohne Belang. Dies folgt aus der Dispositionsbefugnis der Beteiligten, die der Sachprüfung und Sachentscheidung der Vergabekammer vorgelagert ist4. Verzichten die Beteiligten auf eine Sachentscheidung, führt dies also ohne weitere Prüfungsmöglichkeit der Vergabekammer dazu, dass das Nachprüfungsverfahren gegenstandslos wird5. Eine Zustimmung der Beigeladenen zu einer übereinstimmenden Erledigungserklärung von Antragsteller und Antragsgegner ist nicht erforderlich6. Deren etwaiger Widerspruch gegen die übereinstimmende Erledigungserklärung führt also nicht dazu, dass noch eine Sachentscheidung der Vergabekammer ergehen könnte oder dürfte. Soweit sich Beigeladene im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren des Auftraggebers selbst beschwert fühlen, verbleibt ihnen daher nur die Möglichkeit, selbst einen Nachprüfungsantrag zu stellen7. Ebenfalls liegt eine Erledigung in sonstiger Weise vor, wenn die Voraus- 48 setzungen für eine (rechtmäßige) Aufhebung oder Einstellung des Vergabeverfahrens (Rz. 43 f.) nicht vorliegen8. Denn auch die rechtswidrige Aufhebung oder Einstellung ist grundsätzlich wirksam und führt somit zur Gegenstandslosigkeit des Nachprüfungsverfahrens, solange sie sich 1 So für Dokumentationsmängel OLG Celle v. 11.2.2010 – 13 Verg 16/09, VergabeR 2010, 669 (Wiederholung der unzureichend dokumentierten Verfahrensschritte nötig). 2 OLG Düsseldorf v. 26.11.2008 – Verg 54/08. 3 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 64 ff.; a.A. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 40. 4 Zur Geltung der Dispositionsmaxime im Nachprüfungsverfahren s. Sellmann/ Augsberg, NVwZ 2005, 1255 (1255 f.). 5 VK Arnsberg v. 12.2.2008 – VK 44/07; VK Saarland v. 20.8.2007 – 1 VK 1/2007; VK Schleswig-Holstein v. 7.3.2007 – VK-SH 3/07. 6 Sellmann/Augsberg, NVwZ 2005, 1255 (1259); Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 70. 7 VK Hessen v. 10.3.2003 – 69d VK 06/2003; VK Südbayern v. 30.1.2001 – 09-05/00. 8 OLG Düsseldorf v. 16.2.2005 – Verg 72/04; VK Saarland v. 1.10.2007 – 1 VK 2/2007; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 41.

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nicht als nichtig erweist1 oder im Wege des Primärrechtsschutzes revidiert wird (s. zur Aufhebung der Aufhebung s. Rz. 26). Eine Anordnung, das Vergabeverfahren fortzusetzen, kommt für die Vergabekammer nur ausnahmsweise in Betracht und auch dann nicht mit dem Inhalt, dass der Auftraggeber verpflichtet wird, das Vergabeverfahren überhaupt oder gar mit dem Zuschlag an ein bestimmtes Unternehmen zu beenden (s. Rz. 26). Der Auftraggeber hat also stets die Wahl, den Auftrag zu erteilen oder, ggf. gegen Schadensersatz, davon Abstand zu nehmen2. 49 Keine Erledigung in sonstiger Weise liegt vor, wenn lediglich die durch den öffentlichen Auftraggeber festgesetzte Zuschlags- und Bindefrist abgelaufen ist, da diese auch verlängert werden kann3. Gleichfalls nicht ausreichend ist es, wenn der Antragsteller lediglich sein im Nachprüfungsverfahren ursprünglich verfolgtes Ziel aufgibt (z.B. weil er seinen ursprünglich verfolgten Antrag, die Vergabestelle zu verpflichten, ihm den Zuschlag zu erteilen, nach Akteneinsicht für nicht mehr erfolgversprechend hält)4. Ebenfalls handelt es sich nicht um ein erledigendes Ereignis, wenn der Antragsteller seinen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer oder im Beschwerdeverfahren zurücknimmt5. In diesem Fall fehlt es zudem an einem noch anhängigen Verfahren, in dessen Rahmen eine Umstellung von dem ursprünglichen Leistungs- auf ein Feststellungsbegehren i.S.v. § 114 Abs. 2 Satz 2 möglich wäre, über das durch die Vergabekammer entschieden werden könnte. Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt auch dann noch nicht vor, wenn eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags gemäß § 115 Abs. 3 erfolgt ist. In diesem Fall kommt eine Erledigung erst dann in Betracht, wenn tatsächlich auf dieser Grundlage der Zuschlag wirksam erteilt wurde6. 1 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 58. 2 VK Schleswig-Holstein v. 14.9.2005 – VK SH-21/05. 3 OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, VergabeR 2000, 349; v. 13.10.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2001, 39; VK Sachsen v. 21.8.2002 – 1/SVK/77-02; Kus in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 35 f.; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1077; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 40. 4 OLG Naumburg v. 4.9.2001 – 1 Verg 8/01, ZVgR 2001, 69; Dreher in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 40. 5 OLG Brandenburg v. 18.5.2010 – Verg W 1/08 (auch zu den Voraussetzungen und Folgen der Antragsrücknahme erst im Beschwerdeverfahren); s. auch BGH v. 24.3.2009 – X ZB 29/08; a.A. Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 64; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1077; zur Rücknahme des Nachprüfungsantrags allgemein Sellmann/ Augsberg, NVwZ 2005, 1255 (1256 ff.). 6 OLG Celle v. 29.8.2003 – 13 Verg 15/03.

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b) Fallkonstellationen. Wenn ein erledigendes Ereignis eingetreten ist 50 und der ursprüngliche Antrag durch den Antragsteller weiterverfolgt wird, muss über ihn entschieden werden. Er ist zwangsläufig (als unbegründet oder bereits als unzulässig) abzulehnen1. Wird bei Vorliegen eines erledigenden Ereignisses der ursprüngliche An- 51 trag nicht aufrechterhalten und durch einen der Beteiligten (Rz. 56) ein Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 gestellt, ist allein über diesen zu entscheiden. Sofern der Antragsteller seinen ursprünglichen Antrag trotz eines erledigenden Ereignisses als Hauptantrag aufrechterhält, ist zunächst dieser Antrag abzulehnen (Rz. 50). Sodann ist über den Fortsetzungsfeststellungsantrag eines der Beteiligten, ggf. auch über den Fortsetzungsfeststellungsantrag, den der Antragsteller selbst hilfsweise gestellt hat, zu entscheiden. Wenn kein erledigendes Ereignis vorliegt, gleichwohl jedoch durch einen 52 der Beteiligten ein Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt wird, ist wiederum zunächst über den ursprünglichen Antrag zu befinden, wenn dieser aufrechterhalten wurde (zur übereinstimmenden Erledigungserklärung von Antragsteller und Antragsgegner s. Rz. 47). Über den Feststellungsantrag ist ebenfalls zu entscheiden. Er ist jedoch in der Regel bereits als unzulässig abzulehnen, es sei denn, er wurde lediglich hilfsweise gestellt2. In diesem Fall ist gar nicht mehr über ihn zu befinden. Wenn kein erledigendes Ereignis vorliegt, der ursprünglich durch den 53 Antragsteller verfolgte Antrag nicht aufrechterhalten wird und stattdessen nur noch ein Feststellungsantrag durch einen der Beteiligten (Rz. 56) gestellt wird, ist dieser als unzulässig abzulehnen. In diesem Fall fehlt es an den objektiven Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 Satz 2. Überdies ist das in einem solchen Fall noch mögliche Leistungsbegehren vorrangig3. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Antragsteller und Antragsgegner übereinstimmend das Nachprüfungsverfahren für erledigt erklärt haben (Rz. 47). In diesem Fall liegt eine Erledigung in sonstiger Weise vor, die es ermöglicht, einen Fortsetzungsfeststellungsantrag zu stellen. c) Zeitpunkt der Erledigung. Die Erledigung muss nach Beginn des Nach- 54 prüfungsverfahrens eingetreten sein (zum Beginn des Nachprüfungsver1 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 44; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1078; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 81. 2 So im Ergebnis wohl auch OLG Naumburg v. 4.9.2001 – 1 Verg 8/01, ZVgR 2001, 69. 3 OLG Naumburg v. 4.9.2001 – 1 Verg 8/01, ZVgR 2001, 69.

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fahrens als Verwaltungsverfahren i.S.v. § 9 VwVfG § 107 Rz. 7, 12)1. Ein Nachprüfungsantrag, der sich bereits vor Beginn des Nachprüfungsverfahrens, wenn auch möglicherweise erst nach Antragstellung, erledigt hat, ist (offensichtlich) unzulässig2. Über ihn muss der öffentliche Auftraggeber daher nicht gemäß § 115 Abs. 1 zur Auslösung des Zuschlagsverbotes informiert werden (s. im Einzelnen § 115 Rz. 29, § 110 Rz. 35). 55 Etwas anderes gilt dann, wenn sich der Antragsteller gegen die Aufhebung einer Ausschreibung wendet. In diesem Fall ist ein Feststellungsantrag, der auf die Prüfung der Frage gerichtet ist, ob die Aufhebung oder sonstige Beendigung des Vergabeverfahrens in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts und des nationalen Rechts erfolgt ist, auch dann zulässig, wenn die Entscheidung des Auftraggebers über die Aufhebung oder sonstige Beendigung des Vergabeverfahrens bereits vor Beginn des Nachprüfungsverfahrens erfolgt ist3. 2. Antrag 56 Allein die Erledigung (dazu o. Rz. 40 ff.) genügt nicht dafür, dass die Vergabekammer eine Fortsetzungsfeststellungsentscheidung trifft. Dies bedarf vielmehr eines gesonderten Antrages4. Dieser Antrag kann anders als im Verwaltungsprozess5 nicht nur durch den Antragsteller sondern durch jeden Verfahrensbeteiligten i.S. von § 109 gestellt werden, auch als Hilfsantrag6. 1 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71; OLG Düsseldorf v. 23.5. 2007 – Verg 14/07; KG v. 7.6.2000 – Kart Verg 3/00, NZBau 2000, 531; VK Sachsen-Anhalt v. 15.1.2008 – VK 2 LVwALSA 28/07; VK Brandenburg v. 10.6.2005 – VK 18/05; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 53; anders Höfler, NJW 2000, 120 (121); differenzierend Meyer, WuW 1999, 567 (569 ff.). 2 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (909); Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 16; a.A. Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 74; Gröning, ZIP 1999, 52 (56); Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1077; Otting in Bechtold, GWB, § 114 Rz. 7; Antweiler, NZBau 2005, 35 (37), die eine Einreichung des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer genügen lassen, um eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens zu bejahen. 3 EuGH v. 2.6.2005 – C 15/04; BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02; OLG Düsseldorf v. 27.7.2005 – Verg 108/04; VK Rheinland-Pfalz v. 13.8.2009 – VK 1-39/09; VK Südbayern v. 17.8.2004 – 20-04/04; Burbulla, ZfBR 2009, 134; Conrad, NZBau 2007, 287; Jasper/Pooth, NZBau 2003, 261; a.A. Antweiler, NZBau 2005, 35; Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 17. 4 Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 58. 5 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 113 Rz. 34. 6 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 46, 52; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1078.

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Auch hierbei ist allerdings die Dipositionsbefugnis des Antragstellers zu 57 berücksichtigen. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag kann nur in einem noch anhängigen, wenn auch erledigten Nachprüfungsverfahren gestellt werden. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, kommt auch ein Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht mehr in Betracht. Dieser muss also vor einer etwaigen Antragsrücknahme gestellt und auch durch die Vergabekammer beschieden worden sein. Für den Fortsetzungsfeststellungsantrag bestehen keine besonderen For- 58 merfordernisse. Er kann daher schriftlich, aber auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung (§ 112 Rz. 4 ff.) mündlich gestellt werden1. 3. Fortsetzungsfeststellungsinteresse Unabhängig davon, dass jeder Verfahrensbeteiligte die Feststellung bean- 59 tragen kann, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat oder nicht, ist dafür ein entsprechendes Rechtsschutzinteresse erforderlich (Fortsetzungsfeststellungsinteresse)2. Dieses muss zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer vorliegen. Fällt ein ursprünglich möglicherweise gegebenes Feststellungsinteresse bis zu diesem Zeitpunkt weg, führt dies zur Unzulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrags3. Als hinreichendes Feststellungsinteresse ist jedes nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ausreichend, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern4. Für den Antragsteller ergibt sich ein solches Fortsetzungsfeststellungs- 60 interesse häufig aus der Möglichkeit eines zumindest nicht aussichts1 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1078; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 70. 2 OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682; OLG Düsseldorf v. 22.5.2002 – Verg 6/02, NZBau 2002, 583; OLG Düsseldorf v. 5.7.2000 – Verg 5/99, NZBau 2001, 106; VK Lüneburg v. 30.6.2008 – VgK-07/2008; VK Bund v. 21.5. 2008 – VK 2-40/08; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 73 ff.; Maier in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 75; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1078; anders Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 50. 3 VK Bund v. 21.5.2008 – VK 2-40/08. 4 S. etwa OLG Sachsen-Anhalt v. 23.4.2009 – 1 Verg 7/08, VergabeR 2009, 793; OLG Frankfurt v. 6.5.2003 – 11 Verg 3/02, VergabeR 2003, 349; Maier in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 75; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1078.

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losen Schadensersatzanspruchs1. Dafür hat die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 124 Bindungswirkung (dazu § 124 Rz. 3). Dasselbe Interesse kann aus der umgekehrten Perspektive für den Antragsgegner oder auch für beigeladene Unternehmen bestehen2. Des Weiteren ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen einer (konkreten) Wiederholungsgefahr in Bezug auf einen nach Auffassung des Antragstellers vor Erledigung begangenen Vergaberechtsverstoß in Betracht zu ziehen3. Eine Wiederholungsgefahr fehlt in derartigen Fällen allerdings zumeist dann, wenn der Antragsgegner ausdrücklich erklärt, dass er die Leistung nicht mehr oder nur in einem völlig umgestaltenen Verfahren vergeben will4. Ebenfalls reicht es für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus, wenn der Verfahrensbeteiligte, der den Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt hat, damit lediglich eine für ihn günstigte Kostenentscheidung der Vergabekammer erreichen möchte5. Denn wenn sich das Nachprüfungsverfahren zugunsten des Antragstellers erledigt, in erster Linie also durch eine Abhilfeentscheidung der Vergabestelle zu seinen Gunsten, hat sie ohnehin die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragstellers zu erstatten6. Eines gesonderten Fortsetzungsfeststellungsantrags bedarf es dafür nicht. 4. Wegfall des Beschleunigungsgebotes, keine Ablehnungsfiktion 61 Gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 gilt für das Fortsetzungsfeststellungsverfahren § 113 Abs. 1 nicht. Dies ist folgerichtig, weil für die Fortsetzungfest1 S. etwa OLG Celle v. 23.2.2010 – 13 Verg 1/10; OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (920); OLG Düsseldorf v. 5.7.2000 – Verg 5/99, NZBau 2001, 106; VK Nordbayern v. 27.6.2008 – 21. VK-3194-10/08; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 76 ff., Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 58. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 46 f. 3 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg 68/08, VergabeR 2009, 905 (920); OLG Düsseldorf v. 22.5.2002 – Verg 6/02, NZBau 2002, 583; VK Nordbayern v. 27.6. 2008 – 21. VK-3194-10/08; s. Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 83, Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 58. 4 OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682; Dicks, ZfBR 2010, 339 (342 ff.). 5 VK Brandenburg v. 9.9.2005 – VK 33/05; VK Bund v. 21.5.2008 – VK 2-40/08; i.E. auch OLG Düsseldorf v. 2.3.2005 – VII Verg 70/04; VK Lüneburg v. 2.12.2008 – VgK-41/08; VK Lüneburg v. 26.6.2007 – VgK-29/2007; Maier in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 85. 6 VK Köln v. 19.8.2009 – VK VOB 11/2009.

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stellungsentscheidung der Vergabekammer kein besonderer und von sonstigen Verwaltungsverfahren abweichender Zeitdruck mehr besteht1. Der Wegfall des Beschleunigungsgebotes schließt auch die an das Beschleunigungsgebot anknüpfende Ablehnungsfiktion des § 116 Abs. 2 ein2. Voraussetzung ist allerdings, dass tatsächlich ein erledigendes Ereignis vorliegt (Rz. 40 ff.), zumindest in Form von übereinstimmenden Erledigungserklärungen durch Antragsteller und Antragsgegner (Rz. 47). Auch bei Wegfall des Beschleunigungsgebotes nach § 113 Abs. 1 verbleibt es jedoch dabei, dass das Verfahren zügig durchzuführen ist (§ 10 Satz 2 VwVfG). 5. Rechtsmittel Die Fortsetzungsfeststellungsentscheidung der Vergabekammer ist eine 62 Entscheidung i.S. von § 114 Abs. 3 Satz 1 und § 116 Abs. 1. Rechtsmittel ist also die sofortige Beschwerde. VI. Entscheidung durch Verwaltungsakt (§ 114 Abs. 3 Satz 1) 1. Form der Entscheidung § 114 Abs. 3 Satz 1 regelt ausdrücklich, dass die Vergabekammer durch 63 Verwaltungsakt i.S.v. § 35 VwVfG (des Bundes bzw. des Landes, zu dem die Vergabekammer gehört) entscheidet. Dies liegt bei einem Verwaltungsverfahren auf der Hand, zumal eine Entscheidung durch Urteil wegen der Behördenqualität der Vergabekammer nicht in Betracht kommt. Die formellen Anforderungen, die an die Entscheidung der Vergabekam- 64 mer als Verwaltungsakt zu stellen sind, haben nicht unerhebliche Bedeutung. Zwar können Verfahrens- und Formfehler in den meisten Fällen geheilt werden (§ 45 VwVfG) oder sind nach § 46 VwVfG unbeachtlich, jedoch gibt es auch Verfahrensfehler, die sich im Rahmen der vergaberechtlichen Nachprüfung in besonderer Weise auswirken. Dies gilt insbesondere für formelle Anforderungen, die ggf. die Wirksamkeit der Entscheidung als solche in Frage stellen und damit die Ablehnungsfiktion des § 116 Abs. 2, 2. Halbs. (§ 116 Rz. 14) auslösen können. Dies ist etwa im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Unterzeichnung der Nachprüfungsentscheidung wiederholt aktuell geworden (s. noch Rz. 64; zur Unzuständigkeit der entscheidenden Vergabekammer s. § 108 Rz. 7 f.). 1 Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 88; Otting in Bechtold, GWB, § 113 Rz. 6. 2 OLG Naumburg v. 4.9.2001 – 1 Verg 8/01, ZVgR 2001, 69; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1080.

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65 Welche konkreten Anforderungen an die Nachprüfungsentscheidung der Vergabekammer zu stellen sind, ergibt sich aus einer Zusammenschau verschiedener Rechtsquellen und der zwischen ihnen bestehenden Rangfolge. An erster Stelle stehen dabei die aus der Verfassung abzuleitenden rechtsstaatlichen Mindestanforderungen, die losgelöst von jeder einfachgesetzlichen Ausgestaltung verlangen, dass die von der Vergabekammer zu treffende Entscheidung hinreichend bestimmt sein und ihre Authentizität feststehen muss. Bei den einfachgesetzlichen Anforderungen gelten vorrangig die Bestimmungen im 4. Teil des GWB. Danach erfolgt die Entscheidung zwingend durch Erlaß eines Verwaltungsaktes (§ 35 VwVfG, Rz. 63), der schriftlich ergehen und begründet werden muss (§ 113 Abs. 1 Satz 1). Im Rahmen der einfachgesetzlichen Bestimmungen gilt für die formellen Anforderungen an die Entscheidung der Vergabekammer des Weiteren § 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61. § 61 ist jedoch nur insoweit maßgeblich, wie der 4. Teil des GWB, im Wesentlichen also die §§ 113 und 114, keine abschließenden Regelungen enthalten. Daher ergibt sich aus dieser Vorschrift zusätzlich im Wesentlichen nur, dass die Entscheidung der Vergabekammer mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen ist und nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zugestellt werden muss1. Soweit der 4. Teil des GWB und der in § 114 Abs. 3 Satz 3 in Bezug genommene § 61 keine abschließenden Regelungen enthalten, gelten ergänzend spezialgesetzliche Regelungen des Bundes oder der Länder2. Existieren spezielle Bestimmungen für die Entscheidung der Vergabekammer nicht oder sind sie wiederum nicht abschließend, ist auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes und auf die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder für die in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich tätigen Vergabekammern zurückzugreifen (vgl. § 1 Abs. 1 und Abs. 3 VwVfG)3. Dies ist die zwingende Konsequenz daraus, dass es sich bei der Vergabekammer um eine Behörde i.S. von § 1 Abs. 4 VwVfG handelt, die im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens tätig wird (§ 107 Rz. 7) und durch Erlass eines Verwaltungsaktes i.S. von § 35 VwVfG entscheidet. 66 Ebenfalls von Bedeutung sein können für die Tätigkeit der Vergabekammern des Bundes und der Länder ihre jeweiligen Geschäftsordnungen. Als reines Innenrecht können sie allerdings die vorstehend genannten materiell-rechtlichen Anforderungen (Verfassungsrecht; einfaches Geset1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 6. 2 Zu den landesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen s. Anhang II.1. 3 S. etwa VK Münster v. 9.9.2009 – VK 7/09.

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zesrecht, also die für die Form der Vergabekammerentscheidung maßgeblichen Bestimmungen des GWB; etwaige Spezialregelungen des Bundes und der Länder; Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder als Auffangregelungen) nicht abbedingen oder modifizieren (s. dazu § 106 Rz. 13; zur Unterzeichnung der Vergabekammerentscheidung s. noch Rz. 76). Die vorstehend aufgeführten Bestimmungen gelten für die Entscheidun- 67 gen der Vergabekammer unmittelbar. Eine zusätzliche Heranziehung anderer Vorschriften, insbesondere der Verwaltungsgerichtsordnung oder der Zivilprozeßordnung, kommt nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung derartiger Bestimmungen vorliegen, insbesondere also eine Regelungslücke besteht. Dies ist allerdings hinsichtlich der wesentlichen formellen Anforderungen an Vergabekammerentscheidungen nicht der Fall. Auch bei Erledigung des Nachprüfungsverfahrens (Fortsetzungsfeststel- 68 lungsentscheidung, Sachentscheidung über den Nachprüfungsantrag, Einstellung des Verfahrens einschließlich Kostenentscheidung bei Erledigung ohne zusätzlichen Fortsetzungsfeststellungsantrag, o. Rz. 40 ff.) ergeht eine Entscheidung durch Verwaltungsakt. Daher gelten auch die ansonsten für die Entscheidung der Vergabekammer maßgeblichen Anforderungen (Rz. 4 ff.) in gleicher Weise. 2. Entscheidungsinhalt Die Entscheidung der Vergabekammer muss schriftlich ergehen und be- 69 gründet werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1). Sie ist darüber hinaus mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (§ 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61). Eine Gliederung für den Aufbau der Vergabekammerentscheidung ist teilweise in den Geschäftsordnungen der Vergabekammern enthalten1. a) Entscheidungstenor. Damit eine Begründung der Entscheidung über- 70 haupt möglich ist, bedarf es einer hinreichend bestimmten Regelung (§ 37 Abs. 1 VwVfG)2. Das bedeutet insbesondere für eine dem Nachprüfungsantrag ganz oder teilweise stattgebende Entscheidung, dass eine präzise und damit ggf. auch vollstreckbare Tenorierung erfolgen muss. Für den Antragsgegner muss – zumindest unter Hinzunahme der Entscheidungsbegründung, die wie auch sonst bei Verwaltungsakten zur 1 Z.B. in § 8 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes, Anhang III. 2 S. etwa OLG Schleswig v. 13.2.2001 – 6 Verg 1/2001, VergabeR 2001, 214; MüllerWrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 55.

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Auslegung herangezogen werden kann – eindeutig erkennbar sein, wie er sich zu verhalten hat. 71 b) Entscheidungsbegründung. Die Begründung der Entscheidung muss die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe darlegen, auf denen sie beruht. Die Anforderungen an Umfang und Vollständigkeit sind dabei einzelfallabhängig. Je umfangreicher und präziser der Sachvortrag der Verfahrensbeteiligten war, desto höhere Ansprüche sind an die Entscheidungsbegründung zu stellen. Andererseits ist die Vergabekammer nicht verpflichtet, sich auch mit fernliegenden oder gar abwegigen Ausführungen der Verfahrensbeteiligten detailliert zu befassen1. 72 Ist die Begründung unzureichend, führt dies zu einem Verfahrensfehler, der allerdings nicht gesondert beanstandet werden kann (§ 46 VwVfG). Vielmehr kommt lediglich die Einlegung der sofortigen Beschwerde gemäß den §§ 116 ff. in Betracht. 73 c) Rechtsmittelbelehrung. Die Entscheidung muss eine Rechtsmittelbelehrung enthalten (§ 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61). Weder in § 114 Abs. 3 noch in § 61 ist geregelt, wie die Belehrung aussehen muss. Aus dem Wortlaut des § 61 wonach „über das zulässige Rechtsmittel“ belehrt werden muss, hat die Rechtsprechung gefolgert, dass sich die Rechtsmittelbelehrung auf alle Umstände zu erstrecken hat, die Voraussetzung für ein zulässiges Rechtsmittel sind, wie z.B. den bestehenden Anwaltszwang2. Im Übrigen wird man hierfür § 58 Abs. 1 VwGO analog heranziehen können3. Danach muss die Belehrung darüber informieren, dass gegen die Entscheidung der Vergabekammer die sofortige Beschwerde zulässig und bei welchem Gericht sie einzulegen ist. Ebenfalls muss über die dafür einzuhaltende Frist belehrt werden. Obgleich sich dies nicht aus dem Wortlaut des § 58 VwGO ergibt, gilt die Belehrungspflicht auch für zwingende Formvorschriften, die sich für die sofortige Beschwerde aus § 117 Abs. 2 bis 4 ergeben4. 1 OLG Schleswig v. 13.2.2001 – 6 Verg 1/2001, VergabeR 2001, 214; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 63; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 89 f.; allgemein U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 39 Rz. 43 ff. 2 OLG Celle v. 31.5.2007 – 13 Verg 1/07, VergabeR 2007, 692. 3 So auch Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 11; Bechtold in Bechtold, GWB, § 61 Rz. 5; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 6. 4 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 58 Rz. 9; ebenso BSG v. 11.2.1958 – 10 RV 123/56, BSGE 7, 1 (2 f.); anders BVerwG v. 27.2.1976 – IV C 74.74, BVerwGE 50, 248 (250).

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Ist die Rechtsmittelbelehrung unterblieben oder fehlerhaft, gilt nicht die 74 Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO1. Vielmehr greift § 117 Abs. 1, 2. Alternative ein, nach dem die Beschwerdefrist selbst bei einer gänzlich fehlenden Entscheidung innerhalb der 5-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 (§ 113 Rz. 4) für den Antragsteller zu laufen beginnt, da sein Antrag in diesem Fall als abgelehnt gilt. Für den Antragsgegner und die weiteren Verfahrensbeteiligten gilt diese Fristenregelung entsprechend, da nicht erkennbar ist, warum ihnen eine längere Frist eingeräumt sein sollte als dem Antragsteller. d) Kostenentscheidung. Gemäß § 128 ist durch die Vergabekammer über 75 die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Entscheidung soll, soweit möglich, zusammen mit der Sachentscheidung ergehen (§ 14 Verwaltungskostengesetz). Sie kann allerdings auch in einem gesonderten Beschluss erfolgen, muss also nicht zwingend bereits in der Nachprüfungsentscheidung enthalten sein (s. im Einzelnen § 128 Rz. 4 ff., 21)2. Die aufschiebene Wirkung einer sofortigen Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 gegen die Entscheidung der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag erstreckt sich nicht auf die Kostenentscheidung (s. § 118 Rz. 4). Der Kostenerstattungsanspruch wird daher mit der Entscheidung der Vergabekamer fällig und einklagbar (§ 128 Rz. 27). e) Unterschrift. Es muss bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen si- 76 chergestellt sein, dass es sich bei der Entscheidung der Vergabekammer nicht nur um einen Entwurf handelt und dass der Inhalt der Entscheidung mit dem Willen des Entscheidungsorgans, also der Vergabekammer, übereinstimmt (Authentizität). Um diesen Anforderungen zu genügen, ist es unverzichtbar, dass die Entscheidung der Vergabekammer unterschrieben wird. Aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht notwendig ist es hingegen, dass die Entscheidung der Vergabekammer durch sämtliche Mitglieder unterschrieben wird, die an ihr mitgewirkt haben3. 1 Ebenso Heuvels in Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 114 Rz. 11; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 95; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 114 Rz. 9; a.A. OLG Celle v. 31.5.2007 – 13 Verg 1/07, VergabeR 2007, 692; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 96; Jaeger in Byok/Jaeger, § 117 Rz. 1148; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 6. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 62; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 91; s. auch § 8 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes, Anhang III. 3 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, VergabeR 2001, 286; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1082.

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77 Ob über diese Erfordernisse hinausgehend weitere Anforderungen an die Unterzeichnung der Vergabekammerentscheidung bestehen, richtet sich nach einfachem Recht. Weder der 4. Teil des GWB noch der in § 114 Abs. 3 Satz 3 in Bezug genommene § 61 enthalten hierzu besondere Erfordernisse. Maßgeblich sind daher nach der unter Rz. 65 dargestellten Normenhierarchie sonstige spezialgesetzliche Regelungen des Bundes oder der Länder zum Nachprüfungsrecht1 und, sofern solche nicht bestehen, die Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder, die sich auf die formellen Anforderungen an einen Verwaltungsakt beziehen. Da spezielle bundes- und landesrechtliche Ausführungsbestimmungen zur Unterzeichnung der Vergabekammerentscheidung in der Regel nicht existieren, findet ersatzweise § 37 Abs. 3 VwVfG Anwendung, nach dem ein schriftlicher Verwaltungsakt die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten muss. Zumeist ist daher bei einer Kollegialentscheidung nur die Unterschrift des Vorsitzenden des Kollegiums, also hier des Vorsitzenden der Vergabekammer, notwendig2. An dieser gesetzlichen Bestimmung können etwaige Regelungen in der Geschäftsordnung der betreffenden Vergabekammer nichts ändern, da sie das außenwirksame materielle Recht nicht außer Kraft setzen können (s. Rz. 66 sowie § 106)3. Vielmehr kann die Geschäftsordnung insofern allenfalls die ohnehin geltende materielle Rechtslage (deklaratorisch) bestätigen. 3. Zustellung 78 Die Bekanntgabe der Nachprüfungsentscheidung durch die Vergabekammer gegenüber den Verfahrensbeteiligten erfolgt mittels Zustellung gemäß § 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes (zur nach § 61 Abs. 1 Satz 3 notwendigen Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten s. § 108 Rz. 20, § 109 Rz. 37)4. Spätestens mit Einleitung der Zustellung kann die Ver1 S. zu den Ausführungsbestimmungen der Länder Anhang II.1. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 63; U. Stelkens in Stelkens/ Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 37 Rz. 99. 3 So aber wohl BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, VergabeR 2001, 286; noch anders etwa OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89, nach dessen Auffassung die Entscheidung durch alle Mitglieder der Vergabekammer, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, unterzeichnet werden müsse; ebenfalls anders OLG Jena v. 28.2.2001 – 6 Verg 8/00, VergabeR 2001, 159, das § 117 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog anwendet. 4 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 64; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1081; Boesen, Vergaberecht, § 114 Rz. 96 ff.

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gabekammer ihre eigene Entscheidung nicht mehr aufheben, auch wenn zwischenzeitlich der Nachprüfungsantrag zurückgenommen wurde. In diesem Fall bleibt ggf. nur noch die Möglichkeit, sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer einzulegen und den Nachprüfungsantrag im Beschwerdeverfahren zurückzunehmen, wenn die Bestandskraft der Vergabekammerentscheidung vermieden werden soll1. Die Zustellung kann gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 4 VwZG 79 auch per Telefax erfolgen. Ebenfalls ist eine elektronische Zustellung nach Maßgabe von § 5 Abs. 4 bis 7 VwZG möglich. Es muss allerdings eindeutig sein, dass die Übermittlung per Telefax oder in elektronischer Form zum Zwecke der Zustellung erfolgt. Es darf sich also nicht nur um eine Vorabübersendung oder die Übersendung eines Entwurfs handeln. Dafür ist der per Telefax oder in elektronischer Form zu übermittelnden Entscheidung ein Empfangsbekenntnis beizufügen2. Ist die Zustellung fehlerhaft erfolgt, ist gemäß § 8 VwZG regelmäßig auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Empfänger den Beschluss der Vergabekammer nachweislich erhalten hat (zu damit verbundenen Problemen im Hinblick auf die Entscheidungsfrist von fünf Wochen s. § 113 Rz. 4 ff.). 4. Verstoß gegen formelle Anforderungen Es hängt von der Art und Schwere des Verstoßes gegen formelle Anforde- 80 rungen ab, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Die meisten Verfahrens- und Formfehler sind gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich (z.B. eine nicht ausreichende Begründung der Entscheidung, Rz. 72). Für eine nicht ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung wird auf Rz. 73 f. verwiesen. Leidet die Entscheidung der Vergabekammer unter einem der in § 44 81 VwVfG genannten Nichtigkeitsgründe oder ist die Entscheidung mangels der notwendigen Unterschrift von vornherein gar nicht wirksam erlassen3, greift die Ablehnungsfiktion des § 116 Abs. 2 und damit einhergehend auch die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1. Der Antrag gilt also nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 als abgelehnt, so dass binnen weiterer zwei Wochen die sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt werden muss. Allerdings entfaltet auch die nicht 1 VK Münster v. 9.9.2009 – VK 7/09; zur Möglichkeit, den Nachprüfungsantrag im Beschwerdeverfahren zurückzunehmen, s. BGH v. 24.3.2009 – X ZB 29/08, IBR 2009, 349. 2 BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, VergabeR 2010, 210; OLG Celle v. 17.7.2009 – 13 Verg 3/09, ZfBR 2009, 700; BayObLG v. 10.10.2000 – Verg 5/00, VergabeR 2001, 55; OLG Stuttgart v. 11.7.2000 – 2 Verg 5/00, NZBau 2001, 462. 3 OLG Düsseldorf v. 5. 10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89.

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unterschriebene oder nichtige Entscheidung der Vergabekammer zumindest den Rechtsschein einer wirksamen Entscheidung, so dass derjenige, der durch die (tatsächlich unwirksame) Entscheidung (vermeintlich) beschwert ist, dagegen sofortige Beschwerde einlegen kann. Ihm kann in diesem Fall nicht entgegengehalten werden, dass aufgrund der Unwirksamkeit der Entscheidung eine Beschwer tatsächlich nicht vorliegt1. VII. Vollstreckung der Entscheidung 82 In § 114 Abs. 3 Satz 2 ist ausdrücklich die Geltung des Vollstreckungsrechts des Bundes und der Länder2 auch gegen Hoheitsträger angeordnet. Dies gilt allerdings nicht für die Kostenerstattung zugunsten der obsiegenden Verfahrensbeteiligten. Diese richtet sich nach § 128 Abs. 4. 83 Die Entscheidung der Vergabekammer ist ein vollstreckbarer Verwaltungsakt (vgl. § 6 VwVG). Als Vollstreckungsmittel sind in § 9 VwVG bzw. den entsprechenden Vollstreckungsregelungen der Länder, denen die Vergabekammer angehört, die Ersatzvornahme, das Zwangsgeld und der unmittelbare Zwang vorgesehen. Praktische Bedeutung hat in erster Linie die Festsetzung eines Zwangsgeldes gem. § 11 VwVG. Allerdings ist der Zwangsgeldrahmen gemäß § 11 Abs. 3 VwVG (1,50 Euro bis 1 000,00 Euro) äußerst gering und daher kaum geeignet, die erforderliche Druckwirkung zu erzeugen. Für die Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder gilt überwiegend nichts anderes. Aus diesem Grunde verweist § 115 Abs. 3 Satz 3 ergänzend auf § 86a Satz 2, der einen Zwangsgeldrahmen von 1 000,00 Euro bis 10 Mio. Euro vorsieht (s. bereits Rz. 3)3. Dieser ist aufgrund dieses Verweises auch für die Vollstreckung von Entscheidungen der Vergabekammer maßgeblich. Ausschlaggebend für diese Regelung des Gesetzgebers war der Umstand, dass in der Praxis Entscheidungen der Vergabekammern bisweilen schlichtweg ignoriert wurden4. Die Gesetzesbegründung nimmt hierzu ausdrücklich Bezug auf ein Verfahren, in dem die Bundeswehr mehrere tausend Paar Kampfstiefel beschaffen ließ, ohne ein Vergabeverfahren durchzuführen, obwohl die Vergabekammer und das Beschwerdegericht zuvor entschieden hatten, dass hierfür eine europaweite Ausschreibung durchzuführen sei5. 1 OLG Jena v. 28.2.2001 – 6 Verg 8/00, VergabeR 2001, 159; OLG Düsseldorf v. 22.1.2001 – Verg 24/00, VergabeR 2001, 154. 2 S. im Einzelnen Bischoff, VergabeR 2009, 433 ff. 3 BT-Drucks. 16/10117, S. 23; dazu auch Brauer, NZBau 2009, 297 (299). 4 BT-Drucks. 16/10117, S. 23. 5 BKartA v. 12.12.2002 – VK 1 – 83/02; nachgehend OLG Düsseldorf v. 30.4.2003 – VII Verg 67/02, VergabeR 2003, 435; zum Vollstreckungsverfahren s. BKartA v. 17.11.2004 – VK 1 – 83/02.

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Entscheidung der Vergabekammer

Grundlage für die Verwaltungsvollstreckung ist der dem Nachprüfungs- 84 antrag ganz oder zumindest teilweise stattgebende Beschluss der Vergabekammer oder die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts. Zuständig für die Vollstreckung ist in beiden Fällen die Vergabekammer, sofern das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des betreffenden Landes nichts abweichendes bestimmt (vgl. § 7 Abs. 1 VwVG)1. Das Zwangsmittel ist zunächst anzudrohen (vgl. § 13 Abs. 1 VwVG), so- 85 fern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 VwVG bzw. der entsprechenden Landesvorschrift vorliegen2. Allerdings kann gemäß § 13 Abs. 2 VwVG die Androhung bereits in der Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 114 Abs. 3 Satz 1 enthalten sein. Die Androhung des Zwangsmittels muss hinreichend bestimmt erfolgen. Bei der Androhung eines Zwangsgeldes bedeutet dies, dass auch der konkrete Betrag genannt werden muss (vgl. § 13 Abs. 5 VwVG)3. Der Auftraggeber kann sich gegen die Androhung oder Festsetzung des 86 Zwangsmittels mit der sofortigen Beschwerde zum OLG gem. §§ 116 ff.4 zur Wehr setzen (vgl. § 18 VwVG). Kommt der Auftraggeber dem Beschluss der Vergabekammer bzw. der 87 Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts nicht nach und leitet die Vergabekammer nicht von Amts wegen Vollstreckungsmaßnahmen ein5, kann das Unternehmen, das in dem Nachprüfungsverfahren (ganz oder teilweise) obsiegt hat, bei der Vergabekammer die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen beantragen6. Für ein anderes Unternehmen besteht diese Möglichkeit nicht, auch wenn es eine dem obsiegenden Antragsteller vergleichbare Interessenlage hat und daher ebenfalls von 1 OLG Düsseldorf v. 28.1.2002 – Verg 23/01; KG v. 24.10.2001 – Kart Verg 10/01, VergabeR 2002, 1000; OLG Düsseldorf v. 29.12.2000 – Verg 31/00, VergabeR 2001, 62; Bischoff, VergabeR 2009, 433 (433); Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 101 und 105; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1084. 2 KG v. 24.10.2001 – Kart Verg 10/01, VergabeR 2002, 1000; OLG Düsseldorf v. 29.12.2000 – Verg 31/00, VergabeR 2001, 62; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1093. 3 KG v. 24.10.2001 – Kart Verg 10/01, VergabeR 2002, 1000; Maier in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 127. 4 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 6. 5 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114 Rz. 68; a.A. Bischoff, VergabeR 2009, 433 (434) m.w.N. (nur auf Antrag). 6 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 114 Rz. 6.

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der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen profitieren würde. § 18 VwVG bezieht sich zwar nur auf Rechtsmittel gegen die Androhung oder Festsetzung von Zwangsmitteln, jedoch ist ein derartiger Antrag für die Effektivität des Rechtsschutzes auch zugunsten des obsiegenden Antragstellers (s. insbesondere noch Rz. 88) unverzichtbar. Ob sich die Zulässigkeit des Antrags dabei aus einer erweiternden Auslegung der vollstreckungsrechtlichen Bestimmungen1 oder aus den Bestimmungen über das Nachprüfungsverfahren (§§ 107 ff.)2 ergibt, ist in der Regel nicht von praktischer Bedeutung. Unzulässig ist allerdings ein erneuter Nachprüfungsantrag, mit dem wiederum nur das ursprüngliche Ziel des Antragstellers verfolgt wird und mit dem lediglich eine Wiederholung der Entscheidung der Vergabekammer erreicht werden könnte. Jedoch kann ein solcher Antrag ggf. so ausgelegt werden, dass nicht eine wiederholende Entscheidung sondern eine Vollstreckung der ursprünglichen Entscheidung begehrt wird3. Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass nicht der Vergaberechtsverstoß in Rede steht, über den die Vergabekammer bereits entschieden hat, sondern eine andere Mißachtung vergaberechtlicher Bestimmungen durch den Auftraggeber von dem betroffenen Unternehmen geltend gemacht wird, über die die Vergabekammer noch nicht entschieden hat. Gibt die Vergabekammer dem Antrag eines Unternehmens auf Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen nicht statt, ist dagegen die sofortige Beschwerde zum OLG gemäß den §§ 116 ff. zulässig. 88 Aus der Notwendigkeit einer etwaigen Vollstreckung der Nachprüfungsentscheidung ergibt sich, dass ein Zuschlag nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens unter Missachtung dieser Entscheidung nicht ohne weiteres nichtig ist4. Das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 wirkt also zeitlich nicht über die Bestandskraft der Nachprüfungsentscheidung hinaus. Auch § 101b Abs. 1 Nr. 2 (s. § 101b Rz. 11) bezieht sich nur auf Auftragsvergaben ohne Beteiligung anderer Unternehmen, nicht hingegen auf Fälle, in denen andere Unternehmen zwar an dem Vergabeverfahren beteiligt werden, jedoch eine Zuschlagserteilung unter Verletzung von Rechten dieser Unternehmen erfolgt. Ansonsten bedürfte es der Vollstreckung nicht (s. auch § 115 Rz. 18). Allerdings kann ein unter Verstoß gegen die Entscheidung der Vergabekammer erfolgter Zuschlag ins1 So KG v. 24.10.2001 – Kart Verg 10/01, VergabeR 2002, 1000. 2 So wohl OLG Düsseldorf v. 29.12.2000 – Verg 31/00, VergabeR 2001, 62; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 1086 ff. 3 OLG Düsseldorf v. 29.12.2000 – Verg 31/00, VergabeR 2001, 62. 4 So wohl auch OLG Düsseldorf v. 29.12.2000 – Verg 31/00, VergabeR 2001, 62; Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 115 Rz. 9; a.A. BayObLG v. 1.10.2001 – Verg 6/01, VergabeR 2002, 63; Boesen, EuZW 1998, 551 (558).

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besondere gegen § 138 BGB verstoßen und damit nichtig sein, wenn etwa derjenige, der den Zuschlag erhält, diese Umstände kennt und trotzdem den Vertrag abschließt (vgl. in diesem Zusammenhang o. Rz. 36; hinsichtlich der Zuschlagserteilung ohne vorhergehende Unterrichtung der unterlegenen Bewerber § 101b Rz. 6 ff.). Ein gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 1 zur Unwirksamkeit des Vertrages führen- 89 der Verstoß gegen § 101a kommt in Betracht, wenn es einer erneuten Vorabinformation der unterlegenen Bieter bedurfte, auch wenn sich an der Vergabeentscheidung als solcher trotz einer Befolgung des Beschlusses der Vergabekammer nichts geändert hat (z.B. bei einer Pflicht zur Neubewertung der Angebote, die dazu führt, dass auch der bisher bereits vorgesehene Bieter den Zuschlag erhalten soll). Eine Verwaltungsvollstreckung scheidet aus, wenn der Auftraggeber 90 nicht der Entscheidung der Vergabekammer nachkommt, weil er insgesamt von der Vergabe absieht (zur Erledigung Rz. 40 ff.). Es folgt also aus der Entscheidung der Vergabekammer keine Pflicht, das Vergabeverfahren (rechtmäßig) weiter zu betreiben (z.B. durch eine angeordnete Neubewertung der Angebote). Dies gilt auch für den Fall, dass die Vergabekammer die rechtswidrige Aufhebung einer Ausschreibung rückgängig gemacht hat (s. dazu Rz. 26), die Vergabestelle das Verfahren jedoch gleichwohl nicht weiterbetreibt, da eine Verpflichtung der Vergabestelle zur Zuschlagserteilung auch in diesem Fall nicht besteht (s. Rz. 26)1. Allerdings kann ein solches Verhalten der Vergabestelle Schadensersatzansprüche auslösen (vgl. § 126 Rz. 12 ff.)2. Aussetzung des Vergabeverfahrens

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(1) Informiert die Vergabekammer den öffentlichen Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1 den Zuschlag nicht erteilen. (2) Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den 1 S. insbesondere EuGH v. 18.6.2002 – Rs. C 92/00, Slg. 2002, S. I-5553; dazu Reidt/ Gersdorf, VergabeR 2002, 580 ff. 2 Zum Schadensersatzanspruch im Falle der (rechtswidrigen) Aufhebung Rusam in Heiermann/Riedel/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 26 VOB/A Rz. 19 ff.; Jasper in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 26 Rz. 5 ff.; Gronstedt in Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 126 Rz. 1298 ff. und 1321.

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Aussetzung des Vergabeverfahrens

Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Falle Gegenstand der Abwägung sein. Das Beschwerdegericht kann auf Antrag das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 wiederherstellen; § 114 Abs. 2 Satz 1 bleibt unberührt. Wenn die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 den sofortigen Zuschlag gestatten. Für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht gilt § 121 Abs. 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 entsprechend. Eine sofortige Beschwerde nach § 116 Abs. 1 ist gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach diesem Absatz nicht zulässig. (3) Sind Rechte des Antragstellers aus § 97 Abs. 7 im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Kammer auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde. Diese Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar. Die Vergabekammer kann die von ihr getroffenen weiteren vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchsetzen; die Maßnahmen sind sofort vollziehbar. § 86a Satz 2 gilt entsprechend. (4) Macht der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 100 Abs. 2 Buchstabe d geltend, entfällt das Verbot des Zuschlages nach Absatz 1 zwei Kalendertage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller; die Zustellung ist durch die Vergabekammer unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vorzunehmen. Auf Antrag kann das Beschwerdegericht das Verbot des Zuschlages wiederherstellen. § 121 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 sowie Abs. 3 und 4 finden entsprechende Anwendung. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . 2. Entstehungsgeschichte . . . . .

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II. Zuschlagsverbot, Suspensiveffekt (§ 115 Abs. 1) . . . . . . . 1. Voraussetzungen und Beginn des Zuschlagsverbots . . . . . .

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Aussetzung des Vergabeverfahrens 2. Ende des Zuschlagsverbotes . . a) Vollständige Ablehnung des Nachprüfungsantrags . . b) Stattgabe . . . . . . . . . . . . . c) Teilweise Stattgabe . . . . . . d) Ablauf der Beschwerdefrist . e) Erledigung des Nachprüfungsverfahrens . . . . . . 3. Auswirkung auf die Zuschlags- und Bindefrist . . . 4. Verbotsgesetz . . . . . . . . . . . III. Vorzeitige Gestattung des Zuschlags (§ 115 Abs. 2) . . . . . 1. Einschränkung des effektiven Rechtsschutzes, unionsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . 2. Antragsteller . . . . . . . . . . . . 3. Zeitpunkt, Form und Frist für den Antrag . . . . . . . . . . . . . 4. Anhörung der anderen Verfahrensbeteiligten, Aufklärung der für die vorzeitige Gestattung relevanten Umstände . . . . . . 5. Entscheidungsprogramm der Vergabekammer . . . . . . . a) Allgemeine Anforderungen b) Offensichtliche Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags . . . . . . . . c) Überwiegend wahrscheinliche Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags . . . . d) Offene Erfolgsaussichten . . e) Offensichtliche oder zumindest überwiegend wahrscheinliche Begründetheit des Nachprüfungsantrags . . 6. Entscheidungsinhalt . . . . . . . 7. Form und Inhalt der Entscheidung . . . . . . . . . . . . 8. Zwei-Wochen-Frist . . . . . . . .

16 17 18 22 24 29 30 31 33 37 39 43

44 47 47

52 54 55

56 57 59 60

9. Rechtsschutzmöglichkeiten . 63 a) Antragsteller oder sonstige Verfahrensbeteiligte i.S.v. § 109 . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Form und Frist . . . . . 65 bb) Entscheidungsprogramm des Beschwerdegerichts . . . . 67 cc) Mündliche Verhandlung, Entscheidungsinhalt . . . . . . . . . . . 68 dd) Anwaltszwang . . . . . 70 ee) Folgen der Entscheidung . . . . . . . . . . . . 71 b) Auftraggeber und Unternehmen, das nach § 101a für die Zuschlagserteilung benannt wurde . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Entfall des Zuschlagsverbots bei Aufträgen gemäß § 100 Abs. 2 lit. d) . . . . . . . . . . . . 49 1. Auslösung des Zuschlagsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Beseitigung des Zuschlagsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Rechtsfolgen für das anhängige Nachprüfungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4. Rechtsschutzmöglichkeiten . 89 a) Antragsteller . . . . . . . . . 89 b) Öffentlicher Auftraggeber. . 91 V. Sonstige Maßnahmen (§ 115 Abs. 3) . . . . . . . . . . . 92 1. Rechte aus § 97 Abs. 7 . . . . . 93 2. Rechtsgefährdung . . . . . . . . 94 3. Besonderer Antrag . . . . . . . . 99 4. Entscheidungsprogramm . . . 103 5. In Betracht kommende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 105 6. Form und Inhalt der Entscheidung . . . . . . . . . . . 106 7. Rechtsschutzmöglichkeiten . 107 8. Vollstreckung . . . . . . . . . . 108

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 115 Abs. 1 regelt ein Zuschlagsverbot des öffentlichen Auftraggebers nach seiner Information über den Nachprüfungsantrag durch die Vergabekammer bis zum Ablauf der Beschwerdefrist. Abs. 2 der Vorschrift regelt die Möglichkeit einer vorzeitigen Zuschlagserteilung einschließlich der Möglichkeiten zur Anrufung des Beschwerdegerichts im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes. § 115 Abs. 3 sieht die Möglichkeit für weitere Verfahrensentscheidungen der Vergabekammer vor, wenn allein das Zuschlagsverbot für einen effektiven Rechtsschutz im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nicht genügen sollte. § 115 Abs. 4 bestimmt, dass in Fällen des § 100 Abs. 2 lit. d) (keine Anwendbarkeit des Kartellvergaberechts bei Aufträgen, die u.a. dem Geheimnisschutz unterliegen), das Zuschlagsverbot bereits bei Geltendmachung der fehlenden Ausschreibungspflicht durch den öffentlichen Auftraggeber entfällt. Das Zuschlagsverbot kann in diesem Fall allerdings durch das Beschwerdegericht wieder hergestellt werden. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 115 wurde mit seinen wesentlichen Regelungsinhalten bereits mit dem Vergaberechtsänderungsgesetz (Einleitung Rz. 7) eingeführt. In der dortigen Gesetzesbegründung1 wurde zu § 115 Abs. 1 und dem darin enthaltenen Zuschlagsverbot darauf hingewiesen, dass es sich dabei um ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB handele und daher ein unter Missachtung der Vorschrift erteilter Zuschlag nichtig sei. 3 § 115 wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung Rz. 4 ff.) erheblich umgestaltet. Danach ist das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 nicht mehr davon abhängig, dass der Nachprüfungsantrag durch die Vergabekammer dem öffentlichen Auftraggeber zugestellt wurde. Stattdessen genügt nunmehr eine Information des Auftraggebers durch die Vergabekammer in Textform. Dies dient der Vereinfachung2 und vermeidet zugleich, dass bei etwaigen Zustellungsmängeln das Zuschlagsverbot nicht oder erst verspätet eintritt. 4 Das Verfahren zur Vorabentscheidung über den Zuschlag in § 115 Abs. 2 sollte durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz aufgewertet werden. In der Begründung des Regierungsentwurfs wurde darauf hingewie1 BT-Drucks. 13/9340. 2 BT-Drucks. 16/10117, S. 23.

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sen, dass Anträge gemäß § 115 Abs. 2 bislang in der Vergabepraxis kaum eine Rolle gespielt hätten. Sie seien seit dem Jahr 2002 lediglich in 1 bis 4 % der Nachprüfungsverfahren überhaupt gestellt worden. Der Anteil der stattgebenden Entscheidungen betrug im Jahr 2006 rund 0,3 %, im Jahr 2005 rund 2 % und im Jahr 2004 rund 0,5 %. Dies sei insbesondere auf eine verspätete Vorlage der Akten durch die öffentlichen Auftraggeber und die umfangreiche Prüfung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsverfahrens im Rahmen der Interessenabwägung zurückzuführen. Zur Aufwertung der Vorabentscheidungsmöglichkeit gemäß § 115 Abs. 2 wird das diesbezügliche Antragsrecht durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vom öffentlichen Auftraggeber auf das Unternehmen erweitert, das den Zuschlag erhalten soll. Zudem werden die für die Interessenabwägung der Vergabekammer maßgeblichen Aspekte weiter konkretisiert. Hierfür sind die Sätze 2 bis 4 neu in § 115 Abs. 2 aufgenommen worden. Insbesondere § 115 Abs. 2 Satz 2 war dabei im Gesetzgebungsverfahren in hohem Maße umstritten. Der ursprüngliche Vorschlag der Bundesregierung ging noch weiter. Er zielte darauf ab, dass ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit (stets) vorliege, wenn die wirtschaftliche Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers gefährdet sei1. Dem ist der Bundesrat insbesondere mit unionsrechtlichen Bedenken unter Hinweis auf Art. 2d Abs. 3 Satz 3 und 4 der Richtlinie 2007/66/EG (Rechtsmittelrichtlinie, Einleitung Rz. 7) entgegengetreten. Zugleich hat er betont, dass oberster Abwägungsgrund im Rahmen der nur ausnahmsweise denkbaren Zuschlagserteilung trotz laufenden Nachprüfungsverfahrens die Erfolgsaussicht des Nachprüfungsantrags sein müsse2. Die Bundesregierung hat dem zwar widersprochen3, jedoch hat sie sich mit ihrem Standpunkt nicht vollständig durchsetzen können. Zwar sind gemäß dem ursprünglichen Regierungsentwurf die Sätze 3 und 4 in § 115 Abs. 2 aufgenommen worden, jedoch wurde Satz 2 der Vorschrift dahingehend relativiert, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers lediglich zu berücksichtigen ist. Den durch den Bundesrat geltend gemachten unionsrechtlichen Bedenken kann dabei, jedenfalls bei unionsrechtskonformer Auslegung und Anwendung der Regelung zur Vorabentscheidung, hinreichend Rechnung getragen werden. § 115 Abs. 3 ist durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einlei- 5 tung Rz. 4 ff.) lediglich dahingehend ergänzt worden, dass die dort gere1 BT-Drucks. 16/10117, S. 23. 2 BT-Drucks. 16/10117, S. 35 f. 3 BT-Drucks. 16/10117, S. 42.

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gelten vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchgesetzt werden können. Zugleich wird dafür auf den Zwangsgeldrahmen des § 86a Satz 2 verwiesen (§ 115 Abs. 3 Satz 4 und 5). 6 Neu aufgenommen wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz § 115 Abs. 4. Die Regelung bezieht sich auf Auftragsvergaben, die unter § 100 Abs. 2 lit. d) fallen, also vom Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts ausgenommen sind. Gleichwohl kann dies im Einzelfall zweifelhaft sein und es rechtfertigen, dass Unternehmen gegen eine in diesem Bereich geplante Auftragsvergabe ohne öffentliche Ausschreibung ein Nachprüfungsverfahren anstrengen. Um in diesen Fällen den Suspensiveffekt des § 115 Abs. 1 zu beseitigen, genügt es, wenn der Auftraggeber das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gegenüber der Vergabekammer geltend macht, die den entsprechenden Schriftsatz dem Antragsteller zuzustellen hat. Das Zuschlagsverbot entfällt in diesem Fall zwei Kalendertage nach Zustellung. In diesem Zeitrahmen hat der Antragsteller Gelegenheit, über einen Antrag an das Beschwerdegericht das Zuschlagsverbot wiederherstellen zu lassen. Die Regelung war im Gesetzgebungsverfahren zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz Gegenstand der Diskussion, weil der Bundesrat die in dem Regierungsentwurf vorgesehene Frist von zwei Kalendertagen für zu kurz gehalten hat1. Die Bundesregierung ist dem jedoch, wenn auch ohne besondere Begründung, entgegengetreten2 und hat sich damit letztendlich auch durchsetzen können. II. Zuschlagsverbot, Suspensiveffekt (§ 115 Abs. 1) 7 § 115 Abs. 1 ist eine für die Effektivität des Bieterschutzes entscheidende Regelung. Sie stellt sicher, dass das Unternehmen, dass einen Nachprüfungsantrag gestellt hat, tatsächlich effektiven Rechtsschutz erhält und nicht nur auf Sekundäransprüche beschränkt wird. 1. Voraussetzungen und Beginn des Zuschlagsverbots 8 Das Zuschlagsverbot setzt voraus, dass die Vergabekammer den öffentlichen Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung informiert. § 115 Abs. 1 regelt dabei nicht, unter welchen Voraussetzungen diese Information zu erfolgen hat3. Dafür ist § 110 Abs. 2 maßgeblich. 1 BT-Drucks. 16/10117, S. 36. 2 BT-Drucks. 16/10117, S. 43. 3 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 4.

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Die Vergabekammer hat also zu prüfen, ob der eingereichte Nachprüfungsantrag offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Verneint sie dies, hat sie nicht nur dem öffentlichen Auftraggeber eine Kopie des Antrags zu übermitteln (§ 110 Abs. 2 Satz 3, § 110 Rz. 17) sondern ihn auch gemäß § 115 Abs. 1 zu informieren. Beides ist also von identischen Voraussetzungen abhängig und unterliegt den gleichen zeitlichen Vorgaben (s. im Einzelnen § 110 Rz. 19). Der Vorteil der bloßen Information i.S.v. § 115 Abs. 1 liegt darin, dass sie einfacher und vor allem auch schneller erfolgen kann als die Übermittlung einer Kopie des Nachprüfungsantrags. Dies gilt insbesondere bei umfangreichen Nachprüfungsanträgen, ggf. verbunden mit zahlreichen Anlagen. Gleichwohl kann in sich dafür anbietenden Fällen die Übermittlung mit der Information verbunden werden. Zu erfolgen hat die Information durch die Vergabekammer (zum Unterlassen der Information s. § 110 Rz. 37). Eine Information durch den Antragsteller genügt nicht, um das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 auszulösen. Ob die Vergabekammer für die in Rede stehende Streitigkeit zuständig ist oder nicht, ist für den Eintritt des Zuschlagsverbots irrelevant1. Zu erfolgen hat die Information in Textform. Es genügt also die Mittei- 9 lung der Vergabekammer an den öffentlichen Auftraggeber, dass bei ihr ein Nachprüfungsantrag eingegangen ist. Angaben zu dessen Inhalt o.ä. sind nicht erforderlich. Dazu dient die Übermittlung einer Kopie des Antrags gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3. Allerdings muss sich aus der Information ausdrücklich oder zumindest konkludent hinreichend eindeutig ergeben, dass es um eine Information zur Auslösung des Zuschlagsverbotes geht (s. noch Rz. 11). Teilt die Vergabekammer dem öffentlichen Auftraggeber etwa mit, dass bei ihr ein Nachprüfungsantrag eingegangen ist, der aus ihrer Sicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist (§ 110 Abs. 2 Satz 1 und 2), führt dies nicht zur Auslösung des Zuschlagsverbots. Für den Begriff der Textform kann auf § 126b BGB zurückgegriffen wer- 10 den. Die Textform wurde durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.7.20012 eingeführt und ermöglicht eine Lockerung der Formvorschriften für Dokumente, denen geringe Beweisfunktion zukommt. Sie erfordert die Fixierung einer Mitteilung durch 1 OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – VII Verg 3/08; VK Bund v. 18.9.2008 – VK 3–122/ 08; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 115 Rz. 2408/1. 2 BGBl I, S. 1542.

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lesbare Schriftzeichen, verzichtet gegenüber der Schriftform jedoch auf die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers und die Urkundenform, also die zwangsläufige Bindung an das Papier1. Der Textform genügen damit auch in elektronischer Form festgehaltene Schriftzeichen, soweit das Speichermedium geeignet ist, die Daten dauerhaft zu sichern. Das ist z.B. bei einer Speicherung auf einer Festplatte oder CD-ROM der Fall. Eine Fixierung auf Papier durch Anfertigung eines Ausdrucks ist für die Erfüllung des Formerfordernisses nicht erforderlich2. Dadurch ist für die Information der Einsatz moderner Techniken wie Fax, Computerfax und E-Mail möglich3. Tonaufzeichnungen genügen hingegen nicht der Textform, da das in ihnen enthaltene gesprochene Wort nicht in lesbaren Zeichen vorliegt4. Weiterhin muss die Mitteilung den Erklärenden, also den Aussteller erkennen lassen. Dies kann beispielsweise durch eine faksimilierte Unterschrift, aber auch durch einen Briefkopf oder eine Nennung im Text erfolgen5. Wichtig ist in jedem Fall, dass der Empfänger den Aussteller eindeutig identifizieren kann, da die Erklärung sonst inhaltlich unbestimmt ist6. 11 Ein gesonderter Hinweis darauf, dass die Information über den Nachprüfungsantrag das Zuschlagsverbot auslösen soll, ist von Gesetzes wegen nicht erforderlich und daher auch entbehrlich. Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass öffentlichen Auftraggebern die Folgen einer Information gemäß § 115 Abs. 1 bekannt sind. Gleichwohl ist ein Hinweis auf die Bedeutung und Wirkung des Zuschlagsverbots in der Information der Vergabekammer zweckmäßig und in der Praxis auch üblich. Er stellt zudem unmissverständlich klar, dass die Vergabekammer den bei ihr eingegangenen Nachprüfungsantrag nicht für offensichtlich unzulässig oder unbegründet hält (vgl. Rz. 9). 12 Das Zuschlagsverbot für den öffentlichen Auftraggeber beginnt kraft Gesetzes, sobald er von der Vergabekammer in Textform über den Antrag informiert wurde. Eine mündliche Unterrichtung reicht also nicht aus. 1 Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 3a Rz. 3. 2 Einsele in Münchener Kommentar zum BGB, § 126b Rz. 4; die Möglichkeit zu Speicherung und Ausdruck muss jedoch gegeben sein, so dass eine „nur-leseDatei“ nicht der Textform genügt, Hertel in Staudinger Kommentar zum BGB, § 126b Rz. 27 f. 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 16; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 4. 4 Einsele in Münchener Kommentar zum BGB, § 126b Rz. 4. 5 Einsele in Münchener Kommentar zum BGB, § 126b Rz. 5. 6 Hertel in Staudinger Kommentar zum BGB, § 126b Rz. 30.

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Andererseits bedarf es auch keiner besonderen diesbezüglichen Anordnung der Vergabekammer (s. bereits Rz. 8). Die Regelungssystematik des Zuschlagsverbots ist mit der aufschieben- 13 den Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO vergleichbar. Daher wird teilweise auch von einem Suspensiveffekt gesprochen1. Dies ist zwar einerseits zutreffend, andererseits unterscheidet sich das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 von § 80 Abs. 1 VwGO dadurch, dass der Information des öffentlichen Auftraggebers über den Nachprüfungsantrag eine Evidenzprüfung der Vergabekammer gemäß § 110 Abs. 2 vorgeschaltet ist (§ 110 Rz. 20 ff.)2. Insofern enthält § 115 Abs. 1 also auch Elemente der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO und des § 80a VwGO bei sofort vollziehbaren Entscheidungen im mehrpoligen Verwaltungsverhältnis. Dort bedarf es jeweils einer der Aussetzung bzw. einstweiligen Anordnung vorgeschalteten Prüfung des entsprechenden Antrags. Insgesamt ist es wegen der strukturellen Unterschiede zu anderen Ausgestaltungen des vorläufigen Rechtsschutzes und zur Vermeidung von Missverständnissen sinnvoll, im Rahmen des § 115 Abs. 1 den eigenständigen Begriff des Zuschlagsverbotes zu verwenden, zumal damit zugleich auch der Rechtscharakter der Vorschrift verdeutlicht wird (zu § 115 Abs. 1 als Verbotsgesetz s. Rz. 31 f.)3. Die Vergabestelle ist durch § 115 Abs. 1 lediglich gehindert, nach der 14 Information über den Nachprüfungsantrag den Zuschlag zu erteilen. Ihr ist es hingegen nicht untersagt, das Vergabeverfahren bis zur Zuschlagserteilung weiter zu betreiben, also etwa Angebotsbewertungen oder Aufklärungsgespräche durchzuführen u. ä., sofern nicht eine dem entgegenstehende Anordnung der Vergabekammer gemäß § 115 Abs. 3 erfolgt (dazu u. Rz. 98)4. Da der Zuschlag i.S. des § 115 Abs. 1 als die endgültige Annahme des Vertragsangebotes eines bestimmten Bieters zu verstehen ist, wird man auch eine Annahmeerklärung unter der aufschiebenden 1 S. etwa BT-Drucks. 16/10117, S. 24 zum Regierungsentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 7; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 16; Schnorbus, BauR 1999, 77 (80); Braun, BB 1999, 1069 (1072). 2 Zu der Frage, ob ein offensichtlich unzulässiger Widerspruch gem. § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfaltet, s. etwa Redeker/von Oertzen, VwGO, § 80 Rz. 11 ff. 3 So auch Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 9. 4 VK Bund v. 6.7.2007 – VK 3–58/07; Schneevogel/Horn, NVwZ 1998, 1242 (1244); Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 10; Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 2; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 115 Rz. 2409; Schweda in Langen/ Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 3.

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Bedingung, dass der gestellte Nachprüfungsantrag durch die Vergabekammer bzw. durch den Vergabesenat endgültig abgelehnt wird, als zulässig ansehen können, sofern die Effektivität des Rechtsschutzes zugunsten des Unternehmens, das einen Nachprüfungsantrag gestellt hat, sichergestellt bleibt und auch die Anforderungen des § 101a in hinreichender Weise gewahrt sind (s. auch § 114 Rz. 37)1. 15 Ein vor der Information durch die Vergabekammer in Textform bereits erteilter Zuschlag unterfällt nicht dem Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1. Dies gilt auch dann, wenn der Nachprüfungsantrag zwar bereits gestellt wurde, dann jedoch pflichtwidrig durch die Vergabekammer die Information über den Antrag nicht erfolgt ist (s. auch § 110 Rz. 41; zu etwaigen Nichtigkeitsgründen für den abgeschlossenen Vertrag außerhalb der vergaberechtlichen Bestimmungen § 114 Rz. 36 f.). 2. Ende des Zuschlagsverbotes 16 Das Zuschlagsverbot endet nach dem Gesetzeswortlaut mit der Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1. Dabei sind folgende Konstellationen zu unterscheiden: 17 a) Vollständige Ablehnung des Nachprüfungsantrags. Auf den Fall einer vollständigen Ablehnung des Nachprüfungsantrags ist § 115 Abs. 1 an sich zugeschnitten. Der Antragsteller soll die Möglichkeit haben, gegen eine ablehnende Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde einzulegen. Die geforderte Effektivität des Vergaberechtsschutzes gebietet es daher das Zuschlagsverbot bis zum Ablauf der Beschwerdefrist andauern zu lassen2. Legt der Antragsteller die sofortige Beschwerde fristgemäß ein, so verlängert sich das Zuschlagsverbot nochmals bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Ende der Beschwerdefrist (§ 118 Abs. 1 Satz 2)3. Es wird dann durch die Möglichkeiten im Rahmen der sofortigen Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 abgelöst (dazu § 118 Rz. 11 ff.). Wäre dies nicht der Fall, bestünde die Gefahr, dass die gerichtliche Überprüfung wegen einer zwischenzeitlichen Zuschlagserteilung leerliefe. 18 b) Stattgabe. Wird dem Nachprüfungsantrag in vollem Umfang stattgegeben und legt der öffentliche Auftraggeber keine sofortige Beschwerde da1 Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 2; a.A. Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 1097; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 30. 2 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 3; zu Ausnahmen s. auch Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 293. 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 22.

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gegen ein, muss er der Entscheidung der Vergabekammer und den darin getroffenen Anordnungen (§ 114 Rz. 12 ff.) Folge leisten. Unter Beachtung dieser Anforderungen darf er dann auch den Zuschlag erteilen. Es besteht also auch in diesem Fall kein permanentes Zuschlagsverbot. Der zeitliche und sachliche Geltungsanspruch des § 115 Abs. 1 reicht selbst bei einer Missachtung der Nachprüfungsentscheidung durch den Auftraggeber (s. § 114 Rz. 3, 88), nicht über den Zeitpunkt der Bestandskraft der Nachprüfungsentscheidung hinaus1. Dies wäre auch sinnwidrig, da mit dem Nachprüfungsverfahren lediglich eine Rechtsverletzung zu Lasten des Antragstellers beseitigt, nicht hingegen die Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber dauerhaft verhindert werden soll (zur Vollstreckung der Entscheidung der Vergabekammer § 114 Rz. 82). Die notwendigen Schritte, insbesondere die (ggf. erneute) Unterrichtung nach § 101a (z.B. nach einer Wiederholung der Angebotswertung), können bereits vor Ablauf der Frist für die sofortige Beschwerde durchgeführt werden. Wenn der Antragsteller der Auffassung ist, dass die modifizierte Durch- 19 führung bzw. Weiterführung des Vergabeverfahrens oder auch ein neues Vergabeverfahren wiederum mit Rechtsfehlern behaftet ist, kann er dagegen erneut mit einem Nachprüfungsverfahren vorgehen. Ein solcher neuer Nachprüfungsantrag kann wiederum das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 auslösen. Ein Rückgriff auf das Zuschlagsverbot eines bereits abgeschlossenen Nachprüfungsverfahrens ist dafür weder erforderlich noch möglich. Dies gilt erst recht dann, wenn der Auftraggeber nicht nur den durch die Vergabekammer festgestellten Beanstandungen Rechnung trägt sondern darüber hinausgehend auch in weiteren Punkten die Ausschreibungsunterlagen modifiziert (s. auch § 114 Rz. 24). Selbst wenn der öffentliche Auftraggeber gegen eine Entscheidung zu 20 seinen Lasten sofortige Beschwerde eingelegt hat, ist er nicht daran gehindert, gleichwohl – gewissermaßen vorsorglich – unter Beachtung der Entscheidung der Vergabekammer das Vergabeverfahren fortzusetzen. Der Antragsteller ist dadurch nicht beschwert. Dem Auftraggeber wird allerdings spätestens nach Erteilung eines mit der Entscheidung der Vergabekammer konformen Zuschlags das Rechtsschutzinteresse für die Weiterführung des Beschwerdeverfahrens fehlen. Ebenfalls ist es für die Weiterführung bzw. erneute Durchführung des 21 Vergabeverfahrens unter Beachtung der Entscheidung der Vergabekam1 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 115 Rz. 9; a.A. Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 3; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 31.

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mer unerheblich, wenn die weiteren Verfahrensbeteiligten gemäß § 109 Beschwerde eingelegt haben. Zwar kann durch eine Veränderung des Vergabeverfahrens gemäß der Entscheidung der Vergabekammer für diese eine eigene Betroffenheit ausgelöst werden (z.B. durch eine Wiederholung der Angebotswertung, ggf. sogar nach Maßgabe geänderter Wertungskriterien). Allerdings ist der Auftraggeber auch außerhalb der Vergabenachprüfung nicht gehindert, im Rahmen des rechtlich Zulässigen das Vergabeverfahren zu modifizieren, d.h. auch in diesem Fall haben die am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen keinen Anspruch darauf, dass Veränderungen nicht erfolgen. Erst recht muss dies dann gelten, wenn diese Veränderungen erfolgen, um den Anordnungen der Vergabekammer und damit den Rechtmäßigkeitsanforderungen des Vergaberechts zu genügen. Die dem Nachprüfungsverfahren beigeladenen Unternehmen müssen daher ggf. die Vergabekammer selbst und eigenständig anrufen und ihren subjektiven Vergaberechtsschutz auslösen, wenn sie sich durch die veränderte Durchführung des Vergabeverfahrens in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 verletzt fühlen. Dabei ist auch im Hinblick auf derartige Veränderungen für die dem Nachprüfungsverfahren Beigeladenen oder auch sonstige Unternehmen die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 einschließlich der Antragsfrist gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 (§ 107 Rz. 41 ff., 79 ff.) zu beachten. 22 c) Teilweise Stattgabe. Nicht ausdrücklich geregelt ist der Fall, dass einem Nachprüfungsantrag nur teilweise stattgegeben wird. Dies ist etwa denkbar, wenn der Antragsteller das Vergabeverfahren in verschiedenen Punkten für rechtswidrig hält und/oder ein ganz konkretes Antragsziel verfolgt (z.B. Erteilung des Zuschlags an ihn selbst, Ausschluss eines Wettbewerbers), die Vergabekammer seinem Begehren jedoch nicht in allen Punkten stattgibt. 23 Der Antragsteller muss auch in diesem Fall die Möglichkeit haben, sein Begehren vollständig durchzusetzen. Aus diesem Grunde ist eine nur teilweise Stattgabe des Nachprüfungsantrags rechtlich genauso zu sehen wie die vollständige Ablehnung des Antrags (o. Rz. 17). 24 d) Ablauf der Beschwerdefrist. Mit dem Ablauf der Beschwerdefrist ist in § 115 Abs. 1 die Beschwerdefrist für den Antragsteller gemeint, wenn dieser mit seinem Nachprüfungsantrag ganz oder teilweise (o. Rz. 17) nicht durchdringt. Die Beschwerdefrist für den öffentlichen Auftraggeber als Antragsgegner bei einem Erfolg des Nachprüfungsantrags ist demgegenüber bedeutungslos. Solange nicht auf seine Beschwerde oder die Beschwerde eines anderen Verfahrensbeteiligten hin die Entscheidung der Vergabekammer durch das Oberlandesgericht aufgehoben wurde, ist 676

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die Entscheidung der Vergabekammer gem. § 114 für den Auftraggeber verbindlich. Der Auftraggeber darf daher zwar ohne besondere Fristbindung gemäß § 115 Abs. 1 den Zuschlag im Falle seines (vollständigen) Unterliegens erteilen, jedoch darf dies nur unter Beachtung der Entscheidung der Vergabekammer erfolgen (zu den diesbezüglichen Vollstreckungsmöglichkeiten § 114 Rz. 82 ff.). Auch muss er die weiteren Anforderungen, die im Vorfeld der Zuschlagserteilung bestehen, einhalten. Dies gilt insbesondere für die Anforderungen des § 101a an eine (ggf. erneute) Unterrichtung der Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen. Um sicherzustellen, dass die Beschwerdefrist für den Antragsteller nach 25 § 117 Abs. 1 tatsächlich abgelaufen ist, muss sich der Auftraggeber, soweit notwendig, bei der Vergabekammer hinreichend informieren, bevor er den Zuschlag erteilt (zur Zustellung der Nachprüfungsentscheidung gem. § 61 s. § 114 Rz. 78 f.). Ansonsten besteht die Gefahr, dass der erteilte Zuschlag wegen eines Verstosses gegen § 115 Abs. 1 nicht zu einem wirksamen Vertrag führt (Rz. 31). Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn die Nachprüfungsentschei- 26 dung nichtig ist oder sie dem Antragsteller nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde (vgl. § 114 Rz. 81). In diesem Fall beginnt die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 nicht zu laufen. Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, dass das Zuschlagsverbot weiter besteht und der öffentliche Auftraggeber ein erhebliches Risiko hinsichtlich der etwaigen Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages trägt1. Allerdings verweist § 115 Abs. 1 umfassend auf die Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1, also sowohl auf dessen 1. als auch dessen 2. Alternative. Ist die Entscheidung der Vergabekammer nichtig oder wurde sie dem Antragsteller nicht ordnungsgemäß zugestellt, beginnt die Frist des § 117 Abs. 1, 1. Alt., die auf die (ordnungsgemäße) Zustellung der Entscheidung abstellt, nicht zu laufen. Dann allerdings greift die Frist des § 117 Abs. 1, 2. Alt., nach der die Zwei-Wochen-Frist auch dann zu laufen beginnt, wenn die Vergabekammer nicht innerhalb der Frist des § 113 Abs. 1, also in der Regel innerhalb von fünf Wochen (§ 113 Rz. 4), über den Nachprüfungsantrag entschieden hat. Jedenfalls nach Ablauf dieser Frist besteht das Zuschlagsverbot und damit auch das Risiko der eventuellen Nichtigkeit nicht mehr, sofern der Antragsteller nicht sofortige Beschwerde gegen die Nachprüfungsentscheidung eingelegt und das Oberlandesgericht ggf. 1 So Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 17; Kus in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 21.

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ergänzend die aufschiebende Wirkung dieser Beschwerde verlängert hat (§ 118 Rz. 3, 11)1. 27 Ein ähnliches Problem kann sich dann ergeben, wenn die Nachprüfungsentscheidung zwar ordnungsgemäß zugestellt wurde, jedoch keine oder eine nicht den rechtlichen Anforderungen genügende Rechtsmittelbelehrung enthält (s. § 114 Rz. 73). Man wird diesen Fall mit einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung gleichstellen müssen. Denn wenn die Rechtsmittelfrist gemäß § 117 Abs. 1, 2. Alt. selbst dann zu laufen beginnt, wenn eine Nachprüfungsentscheidung dem Antragsteller gar nicht zugestellt wurde und es damit an einer Entscheidung einschließlich Rechtsmittelbelehrung insgesamt fehlt, kann für den Fall einer erfolgten Zustellung mit einer lediglich ungenügenden Rechtsmittelbelehrung nichts anderes gelten. 28 Da in jedem Fall allerdings zwischen dem Ablauf der Rechtsmittelfrist gemäß § 117 Abs. 1, 1. Alt. einerseits und 2. Alt. andererseits eine zeitliche Diskrepanz bestehen kann, ergibt sich mit Blick auf das Zuschlagsverbot für den Auftraggeber ein Risiko. Er kann dieses nur dadurch ausschließen, dass er entweder die Ordnungsgemäßheit der Zustellung und Rechtsmittelbelehrung an den Antragsteller hinreichend prüft oder aber den Ablauf der im konkreten Fall längeren Frist vorsorglich abwartet. 29 e) Erledigung des Nachprüfungsverfahrens. Zumindest nicht eindeutig in § 115 Abs. 1 geregelt ist des Weiteren der Fall, dass sich ein bereits eingeleitetes Nachprüfungsverfahren erledigt (zum Begriff der Erledigung § 114 Rz. 41). Im Regelfall spielt dies auch keine Rolle, da bei einer Erledigung zumeist ohnehin kein Zuschlag mehr in Betracht kommt, der durch das Nachprüfungsverfahren verhindert werden könnte oder müsste. Dies gilt insbesondere für die in § 114 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich genannten Fällen. Es sind allerdings auch Erledigungskonstellationen denkbar (Erledigung in sonstiger Weise), in denen die Frage nach dem Ende des Zuschlagsverbotes von Bedeutung sein kann. Dies gilt etwa für den Fall, dass der öffentliche Auftraggeber bei einem anhängigen Nachprüfungsverfahren dem Antragsbegehren bereits vor einer Sachentscheidung der Vergabekammer vollständig nachkommt (§ 114 Rz. 46). In diesem Fall greift bei der Umstellung des Antrags auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren gemäß § 114 Abs. 2 Satz 3 nicht einmal die Beschleunigungsregelung des § 113 Abs. 1 ein, so dass nicht innerhalb einer Frist von fünf Wochen über den Antrag entschieden werden muss. Es ist 1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 7; a.A. Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 21.

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daher für solche Fälle der Erledigung, die mit dem Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 ersichtlich nicht gemeint sind, davon auszugehen, dass das Zuschlagsverbot sofort entfällt1. Erforderlich ist es allerdings, dass das erledigende Ereignis objektiv vorliegt (vgl. § 114 Rz. 61), was ggf. durch die Vergabekammer und das Oberlandesgericht nachzuprüfen ist. Liegt ein erledigendes Ereignis tatsächlich nicht vor, trägt der Auftraggeber das Risiko der etwaigen Nichtigkeit eines erteilten Zuschlags (Rz. 31). Zudem hat es im Vorfeld der Zuschlagserteilung die Anforderungen des § 101a zu berücksichtigen, so dass der Effektivität des Rechtsschutzes hinreichend Rechnung getragen ist. 3. Auswirkung auf die Zuschlags- und Bindefrist Durch das Zuschlagsverbot begründete Verzögerungen des Vergabever- 30 fahrens können zu Problemen hinsichtlich der Zuschlags- und Bindefrist führen (s. etwa § 10 Abs. 5–8 VOB/A)2. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Frist durch das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 ebenfalls ausgesetzt ist. Dies ist zu verneinen3. Aus dem Gesetz ergibt sich dazu nichts. Selbst wenn eine Aussetzung dieser Frist für den Auftraggeber wünschenswert ist, können die Bieter nicht an die Kalkulation ihres Angebots, die Freihaltung von personellen und technischen Kapazitäten usw. über den in der Ausschreibung festgelegten Zeitraum hinaus gegen ihren Willen gebunden werden. Neben einer vorsorglichen Berücksichtigung etwaiger Nachprüfungen bei der Bemessung der Zuschlags- und Bindefrist kommt lediglich deren nachträgliche Verlängerung in Betracht. Dazu muss der Auftraggeber aus Gründen der Gleichbehandlung allen Bietern, die zu diesem Zeitpunkt in die engere Wahl kommen, ein entsprechendes Angebot auf Verlängerung der Fristen unterbreiten. Bieter, die dieses Angebot ausschlagen, müssen im Fortgang des Vergabeverfahrens nicht mehr berücksichtigt werden4. 1 OLG Düsseldorf v. 29.11.2005 – VII-Verg 82/05, VergabeR 2006, 424; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 29. 2 S. zu dieser Problematik insbesondere aus vertragsrechtlicher Sicht sowie im Hinblick auf Nachtragsforderungen BGH v. 11.5.2009 – VII ZR 11/08, NJW 2009, 2443; OLG Hamm v. 26.6.2008 – 21 U 17/08, VergabeR 2009, 52; OLG Hamm v. 5.12.2006 – 24 U 58/05, VergabeR 2007, 557; OLG Naumburg v. 2.10.2008 – 1 U 42/08, NZBau 2009, 379; s. auch Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 7. 3 S. etwa BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, NVwZ 1999, 1138; Gröning, ZIP 1998, 370 (377); Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 14; Kus in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 35. 4 OLG Naumburg v. 13.5.2003 – 1 Verg 2/03, VergabeR 2003, 588; Kus in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 35.

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4. Verbotsgesetz 31 Gemäß § 115 Abs. 1 darf der Zuschlag nach der Information des öffentlichen Auftraggebers über den Nachprüfungsantrags nicht erteilt werden. Die Vorschrift stellt ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB dar. Ein entgegen dieser Regelung erteilter uneingeschränkter Zuschlag (zu den Möglichkeiten eines bedingten Zuschlags § 114 Rz. 28 ff., 37) ist nichtig1. Dies gilt selbst dann, wenn dem Nachprüfungsantrag im Ergebnis nicht stattgegeben wird und auch unabhängig davon, ob sich der Auftraggeber des Verstoßes bewusst ist oder nicht2. 32 Das Verbot gilt allerdings nur bis zum Ende des Nachprüfungsverfahrens. Selbst bei einer dem Nachprüfungsantrag stattgebenden Entscheidung gilt danach nur § 114 Abs. 3 Satz 2 (dazu § 114 Rz. 82 ff. sowie vorstehend Rz. 24)3. Die Begrenzung des Zuschlagsverbotes und der damit verbundenen Nichtigkeitsfolge auf die Phase des Nachprüfungsverfahrens, ggf. einschließlich des Beschwerdeverfahrens (dazu § 118 Rz. 3), erscheint gesetzgeberisch nicht ganz geglückt. Näher gelegen hätte es, einen Zuschlag, der die Entscheidung der Vergabekammer nicht respektiert, auch nach Abschluß des Nachprüfungsverfahrens dem Verdikt der Nichtigkeit zu unterstellen4. Gleichwohl ist die gesetzliche Regelung zu respektieren (zur möglichen Nichtigkeit des Vertrages aus anderen Gründen § 114 Rz. 36, 38)5. III. Vorzeitige Gestattung des Zuschlags (§ 115 Abs. 2) 33 § 115 Abs. 2 sieht ein Verfahren zur vorzeitigen Gestattung des Zuschlags vor. Antragsberechtigt dafür ist zum einen der öffentliche Auftraggeber selbst, zum anderen das Unternehmen, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll. Die Möglichkeit einer Antragstellung auch durch ein Unternehmen ändert allerdings nichts daran, dass sich das Entscheidungspro1 Gröning, ZIP 1999, 52 (56); Boesen, EuZW 1998, 551 (558); Schnorbus, BauR 1999, 70 (80); Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 4; Müller-Wrede in MüllerWrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 32; a.A. allerdings mit nicht überzeugender Begründung wohl nur Vill, BauR 1999, 971 (972 ff.). 2 Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 4. 3 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 115 Rz. 9. 4 So im Ergebnis BayObLG v. 1.10.2001 – Verg 6/01, VergabeR 2002, 63; Boesen, EuZW 1998, 551 (558 f.). 5 Anders Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 12, der in diesem Fall § 118 Abs. 3 analog anwenden will, was jedoch wegen § 114 Abs. 3 schon an der erforderlichen Regelungslücke scheitern dürfte.

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gramm abschließend nach § 115 Abs. 2 Satz 1 bis 4 richtet. Zudem sind die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen zu berücksichtigen, die sich insbesondere aus Art. 2d Abs. 3 Satz 3 und 4 der Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7) ergeben. Die Bedeutung der vorzeitigen Zuschlagsgestattung war vor Inkrafttreten 34 des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes sehr gering (s. bereits Rz. 4). Es spricht entgegen der Annahme, die dem Regierungsentwurf zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz zugrunde liegt, wenig dafür, dass dies zukünftig anders sein wird. Allein die Möglichkeit, dass auch das Unternehmen, das den Zuschlag erhalten soll und daher regelmäßig dem Nachprüfungsverfahren beizuladen ist (s. noch Rz. 44 ff.), neben dem öffentlichen Auftraggeber einen solchen Antrag stellen darf, wird daran aller Voraussicht wenig ändern. Der Zeitrahmen, der für das Nachprüfungsverfahren durch § 113 gesetzt ist, lässt eine diesbezügliche Entscheidung kaum zu. Die gemäß § 115 Abs. 2 in jedem Fall notwendige Abwägungsentscheidung provoziert vielmehr eher das Risiko einer unnötigen Mehrbelastung der Vergabekammer. Nicht selten ist daher die Fallkonstellation anzutreffen, dass die Vergabekammer sich mit einem derartigen Antrag gar nicht besonders befasst und stattdessen die Hauptsacheentscheidung gemäß § 114 GWB trifft, zumal ihr für eine Vorabentscheidung gemäß § 115 Abs. 2 keine gesonderte Frist gesetzt ist. Folge ist dann, dass sich der Antrag auf Gestattung auf vorzeitige Zuschlagserteilung erledigt (s. nachfolgend Rz. 43). Auch das komplexe und durch § 115 Abs. 2 bis 4 durch das Vergabe- 35 rechtsmodernisierungsgesetz noch weiter ausformulierte Abwägungsprogramm, dass zudem im Lichte der Anforderungen der Rechtsmittelrichtlinien auszulegen ist, wird aller Voraussicht nach nicht dazu beitragen können, dass mehr Verfahren gemäß § 115 Abs. 2 durchgeführt werden. In der Mehrzahl der Fälle dürfte es im Übrigen auch entbehrlich sein, ein 36 Verfahren zur vorzeitigen Gestattung der Zuschlagserteilung durchzuführen. In der Begründung zum Regierungsentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes wird darauf hingewiesen, dass es seit 2003 lediglich in rund 21 bis 27 % der Fälle zu einer Überschreitung der 5-Wochenfrist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 gekommen sei1. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle konnte daher der gesetzlich vorgesehene Zeitrahmen eingehalten werden. Eine nennenswerte Beschleunigung im Vergleich dazu ist durch § 115 Abs. 2 schon im Hinblick auf die notwen1 BT-Drucks. 16/10117, S. 42.

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dige Tätigkeit der Vergabekammer selbst nicht zu erwarten (s. dazu nachfolgend unter Rz. 47). Hinzu kommt, dass das Beschwerdegericht, sollte eine vorzeitige Zuschlagsgestattung erfolgen, das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 wieder herstellen kann, sofern das Unternehmen, dass das Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat, dies beantragt (§ 115 Abs. 2 Satz 5, s. Rz. 64 ff.). In diesem Zusammenhang verweist § 115 Abs. 2 Satz 7 seit Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes auch auf § 121 Abs. 3, nach dem der Vergabesenat innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags zu entscheiden hat, ohne dass allerdings an die Überschreitung dieser Frist durch den Vergabesenat besondere rechtliche Konsequenzen geknüpft wären (s. § 121 Rz. 14 ff.). Hält man sich gleichzeitig vor Augen, dass die Vergabekammern ohnehin in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle die 5-Wochenfrist des § 113 Abs. 1 einhalten und zudem die Verlängerung der Entscheidungsfrist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 im Durchschnitt nur eine bis maximal zwei Wochen beträgt1, zeigt sich das geringe praktische Bedürfnis für eine derartige Regelung und belegt zugleich, dass es nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt ist, darauf zurückzugreifen. Denn für die Beantwortung der Frage, ob es geboten ist, die Zuschlagserteilung vorab zu gestatten und damit den Primärrechtsschutz der möglicherweise benachteiligten Bieter einzuschränken, ist stets auch zu klären, wie groß die tatsächliche zeitliche Verzögerung bzw. wie groß der tatsächliche Zeitgewinn für die Auftragsvergabe aller Voraussicht nach sein wird. Je geringer diese Differenz ausfällt, desto weniger spricht dafür, einem Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags stattzugeben. 1. Einschränkung des effektiven Rechtsschutzes, unionsrechtliche Vorgaben 37 Eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags führt zu einer Einschränkung des effektiven Rechtsschutzes der Bieter. Dennoch ist eine vorzeitige Entscheidung im nationalen Verfahrens- und Prozessrecht nichts Neues. Die Ausgestaltung des § 115 Abs. 2 entspricht vielmehr weitgehend §§ 80, 80a VwGO, denen die Vorschrift erkennbar nachgebildet ist (s. bereits Rz. 13). Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch darin, dass die Entscheidung der Vergabekammer einen rechtsverbindlichen und damit endgültigen Zuschlag ermöglichen soll (§ 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs.), wenn auch unter dem Vorbehalt einer – ebenfalls summarischen – Prüfung dieser vorzeitigen Gestattung durch das Oberlandesgericht. Demgegenüber belässt der vorläufige Rechtsschutz gem. den §§ 80, 80a 1 BT-Drucks. 16/10117, S. 42.

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VwGO auf Seiten des Begünstigten wegen des vorläufigen Charakters der Entscheidung erhebliche Risiken. Wird die vorläufige Entscheidung im Nachhinein korrigiert, dann kann dies für den Begünstigten einschneidende Folgen haben (z.B. vollständiger oder teilweiser Rückbau von baulichen Anlagen, die auf der Basis einer von dritter Seite angefochtenen Baugenehmigung realisiert wurden, die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a BauGB sofort vollziehbar war). Derartige Risiken bestehen für den Auftraggeber bei der vorzeitigen Gestattung des Zuschlags gemäß § 115 Abs. 2 auf der Ebene des Primärrechtsschutzes nicht. Denn die vorzeitige Gestattung des Zuschlages setzt das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 verbindlich und dauerhaft außer Kraft, so dass ein abgeschlossener Vertrag wirksam ist und auch wirksam bleibt. Möglich sind in diesem Fall allenfalls noch Sekundäransprüche des Antragstellers, wenn sich im Ergebnis herausstellt, dass eine Verletzung von bieterschützenden Vorschriften zu seinem Nachteil vorlag und ihm daraus ein Schaden entstanden ist1. Es geht also letztlich um eine Vorwegnahme der Hauptsache2, wie sie aus dem Bereich des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrechts weniger bei den §§ 80, 80a VwGO bekannt ist als vielmehr bei der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO. Dabei gilt, dass ein Anordnungsanspruch, der die Hauptsacheentscheidung vorwegnimmt, nur unter besonders engen Voraussetzungen besteht. Es muss in der Regel ein nicht mehr gut zu machender Schaden drohen3. Soweit es um die vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung geht, er- 38 geben sich vergleichbar enge, wenn nicht sogar noch strengere Anforderungen aus den Rechtsmittelrichtlinien (Einleitung Rz. 7). Art. 1 Abs. 3 der Rechtsmittelrichtlinien verlangt, dass zumindest jeder Person ein Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen muss, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Vergaberechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht (s. auch § 107). Art. 2 regelt sodann im Einzelnen die Ausgestaltung des Bieterschutzes. Gemäß Art. 2d) der Richtlinie tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass ein Vertrag grundsätzlich unwirksam ist oder 1 Gröning, ZIP 1998, 370 (375), spricht in diesem Zusammenhang von einem sinnverkehrten Eilverfahren. 2 VK Berlin v. 27.4.2010 – VK-B 2-3 E II; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 13. 3 Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rz. 13 ff.; s. auch zur Vorwegnahme der Hauptsache im Zivilprozessrecht Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 916 Rz. 5 ff. sowie zur Vorwegnahme der Hauptsache im Verfassungsprozessrecht Berkemann in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, § 32 Rz. 120 ff.

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für unwirksam erklärt wird, wenn u.a. ein Bieter, der eine Nachprüfung beantragt hat, nicht mehr die Möglichkeit hat, vor Abschluss des Vertrages Rechtsschutz zu erlangen und damit ein Verstoß gegen die materiellen Vergaberichtlinien (Einleitung Rz. 7) einhergeht. Gerade Letzteres soll in dem Nachprüfungsverfahren erst festgestellt werden. Wegen der Ausgestaltung im deutschen Recht, nach der ein bereits wirksam erteilter Zuschlag im Rahmen der vergaberechtlichen Nachprüfung nicht mehr aufgehoben werden kann (§ 114 Abs. 2 Satz 1, s. dazu § 114 Rz. 28), muss gewährleistet sein, dass vor Abschluss der Prüfung, ob ein Verstoß gegen materielles Vergaberecht vorliegt, der Auftrag nicht erteilt werden darf. Art. 2d) Abs. 3 sieht hierzu einen Ausnahmefall vor. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle einen Vertrag dann nicht als unwirksam erachten kann, selbst wenn er rechtswidrig vergeben wurde, wenn die Nachprüfungsstelle nach Prüfung aller einschlägigen Aspekte zu dem Schluss kommt, dass zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, die Wirkung des Vertrages zu erhalten. Wirtschaftliche Interessen an der Wirksamkeit eines Vertrages dürfen nur als zwingende Gründe gelten, wenn die Unwirksamkeit in Ausnahmesituationen unverhältnismäßige Folgen hätte. Dabei dürfen wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag jedoch nicht als zwingende Gründe eines Allgemeininteresses gelten. Zu den wirtschaftlichen Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertrag gehören u.a. die durch die Verzögerung bei der Ausführung eines Vertrages verursachten Kosten, die durch die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens verursachten Kosten, die durch den Wechsel des Wirtschaftsteilnehmers, der den Vertrag ausführt, verursachten Kosten und die Kosten, die durch rechtliche Verpflichtungen aufgrund der Unwirksamkeit verursacht wurden. Da das deutsche Recht in zulässiger Ausnutzung des bestehenden Umsetzungsspielraums nicht die Möglichkeit vorsieht, dass die Vergabekammern und Vergabesenate einen gegen materielles Vergaberecht verstoßenden Vertrag nachträglich für unwirksam erklären und stattdessen ein öffentlicher Auftrag erst dann wirksam und verbindlich vergeben werden darf, wenn kein Nachprüfungsverfahren eingeleitet wurde oder die Vergabenachprüfungsinstanzen festgestellt haben, dass kein Vergaberechtsverstoß zu Lasten des betreffenden Antragstellers vorliegt (s. in diesem Zusammenhang insbesondere die Regelungen zur Informations- und Wartepflicht in § 101a sowie zur Unwirksamkeit in § 101b), bedeutet dies, dass eine vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung und damit verbunden eine Einschränkung des effektiven Bieterrechtsschutzes nur in den durch Art. 2d) Abs. 3 gezoge684

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nen Grenzen möglich ist1. Das Entscheidungsprogramm des § 115 Abs. 2, dass die Vergabekammer zugrunde zu legen hat, berücksichtigt diese unionsrechtlichen Anforderungen explizit nicht. Allerdings handelt es sich zumindest um eine Entscheidung, bei der die widerstreitenden Interessen miteinander abzuwägen sind. Daher bestehen gegen die Regelung im Ergebnis auch keine unionsrechtlichen Bedenken. Sie ist allerdings in dem restrikten Sinne von Art. 2d) Abs. 3 der Rechtsmittelrichtlinien auszulegen2. 2. Antragsteller Gestellt werden kann der Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags 39 durch den öffentlichen Auftraggeber, um dessen Auftragsvergabe es in dem anhängigen Nachprüfungsverfahren geht. Ebenfalls ist es möglich, dass das Unternehmen den Antrag stellt, das 40 nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll. Ist eine Information gemäß § 101a Abs. 1 (noch) nicht erfolgt, kommt die Antragstellung durch ein Unternehmen daher nicht in Betracht. Dies gilt selbst dann, wenn die Angebotsprüfung bereits so weit fortgeschritten ist, dass eine Mitteilung gemäß § 101a Abs. 1 schon möglich wäre. Dementsprechend spielt es auch keine Rolle, ob ein entsprechend chancenreiches Unternehmen bereits dem Nachprüfungsverfahren beigeladen wurde oder nicht (zur Beiladung s. § 109 Rz. 9 ff.; zur Beiladung s. auch noch nachfolgend unter Rz. 42)3. Ebenfalls scheidet die Antragstellung durch ein Unternehmen gemäß 41 § 115 Abs. 2 Satz 1 dann aus, wenn es keiner Information und dementsprechend auch keiner Benennung nach § 101a bedarf. Dies ist dann der Fall, wenn die Informationspflicht als solche entfällt (§ 101a Abs. 2). Der Antrag auf vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung setzt zwar 42 die Aussetzung des Vergabeverfahrens, also ein Zuschlagsverbot i.S.v. § 115 Abs. 1 und dementsprechend auch ein bereits anhängiges Nachprüfungsverfahren voraus. Nicht notwendig ist es allerdings, dass das Unternehmen, das einen Antrag auf vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 stellen möchte, bereits dem Nachprü1 In diesem Sinne auch die Gegenäußerung des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 16/10117, S. 35 f.; ebenso Kühnen, NZBau 2009, 357 (358). 2 So auch Kühnen, NZBau 2009, 357 (358). 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 39; Stoye/ v. Münchhausen, VergabeR 2008, 871 (875).

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fungsverfahren förmlich beigeladen wurde. Denn eine derartige Einschränkung enthält § 115 Abs. 2 Satz 1 nicht. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Ziel ist es, dem für die beabsichtigte Zuschlagserteilung ausgewählten Unternehmen ein eigenes Antragsrecht einzuräumen. Dieses Antragsrecht kann die Vergabekammer nicht dadurch unterlaufen, dass sie von einer Beiladung absieht oder diese erst ganz am Ende des Nachprüfungsverfahrens vornimmt (zum Zeitpunkt der Beiladung s. § 109 Rz. 26 ff.). 3. Zeitpunkt, Form und Frist für den Antrag 43 Der Antrag gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 ist an keine besondere Form und Frist gebunden1. Es muss lediglich bereits ein Zuschlagsverbot i.S.v. Abs. 1 bestehen (s. Rz. 7). Der Antrag kann also auch noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung (§ 112) gestellt werden. In jedem Fall muss er allerdings gestellt werden, solange das Nachprüfungsverfahren noch nicht durch Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer abgeschlossen ist2. Ergeht die Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer zu einem Zeitpunkt, zu dem über den Antrag gemäß § 115 Abs. 2 noch nicht entschieden wurde, so erledigt sich dieser (zur Erledigung der vorzeitigen Zuschlagsgestattung durch eine nachfolgende Hauptsacheentscheidung s. nachfolgend Rz. 72)3. Danach greift § 121 ein. Einer gesonderten Begründung des Antrags bedarf es nicht4. Gleichwohl ist sie in der Regel geboten, um die Voraussetzungen für die vorzeitige Gestattung zu belegen. Zudem muss bereits ein Unternehmen ausgewählt sein, das den Zuschlag erhalten soll und dementsprechend auch benannt werden5. 4. Anhörung der anderen Verfahrensbeteiligten, Aufklärung der für die vorzeitige Gestattung relevanten Umstände 44 § 115 Abs. 2 sieht eine Anhörung der anderen Verfahrensbeteiligten vor einer Entscheidung der Vergabekammer über die vorzeitige Gestattung 1 A.A. hinsichtlich der Form Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 14. 2 OLG Naumburg v. 15.12.2000 – 1 Verg 11/00, NZBau 2001, 642; Storr in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 115 Rz. 13. 3 BayOLG v. 16.7.2004 – Verg 16/04, VergabeR 2005, 141; VK Arnsberg v. 21.12.2009 – VK 41/09; Opitz , NZBau 2005, 213 (214); Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 23. 4 Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 23; a.A. Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 39; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 14. 5 VK Berlin v. 18.3.2010 – VK-B2-3/10E.

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des Zuschlags nicht vor. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich allerdings aus § 28 Abs. 1 VwVfG, wenn man in der Vorabentscheidung einen Verwaltungsakt sieht. Dies ist zu bejahen, da im Unterschied zu §§ 80, 80a VwGO, wo diese Frage streitig ist, der gestattete Zuschlag endgültig wirkt (§ 115 Abs. 2 Satz 5, 2. Halbs.; Rz. 37)1. Im Übrigen wird selbst im Rahmen des verwaltungsprozessualen vorläufigen Rechtsschutzes überwiegend und zu Recht eine Anhörungspflicht der weiteren Verfahrensbeteiligten bejaht2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 112) ist nicht erforderlich3. Die beigeladenen Verfahrensbeteiligten i.S.v. § 109 müssen bei einem 45 Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags nicht erneut beigeladen werden. Es handelt sich vielmehr um ein einheitliches Verfahren, bei dem die erfolgte Beiladung auch für das Verfahren hinsichtlich der vorzeitigen Gestattung der Zuschlagserteilung wirkt. Neben einer Anhörung der anderen Verfahrensbeteiligten kann und 46 muss die Vergabekammer selbst die erforderlichen Ermittlungen anstellen, die für die nach § 115 Abs. 2 zu treffende Entscheidung notwendig sind. Es versteht sich aufgrund von Sinn und Zweck der vorzeitigen Gestattung von selbst, dass diese Ermittlungen nicht so umfangreich sein müssen wie für das Hauptsacheverfahren. Ansonsten wäre die Möglichkeit zur vorzeitigen Gestattung des Zuschlags von vornherein ohne praktische Bedeutung. Maßstab für die Sachverhaltsermittlung der Vergabekammer muss daher die Möglichkeit zur umgehenden Entscheidung über den diesbezüglichen Antrag sein4. Nur das, was für eine umgehende Entscheidung noch ohne nennenswerte Verzögerungen ermittelt werden kann, ist daher zu berücksichtigen. Wenn der damit vorliegende Sachverhalt noch unvollständig ist und Lücken aufweist, ist das im Rahmen des Entscheidungsprogramms zu berücksichtigen (Rz. 47 ff.). Im Zweifel geht eine solche Entscheidung nach Lage der Akten also zu Lasten desjenigen, der eine vorzeitige Zuschlagserteilung anstrebt.

1 So im Ergebnis auch Willenbruch, NVwZ 1999, 1062 (1067), Storr in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 115 Rz. 14; Kus in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 39; für eine mündliche Verhandlung Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 14. 2 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 80a Rz. 5, § 80 Rz. 27 ff. mit Nachweisen zum Meinungsstand. 3 VK Berlin v. 18.3.2010 – VK-B2-3/10E. 4 OLG Celle v. 19.8.2003 – 13 Verg 20/03, WuW/E Verg 910.

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5. Entscheidungsprogramm der Vergabekammer 47 a) Allgemeine Anforderungen. Die Vergabekammer kann den vorzeitigen Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Es handelt sich also um ein komplexes Abwägungsprogramm, das insbesondere den zu § 80 Abs. 5 VwGO entwickelten Anforderungen vergleichbar ist. Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Rz. 4) wurde dieses Abwägungsprogramm um drei erläuternde Grundsätze ergänzt1. Sie sind für die von der Vergabekammer zu treffende Entscheidung allerdings nicht abschließend (s. insb. Rz. 38 zu den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen). 48 Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 ist bei der von der Vergabekammer anzustellenden Abwägung das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen (zu der weitergehenden Regelung im Regierungsentwurf zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz s. vorstehend Rz. 4). Bei diesem Entscheidungsgesichtspunkt geht es in erster Linie um eine sparsame Verwendung von Haushaltsmitteln2. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass wirtschaftliche Interessen nur dann eine Mißachtung von (möglicherweise) bestehenden Vergaberechtsverstößen zu Lasten eines antragstellenden Unternehmens rechtfertigen, wenn ansonsten unverhältnismäßige Folgen zu erwarten wären. Wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag sind dabei generell unbeachtlich (Rz. 38)3. Dies gilt also insbesondere für mögliche Nachtragsforderungen des zu beauftragenden Unternehmens wegen einer verspäteten Vergabe (s. bereits zur Zuschlags- und Bindefrist Rz. 30). Entscheidungsrelevant können also nur über den ausgeschriebenen Vertrag hinausgehende wirtschaftliche Nachteile zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers sein4. 49 Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 3 berücksichtigt die Vergabekammer bei ihrer Entscheidung über einen Antrag auf vorzeitige Gestattung der Zuschlags1 Kühnen, NZBau 2009, 357 (358). 2 Kühnen, NZBau 2009, 357, (358). 3 Eine Einbeziehung der Mehrkosten des konkreten Vertrages stünde im Gegensatz zu gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben aus den Vergaberichtlininen Stoye/ v. Münchhausen, VergabeR 2008, 871 (876 f.). 4 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 50.

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erteilung auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten1. Mit dem Antragsteller ist hier das Unternehmen gemeint, das den Nachprüfungsantrag gestellt hat, nicht hingegen das für die Zuschlagserteilung vorgesehene Unternehmen, das innerhalb dieses Verfahrens einen Antrag gemäß § 115 Abs. 2 an die Vergabekammer gerichtet hat. Berücksichtigt werden sollen gemäß § 115 Abs. 2 Satz 3 nicht die Erfolgsaussichten in dem angestrengten Nachprüfungsverfahren (dazu noch nachfolgend unter Rz. 50). Vielmehr geht es um die allgemeinen, also über das Nachprüfungsverfahren hinausgehenden, Aussichten, letztendlich den Zuschlag zu erhalten2. Macht ein Unternehmen in einem Nachprüfungsverfahren etwa geltend, dass die Angebotswertung fehlerhaft erfolgt sei, ist es jedoch mit seinem Angebot so weit abgeschlagen, dass es auch bei einer Neubewertung keine ernsthafte Zuschlagschance hat, spricht dies eher für eine vorzeitige Zuschlagsgestattung an seinen Konkurrenten, als wenn es um ein Unternehmen geht, das ernsthafte Zuschlagschancen hat und zu dessen Gunsten sich eine Änderung der Bieterreihenfolge nach erneuter Angebotswertung auswirken könnte. Je geringer die allgemeinen Chancen des unterlegenen Bieters auf den ausgeschriebenen Auftrag sind, desto gewichtiger ist also tendenziell das öffentliche Interesse, dass das Beschaffungsvorhaben des Auftraggebers umgehend in die Tat umgesetzt werden darf und die Auftragserteilung nicht bis zum Abschluss des Nachprüfungsverfahrens hinausgeschoben werden muss3. Geht es allerdings nicht oder nicht nur um die Angebotswertung, sondern auch um die Ausschreibung als solche (z.B. um die notwendige Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung oder der Zuschlagskriterien), ist die Platzierung des antragstellenden Bieters kaum ausssagefähig. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil in diesem Fall ein Nachprüfungsantrag sogar gestellt werden könnte, ohne dass das antragstellende Unternehmen überhaupt ein Angebot abgegeben hat (s. dazu § 107 Rz. 26 f.). In derartigen Fällen gibt § 115 Abs. 2 Satz 3 der Vergabekammer in der Regel praktisch keine Leitlinie für die von ihr zu treffende Abwägungsentscheidung4. § 115 Abs. 2 Satz 4 besagt, dass die Erfolgsaussichten des Nachprüfungs- 50 antrags nicht in jedem Fall Gegenstand der Abwägung sein müssen. Aus der Formulierung folgt, dass insoweit ein Regel-Ausnahmeverhältnis da1 VK Hessen v. 27.4.2009 – 69d. VK – 10/2009. 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 43. 3 Kühnen, NZBau 2009, 357 (359); Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 226. 4 Kühnen, NZBau 2009, 357 (359).

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hingehend besteht, dass die Erfolgsaussichten in der Regel zu berücksichtigen sind und nur ausnahmsweise davon abgesehen werden darf1. Eine solche Ausnahme ist dann anzunehmen, wenn die Prüfung der Erfolgsaussichten die Erteilung des Vorabzuschlags ungebührlich verzögern und damit dem überwiegenden Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens nicht ausreichend Rechnung tragen würde2. Dabei ist zu beachten, dass auch eine Berücksichtigung der Erfolgsaussichten eines Nachprüfungsantrags nicht mit dessen abschließender Prüfung gleichzusetzen ist. Ansonsten käme die Vorabentscheidung der Entscheidung in der Hauptsache gleich und würde erstere schon dem Grunde nach entbehrlich machen (vgl. hierzu auch Rz. 37). Es geht also bei einer Berücksichtigung der Erfolgsaussichten im Verfahren zur Vorabentscheidung über die Zuschlagserteilung immer nur um eine überschlägige Prüfung3. Davon gänzlich abzusehen, wird man nur in sehr seltenen Ausnahmefällen als zulässig ansehen können4. 51 Im Hinblick darauf, dass die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags jedenfalls in der Regel Gegenstand der Abwägung durch die Vergabekammer bei einer Entscheidung gemäß § 115 Abs. 2 sein müssen, ergibt sich das nachfolgend skizzierte Wertungsschema. Dabei ist als generelle Vorgabe ergänzend zu berücksichtigen, dass eine Gestattung der vorzeitigen Zuschlagserteilung die Ausnahme sein muss5. Sie ist aus unionsrechtlichen Gründen nur dann zulässig, wenn nach Prüfung aller einschlägigen Aspekte zwingende Gründe eines Allgemeininteresses dies rechtfertigen. Wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ausgeschriebenen Vertrag selbst müssen dabei unberücksichtigt bleiben. Zwingende Gründe in diesem Sinne sind allerdings nicht nur solche, die den vorzeitigen Abschluss des ausgeschriebenen Vertrages als alternativlos erscheinen lassen6. Sie müssen jedoch zumindest von ganz erhebli1 VK Hessen v. 27.4.2009 – 69d. VK – 10/2009; Kühnen, NZBau 2009, 357 (359); Stoye/v. Münchhausen, VergabeR 2008, 871 (876); unklar Kus in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 43. 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 43. 3 Stoye/v. Münchhausen, VergabeR 2008, 871 (876). 4 In diesem Sinne auch Kühnen, NZBau 2009, 357 (359). 5 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 38; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 115 Rz. 2424/1; Schweda in Langen/ Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 15. 6 So z.B. wenn ansonsten die Sicherheitslage im Bund oder einem Bundesland ernsthaft bedroht wäre, OLG Jena v. 14.11.2001 – 6 Verg 6/01, VergabeR 2002, 165; von gravierenden, nicht anders abwendbaren Notsituationen spricht Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 54.

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chem und übergeordnetem Gewicht sein, die zudem dem Allgemeininteresse dienen1. Zu den Aspekten, die bei der Prüfung zu berücksichtigen sind, ob die Gestattung einer vorzeitigen Zuschlagserteilung gerechtfertigt ist oder nicht, gehört auch der damit verbundene tatsächliche Zeitvorteil, mit dem bei realistischer Einschätzung gerechnet werden darf. Je geringer dieser Zeitvorteil ausfällt, desto weniger spricht dafür, im Vorfeld der Hauptsacheentscheidung die Zuschlagserteilung zu gestatten (s. bereits Rz. 36). Bei der Bestimmung des Zeitvorteils sind in erster Linie die Verzögerungen durch das Nachprüfungsverfahren einzubeziehen, also der Zeitraum zwischen frühstmöglicher Zuschlagserteilung bei vorzeitiger Gestattung und der Zuschlagserteilung bei regulärem Fortgang des Verfahrens2. Auf mögliche Verzögerungen durch ein nachfolgendes Beschwerdeverfahren kommt es in der Regel nicht an, da dieses zum Entscheidungszeitpunkt noch hypothetisch ist3. b) Offensichtliche Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Nachprü- 52 fungsantrags. Wenn nach dem Stand des Nachprüfungsverfahrens unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten dem Nachprüfungsantrag offensichtlich nicht stattzugeben ist, sind die durch die vorzeitige Zuschlagserteilung möglicherweise geschädigten Interessen vergleichsweise gering zu bewerten4. Die Offensichtlichkeit der fehlenden Erfolgsaussichten ist dabei wegen des Verfahrensfortschritts nicht mit der Offensichtlichkeit gemäß § 110 Abs. 2 im Vorfeld der Information über den Nachprüfungsantrag gleichzusetzen (dazu Rz. 8 ff. sowie § 110 Rz. 20). Dies allein bedeutet jedoch noch nicht, dass das Interesse der Allgemein- 53 heit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens überwiegt. Erst recht ergibt sich daraus noch nicht, dass zwingende Gründe eines Allgemeininteresses die vorzeitige Auftragsvergabe rechtfertigen. Allerdings sind die Anforderungen, die an die vorzeitige Zuschlagserteilung in diesem Fall zu stellen sind, zumindest tendenziell niedriger. Sie machen zwar ein besonderes Beschleunigungsinteresse im Hinblick auf die Auftragsvergabe nicht entbehrlich, jedoch muss dieses nicht ein solches Gewicht haben, wie bei einem voraussichtlich erfolgreichen Nachprüfungs1 Zum Begriff der zwingenden Gründe eines Allgemeininteresses s. Holoubek in Schwarze, EU-Kommentar, Art. 49/50 EGV Rz. 105 ff.; EuGH v. 25.7.1991 – C-288/89, Slg. 1991, S. I-4007 (Aufzählung bereits anerkannter Allgemeininteressen). 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 53. 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 51. 4 Vgl. Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 227.

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antrag, insbesondere dann, wenn der Antragsteller auch gute Aussichten hat, den Auftrag letztendlich zu erhalten (s. Rz. 56) oder wenn sich die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags als offen darstellen. 54 c) Überwiegend wahrscheinliche Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags. Wenn aufgrund der gegebenen Sachlage und deren (vorläufiger) rechtlicher Bewertung zwar überwiegende Gründe dafür sprechen, dass dem Nachprüfungsantrag nicht stattgegeben wird, jedoch aufgrund der bis dahin erfolgten Aufarbeitung der Sach- und Rechtslage durch die Vergabekammer nicht ganz unwesentliche Zweifel daran verbleiben, bedarf es einer im Vergleich zu b) intensiveren Prüfung, ob die Interessen an einer vorzeitigen Zuschlagserteilung überwiegen. Der Auftraggeber und/ oder das Unternehmen, das den Antrag gemäß § 115 Abs. 2 gestellt hat, haben in diesem Fall eine entsprechende Darlegungslast. 55 d) Offene Erfolgsaussichten. Wenn der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens aus Sachverhaltsgründen oder wegen der nicht eindeutigen rechtlichen Bewertung offen ist und aufgrund der bestehenden Komplexität der Sachlage im Rahmen des Verfahrens gemäß § 115 Abs. 2 eine weitere Sachverhaltsaufklärung und/oder rechtliche Prüfung mit dem Sinn und Zweck des Verfahrens nicht vereinbar wäre (s. Rz. 37), kommt praktisch nur eine Interessenabwägung in Betracht. Dabei hat das Ziel, nach Möglichkeit ein rechtmäßiges Vergabeverfahren zu gewährleisten, einen entsprechend hohen Stellenwert. Nur ausnahmsweise ist daher in einem solchen Fall die vorzeitige Gestattung einer Zuschlagserteilung möglich, wenn dafür unter Abwägung aller einschlägigen Aspekte besonders gewichtige Gründe auf Seiten des Auftraggebers oder der Allgemeinheit sprechen. 56 e) Offensichtliche oder zumindest überwiegend wahrscheinliche Begründetheit des Nachprüfungsantrags. Bei einem offensichtlich zu erwartenden oder auch nur überwiegend wahrscheinlichen Erfolg des Nachprüfungsantrags kommt in aller Regel eine vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung nicht in Betracht. Sie würde den Sinn und Zweck des Nachprüfungsverfahrens und das Gebot effektiven (Primär-)Rechtsschutzes leer laufen lassen. Indes ist dies nicht völlig ausgeschlossen, wenn ansonsten der Allgemeinheit massive Nachteile nicht nur drohen, sondern äußerst wahrscheinlich sind und auch durch eine Korrektur oder Wiederholung des Nachprüfungsverfahrens nicht hinreichend kompensiert werden könnten. Dies ist durch den Auftraggeber und/oder das Unternehmen, das den Antrag gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 gestellt hat, detailliert darzulegen. Von Bedeutung kann bei dieser Interessenabwägung u.a. auch die Schwere des Vergabefehlers sein und die damit verbundene Fra692

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ge, wie wahrscheinlich es ist, dass sich an der Bieterauswahl zugunsten des Unternehmens, das den Nachprüfungsantrag gestellt hat (§ 115 Abs. 2 Satz 3, s. Rz. 49), tatsächlich etwas ändert. Insgesamt sind die Anforderungen sehr hoch anzusetzen. Es muss sich – unabhängig davon, dass für eine Zuschlagserteilung generell nach „Prüfung aller einschlägigen Aspekte zwingende Gründe eines allgemeinen Interesses“ vorliegen müssen (Rz. 38) – um eine besondere Ausnahmesituation handeln1. 6. Entscheidungsinhalt Mit der Entscheidung gemäß § 115 Abs. 2 kann dem Auftraggeber entwe- 57 der die vorzeitige Erteilung des Zuschlags binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung (dazu Rz. 60) gestattet oder aber diese Gestattung versagt werden2. Der Entscheidungsinhalt ist nicht anders, wenn der Antrag auf vorzeitige 58 Gestattung des Zuschlags nicht durch den öffentlichen Auftraggeber sondern durch das Unternehmen gestellt wurde, das gemäß der Information nach § 101a den Zuschlag erhalten soll (Rz. 40). Auch in diesem Fall kann also die Gestattung nur zugunsten des Auftraggebers erfolgen. Es liegt daher auch in der alleinigen Entscheidungszuständigkeit und -verantwortlichkeit, ob der öffentliche Auftraggeber von diesem Recht Gebrauch macht oder davon im Hinblick auf mögliche Schadensersatzansprüche unterlegener Bieter (s. Rz. 73) oder aus sonstigen Gründen absieht. Ein Rechtsanspruch des Unternehmens, das den Antrag gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 gestellt hat, gegen den öffentlichen Auftraggeber, den vorzeitigen Zuschlag zu erteilen, besteht ebensowenig wie auch sonst kein Anspruch auf Zuschlagserteilung besteht (s. hierzu im Zusammenhang mit der Aufhebung einer Ausschreibung § 114 Rz. 26). 7. Form und Inhalt der Entscheidung § 115 Abs. 2 Satz 1 trifft keine besonderen Regelungen zu Form und In- 59 halt der Entscheidung gemäß § 115 Abs. 2. Man wird daher § 114 Abs. 3, also die Regelung zur Entscheidung der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag, sinngemäß anzuwenden haben, zumal auch § 115 Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich von einer Entscheidung der Vergabekammer spricht. Danach ist die Entscheidung als Verwaltungsakt durch die Vergabekam1 VK Arnsberg v. 11.9.2008 – VK 19/08; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 115 Rz. 2425. 2 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 16.

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mer zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen (dazu § 114 Rz. 78 f.)1. 8. Zwei-Wochen-Frist 60 Der Auftraggeber darf den Zuschlag gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 erst zwei Wochen nach Bekanntgabe der vorzeitigen Gestattung erteilen. Die Fristberechnung richtet sich dabei nach § 31 VwVfG (§ 113 Rz. 7). Zudem entbindet die Gestattung des vorzeitigen Zuschlags nicht davon, die anderen Bieter, vor allem also diejenigen, die nicht Beteiligte des Nachprüfungsverfahrens (§ 109) sind, gemäß § 101a zu informieren. 61 Durch die Zwei-Wochen-Frist soll dem Unternehmen, das den Nachprüfungsantrag gestellt hat, Gelegenheit gegeben werden, das Beschwerdegericht anzurufen, damit dieses das Zuschlagsverbot wiederherstellen kann (§ 115 Abs. 2 Satz 5, Rz. 64 ff.)2. Daraus ergibt sich zugleich, dass die Bekanntgabe an den Antragsteller gemeint ist, da es um dessen Rechtsschutzmöglichkeiten geht. Eine Bekanntgabe an den Auftraggeber und/ oder an das Unternehmen, das den Antrag gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 gestellt hat, oder auch nur eine Berechnung der Zwei-Wochen-Frist anhand der Bekanntgabe der Entscheidung an eine dieser Parteien genügt daher nicht3. 62 Ein vor Fristablauf erteilter Zuschlag fällt unter das bis dahin noch fortwirkende Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 und ist daher nichtig (Rz. 31). Der Auftraggeber muss folglich sorgsam prüfen, wann die Zustellung der Gestattung bei dem Antragsteller erfolgt ist. Dies gilt auch für die Ordnungsgemäßheit der Zustellung sowie für die gemäß § 114 Abs. 3 i.V.m. § 61 erforderliche Rechtsmittelbelehrung (zu den Problemen einer fehlerhaften Zustellung oder Rechtsmittelbelehrung Rz. 26 ff.). 9. Rechtsschutzmöglichkeiten 63 Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 8 ist gegen die Entscheidung der Vergabekammer über die Gestattung eines vorzeitigen Zuschlags die sofortige Be1 Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 1102; Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 38; einschränkend Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 38. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 5. 3 Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 5; Storr in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 115 Rz. 20.

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schwerde nach § 116 nicht zulässig. Dies gilt für sämtliche Verfahrensbeteiligten. Daher greift lediglich der spezielle Rechtsschutz, der in § 115 Abs. 2 Satz 5–7 geregelt ist. a) Antragsteller oder sonstige Verfahrensbeteiligte i.S.v. § 109. Gemäß 64 § 115 Abs. 2 Satz 5 kann das Beschwerdegericht, gemeint ist damit das Gericht gemäß § 116 Abs. 3, auf Antrag das Zuschlagsverbot wiederherstellen. Der Gesetzeswortlaut sieht für einen solchen Antrag keine Beschränkung auf das Unternehmen vor, das den Nachprüfungsantrag gestellt hat1. Dies ist folgerichtig, da auch andere Unternehmen durch die vorzeitige Gestattung der Zuschlagserteilung beschwert sein können, soweit es sich nicht um das Unternehmen handelt, das für die Zuschlagserteilung vorgesehen ist. Da diese Unternehmen im Hinblick auf die Hauptsacheentscheidung gemäß § 116 beschwerdeberechtigt sein können, muss dies auch für die gerichtliche Überprüfung der Vorabentscheidung über den Zuschlag gelten2. Hier wie dort bedarf es allerdings einer eigenen Beschwer des betreffenden Verfahrensbeteiligten, da es anderenfalls an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlt3. aa) Form und Frist. Der Antrag auf Wiederherstellung des Zuschlagsver- 65 bots ist an keine Frist gebunden. Allerdings läuft das Zuschlagsverbot zwei Wochen nach Bekanntgabe der vorzeitigen Gestattung des Zuschlags ab (Rz. 60). Der erteilte Zuschlag kann gemäß dem ausdrücklichen Hinweis in § 115 Abs. 2 Satz 5, 2. Halbs. auf § 114 Abs. 2 Satz 1 nicht mehr aufgehoben werden. Da der Antrag auf Wiederherstellung des Zuschlagsverbotes gemäß § 115 Abs. 2 Satz 5 keine über die Zwei-Wochen-Frist hinausgehende Aussetzung des Vergabeverfahrens herbeiführt (s. demgegenüber § 118 Abs. 1 Satz 1 für die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag, s. § 118 Rz. 3)4, muss der Antrag an das Beschwerdegericht schnellstmöglich und unter Hinweis auf die Gefahr einer Zuschlagserteilung gestellt werden, wenn diese verhindert werden soll. Da das Verfahren beim Oberlandesgericht keine Aussetzung des Vergabeverfahrens herbeiführt, muss das Gericht zur Vermeidung des Zuschlags entweder selbst noch innerhalb der Zwei-WochenFrist entscheiden oder aber eine Zwischenverfügung treffen, nach der das

1 Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 228. 2 Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 44; Kus in/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 61; Tilmann, WuW 1999, 342 (344). 3 Storr in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 115 Rz. 21. 4 Opitz , NZBau 2005, 213 (214); Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, Rz. 229 plädiert für eine analoge Anwendung von § 118 Abs. 1 S. 3 GWB.

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Zuschlagsverbot zumindest vorläufig bis zur Entscheidung des Gerichts gemäß § 115 Abs. 2 Satz 5 wiederhergestellt wird1. 66 Für Form und Inhalt des Antrags an das Beschwerdegericht verweist § 115 Abs. 2 Satz 7 auf § 121 Abs. 2 Satz 1 und 2. Danach ist der Antrag schriftlich zu stellen und gleichzeitig zu begründen. Die vorzutragenden Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (s. im Einzelnen § 121 Rz. 7). 67 bb) Entscheidungsprogramm des Beschwerdegerichts. In § 115 Abs. 2 Satz 5 ist das Entscheidungsprogramm des Beschwerdegerichts nicht ausdrücklich geregelt. Allerdings verweist § 115 Abs. 2 Satz 6 für den umgedrehten Fall, dass die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet hat, auf die Voraussetzungen, die in § 115 Abs. 2 Satz 1 bis 4 geregelt sind. Daraus folgt, dass diese Kriterien auch im Rahmen einer Entscheidung des Beschwerdegerichts gemäß § 115 Abs. 2 Satz 5 zugrunde zu legen sind. 68 cc) Mündliche Verhandlung, Entscheidungsinhalt. Das Beschwerdegericht kann über den Antrag auf Wiederherstellung des Zuschlagsverbotes ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 115 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 121 Abs. 3 Satz 2). Gleichwohl ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zulässig. 69 Aus dem Verweis in § 115 Abs. 2 Satz 7 auf § 121 Abs. 3 folgt des Weiteren, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen ist. Ebenfalls ist sie unverzüglich längstens innerhalb von fünf Wochen nach Eingang zu treffen2. Anders als bei § 113 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 116 Abs. 2 2. Halbs. (s. dazu § 113 Rz. 7 sowie § 116 Rz. 14) gilt der Antrag, dass Verbot des Zuschlags wiederherzustellen, jedoch nach Ablauf von fünf Wochen nicht als abgelehnt (s. § 121 Rz. 14). Dies ändert indes nichts daran, dass jedenfalls dann, wenn das Beschwerdegericht keine besondere Zwischenentscheidung getroffen hat, bereits zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 durch die Vergabekammer der Zuschlag erteilt werden darf. Ohne eine solche Zwischenentscheidung wird sich daher der Antrag auf Wiederherstellung des Zuschlagsverbots gemäß § 115 Abs. 2 Satz 5 in der Regel erledigen. Jedenfalls vom praktischen Ergebnis her kommt dies einer (fiktiven) Ablehnung des Antrags gleich. 1 OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – VII-Verg 23/08, VergabeR 2008, 835; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 64; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 41. 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 56 und 59.

