Werke und Werte: Über das Handeln und Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus 9783050062204

Der Kunsthandel ebenso wie das Museums- und Sammlungswesen im Nationalsozialismus sind in den letzten Jahren nicht zulet

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German Pages 257 [260] Year 2012

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Werke und Werte: Über das Handeln und Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus
 9783050062204

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WERKE UND WERTE ÜBER DAS HANDELN UND S A M M E L N VON KUNST IM N A T I O N A L S O Z I A L I S M U S

SCHRIFTEN DER F O R S C H U N G S S T E L L E » E N T A R T E T E K U N S T « BAND V EINE INITIATIVE

DER F E R D I N A N D - M Ö L L E R - S T I F T U N G .

BERLIN

WERKE UND WERTE Ü B E R DAS HANDELN UND SAMMELN VON KUNST IM N A T I O N A L S O Z I A L I S M U S H E R A U S G E G E B E N VON MAIKE S T E I N K A M P

Akademie Verlag

UND UTE

HAUG

INHALT

VORWORT

Die Händler und ihre Künstler Die Wertschätzung der deutschen Kunst Zur Preisentwicklung der Werke von M a x Liebermann und Emil Nolde Gesa Jeuthe

Der Kunsthändler als Opportunist Karl Haberstock im »Dritten Reich« H o r s t Keßler

Im Einsatz f ü r die deutsche Kunst Hildebrand Gurlitt und Ernst Barlach Isgard Kracht

V o m Geist der Kunst und dem Ungeist der Z e i t Spuren der Galerie Ferdinand Möller aus den Jahren 1 9 3 7 bis 1 9 4 5 Wolfgang Schöddert

VI . I n h a l t

Eine »Insel im braunen Meer«

85

Die Galerie Buchholz in Berlin Anja Tiedemann

Private Kunstsammlungen als Spiegel einer zerrissenen Epoche Aufbau und Verlust

105

Die moderne Sammlung Robert Graetz Angelika Enderlein

Der Handel mit der Moderne »im Hinterstübchen«

127

Günther Franke als Kunsthändler des Sammlerpaars Margrit und Bernhard Sprengel V a n e s s a - M a r i a Voigt

Privates Sammeln mit Kalkül

147

Aspekte der Sammeltätigkeit von Josef Haubrich im Nationalsozialismus Daniela Wilmes

Aspekte musealer Praxis von der Weimarer Republik bis zur Nachkriegszeit » . . . nicht der übliche Typus des Museumsdirektors«

173

Alexander Dorner und die Gemäldegalerie des Landesmuseums Hannover in der Zwischenkriegszeit Ines K a t e n h u s e n

Zwischen Museumsalltag und gesteuerter Sammlungspolitik

191

Eine Studie zur Erwerbungspraxis der Berliner Nationalgalerie zwischen 1933 und 1945 Jörn Grabowski

»Eine Rückführung an die Museen ist dringend erforderlich . . . «

213

Kurt Reutti und der Umgang mit »entarteter« Kunst nach 1945 Maike Steinkamp

ABBILDUNGSNACHWEIS

233

REGISTER

235

Vorwort

Im April 1938 schrieb der Hamburger Kunsthändler Hildebrand Gurlitt an Werner Kloos, den damaligen Kustos der Hamburger Kunsthalle: »Sehr geehrter Herr Dr. Kloos, Sie hatten die Absicht, das schöne Rombild von der Hand von Louis Gurlitt zu erwerben. Ich kann Ihnen nun heute einen Vorschlag machen, der diesen Erwerb für Sie ohne Ausgaben ermöglicht. Ich bin bereit, das Bild - es handelt sich ohne Zweifel um das schönste Bild von der Hand meines Großvaters - gegen das Porträt des Bürgermeisters Petersen (nicht des Dr. Carl Petersen) zu tauschen. Es ist kein Zweifel, dass Sie auf diese