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dd) Anwaltszwang. Da § 115 Abs. 2 Satz 7 umfassend auf § 121 Abs. 3 70 verweist, also auch auf § 120, besteht – anders als nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (Einleitung Rz. 4 ff.) – für das Verfahren gemäß § 115 Abs. 2 Satz 5 Anwaltszwang. Der Antrag, das Zuschlagsverbot wiederherzustellen, kann also nicht durch das betreffende Unternehmen selbst gestellt werden (s. im Einzelnen § 120 Rz. 3). Entsprechendes gilt für die anderen Verfahrensbeteiligten1. ee) Folgen der Entscheidung. Bestätigt das Beschwerdegericht die vorzei- 71 tige Gestattung des Zuschlags, bleibt es bei dessen Zulässigkeit (zu dem Fall, dass das Gericht gar nicht oder jedenfalls nicht binnen zwei Wochen nach der Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 entscheidet, s. Rz. 69). Etwas anderes kommt dann in Betracht, wenn zwischenzeitlich die Ver- 72 gabekammer gem. § 114 entschieden hat. Die Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer wird allein durch die vorzeitige Gestattung des Zuschlags nicht entbehrlich, weil sich das Nachprüfungsverfahren allein dadurch noch nicht i.S.v. § 114 Abs. 2 Satz 1 erledigt (dazu § 114 Rz. 40 ff.). Die Vergabekammer muss also das Verfahren – auch unter Berücksichtigung der Beschleunigungsanforderungen gem. § 113 – weiter betreiben, solange sie keine Kenntnis von einer tatsächlichen Erledigung, in der Regel durch Zuschlagserteilung, hat. Ist eine Hauptsacheentscheidung gemäß § 114 Abs. 3 ergangen, bevor der Zuschlag erteilt wurde, geht sie dann, wenn sie dem Nachprüfungsantrag ganz oder zumindest teilweise stattgibt, der Entscheidung über die vorzeitige Gestattung vor. Diese wird also mit der Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer gegenstandslos. Der Auftraggeber muss in diesem Fall gemäß § 121 einen erneuten Antrag auf Vorabentscheidung über den Zuschlag stellen (dazu § 121 Rz. 20)2. Wurde hingegen der Zuschlag erteilt, kann das Verfahren vor der Ver- 73 gabekammer aufgrund der eingetretenen Erledigung gemäß § 114 Abs. 2 allenfalls noch als Fortsetzungsfeststellungsverfahren weitergeführt werden (dazu § 114 Rz. 39 ff.). Ebenfalls kommt bei Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes unmittelbar die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Betracht (dazu § 126 Rz. 12 ff.).

1 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 60. 2 OLG Naumburg v. 15.12.2000 – 1 Verg 11/00, NZBau 2001, 642; so wohl auch Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 41.

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74 Stellt das Beschwerdegericht das Zuschlagsverbot hingegen wieder her, verbleibt es bei den Anforderungen gemäß § 115 Abs. 1. 75 b) Auftraggeber und Unternehmen, das nach § 101a für die Zuschlagserteilung benannt wurde. Gibt die Vergabekammer dem Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags nicht statt, kann der öffentliche Auftraggeber gemäß § 115 Abs. 2 Satz 6 einen entsprechenden Antrag an das Beschwerdegericht richten. Die vorstehenden Erläuterungen (Rz. 33 ff.) gelten dafür sinngemäß. Das gerichtliche Entscheidungsprogramm richtet sich gemäß dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nach § 115 Abs. 2 Satz 1–4 (für den Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens o. Rz. 47). 76 § 115 Abs. 2 Satz 6 spricht ausdrücklich davon, dass das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers den sofortigen Zuschlag gestatten kann. Anders als in § 115 Abs. 2 Satz 1 ist dort das Unternehmen, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, nicht erwähnt. Auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz, mit dem die Erweiterung in § 115 Abs. 2 Satz 1 eingeführt wurde (s. Rz. 4), ergibt sich dazu nichts1. Eine Erweiterung des Kreises möglicher Antragsteller für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht wird dort nicht erwähnt. Man wird daraus die Schlussfolgerung ziehen müssen, dass es sich nicht um ein bloßes Redaktionsversehen handelt, bei dem lediglich die Folgeänderung in § 115 Abs. 2 Satz 6 versehentlich unterblieben ist. Zudem ist der Gesetzeswortlaut eindeutig. Er gestattet einen Antrag des zur Zuschlagserteilung vorgesehenen Unternehmens an das Beschwerdegericht gemäß § 115 Abs. 2 Satz 6 nicht. Er wäre daher unzulässig. 77 Wenn das Beschwerdegericht dem Antrag des öffentlichen Auftraggebers auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags stattgibt, kann dieser sofort erteilt werden. Eine Zwei-Wochen-Frist wie bei der Entscheidung der Vergabekammer ist in diesem Fall mangels weiterer Rechtsschutzmöglichkeiten für die anderen Verfahrensbeteiligten nicht einzuhalten2. 78 Auch in diesem Fall gilt allerdings, dass die vorzeitige Gestattung gemäß § 115 Abs. 2 Satz 6 dann nicht eingreift, wenn zwischenzeitlich die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 114 in der Hauptsache vorliegt und diese einer Zuschlagserteilung entgegensteht (Rz. 72). In diesem Fall muss der Auftraggeber gemäß § 116 sofortige Beschwerde einlegen und gemäß § 121 ggf. eine Vorabentscheidung über den Zuschlag beantragen. 1 BT-Drucks. 16/10117, S. 23. 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 65; Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 8.

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IV. Entfall des Zuschlagsverbots bei Aufträgen gemäß § 100 Abs. 2 lit. d) 1. Auslösung des Zuschlagsverbots Aufträge gemäß § 100 Abs. 2 lit. d) fallen nicht in den Anwendungs- 79 bereich des Kartellvergaberechts (s. § 100 Rz. 23, 37). Sie müssen daher nicht EU-weit ausgeschrieben werden. Zudem sind die Vergabekammern und Vergabesenate nicht für eine Überprüfung zuständig. Eine solche Zuständigkeit kann auch nicht dadurch begründet werden, dass der öffentliche Auftraggeber ohne eine diesbezügliche Rechtspflicht ein EUweites Ausschreibungsverfahren durchführt (s. § 102 Rz. 18). Dennoch ist es Unternehmen nicht untersagt, einen Nachprüfungs- 80 antrag an die Vergabekammer zu stellen. Dies kann insbesondere in den Fällen gerechtfertigt sein, in denen Zweifel bestehen, ob die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d) (dazu im Einzelnen § 100 Rz. 37 ff.) überhaupt vorliegen. Geht der öffentliche Auftraggeber davon zu Unrecht aus und unterlässt er aus diesem Grunde ein EU-weites Ausschreibungsverfahren, liegt darin ein Vergaberechtsverstoß zu Lasten der davon betroffenen Unternehmen. Ob ein bestimmter Auftrag unter § 100 Abs. 2 lit. d) fällt, kann schon im 81 Hinblick auf die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe, die in der Vorschrift Verwendung finden, zweifelhaft sein. Zumindest ist dies häufig nicht in einer Weise offensichtlich, dass die Vergabekammer berechtigt wäre, von der Auslösung des Zuschlagsverbots gemäß § 115 Abs. 1 abzusehen, wenn ein Unternehmen einen Nachprüfungsantrag mit der Begründung einreicht, eine an sich erforderliche Ausschreibung sei unterblieben. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet es in derartigen Fällen vielmehr, zunächst das Zuschlagsverbot auszulösen und auf diese Weise eine Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern. 2. Beseitigung des Zuschlagsverbots Zwar unterliegt die Auslösung des Zuschlagsverbots gemäß § 115 Abs. 1 82 auch in den von Abs. 4 der Vorschrift geregelten Fällen keinen besonderen oder zusätzlichen Voraussetzungen. Allerdings kann das Zuschlagsverbot durch den öffentlichen Auftraggeber hier selbst ohne besondere Schwierigkeiten wieder beseitigt werden. Dafür genügt ein entsprechender Schriftsatz an die Vergabekammer, nachdem der öffentliche Auftraggeber gemäß § 115 Abs. 1 über den Antrag auf Nachprüfung informiert wurde. Da in § 115 Abs. 4 Satz 1 ausdrücklich von einem Schriftsatz des öffent- 83 lichen Auftraggebers an die Vergabekammer die Rede ist, genügt es Reidt

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nicht, wenn lediglich mündlich geltend gemacht wird, dass die Voraussetzungen nach § 100 Abs. 2 lit. d) vorliegen. Hingegen ist die Art und Weise der Übermittlung des Schriftsatzes an die Vergabekammer ohne Bedeutung (s. zu den Übermittlungsmöglichkeiten § 110 Rz. 35 ff.). 84 Eine besondere Frist für den öffentlichen Auftraggeber, sich auf § 115 Abs. 4 zu berufen, besteht nicht. Dies kann also während der gesamten Dauer des Nachprüfungsverfahrens erfolgen. Ebenso ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, etwa bei zweifelhafter Rechtslage, gänzlich davon abzusehen, sich auf diese Möglichkeit zu berufen oder, sofern dies erfolgt ist, vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens tatsächlich den Zuschlag zu erteilen. 85 Die Vergabekammer hat gemäß § 115 Abs. 4 Satz 1 2. Halbs. den Schriftsatz des öffentlichen Auftraggebers, mit dem die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d) geltend gemacht werden, unverzüglich nach Eingang dem Antragsteller zuzustellen. Sie hat weder das Recht, noch die Pflicht, zuvor noch zu prüfen, ob die betreffenden Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind1. Daraus folgt zugleich, dass der öffentliche Auftraggeber keine weitere Begründung in seinen Schriftsatz aufnehmen muss. Es genügt vielmehr, wenn er sich darauf beruft, dass die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d) vorliegen. Der Begriff unverzüglich macht deutlich, dass die Zustellung ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen hat (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, s. auch § 107 Rz. 4, 53). Da die Vergabekammer keine besondere Prüfungspflicht hat, bedeutet dies in der Regel, dass die Zustellung an den Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens sofort zu veranlassen ist, sobald sich die Vergabekammer davon überzeugt hat, dass sich der öffentliche Auftraggeber in einem bei ihr eingegangenen Schriftsatz zu einem anhängigen Nachprüfungsverfahren auf die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d) beruft. Er muss lediglich geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d) vorliegen und dass aus diesem Grunde das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 entfallen soll. Für die Zustellung gilt § 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61, d.h. die Zustellung ist nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes vorzunehmen (vgl. § 114 Rz. 78 f.). Da lediglich der Schriftsatz des öffentlichen Auftraggebers zuzustellen ist, nicht hingegen eine gesonderte und eigenständige Entscheidung, ist eine Rechtsmittelbelehrung durch die Vergabekammer nicht erforderlich. Allerdings ist es zulässig und im Hinblick auf die Verfahrensfairness in der Regel auch geboten, 1 Brauer, NZBau 2009, 297 (299); Stoye/v. Münchhausen, VergabeR 2008, 871 (877).

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den Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens auf die Rechtsschutzmöglichkeiten des § 115 Abs. 4 Satz 2 hinzuweisen. Das Zuschlagsverbot entfällt zwei Kalendertage nach Zustellung des 86 Schriftsatzes des öffentlichen Auftraggebers bei dem Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens. Für die Fristbestimmung gilt § 31 VwVfG (vgl. Rz. 60). Erfolgt die Zustellung nicht oder nicht ordnungsgemäß, entfällt das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 nicht oder zumindest verspätet (vgl. § 114 Rz. 79). Ein zuvor bereits erteilter Zuschlag verstößt dann gegen § 115 Abs. 1 und ist aus diesem Grunde nichtig (Rz. 31). Sofern dem Nachprüfungsverfahren bereits andere Unternehmen beigela- 87 den sind, müssen sie ebenfalls über den Schriftsatz des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 115 Abs. 4 Satz 1 unterrichtet werden. Ihnen gegenüber ist eine förmliche Zustellung hingegen nicht erforderlich. Ebensowenig muss ihnen gegenüber eine bestimmte Frist vor der Zuschlagserteilung abgewartet werden. 3. Rechtsfolgen für das anhängige Nachprüfungsverfahren Die Geltendmachung der Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d) und 88 auch die Zustellung des entsprechenden Schriftsatzes durch die Vergabekammer an den Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens lassen die sonstigen Verpflichtungen des öffentlichen Auftraggebers unberührt. Insbesondere verbleibt es dabei, dass er der Vergabekammer gemäß § 110 Abs. 2 Satz 4 die Vergabeakten zur Verfügung zu stellen hat (s. § 110 Rz. 42 ff., auch zu diesbezüglichen Einschränkungen). Ebenso ist die Vergabekammer weiterhin verpflichtet, das Nachprüfungsverfahren zu betreiben und dabei auch den durch § 113 Abs. 1 gesetzten Zeitrahmen einzuhalten. Etwas anderes gilt erst dann, wenn sich durch die tatsächlich erfolgte Zuschlagserteilung das Nachprüfungsverfahren erledigt hat (vgl. zur vorzeitigen Gestattung des Zuschlags gemäß § 115 Abs. 2 vorstehend unter Rz. 33 ff.). In diesem Fall verbleibt es allerdings bei der Möglichkeit, dass der Antragsteller einen Feststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 stellt (§ 114 Rz. 39 ff.). 4. Rechtsschutzmöglichkeiten a) Antragsteller. § 115 Abs. 4 Satz 2 bestimmt, dass das Beschwerde- 89 gericht das Zuschlagsverbot auf Antrag wieder herstellen kann. Antragsberechtigt ist dabei allein das Unternehmen, das den Nachprüfungsantrag gestellt hat und dem dementsprechend auch der Schriftsatz des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 115 Abs. 4 Satz 1 zugestellt werden Reidt

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musste. Für dieses Verfahren gelten gemäß § 115 Abs. 4 Satz 3, § 121 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 sowie Abs. 3 und 4 entsprechend. Es kann daher auf die diesbezügliche Kommentierung sowie auf die vorstehenden Ausführungen unter Rz. 63 ff. zur vorzeitigen Gestattung des Zuschlags gemäß § 115 Abs. 2 verwiesen werden. 90 Zu berücksichtigen ist, dass das Zuschlagsverbot bereits zwei Tage nach Zustellung des entsprechenden Schriftsatzes entfällt. Die Frist für den Antragsteller, gegenüber dem Beschwerdegericht geltend zu machen, dass entgegen den Behauptungen des öffentlichen Auftraggebers doch ein ausschreibungspflichtiger Auftrag vorliegt, der nicht unter § 100 Abs. 2 lit. d) fällt, ist also extrem kurz und daher im Hinblick auf die gebotene Effektivität des Rechtsschutzes in hohem Maße bedenklich (vgl. zur Kritik des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz Rz. 4)1. Dies gilt um so mehr deshalb, weil es nicht genügt, dass der Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 115 Abs. 4 Satz 2 einen Antrag an das Beschwerdegericht stellt. Dieses muss vielmehr innerhalb dieser Frist auch entscheiden oder aber zumindest eine Zwischenverfügung erlassen (vgl. zum Fall der vorzeitigen Gestattung der Zuschlagserteilung gemäß § 115 Abs. 2 vorstehend unter Rz. 65). Zudem ist auch hier zu berücksichtigen, dass das antragstellende Unternehmen sich nicht selbst an das Beschwerdegericht richten kann sondern – anders als in dem Verfahren vor der Vergabekammer – Anwaltszwang besteht (§ 121 Abs. 3 i.V.m. § 120, s. vorstehend unter Rz. 70). 91 b) Öffentlicher Auftraggeber. Keine besonderen Rechtsschutzmöglichkeiten sind für den öffentlichen Auftraggeber für den Fall vorgesehen, dass die Vergabekammer zu Unrecht von einer Zustellung des Schriftsatzes gemäß § 115 Abs. 4 Satz 1 absieht. In diesem (theoretischen) Fall wird man nicht annehmen können, dass auch ohne Zustellung des Schriftsatzes an den Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 entfällt, etwa weil der öffentliche Auftraggeber selbst den Antragsteller darüber informiert hat, dass er sich auf einen Fall des § 100 Abs. 2 lit. d) beruft (vgl. vorstehend zur fehlerhaften Zustellung des Schriftsatzes Rz. 86). Denn die Einschränkung des effektiven Rechtsschutzes ist zu Lasten des Antragstellers allein daran geknüpft, dass eine Zustellung durch die Vergabekammer, also durch eine von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängig Instanz, erfolgt. Stattdes1 Bedenken hinsichtlich der Konformität mit dem Gemeinschaftsrecht äußern auch Wiedemann, VergabeR 2009, 302 (313); Stoye/v. Münchhausen, VergabeR 2008, 871 (877 f.); Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 77.

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sen wird man für einen solchen Fall dem öffentlichen Auftraggeber das Recht einräumen müssen, selbst in entsprechender Anwendung von § 115 Abs. 4 Satz 2 und § 115 Abs. 2 Satz 6 einen Antrag an das Beschwerdegericht zu richten, die sofortige Zuschlagserteilung zu gestatten. V. Sonstige Maßnahmen (§ 115 Abs. 3) Wenn die Rechte des Antragstellers i.S.v. § 97 Abs. 7 auf andere Weise als 92 durch den drohenden Zuschlag gefährdet sind, darf die Vergabekammer auf dessen besonderen Antrag hin nach Maßgabe der Entscheidungskriterien aus § 115 Abs. 2 Satz 1 auch mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Auch wenn ein diesbezüglicher Hinweis im Gesetzestext fehlt, ist darüber hinaus anerkannt, dass das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren ebenfalls unter analoger Anwendung des § 115 Abs. 3 zum Erlass weiterer vorläufiger Maßnahmen befugt ist1. 1. Rechte aus § 97 Abs. 7 Betroffen sein müssen subjektive Rechte des Antragstellers i.S.v. § 97 93 Abs. 7 (s. § 97 Rz. 129). Eine Beeinträchtigung in sonstigen Rechtspositionen reicht also nicht aus. Es muss sich dabei um Rechte des Antragstellers handeln, d.h. dieser muss sich in dem konkreten Fall auf die in Rede stehenden subjektiven Bieterrechte auch berufen können (vgl. § 114 Rz. 11). Es genügt also auch hier nicht, wenn ein Dritter in subjektiven Rechten gefährdet ist. Dies gilt auch im Hinblick auf ggf. bereits dem Nachprüfungsverfahren beigeladene andere Unternehmen, so dass diese nicht antragsberechtigt sind2. 2. Rechtsgefährdung Subjektive Rechte des Antragstellers müssen auf andere Weise als durch 94 den drohenden Zuschlag gefährdet sein. Gefährdung ist mehr als die bloße Möglichkeit und weniger als eine bereits feststehende Rechtsverletzung. Es kommt daher auf die ernsthafte Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung an. 1 OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – VII Verg 23/08, VergabeR 2008, 835; OLG Naumburg v. 31.7.2006 – 1 Verg 6/06, ZfBR 2006, 811; Wiedemann, VergabeR 2009, 302 (317); Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 67; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 22. 2 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 66.

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95 Die Gefährdung ist dabei vor dem Hintergrund zu sehen, dass § 115 Abs. 3 eine ordnungsgemäße Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 114 sichern soll1. Es ist daher zu gewährleisten, dass dem Antragsteller nicht der gesetzlich vorgesehene Primärrechtsschutz genommen wird2. Dies ergibt sich sowohl aus der systematischen Stellung der Bestimmung als auch aus dem in § 115 Abs. 3 Satz 2 geregelten Beurteilungsmaßstab, der auf das Entscheidungsprogramm des § 115 Abs. 2 Satz 1 verweist (s. noch Rz. 103). 96 Daraus folgt zum einen, dass etwaige geltend gemachte Rechtsverstöße außerhalb des Vergaberechts auch im Rahmen des § 115 Abs. 3 keine Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für dem Vergabeverfahren vorgelagerte Sachverhalte, bei denen keine subjektiven Bieterrechte i.S.v. § 97 Abs. 7 in Rede stehen, weil Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht betroffen sind (z.B. Bildung eines unzulässigen Nachfragekartells, § 104 Rz. 10). In einem solchen Fall greifen allein die wettbewerbsrechtlichen oder allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsmöglichkeiten. 97 Aber auch darüber hinaus ist zu sehen, dass sich § 115 Abs. 3 Satz 1 nur auf Rechte des Antragstellers im Vergabeverfahren bezieht. Gemeint ist damit eine Rechtsgefährdung in dem konkreten Vergabeverfahren, für das das Nachprüfungsverfahren anhängig ist. Demgemäß kann z.B. nicht über § 115 Abs. 3 erreicht werden, dass die Vergabekammer die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens durch den Auftraggeber untersagt3. Insbesondere gilt dies selbstverständlich dann, wenn dieses neue Verfahren gerade dazu dienen soll, etwaige gerügte oder auch sonstige Vergabefehler zu beseitigen. Fühlt sich der Antragsteller durch ein solches neues Verfahren in Rechten beeinträchtigt, muss er dagegen ggf. erneut und eigenständig vorgehen. Ebenfalls kann die Vergabekammer dem Auftraggeber auf der Grundlage des § 115 Abs. 3 weder aufgeben, das Vergabeverfahren vollständig abzubrechen, noch kann sie den Auftraggeber dazu zwingen, ein Vergabeverfahren weiterzuführen, wenn der Auftraggeber die Ausschreibung ohne Zuschlagserteilung beenden möchte. Dies gilt selbst dann, wenn die diesbezüglichen Voraussetzungen (s. etwa § 17 VOB/A) nicht vorliegen. Denn in beiden Fällen handelt es sich nicht um vorläufige Maßnahmen i.S.v. § 115 Abs. 3 Satz 1, sondern um endgültige Entscheidungen, die gerade nicht vorgesehen sind (s. auch § 114 Rz. 48)4. 1 OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – VII-Verg 46/08, VergabeR 2009, 173; Storr in Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, § 115 Rz. 24; Weyand, IBRonline-Kommentar, Vergaberecht, § 115 Rz. 2465/1. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 10. 3 So aber Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 10. 4 A.A. Willenbruch, NVwZ 1999, 1062 (1064).

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Möglich sind im Rahmen des § 115 Abs. 3 daher in erster Linie Maßnah- 98 men hinsichtlich solcher Handlungen des öffentlichen Auftraggebers, die nicht unmittelbar den nach der Information über den Nachprüfungsantrag gemäß § 115 Abs. 1 ohnehin unwirksamen Zuschlag betreffen, die jedoch dazu geeignet sind, für Konkurrenzunternehmen des Antragstellers die Aussichten auf eine Zuschlagserteilung in unzulässiger Weise zu erhöhen1. Dazu kann etwa die vorläufige Untersagung gehören, mit einzelnen Unternehmen Aufklärungsgespräche zu führen, ihnen Unterlagen zur Verfügung zu stellen oder sonstige Maßnahmen zu treffen, die letztlich für das weitere Verfahren zu einem Wettbewerbsvorsprung führen könnten (s. auch Rz. 14)2. 3. Besonderer Antrag Weitere vorläufige Maßnahmen kann die Vergabekammer nach dem Ge- 99 setzeswortlaut nur auf besonderen Antrag des Antragstellers, nicht hingegen eines weiteren Verfahrensbeteiligten, hin treffen (s. aber noch Rz. 100)3. Der Antrag ist nur solange zulässig, wie die Vergabekammer für das Verfahren zuständig ist, also bis zum Abschluß des Nachprüfungsverfahrens (vgl. Rz. 43)4. Er setzt ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse voraus. Dies macht es erforderlich, dass der Antragsteller mit einer Entscheidung gemäß § 115 Abs. 3 seine Rechtsposition tatsächlich verbessern kann.5 Danach muss er, soweit ein Beschwerdeverfahren (noch) anhängig ist, an das Beschwerdegericht gerichtet werden (s. vorstehend Rz. 92). Wenn ein Antrag gemäß § 115 Abs. 3 gestellt wurde, muss sich die Vergabekammer unter Berücksichtigung der Entscheidungskriterien des § 115 Abs. 2 Satz 1 zwingend mit der Frage auseinandersetzen, ob sie vorläufige Maßnahmen trifft oder nicht. Sie kann dies also nicht allein mit der Erwägung auf sich beruhen lassen, dass ein rechtswirksamer Zuschlag ohnehin nicht erteilt werden könne (Rz. 31) und etwaige weitere Vergaberechtsverstöße noch im weiteren Verfahren berücksichtigt werden können, wenngleich dies durchaus beachtliche Gesichtspunkte im Rahmen des § 115 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Satz 1 sind. 1 Müller-Wrede in Müller-Wrede, Kompendium des Vergaberechts, Kap. 26, Rz. 38. 2 Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 10; Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 1105; Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 61 f. 3 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 66; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 49; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 58. 4 Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rz. 67; Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 11. 5 VK Hessen v. 7.3.2008 – 69d. VK-11/2008.

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100 Möglich ist es für die Vergabekammer allerdings auch, ohne einen solchen Antrag von Amts wegen oder auch auf Anregung eines anderen Verfahrensbeteiligten auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken, was sich zwar nicht aus § 115 Abs. 3, aber aus § 114 Abs. 1 ergibt (dazu § 114 Rz. 17 ff.). Dies schließt auch nur vorläufig wirkende Maßnahmen ein. Allerdings muss sich die Vergabekammer ohne einen entsprechenden Antrag nicht gezielt mit der Möglichkeit derartiger Maßnahmen auseinandersetzen, sofern sich diese nicht im Einzelfall als notwendig aufdrängen. 101 Der nach § 115 Abs. 3 Satz 1 erforderliche besondere Antrag kann gezielt die Maßnahmen benennen, die durch die Vergabekammer getroffen werden sollen. Notwendig ist dies indes nicht, da die Vergabekammer auch in diesem Fall nicht an den gestellten Antrag gebunden ist (vgl. § 114 Abs. 2, dazu § 114 Rz. 16). Es genügt folglich eine Darlegung der nach Ansicht des Antragstellers zu besorgenden Gefährdung seiner subjektiven Rechte gemäß § 97 Abs. 7 und die Formulierung des Anliegens, dass die Vergabekammer dagegen mit vorläufigen Maßnahmen einschreitet. 102 Der Antrag ist an keine besondere Form oder Frist gebunden. Auch bedarf er keiner besonderen Begründung. Eine solche ist allerdings schon im eigenen Interesse des Antragstellers in aller Regel sinnvoll. 4. Entscheidungsprogramm 103 Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 hat die Vergabekammer bei ihrer Entscheidung, ob sie vorläufige Maßnahmen trifft oder nicht, den Beurteilungsmaßstab des § 115 Abs. 2 Satz 1 zugrunde zu legen. Der Verweis ist ungenau. Es kann sich dabei nur um eine sinngemäße Heranziehung des Beurteilungsmaßstabs gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 handeln. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es im Rahmen von § 115 Abs. 2 um die vorzeitige Gestattung des endgültigen Zuschlags geht, während sich § 115 Abs. 3 lediglich auf vorläufige Maßnahmen bezieht. Zudem geht es bei § 115 Abs. 3 um Schutzmaßnahmen zugunsten des Antragstellers, der das Nachprüfungsverfahren beantragt hat, während § 115 Abs. 2 eine Vorabentscheidung zu seinen Lasten betrifft. Gemeint ist daher mit dem Verweis lediglich, dass eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zu erfolgen hat. 104 Der Entscheidungsmaßstab zugunsten derartiger Maßnahmen ist sehr viel großzügiger als im Rahmen von § 115 Abs. 2 (s. dazu Rz. 67). Denn während die Maßnahmen gemäß § 115 Abs. 3 die Rechte des Antragstellers wahren sollen und demgemäß der Effektivität des Rechtsschutzes 706

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dienen, soll diese im Rahmen von § 115 Abs. 2 gerade eingeschränkt werden. 5. In Betracht kommende Maßnahmen Die Vergabekammer kann durch vorläufige Maßnahmen in das Ver- 105 gabeverfahren eingreifen. Diese dürfen also nicht weiter reichen als eine mögliche endgültige Entscheidung der Vergabekammer1. Es muss sich um Maßnahmen vor Abschluss des Vergabeverfahrens, also in der Regel vor einer wirksamen Zuschlagserteilung, handeln (z.B. Verbot, den Submissionstermin durchzuführen)2. Des Weiteren muss es um Maßnahmen im Zusammenhang mit der konkreten Vergabe gehen. Es scheiden daher etwaige Regelungen aus, die außerhalb des Vergaberechts stehen oder die keinen Bezug zu dem konkreten Vergabeverfahren haben (Rz. 97). Auch muss es sich um hinreichend bestimmte und damit vollstreckungsfähige Anordnungen handeln (s. noch Rz. 108 f.)3. Im äußersten Fall kann dies eine Entscheidung sein, mit der dem Auftraggeber aufgegeben wird, bis zum Abschluss des Nachprüfungsverfahrens keine Aktivitäten mehr hinsichtlich der Auftragsvergabe zu entfalten (keine interne Angebotsbewertung o.ä.).4 6. Form und Inhalt der Entscheidung § 115 Abs. 3 regelt nicht, in welcher Weise die Entscheidung der Vergabe- 106 kammer zu ergehen hat. Da sie gerade dann, wenn bestimmte Maßnahmen gegenüber dem Auftraggeber angeordnet werden, Regelungscharakter hat, der ggf. auch einer Durchsetzung und Vollstreckung bedarf, wird man diese Entscheidung letztlich nicht anders behandeln können als Entscheidungen der Vergabekammer gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 (Rz. 59) und § 114 Abs. 3, zumal in beiden Fällen ebenfalls von einer Entscheidung der Vergabekammer die Rede ist5. Die Entscheidung muss daher schriftlich erfolgen und mit einer Begründung versehen sein. Aufgrund des vorläufigen Charakters der Entscheidung sowie der fehlenden selb1 OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – VII-Verg 46/08, VergabeR 2009, 173; Otting in Bechtold, GWB, § 115 Rz. 10. 2 VK Brandenburg v. 23.2.2010 – VK 8/10. 3 Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 67; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 51. 4 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 22. 5 I.E. wohl auch Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 115 Rz. 51, a.A. Boesen, Vergaberecht, § 115 Rz. 62, 67.

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ständigen Anfechtbarkeit (Rz. 107) sind jedoch an die Begründung keine besonders hohen Anforderungen zu stellen (s. im übrigen zur Entscheidung der Vergabekammer § 114 Rz. 63 sowie vorstehend unter Rz. 59). 7. Rechtsschutzmöglichkeiten 107 Gesonderte Rechtsschutzmöglichkeiten gegen vorläufige Entscheidungen der Vergabekammer nach § 115 Abs. 3 bestehen nach Satz 3 der Regelung nicht1. Dies gilt für alle Verfahrensbeteiligten im Sinne von § 109 und auch unabhängig davon, ob dem Antrag stattgegeben wurde oder nicht. 8. Vollstreckung 108 Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 4 kann die Vergabekammer die von ihr getroffenen weiteren vorläufigen Maßnahmen vollstrecken. Anzuwenden sind dabei ebenso wie bei § 114 Abs. 3 die Verwaltungsvollstreckungsgesetze des Bundes und der Länder (s. § 114 Rz. 83). Die Regelung in § 115 Abs. 3 Satz 4 2. Halbs., nach der die von der Vergabekammer angeordneten vorläufigen Maßnahmen sofort vollziehbar sind, hat deshalb eigenständige Bedeutung, weil Entscheidungen über vorläufige Maßnahmen nicht generell unanfechtbar sind. Allerdings bestimmt § 115 Abs. 3 Satz 3, dass sie nicht selbständig anfechtbar sind. Vorläufige Maßnahmen können auch über die Hauptsacheentscheidung gemäß § 114 Abs. 3 hinausgehend Wirkung entfalten (z.B. die Anordnung, mit einem Bieter bis zur Bestandskraft der Entscheidung der Vergabekammer keine Gespräche zu führen). Wird durch den öffentlichen Auftraggeber eine zu seinen Lasten gehende Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer mittels der sofortigen Beschwerde angefochten und erstreckt sich diese Beschwerde auch auf die vorläufige Maßnahme, ergibt sich die Vollstreckbarkeit der angeordneten vorläufigen Maßnahme – trotz laufenden Beschwerdeverfahrens – noch immer aus § 115 Abs. 3 Satz 4 2. Halbs. 109 Ebenso wie im Rahmen von § 114 Abs. 3 gilt abweichend von den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder § 86a Satz 2 mit der dort geregelten Spanne für Zwangsgelder zwischen 1 000 Euro und 10 000 000 Euro (s. § 114 Rz. 83).

1 Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 115 Rz. 23.

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Ausschluss von abweichendem Landesrecht

Ausschluss von abweichendem Landesrecht

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Soweit dieser Unterabschnitt Regelungen zum Verwaltungsverfahren enthält, darf hiervon durch Landesrecht nicht abgewichen werden. I. Einführung 1. Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . 2. Entstehungsgeschichte . . . . .

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II. Ausschluss landesrechtlicher Regelungen zum Verwaltungsverfahren . . . . . III. Materielles Recht . . . . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 115a regelt eine Sperrwirkung für landesrechtliche Vorschriften, soweit 1 es um den zweiten Unterabschnitt des zweiten Abschnitts im 4. Teil des GWB geht, also um die §§ 107 bis 115. 2. Entstehungsgeschichte § 115a wurde mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (Einleitung 2 Rz. 4 ff.) in den 4. Teil des GWB eingefügt. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung1 sah zunächst vor, die Regelung als § 132 neu aufzunehmen. Aufgrund einer Empfehlung des Bundesrates wurde die Regelung jedoch inhaltlich unverändert an das Ende des zweiten Unterabschnitts verschoben. Damit sollte klargestellt werden, dass die Länder in anderen Fällen, in denen das GWB Regelungen zum Verwaltungsverfahren enthält, davon abweichen dürfen, sofern dort nicht seinerseits etwas Abweichendes geregelt ist. Dem hat sich die Bundesregierung angeschlossen2. Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs will der Bundes- 3 gesetzgeber mit § 115a von der Möglichkeit des Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG3 Gebrauch machen, um eine bundeseinheitliche Regelung des Verwaltungsverfahrens vor der Vergabekammer sicherzustellen. Die Regelung war im Hinblick auf die Änderung des Art. 84 GG durch die Förderalismusreform4 notwendig geworden. Durch sie sollen Abweichungen im Verfahrensablauf vermieden werden, die ein hohes Maß an Rechts1 BT-Drucks. 16/10117. 2 BT-Drucks. 16/10117. 3 S. zu den Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift Pieroth in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 84 Rz. 11 ff. 4 Gesetz v. 28.8.2006, BGBl. I, S. 2034.

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unsicherheit zur Folge hätten. Für deren Vermeidung bestehe deshalb ein besonderes Bedürfnis i.S.v. § 84 Abs. 1 Satz 5 GG, weil sich Unternehmen länderübergreifend bei öffentlichen Auftraggebern auf Landesebene und kommunaler Ebene bewerben und das Erfordernis, sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher landesrechtlicher Regelungen des Nachprüfungsverfahrens einzustellen, eine erhebliche wirtschaftliche Belastung – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen – darstellen bzw. die Wahrnehmung des Rechtsschutzes faktisch behindern würde. Die Zustimmung des Bundesrates zu der Regelung (Art. 84 Abs. 1 Satz 6 GG) wurde eingeholt1. II. Ausschluss landesrechtlicher Regelungen zum Verwaltungsverfahren 4 § 115a beschränkt sich ausschließlich auf den zweiten Unterabschnitt des zweiten Abschnitts, also auf die §§ 107 bis 115 (s. Rz. 1). Soweit Regelungen zum Verwaltungsverfahren außerhalb dieses Unterabschnitts existieren, bleiben sie von § 115a unberührt. Dies gilt sowohl für den 4. Teil des GWB als auch für das GWB insgesamt. Bedeutung hat dies etwa für die Frage, ob die Länder neben den Vergabekammern auch Vergabeprüfstellen einrichten dürfen, die seit Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (Einleitung Rz. 4 ff.) in § 103 nicht mehr gesondert geregelt sind (s. hierzu § 102 Rz. 15). 5 § 115a bezieht sich auf sämtliche für das Verfahren vor der Vergabekammer maßgeblichen Verfahrensregelungen. Die Länder können also nicht beispielsweise die Antragsgebundenheit des Nachprüfungsverfahrens (§ 107 Abs. 1), die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung (§ 112) oder die Notwendigkeit, innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Nachprüfungsantrags zu entscheiden (§ 113 Abs. 1 Satz 1), aufheben oder auch nur modifizieren. 6 Soweit das Verwaltungsverfahren nicht in den §§ 107 bis 115 selbst oder mittels eines ausdrücklichen Verweises auf Vorschriften außerhalb des zweiten Unterabschnitts geregelt ist (s. insbesondere § 110 Abs. 2 Satz 5 und § 114 Abs. 3 Satz 3), steht § 115a divergierendem Landesrecht nicht entgegen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den §§ 107 bis 115 um spezialgesetzliche Vorschriften zum Verwaltungsverfahren handelt. Soweit diese nicht abschließend sind, gelten das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes sowie die jedenfalls teilweise unterschiedlichen Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder (s. bereits Vor 1 Zustimmungs-Beschluss des Bundesrats v. 13.2.2009 - BR-Drucks. 35/09.

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Ausschluss von abweichendem Landesrecht

§§ 102–124 Rz. 3). Die Ländergesetze gelten gemäß § 1 Abs. 3 VwVfG (Bund), wenn es, wie hier beim 4. Teil des GWB, um die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder geht und die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, also auch der Vergabekammern, landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist. Folge ist, dass nur die wesentlichen Verfahrensgrundsätze bundesein- 7 heitlich durch die §§ 107 bis 115 ausgestaltet sind. Details, die der zweite Unterabschnitt selbst nicht regelt, z.B. Einzelheiten zum Verlauf der mündlichen Verhandlung (s. § 112 Rz. 7), können also durchaus divergieren. Entsprechendes gilt für die Verwaltungsvollstreckung, für die § 114 Abs. 3 Satz 2 lediglich bestimmt, dass sie auch gegen Hoheitsträger möglich ist. Im Übrigen richten sich die Einzelheiten nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. III. Materielles Recht § 115a bezieht sich nicht auf materiell-rechtliche Regelungen des zwei- 8 ten Unterabschnitts oder des 4. Teils des GWB insgesamt. Gleichwohl sind die Länder nicht berechtigt, das materielle Kartellvergaberecht, etwa die Grundsatzbestimmungen in § 97, aufzuheben oder auch nur zu modifizieren. Dies schließt auch die Regelungen im ersten Unterabschnitt des zweiten Abschnitts (§§ 102 bis 106) ein, soweit sie keine verfahrensrechtlichen, sondern materiell-rechtliche Bestimmungen enthalten. Dies gilt insbesondere für die Aufgabenzuweisung in § 104 sowie die Vorschriften zur Besetzung und Unabhängigkeit der Vergabekammern in § 105. Eine gesonderte Regelung dazu, dass die Länder keine abweichenden ma- 9 teriell-rechtlichen Bestimmungen treffen dürfen, ist nicht erforderlich. Die materiell-rechtlichen Vorschriften beruhen auf der Kompetenz des Bundes zur konkurrierenden Gesetzgebung gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 11 (Recht der Wirtschaft) und Nr. 16 GG (Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung) sowie im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (gerichtliches Verfahren)1. Abweichende Landesregelungen sind daher gemäß Art. 72 Abs. 1 GG im Hinblick auf das materielle Kartellvergaberecht nicht möglich. Abweichungen kommen nur in Betracht, solange und soweit der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat2. Daher 1 BT-Drucks. 16/10117, S.14. 2 S. zu Voraussetzungen, Reichweite und Rechtsfolgen der „Sperrwirkung“ etwa Degenhart in Sachs, Grundgesetz, Art. 72 Rz. 24 ff.

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Sofortige Beschwerde

bestehen Regelungsmöglichkeiten zum materiellen Recht insbesondere unterhalb der Schwellenwerte gemäß § 100 Abs. 1 (s. zu den Schwellenwerten s. § 100 Rz. 7; zur Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte s. Einl. Rz. 22 ff. sowie § 100 Rz. 11 ff.) sowie in den Grenzen des § 97 Abs. 4 (s. § 97 Rz. 62 ff.).

III. Sofortige Beschwerde Vorbemerkung zu §§ 116–124 I. Überblick 1 Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann sofortige Beschwerde zum OLG eingelegt werden. Nur ausnahmsweise sind die Landessozialgerichte zuständig (§ 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2, vgl. § 116 Rz. 32 ff.). Das Beschwerdeverfahren ist in den §§ 116 bis 124 geregelt. Der Verfahrensweg von einer Verwaltungsbehörde zum OLG ist demjenigen in Kartellsachen nachgebildet. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich das kartellrechtliche Verfahren bewährt hat1. Daneben bestehen für die Zuweisung der Zuständigkeit an die Oberlandesgerichte auch materielle Gründe, da der Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen zivilrechtlich tätig wird (vgl. Vor §§ 97–101b Rz. 7 f.). Die Zuständigkeit des OLG als erster (und ohne Berücksichtigung der Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 letzter) Instanz rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt der Beschleunigung des Verfahrens. Darüber hinaus geht der Gesetzgeber davon aus, dass bereits das Verfahren vor der Vergabekammer gerichtsähnlich ausgestaltet ist. Schließlich hätte im Falle einer Zuständigkeit der Landgerichte im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit ein weiteres Rechtsmittel vorgesehen werden müssen2. Die Möglichkeit, Entscheidungen der Vergabekammer durch ein Gericht überprüfen zu lassen, ist aufgrund der Regelung in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zwingend erforderlich. Auch Art. 2 Abs. 9 RL 89/665/EWG (Rechtsmittelrichtlinie) und Art. 2 Abs. 9 RL 92/13/EWG (Sektoren-Rechtsmittelrichtlinie) fordern die Eröffnung des Rechtswegs zu einem Gericht. Das in §§ 116 bis 124 geregelte Beschwerdeverfahren entspricht in wesentlichen Bestimmungen den Vorschriften über die kartellrechtliche Beschwerde nach §§ 63 bis 73. Unterschiede 1 BT-Drucks. 13/9340, 20. 2 BT-Drucks. 13/9340, 20.

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Stickler

Vor §§ 116–124

Sofortige Beschwerde

bestehen Regelungsmöglichkeiten zum materiellen Recht insbesondere unterhalb der Schwellenwerte gemäß § 100 Abs. 1 (s. zu den Schwellenwerten s. § 100 Rz. 7; zur Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte s. Einl. Rz. 22 ff. sowie § 100 Rz. 11 ff.) sowie in den Grenzen des § 97 Abs. 4 (s. § 97 Rz. 62 ff.).

III. Sofortige Beschwerde Vorbemerkung zu §§ 116–124 I. Überblick 1 Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann sofortige Beschwerde zum OLG eingelegt werden. Nur ausnahmsweise sind die Landessozialgerichte zuständig (§ 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2, vgl. § 116 Rz. 32 ff.). Das Beschwerdeverfahren ist in den §§ 116 bis 124 geregelt. Der Verfahrensweg von einer Verwaltungsbehörde zum OLG ist demjenigen in Kartellsachen nachgebildet. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich das kartellrechtliche Verfahren bewährt hat1. Daneben bestehen für die Zuweisung der Zuständigkeit an die Oberlandesgerichte auch materielle Gründe, da der Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen zivilrechtlich tätig wird (vgl. Vor §§ 97–101b Rz. 7 f.). Die Zuständigkeit des OLG als erster (und ohne Berücksichtigung der Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 letzter) Instanz rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt der Beschleunigung des Verfahrens. Darüber hinaus geht der Gesetzgeber davon aus, dass bereits das Verfahren vor der Vergabekammer gerichtsähnlich ausgestaltet ist. Schließlich hätte im Falle einer Zuständigkeit der Landgerichte im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit ein weiteres Rechtsmittel vorgesehen werden müssen2. Die Möglichkeit, Entscheidungen der Vergabekammer durch ein Gericht überprüfen zu lassen, ist aufgrund der Regelung in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zwingend erforderlich. Auch Art. 2 Abs. 9 RL 89/665/EWG (Rechtsmittelrichtlinie) und Art. 2 Abs. 9 RL 92/13/EWG (Sektoren-Rechtsmittelrichtlinie) fordern die Eröffnung des Rechtswegs zu einem Gericht. Das in §§ 116 bis 124 geregelte Beschwerdeverfahren entspricht in wesentlichen Bestimmungen den Vorschriften über die kartellrechtliche Beschwerde nach §§ 63 bis 73. Unterschiede 1 BT-Drucks. 13/9340, 20. 2 BT-Drucks. 13/9340, 20.

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bestehen insbesondere im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in allen Instanzen eine Beschleunigung des Vergabeverfahrens erreichen will. So ist die Beschwerdefrist in § 117 Abs. 1 gegenüber § 66 Abs. 1 Satz 1 von einem Monat auf zwei Wochen verkürzt. Die sofortige Beschwerde muss nach § 117 Abs. 2 Satz 1 zugleich, d.h. innerhalb der Zwei-Wochen-Frist, begründet werden. Hingegen bestimmt § 66 Abs. 3 Satz 1 für die kartellrechtliche Beschwerde eine Begründungsfrist von zwei Monaten, deren Verlängerung möglich ist. Darüber hinaus sehen § 118, § 121 und § 122 besondere Beschleunigungsmaßnahmen vor. II. Rechtsnatur des Beschwerdeverfahrens Bei dem Verfahren der sofortigen Beschwerde nach § 116 handelt es sich 2 um ein Verwaltungsstreitverfahren, da sein Gegenstand die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Vergabekammer bildet, die durch Verwaltungsakt ergeht (§ 114 Abs. 3 Satz 1). Auch insoweit entspricht die vergaberechtliche sofortige Beschwerde der kartellrechtlichen Beschwerde nach §§ 63 ff., die ebenfalls ein Verwaltungsstreitverfahren darstellt1. § 116 Abs. 3 Satz 1 GWB, der die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte bzw. der Landessozialgerichte für die sofortige Beschwerde regelt, enthält eine bundesrechtliche Sonderzuweisung i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO2. Das GWB bestimmt lediglich die wesentlichen Grundzüge des Beschwerdeverfahrens. Im übrigen verweist es hinsichtlich verschiedener Teilfragen auf einzelne Bestimmungen des kartellrechtlichen Beschwerdeverfahrens (§ 120 Abs. 2) und über die Verweisung in § 120 Abs. 2 auf § 73 Nr. 2 zu Vorschriften der ZPO. Auch unter Zuhilfenahme dieser Verweisung lassen sich jedoch nicht alle prozessualen Fragen klären. Soweit Lücken bestehen, sind diese unter analoger Anwendung der Bestimmungen zur kartellrechtlichen Beschwerde auszufüllen, da dieses Verfahren der vergaberechtlichen Beschwerde am nächsten steht. Ergänzend kann auf andere Verfahrensordnungen zurückgegriffen werden. Aufgrund der Einordnung des vergaberechtlichen Beschwerdeverfahrens als Verwaltungsstreitverfahren dürften sich regelmäßig die Vorschriften der VwGO als am sachnächsten erweisen3, allerdings verbietet sich eine starre Vorgehensweise. Vielmehr muss im jeweiligen Einzelfall überprüft werden, 1 Meyer-Lindemann in Frankfurter Kommentar, § 63 Tz. 3. 2 Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 2; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 26. 3 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (283); Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 1207; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 5; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 40, wonach vorrangig auf die ZPO abzustellen ist.

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ob die Regelungen der VwGO oder diejenigen der ZPO sachdienlich sind1.

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(1) Gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie steht den am Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten zu. (2) Die sofortige Beschwerde ist auch zulässig, wenn die Vergabekammer über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der Frist des § 113 Abs. 1 entschieden hat; in diesem Fall gilt der Antrag als abgelehnt. (3) Über die sofortige Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Oberlandesgericht; für Streitigkeiten über Entscheidungen von Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die Landessozialgerichte zuständig. Bei den Oberlandesgerichten wird ein Vergabesenat gebildet. (4) Rechtssachen nach den Absätzen 1 und 2 können von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung anderen Oberlandesgerichten oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. I. 1. 2. II. III. 1.

Einleitung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Sofortige Beschwerde . . . . . . Beschwerdearten . . . . . . . . . Anfechtungsbeschwerde (§ 116 Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . a) Gegenstand der Anfechtungsbeschwerde . . . . aa) Hauptsacheentscheidungen . . . . . bb) Kostenentscheidungen . cc) Zwischen- und Nebenentscheidungen . . . . .

1 2 3 4

5 6 7 8

2. 3. IV. V. VI. VII. VIII. 1. 2.

b) Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . Untätigkeitsbeschwerde (§ 116 Abs. 2) . . . . . . . . . . Feststellungsbeschwerde . . Beschwerdeberechtigung (§ 116 Abs. 1 Satz 2) . . . . . . Beschwer . . . . . . . . . . . . . Form/Frist . . . . . . . . . . . . Rücknahme der Beschwerde Beschwerdegericht (§ 116 Abs. 3 und 4) . . . . . . Oberlandesgerichte . . . . . . Landessozialgerichte (§ 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2)

12 14 18 21 24 26 27 28 32

1 OLG Naumburg v. 17.8.2007 – 1 Verg 5/07, VergabeR 2008, 291; Jaeger in Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 1207; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 25; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 40.

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I. Einleitung 1. Inhaltsübersicht § 116 Abs. 1 bestimmt die sofortige Beschwerde als zulässiges Rechts- 1 mittel gegen Entscheidungen der Vergabekammern. Die Vorschrift regelt den Kreis der Beschwerdeberechtigten (§ 116 Abs. 1 Satz 2) und die Beschwerdearten. Weiterhin wird das zuständige Gericht bestimmt (§ 116 Abs. 3). Abs. 4 enthält eine Ermächtigung an die Landesregierungen, Vergaberechtssachen einem anderen OLG oder dem Obersten Landesgericht zuzuweisen. 2. Entstehungsgeschichte § 116 hat seit Inkrafttreten des 4. Teils des GWB durch das Vergabe- 2 rechtsänderungsgesetz am 1.1.1999 lediglich eine Änderung erfahren: Durch Art. 2c GKV – OrgWG v. 15.12.20081 wurde § 116 Abs. 3 Satz 1 ein zweiter Halbsatz hinzugefügt. II. Sofortige Beschwerde Während im kartellrechtlichen Verfahren das Rechtsmittel der Beschwer- 3 de vorgesehen ist (§ 63 Abs. 1 Satz 1), spricht § 116 Abs. 1 Satz 1 von der sofortigen Beschwerde. Diese Unterscheidung rechtfertigt sich, da die Beschwerdefrist gegenüber § 66 Abs. 1 Satz 1 von einem Monat auf zwei Wochen verkürzt ist (§ 117 Abs. 1) und die Beschwerdebegründung innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist vorgelegt werden muss, eine gesonderte Beschwerdebegründungsfrist, wie sie § 66 Abs. 3 Satz 1 im kartellrechtlichen Verfahren vorsieht, folglich entfällt. Die ZPO kennt ebenfalls das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde, welches in § 567 geregelt ist. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf die sofortige Beschwerde nach § 116 verbietet sich jedoch. Soweit die Regelung der §§ 116 ff. Lücken enthalten, sind vielmehr zunächst die Vorschriften des Kartellbeschwerdeverfahrens analog heranzuziehen (Vor §§ 116–124 Rz. 2). III. Beschwerdearten Im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren existiert die sofortige Be- 4 schwerde gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach § 114 („Anfechtungsbeschwerde“, dazu Rz. 5 ff.). Darüber hinaus ist die sofortige Beschwerde nach § 116 Abs. 2 auch dann zulässig, wenn die Vergabe1 BGBl. I, 2426.

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kammer über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der Frist des § 113 Abs. 1 entschieden hat („Untätigkeitsbeschwerde“, siehe hierzu Rz. 14 ff.). Eine Feststellungsbeschwerde ist nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen statthaft (vgl. u. Rz. 18 ff.). 1. Anfechtungsbeschwerde (§ 116 Abs. 1 Satz 1) 5 a) Gegenstand der Anfechtungsbeschwerde. Gegenstand der Anfechtungsbeschwerde sind nach § 116 Abs. 1 „Entscheidungen der Vergabekammer“. Das Gesetz regelt nicht näher, welche Entscheidungen hiermit gemeint sind. 6 aa) Hauptsacheentscheidungen. Statthaft ist die Anfechtungsbeschwerde gegen Hauptsacheentscheidungen der Vergabekammer nach § 114 Abs. 1. Auch die Feststellungsentscheidung der Vergabekammer nach § 114 Abs. 2 Satz 2 unterliegt der Anfechtungs-, nicht etwa einer Feststellungsbeschwerde1. Soweit die Entscheidung der Vergabekammer Nebenbestimmungen enthält, können diese unter Umständen isoliert mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei der Nebenbestimmung um eine ergänzende Regelung handelt, ohne welche die eigentliche Entscheidung der Vergabekammer ebenfalls rechtmäßig hätte ergehen können. Eine isolierte Anfechtung scheidet hingegen aus, wenn die Nebenbestimmung integrierender, nicht aus dem zu regelnden Gesamtzusammenhang zu lösender Bestandteil der Entscheidung ist2. Die Abgrenzung entspricht den im Verwaltungsverfahrensrecht geltenden Grundsätzen3. Nebenbestimmungen können insbesondere in einzelnen Maßnahmen liegen, die die Vergabekammer nach § 114 Abs. 1 Satz 1 anordnet. Gibt die Vergabekammer dem Auftraggeber beispielsweise auf, die Wertung der Angebote unter bestimmten Maßgaben zu wiederholen, besteht die Möglichkeit, dass ein Beteiligter an dem Verfahren vor der Vergabekammer zwar die Verpflichtung zur Wiederholung der Angebotswertung akzeptiert, jedoch einzelne Aspekte, nach denen die Angebotswertung nach Auffassung der Vergabekammer zu erfolgen hat, für unzutreffend erachtet. Diese Maßgaben können isoliert angefochten werden, soweit die übrigen Maßgaben selbstständig Bestand haben können. 7 bb) Kostenentscheidungen. § 99 Abs. 1 ZPO, der die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung grundsätzlich ausschließt, findet im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren keine Anwendung. Vielmehr gilt über § 128 Abs. 1 Satz 2 die Vorschrift des § 22 Abs. 1 VwKostG, wonach 1 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 20. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 5. 3 Hierzu Redeker/von Oertzen, VwGO, § 42 Rz. 14 ff.

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Kostenentscheidungen zusammen mit der Sachentscheidung oder selbstständig angefochten werden können1. Eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist demnach statthaft2. Ebenso anfechtbar sind Kostenentscheidungen, die ohne Entscheidung in der Hauptsache, etwa nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags, ergehen3. Auch sind einzelne Teile der Kostenentscheidung isoliert anfechtbar4. Anfechtbar ist somit die Entscheidung der Vergabekammer nach § 128 Abs. 3 Satz 5, wer die Verfahrenskosten zu tragen hat5. Daneben ist die sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Höhe der Gebühr der Vergabekammer nach § 128 Abs. 2 statthaft6. Das Gleiche gilt für die Entscheidung über die Tragung der Kosten eines anderen Beteiligten oder eines Beigeladenen (§ 128 Abs. 4 Satz 1 und 2) und darüber, ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig war (§ 128 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG)7. Nach § 128 Abs. 4 Satz 5 findet ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren nicht statt. Diese Vorschrift ist am 21.4.2009 in Kraft getreten. Zuvor hatten die Vergabekammern regelmäßig auf einen entsprechenden Antrag der erstattungsberechtigten Partei hin Kostenfestsetzungsbeschlüsse erlassen. Gegen diese war die sofortige Beschwerde statthaft8. cc) Zwischen- und Nebenentscheidungen. Das GWB enthält vereinzelt 8 Regelungen, die die Anfechtung bestimmter Entscheidungen der Vergabekammer ausdrücklich ausschließen. So ist die Entscheidung, das Verfahren dem Vorsitzenden oder dem hauptamtlichen Beisitzer zur alleinigen Entscheidung zu übertragen, unanfechtbar (§ 105 Abs. 3 Satz 1). Das Gleiche gilt für Entscheidungen über die Beiladung (§ 109 Satz 2). Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der 1 OLG Düsseldorf v. 18.1.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 596; BayObLG v. 6.6.2002 – Verg 12/02, VergabeR 2003, 109. 2 BayObLG v. 29.9.1999 – Verg 5/99, NZBau 2000, 99; BayObLG v. 4.8.2000 – Verg 3/00, BauR 2001, 238; OLG Dresden v. 5.4.2001 – WVerg 8/00, WuW/E Verg 497; OLG Rostock v. 16.5.2001 – 17 W 1/01, 2/01, VergabeR 2001, 315 (319); Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 12; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 11. 3 BGH v. 25.10.2005 – X ZB 22/05, NZBau 2006, 196. 4 OLG Düsseldorf v. 20.7.2000 – Verg 1/00, NZBau 2000, 486; OLG Naumburg v. 6.4.2005 – 1 Verg 2/05, VergabeR 2005, 676. 5 OLG München v. 13.11.2006 – Verg 13/06, VergabeR 2007, 266. 6 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 42. 7 OLG Stuttgart v. 19.7.2000 – 2 Verg 4/00, NZBau 2000, 543; BayObLG v. 19.9. 2003 – Verg 11/03, VergabeR 2004, 259. 8 BayObLG v. 6.6.2002 – Verg 12/02, VergabeR 2003, 109; OLG München v. 13.11. 2006 – Verg 13/06, VergabeR 2007, 266.

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Hauptsache durch sofortige Beschwerde angegriffen werden (§ 111 Abs. 4). Entscheidungen der Vergabekammer im Verfahren nach § 115 Abs. 2 unterliegen nicht der sofortigen Beschwerde (§ 115 Abs. 2 Satz 8). Vorläufige Maßnahmen nach § 115 Abs. 3 sind nicht selbstständig anfechtbar (§ 115 Abs. 3 Satz 3). Regelungen über die Anfechtbarkeit sonstiger Zwischen- und Nebenentscheidungen enthält das GWB nicht. Den genannten Vorschriften in §§ 105 Abs. 3 Satz 1, 109 Satz 2, 111 Abs. 4, 115 Abs. 2 Satz 8 und 115 Abs. 3 Satz 3 lässt sich kein allgemeines Prinzip entnehmen, wonach die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen stets ausscheidet. Vielmehr ist für jeden Einzelfall eine differenzierte Betrachtung erforderlich1. Zu beachten ist allerdings der Grundsatz der Beschleunigung des Vergabenachprüfungsverfahrens. Dieser führt dazu, dass bezüglich des überwiegenden Teils der Zwischen- und Nebenentscheidungen die Statthaftigkeit einer sofortigen Beschwerde ausscheidet. 9 So ist die Entscheidung der Vergabekammer, den Vergabenachprüfungsantrag dem Auftraggeber nach § 110 Abs. 2 Satz 3 zu übermitteln, nicht selbstständig anfechtbar2. Ein Beschwerdeverfahren mit dem Inhalt festzustellen, ob ein Vergabenachprüfungsverfahren wegen offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrags nicht durchgeführt werden muss, würde die Nachprüfung eher verzögern als beschleunigen. Anders ist der Fall zu betrachten, dass die Vergabekammer die Übermittlung des Nachprüfungsantrags wegen dessen offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ablehnt. Eine derartige Entscheidung führt zur Beendigung des Nachprüfungsverfahrens und muss daher schon im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein3. Wird gegen die Ablehnung der Übermittlung sofortige Beschwerde eingelegt, muss der Nachprüfungsantrag unverzüglich durch das Beschwerdegericht zugestellt werden4. Bis zur Zustellung durch das Beschwerdegericht kann der Auftraggeber den Zuschlag wirksam erteilen, da § 115 Abs. 1 noch nicht eingreift. Ist die Zustellung durch das Beschwerdegericht erfolgt, kann die aufschiebende Wirkung auf Antrag 1 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 21; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 9; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 8. 2 OLG Düsseldorf v. 18.1.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 596; Hunger in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 9. 3 OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, NZBau 2000, 45; OLG Düsseldorf v. 18.1.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 596; vgl. § 110 Rz. 41; a.A. KG v. 31.3. 2007 – 2 Verg 6/07, VergabeR 2007, 551. 4 OLG Koblenz v. 25.3.2002 – 1 Verg 1/02, VergabeR 2002, 384.

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nach § 118 Abs. 1 Satz 3 hin verlängert werden (§ 118 Rz. 5). Trifft die Vergabekammer keine Entscheidung über die Übermittlung des Vergabenachprüfungsantrags, scheidet eine sofortige Beschwerde aus, da kein angreifbarer Akt vorliegt1. Vielmehr muss der Antragsteller den Ablauf der Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1 abwarten. Erst danach kann er Untätigkeitsbeschwerde einlegen. Selbstständig anfechtbar sind die Anordnung oder Ablehnung von 10 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch die Vergabekammer (§ 114 Abs. 3 Satz 2)2, das Anordnen des Ruhens oder die Aussetzung des Verfahrens3 und, anders als die Versagung (§ 111 Abs.4), die Gewährung von Akteneinsicht zugunsten eines Dritten4. Hingegen scheidet die Anfechtung der Fristverlängerung nach § 113 11 Abs. 1 Satz 2 aus5 (vgl. Rz. 17). Das Gleiche gilt hinsichtlich der Ablehnung der Verlängerung der einem Beteiligten nach § 113 Abs. 2 Satz 2 gesetzten Stellungnahmefrist,6 der Verweisung des Verfahrens an eine andere Vergabekammer, soweit keine offensichtliche Willkür vorliegt,7 der Ablehnung eines Befangenheitsantrags8 und Beweisanordnungen9. Für Entscheidungen der Vergabekammer nach § 115 Abs. 2 Satz 1 sieht § 115 Abs. 2 Satz 5 und 6 gesonderte Rechtsmittel vor. Eine sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidungen ist unzulässig. b) Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen. Voraussetzung für die Zuläs- 12 sigkeit der Anfechtungsbeschwerde ist, dass eine angreifbare Entscheidung der Vergabekammer (vgl. Rz. 5 bis 11) zumindest einem der Beteiligten bekannt gemacht wurde. Ist eine Entscheidung der Vergabekammer ausnahmsweise nichtig, kann diese aus Gründen der Rechtssicherheit trotz allem mit der Anfechtungsbeschwerde angegriffen werden10. 1 OLG Dresden v. 4.7.2002 – WVerg 11/02, VergabeR 2002, 544; Gröning, VergabeR 2002, 435. 2 OLG Düsseldorf v. 29.12.2000 – Verg 31/00, VergabeR 2001, 62 (63); KG v. 24.10. 2001 – KartVerg 10/01, VergabeR 2002, 100 (101). 3 OLG Düsseldorf v. 11.3.2002 – Verg 43/01, VergabeR 2002, 404. 4 OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (283); Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 116 GWB Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 10; a.A. Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 15. 5 OLG Naumburg v. 13.8.2007 – 1 Verg 8/07, VergabeR 2008, 290. 6 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 17. 7 OLG Düsseldorf v. 18.1.2005 – Verg 104/04. 8 OLG Düsseldorf v. 23.1.2006 – Verg 96/05, NZBau 2006, 598. 9 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 12. 10 OLG Düsseldorf v. 22.1.2001 – Verg 24/00, VergabeR 2001, 154; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 5.

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Die Nichtigkeit einer Entscheidung der Vergabekammer bestimmt sich in analoger Anwendung des § 44 VwVfG. 13 Die Anfechtungsbeschwerde des § 116 Abs. 1 Satz 1 steht auch demjenigen zu, dessen Antrag durch die Vergabekammer abgelehnt wurde und umfasst somit diejenigen Fälle, die im Kartellrecht (§ 63 Abs. 3 Satz 1) und im allgemeinen Verwaltungsrecht (§ 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO) als Verpflichtungsbeschwerde bzw. Verpflichtungsklage bezeichnet werden. Ein gesondertes Rechtsmittel für den Fall, dass die Vergabekammer einen Antrag ablehnt, ist für die vergaberechtliche Beschwerde nicht erforderlich, da das Beschwerdegericht grundsätzlich über die Beschwerde selbst entscheidet (§ 123 Satz 2), während das Gericht im kartellrechtlichen Beschwerdeverfahren lediglich die Verpflichtung der Kartellbehörde ausspricht, eine dem Antrag stattgebende Verfügung zu erlassen (§ 71 Abs. 4). 2. Untätigkeitsbeschwerde (§ 116 Abs. 2) 14 Das Kartellrecht (§ 63 Abs. 3 Satz 2) sowie das allgemeine Verwaltungsrecht (§ 75 VwGO) sehen ein Rechtsmittel für den Fall vor, dass über einen Antrag bzw. einen Widerspruch nicht in angemessener Frist entschieden wird. Dem ist § 116 Abs. 2 nachgebildet. Danach ist die sofortige Beschwerde auch dann zulässig, wenn die Vergabekammer über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1, bzw. in der nach § 113 Abs. 1 Satz 2 verlängerten Frist entschieden hat. § 116 Abs. 2, 2. Halbs. stellt die Fiktion auf, dass der Antrag in diesem Fall als abgelehnt gilt1. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu § 75 VwGO, der dem Antragsteller lediglich die Möglichkeit gibt, über die Erhebung der Untätigkeitsklage das Verfahren zu beschleunigen. Solange er diese Möglichkeit nicht nutzt, wird das Verwaltungsverfahren fortgesetzt2. Das Vergabenachprüfungsverfahren endet hingegen mit Ablauf der Frist des § 113 Abs. 1 ohne Zutun der Vergabekammer oder der Parteien mit einer den Antragsteller belastenden Entscheidung: sein Antrag gilt als abgelehnt. Legt er hiergegen keine Untätigkeitsbeschwerde ein, wird die (fingierte) Ablehnung des Antrags mit Ablauf der Beschwerdefrist bestandskräftig, selbst wenn die Vergabekammer das Nachprüfungsverfahren über diesen Zeitraum hinaus fortsetzt. Die Ablehnungsfiktion tritt auch dann ein, wenn die Vergabekammer nach Ablauf der Frist des § 113 Abs. 1 eine Hauptsacheentscheidung trifft. Diese Entscheidung ist aufgrund der bereits vorher eingetretenen 1 Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 45; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 6. 2 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 75 Rz. 1.

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Ablehnungsfiktion gegenstandslos, kann jedoch trotz allem gesondert mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, um den mit ihr verbundenen Rechtsschein einer Hauptsacheentscheidung auszuräumen1. Der Antragsteller ist somit zur Einlegung der Untätigkeitsbeschwerde gezwungen. Nach anderer Auffassung kann eine Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer zumindest so lange ergehen, wie die Beschwerdefrist gegen die fingierte Ablehnungsentscheidung noch nicht abgelaufen ist2. Dies führt jedoch zumindest dann, wenn die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag statt gibt, zu Widersprüchen. Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gegen die fingierte Ablehnung kann regelmäßig nicht gewährt werden, da sich die Fiktion unmittelbar aus dem Gesetz ergibt3. Ein Wiedereinsetzungsantrag kann hingegen begründet sein, wenn innerhalb der Entscheidungsfrist zwar ein Beschluss der Vergabekammer ergeht, sich aber herausstellt, dass dieser nichtig ist4. Das Ziel der Untätigkeitsbeschwerde ist identisch mit demjenigen der Anfechtungsbeschwerde. Sie richtet sich gegen die fingierte Ablehnung des Nachprüfungsantrags. Der Begriff „Untätigkeitsbeschwerde“ ist daher ungenau. Es handelt sich um eine besondere Form der Anfechtungsbeschwerde, für die das Gesetz eigene Regelungen aufstellt. Eine Untätigkeitsbeschwerde ist in analoger Anwendung des § 116 Abs. 2 15 auch dann zulässig, wenn entgegen den gesetzlichen Bestimmungen keine Vergabekammern eingerichtet wurden. In diesem Fall kann in laufenden Vergabeverfahren direkt sofortige Beschwerde zum OLG eingelegt werden, ohne dass es eines Antrags bei der nicht existierenden Vergabekammer oder des Ablaufs der 5-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 bedürfte5. Die Ablehnung des Nachprüfungsantrags gilt als fingiert, wenn die Ver- 16 gabekammer innerhalb der Frist des § 113 Abs. 1 keine Entscheidung trifft. § 116 Abs. 2 bezieht sich ausschließlich auf Hauptsacheentscheidungen der Vergabekammer. Im Verfahren über Feststellungsanträge nach § 114 Abs. 2 Satz 2 findet § 113 Abs. 1 keine Anwendung (§ 114 Abs. 2 Satz 3), so 1 OLG Düsseldorf v. 22.1.2001 – Verg 24/00, VergabeR 2001, 154; OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (93); OLG Dresden v. 17.6.2005 – WVerg 8/05, VergabeR 2005, 812; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 47; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 116 GWB Rz. 17; a.A. OLG Rostock v. 17.10.2001 – 17 Verg W 18/01, VergabeR 2002, 85; KG v. 7.11.2001 – KartVerg 8/01, VergabeR 2002, 95. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 7. 3 OLG Dresden v. 17.6.2005 – WVerg 8/05, VergabeR 2005, 812. 4 OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (94). 5 OLG Saarbrücken v. 22.10.1999 – 5 Verg 4/99, NZBau 2000, 158.

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dass auch die Ablehnungsfiktion nicht eingreift1. Das Gleiche gilt für Nebenentscheidungen, wie Entscheidungen über Kostenanträge2. Dem Nichtvorliegen einer Entscheidung steht es gleich, wenn eine unwirksame Entscheidung ergeht3 oder eine Entscheidung nicht wirksam zugestellt wird (§ 117 Rz. 4). Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Entscheidungen der Vergabekammer sind in § 114 Rz. 63 ff. dargestellt. Nach herrschender Meinung ist die Anwendung des § 116 Abs. 2 ausgeschlossen, wenn eine Entscheidung fristgerecht ergeht, aber erst nach Fristablauf den Beteiligten zugestellt wird4. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 117 Abs. 1, der für den Beginn der Beschwerdefrist hinsichtlich der Anfechtungsbeschwerde auf die Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer, hinsichtlich der Untätigkeitsbeschwerde jedoch allein auf den Ablauf der Frist des § 113 Abs. 1 abstellt. Für das Vorliegen einer Entscheidung genüge demnach, dass diese abgefasst, unterschrieben und zumindest auf den Weg an die Geschäftsstelle gebracht wurde5. Die herrschende Auffassung führt zu Widersprüchen, wenn eine Zustellung unterbleibt. Für die Frage, ob die Frist des § 116 Abs. 2 eingehalten ist, kann es nicht auf gerichtsinterne Sachverhalte ankommen. Die Parteien müssen erkennen können, ob der Antrag als abgelehnt gilt oder nicht. Entgegen der herrschenden Meinung muss daher auch die Zustellung der Entscheidung innerhalb der 5-Wochen-Frist erfolgen. 17 Der Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gilt nicht als abgelehnt, wenn die 5-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 durch die Vergabekammer verlängert wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit kommt es allein auf das Vorliegen einer Fristverlängerung an, nicht hingegen darauf, ob diese rechtmäßig ist, also insbesondere die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und 3 vorlagen. Anderenfalls wäre der Antragsteller gezwungen, vorsorglich in jedem Fall einer Fristverlängerung sofortige Beschwerde einzulegen, um zu verhindern, dass sein Nachprüfungs1 BayObLG v. 10.10.2000 – Verg 5/00, VergabeR 2001, 55 (56); zur Zulässigkeit einer „Untätigkeitsbeschwerde“, wenn die Vergabekammer die Entscheidung über einen Feststellungantrag unangemessen verzögert OLG Bremen v. 12.3.2007 – Verg 3/06, VergabeR 2007, 812. 2 OLG Dresden v. 14.3.2005 – WVerg 3/05, VergabeR 2005, 546. 3 OLG Düsseldorf v. 22.1.2001 – Verg 24/00, VergabeR 2001, 154; OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (90). 4 OLG Naumburg v. 13.10.2006 – 1 Verg 6/06, VergabeR 2007, 125; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 38; Hunger in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 44 f.; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 6. 5 OLG Saarbrücken v. 29.4.2003 – 5 Verg 4/02, VergabeR 2003, 429.

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antrag als abgelehnt gilt1. Erforderlich ist jedoch in jedem Fall, dass tatsächlich eine ausdrückliche Fristverlängerung vorliegt. Sonstige verfahrensleitende Maßnahmen, wie beispielsweise die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ohne ausdrückliche Fristverlängerung, können nicht in eine solche umgedeutet werden2. Die Entscheidung über die Fristverlängerung muss den Parteien noch innerhalb der laufenden Frist zugestellt werden3. Es genügt nicht, dass die Entscheidung innerhalb der Frist abgefasst, unterschrieben und auf den Weg an die Geschäftsstelle gebracht wurde4. Eine Verlängerung nach Fristablauf ist unzulässig5. Verlängert die Vergabekammer die Frist zunächst, erklärt aber nachträglich, das Nachprüfungsverfahren sei abgeschlossen, da sie die Fristverlängerung für unzulässig hält, kann der Antragsteller Untätigkeitsbeschwerde einlegen6. 3. Feststellungsbeschwerde Solange eine Anfechtungs- oder Untätigkeitsbeschwerde zulässig ist, 18 scheidet eine Feststellungsbeschwerde, die lediglich mit dem Ziel eingelegt wird, die Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens feststellen zu lassen, aufgrund ihrer Subsidiärität aus (zu der Möglichkeit, einen Feststellungsantrag neben der Anfechtungs- oder Untätigkeitsbeschwerde zu stellen, vgl. § 123 Rz. 10). Hat der Auftraggeber vor Abschluss des Verfahrens vor der Vergabekammer den Zuschlag aufgrund einer Entscheidung nach § 115 Abs. 2 erteilt, muss der Antragsteller den Antrag auf Nachprüfung des Verfahrens für erledigt erklären. Auf Antrag stellt die Vergabekammer in diesem Fall fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat (§ 114 Abs. 2 Satz 2). Gegen eine derartige Feststellungsentscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig7. Hierbei 1 Oben § 113 Rz. 20; OLG Koblenz v. 31.8.2001 – 1 Verg 3/01, NZBau 2001, 641; OLG Brandenburg v. 30.11.2004 – Verg W 10/04, NZBau 2005, 238; OLG Naumburg v. 13.8.2007 – 1 Verg 8/07, VergabeR 2008, 290; a.A. Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 8, wonach die Fristverlängerung in Extremfällen, in denen sie „ihre Rechtswidrigkeit auf der Stirn trägt“, unbeachtlich sei. 2 OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2001, 329. 3 Oben § 113 Rz. 13; Boesen, Vergaberecht, § 113 Rz. 29; Maier in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 113 Rz. 19; Schweda in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 113 Rz. 4; a.A. Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 113 Rz. 9; Gröning in Beck’scher VOBKommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 41. 4 So aber KG v. 6.11.2003 – 2 Verg 12/03, VergabeR 2004, 253. 5 Oben § 113 Rz. 13; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 51; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 8. 6 KG v. 6.11.2003 – 2 Verg 12/03, VergabeR 2004, 253. 7 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 20.

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handelt es sich um eine Anfechtungsbeschwerde, da die Aufhebung der (feststellenden) Entscheidung der Vergabekammer begehrt wird (vgl. oben Rz. 6). Eine Feststellungsbeschwerde gegen eine derartige Entscheidung ist unstatthaft. 19 Auch während des Beschwerdeverfahrens ist eine Zuschlagserteilung möglich, wenn ein Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 nicht gestellt bzw. abgelehnt wird oder einem Antrag auf Vorabentscheidung nach § 121 entsprochen wird. Erteilt der Auftraggeber in diesen Fällen den Zuschlag, ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Allerdings kann beantragt werden, dass das Beschwerdegericht feststellt, ob das Unternehmen, das die Nachprüfung beantragt hatte, durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt wurde (§ 123 Satz 3) (§ 123 Rz. 8 ff.). In diesem Fall wird das Beschwerdeverfahren als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde fortgesetzt. 20 Es verbleibt der Fall, dass der Auftraggeber den Zuschlag nach Bekanntmachung der Entscheidung der Vergabekammer, jedoch vor Einlegung der sofortigen Beschwerde erteilt. Dies ist möglich, wenn die Vergabekammer oder das Beschwerdegericht einem Antrag auf Zuschlagserteilung nach § 115 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 6 stattgegeben hat, das Verfahren vor der Vergabekammer danach durch eine Entscheidung abgeschlossen wird, in der keine Verstöße gegen das Vergaberecht feststellt werden1 und erst in zeitlicher Folge hierauf der Zuschlag erteilt wird. Da die Zuschlagserteilung im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung der Vergabekammer noch nicht erfolgt war, liegt keine feststellende Entscheidung nach § 114 Abs. 2 Satz 2 vor. Eine Aufhebung dieser Entscheidung kann im Beschwerdeverfahren jedoch nicht mehr erreicht werden, da auch das Beschwerdegericht den zwischenzeitlich (vor Einlegung der Beschwerde) erteilten Zuschlag nicht aufzuheben vermag (§ 123 Satz 4 i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1). In diesen Fällen ist es in analoger Anwendung des § 123 Satz 3 zulässig, eine „echte“ Feststellungsbeschwerde zu erheben und zu beantragen festzustellen, dass das Unternehmen, das die Nachprüfung beantragt hatte, durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt wurde (§ 123 Rz. 9)2. Das Feststellungsinteresse an einer derartigen Beschwerde ergibt sich aus der Bindungswirkung der Entscheidung des Beschwerdegerichts für die ordentlichen Gerichte im Rahmen einer Schadensersatzklage (§ 124 Abs. 1). Auf die Feststellungsbeschwerde finden 1 Stellt die Vergabekammer Rechtsverstöße fest, scheidet eine Zuschlagserteilung aus, da die Entscheidung der Vergabekammer einer Eilentscheidung nach § 115 Abs. 2 vorgeht (§ 115 Rz. 72). 2 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 38.

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die §§ 116 bis 124 mit Ausnahme der Regelungen über die aufschiebende Wirkung (§ 118 Abs. 1 und 2) und die Vorabentscheidung (§§ 121 und 122) Anwendung. IV. Beschwerdeberechtigung (§ 116 Abs. 1 Satz 2) Berechtigt zur Einlegung der sofortigen Beschwerde sind die am Verfah- 21 ren vor der Vergabekammer Beteiligten (§ 116 Abs. 1 Satz 2). Diese Vorschrift gilt sowohl für die Anfechtungs-, als auch für die Untätigkeitssowie die Feststellungsbeschwerde. Der Kreis der Verfahrensbeteiligten ergibt sich aus § 109. Beschwerdeberechtigt sind somit der Antragsteller, der Auftraggeber und diejenigen Unternehmen, welche die Vergabekammer zu dem Verfahren beigeladen hat, weil deren Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden1. Soweit eine Beiladung erfolgte, spielt es für die Beschwerdeberechtigung keine Rolle, ob die Voraussetzungen des § 109 Satz 1 vorlagen2. Die Entscheidung der Vergabekammer bleibt auch im Beschwerdeverfahren bindend (§ 109 Satz 2). Umstritten ist die Beschwerdeberechtigung eines Unternehmens, dessen 22 Beiladung durch die Vergabekammer zu Unrecht nicht erfolgte oder das durch die Entscheidung der Vergabekammer erstmalig beschwert wurde. Hierzu existiert eine Vielzahl von Meinungen. Für das kartellrechtliche Beschwerdeverfahren wird die Auffassung vertreten, dass eine Beiladung durch die Kartellbehörde auch nach Erlass einer Hauptsacheentscheidung zumindest bis zur Einlegung der Beschwerde zulässig sei3. Teilweise wird analog hierzu der Vergabekammer das Recht zugesprochen, eine Beiladung nach § 109 nachzuholen4. Andererseits wird dem Vergabesenat das Recht zuerkannt, eine zu Unrecht unterbliebene Beiladung selbst vorzunehmen5. Hiergegen spricht allerdings der Wortlaut des § 119, der von einer Identität der Beteiligten in den Verfahren vor der 1 Vgl. zur Beiladung durch die Vergabekammer § 109 Rz. 5 ff. 2 Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 34. 3 BGH v. 10.4.1984 – KVR 8/83, WuW/E 2077, 2080; KG v. 21.2.1989 – Kart 19/88, WuW/E 4363. 4 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 109 GWB Rz. 47; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 119 Rz. 1199. 5 OLG Düsseldorf v. 13.11.2000 – Verg 14/00, VergabeR 2001, 59 (60); OLG Düsseldorf v. 26.6.2002 – Verg 24/02, VergabeR 2002, 671; OLG Düsseldorf v. 13.2.2007 – VII Verg 2/07, VergabeR 2007, 406; LSG Baden-Württemberg v. 23.1.2009 – L 11 WB 5971/08, VergabeR 2009, 452 (455); Gröning in Beck’scher Kommentar zur VOB/A, § 119 GWB Rz. 4; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 119 Rz. 1199; Lausen, VergabeR 2002, 117 (119 f.); Röwekamp in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 119 Rz. 4 f.; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 15.

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Vergabekammer und dem Vergabesenat ausgeht. Als Ausweg wird angeboten, demjenigen, der durch die Entscheidung der Vergabekammer erstmalig in eigenen Rechten verletzt ist, in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO ein eigenes Beschwerderecht einzuräumen, ohne dass es hierfür einer vorherigen Beiladung durch die Vergabekammer oder den Vergabesenat bedürfte1. 23 Ausgangspunkt einer Lösung ist Art. 19 Abs. 4 GG. Demnach muss demjenigen Unternehmen, das durch die Entscheidung der Vergabekammer belastet ist, die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung eröffnet werden. Dem genügt allein das Recht der Vergabekammer, eine Beiladung auch noch nach Erlass einer Hauptsacheentscheidung im laufenden Beschwerdeverfahren auszusprechen, nicht. Entgegen Art. 19 Abs. 4 GG bestünde keine Rechtsschutzmöglichkeit, wenn die Vergabekammer die nachträgliche Beiladung zu Unrecht ablehnen sollte2. Auch ist dies mit der Stellung der Vergabekammer, die einem erstinstanzlichen Gericht vergleichbar ist, nicht vereinbar, da die Angelegenheit parallel bei dem Vergabesenat im Beschwerdeverfahren und der Vergabekammer zum Zweck der Beiladung anhängig wäre und zudem eine Verzögerung des Verfahrens eintreten könnte3. Gegen die Berechtigung des Vergabesenats, seinerseits eine Beiladung auszusprechen, spricht der klare Wortlaut des § 119. Die Lösung muss sich an den Grundsätzen des effektiven Rechtsschutzes und der Verfahrensbeschleunigung orientieren. Um unnötige Verzögerungen zu vermeiden, muss dem Beschwerdegericht das Recht zugestanden werden, Beiladungen selbst und gegen eine anderslautende Entscheidung der Vergabekammer auszusprechen, auch wenn dies mit § 119 nur schwer vereinbar ist. In Ergänzung ist einem nicht beteiligten Unternehmen, das durch die Entscheidung der Vergabekammer beschwert wird, das Recht zu gewähren, unmittelbar sofortige Beschwerde einzulegen. Da die unterlassene Beiladung nicht anfechtbar ist (§ 109 Satz 2), muss dies auch für diejenigen Unternehmen gelten, deren Beiladung durch die Vergabekammer stillschweigend oder ausdrücklich – etwa durch Ablehnung eines entsprechenden Antrags – abgelehnt wurde. Dies erfordert auch Art. 1 Abs. 3 Rechtsmittelrichtlinie (RL 89/665/EWG), wonach das Nachprüfungsverfahren jeder Person zur Verfügung stehen 1 OLGKarlsruhe v. 25.11.2008 – 15Verg 13/08, ZfBR 2009, 493; Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 40; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 116 GWB Rz. 11; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 17 ff. 2 Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 42; für das kartellrechtliche Verfahren BGH v. 7.11.2006 – KVR 37/05, NJW 2007, 607. 3 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 109 GWB Rz. 47; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 16.

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muss, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. Die Einlegung der sofortigen Beschwerde setzt in diesen Fällen eine materielle Beschwer voraus. Schwierigkeiten bestehen hinsichtlich des Beginns der Beschwerdefrist, da die Entscheidung der Vergabekammer dem nicht beigeladenen Unternehmen nicht zugestellt wird. Um zu verhindern, dass ein längerer Schwebezustand eintritt, in dem Ungewissheit über die Bestandskraft der Entscheidung der Vergabekammer entsteht, müssen nicht beigeladene Unternehmen, die durch die Entscheidung der Vergabekammer beschwert werden, in analoger Anwendung des § 117 Abs. 1 die sofortige Beschwerde innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der letzten Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer an einen der Beteiligten einlegen1. Schwierigkeiten, die dadurch entstehen, dass die nicht beteiligten Unternehmen von der Entscheidung der Vergabekammer keine Kenntnis erlangen und somit zur Einhaltung der Frist nicht in der Lage sind, sind durch Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu lösen (vgl. § 117 Rz. 7). V. Beschwer Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde ist neben dem Vorlie- 24 gen der Beschwerdebefugnis, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt ist („Beschwer“). Die Beschwer ist grundsätzlich formal zu bestimmen2. Soweit dem ursprünglichen Antrag des Beschwerdeführers entsprochen wurde, ist er durch die Entscheidung der Vergabekammer nicht beschwert, auch wenn beispielsweise die Begründung der Entscheidung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers nicht entspricht oder für ihn nachteilige Feststellungen enthält. Dies gilt sowohl für die Beschwer des Auftragnehmers als auch diejenige des Auftraggebers. Gilt der Antrag auf Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens nach § 116 Abs. 2 als abgelehnt, liegt auf Seiten des Auftraggebers keine Beschwer vor. Hatte der Beschwerdeführer vor der Vergabekammer keinen eindeutigen Antrag gestellt, was nach § 108 Abs. 1 Satz 2 zulässig ist, ist durch das Beschwerdegericht anhand seiner Einlassung vor der Vergabekammer zu ermitteln, welches Ziel verfolgt wurde, um feststellen zu können, ob eine Beschwer vorliegt3. Die 1 A.A. Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 1136 Fn. 60. 2 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 24; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 23; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 20. 3 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 24; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 20.

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gleichen Grundsätze gelten für den Beigeladenen. Auch dessen Beschwerde ist zulässig, wenn er durch die Entscheidung der Vergabekammer formal beschwert ist. Eine Beschwer kann auch dann bestehen, wenn sich ein Beteiligter im Verfahren vor der Vergabekammer nicht eingelassen hat1. So zeigt der Auftraggeber, der zu einem Antrag nach § 107 Abs. 1 gegenüber der Vergabekammer zwar keine Stellungnahme abgibt, andererseits aber der Rechtsauffassung des Antragstellers nicht ausdrücklich zustimmt, dass er dem Antrag entgegentritt. Handelt es sich bei dem Antragsteller um den zweitplatzierten Bieter und äußert sich der Erstplatzierte, der von der Vergabekammer an dem Verfahren beteiligt wurde, ihr gegenüber nicht, ist er durch deren Entscheidung, welche feststellt, dass es sich bei dem Angebot des Antragstellers um das wirtschaftlichste im Sinne des § 97 Abs. 5 handelt, trotz allem beschwert, da seine Aussicht, den Zuschlag zu erhalten, zunichte gemacht wurde. In diesen Fällen genügt das Vorliegen einer materiellen Beschwer2. Nur dann, wenn sich die Zielsetzung eines an dem Verfahren Beteiligten auch nicht aus den Begleitumständen des Vergabenachprüfungsverfahrens ergibt, fehlt es an einer Beschwer, wenn der Beteiligte in dem Nachprüfungsverfahren keine Anträge stellt und sich auch im Übrigen nicht zur Sache einlässt3. Neben der formalen Beschwer muss eine materielle Beschwer vorliegen4. Dies ist der Fall, wenn der Beschwerdeführer geltend machen kann, in seinen rechtlichen Interessen nachteilig berührt zu sein, was er allerdings nicht ausdrücklich vortragen muss, da die materielle Beschwer bei Vorliegen der formalen Beschwer nur in Ausnahmefällen nicht gegeben sein wird. 25 An einer Beschwer für eine Anfechtungs- oder Untätigkeitsbeschwerde fehlt es, wenn das Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung oder Aufhebung der Ausschreibung5 seine Beendigung gefunden hat6. Endet das Vergabeverfahren nach Erlass der Entscheidung der Vergabekammer und 1 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 116 GWB Rz. 36; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 23; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 21. 2 OLG Dresden v. 14.4.2000 – WVerg 1/00, BauR 2000, 1590 (1591); OLG Dresden v. 5.1.2001 – WVerg 11/00, VergabeR 2001, 41 (42); OLG Jena v. 16.7.2003 – 6 Verg 3/03, VergabeR 2003, 600 (602). 3 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 21. 4 Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 28; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 22. 5 Für den Entfall der Beschwer bei Aufhebung der Ausschreibung OLG Frankfurt/ Main v. 16.5.2000 – 11 Verg 1/99, NZBau 2001, 101. 6 Vgl. hierzu hinsichtlich der Unzulässigkeit der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens in diesen Fällen § 114 Rz. 35.

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vor Ablauf der Beschwerdefrist, ist ausnahmsweise eine Feststellungsbeschwerde zulässig (vgl. § 116 Rz. 18). VI. Form/Frist Die Formalien der Beschwerdeeinlegung und die einzuhaltende Frist er- 26 geben sich aus § 117. VII. Rücknahme der Beschwerde Nicht geregelt ist die Rücknahme der Beschwerde. Vor den Vergabesena- 27 ten gilt die Dispositionsmaxime, so dass die Beschwerde ebenso wie der Antrag vor der Vergabekammer und die Beschwerde im kartellrechtlichen Verfahren1 zurückgenommen werden kann2. Nach LSG Baden-Württemberg findet auf die Rücknahme der sofortigen Beschwerde zumindest dann, wenn die §§ 116 ff. aufgrund der Verweisung in § 142a Abs. 1 SGG Anwendung finden (unten Rz. 34), § 269 Abs. 1 ZPO analoge Anwendung. Danach bedarf die Rücknahme nach der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht der Zustimmung des Beschwerdegegners3. VIII. Beschwerdegericht (§ 116 Abs. 3 und 4) 1. Oberlandesgerichte Sachlich zuständig für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde 28 sind regelmäßig die Oberlandesgerichte (§ 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1), soweit nicht § 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 eingreift (unten Rz. 32). Auch diese Zuständigkeit ist dem kartellrechtlichen Verfahren nachgebildet (§ 63 Abs. 4). Es handelt sich um eine Sonderzuweisung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (hierzu Vor §§ 116–124, Rz. 2). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Sitz der Vergabekammer, deren Entscheidung angefochten wird. In beiden Fällen handelt es sich um ausschließliche Zuständigkeiten. Eine Prorogation, wie sie § 38 ZPO für den Zivilprozess vorsieht, ist ausgeschlossen. Durch die Konzentration der vergaberechtlichen Verfahren bei den Oberlandesgerichten soll die besondere Fachkompetenz der entscheidenden Spruchkörper sichergestellt sowie die Spezialisierung und Zügigkeit der Verfahren gefördert werden4. 1 K. Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 63 Rz. 43. 2 OLG Düsseldorf v. 20.7.2000 – Verg 2/99, NZBau 2001, 165; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 13; a.A. OLG Dresden v. 29.5.2001 – WVerg 3/01, VergabeR 2001, 311. 3 LSG Baden-Württemberg v. 23.1.2009 – L 11 WB 5971/08, VergabeR 2009, 452. 4 BT-Drucks. 13/9340, 20.

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29 Dem gleichen gesetzgeberischen Zweck dient Abs. 3 Satz 2, wonach bei den einzelnen Oberlandesgerichten jeweils ein spezieller Vergabesenat gebildet werden muss. Der Gesetzgeber hat sich nicht dazu entschieden, vorzuschreiben, dass die Kartellsenate im Sinne des § 91 Satz 1 auch für Vergaberechtsstreitigkeiten zuständig sind. Zwar besteht selbstverständlich die Möglichkeit, Kartell- und Vergabesachen im Rahmen der Geschäftsverteilung dem gleichen Senat zuzuweisen, jedoch kann auch eine andere Verteilung zweckmäßig sein1. 30 Eine weitere Verstärkung der Konzentrationswirkung ermöglicht Abs. 4, wonach die Entscheidung über die sofortige Beschwerde von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung anderen Oberlandesgerichten oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden kann. Gegenwärtig existiert in keinem Bundesland ein Oberstes Landesgericht. Der Wortlaut des § 116 Abs. 4 weicht bewusst von § 92 Abs. 1 ab, wonach Länder, in denen mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, Kartellsachen einem oder einigen der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht nur dann zuweisen können, soweit dies der Rechtspflege in Kartellsachen, insbesondere der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, dienlich ist. Auch Länder, in denen mehrere Oberlandesgerichte bestehen, haben die Möglichkeit, lediglich eine Vergabekammer einzurichten. Für sofortige Beschwerden gegen deren Entscheidungen wäre nach Abs. 3 Satz 1 dasjenige OLG zuständig, in dessen Bezirk der Sitz dieser Vergabekammer liegt. Es dürften sich kaum Kriterien der Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung finden, die es rechtfertigen würden, die Zuständigkeit eines anderen OLG desselben Landes zu begründen. Um den Ländern die Möglichkeit zu geben, trotz allem die Zuständigkeit eines anderen OLG oder des Obersten Landesgerichts zu begründen, wurde die einschränkende Voraussetzung des § 92 Abs. 1 Satz 1, wonach die Konzentration auf ein Gericht der Rechtspflege dienen muss, in § 116 Abs. 4 Satz 1 nicht übernommen2. Ländern mit mehreren Oberlandesgerichten steht es daher frei, die Zuständigkeit für Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammer ohne Rücksichtnahme auf deren Sitz einem beliebigen OLG oder dem Obersten Landesgericht zuzuweisen. Umstritten ist, ob § 116 Abs. 4 Satz 1 auch eine länderübergreifende Konzentration gestattet3. Alle Bundesländer, in denen mehrere Oberlandesgerichte bestehen, haben von der Ermächtigung in § 116 Abs. 4 Satz 1 Gebrauch gemacht. 1 BT-Drucks. 13/9340, 20. 2 BT-Drucks. 13/9340, 42. 3 Bejahend Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 116 Rz. 28; verneinend Boesen, Vergaberecht, § 116 Rz. 71.

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Die Landesregierungen können gemäß § 116 Abs. 4 Satz 2 die Befugnis 31 zum Erlass einer Verordnung nach § 116 Abs. 4 Satz 1 auf die Landesjustizverwaltung weiter übertragen. Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG sieht vor, dass eine derartige Übertragung durch Rechtsverordnung zu erfolgen hat. 2. Landessozialgerichte (§ 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2) Ausnahmsweise erfolgt die gerichtliche Überprüfung der Entscheidun- 32 gen der Vergabekammern durch die Landessozialgerichte. Dies gilt nach § 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 für Streitigkeiten über Entscheidungen von Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen. Dieser Halbsatz wurde mit Wirkung zum 18.12.2008 in Kraft gesetzt. Die Änderung des Gesetzes ist die Reaktion auf einen Streit in der Rechtsprechung, welche Gerichte für Rechtsstreitigkeiten über die Vergabe von Verträgen über Leistungserbringungen der gesetzlichen Krankenkassen zuständig sind. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V1. Einigkeit bestand darüber, dass für die Überprüfung der Vergabe derartiger Leistungsbeziehungen – soweit die übrigen Voraussetzungen des 4. Teil des GWB vorlagen – die Vergabekammern nach §§ 102 ff. GWB zuständig waren. Unterschiedlich wurde hingegen beurteilt, ob für den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Vergabekammern die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte nach §§ 116 ff.2 oder der Sozialgerichte3 gegeben war. Aus Sicht des BSG ging die Rechtswegzuweisung in § 130a Abs. 9 SGB V a.F. den Vorschriften der §§ 116 ff. vor. Dies wurde von den ordentlichen Gerichten abgelehnt. Dieser Streit hat nunmehr durch das GKV – OrgWG v. 15.12.20084 eine 33 gesetzliche Regelung erfahren. Nach § 69 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB V sind demnach auf Rechtsbeziehungen gem. § 69 Abs. 1 SGB V die §§ 97 bis 115 und 128 anzuwenden, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hiermit werden auch die Regelungen über die Zuständigkeit der Vergabekammern in Bezug genommen. Rechtsbeziehungen nach § 69 Abs. 1 SGB V sind solche der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden sowie der Kranken1 Zu Rabattvertägen Dreher/J. Hoffmann, NZBau 2009, 273; Stolz/Kraus, VergabeR 2008, 1. 2 So OLG Düsseldorf v. 16.4.2008 – VII Verg 57/07, VergabeR 2008, 686 (689); BGH v. 15.7.2008 – X ZB 17/08, VergabeR 2008, 787. 3 So BSG v. 22.4.2008 – B1 SF 1/08 R, VergabeR 2008, 693 (701). 4 BGBl. I, 2426.

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kassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden. Ausgenommen sind Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt (§ 69 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Die §§ 97 bis 115 und 128 finden nur Anwendung, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies bedeutet insbesondere, dass ein öffentlicher Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 zwischen einem öffentlichen Auftraggeber1 und einem Unternehmen vorliegen muss, welcher den maßgeblichen Schwellenwert erreicht oder übersteigt. 34 Soweit nach diesen Vorschriften eine Zuständigkeit der Vergabekammern gegeben ist, ist für eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer nicht das Oberlandesgericht, sondern ausschließlich das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Landessozialgericht zuständig (§ 29 Abs. 5 Satz 1 SGG; § 116 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2). Mehrere Länder können durch Vereinbarung die den Landessozialgerichten zugewiesenen Aufgaben dem zuständigen Gericht eines Landes auch für das Gebiet eines anderen Landes übertragen (§ 29 Abs. 5 Satz 3 SGG). In Streitigkeiten über derartige Entscheidungen der Vergabekammern sind § 115 Abs. 2 Satz 5 bis 8, Abs. 4 Satz 2 und 3, § 116 Abs. 1 und 2, die §§ 117 bis 123 sowie 125 und 126 entsprechend anzuwenden (§ 142a Abs. 1 SGG). Die Landessozialgerichte haben daher weitestgehend die Verfahrensvorschriften des GWB über die sofortige Beschwerde zu beachten. § 142a Abs. 3 SGG enthält eine § 124 Abs. 1 vergleichbare Regelung, wonach die Gerichte, die über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen Vergabevorschriften zu entscheiden haben, an die Entscheidung der Vergabekammer und die Entscheidung des Landessozialgerichts sowie gegebenenfalls des Bundessozialgerichts gebunden sind. § 142a Abs. 4 SGG begründet eine § 124 Abs. 2 vergleichbare Vorlagepflicht an das Bundessozialgericht. § 207 SGG enthält eine Überleitungsvorschrift für Verfahren gegen Entscheidungen der Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen, die am 18.12.2008 bei den Oberlandesgerichten oder dem BGH anhängig waren.

1 Zur Auftraggebereigenschaft gesetzlicher Krankenkassen EuGH v. 11.6.2009 – Rs. C-300/07; Oymanns, VergabeR 2009, 744.

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Frist, Form

Frist, Form

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(1) Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung, im Fall des § 116 Abs. 2 mit dem Ablauf der Frist beginnt, schriftlich bei dem Beschwerdegericht einzulegen. (2) Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss enthalten: 1. die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, 2. die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt. (3) Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. (4) Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. I. 1. 2. II. 1. 2. 3. 4.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . Frist (§ 117 Abs. 1) . . . . . . Anfechtungsbeschwerde . . Untätigkeitsbeschwerde . . Notfrist . . . . . . . . . . . . . Unselbständige Anschlussbeschwerde . . . . . . . . . . . III. Form . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beschwerdebegründung (§ 117 Abs. 2) . . . . . . . . . .

. . . . . .

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8 9

V. Anwaltszwang (§ 117 Abs. 3) 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . 2. Unterschrift . . . . . . . . . . 3. Juristische Personen des öffentlichen Rechts . . . . . 4. Unterzeichnung der Beschwerdebegründung . . VI. Unterrichtung der übrigen Beteiligten (§ 117 Abs. 4) .

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. . 11

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 117 regelt in Abs. 1 die Beschwerdefrist und deren Beginn. Abs. 2 ent- 1 hält nähere Bestimmungen über den Inhalt der Beschwerdebegründung. Abs. 3 postuliert einen Anwaltszwang. Schließlich sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer gemäß Abs. 4 von der Einlegung der Beschwerde zu unterrichten.

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Frist, Form

2. Entstehungsgeschichte 2 Seit Inkrafttreten des 4. Teils des GWB durch das Vergaberechtsänderungsgesetz am 1.1.1999 wurde lediglich die Vertretungsregel in § 116 Abs. 3 Satz 1 durch Art. 7 Abs. 11 Gesetz v. 26.3.20071 mit Wirkung zum 1.6.2007 geändert. II. Frist (§ 117 Abs. 1) 3 In Abweichung von § 66 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde in Vergabesachen zwei Wochen. Der Fristbeginn ist für die Anfechtungs- sowie die Untätigkeitsbeschwerde unterschiedlich geregelt. 1. Anfechtungsbeschwerde2 4 Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer beginnt mit deren Zustellung. Maßgeblich ist das für die jeweilige Vergabekammer einschlägige Verwaltungszustellungsgesetz. Übermittelt die Vergabekammer ihre Entscheidung per Telefax, ist für den Fristbeginn zu unterscheiden, ob hierin eine Zustellung oder lediglich eine Vorabinformation der Beteiligten liegen soll. Ist letzteres der Fall, was dadurch erkennbar werden kann, dass der Übermittlung per Telefax kein Empfangsbekenntnis beigefügt war, beginnt die Frist erst mit der förmlichen Zustellung der Entscheidung zu laufen3. Für die Berechnung der Beschwerdefrist gelten §§ 120 Abs. 2, 73 Nr. 2 GWB, 222 ZPO, 187 bis 193 BGB. Danach ist der Tag der Zustellung nicht mitzurechnen (§ 187 Abs. 1 BGB). Entscheidend ist der Tag der Zustellung an den jeweiligen Beteiligten, so dass für unterschiedliche Beteiligte unterschiedliche Fristen laufen können. Unterbleibt eine Zustellung fehlerhaft, beginnt die Beschwerdefrist nicht zu laufen. Dies gilt auch dann, wenn der Zustellungsadressat in anderer Weise Kenntnis von dem Inhalt der Entscheidung der Vergabekammer erlangt hat. Allerdings kann in diesen Fällen die Beschwerde auch ohne bzw. ohne wirksame Zustellung eingelegt werden4. Im Fall der fehlerhaften Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer beginnt nach Ablauf der Frist des § 113 Abs. 1 die Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1, 2. Alt. zu laufen. Wird diese Frist versäumt, ist eine Anfechtung der Entscheidung der Vergabekammer ausgeschlossen (vgl. § 116 Rz. 14). 1 2 3 4

BGBl. I, 358. § 116 Rz. 5 ff. BGH v. 10.11.2009 – X ZB 8/09, VergabeR 2010, 210. Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 2.

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Frist, Form

Nach § 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61 Abs. 1 Satz 1 ist die Entscheidung 5 der Vergabekammer mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Ist diese Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, beginnt die Beschwerdefrist nicht zu laufen. Nach der wohl herrschenden Auffassung beträgt die Beschwerdefrist in diesen Fällen gem. § 58 Abs. 2 VwGO analog ein Jahr ab Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer1. Allerdings ist dieser Fall einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer gleichzustellen (vgl. § 114 Rz. 74), so dass nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 die Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1, 2. Alt. zu laufen beginnt. 2. Untätigkeitsbeschwerde2 Die Rechtsmittelfrist des § 117 Abs. 1 gilt auch für die sofortige Be- 6 schwerde gegen die fingierte Ablehnung des Nachprüfungsantrags nach § 116 Abs. 23. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung (§ 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61 Abs. 1 Satz 1) spielt keine Rolle, da die Ablehnung kraft Gesetzes als eingetreten gilt4. In den Fällen des § 116 Abs. 2 beginnt die Beschwerdefrist mit Ablauf der Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1 bzw. der nach § 113 Abs. 1 Satz 2 verlängerten Frist. Der Fristbeginn berechnet sich in diesen Fällen nach § 187 Abs. 2 BGB, da die Notfrist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde mit Ablauf der Entscheidungsfrist der Vergabekammer und folglich mit Beginn des auf den letzten Tag dieser Frist folgenden Tages Null Uhr beginnt5. Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde endet mit dem Ablauf desjenigen Tages der übernächsten Woche, der durch seine Benennung dem Anfangstag der Frist vorhergeht (§ 188 Abs. 2, 2. Hs. BGB). Das GWB sieht keine Verpflichtung der Vergabekammer vor, dem Antragsteller mitzuteilen, wann sein Antrag bei der Kammer eingegangen ist. Es empfiehlt sich daher mit oder unmittelbar nach Antragstellung die Vergabekammer um die Mitteilung des Zeitpunkts des Zugangs des Antrags zu bitten, um den Beginn der Beschwerdefrist in Fällen des § 116 Abs. 2 berechnen zu können. 1 OLG Celle v. 31.5.2007 – 13 Verg 1/07, VergabeR 2007, 692; Hunger in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 6; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 1148; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 117 GWB Rz. 5. 2 Vgl. § 116 Rz. 14 ff. 3 OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (94). 4 OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (94); OLG Dresden v. 17.6.2005 – WVerg 8/05, VergabeR 2005, 812. 5 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 117 GWB Rz. 4 mit Berechnungsbeispiel.

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Frist, Form

3. Notfrist 7 § 117 Abs. 1 bestimmt, dass es sich bei der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde um eine Notfrist handelt. Insoweit besteht eine Parallele zu § 569 Abs. 1 ZPO. Ein Rückgriff auf diese Vorschrift ist jedoch nicht zulässig. Insbesondere gelten für die Form, die Einlegung und die Begründung der sofortigen Beschwerde vorrangig die Vorschriften des GWB (Vor §§ 116–124 Rz. 2). Der Begriff der Notfrist, der der VwGO fremd ist, ergibt sich hingegen aus den Regelungen der ZPO. Danach können Notfristen weder durch Vereinbarung der Parteien abgekürzt (§ 224 Abs. 1 ZPO) noch durch das Gericht verlängert (§ 224 Abs. 2 ZPO) werden1. Möglich ist jedoch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis einer Notfrist, wie sich aus §§ 120 Abs. 2, 73 Nr. 2 GWB, § 233 ZPO ergibt. Sie muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen beantragt werden. Die Frist beginnt, sobald der Umstand, der den Beschwerdeführer an der Einlegung des Rechtsmittels hinderte, behoben ist (§ 234 ZPO). Die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu beantragen, führt nicht dazu, dass ein nach Ablauf der Beschwerdefrist erteilter Zuschlag schwebend unwirksam wäre oder bei Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrags nachträglich unwirksam werden würde. Die hierdurch entstehende Rechtsunsicherheit würde dem Beschleunigungsgrundsatz widersprechen2. 4. Unselbständige Anschlussbeschwerde 8 Vergleichbar den Regelungen in § 127 VwGO und § 524 ZPO sind sowohl eine selbständige als auch eine unselbständige Anschlussbeschwerde zulässig3. Eine selbständige Anschlussbeschwerde liegt vor, wenn der Anschlussbeschwerdeführer die Beschwerde innerhalb der ihm gegenüber laufenden Beschwerdefrist einreicht, ist diese Frist bereits abgelaufen, handelt es sich um eine unselbständige Anschlussbeschwerde. Die unselbständige Anschlussbeschwerde wird unwirksam, wenn die (Haupt-)Beschwerde zurückgenommen wird (§ 127 Abs. 5 VwGO analog). § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO sieht vor, dass die Anschlussberufung nur inner1 Stöber in Zöller, ZPO, § 224 Rz. 6. 2 Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 117 GWB Rz. 3; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 4. 3 OLG Dresden v. 10.1.2000 – WVerg 1/99, BauR 2000, 1582 (1585); OLG Jena v. 2.8.2000 – 6 Verg 5/00, BauR 2000, 1629 (1631); OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (93); Gröning in Beck’scher Kommentar zur VOB/A, § 116 GWB Rz. 17; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 116 Rz. 1131.

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halb der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig ist. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO kann die Anschlussberufung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründungsschrift eingelegt werden. Die neuere Rechtsprechung wendet auf die Anschlussbeschwerde im Vergabeverfahren § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO analog an1. Nach anderer Auffassung beträgt die Frist für die Einlegung der Anschlussbeschwerde analog § 117 Abs. 1 stets zwei Wochen ab Zustellung der Hauptbeschwerde2 bzw. der Beschwerdebegründung3. Eine unselbständige Anschlussbeschwerde ist auch im Verhältnis eines Beigeladenen zum Antragsteller zulässig4. Jedoch kann Anschlussbeschwerde nur durch einen Gegner des Beschwerdeführers eingelegt werden. Unterstützt der sich Anschließende den Beschwerdeführer, liegt keine wirksame Anschlussbeschwerde vor5. Beschwerde und Anschlussbeschwerde müssen sich gegen die gleiche Entscheidung der Vergabekammer richten6. Die Anschlussbeschwerde setzt keine besondere Beschwer voraus7. III. Form Die sofortige Beschwerde ist nach § 117 Abs. 1 schriftlich (§ 126 BGB) 9 einzulegen. Die Erhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle scheidet aus8. Die Einlegung der Beschwerde hat beim örtlich zuständigen Beschwerde- 10 gericht zu erfolgen. Eine Einlegung bei der Vergabekammer analog der für die zivilrechtliche sofortige Beschwerde geltenden Vorschrift des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht möglich9. Für die kartellrechtliche Beschwerde wird in analoger Anwendung des § 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG angenommen, dass die Einlegung der Beschwerde bei 1 OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08, VergabeR 2008, 809 (817); OLG Naumburg v. 4.9.2008 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 210 (213). 2 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 34. 3 BayObLG v. 5.11.2002 – Verg 22/02, VergabeR 2003, 186 (193). 4 OLG Jena v. 5.12.2001 – 6 Verg 4/01, VergabeR 2002, 256 (257); Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 33; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 116 GWB Rz. 5; a.A. Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 117 GWB Rz. 18. 5 OLG Frankfurt/Main v. 8.2.2005 – 11 Verg 24/04, VergabeR 2005, 384. 6 OLG Düsseldorf v. 5.10.2001 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 89 (93). 7 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 12. 8 Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 5; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 6. 9 Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 3; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 5.

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Frist, Form

einer unzuständigen Behörde oder einem unzuständigen Gericht die Beschwerdefrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 wahrt, soweit eine Verweisung an die zuständige Behörde bzw. das zuständige Gericht erfolgt, auch wenn dies nach Ablauf der Beschwerdefrist geschieht1. Einer analogen Anwendung des § 83 VwGO dürfte der von dem Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum Vergaberechtsänderungsgesetz mehrfach hervorgehobene Beschleunigungsgrundsatz entgegenstehen. Diesem Grundsatz dient insbesondere die kurze Frist zur Einlegung der Beschwerde und der Wegfall der besonderen Beschwerdebegründungsfrist des kartellrechtlichen Verfahrens. Durch die Zwei-Wochen-Frist des § 117 Abs. 1 soll für alle Beteiligten so schnell wie möglich Klarheit darüber bestehen, ob die Entscheidung der Vergabekammer Bestand haben wird, wobei in Kauf genommen wird, dass die gesetzliche Frist die Beschwerdeführer unter erheblichen zeitlichen Druck setzt. Hiermit wäre es unvereinbar, auch die Einreichung einer Beschwerde beim unzuständigen Gericht als fristwahrend zu behandeln2. Eine Verweisung an das zuständige Gericht nach § 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG würde zu einer erheblichen Verzögerung des Beschwerdeverfahrens führen. Dabei ist zu beachten, dass die Beschwerde grundsätzlich von einem Rechtsanwalt unterzeichnet werden (§ 117 Abs. 3 Satz 1) und die Entscheidung der Vergabekammer zwingend eine Rechtsmittelbelehrung enthalten muss (§ 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 61 Abs. 1 Satz 1). Beide Vorschriften führen dazu, dass Zweifel über das örtlich und sachlich zuständige Gericht nicht entstehen dürften. Erfolgt trotz allem die Einlegung der Beschwerde bei der Vergabekammer oder einem unzuständigen Gericht, ist es im Hinblick auf die erforderliche Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens vertretbar, die hierdurch entstehenden Nachteile dem Beschwerdeführer aufzubürden. Allerdings ist die Behörde oder das Gericht, bei dem die sofortige Beschwerde unzutreffend eingelegt wird, verpflichtet, den Beschwerdeführer unverzüglich auf seine Unzuständigkeit hinzuweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, die Beschwerde noch innerhalb der Beschwerdefrist beim zuständigen Gericht einzulegen3. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung hat jedoch, soweit nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen (vgl. Rz. 7), keine Auswirkungen. Eine 1 Bracher in Frankfurter Kommentar, § 66 Tz. 26. 2 BayObLG v. 2.12.2002 – Verg 24/02, VergabeR 2003, 207. 3 A.A. Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 3; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 5, wonach die Verpflichtung der Vergabekammer besteht, eine bei ihr eingegangene Beschwerde an den zuständigen Vergabesenat weiterzuleiten; geht die Beschwerde dort nicht innerhalb der Beschwerdefrist ein, soll dies allerdings im Risikobereich des Beschwerdeführers liegen.

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Verweisung des zu Unrecht angerufenen Beschwerdegerichts an ein Gericht eines anderen Rechtszugs nach § 17 GVG scheidet aus, da es sich bei dem Vergabenachprüfungsverfahren nicht um ein ordentliches Gerichtsverfahren handelt1. IV. Beschwerdebegründung (§ 117 Abs. 2) Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 zugleich mit ihrer 11 Einlegung zu begründen. Hierdurch soll eine rasche Entscheidung des Beschwerdegerichts ermöglicht werden. Entgegen dem Wortlaut des § 117 Abs. 2 Satz 1 ist es zulässig, die Beschwerdebegründung nachzureichen, wenn dies innerhalb der Beschwerdefrist geschieht2. Auch in diesem Fall wird die von dem Gesetzgeber gewünschte Beschleunigung des Verfahrens erreicht. Entspricht die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen des § 117 Abs. 2 Satz 2, kann dies nur innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 geheilt werden3. Soweit eine Anfechtungsbeschwerde erhoben wird, muss die Beschwerde- 12 begründung nach § 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Entscheidung der Vergabekammer lediglich teilweise angefochten wird4 (vgl. zur teilweisen Anfechtung § 116 Rz. 6). Auf die Untätigkeitsbeschwerde ist § 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 entsprechend anzuwenden, da in diesem Fall der Antrag als durch die Vergabekammer abgelehnt gilt (§ 116 Abs. 2, 2. Halbs.)5. Es ist ausreichend, wenn sich das Begehren des Beschwerdeführers durch Auslegung der Begründung ergibt6. Das Formulieren eines Entscheidungstenors, der von dem Beschwerdegericht übernommen werden könnte, ist zwar zweckmäßig, jedoch nicht erforderlich7. Insbesondere ist der Beschwerdeführer nicht verpflichtet, sich auf 1 OLG Celle v. 4.5.2001 – 13 Verg 5/00, VergabeR 2001, 325 (327). 2 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 117 GWB Rz. 7; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 2; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 8. 3 OLG Koblenz v. 5.4.2006 – 1 Verg 1/06, NZBau 2006, 600. 4 Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 31; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 10. 5 Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 29. 6 OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, BauR 2000, 396 (398); BayObLG v. 12.9. 2000 – Verg 4/00, VergabeR 2001, 65 (67); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 117 GWB Rz. 10; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 7. 7 OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (754); KG v. 28.9.2009 – 2 Verg 8/09, VergabeR 2010, 289.

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eine der Entscheidungsalternativen des § 123 Satz 2 festzulegen1. Er muss jedoch erkennbar machen, gegen welche Entscheidung sich die sofortige Beschwerde richtet. Die Angabe des Datums und des Aktenzeichens der angefochtenen Entscheidung ist zweckmäßig, jedoch nicht erforderlich, wenn die Entscheidung in anderer Weise hinreichend bestimmbar ist2. 13 Zu unterscheiden ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts einerseits, das heißt die Frage, welche Vergaberechtsverstöße i.S. des § 97 Abs. 7 Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bilden, und die Tatsachen und Beweismittel andererseits, mit denen der Beschwerdeführer diese behaupteten Rechtsverletzungen begründet. 14 Der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts ist umstritten. Nach §§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 70 Abs. 1 erforscht das Beschwerdegericht den Sachverhalt von Amts wegen (Untersuchungsgrundsatz). Andererseits bestimmt § 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, dass der Beschwerdeführer angeben muss, inwieweit er die Entscheidung der Vergabekammer angreift (Dispositionsgrundsatz). Insbesondere ein Teil der Rechtsprechung folgert aus der letztgenannten Vorschrift, dass der Prüfungsumfang von dem Beschwerdeführer vorgegeben wird. Das Beschwerdegericht prüft demnach das Vergabeverfahren nicht von Amts wegen auf etwaige Pflichtverletzungen, sondern beschränkt seine Prüfung auf diejenigen Rechtsverletzungen, auf die sich der Beschwerdeführer beruft3. Nach anderer Auffassung geht der Untersuchungsgrundsatz vor. Folglich habe das Beschwerdegericht im Rahmen der Zielsetzung der Beschwerde das Vergabeverfahren insgesamt auf seine Rechtmäßigkeit hin zu prüfen, ohne an den Vortrag des Beschwerdeführers gebunden zu sein4. 15 Eine Erweiterung der Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts auf nicht gerügte Vergaberechtsverstöße würde allerdings gegen die Disposi1 Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 28. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 9. 3 BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, NZBau 2000, 49 (50); OLG Jena v. 13.10.1999 – 6 Verg 1/99, BauR 2000, 388 (390); OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, BauR 2000, 396 (399); BayObLG v. 12.9.2000 – Verg 4/00, VergabeR 2001, 65 (70); OLG Schleswig v. 13.2.2001 – 6 Verg 1/01, VergabeR 2001, 214 (215); OLG Frankfurt/ Main v. 8.2.2005 – 11 Verg 24/04, VergabeR 2005, 384 (387); Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 17; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 25. 4 OLG Düsseldorf v. 5.7.2000 – Verg 5/99, NZBau 2001, 106 (110); Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 48 ff.; Jaeger in Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 1160; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 11.

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tionsmaxime verstoßen. Deren Gegensatz ist die Offizialmaxime, nicht der Untersuchungsgrundsatz1. Auch unter Geltung des Untersuchungsgrundsatzes obliegt es der Entscheidung des Beschwerdeführers, dem Beschwerdegericht vorzugeben, welchen Vergaberechtsverstößen es nachzugehen hat. Anderenfalls würde § 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 weit gehend leer laufen. Dies gilt umso mehr aufgrund der Änderungen, die § 110 Abs. 1 durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20092 erhalten hat. § 110 bestimmt die Konsequenzen, die sich aus dem Untersuchungsgrundsatz für den Prüfungsumfang der Vergabekammer ergeben. Danach kann sich die Vergabekammer nunmehr auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss (§ 110 Abs. 1 Satz 2). Eine Verpflichtung zur umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle besteht nicht (§ 110 Abs. 1 Satz 3). Diese Einschränkung der Untersuchungsverpflichtung der Vergabekammer gegenüber der bisherigen Gesetzesfassung rechtfertigt es, im Verfahren vor dem Beschwerdegericht der Dispositionsmaxime den Vorrang zu gewähren. Weiterhin ist zu beachten, dass der Untersuchungsgrundsatz durch die Mitwirkungs- und Förderungspflichten der Beteiligten eines Nachprüfungsverfahrens ohnehin an Bedeutung verliert3. Demnach wird der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts von dem Beschwerdeführer vorgegeben. Dies gilt auch für Vergaberechtsverstöße, die sich objektiv aufdrängen4. Unberührt von der Dispositionsmaxime bleibt die Verpflichtung des Gerichts, zwingende Ausschlussgründe in Hinblick auf das Angebot des Antragstellers im Vergabeverfahren zu prüfen. Der Antrag eines Bieters, der kein wertbares Angebot abgegeben hat, ist als unbegründet zurückzuweisen5. Hierbei kann sich das Beschwerdegericht – ebenso wie die Vergabekammer – auch auf Ausschlussgründe stützen, die von dem Auftraggeber nicht geltend gemacht wurden6. Es stellt sich die Frage, ob sich der Beschwerdeführer auch solche Ver- 16 gaberechtsverstöße berufen kann, die nicht Gegenstand des Verfahrens vor der Vergabekammer waren und ob er sämtliche geltend gemachten Verstöße in der Beschwerdeschrift nennen muss. Auch im Beschwerdeverfahren kann sich der Beschwerdeführer nur auf solche Vergabe1 2 3 4

Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 8. BGBl. I., S. 790. BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71 (75). A.A. OLG Düsseldorf v. 28.4.2008 – Verg 1/08, VergabeR 2008, 948 (951); Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 123 GWB Rz. 4. 5 Eine Ausnahme besteht, wenn alle Angebote unter einem gleichwertigen Fehler leiden BGH v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59. 6 BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313 (318).

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Frist, Form

rechtsverstöße berufen, die er unverzüglich i.S. des § 107 Abs. 3 gerügt hat1. Zur Frage, ob § 107 Abs. 3 europarechtskonform ist, vgl. die Kommentierung zu § 107. Hatte der Beschwerdeführer einzelne Vergaberechtsverstöße bereits erkannt, als das Verfahren vor der Vergabekammer noch lief und nicht unverzüglich gerügt bzw. in das laufende Verfahren eingebracht, ist ein Berufen auf diese Verstöße vor dem Berufungsgericht ausgeschlossen2. Dies gilt selbstverständlich nicht für Vergaberechtsverstöße, die der Beschwerdeführer erst nach dem Abschluss des Verfahrens vor der Vergabekammer, etwa durch die Gewährung erweiterter Akteneinsicht durch das Beschwerdegericht, erkennt3. Daneben kann die sofortige Beschwerde auf Verfahrensverstöße der Vergabekammer gestützt werden4. Innerhalb der Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 bestimmt der Beschwerdeführer, inwieweit er die Entscheidung der Vergabekammer angreift. Erfolgt lediglich eine teilweise Anfechtung, ist der Beschwerdeführer hierauf nach Ablauf der Beschwerdefrist beschränkt. Hat er in der Beschwerdebegründung lediglich einzelne Aspekte der Entscheidung der Vergabekammer angegriffen, besteht keine Möglichkeit – soweit nicht eine unselbstständige Anschlussbeschwerde in Betracht kommt (§ 117 Rz. 8) –, Rechtsverletzungen, die die Vergabekammer verneint und die er in der Beschwerdebegründung nicht angegriffen hat, nachträglich in das Verfahren einzubeziehen. Unzulässig ist es, die Beschwerde auf Rechtsverletzungen zu stützen, die der Beschwerdeführer zwar unverzüglich i.S.d. § 107 Abs. 3 gegenüber dem Auftraggeber rügte, jedoch nicht innerhalb einer von der Vergabekammer nach § 113 Abs. 2 Satz 2 gesetzten Frist im Vergabenachprüfungsverfahren vorbrachte. Dies verstößt gegen den Beschleunigungsgrundsatz5. 17 Von der Frage des Prüfungsumfangs, das heißt der behaupteten Vergaberechtsverstöße, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, ist die Frage zu unterscheiden, mit welchen Tatsachen und Beweismitteln der Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Rechtsverletzungen belegt. Nach § 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 muss die Beschwerdebegründung die Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, enthalten. 1 BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, NZBau 2000, 49 (50); Kullack in Heiermann/ Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 117 GWB Rz. 14. 2 OLG Frankfurt/Main v. 11.5.2004 – 11 Verg 8 und 9/04, NZBau 2004, 567. 3 OLG Jena v. 13.10.1999 – 6 Verg 1/99, BauR 2000, 388 (392); BayObLG v. 28.5. 2003 – Verg 6/03, VergabeR 2003, 675 (679); OLG Frankfurt/Main v. 11.5.2004 – 11 Verg 8 und 9/04, NZBau 2004, 567. 4 OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, BauR 2000, 396 (399). 5 OLG Karlsruhe v. 6.2.2007 – 17 Verg 7/06, VergabeR 2007, 365; a.A. OLG Koblenz v. 10.8.2000 – 1 Verg 2/00, BauR 2001, 240 (242 ff.).

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Frist, Form

Während die Frist zur Begründung der kartellrechtlichen Beschwerde nach § 66 Abs. 3 Satz 1 zwei Monate beträgt und zusätzlich verlängert werden kann, stehen zur Begründung der sofortigen Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer lediglich zwei Wochen zur Verfügung. Es handelt sich hierbei um einen äußerst kurz bemessenen Zeitraum. Dies ist bei den Anforderungen, die an die Beschwerdebegründung zu stellen sind, zu berücksichtigen1. Obwohl § 117 Abs. 2 Satz 2, in dem der Inhalt der Beschwerdebegründung festgelegt wird, wortgleich mit § 66 Abs. 4 ist, der auf die kartellrechtliche Beschwerde Anwendung findet, können aufgrund der kurzen Beschwerdebegründungsfrist die an die Begründung einer kartellrechtlichen Beschwerde gestellten Anforderungen nicht ungeprüft auf die sofortige Beschwerde nach § 116 übertragen werden. Vielmehr muss eine gedrängte Darstellung der Tatsachen und Beweismittel genügen, ohne dass auf deren Vollständigkeit verzichtet werden kann. Ein pauschaler Hinweis auf das Vorbringen gegenüber der Vergabekammer ist nicht ausreichend2. Unbedenklich ist es hingegen, wenn einzelne Teile des vorherigen Vorbringens konkret in Bezug genommen werden3. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Vergabekammer mit diesem Vortrag nicht auseinandergesetzt hat. Rechtsausführungen sind entsprechend dem klaren Wortlaut des § 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 nicht erforderlich, jedoch selbstverständlich zweckmäßig. Es ist nicht erforderlich, mit der Beschwerdeschrift die Unterlagen erneut einzureichen, die bereits der Vergabekammer vorlagen4. Soweit sich die Beschwerde auf mehrere – auch hilfsweise geltend gemachte – Gründe stützt, müssen die Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 für jeden einzelnen Grund vorliegen5. Ist eine Beschwerde in zulässiger Weise, das heißt insbesondere frist- 18 gerecht und mit einer den Anforderungen des § 117 Abs. 2 entsprechenden Begründung eingelegt worden, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, auch nach Ablauf der Beschwerdefrist weitere Tatsachen und Beweismittel nachzuschieben6. Dies gilt unzweifelhaft für neue Tatsachen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eintreten7 oder dem Beschwerdeführer erst nach diesem Zeitpunkt, etwa durch eine zwi1 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 35. 2 OLG Koblenz v. 15.3.2001 – 1 Verg 1/01, VergabeR 2001, 445 (446); Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 39. 3 Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 27. 4 BGH v. 18.5.2004 – X ZB 7/04, VergabeR 2004, 473 (475). 5 OLG Brandenburg v. 5.1.2006 – Verg W 12/05, VergabeR 2006, 554 (560). 6 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 13. 7 OLG Jena v. 30.10.2006 – 9 Verg 4/06, VergabeR 2007, 118 (123).

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schenzeitliche Akteneinsicht, bekannt werden1. Aber auch im Übrigen ist der Beschwerdeführer nicht gehindert, zusätzliche und ergänzende Tatsachen und Beweismittel vorzutragen, um die von ihm behaupteten Vergaberechtsverstöße zu begründen2. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo sich die neu vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel auf Vergaberechtsverstöße beziehen, die nicht Gegenstand der Beschwerdebegründung waren. Tatsachen und Beweismittel, die im Falle einer Fristsetzung nach § 113 Abs. 2 Satz 2 nicht fristgerecht gegenüber der Vergabekammer vorgetragen wurden, sind im Beschwerdeverfahren nicht präkludiert. Allerdings ist auch das Beschwerdegericht berechtigt, den Parteien Äußerungsfristen zu setzen (§§ 120 Abs. 2 i.V.m. 70 Abs. 3 Satz 1). Tatsachen und Beweismittel, die nach Ablauf einer derartigen Frist vorgetragen werden, können unberücksichtigt bleiben (§ 70 Abs. 3 Satz 2). Dies gilt auch für den Vortrag, den ein Beteiligter unter Verstoß gegen seine Mitwirkungspflicht so verspätet vorgebracht hat, dass den anderen Beteiligten vor Schluss der mündlichen Verhandlung eine Einlassung nicht mehr möglich war3. Eine Beschränkung von neuen Tatsachen und neuen Beweismitteln aufgrund der Rügepflicht des § 107 Abs. 3 scheidet aus, da sich diese Vorschrift allein auf die Rüge von Vergaberechtsverstößen bezieht. Das rügende Unternehmen ist hingegen nicht verpflichtet, gegenüber dem Auftraggeber zusammen mit der Rüge unverzüglich sämtliche Tatsachen und Beweismittel vorzulegen, aus denen sich der gerügte Rechtsverstoß ergibt. Zu den sich aus dem Untersuchungsgrundsatz ergebenden Verpflichtungen des Beschwerdegerichts, den Sachverhalt unabhängig von dem Vortrag der Parteien aufzuklären vgl. § 120 Rz. 10 f. 19 Der Beschwerdegegner kann sich gegenüber dem Beschwerdeführer auf sämtliche Tatsachen und Beweismittel berufen. Er ist keineswegs auf den Streitstoff beschränkt, den der Beschwerdeführer zum Gegenstand seiner Begründung macht4. Auch muss der Vortrag des Beschwerdegegners gegenüber der Vergabekammer selbst dann berücksichtigt werden, wenn er vor dem Beschwerdegericht nicht ausdrücklich wiederholt wird. Einschränkungen ergeben sich lediglich aus § 107 Abs. 3 und §§ 120 Abs. 2 i.V.m. 70 Abs. 3.

1 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 38. 2 OLG Brandenburg v. 20.8.2002 – Verg W 6/02, VergabeR 2003, 222 (224). 3 OLG Düsseldorf v. 19.11.2003 – Verg 22/03, VergabeR 2004, 248; OLG Frankfurt/ Main v. 7.8.2007 – 11 Verg 3 u. 4/07, VergabeR 2007, 776 (785). 4 OLG Düsseldorf v. 18.7.2001 – Verg 16/01, VergabeR 2001, 419 (426).

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Frist, Form

V. Anwaltszwang (§ 117 Abs. 3) 1. Grundsatz § 117 Abs. 3 sieht vor, dass die Beschwerdeschrift durch einen Rechts- 20 anwalt unterzeichnet sein muss. Die Vertretung durch einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule ist – anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO) – nicht zulässig. Die Beschwerdeschrift kann von jedem in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt (§ 12 Abs. 1 BRAO) unterzeichnet werden. Die beim BGH zugelassenen Rechtsanwälte sind nach § 172 Abs. 1 BRAO von dem Auftreten vor Oberlandesgerichten ausgeschlossen. Dies umfasst das Verbot, dort Schriftsätze einzureichen1. Trotz allem kann eine sofortige Beschwerde nach § 116 wirksam von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden, da § 172 BRAO die Wirksamkeit einer zu Unrecht vorgenommenen Prozesshandlung nicht berührt, soweit nicht die Vertretung durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt ausdrücklich vorgeschrieben ist2. Europäische Rechtsanwälte sind durch das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) v. 9.3.20003 deutschen Rechtsanwälten unter den dort genannten Voraussetzungen4 gleichgestellt und daher ebenfalls berechtigt, eine sofortige Beschwerdeschrift zu unterzeichnen. 2. Unterschrift Die Anforderungen an die Unterschrift richten sich nach den allge- 21 meinen Grundsätzen im gerichtlichen Verfahren5. Grundsätzlich ist die Einreichung eines Schriftsatzes mit der Originalunterschrift des Rechtsanwalts erforderlich6. Ein Faksimilestempel oder ein Handzeichen (Paraphe) genügen nicht. Unübersehbar ist die Rechtsprechung zu den Anforderungen, die an die Leserlichkeit einer Unterschrift zu stellen sind7. Diese sind teilweise überzogen und sachlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere bei der Einreichung fristgebundener Schriftsätze – zu denen 22 auch die sofortige Beschwerde zählt – hat sich eine Übermittlung per 1 2 3 4 5

Hartung in Henssler/Prütting, BRAO, § 172 Rz. 2. Hartung in Henssler/Prütting, BRAO, § 172 Rz. 4. BGBl. I, S. 182. Zusammenfassend Vollkommer in Zöller, ZPO, Vor § 78 Rz. 8. Zusammenfassend Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 129 Rz. 9 ff.; Greger in Zöller, ZPO, § 130 Rz. 7 ff. 6 Greger in Zöller, ZPO, § 130 Rz. 11. 7 Greger in Zöller, ZPO, § 130 Rz. 11.

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Frist, Form

Telefax durchgesetzt. Hierbei ist erforderlich, dass eine Kopie der handschriftlichen Unterschrift des Einreichers dem Gericht übermittelt wird1. Die Übersendung per Computerfax ist zulässig, wenn die Unterschrift des Absenders eingescannt ist2. Der Hinweis, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann, genügt nach § 130 Nr. 6 ZPO nicht3. Die Verwendung elektronischer Dokumente, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen sind, ist möglich, soweit die Landesregierungen in Ausübung ihrer Kompetenz nach § 130a Abs. 2 ZPO entsprechende Verordnungen erlassen haben. Wird eine Beschwerdeschrift ohne gültige Unterschrift eingereicht, kann dies nur innerhalb der Beschwerdefrist geheilt werden4. 3. Juristische Personen des öffentlichen Rechts 23 Eine Ausnahme vom Anwaltszwang sieht Abs. 3 Satz 2 für Beschwerden, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts eingereicht werden, vor. Diese müssen nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Nach dem Wortlaut der Vorschrift werden in diesem Fall an die Person des Unterzeichners der Beschwerdeschrift keinerlei Anforderungen gestellt. Demnach könnte die Beschwerde auch von einem Nichtjuristen unterzeichnet werden. Für das weitere Verfahren ab Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts nach § 120 Abs. 1 jedoch von einem Rechtsanwalt oder einem Beamten oder Angestellten mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. Diese Unterscheidung zwischen der Einlegung und Begründung der Beschwerde sowie dem übrigen Verfahren ist nicht gerechtfertigt. § 117 Abs. 3 Satz 2 ist daher dahingehend auszulegen, dass die Person, die im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts die Beschwerdeschrift unterzeichnet – soweit es sich hierbei nicht um einen Rechtsanwalt handelt – die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 Satz 2 erfüllen muss5.

1 2 3 4 5

§ 130 Nr. 6 ZPO analog; BGH v. 11.10.1989 – IVa ZB 7/89, NJW 1990, 188. GmS-OGB v. 5.4.2000 – GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160. BGH v. 10.5.2005 – XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086. Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 13. Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 45; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 55; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 16; a.A. Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 117 GWB Rz. 16; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 1144.

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4. Unterzeichnung der Beschwerdebegründung Soweit – was zulässig ist (vgl. o. Rz. 11) – die Beschwerde zunächst nicht 24 begründet und die Begründung innerhalb der Beschwerdefrist nachgereicht wird, gelten auch für die Unterzeichnung des Begründungsschriftsatzes die Anforderungen des § 117 Abs. 3. VI. Unterrichtung der übrigen Beteiligten (§ 117 Abs. 4) Die anderen Beteiligten an dem Verfahren vor der Vergabekammer (§ 109 25 Satz 1) müssen nach § 117 Abs. 4 von dem Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift von deren Einlegung unterrichtet werden. Auch diese Vorschrift dient der Beschleunigung des Verfahrens1. Nach §§ 120 Abs. 2, 73 Nr. 2 finden die Vorschriften der ZPO über Zustellungen von Amts wegen (§§ 166 bis 190 ZPO) Anwendung. Eine Verweisung auf die Vorschriften über Zustellungen im Parteibetrieb (§§ 191 bis 195 ZPO) enthält das GWB nicht. Hieraus folgt, dass die Unterrichtung der Beteiligten nach § 117 Abs. 4 durch Übersendung der Beschwerdeschrift per Post, Telefax oder Boten zulässig ist. Soweit die Beschwerdeschrift noch keine Begründung enthält, was zulässig ist (vgl. o. Rz. 11), muss lediglich die Beschwerdeschrift den anderen Beteiligten übermittelt werden. Auf die spätere Beschwerdebegründung findet § 117 Abs. 4 keine Anwendung. Insofern genügt es, dem Original der Beschwerdebegründung beglaubigte Ablichtungen für die übrigen Beteiligten beizufügen. Zulässig ist es jedoch auch, den Beteiligten direkt beglaubigte Ablichtungen der Beschwerdebegründung zuzusenden. § 117 Abs. 4 entbindet den Vergabesenat nicht von seiner Verpflichtung, die Beschwerdeschrift den übrigen Beteiligten nach §§ 120 Abs. 2, 73 Nr. 2 GWB und 172 Abs. 2 ZPO zuzustellen2. Dem Vergabesenat dürfte es auch kaum möglich sein zu überprüfen, ob der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nach § 117 Abs. 4 selbst nachgekommen ist. Das Gesetz enthält keine Vorschriften über die Folgen eines Verstoßes 26 gegen die Mitteilungspflicht. Es handelt sich um eine bloße Ordnungsvorschrift. Verletzt der Beschwerdeführer § 117 Abs. 4, hat dies auf die Wirksamkeit der Beschwerde keinen Einfluss3. Allerdings kann die un1 BT-Drucks. 13/9340, 21. 2 BayObLG v. 22.1.2002 – Verg 18/01, VergabeR 2002, 244; Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 46; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 117 GWB Rz. 18. 3 OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, BauR 1999, 751 (754 f.); OLG Stuttgart v. 24.3.2000 – 2 Verg 2/99, NZBau 2000, 301 (302); BayObLG v. 28.5.2003 – Verg 6/03, VergabeR 2003, 675; Boesen, Vergaberecht, § 117 Rz. 48; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 18.

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terlassene Unterrichtung nach § 117 Abs. 4 den Vergabesenat veranlassen, den übrigen Beteiligten längere Einlassungsfristen zu setzen1. Nach Auffassung des OLG Naumburg2 führt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des § 117 Abs. 4 dazu, dass der Auftraggeber nach Ablauf der Beschwerdefrist berechtigt ist, den Zuschlag zu erteilen, soweit ihm die Tatsache der Beschwerdeeinlegung nicht bekannt ist. Für diese Auslegung spricht die vom Gesetzgeber beabsichtigte Beschleunigungswirkung des § 117 Abs. 4. Allerdings dürfte der Auftraggeber ohnehin in den seltensten Fällen in der Lage sein, den Ablauf der Beschwerdefrist zu berechnen, da dieser von der Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer an den Antragsteller und gegebenenfalls an die übrigen Beteiligten abhängt. Verlässliche Kenntnis über diesen Zeitpunkt kann der Auftraggeber lediglich durch eine Anfrage bei der Vergabekammer über den Zeitpunkt der Zustellung erhalten. Es ist ihm daher auch zumutbar, bei dem zuständigen Beschwerdegericht Auskunft darüber einzuholen, ob eine Beschwerde eingelegt wurde. Darüber hinaus würden sich Unsicherheiten ergeben, wenn der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist ausnutzt und die Benachrichtigung nach § 117 Abs. 4 dem Auftraggeber – aus welchen Gründen auch immer – erst zu einem späteren Zeitpunkt zugeht. Die aufschiebende Wirkung der Einlegung der Beschwerde nach § 118 Abs. 1 Satz 1 tritt somit unabhängig von der Kenntnis des Auftraggebers von der Beschwerdeeinlegung ein3.

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(1) Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 117 Rz. 18. 2 OLG Naumburg v. 2.6.1999 – 10 Verg 1/99, NZBau 2000, 96; OLG Naumburg v. 16.1.2003 – 1 Verg 10/02, VergabeR 2003, 360. 3 OLG Frankfurt/Main v. 20.2.2003 – 11 Verg 1/02, VergabeR 2003, 724; OLG Dresden v. 17.6.2005 – WVerg 8/05, VergabeR 2005, 812; Hunger in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 65; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 1162; Terner, ZfBR 2003, 295.

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(2) Das Gericht lehnt den Antrag nach Absatz 1 Satz 3 ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens. (3) Hat die Vergabekammer dem Antrag auf Nachprüfung durch Untersagung des Zuschlags stattgegeben, so unterbleibt dieser, solange nicht das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nach § 121 oder § 123 aufhebt. I. 1. 2. II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . 1 Entstehungsgeschichte . . . . . 2 Aufschiebende Wirkung (§ 118 Abs. 1 und 2) Grundsatz (§ 118 Abs. 1 Satz 1) 3 Anwendungsbereich und Wirkung des § 118 Abs. 1 . . . . . . 4 Voraussetzungen/Eintritt der aufschiebenden Wirkung. . . . . 7 Frist (§ 118 Abs. 1 Satz 2) . . . . 8 Verlängerung der aufschiebenden Wirkung (§ 118 Abs. 1 Satz 3) . . . . . . . 11 Entscheidung über den Verlängerungsantrag (§ 118 Abs. 2) a) Prüfungsreihenfolge . . . . . 19

7. III. IV. 1.

2.

aa) Bisherige Rechtslage . . . . . . . . . . . bb) Neue Rechtslage . . b) Verfahren und Entscheidung . . . . . . . Zuschlagsverbot . . . . . . . Stattgebende Entscheidung der Vergabekammer (§ 118 Abs. 3) . . . . . . . . . Verhältnis zwischen §§ 115 Abs. 2, 118 und 121 Folgen einer Entscheidung nach § 115 Abs. 2 für die Zulässigkeit von Aufträgen nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und § 121 . . Verhältnis zwischen § 118 und § 121 . . . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht §§ 118 und 121 regeln Eilmaßnahmen während des Beschwerdeverfah- 1 rens. § 118 Abs. 1 Satz 1 ordnet an, dass der sofortigen Beschwerde während einer Frist von zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer zukommt. Diese kann auf Antrag durch das Beschwerdegericht bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert werden (Abs. 1 Satz 3). HierStickler

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durch wird dem unterlegenen Antragsteller die Möglichkeit gegeben, eine Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens zu verhindern. Abs. 2 bestimmt, welche Umstände das Beschwerdegericht bei der Entscheidung über einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung berücksichtigt. Abs. 3 ordnet für den Fall, dass der Auftraggeber vor der Vergabekammer verloren hat, die Fortdauer des Zuschlagsverbots des § 115 Abs. 1 bis zu einer Entscheidung des Vergabesenats an. § 121 gewährt dem Auftraggeber in diesem Fall das Recht, einen Antrag auf Gestattung der Zuschlagserteilung vor Beendigung des Beschwerdeverfahrens zu stellen. §§ 118 und 121 regeln die möglichen Eilmaßnahmen vor den Vergabesenaten abschließend. Für eine analoge Anwendung der Vorschriften über die einstweilige Verfügung in §§ 935 ZPO ff. ist kein Raum1. Lehnt das Beschwerdegericht einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ab oder gestattet es die Zuschlagserteilung auf einen Antrag nach § 121 hin, kann der Auftraggeber durch die Zuschlagserteilung vollendete Tatsachen schaffen. Wie im Verfahren nach § 115 Abs. 2 handelt es sich daher letztlich nicht um einstweilige Maßnahmen, sondern um eine Vorwegnahme der Hauptsache (§ 115 Rz. 37). 2. Entstehungsgeschichte 2 Durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20092 wurde § 118 Abs. 2 neu gefasst. II. Aufschiebende Wirkung (§ 118 Abs. 1 und 2) 1. Grundsatz (§ 118 Abs. 1 Satz 1) 3 Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 kommt der sofortigen Beschwerde aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer zu. Unter europarechtlichen Gesichtspunkten ist diese Regelung nicht zwingend, da Art. 2 Abs. 4 Rechtsmittelrichtlinie (RL 89/665/EWG) und Art. 2 Abs. 3a Sektoren-Rechtsmittelrichtlinie (RL 92/13/EWG) einen Suspensiveffekt lediglich für die erste Nachprüfungsinstanz fordern. § 118 Abs. 1 Satz 1 findet Anwendung, wenn der Antragsteller vor der Vergabekammer unterlegen war und daher eine Zuschlagserteilung droht3. Während des Verfahrens vor der Vergabekammer wirkt zugunsten 1 BayObLG v. 18.9.2001 – Verg 10/01, VergabeR 2002, 182 (185). 2 BGBl. I, 790. 3 OLG Düsseldorf v. 12.7.2004 – VII Verg 39/04, VergabeR 2004, 663; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 3; a.A. Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 3, wobei unklar bleibt, inwieweit in diesen Fällen ein Zuschlagsverbot besteht, das verlängert werden könnte.

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des Antragstellers das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1. Dieses endet mit Ablauf der Beschwerdefrist (§ 115 Abs. 1) (§ 115 Rz. 16). Ohne die Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 1 wäre der Auftraggeber im Fall der Ablehnung des Nachprüfungsantrags durch die Vergabekammer berechtigt, den Zuschlag nach Ablauf der Beschwerdefrist zu erteilen und hierdurch vollendete Tatsachen zu schaffen, da auch das Beschwerdegericht einen bereits erteilten Zuschlag nicht aufzuheben vermag (§ 123 Satz 4 i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1). Die aufschiebende Wirkung besteht in der Verlängerung des Zuschlagsverbots1. § 118 Abs. 1 Satz 1 findet auch auf die fingierte Ablehnungsentscheidung nach § 116 Abs. 2 Anwendung2. Ein Fall des § 118 Abs. 1 liegt auch dann vor, wenn die Vergabekammer die Aufhebung der Ausschreibung anordnet3. Obsiegt der Antragsteller vor der Vergabekammer, richten sich die Rechtsfolgen nach § 118 Abs. 3. 2. Anwendungsbereich und Wirkung des § 118 Abs. 1 § 118 Abs. 1 findet nur auf Hauptsacheentscheidungen der Vergabekam- 4 mer Anwendung. Ob die Vergabekammer zuständig war, spielt keine Rolle. Entscheidend ist allein, dass ein Beschluss einer Vergabekammer vorliegt4. Zwar ist auch gegen bestimmte Nebenentscheidungen die sofortige Beschwerde zulässig, wie beispielsweise gegen Kostenentscheidungen (vgl. § 116 Rz. 7 ff.). Diese Entscheidungen führen jedoch nicht zu einem Zuschlagsverbot, welches verlängert werden müsste, so dass § 118 Abs. 1 Satz 1 auf Nebenentscheidungen keine Anwendung findet5. Macht der Auftraggeber geltend, dass die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 lit. d) vorliegen, entfällt das Zuschlagsverbot zwei Kalendertage nach Zustellung des entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller (§ 115 Abs. 4 Satz 1). In diesen Fällen besteht kein Zuschlagsverbot mehr, das verlängert werden könnte. Lehnt die Vergabekammer in den Fällen des § 115 Abs. 4 Satz 1 den Vergabenachprüfungsantrag ab und legt der Antragsteller hiergegen sofortige Beschwerde ein, findet § 118 Abs. 1 Satz 1 keine Anwendung. Der Antragsteller muss vielmehr nach § 115 Abs. 4 Satz 2 vorgehen. Stellt das Beschwerdegericht das Zuschlagsverbot auf einen solchen Antrag hin wieder her und lehnt die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag im Folgenden ab, kommt der Einlegung der sofortigen 1 OLG Koblenz v. 25.3.2002 – 1 Verg 1/02, VergabeR 2002, 384. 2 KG v. 6.11.2003 – 2 Verg 12/03, VergabeR 2004, 253; OLG Düsseldorf v. 14.5.2008 – VII Verg 27/08, VergabeR 2008, 661. 3 OLG München v. 24.5.2006 – Verg 12/06, VergabeR 2006, 948. 4 OLG Düsseldorf v. 16.4.2008 – VII Verg 57/07, VergabeR 2008, 686 (690 f.). 5 OLG Rostock v. 17.5.2000 – 17 Verg W 7/00, NZBau 2001, 464.

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Beschwerde nach § 118 Abs. 1 Satz 1 aufschiebende Wirkung zu. Diese endet trotz der Entscheidung des Beschwerdegerichts nach § 115 Abs. 4 Satz 2 nach Ablauf von zwei Wochen, soweit sie nicht nach § 118 Abs. 1 Satz 3 verlängert wird. Eine erneute Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Fortdauer des Zuschlagsverbots ist angebracht, da zwischenzeitlich eine Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer ergangen ist. 5 Auch die Entscheidung der Vergabekammer, den Nachprüfungsantrag wegen offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit nach § 110 Abs. 2 Satz 3 nicht an den Auftraggeber zu übermitteln, unterliegt der sofortigen Beschwerde (§ 116 Rz. 9). In diesen Fällen ist das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 mangels Übermittlung nicht eingetreten. Folglich greift auch § 118 Abs. 1 Satz 1 nicht ein1. Das Beschwerdegericht kann den Nachprüfungsantrag auf die sofortige Beschwerde hin dem Auftraggeber zustellen, wodurch ein Zuschlagsverbot erstmalig entsteht2. Dieses endet nach wohl herrschender Auffassung gem. § 118 Abs. 1 Satz 2 zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist gegen die Entscheidung der Vergabekammer. Der Beschwerdeführer muss somit ergänzend einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 stellen3. Hat der Auftraggeber vor Übermittlung des Nachprüfungsantrags durch das OLG den Zuschlag bereits erteilt, kann dies allerdings nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. § 116 Rz. 9). 6 Die aufschiebende Wirkung erfasst grundsätzlich die gesamte Entscheidung der Vergabekammer, auch wenn sich die sofortige Beschwerde lediglich auf einen Teil der Entscheidung bezieht4. Dies gilt allerdings nicht, wenn es sich bei dem angefochtenen Teil um eine selbstständige Nebenbestimmung handelt, die einer isolierten Anfechtung unterliegt 1 KG v. 26.10.1999 – KartVerg 8/99, NZBau 2000, 262; OLG Koblenz v. 25.3.2002 – 1 Verg 1/02, VergabeR 2002, 384; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 118 GWB Rz. 12. 2 OLG Koblenz v. 25.3.2002 – 1 Verg 1/02, VergabeR 2002, 384; BayObLG v. 9.9. 2004 – Verg 18/04, VergabeR 2005, 126; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 28. 3 BayObLG v. 9.9.2004 – Verg 18/04, VergabeR 2005, 126; KG v. 13.3.2008 – 2 Verg 18/07, VergabeR 2008, 853; nach KG v. 10.12.2002 – KartVerg 16/02, VergabeR 2003, 180 hat das Beschwerdegericht bei der Entscheidung über die erstmalige Zustellung den Prüfungsmaßstab des § 118 Abs. 2, nicht aber des § 110 Abs. 2 anzulegen, wenn der Antrag auf Zustellung und Verlängerung der aufschiebenden Wirkung gemeinsam gestellt werden; hiergegen spricht, dass dies zu einer Verzögerung der Zustellung und damit der Entstehung des Zuschlagsverbots führt. 4 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 8.

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(§ 116 Rz. 6). In diesem Fall besteht keinerlei Veranlassung, die aufschiebende Wirkung auf den nicht angegriffenen Teil der Entscheidung auszudehnen1. 3. Voraussetzungen/Eintritt der aufschiebenden Wirkung Voraussetzung für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung nach § 118 7 Abs. 1 Satz 1 ist die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung einer Vergabekammer. Auf die Frage, ob die Beschwerde begründet ist, kommt es nicht an2. Die Prüfung der Begründetheit der Beschwerde obliegt allein dem Vergabesenat. Würde man dem Auftraggeber gestatten, die Prüfung der Begründetheit vorwegzunehmen und für den Fall, dass er diese verneint, den Zuschlag zu erteilen, wäre bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens unklar, ob die Zuschlagserteilung wirksam wäre. Dieser Schwebezustand ist nicht hinnehmbar. Aus den gleichen Gründen kommt es für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung nicht auf die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde an. Auch die Prüfung deren Voraussetzungen obliegt allein dem Beschwerdegericht. Dies gilt selbst dann, wenn die Unzulässigkeit offensichtlich zutage tritt3. Der Vergabesenat wird in diesen Fällen den Interessen des Auftraggebers durch eine rasche Entscheidung – ggf. ohne mündliche Verhandlung (§ 120 Rz. 9) – Rechnung tragen, bzw. einen Verlängerungsantrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ablehnen. Die aufschiebende Wirkung tritt ein, sobald eine sofortige Beschwerde eingereicht wurde. Auf die Kenntnis der Einlegung durch die Beteiligten, insbesondere den Auftraggeber, kommt es nicht an4. Dies gilt selbst dann, wenn der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, die übrigen Beteiligten nach § 117 Abs. 4 über die Einlegung der Beschwerde zu unterrichten, nicht nachkommt (vgl. § 117 Rz. 26).

1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 6. 2 Boesen, Vergaberecht, § 118 Rz. 11; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 4. 3 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 4; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 118 Rz. 11. 4 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 4 f.; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 117 Rz. 1162; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 5.

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4. Frist (§ 118 Abs. 1 Satz 2) 8 § 118 Abs. 1 Satz 2 sieht vor, dass die aufschiebende Wirkung zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist entfällt. Die Absicht der Bundesregierung, diese Frist auf eine Woche zu verringern, konnte sich im Gesetzgebungsverfahren zum Erlass des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20091 nicht durchsetzen. § 118 Abs. 1 Satz 2 knüpft an § 115 Abs. 1 an (oben Rz. 3). Das dort geregelte Zuschlagsverbot beginnt mit der Information des Auftraggebers über den Antrag auf Nachprüfung durch die Vergabekammer in Textform und endet mit Ablauf der Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1. Durch § 118 Abs. 1 Satz 2 wird das Zuschlagsverbot um zwei weitere Wochen verlängert, falls einer der Beteiligten sofortige Beschwerde einlegt. Die Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 beginnt mit Ablauf der Beschwerdefrist. Soweit die Bekanntmachung der Entscheidung der Vergabekammer gegenüber den Beteiligten zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt, dauert die aufschiebende Wirkung des § 115 Abs. 1 bis zum Ablauf der zuletzt endenden Beschwerdefrist an. Entsprechend beginnt die Zwei-Wochen-Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 mit dem Ablauf der zuletzt endenden Beschwerdefrist2, wobei lediglich auf diejenigen Beteiligten abzustellen ist, die tatsächlich Beschwerde eingelegt haben. Für die Fälle der fehlerhaften Zustellung vgl. § 115 Rz. 26. Der Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde spielt für die Berechnung des Ablaufs des Zuschlagsverbots keine Rolle. 9 Nach herrschender Meinung beträgt die Beschwerdefrist in analoger Anwendung des § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr, wenn die Entscheidung der Vergabekammer keine oder eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung enthält (§§ 114 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. 61 Abs. 1 Satz 1). Folgt man dieser Auffassung, ist es konsequent anzunehmen, dass in diesen Fällen die Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 ein Jahr nach Bekanntmachung der Entscheidung der Vergabekammer beginnt und während dieser Zeit kein wirksamer Zuschlag erteilt werden kann3. Nach hiesiger Auffassung (§ 117 Rz. 5) ist dies mit dem Beschleunigungsgrundsatz jedoch nicht vereinbar. Die fehlende oder fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung ist dem Fall einer nicht ordnungsgemäßen Entscheidung gleich zu stellen. Der Vergabenachprüfungsantrag gilt daher mit Ablauf der gegebenenfalls verlängerten Frist des § 113 Abs. 1 als abgelehnt (§ 116 Abs. 2). Legt der Antragsteller gegen die fingierte Ablehnung nicht fristgerecht Beschwerde ein, wird diese bestandskräftig; der Auftraggeber kann den Zuschlag erteilen. 1 BGBl. I, 790. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 9. 3 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 17 ff.

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Nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist entfällt die aufschiebende Wirkung, 10 soweit diese nicht auf Anordnung des Beschwerdegerichts gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 verlängert wurde. Ab diesem Zeitpunkt ist der Auftraggeber berechtigt, den Zuschlag unbeschadet des Fortgangs des Beschwerdeverfahrens zu erteilen. Die Zuschlagserteilung bleibt auch dann wirksam, wenn die aufschiebende Wirkung durch das Beschwerdegericht zu einem späteren Zeitpunkt verlängert wird (§ 123 Satz 4 i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1). Nicht möglich ist es, über einen Antrag auf Vorabentscheidung (§ 121) eine Verkürzung der Zwei-Wochen-Frist zu erreichen (vgl. § 121 Rz. 6). 5. Verlängerung der aufschiebenden Wirkung (§ 118 Abs. 1 Satz 3) Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, kann 11 das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 Satz 3). Hiermit ist gemeint, dass eine weitere Verlängerung des Zuschlagsverbots des § 115 Abs. 1 erfolgt. Der Antrag ist nur dann zulässig, wenn ein Zuschlagsverbot nach § 115 Abs. 1 besteht oder durch erstmalige Zustellung des Nachprüfungsantrags durch den Vergabesenat begründet wurde1. Berechtigt, einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 zu stellen ist jedenfalls 12 der Antragsteller, der vor der Vergabekammer unterlegen ist. Eine Antragstellung durch den Auftraggeber scheidet aus2. Fraglich ist die Antragsberechtigung eines Beigeladenen. Das OLG Jena geht von einer Regelungslücke aus und bejaht grundsätzlich die Antragsberechtigung eines Beigeladenen3. Diese Entscheidung hat in der Rechtsprechung Kritik erfahren. Soweit ersichtlich, wird jedoch die prinzipielle Antragsberechtigung des Beigeladenen nicht per se verneint, sondern lediglich diskutiert, inwieweit für den Antrag des Beigeladenen ein Rechtsschutzinteresse besteht. Auch der Beigeladene ist somit grundsätzlich antragsberechtigt, zum Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses vgl. unten Rz. 13 f. Weitere Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller selbst sofortige Beschwerde eingelegt hat4. Antragsvoraussetzung ist stets das Vorliegen einer Beschwer5. Sie setzt 13 voraus, dass die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt 1 KG v. 18.8.1999 – KartVerg 4/99, BauR 2000, 561; KG v. 26.10.1999 – KartVerg 8/99, NZBau 2000, 262; OLG Koblenz v. 25.3.2002 – 1 Verg 1/02, VergabeR 2002, 384; OLG Düsseldorf v. 19.3.2008 – VII Verg 13/08, VergabeR 2009, 193 (195). 2 OLG Stuttgart v. 28.6.2001 – 2 Verg 2/01, VergabeR 2001, 451 (452). 3 OLG Jena v. 30.10.2001 – 6 Verg 3/01, VergabeR 2002, 104. 4 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 10. 5 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 118 GWB Rz. 16.

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hat und der Antragsteller hierdurch formal und materiell beschwert ist. Insoweit wird auf § 116 Rz. 24 f. verwiesen. Weiterhin muss ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegen. Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses hängt insbesondere von der Beantwortung der umstrittenen Frage ab, welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag teilweise stattgibt, also etwa dem Auftraggeber die Wiederholung der Angebotswertung unter bestimmten Maßnahmen aufgibt. Entscheidend ist, ob und mit welchen Konsequenzen für diesen Fall ein Zuschlagsverbot nach § 118 Abs. 3 bejaht wird (unten Rz. 32). (a) Soweit angenommen wird, dass § 118 Abs. 3 in diesen Fällen nicht eingreift, muss dem Antragsteller und den Beigeladenen die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 zu stellen, da anderenfalls der Zuschlag erteilt werden könnte1. (b) Die Auffassung, dass § 118 Abs. 3 unter allen Umständen einer Zuschlagserteilung bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens entgegensteht, muss die Zulässigkeit eines Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3 mangels Rechtsschutzinteresses verneinen2. (c) Nach der hier vertretenen Auffassung greift § 118 Abs. 3 im Fall der Verpflichtung zu einer Neubewertung ein, bis der Auftraggeber die Forderungen der Vergabekammer erfüllt hat. Zunächst besteht daher grundsätzlich kein Rechtsschutzinteresse für einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3. Ist die Neubewertung abgeschlossen, muss der Auftraggeber die Bieter nach § 101a unterrichten. Unterlässt er dies, ist ein trotz allem erteilter Zuschlag nichtig (§ 101b Abs. 1 Nr. 1). Auch insoweit existiert keine Veranlassung für die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung. Zulässig ist ein Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 jedoch in den Fällen, in denen eine Unterrichtung des Beschwerdeführers nicht erforderlich ist, etwa weil die Vergabekammer die Neuwertung der Angebote unter Ausschluss des Beigeladenen angeordnet hat. Hier muss dem betroffenen Bieter die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, da anderenfalls endgültige Fakten zu seinen Lasten geschaffen werden können3. Dies gilt sowohl für den Antragsteller wie für Beigeladene. 1 OLG Jena v. 30.10.2001 – 6 Verg 3/01, VergabeR 2002, 104. 2 OLG Düsseldorf v. 12.7.2004 – VII Verg 39/04, VergabeR 2004, 663; OLG Celle v. 10.4.2007 – 13 Verg 5/07, NZBau 2007, 671. 3 OLG München v. 6.11.2006 – Verg 17/06, VergabeR 2007, 225; OLG Naumburg v. 5.2.2007 – 1 Verg 1/07, VergabeR 2007, 554; OLG Düsseldorf v. 9.3.2007 – VII Verg 5/07, VergabeR 2007, 662.

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(d) Eine weitergehende Auffassung geht davon aus, dass § 101a Abs. 1 dem Bieter keine ausreichende Sicherheit bietet, so dass er trotz des Zuschlagsverbots des § 118 Abs. 3 stets einen Antrag gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 stellen kann1. Dies ist allerdings abzulehnen, da § 101a keine Regelungslücke eröffnet. Kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn der Zuschlag bereits erteilt 14 wurde2, dies aufgrund einer Aufhebung der Ausschreibung nicht mehr möglich ist3 oder der Auftraggeber seine Vergabeabsicht endgültig aufgegeben hat4. Ein Rechtsschutzbedürfnis soll auch dann ausscheiden, wenn eine Zuschlagserteilung des Auftraggebers nicht bevor steht, etwa weil die Angebotsauswertung noch andauert5. Diese Auffassung ist abzulehnen. Der Antragsteller wird regelmäßig nicht verlässlich einschätzen können, wann der Auftraggeber den Zuschlag erteilen will oder ob er seine Absicht hierzu kurzfristig ändert6. Auf die Stellung des Antrags findet § 120 Abs. 1 Anwendung. Im Übrigen 15 enthält das Gesetz keine näheren Formvorschriften. Es wird daher vertreten, dass der Antrag formfrei, also beispielsweise auch mündlich, gestellt werden kann7. Allerdings dürfte es sich anbieten, auf die Regelungen in § 121 zurückzugreifen, soweit diese sich auf die Antragstellung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 übertragen lassen8. Demnach ist der Antrag schriftlich zu stellen und gleichzeitig zu begründen (§ 121 Abs. 2 Satz 1 analog), wobei hinsichtlich der Rechtsausführungen auf die Begründung der sofortigen Beschwerde verwiesen werden kann. Ergänzende Ausführungen sind lediglich im Hinblick auf die Interessenabwägung nach § 118 Abs. 2 erforderlich. Antragsvoraussetzung ist, dass die sofortige Beschwerde eingelegt – nicht notwendig bereits begründet – wurde, wobei die Antragstellung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 mit der Beschwerdeeinlegung verbunden werden kann. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3 entsprechen im Übrigen grundsätzlich denjeni1 OLG Naumburg v. 7.3.2008 – 1 Verg 1/08, VergabeR 2008, 710 (713). 2 OLG Schleswig v. 28.11.2005 – 6 Verg 7/05, VergabeR 2006, 258; dies gilt nicht, wenn gerade die Wirksamkeit des Zuschlags im Streit steht OLG Jena v. 14.2. 2005 – 9 Verg 1/05, VergabeR 2005, 521. 3 OLG Düsseldorf v. 6.8.2001 – Verg 28/01, VergabeR 2001, 429; OLG Frankfurt/ Main v. 28.6.2005 – 11 Verg 21/04, VergabeR 2006, 131 (136). 4 OLG Düsseldorf v. 25.1.2005 – Verg 93/04, VergabeR 2005, 343 (347). 5 OLG München v. 5.11.2007 – Verg 12/07, ZfBR 2008, 82. 6 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 34. 7 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 44; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 12. 8 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 118 GWB Rz. 18.

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gen der sofortigen Beschwerde. Allerdings ist zu beachten, dass Fragen der Zulässigkeit der Beschwerde zwischen den Parteien umstritten sein und Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bilden können. In diesem Fall genügt es für die Zulässigkeit des Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3, dass der Antragsteller das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen behauptet und dies nicht offensichtlich unzutreffend ist1. Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung muss aus Gründen der Rechtssicherheit ausdrücklich gestellt werden. Er gilt nicht automatisch mit Einlegung einer sofortigen Beschwerde als eingereicht2. 16 Eine Frist für die Antragstellung sieht das Gesetz nicht vor. Frühester Zeitpunkt für die Antragstellung ist die Einlegung der sofortigen Beschwerde3. Nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 endet die aufschiebende Wirkung. Wird ein Antrag zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, scheidet eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung begrifflich aus. Aus Gründen des Bieterschutzes ist es jedoch gerechtfertigt, eine Antragstellung auch nach Fristablauf zuzulassen4. Unzulässig ist der Antrag nach Abs. 1 Satz 3 erst dann, wenn die Zwei-Wochen-Frist des Abs. 1 Satz 2 abgelaufen ist und der Zuschlag durch den Auftraggeber erteilt wurde5. In diesem Fall ist die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr möglich. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand scheidet aus, da es sich bei der Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 nicht um eine der in § 233 ZPO genannten Fristen handelt6. Der Beschwerdeführer wird daher im eigenen Interesse den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung sobald 1 So für den Fall, dass umstritten war, ob ein Zuschlag bereits wirksam erteilt wurde OLG Jena v. 8.6.2000 – 6 Verg 2/00, NZBau 2001, 163 (164); hinsichtlich des Überschreitens der Schwellenwerte BayObLG v. 14.2.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 261; OLG Naumburg v. 19.10.2000 – 1 Verg 9/00, VergabeR 2001, 134 (135). 2 OLG Düsseldorf v. 6.11.2000 – Verg 20/00, VergabeR 2001, 162. 3 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 11. 4 OLG Stuttgart v. 11.7.2000 – 2 Verg 5/00, NZBau 2001, 462; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 118 GWB Rz. 31; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 11; a.A. OLG Düsseldorf v. 6.11.2000 – Verg 20/00, VergabeR 2001, 162 (164), wonach eine Antragstellung nach Fristablauf nur zulässig ist, wenn der Antragsteller innerhalb der regulären Frist objektiv gehindert war, einen zulässigen Antrag zu stellen; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 118 GWB Rz. 14; a.A. offensichtlich auch OLG Frankfurt/Main v. 28.6.2005 – 11 Verg 21/04, VergabeR 2006, 131 (136); OLG Naumburg v. 7.3.2008 – 1 Verg 1/08, VergabeR 2008, 710 (713). 5 OLG Naumburg v. 2.6.1999 – 10 Verg 1/99, NZBau 2000, 96; BayObLG v. 14.2.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 261 (262). 6 BayObLG v. 10.9.2004 – Verg 19/04, VergabeR 2005, 143.

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wie möglich, vorzugsweise zusammen mit Einreichung der sofortigen Beschwerde, stellen. Nach der hier vertretenen Auffassung, die eine Antragstellung auch nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist zulässt, ist eine wiederholte Antragstellung möglich. Die Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 erwächst nicht in Rechtskraft. Trotz allem kommt ihr eine Bindungswirkung, vergleichbar derjenigen einer einstweiligen Verfügung zu. Eine wiederholte Antragstellung ist daher nur zulässig, wenn sich diese auf neue Tatsachen oder Beweismittel stützt1. § 118 enthält (anders als § 113 Abs. 1 und § 121 Abs. 3 Satz 1) keine Frist, 17 innerhalb der das Beschwerdegericht über den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden hat. Der Vergabesenat ist daher nicht gehalten, seine Entscheidung innerhalb der Zwei-WochenFrist des § 118 Abs. 1 Satz 2 zu treffen. Auch ist nicht vorgesehen, dass allein die Antragstellung die aufschiebende Wirkung – etwa bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Beschwerdegerichts – verlängert2. Nach dem Gesetzeswortlaut könnte der Auftraggeber somit nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 den Zuschlag erteilen, selbst wenn ein Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung gestellt, hierüber durch das Beschwerdegericht aber noch nicht entschieden wurde. Dies entspricht nicht dem Gesetzeszweck, wonach durch die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung das Entstehen vollendeter Tatsachen verhindert werden soll3. Auch wenn dies der Gesetzestext nicht vorsieht, ist daher das Beschwerdegericht berechtigt, dem Auftraggeber nach Eingang eines Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3 die Zuschlagserteilung vorläufig bis zur Entscheidung über diesen Antrag zu untersagen4. Diese vorläufige Entscheidung ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Insbesondere ist das Beschwerdegericht nicht verpflichtet, die Erfolgsaussichten der Beschwerde vorab zu überprüfen, da die vorläufige Entscheidung gerade Raum für die Prüfung durch das Gericht schaffen soll. Allerdings kann es berücksichtigen, ob der Antrag bewusst verspätet

1 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 118 GWB Rz. 31; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 16. 2 OLG Düsseldorf v. 6.8.2001 – Verg 28/01, VergabeR 2001, 429 (430). 3 BT-Drucks. 13/9340, 21. 4 KG v. 6.7.1999 – KartVerg 4/99, NZBau 2000, 95; Gröning in Beck’scher VOBKommentar Teil A, § 118 GWB Rz. 26; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 66; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 118 GWB Rz. 9; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 9; Tilmann, WuW 1999, 342 (347).

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– etwa nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist – mit der Absicht gestellt wurde, das Verfahren zu verzögern. 18 Die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung wird mit der Entscheidung des Vergabesenats auch vor der Zustellung an die Parteien wirksam1. 6. Entscheidung über den Verlängerungsantrag (§ 118 Abs. 2) 19 a) Prüfungsreihenfolge. § 118 Abs. 2 wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20092 geändert. Nach Willen des Gesetzgebers soll dem Vergabesenat die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung aufgrund einer Interessenabwägung erleichtert werden. 20 aa) Bisherige Rechtslage. Bisher sah § 118 Abs. 2 a.F. vor, dass das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung über den Antrag nach Abs. 1 Satz 3 die Erfolgsaussichten der Beschwerde berücksichtigt. Es lehnte den Antrag ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwogen. Nach der Rechtsprechung erforderte dieser Gesetzeswortlaut eine zweistufige Prüfung3. Die erste Stufe umfasste die Untersuchung der Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde, wobei zur Beschleunigung des Verfahrens eine summarische Prüfung durchgeführt wurde4. Folgte aus dieser Prüfung, dass die Beschwerde mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben würde, wurde der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt, ohne dass eine Interessenabwägung erforderlich geworden wäre5. Ergab die summarische Prüfung, dass die Beschwerde voraussichtlich erfolgreich sein würde oder, dass die Erfolgsaussichten noch nicht ab1 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 42. 2 BGBl. I, S. 790. 3 OLG Düsseldorf v. 21.1.2002 – Verg 45/01, VergabeR 2002, 282; OLG Düsseldorf v. 6.12.2004 – VII Verg 79/04, VergabeR 2005, 212. 4 BayObLG v. 4.2.2002 – Verg 1/02, VergabeR 2002, 305 (306); OLG Stuttgart v. 12.8.2002 – 2 Verg 9/02, VergabeR 2003, 101; OLG Dresden v. 31.3.2004 – WVerg 2/04, VergabeR 2004, 724; OLG Brandenburg v. 5.10.2004 – Verg W 12/04, VergabeR 2005, 138. 5 KG v. 4.7.2002 – KartVerg 8/02, VergabeR 2003, 84; OLG Düsseldorf v. 6.12.2004 – VII Verg 79/04, VergabeR 2005, 212; OLG Koblenz v. 9.6.2004 – Verg 4/04, ZfBR 2005, 208; OLG Dresden v. 11.9.2006 – WVerg 13/06, VergabeR 2007, 549.

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schließend beurteilt werden konnten, fand eine Interessenabwägung nach § 118 Abs. 2 Satz 2 a.F. statt. Nach der Rechtsprechung konnte der Verlängerungsantrag nur bei Vorliegen schwerwiegender, im Interesse der Allgemeinheit liegender Gründe abgelehnt werden. Dem Interesse des Antragstellers an einem effektiven Rechtsschutz war im Zweifel der Vorrang zu geben1. Im Ergebnis führte dies dazu, dass dem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung in aller Regel stattgegeben wurde, wenn die Beschwerde nicht voraussichtlich erfolglos bleiben würde. Eine Ablehnung des Antrags kam ehestens bei unklaren Erfolgsaussichten der Beschwerde in Betracht2. bb) Neue Rechtslage. Anders als nach der bisherigen Rechtslage stellt 21 § 118 Abs. 2 Satz 1 nicht mehr vorab auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde, sondern die Abwägung ab, ob unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Weiter heißt es, dass bei der Abwägung das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen ist (§ 118 Abs. 2 Satz 2). Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens (§ 118 Abs. 2 Satz 3). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wurde der Wortlaut des § 118 Abs. 2 damit an den neugefassten § 115 Abs. 2 angepasst. Trotz allem bestehen zwischen beiden Vorschriften Unterschiede (hierzu Rz. 24). Die Bundesregierung war der Auffassung, dass Anträgen nach § 115 Abs. 2 22 nur selten stattgegeben wurde, bzw. Anträge nach § 118 Abs. 1 Satz 3 nicht häufig genug abgelehnt wurden. Als Grund hierfür sah die Bundesregierung neben der verspäteten Vorlage der Vergabeakten durch den öffentlichen Auftraggeber die umfangreiche Prüfung der Erfolgsaussichten des Antrags bzw. der Beschwerde an. Hier sollte Abhilfe geschaffen werden3. Die wichtigste Änderung besteht darin, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht mehr am Anfang des Prüfungsprogramms des Beschwerdegerichts steht. Vielmehr stellt das Gesetz vornehmlich auf die Interessenabwägung ab. Die Erfolgsaussichten der Beschwerde sind im Rahmen der Entscheidungs1 OLG Jena v. 30.10.2001 – 6 Verg 3/01, VergabeR 2002, 104 (106); OLG Naumburg v. 5.2.2007 – 1 Verg 1/07, VergabeR 2007, 554. 2 OLG Düsseldorf v. 19.3.2008 – VII Verg 13/08, VergabeR 2009, 193 (199). 3 BT-Drucks. 16/10117, 26 f.

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findung „auch“ zu berücksichtigen. Den bereits bisher in § 118 Abs. 2 a.F. genannten „Interessen der Allgemeinheit“ wurde das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers konkretisierend hinzugefügt (§ 118 Abs. 2 Satz 2). Nach der Begründung der Bundesregierung sollen gerade bei großen Bauvorhaben Zeitverluste durch Beschwerdeverfahren verhindert werden, die das Vorhaben erheblich verteuern. Neben den Erfolgsaussichten der Beschwerde stellt § 118 Abs. 2 Satz 3 nunmehr auch auf die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren ab, den Auftrag zu erhalten. Nach der Gesetzesbegründung geht es dabei zum Beispiel um die Platzierung und die Chance des unterlegenen Bieters, den Zuschlag zu erhalten. 23 Bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurden von dem Bundesrat europarechtliche Bedenken gegen die beabsichtigten Änderungen erhoben. Es wurde insbesondere argumentiert, dass eine Interessenabwägung, die zur Ablehnung der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung trotz überwiegender Erfolgsaussichten der Beschwerde führt, gegen die Rechtsmittelrichtlinie (RL 89/665/EWG) verstößt. Diese Bedenken haben Anlass zu einer Änderung des Gesetzestextes gegeben. Die Anforderungen des Europarechts, insbesondere der Rechtsmittelrichtlinie, sind bei Auslegung des § 118 Abs. 2 jedenfalls zu beachten (vgl. § 115 Rz. 51). 24 Auch wenn der Gesetzestext nunmehr die Interessenabwägung in den Vordergrund stellt, wird das Beschwerdegericht zunächst die Erfolgsaussichten der Beschwerde prüfen. Dies ist bei Vorliegen eines Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3 umso eher geboten als im Verfahren nach § 115 Abs. 2, da dem Beschwerdegericht bereits eine Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer vorliegt, die sich mit der Sach- und Rechtslage intensiv auseinandersetzt. In aller Regel wird es dem Beschwerdegericht daher vergleichsweise schnell möglich sein, sich einen Überblick über die Rechtslage zu verschaffen. Die Bedeutung der voraussichtlichen Erfolgsaussichten der Beschwerde ergibt sich auch aus einem Vergleich des Wortlauts des § 118 Abs. 2 mit § 115 Abs. 2. Während nach § 115 Abs. 2 Satz 4 die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags „nicht in jedem Falle“ Gegenstand der Abwägung sein müssen, schreibt § 118 Abs. 2 Satz 3 vor, dass das Gericht die Erfolgsaussichten bei seiner Entscheidung berücksichtigt1. Wie nach der bisherigen Rechtsprechung wird der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ohne weitere Interessenabwägung abgelehnt, wenn die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde ergibt, dass diese voraussichtlich keinen Er1 Kühnen, NZBau 2009, 357 (360).

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folg haben wird1. Da der Gesetzgeber eine vereinfachte Ablehnung des Antrags ermöglichen wollte, wird man allerdings an die Bejahung der Erfolgsaussichten höhere Anforderungen als bisher stellen müssen. In der Regel ist eine Ablehnung des Antrags angezeigt, wenn die Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht zumindest 50 % betragen2. Folgt aus der Prüfung der Erfolgsaussichten, dass die Beschwerde voraus- 25 sichtlich erfolgreich sein wird oder sind die Erfolgsaussichten ausgewogen, was beispielsweise auch der Fall ist, wenn eine Vorlage an den Bundesgerichtshof oder den Europäischen Gerichtshof veranlasst ist, findet eine Interessenabwägung statt. Auch diese soll nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers unter einfacheren Voraussetzungen als bisher zu einer Ablehnung des Antrags führen können. Allerdings hat das Beschwerdegericht die europarechtlichen Vorgaben zu beachten3. Demnach ist eine Ablehnung der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung in dem Fall, dass die Beschwerde aller Voraussicht nach erfolgreich sein wird, nur zulässig, wenn überwiegende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen. Diese Gründe müssen von dem Auftraggeber konkret benannt werden. Allgemeine Hinweise auf entstehende Nachteile genügen nicht4. Allein der Umstand, dass sich durch die Antragsstattgabe die Zuschlagserteilung verzögert, spielt keine Rolle, da dies dem Vergaberechtsschutz immanent ist5. Auch zukünftig greift eine Ablehnung der Verlängerung der aufschieben- 26 den Wirkung insbesondere dann Platz, wenn die Erfolgsaussichten der Beschwerde bei summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilt werden können. Je höher die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der Beschwerde ist, umso bedeutender müssen die Interessen des Auftraggebers oder der Allgemeinheit sein, um den Verlängerungsantrag abzulehnen6. Der Antrag kann beispielsweise abgewiesen werden, wenn ein vergleichsweise kleines Los in Streit steht, das Vergabenachprüfungsverfahren die Bauarbeiten insgesamt verzögert und der Zeitplan durch Ereignisse, die der Auftraggeber nicht beeinflussen kann (Fußballweltmeisterschaft), vorgegeben ist7. Eine Ablehnung des Verlängerungsantrags ist auch möglich, wenn für die Durchführung der zu vergebenden Leistungen eine gesetzliche Verpflichtung besteht und deren Erfüllung im Allgemeininteresse zwingend 1 2 3 4 5 6 7

Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 57. Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 60. Kühnen, NZBau 2009, 357 (358) zu § 115 Abs. 2. OLG Frankfurt/Main v. 23.12.2005 – 11 Verg 13/05, VergabeR 2006, 212 (217). OLG Naumburg v. 5.2.2007 – 1 Verg 1/07, VergabeR 2007, 554. Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 61. BayObLG v. 2.8.2004 – Verg 16/04, VergabeR 2004, 743.

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erforderlich ist1. Zum Prüfungsprogramm des Beschwerdegerichts im Rahmen der Abwägung wird im Übrigen auf § 115 Rz. 52 ff. verwiesen. 27 b) Verfahren und Entscheidung. Im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung muss das Beschwerdegericht vor der Anordnung oder der Ablehnung der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung den anderen Beteiligten rechtliches Gehör gewähren2. Die hiermit verbundene Verzögerung des Verfahrens kann durch die Anordnung, den Zuschlag nicht vor der Entscheidung des Beschwerdegerichts über den Antrag zu erteilen, in ihren Folgen ausgeglichen werden (hierzu oben Rz. 17). Eine mündliche Verhandlung über den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist nicht erforderlich,3 im Hinblick auf den Umstand, dass die Ablehnung des Antrags das Vergabeverfahren praktisch beendet, zwar zulässig,4 aus Gründen der Beschleunigung jedoch kaum zweckmäßig. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ergeht durch Beschluss, der zu begründen ist. 28 Der Streitwert für ein Verfahren über den Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 beträgt nach § 50 Abs. 2 GKG 5 % der Bruttoauftragssumme. Gemäß Nr. 1630 des Kostenverzeichnisses zum GKG fallen für die Entscheidung über den Antrag 3,0 Gerichtsgebühren an. Die Gebühren der beteiligten Rechtsanwälte bestimmen sich nach Teil 3 Abschnitt 1 Vergütungsverzeichnis zum RVG (Vorbem. 3.2 Abs. 2 Satz 3 Vergütungsverzeichnis zum RVG). 29 Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 mit einer Kostenentscheidung zu versehen ist. Der Auftraggeber, der die Ablehnung eines Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3 erlangt, kann sein Ziel, den Zuschlag zu erteilen, endgültig verwirklichen, selbst wenn das Beschwerdegericht in der Beschwerdeentscheidung eine Verletzung des Vergaberechts feststellen würde. Dies spricht dafür, das Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 im Fall der Ablehnung des Antrags bezüglich der Kosten als selbstständiges Verfahren zu behandeln, das eine Kostenentscheidung zu umfassen hat5. Die herrschende Meinung sieht jedoch 1 So für Notfall-Rettungsdienstleistungen OLG Naumburg v. 15.7.2008 – 1 Verg 5/08, VergabeR 2008, 821 (825). 2 Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 50; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, Tilmann, WuW 1999, 342 (347). 3 OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354; KG v. 4.7.2002 – KartVerg 8/02, VergabeR 2003, 84. 4 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 118 GWB Rz. 27. 5 KG v. 24.8.1999 – KartVerg 5/99, NZBau 2000, 258 (259); OLG Stuttgart v. 11.7. 2000 – 2 Verg 5/00, NZBau 2001, 462; KG v. 13.1.2005 – 2 Verg 26/04, VergabeR 2005, 201 (205).

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stets von einer Kostenentscheidung ab und entscheidet über die Kosten des Verfahrens im Zusammenhang mit der Hauptsacheentscheidung1. 7. Zuschlagsverbot Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung des Verfahrens ab- 30 gelehnt, stehen zunächst § 115 Abs. 1 und § 118 Abs. 1 einer Zuschlagserteilung entgegen. Erteilt der Auftraggeber den Zuschlag während der Zwei-Wochen-Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2, verstößt er gegen ein gesetzliches Verbot, so dass der Zuschlag nichtig ist (§ 134 BGB) (§ 115 Rz. 31)2. Die Verlängerung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 erfolgt durch das Beschwerdegericht, trotz allem begründet die Vorschrift ebenfalls ein gesetzliches Zuschlagsverbot, da die aufschiebende Wirkung in § 118 Abs. 1 Satz 1 angeordnet wird. Auch die Zuschlagserteilung innerhalb der von dem Beschwerdegericht nach § 118 Abs. 1 Satz 3 verlängerten Frist verstößt folglich gegen ein gesetzliches Verbot und führt zur Nichtigkeit des Zuschlags3. Die Vollstreckung der Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ist somit nicht erforderlich. Das Zuschlagsverbot gilt auch dann, wenn der Auftraggeber die Ausschreibung während des Beschwerdeverfahrens aufhebt und den Zuschlag anschließend aufgrund eines Freihändigen Verfahrens erteilt4. Die Wirksamkeit eines bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam erteilten Zuschlags bleibt von der aufschiebenden Wirkung nach § 118 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 unberührt. III. Stattgebende Entscheidung der Vergabekammer (§ 118 Abs. 3) Hat die Vergabekammer dem Antrag auf Nachprüfung durch Unter- 31 sagung des Zuschlags stattgegeben, ist der Auftraggeber an einer Zuschlagserteilung gehindert. Hierbei verbleibt es, wenn der Auftraggeber oder ein anderer Beteiligter sofortige Beschwerde einlegt (§ 118 Abs. 3). Allein die Einlegung der sofortigen Beschwerde führt somit nicht dazu, dass die Wirkungen einer stattgebenden Entscheidung der Vergabekam1 BayObLG v. 22.6.2004 – Verg 13/04, NZBau 2004, 626; OLG Dresden v. 31.3.2004 – WVerg 2/04, VergabeR 2004, 724; OLG Schleswig v. 28.11.2005 – 6 Verg 7/05, VergabeR 2006, 258; OLG Jena v. 5.6.2009 – 9 Verg 5/09, VergabeR 2009, 809 (814); Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 118 GWB Rz. 5. 2 OLG Frankfurt/Main v. 7.9.2004 – 11 Verg 11/04, VergabeR 2005, 80 (87 f.); Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 118 GWB Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 7. 3 OLG München v. 12.7.2005 – Verg 8/05, VergabeR 2005, 802 (807). 4 OLG München v. 12.7.2005 – Verg 8/05, VergabeR 2005, 802 (807).

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mer entfallen1. Dem Auftraggeber steht jedoch die Möglichkeit offen, nach § 121 zu beantragen, ihm unbeschadet des Beschwerdeverfahrens die Zuschlagserteilung zu gestatten. Erlässt das Beschwerdegericht eine derartige Entscheidung, ist der Auftraggeber zur Zuschlagserteilung berechtigt. Die Zuschlagserteilung ist darüber hinaus möglich, wenn die Entscheidung der Vergabekammer durch das Beschwerdegericht gemäß § 123 (endgültig) aufgehoben wird. 32 Umstritten ist die exakte Abgrenzung zwischen § 118 Abs. 1 Satz 1 und § 118 Abs. 3. Die letztgenannte Vorschrift spricht davon, dass die Vergabekammer dem Antrag auf Nachprüfung „durch Untersagung des Zuschlags“ stattgibt. Oftmals wird die Vergabekammer jedoch nicht die Erteilung des Zuschlags untersagen, sondern dem Auftraggeber aufgeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzusetzen. Einigkeit besteht weitgehend darüber, dass § 118 Abs. 3 in diesen Fällen Anwendung findet2. Unklar ist jedoch die Reichweite des Zuschlagsverbots. Zum Teil wird angenommen, dass § 118 Abs. 3 einer Zuschlagserteilung bis zum Ende des Beschwerdeverfahrens auch dann entgegensteht, wenn der Auftraggeber die Maßgaben der Vergabekammer erfüllt3. Nach anderer Auffassung endet das Zuschlagsverbot, wenn der Auftraggeber den Maßgaben nachgekommen ist. Der Auftraggeber müsse dann alle Bieter von dem Ergebnis der Neubewertung nach § 101a GWB unterrichten. Hiergegen könnten die Bieter gegebenenfalls ein neues Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer einleiten4. Dieser Auffassung ist zu folgen. Weist die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurück, endet die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde, wenn sie nicht auf Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 von dem Vergabesenat verlängert wird. Die Entscheidung der Vergabekammer kann sich somit grundsätzlich durchsetzen. Dies muss auch dann gelten, wenn der Auftraggeber zwar teilweise unterliegt, den Maßgaben der Vergabekammer jedoch nachkommt. Zur Möglichkeit des Antragstellers und der Beigeladenen, in diesen Fällen einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 zu stellen vgl. oben Rz. 13. 1 KG v. 24.10.2001 – KartVerg 10/01, VergabeR 2002, 100 (102). 2 A.A. OLG Jena v. 30.10.2001 – 6 Verg 3/01, VergabeR 2002, 104; OLG Koblenz v. 29.8.2003 – 1 Verg 7/03, VergabeR 2003, 699. 3 OLG Düsseldorf v. 12.7.2004 – VII Verg 39/04, VergabeR 2004, 663; OLG Celle v. 10.4.2007 – 13 Verg 5/07, NZBau 2007, 671. 4 OLG Naumburg v. 5.2.2007 – 1 Verg 1/07, VergabeR 2007, 554; OLG Naumburg v. 13.10.2008 – 1 Verg 10/08, NZBau 2008, 789; OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – VII Verg 46/08, VergabeR 2009, 173.

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Erteilt der Auftraggeber den Zuschlag unter Verletzung des § 118 Abs. 3, 33 liegt ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vor, der gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit des Zuschlags führt1 (vgl. hierzu § 115 Rz. 31). IV. Verhältnis zwischen §§ 115 Abs. 2, 118 und 121 §§ 115 Abs. 2, 118 und 121 sehen für unterschiedliche Zeitpunkte des 34 Nachprüfungsverfahrens und unter unterschiedlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen Eilentscheidungen vor, die zu einer Zuschlagserteilung führen können. Es stellt sich die Frage des Verhältnisses zwischen diesen Vorgehensmöglichkeiten. 1. Folgen einer Entscheidung nach § 115 Abs. 2 für die Zulässigkeit von Anträgen nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und § 121 Hat die Vergabekammer nach § 115 Abs. 2 Satz 1 oder das Beschwerde- 35 gericht nach § 115 Abs. 2 Satz 6 die Zuschlagserteilung gestattet, wird der Zuschlag nicht unverzüglich erteilt und verbietet die Vergabekammer im Folgenden die Zuschlagserteilung in ihrer Hauptsacheentscheidung, geht diese den Anordnungen nach § 115 vor (§ 115 Rz. 72). Der Auftraggeber ist folglich an einer Zuschlagserteilung aufgrund der Entscheidung der Vergabekammer gehindert (§ 118 Abs. 3). Nach dem Gesetz steht ihm die Möglichkeit offen, eine Vorabentscheidung über den Zuschlag zu beantragen (§ 121). Wird stattdessen unzutreffend ein Antrag nach § 115 Abs. 2 Satz 6 gestellt, kann dieser in einen Antrag nach § 121 umgedeutet werden2. Hatte das Beschwerdegericht bereits eine Entscheidung nach § 115 Abs. 2 Satz 6 getroffen, muss es auf den Antrag auf Vorabentscheidung nach § 121 hin den Sachverhalt nochmals prüfen. Dabei sind die von dem Beschwerdegericht nach § 121 Abs. 1 zu untersuchenden Voraussetzungen weitgehend mit denjenigen des § 115 Abs. 2 Satz 6 identisch. Eine Rechtskraft kommt der Entscheidung nach § 115 Abs. 2 nicht zu. Allerdings entfaltet sie eine Bindungswirkung entsprechend derjenigen im einstweiligen Verfügungsverfahren zwischen den gleichen Beteiligten3. Diese Bindungswirkung führt nicht dazu, dass das Beschwerdegericht an seine stattgebende Entscheidung, die im Verfahren nach § 115 Abs. 2 getroffen wurde, gebunden wäre. Wird ein Antrag auf Vorabentscheidung gestellt, wird es vielmehr die zwischenzeitlich ergangene, ablehnende Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer zu berücksichtigen haben. 1 BayObLG v. 1.10.2001 – Verg 6/01, VergabeR 2002, 63 (67); Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 20. 2 OLG Naumburg v. 15.12.2000 – 1 Verg 11/00, NZBau 2001, 642 (643). 3 Tilmann, WuW 1999, 342 (346).

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Ein Antrag nach § 121 ist in der genannten Konstellation nur dann zulässig, wenn er auf neue Tatsachen, die sich auch aus der Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache ergeben können, gestützt wird. 36 Wurde der Zuschlag sowohl im Verfahren nach § 115 als auch von der Vergabekammer nach § 114 Abs. 1 erlaubt, ist die Zuschlagserteilung unbeschadet der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde nach § 118 Abs. 1 Satz 1 zulässig, da die Anordnung nach § 115 Abs. 2 von der aufschiebenden Wirkung nicht umfasst wird1. Auch eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in analoger Anwendung des § 118 Abs. 1 Satz 3 scheidet aus. Die Wirkung einer Entscheidung nach § 115 Abs. 2 gegenüber der aufschiebenden Wirkung nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ist nicht anders zu beurteilen, als gegenüber dem Zuschlagsverbot nach § 115 Abs. 1. 37 Hat sowohl die Entscheidung nach § 115 Abs. 2 als auch diejenige der Vergabekammer nach § 114 Abs. 1 zu einer Untersagung des Zuschlags geführt, steht dem Auftraggeber die Möglichkeit des § 121 offen. Es greift jedoch die bereits erwähnte Bindungswirkung der Entscheidung nach § 115 Abs. 2 ein (Rz. 35). Für eine Vorabentscheidung ist nur dann Raum, wenn neue Tatsachen vorgetragen werden, die nach dem Erlass der Entscheidung nach § 115 Abs. 2 entstanden sind2. Soweit der Antrag nach § 121 nicht auf neue Tatsachen gestützt wird, ist er unzulässig. 38 Es verbleibt der Fall, dass in der Entscheidung nach § 115 Abs. 2 die Zuschlagserteilung untersagt wird, die Vergabekammer diese in ihrer Hauptsacheentscheidung hingegen gestattet. Wird hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt, kommt dieser die aufschiebende Wirkung des § 118 Abs. 1 Satz 1 zu. Ein Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ist trotz des Vorliegens einer Entscheidung nach § 115 Abs. 2 zulässig, da die anderslautende Entscheidung der Vergabekammer im Hauptsacheverfahren eine neue Tatsache darstellt, die von dem Beschwerdegericht im Rahmen der Prüfung des Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3 zu berücksichtigen ist3.

1 Dies gilt nach BayObLG v. 16.7.2004 – Verg 16/04, VergabeR 2005, 141 nicht, wenn die Entscheidung über den Eilantrag nach § 115 Abs. 2 mit der Hauptsacheentscheidung der Vergabekammer verbunden wird, da sich dann der Eilantrag erledigt hat. 2 Tilmann, WuW 1999, 342 (346); a.A. Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1212, wonach ein Vorabentscheidungsantrag gemäß § 121 stets zulässig sei. 3 Tilmann, WuW 1999, 342 (346).

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Beteiligte am Beschwerdeverfahren

2. Verhältnis zwischen § 118 und § 121 Hat das Gericht einem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wir- 39 kung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 stattgegeben, kann der Auftraggeber versucht sein, diese Entscheidung durch Beantragung einer Vorabentscheidung gemäß § 121 in seinem Sinne zu korrigieren. Aufgrund des weitgehend identischen Prüfungsumfangs beider Vorschriften ist ein Antrag nach § 121 in diesen Fällen nur zulässig, wenn neue Tatsachen geltend gemacht werden können1. Nicht zulässig ist es, über einen Antrag nach § 121 eine Verkürzung der Zwei-Wochen-Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 zu erreichen2. Die gleichen Grundsätze gelten, wenn eine Vorabentscheidung nach § 121 getroffen wurde und im Anschluss hieran ein Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 gestellt wird. Dies ist ausnahmsweise dann möglich, wenn die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag nur teilweise stattgegeben hat und hiergegen sowohl der Auftraggeber als auch der Antragsteller sofortige Beschwerde einlegen.

Beteiligte am Beschwerdeverfahren

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An dem Verfahren vor dem Beschwerdegericht beteiligt sind die an dem Verfahren vor der Vergabekammer Beteiligten.

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht Die Vorschrift regelt den Kreis der am Beschwerdeverfahren Beteiligten.

1

2. Entstehungsgeschichte § 119 wurde seit Inkrafttreten des 4. Teils des GWB durch das Vergabe- 2 rechtsänderungsgesetz am 1.1.1999 nicht geändert. II. Beteiligte am Beschwerdeverfahren Nach § 119 sind die Beteiligten an dem Verfahren vor dem Beschwerde- 3 gericht mit denjenigen vor der Vergabekammer identisch. Beteiligt sind 1 Gröning, ZIP, 1999, 181 (183); Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1214; Hunger in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 118 Rz. 77; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 118 Rz. 17; im Ergebnis wohl ebenso Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 26 f. 2 OLG Naumburg v. 15.12.2000 – 1 Verg 11/00, NZBau 2001, 642.

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somit der Antragsteller, der Antragsgegner (Auftraggeber) und die von der Vergabekammer nach § 109 Beigeladenen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beteiligten Rechtsmittel eingelegt haben1. Eine nochmalige Beiladung im Verfahren vor dem Beschwerdegericht ist nicht erforderlich2. Nach der hier vertretenen Auffassung ist das Beschwerdegericht berechtigt, Beteiligte erstmalig beizuladen, auch wenn die Beiladung durch die Vergabekammer abgelehnt wurde. Daneben steht Dritten, die durch die Entscheidung der Vergabekammer erstmalig beschwert wurden, ein eigenes Beschwerderecht zu (§ 116 Rz. 23). Die Vergabekammer ist am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Dies entspricht ihrer einem erstinstanzlichen Gericht angenäherten Stellung3. 4 Den am Beschwerdeverfahren Beteiligten stehen die gleichen Rechte zu. Sie können insbesondere Akteneinsicht verlangen, Stellungnahmen abgeben und an der mündlichen Verhandlung teilnehmen. Hinsichtlich des Umfangs der Akteneinsicht kann zwischen den Beteiligten allerdings nach § 120 Abs. 2 i.V.m. § 71 Abs.1 Satz 3 unterschieden werden.

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(1) Vor dem Beschwerdegericht müssen sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. (2) Die §§ 69, 70 Abs. 1 bis 3, § 71 Abs. 1 und 6, §§ 71a, 72, 73 mit Ausnahme der Verweisung auf § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung, die §§ 78, 111 und 113 Abs. 2 Satz 1 finden entsprechende Anwendung. I. 1. 2. II. III.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Anwaltszwang (§ 120 Abs. 1) . Anzuwendende Vorschriften (§ 120 Abs. 2)

1 2 3

1. 2. 3. 4. 5.

Überblick . . . . . . . . . . Mündliche Verhandlung . Untersuchungsgrundsatz Anhörungsrüge . . . . . . . Akteneinsicht . . . . . . .

. . . . .

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5 9 10 12 13

1 OLG Frankfurt/Main v. 8.2.2005 – 11 Verg 24/04, VergabeR 2005, 384 (386); Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 119 Rz. 2. 2 BT-Drucks. 13/9340, S. 21; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 119 Rz. 1. 3 BT-Drucks. 13/9340, S. 20; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 119 Rz. 1.

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht Die Vorschrift statuiert in Abs. 1 einen Anwaltszwang für das Beschwer- 1 deverfahren. Abs. 2 verweist auf Vorschriften des kartellrechtlichen Beschwerdeverfahrens, des GVG und der ZPO. 2. Entstehungsgeschichte Durch Art. 20 Nr. 3 Anhörungsrügengesetz vom 9.12.20041 wurde der 2 Verweis in Abs. 2 um § 71a ergänzt. Die Vertretungsregel in § 120 Abs. 1 Satz 1 wurde durch Art. 7 Abs. 11 Gesetz vom 26.3.20072 mit Wirkung zum 1.6.2007 geändert. Das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20093 hat dem Verweis in Abs. 2 § 78 hinzugefügt. II. Anwaltszwang (§ 120 Abs. 1) § 120 Abs. 1 Satz 1 sieht vor, dass sich die Beteiligten vor dem Beschwer- 3 degericht durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen müssen. Der Anwaltszwang dient einer effektiven und fachkundigen Aufbereitung des Verfahrensstoffes. Die Vertretung durch einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule ist – anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO) – nicht zulässig. Bezüglich der Einzelheiten wird auf § 117 Rz. 20 verwiesen. § 120 Abs. 1 gilt für sämtliche Verfahrensbeteiligte i.S. des § 119, keinesfalls lediglich für den Beschwerdeführer und den Beschwerdegegner4. Beauftragen die Beteiligten keinen Rechtsanwalt, lässt dies ihre Stellung als Verfahrensbeteiligte unberührt. Die gewechselten Schriftsätze und die Verfügungen des Gerichts einschließlich der Ladungen zu mündlichen Verhandlungen sind ihnen zuzustellen. Allerdings ist es ihnen in diesem Fall nicht möglich, sich aktiv an dem Verfahren zu beteiligen und insbesondere ihren Standpunkt schriftlich oder mündlich vorzutragen5. Eine Ausnahme vom Anwaltszwang sieht § 120 Abs. 1 Satz 2 für juristi- 4 sche Personen des öffentlichen Rechts vor. Diese können sich durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt vertreten las1 2 3 4 5

BGBl. I, 3220. BGBl. I, 358. BGBl. I, 790. Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 2. Boesen, Vergaberecht, § 120 Rz. 4; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 2; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 5.

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sen. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 dient insbesondere der Kostenersparnis. § 120 Abs. 1 Satz 2 enthält eine erhebliche Einschränkung gegenüber § 68 Satz 2, der für die kartellrechtliche Beschwerde gilt. Dort kann sich die Kartellbehörde durch jedes ihrer Mitglieder vertreten lassen, ohne dass dieses die Befähigung zum Richteramt besitzen müsste. § 120 Abs. 1 Satz 2 entspricht insoweit § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO. Diese Vorschrift bestimmt allerdings, dass der Bevollmächtigte auch einer anderen Behörde oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts angehören kann. Da § 120 Abs. 1 Satz 2 diesen Zusatz nicht enthält, muss der Vertreter grundsätzlich der vertretenen juristischen Person des öffentlichen Rechts angehören1. Die Voraussetzungen der Befähigung zum Richteramt ergeben sich aus § 5 DRiG. Entgegen dem Wortlaut des § 117 Abs. 3 Satz 2 muss sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts bereits bei Einlegung der sofortigen Beschwerde von einer der in § 120 Abs. 1 Satz 1 oder 2 genannten Personen vertreten lassen (§ 117 Rz. 23). § 120 Abs. 1 Satz 2 kann nicht auf Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 ausgedehnt werden, die keine juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind2. III. Anzuwendende Vorschriften (§ 120 Abs. 2) 1. Überblick 5 § 120 Abs. 2 nennt zunächst diejenigen Vorschriften des GWB, die auf das Verfahren vor dem Beschwerdegericht Anwendung finden. Es handelt sich hierbei zum einen um Bestimmungen des kartellrechtlichen Beschwerdeverfahrens (§§ 69, 70 Abs. 1 bis 3, 71 Abs. 1 und 6, §§ 71a, 72, 73 und 78),3 zum anderen um Regelungen des Verfahrens vor der Vergabekammer (§§ 111 und 113 Abs. 2 Satz 1). Im Einzelnen gelten folgende Vorschriften: – Mündliche Verhandlung (§ 69); hierzu Rz. 9, – Untersuchungsgrundsatz (§ 70 Abs. 1 bis 3); hierzu Rz. 10 f., – Beschwerdeentscheidung (§ 71 Abs. 1 und 6); hierzu § 123 Rz. 3 ff., – Anhörungsrüge (§ 71a); hierzu Rz. 12, – Akteneinsicht (§ 72); hierzu Rz. 13. 6 Weiterhin verweist § 120 Abs. 2 auf § 73, der wiederum folgende Vorschriften des GVG und der ZPO umfasst: 1 Boesen, Vergaberecht, § 120 Rz. 5. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 3. 3 Die genannten Vorschriften sind im Anhang I abgedruckt.

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– Öffentlichkeit (§§ 169 bis 175 GVG), – Sitzungspolizei (§§ 176 bis 183 GVG), – Gerichtssprache (§§ 184 bis 191a GVG), – Beratung (§§ 192 bis 194 GVG), – Abstimmung (§§ 195 bis 197 GVG), – Ausschließung und Ablehnung eines Richters (§§ 41 bis 48 ZPO), – Prozessbevollmächtigte und Beistände (§§ 78 bis 90 ZPO); insoweit gehen jedoch § 117 Abs. 3 und § 120 Abs. 1 vor, – Zustellungen von Amts wegen (§§ 166 bis 190 ZPO), – Ladungen, Termine und Fristen (§§ 214 bis 229 ZPO); jedoch mit Ausnahme des § 227 Abs. 3 ZPO, – Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien (§ 141 ZPO), – Verbindung mehrerer Prozesse (§ 147 ZPO), – Erledigung des Zeugen- und Sachverständigenbeweises (§§ 373 bis 414 ZPO), – sonstige Arten des Beweisverfahrens (§§ 355 bis 494a ZPO); wobei die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens regelmäßig ausscheiden wird, – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233 bis 238); vgl. hierzu § 117 Rz. 7. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Kommentierungen zum Gerichtsverfassungsgesetz und zur Zivilprozessordnung verwiesen. Schließlich wird verwiesen auf:

7

Kostentragung und -festsetzung (§ 78); hierzu § 128 Rz. 32, Akteneinsicht (§ 111); hierzu Rz. 13 und Mitwirkungsverpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 113 Abs. 2 Satz 1); hierzu Rz. 10 f. Die Aufzählung in § 120 Abs. 2 ist nicht abschließend. Bestimmungen 8 anderer Beschwerdeverfahren können analog angewendet werden, soweit diese sachdienlich sind. Grundsätzlich bieten sich hierbei insbesondere die Regelungen der VwGO an (Vor §§ 116–124 Rz. 2).

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2. Mündliche Verhandlung 9 Das Beschwerdegericht entscheidet grundsätzlich aufgrund einer mündlichen Verhandlung (§ 69 Abs. 1). Dies gilt allerdings lediglich für Sachentscheidungen1. So kann die sofortige Beschwerde im Falle ihrer Unzulässigkeit in analoger Anwendung des § 522 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden2. Keine Sachentscheidung ergeht, wenn sich die sofortige Beschwerde allein gegen die Kostenentscheidung richtet. Auch in diesen Fällen kann auf die mündliche Verhandlung verzichtet werden3. Das Gleiche gilt für Entscheidungen im Vorfeld der Hauptsacheentscheidung, wie über die Gewährung von Akteneinsicht4. Ebenso können Entscheidungen nach § 1155, § 1186 und § 121 (vgl. § 121 Abs. 3 Satz 2) ohne mündliche Verhandlung ergehen. Darüber hinaus kann auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden, wenn sämtliche Beteiligte, also auch die nach § 109 Beigeladenen, auf diese verzichten (§ 69 Abs. 1 Halbs. 2). Das Beschwerdegericht ist an den übereinstimmenden Verzicht nicht gebunden7. Erscheinen die ordnungsgemäß geladenen Beteiligten zur mündlichen Verhandlung nicht, kann ohne sie verhandelt und entschieden werden (§ 69 Abs. 2). Dies gilt auch, wenn kein Beteiligter erscheint. Soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Beteiligter ohne Verschulden an der Teilnahme verhindert ist, muss das Gericht einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen8. Folge des Gebots, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, ist, dass sich die Entscheidung des Beschwerdegerichts nur auf Umstände stützen darf, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren9.

1 BayObLG v. 29.9.1999 – Verg 5/99, NZBau 2000, 99; OLG Stuttgart v. 19.7.2000 – 2 Verg 4/00, NZBau 2000, 543 (544); Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 5. 2 OLG Düsseldorf v. 18.1.2000 – Verg 2/00, NZBau 2000, 596 (597); Jaeger in Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 1202; Wiese in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 11. 3 BayObLG v. 29.9.1999 – Verg 5/99, NZBau 2000, 99; OLG Stuttgart v. 19.7.2000 – 2 Verg 4/00, NZBau 2000, 543 (544). 4 OLG Jena v. 26.10.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 354. 5 Vgl. § 115 Rz. 68. 6 Vgl. § 118 Rz. 27. 7 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 5. 8 Boesen, Vergaberecht, § 120 Rz. 10; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 18. 9 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 5.

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3. Untersuchungsgrundsatz Nach § 70 Abs. 1 bis Abs. 3 gilt der Untersuchungsgrundsatz. Der Unter- 10 suchungsgrundsatz bezieht sich allein auf Tatsachen und Beweismittel (§ 117 Rz. 17 ff.), nicht hingegen auf die Vergaberechtsverstöße, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind1. Diese werden durch den Beschwerdeführer bestimmt. Das Gericht kann die Überprüfung der Entscheidung der Vergabekammer nicht von Amts wegen auf andere, nicht in der Beschwerdebegründung gerügte Vergaberechtsverstöße ausdehnen (§ 117 Rz. 14 ff.). Hinsichtlich des Vortrags von Tatsachen und Beweismitteln treffen die Beteiligten umfassende Mitwirkungspflichten (§ 70 Abs. 3 und § 113 Abs. 2 Satz 1, auf den § 120 Abs. 2 ausdrücklich verweist). Die Verpflichtungen des Beschwerdegerichts ergeben sich aus dem Zusammenspiel zwischen dem Untersuchungsgrundsatz und der Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Demnach ist das Beschwerdegericht lediglich verpflichtet, diejenigen Tatsachen und Beweismittel zu überprüfen, die von den Beteiligten vorgetragen wurden, soweit nicht ein begründeter Anlass für die Berücksichtigung weiterer Tatsachen und Beweismittel besteht2. Der Untersuchungsgrundsatz zwingt das Gericht nicht dazu, allen denkbaren Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen nachzugehen3. Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 71 Abs. 1 Satz 1). Den 11 Beteiligten ist rechtliches Gehör zu gewähren (§ 71 Abs. 1 Satz 2). Eine Ausnahme hiervon gilt, soweit Beteiligten aus wichtigem Grund Akteneinsicht nicht gewährt wurde (§ 71 Abs. 1 Satz 3 und 4). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn die Beschränkung der Akteneinsicht zur Wahrung des Geheimschutzes oder von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen erforderlich war (§ 111 Abs. 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2). 4. Anhörungsrüge Durch Art. 20 Nr. 3 Anhörungsrügengesetz vom 9.12.20044 wurde der 12 Verweis in § 120 Abs. 2 um § 71a ergänzt. Bei Neubekanntmachung des GWB am 20.7.20055 wurde dies übersehen. Die Berichtigung erfolgte erst 1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 8; Wiese in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 25. 2 BGH v. 12.6.2001 – X ZB 10/01, VergabeR 2001, 286 (290 f.); Wiese in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 21. 3 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, VergabeR 2001, 71 (75); OLG Düsseldorf v. 18.7. 2001 – Verg 16/01, VergabeR 2001, 419 (423). 4 BGBl. I, 3220. 5 BGBl. I, 2114.

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am 4.12.20091. Bereits vor dieser Berichtigung verwies § 120 Abs. 2 nach objektiver Rechtslage auf § 71a, so dass eine Anhörungsrüge statthaft war2. Die Anhörungsrüge ist gegen Entscheidungen der Beschwerdegerichte sowie des Bundesgerichtshofs nach § 124 Abs. 2 zulässig. Danach kann ein Beteiligter am Beschwerdeverfahren rügen, dass das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 71a Abs. 1 Nr. 2). Gegen die einer Entscheidung vorausgehenden Entscheidungen findet keine Rüge statt (§ 71a Abs. 1 Satz 2). Hierzu gehören beispielsweise Entscheidungen des Vergabesenats über die Gewährung von Akteneinsicht3. Die Einzelheiten der Anhörungsrüge regelt § 71a. 5. Akteneinsicht 13 Hinsichtlich der Akteneinsicht verweist § 120 Abs. 2 sowohl auf § 72 wie auf § 111. Die erste Vorschrift gilt für das kartellrechtliche Verfahren, die letztgenannte für das Verfahren vor der Vergabekammer. Aufgrund der größeren Sachnähe geht im Verfahren vor dem Beschwerdegericht § 111 den Vorschriften des § 72 grundsätzlich vor4. Zur Ausfüllung etwaiger Lücken des § 111 Abs. 2 ist § 72 heranzuziehen5. Das Recht auf Akteneinsicht steht allen Beteiligten, auch den Beigeladenen zu6. Bei Entscheidung über den Antrag hat der Vergabesenat § 111 Abs. 2 zu beachten. In vielen Fällen ist das Akteneinsichtsrecht vor dem Vergabesenat ohne praktische Bedeutung. Die Beteiligten hatten bereits von der Vergabekammer Akteneinsicht erhalten. Die seitdem gewechselten Schriftsätze wurden ihnen zugestellt. Der Inhalt der Akte des Beschwerdegerichts ist den Beteiligten daher grundsätzlich bekannt. Akteneinsicht durch das Beschwerdegericht ist insbesondere Beigeladenen zu gewähren, die erst im Beschwerdeverfahren beteiligt wurden. Daneben können Beteiligte, deren Akteneinsichtsrecht von der Vergabekammer nach § 111 Abs. 2 eingeschränkt wurde, bei dem Vergabesenat erneut Akteneinsicht beantragen.

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BGBl. I, 3850. BVerfG v. 26.2.2008 – 1 BvR 2327/07, NZBau 2008, 457. OLG Düsseldorf v. 4.3.2009 – Verg 67/08, VergabeR 2009, 799 (805). Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 14; Wiese in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 31. 5 OLG Düsseldorf VergabeR v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, 2008, 281 (286). 6 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 21.

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Vorabentscheidung über den Zuschlag

Vorabentscheidung über den Zuschlag

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(1) Auf Antrag des Auftraggebers oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen. Das Gericht berücksichtigt bei der Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Zuschlag zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens. (2) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und gleichzeitig zu begründen. Die zur Begründung des Antrags vorzutragenden Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen. Bis zur Entscheidung über den Antrag kann das Verfahren über die Beschwerde ausgesetzt werden. (3) Die Entscheidung ist unverzüglich längstens innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen und zu begründen; bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch begründete Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Ihre Begründung erläutert Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens. § 120 findet Anwendung. (4) Gegen eine Entscheidung nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsmittel nicht zulässig. I. 1. 2. II. 1. 2. III. 1.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . Antragstellung (§ 121 Abs. 2 Satz 1 und 2) Zulässigkeit . . . . . . . . . . Hinweispflicht des Gerichts . . . . . . . . . . . . . Verfahren des Beschwerdegerichts Allgemeine Grundsätze . . .

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2. Entscheidungsfrist (§ 121 Abs. 3 Satz 1) . . . 3. Aussetzung des Beschwerdeverfahrens (§ 121 Abs. 2 Satz 3) . . . IV. Entscheidung des Beschwerdegerichts 1. Form . . . . . . . . . . . . 2. Prüfungsumfang . . . . . 3. Inhalt der Entscheidung (§ 121 Abs. 1 Satz 1) . . .

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§ 121

Vorabentscheidung über den Zuschlag

4. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5. Vollstreckung . . . . . . . . . . . 33 V. Rechtsmittel (§ 121 Abs. 4) . . . 34

VI. Folgen des Vorabentscheidungsverfahrens . . . . . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 Während § 118 Abs. 1 Satz 3 Eilmaßnahmen zugunsten des Antragstellers regelt, dessen Antrag von der Vergabekammer abgewiesen wurde, sieht § 121 eine Eilentscheidung zugunsten des Auftraggebers oder des Bieters vor, der den Zuschlag erhalten soll. Der Gesetzgeber hat sich bei Schaffung des § 121 an dem zivilprozessrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren (§ 940 ZPO), der verwaltungsrechtlichen einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) und dem Verfahren über die Herstellung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 80 Abs. 5 VwGO) orientiert1. Demnach kann das Beschwerdegericht dem Auftraggeber auf dessen Antrag hin gestatten, den Zuschlag bereits vor Abschluss des Beschwerdeverfahrens zu erteilen. Wie im Falle des § 115 Abs. 2 Satz 1 ist ein aufgrund einer Entscheidung nach § 121 erteilter Zuschlag nicht mehr aufhebbar (§ 123 Satz 4 i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1). Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass § 121 erheblich von den einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die der Gesetzgeber bei Schaffung der Vorschrift zum Vorbild nahm, abweicht, da über § 121 eine endgültige Entscheidung über den Verfahrensgegenstand erreicht werden kann2. Die Gesetzesbegründung verwendet daher den Begriff des „Zwischenverfahrens“3, während die Gesetzesüberschrift von einer „Vorabentscheidung“ spricht. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das Beschwerdeverfahren nach dem Erlass einer Entscheidung nach § 121 in aller Regel von den Parteien nicht fortgesetzt werden wird. Obsiegt der Auftraggeber, wird er den Zuschlag erteilen, so dass allenfalls noch eine Feststellung des Beschwerdegerichts nach § 123 Satz 3 in Frage kommt. Unterliegt hingegen der Auftraggeber, spricht vieles dafür, dass er nicht versuchen wird, die Entscheidung des Beschwerdegerichts nach § 121 durch Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens vor demselben Senat zu korrigieren. Vielmehr erwartet der Gesetzgeber, dass der Auftraggeber in diesem Fall den ihm von dem OLG vorgehaltenen Fehler unverzüglich korrigieren und entweder 1 BT-Drucks. 13/9340, 21. 2 Gröning, ZIP 1998, 370 (375) und ZIP 1999, 181 (183) spricht von einem „sinnverkehrten Eilverfahren“. 3 BT-Drucks. 13/9340, 21.

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§ 121

Vorabentscheidung über den Zuschlag

das Vergabeverfahren auf dieser neuen Grundlage fortsetzen oder beenden wird1. Diese von dem Gesetzgeber gewünschte Wirkung wird durch § 122 gefördert. Danach ist das Vergabeverfahren nach Ablehnung eines Antrages nach § 121 beendet, wenn nicht der Auftraggeber innerhalb einer Frist von zehn Tagen die Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens ergreift. Nach diesem gesetzgeberischen Zweck handelt es sich bei dem Verfahren nach § 121 somit weniger um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes oder ein Zwischenverfahren, als vielmehr um ein beschleunigtes Hauptsacheverfahren2. 2. Entstehungsgeschichte Durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20093 2 wurde § 121 Abs. 1 neu gefasst. II. Antragstellung (§ 121 Abs. 2 Satz 1 und 2) 1. Zulässigkeit Berechtigt, einen Antrag nach § 121 Abs. 1 zu stellen, sind der Auftrag- 3 geber und das Unternehmen, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll. Sonstigen Beteiligten steht kein Antragsrecht zu. Die Antragsberechtigung des erstplatzierten Bieters wurde – ebenso wie in § 115 Abs. 2 Satz 1 – durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20094 begründet. Der Gesetzgeber sieht hierin eine Möglichkeit der Verfahrensbeschleunigung. Zu den Voraussetzungen eines Antrags des erstplatzierten Bieters oben § 115 Rz. 40 f. Das Unternehmen, welches den Zuschlag erhalten soll, ist trotz seiner eigenen Antragsberechtigung von dem Auftraggeber abhängig. Gestattet das Beschwerdegericht auf Antrag des Unternehmens die Zuschlagserteilung gem. § 121, ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, von dieser Berechtigung Gebrauch zu machen. Er kann folglich stattdessen den Ausgang des Beschwerdeverfahrens abwarten. Stellt der erstplatzierte Bieter einen Antrag nach § 121 Abs. 1, kommt lediglich die Stattgabe oder die vollständige Ablehnung des Antrags in Betracht. Die Möglichkeit, die Ablehnung des Antrags mit Maßnahmen für das Vergabeverfahren zu verbinden, steht dem Vergabesenat nach dem Wortlaut des § 122 nur zur Verfügung, wenn der Antrag auf Vorabentscheidung 1 2 3 4

BT-Drucks. 13/9340, 22. Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 1. BGBl. I, 790. BGBl. I, 790.

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von dem Auftraggeber gestellt wurde1. Der Auftraggeber und das Unternehmen, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, können einen Antrag nach § 121 Abs. 1 nur stellen, wenn eine sofortige Beschwerde eingelegt wurde. Keine Rolle spielt jedoch, ob die sofortige Beschwerde von dem Antragsteller selbst erhoben wurde2. 4 Die Beschwer liegt vor, wenn die Vergabekammer dem Vergabenachprüfungsantrag eines Beteiligten nach § 107 Abs. 1 zumindest teilweise stattgegeben hat3. Hat der Auftraggeber vor der Vergabekammer nur teilweise obsiegt, das Gericht jedoch eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde nach § 118 Abs. 1 Satz 3 angeordnet, ist ein Antrag auf Vorabentscheidung im Sinne des § 121 nur dann zulässig, wenn seit der Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 neue Tatsachen bekannt geworden oder aufgetreten sind (§ 118 Rz. 39). Ein Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn kein Zuschlagsverbot besteht, etwa weil ein Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 nicht gestellt oder abgelehnt wurde4. Möglich ist, dass der Auftraggeber die Auffassung vertritt, der Nachprüfungsantrag sei allein deshalb unzulässig, weil bereits ein wirksamer Zuschlag erteilt worden sei. Gibt die Vergabekammer in diesem Fall dem Nachprüfungsantrag statt, scheidet ein Antrag nach § 121 aus Sicht des Auftraggebers begrifflich aus, da ihm die Gestattung, einen Zuschlag zu erteilen, der aus seiner Sicht bereits erfolgt ist, nichts nützt. Gleichzeitig kann der Auftraggeber jedoch ein Interesse daran haben, schnell Klarheit zu gewinnen, ob die Zuschlagserteilung wirksam war und er den aus seiner Sicht abgeschlossenen Vertrag vollziehen kann. Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Auftraggeber in diesen Fällen in analoger Anwendung des § 121 das Recht zu gewähren, eine Vorabentscheidung über die Frage der Wirksamkeit des bereits erteilten Zuschlags zu beantragen5. Der Antrag muss auf die Feststellung gerichtet werden, dass die Zuschlagserteilung wirksam war. 5 Der Antrag auf Vorabentscheidung ist nach § 121 Abs. 2 Satz 1 schriftlich zu stellen (§ 126 BGB). § 120 Abs. 1 findet nach seinem Wortlaut auf die Antragstellung nach § 121 Abs. 1 direkte Anwendung. Der Antrag ist 1 2 3 4 5

Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 11. Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 10. OLG Naumburg v. 15.12.2000 – 1 Verg 11/00, NZBau 2001, 642. OLG Düsseldorf v. 29.11.2005 – Verg 82/05, VergabeR 2006, 424. OLG Dresden v. 11.7.2000 – WVerg 5/00, BauR 2001, 235 (236); Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 121 GWB Rz. 7; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 8; zweifelnd OLG Frankfurt/Main v. 10.7.2007 – 11 Verg 5/07, VergabeR 2008, 275 (277).

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somit von einem Rechtsanwalt bzw., soweit es sich bei dem Antragsteller um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, von einem Beamten oder Angestellten mit Befähigung zum Richteramt zu unterzeichnen. Das Gesetz enthält keine Regelung darüber, in welcher Frist der Antrag 6 zu stellen ist. Da nach § 121 Abs. 1 Satz 3 das Gericht im Rahmen der Prüfung des Antrags auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde berücksichtigt, ist der Antrag erst dann zulässig, wenn eine sofortige Beschwerde eingelegt wurde, wobei die Antragstellung nach § 121 zusammen mit der Beschwerdeeinlegung erfolgen kann1. Unzulässig ist es, über einen Antrag nach § 121 bereits vor Einlegung einer Beschwerde durch einen Beteiligten eine Verkürzung der Frist des § 115 Abs. 1 oder nach Beschwerdeeinlegung eine Verkürzung der Frist des § 118 Abs. 1 Satz 2 zu erreichen2. Ein derartiger Antrag wäre nicht prozessökonomisch, da bis zum Ablauf der Entscheidungsfrist des § 121 Abs. 3 Satz 1 feststeht, ob sofortige Beschwerde eingelegt und ein Antrag auf Fristverlängerung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 gestellt wurde. Die Stellung des Antrags auf Vorabentscheidung muss weder innerhalb der Zwei-WochenFrist des § 118 Abs. 1 Satz 2 noch innerhalb einer Fünf-Wochen-Frist erfolgen. Im Interesse einer zügigen Zuschlagserteilung wird den Antragsberechtigten jedoch an einer baldigen Antragstellung gelegen sein. Ein zu langes Abwarten kann dazu führen, dass die Eilbedürftigkeit für die Antragstellung entfällt (vgl. Rz. 8). Die Wiederholung einer abgelehnten Antragstellung ist nicht zulässig, 7 was sich mittelbar aus § 122 ergibt. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Antrag als unzulässig abgelehnt wurde. § 121 Abs. 2 Satz 1 sieht vor, dass der Antrag zu begründen ist. Die Be- 8 gründung hat gleichzeitig mit der Antragstellung zu erfolgen. Ein Antrag, der keine Begründung enthält, ist unzulässig3. Grund hierfür ist, dass die 1 Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1211; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 6. 2 OLG Naumburg v. 15.12.2000 – 1 Verg 11/00, NZBau 2001, 642; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 19; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 121 GWB Rz. 6. 3 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 121 GWB Rz. 36; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1211; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 12; a.A. wohl Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 6, wonach ein nicht begründeter Antrag bis zum Vorliegen einer Begründung als nicht existent zu behandeln ist; dies widerspricht jedoch dem klaren Wortlaut des § 121 Abs. 2 Satz 1.

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Antragstellung die Fünf-Wochen-Frist des § 121 Abs. 3 Satz 1 in Gang setzt und eine Verkürzung der Entscheidungsfrist durch Nachreichung der Anspruchsbegründung gegen den Beschleunigungsgrundsatz verstoßen würde. Darüber hinaus ist der Antrag nach § 121 selbst nicht fristgebunden, so dass dem Auftraggeber eine ausreichende Überlegungs- und Vorbereitungszeit zusteht. Auf Zulässigkeitsmängel hat das Gericht hinzuweisen (Rz. 9). Nach § 121 Abs. 2 Satz 2 sind die zur Begründung des Antrags vorzutragenden Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen. Wie im Falle der §§ 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 118 Abs. 1 Satz 3 sieht das Gesetz nicht vor, dass der Antrag Rechtsausführungen zu enthalten hat. Dies ist jedoch jedenfalls zweckmäßig. Allerdings muss der Antrag Angaben über den Grund der Eilbedürftigkeit enthalten. Hieraus ergibt sich, dass die Eilbedürftigkeit der Zuschlagserteilung Voraussetzung für den Erlass einer Vorabentscheidung nach § 121 ist. Diese wird regelmäßig gegeben sein, da es auf der Hand liegt, dass eine Verzögerung der Zuschlagserteilung zu Nachteilen, wenn nicht gar zur Unmöglichkeit der Auftragsvergabe führt. Die Eilbedürftigkeit kann entfallen, wenn der Antrag auf Vorabentscheidung nicht zeitnah zu der Einlegung der sofortigen Beschwerde gestellt wird1. Geboten sind im Rahmen der Begründung der Eilbedürftigkeit insbesondere Ausführungen zu den betroffenen Interessen der Allgemeinheit, die das Gericht im Rahmen der Abwägung nach § 121 Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen hat. Die Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen. Zulässig ist auch die Versicherung an Eides Statt (§ 294 Abs. 1 ZPO). Eine fehlende Glaubhaftmachung führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags, sondern ist im Rahmen der Begründetheit zu überprüfen2. 2. Hinweispflicht des Gerichts 9 Soweit ein Antrag auf Vorabentscheidung heilbare Zulässigkeitsmängel enthält, ist das Beschwerdegericht verpflichtet, den Antragsteller hierauf hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, den Mangel nachzubessern (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 70 Abs. 2). Die hierdurch entstehende Verzögerung wirkt zu Lasten des Antragstellers (vgl. unten Rz. 16 und Rz. 22).

1 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 15; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 6. 2 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 21.

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III. Verfahren des Beschwerdegerichts 1. Allgemeine Grundsätze Bezüglich des Verfahrens des Beschwerdegerichts verweist § 121 Abs. 3 10 Satz 4 auf § 120, in dessen Abs. 2 wiederum auf Vorschriften des GWB, des GVG und der ZPO verwiesen wird (§ 120 Rz. 5 ff.). Hieraus folgt, dass auch im Verfahren nach § 121 der Untersuchungsgrundsatz gilt (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 70 Abs. 1 bis 3). Insbesondere ist das Gericht berechtigt, Beweis zu erheben (Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 120 Abs. 2 und § 73 Nr. 2, der wiederum auf die Vorschriften der ZPO zur Erledigung des Zeugen- und Sachverständigenbeweises – §§ 373 bis 414 ZPO – und die sonstigen Arten des Beweisverfahrens – §§ 355 bis 494a ZPO – verweist). Dem Untersuchungsgrundsatz und der Verpflichtung zur Beweisaufnahme steht der auf fünf Wochen begrenzte Zeitraum für den Erlass der Entscheidung des Beschwerdegerichts gegenüber. Der Senat muss daher im jeweiligen Einzelfall eine Abwägung zwischen seiner Verpflichtung zur Untersuchung des Sachverhalts und dem Charakter des Verfahrens als Eilmaßnahme abwägen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Erfolgsaussichten der Beschwerde im Antragsverfahren nach § 121 soweit wie möglich aufgeklärt und das Beschwerdeverfahren nach Erlass der Vorabentscheidung nach Möglichkeit nicht fortgesetzt werden (vgl. hierzu o. Rz. 1). Dem entspricht es, dass das Beschwerdegericht Beweise nach Möglichkeit vollständig zu erheben hat1. Eine Verlängerung der Entscheidungsfrist (vgl. Rz. 16 ff.) zur Erhebung 11 weiterer Beweise ist nach § 121 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 zulässig. Allerdings darf dies nicht dazu führen, die Fünf-Wochen-Frist völlig entfallen zu lassen. In aller Regel verbietet sich eine Verlängerung um mehr als ca. zwei bis drei Wochen. Innerhalb dieses Zeitraums muss sich das Gericht gegebenenfalls auf die wesentlichen Beweismittel beschränken. In diesem Sinne ist auch § 294 Abs. 2 ZPO, der über § 121 Abs. 2 Satz 2 Anwendung findet, auszulegen, wonach eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, unstatthaft ist. „Sofort“ im Sinne des § 294 Abs. 2 ZPO bedeutet im Verfahren nach § 121, dass die Beweisaufnahme innerhalb der – gegebenenfalls unter strikter Beachtung der Voraussetzungen des § 121 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 verlängerten – Frist des § 121 Abs. 3 erfolgen kann. Allerdings ist das Beschwerdegericht nicht auf die Anhörung präsenter Zeugen beschränkt. Vielmehr können Zeugen von Amts wegen zur mündlichen Verhandlung geladen werden. 1 Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1213.

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12 § 121 Abs. 3 Satz 2 bestimmt, dass die Entscheidung auch ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Es liegt im Ermessen des Gerichts, ob eine mündliche Verhandlung stattfindet1. Ein Verzicht auf eine mündliche Verhandlung wird sich immer dann anbieten, wenn die Beschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und eine mündliche Verhandlung keine weitere Aufklärung oder Förderung des Verfahrens erwarten lässt2. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist eine mündliche Verhandlung grundsätzlich erforderlich3, da die Vorabentscheidung des Gerichts nach § 121 in vielen Fällen zur endgültigen Beendigung des Beschwerdeverfahrens führen wird. Wird eine mündliche Verhandlung durchgeführt, finden über Abs. 3 Satz 4 und § 120 Abs. 2 die Regelungen des § 69 Anwendung. 13 In jedem Fall, d.h. auch soweit keine mündliche Verhandlung stattfindet oder das Beschwerdegericht beabsichtigt, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1 GG)4. Auch in diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts nach § 121 Abs. 3 das Verfahren regelmäßig endgültig erledigen wird, so dass den Beteiligten zwingend die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen ist. Hierin liegt ein bedeutender Unterschied zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren der §§ 935, 940 ZPO, der aus dem besonderen Charakter des Verfahrens nach § 121 als beschleunigte Hauptsacheentscheidung folgt (vgl. hierzu Rz. 1). 2. Entscheidungsfrist (§ 121 Abs. 3 Satz 1) 14 In Parallelität zu § 113 Abs. 1 Satz 1 ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts unverzüglich längstens innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen und zu begründen. Auch diese Vorschrift dient der Beschleunigung des Verfahrens. Die Vorgabe einer Entscheidungsfrist war im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Die beteiligten Ausschüsse hatten in ihrer Empfehlung an den Bundesrat ausgeführt, es sei nicht sachgerecht, dem Gericht für seine Vorabentscheidung eine 1 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 20; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 22. 2 BT-Drucks. 13/9340, 22; OLG Bremen v. 20.7.2000 – Verg 1/01, BauR 2001, 94 (95); Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 22. 3 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 22. 4 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 35; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1213; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 24.

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Frist zu setzen. Vielmehr könne man nach den Erfahrungen mit einstweiligen Verfügungen darauf vertrauen, dass die Gerichte ohnehin so zügig wie möglich entscheiden würden. Das Erfordernis, die Fünf-Wochen-Frist gegebenenfalls gemäß § 121 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. verlängern zu müssen, würde lediglich zu einer zusätzlichen Belastung des Vorsitzenden führen. Dies umso mehr, als der Verlängerungsbeschluss begründet werden müsse1. Der Bundesrat hat diese Empfehlung nicht aufgegriffen. Allerdings sieht das Gesetz, anders als in § 116 Abs. 2, keine Rechtsfolgen für den Fall der Überschreitung der Frist des § 121 Abs. 3 durch das Beschwerdegericht vor. Die Entscheidung muss unverzüglich längstens innerhalb von fünf Wo- 15 chen ergehen und begründet werden. „Unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei der Fünf-Wochen-Frist handelt es sich um eine Höchstfrist, die nach dem Willen des Gesetzgebers nach Möglichkeit nicht ausgenutzt werden sollte2. Tatsächlich ist eine merkliche Unterschreitung der Fünf-Wochen-Frist kaum möglich. Die Frist beginnt mit Eingang des Antrags nach § 121 Abs. 1. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag unzulässig ist, beispielsweise keine Begründung enthält (vgl. Rz. 8). Im Ausnahmefall kann die Frist bei besonderen tatsächlichen oder recht- 16 lichen Schwierigkeiten durch begründete Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängert werden (§ 121 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs.). Diese Entscheidung ergeht durch den Vorsitzenden allein, ohne Beteiligung der beisitzenden Richter. Die Vorschrift entspricht § 113 Abs. 1 Satz 2 (vgl. § 113 Rz. 7 ff.). Nach dem Gesetzeswortlaut soll die Verlängerung der Frist nicht zum Regelfall werden, sondern ist auf Ausnahmen beschränkt. Die Schwierigkeiten, die zu einer Fristverlängerung berechtigen, müssen sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ergeben, können aber auch mit internen Problemen des Gerichtsablaufs wie personeller Unterbesetzung, Urlaub, Feiertagen usw. begründet werden3. Tatsächliche Schwierigkeiten liegen beispielsweise vor, wenn sich die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts etwa wegen der Nichterreichbarkeit von Zeugen oder der verspäteten Übermittlung von beigezogenen Akten verzögert. Eine Fristverlängerung aufgrund von rechtlichen Schwierigkeiten dürfte hingegen kaum in Frage kommen. Insofern kann auf die besondere Fachkunde der Ver1 BT-Drucks. 646/2/97, 32. 2 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 31. 3 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 121 GWB Rz. 45.

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gabesenate vertraut werden. Kein Verlängerungsgrund liegt vor, wenn der Antrag auf Vorabentscheidung zunächst Zulässigkeitsmängel aufwies, die zu einem späteren Zeitpunkt – etwa aufgrund eines Hinweises des Gerichts – beseitigt wurden. Die durch die Einreichung eines unzulässigen Antrags hervorgerufene Verzögerung geht zu Lasten des Antragstellers, was gegebenenfalls im Rahmen der Entscheidungsbegründung zu berücksichtigen ist (vgl. unten Rz. 22). Die Verlängerung hat um den erforderlichen Zeitraum zu erfolgen. Aus dem Beschleunigungsgrundsatz ergibt sich, dass es sich hierbei regelmäßig um einen Zeitraum von nur wenigen Tagen handeln kann. Steht ein Beweismittel nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums, das heißt im Rahmen einer Verlängerung von ca. zwei bis drei Wochen, zur Verfügung, muss auf dieses Beweismittel verzichtet werden. Eine Fristverlängerung etwa um mehrere Monate, um einen Beweis erheben zu können, scheidet aus. Das Beschwerdegericht muss den Zeitraum, um den es die Frist verlängert, dem Kalender nach bestimmen. Eine Mitteilung an die Beteiligten, dass die Frist „um den erforderlichen Zeitraum“ verlängert wird, ist unzulässig1. 17 Die Entscheidung über die Fristverlängerung ist den Beteiligten mitzuteilen und zu begründen. Eine Form schreibt das Gesetz nicht vor. Die Verlängerung kann daher auch mündlich oder telefonisch erklärt werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften hat keine Folgen2. Da auch keine Sanktion für den Fall vorgesehen ist, dass die Entscheidung nicht innerhalb der Fünf-Wochen-Frist ergeht, ist eine Verlängerung auch noch nach Fristablauf zulässig3, sollte jedoch nach Möglichkeit unterbleiben. 18 Innerhalb der – ggf. verlängerten Frist – muss eine Entscheidung über den Vorabentscheidungsantrag ergehen. Die Zustellung der Entscheidung kann nach Fristablauf erfolgen4. 3. Aussetzung des Beschwerdeverfahrens (§ 121 Abs. 2 Satz 3) 19 Bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 121 kann das Verfahren über die Beschwerde ausgesetzt werden (§ 121 Abs. 2 Satz 3). Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung5 hatte zunächst vorgesehen, dass das 1 A.A. Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 121 GWB Rz. 46. 2 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 22; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 17. 3 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 32. 4 Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 121 GWB Rz. 19; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 22; a.A. Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 21. 5 BT-Drucks. 13/9340.

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Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung über den Antrag zwingend auszusetzen sei. Hiergegen hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme1 eingewendet, dass Fälle denkbar seien, in denen das Beschwerdeverfahren schon bei Stellung eines Antrags auf Vorabentscheidung über den Zuschlag entscheidungsreif sei. Bei dieser Konstellation erscheine es nicht sachgerecht, eine gleichzeitige Entscheidung über die sofortige Beschwerde gesetzlich zu verhindern. Daraufhin wurde Abs. 2 Satz 3 dahingehend geändert, dass das Beschwerdeverfahren ausgesetzt werden kann. Aus der Stellungnahme des Bundesrates, die diese Änderung veranlasste, ergibt sich, dass die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens die Regel bildet. Von ihr kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, wobei die Anordnung der Aussetzung insbesondere dann zu unterbleiben hat, wenn über die sofortige Beschwerde sofort entschieden werden kann2. In allen anderen Fällen bietet sich die Aussetzung an, da die Stellungnahmen der Parteien und die Beweiserhebungen, die im Verfahren nach § 121 erfolgen, ohnehin für das Beschwerdeverfahren Verwendung finden, ein paralleles Betreiben beider Verfahren daher regelmäßig keine Vorteile bietet. Ergeht eine Hauptsacheentscheidung des Beschwerdegerichts, ohne dass 20 über den Vorabentscheidungsantrag nach § 121 entschieden wurde, wird dieser Antrag gegenstandslos3. IV. Entscheidung des Beschwerdegerichts 1. Form § 121 Abs. 3 Satz 4 erklärt § 120 für anwendbar. Dieser verweist wie- 21 derum auf § 71 Abs. 1. Danach ergeht die Vorabentscheidung durch Beschluss. Nach § 120 Abs. 2 i.V.m. § 71 Abs. 6 ist die Vorabentscheidung mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Diese Verpflichtung entfällt, da das Gesetz kein Rechtsmittel vorsieht (§ 121 Abs. 4) (vgl. unten Rz. 34). 2. Prüfungsumfang Das Beschwerdegericht prüft zunächst die Zulässigkeit des Antrags (vgl. 22 hierzu oben Rz. 3 ff.). Bestehen Zulässigkeitsmängel, hat das Gericht den Antragsteller hierauf hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Abhilfe zu 1 BT-Drucks. 13/9340, 43. 2 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 28. 3 OLG Düsseldorf v. 13.4.2001 – Verg 30/00, VergabeR 2001, 226 (232); Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 17; ähnlich OLG Dresden v. 16.10.2001 – WVerg 7/01, VergabeR 2002, 142 (146).

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geben. Die Fünf-Wochen-Frist des § 121 Abs. 3 beginnt jedoch bereits mit Einlegung des unzulässigen Antrags zu laufen (vgl. o. Rz. 15). Die durch die Einreichung eines unzulässigen Antrags entstehenden Verzögerungen führen dazu, dass dem Gericht weniger Zeit zur Überprüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde zur Verfügung steht. Eine Verlängerung der Entscheidungsfrist nach Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. rechtfertigt sich hierdurch nicht (oben Rz. 16). Vielmehr geht der Umstand, dass der Sachverhalt durch die eingetretene Verzögerung gegebenenfalls nicht umfassender aufgeklärt werden kann, zu Lasten des Antragstellers. Dies hat das Gericht im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten und der Abwägung nach § 121 Abs. 1 zu berücksichtigen. 23 Die Vorschriften über die Prüfung der Begründetheit des Antrags wurden durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20091 geändert. § 121 Abs. 1 stimmt wörtlich mit dem ebenfalls neu gefassten § 118 Abs. 2 überein. Demnach kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen (§ 121 Abs. 1 Satz 1). Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen (§ 121 Abs. 1 Satz 2). Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens (§ 121 Abs. 1 Satz 3). Obwohl nach § 121 Abs. 1 Satz 3 das Gericht die Erfolgsaussichten der Beschwerde bei seiner Entscheidung lediglich als ein Kriterium zu berücksichtigen hat, erfolgt eine zweistufige Prüfung (vgl. § 118 Rz. 24). Zunächst hat das Gericht die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde zu prüfen2. Hierbei hat es den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren und den Sachverhalt, soweit dies im Hinblick auf die Frist des Abs. 3 Satz 1 möglich ist, aufzuklären (vgl. o. Rz. 10). Das Beschwerdegericht wird dem Antrag somit in der Regel bereits dann stattgeben, wenn es zu der Auffassung gelangt, dass die sofortige Beschwerde voraussichtlich erfolgreich sein wird, ohne dass es einer zusätzlichen Abwägung nach Abs. 1 Satz 2

1 BGBl. I, 790. 2 BayObLG v. 23.3.2004 – Verg 3/04, VergabeR 2004, 530 (532) zur alten Rechtslage.

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bedürfte1. Andererseits ist der Antrag regelmäßig ohne weitere Interessenabwägung abzuweisen, wenn die sofortige Beschwerde voraussichtlich keinen Erfolg haben wird2. Umstritten ist der Prüfungsmaßstab des Beschwerdegerichts. Dem Ge- 24 setzgeber war bewusst, dass eine umfassende Prüfung der Erfolgsaussichten innerhalb der Frist des § 121 Abs. 3 nicht möglich sein wird. In § 121 Abs. 2 Satz 2 hat er die Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Tatsachen vorgeschrieben. Dies bedeutet, dass für die Überzeugung des Gerichts anstelle des Vollbeweises die überwiegende Wahrscheinlichkeit tritt3. Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts4 die Überzeugung des Gerichts in einem Eilverfahren umso größer sein muss, als seine Entscheidung die Hauptsache vorwegnimmt. Dies ist im Vorabentscheidungsverfahren nach § 121 regelmäßig der Fall. Das Gericht darf dem Antrag daher ohne Vornahme einer Interessenabwägung nur dann stattgeben, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für dessen Erfolgsaussichten spricht5. Soweit das Gericht über den Antrag nicht allein aufgrund der Erfolgsaus- 25 sichten der Beschwerde entscheidet, kann es den Zuschlag auch gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen (§ 121 Abs. 1 Satz 1). Sätze 2 und 3 konkretisieren die hierbei zu berücksichtigenden Umstände. Diese Vorschrift stimmt insoweit wörtlich mit § 118 Abs. 2 überein. Ein Unterschied zwischen § 121 Abs. 1 Satz 1 und § 118 Abs. 2 Satz 1 liegt jedoch darin, dass in letzterem Fall 1 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 24; zur alten Rechtslage BT-Drucks. 13/9340, 21; OLG Dresden v. 11.7.2000 – WVerg 5/00, BauR 2001, 235; OLG Bremen v. 20.7.2000 – Verg 1/00, BauR 2001, 94 (95); BayObLG v. 13.8.2001 – Verg 1/01, VergabeR 2001, 402 (404); BayObLG v. 23.3. 2004 – Verg 3/04, VergabeR 2004, 530 (532); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 121 GWB Rz. 13; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1215; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 10. 2 KG v. 6.2.2003 – 2 Verg 1/03, VergabeR 2003, 355 (358); OLG Frankfurt/Main v. 10.7.2007 – 11 Verg 5/07, VergabeR 2008, 275; OLG Rostock v. 6.3.2009 – 17 Verg 1/09, VergabeR 2009, 660 (667); Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 24. 3 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 121 GWB Rz. 10; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 8. 4 BVerfG v. 25.10.1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69 (74). 5 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 9.

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der Antrag zwingend abzulehnen ist, wenn die Abwägung ergibt, dass die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Nachteile überwiegen. § 121 Abs. 1 Satz 1 gibt dem Beschwerdegericht hingegen ein Ermessen, dem Antrag stattzugeben, wenn die mit einer Verzögerung der Vergabe verbundenen Nachteile die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Selbst wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann das Gericht den Antrag ablehnen. Regelmäßig besteht eine Wechselwirkung zwischen den Erfolgsaussichten der Beschwerde und der Interessenabwägung. Je höher die Erfolgsaussichten sind, desto höher wiegen die Interessen des Auftraggebers und der Allgemeinheit an der Zuschlagserteilung1. Entscheidend ist die Interessenabwägung somit regelmäßig, wenn die Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht verlässlich eingeschätzt werden können. 26 Hinsichtlich der im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Interessen wird auf die Kommentierung zu § 118 Abs. 2 verwiesen (§ 118 Rz. 25 f.). Anzumerken ist, das § 121 Abs. 1 Satz 3 von der Berücksichtigung der allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten spricht. Damit ist der Antragsteller des Nachprüfungsantrags, nicht des Antrags nach § 121 Abs. 1 angesprochen. Führt die Interessenabwägung zu einem offenen Ergebnis, das heißt, sind Vor- und Nachteile gleich zu bewerten, scheidet eine Stattgabe des Antrags aus2. 3. Inhalt der Entscheidung (§ 121 Abs. 1 Satz 1) 27 Gibt das Gericht dem Antrag statt, so gestattet es nach Abs. 1 Satz 1 den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und die Erteilung des Zuschlags. Gleichzeitig hebt es die Entscheidung der Vergabekammer auf, was sich mittelbar aus § 118 Abs. 3 ergibt3. Allerdings ist unklar, ob dies auch dann geschieht, wenn sich das Gericht inhaltlich mit der Entscheidung der Vergabekammer nicht auseinandersetzt und lediglich auf Grundlage einer Interessenabwägung entscheidet. Hierfür spricht, dass anderenfalls § 118 Abs. 3 einer Zuschlagserteilung entgegenstünde. Grundsätzlich wird dem Auftraggeber daran gelegen sein, die Gestattung der Zuschlagserteilung zu erhalten. Das Gericht kann hinter dem Antrag zurückblieben und beispielsweise den Abschluss eines langfristigen Ver1 OLG Düsseldorf v. 24.5.2007 – Verg 12/07, ZfBR 2008, 79; Röwekamp in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 24. 2 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 25. 3 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 15; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 13.

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§ 121

Vorabentscheidung über den Zuschlag

trags zunächst für eine Übergangszeit gestatten1. Ist das Vergabeverfahren noch nicht bis zur Zuschlagsreife abgeschlossen, kann der Antragsteller sein Ziel nur erreichen, wenn das Beschwerdegericht die Fortführung des Verfahrens ohne Berücksichtigung etwaiger von der Vergabekammer in ihrer Entscheidung genannten Maßnahmen gestattet2. Eine Frist für die Erteilung des Zuschlags im Anschluss an eine stattgebende Entscheidung sieht § 121 nicht vor. Für eine analoge Anwendung des § 122, wonach die Zuschlagserteilung innerhalb von zehn Tagen zu erfolgen hätte3, besteht keine Notwendigkeit. Erfolgt die Zuschlagserteilung nicht zeitnah, geht der Auftraggeber das Risiko ein, dass das Beschwerdegericht eine Hauptsacheentscheidung trifft, welche die Zuschlagserteilung versagt. In diesem Fall verliert die Vorabentscheidung ihre Wirksamkeit. Es existiert keine Veranlassung, den Auftraggeber durch den Zwang zu einem schnellen Zuschlag vor dieser Gefahr zu schützen. Weist das Beschwerdegericht den Antrag auf Vorabentscheidung nach 28 § 121 als unbegründet zurück4, ist das Vergabeverfahren (nicht das Beschwerdeverfahren) beendet, wenn nicht der Auftraggeber innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung der Entscheidung die Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens ergreift, die sich aus dem Beschluss des Beschwerdegerichts ergeben (§ 122). Um dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vergabeverfahrens nach § 122 zu ermöglichen, muss das Beschwerdegericht in seiner Entscheidung zwingend diejenigen Maßnahmen nennen, die der Auftraggeber zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens zu ergreifen hat (vgl. § 122 Rz. 5 f.). Unklar ist, ob das Beschwerdegericht auch in diesen Fällen die Entscheidung der Vergabekammer aufhebt. Hierfür scheint kein Anlass zu bestehen, da der Auftraggeber mit seinem Ziel, den Zuschlag trotz der gegenläufigen Entscheidung der Vergabekammer erteilen zu dürfen, nicht durchdringt. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass das Beschwerdegericht von der Rechtsauffassung der Vergabekammer abweicht, die unter Umständen in ihrer Entscheidung andere Maßnahmen anordnete oder eine „Heilung“ des Vergabeverfahrens für ausgeschlossen hielt. Es ist daher zu unterscheiden. Entsprechen die Maßnahmen, die das Beschwerdegericht nach 1 OLG Düsseldorf v. 11.9.2000 – Verg 7/00, WuW Verg 381; Jaeger in Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1219; Röwekamp in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 29. 2 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 17; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 5. 3 Gröning, ZIP 1998, 370 (376). 4 Zum Fall der Unzulässigkeit vgl. § 122 Rz. 3.

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Vorabentscheidung über den Zuschlag

§ 122 anordnet, vollumfänglich den Maßgaben, die die Vergabekammer in ihrer Entscheidung genannt hat (was auch der Fall ist, wenn übereinstimmend die Auffassung besteht, dass derartige Maßnahmen nicht möglich sind), hebt das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nicht auf, sondern wiederholt deren Maßnahmen bzw. verweist auf diese. Für den Auftraggeber besteht gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer nunmehr der Unterschied, dass er die Maßnahmen innerhalb von 10 Tagen umsetzen muss. Gelingt ihm dies, steht es ihm grundsätzlich frei, den Zuschlag zu erteilen. § 118 Abs. 3 steht dem nicht entgegen, da diese Vorschrift nicht eingreift, wenn der Auftraggeber den Anweisungen aus der Entscheidung der Vergabekammer nachkommt (§ 118 Rz. 32). Hält das Beschwerdegericht in Abweichung von der Entscheidung der Vergabekammer Maßnahmen für möglich bzw. beabsichtigt es, andere Maßnahmen festzusetzen, hebt es diese Entscheidung zumindest teilweise auf und benennt die aus seiner Sicht erforderlichen Maßnahmen. Anderenfalls, das heißt, wenn keine Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer erfolgen würde, wäre der Auftraggeber aufgrund des § 118 Abs. 3 selbst dann an einer Zuschlagserteilung gehindert, wenn er die Maßnahmen aus der Vorabentscheidung des Beschwerdegerichts erfüllt, da dem die anderslautende Entscheidung der Vergabekammer entgegenstehen würde. Lehnt das Beschwerdegericht den Antrag auf Vorabentscheidung allein aufgrund einer Interessenabwägung ab, weil es die Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht beurteilen könnte, findet § 122 keine Anwendung (§ 122 Rz. 3). Es erfolgt keine Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer, das Beschwerdeverfahren wird fortgesetzt. Eine Zuschlagserteilung ist nach § 118 Abs. 3 nur dann möglich, wenn der Auftraggeber die Auflagen aus der Entscheidung der Vergabekammer berücksichtigt. Hat diese die Zuschlagserteilung ohne weitere Maßgaben untersagt, ist der Auftraggeber hieran bis zum Vorliegen der Hauptsacheentscheidung des Beschwerdegerichts gebunden. 29 Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist zu begründen. Hierbei hat das Gericht die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens zu erläutern (§ 121 Abs. 3 Satz 3). Der Begründungszwang rechtfertigt sich dadurch, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Beschwerdeverfahren mit Erlass der Vorabentscheidung nach § 121 regelmäßig endet. Darüber hinaus dient die Begründung der Erläuterung derjenigen Maßnahmen, die zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens erforderlich sind1. Problematisch ist der Zwang zur Erläuterung 1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 14.

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Vorabentscheidung über den Zuschlag

der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens, wenn das Beschwerdegericht eine Vorabentscheidung allein aufgrund einer Interessenabwägung nach § 121 Abs. 1 trifft, weil es sich kein Bild von der Rechtmäßigkeit des Verfahrens machen konnte. Der Gesetzeswortlaut scheint das Gericht in diesen Fällen zur Erstattung eines vorläufigen Rechtsgutachtens zu zwingen1. Dies ist allerdings nur gerechtfertigt, soweit es im Hinblick auf § 122 auf Rechtsausführungen ankommt. Wird der Antrag auf Vorabentscheidung allein aufgrund einer Interessenabwägung abgelehnt, was voraussetzt, dass es dem Beschwerdegericht nicht gelungen ist, den entscheidungserheblichen Sachverhalt innerhalb der Entscheidungsfrist hinreichend aufzuklären, findet § 122 keine Anwendung (vgl. § 122 Rz. 3). Es bedarf dann auch im Hinblick auf § 122 keiner Ausführungen zur Rechtmäßigkeit2. Enthält die Entscheidung Maßnahmen, die der Auftraggeber zur Herstel- 30 lung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu ergreifen hat, empfiehlt es sich, diese im Entscheidungstenor oder im Anschluss hieran ausdrücklich auszuführen. Allerdings genügt es, wenn sich die Maßnahmen aus den Entscheidungsgründen ergeben. Enthält die Entscheidung des Gerichts keine Maßnahmen, obwohl eine Entscheidung nicht lediglich aufgrund einer Interessenabwägung ergangen ist, fehlt es an einem zwingenden Entscheidungsinhalt. Der Auftraggeber ist daher berechtigt, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung eine Beschlussergänzung nach § 120 VwGO analog zu beantragen (§ 122 Rz. 6). Wie sich aus § 121 Abs. 3 Satz 1 ergibt, muss die Begründung innerhalb 31 der Fünf-Wochen-Frist bzw. der nach Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. verlängerten Frist erfolgen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift hat keine Folgen (vgl. oben Rz. 14), so dass die Begründung auch nach Fristablauf abgefasst werden kann. 4. Kosten Bezüglich des Streitwerts, der Gerichtskosten und der Rechtsanwalts- 32 gebühren wird auf § 118 Rz. 28 f. verwiesen. Auch für das Vorabentscheidungsverfahren sieht das Gesetz nicht vor, dass der Beschluss des Beschwerdegerichts mit einer Kostenentscheidung zu versehen ist. 1 Gröning, ZIP 1998, 370 (376); vgl. auch Däubler-Gmelin, EuZW 1997, 709 (712). 2 Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 122 Rz. 1222; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 30; a.A. Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 122 GWB Rz. 4; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 23.

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Vorabentscheidung über den Zuschlag

Entsprechend den Ausführungen zu § 118 (§ 118 Rz. 29) spricht vieles dafür, dass bei Stattgabe des Antrags eine Kostenentscheidung erforderlich ist1. Wie im Fall des § 118 Abs. 1 Satz 3 geht die herrschende Meinung jedoch davon aus, dass die Vorabentscheidung nicht mit einer Kostenentscheidung zu versehen ist, sondern über die Kosten mit der Hauptsache entschieden wird2. 5. Vollstreckung 33 Eine Vollstreckung der Entscheidung nach § 121 ist nicht erforderlich. Gibt das Beschwerdegericht dem Antrag auf Vorabentscheidung statt, ist der Auftraggeber berechtigt, den Zuschlag zu erteilen. Wird der Antrag hingegen abgelehnt, würde eine trotz allem erfolgende Zuschlagserteilung gegen § 118 Abs. 3 verstoßen und wäre daher nach § 134 BGB nichtig (vgl. § 118 Rz. 33), soweit nicht das Gericht die Entscheidung der Vergabekammer aufhebt (vgl. Rz. 28). In diesem Fall hat der Auftraggeber die Maßnahmen des Beschwerdegerichts zu erfüllen (§ 122). V. Rechtsmittel (§ 121 Abs. 4) 34 Gegen eine Entscheidung nach § 121 ist ein Rechtsmittel nicht zulässig (§ 121 Abs. 4). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist endgültig. Auch eine Wiederholung des Antrags im Falle seiner Ablehnung durch das Beschwerdegericht als unbegründet scheidet aus (hierzu o. Rz. 7). VI. Folgen des Vorabentscheidungsverfahrens 35 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das Beschwerdeverfahren nach Erlass einer Vorabentscheidung regelmäßig enden wird. Gibt das Beschwerdegericht dem Antrag statt, wird der Auftraggeber unmittelbar danach den Zuschlag erteilen. In diesem Fall kann das Beschwerdeverfahren allenfalls als Feststellungsverfahren nach § 123 Satz 3 fortgeführt werden (§ 123 Rz. 8). Unterliegt der Auftraggeber, endet das Vergabeverfahren innerhalb von zehn Tagen nach Zustellung der Entscheidung, soweit der Auftraggeber nicht die von dem Gericht in der Entscheidung genannten Maßnahmen ergreift (§ 122). Auch im Fall der Beendigung des Vergabe1 OLG Naumburg v. 15.12.2000 – Verg 11/00, NZBau 2001, 642 (643); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 121 GWB Rz. 53. 2 BayObLG v. 13.8.2001 – Verg 10/01, VergabeR 2001, 402 (405); OLG Düsseldorf v. 29.11.2005 – Verg 82/05, VergabeR 2006, 424; OLG Düsseldorf v. 24.5.2007 – Verg 12/07, ZfBR 2008, 79; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1223; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 31.

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§ 122

Ende des Vergabeverfahrens

verfahrens nach § 122 kann das Beschwerdeverfahren allenfalls als Feststellungsverfahren fortgesetzt werden. Dies dürfte jedoch regelmäßig für den Auftraggeber wenig Aussicht auf Erfolg bieten, da der zuständige Senat im Rahmen der Vorabentscheidung Verstöße gegen das Vergaberecht festgestellt hat und die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass es dem Auftraggeber gelingen wird, den Senat bei Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens davon zu überzeugen, dass tatsächlich keine Rechtsverstöße vorlagen. Der Gesetzgeber geht daher davon aus, dass der Auftraggeber das Beschwerdeverfahren nicht fortsetzen wird1.

Ende des Vergabeverfahrens nach Entscheidung des Beschwerdegerichts

122

Ist der Auftraggeber mit einem Antrag nach § 121 vor dem Beschwerdegericht unterlegen, gilt das Vergabeverfahren nach Ablauf von zehn Tagen nach Zustellung der Entscheidung als beendet, wenn der Auftraggeber nicht die Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens ergreift, die sich aus der Entscheidung ergeben; das Verfahren darf nicht fortgeführt werden. I. 1. 2. II. 1. 2.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Regelungsinhalt Unterliegen des Auftraggebers Benennung der Maßnahmen durch das Gericht . . . . . . . . . 3. Zehn-Tages-Frist . . . . . . . . .

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4. Ergreifen der Maßnahmen . 5. Rechtsfolge bei Nichtergreifen der Maßnahmen: Beendigung des Vergabeverfahrens . . . . . . . . . . . . . . 6. Rechtsfolge bei Ergreifen der Maßnahmen . . . . . . . . III. Risikoabwägung . . . . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 122 regelt die Folgen einer Abweisung des Antrags des Auftraggebers auf 1 Vorabentscheidung nach § 121 durch das Beschwerdegericht. Wird der Antrag abgelehnt, gilt das Vergabeverfahren nach Ablauf von zehn Tagen nach Zustellung der Entscheidung als beendet, wenn der Auftraggeber nicht die Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens ergreift, die sich aus der Entscheidung ergeben. Die Vorschrift bezieht sich somit auf die Beendigung des Vergabeverfahrens (nicht des 1 BT-Drucks. 13/9340, 22.

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§ 122

Ende des Vergabeverfahrens

Beschwerdeverfahrens, vgl. unten Rz. 11) und sollte nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf als § 111 unter dem Ersten Abschnitt stehen, der das Vergabeverfahren regelt1. Im Laufe der Beratungen entschied man sich dafür, den Standort der Bestimmung zu verschieben, da diese nur im Zusammenhang mit der Regelung des § 121 verständlich wird. § 122 dient der Beschleunigung des Verfahrens. Das Stellen eines Antrags auf Vorabentscheidung ist nur dann zulässig, wenn die Vergabekammer die Zuschlagserteilung untersagt, der Auftraggeber somit unterlegen ist (§ 121 Rz. 4). Nach Abweisung des Antrags auf Vorabentscheidung haben zwei Instanzen Fehler des Vergabeverfahrens festgestellt, wenn auch die Entscheidung des Beschwerdegerichts lediglich in einem Eilverfahren ergangen ist. Es spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es dem Auftraggeber in Fortführung des Beschwerdeverfahrens nicht gelingen wird, den Senat, der den Antrag auf Vorabentscheidung abgelehnt hat, davon zu überzeugen, dass die festgestellten Mängel des Vergabeverfahrens nicht bestehen. Würde der Auftraggeber das Beschwerdeverfahren trotz allem fortsetzen, verbliebe das Vergabeverfahren bis zur endgültigen Entscheidung, die unter Umständen erst nach Monaten ergehen würde, in der Schwebe. § 122 soll den Auftraggeber daher von einem Weg abhalten, den er sinnvollerweise nicht gehen sollte2. Folglich wird das Vergabeverfahren kraft Gesetzes beendet, wenn sich der Auftraggeber nicht der Auffassung des Beschwerdegerichts beugt und die von diesem gerügten Vergaberechtsverstöße abstellt, soweit dies überhaupt möglich ist. Unbenommen bleibt das Recht des Auftraggebers, das Beschwerdeverfahren trotz der Beendigung des Vergabeverfahrens fortzusetzen. In diesem Fall muss allerdings ein Feststellungsantrag nach § 123 Satz 3 gestellt werden. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 122 ist seit seinem in Kraft treten am 1.1.1999 unverändert. II. Regelungsinhalt 1. Unterliegen des Auftraggebers 3 Voraussetzung für das Eingreifen des § 122 ist, dass der Auftraggeber mit seinem Antrag auf Erlass einer Vorabentscheidung nach § 121 unterliegt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das Beschwerdegericht eine Sachentscheidung trifft. Wird der Antrag wegen Zulässigkeitsmängeln, der fehlenden Eilbedürftigkeit oder ausschließlich aufgrund einer Interessen1 BT-Drucks. 13/9340. 2 BT-Drucks. 13/9340, 16.

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Ende des Vergabeverfahrens

abwägung, weil das Beschwerdegericht nicht in der Lage ist, die Sachund Rechtsfragen umfassend aufzuklären (vgl. § 121 Rz. 28), zurückgewiesen, wird die Frist des § 122 nicht in Gang gesetzt. In diesen Fällen enthält der Beschluss des Beschwerdegerichts keine Erläuterung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens (§ 121 Abs. 3 Satz 3) und folglich keine Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit, denen der Antragsteller folgen könnte1. Eine Beendigung des Vergabeverfahrens tritt dann nicht ein, vielmehr wird das Beschwerdeverfahren weitergeführt. Ein teilweises Unterliegen des Auftraggebers liegt vor, wenn er die Gestattung der Zuschlagserteilung beantragte, das Beschwerdegericht jedoch lediglich die Fortführung des Vergabeverfahrens gestattet, da noch keine Zuschlagsreife besteht. Eine derartige Entscheidung setzt voraus, dass das Beschwerdegericht das bisherige Vergabeverfahren für rechtmäßig erachtet. Auch wenn der Auftraggeber in diesem Fall mit seinem Antrag nicht vollständig durchdringt, findet § 122 keine Anwendung, da das Beschwerdegericht die Rechtmäßigkeit des Verfahrens des Auftraggebers bestätigt2. Der Antrag auf Vorabentscheidung kann nach § 121 Abs. 1 Satz 1 auch 4 von dem Unternehmen gestellt werden, das nach § 101a vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll. Auf die Entscheidung über einen solchen Antrag findet § 122 nach seinem Wortlaut keine Anwendung. Dies ist gerechtfertigt, da anderenfalls das Gericht berechtigt wäre, aufgrund einer vorläufigen Rechtsauffassung in das Vergabeverfahren einzugreifen, obwohl der Auftraggeber dem Gericht diese Möglichkeit nicht einräumen wollte und von einem eigenen Antrag abgesehen hat. 2. Benennung der Maßnahmen durch das Gericht Die Beendigung des Vergabeverfahrens tritt ein, wenn der Auftraggeber 5 nicht die Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens ergreift, die sich aus der Entscheidung des Beschwerdegerichts ergeben. Dies setzt voraus, dass das Gericht derartige Maßnahmen in seiner Entscheidung benennt (§ 121 Abs. 3 Satz 3). Es handelt sich hierbei kei1 Boesen, Vergaberecht, § 122 Rz. 7–9; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 122 GWB Rz. 3; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 122 Rz. 2; ebenso Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 121 Rz. 1227 und Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 122 Rz. 4, die allerdings eine Entscheidung ausschließlich aufgrund einer Interessenabwägung für unzulässig halten. 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 122 Rz. 5.

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Ende des Vergabeverfahrens

nesfalls um einen Fremdkörper im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren. Vielmehr enthalten die Hauptsacheentscheidungen der Vergabekammern und Vergabesenate in vielen Fällen Maßgaben, unter denen das Vergabeverfahren durch den Auftraggeber fortzuführen ist. Die Besonderheit des § 122 besteht darin, dass diese Maßnahmen innerhalb von zehn Tagen ergriffen werden müssen und anderenfalls das Vergabeverfahren endet. Derartige Fristen bestehen hinsichtlich der Umsetzung von Maßnahmen aus Hauptsacheentscheidungen der Vergabekammern und Vergabesenate nicht. Es ist nicht erforderlich, wenn auch zulässig, die Maßnahmen im Entscheidungstenor oder im Anschluss hieran im Einzelnen aufzuführen. Vielmehr genügt es, wenn sich die Maßnahmen aus den Entscheidungsgründen ergeben1. Von Vorteil ist, wenn das Gericht die einzelnen, von ihm festgestellten Verstöße gegen das Vergaberecht benennt und darlegt, durch welche konkreten Maßnahmen der jeweilige Verstoß behoben werden kann. 6 Das Gesetz regelt nicht den Fall, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts keine Maßnahmen zur Behebung der Vergaberechtsverstöße benennt, sich diese auch nicht aus den Entscheidungsgründen ergeben, jedoch objektiv möglich wären. In diesem Fall würde dem Auftraggeber die Möglichkeit genommen werden, sich der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zu beugen und durch die Herstellung eines rechtmäßigen Zustands die Fortsetzung des Vergabeverfahrens zu erreichen. Da die Benennung von Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu dem erforderlichen Inhalt einer Entscheidung zählt, die auf Grundlage des § 121 Abs. 1 Satz 1 ergeht, besteht die Möglichkeit einer Beschlussergänzung in analoger Anwendung des § 120 VwGO. Der Auftraggeber kann innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Vorabentscheidung (§ 120 Abs. 2 VwGO analog) beantragen, den Beschluss um die Benennung von Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu ergänzen. Eine Entscheidung über diesen Antrag kann regelmäßig ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 121 Abs. 3 Satz 2). 3. Zehn-Tages-Frist 7 Zulasten des Auftraggebers läuft eine Frist von zehn Tagen, um die zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die Frist beginnt mit Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Ablehnung des Antrags auf Vor1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 121 Rz. 14.

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Ende des Vergabeverfahrens

abentscheidung an den Auftraggeber. Wann die Entscheidung des Gerichts den übrigen Beteiligten zugestellt wird, spielt für den Fristbeginn keine Rolle. Weist die Zustellung Mängel auf, so kann der Beginn der Frist mit dem Tag als eingetreten angesehen werden, an dem der Beschluss des Beschwerdegerichts dem Auftraggeber zugegangen ist. Dies ergibt sich aus der Verweisungskette der §§ 121 Abs. 3 Satz 4, 120 Abs. 2, 73 Nr. 2 GWB, § 189 ZPO. § 189 ZPO findet Anwendung, da es sich bei der Frist des § 122 nicht um eine Notfrist handelt. Die Beurteilung der Wirksamkeit der Zustellung ist in das pflichtgemäße Ermessen des Beschwerdegerichts gestellt1. Sie ist anzunehmen, wenn der Zweck der Zustellung gesichert ist und setzt die Feststellung des Zeitpunkts des Zugangs durch das Gericht voraus. Ergeht die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht innerhalb der 8 Fünf-Wochen-Frist des § 121 Abs. 3 Satz 1, steht dies – anders als im Falle einer Fristversäumnis durch die Vergabekammer (§ 116 Abs. 2, 2. Halbs.) – einer Antragsablehnung nicht gleich. Die Zehn-Tages-Frist des § 122 beginnt somit nicht in jedem Fall nach Ablauf der in § 121 Satz 3 genannten Frist zu laufen. Die Frist bezieht sich auf Kalender-, nicht lediglich auf Werktage. Fällt das Fristende auf einen Sonnabend, Sonntag oder allgemeinen Feiertag, endet sie am darauffolgenden Werktag (§§ 121 Abs. 3 Satz 4, 120 Abs. 2, 73 Nr. 2 GWB, § 222 Abs. 2 ZPO). Eine Verlängerung der Zehn-Tages-Frist sieht das Gesetz nicht vor. Hierdurch soll eine Verzögerung des Verfahrens verhindert werden. In zahlreichen Fällen wird die Behebung der von dem Beschwerdegericht 9 festgestellten Verstöße gegen das Vergaberecht nur durch eine Aufhebung des Vergabeverfahrens und einer erneuten Ausschreibung möglich sein. Dies gilt etwa dann, wenn die Vergabeunterlagen nicht behebbare Lücken, Unklarheiten oder Fehler enthielten. Der Auftraggeber ist nicht gehalten, die Neuausschreibung innerhalb der Zehn-Tages-Frist des § 122 einzuleiten. Soweit die allgemeinen Voraussetzungen für eine Ausschreibung vorliegen, kann dies vielmehr auch noch zu einem späteren Zeitpunkt geschehen. Unberührt bleibt die Wirkung des § 122. Auch in dem Fall, dass das Beschwerdegericht irreparable Mängel feststellt, wird das Vergabeverfahren beendet. Diese Wirkung tritt sofort und nicht erst nach Ablauf von zehn Tagen ein2. Die Gegenauffassung, die in diesen 1 BGH v. 10.6.1955 – V ZR 72/54, BGHZ 17, 348 (353); BGH v. 21.12.1983 – IVb ZB 29/82, NJW 1984, 926 (927). 2 Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 122 GWB Rz. 5; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 122 Rz. 5; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 122 Rz. 7.

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Ende des Vergabeverfahrens

Fällen ein Eingreifen des § 122 verneint1, übersieht, dass dessen Sanktion die Kehrseite des Rechts des Auftraggebers, einen Antrag nach § 121 einzureichen, darstellt. Selbst wenn das Gericht Maßnahmen der Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens für möglich hält, wird deren Umsetzung häufig an der knapp bemessenen Zehn-Tages-Frist des § 122 scheitern. Es besteht kein Grund, den Auftraggeber bei Vorliegen irreparabler Mängel zu bevorzugen. 4. Ergreifen der Maßnahmen 10 Ergreift der Auftraggeber die von dem Beschwerdegericht genannten Maßnahmen innerhalb der Zehn-Tages-Frist, gilt das Vergabeverfahren nicht als beendet2. Zur Fristwahrung genügt es, dass der Auftraggeber die von dem Beschwerdegericht geforderten Maßnahmen „ergreift“, das heißt derart konkret einleitet, dass der Erfolgseintritt gesichert ist. Hingegen ist es nicht erforderlich, die Maßnahmen innerhalb der Zehn-Wochen-Frist abzuschließen3. Es muss sich um die von dem Gericht benannten Maßnahmen handeln. Unzulässig ist es, wenn der Auftraggeber andere Maßnahmen umsetzt, die er zur Behebung des Fehlers für ebenfalls oder gar besser geeignet hält. Zur Frage, wie festgestellt wird, ob die Maßnahmen des Gerichts umgesetzt wurden, unten Rz. 12 ff. 5. Rechtsfolge bei Nichtergreifen der Maßnahmen: Beendigung des Vergabeverfahrens 11 Nach fruchtlosem Ablauf der Zehn-Tages-Frist gilt das Vergabeverfahren als beendet. Die Ausschreibung gilt kraft Gesetzes als aufgehoben4. Ein Zuschlag kann in diesem Verfahren nicht mehr erteilt werden kann. Die Bindungs- und Zuschlagsfristen enden unabhängig von ihrer ursprünglichen Dauer. Wird trotz allem ein Zuschlag erteilt, ist dieser nichtig. Dies ergibt sich aus § 122, 2. Halbs., der ausdrücklich bestimmt, dass das Vergabeverfahren nach fruchtlosem Ablauf der Zehn-Tages-Frist nicht fortgeführt werden darf. Hierin liegt ein gesetzliches Verbot, dass zur 1 Tilmann, WuW 1999, 342 (349). 2 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 122 GWB Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 122 Rz. 7. 3 Boesen, Vergaberecht, § 121 Rz. 12; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 122 GWB Rz. 4; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 122 Rz. 3; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 122 Rz. 7. 4 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 122 GWB Rz. 5; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 122 Rz. 6.

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Nichtigkeit des trotz allem erteilten Zuschlags nach § 134 BGB führt1. Das Vergabeverfahren endet selbst dann, wenn das Ergreifen der Maßnahmen des Beschwerdegerichts innerhalb der Zehn-Tages-Frist objektiv nicht möglich ist. Auf das Beschwerdeverfahren hat die Beendigung des Vergabeverfahrens zunächst keine Auswirkung. Endet das Vergabeverfahren nach § 122, muss der Auftraggeber seine Beschwerde zurücknehmen oder das Beschwerdeverfahren für erledigt erklären und ggf. gemäß § 123 Satz 3 auf einen Feststellungsantrag umstellen. Wählt er keine dieser Möglichkeiten, wird das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde des Auftraggebers als unzulässig zurückweisen, da durch die Beendigung des Vergabeverfahrens die Beschwer entfallen ist (§ 116 Rz. 25)2. 6. Rechtsfolge bei Ergreifen der Maßnahmen Das Gesetz regelt weder, wie festgestellt wird, ob die Maßnahmen von 12 dem Auftraggeber tatsächlich zutreffend ergriffen wurden, noch welchen Einfluss dies auf das Beschwerdeverfahren hat und unter welchen Voraussetzungen der Auftraggeber in diesem Fall den Zuschlag erteilen kann. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass es Aufgabe des Beschwerdegerichts sei, im Rahmen des Hauptsacheverfahrens darüber zu entscheiden, ob der Auftraggeber die Maßnahmen vollständig und fristgerecht umsetzte3. Nach anderer Auffassung wird die Beschwerde mit Erlass der Entscheidung über die Abweisung des Antrags nach § 121 unzulässig4. Soweit die Maßnahmen aus der Vorabentscheidung nicht fristgerecht umgesetzt würden, stehe den Bietern das Recht zur Einleitung eines erneuten Nachprüfungsverfahrens offen5. Ordnet das Gericht Maßnahmen nach § 122 an, hat dies auf das Be- 13 schwerdeverfahren zunächst keinen Einfluss. Keineswegs endet das Beschwerdeverfahren mit Zurückweisung eines Antrags nach § 121. Ergreift der Auftraggeber die von dem Gericht angeordneten Maßnahmen innerhalb der 10-Tages-Frist und schließt er diese endgültig ab, kann er den Zuschlag erteilen. Hierüber muss er die Bieter vorab nach § 101a Abs. 1 informieren. Sind diese der Auffassung, dass die Maßnahmen nicht vollständig oder nicht fristgerecht ergriffen wurden, steht ihnen die Möglichkeit offen, ein neues Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabe1 Marx in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 122 GWB Rz. 6. 2 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 122 Rz. 8. 3 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 122 Rz. 3; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 122 Rz. 7. 4 Boesen, Vergaberecht, § 122 Rz. 17. 5 Boesen, Vergaberecht, § 122 Rz. 13.

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kammer einzuleiten. In dem laufenden Beschwerdeverfahren werden sie geltend machen, dass der Auftraggeber die Maßnahmen nicht innerhalb der Frist des § 122 ergriffen hat, das Vergabeverfahren damit als beendet gilt und die Beschwerde folglich aus unzulässig zurück zu weisen ist (Rz. 11). Dies hat der Vergabesenat zu prüfen. Entsprechenden Vortrag eines Beteiligten im Beschwerdeverfahren vorausgesetzt, entscheidet folglich das Beschwerdegericht über die Frage, ob die Maßnahmen fristgerecht ergriffen wurden. 14 Hat der Auftraggeber aus seiner Sicht die Maßnahmen umgesetzt, kann er das ursprünglich mit der Beschwerdeeinlegung verfolgte Ziel nicht mehr erreichen. Entweder hat der Senat die Entscheidung der Vergabekammer und deren Maßnahmen zur Herstellung eines rechtmäßigen Vergabeverfahrens bestätigt. Dann hat der Auftraggeber in Folge der Vorabentscheidung diese Maßnahmen umsetzen müssen. An einer Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer hat er kein Interesse mehr. Er wird daher regelmäßig die Beschwerde zurücknehmen bzw. das Verfahren für erledigt erklären und ggf. Feststellungsantrag stellen. Hat das Beschwerdegericht hingegen die Entscheidung der Vergabekammer teilweise aufgehoben und andere Maßnahmen angeordnet, ist der Auftraggeber durch die Entscheidung der Vergabekammer nicht mehr beschwert. Auch in diesem Fall wird er die Beschwerde zurücknehmen oder die Hauptsache für erledigt erklären. III. Risikoabwägung 15 § 121 gibt dem Auftraggeber die Möglichkeit, nicht die Hauptsacheentscheidung des Beschwerdegerichts, die möglicherweise erst mehrere Monate nach Einlegung der Beschwerde ergehen wird, abzuwarten, sondern zu versuchen, die Zuschlagserteilung unbeachtet des Fortgangs des Beschwerdeverfahrens in einem beschleunigten Verfahren zu erreichen. Diese Beschleunigung führt zwangsläufig dazu, dass sich das Beschwerdegericht mit dem entscheidungserheblichen Sachverhalt lediglich gedrängt auseinandersetzen kann. Dies kann sowohl zu Gunsten wie zu Lasten des Auftraggebers ausfallen. Hält das Beschwerdegericht aufgrund der Überprüfung des Sachverhalts im Vorabentscheidungsverfahren die sofortige Beschwerde für unbegründet, hat dies weitreichende Folgen für den Auftraggeber. Das Vergabeverfahren endet, soweit es ihm nicht gelingt, die von dem Gericht benannten Maßnahmen zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens umzusetzen (§ 122). Das gleiche gilt, wenn das Gericht feststellt, dass nicht behebbare Mängel des Vergabeverfahrens existieren. In diesen Fällen begibt sich der Auftraggeber der Chance, das Beschwerdegericht im Hauptsacheverfahren, in dem 802

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mehr Zeit zur Verfügung steht, von der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung zu überzeugen und damit die Gestattung der Zuschlagserteilung zu erreichen. Zwar kann auch nach Beendigung des Vergabeverfahrens nach § 122 das Beschwerdeverfahren als Fortsetzungsfeststellungsverfahren fortgesetzt werden (§ 123 Satz 3). Zu einer Erteilung des Zuschlags kann dies jedoch selbst dann nicht mehr führen, wenn der Auftraggeber in diesem Feststellungsverfahren obsiegt. Der Auftraggeber muss daher bei Stellung des Antrags nach § 121 über- 16 prüfen, wie groß die Gefahr einzuschätzen ist, dass im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens Tatsachen, die er im Hauptsacheverfahren vorbringen könnte, zu seinen Lasten nicht oder nicht umfassend berücksichtigt werden. Nicht zielführend ist ein Antrag nach § 121, wenn der Auftraggeber mit einer schnellen Hauptsacheentscheidung des Beschwerdegerichts rechnen kann. Ist mit einer langen Verfahrensdauer zu rechnen, muss andererseits bedacht werden, dass das Vergabeverfahren unter Umständen selbst im Falle des Obsiegens des Auftraggebers nicht mit der Zuschlagserteilung enden kann, wenn zwischenzeitlich die Zuschlagsund Angebotsfristen abgelaufen sind, diese nicht verlängert werden, die zur Durchführung des Vorhabens erforderlichen Mittel nicht mehr bereit stehen oder sich dieses aus anderen Gründen nicht mehr verwirklichen lassen wird. In der Praxis haben Vorabentscheidungsverfahren bisher eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Offensichtlich scheuen die Auftraggeber vor den mit diesem Verfahren verbundenen Risiken zurück.

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Hält das Gericht die Beschwerde für begründet, so hebt es die Entscheidung der Vergabekammer auf. In diesem Fall entscheidet das Gericht in der Sache selbst oder spricht die Verpflichtung der Vergabekammer aus, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden. Auf Antrag stellt es fest, ob das Unternehmen, das die Nachprüfung beantragt hat, durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt ist. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend. I. 1. 2. II.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Entscheidung des Beschwerdegerichts . . . . . . .

1 2 3

1. Zurückweisung der Beschwerde . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer . . . . . .

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3. Feststellungsbeschluss (§ 123 Satz 3) . . . . . . . . . . . . 8 4. Keine Aufhebung eines bereits erteilten Zuschlags (§ 123 Satz 4) . . . . . . . . . . . . 13

5. 6. 7. III.

Begründung . . . . . . Kostenentscheidung Vollstreckung . . . . Rechtsmittel . . . . .

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 123 regelt die Beschwerdeentscheidung (Hauptsacheentscheidung) des Vergabesenats. Soweit das Gericht die Beschwerde für begründet hält, hebt es die Entscheidung der Vergabekammer auf und entscheidet in der Sache selbst oder spricht die Verpflichtung der Vergabekammer aus, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts über die Sache erneut zu entscheiden (§ 123 Satz 2). Auf Antrag eines der Beteiligten stellt das Beschwerdegericht fest, ob das Unternehmen, das die Nachprüfung beantragt hat, durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt ist (Satz 3). Nach Satz 4 findet § 114 Abs. 2 entsprechende Anwendung. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 123 ist seit seinem in Kraft treten am 1.1.1999 unverändert. II. Entscheidung des Beschwerdegerichts 3 Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Gericht durch Beschluss (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 1). Eine Frist für die Entscheidung existiert – anders als in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 1 und § 121 Abs. 3 Satz 1 – nicht. Der Beschluss ist nach § 116 Abs. 1 VwGO analog zu verkünden und den Beteiligten zuzustellen. Findet keine mündliche Verhandlung statt, wird die Verkündung durch die Zustellung ersetzt (§ 116 Abs. 3 VwGO analog). Die Zustellung richtet sich nach §§ 166 ZPO ff. (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 73 Nr. 2). Aufgrund der Verweisung in § 120 Abs. 2 auf § 71 Abs. 6 müsste die Beschwerdeentscheidung mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein. Diese Verpflichtung entfällt, da keine Rechtsmittel bestehen1. Gegenstand der Entscheidung des Beschwerdegerichts ist das Vergabeverfahren in der Form, die es durch die Entscheidung der Vergabekammer erhalten hat2. Zulässig ist die Beschwerde, wenn die Vo1 Vgl. u. Rz. 21; OLG Düsseldorf v. 13.4.1999 – Verg 1/99, NZBau 2000, 45; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 120 Rz. 13; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 120 Rz. 38. 2 OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 349.

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raussetzungen der §§ 116, 117 vorliegen. Im Rahmen der Begründetheit wird von Amts wegen geprüft, ob die allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens erfüllt sind1. Die örtliche oder sachliche Unzuständigkeit der Vergabekammer kann von dem Beschwerdegericht nur überprüft werden, wenn sie im Verfahren vor der Vergabekammer von einem Beteiligten gerügt wurde (§ 55 Abs. 2 analog)2. Das Beschwerdegericht überprüft die Entscheidung der Vergabekammer sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht. Es ist Tatsacheninstanz3. Maßgeblich für die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung4. Der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts ist in § 117 Rz. 14 ff. dargestellt. 1. Zurückweisung der Beschwerde Hält das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde für unzulässig oder 4 unbegründet, weist es diese durch Beschluss zurück5. Eine Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer unterbleibt auch dann, wenn das Beschwerdegericht diese im Ergebnis, jedoch mit einer anderen Begründung für zutreffend erachtet6. 2. Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer Ist die sofortige Beschwerde hingegen zulässig und begründet, hebt das 5 Gericht die Entscheidung der Vergabekammer auf und entscheidet grundsätzlich in der Sache selbst (§ 123 Satz 2). Hierdurch unterscheidet sich die vergaberechtliche Beschwerde von der Beschwerde nach §§ 63 ff. Dort trifft das Beschwerdegericht regelmäßig keine eigene Entscheidung, sondern spricht die Verpflichtung der Kartellbehörde aus, die beantragte Verfügung vorzunehmen (§ 71 Abs. 4). Die Entscheidung durch das Beschwerdegericht anstelle einer Zurückverweisung an die Vergabekammer dient der Be1 OLG Jena v. 13.10.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2001, 39; BayObLG v. 20.12.1999 – Verg 8/99, NZBau 2000, 259; OLG Naumburg v. 16.1.2003 – 1 Verg 10/02, VergabeR 2003, 360; OLG Dresden v. 28.3.2006 – WVerg 4/06, VergabeR 2006, 793. 2 OLG Schleswig v. 13.4.2006 – 1 Verg 10/05, WuW/E Verg 1233; offen gelassen von OLG Düsseldorf v. 19.12.2007 – VII Verg 51/07, VergabeR 2008, 73 (81 f.) 3 Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 13. 4 Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 27. 5 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 3; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 3; nach Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 26 findet im Falle der Unzulässigkeit der Beschwerde deren Verwerfung statt. 6 Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 27; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 123 Rz. 10; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 3.

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schleunigung des Verfahrens. Fraglich ist der Umfang der Entscheidungskompetenz des Beschwerdegerichts. Die Vergabekammer ist nicht an die Anträge der Parteien gebunden, sondern trifft nach § 114 Abs. 1 Satz 1 die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. § 123 Satz 4 nimmt lediglich auf § 114 Abs. 2, nicht hingegen auf Abs. 1 Bezug. Hieraus wird gefolgert, dass dem Beschwerdegericht die weite Entscheidungsbefugnis des § 114 Abs. 1 nicht zustehen soll1. Es ist aber zweifelhaft, ob der Gesetzgeber durch die Verweisung in § 123 Satz 4 die Regelung in § 114 Abs. 1 ausdrücklich ausschließen, oder lediglich die Bedeutung des § 114 Abs. 2 hervorheben wollte. Die Gesetzesbegründung schweigt hierzu. Es wäre nicht prozessökonomisch, wenn dem Beschwerdegericht ein anderer Entscheidungsspielraum als der Vergabekammer zustehen würde. Anderenfalls müsste, wenn es auf die weitergehende Entscheidungskompetenz der Vergabekammer ankommen würde, zwingend eine Zurückverweisung an die Vergabekammer erfolgen, wodurch das Verfahren verzögert werden würde. Um dies zu verhindern, muss dem Beschwerdegericht die gleiche Entscheidungskompetenz wie der Vergabekammer zustehen2. Es kann alle nach § 114 Abs. 1 zulässigen Maßnahmen treffen, ohne an die Anträge der Parteien gebunden zu sein. Ebenso wenig wie die Vergabekammer ist das Beschwerdegericht hingegen berechtigt, den Zuschlag unmittelbar zu erteilen3. Zum Umfang der Kompetenzen nach § 114 Abs. 1 oben § 114 Rz. 16 ff. Soweit erforderlich, ist das Beschwerdegericht in analoger Anwendung des § 115 Abs. 3 berechtigt, mit vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren einzugreifen4. 6 Nach § 123 Satz 2, 2. Alt. kann das Beschwerdegericht die Verpflichtung der Vergabekammer auszusprechen, die Angelegenheit unter Berück1 Tilmann, WuW 1999, 342 (347). 2 KG v. 3.11.1999 – KartVerg 3/99, NZBau 2000, 209 (211); OLG Celle v. 8.11.2001 – 13 Verg 9/01, VergabeR 2002, 154 (157); BayObLG v. 5.11.2002 – Verg 22/02, VergabeR 2003, 186 (192); OLG Düsseldorf v. 13.6.2007 – VII Verg 2/07, VergabeR 2007, 634 (643); KG v. 13.3.2008 – 2 Verg 18/07, VergabeR 2008, 853 (860); Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 26; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 10; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 120 GWB Rz. 5; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 6. 3 OLG Düsseldorf v. 10.5.2000 – Verg 5/00, NZBau 2000, 540 (542); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 8; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 6; a.A. Petersen, BauR 2000, 1574; zur Möglichkeit des Senats, dem Auftraggeber zur Zuschlagserteilung zu verurteilen: BayObLG v. 5.11.2002 – Verg 22/02, VergabeR 2003, 186 (192). 4 OLG Düsseldorf v. 30.4.2008 – VII Verg 23/08, VergabeR 2008, 835 (838); OLG Düsseldorf v. 20.10.2008 – VII Verg 46/08, VergabeR 2009, 173.

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sichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Auch in diesem Fall hebt das Gericht die Entscheidung der Vergabekammer auf1. Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts2. Nach dem Gesetzeswortlaut stehen beide Alternativen gleichwertig nebeneinander. Dies widerspricht jedoch der von dem Gesetzgeber für notwenig gehaltenen Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens, da eine Zurückverweisung an die Vergabekammer zwangsläufig zu nicht unerheblichen Verzögerungen führt. Andererseits ist die Vergabekammer auch nach einer Zurückverweisung an die Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1 gebunden, während für das Beschwerdegericht keine zeitliche Beschränkung besteht, es folglich den Sachverhalt umfassender aufzuklären vermag. Die Zurückverweisung an die Vergabekammer muss daher die Ausnahme bilden3. Eine Zurückverweisung ist zulässig, wenn die Vergabekammer noch keinerlei Entscheidung getroffen hat, so insbesondere, wenn sie die Übermittlung des Nachprüfungsantrags wegen dessen offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ablehnte4. Eine ähnliche Konstellation kann vorliegen, wenn der Nachprüfungsantrag nach § 116 Abs. 2 als abgelehnt gilt. Ist die Sache hingegen entscheidungsreif, scheidet eine Zurückverweisung aus Gründen der Prozessökonomie grundsätzlich aus5. Erfolgt eine Zurückverweisung an die Vergabekammer, ergeht diese 7 durch Beschluss (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 71 Abs. 1). Auf das Verfahren vor der Vergabekammer nach Zurückverweisung finden die §§ 109 bis 115a Anwendung. Insbesondere muss die Vergabekammer innerhalb der FünfWochen-Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1 ihre Entscheidung treffen. Hierbei ist sie an die Rechtsauffassung, die sich aus dem Zurückverweisungsbeschluss des Beschwerdegerichts ergibt, gebunden6. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer nach Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht ist die sofortige Beschwerde statthaft7. 1 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 13. 2 Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 123 Rz. 13. 3 Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 55; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 123 Rz. 12; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 5. 4 OLG Naumburg v. 23.4.2009 – Verg 7/08, VergabeR 2009, 793 (797); Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 43; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 15; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 5. 5 OLG Düsseldorf v. 11.3.2002 – Verg 43/01, VergabeR 2002, 404 (409); OLG Brandenburg v. 20.3.2007 – Verg W 12/06, VergabeR 2007, 786. 6 Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 123 Rz. 14; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 7. 7 Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 40.

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3. Feststellungsbeschluss (§ 123 Satz 3) 8 Auf Antrag stellt das Beschwerdegericht fest, ob das Unternehmen, das die Nachprüfung beantragt hat, durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt ist. Auf das Erfordernis einer Antragstellung kann nicht verzichtet werden; eine Feststellung von Amts wegen scheidet aus1. Der Antrag muss nicht ausdrücklich gestellt, sondern kann durch Auslegung ermittelt werden. Analog der Regelung in § 114 Abs. 2 Satz 2, die über § 123 Satz 4 Anwendung findet, kommt eine Feststellung durch das Beschwerdegericht in Betracht, wenn sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Beendigung des Vergabeverfahrens, etwa nach § 122 oder in sonstiger Weise erledigt hat. In diesem Fall muss der Beschwerdeführer die Hauptsache für erledigt erklären, da anderenfalls die Beschwerde zurückgewiesen werden müsste, weil deren Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Allerdings steht es ihm frei, das Beschwerdeverfahren als „Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde“ fortzusetzen, um eine Entscheidung des Beschwerdegerichts darüber zu erhalten, ob das Vergabeverfahren Rechtsverletzungen beinhaltete. Dies entspricht der Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO im Verwaltungsprozess2. Hat sich das Vergabeverfahren bereits vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erledigt, scheidet ein Feststellungsantrag aus3. Der Antrag ist zulässig, wenn ein Feststellungsinteresse vorliegt. Dieses ergibt sich grundsätzlich daraus, dass auch eine feststellende Entscheidung des Beschwerdegerichts in einem anschließenden Schadensersatzprozess Bindungswirkung nach § 124 Abs. 1 entfaltet4. Das Feststellungsinteresse liegt nur ausnahmsweise nicht vor, etwa dann, wenn dem Antragsteller im Laufe des Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erteilt wurde und keine Schadenersatzansprüche bestehen können5. Allerdings kann das Feststellungsinteresse auch dann gegeben sein, wenn es dem Antragsteller darum geht, einer drohenden Wiederholungsgefahr zu begegnen6. Der Antrag kann erstmalig im Be1 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 23; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 8. 2 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 113 Rz. 42. 3 OLG Jena v. 7.10.2003 – 6 Verg 6/03, VergabeR 2004, 106. 4 OLG Düsseldorf v. 22.5.2002 – Verg 6/02, VergabeR 2002, 668; OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682; OLG Naumburg v. 23.4.2009 – Verg 7/08, VergabeR 2009, 793; Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 62; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 37; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 10. 5 OLG Düsseldorf v. 18.10.2000 – Verg 3/00, VergabeR 2001, 45 (51). 6 OLG Düsseldorf v. 22.5.2002 – Verg 6/02, VergabeR 2002, 668.

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schwerdeverfahren gestellt werden. Im bewussten Nichtstellen vor der Vergabekammer liegt kein Verzicht1. Kein Feststellungsinteresse soll vorliegen, wenn die Schadensersatzklage aussichtslos ist2. In diesem Fall dürfte aber der Feststellungsantrag als unbegründet abgewiesen werden, da der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt ist. In analoger Anwendung des § 123 Satz 3 ist darüber hinaus in eng um- 9 grenzten Ausnahmefällen die Erhebung einer Feststellungsbeschwerde zulässig (§ 116 Rz. 20). Voraussetzung hierfür ist, dass die Vergabekammer oder das Beschwerdegericht dem Auftraggeber nach § 115 Abs. 2 die Zuschlagserteilung gestattet, daraufhin der Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 1 abgewiesen wird und der Auftraggeber den Zuschlag nach Bekanntmachung dieser Entscheidung der Vergabekammer aber noch vor Einlegung einer sofortigen Beschwerde erteilt. Eine Anfechtungsbeschwerde scheidet in diesen Fällen aus, da die Zuschlagserteilung durch das Beschwerdegericht nicht mehr aufgehoben werden kann (§ 123 Satz 4 i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1). Für den unterlegenen Antragsteller besteht trotz allem ein Interesse an einer Nachprüfung der Entscheidung der Vergabekammer durch das Beschwerdegericht, da dieser Entscheidung im Falle des Eintritts der Bestandskraft Bindungswirkung für die ordentlichen Gerichte im Rahmen eines Schadensersatzprozesses zukommen würde (§ 124 Abs. 1). In diesen Fällen kann eine echte Feststellungsbeschwerde zum Beschwerdegericht eingelegt werden, die allein zum Ziel hat, feststellen zu lassen, dass der Antragsteller durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt wurde. Für das Verfahren über die Feststellungsbeschwerde finden die §§ 116 bis 124 mit Ausnahme der Regelungen über die aufschiebende Wirkung (§ 118 Abs. 1 und 2) und die Vorabentscheidung (§§ 121 und 122) Anwendung. Es wird die Auffassung vertreten, dass eine Feststellungsentscheidung 10 nach § 123 Satz 3 die Erledigung des Vergabeverfahrens nicht voraussetze3. Vielmehr könne ein Antrag auf Feststellung, dass das Unternehmen, das die Nachprüfung beantragt hatte, durch den Auftraggeber in seinen Rechten verletzt sei, auch dann gestellt werden, wenn das Vergabeverfahren noch keine Erledigung gefunden habe. In diesem Fall komme der Entscheidung über den Feststellungsantrag neben der Hauptsacheentscheidung des Beschwerdegerichts klarstellende Wirkung zu. Allerdings verweist § 123 Satz 4 ausdrücklich auf die Regelungen des § 114 Abs. 2 1 OLG Düsseldorf v. 6.2.2002 – Verg 37/01, VergabeR 2002, 378. 2 OLG Koblenz v. 4.2.2009 – 1 Verg 4/08, VergabeR 2009, 682. 3 OLG Düsseldorf v. 4.5.2009 – VII Verg68/08, VergabeR 2009, 905 (919 f.); Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 123 Rz 1237.

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und somit auch auf dessen Satz 2, der eine feststellende Entscheidung der Vergabekammer nur dann zulässt, wenn das Vergabeverfahren seine Erledigung gefunden hat. Durch diese Verweisung ist klargestellt, dass auch die Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde nach § 123 Satz 3 nur dann zulässig ist, wenn ein erledigendes Ereignis eingetreten ist1. Davon zu unterscheiden ist die Berechtigung des Beschwerdegerichts, im Tenor einer Hauptsacheentscheidung festzustellen, dass der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist, wenn gleichzeitig Maßnahmen genannt werden, durch die die Herstellung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens sichergestellt wird. Dies ändert nichts daran, dass der Vergabesenat einen Verpflichtungs- und nicht lediglich einen Feststellungsbeschluss fasst2. Zulässig ist es, den Feststellungsantrag hilfsweise für den Fall zu stellen, dass das Gericht die Hauptsache – etwa aufgrund eines bereits erteilten Zuschlags – für erledigt erachtet3. 11 Berechtigt, einen Antrag nach § 123 Satz 3 zu stellen, ist jeder Verfahrensbeteiligte. Auch der Auftraggeber kann einen Antrag nach § 123 Satz 3 mit dem Ziel einreichen, feststellen zu lassen, dass keine Rechtsverletzung vorlag4. Unter „Rechten“ sind die in § 97 Abs. 7 benannten subjektiven Rechte der Unternehmen zu verstehen. Die Entscheidung beschränkt sich auf die Feststellung der Verletzung von Rechten. Nicht umfasst werden kann die Frage, ob der Bieter eine „echte Chance“ auf Erteilung des Zuschlags i.S.d. § 126 Satz 1 hatte5. 12 Im Verfahren über den Feststellungsantrag findet der Beschleunigungsgrundsatz keine Anwendung. Die Pflicht der Beteiligten zur Förderung des Verfahrens (§§ 120 Abs. 2, 113 Abs. 2) ist hingegen zu beachten6. 1 OLG Celle v. 30.4.1999 – 13 Verg 1/99, NZBau 2000, 105; OLG Naumburg v. 19.10.2000 – 1 Verg 9/00, VergabeR 2001, 134 (137); OLG Frankfurt/Main v. 5.8.2003 – 11 Verg 1/02, VergabeR 2003, 725 (729 f.); Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 64; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 30; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 123 GWB Rz. 13; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 123 Rz. 23; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 10. 2 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 30; in diesem Sinne auch OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39 und OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau 2000, 349. 3 OLG Düsseldorf v. 7.7.2004 – VII Verg 15/04, VergabeR 2004, 657; Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 60. 4 Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 74; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 123 GWB Rz. 25. 5 BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, NZBau 2000, 49; Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 123 Rz. 13. 6 OLG Düsseldorf v. 19.11.2003 – VII Verg 22/03, VergabeR 2004, 248 (250 f.).

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§ 123

Beschwerdeentscheidung

4. Keine Aufhebung eines bereits erteilten Zuschlags (§ 123 Satz 4) Auch das Beschwerdegericht ist nicht befugt, einen wirksam erteilten 13 Zuschlag aufzuheben (§ 123 Satz 4 i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1). Insoweit gilt die gleiche Regelung wie für die Befugnisse der Vergabekammer (§ 114 Rz. 28 ff.). Wurde der Zuschlag rechtmäßig, d.h. aufgrund einer Anordnung der Vergabekammer oder des Beschwerdegerichts gemäß § 115 Abs. 2 nach Bekanntmachung der Entscheidung der Vergabekammer, aber vor Einlegung der sofortigen Beschwerde erteilt, ist die sofortige Beschwerde als Feststellungsbeschwerde zulässig (oben Rz. 9). Wird der Zuschlag während des Beschwerdeverfahrens erteilt, da eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 nicht beantragt, ein derartiger Antrag abgelehnt wird oder das Beschwerdegericht einem Antrag auf Vorabentscheidung nach § 121 stattgibt, muss der Beschwerdeführer die Beschwerde in der Hauptsache für erledigt erklären. Allerdings kann er in diesem Fall das Verfahren als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde nach § 123 Satz 3 fortführen (Rz. 8). § 123 Satz 4 nimmt auch auf § 114 Abs. 2 Satz 3 Bezug, wonach im Falle 14 eines Fortsetzungsfeststellungsverfahrens die Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 keine Anwendung findet. Diese Verweisung geht ins Leere, da für die Entscheidung des Beschwerdegerichts über die sofortige Beschwerde (anders als für die Vorabentscheidung nach § 121) ohnehin keine Frist besteht. 5. Begründung Obwohl gegen die Beschwerdeentscheidung kein Rechtsmittel zulässig 15 ist (vgl. hierzu unten Rz. 21), muss die Entscheidung begründet werden (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 71 Abs. 6). Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Bindungswirkung in einem etwaigen Schadensersatzprozess (§ 124 Abs. 1) von Bedeutung. Je detaillierter das Beschwerdegericht seine Entscheidung begründet, desto eher ist es den Beteiligten möglich einzuschätzen, ob ein Rechtsstreit auf Schadensersatz Erfolg verspricht. 6. Kostenentscheidung Hinsichtlich der Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts gelten 16 §§ 120 Abs. 2, 78. 7. Vollstreckung Eine Vollstreckung der Hauptsacheentscheidung des Beschwerdegerichts 17 ist nur in Ausnahmefällen erforderlich. Stellt das Beschwerdegericht fest, dass keine Verletzung der subjektiven Rechte desjenigen Unternehmens, das den Nachprüfungsantrag nach § 107 Abs. 1 gestellt hat, vorliegt, weist Stickler

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Beschwerdeentscheidung

es die Beschwerde bzw. den Nachprüfungsantrag zurück und hebt eine gegebenenfalls abweichende Entscheidung der Vergabekammer auf. In diesem Fall steht es dem Auftraggeber frei, den Zuschlag zu erteilen. Einer Vollstreckung der Entscheidung des Beschwerdegerichts bedarf es nicht. 18 Hatte die Vergabekammer die Zuschlagserteilung untersagt und wird dies durch das Beschwerdegericht bestätigt, findet § 118 Abs. 3 Anwendung. Danach hat die Zuschlagserteilung zu unterbleiben, da die Entscheidung der Vergabekammer durch das Beschwerdegericht nicht aufgehoben wurde. Ein unter Verstoß gegen diese Vorschrift erteilter Zuschlag ist nichtig (vgl. § 118 Rz. 33). Auch insofern ist eine Vollstreckung der Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht erforderlich. 19 Es verbleibt der Fall, dass die Vergabekammer keinen Verstoß gegen das Vergaberecht festgestellt hat, das Beschwerdegericht hingegen die Zuschlagserteilung untersagt. Mit Erlass der Entscheidung des Beschwerdegerichts entfällt die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde nach § 118 Abs. 1. Die Untersagung des Zuschlags durch das Beschwerdegericht stellt kein gesetzliches Verbot dar, so dass ein unter Verletzung der Entscheidung des Gerichts erteilter Zuschlag nicht über § 134 BGB nichtig ist, soweit nicht § 138 BGB eingreift (§ 114 Rz. 88). In diesem Fall muss somit eine Vollstreckung aus dem Beschluss des Beschwerdegerichts stattfinden, wenn der Auftraggeber beabsichtigt, den Zuschlag entgegen dem Beschluss des Beschwerdegerichts zu erteilen. Die Zwangsvollstreckung erfolgt durch die Vergabekammer1. Es wird auf § 114 Rz. 82 ff. verwiesen. Die Wirksamkeit der Zuschlagserteilung kann der Beschwerdeführer durch diesen Weg jedoch nicht verhindern. Dies entspricht den Regeln des Zwangsvollstreckungsrechts, steht aber im Widerspruch zu dem Zweck des 4. Teils des GWB, die Erteilung eines Zuschlags auf ein rechtskräftig als rechtswidrig erkanntes Vergabeverfahren zu verhindern. Dem Gesetzeszweck würde es daher entsprechen, eine Regelung vorzusehen, wonach die Erteilung eines Zuschlags zu unterbleiben hat, soweit dies von dem OLG in seiner Beschwerdeentscheidung angeordnet wird. Auch im Hinblick auf Art. 2 Abs. 8 der Rechtsmittelrichtlinie (RL 89/665/EWG), der vorsieht, dass die Entscheidungen der für Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanzen wirksam durchgesetzt werden müssen, ist eine derartige Ergänzung des Gesetzes sinnvoll2. 1 OLG Düsseldorf v. 28.1.2002 – Verg 23/01; Maier in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 114 Rz. 105. 2 Petersen, BauR 2000, 1574 ff. will dies dadurch lösen, daß er dem OLG das Recht zur Zuschlagserteilung zuspricht. Hierdurch könnte jedoch allenfalls ein Teil der möglichen Fallgestaltungen gelöst werden.

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§ 124

Bindungswirkung und Vorlagepflicht

Hat das Beschwerdegericht eine Feststellungsentscheidung nach § 123 20 Satz 3 erlassen, ist eine Vollstreckung der Hauptsacheentscheidung nicht nötig. Die Vollstreckung der Kostenentscheidung richtet sich stets nach den Regelungen der ZPO (§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 78 Satz 3). III. Rechtsmittel Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts bestehen 21 nicht1. Anders als das kartellrechtliche Verfahren sieht der 4. Teil des GWB eine Rechtsbeschwerde zum BGH (§ 74) nicht vor. Zur Wahrung der Einheit der Rechtsprechung besteht allerdings eine Vorlagepflicht des Beschwerdegerichts zum BGH nach § 124 Abs. 2 (§ 124 Rz. 9 ff.). Unberührt bleibt die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) einzulegen und die Vorlagepflicht an den EuGH (§ 124 Rz. 18 f.).

Bindungswirkung und Vorlagepflicht

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(1) Wird wegen eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften Schadensersatz begehrt und hat ein Verfahren vor der Vergabekammer stattgefunden, ist das ordentliche Gericht an die bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer und die Entscheidung des Oberlandesgerichts sowie gegebenenfalls des nach Absatz 2 angerufenen Bundesgerichtshofs über die Beschwerde gebunden. (2) Will ein Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweichen oder hält es den Rechtsstreit wegen beabsichtigter Abweichung von Entscheidungen eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts für grundsätzlich bedeutsam, so legt es die Sache dem Bundesgerichtshof vor. Der Bundesgerichtshof entscheidet anstelle des Oberlandesgerichts. Der Bundesgerichtshof kann sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt ist. Die Vorlagepflicht gilt nicht im Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und nach § 121.

1 BGH v. 16.9.2003 – X ZB 12/03, VergabeR 2004, 62; Kullack in Heiermann/Riedl/ Rusam, Handkommentar zur VOB, § 116 GWB Rz. 2.

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§ 124

Bindungswirkung und Vorlagepflicht

I. 1. 2. II.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . Entstehungsgeschichte Bindungswirkung (§ 124 Abs. 1) . . . . . . . III. Vorlage an den BGH (§ 124 Abs. 2) 1. Voraussetzungen . . . .

. . . . . . . . . .

1 2

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3

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9

a) Abweichung von einer Entscheidung eines OLG oder des BGH . . . . . . . b) Abweichung von einer Entscheidung eines LSG oder des BSG . . . . . . . . 2. Entscheidung durch den BGH 3. Vorlagen an den EuGH . . . . .

10 15 16 18

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 124 fasst zwei unterschiedliche Regelungsgegenstände zusammen. Nach Absatz 1 entfalten die Entscheidungen der Vergabekammern und der Oberlandesgerichte Bindungswirkung für die ordentlichen Gerichte in Rechtsstreitigkeiten über Schadensersatzansprüche. Absatz 2 statuiert eine Vorlagepflicht an den BGH, soweit das Beschwerdegericht beabsichtigt, von der Entscheidung eines anderen OLG, des BGH, eines LSG oder des BSG abzuweichen. 2. Entstehungsgeschichte 2 Art. 2c GKV – OrgWG v. 15.12.20081 hat Abs. 2 Satz 1 um eine Vorlagepflicht im Fall der beabsichtigten Abweichung von einer Entscheidung eines Landessozialgericht oder des Bundessozialgerichts ergänzt. Weiterhin wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20092 Abs. 2 Satz 3 eingefügt, der bisherige Abs. 2 Satz 3 wurde Satz 4. II. Bindungswirkung (§ 124 Abs. 1) 3 Die Zuständigkeit der Vergabekammern und der Oberlandesgerichte nach dem 4. Teil des GWB beschränkt sich auf die Überprüfung von Vergaberechtsverstößen. Die bereits vor in Kraft treten des Vergaberechtsänderungsgesetzes bestehende Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Entscheidung über Klagen auf Schadensersatz, die auf Vergaberechtsverstößen beruhen, bleibt unberührt (§ 104 Abs. 3). Nach dem bis zum 31.12.1998 geltenden Recht waren die Entscheidungen der Vergabeprüfstellen sowie der Vergabeüberwachungsausschüsse für die ordent-

1 BGBl. I, 2426. 2 BGBl. I, 790.

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lichen Gerichte nicht bindend1. Dies konnte dazu führen, dass in einem gerichtlichen Verfahren über Schadensersatzansprüche die Frage, ob ein Verstoß gegen Vergabevorschriften vorlag, unabhängig und gegebenenfalls abweichend von einer Entscheidung der Vergabeprüfstelle oder des Vergabeüberwachungsausschusses beurteilt werden musste. Um die hierdurch entstehenden zeitlichen Verzögerungen, zusätzlichen Kosten und insbesondere die durch die Möglichkeit divergierender Entscheidungen resultierende Rechtsunsicherheit zu vermeiden, sieht § 124 Abs. 1 vor, dass die ordentlichen Gerichte in Verfahren über Schadensersatzansprüche wegen Vergaberechtsverstößen an bestandskräftige Entscheidungen der Vergabekammern, der Oberlandesgerichte als Beschwerdegerichte oder des BGH nach § 124 Abs. 2 gebunden sind. Dies entspricht der Rechtslage in Amtshaftungsverfahren. Auch dort sind die Zivilgerichte, die für Klagen, die Amtshaftungsansprüche zum Gegenstand haben, zuständig sind, an die Entscheidung der Verwaltungsgerichtsbarkeit über die Rechtmäßigkeit des dem Schadensersatzanspruch zugrundeliegenden Verwaltungshandelns gebunden2. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 142a Abs. 3 SGG. Danach sind die Gerichte, die über Schadensersatzansprüche wegen Vergaberechtsverstöße entscheiden, auch an Entscheidungen der Landessozialgerichte und des Bundessozialgerichts gebunden, soweit diese in einem Verfahren ergangen sind, das Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betrifft (hierzu § 116 Rz. 32 ff.). Allerdings ist die Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens 4 nicht Voraussetzung für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Auftraggeber. Vielmehr besteht die Möglichkeit, direkt eine Klage auf Zahlung von Schadensersatz vor den ordentlichen Gerichten anhängig zu machen3. Zu diesem Vorgehen besteht keine Alternative, wenn der Zuschlag bereits erteilt wurde, da die unterlegenen Bieter in diesem Fall nach § 114 Abs. 2 Satz 1 auf das Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen beschränkt sind. Wird die Schadensersatzklage nach Anrufung der Vergabekammer, aber vor Abschluss des 1 BGH v. 28.10.2003 – X ZR 248/02, VergabeR 2004, 190; Boesen, Vergaberecht, § 124 Rz. 1; Jaeger in Kapellmann/Vygen, Jahrbuch für Baurecht 2000, 107, 111. 2 Redeker/von Oertzen, VwGO, § 121 Rz. 9. 3 OLG Düsseldorf v. 15.3.2000 – Verg 4/00, NZBau 2000, 306 (310); OLG Dresden v. 10.2.2004 – 20 U 169/03, VergabeR 2004, 500 (504); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 9; Jaeger in Kapellmann/Vygen, Jahrbuch für Baurecht 2000, 107, 111 f.; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 124 GWB Rz. 6; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 2; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 2; a.A. Höfler, NJW 2000, 120 (121).

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Vergabenachprüfungsverfahrens anhängig gemacht, kann das ordentliche Gericht das Verfahren nach § 148 ZPO wegen Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Vergabenachprüfungsverfahren aussetzen. Im Zivilprozess wird eine Aussetzung nach § 148 ZPO bereits dann für zulässig gehalten, wenn ein vorgreifliches Verwaltungsverfahren zwar zulässig, aber noch nicht eingeleitet ist, da die Aussetzung auch dazu dienen kann, die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde zu veranlassen1. Obwohl es sich bei dem Verfahren vor der Vergabekammer um ein verwaltungsrechtliches handelt (vgl. Vor §§ 102–124 Rz. 3), verbietet sich eine Aussetzung der Schadensersatzklage, wenn ein Antrag an die Vergabekammer nach § 107 Abs. 1 noch nicht gestellt wurde. Das GWB sieht gerade nicht vor, dass einer Schadensersatzklage wegen Verstößen gegen das Vergaberecht stets ein Vergabenachprüfungsverfahren vorauszugehen hat. Das von dem Gesetzgeber eingeräumte Wahlrecht des unterlegenen Bieters zwischen der Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens und der Erhebung einer Schadensersatzklage kann nicht über § 148 ZPO zunichte gemacht werden. 5 Die Bindungswirkung des § 124 Abs. 1 umfasst die Feststellung, ob ein Vergaberechtsverstoß vorliegt und ein Unternehmen in subjektiven Rechten verletzt ist2. Sie beschränkt sich nicht auf den Entscheidungstenor, sondern umfasst die tragenden Gründe einschließlich der tatsächlichen Feststellungen der Vergabekammern und -senate3. Die Bindungswirkung tritt auch dann ein, wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften verneint wurde. Neues Vorbringen ist im Verfahren über den Schadensersatzanspruch grundsätzlich ausgeschlossen4. Selbstverständlich geht die Bindungswirkung nicht über die im Nachprüfungsverfahren festgestellten Tatsachen und Rechtsfragen hinaus. Vergaberechtsverstöße, die nicht Gegenstand des Vergabenachprüfungsverfahrens waren, können im Schadensersatzprozess geltend gemacht werden5. Falls die Vergabekammer oder das OLG einen Verstoß gegen das Vergaberecht angenommen hat, steht noch nicht fest, dass der Schadensersatzklage stattgegeben werden muss. Alle Tatsachen und Rechtsfragen, die im Vergabenachprü1 Greger in Zöller, ZPO, § 148 Rz. 6a. 2 BayObLG v. 21.5.1999 – Verg 1/99, NZBau 2000, 49 (53); OLG Düsseldorf v. 15.12.2008 – I-27 U 1/07, VergabeR 2009, 501 (505); Kullack in Heiermann/Riedl/ Rusam, Handkommentar zur VOB, § 124 GWB Rz. 7; Röwekamp in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 7. 3 Boesen, Vergaberecht, § 124 Rz. 17; Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 4. 4 OLG Naumburg v. 23.4.2007 – 1 U 47/06, VergabeR 2007, 758. 5 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 8.

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fungsverfahren keine Rolle gespielt haben, müssen durch die ordentlichen Gerichte entschieden werden. Hierzu zählen beispielsweise Fragen der Verjährung, der Darlegung des Eintritts eines konkreten Schadens usw.1. Die Bindungswirkung ist auf die am Verfahren vor der Vergabekammer bzw. dem OLG oder BGH Beteiligten sowie auf das konkrete Vergabeverfahren beschränkt. Dies gilt auch für die zum Verfahren Beigeladenen (§ 109),2 da sie Gelegenheit hatten, auf die Entscheidung der Vergabekammer bzw. des Vergabesenats Einfluss zu nehmen. Gegenüber Dritten sowie im Hinblick auf andere Vergabeverfahren tritt keine Bindungswirkung ein3. Voraussetzung für das Eintreten der Bindungswirkung ist das Vorliegen 6 einer bestandskräftigen Entscheidung. Solange das Verfahren vor der Vergabekammer, dem OLG oder dem BGH andauert oder die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht abgelaufen ist, besteht keine Bindungswirkung für die ordentlichen Gerichte. Die Bindungswirkung bezieht sich auf Entscheidungen der Vergabekammer nach § 114, des Beschwerdegerichts nach § 123 und des BGH nach § 124 Abs. 2. Sie umfasst auch feststellende Entscheidungen nach § 114 Abs. 2 Satz 2 und § 123 Satz 3. Entscheidungen, die in den Eilverfahren nach § 115 Abs. 2, 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 121 ergangen sind, kommt keine Bindungswirkung zu4. Bindungswirkung tritt für Hauptsacheentscheidungen, nicht hingegen für Neben- und Kostenentscheidungen ein5. Voraussetzung ist weiter, dass eine Sachentscheidung getroffen wurde. So erwächst die fingierte Ablehnung nach § 116 Abs. 2 nicht in Bindungswirkung6. Aus dem gleichen Grund scheidet eine Bindungswirkung aus, wenn der Vergabe1 BGH v. 27.11.2007 – X ZR 18/07, VergabeR 2008, 219 (224); Boesen, Vergaberecht, § 124 Rz. 21; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 7. 2 Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 1243; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 7; a.A. Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 6, wonach Beigeladene von der Bindungswirkung nicht umfasst werden. 3 OLG Dresden v. 10.2.2004 – 20 U 169/03, VergabeR 2004, 500 (502); Boesen, Vergaberecht, § 124 Rz. 18; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 124 GWB Rz. 4. 4 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 7; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 5; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 6. 5 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 5. 6 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 5; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 6.

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nachprüfungsantrag – etwa mangels einer unverzüglichen Rüge gemäß § 107 Abs. 31 – als unzulässig zurückgewiesen wurde2. 7 Die Bindungswirkung gilt für die Verfahren der ordentlichen Gerichte, in denen wegen Verstoßes gegen Vergabevorschriften Schadensersatz begehrt wird. Dies betrifft Schadensersatzansprüche aus § 126 GWB, c.i.c. (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 BGB) sowie § 823 Abs. 2 BGB. Daneben greift die Bindungswirkung auch dann ein, wenn der Auftraggeber oder ein Beigeladener von einem Bieter Schadensersatz nach § 125 verlangt3. Umstritten ist die Bindungswirkung für kartellrechtliche Schadensersatzansprüche aus §§ 20 Abs. 1, 33. Auch hierbei handelt es sich um Schadensersatzansprüche, die vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden, so dass Bindungswirkung eintritt, soweit die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zu den Tatbestandsmerkmalen eines Anspruchs aus §§ 20 Abs. 1, 33 zählt4. 8 Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bindungswirkung werden Bedenken geäußert5. Die Vergabekammer entscheide in einem Eilverfahren. Zwar sei die sofortige Beschwerde hiergegen möglich, diese sei jedoch an äußerst kurz bemessene Einlegungs- und Begründungsfristen gebunden. Die Bindungswirkung werde daher in vielen Fällen der Eilentscheidung einer Verwaltungsbehörde zukommen. Im Ergebnis überzeugt diese Kritik nicht. Zum Einen ist die Vergabekammer trotz der kurzen Entscheidungsfrist des § 113 Abs. 1 Satz 1 zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet, zum Anderen steht es jedem Beteiligten frei, das OLG anzurufen und auf diesem Weg die Entscheidung eines Gerichts herbeizuführen6.

1 Zur Frage, ob eine unverzügliche Rüge Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist, vgl. § 126 Rz. 29 ff. 2 Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 1243; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 124 GWB Rz. 5; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 5. 3 Boesen, Vergaberecht, § 124 Rz. 8; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 5. 4 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 3; a.A. Boesen, Vergaberecht, § 124 Rz. 7; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 4. 5 Dreher, NZBau 2001, 244 (246); Tilmann, WuW 1999, 342 (348). 6 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 12; Jaeger in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 1243; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 9; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 3.

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III. Vorlage an den BGH (§ 124 Abs. 2) 1. Voraussetzungen Die Entscheidung des OLG kann nicht mit Rechtsmitteln angegriffen 9 werden. Insbesondere scheidet eine Rechtsbeschwerde nach § 74 aus (§ 123 Rz. 21). Allerdings sieht § 124 Abs. 2 Satz 1 vor, dass das OLG, soweit es von einer Entscheidung eines anderen OLG oder des BGH abweichen will, verpflichtet ist, die Sache dem BGH vorzulegen. Das gleiche gilt, wenn eine Abweichung von einer Entscheidung eines Obersten Landesgerichts beabsichtigt ist, soweit dessen Zuständigkeit durch Verordnung nach § 116 Abs. 4 begründet wurde. Gegenwärtig bestehen in Deutschland keine Obersten Landesgerichte. Eine Vorlagepflicht besteht aufgrund der Änderung des § 124 Abs. 2 Satz 1 durch Art. 2c GKV – OrgWG v. 15.12.20081 auch, wenn ein Oberlandesgericht den Rechtsstreit wegen beabsichtigter Abweichung von Entscheidungen eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts für grundsätzlich bedeutsam hält. Durch die Vorlagepflicht soll eine bundeseinheitliche Rechtsprechung in Vergabesachen gewährleistet werden2. Vergleichbare Vorlageverfahren finden sich in § 121 Abs. 2 GVG, § 132 Abs. 2 GVG und § 79 Abs. 2 GBO. Eine Parallelvorschrift zu § 124 Abs. 2 enthält § 142a Abs. 4 SGG. Demnach legt ein Landessozialgericht, das von einer Entscheidung eines anderen Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts abweichen will oder den Rechtsstreit wegen beabsichtigter Abweichung von einer Entscheidung eines Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs für grundsätzlich bedeutsam hält, die Sache dem Bundessozialgericht vor. a) Abweichung von einer Entscheidung eines OLG oder des BGH. Der 10 Umfang der Vorlagepflicht wird in § 124 Abs. 2 nicht näher definiert. Zweifellos besteht sie, wenn von einer Entscheidung eines OLG oder des BGH in einem Vergabenachprüfungsverfahren abgewichen werden soll. Eine analoge Anwendung des § 124 Abs. 2 ist geboten, wenn (zu recht oder unrecht) ein anderes, nicht in § 124 Abs. 1 genanntes Gericht eine Entscheidung in einem Vergabenachprüfungsverfahren erlassen hat, von der abgewichen werden soll3. Nach herrschender Meinung greift die Vorlagepflicht nicht, wenn eine Abweichung von einer Entscheidung vor1 BGBl. I, 2426. 2 BT-Drucks. 13/9340, 22. 3 So zu Entscheidungen der LSG vor Änderung des § 124 Abs. 2 Satz 1: OLG Düsseldorf v. 16.4.2008 – VII Verg 57/07, VergabeR 2008, 686 (692); OLG Rostock v. 2.7.2008 – 17 Verg 4/07, VergabeR 2008, 793.

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genommen werden soll, die in einem Eilverfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 121 ergangen ist1. Grund hierfür ist, dass diese Entscheidungen in vielen Fällen ohne umfassende Prüfung des Sachverhalts erlassen werden. Eine Vorlagepflicht besteht bei Abweichungen von Nebenentscheidungen eines anderen Gericht, beispielsweise über die Gewährung von Akteneinsicht2. Das Gleiche gilt für Kostenentscheidungen, unabhängig davon, ob diese Teil der Hauptsacheentscheidung bilden oder selbstständig ergehen, da auch hier ein Interesse an einer einheitlichen Rechtsprechung besteht3. Der BGH wendet § 124 Abs. 2 analog auf Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Rechtspflegers beim OLG an, die in Verfahren nach §§ 116 ff. ergangen sind4. 11 Es wird vertreten, dass die Vorlagepflicht auch dann eingreift, wenn sich die beabsichtigte Abweichung auf Entscheidungen eines OLG in einem der in § 119 GVG genannten Verfahren oder des BGH in einem Verfahren nach § 133 GVG bezieht5. Dies ist insbesondere bedeutsam, wenn die Entscheidung Schadensersatzansprüche wegen Vergaberechtsverstößen zum Gegenstand hatte. In diesen Verfahren besteht jedoch die Möglichkeit, Revision zum BGH einzulegen und auf diesem Weg eine höchstrichterliche Klärung zu erreichen. Eine Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 besteht demnach nicht6. 12 Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Vorlagepflicht inhaltlich nicht beschränkt. Sie bestünde demnach auch dann, wenn die Abweichung eine vergaberechtsfremde Rechtsfrage, etwa gesellschaftsrechtlicher, wettbewerbsrechtlicher oder kartellrechtlicher Natur, betrifft. Hierin unterscheidet sich die Vorschrift von der Vorlagepflicht nach § 79 Abs. 2 GBO, die sich ausschließlich auf Fragen des Grundbuchrechts bezieht. Eine 1 OLG Jena v. 30.10.2006 – 9 Verg 4/06, VergabeR 2007, 118 (123); OLG Düsseldorf v. 21.11.2007 – VII Verg 32/07, VergabeR 2008, 252 (257); Röwekamp in Kulartz/ Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 17; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 10; anderer Ansicht für Entscheidungen, die in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen sind OLG Düsseldorf v. 16.4.2008 – VII Verg 57/07, VergabeR 2008, 686 (692 f.). 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 10; a.A. Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 17. 3 BGH v. 9.12.2003 – X ZB 14/03, VergabeR 2004, 414; BGH v. 23.9.2008 – X ZB 19/07, VergabeR 2009, 39; OLG Karlsruhe v. 11.7.2008 – 15 Verg 5/08, VergabeR 2009, 100 (103), in Abweichung von älterer Rechtsprechung. 4 BGH v. 29.9.2009 – X ZB 1/09, VergabeR 2010, 66. 5 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 15; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 15; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 11. 6 OLG Hamburg v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02, VergabeR 2003, 40 (44).

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unbeschränkte Vorlageverpflichtung ist mit dem Gesetzeszweck, der die bundeseinheitliche Rechtsprechung in Vergaberechtsfragen sicherstellen will, jedoch nicht vereinbar. Bezüglich anderer als vergaberechtlicher Fragen steht der Rechtsweg zu dem Bundesgerichtshof nach § 542 ZPO offen. § 124 Abs. 2 muss demnach dahingehend verstanden werden, dass sich die Vorlagepflicht auf vergaberechtliche Fragen beschränkt1. Eine Ausnahme besteht für kostenrechtliche Fragen in Verfahren nach dem 4. Teil des GWB (oben Rz. 10). Eine Vorlage erfolgt, wenn das Gericht als tragende Begründung seiner 13 Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem Entscheidungen anderer OLG oder des BGH tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt2. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vorlage ist somit zunächst die Entscheidungserheblichkeit der von dem OLG beabsichtigten Abweichung. Diese liegt vor, wenn die Entscheidung, die zu treffen das OLG beabsichtigt, auf der vorgelegten Rechtsfrage beruhen würde3. Die beabsichtigte Abweichung muss sich weiterhin auf tragende Gründe einer anderen Entscheidung beziehen. Eine Abweichung von beiläufigen Bemerkungen (obiter dicta) eines anderen Gerichts begründen keine Vorlagepflicht4. Eine Abweichung liegt auch dann vor, wenn das OLG beabsichtigt, sich der herrschenden Meinung der Oberlandesgerichte anzuschließen, soweit ein anderes OLG in der Vergangenheit von dieser Auffassung – auch unter Verletzung seiner Vorlagepflicht – abgewichen ist5. Liegt hingegen zu einer Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des BGH nach § 124 Abs. 2 vor, trifft ein OLG, das beabsichtigt, sich dieser Entscheidung anzuschließen, keine erneute Vorlagepflicht, auch wenn zwischenzeitlich ein anderes OLG von der Entscheidung des BGH abgewichen ist6. Die Vorlagepflicht entfällt weiterhin, wenn ein OLG auf 1 In diesem Sinne offenbar auch OLG Dresden v. 5.4.2001 – WVerg 8/00, WuW/E Verg 497, 499; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 11. 2 BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313. 3 BGH v. 24.2.2003 – X ZB 12/02, VergabeR 2003, 426; BayObLG v. 15.7.2002 – Verg 15/02, VergabeR 2002, 534 (538); OLG Koblenz v. 18.9.2003 – 1 Verg 4/03, VergabeR 2003, 709 (715); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 16; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 11. 4 KG v. 15.4.2002 – KartVerg 3/02, VergabeR 2002, 398 (401); OLG Jena v. 14.2.2005 – 9 Verg 1/05, VergabeR 2005, 521 (525); OLG Celle v. 17.8.2007 – 13 Verg 9/07, VergabeR 2007, 765 (769); Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 16; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 13; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 11. 5 OLG Jena v. 30.5.2002 – 6 Verg 3/02, VergabeR 2002, 488. 6 OLG Dresden v. 10.7.2003 – WVerg 16/02, VergabeR 2004, 92 (98); Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 10.

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Bindungswirkung und Vorlagepflicht

Anfrage hin erklärt, dass es nicht beabsichtige, an seiner bisherigen, abweichenden Auffassung festzuhalten1. Allerdings besteht keine Verpflichtung, bei demjenigen Gericht, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, anzufragen, ob es an dieser festhält2. Schließlich scheidet eine Vorlage aus, wenn die Entscheidung, von welcher abgewichen werden soll, zwischenzeitlich durch Rechtsprechung des EuGH überholt wurde3. Die Abweichung muss sich auf die Entscheidung eines anderen Gerichts beziehen. Die Möglichkeit, dass ein Vergabesenat von einer Entscheidung des gleichen OLG abzuweichen beabsichtigt, scheidet aus, da nach § 116 Abs. 3 Satz 2 bei jedem Oberlandesgericht lediglich ein Vergabesenat zu bilden ist. Beabsichtigt ein Vergabesenat von einer eigenen, früheren Entscheidung abzuweichen, besteht keine Vorlagepflicht. Es muss eine Divergenz vorliegen. Dies ist der Fall, wenn sich die Entscheidung, von der abgewichen werden soll, auf einen gleich oder vergleichbar gelagerten Sachverhalt bezog4. Soweit die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 vorliegen, ist das OLG zur Vorlage an den BGH verpflichtet. Dem Gericht steht kein Ermessensspielraum zu5. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann unter Umständen wegen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Gericht willkürlich handelt oder Bedeutung und Tragweite des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt6. Die Vorlage erfolgt durch Beschluss, in dem die Rechtsfrage formuliert und deren Entscheidungserheblichkeit dargelegt werden muss. Der Beschluss unterliegt nicht der Anfechtung durch die Beteiligten7. Er ist den Beteiligten bekanntzumachen und ihnen vorab rechtliches Gehör zu gewähren8. In

1 BGH v. 14.2.1974 – II ZB 2/73, NJW 1974, 702; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 13. 2 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 21. 3 OLG Düsseldorf v. 6.2.2008 – VII Verg 37/07, VergabeR 2008, 229 (235); Summa ZfBR 2008, 350. 4 BGH v. 18.2.2003 –X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313; KG v. 15.4.2002 – KartVerg 3/02, VergabeR 2002, 398 (401); OLG Naumburg v. 17.5.2006 – 1 Verg 3/06, VergabeR 2006, 814; OLG Dresden v. 4.7.2008 – WVerg 3/08, VergabeR 2008, 809 (815). 5 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 10. 6 BVerfG v. 23.4.2009 – 1 BvR 3424/08, VergabeR 2009, 777 (779). 7 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 18; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 12. 8 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 20; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 12.

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§ 124

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der Regel wird das OLG zunächst eine mündliche Verhandlung über die Frage der Vorlage anberaumen1. Die Vorlagepflicht des § 124 Abs. 2 gilt ausschließlich für das Haupt- 14 sacheverfahren des Beschwerdegerichts. Hierzu zählen auch Feststellungsentscheidungen, die auf einen Antrag nach § 123 Satz 3 ergehen2. Im Rahmen der Eilverfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und § 121 scheidet eine Vorlage an den BGH aus (§ 124 Abs. 2 Satz 4). Im Hinblick auf den Eilcharakter dieser Verfahren nimmt der Gesetzgeber unterschiedliche Entscheidungen der Beschwerdegerichte bewusst in Kauf3. Von der Vorlagepflicht umfasst sind lediglich Endentscheidungen, nicht hingegen Nebenentscheidungen, wie beispielsweise über die Gewährung von Akteneinsicht4. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine Vorlagepflicht besteht, wenn das Gericht im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens von einer Eil- oder Nebenentscheidung abweichen will (oben Rz. 10). b) Abweichung von einer Entscheidung eines LSG oder des BSG. Durch 15 Art. 2c GKV – OrgWG v. 15.12.20085 wurde § 124 Abs. 2 Satz 1 dahin gehend geändert, dass eine Vorlagepflicht auch dann besteht, wenn ein Oberlandesgericht den Rechtsstreit wegen beabsichtigter Abweichung von Entscheidungen eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts für grundsätzlich bedeutsam hält. Hintergrund ist, dass die Landessozialgerichte nunmehr für die Überprüfung von Entscheidungen der Vergabekammer zuständig sind, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen (§ 116 Rz. 32 ff.). In diesen Fällen besteht die Vorlagepflicht lediglich, wenn das OLG die beabsichtigte Entscheidung für grundsätzlich bedeutsam hält. Anders als bei Vorlagen wegen beabsichtigter Abweichung von Entscheidungen eines anderen OLG oder des BGH steht dem Gericht bei Beurteilung der Frage, ob der Rechtsstreit grundsätzlich bedeutsam ist, ein Ermessen zu. Eine Rechtssache ist grundsätzlich bedeutsam, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt6. Im Übrigen gelten 1 2 3 4 5 6

BGH v. 24.2.2003 – X ZB 12/02, VergabeR 2003, 426. OLG Düsseldorf v. 22.5.2002 – Verg 6/02, VergabeR 2002, 668. BT-Drucks. 13/9340, 22. OLG Düsseldorf v. 28.12.2007 – VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281 (283 f.) BGBl. I, 2426. Heßler in Zöller, ZPO, § 543 Rz. 11; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 16.

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die gleiche Bestimmungen wie für Vorlagen wegen der beabsichtigen Abweichung von der Entscheidung eines OLG oder des BGH. Die Vorlage ist nur zulässig, wenn von einer Entscheidung abgewichen werden soll, die im Verfahren nach § 142a Abs. 1 SGG ergangen ist und eine vergaberechtliche Frage betroffen ist. Es müssen Entscheidungserheblichkeit und eine Divergenz vorliegen. Die Abweichung muss tragende Gründe der Entscheidung des LSG oder des BSG betreffen. 2. Entscheidung durch den BGH 16 Der BGH prüft zunächst die Zulässigkeit der Vorlage, das heißt, ob tatsächlich ein Fall der Abweichung von der Entscheidung eines anderen OLG oder des BGH bzw. eines LSG oder des BSG vorliegt1. Zwar überprüft er nicht, ob die vorgelegte Frage tatsächlich entscheidungserheblich ist,2 jedoch ob das vorlegende Gericht die Entscheidungserheblichkeit in einem Fehler freien Verfahren festgestellt hat3. Ist die Vorlage unzulässig, leitet der BGH die Angelegenheit durch Rückgabebeschluss an das OLG zur Entscheidung zurück4. Erweist sich die Vorlage als zulässig, entscheidet der BGH gemäß § 124 Abs. 2 Satz 2 anstelle des OLG. Hierbei beantwortet er nicht nur die ihm vorgelegte Frage, vielmehr entscheidet er über die Beschwerde insgesamt5 einschließlich der Kosten6. Dies betrifft sowohl Rechts- als auch Tatsachenfragen7. Allerdings steht dem BGH – ebenso wie dem OLG – die Möglichkeit offen, nach § 123 Satz 2 die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden. Eine derartige Zurückverweisung an die Vergabekammer ist jedoch in aller Regel nicht zweckdienlich, da für das Verfahren vor der Vergabekammer auch nach Rückverweisung die Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1 Anwendung findet, während der BGH – ebenso wenig wie das Beschwerdegericht – an diese Frist nicht gebunden ist (§ 123 Rz. 6). 1 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 10/00, VergabeR 2001, 71 (72); BGH v. 18.2.2003 – X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 19. 2 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 22; Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 124 GWB Rz. 12; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 13. 3 BGH v. 24.2.2003 – X ZB 12/02, VergabeR 2003, 426. 4 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 23. 5 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 10/00, VergabeR 2001, 71 (72). 6 BGH v. 25.10.2005 – X ZB 15/05, NZBau 2006, 392. 7 Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 19; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 124 Rz. 13.

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Bindungswirkung und Vorlagepflicht

Umstritten war, ob der BGH berechtigt ist, lediglich die Vorlagefrage zu 17 beantworten und die Angelegenheit im Übrigen an das OLG zurück zu verweisen1. Diese Möglichkeit ist in § 124 Abs. 2 Satz 3, der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20092 eingefügt wurde, nunmehr ausdrücklich vorgesehen. Voraussetzung ist, dass die Rechtverweisung nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt scheint. In der Regel gebietet der Beschleunigungsgrundsatz eine Entscheidung durch den BGH. Eine Rückverweisung kommt insbesondere in Betracht, wenn die entscheidungserheblichen Tatsachen noch nicht hinreichend ermittelt wurden3. Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass für das Vorlageverfahren eine § 120 Abs. 2 entsprechende Verweisung auf § 69 fehlt, so dass er ohne mündliche Verhandlung entscheiden könne4. Dies erscheint fraglich, da der Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 Satz 2 „anstelle des Oberlandesgerichts“ entscheidet, was dafür spricht, dass er die für das Verfahren vor dem OLG geltenden Vorschriften anzuwenden hat5. Ein Verzicht auf die mündliche Verhandlung ist möglich, wenn der BGH nach § 124 Abs. 2 Satz 3 lediglich über die Vorlagefrage entscheidet und das Verfahren im Übrigen an das OLG zurückweist. Für die Postulationsfähigkeit vor dem BGH gilt § 120 Abs. 1 Satz 1, nicht § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO6. 3. Vorlage an den EuGH Unberührt von § 124 Abs. 2 bleibt die Vorlagepflicht nach Art. 267 18 AEUV (ehemals Art. 234 EGV). Dessen 3. Unterabsatz verpflichtet einzelstaatliche Gerichte, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, den EuGH zur Vorabentscheidung über die Auslegung des primären und sekundären Europarechts anzurufen, wenn eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei dem einzelstaatlichen Gericht gestellt wird. Das deutsche Vergaberecht basiert in wesentlichen Teilen auf Richtlinien des Rates (vgl. Einl. 4 ff.). Insoweit ist zur Auslegung des nationalen Ver1 So Sturmberg, BauR 1998, 1063 (1066); a.A. Gröning in Beck’scher VOB-Kommentar Teil A, § 124 GWB Rz. 23, wonach eine Zurückverweisung in Frage kommt, wenn das Beschwerdegericht den Sachverhalt unvollständig aufgeklärt hat; offengelassen wurde diese Frage von BGH v. 19.12.2000 – X ZB 10/00, VergabeR 2001, 71 (72). 2 BGBl. I, 790. 3 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 20. 4 BGH v. 19.12.2000 – X ZB 14/00, NZBau 2001, 151 (155). 5 Dreher, NZBau 2001, 244 (246). 6 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 21.

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gaberechts auf das ihm zugrunde liegende Europarecht zurückzugreifen1. Da die Entscheidung des Beschwerdegerichts nach § 123 nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann (die Vorlagepflicht des § 124 Abs. 2 zählt nicht als Rechtsmittel), ist das Beschwerdegericht nicht nur nach Art. 267, 2. UA AEUV zur Vorlage berechtigt, sondern vielmehr besteht eine Vorlagepflicht (Art. 267, 3. UA AEUV). Stellt sich die Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts dem BGH im Rahmen eines Vorlageverfahrens nach § 124 Abs. 2, ist auch dieser zur Vorlage an den EuGH verpflichtet. 19 Fraglich ist, ob auch die Vergabekammern ein „Gericht“ darstellen und nach Art. 267, 2. UA AEUV zur Vorlage an den EuGH berechtigt sind. Die Vorlageberechtigung der Vergabeüberwachungsausschüsse hatte der EuGH mit der Begründung bejaht, dass diese ihre Tätigkeit unabhängig und in eigener Verantwortung ausüben, nur dem Gesetz unterworfen sind, die wesentlichen Vorschriften des deutschen Richtergesetzes über die Nichtigkeit und Rücknahme der Berufung sowie über die Unabhängigkeit und Absetzbarkeit von Richtern entsprechende Anwendung finden und der Vergabeüberwachungsausschuss eine rechtsprechende Tätigkeit ausübt2. Diese Voraussetzungen treffen auch auf die Vergabekammern zu (§ 105). Insbesondere üben diese eine Tätigkeit aus, die derjenigen eines erstinstanzlichen Gerichts angenähert ist. Die Vergabekammern sind somit als berechtigt anzusehen, eine Vorlage nach Art. 267, 2. UA AEUV an den EuGH einzureichen3.

1 EuGH v. 20.9.1988 – Rs. 31/87, Slg. 1988, 4635 – Beentjes; EuGH v. 13.11.1990 – Rs. C 106/89, Slg. 1990, I-4135 – Marleasing; EuGH v. 16.12.1993 – Rs. C 334/92, Slg. 1993, I-6911 – Wagner Miret; EuGH v. 14.7.1994 – Rs. C 91/92, Slg. 1994, I-3325 – Dori. 2 EuGH v. 17.9.1997 – Rs. C 54/96, Slg. 1997, I-4961 – Dorsch. 3 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 124 Rz. 24.

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Dritter Abschnitt: Sonstige Regelungen Schadensersatz bei Rechtsmissbrauch

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(1) Erweist sich der Antrag nach § 107 oder die sofortige Beschwerde nach § 116 als von Anfang an ungerechtfertigt, ist der Antragsteller oder der Beschwerdeführer verpflichtet, dem Gegner und den Beteiligten den Schaden zu ersetzen, der ihnen durch den Missbrauch des Antrags- oder Beschwerderechts entstanden ist. (2) Ein Missbrauch ist es insbesondere, 1. die Aussetzung oder die weitere Aussetzung des Vergabeverfahrens durch vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgetragene falsche Angaben zu erwirken; 2. die Überprüfung mit dem Ziel zu beantragen, das Vergabeverfahren zu behindern oder Konkurrenten zu schädigen; 3. einen Antrag in der Absicht zu stellen, ihn später gegen Geld oder andere Vorteile zurückzunehmen. (3) Erweisen sich die von der Vergabekammer entsprechend einem besonderen Antrag nach § 115 Abs. 3 getroffenen vorläufigen Maßnahmen als von Anfang an ungerechtfertigt, hat der Antragsteller dem Auftraggeber den aus der Vollziehung der angeordneten Maßnahme entstandenen Schaden zu ersetzen. I. 1. 2. II.

Einführung . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . Schadensersatzanspruch gemäß § 125 Abs. 1 und 2 1. Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs

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2. Umfang des Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . 14 3. Sonstiges zum Schadensersatzanspruch gemäß § 125 Abs. 1 und 2 GWB . . . . 13 III. Schadensersatzanspruch gemäß § 125 Abs. 3 . . . . . . . 15

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht § 125 Abs. 1 begründet Schadensersatzansprüche, wenn ein Nachprü- 1 fungsverfahren von Anfang an unbegründet war und sich die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens als rechtsmissbräuchlich darstellt. § 125 Abs. 3 ist § 945 ZPO nachgebildet und begründet SchadensersatzansprüGlahs

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Sonstige Regelungen

che, wenn sich im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens angeordnete vorläufige Maßnahmen im nachträglich als von vornherein ungerechtfertigt erweisen. Es handelt sich um zwei selbständige und unterschiedliche Fälle regelnde Anspruchsgrundlagen. 2 Schadensersatzansprüche gemäß § 125 Abs. 1 und Abs. 3 sind nicht im Vergabenachprüfungsverfahren oder einem anderen besonderen Verfahren geltend zu machen. Sie sind im ordentlichen Rechtsweg nach allgemeinen Grundsätzen geltend zu machen1. 2. Bedeutung 3 Die Bestimmungen sollen als Korrektiv zu den Rechtsschutzmöglichkeiten der Bieter im Vergabeverfahren wirken und dazu dienen, die Tätigkeit der Vergabekammern und des Beschwerdegerichts von leichtfertig handelnden Antragstellern oder Beschwerdeführern freizuhalten2. Sie setzen den Antragsteller in einem Nachprüfungsverfahren theoretisch nicht unerheblichen Schadensersatzrisiken aus. Denn gerade bei Großvorhaben kann eine Verzögerung der Vergabeentscheidung zu erheblichen Kosten führen. Tatsächlich ist die Bestimmung aber weder geeignet, rechtsmissbräuchlich eingeleitete Nachprüfungsverfahren zu unterbinden, noch ist ein solches Mittel erforderlich, weil sich in der Praxis gezeigt hat, dass die Missbrauchsgefahr relativ gering ist3. Es lässt sich nur in Ausnahmefällen darlegen und beweisen, dass die Einleitung des Verfahrens rechtsmissbräuchlich war. Jedenfalls sind auch ca. 10 Jahre nach Einführung des § 125 GWB Entscheidungen, in denen Schadensersatzansprüche gemäß § 125 Abs. 1 und 2 GWB geltend gemacht oder gar zugesprochen worden sind, nicht bekannt. In der Praxis spielt die Vorschrift keine Rolle.4 Dies gilt im Übrigen nicht nur für § 125 Abs. 1 und 2 GWB, sondern auch für § 125 Abs. 3 GWB. Ansprüche gemäß § 125 Abs. 3 GWB sind im Übrigen auch deshalb selten, weil schon die Anforderungen, die an den Erlass einer Maßnahme gemäß § 115 Abs. 3 GWB gestellt werden, so hoch sind, dass diesem Antrag nur sehr selten stattgeben wird. 1 Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 125 Rz. 4; Kulartz in Niebuhr/Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 2000, § 125 Rz. 5. 2 Noch, Vergaberecht kompakt, 1999, S. 83. 3 Braun in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 125 Rz. 2; schon bei der Einführung zweifelnd: Gröning, ZIP 1998, 370 (373); Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 125 Rz. 4. 4 Braun in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 125 Rz. 2.

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Schadensersatz bei Rechtsmissbrauch

Zwar spielt § 125 GWB als Rechtsfolge eines Missbrauchs keine oder nur 4 eine sehr geringe Rolle. Bedeutung hat die rechtsmissbräuchliche Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens allerdings in dem Nachprüfungsverfahren selbst. Die Vergabekammern gehen bei der rechtsmissbräuchlichen Einleitung von Nachprüfungsverfahren davon aus, dass der Bieter unzuverlässig ist, er jedenfalls nicht antragsbefugt ist, so dass er in dem Nachprüfungsverfahren schon aus diesem Grunde unterliegt. Unzuverlässig ist ein Antragsteller zum Beispiel, wenn er nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zu erkennen gibt, dass er bereit ist, den Nachprüfungsantrag gegen Zahlung von Geld oder Gewährung anderer Vorteile zurückzunehmen, und wenn sich dieses Verlangen als sachwidrig und wettbewerbswidrig darstellt1. Dies muss nicht immer der Fall sein, weil es nachvollziehbare Gründe geben kann, weshalb der Antragsteller nur bei Zahlung einer Entschädigung bereit ist, den Antrag zurückzunehmen. Es kommt ganz auf die Umstände des Einzelfalles an. Im Grundsatz gilt aber, dass die Absicht, sich das „Klagerecht“ abkaufen zu lassen, die die Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 Nr. 3 GWB erfüllt, auch zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages führt2. II. Schadensersatzanspruch gemäß § 125 Abs. 1 und 2 1. Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs § 125 Abs. 1 setzt voraus, dass sich der Antrag nach § 107 oder die sofor- 5 tige Beschwerde nach § 116 als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. „Ungerechtfertigt“ war der Antrag oder die Beschwerde, wenn sie unzulässig oder unbegründet war. „Von Anfang an“ ungerechtfertigt war der Antrag oder die Beschwerde nur, wenn sie schon im Zeitpunkt der Einleitung objektiv unzulässig oder unbegründet waren, nicht aber, wenn die Rechtsmittel erst im Laufe des Nachprüfungs- bzw. Beschwerdeverfahrens unzulässig oder unbegründet geworden sind. Die materielle Rechtslage entscheidet. Noch legt den Begriff „von An- 6 fang an ungerechtfertigt“ enger und zwar dahingehend aus, dass nur ein offensichtlich unbegründeter oder offensichtlich unzulässiger Antrag ungerechtfertigt ist3. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Nach all1 VK Arnsberg v. 2.5.2008 – VK 8/08; BayObLG v. 20.12.1999 – Verg 8/99, IBR 2000, 106; VK Sachsen v. 12.7.2000 – 1/SVK/52–00; VK Sachsen v. 21.3.2002 – 1/SVK/11–02. 2 OLG Düsseldorf v. 14.5.2008 – VII Verg 27/08, VergabeR 2008, 6616. 3 Noch, Vergaberecht kompakt, 1999, S. 84; ähnlich: Korbion, Vergaberechtsänderungsgesetz, 1999, § 125 Rz. 2.

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gemeinem Sprachverständnis spielt es dafür, ob etwas „ungerechtfertigt“ ist oder nicht, keine Rolle, ob es offensichtlich ist. Auch Systematik sowie Sinn und Zweck des § 125 verlangen eine solche Einschränkung nicht. Allein dies entspricht auch der Auslegung des Begriffs in § 945 ZPO1. Die entsprechenden Einschränkungen können und müssen im Rahmen des Tatbestandsmerkmals missbräuchlich vorgenommen werden2. 7 Denn ein Schadensersatzanspruch besteht nicht schon dann, wenn der Antrag von Anfang an ungerechtfertigt war. Vielmehr ist ein solcher nur begründet, wenn das Antrags- oder Beschwerderecht von dem Antragsteller missbraucht wurde. Diese Einschränkung des Schadensersatzanspruchs ist erforderlich, weil das Nachprüfungsverfahren anderenfalls „lahmgelegt“ würde und damit einem rechtsstaatlichen Grundgebot zuwiderliefe. Das schadensursächliche Verhalten ist nämlich grundsätzlich wegen seiner verfahrensrechtlichen Legalität rechtmäßig3. 8 Was unter einem Missbrauch zu verstehen ist, ergibt sich einerseits aus der nicht abschließenden Aufzählung in § 125 Abs. 2 sowie aus der Gesetzesbegründung zu § 134 des Regierungsentwurfs. Dort wird die Bestimmung als „spezielle Ausprägung der sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB und des Prozessbetrugs nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB“ charakterisiert. Insbesondere die Begründung zum Regierungsentwurf macht deutlich, dass das Verhalten nur dann missbräuchlich ist, wenn gleichermaßen objektive und subjektive Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Missbrauch kann nicht bejaht werden, wenn dem potentiell zum Schadensersatz Verpflichteten trotz objektiven Fehlverhaltens aus besonderen Gründen kein subjektiver Vorwurf zu machen ist4. 9 § 125 Abs. 2 enthält einzelne Missbrauchstatbestände, die nicht abschließend, sondern nur beispielhaft sind. 10 Missbräuchlich ist es danach, wenn die Aussetzung des Verfahrens durch vorsätzliche oder grob fahrlässig vorgetragene falsche Angaben erwirkt wurde.5 Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche 1 Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 945 Rz. 8. 2 So auch Boesen, Vergaberecht, 2000, § 125 Rz. 9; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007; § 125 Rz. 5; Braun in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 125 Rz. 6; Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 125 Rz. 10. 3 Vergleichbare Fälle: Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 823 Rz. 37. 4 Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 125 Rz. 3. 5 Vgl. Braun in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 125 Rz. 17.

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Schadensersatz bei Rechtsmissbrauch

Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist. Dies ist nur der Fall, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Grobe Fahrlässigkeit setzt stets auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden voraus1. Hiervon wird man nur in Ausnahmefällen ausgehen können. Denn die Vertraulichkeit des Vergabeverfahrens und die bei korrekter Anwendung nur geringen Möglichkeiten der Bieter, Informationen über die Meinungsbildung auf der Auftraggeberseite zu erlangen, machen es dem Bieter häufig schwer, eindeutige Belege für Verfahrensverstöße vorzutragen. Werden insoweit strenge Anforderungen gestellt, wird der Rechtsschutz des Bieters verkürzt, was nicht Sinn und Zweck des Gesetzes ist2. Missbräuchlich ist es ferner, wenn die Überprüfung mit dem Ziel bean- 11 tragt wird, das Vergabeverfahren zu behindern oder Konkurrenten zu schädigen, oder den Antrag in der Absicht zu stellen, ihn später gegen Geld oder andere Vorteile zurückzunehmen. Diese in § 125 Abs. 2 Nr. 2 und 3 genannten Missbrauchstatbestände werden sich nur in Ausnahmefällen beweisen lassen und deshalb voraussichtlich weitgehend leerlaufen3. Da die Missbrauchstatbestände in § 125 Abs. 2 nicht abschließend sind, 12 kann der Missbrauch auch auf andere Gründe gestützt werden. Allerdings müssen diese Gründe ebenso schwerwiegend wie die in Abs. 2 genannten Gründe sein. 2. Umfang des Schadensersatzanspruchs Der Antragsteller hat gegebenenfalls sowohl den Schaden zu ersetzen, 13 der seinem Gegner, also dem öffentlichen Auftraggeber entstanden ist, als auch den Schaden, der sonstigen Beteiligten im Vergabeverfahren entstanden ist4. Hierzu können erhöhte Finanzierungskosten wegen der Verzögerung der Auftragserteilung gehören, Kostenerhöhungen, weil Bieter einer Verlängerung der Bindefrist während des Nachprüfungsverfahrens nicht zugestimmt haben und nach Fristablauf ein besonders günstiges und zuschlagswürdiges Angebot zurückgezogen haben, so dass nun teurer vergeben werden muss. Anwendbar sind die §§ 249 ff. BGB. 1 BGH v. 12.1.1988 – VI ZR 158/87, NJW 1988, 1265 (1266); BGH v. 11.7.2007 – XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988 (2989); Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 277 Rz. 5. 2 Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 4. Aufl. 2007, S. 117 Rz. 330. 3 Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 4. Aufl. 2007, S. 117 Rz. 330. 4 Braun in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 125 Rz. 30.

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3. Sonstiges zum Schadensersatzanspruch gemäß § 125 Abs. 1 und 2 GWB 14 Der Schadensersatzanspruch nach Abs. 1 ist, wie auch die Begründung zum Regierungsentwurf bestätigt, ein deliktischer Anspruch1. Ergänzend finden deswegen die §§ 823 ff. BGB Anwendung, einschließlich der Verjährungsvorschrift des §§ 195, 199 BGB.2. Danach verjährt der Anspruch in drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. III. Schadensersatzanspruch gemäß § 125 Abs. 3 15 § 125 Abs. 3 ist § 945 ZPO nachgebildet und begründet einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch.3 Der Anspruch gemäß Abs. 3 betrifft allein den Fall, dass der Antragsteller zur Sicherung seiner Rechte aus § 97 Abs. 7 vorläufige Maßnahmen der Vergabekammer beantragt. Stellen sich die angeordneten und beantragten vorläufigen Maßnahmen im nachhinein als von vornherein ungerechtfertigt heraus, bestehen dem Grunde nach Schadensersatzansprüche. Das Merkmal „von Anfang an ungerechtfertigt“ ist ebenso auszulegen wie in § 125 Abs. 1. 16 Der Anspruch aus Abs. 2 ist ebenso wie der aus § 945 ZPO trotz seiner Verschuldensunabhängigkeit deliktsrechtlicher Natur. Es finden, soweit nicht auf Verschulden abgestellt wird, die Vorschriften der §§ 823 ff. BGB Anwendung4. Deshalb ist ein mitwirkendes Verschulden des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 254 BGB zu berücksichtigen5. Die Ansprüche gemäß § 125 Abs. 3 verjähren in drei Jahren (§§ 195, 199 BGB)6. 17 Anders als bei § 125 Abs. 1 hat der Antragsteller gemäß § 125 Abs. 3 aber nur den Schaden zu ersetzen, der dem Auftraggeber entstanden ist, nicht aber den Schaden, der anderen Beteiligten entstanden ist.

1 Kulartz in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 2000, § 125 Rz. 6. 2 Durch die Neuordnung des Verjährungsrechs dürften sich die unterschiedlichen Ansichten zur Verjährung der Ansprüche weitgehend erledigt haben, vgl. hierzu sowie zum alten Recht: Willenbruch, VergR 2001, 377 ff. 3 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., 2010, § 125 Rz. 27. 4 Bechtold, GWB, § 125 Rz. 3; Vollkommer in Zöller, 28. Aufl. 2010, § 945 Rz. 13. 5 Vollkommer in Zöller, 28. Aufl. 2010, § 945 Rz. 13. 6 Willenbruch, VergR 2001, 377 (378).

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Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens

Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens

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Hat der Auftraggeber gegen eine den Schutz von Unternehmen bezweckende Vorschrift verstoßen und hätte das Unternehmen ohne diesen Verstoß bei der Wertung der Angebote eine echte Chance gehabt, den Zuschlag zu erhalten, die aber durch den Rechtsverstoß beeinträchtigt wurde, so kann das Unternehmen Schadensersatz für die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an einem Vergabeverfahren verlangen. Weiterreichende Ansprüche auf Schadensersatz bleiben unberührt. I. 1. 2. 3. II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. III.

Einführung . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Ordentlicher Rechtsweg . . . . Voraussetzungen des § 126 Satz 1 . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Voraussetzungen . Verstoß gegen eine dem Schutz von Unternehmen dienende Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . Echte Chance, den Zuschlag zu erhalten . . . . . . . Beeinträchtigung der Chance, den Zuschlag zu erhalten . . . . Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3? . . . . . . . . . . . . . . . . Verschuldensunabhängige Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens . . . . . . . Mitverschulden . . . . . . . . . . Verjährung . . . . . . . . . . . . . Umfang des Schadensersatzes gemäß § 126 Satz 1 . . . . . . . .

1 1 5 9 14 15 16 20 28 29 32 33 34 38 39

IV. Weiterreichende Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . 1. Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen . . . . a) Vertragsähnliches Vertrauensverhältnis . . . . b) Pflichtverletzung . . . . . . c) Vertrauenstatbestand/Kausalität . . . . . . . . . . . . . . d) Verschulden . . . . . . . . . . e) Tatbestandsmerkmal: bestrangiger Bieter? . . . . . . . . f) Ersatzfähiger Schaden: positives oder negatives Interesse? g) Umfang des Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . . . h) Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens . . . . . . i) Darlegungs- und Beweislast j) Verjährung . . . . . . . . . . . 2. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Vergabevorschriften . . . . . . 3. Sonstige Anspruchsgrundlagen

46 47 49 52 53 54 55 58 63 66 68 71 72 78

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht Für das deutsche Vergaberecht war und ist es charakteristisch, dass nach 1 Erteilung des Zuschlags der hierdurch zustande gekommenen Vertrag nicht aufgehoben werden kann, auch wenn gegen Vergabevorschriften verstoßen wurde. Ist der Zuschlag wirksam erteilt, bleibt dem unterlegenen Bieter regelmäßig nur die Geltendmachung von SchadensersatzGlahs

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ansprüchen. Dieser Grundsatz gilt allerdings nur noch, wenn die Pflicht zur Vorabinformation gemäß §§ 101a und b GWB eingehalten wurde und keine Möglichkeit zur Kündigung des Vertrages besteht1. Bei Dauerschuldverhältnissen wird Im Übrigen zum Teil die Ansicht vertreten, dass ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages besteht2. 2 § 126 Satz 1 schafft eine Anspruchsgrundlage zur Geltendmachung von Schadensersatz, wenn bieterschützende Vergabevorschriften verletzt wurden und der Bieter ohne den Verstoß eine „echte Chance“ gehabt hätte, den Zuschlag zu erhalten. Der Schadensersatzanspruch ist auf die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an dem Vergabeverfahren, mit anderen Worten auf den Vertrauensschaden oder das negative Interesse beschränkt. § 126 Satz 2 stellt klar, dass weitergehende Schadensersatzansprüche, insbesondere also Ansprüche auf Ersatz des entgangenen Gewinns, unberührt bleiben. 3 In der Praxis spielt § 126 GWB eine eher geringe Rolle. Dies beruht zum Einen darauf, dass es für die Bieter häufig schwierig ist, die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde, aber auch der Höhe nach zu beweisen. Dies beruht zum Anderen darauf, dass die Möglichkeiten zum Primärrechtsschutz inzwischen so gut sind, dass Vergabeverstöße in der Regel im Vergabeverfahren korrigiert werden, so dass die Bieter ihre Interessen bereits durch das Nachprüfungsverfahren selbst gewahrt sehen. 4 § 126 muss im Kontext mit § 124 gelesen werden. Zwar ist die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens nicht Voraussetzung zur Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs3. Ist aber ein Nachprüfungsverfahren durchgeführt worden, so sind die ordentlichen Gerichte im Rahmen des Schadensersatzprozesses gemäß § 124 an die Entscheidungen der Vergabekammer gebunden. Es kann deshalb mindestens von Vorteil sein, zunächst ein Nachprüfungsverfahren durchzuführen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sonst die Gefahr besteht, dass sich der Geschädigte im späteren Schadensersatzprozess den Einwand des Mitverschuldens entgegen halten lassen muss4. 1 Vgl. Kommentierung zu § 101b, insb. zu den Kündigungsmöglichkeiten Rz. 29. 2 Vgl. Kommentierung zu § 101b, insb. zu den Kündigungsmöglichkeiten Rz. 29; vgl. auch Scharen in: Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 89 ff. 3 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009 § 126 Rz. 31; Gronstedt in Byok/Jaeger, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, § 126 Rz. 1305; Scharen in Willenbruch/Bischoff, GWB, § 126 GWB Rz. 24; Noch, Vergaberecht kompakt, 1999, S. 85. 4 Gronstedt in Byok/Jaeger, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 1304; Scharen in Willenbruch/Bischoff, GWB, § 126 GWB Rz. 24, Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 29; siehe auch unten Rz. 34.

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2. Entstehungsgeschichte Lange Zeit stellte das Vergaberecht einen nahezu gerichtsfreien Raum 5 dar, in dem allein die innerstaatlichen Haushaltsordnungen mit durch Verwaltungsvorschriften eingeführten Verdingungsordnungen (VOB/A, VOL/A) galten. Charakteristisch war, dass die haushaltsrechtlichen Vorschriften allein dem Ziel einer sparsamen Haushaltsführung, nicht aber dem Schutz der Bieter vor Diskriminierung dienen sollten. Daraus folgte, dass den Bietern weder ein primärer noch ein sekundärer Rechtsschutz zur Verfügung stand. Diese Sichtweise hat sich mehr und mehr, nicht zuletzt durch EU-recht- 6 liche Vorgaben, geändert. In einer grundlegenden Entscheidung hat der BGH 1993 Schadensersatzansprüche bei Vergabeverstößen anerkannt und auf das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo gestützt, und zwar auch Schadensersatzansprüche gerichtet auf das positive Interesse1. Diese Rechtsprechung hat der BGH inzwischen in mehreren Entscheidungen bestätigt2. Darüber hinaus und neben dieser Rechtsprechung schafft § 126 eine 7 selbstständige Anspruchsgrundlage3. Die Bestimmung setzt EG-rechtliche Vorgaben um. So bestimmt Art. 2 Abs. 1c der Rechtsmittelrichtlinie (88/665/EWG)4, dass für diejenigen, die durch Rechtsverstöße geschädigt worden sind, eine Rechtsgrundlage zur Geltendmachung von Schadensersatz eingeführt werden muss. Weitergehend verlangte Art. 2 Abs. 7 der Sektorenüberwachungsrichtlinie (92/13/EWG)5, dass ein Anspruch auf Schadensersatz schon dann bestehen muss, wenn der Geschädigte nachweist, dass ein Verstoß gegen Vergabevorschriften vorliegt und er ohne den Verstoß eine „echte Chance“ hatte, den Zuschlag zu erhalten. Die Richtlinie verlangte eine Beweislasterleichterung zugunsten des Anspruchstellers. Der deutsche Gesetzgeber ist hierüber hinausgegangen und hat nicht nur 8 eine Beweislastregel, sondern eine selbstständige Anspruchsgrundlage 1 BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91, NJW 1993, 520 (521). 2 BGH v. 24.4.1997 – VII ZR 106/95, 1106 (1106 f.); BGH v. 8.9.1998 – X ZR 48-97, NJW 1998, 3636 (3636 f.); OLG Dresden v. 10.2.2004 – 20 U 1967/03, IBR 2004, 219. 3 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 1; Schnorbus, BauR 1999, 77 (92); Jebens, DB 1999, 1741 (1741 f.); Vetter, NVwZ 2001, 745 (759). 4 I.d.F. gemäß Richtlinie 2007/66/EG. 5 I.d.F. gemäß Richtlinie 2007/66/EG.

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geschaffen. Der Wortlaut des § 126 und seine Entstehungsgeschichte zeigen, dass der Gesetzgeber nicht nur eine Beweislastnorm, sondern eine selbständige Anspruchsgrundlage schaffen wollte. Nachdem der Entwurf des heutigen § 126 noch als Beweisregel überschrieben („Nachweis bei Schadensersatzverlangen“) und formuliert war1, hat der Bundesrat im weiteren Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, dass die Vorschrift die Voraussetzungen für einen auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruch festlege2. Der Bundesrat hat dies als Teil der Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf beschlossen. Die Bundesregierung hat die Stellungnahme insoweit in ihrer Gegenäußerung akzeptiert. 3. Ordentlicher Rechtsweg 9 Schadensersatzansprüche gemäß § 126 sowie Schadensersatzansprüche gestützt auf Verschulden bei Vertragsschluss etc. sind nicht im Vergabeverfahren oder einem anderen besonderen Verfahren geltend zu machen. Sie sind im ordentlichen Rechtsweg nach allgemeinen Grundsätzen geltend zu machen3. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um ein Vergabeverfahren handelt, das auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet war. In diesem Fall sind die Schadensersatzansprüche u.E. vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen. 10 Dem Geschädigten steht im Rahmen des Schadensersatzprozesses kein Recht auf Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 111 GWB zu, weil die Vorschrift nur das Nachprüfungsverfahren selbst regelt. § 111 GWB ist auch nicht analog anwendbar4. Es ist nicht ersichtlich, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Für den Schadensersatzprozess gelten die allgemeinen Vorschriften der ZPO. Dort bestimmt § 142 ZPO, dass das Gericht anordnen kann, dass eine Partei oder ein Dritter Urkunden oder sonstige Unterlagen, auf die sich eine Partei bezieht, vorzulegen. 11 Fraglich ist, ob es sich bei den Schadensersatzklagen gemäß § 126 GWB oder auch nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss um Kartellverfahren i.S.d. § 87 handelt, so dass stets die Landgerichte gemäß § 87 GWB zuständig sind. 1 BR-Drucks. 646/97, S. 11. 2 BR-Drucks. 646/97 (Beschluss), S. 22 f. 3 OLG Düsseldorf v. 30.1.2003 – I 5 U 13/02, NZBau 2003, 459 (461); Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 5; Noch, Vergaberecht kompakt, 1999, S. 85; Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 26. 4 Verneinend Schnorbus, BauR 1999, 77 (98 f.).

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Ausdrücklich ausgenommen von der Sonderzuweisung sind Ansprüche, 12 die von § 69 SGB V erfasst werden (§ 87 Satz 3 GWB). Im Übrigen ist nicht eindeutig, ob Schadensersatzansprüche gemäß § 126 GWB von § 87 GWB erfasst werden. Trotz des Wortlauts des § 87 handelt es sich bei Schadensersatzansprüchen nicht um eine Kartellsache i.S.d. § 87. Mit den Worten „Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz ergeben“ in § 87 waren ursprünglich, d.h. vor Einfügung der §§ 97 ff., nur kartellrechtliche Streitigkeiten i. e. S. gemeint. Daran hat sich durch die Einfügung des vierten Teils, d.h. der §§ 97 ff. nichts geändert. Systematisch ist § 87 im dritten Teil des Gesetzes enthalten, der sich nur auf die Kartellverfahren i. e S., nicht aber auf die Vergabeverfahren bezieht. Der dritte Teil des GWB ist auf die Vergabeverfahren nur anwendbar, wenn im vierten Teil, den §§ 97 ff., auf den dritten Teil ausdrücklich verwiesen wird. Dies ergibt sich als Umkehrschluss daraus, dass der Gesetzgeber im vierten Teil jeweils ausdrücklich angeordnet hat, dass und ob Bestimmungen des dritten Teils anwendbar sind. Da auf § 87 nicht verwiesen wird, ist die Bestimmung nicht anwendbar. Es bleibt bei den allgemeinen Grundsätzen über die Zuständigkeit. Eine einheitliche Rechtsprechung hat sich allerdings noch nicht herausgebildet1. Nimmt man an, es handele sich um Kartellsachen, bedeutet dies nicht 13 nur, dass stets die Landgerichte zuständig sind, vielmehr sind die Länder berechtigt, durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit eines Landgerichts für mehrere Landgerichtsbezirke sowie die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts für mehrere Oberlandesgerichtsbezirke festzulegen (Konzentrations-verordnungen). In NRW wurde z.B. hiervon Gebrauch gemacht. Zuständig für Kartellsachen sind nur die Landgerichte Köln, Düsseldorf und Dortmund sowie das Oberlandesgericht Düsseldorf2. II. Voraussetzungen des § 126 Satz 1 § 126 gewährt unter den nachfolgenden Voraussetzungen einen Schadens- 14 ersatzanspruch gegen den Auftraggeber gerichtet auf das negative Interesse. 1 Für die Zuständigkeit der Kartellgerichte: LG Bonn v. 24.6.2004 – 1 O 112/04, VergabeR 2004, 665; LG Düsseldorf v. 24.5.2002 (7081/02), n. v.; Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 26; gegen die Zuständigkeit: OLG Celle v. 7.6.2007 – 4 AR 24/07, IBR 2007, 458; vgl. auch: OLG Koblenz v. 11.8.2006 – 4 SmA 31/06; OLG Frankfurt v. 10.12.2004 – 21 AR 138/04, IBR 2005, 542; OLG Dresden v. 16.3.2004 – 1 AR 16/04, IBR 2004, 1077. 2 Verordnung über die Bildung gemeinsamer Kartellgerichte v. 27.9.2005 – GV. NRW.S.820/SGV.NRW.311.

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1. Allgemeine Voraussetzungen 15 § 126 ist nur anwendbar, wenn es sich um einen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 handelt, wenn Vergabestelle ein öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 98 GWB ist, wenn das Auftragsvolumen die Schwellenwerte gemäß § 100 Abs. 1 GWB erreicht und wenn keiner der Ausnahmetatbestände des § 100 Abs. 2 vorliegt (§ 100). Denn alle Bestimmungen des vierten Teils gelten nur, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind. 2. Verstoß gegen eine dem Schutz von Unternehmen dienende Vorschrift 16 Die Materialien geben nur wenig Anhaltspunkte, wie dieses Tatbestandsmerkmal auszulegen ist. Einigkeit besteht, dass nur der Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften erfasst wird. Hierzu gehören die Richtlinien der EU, die §§ 97 ff. GWB, die VgV, die SektVO und die VOB/A, die VOL/A und VOF1. Einigkeit besteht ferner, dass keine Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen reine Ordnungsvorschriften bestehen2. 17 Im Übrigen ist die Reichweite des subjektiven Bieterschutzes nicht abschließend geklärt. Teils wird die Ansicht vertreten, das Tatbestandsmerkmal: „den Schutz von Unternehmen bezweckende“, sei gedanklich zu streichen, weil es sich um eine schlichte Kausalitätserwägung handele3. Diese Begründung ist aber zu kurz gefasst. Denn allein die Tatsache, dass die Verletzung einer Norm ursächlich für den Eintritt eines Schadens ist, besagt nicht, dass die Norm den Schutz des Geschädigten bezweckt4. Auch im allgemeinen Schadensersatzrecht ist anerkannt, dass die Schadenszurechnung durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Es kann also nur gesagt werden, dass der Hinweis „eine den Schutz von Unternehmen bezweckende Norm“ gesetzestechnisch nicht erforderlich war, weil es ein allgemeiner Schadensersatzgrundsatz ist, dass der Schutzzweck der Norm das Bestehen von Ansprüchen begrenzt5. 18 Nach allgemeinen Grundsätzen dient eine Vorschrift dem Schutz von Unternehmen, wenn sie – neben anderen Zwecken – gerade auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verlet1 Braun in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 126 Rz. 7; Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 7. 2 So für § 97 Abs. 7 GWB: BR-Drucks. 646/97, S. 23; so auch Verfürth in Kulartz/ Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 11. 3 Schnorbus, BauR 1999, 77 (95). 4 Vgl. Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 12 zum Schutzzweck einer Norm. 5 Grüneberg in Palandt, BGB, 69 Aufl. 2010, Vor § 249 Rz. 29.

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zung eines Rechtsguts zu schützen1. Es würde zu weit führen, nunmehr für jede Vergabebestimmung zu prüfen oder festzuhalten, ob sie den Schutz des Unternehmens bezweckt. Grob gesagt gilt Folgendes: Ausgehend von der bisherigen EuGH-Rechtsprechung sind jedenfalls die 19 Vorschriften über die Teilnahme, die Publizität des Verfahrens und die Chancengleichheit im Verfahren zum Schutz des Bieters bestimmt. Hierzu gehören: Vorschriften über die Erforderlichkeit der Ausschreibung, über die Grundsätze der Vergabe, Bekanntmachungsvorschriften, Vorschriften über Angebots- und Bewerbungsfristen, das Nachverhandlungsverbot, Vorschriften über die Bewertung der Angebote u.ä.2. Darüber hinaus kann die Rechtsprechung zur Antragsbefugnis bzw. Rechtsverletzung im Rahmen der Nachprüfungsverfahren herangezogen werden, auch dort muss der Bieter eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften und einen mindestens drohenden Schaden darlegen. Auch daraus folgt, dass mit einigen wenigen Ausnahmen die Vergabevorschriften bieterschützend sind, weil das Vergaberecht dem Wettbewerb und damit dem Schutz vor Willkür dient3. 3. Echte Chance auf Zuschlagerteilung Der Anspruchsteller muss ohne den Vergaberechtsverstoß bei der Wer- 20 tung der Angebote eine echte Chance gehabt haben, den Zuschlag zu erhalten. Diese Chance muss durch den Rechtsverstoß beeinträchtigt worden sein. Es muss also hypothetisch überprüft werden, wie die Chance des Bieters auf Zuschlagerteilung ohne Vergabeverstoß gewesen wäre. Die Worte „echte Chance“ sind wörtlich aus der Rechtsmittelrichtlinie4 (Art. 2 Abs. 7) übernommen. Ursprünglich war als Formulierung vorgesehen, dass der Bieter „in die engere Wahl“ hätte gelangen müssen5. Diese Formulierung wurde jedoch vom Bundesrat als zu weit angesehen, so dass auf seinen Vorschlag der in der Richtlinie verwandte Begriff wörtlich übernommen wurde6. 1 Aus öffentlich-rechtlicher Sicht vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 40 Rz. 132 ff.; aus zivilrechtlicher Sicht: Grüneberg in Palandt, BGB, Vor § 249 Rz. 29. 2 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 7 ff.; Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 9 ff. 3 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 11. 4 Abl EG Nr. L 1992 74/14. 5 BT-Drucks. 13/9340, S. 9. 6 BR-Drucks. 646/97 (Beschluss), S. 23, zu Ziff. 37.

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21 Eine echte Chance auf Zuschlagerteilung hat nur derjenige, der ein zuschlagfähiges Angebot eingereicht hat. Keine Chance hat derjenige, dessen Angebot auf der ersten, zweiten oder dritten Wertungsstufe ausgeschlossen werden muss. Keine Chance hat der Bieter, dessen Angebot aus formalen Gründen ausgeschlossen werden muss. Keine Chance hat, wessen Eignung nicht positiv festgestellt werden kann. Keine Chance hat, wer wegen eines unangemessen hohen oder niedrigen Preises auf der dritten Wertungsstufe ausgeschlossen werden muss. Denn muss der Auftraggeber das Angebot bei ordnungsgemäßer Wertung zwingend ausschließen, besteht keine Chance auf Zuschlagerteilung1. Anders ist die Frage zu beantworten, wenn dem Auftraggeber im Rahmen der Eignungsprüfung und im Rahmen der dritten Wertungsstufe ein Beurteilungsspielraum zustand. 22 Eine echte Chance auf Zuschlagerteilung kann bei der Abgabe mehrerer Angebote nur bestehen, wenn die Angebote vergleichbar sind. Ist eine ordnungsgemäße Wertung der Angebote nicht möglich, weil nicht hinreichend spezifizierte und daher unklare Vergabeunterlagen zu sachlich unterschiedlichen Angeboten geführt haben, kann das Tatbestandsmerkmal der echten Chance für keines der Angebote erfüllt sein, weil es an der Vergleichbarkeit fehlt. Nur über einen solchen Vergleich ist aber Bestehen einer echten Chance festzustellen2. Schadensersatzansprüche scheiden dann aus. 23 Liegen mehrere vergleichbare und zuschlagfähige Angebote vor, bestand in der Vergangenheit keine Einigkeit, welche Anforderungen an die echte Chance zu stellen sind3. Einerseits wurde die Ansicht vertreten, eine echte Chance hätten all diejenigen, deren Angebot alle formellen Anforderungen der Ausschreibung erfüllen bzw. in die vierte Wertungsstufe gelangt seien4. Andererseits wurde die Ansicht vertreten, eine echte Chance habe nur bestanden, wenn die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers für oder gegen ein Gebot auf Grund des vorhandenen Ermessens rückblickend nicht mehr gerichtlich nachprüfbar ist5. Zwischen diesen beiden Extremen wurden vermittelnde Ansichten vertreten6. 1 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 18. 2 BGH v. 1.8.2006 – X ZR 146/03, NZBau 2007, 58; Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 18. 3 Darstellung in: BGH v. 1.8.2006 – X ZR 146/03, NZBau 2007, 58; Prieß in Ibsen, Öffentliches Auftragswesen im Umbruch 1997, S. 81 (91). 4 Prieß in Ipsen, Öffentliches Auftragswesen im Umbruch, 1997, S. 81 (91). 5 Schnorbus, BauR 1999, 77 (93); ähnlich Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 25. 6 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 126 Rz. 14; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 4. Aufl. 2007, S. 84, Rz. 239; Noch, Vergaberecht kompakt, 1999, S. 86.

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Der BGH hat entschieden, eine echte Chance bestehe nur, wenn es in- 24 nerhalb des Wertungsspielraums der Vergabestelle gelegen hätte, auf das Angebot den Zuschlag zu erteilen1. Bei dieser Auslegung des Begriffs wird regelmäßig nur einem Unternehmen ein Anspruch gemäß § 126 GWB zustehen. Allerdings kann es auch bei dieser engen Auslegung dazu kommen, dass mehrere Unternehmen eine echte Chance hatten. Dies ist immer dann der Fall, wenn entweder auf der Ebene der Eignungsprüfung die Vergabestelle beurteilungsfehlerfrei die Eignung bejahen oder verneinen konnte. Dies ist auch der Fall, wenn auf der vierten Wertungsstufe beurteilungsfehlerfrei mehrere Wertungsmöglichkeiten bestehen. Die Ansicht des BGH ist zutreffend. Die enge Auslegung des Begriffs 25 „echte Chance“ passt am ehesten in die Systematik des deutschen Schadensersatzrechts2. Denn würde man die unwiderlegbare Darlegungserleichterung schon für die Fälle gelten lassen, dass das Angebot den formellen Anforderungen genügt oder darüber hinaus zu einer Spitzengruppe gehört, hätte § 126 nicht mehr den Charakter einer Darlegungserleichterung. Vielmehr wären die Bieter aufgrund einer unwiderlegbaren Vermutung schadensersatzberechtigt, obgleich ihnen nach der bisherigen Rechtslage und allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts niemals ein ersatzfähiger Schaden hätte entstehen können. Die Vorschrift hätte dann Strafcharakter. Dies lässt sich aber dem Wortlaut von § 126 GWB nicht entnehmen. § 126 GWB ist als Schadensersatznorm gestaltet. Der Nachteil dieser vom BGH vertretene Ansicht liegt darin, dass das von 26 den Richtlinien verfolgte Ziel, das durch die Worte „echte Chance“ umgesetzt werden sollte, kaum mehr erreicht wird. Denn die Beweislasterleichterung ist kaum spürbar, wenn der Anspruchsteller darlegen und beweisen muss, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers für oder gegen ein Gebot aufgrund des Beurteilungsspielraums des Auftraggebers rückblickend nicht mehr gerichtlich nachprüfbar ist. Hier zeigt sich, dass es vorzugswürdig gewesen wäre, keine selbständige Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch zu schaffen, sondern nur oder neben der Anspruchsgrundlage eine Beweislastregelung zu schaffen, die dem öffentlichen Auftraggeber die Beweislast aufbürdet. Nichts anderes sieht Art. 2 Abs. 7 der Sektorenüberwachungsrichtlinie vor. Der deutsche Gesetzgeber ist diesen Weg jedoch nicht gegangen. Der Wortlaut des § 126 und seine Entstehungsgeschichte zeigen, dass der Gesetzgeber keine eine Beweislastnorm, sondern eine selbständige Anspruchsgrund1 BGH v. 27.11.2007 – XZR 18/07 VergabeR 2008, 219 (222, 2. Leitsatz). 2 Schnorbus, BauR 1999, 77 (93 f.).

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lage schaffen wollte. Nachdem der Entwurf des heutigen § 126 noch als Beweisregel überschrieben („Nachweis bei Schadensersatzverlangen“) und formuliert war1, hat der Bundesrat im weiteren Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, dass die Vorschrift die Voraussetzungen für einen auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruch festlege2. 27 Ob der Bieter in diesem Sinne eine echte Chance hatte, den Zuschlag zu erhalten, muss hypothetisch (ohne den Vergabeverstoß) überprüft werden. Entscheidend ist, ob der Bieter ohne den Vergaberechtsverstoß eine echte Chance hatte, den Zuschlag zu erhalten. Die hypothetische Feststellung kann je nach der Art des Vergabeverstoßes schwierig zu treffen sein. Sie ist ohne weiteres möglich, wenn auf das Angebot des Bieters unabhängig von dem Vergabeverstoß der Zuschlag nicht erteilt werden konnte oder musste, weil das Angebot ausgeschlossen werden konnte, der Bieter nicht geeignet war, sein Preis unangemessen hoch oder niedrig war oder er nicht zu der „Spitzengruppe“ gehörte3. Die hypothetische Feststellung ist ohne größere Schwierigkeiten auch möglich, wenn es bei der Wertung der Angebote zu einem Vergabeverstoß kam, die abgegebenen Angebote aber vergleichbar sind. Die hypothetische Feststellung ist aber kaum oder gar nicht möglich, wenn der Vergabeverstoß Einfluss auf das Angebot des Bieters (und der anderen Bieter) hatte, weil ihm z.B. unzulässige Wagnisse aufgebürdet wurden, die sich in der Preiskalkulation niedergeschlagen haben, oder wenn die Leistungsbeschreibung so unbestimmt und unklar ist, dass die abgegebenen Angebote nicht verglichen werden können und der Vergabeverstoß nur durch die Aufhebung der Ausschreibung hätte beseitigt werden können. Um die hypothetische Feststellung treffen zu können, muss der Bieter darlegen und ggf. beweisen, welches Angebot er (und ggf. die anderen Bieter) abgegeben hätte, wenn der Vergabeverstoß nicht begangen worden wäre. Diese Darlegung und erst recht der Beweis werden in der Regel unmöglich sein, wenn die Leistungsbeschreibung nicht nur an einzelnen Stellen, sondern an vielen Stellen unbestimmt und unvollständig ist. Der Bieter kann nicht darlegen, wie die Vergabestelle die Leistungsbeschreibung erstellt hätte, wenn sie den Vergabeverstoß nicht begangen hätte, er kann auch nicht darlegen, welche Angebote dann abgegeben worden wären4. Schadensersatzansprüche gemäß § 126 scheiden dann aus, auch wenn dieses Ergebnisses 1 BR-Drucks. 646/97, S. 11. 2 BR-Drucks. 646/97 (Beschluss), S. 22 f. 3 Vgl. Rz. 21; BGH v. 16.4.2002 – X ZR 67/00, VergabeR 2002, 463 (465); BGH v. 7.6.2005 – X ZR 19/02. VergabeR 2005, 617 (618 f.). 4 Vgl. Rz. 22.

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unbefriedigend ist. Dem Bieter kann aber ein Schadensersatzanspruch nach allgemeinen Grundsätzen zu stehen. Siehe sogleich Rz. 47 ff. 4. Beeinträchtigung der Chance, den Zuschlag zu erhalten Durch den Vergabeverstoß muss die Chance des Bieters, den Zuschlag zu 28 erhalten, beeinträchtigt worden sein. Im Sinne einer conditio sine qua non muss die Chance des Anspruchsstellers auf Auftragserteilung durch den Vergabeverstoß verschlechtert worden sein1. Die Beweislast für die kausale Beeinträchtigung der Chance trägt das Anspruch stellende Unternehmen2. 5. Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3? Teils wird die Ansicht vertreten, Schadensersatzansprüche gemäß § 126 29 seien ausgeschlossen, wenn der Bieter gegen die Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 verstoßen habe, wenn er also trotz Kenntnis den Vergabeverstoß nicht unverzüglich gerügt habe3. Auch das OLG Naumburg scheint dieser Ansicht zuzuneigen, wenn es formuliert, die unterlassene Rüge führe zu einer „materiellen Präklusion“ dieser Beanstandung und insoweit zu einem Verlust des subjektiven Rechts4. Heute ist es allgemeine Ansicht, dass trotz unterbliebener Rüge gemäß 30 § 107 Abs. 3 GWB ein Schadensersatzanspruch gemäß § 126 GWB bestehen kann5. Denn die unverzügliche Rüge ist zwar Zulässigkeitsvoraussetzung eines Nachprüfungsverfahrens, nicht aber Tatbestandsmerkmal des § 126. Dafür spricht der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen. Nach dem Wortlaut des § 107 Abs. 3 führt die unterlassene Rüge dazu, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist, nicht aber dazu, dass der Bieter seine subjektiven Rechte im Hinblick auf den Vergabeverstoß verliert. Bei § 107 Abs. 3 handelt es sich also um eine verfahrensrechtliche Bestimmung, die das materielle Recht unberührt lässt. Nach dem Wort1 BGH v. 27.11.2007 – X ZR 18/07, VergabeR 2008, 219 (221); Verfürth in Kulartz/ Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 19. 2 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 23. 3 OLG Naumburg v. 15.1.2002 – 1 Verg 5/00, ZfBR 2002, 301. 4 OLG Naumburg v. 15.1.2002 – 1 Verg 5/00, ZfBR 2002, 301. 5 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 33; Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 24; Jaeger, NZBau 2001, 289 (293); Gronstedt in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, § 126 Rz. 1305; Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 286 f., der die unterlassene Rüge allenfalls als Mitverschulden berücksichtigen will; Hunger in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 2000, § 124 Rz. 4.

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laut des § 126 ist es unerheblich, ob der Bieter den Vergabeverstoß unverzüglich gerügt hat oder nicht. 31 Auch eine den Wortlaut einschränkende Auslegung kommt nicht in Betracht. Zum einen war dem Gesetzgeber bekannt, unter welchen Voraussetzungen die Gerichte bislang Schadensersatzansprüche zuerkannten. Wenn er in Kenntnis dessen § 107 Abs. 3 als verfahrensrechtliche Vorschrift ausgestaltet, muss daraus gefolgert werden, dass der Schadensersatzanspruch nicht von einer rechtzeitigen Rüge abhängen soll. Zum anderen würde der (Sekundär-) Rechtsschutz für den Bieter anderenfalls erheblich eingeschränkt, weil die Rügefrist sehr knapp ist und der Bieter auch dann präkludiert ist, wenn er die Bestimmung des § 107 Abs. 3 nicht einmal kennt. 6. Verschuldensunabhängige Vorschrift 32 Nach h.A. gewährt § 126 GWB einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch1. Nach der gegenteiligen Ansicht setzt dagegen auch ein Schadensersatzanspruch nach § 126 GWB Verschulden voraus2. Zur Begründung wird ausgeführt, dass Schadensersatzansprüche nach deutschem Recht regelmäßig verschuldensabhängig seien und dass die europarechtlichen Richtlinien, die § 126 GWB umsetzt, keine verschuldensunabhängige Haftung forderten. Vor diesem Hintergrund – so die Gegenansicht – hätte der Gesetzgeber, wenn er eine verschuldensunabhängige Haftung gewollt hätte, dies ausdrücklich klarstellen müssen. Von besonderer praktischer Relevanz dürfte der Streit nicht sein, weil aufgrund der Anforderungen, die an das Tatbestandsmerkmals des Verschuldens gestellt werden, nur ausnahmsweise von fehlendem Verschulden auszugehen sein wird und auch die allgemeinen Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Verschuldens gelten. 7. Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens 33 Der Schadensersatzanspruch entfällt, wenn der öffentliche Auftraggeber den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens geltend machen kann, insbesondere wenn er geltend machen kann, er habe das Vergabeverfahren gemäß § 26 VOB/A oder einer vergleichbaren Bestimmung aufheben können3. Diesen Einwand kann der öffentliche Auftraggeber auch erhe1 BGH v. 27.11.2007 – X ZR 18/07, VergabeR 2008, 219; Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 6; Dreher, EuZW 1998, 197 (199 f.) 2 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 126 Rz. 9. 3 BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91, BGHZ 120, 281 (286 f.).

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ben, wenn er das Verfahren tatsächlich nicht aufgehoben hat, sondern unter Verstoß gegen Vergabevorschriften einem anderen den Zuschlag erteilt hat1. Einschränkend führt der BGH aber aus, die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten sei nur möglich, wenn der öffentliche Auftraggeber den gleichen Erfolg nicht nur hätte herbeiführen können, sondern wenn er ihn auch herbeigeführt hätte. Hierzu muss der öffentliche Auftraggeber nach Ansicht des BGH grundsätzlich darlegen und ggf. beweisen, dass sich das bestehende Ermessen bei der Entscheidung, ob aufgehoben wird, zu einer Pflicht verdichtet hat2. 8. Mitverschulden Auch bei Schadensersatzansprüchen gemäß § 126 GWB kann sich nach 34 allgemeinen Grundsätzen der Einwand des Mitverschuldens ergeben3. Dies gilt auch dann, wenn der Ersatzanspruch gemäß § 126 verschuldensunabhängig ist. Denn setzt der Ersatzanspruch kein Verschulden voraus, beruht er aber auch nicht auf dem Gedanken der Gefährdungshaftung, rechnet der BGH dem Geschädigten in bestimmten Fällen eine Mitverursachung als anspruchshindernd oder -mindernd zu4. Diese Rechtsprechung lässt sich auf § 126 GWB übertragen. Das Tatbestandsmerkmal des Mitverschuldens bzw. der Mitverursa- 35 chung erlaubt es, im Hinblick auf die Interessen der Parteien, den Kenntnisstand der Parteien sowie den konkreten Einzelfall das Verhalten des Bieters zu berücksichtigen und den Schadensersatzanspruch ganz oder teilweise auszuschließen. Überwiegend wird die Ansicht vertreten, dass das Unterlassen eines 36 Nachprüfungsverfahrens den Einwand des Mitverschuldens begründen kann5. Nach der Gegenansicht kann kein Mitverschulden daraus hergeleitet werden, dass der Bieter kein Nachprüfungsvefahren eingeleitet hat6. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sonst der Anspruchsberech1 BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91, BGHZ 120, 281 (286 f.). 2 BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91, BGHZ 120, 281 (288). 3 Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 28; zurückhaltend: Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 126 Rz. 16. 4 BGH v. 14.3.1969 – V ZR 8/65, NJW 1969, 1380; BGH v. 18.9.1987 – V ZR 219/85, NJW-RR 1988, 136 (138); Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 254 Rz. 2. 5 Horn, NZBau 2000, 63 (64); Boesen, Vergaberecht, § 126 Rz. 29; Gronstedt in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, § 126 Rz. 1304. 6 OLG Dresden v. 10.2.2004 – 20 U 1697/03, IBR 2004, 219; Verfürth in Kulartz/ Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 33, § 126 Rz. 31; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 126 Rz. 9.

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tigte entgegen dem Willen des Gesetzgebers in den Primärrechtsschutz gezwungen werde. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Denn es lässt sich den Vergabebestimmungen trotz des Beschleunigungsgrundsatzes nicht entnehmen, dass der Primärrechtsschutz möglichst beschränkt werden sollte und es aus Sicht des Gesetzgebers wünschenswert wäre, dass kein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und ggf. Sekundärrechtsschutz in Anspruch genommen wird. Dies ist auch durchaus nicht im Interesse der Auftraggeber, die i.d.R. ein Interesse daran haben, nicht mit Schadensersatzansprüchen überzogen zu werden, sondern ein rechtmäßiges Vergabeverfahren durchzuführen. Richtig ist allerdings, dass ein Mitverschuldenseinwand nicht in Betracht kommt, wenn es dem Bieter unzumutbar war, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, z.B. deshalb, weil der Bieter auch rechtmäßig keinen Zuschlag erhalten hätte, weil der Auftraggeber innerhalb seines Beurteilungsspielraums gerade dieses Angebot unberücksichtigt hätte lassen können1. Dies rechtfertigt aber nicht generell, sondern nur im Einzelfall auf den Mitverschuldenseinwand wegen Nichteinleitung eines Nachprüfungsverfahrens zu verzichten. 37 Dagegen wird das Unterlassen einer Rüge allgemein als ein Umstand angesehen, der den Mitverschuldenseinwand begründen kann2. 9. Verjährung 38 Schadensersatzansprüche gemäß § 126 verjähren in drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB n.F.3. III. Umfang des Schadensersatzes gemäß § 126 Satz 1 39 Der Wortlaut des § 126 erweckt den Eindruck, als könne der Geschädigte nur entweder Schadensersatz für die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder für die Kosten der Teilnahme an einem Vergabeverfahren verlangen. Die missglückte Formulierung beruht wohl darauf, dass Art. 2 Abs. 7 der Sektorenüberwachungsrichtlinie (92/13/EWG)4 möglichst wortgetreu übernommen werden sollte und dabei übersehen wurde, dass Art. 2 Abs. 7 anders als § 126 keine Anspruchsgrundlage schafft, sondern nur eine Beweislastregelung enthält. Die EG-Richtlinien sehen gerade nicht vor, dass der Geschädigte alternativ nur entweder die Kosten für 1 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 33. 2 Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 33; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 126 Rz. 16; enger: Scharen in Willenbruch/Bischoff, GWB, § 126 Rz. 24. 3 Willenbruch, VergabeR 2001, 377 (379). 4 Abl L 1992 74/14.

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die Vorbereitung des Angebots oder die Kosten für die Teilnahme am Verfahren verlangen kann. Jedenfalls ist dies Art. 2 Abs. 7 nicht zu entnehmen1. § 126 ist deshalb dahin auszulegen, dass der Geschädigte als Vertrauensschaden sowohl die Kosten für die Vorbereitung des Angebots als auch für die Teilnahme an dem Vergabeverfahren verlangen kann2. Für diese Auslegung spricht – abgesehen von Vorstehendem – die amtliche Überschrift zu § 126: „Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens“ und der Umstand, dass eine solche Einschränkung des Schadensersatzanspruchs systemwidrig und nicht begründbar wäre. Zu den Kosten gehören alle für die Vorbereitung des Angebots oder die 40 Teilnahme an dem Vergabeverfahren entstandenen Kosten des Anspruchstellers. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören die Kosten, die durch die Be- 41 auftragung Dritter entstanden sind, wenn die Beauftragung der Erstellung des Angebotes oder der Teilnahme am Verfahren dient, wie z.B. mit der Angebotserarbeitung zusammenhängende Ortsbesichtigungen, die Einsichtnahme in Unterlagen bei der Vergabestelle oder Dritten, wie Behörden, Lieferanten etc. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören nach überwiegender Ansicht 42 auch die direkt zurechenbaren Personal- und Sachaufwendungen einschließlich der anteiligen Gemeinkosten3. Die Kosten im Hinblick auf Personalaufwendungen sind anhand der Personallohnkosten zu ermitteln4. Höchstrichterlich ist dies allerdings nicht geklärt5. Das Kammergericht Berlin6 meint, Personalkosten seien grundsätzlich 43 keine erstattungsfähigen Positionen, weil das Personal ohnehin und unabhängig von der Ausschreibung hätte bezahlt werden müssen. Das Kammergericht meint, Personalkosten seien nur dann als Schadenspositionen anzuerkennen, wenn eine wertende, den Schutzzweck der Haf1 So aber Schnorbus, BauR 1999, 77 (96). 2 Schnorbus, BauR 1999, 77 (96); Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 16; Niebuhr in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 23. 3 Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 126 Rz. 4; Schnorbus, BauR 1999, 77 (104); Verfürth in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 126 Rz. 34; Marx in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB-Kommentar, Teil 1, § 126 Rz. 5. 4 Vgl. BGH v. 26.2.1980 – VI ZR 53/79, BGHZ 76, 216 (im Tatbestand und 221). 5 Vgl. Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 21. 6 KG v. 14.8.2003 – 27 U 264/02, VergabeR 2004, 496 (497).

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tung und der Ausgleichsfunktion des Schadenersatzes berücksichtigende Abwägung dies erfordere, weil ohne eine solche Erweiterung der Schadensausgleich zu unbefriedigenden Ergebnissen führe. Für die vorliegende Fallgestaltung treffe dies nicht zu. Diese wertende Betrachtung finde nur bei Aufwendungen, die im Hinblick auf einen Vertrag erbracht worden sind, in denen also – anders als hier – Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangt werden kann oder im Hinblick auf Wirtschaftsgüter von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung Anwendung1. 44 Prozessual soll es ausreichen, vorzutragen, welche Kosten entstanden sind (Zeit, Personal, Qualifikation des Personals, Materialaufwand, gefahrene Wege etc.), wobei auch Erfahrungswerte oder steuerlich anerkannte Werte herangezogen werden können sollen2. Weiter besteht die Schätzungsmöglichkeit des § 287 ZPO. Insofern soll der Vortrag und Nachweis von relativ wenigen und einfachen Anhaltspunkten genügen. 45 Nicht gemäß § 126 Satz 1 ersetzt verlangt werden kann der entgangene Gewinn aus einem anderen Auftrag, den der Bieter wegen des Vergabeverfahrens nicht übernommen hat3. Zwar kann der entgangene Gewinn aus einem anderen Auftrag dem negativen Interesse zugerechnet werden und damit von einem Schadensersatzanspruch gerichtet auf das negative Interesse erfasst werden. § 126 Satz 1 stellt aber eindeutig klar, dass der entgangene Gewinn – auch aus einem anderen Auftrag – nicht erstattungsfähig ist. Erstattungsfähig sind eben nur die Kosten der Vorbereitung des Angebotes sowie die Kosten der Teilnahme an den Vergabeverfahren. IV. Weiterreichende Schadensersatzansprüche (§ 126 Satz 2) 46 Schon vor Inkrafttreten des § 126 hat der BGH in mehreren Urteilen anerkannt, dass Vergabeverstöße zu Schadensersatzansprüchen führen können, wobei der Schadensersatzanspruch in Ausnahmefällen über den reinen Vertrauensschaden hinaus auf das positive Interesse gerichtet sein kann4. Rechtsgrundlage ist nach allgemeiner Ansicht das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo (c.i.c.), nunmehr gesetzlich geregelt in § 311 Abs. 2 BGB. Daneben wird die Ansicht vertreten, Ansprüche könnten auch auf § 826, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Vergabevorschriften und auf 1 KG v. 14.8.2003 – 27 U 264/02, VergabeR 2004, 496 (497 f.). 2 Schnorbus, BauR 1999, 77 (104). 3 Niebuhr in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 26; a.A. Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 19. 4 BGH v. 8.9.1998 – X ZR 48/97, NJW 1998, 3636 (3638 ff.).

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§ 33 GWB gestützt werden1. Streitig ist dabei insbesondere, ob die Vergabevorschriften Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind2. 1. Ansprüche aus vorvertraglichem Vertrauensschuldverhältnis Es ist heute gefestigte Rechtsprechung, dass Schadensersatzansprüche aus 47 Verschulden bei Vertragsschluss gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden können, wenn der öffentliche Auftraggeber gegen Vergabevorschriften verstößt3. Diese Anspruchsgrundlage hat neben § 126 Satz 1 selbstständige Bedeutung, wenn und soweit ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden soll, den die Rechtsprechung unter engen Voraussetzungen anerkennt. Diese Anspruchsgrundlage hat darüber hinaus selbstständige Bedeutung, wenn es um Vergabeverfahren geht, bei denen die Schwellenwerte nicht erreicht werden. Sie kann schließlich selbst dann zu Ansprüchen führen, wenn ein privates Unternehmen, das in keiner Weise verpflichtet ist, Vergabevorschriften einzuhalten, sich freiwillig entscheidet, ein Verfahren auf Basis von Vergabevorschriften durchzuführen4. Die Anspruchsvoraussetzungen sind aber strenger als bei § 126 Satz 1. Denn der Geschädigte muss – auch wenn er nur das negative Interesse verlangt – grundsätzlich darlegen und beweisen, dass er den Zuschlag erhalten hätte. Durch die Ausschreibung und die Beteiligung am Ausschreibungsverfah- 48 ren entsteht ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis. Dieses verpflichtet die Parteien zu gegenseitiger Rücksichtnahme und den öffentlichen Auftraggeber insbesondere zur Einhaltung der Vergabevorschriften. Werden diese Pflichten schuldhaft nicht beachtet, so begründet dies einen Schadensersatzanspruch. a) Vertragsähnliches Vertrauensverhältnis. Nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB 49 sowie nach bisherigen allgemeinen Grundsätzen wird ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis durch die Aufnahme von Vertragsverhand1 Noch, Vergaberecht kompakt, 1999, S. 87. 2 Vgl. Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 1999, S. 157; Dreher, ZIP 1995, 1869 (1874); Köhler/Steindorff, NJW 1995, 1705 (1707); Schnorbus, BauR 1999, 77 (85). 3 Vgl. nur: BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91, NJW 1993, 520 (1. LS); BGH v. 24.4.1997 – VII ZR 106/95, NJW-RR 1997, 1106 (1107); BGH v. 8.9.1998 – X ZR 48/97, NJW 1998, 3636 (3636 f.). 4 BGH v. 21.2.2006 – X ZR 39/03, VergabeR 2006, 889 (890); Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl., § 311 Rz. 37.

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lungen oder einen gleichzustellenden geschäftlichen Kontakt geschaffen1. Ansprüche aus c.i.c. können also nur entstehen, wenn zwischen den potentiellen Vertragspartnern ein Kontakt hergestellt worden ist. 50 Dies ist sicher der Fall, wenn sich ein Unternehmen an einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb beteiligt oder gar ein Angebot abgibt. Auch dürften die Fälle erfasst werden, in denen zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde und sich ein Interessent mündlich oder schriftlich über die Vergabebedingungen informiert hat, unabhängig davon, ob er ein Angebot abgibt2. 51 Fraglich ist aber, ob ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis auch begründet wird, wenn entweder der öffentliche Auftraggeber unter Verstoß gegen Vergabevorschriften gar kein Vergabeverfahren einleitet oder ein Interessent aufgrund von Fehlern in den Vergabeunterlagen von vornherein davon absieht, Kontakt aufzunehmen. Im ersten Fall entsteht kein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis, d.h. Ansprüche scheiden aus, weil gerade nicht mit Verhandlungen begonnen wird. Im zweiten Fall entsteht dagegen ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis schon durch die einseitigen Maßnamen, die zu einem Vertragsschluss führen sollen3. Bleiben diese Maßnahmen einseitig, weil der Andere keinen Kontakt aufnimmt, kann u.U. § 311 Nr. 2 BGB eingreifen4. 52 b) Pflichtverletzung. Aus dem Vertrauensverhältnis ergeben sich verschiedene Pflichten der Verhandlungspartner. Für den öffentlichen Auftraggeber ergibt sich insbesondere die Pflicht, die Vergabevorschriften, einschließlich VOB/A, VOL/A und VOF einzuhalten. Denn der öffentliche Auftraggeber hat durch seine Ausschreibung zu erkennen gegeben, dass er ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gemäß den einschlägigen Vergabevorschriften durchführen wird. Hierauf vertraut der Bieter5. Ferner hat der öffentliche Auftraggeber besondere Mitteilungs-, Aufklärungsund Erhaltungspflichten. Der Verhandlungspartner muss über alle Umstände aufgeklärt werden, die für ihn in dem Sinne wesentlich sind, dass sie den Vertragszweck vereiteln können6. Dies gilt vor allem für Umstän1 2 3 4 5

Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 311 Rz. 22. Schnorbus, BauR 1999, 77 (81 f.) Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 311 Rz. 22. Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 311 Rz. 22. BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91, NJW 1993, 520 (521); BGH v. 24.4.1997 – VII ZR 106/95, NJW-RR 1997, 1106 (1107); OLG Frankfurt v. 27.6.2006 – 11 U 4/06; OLG Koblenz v. 15.1.2007 – 12 U 1016/05, IBR 2007, 272; Feber, Schadensersatzansprüche bei der Auftragsvergabe nach VOB/A, 1989, S. 25. 6 BGH v. 27.6.2007 – X ZR 34/04, NJW 2008, 366 (1. LS).

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de, die der Verhandlungspartner nicht kennt, die aber für ihn von wesentlicher Bedeutung sein können. Der öffentliche Auftraggeber muss z.B. über wesentliche Änderungen der Angebotsgrundlagen oder über Irrtümer, Unklarheiten und Unvollständigkeiten in den Verdingungsunterlagen aufklären1. c) Vertrauenstatbestand/Kausalität. Die Pflichtverletzung muss einen 53 Vermögensnachteil verursacht haben, der als adäquate Folge derselben angesehen werden kann. Da Anspruchsgrundlage das Vertrauen in das ordnungsgemäße Verhalten des Anspruchgegners ist, entfällt der Kausalzusammenhang dann und ab dem Zeitpunkt, ab dem der Anspruchsteller erkannt hat, dass der Auftraggeber seine vergaberechtlichen Pflichten verletzt2. Regelmäßig entfällt der erforderliche Ursachenzusammenhang schon dann, wenn der Anspruchsteller bei der ihm zumutbaren Prüfung hätte erkennen können, dass der Auftraggeber seine vergaberechtlichen Pflichten nicht einhält3. d) Verschulden. Der Schadensersatzanspruch gestützt auf ein vorvertrag- 54 liches Vertrauensschuldverhältnis setzt ein schuldhaftes Verhalten des öffentlichen Auftraggebers voraus4. Dem öffentlichen Auftraggeber wird das Verschulden seiner Organe über §§ 31, 89 BGB und das Verschulden von Mitarbeitern oder hinzugezogenen Beratern nach § 278 BGB zugerechnet. Er muss für alle Personen einstehen, denen er sich bei der Vertragsanbahnung bedient5. e) Tatbestandsmerkmal: bestrangiger Bieter? Fraglich ist, ob nur dem 55 bestrangigen Bieter, d.h. dem Bieter der darlegen und ggf. beweisen kann, dass ihm der Zuschlag hätte erteilt werden müssen, Schadensersatzansprüche zustehen können. Bei einem auf das positive Interesse gerichteten Schadensersatzanspruch (s. sogleich) wird dies allgemein bejaht. Nicht eindeutig ist aber, ob dies auch bei Geltendmachung des negativen Interesses gilt6. Teilweise wird der Eindruck erweckt, das negative Inte1 Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 311 Rz. 37; Scharen in Willenbuch/ Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 42 ff. 2 BGH v. 11.11.1993 – VII ZR 47/93, BauR 1994, 236 (238); BGH v. 1.8.2006 – X ZR 146/03, BauR 2007, 120 (121 f.); Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 51; Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 311 Rz. 37. 3 OLG Stuttgart v. 30.4.2007 – U 4/06, IBR 2008, 110; Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 51. 4 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 49; Boesen, NJW 1997, 345 (349); Schnorbus, BauR 1999, 77 (99). 5 Allg. M.: BGH v. 26.4.1991 – V ZR 165/89, NJW 1991, 2556 (2557). 6 Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 1999, S. 158, a.A. Horn/Graef, NZBau 2005, 505 (506).

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resse werde geschuldet, unabhängig davon, ob der Anspruchsteller der bestrangige Bieter war, während das positive Interesse nur gegenüber dem bestrangigen Bieter geschuldet werde1. 56 Auch die Ansicht des BGH ist insoweit nicht eindeutig. Der BGH scheint aber davon auszugehen, dass stets nur der bestrangige Bieter Schadensersatz verlangen kann. In der Entscheidung vom 25.11.1992 führt der VIII. Zivilsenat aus, der Bieter könne auch das negative Interesse nur ersetzt verlangen, wenn er bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens den Zuschlag erhalten hätte2. 57 Die Ansicht, nur der bestrangige Bieter könne Schadensersatzansprüche geltend machen, wird darauf gestützt, dass sich bei den anderen Bietern nur das allgemeine Lebensrisiko der im Ergebnis erfolglosen Beteiligung an einem Vergabeverfahren verwirkliche und dass die Aufwendungen und Kosten auch bei einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren im Ergebnis nutzlos gewesen wären3. Dies gelte insbesondere dann, wenn nicht schon bei der Ausschreibung, sondern erst im weiteren Verfahren Vergabeverstöße begangen würden4. Richtig ist es, auf den Einzelfall abzustellen. Entscheidend ist, ob die Kosten verursachende Handlung durch den Irrtum bedingt ist und bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände als den eigenen Vermögensinteressen nicht angemessen erscheint5. Schadensersatzansprüche gemäß c.i.c. kann deshalb, auch wenn nur das negative Interesse geltend gemacht wird, grundsätzlich nur der bestrangige Bieter verlangen. Ausnahmsweise können deshalb alle Teilnehmer, deren Angebot nicht schon aus anderen Gründen und unabhängig von dem Vergabeverstoß unberücksichtigt bleiben konnten, ihr negatives Interesse ersetzt verlangen, wenn die Ausschreibung von Anfang an und für den Auftraggeber erkennbar sorgfaltswidrig war und aufgehoben wird und der Auftraggeber sich bei der Aufhebung nicht auf § 26 VOB/A oder eine ähnliche Bestimmung berufen kann6. Ausnahmsweise können auch dann alle Teilnehmer, deren Angebot nicht schon aus anderen Gründen und 1 Dreher, ZIP 1995, 1869 (1874); Boesen, NJW 1997, 345 (349); Heiermann/Ax, Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, 1997, S. 103 ff., Rz. 17. 2 BGH v. 16.4.2002 – X ZR 67/00, BGHZ 120, 281 (290). 3 BGH v. 16.4.2002 – X ZR 67/00, VergabeR 2002, 463 (465); Schnorbus, BauR 1999, 77 (86). 4 Schnorbus, BauR 1999, 77 (86). 5 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 54. 6 Schnorbus, BauR 1999, 77 (88); vgl. Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 54.

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unabhängig von dem Vergabeverstoß unberücksichtigt bleiben konnten, ihr negatives Interesse ersetzt verlangen, wenn die Ausschreibung vergaberechtswidrig war, der Vergabeverstoß nur durch Aufhebung der Ausschreibung hätte beseitigt werden können und der Bieter gerade wegen des Verstoßes nicht darlegen und beweisen kann, dass ihm der Zuschlag bei ordnungsgemäßen Verfahren hätte erteilt werden müssen. f) Ersatzfähiger Schaden: positives oder negatives Interesse? Es wird 58 heute überwiegend die Ansicht vertreten, dass der Geschädigte grundsätzlich nur den Vertrauensschaden, in Ausnahmefällen aber auch das positive Interesse ersetzt verlangen kann1. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass noch nicht abschließend geklärt ist, wann der Anspruchsteller das positive und wann das negative Interesse ersetzt verlangen kann2. Einigkeit dürfte insoweit bestehen, als stets nur das negative Interesse 59 ersetzt verlangt werden kann, wenn das Ausschreibungsverfahren aufgehoben wird (ohne dass die Vergabevorschriften die Aufhebung des Verfahrens zulassen3). Dies gilt auch für den erstrangigen Bieter4. Das Ergebnis ist zutreffend. Denn den Vergabevorschriften kann nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang ein allgemeiner Anspruch auf Erteilung des Zuschlags in allen Fällen, in denen ein Aufhebungsgrund nach den Vergabevorschriften nicht besteht, nicht entnommen werden5. Daran hat auch die Einführung des § 97 nichts geändert6. Nur das OLG Düsseldorf7 hat in einer bislang vereinzelt gebliebenen Entscheidung die Ansicht vertreten, im Falle einer unzulässigen Aufhebung der Ausschreibung habe der Auftraggeber dem einzigen Bieter den entgangenen Gewinn zu ersetzen, wenn dieser mit seinem Angebot zu berücksichtigen gewesen wäre. Die Ansicht ist abzulehnen8. Denn nach dem Schutzzweck 1 Statt vieler: Heiermann/Ax, Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, 1997, S. 103 ff. Rz. 17; BGH v. 27.6.2007 – X ZR 34/04, NJW 2008, 366 (368). 2 Vgl. Schnorbus, BauR 1999, 77 (85 ff.). 3 Durfte das Verfahren nach den Vergabevorschriften aufgehoben werden, entfällt jeder Schadensersatzanspruch: BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91, NJW 1993, 520 (521); BGH v. 8.9.1998 – X ZR 99/96, NJW 1998, 3640 (3643). 4 BGH v. 8.9.1998 – X ZR 99/96, NJW 1998, 3640 (3643); a.A.: OLG Düsseldorf v. 8.1.2002 – 21 U 82/01, BauR 2002, 808 (810). 5 BGH v. 8.9.1998 – X ZR 99/96, NJW 1998, 3640 (3643) (allerdings für die Zeit vor Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes). 6 Schnorbus, BauR 1999, 77; OLG Düsseldorf v. 15.3.2000 – Verg 4/00, NZBau 2000, 306 (310). 7 OLG Düsseldorf v. 8.1.2002 – 21 U 82/01, BauR 2002, 808 (810) (aufgehoben durch BGH v. 7.6.2005 – X ZR 19/02, VergabeR 2005, 709 f.); ebenso Schelle, BauR 1999, 1233 (1234). 8 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 56 f.

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ersetzt verlangt werden kann nur der Schaden, der durch das enttäuschte Vertrauen entstanden ist. Da jedoch ein Anspruch auf Zuschlagerteilung nicht besteht, kann insoweit kein Vertrauen enttäuscht worden sein, so dass ein Anspruch auf das positive Interesse nicht besteht. 60 Diese Einschränkung gilt aber nur, wenn die Auftragsvergabe endgültig unterbleibt. Führt der Auftraggeber bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise für das gleiche Projekt und den gleichen Auftragsgegenstand ein neues Vergabeverfahren durch, ohne dass für die Aufhebung der ersten Ausschreibung sachliche und willkürfreie Gründe vorliegen, so erhält der im ersten Verfahren bestrangige Bieter das positive Interesse, wenn er nachweist, dass er im ersten Verfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Zuschlag erhalten hätte1. Nach Ansicht des BGH unterbleibt die Auftragsvergabe endgültig mit der Folge, dass allenfalls das negative Interesse ersetzt verlangt werden kann, wenn entweder bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise später ein „anderes Vorhaben“ durchgeführt wird oder wenn für die Aufhebung der ersten Ausschreibung sachliche und willkürfreie Gründe vorlagen2. Ist also bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Auftrag auch später nicht mehr vergeben worden, weil eine andere Leistung ausgeschrieben oder vergeben worden ist, kann allenfalls das negative Interesse als Schadensersatz verlangt werden3. 61 Ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise für das gleiche Projekt und den gleichen Auftragsgegenstand ein neues Vergabeverfahren durchgeführt worden bzw. ein Auftrag erteilt worden, bedeutet dies nicht, dass dann das positive Interesse verlangt werden kann. Vielmehr bleibt der Zurechnungszusammenhang dennoch unterbrochen, wenn für die Aufhebung der ersten Ausschreibung sachliche und willkürfreie Gründe vorlagen. Mit sachlichen und willkürfreien Gründen i.S.d. Rechtsprechung des BGH sind aber nicht (oder nicht vorrangig) Gründe gemeint, die die Aufhebung der Ausschreibung gemäß § 26 VOB/A bzw. den vergleichbaren Regelungen rechtfertigen. Denn wird die Ausschreibung rechtmäßig aufgehoben, bestehen keine Schadensersatzansprüche gerichtet auf das positive Interesse. Gemeint sind vielmehr andere sachliche Gründe, die zwar die Aufhebung nicht rechtfertigen, aber ebenfalls sachlich nachvollziehbar und willkürfrei sind, wie z.B. die Neuausschreibung zur Beseitigung sonstiger Fehler im Vergabeverfahren oder weil die erforderlichen Haushaltsmittel jedenfalls ursprünglich nicht zur Verfügung stan1 BGH v. 8.9.1998 – X ZR 99/96, ZIP 1998, 1920 (1925). 2 BGH v. 8.9.1998 – X ZR 99/96, ZIP 1998, 1920 (1925). 3 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 57.

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den1. Würden an das Vorliegen von sachlichen und willkürfreien Gründen strengere Anforderungen gestellt, würde die Schadensersatzpflicht des Auftraggebers überspannt. Denn dann könnte er selbst dann den entgangenen Gewinn des Bieters ersetzen müssen, wenn er wegen eines Vergabefehlers gezwungen war, das erste Ausschreibungsverfahren aufzuheben. Betrachtet man die bisherigen Entscheidungen scheint der BGH also fol- 62 gende Linie zu vertreten: Schadensersatz gerichtet auf das positive Interesse kann stets nur der bestrangige Bieter verlangen. Der Anspruch auf das positive Interesse setzt voraus, dass der Zuschlag einem nachrangigen Bieter erteilt worden ist2 oder nach Aufhebung der Ausschreibung in einem neuen Verfahren erteilt worden ist, ohne dass für die Aufhebung des ersten Verfahrens (mindestens) sachliche und willkürliche Gründe vorlagen. g) Umfang des Schadensersatzanspruchs. Ist der Schadensersatzanspruch 63 auf das negative Interesse gerichtet, kann der Anspruchsteller Ausgleich für die Nachteile erhalten, die der Anspruchsteller infolge der Pflichtverletzung erlitten hat, weil er darauf vertraut hat, dass sich der Auftraggeber ordnungsgemäß verhält3. Wird ein auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch geltend gemacht, sei auf die Ausführungen zum Schadensersatzanspruch gemäß § 126 Satz 1 verwiesen (siehe oben Rz. 39 ff.). Ist der Schadensersatzanspruch auf das positive Interesse gerichtet, kann 64 der Geschädigte auch einen Anspruch auf entgangenen Gewinn geltend machen. Wird entgangener Gewinn geltend gemacht, kann der Geschädigte den 65 Schaden entweder konkret berechnen, indem er darlegt, welchen Gewinn er bei pflichtgemäßen Verhalten des Schädigers konkret erzielt hätte, oder er kann abstrakt darauf abstellen, welcher Gewinn in der gegebenen Situation üblicherweise zu erwarten war4. Von der Möglichkeit der abstrakten Schadensberechnung wird von Bietern oftmals Gebrauch gemacht, in dem sie einen gewissen Prozentsatz des Umsatzes als üblichen Gewinn vortragen, den sie und auch andere Bauunternehmen in der 1 So wohl auch BGH v. 8.9.1998 – X ZR 99/96, ZIP 1998, 1920 (1925).; vgl. auch Glahs in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl. 2010, § 17 VOB A Rz. 16 ff., 34. 2 Vgl. Schwartmann, DStR 1999, 1116 (1117). 3 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 53. 4 BGH v. 16.3.1959 – III ZR 20/58, BGHZ 29, 393 (399); BGH v. 2.3.1988 – VIII ZR 380/86, NJW 1998, 2234 (2236); im Einzelnen: Schnorbus, BauR 1999, 77 (90).

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Branche üblicherweise bei dem fraglichen Auftragsvolumen erzielt hätten, wobei sie zum Beweis Zeugenvernehmung und Sachverständigengutachten anbieten. Ein solches Verhalten wird im Hinblick darauf, dass Angebote heute häufig sehr knapp kalkuliert werden, problematisch. Dementsprechend entfällt ein Anspruch auf entgangenen Gewinn, wenn der Anspruchsteller nicht darlegen und beweisen kann, dass er einen Gewinn erzielt hätte1. 66 h) Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens. Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens ist in diesen Fällen möglich, wenn das Vergabeverfahren gemäß § 26 VOL/A bzw. den vergleichbaren Bestimmungen nicht nur aufgehoben werden konnte, sondern aufgehoben werden musste2. 67 Fraglich ist, ob bei einem Schadensersatzanspruch gerichtet auf entgangenen Gewinn der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens auch dann möglich ist, wenn zwar kein Aufhebungsgrund gemäß § 26 VOL/A bzw. den vergleichbaren Bestimmungen vorlag, wenn aber sachliche und willkürfreie Gründe für die Aufhebung der Ausschreibung bestanden hätten. Der BGH hat in einer neueren Entscheidung klargestellt, dass der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens, d.h. der Einwand die Ausschreibung wäre bei „rechtmäßigen Verhalten“ aufgehoben worden, auch dann greifen kann, wenn ein Aufhebungsgrund gemäß § 26 VOL/A bzw. den vergleichbaren Bestimmungen in der engen Auslegung, wie sie in den Literatur vertreten wird, nicht in Betracht kommt3. Unklar bleibt in der BGH-Entscheidung allerdings, ob das Ergebnis darauf gestützt wird, dass § 26 VOL/A weiter auszulegen ist, als dies in der Literatur bislang angenommen wird, und ein schwerwiegender Grund auch bei einem schuldhaften Verhalten des Auftraggebers vorliegen kann oder ob – neben und unabhängig von § 26 VOL/A – zu prüfen ist, ob es einen sachlichen Grund zur Aufhebung der Ausschreibung, wie z.B. fehlende Haushaltsmittel, fehlerhafte Leistungsbeschreibung etc. gab. Der BGH scheint zu einer weiteren Auslegung des Begriffs „schwerwiegender Grund“ in § 26 VOL/A zu tendieren mit der Folge, dass auch ein schuldhaftes und bei Beginn der Ausschreibung erkennbares Fehlverhalten des Auftraggebers die Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen kann. Der BGH führt aus, dass der Einwand, die Ausschreibung habe auch aufgehoben werden können, dann erheblich sein kann, wenn der Ausschreibende 1 OLG Dresden v. 2.2.2010 – 16 U 1373/09, IBR 2010, 202; vgl. auch Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 65. 2 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 59. 3 BGH v. 12.6.2001 – X ZR 150/99, NZBau 2001, 637 (640).

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im Ausschreibungsverfahren rechtlich oder tatsächlich fehlerhaft gehandelt hat und wenn der Mangel die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrags selbst ausschließt1. Insoweit soll eine Interessenabwägung vorgenommen werden, wobei ein rechtlicher Fehler im Vergabeverfahren zu einem schwerwiegenden Grund führen kann, wenn er einerseits von so großem Gewicht ist, dass eine Bindung des öffentlichen Auftraggebers mit Gesetz und Recht nicht zu vereinbaren wäre und andererseits von dem an dem Verfahren beteiligten Bieter, insbesondere auch mit Blick auf die Schwere des Mangels, erwartet werden kann, dass er auf diese rechtlichen und tatsächlichen Bindungen des Ausschreibenden Rücksicht nimmt2. Es ist zu hoffen, dass der BGH diesen Weg fortführt. i) Darlegungs- und Beweislast. Der Anspruchsteller muss darlegen und 68 ggf. beweisen, dass ein Vertrauensverhältnis begründet worden ist, dass der öffentliche Auftraggeber seine Pflichten verletzt hat und dass ihm aufgrund dessen ein Schaden entstanden ist. Wenn und soweit der Ansicht gefolgt wird, nur der bestrangige Bieter könne Schadensersatzansprüche geltend machen, muss der Geschädigte auch beweisen, dass er der bestrangige Bieter war. Letzteres ist für den Geschädigten häufig nur schwer zu beweisen, so dass 69 er dem Einwand, es seien andere, vorzugswürdige Angebote abgegeben worden, nur schwer widerlegen kann. Insoweit greifen aber die allgemeinen prozessrechtlichen Erleichterungen bei Beweisschwierigkeiten3. Kann die darlegungs- und beweisbelastete Partei ihre Obliegenheiten im Prozess nicht erfüllen, weil sie außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, muss sich die Gegenseite an der Aufklärung des Sachverhalts beteiligen und ihre Vergabeentscheidung im einzelnen darlegen. Der Anspruchsteller muss nicht beweisen, dass der öffentliche Auftrag- 70 geber schuldhaft gehandelt hat. Vielmehr greift insoweit eine Beweislastumkehr. Die Rechtsprechung hat aus § 282 BGB a.F. (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.) sowohl für die Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung als auch für Ansprüche aus c.i.c. eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Verschuldens anerkannt4. Diese Beweislastumkehr gilt auch vorliegend5. 1 2 3 4 5

BGH v. 12.6.2001 – X ZR 150/99, NZBau 2001, 637 (640). BGH v. 12.6.2001 – X ZR 150/99, NZBau 2001, 637 (640). Schnorbus, BauR 1999, 77 (98). Vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 280 Rz. 34. OLG Düsseldorf v. 26.11.1985 – 23 U 66/85, NJW-RR 1986, 508 (509); Jäckle, NJW 1990, 2520 (2525); Boesen, NJW 1997, 349.

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71 j) Verjährung. Der Schadensersatzanspruch verjährt nach neuem Recht in drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB n.F. 2. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Vergabevorschriften 72 Sehr streitig ist, ob die einzelnen Vergabevorschriften i.V.m. § 97 Abs. 7 GWB Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellen1. 73 Es scheint fraglich, ob dieser Streit für die praktische Rechtsanwendung von Bedeutung ist. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung haben mit § 126 Satz 1 und den Rechtsgrundsätzen der c.i.c. Anspruchsgrundlagen zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zur Verfügung gestellt, die in der Mehrzahl der Fälle ausreichend sein dürften und denen gegenüber § 823 Abs. 2 BGB keine weitergehende Ersatzmöglichkeit darstellt. Selbständige Bedeutung könnte der Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB zum einen im Hinblick auf unterschiedliche Verjährungsvorschriften haben und zum anderen im Hinblick auf solche Fallgruppen, bei denen ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis noch nicht geschaffen worden ist. Gerade wegen dieser Fallgruppen wird auch die Anerkennung der Vergabevorschriften als Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB gefordert2. Es ist allerdings fraglich, ob Fälle denkbar sind, in denen ein kausaler Schaden eingetreten ist, ohne dass zwischen dem Geschädigten und dem öffentlichen Auftraggeber ein Vertrauensverhältnis zustande gekommen ist. Der typische Fall ist der, dass überhaupt kein Ausschreibungsverfahren durchgeführt wird, so dass interessierte Bieter von der Auftragsvergabe keine Kenntnis erhalten. Dies ist zwar ein in jeder Weise zu missbilligendes Vorgehen des öffentlichen Auftraggebers, dürfte aber dennoch nichts daran ändern, dass es keinem nicht benachrichtigten Bieter möglich sein dürfte, einen Schaden nachzuweisen. Denn da die nicht benachrichtigten Bieter keine Aufwendungen für ein nutzloses Angebot hatten, bliebe nur ein Erfüllungsschaden. Es lässt sich aber kaum vorstellen, dass der Beweis, ein bestimmter Bieter habe den Zuschlag erhalten müssen, hätte geführt werden können. 74 Dennoch soll auf die unterschiedlichen Ansichten eingegangen werden. Schon seit Inkrafttreten der §§ 57a ff. HGrG wird verstärkt die Ansicht vertreten, die Verdingungsordnungen stellten oberhalb der Schwellen1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 29.7.1998 – U (kart) 24/98, BauR 1999, 241 (246); Marx in Jestaedt/Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 1999, S. 157; Dreher, ZIP 1995, 1869 (1874); Köhler/Steindorff, NJW 1995, 1705 (1707); Schnorbus, BauR 1999, 77 (85). 2 Dreher, ZIP 1995, 1869 (1874).

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werte bzw. im Anwendungsbereich des GWB-Vergaberechts Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar1. Nunmehr hat das OLG Düsseldorf entschieden, dass die Vergabebestimmungen bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB seien, dass es aber bei Vergaben oberhalb der Schwellenwerte gut vertretbar sei, den Schutzgesetzcharakter zu bejahen2. Schnorbus 3 lehnt den Schutzgesetzcharakter dagegen auch oberhalb der Schwellenwerte ab. Bei der Prüfung, ob Normen Schutzgesetzcharakter haben ist von folgen- 75 dem Grundsatz auszugehen: Allein aus dem Umstand, dass im Vergaberecht nunmehr subjektive Rechte anerkannt werden, folgt nicht zugleich, dass es sich um Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB handelt. Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB liegen nur vor, wenn die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs erkennbar vom Gesetzgeber erstrebt wurde oder wenn sie zumindest im Rahmen des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems als tragbar erscheint4. Letzteres dürfte im Hinblick auf die EG-rechtlichen Vorgaben grundsätz- 76 lich zu bejahen sein. Das EG-Recht zielt insgesamt darauf, den Bieterschutz zu fördern, individuelle Rechte zu schaffen und dem Bieter Ansprüche auf Schadensersatz einzuräumen. Zwar ist dies bereits durch § 126 Satz 1 geschehen, die Bestimmung lässt aber weitergehende Schadensersatzansprüche gerade ausdrücklich zu. Deshalb stellen die Vergabebestimmungen, die dem Schutz des einzelnen Bieters dienen, Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar, wenn die Schwellenwerte erreicht werden und § 97 ff. anwendbar sind5. Dieses Ergebnis kann aber auf Auftragsvergaben außerhalb des Anwen- 77 dungsbereichs der §§ 97 ff. GWB nicht ohne weiteres übertragen werden6. Hier können als Schutzgesetze allenfalls die Verfassung und die Grundfreiheiten des EU-Rechts angesehen werden. Art. 3 GG ist jedenfalls insoweit als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen, als jede staatliche Stelle, die an Art. 3 GG gebunden ist, die in dem Gleichheitsgrund1 Dreher, ZIP 1995, 1869 (1874); Köhler/Steindorff, NJW 1995, 1705 (1707); Prieß in Ipsen, Öffentliches Auftragswesen im Umbruch, 1997, 81 (89); Marx in Jestaedt/ Kemper/Marx/Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, 1999, S. 157. 2 OLG Düsseldorf v. 29.7.1998 – U (kart) 24/98, BauR 1999, 241 (246); so auch: Boesen, Vergaberecht, 2000, § 126 Rz. 74 ff.; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 126, Rz. 35. 3 Schnorbus, BauR 1999, 77 (83 ff.). 4 Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 823 Rz. 57 m.w.N. 5 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 73. 6 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 69.

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Sonstige Regelungen

satz niedergelegte Gerechtigkeitsvorstellung beachten muss, und zwar auch dann, wenn sie rein zivilrechtlich tätig ist. Allerdings folgt hieraus im zivilrechtlichen Bereich regelmäßig nur ein Willkürverbot1. Grundsätzlich keine Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB stellen aber die Grundfreiheiten des EU-Rechts dar2. Etwas anderes gilt nur, wenn sich für die konkrete Bestimmung belegen lässt, dass die die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs erkennbar vom Gesetzgeber erstrebt wurde3. Für Art. 56 (ex. Art. 49 – Dienstleistungsfreiheit) wurde dies verneint4. 3. Sonstige Anspruchsgrundlagen 78 Als sonstige Anspruchsgrundlagen kommen § 823 Abs. 1 (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), § 826 BGB, § 20 Abs. 1 i.V.m. § 33 GWB sowie UWG-rechtliche Bestimmungen in Betracht. Diese Anspruchsgrundlagen haben aber weitergehende Tatbestandsvoraussetzungen, die nur in Ausnahmefällen vorliegen werden. 79 Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb setzt einen sog. betriebsbezogenen Eingriff voraus5. Ein solcher Eingriff ist wohl nur bei einer Vergabesperre, d.h. dem grundsätzlichen Ausschluss eines Unternehmens von öffentlichen Aufträgen denkbar6. 80 Ferner kommt ein Schadensersatzanspruch gemäß § 20 GWB i.V.m. § 33 GWB (früher: § 26 Abs. 2 i.V.m. § 35 Abs. 1 GWB) in Betracht. Denn der Verstoß gegen Vergabevorschriften stellt regelmäßig ein diskriminierendes Verhalten im Sinne der allgemeinen kartellrechtlichen Bestimmungen dar. Die Vorschrift setzt aber voraus, dass der öffentliche Auftraggeber marktbeherrschend ist. Die Marktbeherrschung kann nicht schlicht deshalb bejaht werden, weil es sich um öffentliche Auftraggeber handelt, vielmehr muss für den jeweiligen Einzelfall die Marktbeherrschung konkret festgestellt werden. Darüber hinaus würde es zu weit führen, in jedem Vergabeverstoß ein diskriminierendes Verhalten im Sinne des § 20 1 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 69. 2 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 71; Jaeger, ZWeR 2006, 366 (385). 3 OLG München v. 16.1.2008 – 3 U 1990/07, NJW-RR 2009, 193 (194); Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 823 Rz. 57; kritisch: Fischer, EuZW 2009, 208. 4 OLG München v. 16.1.2008 – 3 U 1990/07, NJW-RR 2009, 193 (194); Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 823 Rz. 61; kritisch: Fischer, EuZW 2009, 208. 5 Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 823 Rz. 126 ff. 6 Schnorbus, BauR 1999, 77 (82).

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Ermächtigungen

GWB zu sehen1. In Betracht kommen nur solche Vergaberegeln, deren Einhaltung zugleich dem Willkürverbot entgegen wirken und im Ergebnis die Chancengleichheit der Bewerber bei der Beteiligung am Wettbewerb sowie die Gleichbehandlung bei der Angebotsprüfung und -wertung sowie beim Zuschlag bewirken2. Schließlich kann ein Schadensersatzanspruch auf § 826 BGB gestützt 81 werden, wenn die engen Voraussetzungen der Bestimmung erfüllt sind, was nur in Ausnahmefällen zu bejahen sein dürfte3.

Ermächtigungen

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Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen erlassen

1. zur Umsetzung der vergaberechtlichen Schwellenwerte der Richtlinien der Europäischen Union in ihrer jeweils geltenden Fassung; 2. über das bei der Vergabe durch Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, einzuhaltende Verfahren, über die Auswahl und die Prüfung der Unternehmen und der Angebote, über den Abschluss des Vertrags und sonstige Regelungen des Vergabeverfahrens; 3. (weggefallen) 4. (weggefallen) 5. (weggefallen) 6. über ein Verfahren, nach dem öffentliche Auftraggeber durch unabhängige Prüfer eine Bescheinigung erhalten können, dass ihr Vergabeverhalten mit den Regeln dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften übereinstimmt; 7. über ein freiwilliges Streitschlichtungsverfahren der Europäischen Kommission gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 92/13/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Februar 1992 (ABl. EG Nr. L 76 S. 14); 8. über die Informationen, die von den Auftraggebern dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu übermitteln sind, 1 OLG Düsseldorf v. 29.7.1998 – U (kart) 24/98, BauR 1999, 241 (245 i.V.m. 248). 2 OLG Düsseldorf v. 29.7.1998 – U (kart) 24/98, BauR 1999, 241 (245 i.V.m. 248); vgl. auch: BGH v. 21.11.1991 – VII ZR 203/90, BauR 1992, 221. 3 Scharen in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 126 Rz. 75 ff.

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§ 127

Sonstige Regelungen

um Verpflichtungen aus Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaft zu erfüllen; 9. über die Voraussetzungen, nach denen Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder der Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, sowie Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz von der Verpflichtung zur Anwendung dieses Teils befreit werden können, sowie über das dabei anzuwendende Verfahren einschließlich der erforderlichen Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes. I. Einführung 1 § 127 enthält ebenso wie § 97 Abs. 6 eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf dem Gebiet des Vergaberechts. Die Verordnung muss mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. § 127 ermächtigt insbesondere dazu, die Schwellenwerte der EG-Richtlinien umzusetzen (Ziff. 1), Einzelheiten im Sektorenbereich (Trinkwasser, Energie, Verkehr und Telekommunikation) zu regeln (Ziff. 2), die Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder und des Bundes voneinander abzugrenzen sowie das Bescheinigungsverfahren und das Schlichtungsverfahren zu regeln. 2 Auf der Grundlage von § 127 GWB erlassen wurden die Verordnung zur Bestimmung der Schwellenwerte sowie Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung oder SektVO). Ermächtigungsgrundlage für die Vergabeverordnung ist § 97 Abs. 6 GWB, der durch § 127 GWB ergänzt wird. Für die Trennung der Verordnungsermächtigung in zwei Vorschriften bestehen keine inhaltlichen Gründe1. II. Regelungsbereich der Vergabeverordnung 3 § 127 schafft eine Ermächtigungsgrundlage, um all die Detailregelungen, die nicht in das Gesetz selbst aufgenommen werden sollen, um das Gesetz nicht zu überfrachten und um nicht bei häufiger änderungsbedürftigen Materien jeweils das Gesetz ändern zu müssen, durch Rechtsverordnung geregelt werden sollen. Die Vergabeverordnung ist in diesem Werk vollständig kommentiert. Wegen der Einzelheiten der Regelungen verweisen wir deshalb auf die Kommentierung der einzelnen Bestimmungen sowie auf die Kommentierung zu § 97 Abs. 6, in der Einzelheiten zur VgV dargelegt sind. 1 So auch Dreher in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: GWB, 4. Aufl. 2007, § 97 Rz. 257.

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§ 128

Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

III. Regelungsbereich der Sektorenverordnung Mit der SektVO sind die Abschnitte 3 und 4 der VOB/A bzw. VOL/A 4 entfallen. Artikel 2 der SektVO enthält die entsprechende Änderung der Vergabeverordnung (VgV). Die Verweisung auf die Abschnitte 3 und 4 von VOB/A und VOL/A wurde aufgehoben. Für Auftragsvergaben im Sektorenbereich (Trinkwasserversorgung, Elektrizitäts- und Gasversorgung, Wärmeversorgung sowie den Verkehrsbereich, d.h. Flughäfen, Häfen und Schienenverkehr etc.) gilt nach §§ 97 ff. GWB nur noch die SektVO. Diese regelt das Vergabeverfahren „komplett“, d.h. ohne Rückgriff auf die Abschnitte 1 und 2 der VOB/A und VOL/A.

Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

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(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz findet Anwendung. (2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden. (3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, hat der Antragsteller die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden. (4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Nimmt der Antragsteller seinen Antrag zurück, hat er die zur zweckentsprechenden Glahs

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Sonstige Regelungen

Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu erstatten. § 80 Abs. 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt. I. Einführung . . . . . . . . . . . . . II. Gebühren und Auslagen der Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren . . . . . 1. Voraussetzung: Amtshandlung 2. Gebühren (§ 128 Abs. 1 und 2 GWB) . . . . . . . . . . . . . a) Gebührenrahmen . . . . . . . b) Bestimmung der Gebührenhöhe . . . . . . . . . c) Gebührenreduzierung bei Erledigung und Antragsrückname gemäß § 128 Abs. 3 . . . . . . d) Gebührenreduzierung aus Billigkeitsgründen gemäß § 128 Abs. 2 und 3 . . . . . . e) Gebührenerhöhung wegen besonderer Bedeutung . . . . 3. Auslagen . . . . . . . . . . . . . . 4. Kostenvorschuss . . . . . . . . . 5. Kostentragungspflicht gemäß § 128 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . .

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6. Beschluss der Vergabekammer . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Rechtsverfolgung (§ 128 Abs. 4) . . . . 1. Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer . . . . 2. Höhe der zu erstattenden Aufwendungen . . . . . . . . . . . . 3. Beschluss der Vergabekammer . . . . . . . . . . . . . . 4. Keine Kostenfestsetzung durch die Vergabekammer . . . . . . . IV. Gerichtskosten und Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren vor dem OLG . . . . 1. Gegenstandswert . . . . . . . . 2. Gebühren . . . . . . . . . . . . . 3. Kostentragungspflicht . . . . . 4. Kostengrundentscheidung . . 5. Kostenfestsetzungsbeschluss

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I. Einführung 1 Gemäß § 128 Abs. 1 werden für Amtshandlungen der Vergabekammern – ebenso wie gemäß § 80 für das Kartellverwaltungsverfahren – Kosten zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. § 128 ist § 80 (Kartellverwaltungsverfahren) nachgebildet1. Zu den Kosten gehören Gebühren und Auslagen. Die Höhe der Gebühren wird in § 128 Abs. 2 geregelt, die Höhe der Auslagen ergibt sich aus § 10 VwKostG. § 128 Abs. 1 verweist ganz allgemein auf das Verwaltungskostengesetz2, so dass die Bestimmungen ergänzend herangezogen werden können.

1 Vgl. BT-Drucks. 13/9340, S. 23 zu § 137. 2 Verwaltungskostengesetz v. 23.6.1970 mit späteren Änderungen, BGBl. III, 202-4.

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Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

§ 128 regelt die Kosten für Amtshandlungen der Vergabekammern, wäh- 2 rend sich die Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren vor dem OLG nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) richten. § 128 Abs. 3 regelt, wer die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer 3 zu tragen hat. § 128 Abs. 4 regelt, ob ein Beteiligter die Aufwendungen eines anderen Beteiligten erstatten muss. II. Gebühren und Auslagen der Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren 1. Voraussetzung: Amtshandlung Da das Nachprüfungsverfahren ein Antragsverfahren ist, entsteht eine 4 Gebühr, wenn die Vergabekammer auf Antrag hin tätig wird, also auch dann, wenn sie das Verfahren nach Antragsrücknahme einstellt. Das Gesetz setzt dies in § 128 Abs. 3 voraus. Es wird hierzu die Ansicht vertreten, dass die Gebühr schon mit dem Eingang des Antrags bei der Vergabekammer entstanden ist1. Diese Ansicht ist so allgemein aber nicht zutreffend. Denn das Gesetz setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Amtshandlung voraus2. Hat die Vergabekammer noch keinerlei Amtshandlung vorgenommen, kann eine Gebühr nicht erhoben werden3. 2. Gebühren (§ 128 Abs. 1 und 2 GWB) a) Gebührenrahmen. Die Gebühr beträgt nach § 128 Abs. 2 mindestens 5 2 500 Euro und höchstens 50 000 Euro. Sie kann jedoch aus Billigkeitsgründen im Einzelfall auf bis zu 250 Euro reduziert und im Einzelfall auf bis zu 100 000 Euro erhöht werden. b) Bestimmung der Gebührenhöhe. Die Entscheidung über die Gebüh- 6 renhöhe ist eine Ermessensentscheidung der Vergabekammer4. Dies folgt aus dem Verzicht des Gesetzes auf eine exakte Bestimmung der Wertigkeit der für die Gebührenbemessung heranzuziehenden Maßstäbe bei gleichzeitiger Festlegung eines Gebührenrahmens5. 1 So wohl: VK Thüringen v. 16.9.1999 – 216–4002.20–003/99-J-S; und für § 80 GWB allgemein: Kollmorgen in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 80 Rz. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007 § 80 Rz. 25. 2 Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 14. 3 Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 14. 4 Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 26. 5 Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 26, § 80 a.F. Tz. 30.

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Sonstige Regelungen

7 Dabei soll die Vergabekammer den personellen und sachlichen Aufwand unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit berücksichtigen. Die Bemessung der Gebühr nach dem personellen und sachlichen Aufwand entspricht dem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Kostendeckungsprinzip, das eine Begrenzung des gesamten Gebührenaufkommens für eine besondere Leistung entsprechend dem gesamten hierfür eingesetzten Verwaltungsaufwand vorsieht, während die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Handlung Ausdruck des Äquivalenzprinzips ist, das ein angemessenes Verhältnis zwischen der Höhe der Gebühr im Einzelfall und dem Wert der besonderen Inanspruchnahme der Behörde durch den Gebührenschuldner fordert1. Es zeigt sich, dass in der Praxis bei der Bestimmung der Gebührenhöhe in erster Linie auf die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit und nicht auf den personellen und sachlichen Aufwand abgestellt wird2. Dies entspricht auch der Praxis im Kartellverwaltungsverfahren3. Neben diesen beiden Prinzipien wird bei der Bemessung der Gebührenhöhe auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen sein. Denn eine bestimmte Gebührenpraxis kann durch Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Selbstbindung der Vergabekammer führen4. 8 Das Bundeskartellamt hat für die Vergabekammern des Bundes eine Gebührenstaffel erstellt, die wesentlich auf die Auftragssumme abstellt und von den Vergabekammern der Länder zum Teil ebenfalls herangezogen wird5. Die Staffel ist nicht bindend. Nach der bis zur Gesetzesänderung im April 2009 geltenden Staffel wurde die Mindestgebühr von 2 500 Euro bei Aufträgen im Wert von bis zu ca. 1 Mio. Euro festgesetzt und von 3250 Euro bei Aufträgen im Wert von bis zu 5 Mio. Euro. Der Gebühren1 KG, WuW/E OLG 1784 „Straßengeräte“; WuW/E OLG 2106, 2107 „Objektgesellschaft“; Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 22 f.; Kollmorgen in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, § 80 Rz. 18; von Gamm, Kartellrecht, 2. Aufl. 1990, § 80 Rz. 5. 2 Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 128 Rz. 3. 3 Kollmorgen in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, § 80 Rz. 18. 4 KG, WuW/E OLG 1545, 1546 „Exportagentur für chemische Rohstoffe“; Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 26; Kollmorgen in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, § 80 Rz. 19. 5 VK Köln v. 4.9.2002 – VK 9/2002 (aufgehoben durch OLG Düsseldorf v. 12.3.2003 – Verg 49/02); VK Düsseldorf v. 15.3.2002 – VK 2/2002-L (aufgehoben durch OLG Düsseldorf v. 17.6.2002 – Verg 18/02); VK Lüneburg v. 12.10.2004 – 203-VgK-45/2004.

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Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

rahmen hat sich durch die Novellierung des GWB im April 2009 erheblich verändert. Nach altem Recht lag der Gebührenrahmen zwischen 2 500 Euro und 25 000 Euro, nunmehr liegt der Gebührenrahmen zwischen 2 500 Euro und 50 000 Euro. Durch diese Verdoppelung der Höchstgebühren hat sich in der Praxis die Gebühr für das Verfahren vor den Vergabekammer entsprechend erhöht. Die Vergabekammern des Bundes haben ihre Gebührenstaffeln bereits entsprechend angepasst. Die Höchstgebühr von 50 000 Euro wird regelmäßig bei Auftragswerten von 70 Mio. Euro brutto oder mehr angesetzt; die Mindestgebühr von 2 500 Euro bei Auftragswerten von bis zu 80 000 Euro brutto. Für Auftragswerte dazwischen ergeben sich die jeweils zuzuordnenden proportionalen Basisgebühren durch Interpolation1. Bei einem Auftragswert von 3 Mio. Euro brutto, beträgt die Gebühr danach 4 400 Euro. Die Gebührenstaffel stellt wesentlich auf den Bruttoauftragswert ab. 9 Dieser wir in Analogie zu § 50 GkG bestimmt. Es ist auf den Bruttowert des größtmöglichen Auftragsvolumens abzustellen2. Bei Dienstleistungsaufträgen mit einer festen Laufzeit von mehr als 48 Monaten bedeutet dies aber nicht, dass wegen § 3 VgV und Art. 9 Abs. 8 der Richtlinie 2004/ 18/EG nur auf den Bruttoauftragswert für 48 Monate abzustellen ist, wenn kein Gesamtpreis angegeben wurde.3 Der Bruttoauftragswert ist anhand des allgemeinen Grundsatzes des wirtschaftlichen Interesses an einer Entscheidung zu ermitteln. Weicht § 3 VgV hiervon ab, kann zur Bestimmung des Auftragswertes nicht auf § 3 VgV abgestellt werden, vielmehr ist der Bruttoauftragswert dann selbständig zu ermitteln4. c) Gebührenreduzierung bei Erledigung und Antragsrücknahme gemäß 10 § 128 Abs. 3. Hat sich der Antrag vor der Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweit erledigt, so wird nur die Hälfte der Gebühr erhoben (§ 128 Abs. 3). § 128 Abs. 3 schließt eine Berücksichtigung des bis zur Antragsrücknahme entstandenen Verwaltungsaufwands aus5. Die Ermäßigung kommt dem Antragsteller selbst dann zugute, wenn er den Antrag erst unmittelbar vor der Bekanntgabe der bereits vollständig abgesetzten Entscheidung zurücknimmt. Abweichend von § 80 gilt die

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VK Bund v. 14.11.2000 – VK-33/00. VK Bund v. 16.3.2010 – VK 3-3/10. Vgl. OLG Jena v. 5.3.2010 – 9 Verg 2/08. Vgl. OLG Jena v. 5.3.2010 – 9 Verg 2/08. Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Rz. 43; Kollmorgen in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, § 80 Rz. 27.

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Sonstige Regelungen

Gebührenreduzierung gemäß § 128 Abs. 3 auch, wenn sich die Hauptsache erledigt hat1. 11 d) Gebührenreduzierung aus Billigkeitsgründen gemäß § 128 Abs. 2 und 3. Die Mindestgebühr kann aus Billigkeitsgründen auf bis zu 250 Euro reduziert werden. Billigkeitsgründe sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls, die nicht bereits bei Anwendung anderer Regeln des § 128 berücksichtigt werden und dennoch die Auferlegung der üblichen Gebühr als unangemessen erscheinen lassen2. Gründe können sich aus der wirtschaftlichen Situation des gebührenpflichtigen Unternehmens, insbesondere einer schwachen Ertragslage des Unternehmens3 oder aus einer besonderen Verfahrenssituation ergeben. So hat die Vergabekammer Thüringen die Gebühr auf 500 DM herabgesetzt, weil der Nachprüfungsantrag schon zurückgenommen worden war, ohne dass die Kammer besonderen Aufwand betrieben hatte und bevor die Zustellung an den Gegner erfolgt war4. 11a Darüber hinaus kann die Vergabekammer nach Abs. 3 aus Billigkeitsgründen von der Erhebung von Gebühren auch – neben der Regelung in § 128 Abs. 2 – ganz oder teilweise absehen. Billigkeitsgründe sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls, die nicht bereits bei Anwendung anderer Regeln des § 128 berücksichtigt werden und dennoch die grundsätzliche Kostentragungspflicht als unangemessen erscheinen lassen5. 12 e) Gebührenerhöhung wegen besonderer Bedeutung. Ausnahmsweise kann die Gebühr über den Höchstbetrag von grundsätzlich 50 000 Euro hinaus auf bis zu 100 000 Euro erhöht werden. Die Erhöhung auf bis zu 100 000 Euro ist möglich, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind. Dies wird nur in sehr seltenen Ausnahmefällen zu bejahen sein. 3. Auslagen 13 Die gesondert erfassbaren Auslagen werden neben dem überschlägig zu erfassenden personellen Aufwand und dem allgemeinen, nicht zuzuordnenden sachlichen Aufwand geltend gemacht. Es handelt sich nur um die tatsächlich entstandenen, gesondert zurechenbaren Telefonkosten, Kopierkosten, Übersetzungskosten, Bekanntmachungskosten etc. (§ 10 VwKostG). 1 Anders § 80 Abs. 6, der den Fall der Erledigung nicht erfasst. 2 Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 46. 3 Kollmorgen in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, § 80 Rz. 29. 4 VK Thüringen v. 16.9.1999 – 216-4002.20-003/99-J-S. 5 Bracher in Frankfurter Kommentar, Stand Januar 2009, § 80 Tz. 46.

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Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

4. Kostenvorschuss? Die Vergabekammern des Bundes verlangen grundsätzlich vor Zustel- 14 lung des Nachprüfungsantrags einen Kostenvorschuss, lassen es aber ausreichen, wenn ein anwaltlicher Vertreter die Kostenübernahme versichert. Im Übrigen wird erst nach Eingang des Kostenvorschusses der Nachprüfungsantrag zugestellt1. Die VK Bund stützt sich zur Begründung des Kostenvorschusses auf § 128 Satz 2, § 16 VwKostG. Geregelt ist der Vorschuss in § 4 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes. Die Vergabekammern des Landes Nordrhein-Westfalen verlangen keinen Kostenvorschuss und stellen die Gebühren erst nach ihrer Entscheidung demjenigen in Rechnung, der die Kosten nach der Vergabekammerentscheidung zu tragen hat. Es ist fraglich, ob es europarechtlich und unter dem Gesichtspunkt des effektiven Bieterschutzes zulässig ist, einen Kostenvorschuss zu verlangen2. Denn das Verlangen kann für den Antragsteller problematisch sein, weil erst mit der Zustellung des Antrags die Suspensivwirkung des § 115 Abs. 1 eintritt und der Zeitraum zwischen dem Zugang der Information gemäß § 101a GWB und dem Ende des Zuschlagverbots weniger als 10 Tage betragen kann. Kommen dann noch Feiertage hinzu und bedenkt man, dass der Nachprüfungsantrag noch gefertigt werden muss, lässt sich die rechtzeitige Überweisung des Vorschusses nur unter Schwierigkeiten sicherstellen. Es ist aber dennoch jedem Antragsteller schon aus Vorsichtsgründen zu 15 raten, sich telefonisch oder sonst wie zu erkundigen, ob ein Kostenvorschuss verlangt wird, und diesen ggf. umgehend einzuzahlen. 5. Kostentragungspflicht gemäß § 128 Abs. 3 § 128 Abs. 3 regelt, wer die Kosten der Vergabekammer (Gebühren und 16 Auslagen gemäß § 128 Abs. 1 und 2) zu tragen hat. Gemäß Abs. 3 Satz 1 hat der Beteiligte, der unterliegt, die Kosten zu tragen. Dies ist der Antragsteller, wenn sein Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wird. Dies ist der Auftraggeber, wenn dem Nachprüfungsantrag stattgegeben wird und dem Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags untersagt oder sonstige Maßnahmen angeordnet werden. Allerdings sind viele öffentliche Auftraggeber gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 8 VwKostG von 1 Ob die Vergabekammern des Bundes aber tatsächlich daran festhalten, erst nach Eingang des Kostenvorschusses den Antrag zuzustellen, wenn die Zuschlagerteilung droht, bleibt abzuwarten. 2 Erdl, Der neue Vergaberechtsschutz, Rz. 692; (verneinend) Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 128 Rz. 12.

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Sonstige Regelungen

den Gebühren befreit, so dass sie auch die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens nicht zu tragen haben. Auch ein teilweises Unterliegen und Obsiegen ist mit der Folge möglich, dass die Gebühren- und Auslagentragung gequotelt wird1. Für die Kostenquotelung gilt ein ähnlicher Maßstab wie in § 92 Abs. 1 ZPO. Es stellt sich insbesondere auch dann, wenn der Antragsteller einen Haupt- und Hilfsantrag stellt und nur mit dem Hilfsantrag obsiegt, die Frage, ob hierin ein teilweises Unterliegen liegt. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Antragsteller mit dem Hauptantrag die Neuwertung der Angebote und mit dem Hilfsantrag die Aufhebung bzw. Zurückversetzung des Vergabeverfahrens erreichen will. Abzustellen ist stets auf eine materiell-rechtliche Gesamtbetrachtung, d.h. abzustellen ist darauf, ob und in welchem Umfang der Antragsteller materiell-rechtlich obsiegt hat. Ist das Begehren des Antragstellers im Wesentlichen darauf gerichtet, das Angebot des Beigeladenen auszuschließen, so obsiegt er auch dann, wenn das Verfahren aus damit zusammenhängenden Gründen in den Stand vor Ablauf der Angebotsfrist zurückversetzt werden muss2. 17 Anerkannt ist inzwischen, dass auch ein Beigeladener Unterliegender i.S.d. § 128 Abs. 3 Satz 1 sein, wenn er sich aktiv an dem Verfahren beteiligt und wenn und soweit in der Hauptsache gegen ihn entschieden wird3. Haben Vergabestelle und Beigeladener mit gleichen Anträgen bzw. in der Sache gleicher Interessenlage verhandelt, bedeutet dies, dass Vergabestelle und Beigeladener die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer gemeinsam zu tragen haben4. Sie haften als Gesamtschuldner. Zu berücksichtigen ist allerdings die für verschiedene Auftraggeber bestehende persönliche Gebührenfreiheit5. Da der danach Bevorteilte nicht zur Zahlung von Gebühren verpflichtet ist, der andere Beteiligte, z.B. der Beigeladene, aber auch nicht verpflichtet ist, die Gebühren allein zu tragen, folgt in diesem Fall aus der Gebührenbefreiung, dass der nicht befreite Gesamtschuldner nur die um den Gebührenanteil des Begünstigten

1 Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 128 Rz. 10. 2 OLG Frankfurt v. 1.2.2006 – 11 Verg 18/05, NZBau 2007, 62; Schröder in MüllerWrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 128 Rz. 15; differenzierend: OLG Dresden v. 25.1.2005 – WVerg 14/04, ZfBR 2005, 419. 3 OLG Düsseldorf v. 15.6.2000 – Verg 6/00, NZBau 2000, 440 (444); OLG Frankfurt v. 16.5.2000 – 11 Verg 1/99, NZBau 2001, 101 (103); Stockmann in Immenga/ Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 128 Rz. 10; Müller-Wrede in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl. 2010, § 128 GWB Rz. 10. 4 Jaeger, NZBau 2001, 366 (373 Fn. 72). 5 § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 8 VwKostG.

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Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

Gesamtschuldners verminderten Kosten zu tragen hat1. Gleiches gilt, wenn mehrere Antragsteller ein Nachprüfungsverfahren führen. Beantragen mehrere Bieter ein Nachprüfungsverfahren und werden die Anträge zurückgewiesen, tragen sie die Verfahrenskosten ebenfalls als Gesamtschuldner. Dies setzt allerdings voraus, dass ein einheitliches Nachprüfungsverfahren durchgeführt wird2. Zwischen den Bietern als Gesamtschuldner soll der Innenausgleich gemäß § 426 BGB vorzunehmen sein3. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rück- 18 nahme oder anderweitig erledigt, hat grundsätzlich der Antragsteller die Hälfte der Gebühren zu entrichten (§ 128 Abs. 3 Satz 4 GWB)4. Allerdings wird § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB durch den nachfolgenden Satz 5 ergänzt und korrigiert. Satz 5 bezieht sich nur auf den vorangegangenen Satz 4, d.h. Voraussetzung zur Anwendung ist, dass der Nachprüfungsantrag durch Rücknahme oder anderweitige Erledigung vorzeitig beendet wurde. In diesen Fällen kann die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen und abweichend von § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nicht dem Antragsteller, sondern einem anderen Beteiligten auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn sich ein Nachprüfungsverfahren dadurch erledigt hat, dass die Vergabestelle den gerügten und geltend gemachten Vergabeverstoß abgestellt hat und deshalb das Verfahren erledigt werden kann und muss5. Darüber hinaus können Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten 19 entstanden sind, diesem auferlegt werden (§ 128 Abs. 3 Satz 2 GWB). Die Bestimmung soll insbesondere die Fälle erfassen, in denen ein Nachprüfungsantrag aufgrund eines schuldhaften Verhaltens eines öffentlichen Auftraggebers gestellt wurde. In diesen Fällen soll es trotz Unbegründet1 OLG Dresden v. 25.1.2005 – W Verg 14/04, ZfBR 2005, 419; OLG Düsseldorf v. 23.11.2004 – Verg 69/04; Schröder in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 128 Rz. 18. 2 VK Köln v. 18.1.2000 – VK 9/99. VK 10/99 (Die Vergabekammer hat trotz gleichlautender Rüge zwei Nachprüfungsverfahren eingeleitet und getrennt verhandelt.). 3 Müller-Wrede in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl. 2010, § 128 GWB Rz. 10; Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 128 Rz. 7. 4 Z.T. wird vertreten, § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB sei zu den Regelungen in Satz 3 und 5 nachrangig. (So VK Münster v. 17.12.2009 – VK 21/09; ablehnend: VK Berlin v. 20.5.2010 – VK B 2-3/10). 5 Schröder in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 128 Rz. 23; VK Berlin v. 20.5.2010 – VK B 2-3/10 (eine vom Grundsatz der Kostentragung des Antragstellers abweichende Verteilung kann bei grober vergaberechtl. Verstößen des Auftraggebers in Betracht kommen). BR-Drs. 349/08 (B), S. 27 f.

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§ 128

Sonstige Regelungen

heit oder Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags möglich sein, die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner, d.h. der Vergabestelle aufzuerlegen1. Ein Verschulden ist z.B. denkbar, wenn die Vergabestelle den Antragsteller aus verfahrenstaktischen Gründen sachlich falsch oder unzureichend nach § 101a GWB informiert hat oder sonst durch ihr Verhalten nachvollziehbar und schuldhaft Veranlassung für das Nachprüfungsverfahren gegeben hat. 6. Beschluss der Vergabekammer 20 Die Kosten werden von der Vergabekammer durch Beschl. erhoben. Der Beschl. setzt sowohl die Höhe der Gebühren und Auslagen als auch fest, wer die Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung soll, soweit möglich, zusammen mit der Sachentscheidung ergehen (§ 14 VwKostG). Die Kostenentscheidung kann zusammen mit der Sachentscheidung oder selbstständig angefochten geworden2, und zwar im Wege der sofortigen Beschwerde3. III. Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen der Rechtsverfolgung (§ 128 Abs. 4) 1. Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer 21 § 128 Abs. 4 begründet einen Kostenerstattungsanspruch des oder der Beteiligten, die in dem Nachprüfungsverfahren obsiegt haben, gegen denjenigen, der in dem Verfahren unterlegen ist. Ebenso wie bei der Tragung der Gebühren der Vergabekammer ist hier neben dem vollständigen Obsiegen und Unterliegen auch das teilweise Obsiegen und Unterliegen zu berücksichtigen, so dass auch bzgl. der Kostenerstattungsansprüche eine Quotelung in Betracht kommt. 22 Nach alter Rechtslage war streitig, ob und wann dem Beigeladenen ein Kostenerstattungsanspruch zusteht und ob ihn eine Kostentragungspflicht treffen kann4. § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB wurde 2009 in das Gesetz 1 BT-Drs. 16/10117, S. 31; Schröder in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 128 Rz. 20. 2 Vgl. § 22 VwKostG. 3 OLG Düsseldorf v. 5.7.2004 – VII-Verg 17/04, Verg 17/04; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 128 Rz. 13, Bechtold GWB, 5. Aufl. 2008, § 128 Rz. 8. 4 OLG Düsseldorf v. 15.6.2000 – Verg 6/00, NZBau 2000, 440 (444); OLG Frankfurt v. 16.5.2000 – 11 Verg 1/99, NZBau 2001, 101 (103); BayObLG v. 8.2.2001 – Verg 13/00, NZBau 2001, 344 (LS).

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§ 128

Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

eingefügt. Hierdurch wird eine Regelungslücke geschlossen, indem ausdrücklich angeordnet wird, dass die Aufwendungen der Beigeladenen erstattungsfähig sind, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Für die Billigkeitsentscheidung der Vergabekammer kommt es darauf an, ob und wie sich ein Beigeladener am Verfahren beteiligt hat. Hat sich der Beigeladene in einem bewussten Interessengegensatz zu der unterlegenen Partei gestellt, so entspricht die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen regelmäßig billigem Ermessen1. Von einem solchen Interessengegensatz ist z.B. auszugehen, wenn ein Beigeladener sich aktiv mit eigenen Sach- und Rechtsüberlegungen an einem Nachprüfungsverfahren beteiligt und im Ergebnis erfolgreich eigene Anträge gestellt bzw. das Verfahren wesentlich gefördert hat2. Dabei ist zu beachten, dass es für den Beigeladenen sowohl möglich ist, sich in einen Interessengegensatz zu dem Antragsteller als auch zu dem Antragsgegner zu setzen. Macht der Antragsteller z.B. geltend, die Vergabeunterlagen seien vergabefehlerhaft, so kann ein anderer Bieter in dem Verfahren sich an dem Nachprüfungsverfahren entweder auf Seiten des Antragstellers oder auf Seiten der Vergabestelle beteiligen3. Durch § 128 Abs. 4 Satz 2 spielen die unterschiedlichen Regelungen der Landesverwaltungsverfahrensgesetze zur Aufwendungserstattung der Beigeladenen keine Rolle mehr4. Eine weitere nach altem Recht vorhandene Regelungslücke schließt 23 § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB. Es wird eine Kostenerstattungspflicht für den Fall der Antragsrücknahme begründet. Antragsteller sind bei Rücknahme ihres Nachprüfungsantrags stets verpflichtet, die zweckentsprechenden Aufwendungen zur Rechtsverfolgung des Antragsgegners und ggf. der Beigeladenen zu tragen. 2. Höhe der zu erstattenden Aufwendungen § 128 verweist auf § 80 VwVfG des Bundes und der Länder. Die notwen- 24 digen Aufwendungen sind die persönlichen Auslagen der Beteiligten sowie die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind nur erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 80 Abs. 2 1 OLG Düsseldorf v. 8.2.2006 – VII-Verg 61/05. 2 OLG München v. 1.4.2008 – Verg 17/07; VergabeR 2008, 716 (717); OLG Celle v. 29.6.2010 – 13 Verg 4/10. 3 OLG Jena v. 5.3.2010 – 9 Verg 2/08. 4 Vgl. zur alten Rechtslage OLG München v. 6.2.2006 – Verg 23/08, VergabeR 2006, 428.

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§ 128

Sonstige Regelungen

VwVfG)1. Hier wird aber das Gleiche gelten wie im Rahmen des § 80 VwVfG. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten auf Seiten des Antragstellers und des Beigeladenen ist nach richtiger Ansicht bei einem Rechtsanwalt in der Regel, nicht nur bei schwierigen und umfangreichen Sachverhalten, zu bejahen2. Im Übrigen sei auf die umfangreichen Kommentierungen zu § 80 VwVfG verwiesen3. In der Praxis hat sich als besonders umstritten erwiesen, unter welchen Voraussetzungen der obsiegende öffentliche Auftraggeber die Kosten des von ihm mit der Vertretung beauftragten Rechtsanwalts vom unterliegenden Beteiligten erstattet verlangen kann. Die Spruchpraxis ist bei dieser Frage unterschiedlich. Im Ausgangspunkt besteht Einigkeit, dass auf den Einzelfall abzustellen ist. Nach Ansicht einiger Oberlandesgerichte könne von den Vergabestellen regelmäßig erwartet werden, dass sie als öffentliche Behörden die vergabespezifischen Vorschriften des nationalen Gesetz- oder Verordnungsgebers einschließlich der Verdingungsordnungen kennen und die mit einer Auftragsvergabe verbundenen Rechtsfragen auch schwierigerer Art beantworten4. Nur ausnahmsweise, bei ungewöhnlichen Konstellationen soll die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich sein. Andere Oberlandesgerichte nehmen einen großzügigen Standpunkt ein5. Sie meinen, dass die allgemein restriktive Rechtspraxis zu § 80 VwVfG auf die Nachprüfungsverfahren nicht übertragbar seien, so dass hier die Erforderlichkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten häufiger bejaht werden könne. Beim Vergaberecht handele es sich um eine außerordentlich komplizierte Materie, die zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren haben und durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert sei. Deshalb sei in der Regel die Hinzuziehung eines Anwalts auch für die Verwaltungsbehörde in ihrer Eigenschaft als Vergabestelle notwendig. Zutreffend ist die ver1 Zustimmend für Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Vergabestelle; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 4. Aufl. 2001, Rz. 378. 2 BVerwG v. 6.12.1963 – VII C 14.63, BVerwGE 17, 245; OLG Naumburg v. 28.6.2004 – 1 Verg 8/04, ZfBR 2004, 621; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 80 Rz. 80 ff.; vgl. aber auch OVG Berlin v. 19.3.1996 – 2 L 1/96, NVwZ-RR 1997, 264. 3 Statt vieler Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 80 Rz. 58 ff. 4 OLG Koblenz v. 21.9.2000 – 1 Verg 3/00; OLG Rostock v. 25.10.2000 – 17 W 3/99; OLG Koblenz v. 7.7.2004 – 1 Verg 1 und 2/04, NZBau 2004, 571 (574). 5 BayObLG v. 12.4.2000 – Verg 1/00, NZBau 2000, 481 (486); OLG Stuttgart v. 19.7.2000 – 2 Verg 4/00, NZBau 2000, 543; OLG Stuttgart v. 11.9.2000 – 2 Verg 2/99, NZBau 2000, 557 (598).

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Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

mittelnde Ansicht, die stets auf den Einzelfall abstellt1. Das Kriterium der „Notwendigkeit“ müsse sich den dem Nachprüfungsverfahren eigentümlichen Besonderheiten anpassen und werde hier quantitativ viel häufiger als beim Vorverfahren im Sinn des § 80 Abs. 1 VwVfG zu dem Ergebnis führen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts auch für den Auftraggeber als notwendig anerkannt werden müsse. Bei der Abwägung im Einzelfall können Rechtsfragen, die Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind, berücksichtigt werden; es kann berücksichtigt werden, über welche Kapazitäten der Auftraggeber verfügt und welche Bedeutung das Nachprüfungsverfahren für alle Beteiligten hat. Ist Kernpunkt des Nachprüfungsverfahrens das materielle regelmäßig anzuwendende Vergaberecht, spricht es im Allgemeinen mehr für die Annahme, dass der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse selbst haben muss und daher keinen anwaltlichen Bevollmächtigten einschalten muss2. Darüber hinaus kann auch berücksichtigt werden, ob die Vergabestelle über ausreichend juristisch geschultes Personal verfügt3. War die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich, werden die ge- 25 setzlichen Gebühren der rechtsanwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten erstattet. Der Gegenstandswert zur Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren beträgt analog § 50 Abs. 2 GKG 5 % der Brutto-Auftragssumme. Für die Brutto-Auftragssumme maßgebend ist grundsätzlich die Angebotssumme des Angebotes des Antragstellers. Hat der Antragsteller kein Angebot abgegeben, muss die Brutto-Auftragssumme geschätzt werden, wobei als ein Indiz für die Schätzung die Kostenschätzung des Auftraggebers zu Beginn des Verfahrens zugrunde gelegt werden kann. Zu beachten ist, dass es für die Berechnung der Brutto-Auftragssumme auf den gesamten Auftrag und die gesamte Laufzeit ankommt, und zwar unabhängig davon, ob dies auch gemäß § 3 VgV der Fall wäre4. Die Höhe der Gebühren eines im Nachprüfungsverfahrens tätigen Rechtsanwalts bemisst sich nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Teil 2 Abschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses. In Betracht kommen die Gebührentatbestände Nr. 2300 VV (Geschäftsgebühr) und Nr. 2301 VV (Ge1 OLG Düsseldorf v. 20.7.2000 – Verg 1/00, NZBau 2000, 486 (487); OLG Düsseldorf v. 22.8.2000 – Verg 9/00; OLG München v. 11.6.2008 – Verg 6/08, ZfBR 2008, 724 (725). 2 OLG Düsseldorf v. 16.4.2007 – Verg 55/06. 3 OLG Düsseldorf v. 29.10.2003 – Verg 1/03; OLG Düsseldorf v. 7.1.2004 – VIII Verg 55/02, VergabeR 2004, 256 (270). 4 OLG Jena v. 5.3.2010 – 9 Verg 2/08; OLG Naumburg v. 6.4.2005 – 1 Verg 2005, VergabeR 2005, 676 (677); BayObLG v. 9.10.2003 – Verg 8/03, VergabeR 2004, 121 (122).

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Sonstige Regelungen

schäftsgebühr bei vorausgegangener Tätigkeit). Es ist die Gebühr Nr. 2301 VV einschlägig, wenn der Rechtsanwalt seinen Mandanten bereits im Vergabeverfahren selbst vertreten hat, sei es, dass er für den Antragsgegner das Vergabeverfahren selbst begleitet hat, sei es, dass er für den Antragsteller vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens eine Rüge erhoben hat1. Ist die Nr. 2301 anwendbar, steht dem Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr von 0,5 bis 1,3 zu. Er kann dann eine Gebühr von mehr als 0,7 nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Wurde der rechtsanwaltliche Verfahrensbevollmächtigte dagegen erstmals im Nachprüfungsverfahren tätig, so steht ihm eine Gebühr nach § 2300 VV zu. Diese beträgt zwischen 0,5 und 2,5, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 nur verlangt werden kann, wenn die Tätigkeit ebenfalls umfangreich oder schwierig war2. Regelmäßig wird in Nachprüfungsverfahren mit mündlicher Verhandlung eine Gebühr von 2,0 akzeptiert, weil der sich aus dem Vergaberecht selbst ergebende erhöhte Umfang und Schwierigkeitsgrad anerkannt wird. Dagegen wird die Höchstgebühr nur zuerkannt, wenn noch Besonderheiten im konkreten Vergabenachprüfungsverfahren bestehen3. 3. Beschluss der Vergabekammer 26 Die Entscheidung über die Kostenerstattung wird von der Vergabekammer getroffen. Sie soll in der Regel gemeinsam mit der Hauptsacheentscheidung ergehen, kann aber auch nachträglich ergehen. Die Entscheidung kann ebenso wie die Gebührenfestsetzung und Kostentragungspflicht gemäß § 128 Abs. 3 mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden4. 4. Keine Kostenfestsetzung durch die Vergabekammer 27 Bis April 2009 erließen die Vergabekammern auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse, aus denen sich die Höhe der Anwaltsgebühren ergab. § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB legt nunmehr fest, dass ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren vor der Vergabekammer nicht stattfindet. Damit müssen alle Beteiligten für den Fall, dass der Erstattungspflichtige nicht freiwillig zahlt, sich einen Vollstreckungstitel verschaffen, was im Regelfall 1 BGH v. 23.9.2008 – X ZB 19/07, IBR 2009, 170. 2 BGH v. 23.9.2008 – X ZB 19/07, IBR 2009, 170. 3 OLG München v. 13.11.2006 – Verg 13/06, VergabeR 2007, 266 (271); OLG Düsseldorf v. 22.7.2005 – Verg 83/04; BayObLG v. 16.2.2005 – Verg 28/04, VergabeR 2005, 406 (407). 4 Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 128 Rz. 8.

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§ 128

Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer

bedeuten wird, dass sie ihren Kostenerstattungsanspruch vor einem Zivilgericht einklagen müssen1. Teilweise wird in der Literatur die Ansicht vertreten, § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB schließe nur ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren aus, so dass die Beteiligten versuchen könnten, die Vergabekammer bereits in dem Ausgangsbeschluss zu veranlassen, auch über die Höhe der Kosten zu entscheiden2. Bislang haben die Vergabekammern ein solches Vorgehen aber abgelehnt3. Ist ein Beschwerdeverfahren beim OLG durchgeführt worden, ergeht der Kostenfestsetzungsbeschluss durch das OLG, und zwar sowohl hinsichtlich der im Verfahren vor der Vergabekammer als auch der im Verfahren vor dem Vergabesenat angefallenen Kosten. IV. Gerichtskosten und Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren vor dem OLG 1. Gegenstandswert Gemäß § 50 GkG beträgt der Streitwert der Verfahren über Beschwerden 28 gegen die Entscheidung der Vergabekammern gemäß § 116 und von Maßnahmen gemäß §§ 115 Abs. 2 Satz 2 und 3 (Wiederherstellung des Zuschlagverbots oder Gestattung des sofortigen Zuschlags), 118 Abs. 1 Satz 3 (Verlängerung der aufschiebenden Wirkung des Verfahrens) und 121 (Gestattung des Zuschlags im Beschwerdeverfahren) 5 von Hundert des Bruttoauftragswertes. Die Pauschalierung soll der Vereinfachung dienen4. Sie soll auch für die Zwischenverfahren gelten, weil die Hauptsacheentscheidung in diesen Verfahren häufig vorweggenommen wird5. Regelmäßig ist die Brutto-Auftragssumme desjenigen Angebotes zu- 29 grunde zu legen, auf das der Antragsteller den Zuschlag begehrt6. Hat der Antragsteller kein Angebot abgegeben, wird die Brutto-Auftragssumme geschätzt, wobei auch auf die Kostenschätzung des Auftraggebers selbst zurückgegriffen werden kann. Abzustellen ist auf den Wert des größtmög1 Brauer in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 128 Rz. 108; Schröder in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 128 Abs. 36. 2 Schröder in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 128 Rz. 36. 3 OLG Celle v. 8.12.2009 – 13 Verg 11/09, IBR 2010, 112. 4 BT-Drucks. 13/9340 S. 23. 5 BT-Drucks. 13/9340 S. 23; a.A. OLG Düsseldorf v. 23.8.2002 – Verg 44/02, für den Fall, dass das Zuschlagverbot wiederhergestellt wird. 6 OLG München v. 14.9.2005 – Verg 15/05; Schröder in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009, § 128 Rz. 34.

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§ 128

Sonstige Regelungen

lichen Auftragsvolumens. Es kommt stets auf den gesamten Auftrag und die gesamte Laufzeit des Auftrags an. Insbesondere sind §§ 3 VgV und Art. 9 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18/EG, nach denen auf den Brutto-Auftragswert für 48 Monate abzustellen ist, nicht anwendbar. Der Brutto-Auftragswert ist anhand des allgemeinen Grundsatzes der wirtschaftlichen Interesses an einer Entscheidung zu ermitteln. Weicht § 3 VgV hiervon ab, kann zur Bestimmung des Auftragswertes nicht auf § 3 VgV abgestellt werden, vielmehr ist der Brutto-Auftragswert dann selbstständig zu ermitteln1. Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich auch bei einem Fortsetzungsfeststellungsantrag der Streitwert regelmäßig nicht reduziert2. 2. Gebühren 30 Die Rechtsanwaltsgebühren berechnen sich im Beschwerdeverfahren nach Nr. 3200 ff. VV. Danach steht dem Rechtsanwalt eine 1,6-fache Verfahrensgebühr zu (Nr. 3200 VV) sowie eine 1,2-fache Terminsgebühr, wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet (Nr. 3202 VV). Wird das Beschwerdeverfahren vorzeitig beendet, so reduziert sich die Verfahrensgebühr von 1,6 auf 1,1 (Nr. 3201 VV). Allerdings ist die Geschäftsgebühr, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer erhält, auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens anzurechnen3. Kommt es im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zu einer Vorlage an den EuGH, so entstehen auch für die Beteiligung der Verfahrensbevollmächtigten an dem Verfahren vor dem EuGH entsprechende Gebühren (§ 38 RVG). 3. Kostentragungspflicht 31 Die Kostentragungspflicht im Beschwerdeverfahren richtet sich nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen. Die Mehrzahl der Vergabesenate zieht für ihre Kostenentscheidung die §§ 91 ff. ZPO (analog) heran, wobei sich inzwischen auch der BGH dieser Ansicht angeschlossen hat4. 1 2 3 4

OLG Jena v. 5.3.2010 – 9 Verg 2/08. OLG Jena v. 5.3.2010 – 9 Verg 2/08. BGH v. 29.9.2009 – X ZB 1/09, VergabeR 2010, 66. BGH v. 19.12.1999 – X ZB 14/00, NZBau 2001, 151 (155); OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, insoweit in NZBau 2000, 39 ff. nicht abgedruckt; OLG Dresden v. 10.1.2000 – Wverg 1/99, BauR 2000, 1582 (1585); OLG Jena v. 22.12.1999 – 6 Verg 3/99, NZBau, 349 (353); OLG Koblenz v. 10.8.2000 – 1 Verg 2/00, NZBau 2000, 543 (539); OLG Rostock v. 29.9.1999 – 17 W (Verg) 1/99, NZBau 2000, 479 (481); OLG Düsseldorf v. 9.11.2009 – VII Verg 35/09, 35/09; a.A.: OLG Celle v. 20.10.1999 – 13 Verg 3 und 4/99, NZBau 2000, 98 (98 f.); OLG Saarbrücken v. 26.9.2000 – 5 Verg 1/00.

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§ 129

Korrekturmechanismus der Kommission

Für den Fall der Beschwerderücknahme ist es allgemeine Meinung, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen des gegnerischen Hauptbeteiligten dem Beschwerdeführer auferlegt werden1. Die Kostenentscheidung über die Verteilung der außergerichtlichen Kosten erstreckt sich auch auf das vorangegangene Verfahren vor der Vergabekammer2. 4. Kostengrundentscheidung Die Kostengrundentscheidung ergeht durch Beschl. des Vergabesenats, 32 der sowohl über die Kostentragung im Beschwerdeverfahren als auch über die Kostentragung im Verfahren vor der Vergabekammer entscheidet, und zwar einschließlich der Feststellung, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war. 5. Kostenfestsetzungsbeschluss Die Festsetzung der entstandenen Kosten sowohl für das Beschwerdever- 33 fahren als auch für das Verfahren vor der Vergabekammer wird bei dem Beschwerdegericht beantragt. Das Beschwerdegericht erlässt sodann einen auf der Kostengrundentscheidung beruhenden Kostenfestsetzungsbeschluss.

Korrekturmechanismus der Kommission

129

(1) Erhält die Bundesregierung im Laufe eines Vergabeverfahrens vor Abschluss des Vertrages eine Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, dass diese der Auffassung ist, es liege ein schwerer Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich der öffentlichen Aufträge vor, der zu beseitigen sei, teilt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie dies dem Auftraggeber mit. (2) Der Auftraggeber ist verpflichtet, innerhalb von 14 Kalendertagen nach Eingang dieser Mitteilung dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine umfassende Darstellung des Sachverhaltes zu geben und darzulegen, ob der behauptete Verstoß beseitigt wurde, oder zu begründen, warum er nicht beseitigt wurde, ob das Vergabeverfahren 1 OLG Celle v. 20.10.1999 – 13 Verg 3/99, 13 Verg 4/99, NZBau 2000, 98; OLG Düsseldorf v. 20.7.2000 – Verg 2/99, NZBau 2001, 165 (166); OLG Jena v. 1.10.1999 – 6 Verg 2/99. 2 BayObLG v. 8.2.2001 – Verg 13/00, NZBau 2001, 344; vgl. aber anders für das Kartellverfahren: KG v. 27.1.1981 – WuW/EOLG 2551-2555.

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§ 129a

Sonstige Regelungen

Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens ist oder aus sonstigen Gründen ausgesetzt wurde. (3) Ist das Vergabeverfahren Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens oder wurde es ausgesetzt, so ist der Auftraggeber verpflichtet, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unverzüglich über den Ausgang des Nachprüfungsverfahrens zu informieren. 1 § 129 GWB entspricht im Wesentlichen § 21 VgV a.F. § 129 regelt die Verpflichtung der Auftraggeber zur Stellungnahme in den Fällen, in denen die Mitgliedsstaaten ihrerseits verpflichtet sind, sich innerhalb kurzer Frist gegenüber der Europäischen Kommission zu laufenden Vergabeverfahren zu äußern. Dies ist insbesondere in Art. 8 der Rechtsmittelrichtlinie (Richtlinie 2007/66/EG) vorgesehen. Die Regelung beruht darauf, dass der AEAV sowie die entsprechenden Richtlinien unmittelbar nur an die Mitgliedsstaaten, nicht aber an alle öffentliche Auftraggeber (z.B. Länder und Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland) gerichtet sind, so dass nicht der Auftraggeber der Kommission berichten muss, sondern der Mitgliedsstaat. 2 Das Verfahren beginnt mit einer Mitteilung der EU-Kommission an die Bundesregierung, dass nach Ansicht der Kommission hinsichtlich eines Vergabeverfahrens vor Abschluss des Vertrages ein klarer und eindeutiger Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich der öffentlichen Aufträge vorliege. Dies teilt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie dem betroffenen Auftraggeber mit. Dieser ist verpflichtet, innerhalb von 14 Kalendertagen dem Ministerium eine umfassende Darstellung des Sachverhalts zu geben und darzulegen, ob der behauptete Verstoß beseitigt wurde, oder zu begründen, warum kein Verstoß vorliege. Entgegen der Überschrift „Korrekturmechanismus der Kommission“ enthält § 129 GWB keine Sanktions- oder Korrekturinstrumente zur Einwirkung auf ein Vergabeverfahren1.

Unterrichtungspflichten der Nachprüfungsinstanzen

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Die Vergabekammern und die Oberlandesgerichte unterrichten das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bis zum 31. Januar eines jeden Jahres über die Anzahl der Nachprüfungsverfahren des Vorjahres und deren Ergebnisse. 1 Schröder in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2009 § 129 Rz. 2.

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§ 129b

Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz

§ 129a GWB entspricht § 22 VgV a.F. Danach haben die Vergabekam- 1 mern und die Vergabesenate der Oberlandesgerichte dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie jeweils bis zum 31. Januar eines jeden Jahres sowohl die Zahl der Nachprüfungsverfahren des Vorjahres als auch deren Ergebnisse mitzuteilen. Die Bestimmung dient der Erfüllung von Statistikpflichten, die in den EG-Richtlinien vorgesehen sind1. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt die Zahlen an die EU-Kommission weiter.

Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz

129b

(1) Auftraggeber, die nach dem Bundesberggesetz berechtigt sind, Erdöl, Gas, Kohle oder andere Festbrennstoffe aufzusuchen oder zu gewinnen, müssen bei der Vergabe von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträgen oberhalb der in Artikel 16 der Richtlinie 2004/ 17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. EU Nr. L 134 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1422/ 2007 der Kommission vom 4. Dezember 2007 (ABl. EU Nr. L 317 S. 34) geändert worden ist, festgelegten Schwellenwerte zur Durchführung der Aufsuchung oder Gewinnung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der wettbewerbsorientierten Auftragsvergabe beachten. Insbesondere müssen sie Unternehmen, die ein Interesse an einem solchen Auftrag haben können, ausreichend informieren und bei der Auftragsvergabe objektive Kriterien zugrunde legen. Dies gilt nicht für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand die Beschaffung von Energie oder Brennstoffen zur Energieerzeugung ist. (2) Die Auftraggeber nach Absatz 1 erteilen der Europäischen Kommission über das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Auskunft über die Vergabe der unter diese Vorschrift fallenden Aufträge nach Maßgabe der Entscheidung 93/327/EWG der Kommission vom 13. Mai 1993 zur Festlegung der Voraussetzungen, unter denen die öffentlichen Auftraggeber, die geographisch abgegrenzte Gebiete zum Zwecke der Aufsuchung oder Förderung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen nutzen, der Kommission Auskunft über die von ihnen vergebenen 1 BR-DrS. 455/00, Begründung zu § 22 VgV a.F.

Ganske

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§ 129b

Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz

Aufträge zu erteilen haben (ABl. EG Nr. L 129 S. 25). Sie können über das Verfahren gemäß der Rechtsverordnung nach § 127 Nr. 9 unter den dort geregelten Voraussetzungen eine Befreiung von der Pflicht zur Anwendung dieser Bestimmung erreichen. I. 1. 2. II.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2

III. Regelungsinhalt . . . . . . . . . 1. § 129b Abs. 1 . . . . . . . . . . . 2. § 129b Abs. 2 . . . . . . . . . . .

7 7 11

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I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 Der Bereich des Aufsuchens und der Förderung von Brennstoffen wird grundsätzlich von der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG erfasst1. Unternehmen, die in Deutschland in diesem Bereich tätig sind und die sonstigen Anforderungen an öffentliche Auftraggeber erfüllen, haben jedoch aufgrund einer auf Art. 3 der Richtlinie 93/38/EWG2 gestützten Entscheidung der EU-Kommission3 eine weitgehende Befreiung von der Anwendungsverpflichtung. Sie sind lediglich gehalten, bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der wettbewerbsorientierten Auftragserteilung einzuhalten. § 129b Abs. 1 verpflichtet zur Einhaltung dieser Grundsätze. Gleichzeitig wird diesen Auftraggebern in § 129b Abs. 2 die Möglichkeit eröffnet, sich gänzlich von der Anwendungsverpflichtung dieser Vorschrift zu befreien4. 2. Entstehungsgeschichte 2 § 129b geht zurück auf § 11 VgV a.F. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20095 mit Wirkung zum 24.4.2009 in das GWB eingefügt. Die Überführung der Regelung in das GWB dient dem Zweck, die Vergabeverordnung noch stärker auf die Verweisung auf die Verdingungsordnungen (sog. Relaisfunktion) zu konzentrieren6. 1 2 3 4 5 6

Vgl. Art. 7 lit. a SKR. ABl. L 199 v. 9.8.1993, 84 ff. ABl. L 16 v. 23.1.2004, 57 ff. Vgl. BT-Drucks. 16/10117, 25. BGBl. I, 790 ff. Vgl. BT-Drucks. 16/10117, 1.

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§ 129b

Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz

Im Zuge der Übernahme der Regelung in das GWB ist die Vorschrift 3 redaktionell geändert worden. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass § 129b im Vergleich zu § 11 VgV a.F. eine sinngleiche Bestimmung darstellt. Zwar ist zum einen auffällig, dass gegenüber der Vorgängerregelung in § 11 VgV a.F. nicht mehr „die in § 98 Nr. 1 bis 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber, die nach dem Bundesberggesetz eine Berechtigung zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen erhalten haben“ als Adressaten der Vorschrift genannt werden, sondern „Auftraggeber, die nach dem Bundesberggesetz berechtigt sind, Erdöl, Gas, Kohle oder andere Festbrennstoffe aufzusuchen oder zu gewinnen“. Dies stellt indes lediglich eine sprachliche Änderung dar. Denn wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, wendet sich § 129b – wie auch zuvor § 11 VgV a.F. – an Unternehmen, die in Deutschland im Bereich des Aufsuchens und der Förderung von Brennstoffen tätig sind und die sonstigen Anforderungen an öffentliche Auftraggeber erfüllen, so dass sich inhaltlich keine Änderung des Adressatenkreises ergibt. Zum anderen fällt auf, dass nach § 129b Abs. 1 Satz 1 – im Vergleich zu § 11 VgV a.F. – ausdrücklich die Schwellenwerte der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG gelten, die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1422/2007 geändert wurden. Hintergrund dieser ausdrücklichen Inbezugnahme auf die Schwellenwerte der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG ist, dass ohne eine solche die Schwellenwerte der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG nicht anwendbar wären, da bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der VgV und der darin vorgesehenen Anhebung der Schwellenwerte die bis dahin geltenden niedrigeren Schwellenwerte der VgV maßgeblich sind. Eine unmittelbare Anwendbarkeit der in Art. 16 SKR vorgesehenen Regelungen kommt nicht in Betracht, weil sie sich zu Lasten der Bieter und Bewerber auswirken würde1. II. Persönlicher Anwendungsbereich Der persönliche Anwendungsbereich des § 129b erfasst nach Abs. 1 4 Satz 1 alle Auftraggeber, die nach dem Bundesberggesetz berechtigt sind, Erdöl, Gas, Kohle oder andere Festbrennstoffe aufzusuchen oder zu gewinnen. Damit orientiert sich § 129b an den Begrifflichkeiten des § 4 und der §§ 6–9 BBergG. Nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 BBergG ist Aufsuchen (Auf- 5 suchung) die mittelbar oder unmittelbar auf die Entdeckung oder Fest1 Vgl. Maimann in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teil A und B, § 2 VgV Rz. 20.

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§ 129b

Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz

stellung der Ausdehnung von Bodenschätzen gerichtete Tätigkeit mit Ausnahme der Tätigkeiten im Rahmen der amtlichen geologischen Landesaufnahme (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BBergG), der Tätigkeiten, die ausschließlich und unmittelbar Lehr- oder Unterrichtszwecken dienen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 BBergG), und des Sammelns von Mineralien in Form von Handstücken oder kleinen Proben für mineralogische oder geologische Sammlungen (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 BBergG). Gemäß § 4 Abs. 2 BBergG ist Gewinnen (Gewinnung) das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten; ausgenommen ist das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen in einem Grundstück aus Anlass oder im Zusammenhang mit dessen baulicher oder sonstiger städtebaulicher Nutzung (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG) und in oder an einem Gewässer als Voraussetzung für dessen Ausbau oder Unterhaltung (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BBergG). 6 Der Begriff der Berechtigung stellt einen Oberbegriff für die Unterarten der Berechtigung in Form der Erlaubnis, der Bewilligung und des Bergwerkeigentums dar. Nach § 6 Satz 1 BBergG bedarf das Aufsuchen bergfreier Bodenschätze der Erlaubnis; die Gewinnung bergfreier Bodenschätze bedarf der Bewilligung oder des Bergwerkeigentums. Gemäß § 6 Satz 2 BBergG können diese Berechtigungen nur natürlichen und juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften erteilt oder verliehen werden. III. Regelungsinhalt 1. § 129b Abs. 1 7 § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 enthält eine Privilegierung der Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz hinsichtlich der von ihnen durchzuführenden Vergabeverfahren. Zwar enthält § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 keine vollständige Freistellung, allerdings wird eine weitgehende Freiheit bei der Gestaltung der Auftragsvergabe gewährt. So haben die in § 129b Abs. 1 genannten Auftraggeber nach dem Wortlaut der Vorschrift lediglich den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der wettbewerbsorientierten Vergabe zu beachten (§ 129b Abs. 1 Satz 1). Dabei haben sie insbesondere den beteiligten Unternehmen ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen und bei der Auftragsvergabe objektive Kriterien zu Grunde zu legen (§ 129b Abs. 1 Satz 2)1. Siehe allerdings auch Rz. 9. 1 VK Arnsberg v. 10.1.2008 – VK 42/07; VK Arnsberg v. 11.4.2002 – VK 2–06/2002, ZfBR 2003, 308.

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§ 129b

Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz

Die in § 129b Abs. 1 Satz 1 genannten Auftraggeber sind daher in weiten 8 Teilen von der Einhaltung der für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags zu beachtenden Vorschriften entbunden, obwohl sie unter Art. 7 lit. a) SKR fallen. Hintergrund ist, wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass Unternehmen, die in Deutschland in dem Bereich des Aufsuchens und der Förderung von Brennstoffen tätig sind und die sonstigen Anforderungen an öffentliche Auftraggeber erfüllen, aufgrund einer (auf Art. 3 der Richtlinie 93/38/EWG gestützten) Entscheidung der EU-Kommission eine weitgehende Befreiung von der Anwendungsverpflichtung haben1. Bei der angesprochenen Entscheidung handelt es sich um die Entscheidung der EU-Kommission 2004/73/EG vom 15.1.20042. Art. 1 dieser Entscheidung bestimmt, dass die Nutzung geografisch abgegrenzter Gebiete zum Zwecke der Suche nach oder der Förderung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen in Deutschland ab 15.1.2004 nicht als Tätigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. b) Ziff. i) der (alten) Sektorenrichtlinie 93/38/EWG gilt, und die eine solche Tätigkeit ausübenden Auftraggeber in Deutschland nicht als Inhaber besonderer oder ausschließlicher Rechte im Sinne von Art. 2 Abs. 3 lit. b) der (alten) Sektorenrichtlinie 93/38/EWG gelten. Zwar wurde die (alte) Sektorenrichtlinie 93/38/EWG durch Art. 73 der (neuen) Sektorenrichtlinie 2004/17/EG3 aufgehoben. Allerdings gilt die für Deutschland getroffene Ausnahmeregelung fort. Dies ergibt sich bereits aus Erwägungsgrund 38 der (neuen) Sektorenrichtlinie 2004/17/EG. Überdies finden sich die in Art. 3 Abs. 2 der (alten) Sektorenrichtlinie 93/38/EWG niedergelegten Grundsätze auch in Art. 27 der (neuen) Sektorenrichtlinie 2004/17/EG wieder. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die EU-Kommission in ihrer 9 Entscheidung vom 15.1.2004 über den Befreiungsantrag der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 der (alten) Sektorenrichtlinie 93/38/EWG ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass eine Befreiung nur erfolgen kann, wenn der erforderliche Rechtsschutz gleichwohl sichergestellt ist. Hieraus kann geschlossen werden, dass die in § 129b Abs. 1 genannten Auftraggeber zumindest die Bestimmungen des GWB und der VgV ein1 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, 25. 2 ABl. L 16 v. 23.1.2004, S. 57 ff. 3 ABl. L 134 v. 30.4.2004, S. 1 ff. Gem. Art. 7 SKR fallen in deren Anwendungsbereich Tätigkeiten zur Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebietes zum Zwecke des Aufsuchens und der Förderung von Erdöl, Gas, Kohle und anderen festen Brennstoffen (lit. a)) oder der Bereitstellung von Flughäfen, Häfen und anderen Verkehrsendeinrichtungen für Beförderungsunternehmen im Luft-, Seeoder Binnenschiffsverkehr (lit. b)).

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§ 129b

Regelung für Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz

zuhalten haben1. Demzufolge bleibt insbesondere auch die Anwendung des § 101a von der Privilegierung unberührt. Ein anderes Ergebnis ist nach dem Sinn und Zweck des § 101a nicht möglich. Denn gerade in einem (Verhandlungs-)Verfahren, das die weitgehend bieterschützenden Regelungen der Verdingungsordnungen ausschließt, ist das Minimum der Rechtsschutzgarantie des § 101a von besonderer Bedeutung. § 101a soll den grundsätzlichen Bieterschutz in jeder Art von Vergabeverfahren gewährleisten2. 10 Die Privilegierung des § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 gilt gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 nicht für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand die Beschaffung von Energie oder Brennstoffen zur Energieerzeugung ist. 2. § 129b Abs. 2 11 § 129b Abs. 2 Satz 1 verpflichtet die in Abs. 1 genannten Auftraggeber der EU-Kommission über das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Auskunft über die Vergabe der unter Abs. 1 fallenden Aufträge nach Maßgabe der Entscheidung 93/327/EWG der EU-Kommission vom 13.5.19933 zu erteilen. In dieser Entscheidung sind die Art und Weise, insbesondere die einzuhaltende Frist sowie der Inhalt der Mitteilung geregelt. 12 Nach § 129b Abs. 2 Satz 2 können die in Abs. 1 genannten Auftraggeber über das Verfahren gemäß der Rechtsverordnung nach § 127 Nr. 9 (vgl. § 127 Rz. 4) unter den dort geregelten Voraussetzungen eine gänzliche Befreiung von der Pflicht zur Anwendung des § 129b erreichen4.

1 Vgl. VK Arnsberg v. 10.1.2008 – VK 42/07. 2 So (jeweils noch zu § 13 VgV a.F.) VK Arnsberg v. 11.4.2002 – VK 2–06/2002, ZfBR 2003, 308; VK Arnsberg v. 10.1.2008 – VK 42/07. 3 ABl. L 129 v. 27.5.1993, 25 f. 4 Vgl. BT-Drucks. 16/10117, 25.

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Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) Abschnitt 1: Vergabebestimmungen Zweck der Verordnung

1

(1) Die Verordnung trifft nähere Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, deren geschätzte Auftragswerte ohne Umsatzsteuer die in § 2 geregelten Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. (2) Bei Auftraggebern nach § 98 Nummer 1 bis 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt für Aufträge, die im Zusammenhang mit Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs (Sektorentätigkeiten) vergeben werden, die Sektorenverordnung vom 23. September 2009 (BGBl. I S. 3110)1. 1. Vergabeverordnung Die VgV ist am 1.2.2001 in Kraft getreten. Ihre Grundlage ist § 97 Nr. 6 1 und § 127. Die VgV 2001 ersetzte die VgV vom 22.2.1994 (BGBl. I, S. 321), geändert durch VO vom 29.9.1997 (BGBl. I, S. 2384), die noch auf § 57a Abs. 1 und 2 HGrG beruhte. 2. Entstehungsgeschichte des § 1 VgV § 1 VgV wurde durch VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 2 7.6.20102 geändert. Der bisherige Wortlaut des § 1 VgV wurde dessen Abs. 1. Gleichzeitig wurde Abs. 1 neu gefasst, da sich der Inhalt der VgV seit dem in Kraft treten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.20093 erheblich reduziert hatte. Schließlich wurde Abs. 2 angefügt. 3. Verordnungsinhalt § 1 Abs. 1 VgV definiert den Verordnungsinhalt sowie den Geltungs- 3 bereich der VgV. Die Verordnung regelt das einzuhaltende Verfahren bei 1 Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung-SektVO). 2 BGBl. I, 724. 3 BGBl. I, 790.

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§ 1 VgV

Zweck der Verordnung

der Vergabe öffentlicher Aufträge. Bis zum Inkrafttreten der VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO nannte § 1 als Verordnungsinhalt auch Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Durchführung von Nachprüfungsverfahren. Diese Bestimmungen wurden bereits durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.2009 in das GWB übernommen. Dies machte eine Änderung der Beschreibung des Inhalts der VgV in § 1 Abs. 1 nötig. 4 Die VgV findet auf öffentliche Aufträge (§ 99 Abs. 1) Anwendung, deren geschätzte Auftragswerte ohne Umsatzsteuer die in § 2 VgV geregelten Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. Die gleiche Bestimmung findet sich in § 100 Abs. 1 im Hinblick auf den Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB (vgl. zur Beschränkung dieses Anwendungsbereichs auf Aufträge oberhalb der Schwellenwerte und der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung § 100 Rz. 7 ff.). Die Schätzung der Auftragswerte bestimmt sich nach § 3 VgV. § 1 Abs. 1 VgV regelt, dass es sich bei den in § 2 VgV genannten Schwellenwerten um Netto-Beträge ohne Umsatzsteuer handelt. Grund hierfür ist, dass die Schwellenwerte auf Vorgaben des Europarechts beruhen (§ 2 VgV Rz. 4 f.). Diese müssen zwangsläufig auf Netto-Beträge abstellen, da die Umsatzsteuersätze in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterschiedlich hoch sind. Allein der Umstand, dass der Auftraggeber angibt, ein Vergabeverfahren auf Grundlage des 4. Teils des GWB durchzuführen, führt nicht zur Anwendbarkeit der VgV. Erforderlich ist vielmehr, dass der maßgebliche Schwellenwert tatsächlich erreicht oder überschritten ist1. 4. Sektorenverordnung 5 Ursprünglich regelte die VgV in § 7 die Vorschriften, welche von Sektorenauftraggebern nach § 98 Nr. 4 bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen anzuwenden waren. Es handelte sich um die Abschnitte 3 und 4 der VOB/A sowie der VOL/A. § 7 VgV wurde gleichzeitig mit in Kraft treten der Sektorenverordnung (SektVO) durch Art. 2 VO zur Neuordnung der Sektorenvergabe vom 23.9.20092 aufgehoben. Die SektVO enthält in sich geschlossene Regelungen über die Auftragsvergabe durch Sektorenauftraggeber. Auf diese finden weder die VgV, noch die Vergabeordnungen Anwendung. Die VOB/A 2009 und die VOL/A 2009 enthalten daher keine Abschnitte 3 und 4 mehr. Der Umstand, dass die VgV auf 1 OLG Stuttgart v. 12.8.2002 – 2 Verg 9/02, VergabeR 2003, 101; OLG München v. 28.9.2005 – Verg 19/05, VergabeR 2006, 238 (241 f.) 2 BGBl. I, 3110.

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Schwellenwerte

§ 2 VgV

Sektorenauftraggeber keine Anwendung findet, wird durch § 1 Abs. 2 VgV nochmals klargestellt. Umstritten war lange Zeit, welche Vorschriften gelten, wenn Sektoren- 6 auftraggeber gleichzeitig die Voraussetzungen des § 98 Nr. 1 bis 3 erfüllen. So unterfallen beispielsweise kommunale Versorgungsunternehmen in vielen Fällen sowohl § 98 Nr. 2 wie § 98 Nr. 4. Es stellt sich die Frage, ob diese Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen auf dem Gebiet eines Sektors Abschnitt 2 der VOB/A und der VOL/A oder die SektVO anzuwenden haben. Schon bislang enthielten §§ 4 bis 6 VgV a.F. Regelungen, wonach Sektorenauftraggeber, auch wenn sie gleichzeitig die Voraussetzungen des § 98 Nr. 1 bis 3 erfüllen, bei der Vergabe von Aufträgen auf dem Gebiet der Sektoren allein die hierfür geltenden Bestimmungen – bislang also Abschnitte 3 und 4 der VOB/A und VOL/A – anzuwenden hatten. Diese Regelung findet sich nunmehr in § 1 Abs. 2 VgV. Für die Vergabe von Aufträgen für Sektorentätigkeiten gelten allein die Regelungen der SektVO, auch wenn der Auftraggeber zugleich § 98 Nr. 1 bis 3 unterfällt1. Erfüllt ein Sektorenauftraggeber gleichzeitig die Voraussetzungen des § 98 Nr. 1 bis 3 und vergibt er einen öffentlichen Auftrag, der nicht mit einer Sektorentätigkeit im Zusammenhang steht, hat er hingegen die Vorschriften der VgV zu beachten. Insoweit greift die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 VgV nicht ein2. Auch § 100 Abs. 2 lit. i) befreit Sektorenauftraggeber, die zugleich § 98 Nr. 1 bis 3 unterfallen, nicht von der Beachtung der Bestimmungen der VgV. Die Einordnung gemischter Verträge, die auch Sektorentätigkeiten umfassen, regelt § 99 Abs. 8 (§ 99 Rz. 145 ff.).

Schwellenwerte

2

Der Schwellenwert beträgt

1. für Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten oder oberen Bundesbehörden sowie vergleichbarer Bundeseinrichtungen 125 000 Euro; im Verteidigungsbereich gilt dies bei Lieferaufträgen nur für Waren, 1 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 98 Rz. 321; Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB, § 1 SektVO Rz. 2. 2 EuGH v. 10.4.2008 – Rs. C 393/06, Slg. 2008, I-2339 = VergabeR 2008, 632 – Aigner; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 88 Rz. 321; Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB, § 1 SektVO Rz. 17.

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§ 2 VgV

Schwellenwerte

die im Anhang V der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114, L 351 vom 26.11.2004, S. 44), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1177/2009 der Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 30. November 2009 (ABl. L 314 vom 1.12.2009, S. 64) geändert worden ist, aufgeführt sind. Dieser Schwellenwert gilt nicht für a) Dienstleistungen des Anhangs II Teil A Kategorie 5 der Richtlinie 2004/18/EG, deren Code nach der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) (ABl. L 340 vom 16.12.2002, S. 1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 213/2008 der Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 28. November 2007 (ABl. L 74 vom 15.3.2008, S. 1) (CPV-Code), den CPC-Referenznummern 7524 (CPV-Referenznummer 64228000-0), 7525 (CPV-Referenznummer 64221000-1) und 7526 (CPV-Referenznummer 64227000-3) entspricht, sowie des Anhangs II Teil A Kategorie 8 der Richtlinie 2004/18/EG oder b) Dienstleistungen des Anhangs II Teil B der Richtlinie 2004/18/ EG; für diese Dienstleistungen gilt der Schwellenwert nach Nummer 2; 2. für alle anderen Liefer- und Dienstleistungsaufträge 193 000 Euro; 3. für Bauaufträge 4 845 000 Euro; 4. für Auslobungsverfahren, die zu einem Dienstleistungsauftrag führen sollen, dessen Schwellenwert; 5. für die übrigen Auslobungsverfahren der Wert, der bei Dienstleistungsaufträgen gilt; 6. für Lose von Bauaufträgen nach Nummer 3: 1 Million Euro oder bei Losen unterhalb von 1 Million Euro deren addierter Wert ab 20 vom Hundert des Gesamtwertes aller Lose und 7. für Lose von Dienstleistungsaufträgen nach Nummer 1 oder 2: 80 000 Euro oder bei Losen unterhalb von 80 000 Euro deren addierter Wert ab 20 vom Hundert des Gesamtwertes aller Lose.

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§ 2 VgV

Schwellenwerte 1. 2. 3. 4.

Entstehungsgeschichte . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . Anpassung der Schwellenwerte Liefer- und Dienstleistungsaufträge a) Oberste und obere Bundesbehörden (§ 2 Nr. 1 VgV) . .

1 2 4

7

5. 6. 7. 8.

b) Übrige Auftraggeber (§ 2 Nr. 2 VgV) . . . . . . Bauaufträge (§ 2 Nr. 3 VgV) Auslobungsverfahren (§ 2 Nr. 4 und 5 VgV) . . . . Lose (§ 2 Nr. 6 und 7 VgV) . Sektorenauftraggeber . . . .

. . . .

10 11

. . . . . .

12 13 18

1. Entstehungsgeschichte Durch die 3. VO zur Änderung der VgV vom 23.10.20061 wurden die 1 Schwellenwerte des § 2 VgV neu gefasst und in § 2 Nr. 2 VgV die Bezugnahme auf europäische Richtlinien aktualisiert. Durch Art. 2 VO zur Neuordnung der Sektorenvergabe vom 23.9.20092 wurde § 2 Nr. 1 VgV aufgehoben. Die VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20103 hat mit Wirkung zum 11.6.2010 die Nummerierung der Vorschrift neu gefasst. § 2 Nr. 2 VgV wurde Nr. 1, die folgenden Nummern änderten sich entsprechend. Daneben wurden die Schwellenwerte aktualisiert. 2. Überblick Der 4. Teil des GWB gilt nach § 100 Abs. 1 nur für Aufträge, welche die 2 Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 festgelegt sind. § 100 Abs. 1 bezeichnet diese Auftragswerte als „Schwellenwerte“. Die Festlegung der Schwellenwerte erfolgt durch § 2 VgV. Zu den Gründen für die Festsetzung von Schwellenwerten und der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung vgl. § 100 Rz. 7 ff. Die Berechnung des Schwellenwerts eines konkreten Auftrags ergibt sich aus § 3 VgV. § 2 VgV bestimmt für unterschiedliche öffentliche Aufträge gem. § 99 un- 3 terschiedliche Schwellenwerte. Hinsichtlich der Abgrenzung der einzelnen Auftragsarten wird auf die Kommentierung zu § 99 GWB verwiesen. Die Einordnung gemischter Aufträge richtet sich nach § 99 Abs. 7 und 8. Eine Ausnahme bildet § 2 Nr. 1 VgV, der einen eigenen Schwellenwert für bestimmte öffentliche Auftraggeber vorsieht (dazu unten Rz. 7 ff.).

1 BGBl. I, 2334. 2 BGBl. I, 3110. 3 BGBl. I, 724.

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§ 2 VgV

Schwellenwerte

3. Anpassung der Schwellenwerte 4 § 2 VgV beruht auf den Vorgaben der Vergabekoordinierungsrichtlinie (RL 2004/18/EG), welche die Schwellenwerte in Art. 7, 8, 56, 63 und 67 regelt. Die Richtlinie wiederum setzet das General Procurement Agreement (GPA) um, dem die Europäischen Union mit Wirkung zum 1.1. 1996 beigetreten ist1. Dort werden die Schwellenwerte in „Sonderziehungsrechten“ (SZR) angegeben. Die RL 2004/18/EG gibt die Schwellenwerte hingegen Euro an. Um Kursschwankungen zwischen SZR und Euro auszugleichen, werden die sich aus dem GPA ergebenden Schwellenwerte von der Kommission alle zwei Jahre überprüft, soweit erforderlich in Euro umgerechnet und RL 2004/18/EG entsprechend geändert (Art. 78 Abs. 1 RL 2004/18/EG). Die Berechnung beruht auf dem durchschnittlichen Tageskurs des Euro ausgedrückt in SZR während der 24 Monate, die am letzten Augusttag enden, der der Neufestsetzung zum 1. Januar vorausgeht (Art. 78 Abs. 2 RL 2004/18/EG). 5 § 2 VgV wurde erstmals durch die 3. VO zur Änderung der VgV vom 23.10.20062 mit Wirkung zum 1.11.2006 an die damals aktuellen Schwellenwerte der RL 2004/18/EG angepasst. Diese Schwellenwerte waren durch VO (EG) Nr. 2083/2005 vom 19.12.20053 mit Wirkung vom 1.1. 2006 eingeführt worden. Die sich aus dieser VO ergebenden Werte waren höher, als diejenigen der VgV in der bis zum 31.10.2006 geltenden Fassung. Vor diesem Hintergrund bestanden keine europarechtlichen Schwierigkeiten, die niedrigeren Schwellenwerte der VgV bis zum 31.10. 2006 weiter anzuwenden4. Durch VO (EG) Nr. 1422/2007 vom 4.12.20075 wurden die Schwellenwerte mit Wirkung zum 1.1.2008 unter die in § 2 VgV genannten Beträge gesenkt, ohne dass eine Anpassung der VgV erfolgte. Die Schwellenwerte der VgV verstießen seitdem gegen die europarechtlichen Vorgaben und waren daher nicht mehr anwendbar. Vielmehr ergaben sich die Schwellenwerte ab dem 1.1.2008 unmittelbar aus den geänderten Vorschriften der RL 2004/18/EG6. Eine weitere Verringerung der Schwellenwerte folgt aus VO (EG) Nr. 1177/2009 vom 30.11 20097, 1 Boesen, Vergaberecht, Einl. Rz. 51 bis 58; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, vor §§ 97 ff. Rz. 156 ff. 2 BGBl. I, 2334. 3 ABl. EU Nr. L 333, 28. 4 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 6. 5 ABl. EU Nr. L 317, 34. 6 OLG Karlsruhe v. 12.11.2008 – 15 Verg 4/08, VergabeR 2009, 200; Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VgV Rz. 2; Röwekamp in Kulartz/Kus/ Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 6. 7 ABl. EU Nr. L 314, 64.

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Schwellenwerte

§ 2 VgV

die mit Wirkung zum 1.1.2010 in Kraft trat. Auch diese Werte waren ab diesem Zeitpunkt unmittelbar anzuwenden. Aufgrund der Neufassung durch die VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20101 nennt § 2 VgV mit Wirkung zum 11.6.2010 die aktuellen Schwellenwerte der Richtlinie. Damit besteht erstmalig seit dem 1.1.2008 wieder Übereinstimmung zwischen § 2 VgV und den europarechtlichen Regelungen. Die Sektorenverordnung vermeidet eine regelmäßige Anpassung an die 6 europarechtlichen Vorgaben, indem § 1 Abs. 2 SektVO hinsichtlich der Schwellenwerte auf die jeweils gültige Fassung der RL 2004/17/EG verweist. 4. Liefer- und Dienstleistungsaufträge a) Oberste und obere Bundesbehörden (§ 2 Nr. 1 VgV). Für Lieferaufträge 7 (§ 99 Abs. 2) und Dienstleistungsaufträge (§ 99 Abs. 4), die von obersten und oberen Bundesbehörden sowie vergleichbaren Bundeseinrichtungen vergeben werden, enthält § 2 Nr. 1 VgV einen eigenen Schwellenwert. Dieser beträgt seit dem 1.1.2010 125 000 Euro (Art. 7 lit. a) RL 2004/18/ EG)2. Es handelt sich um einen Nettobetrag (§ 1 Abs. 1 VgV). Die obersten und oberen Bundesbehörden sowie die vergleichbaren Bundeseinrichtungen im Sinne des § 2 Nr. 1 VgV ergeben sich aus Anhang IV RL 2004/ 18/EG. Dies sind die Bundesministerien einschließlich der ihnen unterstellten Behörden. Entscheidend ist allein, dass eine dieser Behörden Auftraggeber ist, aus welchem Haushalt der Auftrag finanziert wird, spielt keine Rolle3. Von der Regelung des § 2 Nr. 1 VgV ist die Vergabe der folgenden Dienst- 8 leistungsaufträge ausgenommen: – Dienstleistungen im Fernmeldewesen (Anhang II A Kategorie 5 RL 2004/18/EG) mit dem CPC-Referenznummern 7524 (Dienstleistungen des Übertragens von Fernseh- und Hörfunksendungen), 7525 (Netzverbunddienste) und 7526 (integrierte Fernmeldedienstleitungen) (§ 2 Nr. 1 Satz 2 lit. a) 1. Alt. VgV), – Dienstleistungen im Bereich der Forschung und Entwicklung (Anhang II Teil A Kategorie 8 RL 2004/18/EG) (§ 2 Nr. 1 Satz 2 lit. a) 2. Alt. VgV), 1 BGBl. I, 724. 2 Der Schwellenwert betrug v. 1.11.2006 bis zum 31.12.2007 137 000 Euro; v. 1.1. 2008 bis zum 31.12.2009 133 000 Euro. 3 OLG München v. 28.9.2005 – Verg 19/05, VergabeR 2006, 238 (241).

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§ 2 VgV

Schwellenwerte

– Dienstleistungen nach Anhang II Teil B RL 2004/18/EG (§ 2 Nr. 1 Satz 2 lit. b) VgV). Soweit diese Dienstleistungen von Auftraggebern nach § 2 Nr. 1 VgV vergeben werden, findet der Schwellenwert des § 2 Nr. 2 VgV Anwendung. Dies ergibt sich aus § 2 Nr. 1 Satz 2 VgV a.E. 9 Eine weitere Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 2 Nr. 1 VgV betrifft Lieferleistungen im Verteidigungsbereich mit Ausnahme von Lieferaufträgen für Waren, die im Anhang V RL 2004/18/EG aufgeführt sind. Für die Vergabe der Lieferung der im Anhang V genannten Waren findet somit der Schwellenwert des § 2 Nr. 1 VgV Anwendung. Für alle übrigen Lieferaufträge im Verteidigungsbereich gilt der Schwellenwert des § 2 Nr. 2 VgV (dies ergibt sich aus Art. 7 lit. b) RL 2004/18/EG), soweit nicht ein Fall des § 100 Abs. 2 lit. a), d) oder e) vorliegt. 10 b) Übrige Auftraggeber (§ 2 Nr. 2 VgV). Für alle übrigen Liefer- und Dienstleistungsaufträge (§ 99 Abs. 2 und 4), die nicht § 2 Nr. 1 VgV unterfallen, beträgt der Schwellenwert seit dem 1.1.2010 193 000 Euro ohne Umsatzsteuer (Art. 7 lit. b), Art. 8 Abs. 1 lit. b) RL 2004/18/EG)1. 5. Bauaufträge (§ 2 Nr. 3 VgV) 11 Für Bauaufträge im Sinne des § 99 Abs. 3 beträgt der Schwellenwert ab dem 1.1.2010 4 845 000 Euro ohne Umsatzsteuer (Art. 7 lit. c), 8 Abs. 1 lit. a) RL 2004/18/EG)2. Der gleiche Betrag findet auf die Vergabe von Baukonzessionen und durch Baukonzessionäre Anwendung (§ 22a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 VOB/A 2009; Art. 56 und 63 Abs. 1 RL 2004/18/EG). Die Definition der Baukonzession findet sich in § 99 Abs. 6. 6. Auslobungsverfahren (§ 2 Nr. 4 und 5 VgV) 12 Auf Auslobungsverfahren (§ 99 Abs. 5), soweit diese zu einem Dienstleistungsauftrag führen sollen, findet dessen Schwellenwert Anwendung (Art. 67 Abs. 1 RL 2004/18/EG); der Wert kann somit 125 000 Euro (§ 2 Nr. 1 VgV) oder 193 000 Euro betragen (§ 2 Nr. 2 VgV). Für andere Auslobungsverfahren finden § 2 Nr. 1 und 2 VgV entsprechende Anwendung (§ 2 Nr. 5 VgV). Es ergeben sich die gleichen Werte wie im Fall des § 2 Nr. 4 VgV. 1 Der Schwellenwert betrug v. 1.11.2006 bis zum 31.12.2007 211 000 Euro; v. 1.1. 2008 bis zum 31.12.2009 206 000 Euro. 2 Der Schwellenwert betrug v. 1.11.2006 bis zum 31.12.2007 5 278 000 Euro; v. 1.1. 2008 bis zum 31.12.2009 5 150 000 Euro.

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Schwellenwerte

§ 2 VgV

7. Lose (§ 2 Nr. 6 und 7 VgV) Besondere Bestimmungen enthalten § 2 Nr. 6 und Nr. 7 VgV für die Ver- 13 gabe von Losen von Bau- bzw. Dienstleistungsaufträgen. Die Regelung basiert auf Art. 9 Abs. 5 lit. a) RL 2004/18/EG. Zu dem Begriff des „Loses“ vgl. § 97 Rz. 55. Die Abgrenzung, wann ein selbstständiger öffentlicher Auftrag vorliegt, dessen Schwellenwert allein maßgeblich ist, und wann es sich um ein Los handelt, dessen Schwellenwert mit den Auftragswerten weiterer Lose zusammenzurechnen ist, kann in der Praxis Schwierigkeiten bereiten. Der Begriff des Auftrags ist autonom nach dem Zweck des europäischen Vergaberechts, potentiellen Bietern den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu garantieren, die für sie von Interesse sind, auszulegen und daher funktional zu verstehen1. Soweit gleichartige Leistungen vorliegen, die in einem funktionalen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, bilden sie einen einheitlichen Auftrag. Bei den einzelnen Teilen dieses Auftrags handelt es sich um Lose2. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, das heißt werden zwei oder mehrere funktional, räumlich oder zeitlich unabhängige Leistungen vergeben, liegen mehrere selbstständige Aufträge vor, deren Auftragswerte nicht zusammengerechnet werden müssen. Wird ein Auftrag gekündigt und die Restleistungen neu vergeben, stellen diese einen eigenständigen Auftrag und nicht das Los eines Gesamtauftrags dar3. Voraussetzung für die Anwendung des § 2 Nr. 6 und 7 VgV ist stets, dass 14 der Gesamtauftrag den Schwellenwert des § 2 Nr. 3 VgV (für Bauaufträge) bzw. des § 2 Nr. 1 oder 2 VgV (für Dienstleistungsaufträge) erreicht oder überschreitet4. Hierbei sind die Werte aller Lose zusammen zu zählen (§ 3 Abs. 7 Satz 1 VgV). Ist der Schwellenwert im Hinblick auf den Gesamtauftrag nicht erreicht, unterfällt auch die Vergabe einzelner Lose nicht dem Kartellvergaberecht, selbst wenn bezogen auf diese Lose die in § 2 Nr. 6 oder Nr. 7 VgV genannten Beträge erreicht oder überschritten werden.

1 EuGH v. 18.1.2007 – C-220/05, Slg. 2007, I–385 – Tz. 52 f. – Auroux. 2 OLG Rostock v. 20.9.2006 – 17 Verg 8/06, VergabeR 2007, 394 (397 f.); OLG Karlsruhe 12.11.2008 – 15 Verg 4/08, VergabeR 2009, 200; Lederer in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, A § 1a Rz. 30; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 8. 3 Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VgV Rz. 31; a.A. Heindl, VergabeR 2002, 127. 4 OLG Dresden v. 2.11.2004 – WVerg 11/04, VergabeR 2005, 258; Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VgV Rz. 23.

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§ 2 VgV

Schwellenwerte

15 Ist der jeweilige Schwellenwert für den Gesamtauftrag erreicht oder überschritten, muss grundsätzlich jedes Los entsprechend den Bestimmungen des 4. Teil des GWB sowie der VgV ausgeschrieben werden. Eine Ausnahme existiert für das sogenannte „20 %-Kontingent“. Demnach ist der Auftraggeber berechtigt, Lose, deren Wert zusammengerechnet weniger als 20 % der Gesamt-Auftragssumme beträgt, ohne Beachtung des 4. Teils des GWB und der VgV zu vergeben. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass zumindest 80 % aller Lose eines Auftrags, dessen Gesamt-Auftragswert den einschlägigen Schwellenwert erreicht oder übersteigt, europaweit ausgeschrieben werden müssen. Grund für diese Regelung ist, dass bei niedrigen Aufträgen eine europaweite Vergabe nicht sinnvoll erscheint1. Der Auftraggeber ist in der Entscheidung, welche Lose er dem 20 %-Kontingent zuordnet, frei. Er muss hierfür weder die zuerst, noch die zuletzt ausgeschriebenen Lose auswählen2. Bringt der Auftraggeber bei Ausschreibung eines Loses zum Ausdruck, dass er den 2. Abschnitt der VOB/A bzw. der VOL/A anwendet, etwa indem er die zuständige Vergabekammer angibt, liegt hierin der Verzicht der Zuordnung dieses Loses zu dem 20 %-Kontingent. Hieran ist der Auftraggeber gebunden3. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber bereits 80 % des Gesamtauftragwerts europaweit ausgeschrieben hat. Vergibt er auch die folgenden Lose unter Beachtung der Vorschriften des GWB und der VgV, ist er hieran gebunden. Der Weg vor die Vergabekammer ist eröffnet, obwohl eine europaweite Vergabe nicht zwingend erforderlich war4. Unberührt bleibt eine etwaige Verpflichtung des Auftraggebers, ein dem 20 %-Kontigent zugeordnetes Los unter Beachtung des 1. Abschnitts der VOB/A bzw. der VOL/A auszuschreiben. 16 Lose eines Bauauftrags, deren Auftragswert 1 Mio. Euro erreicht oder übersteigt, dürfen dem 20 %-Kontingent nicht hinzugeordnet werden und müssen jedenfalls nach den Vorschriften des 4. Teils des GWB und

1 BayObLG v. 27.4.2001 – Verg 5/01, VergabeR 2002, 61 (62). 2 BayObLG v. 27.4.2001 – Verg 5/01, VergabeR 2002, 61 (62); BayObLG v. 1.10.2001 – Verg 6/01, VergabeR 2002, 63 (66); Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VgV Rz. 28; Müller-Wrede in Ingenstau/Korbion, VOB, A § 1a Rz. 49. 3 BayObLG v. 13.8.2001 – Verg 10/01, VergabeR 2001, 402 (404); BayObLG v. 1.10. 2001 – Verg 6/01, VergabeR 2002, 63 (66); OLG Koblenz v. 15.5.2003 – 1 Verg 3/03, VergabeR 2003, 567 (570); Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VgV Rz. 29. 4 BayObLG v. 13.8.2001 – Verg 10/01, VergabeR 2001, 402; Dreher in Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 100 Rz. 19; a.A. Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 100 Rz. 11; Höß, VergabeR 2002, 19 (23).

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Schätzung des Auftragswertes

§ 3 VgV

der VgV ausgeschrieben werden. Für Dienstleistungsaufträge beträgt dieser Wert 80 000 Euro. Anders als § 2 VgV sieht Art. 9 Abs. 5 lit. b) RL 2004/18/EG einen 17 Schwellenwert von 80 000 Euro auch für Lose von Lieferaufträgen über gleichartige Waren vor. Diese Regelung findet unmittelbare Anwendung. Zur Ermittlung des Gesamtauftragswerts sind allerdings lediglich die Auftragswerte gleichartiger Lieferungen zusammenzuzählen (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VgV). 8. Sektorenauftraggeber Die Schwellenwerte für Sektorenauftraggeber nach § 98 Nr. 4 ergeben 18 sich unmittelbar aus der RL 2004/17/EG (Sektorenkoordinierungsrichtlinie) (§ 1 Abs. 2 SektVO). Die bisherige Regelung in § 2 Nr. 1 VgV a.F. zu Sektorenauftraggebern ist mit in Kraft treten der SektVO entfallen.

Schätzung des Auftragswertes

3

(1) Bei der Schätzung des Auftragswertes ist von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung einschließlich etwaiger Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter auszugehen. Dabei sind alle Optionen oder etwaige Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. (2) Der Wert eines beabsichtigten Auftrages darf nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden, den Auftrag der Anwendung dieser Verordnung zu entziehen. (3) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen ist der Auftragswert zu schätzen 1. entweder auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwertes entsprechender aufeinander folgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder 2. auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aufeinander folgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden. Glahs

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§ 3 VgV

Schätzung des Auftragswertes

(4) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert 1. bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge; 2. bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert. (5) Bei Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Wert aller Lieferleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführungen der Bauleistungen erforderlich sind und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. (6) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen elektronischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während deren Laufzeit geplant sind. (7) Besteht die beabsichtigte Beschaffung aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, ist der Wert aller Lose zugrunde zu legen. Bei Lieferaufträgen gilt dies nur für Lose über gleichartige Lieferungen. (8) Bei Auslobungsverfahren, die zu einem Dienstleistungsauftrag führen sollen, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an Teilnehmer. Bei allen übrigen Auslobungsverfahren entspricht der Wert der Summe aller Preisgelder und sonstigen Zahlungen an Teilnehmer sowie des Wertes des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der Auftraggeber dies in der Bekanntmachung des Auslobungsverfahrens nicht ausschließt. (9) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes ist der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet oder das Vergabeverfahren auf andere Weise eingeleitet wird. I. 1. 2. 3. 4. II. 1. 2.

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Allgemeines . . . . . . . . . . . . 1 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 EU-Bestimmungen . . . . . . . . 2 Maßgeblicher Schwellenwert/ Auftragsart . . . . . . . . . . . . . 3 Selbständiger Auftrag/Los . . . 3a Schätzung des Auftragswertes . 4 Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . 4 Schätzung des Auftragswertes

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anhand objektiver Kriterien . 3. Dokumentation in der Vergabeakte . . . . . . . . . . . . 4. Folgen mangelhafter oder fehlender Schätzung . . . . . . . . III. Gesamtauftragswert bei Bauaufträgen . . . . . . . . . . . 1. Gesamtauftragswert bei einem Auftrag . . . . . . . . . .

6 9 10 11 11

§ 3 VgV

Schätzung des Auftragswertes 2. Gesamtauftragswert bei mehreren Einzelaufträgen/Lose . . . . 3. Zu berücksichtigende Kosten . 4. Auftragswert bei Baukonzessionen . . . . . . . . . . . . 5. Typengemischte Verträge . . . IV. Gesamtauftragswert bei Dienstleistungsaufträgen . . . . 1. Gesamtauftragswert bei einem Auftrag . . . . . . . . . . . 2. Gesamtauftragswert bei mehreren Einzelaufträgen/ Losen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Typengemischte Verträge . . . V. Gesamtauftragswert bei Lieferungen . . . . . . . . . . . . .

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1. Gesamtauftragswert bei einem Auftrag . . . . . . . . . . 2. Gesamtauftragswert bei mehreren Einzelaufträgen/Losen . . 3. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . VI. Auftragswert bei freiberuflichen Leistungen, insbesondere Planungsleistungen . . . . VII. Auftragswert bei Daueraufträgen und Rahmenvereinbarungen . . . . . . . . . . VIII. Auftragswert bei Vertragsänderungen . . . . . . . . . . . . IX. Auftragswert bei mehreren Auftraggebern . . . . . . . . . . X. Losweise Vergabe (20 %-Kontingent) . . . . . . . .

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I. Allgemeines 1. Inhalt § 3 VgV ergänzt §§ 1 und 2 VgV und regelt, wie die Auftragswerte zur 1 Ermittlung der Schwellenwerte zu schätzen sind. Wesentlicher Aspekt bei der Schätzung des Auftragswertes ist, dass der Auftraggeber den Wert seriös prognostizieren und kalkulieren muss. So bestimmt § 3 Abs. 2 VgV, dass der Auftragswert nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden darf, ihn der Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu entziehen. Die Absätze 3 bis 8 der Vorschrift befassen sich mit Einzelheiten bei der Schätzung des Auftragswertes, und zwar insbesondere bei Daueraufträgen, Rahmenvereinbarungen, Optionen und Losen einer Gesamtbeschaffung. Abs. 9 bestimmt den maßgeblichen Zeitpunkt zur Schätzung des Auftragswertes. 2. EU-Bestimmungen Durch § 3 VgV wird Art. 9 der Vergabekoordinierungsrichtlinie (2004/18/ 2 EG) bzw. Art. 8 der Sektorenvergabekoordinierungsrichtlinie (2004/17/ EG) umgesetzt. In den Richtlinien wird – ebenso wie in § 1 VgV – klargestellt, dass auf den geschätzten Auftragwert ohne Umsatzsteuer abzustellen ist. Hintergrund ist, dass der Umsatzsteuersatz in den Mitgliedsstaaten der EU verschieden ist und verhindert werden soll, dass der Umfang der Aufträge, die dem EU-Vergaberecht unterliegen, vom Umsatzsteuersatz in dem jeweiligen Mitgliedstaat abhängig ist. Glahs

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§ 3 VgV

Schätzung des Auftragswertes

3. Maßgeblicher Schwellenwert/Auftragsart 3 Bevor der Auftraggeber den Auftragswert schätzt, muss er bestimmen, welcher Schwellenwert für die geplante Auftragsvergabe maßgeblich ist bzw. ob der von ihm zu vergebende Auftrag als Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrag einzuordnen ist1. Abgrenzungsschwierigkeiten können sich u.a. bei typengemischten Verträgen, wie z.B. Wärme-ContractingVerträgen2, bei Wartungs- und Instandhaltungsverträgen an baulichen Anlagen3 oder bei der Lieferung von Waren bzw. Einrichtungsgegenständen als Massenwaren4 ergeben. Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an einer baulichen Anlage stellen in der Regel Dienstleistungsaufträge und keine Bauaufträge dar. Sie stellen nur dann Bauaufträge dar, wenn sie für den Bestand oder die Erneuerung der baulichen Anlage von erheblicher Bedeutung sind; d.h. in der Regel nur dann, wenn die Arbeiten mit erheblichen Substanzeingriffen verbunden sind5. Dies bedeutet, dass für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten regelmäßig der Schwellenwert für Dienstleistungsaufträge, nicht aber für Bauaufträge einschlägig ist. Auch für einen Wärme-Contracting-Vertrag hat das OLG Düsseldorf6 angenommen, der Vertrag, der typengemischt Elemente eines Bauauftrags und eines Lieferauftrags enthielt, sei insgesamt nach den Regeln über Dienstleistungsaufträge zu behandeln, weil das wesentliche Vertragsrisiko nicht in der Bauleistung, sondern der Lieferleistung über einen langen Zeitraum liege. Schließlich ist zu beachten, dass die Lieferung von Waren bzw. Einrichtungsgegenständen, die nicht auf das konkrete Bauobjekt zugeschnitten sind und die ohne größere Anpassung oder Einbau in das Objekt gebracht werden, ebenfalls als Lieferaufträge einzustufen sind7. 4. Selbständiger Auftrag/Los 3a Besondere Bestimmungen enthalten § 3 Abs. 7 Nr. 1 und 2 VgV für die Vergabe von Losen von Aufträgen. Die Regelung basiert auf Art. 9 Abs. 5 lit. a) RL 2004/18/EG. Zu dem Begriff des „Loses“ vgl. § 97 Rz. 13 und 1 Siehe bei § 99 Rz. 80 ff. und Rz. 137 ff.; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, GWB, 2. Aufl. 2009, § 99 Rz. 167 ff., 185 ff. 2 OLG Düsseldorf v. 12.3.2003 – Verg 49/02. 3 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, GWB, 2. Aufl. 2009, § 99 Rz. 182. 4 Vgl. OLG München v. 28.9.2005 – Verg 19/05, ZfBR 2006, 99; vgl. auch Ollmann, Vergaberecht 2005, 685 (691). 5 OLG Düsseldorf v. 18.10.2006 – VII-Verg 35/06, VergabeR 2009, 2006 (202); VK Bund v. 31.7.2006 – VK 2-65/06. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.3.2003 – Verg 49/02. 7 OLG München v. 28.9.2005 – Verg 19/05, ZfBR 2006, 99.

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Schätzung des Auftragswertes

§ 3 VgV

unten Rz. 12 f.; 20 f.; 24 f. Die Abgrenzung, wann ein selbstständiger öffentlicher Auftrag vorliegt, dessen Schwellenwert allein maßgeblich ist, und wann es sich um ein Los handelt, dessen Schwellenwert mit den Auftragswerten weiterer Lose zusammenzurechnen ist, kann in der Praxis Schwierigkeiten bereiten. Der Begriff des Auftrags ist autonom nach dem Zweck des europäischen Vergaberechts, potentiellen Bietern den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu garantieren, die für sie von Interesse sind, auszulegen und daher funktional zu verstehen1. Soweit gleichartige Leistungen vorliegen, die in einem funktionalen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, bilden sie einen einheitlichen Auftrag. Bei den einzelnen Teilen dieses Auftrags handelt es sich um Lose2. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, das heißt werden zwei oder mehrere funktional, räumlich oder zeitlich unabhängige Leistungen vergeben, liegen mehrere selbstständige Aufträge vor, deren Auftragswerte nicht zusammengerechnet werden müssen. Wird ein Auftrag gekündigt und die Restleistungen neu vergeben, stellen diese einen eigenständigen Auftrag und nicht das Los eines Gesamtauftrags dar3. II. Schätzung des Auftragswertes 1. Maßgeblicher Zeitpunkt Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes ist gemäß 4 § 3 Abs. 9 VgV der Tag der Absendung der Vergabebekanntmachung, wenn eine solche erfolgen muss. Bei Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung oder bei sonstigen Auftragsvergaben ohne förmliches Verfahren muss der Verfahrensbeginn anders bestimmt werden. Der Beginn eines Vergabeverfahrens ist nicht legal definiert. Allerdings gibt es bzgl. der Frage schon seit langem eine gefestigte Rechtsprechung. Diese stellt – im Anschluss an eine EuGH-Entscheidung – auf eine funktionale Definition der Begriffe Vergabeverfahren und Beginn des Vergabeverfahrens ab. Ein Vergabeverfahren wird definiert als eine nach außen wirkende Tätigkeit der Vergabestelle im Sinne eines Verwaltungsverfahrens, die auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet ist. Begonnen wird dieses 1 EuGH v. 18.1.2007 – C-220/05, Slg. 2007, I-385 – Tz. 52 f. – Auroux, NZBau 2007, 185. 2 OLG Rostock v. 20.9.2006 – 17 Verg 8/06, VergabeR 2007, 394 (397 f.); OLG Karlsruhe 12.11.2008 – 15 Verg 4/08, VergabeR 2009, 200 (202); Lederer in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl. 2010, § 1a VOB/A Rz. 30; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 100 Rz. 8. 3 Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl. 2010, § 2 VgV Rz. 31; a.A. Heindl, VergabeR 2002, 127.

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§ 3 VgV

Schätzung des Auftragswertes

Verfahren dann, wenn nach außen wirkende planvolle Schritte zum Abschluss des Vertrages eingeleitet werden. Vergabeverfahren ohne Vergabebekanntmachung beginnen deshalb – und zwar unabhängig davon, ob eine Pflicht zur Vergabebekanntmachung bestand oder nicht – mit Maßnahmen, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Wechsel von einer Vorbereitung des Verfahrens zur Herbeiführung des konkreten Vertragsschlusses darstellen, und zwar durch ein nach außen wirkendes Tätigwerden1. 5 Für die Ermittlung des geschätzten Auftragswertes ist es unerheblich, ob sich der geschätzte Wert bei einer nach diesem Zeitpunkt liegenden Schätzung erhöhen oder reduzieren würde2. Lag der geschätzte Auftragswert am Stichtag über dem maßgeblichen Schwellenwert, so handelt es sich um eine Auftragsvergabe oberhalb des Schwellenwertes, auch wenn sich der geschätzte Auftragswert zu einem späteren Zeitpunkt reduziert. Lag der geschätzte Auftragswert am Stichtag unterhalb des maßgeblichen Schwellenwertes, so handelt es sich um eine Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte, auch wenn dann nur Angebote eingehen, die oberhalb des Schwellenwertes liegen. Dies setzt aber voraus, dass die Schätzung ordnungsgemäß erfolgt ist. 2. Schätzung des Auftragswertes anhand objektiver Kriterien 6 Der öffentliche Auftraggeber muss den Auftragswert sorgfältig und nach objektiven Kriterien schätzen. Gemäß § 3 Abs. 2 VgV darf er den Wert nicht in der Absicht schätzen oder aufteilen, die Geltung des Vergaberechts zu vermeiden. Abzustellen ist gemäß § 3 Abs. 1 auf die geschätzte Gesamtvergütung (ohne Umsatzsteuer) für die vorgesehene Leistung, bzw. auf den Verkehrs- bzw. Marktwert, zudem eine bestimmte Leistung zum maßgebenden Zeitpunkt am Markt zu erhalten ist. Zu ermitteln ist der Wert, den ein umsichtiger und sachkundiger Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und auf dem Boden einer betriebswirtschaftlichen Finanzplanung veranschlagen würde. 1 Vgl. zu dieser allgemein anerkannten Definition: BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04 „Altpapierverwertung II“, VergabeR 2005, 330; OLG Düsseldorf v. 20.6.2001, Verg 3/01, NZBau 2001, 696; OLG Rostock v. 5.2.2003 – 17 Verg 14/02, VergabeR 2003, 321; OLG Naumburg v. 8.10.2009 – 1 Verg 9/09, vgl. Entscheidungsbesprechung in IBR 2010 2012; Kus in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 102 Rz. 12. 2 OLG Celle v. 19.8.2009 – 13 Verg 4/09, IBR 2010, 40; Kühnen in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, Rz. 1500; Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl. 2010, § 3 VgV Rz. 14 ff.

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Schätzung des Auftragswertes

§ 3 VgV

Die Schätzung muss besonders detailliert und konkret erfolgen, wenn sie zu einem Auftragswert in der Nähe des Schwellenwertes führt1. Keine ordnungsgemäße Schätzung liegt vor, wenn der Auftraggeber sich von mindestbietenden Teilnehmern eines inzwischen aufgehobenen Vergabeverfahrens anbieten lässt, dass dieser sein dort für einen fünfjährigen Dienstleistungsauftrag angebotenen Jahrespreis unverändert auch für die nunmehr nur noch vorgesehene bloß zweijährige Vertragslaufzeit aufrechterhalten werde, und der Auftraggeber diesen Preis als geschätzten Auftragswert für das neue Vergabeverfahren übernimmt2. Gleiches gilt, wenn die Kostenschätzung auf veralteten Daten beruht, wichtige Aspekte zur Kostenkalkulation außer Betracht lässt oder pauschal und ungeprüft andere Kalkulationsgrundlagen übernimmt3. Bei ÖPP-Projekten, bei denen die Planung, der Bau, die Finanzierung und Bewirtschaftungsleistungen für einen Zeitraum von 20 oder 25 Jahren vergeben werden sollen, kann der Auftragswert auf der Basis einer Vergleichsrechnung ermittelt werden, und zwar der Auftragswert bei einer konventionellen Beschaffung außerhalb eines ÖPP-Modells abzüglich ca. 10 % (wegen der erhofften Kostenersparnis)4. Darüber hinaus darf der Auftraggeber den Wert nicht aufteilen, um den 7 Auftrag der Anwendung des Vergaberechts zu entziehen. Diese Regelung in Absatz 2 korrespondiert mit § 3 Abs. 7. Der Auftraggeber darf aus einem einheitlichen Beschaffungsvorhaben nicht zum Zwecke der Umgehung des Vergaberechts mehrere selbständige Aufträge bilden. Die Rechtsprechung folgert hieraus, dass es eine unzulässige Aufteilung darstellt, wenn von einer ursprünglich vorgesehenen Vertragslaufzeit von 5 Jahren ohne sachlichen Grund abgewichen werde5 oder wenn der Auftraggeber den Vertrag über die Anmietung von Kopiersystemen und den Vertrag über den Ankauf von Kleinkopiersystemen getrennt betrachtet, ohne dass sachliche Gründe für die Aufteilung in die Beschaffung der Kleingeräte per Ankauf und die Ausschreibung der reduzierten Anteile von Multifunktionsgeräten vorlagen6. 1 Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl. 2010, § 3 VgV Rz. 13; OLG Celle v. 12.7.2007 – 13 Verg 6/07, VergabeR 2007, 704; VK Hessen v. 14.10.2008 – 69d-VK-41/2008. 2 OLG Düsseldorf v. 8.5.2002 – Verg 5/02, VergabeR 2002, 665 (666). 3 VK Schleswig-Holstein v. 10.2.2005 – VK-SH 2/05, ZfBR 2005, 318; VK Hessen v. 14.10.2008 – 69d-VK-41/2008. 4 OLG Brandenburg v. 7.4.2009 – Verg W 14/08, IBR 2010, 41. 5 OLG Düsseldorf v. 8.5.2002 – Verg 5/02, VergabeR 2002, 665 (666); Kühnen in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl., § 3 VgV Rz. 1501. 6 VK Hessen v. 14.10.2008 – 69d-VK-41/2008.

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§ 3 VgV

Schätzung des Auftragswertes

Insoweit ist aber zu unterscheiden: Eine unzulässige Aufteilung des Auftragswertes liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber sich entscheidet, die nachgefragte Leistung endgültig einzuschränken oder zu reduzieren, auch wenn dies mit dem Ziel erfolgt, zu einer Auftragsvergabe unterhalb der Schwellenwerte zu kommen. Denn eine „Aufteilung“ kann bei einer endgültigen Reduzierung der nachgefragten Leistung nicht vorliegen. Entscheidet sich der Auftraggeber, aus welchen Gründen auch immer, die von ihm nachgefragte Leistung (endgültig) zu reduzieren, gibt er also sein Beschaffungsvorhaben auf, so liegt kein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 VgV vor. Bei einer Verkürzung der Vertragslaufzeit kommt es also darauf an, ob davon auszugehen ist, dass der Auftraggeber nach Ablauf der verkürzten Vertragslaufzeit den Auftrag erneut vergeben wird oder vergeben muss. Bei einer Aufteilung des Auftrags in eine Dienstleistung einerseits (z.B. Miete von Gegenständen) und der Lieferung andererseits (z.B. Kauf von Gegenständen) kommt es darauf an, ob sachliche Gründe für die Trennung in einen Dienstleistungsauftrag einerseits und einen Lieferauftrag andererseits vorliegen. 8 Ist die Schätzung ordnungsgemäß erfolgt, richtet sich allein danach, welche Vergabevorschriften anwendbar sind, auch wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Auftragswert entgegen der Schätzung oberhalb oder unterhalb der Schwellenwerte lag. Bei der Schätzung ist der Auftraggeber jedoch verpflichtet, möglichst genau unter Berücksichtigung von Vergleichswerten zu kalkulieren. Hält er sich innerhalb dieses Rahmens, steht ihm ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsstellen nicht hinterfragt werden kann, sondern hingenommen werden muss1. Eine Kostenschätzung ist deshalb schon dann hinzunehmen, wenn sie aufgrund objektiv vorliegender und erkennbarer Daten als vertretbar erscheint. 3. Dokumentation in der Vergabeakte 9 Der Auftraggeber muss seine Schätzung in der Vergabeakte dokumentieren2. Angesichts der Wichtigkeit der Festlegung des Auftragswertes für die Eröffnung des Primärrechtsschutzes unterliegen diese Angaben der aus dem Transparenzgebot folgenden Dokumentationspflicht und müssen daher notwendiger Bestandteil des Vergabevermerks sein3. 1 Kemper in Beck’scher Kommentar zur VOB/A, 2001, § 1a Rz. 47. 2 VK Lüneburg v. 2.4.2009 – VgK-05/2009; OLG Celle v. 12.7.2007 – 13 Verg 6/07, ZfBR 2007, 704; OLG Rostock v. 20.9.2006 – 17 Verg 8/06, IBR 2007, 210; OLG Schleswig v. 30.3.2004, 6 Verg 1/03, IBR 2004, 722; VK Arnsberg v. 4.11.2008 – VK 23/08. 3 OLG Bremen v. 26.6.2009 – Verg 3/2005, VergabeR 2009, 948 (951).

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4. Folgen mangelhafter oder fehlender Schätzung Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Schätzung des Auftragswertes durch 10 den Auftraggeber zum maßgebenden Zeitpunkt, so nehmen der Vergabesenat bzw. die Vergabekammer die Schätzung des Auftragswertes eigenständig vor1. Bei der Schätzung muss die Vergabekammer bzw. der Vergabesenat versuchen, eine ordnungsgemäße Kostenkalkulation zum maßgeblichen Zeitpunkt zu erstellen. Dabei können allerdings die Auftragswerte der im Wettbewerb eingegangenen Angebote berücksichtigt werden, wobei selbstverständlich jeweils zu überprüfen ist, ob mit solchen Angeboten schon zum maßgeblichen Zeitpunkt zu rechnen war2. Unerheblich ist, ob der öffentliche Auftraggeber irrtümlich davon ausgegangen ist, es handele sich um eine Auftragsvergabe oberhalb der Schwellenwerte. Der Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB wird nicht durch eine (fehlerhafte) Selbstbindung des Auftraggebers an die Vergabevorschriften oberhalb der Schwellenwerte eröffnet. Ist die Annahme, es liege eine Auftragsvergabe oberhalb der Schwellenwerte vor, objektiv fehlerhaft gewesen, ist der Anwendungsbereich des Vergaberechts gemäß §§ 97 ff. GWB nicht eröffnet3. III. Gesamtauftragswert bei Bauaufträgen 1. Gesamtauftragswert bei einem Auftrag Der Wert eines zu vergebenden Bauauftrags bestimmt sich nach dem 11 Gesamtauftragswert und darf gemäß § 3 Abs. 2 VgV nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden, ihn der Anwendung des Vergaberechts zu entziehen. Wenn und soweit Bauleistungen in einem Vertrag vergeben werden bzw. vergeben werden sollen, ist maßgeblich der geschätzte Auftragswert für alle zu erbringenden Bauleistungen, und zwar selbst dann, wenn es sich bei getrennten Auftragsvergaben um selbstständige Bauvorhaben handelte. Will deshalb ein Auftraggeber z.B. zwei Gebäude errichten lassen, zwischen denen keinerlei Funktionszusammenhang besteht, handelt es sich dennoch um einen Bauauftrag, wenn sich der öffentliche 1 OLG Celle v. 19.8.2009 – 13 Verg 4/09; VK Hessen v. 13.5.2009 – 69d-VK-10/2009, vgl. Entscheidungsbesprechung in IBR 2009, 3104; OLG Celle v. 12.7.2007 – 13 Verg 6/07, VergabeR 2007, 808 (810); OLG Karlsruhe v. 12.11. 2008 – 15 Verg 4/08, VergabeR 2009, 200 (205). 2 VK Hessen v. 13.5.2009 – 69d-VK-10/2009 (auch zu der Frage, wann ein Verstoß zu rügen ist), vgl. Entscheidungsbesprechung in IBR 2009, 3104. 3 OLG München v. 28.9.2005 – Verg 19/05, ZfBR 2006, 99; OLG Düsseldorf v. 31.3. 2004 – Verg 74/03, IBR 2004, 637; OLG Stuttgart v. 12.8.2002 – Verg 17/02, NZBau 2003, 340.

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Schätzung des Auftragswertes

Auftraggeber entschieden hat, den Bauauftrag für beide Gebäude in einem Vertrag zu vergeben. Sie werden ein „einheitlicher Bauauftrag“ allein dadurch, dass sie in einem Vertrag vergeben werden1. 2. Gesamtauftragswert bei mehreren Einzelaufträgen/Lose 12 Schwieriger ist die Abgrenzung vorzunehmen, wenn die Leistung nicht einheitlich, sondern durch mehrere Verträge vergeben werden soll. Sofern es sich um voneinander getrennt zu betrachtende Beschaffungsvorhaben handelt, muss der Auftragswert dieser Aufträge, auch wenn sie zur gleichen Zeit vergeben werden, nicht zusammengerechnet werden. Handelt es sich dagegen um Lose eines als Einheit zu betrachtenden Auftrags bzw. eines als Einheit zu betrachtenden Beschaffungsvorhabens müssen die Auftragswerte addiert werden (§ 3 Abs. 7). 13 Ob die verschiedenen Aufträge als Einheit und damit als Lose eines einheitlichen Bauauftrags einzustufen sind, hängt vom Einzelfall ab. Es kommt darauf an, ob ein funktionaler Zusammenhang zwischen den einzelnen Teilaufträgen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht besteht. Eine einheitlicher Bauauftrag im Sinn von § 3 VgV umfasst demnach alle Maßnahmen, die für die vollständige Herstellung sowohl in technischer Hinsicht als auch im Hinblick auf eine sachgerechte Nutzung erforderlich sind. Umgekehrt ist der Wert von Einzelaufträgen nicht zu einem Gesamtauftragswert zusammenzurechnen, wenn die Einzelaufträge unterschiedliche wirtschaftliche oder technische Funktionen erfüllen2. Es ist außerdem zu entscheiden, wann eine bauliche Anlage oder ein Bauwerk vorliegt. Ein Bauwerk wird definiert als das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- und Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllt, so dass zwei selbstständige Bauaufträge bzw. Bauwerke vorliegen, wenn die Ergebnisse der jeweiligen Aufträge unterschiedliche wirtschaftliche und technische Funktionen erfüllen und damit unterschiedlichen Bauwerken dienen3. Dementsprechend wird z.B. angenommen, dass eine Abwasserreinigungsanlage und ein Kanalnetz grundsätzlich kein einheitliches Bauwerk bilden4. Auch in 1 OLG Stuttgart v. 9.8.2001 – 2 Verg 3/01, NZBau 2002, 292 (293). 2 OLG Brandenburg v. 20.8.2003 – Verg W 4/02, ZfBR 2003, 205. 3 Vgl. § 99 GWB; OLG Brandenburg v. 20.8.2002 – Verg W 4/02, ZfBR 2003, 205; Müller-Wrede in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 17. Aufl. 2010, § 10 VOB/A Rz. 46. 4 VK Nordbayern v. 24.9.2003 – 320. VK-3194–30/03; Rusam in Heiermann/Riedl/ Rusam, Handkommentar zur VOB, 11. Aufl. 2008, § 1a Nr. 9; Lederer in Kapellmann/Messerschmidt, VOB.

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Schätzung des Auftragswertes

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folgenden Fällen wurden funktional eigenständige Bauwerke bzw. Bauaufträge angenommen, bei der keine Zusammenrechnung der Auftragswerte erfolgte: (i) Straßen eines Straßenrings einerseits und Zufahrtsstraße zu diesem Ring andererseits1; (ii) Zufahrtsstraße für eine Vielzahl von Gebäuden einerseits und Errichtung eines Gebäudes an dieser Straße anderseits; (iii) in sich abgeschlossene verkehrswirksame Bauabschnitte einer Autobahn sowie Straßenbahntrassen mit definiertem Anfangs- und Endpunkt2. Dies gilt schließlich auch bei einer Parzellierung von Grundstücken, die im Hinblick auf geplante Veräußerungen und Investorenwettbewerbe geteilt wurden3. Geht es nicht um die Errichtung eines neuen Bauwerks, sondern um 14 Sanierungs- oder Erneuerungsarbeiten kommt es ebenfalls darauf an, ob ein funktionaler Zusammenhang zwischen den verschiedenen geplanten Maßnahmen besteht. Dies wird z.B. verneint für einen Auftrag zur Erweiterung eines Gebäudes und zur Modernisierung der Brandschutztechnik einerseits und einem Auftrag zur Sanierung der Mess-, Steuer- und Regeltechnik andererseits, weil ein zwingender technischer und praktischer Zusammenhang nicht bestehe4. Dies wird ferner verneint bei der Ertüchtigung einer bestehenden Kläranlage durch Errichtung einer zusätzlichen Vorreinigungsstufe einerseits und der Ausschreibung einer weiteren Nachbehandlungsstufe für diese Kläranlage andererseits.5 Auch im Übrigen werden Sanierungs- und Umbaumaßnahmen nicht zusammengefasst zu einem Bauauftrag, wenn sie unterschiedliche wirtschaftliche oder technische Funktionen erfüllen. Zusammengerechnet werden nur die Auftragswerte, die für die Herstellung sowohl in technischer Hinsicht als auch im Hinblick auf die sachgerechte Nutzung (des konkret sanierten Teils) erteilt werden müssen6.

1 OLG Brandenburg v. 20.8.2002 – Verg W 4/02, IBR 2002, 677, ZfBR 2003, 205; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 100 Rz. 8. 2 VK Thüringen v. 10.6.2008 – 250-4002.20-1323/2008-020-EF; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl. 2009, § 100 Rz. 8. 3 VK Düsseldorf v. 10.4.2008 – VK-5/2008, ZfBR 2009, 104: im Einzelnen siehe unter Rz. 16. 4 Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl., § 3 Rz. 3. 5 OLG Rostock v. 20.9.2006 – 17 Verg 8/06, VergabeR 2007, 394. 6 Müller-Wrede in Ingenstau/Korbion, VOB, 15. Aufl. 2002, § 3 VgV Rz. 3 ff.

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Schätzung des Auftragswertes

3. Zu berücksichtigende Kosten 15 Bei der Schätzung des Auftragswertes ist von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Maßgeblich sind die Nettobeträge (ohne Umsatzsteuer). Als Teil der Gesamtvergütung sind Prämien oder Zahlungen an den bzw. die Bewerber oder Bieter im Vergabeverfahren (z.B. § 8 Abs. 8 VOB/A) zusätzlich zu berücksichtigen. Außerdem müssen etwaige Optionen, Bedarfspositionen, Vertragserweiterungen und Vertragsverlängerung berücksichtigt werden. Zu ermitteln ist das größtmögliche Auftragsvolumen, das im Rahmen des Vergabeverfahrens beauftragt werden kann. Die Vergütung umfasst nicht nur die vom Auftraggeber unmittelbar erfolgenden Zahlungen, sondern sie umfasst jede Art von Vergütung, die einen Geldwert darstellen kann, auch wenn die Zahlung durch einen Dritten erfolgt1. Wenn der Auftraggeber mit dem Bauauftrag ein Veräußerungsgeschäft verbindet (z.B. Veräußerung von Maschinen mit Demontage und Entsorgungsleistungen), haben die von dem Bieter angebotenen Zahlungen zur Ermittlung des Schwellenwertes außer Betracht zu bleiben. Bei ihnen handelt es sich zum einen nicht um ein Entgelt für eine Leistung des Auftragnehmers, sondern um die Vergütung einer Leistung des Auftraggebers2. Gleiches gilt für den Miet- bzw. Erbbauzins, wenn der Auftraggeber ein Gebäude vermietet oder ein Erbbaurecht einräumt und den Erwerber zu Erbringung von Baumaßnahmen verpflichtet. Entscheidend ist allein der Wert der Baumaßnahme3. Schließlich ist der Wert aller Lieferungen, die für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden, zu berücksichtigen. Für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind alle Lieferungen, die für die vollständige Herstellung der Bauleistung erforderlich sind. Nicht zu berücksichtigen sind bewegliche Ausrüstungsgegenstände wie z.B. Stühle, Tische etc.4.

1 OLG Celle v. 5.2.2004 – 13 Verg 26/03, NZBau 2005, 51 (52); VK Lüneburg, Beschl. v. 12.11.2003 – 203-VgK-27/2003. 2 VK Schleswig-Holstein v. 25.4.2008 – VK-SH 04/08; VK Bund v. 24.7.2007 – VK 2 – 69/07, 2006, 466 (467), Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht 2009, Stand 18.3.2010, § 3 VgV Rz. 4767. 3 VK Nordbayern v. 27.3.2008 – 21.VK-3194-48/07. 4 VK Südbayern v. 3.8.2004 – 120.3-3194-1-43-06/04; Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht 2009, Stand 18.3.2010, § 3 VgV Rz. 4765.

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§ 3 VgV

4. Auftragswert bei Baukonzessionen Wird eine Baukonzession erteilt, erhält der Auftragnehmer entweder als 16 Gegenleistung entweder nur das Recht zur Nutzung der baulichen Anlage oder er erhält das Recht zur Nutzung der baulichen Anlage zzgl. einer Zahlung des Auftraggebers. Zur Ermittlung des Schwellenwertes ist der Auftragswert aus der Summe der ggf. erfolgenden Zuzahlungen des Auftraggebers und dem Recht zur Nutzung der baulichen Anlage zu ermitteln. Erhält der Auftragnehmer für die Bauleistung anstelle oder neben den Zahlungen des Auftraggebers auch Zahlungen Dritter, so sind auch diese zu berücksichtigen. Denn abzustellen ist auf den Gesamtwert des Bauauftrags aus der Perspektive eines potenziellen Bieters. Dies schließt nicht nur alle Beträge ein, die der Auftraggeber zu zahlen hat, sondern auch alle Zahlungen von Dritten1. Regelmäßig werden aber die von Dritten zu leistenden Zahlungen nicht bekannt sein oder Zahlungen Dritter sind nicht zu erwarten, weil der Auftragnehmer das errichtete Bauwerk selbst nutzen will. Auch dann ergibt sich der Auftragswert aus der Gegenleistung, und zwar dem Recht zur Nutzung der baulichen Anlage (zzgl. etwaiger Zuzahlungen des Auftraggebers. Es ist der Wert des Nutzungsrechts zu schätzen. Bestehen keine sonstigen Anhaltspunkte kann im Zweifel auf die prognostizierten Baukosten zzgl. eines Gewinnzuschlags abgestellt werden, weil eine Vermutung dafür spricht, dass sich die Baukosten amortisieren werden. Fraglich ist, ob bei einer Baukonzession in Form eines Grundstückskaufvertrages mit Bauverpflichtung auch der Grundstückswert zu berücksichtigen ist. Das OLG Düsseldorf hat den Auftragswert ursprünglich nach dem auf die Bauleistung bezogenen Verwertungserlös bestimmt und den Grundstückswert außer Betracht gelassen2. Später hat es als Auftragswert dasjenige angesetzt, was bei Fertigstellung der Baumaßnahmen an Zahlungen voraussichtlich geleistet werden wird, also auf die voraussichtlichen Verwertungseinkünfte3. Zur Prognose der Verwertungseinkünfte wiederum soll nunmehr auch auf den Grundstückswert abgestellt werden4. Dies ist u.E. unzutreffend. Denn abgestellt werden 1 EuGH v. 18.1.2007 – C-220/05, Auroux/Commune de Roanne VergabeR 2007, 183, Rz. 53 bis 57. 2 OLG Düsseldorf v. 27.9.2007 – VII-Verg 2/07 („Ahlhorn“), IBR 2009, 111; OLG Düsseldorf v. 21.7.2008 – VII-Verg 27/08, IBR 2009, 111; so auch: DSTG Dokumentation Nr. 79, Kommunale Immobiliengeschäfte und Ausschreibungspflicht, Ausgabe 4/2008. 3 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – VII-Verg 25/08, VergabeR 2008, 933 (936). 4 OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – VII-Verg 25/08, VergabeR 2008, 933 (936).

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Schätzung des Auftragswertes

kann – wie auch bei typengemischten Verträgen – nur auf die Gegenleistung für die Bauleistung, so dass zu ermitteln ist, mit welchen Verwertungseinkünften für die Bauleistung zurechnen ist. Der Grundstückswert muss dann den Verwertungserlös mindernd berücksichtigt werden, weil er nicht die Gegenleistung für die Bauleistung ist. Können die Verwertungseinkünfte nicht sicher geschätzt werden, soll im Regelfall auf die vom Auftragnehmer zu tätigenden Aufwendungen und den erwarteten Ertrag des Auftragnehmers abgestellt werden1. Streitig ist, ob als Gegenleistung für das Recht zur Nutzung der Bauleistung die Verwertungseinkünfte zeitlich unbegrenzt oder nur begrenzt auf 48 Monate berücksichtigt werden sollen. Die VK Düsseldorf und die 2. VK Bund wollen entweder auf den Wert der Bauleistung oder auf den Wert der damit zu erzielenden Einnahmen in den vier Jahren nach Erteilung der Konzession abstellen2. Das OLG Düsseldorf lehnt dies ab. Für eine derartige Begrenzung seien sachliche Gründe nicht zu erkennen. So sei bei umfangreichen Bauprojekten, die wegen nach und nach eingehender Aufträge oftmals zudem sukzessiv durchgeführt werden, eine unter Umständen längere Realisierungsdauer nicht ungewöhnlich. Es sei deshalb auf die Vermarktung des fertig gestellten Bauwerks abzustellen. Ob dies anders zu beurteilen sein kann, wenn die Umsetzung einer Baumaßnahme in zeitlicher (und dann häufig auch in sachlicher) Hinsicht unter Ausschöpfung aller zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten die Grenzen der Überschaubarkeit übersteigt, könne dahingestellt bleiben. Eine Realisierungsdauer von zehn Jahren sei überschaubar3. 17 Auch bei der Veräußerung von Grundstücken bzw. von Grundstücksparzellen stellt sich die Frage, ob es sich insoweit um Lose eines einheitlichen Auftrags oder um selbstständige Bauvorhaben handelt. Richtiger Ansicht nach sind die Auftragswerte für die verschiedenen parzellierten Grundstücke nicht zu addieren, wenn die Parzellierung und Bauplanung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechen und wenn die auf zwei selbstständigen Parzellen zu errichtenden Gebäude für sich betrachtet technisch und wirtschaftlich selbständig nutzbar sind, selbst wenn der Veräußerer eine architektonisch stimmige Bebauung anstrebt4.

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VK Düsseldorf v. 31.10.2008 – VK 22/2008-B. VK Bund v. 28.3.2008 – VK 2-28/08. OLG Düsseldorf v. 2.10.2008 – VII-Verg 25/08, VergabeR 2008, 933 (936 f.). VK Düsseldorf v. 10.4.2008 – VK-5/2008-B, ZfBR 2009, 104.

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Schätzung des Auftragswertes

§ 3 VgV

5. Typengemischte Verträge Bei einem typengemischten Vertrag ist zunächst zu entscheiden, wo der 18 Schwerpunkt der vertraglichen Leistungen liegt, mit anderen Worten, ob es sich um einen Bau- oder Dienstleistungs- oder Lieferauftrag handelt. Ist diese Entscheidung getroffen, ist bei der Schätzung des Gesamtauftragswertes nicht auf die Gegenleistung des Auftraggebers für alle von ihm erbrachten Leistungen abzustellen, sondern nur auf die Gegenleistung, die den Schwerpunkt des Vertrages ausmacht, d.h. z.B. auf die Gegenleistung für die zu erbringenden Bauleistungen. Entscheidend ist allein der Wert der Bau- bzw. Umbaumaßnahmen1. IV. Gesamtauftragswert bei Dienstleistungsaufträgen 1. Gesamtauftragswert bei einem Auftrag Auch bei Dienstleistungsaufträgen ist der Wert aller Dienstleistungs- 19 aufträge zu addieren, wenn die verschiedenen Aufträge durch einen Vertrag beauftragt werden sollen. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei einer getrennten Vergabe um selbständige Dienstleistungsaufträge handeln würde, deren Auftragswerte bei getrennter Vergabe nicht zu addieren wären. 2. Gesamtauftragswert bei mehreren Einzelaufträgen/Losen Wiederum schwieriger ist die Abgrenzung, wenn mehrere getrennte 20 Aufträge vergeben werden sollen oder der Auftraggeber sich dies zumindest vorbehält. Gemäß § 3 Abs. 7 VgV muss bei der Schätzung des Auftragswertes der Wert aller Lose zugrunde gelegt werden, wenn das beabsichtigte Beschaffungsvorhaben aus mehreren Losen besteht. Auch bei Dienstleistungsaufträgen stellt sich die Frage, anhand welcher Kriterien die Abgrenzungen zwischen „einem Beschaffungsvorhaben“ und mehreren Beschaffungsvorhaben vorgenommen werden soll. Auch bei Dienstleistungen muss die Abgrenzung funktional vorgenommen werden. Es stellt sich aber die Frage, ob die Abgrenzung wie bei Bauleistungen eher objektbezogen oder eher leistungsbezogen vorgenommen werden muss, m.a.W., ob es für die Zusammenfassung darauf ankommt, dass es sich um dieselben Dienstleistungen handelt, oder darauf, dass die ver1 VK Nordbayern v. 27.3.2008 – 21. VK-3197-48/07; Weyand, IBR-online-Kommentar Vergaberecht 2009, Stand 18.3.2010, § 3 VgV Rz. 4752; so wohl auch OLG Düsseldorf v. 12.3.2003 – Verg 49/02.

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Schätzung des Auftragswertes

schiedenen Dienstleistungen demselben Gesamtziel dienen. Richtigerweise ist die Abgrenzung ebenso vorzunehmen wie bei freiberuflichen Leistungen. Zwar fehlt eine § 3 Abs. 3 VOF 2006 entsprechende Bestimmung in der VOL/A. Dennoch ist es im Hinblick auf die Zwecksetzung zutreffend, die Abgrenzung ebenso vorzunehmen. Soll eine Dienstleistung nicht an einen Auftragnehmer vergeben, sondern in Teilaufträge aufgeteilt werden, ist der Wert der einzelnen Lose zu addieren, sofern es sich um dieselbe Dienstleistung handelt. Verschiedene Dienstleistungen, die verschiedene Auftragnehmer ausführen sollen, sind jeweils für sich zu betrachten, auch wenn sie sich auf ein Objekt beziehen. Will der Auftraggeber unterschiedliche fachspezifische Leistungen zusammengefasst an einen Auftragnehmer vergeben oder behält er sich dies im Vergabeverfahren zumindest vor, verbleibt es wiederum bei dem Grundsatz, dass auf die Summe der Leistungen abzustellen ist1. 3. Kosten 21 Bei der Schätzung des Auftragswertes ist von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Maßgeblich sind die Nettobeträge (ohne Umsatzsteuer). Als Teil der Gesamtvergütung sind Prämien oder Zahlungen an den bzw. die Bewerber oder Bieter im Vergabeverfahren zusätzlich zu berücksichtigen. Außerdem müssen etwaige Optionen, Bedarfspositionen, Vertragserweiterungen und Vertragsverlängerung berücksichtigt werden. Zu ermitteln ist das größtmögliche Auftragsvolumen, das im Rahmen des Vergabeverfahrens beauftragt werden kann. 4. Typengemischte Verträge 22 Bei einem typengemischten Vertrag ist zunächst zu entscheiden, wo der Schwerpunkt der vertraglichen Leistungen liegt, mit anderen Worten, ob es sich um einen Bau- oder Dienstleistungs- oder Lieferauftrag handelt. Ist diese Entscheidung getroffen, ist bei der Schätzung des Gesamtauftragswertes nicht auf die Gegenleistung des Auftraggebers für alle von ihm erbrachten Leistungen abzustellen, sondern nur auf die Gegenleistung, die den Schwerpunkt des Vertrages ausmacht.

1 OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, NZBau 2007, 59; s. auch Rz. 12 ff.

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Schätzung des Auftragswertes

§ 3 VgV

V. Gesamtauftragswert bei Lieferungen 1. Gesamtauftragswert bei einem Auftrag Es gilt das zu Dienstleistungsaufträgen Gesagte entsprechend. Es ist der 23 Wert aller Lieferungen, die im Rahmen eines Vertrages beschafft werden sollen, zu addieren1. 2. Gesamtauftragswert bei mehreren Einzelaufträgen/Losen § 3 Abs. 5 Satz 2 VgV a.F. bestimmte, dass bei Lieferaufträgen, die los- 24 weise vergeben werden sollen, die einzelnen Lose dann zusammenzurechnen sind, wenn es sich um gleichartige Lieferungen handelt. Dementsprechend wurde entschieden, dass die Lieferung von Narkose- und Beatmungsgeräten einerseits und den Einrichtungsgegenständen für ein Schlaflabor keine Zusammenrechnung der Auftragswerte zu erfolgen habe2. Eine § 3 Abs. 5 Satz 2 VgV a.F. entsprechende Regelung findet sich in § 3 VgV nicht mehr. Inhaltlich ergibt sich hieraus jedoch keine Änderung. Auch bei Lieferungen muss die Abgrenzung funktional vorgenommen werden. Es gilt nichts anderes als bei Dienstleistungsaufträgen3. Soll eine Lieferleistung nicht an einen Auftragnehmer vergeben, sondern in Teilaufträge aufgeteilt werden, ist der Wert der einzelnen Lose zu addieren, sofern es sich um gleichartige Lieferungen handelt. Verschiedene Lieferungen, die verschiedene Auftragnehmer ausführen sollen, sind jeweils für sich zu betrachten, auch wenn sie sich auf ein Objekt beziehen. Will der Auftraggeber unterschiedliche Lieferungen zusammengefasst an einen Auftragnehmer vergeben oder behält er sich dies im Vergabeverfahren zumindest vor, verbleibt es wiederum bei dem Grundsatz, dass auf die Summe der Lieferungen abzustellen ist4. 3. Kosten Bei der Schätzung des Auftragswertes ist von der geschätzten Gesamtver- 25 gütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Maßgeblich sind die Nettobeträge (ohne Umsatzsteuer). Als Teil der Gesamtvergütung sind Prämien oder Zahlungen an den bzw. die Bewerber oder Bieter im Vergabeverfahren zusätzlich zu berücksichtigen. Außerdem müssen etwaige 1 Siehe Rz. 19. 2 VK Nordbayern v. 26.3.2002 – 320.VK-3194-05/02; VK Thüringen v. 20.2.2002 – 216-4003.20-004/02-J-S. 3 Rz. 20. 4 OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, IBR 2006, 466 (467); IBR 2006, 520; s. auch Rz. 20.

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§ 3 VgV

Schätzung des Auftragswertes

Optionen, Bedarfspositionen, Vertragserweiterungen und Vertragsverlängerung berücksichtigt werden. Zu ermitteln ist das größtmögliche Auftragsvolumen, das im Rahmen des Vergabeverfahrens beauftragt werden kann. VI. Auftragswert bei freiberuflichen Leistungen, insbesondere Planungsleistungen 26 Bei freiberuflichen Leistungen, insbesondere Planungsaufträgen nach der HOAI, sind die Werte der einzelnen freiberuflichen Leistungen, auch wenn es sich um unterschiedliche freiberufliche Leistungen handelt, zu addieren, wenn sie in einem Vertrag vergeben werden sollen oder sich der Auftraggeber zumindest vorbehält, sie in einem Auftrag zu vergeben1. Deshalb sind bei einem Generalplanervertrag oder dann, wenn sich der Auftraggeber zumindest vorbehält, die Leistungen an einen Generalplaner zu vergeben, die Auftragswerte zu addieren. Ist dies nicht der Fall, wird der Wert der einzelnen freiberuflichen Leistungen nicht addiert, wenn es sich nicht um dieselbe freiberufliche Leistung handelt. Dies gilt z.B. auch dann, wenn unterschiedliche Planungsleistungen getrennt vergeben werden2. Darüber hinaus stellt sich bei freiberuflichen Leistungen, insbesondere auch bei Leistungen nach der HOAI die Frage, ob alle Leistungsphasen nach der HOAI addiert werden müssen oder nicht. Werden bereits alle Leistungsphasen nach HOAI, ggf. auch stufenweise, beauftragt, ist zur Ermittlung des Schwellenwertes der Gesamtauftragswert auf Basis aller Leistungsphasen zu ermitteln. Fraglich ist, was gilt, wenn zunächst nur einzelne Leistungsstufen beauftragt werden. Hierzu wird die Ansicht vertreten, dass jedenfalls in den Fällen, in denen die Entscheidung, ob weitergeplant wird, vom Ergebnis der zunächst in Auftrag gegebenen Planung abhängt, also aus der objektiven Sicht es Bauherrn noch offen ist, ob das konkrete Projekt überhaupt realisiert wird, für die Schwellenwertermittlung nur dieser erste Planungsauftrag zu berücksichtigen3. Steht dagegen schon fest, dass das Projekt in jedem Fall verwirklicht werden soll, so ist umstritten, ob trotz getrennter Beauftragung für die Schwellenwertermittlung alle Leistungsphasen zusammen berücksichtigt werden müssen. Überwiegend wird dies bejaht4. Schließlich stellt sich noch 1 OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, IBR 2006, 466 (467); IBR 2006, 520; Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, GWB, 2. Aufl. 2009, § 100 Rz. 9. 2 Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz, GWB, 2. Aufl. 2009, § 100 Rz. 9. 3 Stemmer, VergabeR 2006, 7 (12). 4 Stemmer, VergabeR 2006, 7 (12 ff.).

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Schätzung des Auftragswertes

§ 3 VgV

die Frage, was gilt, wenn zunächst eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wurde, die aus vorgenannten Gründen isoliert zu betrachten ist, und wenn dann auf Basis der Machbarkeitsstudie die weiteren Planungsaufträge tatsächlich vergeben werden sollen. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass für die Ermittlung des Auftragswertes der weiteren Aufträge dann auch die Kosten der Machbarkeitsstudie berücksichtigt werden müssen, so dass der Schwellenwert schon dann überschritten ist, wenn die Machbarkeitsstudie und der in Rede stehende Planungsauftrag zusammen den Schwellenwert überschreiten1. Unseres Erachtens sind die Kosten der schon früher beauftragten Machbarkeitsstudie nicht zu berücksichtigen. Auftragswert ist die Gesamtvergütung (ohne Umsatzsteuer), einschließ- 27 lich Optionen, Vertragsverlängerungen und Prämien und sonstige Zahlungen an Bewerber oder Bieter. Nebenkosten sind als Teil der Gesamtvergütung zu berücksichtigen.2 Zur Ermittlung des Auftragswertes im Fall einer Vergabe von Architekten- oder Ingenieurleistungen soll es dann nicht auf die konkreten anrechenbaren Kosten als Grundlage für die Honorarermittlung ankommen, wenn beabsichtigt ist, mit dem Auftragnehmer eine Kostenobergrenze zu vereinbaren3. Im Fall von Wettbewerben nach der VOF ist der Auftragswert wie folgt zu ermitteln: Maßgeblich ist der Dienstleistungsauftrag, der aufgrund des Wettbewerbs vergeben werden soll, wenn ein Realisierungswettbewerb durchgeführt wird. Maßgebend ist die Summe der angesetzten Preise und sonstigen Zahlungen an die Teilnehmer, wenn ein bloßer Ideenwettbewerb ausgeschrieben wird. Bei den Realisierungswettbewerben ist neben dem Wert des Dienstleistungsauftrags auch noch der Wert der Preisgelder und sonstigen Zahlungen an die Teilnehmer zu berücksichtigen4. VII. Auftragswert bei Daueraufträgen und Rahmenvereinbarungen Gemäß § 3 Abs. 3VgV muss bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen 28 bei der Schätzung des Auftragswertes entweder der tatsächliche Gesamtwert entsprechender aufeinander folgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr, korrigiert um bereits absehbare Änderungen, berücksichtigt werden oder die aufeinander folgenden Aufträge, die wäh1 Stemmer, VergabeR 2006, 7 (12 ff.). 2 Stemmer, VergabeR 2006, 7 (10); Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, 2. Auflage, 2008, § 3 Rz. 11. 3 OLG Brandenburg v. 8.5.2006 – Verg W 2/06, VergabeR 2007, 248 (251); zweifelnd: Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, 2. Aufl. 2008, § 3 Rz. 12. 4 Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, 2. Aufl. 2008, § 3 Rz. 40 f.

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Schätzung des Auftragswertes

rend der auf die erste Lieferung folgenden 12 oder des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres vergeben werden. Unter regelmäßigen Aufträgen versteht man Aufträge, die jeweils getrennt vergeben werden, die aber regelmäßig wiederkehren, wie es z.B. bei Straßenausbesserungsarbeiten und ähnlichen Leistungen der Fall ist. Selbst wenn diese Aufträge gesondert vergeben werden, muss zur Ermittlung des Schwellenwertes der Gesamtauftragswert entsprechender Aufträge aus den vorangegangenen zwölf Monaten oder dem vorangegangenen Haushaltsjahr bzw. der geschätzte Gesamtwert berücksichtigt werden. 29 Gemäß § 3 Abs. 6 wird der Wert von Rahmenvereinbarungen und dynamischen elektronischen Beschaffungssystemen auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während deren Laufzeit geplant sind. 30 § 3 Abs. 3 und 4 befassen sich beide mit der Ermittlung des Auftragswertes bei Daueraufträgen über Liefer- und Dienstleistungen. Sowohl der Inhalt als auch die Abgrenzung der beiden Absätze lässt sich kaum erschließen und setzt die schon unklare Formulierung aus Art. 9 der RL 2004/18/EG fort. Es ist bedauerlich, dass der Gesetzgeber die Chance zu einer klaren Gesetzesformulierung nicht genutzt hat. 31 Jedenfalls gilt Abs. 4 nur für Liefer- oder Dienstleistungsaufträge, für die kein Gesamtpreis angegeben wird. Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge, für die ein Gesamtpreis angeben wird, gilt aber (wohl) nicht Abs. 3, sondern offenbar soll dann, wenn eine Gesamtvergütung geschätzt werden kann, § 3 Abs. 1 gelten, so dass auch Optionen und Vertragsverlängerungen, m.a.W. die gesamte Vertragslaufzeit zu berücksichtigen ist. Entscheidend ist somit, wann kein Gesamtpreis angegeben wird.1 VIII. Auftragswert bei Vertragsänderungen 32 Die Änderung eines Vertrages kann ein öffentlicher Auftrag sein2. Überschreitet der absolute Wert der Vertragsänderung den maßgeblichen Schwellenwert, ist der Anwendungsbereich des Vergaberechts bereits deshalb eröffnet3.

1 Vgl. OLG München v. 12.8.2008 – Verg 6/08, ZfBR 2009, 104. 2 OLG Celle v. 19.10.2009 – 13 Verg 8/09, IBR 2009, 732 (733); Kulartz/Duikers, VergabeR 2008, 728 (734). 3 OLG Celle v. 19.10.2009 – 13 Verg 8/09, ÎBR 2009, 732 (737); Kulartz/Duikers, Vergaberecht 2008, 728 (734); so wohl auch VK Brandenburg v. 3.11.2008 – VK 33/08.

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§ 4 VgV

IX. Auftragswert bei mehreren Auftraggebern Aufträge verschiedener öffentlicher Auftraggeber sind bei der Schätzung 33 des Auftragswertes grundsätzlich selbstständig zu behandeln, d.h. die Auftragswerte sind nicht zu addieren. Dies soll selbst dann gelten, wenn bei den Aufträgen sachliche Zusammenhänge bestehen1. Dagegen sind die Auftragswerte der Aufträge verschiedener öffentlicher Auftraggeber zusammenzurechnen, wenn die Auftraggeber davon ausgehen, dass die benötigte Leistung aus technischen oder anderen Gründen von demselben Anbieter beschafft werden soll und wenn die Auftraggeber deshalb die Beschaffungsvorhaben koordinieren und Angebote für den gemeinsamen Bedarf einholen2. Ein Indiz dafür, dass nicht nur der Koordinierungsaufwand im Vergabeverfahren gering gehalten werden soll, sondern eine gemeinsame Beschaffung erfolgen soll, kann u.a. darin liegen, dass den Bietern der Gesamtbedarf aller Auftraggeber als Kalkulationsgrundlage in den Vergabeunterlagen vorgegeben wird. X. Losweise Vergabe (20 %-Kontingent) Voraussetzung für die Anwendung des § 2 Nr. 7 und 8 VgV ist stets, dass 34 der Gesamtauftrag den Schwellenwert des § 2 Nr. 4 VgV (für Bauaufträge) bzw. des § 2 Nr. 2 oder 3 VgV (für Dienstleistungsaufträge) erreicht oder überschreitet3. Hierbei sind die Werte aller Lose zusammen zu zählen (§ 3 Abs. 5 Satz 1 VgV). Ist der Schwellenwert im Hinblick auf den Gesamtauftrag nicht erreicht, unterfällt auch die Vergabe einzelner Lose nicht dem Kartellvergaberecht, selbst wenn bezogen auf diese Lose die in § 2 Nr. 7 oder Nr. 8 VgV genannten Beträge erreicht oder überschritten werden. Wegen der Einzelheiten sei auf die Kommentierung in § 2 verwiesen.

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4

(1) Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen sowie bei der Durchführung von Auslobungsverfahren, 1 OLG Celle v. 12.7.2007 – 13 Verg 6/07, IBR 2007, 1266; VK Lüneburg v. 2.4.2009 – VgK-05/2009. 2 OLG Celle v. 12.7.2007 – 13 Verg 6/07, IBR 2007, 1266; VK Lüneburg v. 2.4.2009 – VgK-05/2009. 3 OLG Dresden v. 2.11.2004 – WVerg 11/04, VergabeR 2005, 258; Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl. 2010, § 2 VgV Rz. 23.

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die zu Dienstleistungen führen sollen, die Bestimmungen des 2. Abschnittes des Teiles A der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 2009 (BAnz. Nr. 196a vom 29. Dezember 2009), geändert durch Bekanntmachung vom 19. Februar 2010 (BAnz. Nr. 32 vom 26. Februar 2010, BAnz. S. 755) anzuwenden, wenn in den §§ 5 und 6 nichts anderes bestimmt ist. (2) Für Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt Abs. 1 hinsichtlich der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen und für Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungen führen sollen. (3) Bei Aufträgen, deren Gegenstand Personennahverkehrsleistungen der Kategorie Eisenbahnen sind, gilt Abs. 1 mit folgenden Maßgaben: 1. Bei Verträgen über einzelne Linien mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren ist einmalig auch eine freihändige Vergabe ohne sonstige Voraussetzungen zulässig. 2. Bei längerfristigen Verträgen ist eine freihändige Vergabe ohne sonstige Voraussetzungen im Rahmen des § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes zulässig, wenn ein wesentlicher Teil der durch den Vertrag bestellten Leistungen während der Vertragslaufzeit ausläuft und anschließend im Wettbewerb vergeben wird. Die Laufzeit des Vertrages soll zwölf Jahre nicht überschreiten. Der Umfang und die vorgesehenen Modalitäten des Auslaufens des Vertrages sind nach Abschluss des Vertrages in geeigneter Weise öffentlich bekannt zu machen. (4) Für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A sind, gelten § 8 EG, § 15 EG Absatz 10 und § 23 EG VOL/A sowie die Regelungen des Abschnitts 1 der VOL/A mit Ausnahme von § 7. (5) Aufträge, die sowohl Dienstleistungen nach Anhang I Teil A der VOL/A als auch Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A zum Gegenstand haben, werden nach Abschnitt 2 der VOL/A vergeben, wenn der Wert der Dienstleistung nach Anhang I Teil A überwiegt. (6) Beim Kauf technischer Geräte und Ausrüstungen oder bei Ersetzung oder Nachrüstung vorhandener technischer Geräte und Ausrüstungen sind im Falle des Absatzes 1 die Bestimmungen des Abschnittes 2 des Teiles A der VOL/A mit folgenden Maßgaben anzuwenden: 1. § 8 EG VOL/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass mit der Leistungsbeschreibung im Rahmen der technischen Anforderungen von den Bietern Angaben zum Energieverbrauch von technischen 918

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Geräten und Ausrüstungen zu fordern sind; dabei ist in geeigneten Fällen eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder eine vergleichbare Methode zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit vom Bieter zu fordern; 2. § 19 EG VOL/A findet mit der Maßgabe Anwendungen, dass der Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen als Kriterium bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigt werden kann. 1. Entstehungsgeschichte 2. Anwendung der VOL/A (§ 4 Abs. 1 und 2 VgV) . 3. Eisenbahn-Personennahverkehrsleistungen (§ 4 Abs. 3 VgV) . . . . . a) Hintergrund . . . . . b) Funktion . . . . . . . . c) Voraussetzungen . .

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1

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2

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. 4 . 5 . 10 . 12

4. Nicht prioritäre Dienstleistungen nach Anhang I Teil B VOL/A (§ 4 Abs. 4 VgV) . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gemischte Verträge (§ 4 Abs. 5 VgV) . . . . . . . 6. Energieeffizienz (§ 4 Abs. 6 VgV) . . . . . . . 7. Aufgehobene Vorschriften

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24 27

1. Entstehungsgeschichte Die 1. VO zur Änderung der VgV vom 7.11.20021 hat Abs. 3 eingeführt. 1 Durch die 2. VO zur Änderung der VgV vom 11.2.20032 wurde in Abs. 1 mit Wirkung zum 15.2.2003 auf die VOL/A Ausgabe 2002 verwiesen. Absätze 4 und 5 a.F. wurden durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz vom 1.9.20053 angefügt. Mit Wirkung ab dem 1.11.2006 verweist § 4 Abs. 1 auf die VOL/A 2006 (3. VO zur Änderung der VgV vom 23.10.20064). Die VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20105 hat mit Wirkung zum 11.6.2010 Abs. 1 geändert, der nunmehr auf die VOL/A Ausgabe 2009 verweist. Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 und 5 a.F. wurden aufgehoben und Abs. 4 bis 6 angefügt. 2. Anwendung der VOL/A (§ 4 Abs. 1 und 2 VgV) § 4 Abs. 1 VgV bezieht sich auf die in § 98 Nr. 1 bis 3 genannten öffent- 2 lichen Auftraggeber. Soweit diese Lieferaufträge (§ 99 Abs. 2) oder Dienstleistungsaufträge (§ 99 Abs. 4) vergeben oder Auslobungsverfahren, die zu 1 2 3 4 5

BGBl. I, 4338. BGBl. I, 168. BGBl. I, 2676. BGBl. I, 2334. BGBl. I, 724.

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Dienstleistungen führen sollen (§ 99 Abs. 5), durchführen, haben sie Abschnitt 2 der VOL/A anzuwenden, wenn die in § 2 VgV genannten Schwellenwerte erreicht oder überschritten sind. Es handelt sich um eine statische Verweisung auf die VOL/A vom 20.11.2009 (§ 97 Rz. 126). Durch diese Verweisung in der VgV kommt der VOL/A Normqualität zu1. Die Verweisung auf die VOL/A 2009 gilt mit Wirkung zum 11.6.2010. Bis dahin war die VOL/A 2006 anzuwenden. §§ 5 und 6 VgV gehen § 4 Abs. 1 VgV vor. § 5 VgV gilt für Dienstleistungsaufträge, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigkeiten angeboten werden (vgl. § 5 VgV Rz. 2 ff.). § 6 VgV findet auf Bauaufträge im Sinne des § 99 Abs. 3 Anwendung (§ 6 VgV Rz. 2). 3 § 4 Abs. 2 VgV befasst sich mit öffentlichen Auftraggebern nach § 98 Nr. 5. Auch diese haben den 2. Abschnitt der VOL/A anzuwenden, soweit sie Dienstleistungsaufträge vergeben oder Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungen führen sollen, durchführen. Wie sich aus § 98 Nr. 5 ergibt, gilt dies nur für solche Dienstleistungen und Auslobungsverfahren, die mit den dort genannten Bauvorhaben in Zusammenhang stehen. 3. Eisenbahn-Personennahverkehrsleistungen (§ 4 Abs. 3 VgV) 4 § 4 Abs. 3 VgV beinhaltet besondere Regelungen für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand Personennahverkehrsleistungen der Kategorie Eisenbahnen sind. Die Vorschrift wurde durch die 1. VO zur Änderung der VgV vom 7.11.2002 (BGBl. I, S. 4338) eingeführt. Nach deren Art. 2 tritt die Verordnung und damit auch § 4 Abs. 3 VgV am 31.12.2014 außer Kraft. 5 a) Hintergrund. Für Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) besteht nach wie vor kein gemeinschaftsweiter Markt. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass SPNV-Leistungen allein mit den Fahrgeldeinnahmen in aller Regel nicht kostendeckend betrieben werden können. Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit SPNV-Leistungen setzt daher staatliche Interventionen voraus, welche in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich organisiert sind2. Vor diesem Hintergrund werden Dienstleistungen im Bereich Eisenbahn von den EG-Vergaberichtlinien als nichtprioritäre Dienstleistung klassifiziert3. Nach den Richtlinien ist bei der Vergabe entsprechender Aufträge daher lediglich den Anforderungen hinsichtlich der technischen Spezifikatio1 OLG Saarbrücken v. 29.4.2003 – 5 Verg 4/02, VergabeR 2003, 429 (432); OLG Düsseldorf v. 18.10.2006 – VII Verg 30/06, VergabeR 2007, 92 (95). 2 S. etwa Erwägungsgrund 26 der Verordnung (EG) 1370/2007. 3 Art. 21 i.V.m. Anhang II Teil B Kategorie 18 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 32 i.V.m. Anhang XVII Teil B der Richtlinie 2004/17/EG.

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nen und der Ex-Post-Bekanntmachung Rechnung zu tragen. Die Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens setzen die Richtlinien hingegen nicht voraus. Die somit von den EG-Vergaberichtlinien belassene Möglichkeit der Di- 6 rektvergabe von SPNV-Aufträgen hat der deutsche Gesetzgeber mit § 15 Abs. 2 AEG aufgegriffen. Die Vorschrift bestimmt, dass die zuständigen Behörden, wenn sie den Abschluss einer Vereinbarung mit einem Verkehrsunternehmen über die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Bereich des Eisenbahnverkehrs beabsichtigen, diese Leistungen ausschreiben können. Diese Formulierung geht auf eine Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses vom 30.11.1993 zurück. In der Begründung hierzu heißt es: „Keine Ausschreibungspflicht, wohl aber Hinweis auf die Möglichkeit der Ausschreibung. Die Länder halten Ausschreibungen für ein ungeeignetes Element, das u.a. der örtlichen Interessenlage im Hinblick auf die kommunalen Regie- und Eigenbetriebe nicht gerecht werde“1. Nach der Vorschrift steht es somit im Ermessen der Aufgabenträger, entsprechende Aufträge entweder im Wege wettbwerblicher Verfahren oder aber direkt zu vergeben. Mit Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes wurde dieses 7 Wahlrecht vielfach in Frage gestellt. Insbesondere wurde angeführt, dass die Vorschriften des Kartellvergaberechts, welche als jüngere Regelung § 15 Abs. 2 AEG vorgingen, ein derartiges Wahlrecht gerade nicht vorsehen2. Dem trat das OLG Brandenburg mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 entgegen. Das Gericht verwies zutreffend darauf, dass die Regelung des § 15 Abs. 2 AEG nicht durch die §§ 97 ff. GWB verdrängt wird. Vielmehr beansprucht § 15 Abs. 2 AEG als speziellere Norm Vorrang vor §§ 97 ff. GWB. Dies gilt umso mehr, als § 15 Abs. 2 AEG weder im Zusammenhang mit dem Vergaberechtsänderungsgesetz noch im Nachhinein aufgehoben oder auch nur geändert worden ist3. Die Auffassung des OLG Brandenburg entspricht der jüngeren Rechts- 8 entwicklung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene. So ist die Sonderstel1 BT-Drucks. 12/6269, 140. 2 VK Düsseldorf v. 18.4.2002 – VK-5/02-L, WuW/E Verg 577; VK Magdeburg v. 6.6. 2002 – 33–32571/07 VK 05/02 MD, WuW/E Verg 604; OLG Düsseldorf v. 26.7. 2002 – Verg 22/02, WuW/E Verg 626; s. auch VK Münster v. 18.3.2010 – VK 1/10, IBR 2010, 353. 3 OLG Brandenburg v. 2.9.2003 – Verg W 03/03 und 05/03, VergabeR 2003, 654; s. hierzu BVerfG v. 6.12.2006 – 1 BvR 2085/03, NVwZ 2007, 197; s. auch Winnes, NZV 2005, 180; Prieß, VergabeR 2004, 584; Thieme/Schlüter, NVwZ 2004, 162; a.A. OLG Düsseldorf v. 21.7.2010 – VII Verg 9/10.

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lung von gemeinwirtschaftlichen Eisenbahnverkehrsleistungen im Vergaberecht mit der Verordnung (EG) 1370/2007 unterstrichen worden. Anders als die Vorgängerverordnung, die Verordnung (EWG) 1191/69, regelt die Verordnung (EG) 1370/2007 die gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen nicht lediglich in beihilfenrechtlicher, sondern auch in vergaberechtlicher Hinsicht1. Kern dieser speziellen Vergabevorschriften ist Art. 5 Abs. 3 der Verordnung, nach dem öffentliche Dienstleistungsaufträge grundsätzlich im Wege wettbewerblicher Verfahren vergeben werden, die allen Betreibern offenstehen, fair sein und den Grundsätzen der Transparenz und Nichtdiskriminierung genügen müssen. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr regelt die Verordnung mehrere Fälle, in denen öffentliche Dienstleistungsaufträge „direkt“, also ohne vorherige Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens vergeben werden dürfen. Zu diesen Ausnahmefällen zählt nach Art. 5 Abs. 6 der Verordnung auch die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Eisenbahnverkehr. Abgesehen von einer Beschränkung der Laufzeit entsprechender Aufträge ist diese Ausnahmevorschrift an weitere materielle Voraussetzungen nicht geknüpft. 9 Weitergehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus dem primären Gemeinschaftsrecht (s. § 100 Rz. 14). So hatte zwar die EU-Kommission als Reaktion zum einen auf die Entscheidung des OLG Brandenburg (Rz. 7) und zum anderen auf eine Reihe von Direktvergaben von SPNVAufträgen im Jahr 2004 ein – im Jahre 2006 wieder eingestelltes2 – Verfahren wegen Verletzung der Grundfreiheiten, namentlich der Dienstleistungsfreiheit eingeleitet. Die von der Kommission in diesem Verfahren vertretene Auffassung zum Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ist jedoch durch eine Reihe jüngerer Entscheidungen des EuGH überholt. So entspricht es mittlerweile gefestigter Rechtsprechung, dass der Anwendungsbereich der Grundfreiheiten des primären Gemeinschaftsrechtes bei sekundärrechtlich nicht bzw. nicht abschließend geregelten Auftragsund Konzessionsvergaben nur dann eröffnet ist, wenn an dem Auftrag 1 S. insb. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung: „Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden nach Maßgabe dieser Verordnung vergeben.“ 2 Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem von der Verkehrsministerkonferenz am 17.2.2006 ein „Verfahrenspapier zur Vergabe von Verkehrsverträgen im Schienenpersonennahverkehr“ beschlossen worden war. Nach diesem Papier soll bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Schienenpersonennahverkehr zukünftig ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren eingehalten werden. Der Beschluss sowie das Verfahrenspapier sind abrufbar unter http://www.bundesrat.de/cln_116/nn_8794/DE/gremien-konf/fachministerkonf/ vmk/Sitzungen/06-02-17-umfrage_20spnv.html?_nnn=true.

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bzw. an der Konzession ein „eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse“ besteht1. In der Entscheidung „An Post“ stellte der EuGH insofern weiter fest, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber – vorbehaltlich der Möglichkeiten einer späteren Überprüfung – davon ausgegangen ist, dass Aufträgen über nichtprioritäre Dienstleistungen (s. Rz. 17 ff.) „wegen ihres spezifischen Charakters a priori keine grenzüberschreitende Bedeutung zukommt, die es rechtfertigen kann, dass sie in einem Ausschreibungsverfahren vergeben werden, das es den Unternehmen anderer Mitgliedstaaten ermöglichen soll, von der Ausschreibung Kenntnis zu nehmen und ein Angebot einzureichen“2. Für Aufträge bzw. Konzessionen über im Inland zu erbringende Schienenpersonenverkehrsleistungen ist ein solches grenzüberschreitendes Interesse schon deshalb ausgeschlossen, weil in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Eisenbahnverkehrsunternehmen nach Gemeinschaftsrecht bei nicht grenzüberschreitendem Personenverkehr keinen Zugang zum nationalen Schienennetz haben3. Von dieser vom Gemeinschaftsrecht belassenen Möglichkeit der Begrenzung des Zugangs zu den Verkehrsmärkten hat der deutsche Gesetzgeber für den Bereich des Schienenverkehrs Gebrauch gemacht. So haben nach § 14 Abs. 2 Nr.1 AEG nur Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in Deutschland Zugang zur deutschen Eisenbahninfrastruktur. Diese Regelung wird ergänzt durch § 14 Abs. 3 Nr. 3 AEG, wonach bei Gegenseitigkeit der Gewährung des Netzzugangs auch ausländische Eisenbahnverkehrsunternehmen Anspruch auf Nutzung der deutschen Eisenbahninfrastruktur haben. Diese Gegenseitigkeit der vollständigen Netznutzung ist bisher allerdings mit keinem EU-Mitgliedstaat staatsvertraglich vereinbart. Ein grenzüberschreitender Wettbewerb auf dem deutschen Markt für SPNV-Leistungen ist damit – europarechtskonform – ausgeschlossen4. 1 EuGH v. 13.11.2007 – Rs. C-507/03 (An Post), Slg. 2007, I-9777, Rz. 29 ff.; EuGH v. 21.2.2008 – Rs. C-412/04 (Kommission/Italien), Slg. 2008, I-619, Rz. 66 f.; EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-147/06 u. 148/06 (SECAP und Santorso), Slg. 2008, I-3565, Rz. 21; EuGH v. 23.12.2009 – Rs. C-376/08 (Serrantoni und Consorzio stabile edili), Rz. 25. 2 EuGH v. 13.11.2007 – Rs. C-507/03 (An Post), Slg. 2007, I-9777, Rz. 25. 3 Eine solche Öffnung des Marktes für öffentliche Verkehrsdienste wird nach dem geltenden Gemeinschaftsrecht nicht einmal angestrebt; s. Erwägungsgrund 8 der Richtlinie 2007/58/EG: „Die Einführung neuer, allgemein zugänglicher grenzüberschreitender Eisenbahnverbindungen mit Zwischenhalten sollte nicht dafür benutzt werden, eine Marktöffnung für inländische Personenverkehrsdienste zu bewirken, sondern sich lediglich auf zusätzliche Zwischenhalte auf der grenzüberschreitenden Strecke konzentrieren.“ 4 Otting/Scheps, NVwZ 2008, 499 (503).

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10 b) Funktion. Abs. 3 stellt eine Reaktion des Verordnungsgebers auf den Beschluss der Vergabekammer Magdeburg vom 6.6.20021 dar2, in welchem eine generelle Vergabepflichtigkeit von Schienenpersonennahverkehrsleistungen angenommen worden ist. Ausgehend von dieser Prämisse erlaubt Abs. 3 in den geregelten Fällen freihändige Vergaben „ohne sonstige Voraussetzungen“. Ohne sonstige Voraussetzungen meint dabei, dass die Vorgaben der VOL/A für die Ausgestaltung freihändiger Vergaben, insbesondere also der Grundsatz der Beteiligung mehrerer ausgewählter Unternehmen (s. § 3 Abs. 1 Satz 3 VOL/A), nicht gelten3. Nach der Rechtsprechung des OLG Brandenburg (Rz. 7) hingegen besitzt die Vorschrift keine praktische Bedeutung. Denn danach können entsprechende Aufträge ohne Weiteres außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 97 ff. GWB vergeben werden. Abs. 3 kommt nach dieser Rechtsprechung folglich nur zum Tragen, wenn sich Aufgabenträger nach § 15 Abs. 2 AEG für die Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens entscheiden. 11 Abs. 3 stellt im Übrigen keine Untersagungsnorm im Sinne von Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) 1370/2007 dar. So steht die Direktvergabemöglichkeit für Dienstleistungsaufträge im Schienenpersonennahverkehr zwar nach Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) 1370/2007 unter dem Vorbehalt, dass „dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist“. Wie § 15 Abs. 2 AEG deutlich macht, ist dies im deutschen Recht jedoch gerade nicht der Fall4. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Vorschrift des Absatzes 3 schon aus Gründen der Normhierarchie nichts anderes entnehmen. 12 c) Voraussetzungen. Abs. 3 gilt ausschließlich für Personennahverkehrsleistungen der Kategorie Eisenbahnen (SPNV-Leistungen), nicht auch für andere Nahverkehrsleistungen, etwa per Straßenbahn oder Obussen, die dem Anwendungsbereich des PBefG unterfallen, oder dem Güterkraftverkehr5. Zur Bestimmung des Begriffs des „Schienenpersonennahver1 VK Magdeburg v. 6.6.2002 – 33-32571/07 VK 05/02 MD, WuW/E Verg 604. 2 Werner/Köster, NVwZ 2003, 572. 3 OLG Düsseldorf v. 21.7.2010 – VII Verg 19/10; Prieß/Pukall, VergabeR 2003, 11 (16); einschränkend Otting, DVBl. 2003, 1023 (1024 f.); ablehnend VK Münster v. 18.3.2010 – VK 1/10, IBR 2010, 353. 4 A.A. OLG Düsseldorf v. 21.7.2010 – VII Verg 19/10, welches von einem Vorrang des Kartellvergaberechts vor § 15 Abs. 2 AEG und infolgedessen von einem Ausschluss der Direktvergabemöglichkeit des Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) 1370/2007 durch nationales Recht ausgeht. 5 Kühnen in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 4 VgV Rz. 1521.

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kehrs“ kann auf die Definition des § 2 Abs. 5 AEG zurückgegriffen werden1. Erfasst ist damit die allgemein zugängliche Beförderung von Personen in Zügen, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr zu befriedigen. Dies ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Zuges die gesamte Reiseweite 50 km oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt. Nach Abs. 3 Nummer 1 ist bei Verträgen über einzelne Linien mit einer 13 Laufzeit von bis zu drei Jahren einmalig auch eine freihändige Vergabe ohne sonstige Voraussetzungen zulässig. Voraussetzung des Eingreifens der Ausnahmevorschrift ist, dass ein Vertrag über lediglich eine Linie vergeben wird. Bei einer Linie handelt es sich um eine regelmäßige Verkehrsverbindung zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten. Weiterhin muss der Vertrag eine Laufzeit von bis zu drei Jahren aufweisen. Die freihändige Vergabe nach Nummer 1 ist einmalig möglich. Nach der Verordnungsbegründung soll die Vorschrift auf verkehrliche Lücken und Notfälle Anwendung finden2. Abs. 3 Nummer 2 gilt für längerfristige Verträge, also solche mit einer 14 Laufzeit von über drei Jahren3. Daneben findet Nummer 2 auch, unabhängig von ihrer Laufzeit, auf alle Verträge Anwendung, die mehrere Linien umfassen. Anders als Nummer 1 enthält Nummer 2 zusätzliche Voraussetzungen, unter denen eine freihändige Vergabe zulässig ist. So muss ein wesentlicher Teil der durch den Vertrag bestellten Leistungen während der Vertragslaufzeit auslaufen und anschließend im Wettbewerb vergeben werden. Unklar ist, was unter einem „wesentlichen Teil“ der bestellten Leistungen zu verstehen ist. Nach der Verordnungsbegründung ist auf das Gesamtvolumen des Vertrags und die Entscheidung über verkehrlich und wirtschaftlich sinnvolle Teilnetze abzustellen. Die Auftraggeber können zum Beispiel eine zeitliche Staffelung oder prozentuale Angaben für das Auslaufen der wesentlichen Leistungen vorsehen. Das Auslaufen kann jährlich, zweijährlich oder entsprechend üblicher Fahrplanperioden vorgenommen werden. Möglich ist auch eine einzelne Stufe. Im Umfang der auslaufenden Leistungsteile ist noch während der Vertragslaufzeit eine Zuführung in den Wettbewerb über Ausschreibung zu gewährleisten4. Die Verordnungsbegründung nennt jedoch nicht die 1 Maimann in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 4 VgV Rz. 3; Thieme/Schlüter, NVwZ 2004, 162. 2 BR-Drucks. 727/02, 3. 3 Thieme/Schlüter, NVwZ 2004, 162 (165); Prieß/Pukall, VergabeR 2003, 11 (13). 4 BT-Drucks. 727/02, 3.

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Höhe der Prozentzahl, bei deren Erreichen von einem wesentlichen Teil auszugehen ist. Diese Prozentzahl kann nicht für alle Verträge einheitlich bestimmt werden. Ein „wesentlicher Teil“ ist stets erreicht, wenn der überwiegende Teil, also mehr als 50 % der Leistungen innerhalb der Vertragslaufzeit auslaufen. Erforderlich ist dies allerdings nicht. Vielmehr kann ein wesentlicher Teil auch bei einem Anteil von weniger als 50 % liegen1. Dies insbesondere dann, wenn die auslaufenden Teile Linien betreffen, die sich aufgrund ihres finanziellen Ergebnisses oder ihrer Bedeutung für die beförderten Personen von den übrigen Linien des Vertrags absetzen. Dies kann etwa auf Linien zwischen Großstädten zutreffen. 15 § 4 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 bestimmt, dass die Laufzeit freihändig vergebener Verträge zwölf Jahre nicht überschreiten soll. Die Vorschrift ist gemeinschaftsrechtskonform entsprechend der Fristen des Art. 5 Abs. 6 Satz 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 auszulegen. Danach dürfen direkt vergebene öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr ohne Weiteres eine Laufzeit von höchstens zehn Jahren haben. Anderes gilt nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung u.a. dann, wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes einen wesentlichen Anteil der für die Erbringung der vertragsgegenständlichen Personenverkehrsdienste insgesamt erforderlichen Wirtschaftsgüter bereitstellt und diese vorwiegend an die Personenverkehrsdienste gebunden sind, die von dem Auftrag erfasst werden. In diesem Fall lässt es die Verordnung zu, dass die Laufzeit unter Berücksichtigung der Amortisierungsdauer der Wirtschaftsgüter um bis zu 50 % verlängert wird. 16 Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 sind der Umfang und die vorgesehenen Modalitäten des Auslaufens des Vertrags nach dessen Abschluss in geeigneter Weise öffentlich bekannt zu machen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass sich potentiell interessierte Unternehmen auf den zukünftigen Wettbewerb angemessen vorbereiten können. Dies setzt voraus, dass die Bekanntmachung möglichst unmittelbar nach Vertragsabschluß, etwa durch Aufnahme in die Nahverkehrspläne, erfolgt2. Die Pflicht nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 entspricht im Wesentlichen der Pflicht aus Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EG) 1370/2007.

1 Thieme/Schlüter, NVwZ 2004, 162 (165); Köhler, NZBau 2003, 31 (32); Prieß/ Pukall, VergabeR 2003, 11 (14). 2 BT-Drucks. 727/02, 3.

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4. Nicht prioritäre Dienstleistungen nach Anhang I Teil B VOL/A (§ 4 Abs. 4 VgV) § 4 Abs. 4 VgV wurde durch VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO 17 vom 7.6.20101 neu gefasst. Er bestimmt nunmehr, dass für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A (nicht prioritäre Dienstleistungen) sind, die Vorschriften des § 8 EG, § 15 EG Abs. 10 und § 23 EG VOL/A sowie die Regelungen des Abschnitts 1 der VOL/A mit Ausnahme von § 7 gelten. Im Übrigen, das heißt soweit Dienstleistungen nach Anhang I Teil A der VOL/A (prioritäre Dienstleistungen) betroffen sind, findet Abschnitt 2 der VOL/A vollumfänglich Anwendung. Dies ergibt sich aus § 1 EG Abs. 2 VOL/A. Eine § 4 Abs. 4 VgV entsprechende Bestimmung fand sich bislang in § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A 2006. Sie wurde in die VgV übernommen, da diese die Anwendbarkeit der Abschnitte der VOL/A umfassend regeln soll. Eine inhaltlich vergleichbare Regelung findet sich in § 1 Abs. 3 Satz 1 VOF. § 4 Abs. 4 VgV beruht auf Art. 20 und 21 RL 2004/18/EG. Auch dort wird 18 zwischen Dienstleistungen nach Anhang II Teil A und Teil B der Richtlinie unterschieden. Während die Richtlinie auf Dienstleistungen nach Anhang II Teil A vollständige Anwendung findet, gelten für Dienstleistungen nach Anhang II Teil B lediglich Art. 23 und 35 Abs. 4 der Richtlinie. Nach dem 19. Erwägungsgrund zu RL 2004/18/EG soll die volle Anwendung der Richtlinie auf Dienstleistungsaufträge für eine Übergangszeit auf Aufträge beschränkt werden, bei denen ihre Bestimmungen dazu beitragen, alle Möglichkeiten für eine Zunahme des grenzüberschreitenden Handels voll auszunutzen. Aufträge für andere Dienstleistungen sollten in diesem Übergangszeitraum beobachtet werden, bevor die volle Anwendung dieser Richtlinie beschlossen werden kann. Grund für die Unterscheidung zwischen vor- und nachrangigen Dienstleistungen ist somit die Annahme, dass nicht prioritäre Dienstleistungen in aller Regel keinen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, sodass die volle Anwendung der Vergabekoordinierungsrichtlinien auf diese Dienstleistungen nicht gerechtfertigt ist2. § 4 Abs. 4 VgV folgt der Unterscheidung in Art. 20, 21 RL 2004/18/EG. 19 Anhang I zur VOL/A, auf den § 4 Abs. 4 VgV verweist, ist mit Anhang II zur Vergabekoordinierungsrichtlinie identisch. Nach Art. 21 RL 2004/ 18/EG haben öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen lediglich Art. 23 und Art. 35 Abs. 4 anzuwenden. Auch 1 BGBl. I, 724. 2 Müller-Wrede in Müller-Wrede, VOL/A, § 1a Rz. 82.

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diese Regelung wird in § 4 Abs. 4 VgV wiederholt, indem auf § 8 EG VOL/A (Leistungsbeschreibung, Technische Anforderungen – entspricht Art. 23 RL 2004/18/EG) und § 23 EG VOL/A (Bekanntmachung über die Auftragserteilung – entspricht Art. 35 Abs. 4 RL 2004/18/EG) verwiesen wird. Nach den Vorgaben der RL 2004/18/EG erschöpfen sich die Bestimmungen, welche öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen anzuwenden haben, auf die beiden genannten Vorschriften. § 4 Abs. 4 VgV geht über diese europarechtlichen Vorgaben wesentlich hinaus. Danach findet für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen ergänzend der 1. Abschnitt der VOL/A Anwendung. Ausgenommen ist lediglich § 7 VOL/A, an dessen Stelle § 8 EG VOL/A tritt. Zusätzlich hat der Auftraggeber nach § 15 EG Abs. 10 VOL/A in der Bekanntmachung nach § 12 VOL/A die Stelle zu benennen, an die sich Bewerber oder Bieter zur Nachprüfung von Vergabeverstößen wenden können. Diese Erweiterung der anzuwendenden vergaberechtlichen Bestimmungen gegenüber den Vorgaben der Vergabekoordinierungsrichtlinie ist europarechtlich unbedenklich. Sie ist auch konsequent, da andererseits Auftraggeber bei der Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen unterhalb der Schwellenwerte den 1. Abschnitt der VOL/A anwenden müssten, während sie oberhalb der Schwellenwerte lediglich §§ 8 EG und 23 EG VOL/A zu beachten hätten. 20 Neben den in § 4 Abs. 4 VgV genannten Bestimmungen sind bei der Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen oberhalb der Schwellenwerte der 4. Teil des GWB sowie die übrigen Bestimmungen der VgV anzuwenden. Demnach sind die Vergabekammern für die Überprüfung von Vergabeverfahren über nicht prioritärer Dienstleistungen zuständig,1 wobei die Prüfungskompetenz der Vergabenachprüfungsstellen auch die Einhaltung der Vorschriften des 1. Abschnitts der VOL/A umfasst2. 21 Nach der Rechtsprechung des EuGH entzieht Art. 21 RL 2004/18/EG die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen nicht dem Anwendungsbereich des europäischen Primärrechts, insbesondere den sich aus Art. 49 AEUV (ex Art. 43 EG) und Art. 56 AEUV (ex Art. 49 EG) ergebenden Grundsätzen. Diese erfordern, dass auch nicht prioritäre Dienstleistungen nicht in einer ohne jede Transparenz erfolgenden Vergabe beauftragt werden dürfen, wenn an dem betreffenden Auftrag ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht. In diesen Fällen ist insbesondere si1 OLG Stuttgart v. 7.6.2004 – 2 Verg 4/04, VergabeR 2005, 247; OLG Düsseldorf v. 27.10.2004 – Verg 52/04, VergabeR 2005, 252; OLG Brandenburg v. 15.5.2007 – Verg W 2/07, VergabeR 2008, 242. 2 Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rz. 215.

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cherzustellen, dass Unternehmen in die Lage versetzt werden, ihr Interesse an dem Auftrag zu bekunden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn sie durch objektive Umstände gerechtfertigt sind1. Aber auch das übrige europäische Primärrecht, wie insbesondere das Diskriminierungsverbot, findet Anwendung2. Erforderlich ist somit – ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse vorausgesetzt – insbesondere eine Bekanntmachung der Absicht, einen Auftrag über nicht prioritäre Dienstleistungen zu vergeben. Genügend ist zweifellos die Bekanntmachung dieser Absicht im Amtsblatt der EU. Aber auch andere Formen der Bekanntmachung reichen aus, wenn sichergestellt ist, dass interessierte Unternehmen von der Auftragsvergabe Kenntnis erlangen können. Nach Auffassung der Kommission genügt eine Bekanntmachung in nationalen Amtsblättern, Ausschreibungsblättern, überregionalen, regionalen, unter Umständen aber auch lokalen Medien, Fachpublikationen oder Internetportalen3. In Deutschland dürfte diese Rechtsprechung für den Bereich der VOL/A ohne Relevanz sein, da nach § 4 Abs. 4 VgV i.V.m. § 12 Abs. 1 VOL/A auch für nicht prioritäre Dienstleistungen eine Bekanntmachung in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern, Fachzeitschriften oder Internetportalen vorgeschrieben ist. Diese Vorgabe entspricht den Anforderungen des EuGH. Auch die Beachtung des Diskriminierungsverbots ist durch die Anwendung des 1. Abschnitts der VOL/A sicher gestellt. Lücken können sich im Bereich der VOF ergeben. Für nicht prioritäre Dienstleistungen, welche der VOF unterfallen, fehlt eine § 4 Abs. 4 VgV vergleichbare Vorschrift, wonach Abschnitt 1 der VOL/A anzuwenden ist. Derartige Verträge können daher nach § 1 Abs. 3 VOF ohne Bekanntmachung vergeben werden. Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH ist hier trotz allem eine Veröffentlichung der Vergabeabsicht erforderlich, wenn ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse vorliegt. Dies ist der Fall, wenn zu erwarten ist, dass die Dienstleistung auch von nicht deutschen Unternehmen angeboten werden wird. Zur Beurteilung dieser Frage ist zum einen auf den Auftragsumfang, zum anderen auf den Ort abzustellen, an dem die Dienstleistung auszuführen ist4. So wird ein grenzüberschreitender Bezug in Grenzregionen eher in Betracht kommen. Keine Bekanntmachung ist nach der Rechtsprechung des 1 EuGH v. 13.11.2007 – Rs. C – 507/03, Slg. 2007, I-9777 = VergabeR 2008, 55; EuG v. 20.5.2010 – Rs. T-258/06. 2 EuGH v. 27.10.2005 – Rs. C – 234/03, Slg. 2005, I-9315, Tz. 49 = VergabeR 2006, 63 – Contse; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 2 Rz. 13. 3 Ziff. 2.1.2 der Mitteilung der Kommission, ABl. EU 2006 C 179/2 v. 1.8.2006; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 2 Rz. 14. 4 Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 2 Rz. 12.

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EuGH erforderlich, wenn dies aus objektiven Umständen gerechtfertigt ist. Dies ist zumindest immer dann gegeben, wenn einer der Fälle des § 3 Abs. 4 VOF vorliegt, wonach Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden können1. 21a Im Verfahren zur Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen nach der VOF mit einem grenzüberschreitenden Bezug müssen die Grundfreiheiten des europäischen Primärrechts, insbesondere das Diskriminierungsverbot, beachtet werden. Dies erfordert unter anderem eine diskriminierungsfreie Beschreibung des Auftraggegenstands, den gleichen Zugang für Wirtschaftsteilnehmer aus allen Mitgliedstaaten, die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfzeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, das Setzen angemessener Fristen, einen transparenten und objektiven Ansatz, die Bekanntgabe der Zuschlagskriterien und die Gleichbehandlung der Bieter im Rahmen von Vertragsverhandlungen2. 22 Ist nach der Rechtsprechung des EuGH eine Bekanntmachung der Absicht, nicht prioritäre Dienstleistungen zu vergeben, nach dem Primärrecht erforderlich, findet § 101a GWB keine analoge Anwendung3. Die Kommission hält demgegenüber die Ermöglichung effektiven Rechtsschutzes für geboten4. 5. Gemischte Verträge (§ 4 Abs. 5 VgV) 23 Auch § 4 Abs. 5 VgV wurde durch VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO5 neu gefasst. Die Vorschrift, welche auf Art. 22 RL 2004/18/EG beruht, ersetz § 1a Nr. 2 Abs. 3 VOL/A 2006. § 4 Abs. 5 VgV enthält Regelungen über die Abgrenzung gemischter Verträge, die aus prioritären und nicht prioritären Dienstleistungen bestehen. Danach werden gemischte Aufträge, die sowohl Dienstleistungen nach Anhang I Teil A als auch Teil B der VOL/A zum Gegenstand haben, nach den Regelungen über die Aufträge vergeben, deren Wert überwiegt. Dies entspricht der Regelung in § 99 Abs. 7 Satz 1 über die Vorschriften, die auf gemischte Verträge anzuwenden sind, welche Lieferungen und Dienstleistungen umfassen. Auf die Kommentierung dieser Vorschrift kann verwiesen werden (§ 99 Rz. 139 ff.). 1 EuG v. 20.5.2010 – Rs. T-258/06, Tz. 138 ff.; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 2 Rz. 14. 2 EuG v. 20.5.2010 – Rs. T-258/06. 3 VK Bund v. 1.12.2009 – VK 3–205/09. 4 Ziff. 2.3.3 der Mitteilung der Kommission, ABl. EU 2006 C 179/2 v. 1.8.2006. 5 BGBl. I, 724.

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6. Energieeffizienz (§ 4 Abs. 6 VgV) § 4 Abs. 6 VgV wurde durch VO zur Anpassung der VgV sowie der 24 SektVO vom 7.6.20101 angefügt. Durch diese Vorschrift werden Art. 5 und Anhang VI lit. c) und d) der Richtlinie 2006/32/EG (Energieeffizienzrichtlinie)2 in nationales Recht umgesetzt. Um die Energieeffizienz im öffentlichen Sektor zu steigern und eine Vorbildfunktion auszuüben, verpflichtet Art. 5 Abs. 1 2. UA Satz 3 RL 2006/32/EG die Mitgliedstaaten, unbeschadet des nationalen und gemeinschaftlichen Vergaberechts mindestens zwei der im Anhang VI der Richtlinie genannten Maßnahmen umzusetzen. Der Verordnungsgeber hat sich in § 4 Abs. 6 VgV für die Maßnahmen nach lit. c) und lit. d) des Anhangs VI entschieden. § 4 Abs. 6 VgV ist Folge des Umstands, dass die VOL/A nicht von dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber erlassen wird. Soweit der Verordnungsgeber mit dem Inhalt der VOL/A nicht einverstanden ist, muss er entweder von einer Verweisung auf deren Vorschriften vollständig absehen oder anordnen, dass die VOL/A lediglich unter Beachtung bestimmter Maßgaben anzuwenden ist. Von dieser zweiten Möglichkeit hat der Verordnungsgeber in § 4 Abs. 6 VgV Gebrauch gemacht. § 4 Abs. 6 VgV findet auf den Kauf technischer Geräte und Ausrüstungen 25 und die Ersetzung oder Nachrüstung vorhandener technischer Geräte und Ausrüstungen Anwendung. Umfasst sind somit sowohl Liefer- wie Dienstleistungsaufträge. Soweit lit. d) Anhang VI zur Energieeffizienzrichtlinie auch Anforderungen an das Ersetzen oder Nachrüsten von Fahrzeugen stellt, soll dies nach Absicht der Bundesregierung zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden. § 8 EG VOL/A ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass mit der Leistungsbeschreibung im Rahmen der technischen Anforderungen von den Bietern Angaben zum Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen zu fordern sind (§ 4 Abs. 6 Nr. 1, 1. Halbs. VgV). Hierdurch soll der Auftraggeber in die Lage versetzt werden, den Energieverbrauch der angebotenen Produkte zu beurteilen. In geeigneten Fällen ist von den Bietern eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder eine vergleichbare Methode zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit zu fordern (§ 4 Abs. 6 Nr. 1, 2. Halbs. VgV). Unter den Lebenszykluskosten versteht man die Gesamtkosten eines Produkts während seiner Nutzungsdauer, also die Anschaffungskosten nebst Betriebskosten, Abschreibungs- und Entsorgungskosten sowie anfallenden Kosten in anderen Bereichen des Auftraggebers. Bei lang1 BGBl. I, 724. 2 ABl. EU L 114 v. 5.4.2006, 64.

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fristig niedrigen Energiekosten kann eine Lebenszyklusbetrachtung zu einem anderen Ergebnis führen als eine Betrachtung der reinen Investitionskosten. 26 Schließlich findet nach § 4 Abs. 6 Nr. 2 VgV § 19 EG VOL/A mit der Maßgabe Anwendung, dass der Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen als Kriterium bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigt werden kann. Hiermit sind die Zuschlagskriterien nach § 19 EG Abs. 9 VOL/A angesprochen. Auch diese Maßgabe beruht auf Art. 5 Abs. 1 2. UA Satz 3 RL 2006/32/EG. Der Energieverbrauch der angebotenen technischen Geräte und Ausrüstungen kann somit bei Wertung der Angebote auf der vierten Wertungsstufe Berücksichtigung finden. 7. Aufgehobene Vorschriften 27 Die VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20101 hat § 4 Abs. 4 und 5 VgV a.F. aufgehoben, da diese Vorschriften durch die Neufassung der VOL/A überflüssig wurden. Die Regelung des § 4 Abs. 4 VgV a.F., wonach § 7 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A 2006 mit der Maßgabe anzuwenden war, dass sich der Auftragnehmer bei der Erfüllung der Leistungen der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen kann, findet sich nunmehr in § 12 Abs. 3 lit. a) VOL/A und § 15 EG Abs. 11 lit. a) VOL/A bzw. § 7 EG Abs. 9 VOL/A. Bestimmungen über die Beteiligung von Projektanten (§ 4 Abs. 5 VgV a.F.) enthalten § 6 Abs. 6 VOL/A und § 6 EG Abs. 7 VOL/A.

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Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 und 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben bei der Vergabe von Dienstleistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigen angeboten werden, sowie bei Auslobungsverfahren, die zu solchen Dienstleistungen führen sollen, die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. November 2009 (BAnz. Nr. 185a vom 8. Dezember 2009) anzuwenden. Dies gilt nicht für Dienstleistungen, deren Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. 1 BGBl. I, 724.

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Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen

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1. Entstehungsgeschichte Aufgrund der 2. VO zur Änderung der VgV vom 11.2.20031 verweist § 5 1 mit Wirkung vom 15.2.2003 auf die VOF 2002. Durch die 3. VO zur Änderung der VgV vom 23.10.20062 wurde der Verweis mit Wirkung zum 1.11.2006 auf die VOF 2006 geändert. Aufgrund der VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20103 verweist § 5 VgV mit Wirkung zum 11.6.2010 auf die VOF Ausgabe 2009; Satz 3 wurde aufgehoben. 2. Anwendung der VOF § 5 Satz 1 VgV bestimmt, dass die in § 98 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 genannten 2 Auftraggeber bei der Vergabe von Dienstleistungen (§ 99 Abs. 4), die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigen angeboten werden, sowie bei Auslobungsverfahren, die zu solchen Dienstleistungen führen sollen (§ 99 Abs. 5), die VOF in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.11.2009 anzuwenden haben, soweit die Schwellenwerte erreicht oder überschritten sind. Es handelt sich um eine statische Verweisung (§ 97 Rz. 126). Durch diese Verweisung in der VgV kommt der VOF Normqualität zu4. Die Verweisung auf die VOF 2009 gilt mit Wirkung zum 11.6.2010. Bis dahin war die VOF 2006 anzuwenden. Auf Dienstleistungsaufträge (§ 99 Abs. 4) und Auslobungsverfahren können sowohl die Vorschriften der VOL/A (§ 4 Abs. 1 VgV), als auch der VOF (§ 5 Satz 1 VgV) Anwendung finden. Die Abgrenzung bestimmt sich danach, ob die Dienstleistungen im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit oder im Wettbewerb hierzu erbracht werden und ob ihr Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. Ist dies der Fall, gehen die Bestimmungen der VOF denjenigen der VOL/A vor. Diese Regelung wird in § 1 Abs. 1 VOF wiederholt. Das europäische Recht kennt keine gesonderten Bestimmungen für die 3 Vergabe von Leistungen, die durch Freiberufler erbracht werden. Die VOF hat die Vorstellung zur Grundlage, dass vorwiegend geistige Leistungen einer eigenständigen Vergabeordnung unterliegen sollen5. Die 1 2 3 4

BGBl. I, 168. BGBl. I, 2334. BGBl. I, 724. OLG Saarbrücken v. 29.4.2003 – 5 Verg 4/02, VergabeR 2003, 429 (432); OLG Düsseldorf v. 18.10.2006 – VII Verg 30/06, VergabeR 2007, 92 (95). 5 Marx in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 1 Rz. 61; Voppel/Osenbrück/ Bubert, VOF, § 1 Rz. 1.

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Trennung der Vergaberegeln für Dienstleistungen in die VOL/A und die VOF verstößt nicht gegen die Vorgaben des Europarechts1. 4 Die Definition der freiberuflichen Tätigkeit richtet sich nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG2. Die dortige Aufzählung ist nicht abschließend. Eine weitgehend wortgleiche Definition findet sich in § 1 Abs. 2 PartGG. Demnach haben freie Berufe im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachliche unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt3. Der EuGH definiert Tätigkeiten als freiberuflich, die u.a. einen ausgesprochen intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation erfordern und gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen. Hinzu trete, dass das persönliche Element besondere Bedeutung habe und diese Ausübung eine große Selbstständigkeit bei der Vornahme und der beruflichen Handlung voraussetze4. Die Eigenverantwortlichkeit drückt sich dadurch aus, dass der Freiberufler, anders als ein Arbeitnehmer, keinen Weisungen unterliegt. Seine Vergütung erfolgt tätigkeits- oder wertbezogen im Rahmen eines Dienstleistungs- oder Werkvertrags5. Der Anwendungsbereich der VOF ist auch dann eröffnet, wenn eine Tätigkeit nicht durch einen Freiberufler, aber im Wettbewerb zu diesem erbracht wird. Hiervon werden insbesondere Gesellschaften, die von Freiberuflern gebildet werden, wie die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder die Aktiengesellschaft, umfasst. Die beiden letztgenannten sind handels- und steuerrechtlich als Kaufleute bzw. Gewerbebetriebe anzusehen, so dass sie nicht unter die für Freiberufler geltenden Vorschriften fallen. Für das Vergaberecht kann es jedoch keinen Unterschied machen, in welcher Rechtsform ein Bieter eine Tätigkeit durchzuführen beabsichtigt. Maßgeblich ist, ob die auszuschreibende Dienstleistung in der Vergangenheit von Gewerbetreibenden oder von Freiberuflern erbracht wurde und vor Beginn der Ausschreibung zu er-

1 OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, VergabeR 2006, 914 (927). 2 Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 157; Marx in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 1 Rz. 55; Müller-Wrede, BauR 1998, 470 (472). 3 BVerfGE 17, 232 (239); OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, VergabeR 2006, 914 (920); Marx in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 1 Rz. 55; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 1 Rz. 4. 4 EuGH v. 11.10.2001 – Rs. C 267/99, Slg. 2001, I-7467 – Adam. 5 Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, S. 132.

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§ 5 VgV

warten ist, dass sich Freiberufler um den konkreten Auftrag bewerben1. Dies hat der Auftraggeber im Zweifelsfall anhand vorhandener Marktübersichten zu ermitteln. Ergibt die Übersicht des Markts, dass sich voraussichtlich lediglich Gewerbetreibende um den Auftrag bewerben werden, findet die VOL/A Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn sich später herausstellt, dass sich auch Freiberufler beteiligen2. Die VOF findet auf Dienstleistungen, die eine Aufgabe zum Gegenstand 5 haben, deren Lösung vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, keine Anwendung (§ 5 Satz 2 VgV). Für diese Aufträge gilt vielmehr die VOL/A (§ 4 Abs. 1 VgV). Grundlage dieser Regelung ist Art. 30 Abs. 1 lit. c) RL 2004/18/EG, wonach die Vergabe geistig-schöpferischer Leistungen wie Bauplanungsdienstleistungen, deren Spezifikationen nicht so genau festgelegt werden können, dass der Auftrag durch Wahl des besten Angebots in Übereinstimmung mit den Vorschriften über das offene oder nichtoffene Verfahren vergeben werden kann, im Verhandlungsverfahren nach öffentlicher Bekanntmachung möglich ist3. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, scheidet die Anwendung der VOF, die in § 3 stets das Verhandlungsverfahren zulässt, aus. Es sind kaum Leistungen denkbar, die nicht wenigstens theoretisch vorab detailliert festgelegt werden können. Entscheidend für die Anwendbarkeit der VOF ist, ob der Auftraggeber die Lösung vorgibt, welche der Auftragnehmer umzusetzen hat, oder es gerade Aufgabe des Auftragnehmers ist, eine Lösung zu entwickeln. Bereits feststehende Leistungen, die von dem öffentlichen Auftraggeber vorgegeben werden, bedürfen zur Ausführung lediglich der Umsetzung. Das Ausführungsprogramm, d.h. die schöpferische Leistung, wurde im Vorfeld von dem Auftraggeber erbracht. Beabsichtigt der Auftraggeber hingegen die geistig-schöpferische Tätigkeit nicht selbst zu erbringen, sondern zu vergeben, scheiden detaillierte Vorgaben aus. Der Auftraggeber gibt lediglich das Ziel oder den Rahmen der auszuschreibenden Leistung vor. Die konkrete Entwicklung und Beschreibung des Leistungswegs hat durch den Auftragnehmer zu erfolgen. Eine Leistung ist immer dann nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar, wenn eine noch nicht existierende Lösung für eine gestellte Aufgabe zu ent-

1 Marx in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 1 Rz. 57; Müller-Wrede in MüllerWrede, VOL/A, § 1 Rz. 35; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 1 Rz. 12. 2 Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 158; Marx in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 1 Rz. 56; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 1 Rz. 11. 3 Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 2 Rz. 42.

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wickeln ist1. Dies ist beispielsweise bei Beratungsleistungen der Fall, bei denen dem Auftragnehmer Kognitions-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume zustehen2. Eindeutig und erschöpfend beschreibbar sind hingegen in der Regel handwerkliche oder mechanische Leistungen3.

Vergabe von Bauleistungen

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(1) Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben bei der Vergabe von Bauaufträgen und Baukonzessionen die Bestimmungen des 2. Abschnittes des Teiles A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Juli 2009 (BAnz. Nr. 155a vom 15. Oktober 2009), geändert durch Bekanntmachung vom 19. Februar 2010 (BAnz. Nr. 36 vom 5. März 2010, BAnz. S. 940) anzuwenden; für die in § 98 Nr. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber gilt dies nur hinsichtlich der Bestimmungen, die auf diese Auftraggeber Bezug nehmen. (2) Bei der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen sind im Falle des Absatzes 1 die Bestimmungen des Abschnittes 2 des Teiles A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) mit folgenden Maßgaben anzuwenden: 1. § 7 VOB/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass mit der Leistungsbeschreibung im Rahmen der technischen Spezifikationen von den Bietern Angaben zum Energieverbrauch der technischen Geräte und Ausrüstungen, deren Lieferung Bestandteil einer Bauleistung ist, zu fordern sind, es sei denn, die auf dem Markt angebotenen Geräte und Ausrüstungen unterscheiden sich im rechtlich zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig; dabei ist in geeigneten Fällen eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder eine vergleichbare Methode zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit vom Bieter zu fordern; 1 OLG München v. 28.4.2006 – Verg 6/06, VergabeR 2006, 914 (920); Boesen, Vergaberecht, § 99 Rz. 160; Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, S. 142; Marx in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 1 Rz. 63; Müller-Wrede, BauR 1998, 470 (475 f.); Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 2 Rz. 47; im Ergebnis letztlich zustimmend OLG Saarbrücken v. 20.9.2006 – 1 Verg 3/06, VergabeR 2007, 110 (114). 2 OLG Düsseldorf v. 21.4.2010 – VII Verg 55/09. 3 Kaufhold/Mayerhofer/Reichl, Die VOF im Vergaberecht, S. 141.

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Vergabe von Bauleistungen

§ 6 VgV

2. § 16 VOB/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen, deren Lieferung Bestandteil einer Bauleistung ist, als Kriterium bei der Wertung der Angebote berücksichtigt werden kann. 1. Entstehungsgeschichte Mit Wirkung zum 15.2.2003 wurde § 6 Satz 1 durch die 2. VO zur Ände- 1 rung der VgV vom 11.2.20031 dahin gehend geändert, dass auf die VOB/A Fassung 2002 verwiesen wurde. Durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz vom 1.9.20052 wurde der bisherige Wortlaut des § 6 VgV zum Absatz 1. Abs. 2 und 3 a.F. wurden angefügt. Mit Wirkung zum 1.11.2006 verweist § 6 Abs. 1 Satz 1 auf die VOB/A Fassung 2006 (3. VO zur Änderung der VgV vom 23.10.20063). § 6 Abs. 1 Satz 2 (Definition der Baukonzession) wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4. 20094 aufgehoben. Die VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20105 hat mit Wirkung zum 11.6.2010 Abs. 1 geändert, der nunmehr auf die VOB/A Ausgabe 2009 verweist. Gleichzeitig wurden Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 sowie Abs. 3 a.F. aufgehoben und ein neuer Abs. 2 eingefügt. 2. Anwendung der VOB/A (§ 6 Abs. 1 VgV) Nach § 6 Abs. 1 VgV haben die in § 98 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 genannten 2 öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe von Bauaufträgen (§ 99 Abs. 3) und Baukonzessionen (§ 99 Abs. 6) den 2. Abschnitt der VOB/A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.7.2009 anzuwenden, wenn die Schwellenwerte des § 2 erreicht oder überschritten sind. Es liegt eine statische Verweisung auf die VOB/A vor (§ 97 Rz. 126). Durch diese Verweisung in der VgV kommt der VOB/A Normqualität zu6. Die Verweisung auf die VOB/A 2009 gilt mit Wirkung zum 11.6.2010. Bis dahin war die VOB/A 2006 anzuwenden. Die in § 98 Nr. 6 genannten öffentlichen Auftraggeber (Baukonzessionäre) haben lediglich diejenigen Vorschriften der VOB/A anzuwenden, die auf Baukonzessionäre Bezug nehmen (§ 6 Abs. 1, 2. Halbs. VgV). Diese Vorschriften ergeben sich aus § 22a Abs. 2 bzw. 3 VOB/A. 1 2 3 4 5 6

BGBl. I, 168. BGBl. I, 2676. BGBl. I, 2334. BGBl. I, 790. BGBl. I, 724. OLG Saarbrücken v. 29.4.2003 – 5 Verg 4/02, VergabeR 2003, 429 (432); OLG Düsseldorf v. 18.10.2006 – VII Verg 30/06, VergabeR 2007, 92 (95).

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§ 6a VgV

Wettbewerblicher Dialog

3. Energieeffizienz (§ 6 Abs. 2 VgV) 3 § 6 Abs. 2 VgV wurde durch VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20101 neu gefasst. Die bisher dort vorgesehenen Maßnahmen wurden aufgehoben (dazu unten Rz. 4) und Regelungen über die Energieeffizienz aufgenommen. § 6 Abs. 2 VgV entspricht im Wesentlichen § 4 Abs. 6 VgV, auf dessen Kommentierung verwiesen wird (§ 4 VgV Rz. 24 ff.). § 6 Abs. 2 VgV findet auf die Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen Anwendung. 4. Aufgehobene Vorschriften 4 Durch VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6.20102 wurden zahlreiche Vorschriften des § 6 VgV aufgehoben, da sie überholt waren. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 VgV a.F. galten § 2 Nr. 1 und § 25 Nr. 2 VOB/A 2006 bei der Auftragsvergabe an mehrere Unternehmen mit der Maßgabe, dass der Auftraggeber nur für den Fall der Auftragsvergabe verlangen konnte, dass eine Bietergemeinschaft eine bestimmte Rechtsform annehmen musste, sofern dies für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrages notwendig war. Diese Bestimmung findet sich nunmehr in § 6a Abs. 8 VOB/A. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 VgV a.F. waren § 8 Nr. 2 Abs. 1 und § 25 Nr. 6 VOB/A 2006 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Auftragnehmer sich bei der Erfüllung der Leistung der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen konnte. Dies ergibt sich nunmehr aus § 6a Abs. 10 VOB/A. Schließlich regelte § 6 Abs. 2 Nr. 3 VgV a.F., dass § 10 Nr. 5 Abs. 3 VOB/A 2006 mit der Maßgabe anzuwenden war, dass der Auftragnehmer bei der Weitervergabe von Bauleistungen nur die Bestimmungen der VOB/B zugrunde zu legen hatte. Diese Maßgabe ist durch die Neufassung des Wortlauts des § 4 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B erledigt. Regelungen über Projektanten (§ 6 Abs. 3 VgV a.F.) finden sich in § 6a Abs. 9 VOB/A.

Wettbewerblicher Dialog

6a

(aufgehoben)

Die Regelung ist durch Art. 1 Ziffer 7 der am 11.6.2010 in Kraft getretenen Verordnung zur Anpassung der Vergabeverordnung sowie der Sekto1 BGBl. I, 724. 2 BGBl. I, 724.

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Bekanntmachungen

§ 14 VgV

renverordnung vom 7.6.20101 mit Blick darauf aufgehoben worden, dass die Regelungen zum wettbewerblichen Dialog aus Gründen der Vereinfachung und der Anwenderfreundlichkeit in die novellierten Abschnitte 2 der VOB/A (§ 3a Abs. 4 VOB/A) und VOL/A (§ 3 EG Abs. 7 VOL/A) übernommen wurden2. Auf die Kommentierung des § 101 Rz. 18 ff. wird verwiesen.

7–13

(aufgehoben)

Bekanntmachungen

14

(1) Die Auftraggeber geben in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen die Anschrift der Vergabekammer an, der die Nachprüfung obliegt. (2) Bei Bekanntmachungen im Amtsblatt der Europäischen Union nach diesen Bestimmungen haben die Auftraggeber die Bezeichnungen des Gemeinsamen Vokabulars für das öffentliche Auftragswesen (Common Procurement Vocabulary – CPV) zur Beschreibung des Auftragsgegenstandes zu verwenden. (3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt im Bundesanzeiger einen Hinweis auf die Rechtsvorschrift zur Änderung der CPV bekannt. § 14 Abs. 1 hat die Regelung in § 17 VgV a.F. übernommen. Absatz 1 1 regelt die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, in der Vergabebekanntmachung und in den Vergabeunterlagen die Anschrift der Vergabekammer anzugeben, die für einen Nachprüfungsantrag zuständig ist. Sind mehrere Vergabekammern zuständig, können alle angegeben werden3. Zumindest aber eine zuständige Kammer muss angegeben werden. Erfolgt dies nicht, nicht vollständig oder wird eine unzuständige Vergabekammer angegeben, handelt es sich um einen durch die Bieter oder Bewerber rügefähigen Vergaberechtsverstoß.

1 BGBl. I, 724. 2 BR-Drucks. 40/10, 19. 3 VK Lüneburg v. 7.12.2001 – 203 VgK 20/2001.

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§ 16 VgV

Ausgeschlossene Personen

2 Die durch den Auftraggeber anzugebende Anschrift der Vergabekammer hat vollständig zu sein. Sie muss daher zumindest die Angaben umfassen, die notwendig sind, um die Vergabekammer auf schriftlichem Wege zu erreichen, also Stadt, Postleitzahl, Straße und Hausnummer umfassen. Weitergehende Angaben (Telefonnummer, Telefaxanschrift, E-MailAdresse) sind zwar wünschenswert, jedoch nach dem Gesetzeswortlaut, der sich auf die Anschrift der Vergabekammer beschränkt, nicht zwingend erforderlich. Die Formulierung ist auch im Hinblick auf die Effektivität des Rechtsschutzes unbedenklich, da es jedem Unternehmen ohne weiteres möglich und auch zumutbar ist, bei Kenntnis der genauen Anschrift die Telefon- oder Telefaxnummer selbst in Erfahrung zu bringen (zur Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags per Telefax § 108 Rz. 6). 3 Gemäß § 14 Abs. 3 müssen die Auftraggeber bei Bekanntmachungen im Amtsblatt der Europäischen Union nach den Bestimmungen der Vergabeverordnung die Bezeichnungen des gemeinsamen Vokabulars für das Öffentliche Auftragswesen (Common Procurement Vocabulary-CPV) zur Beschreibung des Auftragsgegenstandes verwenden. 4 Ziel des § 14 und des gemeinsamen Vokabulars ist es, gemeinschaftsweit die Transparenz bei der Übermittlung von Informationen zu verbessern und die verschiedenen nationalen Bezeichnungen zur Beschreibung der Auftragsgegenstände zu harmonisieren. Das CPV in seiner von der Kommission aktualisierten Fassung wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Bundesanzeiger veröffentlicht.

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(weggefallen)

Ausgeschlossene Personen

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(1) Als Organmitglied oder Mitarbeiter eines Auftraggebers oder als Beauftragter oder als Mitarbeiter eines Beauftragen eines Auftraggebers dürfen bei Entscheidungen in einem Vergabeverfahren für einen Auftraggeber als voreingenommen geltende natürliche Personen nicht mitwirken, soweit sie in diesem Verfahren 1. Bieter oder Bewerber sind, 2. einen Bieter oder Bewerber beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzliche Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten, 940

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§ 16 VgV

Ausgeschlossene Personen

3. a) bei einem Bieter oder Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, Aufsichtsrates oder gleichartigen Organs tätig sind oder b) für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen tätig sind, wenn dieses Unternehmen zugleich geschäftliche Beziehungen zum Auftraggeber und zum Bieter oder Bewerber hat, es sei denn, dass dadurch für die Personen kein Interessenkonflikt besteht oder sich die Tätigkeiten nicht auf die Entscheidungen in dem Vergabeverfahren auswirken. (2) Als voreingenommen gelten auch die Personen, deren Angehörige die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 erfüllen. Angehörige sind der Verlobte, der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten und Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten und Lebenspartner, Geschwister der Eltern sowie Pflegeeltern und Pflegekinder. I. 1. 2. II. III. 1.

Einführung Inhaltsübersicht . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . Bedeutung und Systematik . . Anwendungsbereich . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitwirkung an Entscheidungen im Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergabeverfahren . . . . . . c) Vorbefasstheit/Projektantenstellung . . . . . . . . . . 2. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . a) Relevante Tätigkeiten auf Auftraggeberseite . . . . . . aa) Organmitglieder und Mitarbeiter . . . . . . . bb) Beauftragte und deren Mitarbeiter . . . . . . . b) Relevante Tätigkeiten auf Bieter- oder Bewerberseite aa) Bieter oder Bewerber (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 VgV) . . . . . . . . . . . .

. . . .

1 2 3 7

.

7

. 7 . 11 . 12 . 13 . 15

IV.

. 16

1.

. 17

2.

. 19

V.

. 19

VI. VII.

bb) Berater oder Vertreter eines Bieters oder Bewerbers (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV) . . . . . . . . . . . . cc) Entgeltliche oder organschaftliche Tätigkeit bei Bietern oder Bewerbern (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV) . . . . . . . . . . . . dd) Tätigkeit für ein Unternehmen, das zugleich geschäftliche Beziehungen zu Auftraggebern und zu Bietern oder Bewerbern hat (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV) . . . . Widerlegbarkeit der Voreingenommenheitsvermutung . . . Widerlegbarkeit in den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV Widerlegbarkeit in den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV Erweiterung der Voreingenommenheitsvermutung auf Angehörige (§ 16 Abs. 2 VgV) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen bei Verstößen . Konkurrenzen . . . . . . . . . .

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§ 16 VgV

Ausgeschlossene Personen

I. Einführung 1. Inhaltsübersicht 1 § 16 VgV regelt die Neutralitätspflicht des Auftraggebers. Die Norm soll gewährleisten, dass bei der Auftragsvergabe keine Personen für den Auftraggeber tätig werden, deren Interessen mit denen eines Bieters oder eines Beauftragten eines Bieters verknüpft sind1. Zu diesem Zweck enthält § 16 VgV für die entsprechenden Personen ein Verbot der Mitwirkung an Vergabeentscheidungen2. 2. Entstehungsgeschichte 2 Die Bestimmung wurde mit Wirkung zum 1.2.2001 in die VgV eingefügt und ist seither nicht geändert worden3. § 16 VgV geht zurück auf die Entscheidung des OLG Brandenburg4 zum Flughafen Berlin-Schönefeld aus dem Jahr 19995. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung, in der auf die Entscheidung des OLG Brandenburg ausdrücklich Bezug genommen wird, geht hervor, dass die Vorschrift dem Schutz der Bieter vor einer Parteilichkeit des Auftraggebers dienen soll6. § 16 VgV stellt somit eine Konkretisierung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, des Diskriminierungsverbots sowie des Transparenzgebots gemäß § 97 Abs. 1 und 2 dar7. II. Bedeutung und Systematik 3 Als Ausformung eines allgemeinen Rechtsgedankens galt das Neutralitätsgebot und die damit verbundene Verpflichtung zur Vermeidung von (potentiellen) Interessenkonflikten auch bereits vor Inkrafttreten von § 16 VgV. Es wurde vor allem aus § 97 Abs. 2 sowie aus § 20 VwVfG abgeleitet8. Letzteres rechtfertigte sich insbesondere daraus, dass § 20 1 Vgl. VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004; VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005. 2 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 f. 3 Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 16 VgV Anm. 56.1. 4 OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39 ff. 5 Drömann/Finke, NZBau 2006, 79 (80). 6 BR-Drucks. 455/00, 20. 7 Vgl. VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004. 8 Vgl. dazu die Begründung des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 455/00, 19; sowie Kratzenberg, NZBau 2001, 119 (121). Zur Entwicklung der Rechtsprechung vor Inkrafttreten von § 16 VgV Berrisch/Nehl, WuW 2001, 944 ff.; Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 ff.

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Ausgeschlossene Personen

§ 16 VgV

VwVfG als eine Konkretisierung des verfassungsrechtlich verankerten Unbefangenheitsgebotes anzusehen ist, der immer dann für staatliches oder zumindest staatlich organisiertes Handeln herangezogen werden kann, wenn keine spezialgesetzlichen Regelungen existieren. Trotz der betonten Eigenständigkeit von § 16 VgV1, insbesondere gegenüber § 20 VwVfG, kann die dazu ergangene Rechtsprechung als Auslegungshilfe herangezogen werden, da der Wortlaut gleichwohl weitgehend übereinstimmt und sich auch die Interessenlage in der Regel deckt2. § 16 VgV bezieht sich auf die Tätigkeit für den Auftraggeber und soll 4 sicherstellen, dass für den Auftraggeber nur solche Personen tätig werden, deren Interessen weder mit denen eines Bieters noch mit den Interessen eines Beauftragten des Bieters verknüpft sind3. Zu diesem Zweck verbietet § 16 VgV, dass Personen, die als Bieter oder für einen Bieter am Vergabeverfahren beteiligt sind, an Vergabeentscheidungen mitwirken4. Liegt eine Voreingenommenheit im Rechtssinne vor, die unter die normierten Ausschlusstatbestände fällt, ist es die Pflicht des Auftraggebers, Abhilfe zu schaffen, um einen Vergaberechtsverstoß zu vermeiden oder zumindest im Nachhinein zu beseitigen (Rz. 56 f.). Allerdings kann der Interessenkonflikt rein faktisch auch dadurch ausgeräumt werden, dass es zu personellen Veränderungen auf Seiten des betroffenen Bieters oder Bewerbers kommt. Anders als der Auftraggeber ist ein Bieter oder Bewerber allerdings zu derartigen Schritten vergaberechtlich nicht verpflichtet, da es allein Aufgabe des Auftraggebers ist, die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens sicherzustellen. § 16 VgV enthält weder ein Bewerbungsverbot5 noch einen Bieteraus- 5 schluss6. Die Regelung erfasst auch nicht sämtliche (potentiellen) Interessenkonflikte und Gefahren des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern nur ganz spezielle Konstellationen. Dies hat zur Konsequenz, dass Interessenkonflikte, die nicht unter § 16 VgV fallen, 1 § 16 VgV spricht ausdrücklich von einer „Voreingenommenheit“, um so die Eigenständigkeit der Regelung gegenüber § 20 VwVfG und vergleichbaren Bestimmungen zu betonen. Siehe dazu die Begründung des Regierungsentwurfs, BRDrucks. 455/00, 19. 2 Zu einem Vergleich der Vorschriften Berrisch/Nehl, WuW 2001, 944 (949). 3 Vgl. VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004; VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005. 4 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 f. 5 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 f. 6 VK Bund v. 1.8.2008 – VK 2-88/08; VK Nordbayern v. 27.6.2008 – 21. VK-3194-23/08.

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§ 16 VgV

Ausgeschlossene Personen

gleichwohl einen Verstoß gegen § 97 Abs. 2 darstellen können und von Letzterem erfasst werden1. 6 Ein Mitwirkungsverbot nach § 16 VgV erfordert das Vorliegen einer Voreingenommenheit (bzw. eines Interessenkonflikts). Diese wird in den Tatbestandsvarianten des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VgV sowie in den Fällen des § 16 Abs. 2 VgV unwiderleglich vermutet2. Dagegen wird in den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV eine Voreingenommenheit lediglich widerlegbar vermutet und die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises eröffnet. Somit ergibt sich für diese Tatbestandsvarianten eine zweistufige Prüfung, bei der auf der ersten Stufe festgestellt wird, ob ein Interessenkonflikt vorliegt bzw. vorliegen könnte und auf der zweiten Stufe zu prüfen ist, ob der vermutete Konflikt widerlegt werden kann oder ob sich die Tätigkeit der als voreingenommen geltenden Person nicht auf die Entscheidung auswirkt. Auf der Tatbestandsebene des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV (erste Stufe) genügt daher der bloße Anschein eines Interessenkonflikts bzw. einer Voreingenommenheit3; auf die tatsächlichen Verhältnisse kommt es erst im Rahmen der Widerlegung der Vermutung (zweite Stufe) an4. Hierfür sprechen sowohl der Sinn und Zweck der Vorschrift, eventuelle Befangenheiten möglichst wirksam auszuschließen, als auch deren Wortlaut, welcher für die Vermutung der Voreingenommenheit bereits die Beschäftigung bei einem Bieter oder Bewerber bzw. das Tätigwerden für ein in das Verfahren eingeschaltetes Unternehmen ausreichen lässt5. Um jedoch im Gesamtergebnis einen Verstoß gegen § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV annehmen zu können, reicht der „böse Schein“ der Parteilichkeit allein nicht aus6. Vielmehr ist das Vorliegen eines tatsäch1 Vgl. OLG Koblenz v. 18.9.2003 – 1 Verg. 4/03, VergabeR 2003, 709 (717); VK Bund v. 20.5.2005 – VK 2-30/05; VK Sachsen v. 29.11.2001 – 1/SVK/109-01; Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (741 f.); Drömann/Finke, NZBau 2006, 79 (82); Kleinert/Göres, KommJur 2006, 361 (364 f.). 2 VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004. 3 Vgl. VK Hessen v. 16.7.2004 – 69d-VK-39/2004; Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (744 f.); H.-M. Müller in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1648. 4 Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (744 f.); H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1648. 5 Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (745). 6 M.w.N. VK Sachsen v. 26.6.2009 – 1/SVK/024-09; VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004. A.A. noch OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39 (42 f.), das die Auffassung vertrat, dass bereits der „böse Schein“ einer Parteilichkeit genüge, um Personen aus einem Vergabeverfahren auszuschließen. Inzwischen verfolgt jedoch auch das OLG Brandenburg diesen Ansatz nicht mehr, vgl. OLG Brandenburg v. 22.5.2007 – Verg W 13/06.

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lichen Interessenkonflikts und einer konkreten Auswirkung der Tätigkeiten der betroffenen Person auf die Entscheidungen des Vergabeverfahrens erforderlich1. Denn es soll gerade nicht der Fall eintreten, dass Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, per se an einer Teilnahme an Ausschreibungen gehindert sind2. Das Vergaberecht will also nicht schon einen (imaginären) „bösen Schein“, sondern nur tatsächliche Diskriminierungen vermeiden. Hat der öffentliche Auftraggeber jedoch eine Interessenkollision zwischen dem Auftraggeber und einem der Bieter festgestellt, so ist er verpflichtet, bei der Vorbereitung und dem Erlass der Entscheidung über die Folgen des fraglichen Vergabeverfahrens mit aller erforderlichen Sorgfalt vorzugehen und die Entscheidung auf der Grundlage aller einschlägigen Informationen zu treffen. Diese Verpflichtung ergibt sich insbesondere aus den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Gleichbehandlung3. III. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich a) Mitwirkung an Entscheidungen im Vergabeverfahren. § 16 VgV regelt 7 (nur) ein Mitwirkungsverbot. Er setzt daher – umgekehrt – die aktive Mitwirkung an einer Entscheidung im Vergabeverfahren voraus. Insoweit ist grundsätzlich eine weite Auslegung geboten. In Betracht kommen neben der Mitwirkung an Wertungs- und Auswahlentscheidungen auch alle schriftlichen oder mündlichen Äußerungen und sonstigen aktiven Handlungen, die zur Meinungsbildung der Vergabestelle über das Verfahren oder die Sachentscheidung beitragen sollen4. Erfasst wird mithin jedes Verhalten, das eine Rechtsverletzung i.S.d. § 107 Abs. 2, also einen Verstoß gegen Bestimmungen über das Vergabeverfahren (§ 97 Abs. 7), begründen kann5. Dabei kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die Einflussnahme durch den Mitwirkenden tatsächlich zu einem messbaren Vorteil bzw. Erfolg geführt hat. Auf eine ursächliche Ver1 VK Lüneburg v. 7.9.2005 – VgK-38/2005; VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004; VK Baden-Württemberg v. 19.5.2004 – 1 VK 25/04. 2 VK Bund v. 20.5.2005 – VK 2–30/05; VK Bund v. 4.9.2002 – VK 2-58/02, NZBau 2003, 110 ff.; VK Berlin v. 29.1.2003 – VK-B 1-58/02; Kirch, ZfBR 2004, 769. 3 EuG v. 17.3.2005 – Rs. T-160/03; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 16 VgV Anm. 56.3. 4 BayObLG v. 20.12.1999 – Verg 8/99, NZBau 2000, 259 (261); s. auch BR-Drucks. 455/00, S. 20. Zu § 20 VwVfG s. insbesondere BVerwG v. 30.4.1984 – 4 C 58.81, BVerwGE 69, 256, 267; Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 20 Rz. 24. 5 Kirch, ZfBR 2004, 769 (770).

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knüpfung zwischen der Handlung einer ausgeschlossenen Person und einer konkreten Diskriminierung eines Bieters oder Bewerbers wird zum Zwecke des Schutzes eines wettbewerbsneutralen und diskriminierungsfreien Beschaffungsverfahrens verzichtet1. 8 Natürliche Personen auf Auftraggeberseite, die nichts mit dem Vergabeverfahren zu tun haben, fallen – mangels aktiver Mitwirkung – in keinem Fall unter § 16 VgV. Dies gilt unabhängig davon, ob sie in bestimmter Weise für einen Bieter oder Bewerber tätig sind oder nicht. Gleiches gilt auch für solche Personen, die lediglich über die Durchführung und den Stand des Vergabeverfahrens informiert werden, z.B. um als politische Entscheidungsträger ihrer jeweiligen Verantwortlichkeit gerecht zu werden2. Dementsprechend stellt es keinen Verstoß gegen § 16 VgV dar, wenn eine nach dieser Vorschrift als voreingenommen geltende Person sich aus dem Vergabeverfahren heraushält bzw. zurückzieht, gleichwohl jedoch laufend über den Verfahrensstand unterrichtet wird3. Schließlich fallen auch solche Entscheidungen nicht unter § 16 VgV, die nicht im Vergabeverfahren sondern über ein Vergabeverfahren getroffen werden, wenn es also um die Frage geht, ob und ggf. welche Form eines Vergabeverfahrens durchgeführt wird, um als öffentlicher Auftraggeber eine bestimmte Leistung einzukaufen. 9 Die Frage, ab welchem Zeitpunkt im Verlauf eines Vergabeverfahrens das Mitwirkungsverbot beginnt, wird uneinheitlich beantwortet. Nach Teilen der Rechtsprechung4 und des Schrifttums5 wird unter Hinweis auf den Wortlaut der Norm, nach dem das Mitwirkungsverbot „Bieter“, „Bewerber“ oder Personen betrifft, welche Bieter oder Bewerber nach Maßgabe eines der in § 16 VgV näher bestimmten Verhältnisses unterstützen, für die Anwendbarkeit von § 16 VgV die Existenz von Bietern vorausgesetzt6. Diese sei jedoch erst dann gegeben, wenn das Vergabeverfahren formell eingeleitet worden ist7. Eine Erstreckung des Mitwirkungsver1 Schröder, NVwZ 2004, 168 (172). 2 BR-Drucks. 455/00, 20; zu § 20 VwVfG etwa BVerwG v. 30.4.1984 – 4 C 58.81, BVerwGE 69, 256 (267). 3 BR-Drucks. 455/00, 20; OLG Düsseldorf v. 9.4.2003 – Verg 66/02. 4 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 f.; OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (700); VK Lüneburg v. 17.10.2003 – 203-VgK-23/2003. 5 So Voppel, VergabeR 2003, 580 (581) (Anm. zu OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02); Horn, NZBau 2005, 28 (29); differenzierend Erdl, VergabeR 2002, 629 (630). 6 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 f. 7 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 f.

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bots auf das Vorbereitungsstadium komme nicht in Betracht1. Demzufolge handele es sich z.B. bei der Bescheidung einer Rüge in aller Regel um eine Entscheidung i.S.d. § 16 VgV2. Dagegen soll die Mitwirkung an der Erstellung einer Leistungsbeschreibung oder eines Leitfadens für die Ausschreibung unschädlich sein3. Andere Teile der Rechtsprechung4 und der Literatur5 fassen den zeitlichen Anwendungsbereich des § 16 VgV weiter und beziehen auch Vorbereitungshandlungen mit ein, die zeitlich vor der Vergabebekanntmachung liegen. Dementsprechend soll auch die (beratende) Mitwirkung einer als voreingenommen geltenden Person bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen unter den Anwendungsbereich des § 16 VgV fallen6. Diese Ansicht stützt sich zum einen auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf, nach der der Beginn eines der Nachprüfung zugänglichen Vergabeverfahrens nach materiellen Gesichtspunkten zu bestimmen und mithin darauf abzustellen sei, ob ein öffentlicher Auftraggeber sich zur Deckung eines bestimmten Bedarfs entschlossen hat und diesbezüglich mit organisatorischen oder planerischen Schritten begonnen hat7. Zum anderen stützt sich diese Ansicht teilweise auch auf die amtliche Begründung des Bundesrates zur VgV, in der ausgeführt wird, dass eine für das Vergabeverfahren relevante Entscheidung „u.U. auch bereits die Festlegung der Leistungsbeschreibung“8 sein könne9. Die Gegenansicht hält letzterer Argumentation entgegen, dass die Gesetzesmaterialien diesen Schluss gerade nicht zuließen. Denn unter welchen Umständen § 16 VgV für die Mitwirkung an der Erarbeitung der Vergabeunterlagen gelte, hänge vielmehr maßgeblich von der Art des Vergabeverfahrens ab. Entscheidet sich der Auftraggeber für ein nicht offenes Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb, müsse die Leistungsbeschreibung bei Bekanntmachung der Aufforde1 2 3 4 5 6 7 8 9

OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (700). OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701). VK Lüneburg v. 21.1.2003 – 203-VgK-30/2002. OLG Hamburg v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02, VergabeR 2003, 40 (42 f.); VK Rheinland- Pfalz v. 30.4.2002 – VK 6/02 (a.A. die Nachinstanz OLG Koblenz v. 5.9. 2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 ff.). Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 (543); Kirch, ZfBR 2004, 769 (770). OLG Hamburg v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02, VergabeR 2003, 40 (42 f.); Kirch, ZfBR 2004, 769 (770). So Kirch, ZfBR 2004, 769 (770) unter Hinweis auf OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, VergabeR 2001, 329 (330 f.). Vgl. BR-Drucks. 455/00, 20. VK Rheinland- Pfalz v. 30.4.2002 – VK 6/02 (a.A. die Nachinstanz OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 ff.); VK Brandenburg v. 19.9.2001 – 1 VK 85/01.

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rung, Teilnahmeanträge zu stellen, noch nicht fertig gestellt sein. Sie kann auch noch geändert werden, bis ausgewählte Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. In der Zwischenzeit kann es aber bereits einen Bewerber geben, zu dem ein Mitarbeiter der Vergabestelle in einer besonderen Beziehung i.S.d. § 16 VgV steht. (Nur) unter diesen Umständen sei der als voreingenommen geltenden Person die (weitere) Mitwirkung an der Fertigstellung oder Änderung der Vergabeunterlagen untersagt1. Die durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz2 eingeführte Regelung des § 4 Abs. 5 VgV a.F. und die gleichlautenden (Nachfolge-)Bestimmungen in § 6a Abs. 9 VOB/A, § 6 EG Abs. 7 VOL/A und § 4 Abs. 5 VOF (vgl. dazu Rz. 12) bzw. die Notwendigkeit einer diesbezüglichen Abgrenzung sprechen gegen eine Erstreckung des Mitwirkungsverbots auf das Vorbereitungsstadium. 10 Das Mitwirkungsverbot endet mit dem Abschluss des Vergabeverfahrens, also in der Regel mit Erteilung des rechtswirksamen Zuschlags (dazu im Einzelnen § 114 Rz. 28 ff.). Wird die Vergabeentscheidung des Auftraggebers zuvor noch einer Kontrolle in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren unterzogen, darf sich eine nach § 16 VgV ausgeschlossene Person auch daran nicht auf Auftraggeberseite beteiligen. 11 b) Vergabeverfahren. Die Frage, wie weit der Begriff des Vergabeverfahrens zu fassen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird § 16 VgV so ausgelegt, dass nur solche Personen als voreingenommen i.S. der Norm gelten können, die in ein und demselben Vergabeverfahren sowohl auf Seiten des Auftraggebers wie auch auf Seiten eines in diesem Vergabeverfahren beteiligten Bieters tätig werden3. Demnach liege beispielsweise kein Verstoß gegen § 16 VgV vor, wenn die Vergabestelle im Vergabeverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, der für einen Bieter in anderen Verfahren Mandate wahrgenommen hat, sofern die Wahrnehmung dieser Mandate ohne Einfluss auf die Mitwirkung auf Seiten des/eines Auftraggebers in einem anderen Verfahren ist4. Gleiches soll gelten, wenn zwar bei der Vorbereitung der Auswahlentscheidung auf Seiten des Auftraggebers ein Rechtsanwalt mitgewirkt hat, das vor1 So OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (700). 2 Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften v. 1.9.2005 – BGBl. I, 2676 ff. 3 M.w.N. VK Sachsen v. 14.4.2008 – 1/SVK/013-08; VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004. 4 Vgl. OLG Stuttgart v. 24.3.2000 – 2 Verg 2/99, NZBau 2000, 301 (304 f.); VK Lüneburg v. 6.9.2004 – 203-VgK-39/2004.

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herige Mandat des Anwalts für einen Bieter aber zeitlich (deutlich) vor dem Beginn des Vergabeverfahrens abgeschlossen worden ist1. Dagegen gehen andere Teile der Rechtsprechung von einem weiter gefassten Anwendungsbereich aus. Danach soll auch dann, wenn keine Beratungstätigkeit im konkreten Vergabeverfahren in Rede stehe, § 16 VgV anwendbar sein. Denn die Beratung müsse nicht unbedingt in sachlichem Zusammenhang mit dem konkreten Vergabeverfahren stehen; erforderlich sei nur, dass sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren erfolge2. Zur Begründung wird insbesondere angeführt, dass ein anderes Verständnis zu nicht interessengerechten Ergebnissen führen würde. Anderenfalls dürfte beispielsweise bei der Bewerbung einer GmbH mit zwei alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern, von denen einer zugleich Organmitglied des Auftraggebers ist, dieser Geschäftsführer bei der Vergabeentscheidung des Auftraggebers mitwirken, sofern er nur die GmbH im Vergabeverfahren nicht vertritt3. c) Vorbefasstheit/Projektantenstellung. Ob ein Bieter oder Bewerber, der 12 bereits im Vorfeld mit dem Vergabeverfahren beratend oder in sonstiger Weise unterstützend befasst war, vom Mitwirkungsverbot des § 16 VgV erfasst wird, war lange Zeit umstritten. Sofern man eine Vorbefasstheit überhaupt unter § 16 VgV fassen wollte und nicht ohnehin davon ausging, dass das Problem der Projektantenstellung vielmehr bei den Sonderregelungen des § 7 VOB/A 2006, § 6 VOL/A 2006 und § 6 VOF 2006 liege4, dürfte sich der Streit durch die durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz5 eingeführte Bestimmung des § 4 Abs. 5 VgV a.F. (vgl. dazu Rz. 9) erledigt haben6. Gemäß § 4 Abs. 5 VgV a.F. hatte der Auftraggeber sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme eines Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird, wenn dieser vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt hat. Gleiches wird nunmehr in § 6a Abs. 9 VOB/A, § 6 EG Abs. 7 VOL/A und § 4 Abs. 5 VOF bestimmt (s. hierzu auch Rz. 59 ff.).

1 OLG Dresden v. 23.7.2002 – WVerg 0007/02. 2 In diesem Sinne OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08; H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1665. 3 OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08, NZBau 2009, 394 (396 f.). 4 Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 16 VgV Anm. 56.4.3. 5 Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften v. 1.9.2005 – BGBl. I, 2676 ff. 6 A.A. Müller/Brauser-Jung, NVwZ 2007, 884 (889), die davon ausgehen, dass § 4 Abs. 5 VgV die Vorschrift des § 16 VgV lediglich ergänzt.

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2. Persönlicher Anwendungsbereich 13 Der (persönliche) Anwendungsbereich von § 16 VgV beschränkt sich ausschließlich auf natürliche Personen. Juristische Personen sind dagegen nicht erfasst1. Denn entscheidend ist, dass sich die widerstreitenden Interessen des Auftraggebers und des Bieters/Bewerbers in einer natürlichen Person treffen, nicht in einer organisatorischen Einheit2. Gleichwohl kann die nach § 16 VgV verbotene Mitwirkung einer Person an einer Vergabeentscheidung u.U. zum Ausschluss des gesamten Unternehmens führen (vgl. Rz. 57). 14 § 16 VgV zählt abschließend auf, welche Personen auf Grund ihrer Voreingenommenheit nicht befugt sind, auf der Seite des öffentlichen Auftraggebers an einem Vergabeverfahren mitzuwirken3. 15 a) Relevante Tätigkeiten auf Auftraggeberseite. Damit eine Person unter die Regelung des § 16 VgV fällt, muss sie zunächst auf der Auftraggeberseite eine Stellung i.S.v. § 16 Abs. 1 Satz 1 VgV innehaben. Hierzu zählen zum einen alle Personen, deren Tätigkeit dem Auftraggeber direkt zuzurechnen ist, d.h. Organmitglieder oder Mitarbeiter des Auftraggebers, zum anderen aber auch Beauftragte des Auftraggebers und deren Mitarbeiter. 16 aa) Organmitglieder und Mitarbeiter. § 16 Abs. 1 Satz 1 VgV umfasst zum einen die Mitglieder sämtlicher Organe des Auftraggebers unabhängig davon, ob es sich bei ihm um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts handelt4 und auch unabhängig davon, ob es um Willensbildungsorgane, Leitungsorgane oder Aufsichtsorgane geht5. Erfasst werden daher beispielsweise sowohl die Bürgermeister und Gemeinderäte6 klassischer öffentlicher Auftraggeber als auch die Aufsichts1 VK Schleswig-Holstein v. 28.7.2006 – VK- H 18/06. 2 VK Sachsen v. 24.5.2007 – 1/SVK/029-07; VK Sachsen v. 26.6.2009 – 1/SVK/024-09; VK Sachsen v. 29.5.2002 – 1/SVK/044-02. A.A. OLG Stuttgart v. 24.3.2000 – 2 Verg 2/99, NZBau 2000, 301 (304 f.). 3 Vgl. VK Hessen v. 15.10.2007 – 69d-VK-42/2007; Lange, NZBau 2008, 422. In bestimmten Fallkonstellationen kann jedoch auch eine analoge Anwendung von § 16 VgV in Betracht kommen, vgl. OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08; VK Sachsen v. 13.5.2002 – 1/SVK/029-02; Kirch, ZfBR 2004, 769 (771). 4 Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 (542); Kirch, ZfBR 2004, 769. 5 Zu den unterschiedlichen Organen im Einzelnen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II.; zum Mitglied einer Gemeindevertretung VK Brandenburg v. 19.9.2001 – 1 VK 85/01, ZfBR 2002, 196. 6 Ein Mitglied der Gemeindevertretung ist ein Organmitglied i.S.v. § 16 VgV, da die Gemeindevertretung als Volksvertretung ein Organ der Gemeinde ist, vgl. m.w.N. VK Brandenburg v. 19.9.2001 – 1 VK 85/01, ZfBR 2002, 196.

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räte und Geschäftsführer/Vorstände juristischer Personen des Privatrechts. Da auch die Gesellschafterversammlung einer GmbH und die Hauptversammlung einer AG Gesellschaftsorgane sind, kann schon die bloße Anteilseignerschaft natürlicher Personen an privatisierten öffentlichen Auftraggebern oder die Stellvertretung für die Kommune in diesen Organen zu einer Stellung als Organmitglied auf Auftraggeberseite führen1. Darüber hinaus erfasst werden alle Mitarbeiter eines öffentlichen Auftraggebers, unabhängig vom Umfang und der Art des Arbeitsverhältnisses2. bb) Beauftragte und deren Mitarbeiter. Zum anderen bezieht sich die 17 Regelung auch auf Beauftragte und Mitarbeiter eines Beauftragten eines Auftraggebers. Hierunter fallen vor allem Personen, die einen öffentlichen Auftraggeber bei einem Vergabeverfahren beraten oder bei einem in dieser Hinsicht tätigen Beratungsunternehmen beschäftigt sind3. Personen, die von einer Beschaffungsstelle beauftragt werden, sind diejenigen, die entgeltlich oder unentgeltlich für diese tätig werden. Als solche kommen vor allem Architekten, Ingenieure, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Versicherungsmakler in Betracht4. Dem Sinn und Zweck der Regelung entsprechend wird man auch Mitglieder von Organen des Beauftragten mit einbeziehen müssen, obgleich sie nicht im eigentlichen Sinne bei dem Beauftragten mitarbeiten5. Der Begriff der Beauftragung ist weit auszulegen. Gemeint ist damit jede 18 Tätigkeit des Beauftragten und seiner Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren, unabhängig davon, ob es sich um eine interne Beratung zu einzelnen Fragen des Vergabeverfahrens oder um eine externe Vertretung des Auftraggebers handelt. Ebenfalls ist es unerheblich, ob es sich um einen entgeltlichen oder unentgeltlichen Auftrag handelt und wie umfangreich die Beauftragung ist, solange sie mit dem konkreten Vergabeverfahren unmittelbar zusammenhängt. b) Relevante Tätigkeiten auf Bieter- oder Bewerberseite. aa) Bieter oder 19 Bewerber (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 VgV). Unter das Mitwirkungsverbot auf Auftraggeberseite fallen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 VgV die natürlichen Personen, die sich selbst als Bieter oder Bewerber um den betreffenden Auftrag bemühen. Bei ihnen wird die Voreingenommenheit unwiderlegbar 1 2 3 4 5

Kirch, ZfBR 2004, 769. Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 (542); Schröder, NVwZ 2004, 168 f. Kirch, ZfBR 2004, 769. Schröder, NVwZ 2004, 168 (169); Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 (542). Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 (542).

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vermutet (vgl. Rz. 6). Bewerber ist, wer die Vergabeunterlagen beim öffentlichen Auftraggeber angefordert hat1 oder zur Abgabe eines Angebotes von der Vergabestelle aufgefordert wurde2. Wann jemand als Bieter i.S.d. Vorschrift gilt, wird uneinheitlich beantwortet. Zum Teil wird ein formeller Bieterbegriff vertreten3. Danach erlangt ein Unternehmen (erst) dann den Bieterstatus, wenn es ein Angebot abgegeben hat. Dem treten Vertreter eines materiellen Bieterbegriffs entgegen, nach dem „Bieter“ jeder ist, der zum einen ein Interesse an einem bestimmten Auftrag und zum anderen einen möglichen Schaden aufweisen kann4. 20 bb) Berater oder Vertreter eines Bieters oder Bewerbers (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV). Ebenfalls als unwiderlegbar voreingenommen gelten gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV die natürlichen Personen, die zwar nicht selbst Bieter oder Bewerber sind, die jedoch Bieter oder Bewerber beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzlicher Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten. Damit ist immer nur die Beratung, Unterstützung oder Vertretung des Unternehmens gemeint, das als Bieter oder Bewerber auftritt. Nicht unter die Regelung fällt hingegen eine Beratungs- oder Vertretungstätigkeit für Unternehmen, die mit dem Bieter oder Bewerber gesellschafts- oder konzernrechtlich verbunden sind. 21 Gesetzliche Vertreter von Bietern oder Bewerbern sind in der Regel die Geschäftsführer oder Vorstände der betreffenden juristischen Personen. Vertreter in dem konkreten Vergabeverfahren sind zumeist solche, die durch den Bieter oder Bewerber bevollmächtigt sind, seine Interessen wahrzunehmen und für ihn rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (vgl. §§ 164 ff. BGB), welche sich (zumindest auch) auf das konkrete Vergabeverfahren beziehen. 22 Eine beratende oder sonst unterstützende Tätigkeit liegt vor, wenn die betreffende natürliche Person für den Bieter oder Bewerber tätig ist, ohne zu ihm in einem Anstellungs- oder organschaftlichen Verhältnis zu stehen. Dies kommt insbesondere bei freiberuflichen Beratern oder Dienstleistern in Betracht, die selbständig arbeiten, also nicht für ein Unternehmen i.S.v. § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV tätig sind (dazu Rz. 30 ff.). Nicht erforderlich ist, dass die betreffende Person den Bieter oder Bewerber in dem konkreten Vergabeverfahren berät oder unterstützt. Ebenfalls uner1 Vgl. OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (700). 2 Vgl. Schröder, NVwZ 2004, 168 (169). 3 Vgl. OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (700); Schröder, NVwZ 2004, 168 (169). 4 Vgl. Hoffmann, NZBau 2008, 749 (750).

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heblich ist es, ob die Beratung oder Unterstützung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Ausreichend ist vielmehr die aus der Tätigkeit für den Bieter oder Bewerber resultierende besondere Nähebeziehung. Der Tatbestand des „Unterstützens“ setzt eine unmittelbar fördernde Tätigkeit voraus, die in ihrer Intensität mit der Alternative des „Beratens“ gleichgesetzt werden kann1. Eine solche Intensität ist beispielsweise noch nicht erreicht, wenn sich ein Mitglied des Gemeinderates, das über den Zuschlag (mit-)entscheiden soll, in einem Zeitungsinterview positiv über die Gründung eines Bieters äußert2. § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV erfasst grundsätzlich nur Personen, die den Bieter 23 bzw. Bewerber selbstständig beraten oder unterstützen (z.B. Beratungsunternehmen, Anwälte), nicht dagegen Personen, die in dieser Hinsicht lediglich als Bedienstete für den jeweiligen Auftraggeber tätig sind. Soweit letztgenannte Personen lediglich das tun, was ihrer Aufgabenstellung entspricht, ist § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV nicht anwendbar, weil dies anderenfalls bedeuten würde, dass entweder der Auftraggeber selbst auch unter das Mitwirkungsverbot fiele (was ersichtlich nicht der Fall sein kann) oder die Gründung des Bieters unter Mitwirkung des Auftraggebers zum Zweck der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen wäre (wofür ebenfalls keine rechtliche Grundlage ersichtlich ist)3. Insofern gilt § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV lediglich für solche Personen, die unabhängig von ihrer Einbindung in die Struktur des Auftraggebers beratend oder unterstützend für einen Bieter oder Bewerber tätig sind4. Vor diesem Hintergrund hat das OLG Celle5 für den Fall, dass Organmitglieder des Auftraggebers zwar nicht einen Bieter selbst, sondern nur dessen Gesellschafter beraten, festgestellt, dass die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV entsprechend anwendbar ist, wenn dieser Gesellschafter einen erheblichen Anteil des Bieters hält6, sich der Bieter im Vergabeverfahren für den Nachweis seiner Eignung auf die Eignung (zumindest auch) dieses Gesellschafters stützt und auch die Abwicklung der ausgeschriebe-

1 OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08; H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1668. A.A. wohl Drömann/Finke, NZBau 2006, 79 (81), die der Ansicht sind, dass dem Tatbestandsmerkmal des „sonst Unterstützens“ keine Filterfunktion zukomme, da es keinen qualifizierten Voraussetzungen unterliege. 2 Vgl. OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08, NZBau 2009, 394 (396 f.). 3 OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08, NZBau 2009, 394 (396 f.). 4 OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08, NZBau 2009, 394 (396 f.). 5 OLG Celle v. 9.4.2009 – 13 Verg 7/08, NZBau 2009, 394 (396 f.). 6 Im konkreten Fall waren dies 49 %.

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nen Dienstleistung in erheblichem Umfang über dessen Personal, Organisation und Ressourcen erfolgen soll. 24 Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV ist von dem des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV abzugrenzen, da bei Letzterem ein Entlastungsbeweis in Betracht kommt, während eine derartige Möglichkeit bei § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV nicht besteht1. Die Abgrenzung lässt sich in der Weise vornehmen, dass eine Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV in Betracht kommt, wenn dieselbe Person des eingeschalteten Unternehmens sowohl den Auftraggeber als auch den Bieter bzw. Bewerber berät. § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV erfasst hingegen den Fall, dass bei einem eingeschalteten Beratungsunternehmen eine Person dieses Unternehmens den öffentlichen Auftraggeber und eine andere Person desselben Unternehmens den Bieter bzw. Bewerber berät2. 25 cc) Entgeltliche oder organschaftliche Tätigkeit bei Bietern oder Bewerbern (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV). § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV regelt, dass für einen Auftraggeber im Vergabeverfahren nicht tätig sein darf, wer bei einem Bieter oder Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist. Die Besonderheit der Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV im Unterschied zu Nr. 1 und 2 der Vorschrift ist, dass die Vermutung der Voreingenommenheit hier widerlegt werden kann (vgl. Rz. 6 und 36 ff.). 26 Zwischen dem für die Seite des öffentlichen Auftraggebers verwendeten Begriff des „Mitarbeiters“ und der in § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV gewählten Formulierung des „Beschäftigten“ besteht kein wesentlicher inhaltlicher Unterschied3. Unter die Regelung fallen daher entgeltlich Beschäftigte des Bieters oder Bewerbers. Gemeint sind damit typische Anstellungsverhältnisse im weitesten Sinne, bei öffentlich-rechtlich strukturierten Bietern oder Bewerbern also auch Personen, die in einem Beamtenverhältnis stehen. Unerheblich ist es, ob es sich um eine Volloder Teilzeitbeschäftigung handelt, welche konkrete Funktion die betreffende Person ausübt und auf welche Tätigkeitsbereiche des Unternehmens sich die Beschäftigung erstreckt. 27 Den entgeltlich Beschäftigen gleichgestellt sind Mitglieder des Vorstandes, Aufsichtsrates oder gleichartiger Organe. Da es sich bei Vorständen und Aufsichtsräten um vertretende und kontrollierende Organe handelt, 1 Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (743). 2 M.w.N. H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1675; Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (743). 3 Schröder, NVwZ 2004, 168 (169).

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muss dies auch für die gleichartigen Organe gelten1. Organe mit rein beratender Funktion (z.B. beratende Beirate) fallen daher grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV2. Allerdings kann die persönliche Beratung durch die betreffende Person unter § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV fallen (Rz. 20 ff.). Nicht zu dem erfassten Personenkreis gehören auch solche Personen, die lediglich in der Geschäftsführung von Gesellschaften tätig sind, an denen der Bieter als Minderheitsgesellschafter beteiligt ist, also lediglich einem vom Bieter oder Bewerber nicht beherrschten Unternehmen angehören3. Nicht ausreichend ist weiter auch eine bloße finanzielle Beteiligung4. Da die Organmitgliedschaft während des jeweils in Rede stehenden Vergabeverfahrens erfolgen muss, entfällt der Ausschließungsgrund ab Niederlegung des Mandats für die Zukunft. Ein bloßes Ruhenlassen reicht als rein formale Maßnahme aber nicht aus5. Probleme wirft in diesem Zusammenhang regelmäßig die Beteiligung 28 kommunaler Unternehmen auf. Denn die Ausschlussregelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV greift grundsätzlich auch bei Personen, die aufgrund kommunal- oder haushaltsrechtlicher Vorgaben, mithin also in Wahrnehmung ihrer amtlichen Aufgaben, in einem Leitungs- oder Kontrollorgan eines kommunalen Unternehmens den Einfluss der jeweiligen Gebietskörperschaft ausüben6. Demzufolge wird beispielsweise dann gegen das Mitwirkungsverbot des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV verstoßen, wenn an der letzten Entscheidung über die Zuschlagserteilung auch der Präsident der Auftraggeberin mitgewirkt hat, obwohl dieser zugleich Mitglied des Vorstandes der Bieterin, die den Zuschlag erhalten sollte, und Vorsitzender des Beirates der Bieterin, deren Angebot nicht berücksichtigt wurde, ist7. Hingegen findet eine mögliche institutionelle Befan1 VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; VK Hessen v. 15.10.2007 – 69d-VK-42/2007; Schröder, NVwZ 2004, 168 (169). 2 VK Hessen v. 15.10.2007 – 69d-VK-42/2007; VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005. Dies kann sich anders verhalten, wenn diesen Organen kraft Satzung eigene Kompetenzen eingeräumt werden. 3 OLG Düsseldorf v. 9.4.2003 – Verg 66/02. 4 Kleinert/Göres, KommJur 2006, 361 (365); mit Zweifeln: Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 (543); Schröder, NVwZ 2004, 168 (170). Für die Rechtslage vor Einführung des § 16 VgV im Ergebnis ebenso OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39 (43). 5 So Leinemann, BauR 1999, 1183; Kirch, ZfBR 2004, 769 (771). Ähnlich Malmendier, DVBl. 2000, 963 (966). 6 Vgl. VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; Kirch, ZfBR 2004, 769 (770 f.). 7 VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005.

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genheit keine Berücksichtigung. Denn die Regelung des § 16 VgV steht einer Teilnahme kommunaler Unternehmen an kommunalen Ausschreibungen nicht entgegen1. Sie begründet lediglich ein Mitwirkungsverbot auf Seiten des Auftraggebers, nicht jedoch ein Bewerbungsverbot für das betroffene kommunale Unternehmen2. 29 Aus dem Umstand, dass die Mitgliedschaft in reinen Beratungsorganen ohne eigene Entscheidungskompetenz nicht erfasst wird (vgl. Rz. 27), kann nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass die bloße Unternehmensbeteiligung nicht erfasst ist3. Dies würde insbesondere für die GmbH zu kurz greifen, in der die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG überwacht und ihr gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG Weisungen auch hinsichtlich konkreter Einzelmaßnahmen erteilen kann, so dass sie als „operatives“ Organ dem Vorstand oder Aufsichtsrat „gleichartig“ i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV ist4. Die Gesellschafter einer GmbH unterfallen daher unabhängig von der Höhe ihrer Unternehmensbeteiligung oder des tatsächlichen Weisungsumfangs dem tatbestandlichen Anwendungsbereich von § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV5. Dagegen scheint die Hauptversammlung einer AG bewusst aus dem Kreis der in § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV aufgeführten Organe herausgehalten zu sein, weil ihr keine Zuständigkeiten zukommen, die es ihr außerhalb von § 119 Abs. 2 AktG ermöglichen, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen6. Allerdings haben – hierauf weist Kirch zutreffend hin – Anteilseigner und auch Hauptversammlungsmitglieder, die von einer Kommune entsandt sind, ein wirtschaftliches Interesse am Wohlergehen „ihres“ Unternehmens7, so dass ihre Stellung insofern den Personen vergleichbar ist, die selbst unmittelbar Bieter oder Bewerber sind. Diese werden von § 16 Abs. 1 Nr. 1 VgV erfasst, welcher 1 VK Bund v. 20.5.2005 – VK 2-30/05; VK Bund v. 4.9.2002 – VK 2-58/02, NZBau 2003, 110 ff.; VK Berlin v. 29.1.2003 – VK-B 1-58/02; Kirch, ZfBR 2004, 769. 2 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, VergabeR 2003, 577 (578 f.); Kirch, ZfBR 2004, 769. 3 In diesem Sinne jedoch Leinemann, BauR 1999, 1183; mit Zweifeln Quilisch/ Fietz , NZBau 2001, 540 (543). 4 So Kirch, ZfBR 2004, 769 (771). 5 M.w.N. Schröder, NVwZ 2004, 168 (170). 6 Vgl. Kirch, ZfBR 2004, 769 (771). 7 Vgl. Kirch, ZfBR 2004, 769 (771); zustimmend Schröder, NVwZ 2004, 168 (170), der allerdings eine Ausnahme für den Fall sieht, dass der Vorstand von seiner Möglichkeit Gebrauch macht, gemäß § 119 Abs. 2 AktG eine Frage der Geschäftsführung der Hauptversammlung vorzulegen und dieses Anliegen einen Bezug zu einem Beschaffungsvorgang aufweist.

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aber bloße Anteilseigner eines Bieter- oder Bewerberunternehmens gerade nicht umfasst. Dieser Wertungswiderspruch lässt die hinsichtlich der Hauptversammlungsmitglieder einer AG bestehende Regelungslücke in § 16 VgV als planwidrig erscheinen, so dass auf sie § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV analog anzuwenden ist1. dd) Tätigkeit für ein Unternehmen, das zugleich geschäftliche Beziehun- 30 gen zu Auftraggebern und zu Bietern oder Bewerbern hat (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV). § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV regelt die Fälle, in denen ein Unternehmen durch den Auftraggeber in das Vergabeverfahren eingeschaltet wird, also als Beauftragter des Auftraggebers tätig wird. Die Regelung ist abzugrenzen von § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV, in dem es um die persönliche Beratung oder Unterstützung eines Bieters oder Bewerbers durch eine natürliche Person geht. Gemeint sind hier in erster Linie Beratungsunternehmen und vergleichbare Freiberufler (Ingenieurbüros, Rechtsanwaltssozietäten, Unternehmensberater u.Ä.). Auf die Unternehmensform kommt es dabei nicht an (vgl. Rz. 32). Wenn ein solches Unternehmen, das in ein konkretes Vergabeverfahren 31 durch den Auftraggeber eingeschaltet ist, zugleich geschäftliche Beziehungen zu einem Bieter oder Bewerber unterhält, dürfen Personen, die für dieses Unternehmen tätig sind, grundsätzlich nicht auf der Auftraggeberseite aktiv an dem Vergabeverfahren mitwirken, insbesondere also nicht als Mitarbeiter des beauftragten Unternehmens auf das Vergabeverfahren Einfluss nehmen (vgl. zum Begriff der Mitwirkung Rz. 7 ff.). Die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV soll verhindern, dass innerhalb des in das Vergabeverfahren eingeschalteten Unternehmens das Verfahren betreffende Interna ausgetauscht werden, die demjenigen der Bieter, der geschäftliche Beziehungen zu diesem Unternehmen unterhält, zu einem Informationsvorsprung und damit Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbietern/Mitbewerbern verhelfen könnten2. Zu beachten ist, dass auch wenn nach dem Wortlaut nur natürliche Personen von der Mitwirkung ausgeschlossen sind, der Ausschlusstatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV letztlich immer auf das gesamte Unternehmen bezogen ist3. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Ausschlusstatbestand wiederum 1 So Kirch, ZfBR 2004, 769 (771), der zugleich auch darauf hinweist, dass dies wegen der Möglichkeit, den vermuteten Interessenkonflikt zu widerlegen, nicht zu „unfairen“ Ergebnissen führen könne. 2 H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1674; Kleinert/Göres, KommJur 2006, 361 (364). 3 Maurer, Das Mitwirkungsverbot gemäß § 16 VgV, S. 174; Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (749).

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erfüllt ist, wenn die ausgeschlossene Person durch einen anderen im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter ersetzt wird. Denn auch diese Person ist für das in das Vergabeverfahren eingeschaltete Unternehmen tätig, und die geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens sowohl zum Auftraggeber als auch zum Bieter oder Bewerber liegen immer noch vor1. 32 Der Begriff des „Unternehmens“ ist grundsätzlich identisch mit dem in § 99 Abs. 1 (vgl. § 99 Rz. 36). Die Gewährleistung eines effektiven Schutzes des Vergabewettbewerbs und damit die praktische Wirksamkeit (effet utile) der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen des Vergaberechts erfordern eine funktionale Auslegung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV und die Zugrundelegung eines weiten und offenen Unternehmensbegriffs. Danach kommt es weder auf die Rechtsform des Unternehmens, noch auf die Dauer oder das Ziel der wirtschaftlichen Betätigung an. Vielmehr erfordert die gebotene funktionale Auslegung eine besondere Berücksichtigung des wettbewerblichen Gefährdungspotentials der vergabebezogenen Aktivitäten derjenigen natürlichen Personen, die für ein Rechtssubjekt tätig sind, das unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Beziehungen sowohl zu dem öffentlichen Auftraggeber als auch zu dem Bieter aufweist. Hierbei ist darauf abzustellen, inwiefern die Möglichkeit besteht, dass es zu einem Austausch vergaberelevanter Informationen innerhalb des eingeschalteten Unternehmens und damit zu einer Verfälschung des Vergabewettbewerbs kommen kann2. 33 Umstritten ist, ob in einen solchermaßen funktional auszulegenden Unternehmensbegriff auch mit dem eingeschalteten Unternehmen konzernverbundene Unternehmen mit einzubeziehen sind. Aus „Gründen einer unkontrollierbaren Ausuferung des Kreises der als voreingenommen geltenden Personen“ wird dies von Teilen der Literatur abgelehnt3. Nach anderen Teilen der Literatur sollen, um einen effektiven Schutz des Vergabeverfahrens zu gewährleisten, auch solche Unternehmen erfasst sein, an denen das eingeschaltete Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 16 Abs. 1 AktG hält, die selbst eine Mehrheitsbeteiligung an dem eingeschalteten Unternehmen halten oder bei denen eine wechselseitige Beteiligung mit dem eingeschalteten Unternehmen be1 Maurer, Das Mitwirkungsverbot gemäß § 16 VgV, S. 174; Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (749). 2 So Lange, NZBau 2008, 422 (423); ähnlich Maurer, Das Mitwirkungsverbot gemäß § 16 VgV, S. 156 ff. 3 So H.-M. Müller in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1678.

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steht. Darüber hinaus sollen Unternehmen erfasst sein, die zu dem eingeschalteten Unternehmen in einem Abhängigkeits- oder Herrschaftsverhältnis i.S.d. § 17 AktG stehen, mit diesem unter einheitlicher Leitung zusammengefasst und damit als Konzernunternehmen i.S.d. § 18 AktG anzusehen sind oder die sonst mit dem eingeschalteten Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden1. Für die Einbeziehung konzernverbundener Unternehmen wird dabei zum einen die normimmanente Systematik des § 16 Abs. 1 VgV, die für die Fälle des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV die Widerlegbarkeit der Voreingenommenheitsvermutung vorsieht und damit gegen eine weite Auslegung des Tatbestands des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV spricht, sowie zum anderen die Bestimmung des § 36 Abs. 2 GWB ins Feld geführt2. Der Begriff des Tätigseins für Unternehmen deckt sich mit dem der Mit- 34 arbeit (vgl. Rz. 16). Auch hier sind also Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit ohne Bedeutung. Der Ausschlusstatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV greift nur ein, 35 wenn das Unternehmen, für das die betreffende Person tätig ist, während des Vergabeverfahrens (Rz. 9 f.) geschäftliche Beziehungen zu einem Bieter oder Bewerber unterhält. Der Begriff der geschäftlichen Beziehungen ist nicht näher definiert und auch nicht abschließend definierbar3. Zu verstehen ist darunter eine in der Regel auf vertraglicher Basis beruhende geschäftliche Kooperation, wobei es unerheblich ist, ob das Unternehmen für den Bieter oder Bewerber tätig wird oder umgekehrt4. Nicht entscheidend ist des Weiteren, ob das Unternehmen für den Bieter oder Bewerber in dem konkreten Vergabeverfahren tätig ist. Es reicht vielmehr auch die Unterhaltung von geschäftlichen Beziehungen außerhalb des Vergabeverfahrens aus. Maßgeblich sind dabei letztlich die Umstände des Einzelfalls. Notwendig ist allerdings eine gewisse Kontinuität der Zusammenarbeit, die über einen einzelnen geschäftlichen Kontakt oder über ein einzelnes geschäftliches Vertragsverhältnis hinausgeht, es sei denn, es handelt sich um ein Projekt größeren zeitlichen und wirtschaftlichen Umfangs. Wenn zum Zeitpunkt des konkret in Rede stehenden Vergabeverfahrens aktuell keine vertraglichen Beziehungen zwi1 So Lange, NZBau 2008, 422 (423); Maurer, Das Mitwirkungsverbot gemäß § 16 VgV, S. 158 ff. 2 Lange, NZBau 2008, 422 (423 f.). 3 Vgl. Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (743 f.). 4 Ebenso Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (743 f.). Ähnlich H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1677, der jedoch zusätzlich ein wirtschaftliches Austauschverhältnis fordert.

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schen dem Unternehmen und dem Bieter oder Bewerber bestehen, muss mit einer erneuten Zusammenarbeit zumindest ernsthaft gerechnet werden können. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die geschäftlichen Beziehungen vor Beginn des Vergabeverfahrens bereits endgültig abgebrochen waren1. Schließlich muss die geschäftliche Beziehung auch einen bestimmten Intensitätsgrad aufweisen. Nicht ausreichend ist insoweit insbesondere eine bloße, wenn auch weitläufige gesellschaftsrechtliche Verbindung2. Auch wird eine geschäftliche Beziehung noch nicht durch die Einholung eines Angebots im Hinblick auf das weitere Verfahren im Falle einer Auftragsverteilung begründet3. Gleiches gilt für die sich aus beruflichen Kontakten ergebenden persönlichen Beziehungen4. IV. Widerlegbarkeit der Voreingenommenheitsvermutung 36 § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV sieht anders als Nr. 1 und 2 der Vorschrift die Möglichkeit vor, die Vermutung der Voreingenommenheit zu widerlegen (vgl. Rz. 6). Konkret kann die Voreingenommenheitsvermutung entweder dadurch widerlegt werden, dass für die betroffene Person kein Interessenkonflikt besteht (erste Möglichkeit) oder dadurch, dass sich deren Tätigkeiten nicht auf die Entscheidungen in dem Vergabeverfahren auswirken (zweite Möglichkeit). Die Regelung ist insofern also nicht so strikt wie § 20 VwVfG und die überwiegende vergaberechtliche Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 16 VgV5. Sie liegt damit eher auf der etwas zurückhaltenderen Linie, die vor dem Inkrafttreten von § 16 VgV vom OLG Stuttgart6 vertreten wurde7. 37 Aus der Regelung ergibt sich systematisch zunächst, dass grundsätzlich auch in den unter § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV geregelten Fällen die Voreingenommenheitsvermutung und das damit einhergehende Mitwirkungsverbot gelten. Dies ist lediglich dann nicht der Fall, wenn die im Weiteren geregelten besonderen Umstände vorliegen. Zu beachten ist insoweit, dass die Widerlegung der Voreingenommenheitsvermutung von der Re1 Ähnlich VK Thüringen v. 15.11.2002 – 216-4003.20-032/02-G-S. 2 Vgl. OLG Koblenz v. 10.8.2000 – 1 Verg 2/00, NZBau 2000, 534 (537). 3 Vgl. VK Hessen v. 16.7.2004 – 69dVK-39/2004. A.A. Maurer, Das Mitwirkungsverbot gemäß § 16 VgV, S. 173. 4 VK Bund v. 30.7.2006 – VK 1-43/06. 5 Vgl. insb. OLG Brandenburg v. 3.8.1999 – 6 Verg 1/99, NZBau 2000, 39 ff.; BayObLG v. 20.12.1999 – Verg 8/99, NZBau 2000, 259 ff.; OLG Saarbrücken v. 22.10.1999 – 5 Verg 4/99, NZBau 2000, 158 ff. 6 OLG Stuttgart v. 23.3.2000 – 2 Verg 2/99, NZBau 2000, 301 ff. 7 Horn, LKV 2001, 241 (244); s. auch BR-Drucks. 455/00, 20 sowie BR-Drucks. 455/1/00, 6.

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gelungssystematik des Gesetzes her zwar den Ausnahmefall darstellt, sie jedoch keinesfalls auf Einzelfälle beschränkt ist. Entscheidend ist allein, dass ein Interessenkonflikt hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Wenn daran Zweifel bestehen, hat das Mitwirkungsverbot Vorrang. Dieser Vorrang darf indes nicht dazu führen, eine nur oberflächliche Prü- 38 fung der Frage, ob die Regelvermutung, die für eine Voreingenommenheit spricht, nicht doch widerlegt ist, vorzunehmen. Dies gilt ungeachtet der den Verfahrensbeteiligten obliegenden Mitwirkungslast auch für die Prüfung durch die Vergabekammer (vgl. § 110 Rz. 8 ff.). Allein schon wegen der überragenden Bedeutung der Regelung zur Gewährleistung eines fairen, nicht mit dem Makel der Parteilichkeit behafteten Vergabeverfahrens müssen an die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Rz. 40 f.) hohe Anforderungen gestellt werden. Dies gebietet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der Vorschrift1. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass die rechtsstaatlich gebotene 39 Neutralität und Interessenferne zwar ein hohes und einfachgesetzlich durch § 16 VgV geschütztes Gut ist, sie jedoch beim Ausschluss von Unternehmen und deren Mitarbeitern von bestimmten Beratungs- und Vertretungstätigkeiten immer auch in einer Wechselbeziehung zu der durch Art. 12 Abs. 1 GG ebenfalls grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit steht. Deren Einschränkung darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht weiter gehen als erforderlich. Wenn daher das Ziel, Interessenkonflikte hinreichend sicher zu vermeiden, auch durch andere, insbesondere durch geeignete organisatorische Maßnahmen, erreicht werden kann, ist ein vollständiger Ausschluss von bestimmten Tätigkeiten für öffentliche Auftraggeber jedenfalls dann unzulässig, wenn sich dies in einer größeren Zahl von Fällen auswirken kann. Das ist beim Ausschluss (in der Regel größerer) Beratungsunternehmen von der Begleitung von Auftraggebern in Vergabeverfahren etwa aus dem Baubereich der Fall, da derartige Beratungsunternehmen praktisch immer auch für das eine oder andere Bauunternehmen tätig sind, also zu ihnen geschäftliche Beziehungen unterhalten. Insofern unterscheiden sich der Anwendungsbereich des § 16 VgV und dessen Auswirkungen für Beratungsunternehmen deutlich von § 20 VwVfG, insbesondere von § 20 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG, der sich unmittelbar nur auf einzelne Verwaltungs1 VK Rheinland-Pfalz v. 30.4.2002 – VK 6/02; a.A. Danckwerts, NZBau 2001, 242 (243), der in der Widerlegbarkeit der Befangenheitsvermutung einen Verstoß gegen § 20 VwVfG sowie § 97 Abs. 1 GWB sieht und die Widerlegbarkeit daher für nichtig hält.

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verfahren bezieht und daher für Beratungsunternehmen zumeist nur (praktisch und auch wirtschaftlich) geringe Bedeutung hat, so dass anders als bei § 16 VgV ein Ausnahmevorbehalt nicht unbedingt notwendig erscheint. Im Übrigen sprechen auch rein praktische Erwägungen für eine Widerlegbarkeit der Voreingenommenheitsvermutung. Auftraggeber schalten Beratungsunternehmen in Vergabeverfahren gerade wegen ihrer Erfahrungen bei Auftragsvergaben ein. Derartige Erfahrungen werden jedoch in aller Regel nicht nur auf Auftraggeberseite sondern auch aufgrund der Tätigkeit für Auftragnehmer gesammelt. Wäre das aufgrund von § 16 VgV generell nicht möglich, würde dies den Kreis der für öffentliche Auftraggeber in Betracht kommenden Beratungsunternehmen und auch deren insbesondere auf Erfahrungen beruhende Qualität erheblich einschränken (vgl. Rz. 42). 40 Was die Darlegungs- und Beweislast betrifft, so hat derjenige, der sich auf einen Interessenkonflikt beruft, zunächst die Tatsachen vorzutragen, die den Schluss zulassen, dass sich eine Verletzung des mit § 16 VgV verbundenen Schutzgedankens im streitgegenständlichen Vergabeverfahren zu seinen Lasten ausgewirkt haben könnte. Ein solcher Vortrag verlangt insbesondere die Darlegung, dass am Vergabeverfahren nach § 16 ausgeschlossene Personen mitgewirkt haben und dadurch die Chancengleichheit unter den Bietern gefährdet sein könnte1. Der Auftraggeber trägt sodann die Beweislast für das Fehlen eines Interessenkonflikts bzw. für die fehlende Kausalität2. Die Beweislast für das Fehlen eines Interessenkonflikts kann nur an einen konkreten Vortrag anknüpfen3. Sind konkrete Anhaltspunkte für das Fehlen eines Interessenkonflikts oder für eine mangelnde Einflussnahme nicht ersichtlich, ist eine Voreingenommenheit zu unterstellen und ist von einem Verstoß gegen § 16 VgV auszugehen4. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 VgV, der davon ausgeht, dass ein bestimmter Sachverhalt generell einen Interessenkonflikt auslöst, „es sei denn“, diese Möglichkeit ist im Einzelfall widerlegt. 1 Vgl. OLG Frankfurt/Main v. 11.5.2004 – 11 Verg 8/04, 11 Verg 9/04 und 11 Verg 10/04, unter Hinweis auf OLG Koblenz v. 10.8.2000 – 1 Verg 2/00, NZBau 2000, 534 ff. 2 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 (625); VK Sachsen v. 24.5. 2007 – 1/SVK/029-07; VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; VK Baden-Württemberg v. 3.6.2002 – 1 VK 20/02; H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1679; Gröning, WRP 2001, 1 (7); a.A. wohl Otting, NVwZ 2001, 775 (777). 3 VK Bund v. 20.5.2005 – VK 2-30/05; wohl auch VK Baden-Württemberg v. 3.6. 2002 – 1 VK 20/02. 4 VK Sachsen v. 24.5.2007 – 1/SVK/029–07; VK Hamburg v. 25.7.2002 – VgK FB 1/02.

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Aus diesem Sprachgebrauch ergibt sich die Zuordnung der Darlegungsund Beweislast in die Sphäre dessen, der sich auf den Ausnahmefall beruft. Dies ist beim Mitwirkungsverbot des § 16 VgV der Auftraggeber, dessen Vergabeentscheidung Bestand haben soll1. Von Teilen des Schrifttums2 wird die Annahme, die Vergabestelle träfe 41 die Beweislast für die Widerlegung der Voreingenommenheit, abgelehnt. Die Annahme, dass die Vergabestelle die Beweislast für die Widerlegung der Voreingenommenheit trägt, ließe sich nicht mit dem in § 110 normierten Untersuchungsgrundsatz (s. hierzu § 110 Rz. 6 ff.) vereinbaren. Die Vergabekammer habe vielmehr von Amts wegen alles aufzuklären, was für ihre Überzeugungsbildung und Entscheidung in freier Beweiswürdigung notwendig ist. Hieraus folge, dass im Nachprüfungsverfahren kein Beteiligter zur Beweisführung verpflichtet ist. Eine formelle Beweislast könne daher durch § 16 VgV nicht begründet werden. Deshalb sei in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV nur eine materielle Beweislastverteilungsregelung zu sehen. Eine solche bedeute keine Beweisführungspflicht, sondern regele lediglich, wer das Risiko der Unaufklärbarkeit trägt. Bei der Prüfung der Auswirkung des (potentiellen) Interessenkonflikts ist 42 auf mögliche Kausalzusammenhänge abzustellen3 (vgl. Rz. 40). Welche Anforderungen an den Kausalitätsnachweis im Einzelnen zu stellen sind, wird indes unterschiedlich beantwortet. Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, dass bei der Prüfung der Auswirkung der Tätigkeit für einen Bieter oder Bewerber auf die Entscheidung nicht die äquivalente Kausalität i.S.d. conditio-sine-qua-non-Formel maßgeblich sein soll, sondern die – i.S.d. Adäquanztheorie gestellte – Frage, ob die Doppeltätigkeit die Gefahr einer Beeinflussung der Vergabeentscheidung zu Gunsten des Bieters oder Bewerbers, für den die fragliche Person tätig ist, nicht unerheblich erhöht hat. Wichtige Gradmesser seien dabei die Intensität des eigenen wirtschaftlichen Interesses am unternehmerischen Wohlergehen des Bieters oder Bewerbers und das Maß, in dem die Person dem Bieter oder Bewerber verpflichtet ist4. Andere wiederum differenzieren nach dem jeweiligen Prüfungszeitpunkt: So wird nach dem Ergehen einer Vergabeentscheidung vom Auftraggeber der Nachweis verlangt, dass die konkrete Möglichkeit einer anderen Entscheidung nicht bestanden hat5. Zu denken wäre insofern etwa an den Fall, dass die anderen 1 2 3 4 5

OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 (625). M.w.N. Kirch, ZfBR 2004, 769 (773); Werber, VersR 2001, 1313 (1320). Gröning, WRP 2001, 1 (7). Gröning, WRP 2001, 1 (7). H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1685.

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Mitbieter/-bewerber wegen gänzlich fehlender Eignung oder wegen eines bei gleicher Eignung und Qualität erheblich teureren Angebots ohnehin keine Chance gehabt hätten, den Auftrag zu erhalten1. Für den Fall, dass ein Bieter ein auf § 16 VgV gestütztes Nachprüfungsverfahren einleitet, bevor eine Vergabeentscheidung ergangen ist, sei indes maßgeblich, ob durch die Doppeltätigkeit die Gefahr einer Beeinflussung der Vergabeentscheidung zugunsten eines Bieters signifikant erhöht werde2. Nur wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine „beeinflusste“ Entscheidung zu erwarten ist, wird vom Auftraggeber ein Ausschluss der betroffenen Person zu fordern sein3. Mit Blick darauf, dass eine Interessenkollision häufig nicht vollkommen ausgeschlossen werden könne, wird teilweise vertreten, dass für den Entlastungsbeweis schon der Nachweis einer optimalen Minimierung der mit einer Doppeltätigkeit verbundenen Gefahr ausreichend sei4. An den geforderten Nachweis dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, da § 16 VgV zwar mit der Gleichbehandlung aller Bieter bzw. Bewerber ein hohes Rechtsgut schützen wolle, aber gleichzeitig in Wechselbeziehung zur grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) stehe. Eine allzu strenge Handhabung einzufordern würde darüber hinaus zu einem Leerlaufen der Widerlegungsmöglichkeit führen5. Dem wird entgegen gehalten, dass trotz des Erfordernisses einer praxisgerechten Lösung im Interesse der Gleichbehandlung und des Neutralitätsgebotes dem Mitwirkungsverbot im Zweifelsfall der Vorrang einzuräumen sei. Dies folge bereits aus der Struktur des § 16 VgV, der das Mitwirkungsverbot als Regelfall und den Entlastungsbeweis als Ausnahme vorsieht6. Schließlich wird zuweilen sogar die Ansicht vertreten, ein Entlastungsbeweis sei der Sache nach – zumindest in bestimmten Fällen wirtschaftlicher Verflechtungen – entgegen dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV vollständig ausgeschlossen7. 43 Nach der Rechtsprechung soll die Vermutung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV bereits dann als widerlegt gelten, wenn sicher gestellt ist, dass die fragliche Person keinen Einfluss auf das Vergabeverfahren haben konnte. Dies sei beispielsweise beim faktischen Ausscheiden des als voreingenommen geltenden Gesellschafters aus einem Unternehmen der Fall, 1 Maurer, Das Mitwirkungsverbot gemäß § 16 VgV, S. 201 f.; Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (750). 2 M.w.N. Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (750). 3 H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV Rz. 1685. 4 Maurer, Das Mitwirkungsverbot gemäß § 16 VgV, S. 169 f. 5 M.w.N. Kleinert/Göres, KommJur 2006, 361 (363). 6 Vgl. Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (748). 7 Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (749).

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wenn zu diesem Zeitpunkt das Vergabeverfahren bereits eingeleitet war und die maßgeblichen Entscheidungen über die Bewertung der vorgelegten Angebote zu diesem Zeitpunkt noch weit in der Zukunft lagen. Darauf, dass aus handelsrechtlicher Sicht das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Firma erst mit der entsprechenden Eintragung im Handelsregister vollzogen ist, komme es insoweit nicht an1. Dagegen reiche der Hinweis auf den bevorstehenden Ruhestand der befangenen Person nicht aus, um die Voreingenommenheitsvermutung widerlegen zu können2. Die Ansicht der Rechtsprechung dürfte im Regelfall in der Praxis zu sachgerechten Ergebnissen führen und erscheint daher grundsätzlich vorzugswürdig. 1. Widerlegbarkeit in den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV Der Fall, dass jemand, der bei einem Bieter oder Bewerber gegen Entgelt 44 beschäftigt oder Mitglied in dessen Leitungs- oder Kontrollorgan ist (Rz. 25 ff.), gleichwohl jedoch zweifelsfrei keinen Interessenkonflikt hat, ist an sich nicht denkbar. Ein (potentieller) Interessenkonflikt kann in derartigen Konstellationen praktisch nie ausgeschlossen werden, wenn die betreffende Person auch auf Auftraggeberseite an einem Vergabeverfahren mitwirkt, da sie die Belange „ihres“ Unternehmens im Zweifelsfall doch bewusst oder unbewusst in besonderem Maße beachtet. Die zweite Möglichkeit zur Widerlegung der Regelvermutung ist, dass 45 sich die Tätigkeiten der betroffenen Person auf die Entscheidungen in dem Vergabeverfahren nicht auswirken. Gemeint sein können damit bei Mitarbeitern oder Organmitgliedern eines Bieters oder Bewerbers an sich nur die Tätigkeiten auf Auftraggeberseite (vgl. Rz. 15). Hinreichend sicher ausgeschlossen werden können Auswirkungen einer derartigen Tätigkeit auf das Vergabeverfahren dann, wenn die betreffende Person an dem Vergabeverfahren für den Auftraggeber nicht aktiv mitwirkt. Dieser Fall hätte allerdings als Möglichkeit zur Widerlegung der Voreingenommenheitsvermutung nicht besonders geregelt werden müssen, da eine rein passive Mitwirkung auf Auftraggeberseite für den Ausschlusstatbestand des § 16 Abs. 1 VgV ohnehin nicht relevant ist (vgl. Rz. 7). 2. Widerlegbarkeit in den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV Von größerer Bedeutung ist die Möglichkeit zur Widerlegung der Regel- 46 vermutung in den unter § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV geregelten Fällen (vgl. Rz. 30 ff.). 1 VK Sachsen v. 13.5.2002 – 1/SVK/029-02. 2 VK Rheinland- Pfalz v. 30.4.2002 – VK 6/02.

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47 Eine Widerlegung der Voreingenommenheitsvermutung kommt in aller Regel nicht in Betracht, wenn die betreffende Person sowohl auf Auftraggeberseite tätig ist als auch bei ihr die geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens zu einem Bieter oder Bewerber i.S.v. § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VgV zusammenlaufen. Dies ist vielmehr zumeist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn derjenige, der auf Auftraggeberseite tätig ist, mit den geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens, bei dem er beschäftig ist, zu dem betreffenden Bieter oder Bewerber selbst nichts zu tun hat (s. allerdings noch Rz. 51). Gleichwohl ist selbst in einem solchen Fall nicht ohne Weiteres sichergestellt, dass nicht unzulässigerweise etwa geheime Informationen der Auftraggeberseite an den Bieter oder Bewerber gelangen, zu dem das Unternehmen geschäftliche Beziehungen unterhält. Es bedarf daher in der Regel zusätzlicher organisatorischer Maßnahmen, mit denen derartiges verhindert werden kann. Die Begründung des Regierungsentwurfs nimmt in diesem Zusammenhang ausdrücklich Bezug auf § 32 Abs. 1 Nr. 2 WpHG und die dort angesprochene Möglichkeit zur Schaffung unabhängiger Vertraulichkeitsbereiche (sog. „chinese walls“)1. Bei einer „chinese wall“ handelt es sich um eine durch organisatorische Maßnahmen umgesetzte Übereinkunft, wonach vertrauliche bzw. sensible Informationen, die in einem Bereich anfallen oder erarbeitet werden, weder direkt noch indirekt Personen zur Verfügung gestellt werden, die außerhalb des betreffenden Bereich tätig sind2. Ziel dieses Vorgehens ist, dass diejenigen Personen des Unternehmens, die zugleich für Bieter oder Bewerber tätig sind, keinen Zugang zu vergaberechtlich relevanten Unterlagen des Auftraggebers haben3. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass Entscheidungen ohne gegenseitige Beeinflussung getroffen werden4. Zur Dokumentation der Unabhängigkeit sind verschiedene Maßnahmen möglich, wie z.B. die Vermeidung von personellen Verflechtungen, die räumliche Trennung der Mitarbeiter der jeweiligen Unternehmen, die Begrenzung des Informationsflusses oder die Gewährleistung des Umstandes, dass die Mitarbeiter selbständig und unabhängig agieren und entscheiden5. In Betracht kommen weiter: getrennte EDV-Systeme bzw. Schutz der für das Vergabeverfahren relevanten EDV-Bereiche durch Code-Wörter, Beschränkung des Zugangs zu 1 BR-Drucks. 455/00, 20. 2 M.w.N. Kleinert/Göres, KommJur 2006, 361 (364). 3 H.-M. Müller in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, § 16 VgV, Rz. 1688; Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (747). 4 Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (747). 5 Vgl. zu dem Beispiel von konzernrechtlichen Verflechtungen Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (747).

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Akten und Unterlagen, Schulung der Mitarbeiter dahingehend, dass die das Vergabeverfahren betreffenden Informationen nicht weitergegeben werden dürfen, Strukturierung des Vergütungssystems für Mitarbeiter in einer Form, die keine Anreize zur Weitergabe von vertraulichen und/oder Insiderinformationen bietet, die Einrichtung einer Kontrollabteilung (sog. Compliance-Abteilung) sowie die Einholung von Negativerklärungen mit dem Inhalt, dass sie auch in den Fällen, in denen ein Interessenkonflikt besteht, neutral tätig werden1. Die praktische Wirksamkeit solcher Maßnahmen ist kritisch zu betrachten und kann zumindest für bestimmte Fallkonstellationen in Zweifel gezogen werden2. Man wird insbesondere verlangen müssen, dass sich der Auftraggeber bei 48 der Einschaltung von Unternehmen in der Regel nicht nur vergewissert, ob und ggf. für welche Bieter oder Bewerber das Unternehmen tätig ist, sondern auch darüber, welche organisatorischen Maßnahmen getroffen sind, um Interessenkonflikte und daraus resultierende Wettbewerbsverzerrungen hinreichend sicher auszuschließen. Ebenfalls bedarf es einer ordnungsgemäßen Dokumentation dieser Maßnahmen, wenn die Widerlegung der Regelvermutung gelingen soll. Im Weiteren wird dem Unternehmen eine Informationspflicht für den 49 Fall aufzuerlegen sein, dass es zu einer Verletzung der geschaffenen Vertraulichkeitsbereiche gekommen ist oder dies zumindest droht, etwa weil ein für den Bieter oder Bewerber persönlich tätiger Mitarbeiter des Unternehmens gegenüber dem Mitarbeiter, der auf der Auftraggeberseite tätig ist, einen Auskunfts- oder Informationsanspruch geltend gemacht hat (z.B. einen gesellschaftsrechtlichen Auskunftsanspruch). Der Auftraggeber hat dann auf derartige Entwicklungen entsprechend zu reagieren und sicherzustellen, dass es nicht zu einer tatsächlichen Interessenkollision kommt oder etwaige daraus bereits resultierende Auswirkungen auf das Vergabeverfahren beseitigt werden. Für die zweite Möglichkeit zur Widerlegung der Voreingenommenheits- 50 vermutung, nach der es ausreicht, wenn sich die Tätigkeiten nicht auf die Entscheidungen in dem Vergabeverfahren auswirken, gelten auch 1 Vgl. Kleinert/Göres, KommJur 2006, 361 (364 f.). 2 Vgl. Berstermann/Petersen, VergabeR 2006, 740 (747), die für den Fall, in dem ein Mutterkonzern auf Bewerberseite steht und gleichzeitig die Beratung der Vergabestelle durch eine konzernangehörige Gesellschaft erfolgt, bezweifeln, ob der bestehende Interessenkonflikt überhaupt beseitigt werden könne, da die Tochtergesellschaft ihr grundsätzliches Interesse am Wohlergehen des Mutterkonzerns nur schwerlich ablegen können werde.

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hier die Ausführungen unter Rz. 45 hinsichtlich der unter § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV geregelten Fälle. 51 Ergänzend dazu kommt allerdings eine Widerlegung der Voreingenommenheitsvermutung auch dann in Betracht, wenn der betreffende Mitarbeiter zwar auch persönlich innerhalb des durch den Auftraggeber eingeschalteten Unternehmens für einzelne Bieter oder Bewerber tätig ist, sich dies jedoch ausschließlich auf Bereiche bezieht, die mit dem Vergabeverfahren nichts zu tun haben. Selbst wenn dies allerdings der Fall ist, darf es sich allenfalls um eine punktuelle Tätigkeit für den jeweiligen Bieter oder Bewerber handeln. Ist der betreffende Mitarbeiter des Unternehmens hingegen in erheblichem Umfang für einen am Vergabeverfahren beteiligten Bieter oder Bewerber tätig, liegt ein so großes Näheverhältnis vor, dass eine Widerlegung der Voreingenommenheitsvermutung zumeist ausscheidet. Entsprechendes gilt dann, wenn der Mitarbeiter zwar nicht für den betreffenden Bieter oder Bewerber tätig ist, das Unternehmen als solches jedoch in so erheblichem Umfang für den Bieter oder Bewerber arbeitet, dass eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Unternehmens besteht oder jedenfalls nicht auszuschließen ist. Auch in einem solchen Fall kann daher der „böse Schein“ der Voreingenommenheit nicht hinreichend sicher widerlegt werden, so dass es bei dem Mitwirkungsverbot für Personen, die für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen tätig sind, auf Auftraggeberseite verbleiben muss. V. Erweiterung der Voreingenommenheitsvermutung auf Angehörige (§ 16 Abs. 2 VgV) 52 § 16 Abs. 2 VgV stellt solche Personen, deren Angehörige die Voraussetzungen der Absätze 1 Nr. 1 bis 3 der Vorschrift erfüllen, den nach § 16 Abs. 1 VgV als voreingenommen geltenden Personen gleich1. Sowohl die unwiderlegbaren Voreingenommenheitsvermutungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VgV als auch die widerlegbaren Vermutungen aus Nr. 3 der Vorschrift gelten mithin ebenfalls dann, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nicht in der Person erfüllt sind, die auf Auftraggeberseite handeln soll, sondern in der Person eines seiner Angehörigen. § 16 VgV geht also davon aus, dass auch derjenige nicht auf Auftraggeberseite handeln darf, dessen Angehörige eine besondere Nähebeziehung zu einzelnen Bietern oder Bewerbern haben. Die tatbestandlichen Anforderungen, die für die Tätigkeit auf Seiten eines Bieters oder Bewerbers gelten, finden auf Angehörige ohne Abstriche Anwendung. So ist beispielsweise der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VgV i.V.m. § 16 Abs. 2 VgV 1 Vgl. VK Rheinland-Pfalz v. 30.4.2002 – VK 6/02.

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verwirklicht, wenn im Rahmen eines Vergabeverfahrens ein Vorstandsmitglied und somit gesetzlicher Vertreter des öffentlichen Auftraggebers mitwirkt, obwohl auf Seiten eines der Bieter der Sohn dieses Vorstandsmitglieds gegen Entgelt beschäftigt ist1. § 16 Abs. 2 Satz 2 VgV enthält eine Legaldefinition des Angehörigen- 53 begriffs. Die dortige Aufzählung ist für den Anwendungsbereich des § 16 VgV abschließend. Sie kann also im Einzelfall weder eingeschränkt noch erweitert werden. Zu den einzelnen Begriffen gelten die allgemeinen gesetzlichen Definitionen insbesondere des Familienrechts2. VI. Rechtsfolgen bei Verstößen Ist eine als voreingenommen geltende natürliche Person an einer der im 54 Vergabeverfahren zu treffenden Entscheidungen beteiligt, ist diese Entscheidung fehlerhaft zustande gekommen3. Die Missachtung des Mitwirkungsverbots gemäß § 16 VgV stellt einen Verstoß des Auftraggebers gegen eine – bieterschützende4 – Bestimmung des Vergaberechts dar. Das geltende Recht enthält allerdings keine Regelung darüber, wie sich die Vergabestelle verhalten soll, wenn sie feststellt oder darauf aufmerksam gemacht wird, dass ein Verstoß gegen § 16 VgV vorliegt5. Lediglich in § 114 Abs. 1 Satz 1 findet sich die Regelung, dass die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen zu treffen hat, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern; Entsprechendes gilt für den Beschwerdesenat beim Oberlandesgericht6 bzw. Landessozialgericht7. Insofern gilt also hier nichts anders als bei anderen Vergaberechtsverstößen. Die Frage, ob ein Verstoß gegen § 16 VgV überhaupt heilbar ist, wird von 55 der herrschenden Auffassung – zu Recht – bejaht8. Der Gegenansicht, 1 Vgl. VK Rheinland-Pfalz v. 30.4.2002 – VK 6/02. 2 Vgl. etwa zu § 20 VwVfG Bonk/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 20 Rz. 55 ff. 3 VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 16 VgV Anm. 56. 7. 2. 4 Quilisch/Fietz , NZBau 2001, 540 (544). 5 Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 16 VgV Anm. 56. 7. 2. 6 Vgl. OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701). 7 Vgl. § 116 Abs. 3. 8 Vgl. OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701 f.); VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 16 VgV Anm. 56. 7. 2. A.A. insb. OLG Hamburg v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02, VergabeR 2003, 40 (42 ff.), das als Rechtsfolge die Aufhebung der Ausschreibung annimmt.

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wonach die Aufhebung der Ausschreibung geboten sei1, weil die Vergabestelle anderenfalls faktisch weitgehend risikolos ihre verfahrensrechtlichen, teils aus dem Grundgesetz abgeleiteten Pflichten ignorieren und abwarten könnte, ob dies auffällt und beanstandet wird2, wird insbesondere entgegen gehalten, dass der Rechtsordnung die Heilbarkeit auch schwerwiegender Verstöße durch Nachholung oder Neuvornahme nicht fremd ist. Zudem dient eine Heilungsmöglichkeit letztlich dem Beschleunigungsgrundsatz, dem gerade auch im Vergabeverfahren ein hoher Stellenwert zukommt, was sich u.a. aus den §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 113 ergibt3. Eine Heilung ist insbesondere auch noch nach der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens möglich4. Denn auch nach der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bleibt die Vergabestelle Herrin des Vergabeverfahrens, das jedenfalls bis zur Zuschlagsreife, unter Umständen sogar bis zur Zuschlagserteilung, fortgeführt werden kann, solange sich nichts Gegenteiliges aus dem Gesetz (§ 115 Abs. 1) oder einem Beschluss der Nachprüfungsinstanzen ergibt. Der auch in der Regelung des § 107 Abs. 3 zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke, dass nämlich die Vergabestelle ihre eigenen Fehler auch selbst korrigieren soll, gilt in jeder Lage des Verfahrens. Deshalb kann sie auch einen Vergaberechtsverstoß beheben, auf den sie erst im Laufe eines Nachprüfungsverfahrens aufmerksam (gemacht) wird. Dies steht insbesondere auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck von § 16 VgV, welcher nicht dazu dient, einem Nachprüfungsantrag zum Erfolg zu verhelfen, sondern lediglich sicherzustellen, dass alle wesentlichen Entscheidungen eines Vergabeverfahrens unter Ausschluss von Personen getroffen werden, bei denen allein aufgrund einer Nähebeziehung zu einem Wettbewerbsteilnehmer eine Voreingenommenheit besteht5. Eine Heilung des Verfahrensverstoßes ist also dem Grunde nach möglich, und zwar auch noch nach der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens6. 56 Die Frage, durch welche konkreten Maßnahmen ein Verstoß gegen § 16 VgV geheilt werden kann, wird ebenfalls uneinheitlich beantwortet. Während es vereinzelt für ausreichend gehalten wird, dass die betroffene 1 So insb. OLG Hamburg v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02, ZfBR 2003, 186 (187). A.A. OLG Jena v. 20.6.2005 – 9 Verg 3/05; NZBau 2005, 476 (481); OLG Jena v. 8.4. 2003 – 6 Verg 9/02, VergabeR 2003, 577 (578). 2 Vgl. Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht, § 16 VgV Anm. 56. 7. 2. 3 OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701 f.). 4 OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701 f.). 5 OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701 f.). 6 Vgl. OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02; VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005; Weyand, IBR-online-Kommentar, § 16 VgV Anm. 56. 7. 2.

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Entscheidung unter Ausschluss der als voreingenommen geltenden Personen lediglich überprüft wird1, fordern zahlreiche Stimmen aus Rechtsprechung und Literatur als Fehlerfolge die Aufhebung des Verfahrens2. Argumentiert wird insoweit, dass § 16 VgV praktisch ins Leere laufen würde, wenn man es ausreichen ließe, dass die Vergabestelle ihre Entscheidung einer Überprüfung unterzieht und neu trifft. Zumindest in Fällen eines groben Verstoßes soll der Auftraggeber daher zur Aufhebung der Ausschreibung und Neuausschreibung verpflichtet sein3. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Aufhebung der Ausschreibung angesichts des regelmäßig nicht überschaubaren Kreises von Unternehmen, die als Bewerber bzw. Bieter in Betracht kommen, die Vergabestelle unangemessen hart treffen und von ihr nahezu Unmögliches verlangen würde4. Für den Regelfall erscheint es daher sachgerecht und ausreichend, wenn die betroffene Entscheidung ohne Mitwirkung der voreingenommenen Person erneut getroffen wird5. Da die Verpflichtung zur Vermeidung von Interessenkollisionen vergabe- 57 rechtlich den Auftraggeber und nicht den Bieter oder Bewerber trifft (vgl. Rz. 4), ist eine Beseitigung bzw. „Heilung“ grundsätzlich auch nur in der Form denkbar, dass der Auftraggeber die betreffende Person von einer aktiven Mitwirkung am Vergabeverfahren ausschließt und die Entscheidungen bzw. Verfahrensabschnitte, die bereits durch den Verstoß gegen § 16 VgV „infiziert“ wurden, wiederholt. Schließlich kommt als Konsequenz eines Interessenkonflikts aber auch der Ausschluss des betroffenen Bieters aus dem Vergabeverfahren in Betracht6. Dies erscheint – als ultima ratio – jedoch nur dann sachgerecht, wenn sich der Sinn und 1 In diesem Sinne OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701 f.). 2 Vgl. VK Hamburg v. 25.7.2002 – VgK FB 1/02; bestätigt durch die Nachinstanz OLG Hamburg v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02, VergabeR 2003, 40 (42 ff.); Erdl, Anm. zu OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, VergabeR 2002, 629 (630 f.); Schröder, NVwZ 2004, 168 (172); wohl auch Drömann/Finke, NZBau 2006, 79 (83). 3 Erdl, Anm. zu OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, VergabeR 2002, 629 (630 f.). Ähnlich Schröder, NVwZ 2004, 168 (172), der darauf hinweist, dass bei einer verbotswidrigen Mitwirkung i.S.v. § 16 VgV grundsätzlich auch ein schwerwiegender Aufhebungsgrund gemäß § 26 Nr. 1 lit. c) VOB/A 2006 (nunmehr § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A) bzw. § 26 Nr. 1 lit. d) VOL/A 2006 (nunmehr § 20 EG Abs. 1 lit. d) VOL/A 2009) vorliege. 4 Vgl. OLG Koblenz v. 5.9.2002 – 1 Verg 2/02, NZBau 2002, 699 (701). 5 In diesem Sinne auch VK Lüneburg v. 14.6.2005 – VgK-22/2005. 6 Vgl. OLG Hamburg v. 4.11.2002 – 1 Verg 3/02, VergabeR 2003, 40 (42 ff.); s. ferner OLG Jena v. 20.6.2005 – 9 Verg 3/05, NZBau 2005, 476 (481); VK Köln v. 11.12. 2001 – VK 20/2001.

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Ausgeschlossene Personen

Zweck, die Ziele von Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz nicht durch andere, bezogen auf den betroffenen Bieter „mildere“ Mittel erreichen lässt. 58 Wird der Zuschlag unter Verstoß gegen § 16 VgV erteilt, ist der geschlossene Vertrag in der Regel ebensowenig nichtig wie bei anderen Vergaberechtsverstößen. Anders als bei § 115 Abs. 1 und bei § 101b, in denen dies ausdrücklich geregelt ist, handelt es sich bei § 16 VgV um kein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB1. Im Einzelfall kann allerdings ein Verstoß gegen § 138 BGB in Betracht kommen (vgl. § 114 Rz. 36, 38 und 88). VII. Konkurrenzen 59 Konkurrenz- bzw. Abgrenzungsfragen ergaben bzw. ergeben sich insbesondere im Hinblick auf die Regelung des § 4 Abs. 5 VgV a.F. sowie die inhaltsgleichen Bestimmungen des § 6a Abs. 9 VOB/A, des § 6 EG Abs. 7 VOL/A und des § 4 Abs. 5 VOF. Letztere wurden im Zuge der Novellierungen 2009 neu eingefügt, woraufhin § 4 Abs. 5 VgV a.F. durch die Verordnung zur Anpassung der Vergabeverordnung sowie der Sektorenverordnung vom 7.6.20102 aus Gründen der Vereinfachung und Anwenderfreundlichkeit aufgehoben wurde. 60 Die durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz3 eingeführte und im Wesentlichen auf der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Fabricom“4 beruhende Bestimmung des § 4 Abs. 5 VgV a.F. regelte die sog. Projektantenproblematik5 (vgl. Rz. 9 und 12). Danach hatte der Auftraggeber sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme eines Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird, wenn dieser vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt hat. Durch die Einführung von § 4 Abs. 5 VgV a.F. hat sich der Streit, ob ein Bieter oder Bewerber, der bereits im Vorfeld mit dem Vergabeverfahren beratend oder in sonstiger Weise unterstützend befasst war, vom Mitwirkungsverbot des § 16 VgV erfasst wird, erledigt. Es griff insoweit § 4 Abs. 5 VgV a.F. als lex specialis.

1 Zweifelnd Horn, LKV 2001, 241 (245). 2 BGBl. I, 724 ff. 3 Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften v. 1.9.2005 – BGBl. I, 2676 ff. 4 EuGH v. 3.3.2005 – verb. Rs C-21/03 und C-34/03, Slg. I-1559 ff. 5 BT-Drucks. 15/5668, 11.

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Melde- und Berichtspflichten

§ 17 VgV

Entsprechendes gilt nunmehr für die mit § 4 Abs. 5 VgV a.F. inhaltsglei- 61 chen Bestimmungen des § 6a Abs. 9 VOB/A, des § 6 EG Abs. 7 VOL/A und des § 4 Abs. 5 VOF. Im Zuge der Änderungen von VOB/A, VOL/A und VOB/A im Jahre 2009 62 wurden die Regelungen in § 7 Nr. 1 2. Halbs. VOB/A 2006, § 6 Nr. 3 VOL/A und § 6 Abs. 2 VOF 2006 gestrichen. Die Vorschriften des § 7 Nr. 1 2. Halbs. VOB/A 2006 und § 6 Nr. 3 VOL/A 2006 trugen dem Umstand Rechnung, dass ein fairer und von leistungsfremden Einflüssen freier Bieterwettbewerb nur dann gewährleistet ist, wenn einzelne Bieter den öffentlichen Auftraggeber nicht zugleich bei der Vorbereitung oder Durchführung der Vergabe sachverständig unterstützen1, und hatten insoweit im Vergleich zu § 16 VgV, der die Vorbefasstheit eines Bieters gerade nicht erfasst (vgl. Rz. 9, 12 und 60), unterschiedliche Anwendungsbereiche. Aus § 6 Abs. 2 VOF 2006 folgte ein Bewerbungsverbot. Danach durften Sachverständige, wenn sie vom Auftraggeber bei der Beschreibung der Aufgabenstellung hinzugezogen worden sind, weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein und auch nicht beteiligt werden. Ein Mitwirkungsverbot an einer der im Vergabeverfahren zu treffenden Entscheidungen (vgl. § 16 Abs. 1 VgV) meinte § 6 Abs. 2 VOF 2006 nicht, denn § 6 Abs. 1 VOF 2006 gestattete diese Mitwirkung ausdrücklich2.

Melde- und Berichtspflichten

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(1) Die Auftraggeber übermitteln der zuständigen Stelle eine jährliche statistische Aufstellung der im Vorjahr vergebenen Aufträge, und zwar getrennt nach öffentlichen Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträgen (§§ 4 bis 6). (2) Für jeden Auftraggeber enthält die statistische Aufstellung mindestens die Anzahl und den Wert der vergebenen Aufträge. Die Daten werden soweit möglich wie folgt aufgeschlüsselt: a) nach den jeweiligen Vergabeverfahren, b) nach Waren, Dienstleistungen und Bauarbeiten gemäß den Kategorien der CPV-Nomenklatur, 1 OLG Düsseldorf v. 16.10.2003 – Verg 57/03, VergabeR 2004, 236 (237). 2 OLG Jena v. 8.4.2003 – 6 Verg 9/02, NZBau 2003, 624 (625); VK Sachsen-Anhalt v. 11.10.2004 – 1 VK LVwA 58/04.

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§ 17 VgV

Melde- und Berichtspflichten

c) nach der Staatsangehörigkeit des Bieters, an den der Auftrag vergeben wurde. (3) Werden die Aufträge im Verhandlungsverfahren vergeben, so werden die Daten auch nach den in § 3 EG Absatz 3 und 4 VOL/A, § 3 Absatz 1 und 4 VOF und § 3a Absatz 5 und 6 VOB/A genannten Fallgruppen aufgeschlüsselt und enthalten die Anzahl und den Wert der vergebenen Aufträge nach Staatszugehörigkeit der erfolgreichen Bieter zu einem Mitgliedstaat der EU oder einem Drittstaat. (4) Die Daten enthalten zudem die Anzahl und den Gesamtwert der Aufträge, die auf Grund der Ausnahmeregelungen zum Beschaffungsübereinkommen vergeben wurden. (5) Die statistischen Aufstellungen für oberste und obere Bundesbehörden und vergleichbare Bundeseinrichtungen enthalten auch den geschätzten Gesamtwert der Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte sowie nach Anzahl und Gesamtwert der Aufträge, die auf Grund der Ausnahmeregelungen zum Beschaffungsübereinkommen vergeben wurden. Sie enthalten keine Angaben über Dienstleistungen der Kategorie 8 des Anhangs I Teil A und über Fernmeldedienstleistungen der Kategorie 5, deren CPC-Referenznummern 7524 (CPV-Referenznummer 64228000-0), 7525 (CPV-Referenznummer 64221000-1) und 7526 (CPV-Referenznummer 64227000-3) lauten, sowie über Dienstleistungen des Anhangs I Teil B, sofern der geschätzte Wert ohne Umsatzsteuer unter 193 000 Euro liegt. 1. Entstehungsgeschichte 1 § 17 wurde durch VO zur Anpassung der VgV sowie der SektVO vom 7.6. 20101 eingeführt. 2. Melde- und Berichtspflichten 2 § 17 VgV beruht auf Art. 75 und 76 RL 2004/18/EG, die wiederum auf Art. XIX des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen im Anhang 4 des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (Government Procurement Agreement – GPA)2 zurückgehen. § 17 VgV dient der Erstellung einer regelmäßigen Statistik über die innerhalb der Europäischen Union vergebenen Aufträge. Die Vorschrift steht zweifellos im Spannungsverhältnis zwischen sinnvoller Transparenz und unnötiger Bürokratie. Neben § 17 VgV besteht die Mitteilungspflicht der Vergabekammern und Oberlandesgerichte nach § 129a. 1 BGBl. I, 724. 2 ABl. C 256/1 v. 3.9.1996.

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Melde- und Berichtspflichten

§ 17 VgV

§ 17 VgV ersetzt die bisher in § 30a VOL/A 2006 und § 19 VOF 2006 3 enthaltenen Regelungen. Die Verlagerung in die VgV ist dadurch begründet, dass die Berichtspflicht nicht Gegenstand des Vergabeverfahrens, sondern diesem nachgelagert ist.1 Dieser Ansatz wurde allerdings nicht konsequent umgesetzt. Die VOB/A 2009 enthält in § 23a eine § 17 VgV weitest gehend entsprechende Bestimmung. Auftraggeber, welche die VgV zu beachten haben, übermitteln der zu- 4 ständigen Stelle eine jährliche statistische Aufstellung der im Vorjahr vergebenen Aufträge, und zwar getrennt nach öffentlichen Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträgen (§ 17 Abs. 1 VgV). Diese Verpflichtung gilt ausschließlich für Aufträge oberhalb der Schwellenwerte, wie sich aus dem Verweis auf §§ 4 bis 6 VgV in § 17 Abs. 1 VgV ergibt. „Zuständige Stelle“ ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.2 § 17 Abs. 2 VgV regelt den Inhalt der statistischen Aufstellung, welche die Auftraggeber der zuständigen Stelle zu übermitteln haben. Für Aufträge, die im Verhandlungsverfahren vergeben wurde, müssen zusätzliche Angaben gemacht werden (§ 17 Abs. 3 VgV). Weiterhin müssen die Auftraggeber Anzahl und Gesamtwert der Aufträge angeben, die aufgrund der Ausnahmeregelungen zum Beschaffungsübereinkommen vergeben werden (§ 17 Abs. 4 VgV). Hiermit ist das GPA (oben Rz. 2) in Bezug genommen. Die Ausnahmen ergeben sich aus den Anhängen zum Beschaffungsübereinkommen. Es handelt sich im Wesentlichen um Dienstleistungen nach Anhang I Teil B zur VOL/A und bestimmte Beschaffungen im Verteidigungsbereich. Oberste und obere Bundesbehörden und vergleichbare Bundeseinrichtun- 5 gen (vgl. § 2 VgV Rz. 7) müssen in die statistischen Aufstellungen auch den geschätzten Gesamtwert der Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte sowie Anzahl und Gesamtwert der Aufträge, die auf Grund der Ausnahmeregelungen zum Beschaffungsabkommen vergeben wurden, aufnehmen (§ 17 Abs. 5 Satz 1 VgV). Ausgenommen von der Berichtspflicht sind die in § 2 Nr. 1 Satz 2 VgV genannten Aufträge der obersten und oberen Bundesbehörden und vergleichbaren Bundeseinrichtungen, soweit der geschätzte Wert ohne Umsatzsteuer unter 193 000,00 Euro liegt (§ 17 Abs. 5 Satz 2 VgV). Die Mitgliedsstaaten übermitteln der Kommission spätestens am 6 31. Oktober jeden Jahres eine statistische Aufstellung, die auf den Mitteilungen nach § 17 VgV beruht (Art. 75 RL 2004/18/EG). Die Daten sol1 BR-Drucks. 40/10, 19. 2 BR-Drucks. 40/10, 19.

Stickler

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§ 23 VgV

Übergangsbestimmungen

len der Kommission eine Einschätzung der Ergebnisse der Anwendung der Richtlinie in Bezug auf die Entwicklung von grenzüberschreitendem Wettbewerb im öffentlichen Auftragswesen ermöglichen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat einen „Leitfaden zu den gesetzlichen Statistikpflichten im öffentlichen Auftragwesen“1 herausgegeben, der Auftraggebern die Erfüllung der Melde- und Berichtspflichten erleichtern soll. Dieser Leitfaden findet sich auf der Internetseite des BMWT.

18–22

(aufgehoben)

Abschnitt 2: Übergangs- und Schlussbestimmungen Übergangsbestimmungen

23

Bereits begonnene Vergabeverfahren werden nach dem Recht, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt, beendet. Bis zu drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung begonnene Vergabeverfahren, bei denen eine elektronische Angebotsabgabe zugelassen ist, können nach den Verfahrensvorschriften, welche vor Inkrafttreten dieser Verordnung galten, abgewickelt werden, wenn dies in der Bekanntmachung festgelegt ist. 1 § 23 VgV bestimmt, dass im Zeitpunkt des Inkrafttreten der neuen Vergabeverordnung, bereits begonnene Vergabeverfahren nach dem Recht beendet werden, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt. Für eine Übergangszeit gilt daher die alte Vergabeverordnung noch anstelle der neuen Vergabeverordnung. 2 Für den Beginn des Vergabeverfahrens gelten nicht die Regeln des Verwaltungsverfahrensrechtes über den Beginn bzw. die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens, weil das Vergabeverfahren ein Vorgang sui generis ist, der den Abschluß eines privatrechtlichen Vertrages zum Gegen1 BMWi v. 14.1.2008 – I B 3-26 00 98.

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Glahs

§ 23 VgV

Übergangsbestimmungen

len der Kommission eine Einschätzung der Ergebnisse der Anwendung der Richtlinie in Bezug auf die Entwicklung von grenzüberschreitendem Wettbewerb im öffentlichen Auftragswesen ermöglichen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat einen „Leitfaden zu den gesetzlichen Statistikpflichten im öffentlichen Auftragwesen“1 herausgegeben, der Auftraggebern die Erfüllung der Melde- und Berichtspflichten erleichtern soll. Dieser Leitfaden findet sich auf der Internetseite des BMWT.

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(aufgehoben)

Abschnitt 2: Übergangs- und Schlussbestimmungen Übergangsbestimmungen

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Bereits begonnene Vergabeverfahren werden nach dem Recht, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt, beendet. Bis zu drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung begonnene Vergabeverfahren, bei denen eine elektronische Angebotsabgabe zugelassen ist, können nach den Verfahrensvorschriften, welche vor Inkrafttreten dieser Verordnung galten, abgewickelt werden, wenn dies in der Bekanntmachung festgelegt ist. 1 § 23 VgV bestimmt, dass im Zeitpunkt des Inkrafttreten der neuen Vergabeverordnung, bereits begonnene Vergabeverfahren nach dem Recht beendet werden, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt. Für eine Übergangszeit gilt daher die alte Vergabeverordnung noch anstelle der neuen Vergabeverordnung. 2 Für den Beginn des Vergabeverfahrens gelten nicht die Regeln des Verwaltungsverfahrensrechtes über den Beginn bzw. die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens, weil das Vergabeverfahren ein Vorgang sui generis ist, der den Abschluß eines privatrechtlichen Vertrages zum Gegen1 BMWi v. 14.1.2008 – I B 3-26 00 98.

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Inkrafttreten, Außerkrafttreten

§ 24 VgV

stand hat1. Das Vergabeverfahren beginnt im Sinne des § 23 VgV nicht bereits mit der auftraggeberinternen Überlegung über den Bedarf, sondern erst dann, wenn nach den notwendigen internen Vorbereitungen der erste Schritt mit Außenwirkung erfolgt2. Beginn des Vergabeverfahrens dürfte deshalb in der Regel die Bekanntmachung sein. Wurde keine Bekanntmachung veröffentlicht oder erfolgte gar eine de 3 facto-Vergabe, stellt sich ebenfalls die Frage, wann das Verfahren begonnen wurde. Der Beginn eines Vergabeverfahrens ist nicht legal definiert. Allerdings gibt es bzgl. der Frage, wann ein Vergabeverfahren begonnen hat, schon seit langem eine gefestigte Rechtsprechung. Diese stellt – im Anschluss an eine EuGH-Entscheidung – auf eine funktionale Definition der Begriffe: Vergabeverfahren und Beginn des Vergabeverfahrens ab. Ein Vergabeverfahren wird definiert als eine nach außen wirkende Tätigkeit der Vergabestelle im Sinne eines Verwaltungsverfahrens, die auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet ist. Begonnen wird dieses Verfahren dann, wenn nach außen wirkende planvolle Schritte zum Abschluss des Vertrages eingeleitet werden. Vergabeverfahren ohne Vergabebekanntmachung beginnen deshalb – und zwar unabhängig davon, ob eine Pflicht zur Vergabebekanntmachung bestand oder nicht – mit Maßnahmen, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Wechsel von einer Vorbereitung des Verfahrens zur Herbeiführung des konkreten Vertragsschlusses darstellen, und zwar durch ein nach außen wirkendes Tätigwerden3.

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(Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Die Änderungen durch die Verordnung zur Anpassung der Verordnung 1 über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) sowie der Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung – SektVO) v. 7.6.2010 sind am 11.6.2010 in Kraft getreten. 1 Marx in Müller-Wrede/Fett, Verdingungsordnung für Leistungen, 3. Aufl. 2010, §§ 22, 23, 24. 2 Marx in Müller-Wrede/Fett, Verdingungsordnung für Leistungen, 3. Aufl. 2010, §§ 22, 23, 24. 3 Vgl. zu dieser allgemein anerkannten Definition: BGH v. 1.2.2005 – X ZB 27/04 („Altpapierverwertung II“), VergabeR 2005, 328 (330); OLG Düsseldorf v. 20.6.2001 – Verg 3/01, NZBau 2001, 696 (698 f.); OLG Rostock v. 5.2.2003 – 17 Verg 14/02, VergabeR 2003, 321 (324 f.); OLG Naumburg v. 8.10.2009 – 1 Verg 9/09, VergabeR 2010, 919 (221 ff.); Kus in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., 2009, § 102 Rn. 12.

Glahs

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Textanhang I. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)1 Auszug § 57 Ermittlungen, Beweiserhebung (1) Die Kartellbehörde kann alle Ermittlungen führen und alle Beweise erheben, die erforderlich sind. (2) Für den Beweis durch Augenschein, Zeugen und Sachverständige sind § 372 Abs. 1, §§ 376, 377, 378, 380 bis 387, 390, 395 bis 397, 398 Abs. 1, §§ 401, 402, 404, 404a, 406 bis 409, 411 bis 414 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden; Haft darf nicht verhängt werden. Für die Entscheidung über die Beschwerde ist das Oberlandesgericht zuständig. (3) Über die Zeugenaussage soll eine Niederschrift aufgenommen werden, die von dem ermittelnden Mitglied der Kartellbehörde und, wenn ein Urkundsbeamter zugezogen ist, auch von diesem zu unterschreiben ist. Die Niederschrift soll Ort und Tag der Verhandlung sowie die Namen der Mitwirkenden und Beteiligten ersehen lassen. (4) Die Niederschrift ist dem Zeugen zur Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von dem Zeugen zu unterschreiben. Unterbleibt die Unterschrift, so ist der Grund hierfür anzugeben. (5) Bei der Vernehmung von Sachverständigen sind die Bestimmungen der Absätze 3 und 4 entsprechend anzuwenden. (6) Die Kartellbehörde kann das Amtsgericht um die Beeidigung von Zeugen ersuchen, wenn sie die Beeidigung zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für notwendig erachtet. Über die Beeidigung entscheidet das Gericht. § 58 Beschlagnahme (1) Die Kartellbehörde kann Gegenstände, die als Beweismittel für die Ermittlung von Bedeutung sein können, beschlagnahmen. Die Beschlagnahme ist dem davon Betroffenen unverzüglich bekannt zu machen. 1 Zuletzt geändert durch Art. 13 Abs. 21 des Gesetzes v. 25.5.2009, BGBl. I, S. 1102 ff.

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Textanhang

GWB (Auszug)

(2) Die Kartellbehörde hat binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Beschlagnahme vorgenommen ist, nachzusuchen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat. (3) Der Betroffene kann gegen die Beschlagnahme jederzeit die richterliche Entscheidung nachsuchen. Hierüber ist er zu belehren. Über den Antrag entscheidet das nach Absatz 2 zuständige Gericht. (4) Gegen die richterliche Entscheidung ist die Beschwerde zulässig. Die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung gelten entsprechend. § 59 Auskunftsverlangen (1) Soweit es zur Erfüllung der in diesem Gesetz der Kartellbehörde übertragenen Aufgaben erforderlich ist, kann die Kartellbehörde bis zum Eintritt der Bestandskraft ihrer Entscheidung 1. von Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen Auskunft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Herausgabe von Unterlagen verlangen; dies umfasst auch allgemeine Marktstudien, die der Einschätzung oder Analyse der Wettbewerbsbedingungen oder der Marktlage dienen und sich im Besitz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung befinden; 2. von Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse von mit ihnen nach § 36 Abs. 2 verbundenen Unternehmen sowie die Herausgabe von Unterlagen dieser Unternehmen verlangen, soweit sie die Informationen zur Verfügung haben oder soweit sie auf Grund bestehender rechtlicher Verbindungen zur Beschaffung der verlangten Informationen über die verbundenen Unternehmen in der Lage sind; 3. bei Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen innerhalb der üblichen Geschäftszeiten die geschäftlichen Unterlagen einsehen und prüfen. Gegenüber Wirtschafts- und Berufsvereinigungen gilt Satz 1 Nr. 1 und 3 entsprechend hinsichtlich ihrer Tätigkeit, Satzung, Beschlüsse sowie Anzahl und Namen der Mitglieder, für die die Beschlüsse bestimmt sind.

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GWB (Auszug)

Textanhang

(2) Die Inhaber der Unternehmen und ihre Vertretung, bei juristischen Personen, Gesellschaften und nicht rechtsfähigen Vereinen die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung berufenen Personen sind verpflichtet, die verlangten Unterlagen herauszugeben, die verlangten Auskünfte zu erteilen, die geschäftlichen Unterlagen zur Einsichtnahme und Prüfung vorzulegen und die Prüfung dieser geschäftlichen Unterlagen sowie das Betreten von Geschäftsräumen und -grundstücken zu dulden. (3) Personen, die von der Kartellbehörde mit der Vornahme von Prüfungen beauftragt werden, dürfen die Räume der Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen betreten. Das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt. (4) Durchsuchungen können nur auf Anordnung des Amtsrichters, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll, vorgenommen werden. Durchsuchungen sind zulässig, wenn zu vermuten ist, dass sich in den betreffenden Räumen Unterlagen befinden, die die Kartellbehörde nach Absatz 1 einsehen, prüfen oder herausverlangen darf. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Auf die Anfechtung dieser Anordnung finden die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung entsprechende Anwendung. Bei Gefahr im Verzuge können die in Absatz 3 bezeichneten Personen während der Geschäftszeit die erforderlichen Durchsuchungen ohne richterliche Anordnung vornehmen. An Ort und Stelle ist eine Niederschrift über die Durchsuchung und ihr wesentliches Ergebnis aufzunehmen, aus der sich, falls keine richterliche Anordnung ergangen ist, auch die Tatsachen ergeben, die zur Annahme einer Gefahr im Verzuge geführt haben. (5) Zur Auskunft Verpflichtete können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder Angehörige, die in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichnet sind, der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. (6) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder die oberste Landesbehörde fordern die Auskunft durch schriftliche Einzelverfügung, das Bundeskartellamt fordert sie durch Beschluss an. Darin sind die Rechtsgrundlage, der Gegenstand und der Zweck des Auskunftsverlangens anzugeben und eine angemessene Frist zur Erteilung der Auskunft zu bestimmen. (7) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder die oberste Landesbehörde ordnen die Prüfung durch schriftliche Einzelverfügung, das Bundeskartellamt ordnet sie durch Beschluss mit Zustim981

Textanhang

GWB (Auszug)

mung des Präsidenten an. In der Anordnung sind Zeitpunkt, Rechtsgrundlage, Gegenstand und Zweck der Prüfung anzugeben. § 61 Verfahrensabschluss, Begründung der Verfügung, Zustellung (1) Verfügungen der Kartellbehörde sind zu begründen und mit einer Belehrung über das zulässige Rechtsmittel den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind auf Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen sowie auf Auftraggeber im Sinn von § 98 entsprechend anzuwenden. Verfügungen, die gegenüber einem Unternehmen mit Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ergehen, stellt die Kartellbehörde der Person zu, die das Unternehmen dem Bundeskartellamt als zustellungsbevollmächtigt benannt hat. Hat das Unternehmen keine zustellungsbevollmächtigte Person benannt, so stellt die Kartellbehörde die Verfügungen durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger zu. (2) Soweit ein Verfahren nicht mit einer Verfügung abgeschlossen wird, die den Beteiligten nach Absatz 1 zugestellt wird, ist seine Beendigung den Beteiligten schriftlich mitzuteilen. § 69 Mündliche Verhandlung (1) Das Beschwerdegericht entscheidet über die Beschwerde auf Grund mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. (2) Sind die Beteiligten in dem Verhandlungstermin trotz rechtzeitiger Benachrichtigung nicht erschienen oder gehörig vertreten, so kann gleichwohl in der Sache verhandelt und entschieden werden. § 70 Untersuchungsgrundsatz (1) Das Beschwerdegericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. (2) Der oder die Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. 982

Textanhang

GWB (Auszug)

(3) Das Beschwerdegericht kann den Beteiligten aufgeben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist über aufklärungsbedürftige Punkte zu äußern, Beweismittel zu bezeichnen und in ihren Händen befindliche Urkunden sowie andere Beweismittel vorzulegen. Bei Versäumung der Frist kann nach Lage der Sache ohne Berücksichtigung der nicht beigebrachten Beweismittel entschieden werden. […] § 71 Beschwerdeentscheidung (1) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluss nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Der Beschluss darf nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Das Beschwerdegericht kann hiervon abweichen, soweit Beigeladenen aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, Akteneinsicht nicht gewährt und der Akteninhalt aus diesen Gründen auch nicht vorgetragen worden ist. Dies gilt nicht für solche Beigeladene, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. […] (6) Der Beschluss ist zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung den Beteiligten zuzustellen. § 71a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Gegen eine der Entscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt (2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Be983

Textanhang

GWB (Auszug)

kanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen. (3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. (4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden. (5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. Im schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung anzuwenden. (6) § 149 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. § 72 Akteneinsicht (1) Die in § 67 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 2 bezeichneten Beteiligten können die Akten des Gerichts einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. § 299 Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (2) Einsicht in Vorakten, Beiakten, Gutachten und Auskünfte ist nur mit Zustimmung der Stellen zulässig, denen die Akten gehören oder die die Äußerung eingeholt haben. Die Kartellbehörde hat die Zustimmung zur Einsicht in die ihr gehörigen Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist. Wird die Einsicht abgelehnt oder ist sie unzulässig, dürfen diese Unterlagen der Entscheidung nur insoweit zugrunde gelegt werden, als ihr Inhalt vorgetragen worden ist. Das Beschwerdegericht kann die Offenlegung von Tatsachen oder Beweismitteln, deren Geheimhaltung aus wichtigen Gründen, insbesondere zur 984

Textanhang

GWB (Auszug)

Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, verlangt wird, nach Anhörung des von der Offenlegung Betroffenen durch Beschluss anordnen, soweit es für die Entscheidung auf diese Tatsachen oder Beweismittel ankommt, andere Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht bestehen und nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles die Bedeutung der Sache für die Sicherung des Wettbewerbs das Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt. Der Beschluss ist zu begründen. In dem Verfahren nach Satz 4 muss sich der Betroffene nicht anwaltlich vertreten lassen. (3) Den in § 67 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Beteiligten kann das Beschwerdegericht nach Anhörung des Verfügungsberechtigten Akteneinsicht in gleichem Umfang gewähren. § 73 Geltung von Vorschriften des GVG und der ZPO Im Verfahren vor dem Beschwerdegericht gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, entsprechend 1. die Vorschriften der §§ 169 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes über Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung; 2. die Vorschriften der Zivilprozessordnung über Ausschließung und Ablehnung eines Richters, über Prozessbevollmächtigte und Beistände, über die Zustellung von Amts wegen, über Ladungen, Termine und Fristen, über die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien, über die Verbindung mehrerer Prozesse, über die Erledigung des Zeugen- und Sachverständigenbeweises sowie über die sonstigen Arten des Beweisverfahrens, über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist. § 78 Kostentragung und -festsetzung Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kos985

Textanhang

GWB (Auszug)

tenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend. § 86a Vollstreckung Die Kartellbehörde kann ihre Anordnungen nach den für die Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen geltenden Vorschriften durchsetzen. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro.

II. Übersicht über die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen und die Vergabekammern des Bundes und der Länder 1. Landesrechtliche Ausführungsbestimmungen Baden-Württemberg: Verordnung der Landesregierung über die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabenachprüfungsverordnung – VNPVO) vom 12.4.1999 (BWGBl. 1999, 153), zuletzt geändert durch Art. 77 Verwaltungsstruktur-ReformG vom 1.7.2004 (BWGBl. 2004, 469) Bayern: Verordnung der Staatsregierung zur Regelung von Organisation und Zuständigkeiten im Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge (BayNpV) vom 1.1.1999 (BayGVBl. 1999, 2), zuletzt geändert durch ÄndG vom 7.8.2003 (BayGVBl. 2003, 497) Berlin: Verordnung zur Regelung von Organisation und Zuständigkeiten im Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge (BerlNpVO) vom 25.1.1999 (BerlGVBl. 1999, 63), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.7.2001 (BerlGVBl. 2001, 313) Brandenburg: Verordnung über die Nachprüfungsbehörden (Landesnachprüfungsverordnung – LNpV) vom 19.5.1999 (BbgGVBl. 1999 II, 332) Bremen: Bekanntmachung des Senats über die Zuständigkeit in Nachprüfungsverfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vom 8.6.1999 (Brem. ABl. 1999, 489), zuletzt geändert durch Nr. 2.1 Bek vom 31.3.2009 (Brem. GBl. 2009, 129) Hamburg: Anordnung über die Organisation der Vergabekammern vom 17.4.2007 (Amt. Anz. 2007, 1013) sowie Anordnung über Zuständigkeiten bei Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge vom 17.4.2007 (Amt. Anz. 2007, 1014) (Anz. 1999, 937) 986

Ausführungsbestimmungen und Vergabekammern

Textanhang

Hessen: Verordnung über die Vergabekammern vom 18.6.1999 (GVBl. 1999 I, 318), zuletzt geändert durch Verordnung vom 10.12.2009 (GVBl. 2009, 509) Mecklenburg-Vorpommern: Gesetz über die Nachprüfung öffentlicher Auftragsvergaben in Mecklenburg-Vorpommern (Vergabenachprüfungsgesetz – VgNG M-V) vom 28.6.1999 (GVBl. 1999, 396, ber. 432) Niedersachsen: Beschluss der Landesregierung „Umsetzung des Vergaberechtsänderungsgesetzes, Einrichtung von Vergabekammern und Auflösung des Vergabeüberwachungsausschusses und der Vergabeprüfstellen“ vom 1.12.1998 (Nds. MBl. 1998, 1432) und Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft vom 1.2.1999 (Nds. MBl. 1999, 144), zuletzt geändert durch Beschluss der Landesregierung vom 20.5.2008 (Nds. MBl. 2008, 577) Nordrhein-Westfalen: Verordnung über die Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammern im Nachprüfungsverfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge (Zuständigkeitsverordnung/Nachprüfungsverfahren – ZuStVO/NPV NRW) vom 23.2.1999 (NWGVBl. 1999, 46), zuletzt geändert durch Art. 1 MWME-BefristungsÄndVO vom 25.11.2008 (NWGVBl. 2008, 766) Rheinland-Pfalz: Landesverordnung über die Nachprüfungsbehörden für die Vergabe öffentlicher Aufträge vom 19.1.1999 (RpGVBl. 1999, 18), zuletzt geändert durch Erste ÄndVO vom 21.9.2005 (RpGVBl. 2005, 383) Saarland: Verordnung über die Regelung der Nachprüfungsverfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vom 17.8.1999 (SaarABl. 1999, 1132), zuletzt geändert durch Art. 6 Abs. 1 VerwaltungsstrukturreformG vom 21.11.2007 (SaarABl. 2007, 2393) Sachsen: Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammern vom 23.3.1999 (SächsGVBl. 1999, 214), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO vom 31.3.2004 (SächsGVBl. 2004, 135) Sachsen-Anhalt: Abschnitt II Nr. 1 des RdErl. Des MW „Öffentliches Auftragswesen – Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekammern in Sachsen-Anhalt“ vom 4.3.1999 (MBl. LSA 1999, 441) Schleswig-Holstein: Landesverordnung zur Ausführung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Ausführungsverordnung) vom 25.6.1999 (GVBl. 1999, 215), zuletzt geändert durch § 6 S. 2 GWB-AusführungsVO vom 20.7.2009 (GVBl. Schl.-H. 2009, 425) Thüringen: Thüringer Verordnung zur Regelung der Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammern (Thüringer Vergabekammerverordnung – Thür VkV) vom 10.6.1999 (ThGVBl. 1999, 417) 987

Textanhang

Anschriften Vergabekammern

2. Anschriften Vergabekammern (Stand: Juni 2010) Bund Vergabekammern des Bundes beim Bundeskartellamt Kaiser-Friedrich-Straße 16 53113 Bonn Baden-Württemberg Vergabekammer Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium Karlsruhe Schlossplatz 1–3

Hamburg Vergabekammer bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg Düsternstraße 10 20354 Hamburg Vergabekammer bei der Finanzbehörde Hamburg Rödlingsmarkt 2

76247 Karlsruhe

20459 Hamburg

Bayern Vergabekammer Südbayern bei der Regierung von Oberbayern Maximilianstraße 39

Hessen Vergabekammer Hessen bei dem Regierungspräsidium Darmstadt Luisenplatz 2

80538 München Vergabekammer Nordbayern bei der Regierung von Mittelfranken Postfach 606

64283 Darmstadt

Berlin Vergabekammer des Landes Berlin Martin-Luther-Str. 105

Mecklenburg-Vorpommern Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus MecklenburgVorpommern Vergabekollegium Johannes-Stelling-Str. 14

10825 Berlin

19053 Schwerin

91511 Ansbach

Brandenburg Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten Heinrich-Mann-Allee 107 14473 Potsdam Bremen Vergabekammer der Freien Hansestadt Bremen beim Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa Ansgaritorstr. 2 28195 Bremen

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Niedersachsen Vergabekammer Niedersachsen beim Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Regierungsvertretung Lüneburg Auf der Hude 2 21339 Lüneburg Nordrhein-Westfalen Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg Seibertzstr. 1 59821 Arnsberg

Textanhang

Anschriften Vergabekammern Vergabekammer bei der Bezirksregierung Detmold Leopoldstr. 13–15 32756 Detmold Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf Cecilienallee 2 40474 Düsseldorf Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln Blumenthalstr. 33 50670 Köln Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster Albrecht-Thaer-Str. 9 48128 Münster Rheinland-Pfalz Vergabekammer beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Stiftstr. 9 55116 Mainz Saarland Vergabekammern des Saarlandes beim Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft Franz-Josef-Röder-Str. 17

Sachsen Vergabekammer des Freistaates Sachsen bei der Landesdirektion Leipzig Braustr. 2 04107 Leipzig Sachsen-Anhalt 1. und 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Halle Ernst-Kamieth-Str. 2 06112 Halle/Saale Schleswig-Holstein Vergabekammer des Landes SchleswigHolstein bei dem Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr Düstembrooker Weg 92 Postfach 7128 24171 Kiel Thüringen Vergabekammer des Freistaats Thüringen beim Thüringer Landesverwaltungsamt Weimarplatz 4/Friedensstraße 2 99423 Weimar

66119 Saarbrücken

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Textanhang

Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes

III. Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes vom 15. Juli 2005 Anwendungsbereich Die Geschäftsordnung regelt Organisation, Grundsätze der Geschäftsverteilung, Geschäftsgang und Verfahren der Vergabekammern des Bundes, sie ist Geschäftsordnung im Sinne von § 106 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleibt die Geschäftsordnung des Bundeskartellamtes (GO-BKartA) unberührt. I. Organisation, Geschäftsjahr, Geschäftsverteilung und Vertretung §1 (1) Einer Kammer gehören der Vorsitzende, mindestens zwei hauptamtliche und mindestens vier ehrenamtliche Beisitzer sowie weitere Mitarbeiter an. Die ehrenamtlichen Beisitzer können auch mehreren Kammern angehören. (2) Für Frauen in einer der in der Geschäftsordnung genannten Funktionen gilt die weibliche Form der Funktionsbezeichnung. (3) Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. §2 (1) Der Präsident des Bundeskartellamtes regelt vor Beginn des Geschäftsjahres die Verteilung der Geschäfte unter den Kammern. Die Geschäftsverteilung darf während des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung von Kammern erforderlich wird. Für Anträge, die dasselbe Vergabeverfahren betreffen, ist die Kammer zuständig, in deren Zuständigkeit der erste Antrag fällt. (2) Der Vorsitzende weist die Verfahren seiner Kammer den Berichterstattern nach einem vor Beginn des Geschäftsjahres von ihm festgelegten Geschäftsverteilungsplan zu.

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§3 (1) Der Vorsitzende wirkt an allen Entscheidungen seiner Kammer mit, es sei denn, die Kammer hat dem hauptamtlichen Beisitzer das alleinige Entscheidungsrecht übertragen (§ 105 Abs. 3 GWB). Berichterstatter sind nur die hauptamtlichen Beisitzer. Die ehrenamtlichen Beisitzer wirken an den Verfahren aus den ihnen zugeordneten Fachgebieten mit. (2) Den Vorsitzenden einer Vergabekammer vertritt bei Verhinderung grundsätzlich der anwesende hauptamtliche Beisitzer, dem das höhere Beförderungsamt verliehen ist und der in diesem Amt nach dem allgemeinen Dienstalter der Dienstältere ist. Bei gleichem allgemeinen Dienstalter kommt es auf das höhere Lebensalter an. (3) Ist einer Vergabekammer die Beschlussfassung im Einzelfall nicht möglich, weil sie gar nicht besetzt ist, übernimmt der Vorsitzende der nach ihrer Bezifferung folgenden Vergabekammer (auf die Vergabekammer mit der höchsten Bezifferung folgt die erste Vergabekammer) den Vorsitz. Zum weiteren hauptamtlichen Beisitzer ist derjenige hauptamtliche Beisitzer aus der nach ihrer Bezifferung folgenden Vergabekammer bestellt, dem von den anwesenden hauptamtlichen Beisitzern das niedrigste Beförderungsamt verliehen ist und der in diesem Amt der Dienstjüngste ist. Bei gleichem allgemeinen Dienstalter kommt es auf das geringere Lebensalter an. Entsprechendes gilt, wenn eine Vergabekammer nur mit einem Vorsitzenden besetzt ist. Die Bestellung lässt die originären Aufgaben des betreffenden Vorsitzenden oder hauptamtlichen Beisitzers unberührt und bleibt in Kraft bis zum Abschluss der Beratung, der Abstimmung, der Zeichnung und der Zustellung der getroffenen Entscheidung an alle Verfahrensbeteiligten. II. Verfahren zwischen Antragseingang und mündlicher Verhandlung §4 (1) Geht ein nicht offensichtlich unzulässiger oder unbegründeter Antrag ein und ist die Zahlung eines Vorschusses in Höhe der Mindestgebühr von 2500 nachgewiesen, so stellt die Kammer dem Auftraggeber den Antrag zu und fordert ihn zur sofortigen Übergabe der Vergabeakten auf. Der Zahlungsnachweis kann durch Übersendung des Zahlungsbeleges, auch per Telefax, oder durch anwaltliche Versicherung erfolgen. (2) Ist eine Vergabeprüfstelle eingerichtet, so übermittelt die Kammer dieser den Antrag in Kopie. 991

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(3) Der Vorsitzende unterrichtet den zuständigen ehrenamtlichen Beisitzer, übermittelt ihm eine Abschrift des Antrages und veranlasst, dass ihm Abschriften der Entscheidung der Vergabeprüfstelle und der Schriftsätze so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung übermittelt werden, dass er sich mit der Sache vertraut machen kann. Ist ein ehrenamtlicher Beisitzer verhindert oder hat er am Vergabeverfahren mitgewirkt, so zeigt er dies dem Vorsitzenden unverzüglich an. §5 (1) Nach Eingang der Akten leitet der Vorsitzende diese dem zuständigen Berichterstatter zu. Die Kammer prüft, ob Beiladungen zu dem Verfahren geboten sind und beschließt diese gegebenenfalls unverzüglich. Der Berichterstatter legt dem Vorsitzenden innerhalb der von diesem gesetzten Frist sein schriftliches Votum vor. (2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter in den Fällen des § 105 Abs. 3 GWB können den Verfahrensbeteiligten Fristen für die Einreichung von Schriftsätzen setzen. Nach Ablauf der Fristen kann ein weiterer Vortrag unbeachtet bleiben. (3) Mitteilungen der Kammern, Schriftsätze und Ladungen werden den Verfahrensbeteiligten nach Möglichkeit mit Telefax, ansonsten durch die Post oder einen Kurier übersandt. III. Mündliche Verhandlung §6 (1) Die Kammern entscheiden, sofern nicht die Voraussetzungen des § 112 Abs. 1 Satz 3 oder des § 112 Abs. 2 GWB vorliegen oder es sich um eine Entscheidung nach § 115 Abs. 2 Satz 1 oder 3 oder nach § 115 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt, aufgrund mündlicher, nicht öffentlicher Verhandlung. Der Vorsitzende stimmt den Termin mit dem ehrenamtlichen Beisitzer ab und lädt die Verfahrensbeteiligten. (2) Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage nach Eingang bei den Verfahrensbeteiligten. §7 (1) Der Vorsitzende leitet die mündliche Verhandlung. (2) Über die mündliche Verhandlung wird eine Niederschrift aufgenommen, die folgenden Inhalt hat: 992

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– Ort und Tag der Verhandlung, – Bezeichnung der entscheidenden Kammer, – Namen des Vorsitzenden und der Beisitzer, – Bezeichnung des Nachprüfungsverfahrens, – Namen der erschienenen Verfahrensbeteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und – Bevollmächtigten sowie sonstiger Personen, – Rücknahme des Antrags, – Feststellung, dass die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zum Vortrag hatten, – bei Entscheidung im Anschluss an die mündliche Verhandlung die Beschlussformel, – die Unterschrift des Vorsitzenden. (3) Die Verfahrensbeteiligten erhalten eine Abschrift der Niederschrift. IV. Beschluss §8 (1) Die Kammern entscheiden durch Beschluss. Das gilt auch dann, wenn über die Entscheidung einer Vergabeprüfstelle zu befinden ist. Ist die Entscheidung der Vergabeprüfstelle rechtswidrig, so hebt die Kammer diese auf und entscheidet nach § 114 GWB. Der Beschluss enthält: – die Bezeichnung der entscheidenden Kammer, – die Bezeichnung des Vorsitzenden und der Beisitzer, – die Bezeichnung der Verfahrensbeteiligten, – den Tag, an dem die mündliche Verhandlung abgeschlossen worden ist, – die Beschlussformel, – die Gründe, – die Kostenentscheidung, soweit diese nicht durch gesonderten Beschluss ergeht, – die Rechtsmittelbelehrung, – die Unterschriften des Vorsitzenden und des hauptamtlichen Beisitzers. Ist ein Kammermitglied verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom hauptamtlichen Beisitzer unter dem Beschluss vermerkt. Der Unterschrift des ehrenamtlichen Beisitzers bedarf es nicht. 993

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(2) Die begründete Entscheidung der Kammer wird den Verfahrensbeteiligten zugestellt. Ist eine Vergabeprüfstelle eingerichtet, wird ihr auf Anforderung eine Kopie der Entscheidung übersandt. V. Geschäftsgang §9 Die an die Kammern gerichteten Eingänge werden von der Geschäftsstelle behandelt. Diese erteilt jedem Nachprüfungsverfahren ein Geschäftszeichen gemäß der Registraturanweisung, prüft bei Eingang des Antrags, ob die Zahlung eines Vorschusses in Höhe der Mindestgebühr nachgewiesen ist und leitet den Antrag unverzüglich der zuständigen Kammer zu. § 10 Die Aufbewahrungsfrist der Verfahrensakten beträgt grundsätzlich 30 Jahre nach Abschluss des Verfahrens. Die Verfahrensakten der Kammern werden anschließend dem Bundesarchiv übergeben. § 11 Die Entscheidungen der Kammern werden in der Geschäftsstelle gesammelt. Sie sind auf der Homepage des Bundeskartellamtes (www.bundeskartellamt.de) regelmäßig abrufbar. § 12 Die Kosten (Auslagen und Gebühren) werden von der Kostenstelle des Bundeskartellamtes eingezogen und verbucht. VI. Inkrafttreten § 13 Diese Geschäftsordnung tritt am 15. Juli 2005 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Geschäftsordnung der Vergabekammern des Bundes vom 20. Februar 2002 (Bekanntmachung Nr. 111/2002 vom 20. Februar 2002, BAnz. S. 10 432) außer Kraft.

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Stichwortverzeichnis Die fetten gedruckten Zahlen verweisen auf die Teile, die darauffolgenden Zahlen auf die Randnummern innerhalb der Teile.

Abkommen – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 31 ff. Ablehnungsfiktion – Fristverlängerung 116 17 – Untätigkeitsbeschwerde 116 14 ff. AG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 19 Akteneinsicht – Berechtigte 111 3 – Beschwerdeverfahren 120 13 – Informationsfreiheitsgesetz 111 6 ff. – Kopien/Ausfertigungen 111 12 f. – Missbrauch 111 29 – Ort 111 10 f. – sofortige Beschwerde, Beteiligte 119 3 – Transparenzprinzip 111 3, 20 – Umfang 111 4, 9, 17 ff. – Umfang, Missachtung v. Beschränkungsgründen 111 46 ff. – Umweltinformationsgesetz 111 6 ff. – Vermutung d. Erforderlichkeit 111 3 – Verwaltungsverfahrensgesetz 111 3 ff. Akteneinsicht – Beschränkung/Versagung – Geheimhaltungsinteresse 111 23 f., 36 ff. – Geheimhaltungsinteresse, Hinweispflicht 111 39 ff. – Missachtung v. Beschränkungsgründen 111 46 ff. – Nachprüfungsantrag, unbegründeter 111 16

– Nachprüfungsantrag, unzulässiger 111 14 f. – rügebezogene 111 17 ff. – ,,Schwärzung" v. Angaben 111 25 – Sperrvermerk 111 39 – ungerechtfertigte 111 45 ff. – wechselseitige Belange 111 21 ff. – wechselseitige Belange, Abwägung 111 31 ff. Amtsermittlungsgrundsatz – Beweismittel/-würdigung 110 11 f. – Präklusion 110 11 – Sachverhaltserforschung 110 7 ff. – Sachverhaltserforschung, unzureichende 110 16 – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 110 3 ff. – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 110 13 ff. – Verwaltungsverfahrensgesetz 110 6 Amtshaftung – Vergabekammer, Verfahrenseinleitung 107 12 Amtshilfe – Verbot 110 44 Anfechtungsbeschwerde – s. a. Sofortige Beschwerde – Begründung 117 12 – Beschwer 116 24 f. – Beschwerdeberechtigung 116 21 ff. – Frist 117 4 f. – Gegenstand 116 5 – Hauptsacheentscheidung 116 6 – Kostenentscheidung 116 7 – Nebenentscheidungen d. Vergabekammer 116 8 ff. – Voraussetzungen 116 12 f.

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Stichwortverzeichnis

– Zwischenentscheidung d. Vergabekammer 116 8 ff. Angebot – Bindefrist, Ablauf 114 49 – Bindefrist, Verlängerung 115 30 – Informationsvorsprung 97 39, 42 – Kosten 126 38 ff. – Kostenerstattung Vor 102 5 – Modifizierung 114 30 – Unterlassen, Informationspflichten 101a 16 ff. – Vertraulichkeit 97 15 Angebotsabgabe – Aufforderung, bekannt gemachte Angaben 97 79 – Aufforderung, Zuschlagskriterien 97 117 f. – trotz Rüge 107 97 Angebotsausschluss – Kommunalunternehmen, Verstoß gegen GO 97 17 – Schwarzarbeit 97 17 – Tarifvertrag, Verstoß 97 17 – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 125 – wettbewerbswidriges Verhalten 97 16 f. – zwingender 107 37 Angebotsfrist – mittelständische Interessen 97 51 Angebotspreis – Wirtschaftlichkeitsgebot 97 106 ff. – Zuschlagskriterien 97 116 – Zuschlagskriterien, fehlende 97 118 Angebotsprüfung – Beurteilungsspielraum 97 121 – Wirtschaftlichkeitsprüfung 97 119 ff. – Zuschlagskriterien, Bekanntmachung 97 21 Angebotsunterlagen – Common Procurement Vocabulary (CPV) 97 19 f. – Diskriminierungsverbot 97 37 ff. Angebotswertung – Diskriminierungsverbot 97 40

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– fehlerhafte 107 36 – Kriterien, Wettbewerbsprinzip 97 15 – mittelständische Interessen 97 47 ff. – vergabefremde Aspekte 97 48 – Wertungsspielraum 114 16 Angehörige – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Anhörung – Beiladung 109 8 – mündliche Verhandlung 112 20 – Verweisung 108 13 – Zuschlagsgestattung 115 44 ff. Anhörungsrüge – Beschwerdeverfahren 120 12 Anschlussbeschwerde – unselbständige 117 8 Anstalt d. öffentlichen Rechts – anwendbare Regelungen Einl. 20 Anwaltszwang – Begründung, Nachreichung 117 24 – Beschwerdeschrift, Unterschrift 117 21 – Beschwerdeverfahren 117 20 – Juristische Personen d. öffentlichen Rechts 117 23 Arbeitsverträge – Abgrenzung z. Dienstleistungsaufträgen 100 30 – Beamtenverhältnis 100 29 – Begriff 100 29 Architektenkammer – Vergabekammermitglieder 106 8 Architektenleistungen – Auftragswert VgV 3 26 f. Architektenwettbewerb – Informationspflichten 101a 11 Arzneimittelrabattverträge – Generika 99 183 ff. – Originalpräparate 99 188 Aufschiebende Bedingung – Zuschlag 114 37 Aufsicht – Einflussnahmemöglichkeit 98 56 ff.

Stichwortverzeichnis

Aufsichtsbehörden – Anordnungsbefugnis 102 10 – Anrufung Vor 102 13 – Befugnisse 102 6 – Belange d. Vergabestelle 102 11 – Dienstaufsicht 102 5 – Einschreitungsermessen 102 7 f. – Ersatzvornahme 102 13 – Fachaufsicht 102 5 – gleichzeitiges Nachprüfungsverfahren 102 14 – Maßnahmen, Rechtsnatur 102 12 – Rechtsaufsicht 102 5 – Selbsteintritt 102 13 – Tätigkeit v. Amts wegen Vor 102 9 – Verwaltungsvollstreckung 102 13 – Zuständigkeit 102 1 ff., 6 – Zweckmäßigkeitsprüfung 102 9 Auftrag – s. a. Angebotsunterlagen; Öffentlicher Auftrag Auftragsverwaltung – Vergabekammer, Zuständigkeit 106a 21 Auftragswert – Aufteilung, unzulässige VgV 3 7 – Bauaufträge, Gesamtwert bei einem Auftrag VgV 3 11 – Bauaufträge, Gesamtwert bei losweiser Vergabe VgV 3 12 ff. – Bauaufträge, Gesamtwert bei mehreren Einzelaufträgen VgV 3 12 ff. – Bauaufträge, Kosten VgV 3 15 – Baukonzessionen VgV 3 16 f. – Beurteilungsspielraum VgV 3 8 – Dauerschuldverhältnis VgV 3 28 ff. – Dienstleistungsaufträge, Gesamtwert bei einem Auftrag VgV 3 19 – Dienstleistungsaufträge, Gesamtwert bei losweiser Vergabe VgV 3 20

– Dienstleistungsaufträge, Gesamtwert bei mehreren Einzelaufträgen VgV 3 20 – Dienstleistungsaufträge, Kosten VgV 3 21 – Dokumentation VgV 3 9 – gemischte Verträge VgV 3 18, 22 – Kriterien VgV 3 6 – Lieferaufträge, Gesamtwert bei losweiser Vergabe VgV 3 24 – Lieferaufträge, Gesamtwert bei mehreren Einzelaufträgen VgV 3 24 – Lieferaufträge, Kosten VgV 3 25 – losweise Vergabe, 20%Kontingent VgV 3 34 – maßgeblicher Schätzungszeitpunkt VgV 3 4 f. – mehrere Auftraggeber VgV 3 33 – Planungsleistungen VgV 3 26 f. – Rahmenvereinbarungen VgV 3 28 ff. – Schätzung VgV 3 4 ff. – Schätzung, fehlerhafte VgV 3 10 – Überblick VgV 3 1 – Veräußerungsgeschäfte VgV 3 15 – Vergütung, netto VgV 3 15 – Vertragsänderung VgV 3 32 – Wert aller Leistungen/ Lieferungen VgV 3 15 Auskunftsverlangen – Vergabekammer 110 47 f. Auslagen 128 14 Ausländer – Diskriminierungsverbot 97 32 ff. Auslegung – Vergaberecht 97 29 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 23 f. – Verteidigungsbereich, Auslegungsmitteilung 100 53 Auslobungsverfahren – Abgrenzung z. anderen Auftragsarten 99 137 – Begriff 99 125 – Funktion 99 126 – Informationspflichten 101a 11, 19

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Stichwortverzeichnis

– Schwellenwerte VgV 2 12 – VOF, Anwendungsbereich VgV 5 1 ff. – VOL/A, Anwendungsbereich VgV 4 2 Ausschreibung – Aufhebung Vor 97 4 – fälschliche, Schwellenwerte 100 10 – nicht offenes Verfahren 101 12 ff. – offenes Verfahren 101 8 ff. – Produktneutralität Vor 97 5 – Unterlassen 107 38, 62 ff., 80 Bauaufträge – Abgrenzung z. Dienstleistungsaufträgen 99 137, 141 – Abgrenzung z. Erwerb/Miete v. Immobilien 100 67 – Abgrenzung z. Lieferung 99 86 ff. – Änderung, Auftragswert VgV 3 32 – Ausführung 99 78 ff. – Baugeländevorarbeiten 99 88 – Baukonzessionen, s. a. dort 99 129 ff. – Bauleistung, Begriff 99 100 – Bauleistung, gemäß d. genannten Erfordernissen 99 102 ff. – Bauleistung, unmittelbares wirtschaftliches Zugutekommen 99 101 – Bauvorhaben, Begriff 99 82 ff. – Bauwerk, Begriff 99 89 ff. – Begriff 99 73 ff. – Gartenpflege 99 88 – gemischte Verträge 99 138 ff. – Generalübernehmervertrag 99 98 – Gesamtwert bei einem Auftrag VgV 3 11 – Gesamtwert bei losweiser Vergabe VgV 3 12 ff. – Gesamtwert bei mehreren Einzelaufträgen VgV 3 12 ff. – Informationspflichten 101a 9 – Kampfmittelräumung 99 88 – Kosten VgV 3 15

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– Kunstwerke 99 96 – Leistungen Dritter 99 97 ff. – losweise Vergabe, 20%-Kontingent VgV 3 34 – mehrere Auftraggeber, Auftragswert VgV 3 33 – mehrere Tätigkeiten 99 145 ff. – Planung 99 78 ff. – Sanierungsarbeiten VgV 3 14 – Schwellenwerte VgV 2 11 – Schwellenwerte, losweise Vergabe VgV 2 13 ff. – Störungsbeseitigung 99 88 – Vergabeverfahren, Arten 101 6 ff. – Vertrag, Rechtsnatur 99 84 – VOB/A, Anwendungsbereich VgV 6 1 ff. – Wartungs-/Instandhaltungsauftrag VgV 3 3 – Winterdienst 99 88 – Zubehörteile 99 85 Baugeländevorarbeiten – Bauvorhaben, Begriff 99 88 Baukonzessionen – anwendbare Regelungen 99 136 – Auftragswert VgV 3 16 f. – Begriff 99 130 – Nuzungsrecht/-risiko 99 132 ff. – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 128 ff. – Sektorenauftraggeber 100 105 f. – Vergabekammer, Zuständigkeit 106a 19 – Voraussetzungen 99 131 ff. Bauleistungen – Begriff 99 100 – Dritter 99 97 ff. – gemäß d. genannten Erfordernissen 99 102 ff. – unmittelbares wirtschaftliches Zugutekommen 99 101 – Verdingungsausschuss Einl. 2 – Vergaberecht, Anwendungsbereich 97 6 f. Bauträgerverträge – Bauaufträge, Begriff 99 98 Bauvorhaben – Begriff 99 82 ff.

Stichwortverzeichnis

Bauwerk – Begriff 99 89 ff. – Brückenbau 99 94 – Gewässer 99 95 – Hochbau 99 93 – Kanalsystem 99 94 – Lieferaufträge, Begriff 99 69 f. – Straßenabschnitte 99 94 – Straßenbahntrasse 99 94 – Straßenbeleuchtung 99 94 – Tiefbaumaßnahmen 99 94 – Verkehrsanlagen 99 94 Beamtenverhältnis – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 29 Beihilfen – s. a. Subventionen – Diskriminierungsverbot 97 43 – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 121 ff. Beiladung – Ablehnung, Beschwerdeberechtigung 116 22 f. – Akteneinsicht 111 3 ff. – Anhörung 109 8 – Anhörung, Zuschlagsgestattung 115 44 ff. – Antrag 109 20 – Aufhebung 109 30 – Beschwerdeberechtigung 116 21 ff. – Beteiligte, gekorene 109 5 ff. – Dauer 109 26 ff. – einfache 109 24 f. – Empfangsbevollmächtigter 109 37 – Kostenerstattung 109 38 – Kostenerstattungsanspruch 128 23 – Kostentragung 128 18 – Möglichkeit d. Interessenberührung 109 9 ff. – Nachprüfungsverfahren 108 34 f. – notwendige 109 21 ff. – Rechtsbetroffenheit 109 19 – Rechtsschutz 109 34 ff. – Rechtsstellung 109 31 ff.

– schwerwiegende Berührung 109 17 f. – sofortige Beschwerde, Beteiligte 119 3 – Unternehmen, Begriff 109 8 – von Amts wegen 109 20 Beistand – mündliche Verhandlung 112 9 – Nachprüfungsverfahren 108 14 Bekanntmachung – Common Procurement Vocabulary (CPV) VgV 14 3 f. – Eignungskriterien 97 78 – erkennbare Verstöße 107 58 f. – In-house-Vergabe 99 63 – Transparenzprinzip 97 19 f. – Unterlassen 101b 12a ff. – Vergabe im nicht offenen Verfahren 101 15 – Vergabe im offenen Verfahren 101 10 f. – Vergabekammer VgV 14 1 f. – Vergabekammer, länderübergreifende Aufträge 106a 24 ff. – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 125 – weitere Anforderungen, gesetzliche geregelte 97 101 – Wertungs-/Zuschlagskriterien 97 21 – Wertungs-/Zuschlagskriterien, Wettbewerbsprinzip 97 15 – zusätzliche Anforderungen 97 95 – Zuschlagskriterien 97 117 f. Beliehene – Vergaberecht, Anwendbarkeit Vor 97 16 Berater – Informationsvorsprung 97 42 – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Berichtspflichten – öffentliche Auftraggeber VgV 17 1 ff. Berufsfreiheit – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 20

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Stichwortverzeichnis

Beschaffungswesen – s. a. Öffentliche Aufträge – Aufträge, zum Zweck d. Weiterveräußerung/Weitervermietung 100 101 ff. – Begriff 99 76 – Bekanntmachungspflicht 97 19 f. – Beschaffungsbedarf 99 20 f. – Beschaffungscharakter 99 15 ff. – De-facto-Vergabe 97 36 – Privatisierung 99 155 – Vergaberecht, Anwendungsbereich 97 6 f. – Wettbewerb, Förderung 97 14 – WTO-Beschaffungsabkommen, Schwellenwerte 100 8 Beschlagnahme 110 47 f. Beschleunigungsgebot – Eignungsprüfung 97 85 – Fortsetzungsfeststellungsantrag 114 61 – mündliche Verhandlung, (Nicht-)Durchführung 112 21 – Nachprüfungsverfahren 108 37 f. – Verfahrensdauer 113 4 ff. Beschwerdegericht 104 4 – s. a. Oberlandesgericht; Sofortige Beschwerde; Sozialgerichtsbarkeit Beteiligte – Ablehnung d. Beiladung, Beschwerdeberechtigung 116 22 f. – Akteneinsicht 111 3 ff. – Anhörung, Zuschlagsgestattung 115 44 ff. – Beschwerdeverfahren 119 1 ff. – Information, Beschwerdeeinlegung 117 25 f. – mündliche Verhandlung 112 5 – mündliche Verhandlung, Verzicht 112 13 f. – Schadensersatzpflicht, Rechtsmissbrauch 125 1 ff. – Verfahrensförderungspflicht 113 24 f. – Vortrag, Fristsetzung 113 26 ff. Betriebsrisiko – Dienstleistungskonzession 99 121

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Bevollmächtigte – Empfangsbevollmächtigter 108 20 – mündliche Verhandlung 112 9 – Nachprüfungsverfahren 108 14 Beweiserhebung 110 47 f. – anwendbare Vorschriften 110 47 f. – Eignungsprüfung 97 85 – Nachprüfungsverfahren 108 30 Beweislast – s. a. Darlegungslast – culpa in contrahendo 126 68 ff. – Primärrechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 29a f. – Voreingenommenheit, verbundene Unternehmen VgV 16 40 f. Beweismittel 110 11 – Beschwerdeverfahren 117 17 f. – Beweiswürdigung 110 12 – Nachprüfungsverfahren 108 25 ff. Beweiswürdigung 110 12 – Beschwerdeverfahren 120 11 Bewerber – Ablehnung d. Beiladung, Beschwerdeberechtigung 116 22 f. – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 14 ff. – c. i. c., s. Culpa in contrahendo – Diskriminierungsverbot 97 28 ff. – Eignungskriterien, s. a. dort 97 62 ff. – Information, Beschwerdeeinlegung 117 25 f. – Informationspflichten 101a 14, 22 – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 19 ff. – preferred bidder-Verfahren 101 30 – Rechtsschutz, s. dort; s. a. Nachprüfungsverfahren; Vergabekammer – Schadensersatz, Zuschlagsgestattung 115 37, 58 – Schadensersatzanspruch, s. a. Schadensersatz 126 1 ff.

Stichwortverzeichnis

– Schadensersatzpflicht, Rechtsmissbrauch 125 1 ff. – sofortige Beschwerde, Beteiligte 119 3 – unlauteres/rechtswidriges Verhalten 97 72 – Verletzung eines subjektiven Rechts 97 129 ff. – vorläufige Maßnahmen, d. Vergabekammer 115 92 ff. – vorzeitige Gestattung d. Zuschlags, Antragsrecht 115 33, 39 ff. – Wettbewerbsprinzip, Adressaten 97 16 – Zuschlagsverbot, Wiederherstellung 115 63 ff. Bewerbungsfrist – mittelständische Interessen 97 51 Bieter – Ablehnung d. Beiladung, Beschwerdeberechtigung 116 22 f. – Angebot, Nichtabgabe 101a 16 ff. – Angebotsabgabe, trotz Rüge 107 97 – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 14 ff. – c. i. c., s. Culpa in contrahendo – Diskriminierungsverbot 97 28 ff. – Eignungskriterien, s. a. dort 97 62 ff. – Information, Beschwerdeeinlegung 117 25 f. – Informationspflichten 101a 14 ff. – interne Streitigkeiten 104 12 – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 19 ff. – preferred bidder-Verfahren 101 30 – Rechtsschutz, s. dort; s. a. Nachprüfungsverfahren; Vergabekammer – Schadensersatz, Zuschlagsgestattung 115 37, 58 – Schadensersatzanspruch, s. a. Schadensersatz 126 1 ff. – Schadensersatzpflicht, Rechtsmissbrauch 125 1 ff.

– sofortige Beschwerde, Beteiligte 119 3 – unlauteres/rechtswidriges Verhalten 97 72 – Verletzung eines subjektiven Rechts 97 129 ff. – vorläufige Maßnahmen, d. Vergabekammer 115 92 ff. – vorzeitige Gestattung d. Zuschlags, Antragsrecht 115 33, 39 ff. – Wettbewerbsprinzip, Adressaten 97 16 – Zuschlagsempfänger 101a 23 – Zuschlagsverbot, Wiederherstellung 115 63 ff. Bietergemeinschaft – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 34 – Fachkunde 97 67 – Leistungsfähigkeit 97 70 – Rüge, Inhalt 107 73 – Zuverlässigkeit 97 74 Brückenbau – Bauwerk, Begriff 99 94 Bund – Vergabekammer, Zuständigkeit 104 3 – Vergabekammern, Einrichtung 106 4 ff. Bundesagentur für Arbeit – öffentliche Aufträge 99 180 f. Bundesbergbaugesetz – Auftraggeber, Pflichten 129b 1 ff. Bundesgerichtshof – Vorlagepflicht d. Beschwerdegerichts 124 9 ff. Bundeskartellamt – Gebührenstaffel 128 8 f. – Geschäftsverteilung 106a 6 – Vergabekammern, Geschäftsverteilung 106 10 – Vergabekammern, Mitglieder 106 8 Bundesländer – gemeinsame Vergabekammer 106 20

1001

Stichwortverzeichnis

– Vergabekammer, Zuständigkeit 104 3 – Vergabekammern, Einrichtung 106 16 ff. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie – Mitteilung, Anzahl d. Nachprüfungsverfahren 129a 1 – Mitteilung, Anzahl d. Vergabeverfahren 129b 11 f. – Stellungnahme ggü. Kommission 129 1 ff. Bundesrecht – Nachprüfungsverfahren, bundeseinheitliche Regelung 115a 1 ff. Business Improvement Districts 99 157, 171 ff. Common Procurement Vocabulary (CPV) 97 19 f. Culpa in contrahendo – bestrangiger Bieter 126 54 ff. – Darlegungs-/Beweislast 126 68 ff. – entgangener Gewinn 126 64 f. – Kausalität 126 52 – Pflichtverletzung 126 51 ff. – positives Interesse 126 46, 63, 65 – rechtmäßiges Alternativverhalten 126 67 – Schadensersatz, Umfang 126 58 ff. – Vergabeverfahren, Aufhebung 126 59 – Verjährung 126 71 – Verschulden 126 53 – Vertrauensschaden 126 54 ff. – vorvertragliches Vertrauensverhältnis 126 47 ff. – Zuständigkeit, sachliche 104 7 ff. Darlegungslast – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 40 – culpa in contrahendo 126 68 ff. – Nachprüfungsantrag 108 24 – Primärrechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 29a f.

1002

– Rüge, Zugang 107 72 – Voreingenommenheit, verbundene Unternehmen VgV 16 40 f. Dauerschuldverhältnis – Auftragswert VgV 3 28 ff. – Laufzeit Vor 97 6 – Vergaberechtswidrigkeit, anhaltende 101b 26 f. De-facto-Vergabe – s. a. Direktvergabe – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 17 – Diskriminierungsverbot 97 36 – Gesetzesverstoß 101b 10 ff. – Informationspflichten 101a 13 – Nachprüfungsverfahren 106a 15 – Rüge, Entbehrlichkeit 107 62 ff. Deliktsrecht 126 72 ff. – Schadensersatzpflicht, Rechtsmissbrauch 125 13, 16 – Zuständigkeit, sachliche 104 7 ff. Deutsche Bahn AG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 86 ff. Deutsche Post AG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 89 f. Deutsche Postbank AG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 91 Deutsche Telekom AG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 91 Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen Einl. 2 Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Lieferungen und Leistungen Einl. 2 Dienstaufsicht 102 5 – Vergabekammer 105 4 Dienstaufsichtsbeschwerde – Nachprüfungsverfahren, Verlängerung 113 20 ff. Dienstleistungen – Vergaberecht, Anwendungsbereich 97 6 f.

Stichwortverzeichnis

Dienstleistungsaufträge – s. a. Freiberufliche Leistungen – Abgrenzung z. Arbeitsverträgen 100 30 – Abgrenzung z. Auslobungsverfahren 99 137 – Abgrenzung z. Bauaufträgen 99 137, 141 – Abgrenzung z. Lieferung 99 137, 141 – Änderung, Auftragswert VgV 3 32 – Begriff 99 110 ff. – Betriebsrisiko 99 121 – Dienstleistungskonzession, s. a. dort 99 114 ff. – Forschung/Entwicklung 100 85 ff. – gemischte Verträge 99 138 ff. – Gesamtwert bei einem Auftrag VgV 3 19 – Gesamtwert bei losweiser Vergabe VgV 3 20 – Gesamtwert bei mehreren Einzelaufträgen VgV 3 20 – Informationspflichten 101a 9 – Kosten VgV 3 21 – losweise Vergabe, 20%-Kontingent VgV 3 34 – mehrere Auftraggeber, Auftragswert VgV 3 33 – mehrere Tätigkeiten 99 145 ff. – nicht prioritäre VgV 4 17 ff. – Schwellenwerte VgV 2 7 ff. – Schwellenwerte, losweise Vergabe VgV 2 13 ff. – Vergabeverfahren, Arten 101 6 ff. – VOF, Anwendungsbereich VgV 5 1 ff. – VOL/A, Anwendungsbereich VgV 4 2 – Wartungs-/Instandhaltungsauftrag VgV 3 3 Dienstleistungsfreiheit Einl. 5 – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 14 ff.

Dienstleistungskonzession – Abgrenzung z. Dienstleistungsaufträgen 99 121 – anwendbare Regelungen 99 122 ff. – Begriff 99 114 ff. – Betriebsrisiko 99 121 – Rettungsdienstleistungen 99 118 Dienstleistungsvertrag – Laufzeit Vor 97 6 Direktvergabe – s. a. De facto-Vergabe – Nachfprüfungsantrag, Frist 107 93 – Nachprüfungsantrag 107 38, 62 ff. – Nachprüfungsantrag, Höchstfrist 107 80 – unzulässige 101b 10 ff. Diskriminierungsverbot Vor 97 2; 126 79; Einl. 5 – Angebotsunterlagen 97 37 ff. – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 14 ff. – Chancengleichheit 97 37 ff. – De-facto-Vergabe 97 36 – Funktion 97 29 – Informationsvorsprung 97 39, 42 – Nachprüfungsmöglichkeit 97 22 – öffentlich-rechtliche Beihilfen 97 43 – Rechtsnatur 97 30 – Schutzbereich 97 31 – Vergaberecht, Auslegung 97 29 – Verhältnisse zum Wettbewerbs-/ Transparenzprinzip 97 45 – Verhandlungsverfahren 97 44 – Zuschlagskriterien 97 114 Dokumentation – Mängel, Verfahrenswiederholung 97 26 – Transparenzprinzip 97 24 ff. – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 26 Drittstaaten – Diskriminierungsverbot 97 34 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 33 f.

1003

Stichwortverzeichnis

Dynamisches elektronisches Verfahren – Ablauf 101 49 – Anwendungsbereich 101 49 – Definition 101 47 – Vorteile 101 48, 50 EG-Vertrag – Grundfreiheiten, s. a. EU-Recht Einl. 4 ff. Ehegatte – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Eigenbetriebe – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 12 Eigentumsschutz – Zuständigkeit, sachliche 104 7 ff. Eignung – Nachweise 101 17 – öffentlicher Teilnehmerwettbewerb 101 14 ff. Eignungskriterien – Abgrenzung z. technischen Spezifikationen 97 91 – Abgrenzung z. Zuschlagskriterien 97 88 ff., 109 f. – Auftragsbezogenheit 97 93 – Bekanntmachung 97 78, 95 – EU-Recht 97 65 – Fachkunde 97 66 f. – Gesetzestreue 97 64, 75 – innovative Aspekte 97 92 – Leistungsfähigkeit 97 68 ff. – soziale Aspekte 97 92 – umweltbezogene Aspekte 97 92 – vergabefremde Aspekte 97 63, 100 – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 64 – weitere Anforderungen, Bekanntmachung 97 101 – weitere Anforderungen, gesetzliche Regelung 97 96 ff. – Zielsetzung 97 62 f. – zusätzliche Anforderungen 97 86 ff.

1004

– Zuverlässigkeit 97 72 ff. Eignungsprüfung – Beurteilungsspielraum 97 82 – Beweiserhebung 97 85 – Durchführung 97 81 ff. – Erkenntnisquellen 97 80 – Erkenntnisse, gesicherte 97 85 – formelle Prüfung 97 81 – Kriterien, Bekanntmachung 97 78 – Kriterien, Gewichtung 97 78 – materielle Prüfung 97 82 – Nachweise 97 76 f. – Präqualifikationssysteme 97 102 ff. – Wiederholung 97 84 – Zeitpunkt 97 83 Einflussnahmemöglichkeit – Aufsicht 98 56 ff. – Finanzierung 98 50 ff., 68 f. – Krankenkassen 98 80 – Landesbanken/Sparkassen 98 71 – mehrstufige Organisationsformen 98 68 f. – Organe, beherrschende Stellung 98 61 ff., 68 f. – Rundfunkanstalten 98 76 f. – Sektorenauftraggeber 98 107 ff. Eingriffsverwaltung Vor 97 18 Einrichtungen d. öffentlichen Rechts – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 14 ff. Einstweilige Verfügung – Darlegungs-/Beweislast Einl. 29a f. – Primärrechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 29 ff. – Unterlassungs-/Regelungsverfügung Einl. 29b Eisenbahn-Personennahverkehr VgV 4 4 ff. – Vergabekammer, Zuständigkeit 106a 24 Elektronische Auktion – Aktionsende 101 45 – Anwendungsbereich 101 43 f. – Definition 101 43 – Preisrunden 101 44

Stichwortverzeichnis

– Vorteile 101 46 Empfangsbevollmächtigter – Beigeladener 109 37 – Benennung 108 20 Energieeffizienz – Maßnahmen VgV 4 24 ff. Energieerzeugung – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 55 ff. Energieversorgung – Sektorenauftraggeber 98 104 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 55 ff. Entgangener Gewinn – Schadensersatzpflicht 126 44, 64 f. – Sekundärrechtsschutz Vor 102 5 Entwicklungsaufträge – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 85 ff. Erbbaurecht – Einräumung 99 158 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 65 ff. Erdöl – Bundesbergbaugesetz 129b 1 ff. Erholungs-/Freizeiteinrichtungen – subventionierte Auftraggeber 98 124 Erschließungsverträge 99 157, 167 ff. – echte 99 168, 170 – unechte 99 169 – Vergaberecht, Anwendbarkeit Vor 97 15 EU-Bürger – Diskriminierungsverbot 97 32 EuGH – Vorlagepflicht d. Beschwerdegerichts 124 18 f. EU-Recht – s. a. EG-Vertrag, Vergaberichtlinien – Akteneinsicht, Beschränkung 111 33 – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 14 ff. – Diskriminierungsverbot 97 28

– Eignungskriterien 97 65 – freier Dienstleistungsverkehr 97 13 – Grundfreiheiten Einl. 28 ff. – Kapitaladäquanzrichtlinie 100 82 – Kommission, Auslegungs-Mitteilung Einl. 6 – öffentlich-rechtliche Verträge Vor 97 14 ff. – Rechtsschutzeinschränkung, durch Zuschlagsgestattung 115 37 f. – Rügeobliegenheit 107 43 f. – Sektorenverordnung Einl. 11 – Vergaberechtswidrigkeit, anhaltende 101b 26 ff. – Vergabeverfahren, Grundprinzipien 97 12 – Verletzung eines subjektiven Rechts 97 129 ff. EU-Richtlinien – s. a. Vergaberichtlinien – Energieeffizienzrichtlinie VgV 4 24 ff. – Vergabekoordinierungsrichtlinie VgV 2 4 Europäische Kommission – Melde-/Berichtspflichten VgV 17 6 – Mitteilung über Vergaberechtsverstoß 129 2 – Mitteilung, Anzahl d. Vergabeverfahren 129b 11 f. – Sektorenbereich, Wettbewerbstätigkeit 100 107 ff. Europäische Organisationen – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 35 f. EWIV – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 21 Fachaufsicht 102 5 Fachkunde – Adressatenkreis 97 67 – Begriff 97 66 – Eignungsprüfung 97 82

1005

Stichwortverzeichnis

– Maßstab 97 66 – Nachunternehmereinsatz 97 67 Fachlose – Begriff 97 55 – Marktüblichkeit 97 55 Fernsehproduktion – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 73 ff. Feststellungsantrag – s. Fortsetzungsfeststellungsantrag – Beschwerdeverfahren 123 8 ff. Feststellungsbeschwerde 123 9 – s. a. Sofortige Beschwerde – Beschwerdeberechtigung 116 21 ff. – Voraussetzungen 116 18 Finanzdienstleistungen – Immobilien 100 69 – Kapitaladäquanzrichtlinie 100 82 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 79 ff. Finanzierung – Einflussnahmemöglichkeit 98 50 ff., 68 f. Forschungsaufträge – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 85 ff. Fortsetzungsfeststellungsantrag – Antragstellung 114 56 ff. – Beschwer, Wegfall 114 46 – Feststellungsinteresse 114 59 f. – Nachprüfungsantrag, Ablehnungsfiktion 114 61 – Nachprüfungsverfahren, Beginn 107 12 – Nachprüfungsverfahren, Erledigterklärung 114 47 – Zulässigkeit Vor 102 4 Fortsetzungsfeststellungsverfahren – Beschleunigungsgebot 114 61 – Beschwerdeverfahren 123 8 ff. – Entscheidung, Rechtsnatur 114 68 – Rechtsmittel 114 62 – Rechtswidrigkeit, Feststellung 114 39 ff.

1006

– sofortige Beschwerde, Vorabentscheidung 121 35 – Vergabeverfahren, Aufhebung 114 43 – Vergabeverfahren, Einstellung 114 44 – Vergabeverfahren, Erledigung 114 40 ff. – Vergabeverfahren, rechtswidrige Aufhebung 114 48 – Zuschlagserteilung 116 19 Freiberufler – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 15 f. Freiberufliche Leistungen – Auftragswert VgV 3 26 f. – Begriff VgV 5 4 f. – Informationspflichten 101a 9 – nicht prioritäre Dienstleistungen VgV 4 21 – VOF, Anwendungsbereich, s. a. dort VgV 5 1 ff. Gartenpflege – Bauvorhaben, Begriff 99 88 Gas – Bundesbergbaugesetz 129b 1 ff. GbR – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 21 Gebietskörperschaften – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 12 f. Gebühren 128 4 ff. – Antragsrücknahme 128 10 – Beschwerdeverfahren 128 31 – Billigkeitserwägungen 128 11 f. – Erhöhung 128 13 – Erledigung d. Nachprüfungsverfahrens 128 10 – Gebührenstaffel 128 8 f. Geheimhaltungsbedarf – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 37 ff. Geheimhaltungsinteresse – Geheimnis, Begriff 111 38 – Hinweispflicht 111 39 ff.

Stichwortverzeichnis

– Sperrvermerk 111 39 – Vergabeunterlagen 110 44 Gemeindeordnung – Haushaltsrecht Einl. 18 f. Generalübernehmervertrag – Bauaufträge, Begriff 99 98 Genossenschaft – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 19 Gerichtsverfahren – sofortige Beschwerde, s. a. dort Vor 102 3 Gesamtschuldner – Kostentragung 128 18 Geschäftsordnung – Vergabekammern d. Bundes 106 12 ff. – Vergabekammern d. Bundesländer 106 17 Geschäftsverteilung – Vergabekammer 106 10 f. Gesetzestreue – Eignungskriterien 97 64, 75 – Eignungsprüfung 97 82 Gesetzliches Verbot – Verstoß durch Vertragsschluss 101b 22 Gesundheitsversorgung – s. a. Krankenkassen – ambulante Versorgung 99 194 – Arzneimittelrabattverträge 99 183 ff. – hausarztzentrierte Versorgung 99 193 – Hilfsmittelversorgung 99 189 ff. – integrierte Versorgung 99 192 ff. – Leistungserbringer 99 195 – vergaberechtliche Erleichterungen 99 196 ff. Gewässer – Bauwerk, Begriff 99 95 Gleichbehandlungsgrundsatz – Verhandlungsverfahren 101 41 – wettbewerblicher Dialog 101 27 f. Gleichheitsgrundsatz – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 21

– Diskriminierungsverbot, s. a. dort 97 28 – Rechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 27 ff. Gleichheitssatz – Grundrechtsbindung Vor 97 9 ff. GmbH – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 19 Grundstück – Bauvorhaben, Begriff 99 88 – Lieferaufträge, Begriff 99 69 f. – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 65 ff. – Verträge, mit städtebaulicher Verpflichtung 99 159 ff. – Verträge, ohne städtebauliche Verpflichtung 99 157 ff. GWB – Anwendungsbereich 100 4 ff., 11 – Aufbau Einl. 10 – ergänzende Regelungen Einl. 11 – Geltungsbereich Vor 97 3 – Grundprinzipien Vor 97 2 f. – Kartellvergaberecht Vor 97 3 – Schwellenwerte, Unterschreiten Einl. 13 ff. – Struktur Vor 97 1 f. – Übergangsbestimmungen, VgV VgV 23 1 ff. Handwerkskammer – Vergabekammermitglieder 106 8 Haushaltsrecht – Rechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 22 – Verletzung eines subjektiven Rechts Einl. 24 ff. – VOB/A, VOL/A, Anwendbarkeit Einl. 13 ff. Hochbau – Bauwerk, Begriff 99 93 Immobilien – Bauvorhaben, Begriff 99 88 – Lieferaufträge, Begriff 99 69 f.

1007

Stichwortverzeichnis

– Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 65 ff. Informationsfreiheitsgesetz – Akteneinsichtsrecht 111 6 ff. Informationspflichten – Adressat 101a 14 – Angebot, Nichtabgabe 101a 16 ff. – Auslobungsverfahren 101a 19 – Begründung, fehlerhafte 101b 9 – Entfallen 101a 34 – Falschadressierung 101a 31 – Form 101a 28 – Gesetzesmaterialien 101a 6 f. – Kenntniserlangung außerhalb d. Informationsschreibens 101b 9 – Rechtsentwicklung 101a 3 ff. – Umfang 101a 24 ff. – Verfahrensarten 101a 9 ff. – Vergabeverfahren, Aufhebung 101a 12, 18 – Verpflichteter 101a 14 – Voraussetzungen 101a 8 ff. – Zugang 101a 31 f. – Zuschlagsempfänger 101a 23 Informationspflichten – Verletzung – de-facto-Vergabe 101a 13 – Gesetzesmaterialien 101b 5 – Nachprüfungsverfahren 101b 16 – Nachprüfungsverfahren, Fristversäumnis 101b 26 f. – Nachprüfungsverfahren, Neuwertung 101a 33 – Rechtsentwicklung 101b 4 – Rechtsfolge 101b 7 – Voraussetzungen 101b 6 Informationstechnik – Sicherheitsinteressen 100 46 Ingenieurkammer – Vergabekammermitglieder 106 8 In-house-Vergabe – Bekanntmachungspflicht 99 63 – Kontrollkriterium 99 52 ff. – Leistungserbringer, Monopolstellung 100 62 – Sektorenbereich, verbundene Unternehmen 100 92 – Tätigkeitskriterium 99 61 f.

1008

Inländer – Diskriminierungsverbot 97 33 Innovative Aspekte – zusätzliche Anforderungen 97 92 Instandhaltungsauftrag – Auftragsart VgV 3 3 Interessenkollision – s. Neutralitätspflicht; Voreingenommenheit Internationale Organisationen – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 35 f. Juristische Personen – Baukonzessionäre 98 130 – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 14 ff., 19 ff. – Sektorenauftraggeber 98 102 – subventionierte Auftraggeber 98 122 – Voreingenommenheit VgV 16 13 Juristische Personen d. öffentlichen Rechts – Anwaltszwang 117 23 – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 14 ff., 19 – Sektorenauftraggeber 98 103 – subventionierte Auftraggeber 98 122 Juristische Personen d. Privatrechts – Aufsichtsbehörden 102 6 Kampfmittelräumung – Bauvorhaben, Begriff 99 88 Kanalsysten – Bauwerk, Begriff 99 94 Kartellbehörden – Geschäftsverteilung 106a 6 – Vergabekammern, Geschäftsverteilung 106 10 – Vergabekammern, Mitglieder 106 8 – Zuständigkeit 104 14 f. Kartellrecht – anwendbare Vorschriften 110 47 f.

Stichwortverzeichnis

Kartellvergaberecht – s. a. Vergaberecht – Anwendungsbereich 97 6 f. – GWB-Regelungen Vor 97 3 Kaufvertrag – Lieferaufträge, Begriff 99 67 KG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 20 KGaA – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 19 Kohle – Bundesbergbaugesetz 129b 1 ff. Kollektivarbeitsrecht – Verstoß 97 17 Kommunale Versorgungsunternehmen – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 95 f. Kommunalfonds – Bauaufträge, Begriff 99 98 Kommunalunternehmen – Angebotsausschluss 97 17 – anwendbare Regelungen Einl. 20 – Auftraggeber, Neutralitätspflicht VgV 16 28 Kommunen – interkommunale Zusammenarbeit 99 40 ff. – Rekommunalisierung 99 48 ff. Konsortium – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 34 Kostenentscheidung 114 12, 75 – Anfechtungsbeschwerde 116 7 – Beschluss 128 21 – Beschwerde, Zulässigkeit 118 4 – Rechtsmittel 128 21 – sofortige Beschwerde 123 16 – sofortige Beschwerde, Verlängerung d. aufschiebenden Wirkung 118 29 – sofortige Beschwerde, Vorabentscheidung 121 32 Kostenerstattungsanspruch 128 22 ff. – Antragsrücknahme 128 24

– Beigeladener 109 38; 128 23 – Beschluss 128 27 – Höhe 128 25f – Rechtsmittel 128 27 – Sekundärrechtsschutz Vor 102 5 Kostenfestsetzung 128 28 – Beschwerdeverfahren 128 34 Kostentragung – Antragsrücknahme 128 19 – aus Verschuldensgründen 128 20 – Beigeladener 128 18 – Beschluss 128 33 – Beschwerdeverfahren 128 32 – Erledigung d. Antrags 128 19 – Gesamtschuldner 128 18 – Unterlegene 128 17 Kostenvorschuss 110 34 Krankenkassen – ambulante Versorgung 99 194 – Arzneimittelrabattverträge, Generika 99 183 ff. – hausarztzentrierte Versorgung 99 193 – Hilfsmittelversorgung 99 189 ff. – integrierte Versorgung 99 192 ff. – Leistungserbringer 99 195 – öffentliche Aufträge 99 182 ff. – vergaberechtliche Erleichterungen 99 196 ff. Krankenversicherungen – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 78 ff. Kriegsmaterialliste 100 50 ff. Kunstwerke – Bauwerk, Begriff 99 96 Landesbanken – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 70 ff. Landesrecht – s. a. Bundesländer – Nachprüfungsverfahren, bundeseinheitliche Regelung 115a 1 ff. Landeswirtschaftskammer – Vergabekammermitglieder 106 8 Leasing – Bauaufträge, Begriff 99 98

1009

Stichwortverzeichnis

– Lieferaufträge, Begriff 99 67 Lebenspartner – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Leistungsbeschreibung – unzureichende 107 38 – Wettbewerbsprinzip 97 15 – zusätzliche Anforderungen 97 95 Leistungsfähigkeit – Begriff 97 68 – Beurteilungszeitpunkt 97 71 – Eignungsprüfung 97 82 – finanzielle 97 69 – kaufmännische 97 69 – personelle 97 69 – rechtliche Situation 97 69 – technische 97 69 Lieferaufträge – Abgrenzung z. Bauaufträgen 99 86 ff. – Abgrenzung z. Dienstleistungsaufträgen 99 137, 141 – Änderung, Auftragswert VgV 3 32 – Beispiele 99 67 – Definition 99 66 – gemischte Verträge 99 138 ff. – Informationspflichten 101a 9 – Kosten VgV 3 25 – Lieferaufträge, Gesamtwert bei einem Auftrag VgV 3 23 – mehrere Auftraggeber, Auftragswert VgV 3 33 – mehrere Tätigkeiten 99 145 ff. – Nebenleistungen 99 71 – Schwellenwerte VgV 2 7 ff. – unbewegliche Gegenstände 99 69 f. – Vergabeverfahren, Arten 101 6 ff. – VOL/A, Anwendungsbereich VgV 4 2 – Waren, Begriff 99 68 Losvergabe – s. a. Fachlose; Teillose – Auftragswert, 20%-Kontingent VgV 3 34 – Erforderlichkeit der Zusammenvergabe 97 57

1010

– mittelständische Interessen 97 51 f. – Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) 97 58 – Pflicht 97 56 f. – privater Auftraggeber 97 58 ff. – Schwellenwerte VgV 2 13 ff. – Teil-/Fachlose 97 54 f. Meldepflichten – öffentliche Auftraggeber VgV 17 1 ff. – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 125 Messegesellschaften – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 93 f. Miete – Lieferaufträge, Begriff 99 67 – unbewegliche Gegenstände 100 65 ff. Mietkaufverträge – Bauaufträge, Begriff 99 98 Mitarbeiter – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 16 ff. Mittelständische Interessen – Berücksichtigung Vor 97 5 – Berücksichtigungsgebot 97 51 f. – Definition 97 53 – Pflicht zur Losvergabe 97 51, 54 ff. – Präqualifikationssysteme 97 103 – privater Auftraggeber 97 58 ff. – Regelungshintergrund 97 47 ff. – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 3 – Verletzung, Rechtsschutz 97 61 Mitverschulden – Schadensersatzpflicht 126 34 ff. Monopole – Sektorenauftraggeber 98 111 ff. – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 59 ff. Mündliche Verhandlung – (Nicht-)Durchführung 112 15 ff.

Stichwortverzeichnis

– (Nicht-)Durchführung, Rechtsmittel 112 22 – Anhörung 112 20 – begründeter Antrag 112 21 – Beistand 112 9 – Beschwerdeverfahren 120 9 – Beteiligte, Säumnis 112 11 – Bevollmächtigte 112 9 – Entscheidung, nach Aktenlage 112 13 ff. – Entscheidung, Zeitpunkt 112 12 – Entscheidung, Zustellung 112 12 – Grundsatz 112 4 – Ladung 112 8 – Ladung, nicht ordnungsgemäße 112 11 – Nicht-Öffentlichkeit 112 9 – Protokollierung 112 10 – Sachverständige 112 9 – sofortige Beschwerde, Beteiligte 119 3 – sofortige Beschwerde, Verlängerung d. aufschiebenden Wirkung 118 27 – sofortige Beschwerde, Vorabentscheidung 121 12 – Stellungnahme d. Beteiligten 112 5 – Termin 112 6 – unbegründeter Antrag 112 17 ff. – unzulässiger Antrag 112 15 f. – Verlauf 112 7 ff. – Verzicht 112 13 f. – vorzeitige Gestattung d. Zuschlags, Antragsrecht 115 43 – Zeugen 112 9 – Zuschlagsverbot, Wiederherstellung 115 68 Nachprüfungsverfahren – Ablehnungsfiktion, Untätigkeitsbeschwerde 116 14 – Akteneinsicht, s. a. dort 111 3 ff. – Amtsermittlungsgrundsatz, s. a. dort 110 6 ff. – Amtssprache 108 14

– anhängiges, weitere Rügeobliegenheit 107 68 – Anhörung 109 8 – Ansprüche außerhalb d. Vergaberechts 104 7 ff. – Antrag, Ablehnungsfiktion 114 61 – Antrag, fehlende Mitteilung 110 40 f. – Antrag, Höchstfrist 107 79 ff. – Antrag, Rücknahme 107 13 – Antrag, Wartefrist nach Rüge 107 77 f. – Antragsbefugnis Vor 102 8 – Antragserfordernis 107 11 – Antragsfrist 101b 16 – Antragsfrist, Versäumen 101b 26 f. – Antragsrücknahme, Kostenerstattung 128 24 – Antragsteller 107 15 f. – Antragsübermittlung, an Vergabestelle 110 17 ff., 35 ff. – Antragsverzicht 107 94 – Anwendungsbereich Einl. 22 – Aufbau Vor 102 10 ff. – Auskunftsverlangen 110 47 f. – Auslagen 128 14 – Aussetzung d. Verfahrens 114 5, 12 – Bearbeitungsdauer 110 19 – Beginn 107 12 – Begründetheitsprüfung 114 6 – Beiladung 108 34 f. – Beistand 108 14 – Bekanntmachung, erkennbare Verstöße 107 58 f. – Bekanntmachungspflicht, Verletzung 101b 16 – Beschlagnahme 110 47 f. – Beschleunigungsgebot 108 37 f. – Beschwer, Wegfall 114 46 – Beschwerdefrist, Zuschlagsverbot 115 17 – besondere rechtliche Schwierigkeiten 113 8 ff. – Beteiligte 109 4 ff. – Beteiligte, gekorene 108 34 f.

1011

Stichwortverzeichnis

– Beteiligte, mittelbar 109 8 – Beteiligtenvortrag, Fristsetzung 113 26 ff. – Beurteilungszeitpunkt, maßgeblicher 114 8 f. – Bevollmächtigte 108 14 – Beweiserhebung 108 30 – Beweismittel 108 25 ff. – Beweiswürdigung 110 12 – Bieter, interne Streitigkeiten 104 12 – bieterschützende Normen 114 10 – Bindungswirkung, Zivilprozess 124 1 ff. – bundeseinheitliche Regelung 115a 1 ff. – de-facto-Vergabe 106a 15 – Dienstaufsichtsbeschwerde 113 20 ff. – divergierende Entscheidungen 102 21 ff. – Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen 104 6 – Einleitung 107 11 ff. – Empfangsbevollmächtigter 108 20 – Erledigterklärung 114 47 – Erledigung 114 12, 40 ff. – Erledigung, Zuschlagserteilung 115 29 – erneuter Vergaberechtsverstoß 115 19 – Fortsetzungsfeststellungsantrag Vor 102 4 – Gebühren 128 4 ff. – Gebühren, Antragsrücknahme 128 10, 19 – Gebühren, Billigkeitserwägungen 128 11 f. – Gebühren, Erhöhung 128 13 – Gebühren, Erledigung d. Nachprüfungsantrags 128 10, 19 – Gebührenstaffel 128 8 f. – gleichzeitige Tätigkeit d. Aufsichtbehörde 102 14 – Information, des Auftraggebers 115 8 ff.

1012

– Informationspflichten, nach Neuwertung 101a 33 – Informationspflichtverletzung, Feststellung 101b 16 – Kostendeckungsprinzip 128 7 – Kostenentscheidung 128 21 – Kostenerstattungsanspruch 128 22 ff. – Kostentragung 128 17 ff. – Kostenvorschuss 128 15 f. – Kostenvorschuss/Sicherheitsleistung 110 34 – Mitteilung an d. Bundesministerium 129a 1 – mündliche Verhandlung, s. a. dort 112 1 ff. – nach Zuschlag 107 39 – Nachprüfungsantrag, Übermittlung 108 6 – nicht förmliches Verfahren 107 10 – Präklusion 107 41 ff., 86 ff. – Primärrechtsschutz Vor 102 4 – Publizitätsgebot 97 23 – Rechtsentwicklung 107 2 ff. – Rechtsmissbrauch 107 95 f. – Rechtsschutzziel Vor 102 4, 7 – Rechtsverletzung 114 10 f. – Rüge, Nachweis 108 32 f. – Rügeobliegenheit, s. a. dort 107 41 ff. – Sachentscheidungsvoraussetzungen 107 30 – Sachverhaltserforschung 110 7 ff. – Sachverhaltserforschung, unzureichende 110 16 – Sachverhaltserkundung 110 47 f. – Schaden, Darlegung 97 135 – Schutzschrift 110 28 ff. – Sekundärrechtsschutz Vor 102 5 – Unbegründetheit, offensichtliche 112 17 ff. – Untätigkeitsbeschwerde 113 22 f. – Unterlassungsanspruch 104 11 – Unzulässigkeit 107 21 – Verfahrensdauer 113 4 ff. – Verfahrensdauer, Fristberechnung 113 7 ff.

Stichwortverzeichnis

– Verfahrensförderungspflicht 113 24 f. – Verfahrensgegenstand 107 13 – Vergabeakten, Anforderung 110 42 ff. – Vergabekammer Vor 102 2 – Vergabekammer, Pflichten 108 37 f. – Vergabeprüfstellen Vor 102 2 f. – vergaberechtswidriges Verhalten 101b 16 – Vergabeunterlagen, erkennbare Verstöße 107 60 f. – Vergabeverfahren unterhalb d. Schwellenwerte Vor 102 6 – Verhältnis d. Eilentscheidungsmöglichkeiten 118 34 ff. – Verhältnis v. Vergabeprüfstelle/ Vergabekammer Vor 102 10 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 110 13 ff. – Verlängerung 113 13 ff. – Verlängerung, Rechtsmittel 113 20 ff. – Verletzung subjektiven Rechts Vor 102 8 – Verletzung v. Ordnungsvorschriften 97 135 – verspäteter Vortrag 113 26 ff. – Verwaltungsverfahrensgesetz 110 6 – Verwaltungsverfahrensgesetz, Anwendbarkeit Vor 102 3 – Verweisung 114 13 – Verwirkung 107 79 ff. – Vollstreckung 114 82 ff. – Vorabentscheidung, s. Zuschlag – Gestattung – vorbeugender Rechtsschutz 104 10 – vorläufige Maßnahmen 115 92 ff. – Vornahmeanspruch 104 11 – Zielsetzung 97 22 – Zuschlag, Gestattungsantrag 113 20 ff. – Zuschlag, vorzeitige Gestattung, s. Zuschlag – Gestattung

– Zuschlags-/Bindefrist, Auswirkungen 115 30 – Zuschlagsverbot Vor 102 11 – Zuschlagsverbot, Geltungsdauer 114 88 – Zuständigkeit 102 1 ff. – Zuständigkeit, sachliche 104 1 ff. – Zwangsgeld 114 83 ff. Nachprüfungsverfahren – Antrag – Ablehnung, Rechtsfolge 115 17 – Ablehnungsfiktion 114 13, 61 – Ablehnungsfiktion, Untätigkeitsbeschwerde 116 14 – Antragsgegner 108 22 – Begründung 108 21 ff. – Begründung, Unverzüglichkeit 108 15 ff. – Beteiligte, Benennung 108 34 f. – Beweismittel 108 25 ff. – Bindung, Vergabekammer 114 16 ff. – Darlegungslast 108 24 – Erledigung, Gebühren 128 10, 19 – Fehler, Heilbarkeit 110 27 – Formerfordernisse 108 3 ff. – Information, des Auftraggebers 115 8 ff. – Mitteilung an Vergabestelle, fehlende 110 40 f. – Prüfung, antragsbezogene 110 21 – Prüfung, Bearbeitungsdauer 110 19 – Prüfungsdichte 110 22 ff. – Rücknahme 109 28 – Rücknahme, Gebühren 128 10, 19 – Rücknahme, Kostenerstattung 128 24 – Rüge, Nachweis 108 32 f. – Sachantrag/Begehren 108 18 f. – Sachverhalt, strittiger 108 27 f. – Sachverhaltsdarstellung 108 23 f. – Schutzschrift 110 28 ff. – Sprache 108 4 – Stattgabe, Rechtsfolge 115 18 ff. – per Telefax 108 6 – teilweise Stattgabe, Rechtsfolge 115 22 f.

1013

Stichwortverzeichnis

– Übermittlung, an Vergabestelle 108 6 – Unbegründetheit 111 16 – Unbegründetheit, offensichtliche 110 20 ff. – Unterschrift 108 4 f. – Unulässigkeit 108 23, 36 – Unzulässigkeit, offensichtliche 110 20 ff. – Vergabekammer, unzuständige 108 7 ff. – Vergabekammer, Verweisung 108 8 ff. – Vergabekammer, Zuständigkeit 108 7 – vorläufige Maßnahmen 115 92 ff. – Zurückweisung 108 36 ff. Nachprüfungsverfahren – Antragsbefugnis – Angebot, Ausschluss 107 37 – Angebotsabgabe 107 26 f. – Ausschreibung, unterlassene 107 38, 62 ff. – Bekanntmachung, erkennbare Verstöße 107 58 f. – Bietergemeinschaft 107 34 – Darlegungslast 107 40 – de-facto-Vergabe 107 17, 62 ff. – konkreter Vergabevorgang 107 17 ff. – Konsortium 107 34 – Leistungsbeschreibung, unzureichende 107 38 – maßgeblicher Zeitpunkt 107 14, 25 – mehrere Verstöße 107 14 – Nichtbeachtung v. Vergabevorschriften 107 31 – Prüfung 107 14 – Prüfung, anhand d. Antragsschrift 108 23 – Reaktion d. Auftraggebers, fehlende 107 81 – Rechtsverletzung, Möglichkeit 107 29 ff. – Rechtsverletzung, subjektives Recht 107 32 ff. – Rüge, Entbehrlichkeit 107 62 ff.

1014

– Rüge, fehlender Abhilfewille 107 70, 82 ff. – Rüge, Höchstfrist 107 79 ff. – Rüge, im anhängigen Verfahren 107 68 – Rüge, Nachweis 108 32 f. – Rüge, Präklusion 107 45, 86 ff. – Rüge, Unverzüglichkeitsgebot 107 53 ff. – Rüge, Wartefrist 107 77 f. – Rüge, wiederholter Verstoß 107 69 – Rüge, Zurücknahme 107 94 – Rügefrist 107 59 – Rügeobliegenheit 107 41 ff. – Sachentscheidungsvoraussetzung 107 30 – Schaden, Behebbarkeit 107 39 – Schaden, drohender 107 35 ff. – Subunternehmer 107 24 – Unternehmen, Begriff 107 15 f. – Vergaberechtsverstoß, Kenntnis 107 46 ff. – Vergabeunterlagen, erkennbare Verstöße 107 60 f. – Vergabeverfahren, Beendigung 107 21 – Verwirkung 107 79 ff. – Verzicht 107 94 – Vorlieferanten 107 24 – Wertung, fehlerhafte 107 36 – wirtschaftliches Interesse am Auftrag 107 22 ff. – Zuschlagschancen, Beeinträchtigung 107 35 Nachunternehmer – Fachkunde 97 67 – Leistungsfähigkeit 97 70 Nachverhandlungsverbot – Wettbewerbsprinzip 97 15 Natürliche Personen – Baukonzessionäre 98 130 – Sektorenauftraggeber 98 102 – subventionierte Auftraggeber 98 122 – Voreingenommenheit VgV 16 13 Nebenleistungen – Lieferaufträge, Begriff 99 71

Stichwortverzeichnis

Neffe – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Neutralitätspflicht – Konkurrenzregelungen VgV 16 59 ff. – Mitwirkungsverbot VgV 16 7 ff. – Projektanten VgV 16 12, 60 f. – Rechtsentwicklung VgV 16 2 f. – Vergabeverfahren, Begriff VgV 16 11 – Verstöße VgV 16 54 ff. – Verstöße, Heilung VgV 16 55 ff. – Vorbefasstheit VgV 16 12 – Voreingenommenheit, Abhilfe VgV 16 4 – Voreingenommenheit, Angehörige VgV 16 52 f. – Voreingenommenheit, Begriff VgV 16 6 – Voreingenommenheit, Darlegungs-/Beweislast VgV 16 40 f. – Voreingenommenheit, erfasster Personenkreis VgV 16 13 ff. – Voreingenommenheit, Kausalitätsprüfung VgV 16 42 – Voreingenommenheit, verbundene Unternehmen VgV 16 33 – Voreingenommenheit, Vermutung VgV 16 6 – Voreingenommenheit, Widerlegung VgV 16 36 ff. – Zweck VgV 16 4 Nicht offenes Verfahren – Ausschreibung, beschränkte 101 14 – Begründung 101 12 – Bewerberkreis 101 13 – Definition 101 12 – elektronische Auktion 101 42 ff. – Informationspflichten 101a 10 – öffentlicher Teilnehmerwettbewerb 101 14 – Sektorenauftraggeber 101 55 f. – Transparenzprinzip 101 17 – Verfahrensauswahl, Bedingungen 101 51 ff.

– Verfahrensauswahl, fälschliche 101 57 f. Nicht prioritäre Dienstleistungen – gemischte Verträge VgV 4 23 – VOF VgV 4 21 – VOL/A, Anwendungsbereich VgV 4 17 ff. Nichte – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Niederlassungsfreiheit – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 14 ff. Oberlandesgericht – Gebühren 128 31 – Gegenstandswert 128 29 f. – Hinweispflicht, Vorabentscheidung über Zuschlag d. Gerichts 121 9 – Mitteilung an d. Bundesministerium 129a 1 – Verfahrensgegenstand 117 14 ff. – Vorlagepflicht, BGH 124 9 ff. – Vorlagepflicht, EuGH 124 18 f. – Zuständigkeit Vor 116 1 Offenes Verfahren – Ablauf 101 10 – Beginn 101 11 – Bewerberkreis 101 9 – Definition 101 8 – dynamisches elektronisches Verfahren 101 47 ff. – elektronische Auktion 101 42 ff. – Informationspflichten 101a 10 – Sektorenauftraggeber 101 55 f. – Verfahrensauswahl, fälschliche 101 57 f. – Vorrang 101 51 ff. – Wettbewerbsprinzip 97 15 Öffentliche Aufträge – Änderung, Auftragswert VgV 3 32 – Arten, Abgrenzung 99 137 – Auftragswert, s. a. dort VgV 3 1 ff. – Auslobungsverfahren 99 125 ff. – Bauaufträge 99 73 ff.

1015

Stichwortverzeichnis

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Baukonzessionen 99 129 ff. Beschaffungsbedarf 99 20 f. Beschaffungscharakter 99 15 ff. Bund, Zurechnung 104 3 Bundesländer, Zurechnung 104 3 Dauerschuldverhältnis VgV 3 28 ff. Dienstleistungsaufträge 99 110 ff. Energieeffizienzmaßnahmen VgV 4 24 ff. Entgelt 99 31 ff. Geheimhaltungsbedarf/Sicherheitsinteressen 100 37 ff. gemischte Verträge VgV 2 3 gemischte Verträge, Auftragswert VgV 3 18, 22 Gesundheitsversorgung 99 182 ff. Grundstücksverträge mit Privaten 99 157 ff. In-house-Vergabe 99 50 ff. Interimsauftrag 99 23 interkommunale Zusammenarbeit 99 40 ff. Lieferaufträge 99 66 ff. losweise Vergabe VgV 2 13 ff. mehrere Tätigkeiten 99 145 ff. öffentliche Verwaltung, Orgnisationseinheiten 99 37 ff. ÖPP-Beschleunigungsgesetz 99 2 Privatisierung 99 148 ff. Rahmenvereinbarungen 99 30 Rechtsentwicklung 99 2 ff. Rekommunalisierung 99 48 f. Schriftform 99 64 f. Sicherheitsmaßnahmen, erforderliche 100 40 ff. sozialrechtliche Verträge 99 176 ff. städtebauliche Verträge 99 157 ff. unterhalb d. Schwellenwerte 100 11 ff. Unternehmen, Begriff 99 36 Vergabeentscheidung, ausgeschlossene Personen VgV 16 1 ff. Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 99 3 Verteidigungsbereich 100 48 ff.

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Vertrag, Änderung 99 24 ff. Vertrag, Gegenseitigkeit 99 12 ff. Vertrag, gemischter 99 138 ff. Vertrag, Rechtsnatur 99 11 Vertrag, Übernahme 99 27 ff. Vertrag, Verlängerung/Option 99 22 – Vertragscharakter 99 6 ff. – Vertragspartner 99 35 ff. – Vertragsübernahme 99 156 – Wartungs-/Instandhaltungsauftrag VgV 3 3 Öffentliche Auftraggeber – Allgemeininteresse 98 33 ff. – Aufgaben nicht gewerblicher Art 98 39 ff. – Aufsichtsbehörden, s. dort – Baukonzessionäre 98 128 ff. – Bekanntmachungspflicht 97 19 f. – Bekanntmachungspflicht, Verletzung 101b 12a – Berater (Projektant) 97 42 – Bund, Zurechnung 104 3 – Bundesbergbaugesetz, Privilegierung 129b 1 ff. – Bundesländer, Zurechnung 104 3 – c. i. c., s. a. Culpa in contrahendo – de-facto-Vergabe 97 36 – Delegation v. Aufgaben 98 11 – Deutsche Bahn AG 98 86 ff. – Deutsche Post AG 98 89 f. – Deutsche Postbank AG 98 91 – Deutsche Telekom AG 98 91 – Einrichtungen d. öffentlichen Rechts 98 14 ff. – Energieeffizienzmaßnahmen VgV 4 24 ff. – Erholungs-/Freizeiteinrichtungen 98 124 – Errichtung baulicher Anlagen 98 124 f. – fiskalische Tätigkeit Vor 97 9 – Flucht ins Privatrecht 98 3, 16 – Fortsetzung d. Vergabeverfahrens, trotz Beschwerde 115 20 – Gebietskörperschaften 98 12 f. – Geheimhaltungsbedarf/Sicherheitsinteressen 100 37 ff.

Stichwortverzeichnis

– gemeinsame Unternehmen 100 94 – gesetzliche Krankenversicherungen 98 78 ff. – Gründung 98 24 ff. – Haushaltsrecht, s. a. dort Einl. 13 ff. – Information, Beschwerdeeinlegung 117 25 f. – Information, über Nachprüfungsantrag 115 8 ff. – Informationspflichten 101a 8 f. – Interessenkonflikt, Anschein, s. a. Neutralitätspflicht; Voreingenommenheit VgV 16 6 – internationale Organisationen 100 35 f. – Juristische Personen d. Öffentlichen Rechts 98 14 ff., 19 – Juristische Personen d. Privatrechts 98 14 ff., 19 ff. – kommunale Versorgungsunternehmen 98 95 f. – mehrere, Auftragswert VgV 3 33 – mehrstufige Organisationsformen 98 68 f. – Melde-/Berichtspflichten VgV 17 1 ff. – Messegesellschaften 98 93 f. – Mitarbeiter VgV 16 16 ff. – Mitwirkungsverbot VgV 16 7 ff. – Nachprüfungsverfahren, Einigung über Zuständigkeit 106a 12 ff., 25 – Nachprüfungsverfahren, s. dort – Neutralitätspflicht, s. a. dort VgV 16 1 ff. – Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten 98 75 ff. – Organmitglieder VgV 16 16 – Pflicht zur Losvergabe 97 54 ff. – Projektanten VgV 16 12, 60 f. – Rechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 13 ff. – Regelungen, Rangverhältnis 98 117 ff. – Religionsgemeinschaften 98 81 ff. – Rüge, fehlende/verspätete Reaktion 107 81 ff.

– Rüge, fehlender Abhilfewille 107 70, 82 ff. – Rüge, Rechtsbehelfsbelehrung 107 86 – Schadensersatzpflicht, s. a. Schadensersatz 126 1 ff. – Schulen 98 124 – Sektorenauftraggeber, s. a. dort 98 100 ff. – Selbstbindung Einl. 27e f. – sofortige Beschwerde, Beteiligte 119 3 – Sondervermögen 98 12 – Sparkassen/Landesbanken 98 70 ff. – staatliche Einflussnahmemöglichkeit, s. a. Einflussnahmemöglichkeit 98 45 ff. – Stellungnahme ggü. Kommission 129 2 – subventionierte 98 121 ff. – subventionierte, Vergabekammerzuständigkeit 106a 18 – Tätigkeit auf Bieter/Bewerberseite VgV 16 19 ff. – Tiefbaumaßnahmen 98 124 – Verbände 98 97 ff. – verbundene Unternehmen 100 94 – Verfahrensauswahl, fälschliche 101 57 f. – Vergabeentscheidung, ausgeschlossene Personen, s. a. Neutralitätspflicht VgV 16 1 ff. – Vergaberecht, Anwendungsbereich 97 6 f. – Vergaberichtlinien 98 9 f. – Vergabeverfahren, fehlerhaftes 101b 12 – Vergabeverfahren, Unterlassen 101b 10 ff. – Verträge, anwendbare Regelungen Vor 97 6 – Verwaltungsprivatrecht Vor 97 9 – VOB/A, Anwendungsbereich VgV 6 1 ff. – VOB/B; VOL/B, Anwendungsbereich Vor 97 6

1017

Stichwortverzeichnis

– VOF, Anwendungsbereich VgV 5 1 ff. – VOL/A, Anwendungsbereich VgV 4 2 – Voraussetzungen 98 15 ff. – Voraussetzungen, maßgeblicher Zeitpunkt 98 18 – Vorbefasstheit VgV 16 12 – vorzeitige Gestattung d. Zuschlags, Antragsrecht 115 33, 39 ff. – Wettbewerbsprinzip, Adressaten 97 16 – Willkürverbot Einl. 27c – Wohnungsbaugesellschaften 98 92 – Zuschlag, vorzeitige Gestattung, s. Zuschlag – Gestattung – Zuschlagsverbot, Geltungsdauer 115 16 ff. – Zuschlagsverbot, Wiederherstellung 115 63 ff., 89 ff. – Zuständigkeit, aufgrund Beherrschung 106a 11 Öffentliche Verwaltung – Grundrechtsbindung Vor 97 9 ff. – hoheitliche Aufgaben Vor 97 18 – interkommunale Zusammenarbeit 99 40 ff. – Orgnisationseinheiten 99 37 ff. – Rekommunalisierung 99 48 ff. – Selbstbindung 100 10, 22 Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) – Bauaufträge, Begriff 99 98 – Beschleunugungsgesetz 99 2 – ÖPP-Beschleunigungsgesetz 99 2 – Pflicht zur Losvergabe 97 58 – Privatisierung 99 148 Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 75 ff. Öffentlich-rechtliche Vereinbarung Vor 97 7 Öffentlich-rechtliche Verträge – Vergaberecht, Anwendbarkeit Vor 97 14 ff.

1018

Öffentlich-rechtliche Zuwendungen – s. a. Beihilfen; Subventionen – Diskriminierungsverbot 97 43 – Vergabeverfahren, anwendbare Regelungen Einl. 21 – Widerruf Einl. 21 OHG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 21 Onkel – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. ÖPP – s. Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) Organe – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 16 Organleihe – Vergabekammer, Zuständigkeit 106a 20 Personennahverkehr – Eisenbahn-Personennahverkehr VgV 4 4 ff. – Vergabekammer, Zuständigkeit 106a 24 Pflegeverhältnis – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Planungsleistungen – Auftragswert VgV 3 26 f. Polizeiausrüstung 100 54 Präqualifikationssysteme – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 5 – Zielsetzung 97 102 ff. Preferred bidder-Verfahren – Verhandlungsverfahren 101 39 – wettbewerblicher Dialog 101 30 Primärrechtsschutz – Vergabekammer Vor 102 14 – Vergabeprüfstellen/Aufsichtsbehörden Vor 102 13 – Ziel Vor 102 4, 7 Privater Auftraggeber Einl. 6 – hoheitliche Aufgaben Vor 97 16

Stichwortverzeichnis

– Pflicht zur Losvergabe 97 58 Privatisierung – s. a. Rekommunalisierung – Aufgabenprivatisierung 99 151 – Begriff 99 148 – Beschaffungsvorgang 99 155 – Betreibermodell 99 148 – Erfüllungsprivatisierung 99 152 – formelle 99 150 – funktionale 99 152 – Konzessionsmodell 99 148 – materielle 99 151 – Mischformen 99 154 – Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) 99 148 – Organisationsprivatisierung 99 150 – Vermögensprivatisierung 99 148, 153 – Vertragsübernahme 99 156 Produktneutralität – Wettbewerbsprinzip 97 15 Projektant – Informationsvorsprung 97 42 – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 12 – Vorbefasstheit VgV 16 60 f. Public Private Partnership (PPP) – s. Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) Publizitätsgebot – s. a. Bekanntmachung – Bekanntmachungspflicht 97 19 f. – Nachprüfungsverfahren 97 23 – Zuschlagskriterien, Bekanntmachung 97 21 Rahmenvereinbarungen 99 30 – Auftragswert VgV 3 28 ff. Rechtsanwalt – Anwaltszwang 117 20 – Begründung, Nachreichung 117 24 – Beschwerdeschrift, Übermittlung 117 22 – Beschwerdeschrift, Unterschrift 117 21

– Gebühren 128 26 – Kostenerstattungsanspruch 128 25 f. Rechtsaufsicht 102 5 Rechtsmissbrauch – Akteneinsicht 111 29 – Nachprüfungsantrag 107 95 f. – Schadensersatzpflicht 125 1 ff. – Schadensersatzpflicht, Verjährung 125 13, 16 Rechtsmittel – Akteneinsicht, Beschränkung/ Versagung 111 45, 45, 49 ff. – Antragsübermittlung, an Vergabestelle 110 37 – Fortsetzungsfeststellungsantrag 114 62 – Kostenentscheidung 128 21 – Kostenerstattungsanspruch 128 27 – mündliche Verhandlung, (Nicht-)Durchführung 112 22 – Nachprüfungsverfahren, Verlängerung 113 20 ff. – sofortige Beschwerde, s. a. dort Vor 102 3 – sofortige Beschwerde, Vorabentscheidung 121 34 – Verweisungsbeschluss 108 10 – Vollstreckung 114 86 – vorbeugender Rechtsschutz 104 10 – Zuständigkeit 104 4 Rechtsmittelbelehrung – Beschwerdefrist 117 5 – fehlende 115 27 – Rüge, Mitteilung 107 86 – sofortige Beschwerde, aufschiebende Wirkung, s. a. dort 118 9 – Vergabekammer, Entscheidung 114 73 f. Rechtsschutz – außerhalb d. Kartellvergaberechts 100 4, 11 – Beiladungsentscheidung 109 34 ff. – Einschränkung, durch Zuschlagsgestattung 115 37 f. – Kartellrechtsverstöße 104 14 f.

1019

Stichwortverzeichnis

– Nachprüfungsantrag, Verwirkung 107 79 ff. – Primärrechtsschutz Vor 102 4 – Rechtsbehelfsbelehrung 107 86 – Rechtsentwicklung Einl. 3 ff. – Rechtsweg, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 23 – Rechtswegzuweisung 104 4 f. – Rügeobliegenheit, s. a. dort 107 41 ff. – Sekundärrechtsschutz Vor 102 5 – sofortige Beschwerde, Vorabentscheidung 121 34 – unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 22 – Verletzung eines subjektiven Rechts Einl. 24 ff. – Verletzung mittelständischer Interessen 97 61 – Verzicht 107 94 – vorbeugender 104 10 – vorläufige Maßnahmen, d. Vergabekammer 115 107 – Zuschlagsgestattung 115 63 ff., 89 ff. – Zuschlagsgestattung, Versagung 115 75 ff. – Zuschlagsverbot Vor 102 11 – Zuständigkeit, s. dort Rechtsweg – Schadensersatzprozess 126 9 ff. – unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 23 Religionsgemeinschaften – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 81 ff. Rettungsdienstleistungen – Auftrag, rechtliche Einordnung 99 118 – Vergaberecht, Anwendbarkeit Vor 97 16 Rohstoffe – Bundesbergbaugesetz 129b 1 ff. Rücktrittsrecht – Zuschlag 114 37 Rügeobliegenheit – Angebotsabgabe 107 97

1020

– anhängiges Nachprüfungsverfahren 107 68 – Bekanntmachung, erkennbare Verstöße 107 58 f. – Beschwerdeverfahren 117 16 – Bietergemeinschaft 107 73 – de-facto-Vergabe 107 62 ff. – Entbehrlichkeit 107 62 ff. – EU-rechtliche Zulässigkeit 107 43 f. – fehlender Abhilfewille 107 70, 82 ff. – Form 107 72 – Hinweis d. Auftraggebers 107 42 – Inhalt 107 73 ff. – Nachprüfungsantrag, Höchstfrist 107 79 ff. – Nachprüfungsantrag, Wartefrist 107 77 f. – Nachprüfungsverfahren, Antragsfrist 107 42, 44 – Präklusion 107 41, 86 ff. – Prüfung 114 6 – Prüfung, v. Amts wegen 107 41 – Reaktion d. Auftraggebers, fehlende 107 81 – Rüge, Nachweis 108 32 f. – Rüge, Reichweite 107 45 – Rüge, Zurücknahme 107 45, 94 – Rügefrist 107 61 – Schadensersatzprozess 126 29 ff. – Unverzüglichkeitsgebot 107 53 ff. – Vergaberechtsverstoß, erkannter 107 46 ff., 58 f. – Vergaberechtsverstoß, positive Kenntnis 107 48 ff. – Vergabeunterlagen, erkennbare Verstöße 107 60 f. – wiederholter Verstoß 107 69 – Zugang 107 72 Rundfunkproduktion – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 73 ff. Sachverständige – mündliche Verhandlung 112 9

Stichwortverzeichnis

Sanierungsarbeiten – Bauaufträge VgV 3 14 Schadensersatz – Aufhebung d. Ausschreibung Vor 97 4 – Bindungswirkung, Vergaberechtsschutz 124 1 ff. – c. i. c., s. a. Culpa in contrahendo 126 45 ff. – Deliktsrecht 126 72 ff. – Diskriminierungsverbot 126 79 – entgangener Gewinn Vor 102 5; 126 44 – Kostenerstattung Vor 102 5 – Mitverschulden 126 34 ff. – positives Interesse 126 45 ff. – rechtmäßiges Alternativverhalten 126 33 – Rechtsmissbrauch 125 1 ff. – Rechtsmissbrauch, Verjährung 125 13, 16 – Rechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 22, 26 – Rechtsverstoß 126 16 ff. – Rechtsweg 126 9 ff. – Rügeobliegenheit 126 29 ff. – Sekundärrechtsschutz Vor 102 5 – sittenwidrige Schädigung 126 80 – Umfang 126 38 ff. – unlauterer Wettbewerb 126 77 – unwirksamer Vertragsschluss 101b 21 – Verjährung 126 37 – Verschuldensunabhängigkeit 126 32 – Vertrauensschaden 126 38 ff., 54 ff. – Voraussetzungen 126 15 ff. – Zuschlagschance 126 20 ff. – Zuschlagschance, Beeinträchtigung 126 28 – Zuschlagsgestattung 115 37, 58 – Zuständigkeit 104 13 Schiedsverfahren – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 78

Schienenpersonennahverkehr VgV 4 4 ff. – Vergabekammer, Zuständigkeit 106a 24 Schlichtung – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 78 Schriftform 99 64 f. – unwirksamer Vertragsschluss 101b 25 Schulen – subventionierte Auftraggeber 98 124 Schutzschrift 110 28 ff. Schwarzarbeit – Angebotausschluss 97 17 Schwellenwerte – Aktualisierung, Vergabeverordnung VgV 2 1, 5 – Auftragsart, Festlegung VgV 3 3 – Auftragsarten VgV 2 3 – Auslobungsverfahren VgV 2 12 – Ausschreibung, fälschliche 100 10 – Bauaufträge VgV 2 11 – Dienstleistungsaufträge VgV 2 7 ff. – EU-rechtliche 100 8 – gemischte Verträge VgV 2 3 – GWB 100 9 – GWB, Anwendungsbereich 100 7 ff. – Lieferaufträge VgV 2 7 ff. – losweise Vergabe VgV 2 13 ff. – Rechtsentwicklung 100 5 f. – Sektorenverordnung VgV 2 6, 18 – Sonderziehungsrechte VgV 2 4 – Überblick VgV 2 2 f. – Unterschreiten, anwendbare Regelungen Einl. 13 ff. – Unterschreiten, Rechtsschutzsystem Einl. 22 – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 125 – Vergabeverfahren unterhalb d. Schwellenwerte Vor 102 6 – WTO-Beschaffungsabkommen 100 8

1021

Stichwortverzeichnis

– Zweiteilung d. Vergaberechts Einl. 8 Sektorenauftraggeber – Baukonzessionen 100 105 f. – beherrschender Einfluss 98 107 ff. – Energieerzeugung 100 55 ff. – Energieversorgung 98 104 – Informationspflichten 101a 9 – Juristische Personen d. Öffentlichen Rechts 98 103 – Juristische Personen d. Privatrechts 98 102 – Monopolstellung 98 111 ff. – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 100 ff. – Regelungen, Rangverhältnis 98 117 ff. – Sektoren, Defintion 98 104 ff. – staatsferne Auftraggeber 98 101 – Telekommunikation 98 105 – Trinkwasserversorgung 98 104 – verbundene Unternehmen 100 91 ff. – Verfahrensarten, zulässige 101 55 f. – Vergabe außerhalb d. Sektorenbereichs 100 70 ff. – Vergabekammern, Zuständigkeit 106a 16 f. – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 27, 70 ff. – Verkehr 98 104 – Wettbewerbstätigkeit 100 107 ff. Sektorenverordnung – Anwendungsbereich 100 11 – Diskriminierungsverbot 97 37 ff. – Ergänzung d. GWB Einl. 11 – Geltungsbereich 98 117 ff. – Inkrafttreten VgV 24 1 – Konkurrenz z. Vergabeverordnung VgV 1 5 – mittelständische Interessen 97 51 – Regelungsgehalt Einl. 12 – Schwellenwerte VgV 2 6, 18 – Verfahrensart, Wahlfreiheit Einl. 12 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 70 ff.

1022

– Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 97 127 f. – Verordnungsermächtigung 127 4 Sekundärrechtsschutz – s. a. Schadensersatz – entgangener Gewinn Vor 102 5; 126 44 – Kostenerstattung Vor 102 5 – sofortige Beschwerde, s. a. dort Vor 102 15 – Ziel Vor 102 5 – Zuständigkeit 104 13 Sicherheit d. Staates – Polizeiausrüstung 100 54 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 44 ff. – Verteidigungsbereich. s. a. dort 100 48 ff. Sicherheitsleistung 110 34 Sicherheitsmaßnahmen – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 40 ff. Sittenwidrige Schädigung 126 80 Sittenwidrigkeit – Vertragsschluss 101b 23 f. Sofortige Beschwerde – Akteneinsicht 119 3 – Akteneinsicht, Beschränkung/ Versagung 111 45, 49 ff. – Anfechtungsbeschwerde 116 5 ff. – Anfechtungsbeschwerde, Begründung 117 12 – Anfechtungsbeschwerde, Frist 117 4 f. – Anhörungsrüge 120 12 – Anschlussbeschwerde, unselbständige 117 8 – Anwaltszwang 117 20 ff. – anwendbare Vorschriften 120 5 ff. – Arten 116 4 ff. – Aufhebung d. Vergabekammerentscheidung 123 5 ff. – Auftraggeber, Fortsetzung d. Vergabeverfahrens 115 20 – Aussetzung d. Beschwerdeverfahrens 121 19 f. – Begründung 117 11 ff.

Stichwortverzeichnis

– Begründung, Nachreichung 117 11, 24 – Beschwer 116 24 f. – Beschwerdeberechtigung 116 21 ff. – Beschwerdefrist, Zuschlagsverbot 115 17 – Beschwerdegegner, Vortrag 117 19 – Beschwerdeschrift, Übermittlung 117 22 – Beschwerdeschrift, Unterschrift 117 21, 24 – Beweismittel/Tatsachenvortrag 117 17 – Bindungswirkung, Zivilprozess 124 1 ff. – Dispositionsmaxime 117 15 – Einlegung Vor 102 15 – Entscheidung, Begründung 123 15 – Entscheidung, Vollstreckung 123 17 ff. – Feststellungsantrag 123 8 ff. – Feststellungsbeschluss 123 8 ff. – Feststellungsbeschwerde 116 18 ff. – Formerfordernisse 117 9 – Fortsetzungsfeststellungsantrag 114 62 – Fortsetzungsfeststellungsverfahren 121 35 – Frist 117 3 ff. – Fristablauf, Zuschlag 115 24 ff. – Gebühren 128 31 – Gegenstand 117 14 ff. – Gegenstandswert 128 29 f. – Informationspflicht, Beschwerdeeinlegung 117 25 f. – Juristische Personen d. öffentlichen Rechts 117 23 – Kostenentscheidung 116 7 – Kostenentscheidung d. Vergabekammer 118 4 – Kostenerstattungsanspruch 128 27 – Kostenfestsetzung 128 34 – Kostentragung 128 32

– mündliche Verhandlung 119 3 – mündliche Verhandlung, (Nicht-)Durchführung 112 22 – Nachschieben v. Beweismitteln/ Tatsachen 117 18 – Nebenentscheidungen d. Vergabekammer 116 8 ff. – Notfrist 117 7 – OLG, Zuständigkeit Vor 116 1 – örtliche Zuständigkeit 116 28 – Prüfungsumfang 117 14 ff. – Rechtsmissbrauch 125 1 ff. – Rechtsschutzziel Vor 102 3 – Rücknahme 116 27 – Rügeobliegenheit 117 16 – Sozialgerichtsbarkeit Vor 116 1 – Stattgabe, Rechtsfolge 118 31 ff. – Untätigkeitsbeschwerde 116 14 ff. – Untätigkeitsbeschwerde, Frist 117 6 – Untersuchungsgrundsatz 120 10 – Verfahren, Rechtsnatur Vor 116 2 – Verfahrensbeteiligte 119 1 ff. – Vergabekammer, Zuständigkeitsprüfung 106a 9 – Vergaberechtsverstöße, neue 117 16, 18 – Vergabeunterlagen 117 17 – Vergabeverfahren, Beendigung 121 35 – Verhältnis d. Eilentscheidungsmöglichkeiten 118 34 ff. – Verhältnis z. Zuschlagsgestattung 118 34 ff. – verspäteter Vortrag 113 33 – Vertragsprüfung Vor 102 4 – Vollstreckung 114 86 – Vorlagepflicht, BGH 124 9 ff. – Vorlagepflicht, EuGH 124 18 f. – Zurückweisung 123 4 – Zuschlag, erteilter 123 13 f. – Zuschlagsgestattung, Rechtsschutz, s. a. Sofortige Beschwerde – Vorabentscheidung 115 63 ff. – Zuständigkeit 104 4 – Zwischenentscheidung d. Vergabekammer 116 8 ff.

1023

Stichwortverzeichnis

Sofortige Beschwerde – aufschiebende Wirkung – Anwendungsbereich 118 4 – Dauer 118 8 ff. – Eintritt 118 7 – Grundsatz 118 3 – Rechtsmittelbelehrung 118 9 – Umfang 118 6 – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 118 2 – Verlängerung 116 19 – Verlängerung, Kostenentscheidung 118 29 – Verlängerung, Prüfung/Interessenabwägung 118 19 ff. – Verlängerung, rechliches Gehör 118 27 – Verlängerung, Streitwert 118 28 – Voraussetzungen 118 7 – Wirkung 118 3 – Zuschlagsverbot 118 3 ff., 30 Sofortige Beschwerde – Vorabentscheidung – Antrag, Begründung 121 8 – Antrag, Formerfordernisse 121 5 – Antrag, Frist 121 6 – Antrag, Wiederholung 121 7 – Antragsberechtigte 121 3 – Aussetzung d. Beschwerdeverfahrens 121 19 f. – Beschwer 121 4 – Entscheidung, Begründung 121 29 ff. – Entscheidung, Form 121 21 – Entscheidung, Inhalt 121 27 ff. – Entscheidung, Zustellung 121 18 – Entscheidungsfrist 121 14 ff. – Entscheidungsfrist, Verlängerung 121 11, 16 f. – Fortsetzungsfeststellungsverfahren 121 35 – Hinweispflicht d. Gerichts 121 9 – Kosten 121 32 – Maßnahmen, Anordnung 121 28 – Maßnahmen, Zehn-Tages-Frist 122 7 ff. – mündliche Verhandlung 121 12 – Prüfungsumfang 121 22 ff.

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– – – – – – –

rechtliches Gehör 121 13 Rechtsfolgen 121 35 Rechtsmittel 121 34 Risikoabwägung 122 15 f. Untersuchungsgrundsatz 121 10 Verfahren 121 10 ff. Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 121 2 – Vergabeverfahren, Beendigung 122 1 ff. – Vollstreckung 121 33 Sondervermögen – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 12 Sonderziehungsrechte VgV 2 4 Soziale Aspekte – zusätzliche Anforderungen 97 92 Sozialgerichtsbarkeit – Zuständigkeit 104 4 Sozialrechtliche Verträge – Bundesagentur für Arbeit 99 180 f. – Kinder-/Jugendhilfe 99 179 – Krankenkassen 99 182 ff. – Leistungsvereinbarungen, SGB XII 99 177 f. – Verhältnis z. Vergaberecht 99 176 – Verträge i.R.d. SGB II, III 99 180 ff. – Verträge i.R.d. SGB V 99 182 ff. Sparkassen – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 70 ff. Sperrvermerk 111 39 Städtebauliche Verträge – Begriff 99 157 – Business Improvement Districts 99 157, 171 ff. – Erschließungsverträge 99 157, 167 ff. – Grundstücksverträge mit Privaten 99 157 ff. – Rechtsprechung 99 159 ff. – unentgeltliche, nicht grundstücksbezogene 99 166 Stationierung v. Truppen – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 31 f.

Stichwortverzeichnis

Stiftungen – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 12 Störungsbeseitigung – Bauvorhaben, Begriff 99 88 Straßenabschnitte – Bauwerk, Begriff 99 94 Straßenbahntrasse – Bauwerk, Begriff 99 94 Straßenbeleuchtung – Bauwerk, Begriff 99 94 Subunternehmer – Nachprüfungsverfahren, Antragsbefugnis 107 24 Subventionen – Diskriminierungsverbot 97 43 – Erholungs-/Freizeiteinrichtungen 98 124 – Errichtung baulicher Anlagen 98 124 f. – Höhe 98 126 f. – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 121 ff. – Schulen 98 124 – Tiefbaumaßnahmen 98 124 – Vergabekammer, Zuständigkeit 106a 18 – Vergabeverfahren, anwendbare Regelungen Einl. 21 – Widerruf Einl. 21

Telekommunikation – Liberalisierungsmaßnahmen 100 76 f. – Sektorenauftraggeber 98 105 – Sicherheitsinteressen 100 46 Tiefbaumaßnahmen – Bauwerk, Begriff 99 94 – subventionierte Auftraggeber 98 124 Transparenzprinzip Vor 97 2 – Akteneinsicht, Umfang 111 20 – Akteneinsichtsrecht 111 3 – Bekanntmachungspflicht 97 19 f. – Funktion 97 8 f. – Nachprüfungsmöglichkeit 97 22 – nicht offenes Verfahren 101 17 – Regelungsgehalt 97 10 f. – Vergabeverfahren, Dokumentationen 97 24 ff. – Verhältnis z. Diskriminierungsverbot 97 45 – Verhältnis z. Wettbewerbsprinzip 97 18, 27 – Verhandlungsverfahren 101 40 – Wertungs-/Zuschlagskriterien, Bekanntmachung 97 21 – Zuschlagskriterien 97 114 Trinkwasserversorgung – Sektorenauftraggeber 98 104 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 55 ff.

Tante – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Tarifvertrag – Verstoß 97 17 Technische Spezifikationen – Abgrenzung z. zusätzlichen Eignungskriterien 97 91 Teillose – Begriff 97 55 Teilnehmerwettbewerb – nicht offenes Verfahren 101 14 ff. – Verhandlungsverfahren 101 35 f. – wettbewerblicher Dialog 101 25

Umweltbezogene Aspekte – zusätzliche Anforderungen 97 92 Umweltinformationsgesetz – Akteneinsichtsrecht 111 6 ff. Unerlaubte Handlung 126 72 ff. – Zuständigkeit, sachliche 104 7 ff. Unlauterer Wettbewerb 126 77 Untätigkeitsbeschwerde – s. a. Sofortige Beschwerde – Ablehnungsfiktion 116 14 – Beschwer 116 24 f. – Beschwerdeberechtigung 116 21 ff. – Frist 117 6

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Stichwortverzeichnis

– Nachprüfungsverfahren, Verlängerung 113 22 f. – Vergabekammer, fehlende 116 15 – Voraussetzungen 116 14 ff. Unterlassungsanspruch – Rechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 26 Unternehmen – Antragsbefugnis, Nachprüfungsverfahren 107 15 f. – Begriff 99 36 – gemeinsame 100 94 – verbundene, Sektorenbereich 100 91 ff. – vorzeitige Gestattung d. Zuschlags, Antragsrecht 115 33, 39 ff. Verbände – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 97 ff. Verbundene Unternehmen – Voreingenommenheit, Mitwirkungsverbot VgV 16 33 Verdingungsordnungen – s. a. VOB; VOF; VOL – Rechtsnatur Einl. 3, 12 – Verfahrensarten, Verhältnis z. GWB 101 3 ff. Verdingungssausschuss für Bauleistungen Einl. 2 Verein – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 19 Verfassungsrecht – Akteneinsicht, Beschränkung 111 32 – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 20 ff. – Gleichheitsgrundsatz Einl. 27 ff. – Grundrechtsbindung Vor 97 9 ff. Vergabeentscheidung – ausgeschlossene Personen, s. a. Neutralitätspflicht VgV 16 1 ff. – Mitarbeiter VgV 16 16 ff. – Mitwirkungsverbot VgV 16 7 ff. – Organmitglieder VgV 16 16

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– Projektanten VgV 16 12, 60 f. – Tätigkeit auf Bieter/Bewerberseite VgV 16 19 ff. – Vorbefasstheit VgV 16 12 – Willkürverbot Einl. 27c Vergabefremde Aspekte – Angebotswertung 97 48 – Eignungskriterien 97 63 – gesetzliche Regelung 97 96 ff. Vergabekammer – Ansprüche außerhalb d. Vergaberechts 104 7 ff. – Antragstellung Vor 102 14 – Beisitzer 105 10 – Bekanntmachung VgV 14 1 f. – Beratungs-/Auskunftspflichten 108 37 f. – Besetzung 105 8 ff. – Besetzung, fehlerhafte 105 8 – de-facto-Vergabe 106a 15 – Dienstaufsicht 105 4 – eigene Verantwortung 105 4 – Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen 104 6 – Executive, Zugehörigkeit 105 4 – fehlende 116 15 – gerichtsähnliche Ausgestaltung 105 5 f. – Geschäftsordnung 112 10 – Geschäftsverteilung 106 10 f. – Haftung 105 7 – Informationspflicht, Nachprüfungsantrag 115 8 ff. – Mitglieder, Amtsdauer 105 22 – Mitglieder, Anzahl 105 10 – Mitglieder, Beamtenstatus 105 11 – Mitglieder, Befähigungs z. Richteramt 105 12 – Mitglieder, Befangenheit 105 23 – Mitglieder, Bestellungswiderruf 105 23 – Mitglieder, erneute Bestellung 105 22 – Mitteilung an d. Bundesministerium 129a 1 – mündliche Verhandlung, s. a. dort 112 1 ff.

Stichwortverzeichnis

– Nachprüfungsantrag, fehlende Übermittlung 110 38 ff. – Nachprüfungsantrag, Übermittlung 108 6 – sofortige Beschwerde, wg. Unzuständigkeit 106a 9 – Unzuständigkeit 106a 7 – Verfahrenseinleitung 107 12 – Verfahrensgegenstand 107 13 – Vergabeakten, Anforderung 110 42 ff. – Vergaberecht, Kenntnisse 105 13 – Verhältnis z. Vergabeprüfstelle Vor 102 10 – Vertragsprüfung Vor 102 4 – Verweisung 106a 7 – Vorabentscheidung, s. Zuschlag – Gestattung – vorläufige Maßnahmen 115 92 ff. – Vorsitzender 105 12, 15 – Weisungsungebundenheit 105 4 – Weisungsungebundenheit, persönliche 105 24 – Zuschlag, vorzeitige Gestattung, s. Zuschlag – Gestattung – Zuständigkeit Vor 102 2 – Zuständigkeit, Auffangbestimmung 106a 22 f. – Zuständigkeit, aufgrund Beherrschung 106a 11 – Zuständigkeit, Auftragsverwaltung 106a 21 – Zuständigkeit, Baukonzessionäre 106a 19 – Zuständigkeit, Einigung d. Auftraggeber 106a 12 ff., 25 – Zuständigkeit, gemeinsamer Bund/Länder-Auftrag 106a 27 – Zuständigkeit, länderübergreifende Aufträge 106a 24 ff. – Zuständigkeit, landesinterne 106a 28 – Zuständigkeit, Organleihe 106a 20 – Zuständigkeit, sachliche 104 1 ff. – Zuständigkeit, Sektorenauftraggeber 106a 16 f.

– Zuständigkeit, subventionierte Auftraggeber 106a 18 – Zuständigkeit, Wegfall 104 13 Vergabekammer – Entscheidung – Ablehnung, Rechtsfolge 115 17 – Ablehnungsfiktion, Untätigkeitsbeschwerde 116 14 – Angebotswertung 114 16 – Antrag, Ablehnungsfiktion 114 13 – Antrag, Bindungswirkung 114 16 ff. – Aufhebung 123 5 ff. – Aussetzung d. Nachprüfungsverfahrens 114 5, 12 – Begründetheitsprüfung 114 6 – Begründung 114 71 f. – Beiladung 109 34 ff. – Beurteilungszeitpunkt, maßgeblicher 114 8 f. – bieterschützende Normen 114 10 – Bindungswirkung, Zivilprozess 124 1 ff. – divergierende 102 21 ff. – Erledigung d. Nachprüfungsverfahrens 114 12, 40 ff. – Erledigung d. Nachprüfungsverfahrens, Zuschlagserteilung 115 29 – formelle Anforderungen 114 64 ff. – formelle Anforderungen, Verstoß 114 80 f. – Fortsetzungsfeststellungsantrag 114 39 ff. – Fortsetzungsfeststellungsantrag, Rechtsmittel 114 62 – Fristverlängerung 116 17 – Inhalt 114 69 – Kostenentscheidung 114 12, 75 – Kostenerstattungsanspruch 128 27 – Kostenfestsetzung 128 28 – Maßnahmen, geeignete 114 22 ff. – Maßnahmen, nicht antragsbezogene 114 17 ff. – Maßnahmen, vorläufige 114 21 – nach Aktenlage 112 4, 13 ff. – Nebenentscheidungen 118 4

1027

Stichwortverzeichnis

– Nebenentscheidungen, Anfechtbarkeit 116 8 ff. – Rechtskontrolle 114 4 ff. – Rechtsmittelbelehrung 114 73 f. – Rechtsmittelbelehrung, fehlende 115 27 – Rechtsnatur 102 23 – Rechtsverletzung 114 10 f. – Rechtsverletzung, Beseitigung 114 14 f., 17 ff. – Rückübertragung auf Kammer 105 19 – Rügeobliegenheit, Prüfung 114 6 – Sachentscheidung 114 12 – sofortige Beschwerde, Arten 116 4 ff. – Stattgabe, Rechtsfolge 115 18 ff. – teilweise Stattgabe, Rechtsfolge 115 22 f. – Tenor 114 70 – Übertragung auf Einzelmitglied 105 14 ff. – Unterschrift 114 76 f. – Vergabeunterlagen, entscheidungserhebliche 111 30 – Vergabeverfahren, Erledigung 114 90 – Verweisung 114 13 – Vollstreckung 114 82 ff. – Vollstreckung, Antrag 114 87 – Vollstreckung, Rechtsmittel 114 86 – Vorabentscheidung, s. Zuschlag – Gestattung – Vorlage, BVerfG/EuGH 114 12 – vorläufige Maßnahmen 115 92 ff. – Zeitpunkt 112 12 – Zuschlag, Aufhebungsmöglichkeit 114 33 ff. – Zuschlag, Gestaltung, s. dort – Zuschlagsverbot, Geltungsdauer 114 88 – Zuschlagsverbot, Wiederherstellung 115 67 ff., 89 ff. – Zustellung 112 12 – Zwangsgeld 114 83 ff. – Zwischenentscheidung 114 13

1028

– Zwischenentscheidung, Anfechtbarkeit 116 8 ff. Vergabekammer d. Bundes – Anzahl 106 5 – Einrichtung 106 4 ff. – Geschäftsordnung 106 12 ff. – Geschäftsverteilung 106a 1 – Mitglieder, Anzahl 106 6 – Mitglieder, ehrenamtliche 105 10 – Mitglieder, hauptamtliche 105 11 f. – sofortige Beschwerde, wg. Unzuständigkeit 106a 9 – Verweisung 106a 7 – Zuständigkeit 104 3 – Zuständigkeit, Auffangbestimmung 106a 22 f. – Zuständigkeit, aufgrund Beherrschung 106a 11 – Zuständigkeit, Auftragsverwaltung 106a 21 – Zuständigkeit, Baukonzessionäre 106a 19 – Zuständigkeit, Einigung d. Auftraggeber 106a 12 ff., 25 – Zuständigkeit, gemeinsamer Bund/Länder-Auftrag 106a 27 – Zuständigkeit, Organleihe 106a 20 – Zuständigkeit, Sektorenauftraggeber 106a 16 f. – Zuständigkeit, subventionierte Auftraggeber 106a 18 Vergabekammer d. Bundesländer – Besetzung 106 19 – Einrichtung 106 16 ff. – gemeinsame Vergabekammer 106 20 – Geschäftsordnung 106 17 – Geschäftsverteilung 106a 1 – sofortige Beschwerde, wg. Unzuständigkeit 106a 9 – Unzuständigkeit 106a 7 – Verweisung 106a 7 – Zuständigkeit 104 3 – Zuständigkeit, Auffangbestimmung 106a 22 f.

Stichwortverzeichnis

– Zuständigkeit, aufgrund Beherrschung 106a 11 – Zuständigkeit, Auftragsverwaltung 106a 21 – Zuständigkeit, Baukonzessionäre 106a 19 – Zuständigkeit, Einigung d. Auftraggeber 106a 12 ff., 25 – Zuständigkeit, gemeinsamer Bund/Länder-Auftrag 106a 27 – Zuständigkeit, länderübergreifende Aufträge 106a 24 ff. – Zuständigkeit, landesinterne 106a 28 – Zuständigkeit, Organleihe 106a 20 – Zuständigkeit, Sektorenauftraggeber 106a 16 f. – Zuständigkeit, subventionierte Auftraggeber 106a 18 Vergabeprüfstellen – Anrufung Vor 102 13 – divergierende Entscheidungen 102 21 ff. – Einrichtung 106 16 – Tätigkeit v. Amts wegen Vor 102 9 – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz Vor 102 2 f. – Verhältnis z. Vergabekammer Vor 102 10 – Zuständigkeit 102 1 ff. Vergaberecht – s. a. Kartellvergaberecht – Adressatenkreis, unterhalb der Schwellenwerte Einl. 15 ff. – Anspruch auf Einhaltung 97 129 ff. – Anwendbarkeit, öffentlich-rechtliche Verträge Vor 97 14 ff. – Anwendungsbereich 97 6 f. – Auslegung 97 29 – de-facto-Vergabe 97 36 – Diskriminierungsverbot 97 28 ff. – EG-Vertrag Einl. 4 ff. – Eignungskriterien 97 62 ff. – Grundprinzipien Vor 97 2 f.

– Haushaltsrecht, s. a. dort Einl. 13 ff. – historische Entwicklung Einl. 1 ff. – mittelständische Interessen 97 46 ff. – öffentlich-rechtliche Zuwendungen Einl. 21 – Rechtsnatur Vor 97 4 ff. – Rechtsschutz außerhalb d. Kartellvergaberechts 100 4 – Rechtsschutz, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. – Transparenzprinzip 97 18 ff. – Überblick, oberhalb d. Schwellenwerte Einl. 9 ff. – Überblick, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 13 ff. – Übergangsbestimmungen VgV 23 1 ff. – Verdingungsordnung, Rechtsnatur Einl. 3 – Verletzung 101b 10 ff. – Wettbewerbsprinzip 97 13 ff. – Zweiteilung Einl. 8 Vergaberecht – Ausnahmetatbestände – abschließender Charakter 100 24 – Arbeitsverträge 100 28 ff. – Aufträge, außerhalb der EU 100 100 – Aufträge, zum Zweck d. Weiterveräußerung/Weitervermietung 100 101 ff. – Auslegung 100 23 f. – Bauten, bestehende 100 67 – Bauten, provisorische 100 68 – Finanzdienstleistungen 100 69 – Forschung/Entwicklung 100 85 ff. – Geheimhaltungsbedarf 100 37 ff. – In-house-Vergabe 100 62 – internationale Organisationen 100 35 f. – Leistungserbringer, Monopolstellung 100 59 ff. – Polizeiausrüstung 100 54 – Projekte i.R.v. Drittstaatenabkommen 100 33 f.

1029

Stichwortverzeichnis

– Rundfunk/Fernsehproduktion 100 73 ff. – Sektorenbereich 100 27, 55 ff., 70 ff. – Sektorenbereich, Baukonzessionen 100 105 f. – Sektorenbereich, verbundene/gemeinsame Unternehmen 100 91 ff. – Sektorenbereich, Wettbewerbstätigkeit 100 107 ff. – Sicherheit d. Staates 100 44 ff. – Sicherheitsmaßnahmen, erforderliche 100 40 ff. – Stationierung v. Truppen 100 31 f. – Telekommunikation, Liberalisierungsmaßnahmen 100 76 f. – unbewegliche Gegenstände 100 65 ff. – Vergaberichtlinien 100 25 – Vergabestelle, Dokumention 100 26 – Verteidigungsbereich 100 48 ff. – Zuschlagsverbot 115 6, 79 ff. Vergaberecht – Verstöße – Abhilfewillen, fehlender 107 70, 82 ff. – Angebot, Ausschluss 107 37 – Angebotsabgabe, trotz Rüge 107 97 – Ausschreibung, unterlassene, s. a. De-facto-Vergabe; Direktvergabe 107 38, 62 ff. – Bekanntmachung, erkennbare Verstöße 107 58 f. – de-facto-Vergabe, s. a. Direktvergabe 107 62 ff. – Kenntnis 107 46 ff. – Leistungsbeschreibung, unzureichende 107 38 – Rügeobliegenheit, s. a. dort 107 41 ff. – Schaden, Behebbarkeit 107 39 – Schaden, drohender 107 35 ff. – Verfahrensauswahl, fälschliche 101 57 f. – Vergabeunterlagen, erkennbare Verstöße 107 60 f.

1030

– Verletzung eines subjektiven Rechts Einl. 24 ff. – Wertung, fehlerhafte 107 36 – Widerruf v. Zuwendungen Einl. 21 – wiederholter 107 69 – Zuschlagschancen, Beeinträchtigung 107 35 Vergaberecht, Ausnahmetatbestände – Finanzdienstleistungen 100 79 ff. – Schiedsverfahren/Schlichtung 100 78 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz Einl. 4 ff. – Eignungskriterien, Gesetzestreue 97 64 – Eignungskriterien, zusätzliche 97 87 – mittelständische Interessen 97 3, 50 – Nachprüfungsverfahren, Einleitung 107 3 ff. – öffentliche Aufträge 99 3 – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 6 – Präqualifikationssysteme 97 5 – Schutzschrift 110 28 ff. – Sektorenverordnung 97 127 f. – sofortige Beschwerde, aufschiebende Wirkung 118 2 – sofortige Beschwerde, Vorabentscheidung 121 2 – Untersuchungsgrundsatz 110 3 ff. – Vergabekammer, Besetzung 105 8 – Vergabekammern, Zuständigkeit 106a 2 ff. – Vergabeprüfstellen Vor 102 2 f. – Vergabeverfahren, Arten 101 2 – Vergabeverordnung 97 125 – Zuschlag, Aufhebung 114 3 – Zuschlag, vorzeitige Gestattung 115 34 – Zuschlagsverbot 115 3 ff. Vergaberichtlinien – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 14 ff. – Auftraggeber, Begriff 98 9 f.

Stichwortverzeichnis

– Eignungskriterien, zusätzliche 97 88 ff. – freier Dienstleistungsverkehr 97 13 – historische Entwicklung Einl. 4 ff. – mittelständische Interessen 97 49 – Präqualifikationssysteme 97 104 f. – Schwellenwerte 100 5 f. – Schwellenwerte, Unterschreiten Einl. 13 ff. – Sektorenbereich 100 27 – Umsetzung Einl. 9 – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 25 – Verletzung eines subjektiven Rechts 97 129 – Wirtschaftlichkeitsgebot 97 107 – Zweiteilung d. Vergabrechts Einl. 8 Vergabesperre – Unzuverlässigkeit d. Bieters 97 73 Vergabestelle – Angebot, Modifizierung 114 30 – Antragsübermittlung, durch Vergabekammer 110 17 ff., 35 ff. – Aufsichtsbehörden, s. dort – Delegation v. Aufgaben 98 11 – Dokumentation, Nichtanwendung d. Vergaberechts 100 26 – Informationspflicht, Nachprüfungsantrag 115 8 ff. – Nachprüfungsantrag, Übermittlung 108 6 – Nachprüfungsverfahren, s. dort – Vergabeunterlagen, Übersendung an Vergabekammer 110 45 Vergabeüberwachungsausschuss Vor 102 11 Vergabeunterlagen – s. a. Akteneinsicht – Anforderung, durch Vergabekammer 110 42 – Beschwerdeverfahren 117 17 – erkennbare Verstöße 107 60 f. – Geheimhaltungsinteresse 110 44

– Geheimhaltungsinteresse, Hinweispflicht 111 39 ff. – Kopien/Ausfertigungen 111 12 f. – Sperrvermerk 111 39 – Umfang 110 43, 46 – Vergabekammer, Entscheidungsgrundlage 111 30 Vergabeverfahren – Anwendungsbereich 97 6 f. – Arten 101 6 ff. – Arten, Verhältnis z. GWB 101 3 ff. – Aufhebung Vor 97 4 – Aufhebung, rechtswidrige 114 48 – Ausschreibung, fälschliche 100 10 – Beendigung 107 21 – Beendigung, nach Vorabentscheidung 121 35 – Beginn 107 18 ff. – Beschleunigungsgrundsatz 97 85 – Beweiserhebung 97 85 – Bundesbergbaugesetz, Privilegierung 129b 1 ff. – Diskriminierungsverbot 97 28 ff. – Dokumentation 97 24 ff. – dynamisches elektronisches Verfahren 101 47 ff. – Eignungskriterien 97 62 ff. – Einstellung 114 44 – elektronische Auktion 101 42 ff. – Erledigung 114 90 – fehlerhaftes, erkannte Verstöße 107 46 – fehlerhaftes, s. a. Nachprüfungsverfahren; Nachprüfungsverfahren – Antragsbefugnis – Fortsetzung, trotz Beschwerde 115 20 – Grundprinzipien 97 8 ff. – Grundrechtsbindung Vor 97 9 ff. – Kosten 126 38 ff. – Mitarbeiter VgV 16 16 ff. – mittelständische Interessen Vor 97 5 – Mitwirkungsverbot VgV 16 7 ff. – Nachfrageakzessorietät Vor 97 4 ff. – Organmitglieder VgV 16 16

1031

Stichwortverzeichnis

– – – –

Pflicht zur Losvergabe 97 54 ff. Produktneutralität Vor 97 5 Projektanten VgV 16 12, 60 f. Rügeobliegenheit, s. a. dort 107 41 ff. – Schienenpersonennahverkehr VgV 4 4 ff. – Tätigkeit auf Bieter/Bewerberseite VgV 16 19 ff. – Transparenzprinzip 97 18 ff. – Übergangsbestimmungen, VgV VgV 23 1 ff. – Umgehung 101b 10 ff. – unterhalb d. Schwellenwerte Vor 102 6 – Unterlassen, s. a. De-facto-Vergabe 97 36 – Verfahrensauswahl, fälschliche 101 57 f. – Vergabeakten, Anforderung 110 42 ff. – vergabefremde Aspekte 97 100 – vergaberechtswidriges Verhalten 101b 10 ff. – Verletzung eines subjektiven Rechts 97 129 ff. – Verwaltungsverfahrensgesetze Vor 97 9 – Vorbefasstheit VgV 16 12 – Wettbewerbsprinzip 97 13 ff. – Wiederholung 97 26 – Zuschlagsfrist, Ablauf 114 49 Vergabeverfahren – Aussetzung – s. a. Zuschlagsverbot – Beschwerdeverfahren, s. Sofortige Beschwerde – aufschiebende Wirkung; Sofortige Beschwerde – Vorabentscheidung – Dauer 115 16 ff. – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 115 6, 79 ff. – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 115 3 ff. – Voraussetzungen 115 8 ff. Vergabeverordnung (VgV) – Anwendungsbereich Einl. 12 – Bekanntmachung VgV 14 1 ff.

1032

– Bekanntmachung, Vergabekammer VgV 14 1 f. – Diskriminierungsverbot 97 37 ff. – Eisenbahn-Personennahverkehr VgV 4 4 ff. – Energieeffizienzmaßnahmen VgV 4 24 ff. – Ergänzung d. GWB Einl. 11 – Geltungsbereich VgV 1 3 ff. – Inhalt VgV 1 3 f. – Inkrafttreten VgV 1 1 – Konkurrenz z. Sektorenverordnung VgV 1 5 – Melde-/Berichtspflichten VgV 17 1 ff. – Rechtsentwicklung VgV 1 2, 5 – Schwellenwerte, s. a. dort VgV 2 1 ff. – Schwellenwerte, Unterschreiten Einl. 13 ff. – Übergangsbestimmungen VgV 23 1 ff. – Verfahrensarten, Verhältnis z. GWB 101 3 ff. – Vergabeentscheidung, ausgeschlossene Personen VgV 16 1 ff. – Verordnungsermächtigung 97 124 – VOB/A, Anwendungsbereich VgV 6 1 ff. – VOB/VOF/VOL 97 126 – VOF, Anwendungsbereich VgV 5 1 ff. – VOL/A, Anwendungsbereich VgV 4 2 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 110 13 ff. Verhandlungsverfahren – Ablauf 101 35 ff. – Definition 101 33 – Diskriminierungsverbot 97 44 – Dringlichkeit 101a 34 – elektronische Auktion 101 42 ff. – formale Anforderungen 101 38 ff. – Gleichbehandlungsgrundsatz 101 41 – Grundzüge 101 34 ff.

Stichwortverzeichnis

– Identität d. Beschaffungsvorhabens 101 37 – Informationspflichten 101a 10 – preferred bidder-Verfahren 101 39 – Sektorenauftraggeber 101 55 f. – Teilnehmerwettbewerb 101 35 f. – Transparenzprinzip 101 40 – Verfahrensauswahl, Bedingungen 101 51 ff. – Verfahrensauswahl, fälschliche 101 57 f. – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 101 2 – Verhältnis z. wettbewerblichen Dialog 101 20 – Vertraulichkeitsgrundsatz 101 41 – Wettbewerbsprinzip 101 39 Verjährung – culpa in contrahendo 126 71 – Schadensersatzpflicht 126 37 – Schadensersatzpflicht, Rechtsmissbrauch 125 13, 16 Verkehr – Eisenbahn-Personennahverkehr VgV 4 4 ff. – Sektorenauftraggeber 98 104 Verkehrsanlagen – Bauwerk, Begriff 99 94 Verlobte – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Verordnungsermächtigung 97 122 f. – Sektorenverordnung 127 4 – Vergabeverordnung 97 124 Verschulden bei Vertragsschluss – s. Culpa in contrahendo Verschwägerte – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. Verteidigungsbereich – Dreiteilung 100 48 – Dual-use-Produkte 100 49 – Kommission, Auslegungsmitteilung 100 53 – Kriegsmaterial, Erzeugung/Handel 100 53 – Kriegsmaterialliste 100 50 ff. – Polizeiausrüstung 100 54

Vertrag – s. a. Dienstleistungsvertrag; Öffentliche Aufträge – Änderung 99 24 ff. – Änderung, Auftragswert VgV 3 32 – anwendbare Regelungen Vor 97 7 – aufschiebende Bedingung 114 37 – Auslobungsverfahren 99 125 ff. – Bauaufträge 99 73 ff. – Baukonzessionen 99 129 ff. – Beschaffungsbedarf 99 20 f. – Beschaffungscharakter 99 15 ff. – Dienstleistungsaufträge 99 110 ff. – Entgelt 99 31 ff. – EU-Rechtswidrigkeit 101b 26 ff. – fiskalisches Hilfsgeschäft Vor 97 7 – Formfehler 101b 25 – Gegenseitigkeitsverhältnis 99 12 ff. – Interimsauftrag 99 23 – Laufzeit Vor 97 6 – Lieferaufträge 99 66 ff. – Modifizierung 114 30 – Nichtigkeit 101b 22 ff. – Rahmenvereinbarungen 99 30 – Rechtsnatur 99 11, 84 – Rechtsnatur, Zuschlag 114 28 ff. – Rückabwicklung 101b 19 f. – Rücktrittsrecht 114 37 – Schadensersatzanspruch 101b 21 – Schriftform 99 64 f. – Sittenwidrigkeit 101b 23 f. – Übernahme 99 27 ff. – Unwirksamkeit 101b 1 ff. – Unwirksamkeit, ex tunc 101b 18 – Unwirksamkeit, fehlende Feststellung 101b 26 f. – Verlängerung/Option 99 22 – Verstoß, anhaltender 101b 26 f. – Vertragscharakter 99 6 ff. – Vertragspartner 99 35 ff. – Vertragsübernahme 99 156 – Vertretungsmängel 101b 25 – Wartefrist, s.a dort 101a 29 ff. – Wirksamkeit, Prüfung 114 36 ff.

1033

Stichwortverzeichnis

– Wirksamkeit, schwebende 101b 17 – Zuschlagerteilung, Vorabinformation 101a 8 ff. Verträge – gemischte 99 138 ff. – gemischte, Auftragswert VgV 3 3, 18, 22 – städtebauliche Verträge 99 157 ff. Vertraulichkeit – s. a. Geheimhaltungsinteresse – Angebote 97 15 Vertraulichkeitsgrundsatz – Verhandlungsverfahren 101 41 – wettbewerblicher Dialog 101 29 Vertretung – Auftraggeber 98 11 – Mitwirkung an Vergabeentscheidung VgV 16 52 f. – unwirksamer Vertragsschluss 101b 25 Verwaltungsakt – Nachprüfungsverfahren 107 7 – Vergabekammer, Entscheidung 102 23 – Vollstreckung 114 82 ff. Verwaltungsprivatrecht Vor 97 9 Verwaltungsverfahren – bundeseinheitliche Regelung 115a 1 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz – Akteneinsicht 111 3 ff. – Anwendbarkeit Vor 97 9 – Ausschuss 107 9 – mündliche Verhandlung 112 7 ff. – Nachprüfungsantrag 108 3 f. – Nachprüfungsverfahren, Einleitung 107 7 ff. – Untersuchungsgrundsatz 110 6 – Vergabekammer, Entscheidung 114 63 ff. Verweisung – an andere Vergabekammer 108 8 – Anhörung 108 13 – Bindungswirkung 108 9 – Rechtsmittel 108 10 – Rechtswegverweisung 108 11 f.

1034

Verwirkung – Nachprüfungsantrag 107 79 ff. VOB – Vergabeverordnung 97 126 VOB/A – Abschnitte 3, 4, Wegfall Einl. 12 – Anwendungsbereich Einl. 13 ff. – Anwendungsbereich, Zuwendungen Einl. 21 – Ergänzung d. GWB Einl. 11 – Rechtsnatur Einl. 12 – Verfahrensarten, Verhältnis z. GWB 101 3 ff. – Vergabeausschuss Einl. 2 VOB/B – Anwendungsbereich Vor 97 6 – Vergabeausschuss Einl. 2 VOF – Anwendungsbereich VgV 5 1 ff. – Ergänzung d. GWB Einl. 11 – Informationspflichten 101a 9 – nicht prioritäre Dienstleistungen VgV 4 21 – Rechtsnatur Einl. 12 – Verfahrensarten, Verhältnis z. GWB 101 3 ff. – Vergabeverordnung 97 126 VOL – Vergabeverordnung 97 126 VOL/A – Abschnitte 3, 4, Wegfall Einl. 12 – Anwendungsbereich Einl. 13 ff. – Anwendungsbereich, Zuwendungen Einl. 21 – Ergänzung d. GWB Einl. 11 – Informationspflichten 101a 9 – nicht prioritäre Dienstleistungen VgV 4 17 ff. – Rechtsnatur Einl. 12 – Verfahrensarten, Verhältnis z. GWB 101 3 ff. – Vergabeausschuss Einl. 2 VOL/B – Anwendungsbereich Vor 97 6 – Vergabeausschuss Einl. 2 Vollstreckung – Anfechtungsbeschwerde 116 10 – Antrag 114 87

Stichwortverzeichnis

– Erledigung d. Vergabeverfahrens 114 90 – Kostenerstattungsanspruch 128 28 – sofortige Beschwerde 123 17 ff. – sofortige Beschwerde, Vorabentscheidung 121 33 – Vergabekammer, Entscheidung 114 82 ff. – vorläufige Maßnahmen, d. Vergabekammer 115 108 f. – Zuschlagsverbot, Geltungsdauer 114 88 Vorabentscheidung d. Vergabekammer – s. Zuschlag – Gestattung Vorabinformation – s. Informationspflichten Voreingenommenheit – Abhilfemaßnahmen VgV 16 4, 55 ff. – Angehörige VgV 16 52 f. – Darlegungs-/Beweislast VgV 16 40 f. – erfasster Personenkreis VgV 16 13 ff. – Kausalitätsprüfung VgV 16 42 – Mitwirkungsverbot VgV 16 7 ff. – Projektanten VgV 16 12, 60 f. – Rechtsfolge VgV 16 54 ff. – Rechtsfolge, Heilung VgV 16 55 ff. – verbundene Unternehmen VgV 16 33 – Vergabeverfahren, Begriff VgV 16 11 – Vermutung VgV 16 6 – Vermutung, Widerlegung VgV 16 36 ff. – Voraussetzungen VgV 16 6 – Vorbefasstheit VgV 16 12 Vor-(gründungs-)gesellschaft – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 22 Vorläufige Maßnahmen – Abwägung 115 103 f. – Antragstellung 115 99 ff. – Entscheidung, Form 115 106

– Entscheidung, Inhalt 115 106 – Entscheidung, konkrete Maßnahme 115 105 – Gefährdung subjektiven Rechts 115 93 ff. – Rechtsschutz 115 107 – Vollstreckung 115 108 f. Vorlieferanten – Nachprüfungsverfahren, Antragsbefugnis 107 24 Vorvertragliche Pflichtverletzung – Zuständigkeit, sachliche 104 7 ff. VVaG – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 19 Waren – s. a. Beschaffungswesen – Begriff 99 68 – Vergaberecht, Anwendungsbereich 97 6 f. Warenverkehrsfreiheit Einl. 5 – Aufträge, unterhalb d. Schwellenwerte 100 14 ff. Wartefrist – Ablauf 101a 30 – Beginn 101a 30 f. – Dauer 101a 29 – Falschberechnung 101b 8 – Verkürzung 101a 29 Wartungsauftrag – Auftragsart VgV 3 3 Werkvertrag – Bauaufträge 99 84, s. a. dort Wertung – s. Angebotswertung Wettbewerb – Zielsetzung 97 14 Wettbewerbe – Auslobungsverfahren 99 125 ff. Wettbewerblicher Dialog – Ablauf 101 24 ff. – Angebotsphase 101 31 – Anwendungsbereich 101 21 ff. – Definition 101 18 – Dialogphase 101 26 f.

1035

Stichwortverzeichnis

– Gleichbehandlungsgrundsatz 101 27 f. – Informationspflichten 101a 10 – Lösungen, Reduzierung 101 30 – preferred bidder-Verfahren 101 30 – Scheindialoge 101 30 – Teilnehmerwettbewerb 101 25 – Verfahrensauswahl, Bedingungen 101 51 ff. – Verfahrensauswahl, fälschliche 101 57 f. – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 101 2 – Verhältnis z. anderen Verfahrensarten 101 20 – Vertraulichkeitsgrundsatz 101 29 – Wettbewerbsprinzip 101 30 – Zuschlagskriterien 101 28, 32 – Zweck 101 18 f. Wettbewerbsprinzip Vor 97 2 – Adressaten 97 16 – Angebote, Vertraulichkeit 97 15 – Bewertungskriterien 97 15 – Förderung d. Wettbewerbs 97 14 – freier Dienstleistungsverkehr 97 13 – Funktion 97 8 f. – Leistungsbeschreibung, Eindeutigkeit/Vollständigkeit 97 15 – Nachprüfungsmöglichkeit 97 22 – Nachverhandlungsverbot 97 15 – offenes Verfahren 97 15 – offenes Verfahren, Vorrang 97 15 – Produktneutralität 97 15 – Regelungsgehalt 97 10 f. – Verhältnis zum Diskriminierungsverbot 97 45 – Verhältnis zum Transparenzprinzip 97 18, 27 – Verhandlungsverfahren 101 39 – wettbewerblicher Dialog 101 30 – Zuschlagskriterien 97 15, 114 Wettbewerbsverstoß – Angebotsausschluss 97 16 f. Willkürverbot – Vergabe, unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 27c Winterdienst – Bauvorhaben, Begriff 99 88

1036

Wirtschaftlichkeitsgebot 97 106 ff. – Angebotspreis 97 116 – Beurteilungsspielraum 97 121 – Prüfung der Angebote 97 119 ff. Wirtschaftsprüferkammer – Vergabekammermitglieder 106 8 Wohnungsbaugesellschaften – öffentliche Auftraggeber, Begriff 98 92 Zentralbanken – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 100 79 ff. Zeugen – mündliche Verhandlung 112 9 Zivilprozess – Bindungswirkung, Vergaberechtsschutz 124 1 ff. – Darlegungs-/Beweislast Einl. 29a f. – einstweilige Verfügung Einl. 29 ff. – Kostenerstattungsansprüche 128, 28 – Schwellenwerte, Unterschreiten Einl. 23 Zuschlag – Aufhebung d. Verfahrens 101a 12, 18 – Aufhebungsmöglichkeit 114 33 ff. – aufschiebende Bedingung 114 37 – ausgeschlossene Personen, s. a. Neutralitätspflicht VgV 16 1 ff. – Beschwerdefrist, Ablauf 115 24 ff. – Beschwerdeverfahren, Fortsetzungsfeststellungsantrag 116 19 – Chance, Beeinträchtigung, s. a. Schadensersatz 126 20 ff. – Delegation v. Aufgaben 98 11 – Erledigung d. Nachprüfungsverfahrens 115 29 – Erteilung, Beschwerdeverfahren 123 13 f. – Erteilung, Vorabinformation, s. Informationspflichten – Frist, Ablauf 114 49 – Gestattung, Antrag 113 20 ff.

Stichwortverzeichnis

– Informationspflichten, nach Neuwertung 101a 33 – Nachprüfungsverfahren, nachfolgendes 107 39 – Nichtigkeit 114 38 – Rechtsnatur 114 28 ff. – Rechtswidrigkeit, Feststellung 114 39 ff. – Rücktrittsrecht 114 37 – sofortige Beschwerde, aufschiebende Wirkung, s. a. dort 118 3 ff., 30 – Wirksamkeit, Prüfung 114 36 ff. Zuschlag – Gestattung – Amtsermittlung 115 46 – Anhörung 115 44 ff. – Antragsrecht 115 33, 33, 39 ff. – begründeter Antrag 115 56 – Beschwerdeverfahren, s. Sofortige Beschwerde – Vorabentscheidung – Entscheidungsinhalt 115 57 f. – Erfolgsaussichten, d. Nachprüfungsantrags 115 50 f., 55 – Form/Frist 115 43 – praktische Bedeutung 115 34 ff. – Rechtsschutz 115 63 ff. – Rechtsschutzeinschränkung, EURechtmäßigkeit 115 37 f. – Schadensersatz 115 37, 58 – unzulässiger/unbegründeter Antrag 115 52 ff. – Vergaberecht, Ausnahmetatbestände 115 79 ff. – Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 115 34 – Verhältnis d. Eilentscheidungsmöglichkeiten 118 34 ff. – Versagung 115 57 – Versagung, Rechtsschutz 115 75 ff. – Voraussetzungen, materielle 115 47 ff. – Wiederherstellung d. Verbots 115 63 ff., 89 ff. – Zwei-Wochen-Frist 115 60 ff. Zuschlagskriterien – Abgrenzung z. zusätzlichen Eignungskriterien 97 88 ff.

– Abgrenzung zu Eignungskriterien 97 109 f. – Angebotspreis 97 116 – Auftragsbezogenheit 97 111 f. – Bekanntmachung 97 117 f. – Diskriminierungsverbot 97 114 – fehlende 97 118 – Festlegung 97 115 – Formulierung 97 114 – Informationspflichten, nach Neuwertung 101a 33 – objektive Beurteilung 97 113 – Transparenzprinzip 97 114 – wettbewerblicher Dialog 101 28, 32 – Wettbewerbsprinzip 97 15, 114 – Wirtschaftlichkeitsgebot 97 106 ff. – Wirtschaftlichkeitsprüfung 97 119 ff. Zuschlagsverbot – Beginn 110 17 ff., 35 ff., 39 – Beschwerdefrist 115 17 – Beschwerdefrist, Ablauf 115 24 ff. – Beschwerdeverfahren 116 19 – Bindefrist 115 30 – Dauer, Nachprüfungsentscheidung 114 88 – Entfallen 113 21 – Erledigung d. Nachprüfungsverfahrens 115 29 – erneuter Vergaberechtsverstoß 115 19 – erteilter Zuschlag 115 15 – Geltungsdauer 115 16 ff. – Information, des Auftraggebers 115 8 ff. – Kostenvorschuss/Sicherheitsleistung 110 34 – Nachprüfungsantrag, fehlende Mitteilung 110 40 f. – Nachprüfungsantrag, fehlende Übermittlung 110 38 ff. – Nachprüfungsantrag, Übermittlung 108 6 – Nachprüfungsantrag, Wartefrist nach Rüge 107 77 f. – Rechtsentwicklung 115 2 ff.

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Stichwortverzeichnis

– Rechtsschutzmöglichkeiten Vor 102 11 – sofortige Beschwerde, aufschiebende Wirkung, s. a. dort 118 3 ff., 30 – Suspensiveffekt 115 13 f. – Vergaberecht – Ausnahmetatbestände 115 6, 79 ff. – Verhältnis d. Eilentscheidungsmöglichkeiten 118 34 ff. – Verstoß 115 31 f. – Voraussetzungen 115 8 ff. – Wiederherstellung, gerichtliche 115 63 ff., 89 ff. Zuständigkeit – Ansprüche außerhalb d. Vergaberechts 104 7 ff. – Aufsichtsbehörden 102 5 ff. – de-facto-Vergabe 106a 15 – Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen 104 6 – Kartellrechtsverstöße 104 14 f. – OLG, sofortige Beschwerde Vor 116 1 – Sektorenauftraggeber 106a 16 f. – Sekundärrechtsschutz 104 13 – Sozialgerichtsbarkeit Vor 116 1 – unterhalb d. Schwellenwerte Einl. 23 – Vergabekammer Vor 102 2 – Vergabekammer, Antragseinreichung 108 7 ff. – Vergabekammer, Auffangbestimmung 106a 22 f. – Vergabekammer, Auftragsverwaltung 106a 21

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– Vergabekammer, Baukonzessionäre 106a 19 – Vergabekammer, Bund/Land 106a 1 ff. – Vergabekammer, Einigung über Zuständigkeit 106a 12 ff., 25 – Vergabekammer, gemeinsamer Bund/Länder-Auftrag 106a 27 – Vergabekammer, länderübergreifende Aufträge 106a 24 ff. – Vergabekammer, landesinterne 106a 28 – Vergabekammer, Organleihe 106a 20 – Vergabekammer, subventionierte Auftraggeber 106a 18 – Vergabekammer, Wegfall 104 13 – Vergabeprüfstellen 102 15 f. – Verweisung 108 8 ff. Zustellung – Vergabekammer, Entscheidung 114 78 f. Zuverlässigkeit – Begriff 97 72 – Bietergemeinschaft 97 74 – Eignungsprüfung 97 82 – unlauteres/rechtswidriges Verhalten 97 72 – Vergabesperre 97 73 Zuwendungen – Diskriminierungsverbot 97 43 – Vergabeverfahren, anwendbare Regelungen Einl. 21 – Widerruf Einl. 21 Zwangsgeld 114 83 ff. – Rechtsmittel 114 86 Zwangsvollstreckung – s. Vollstreckung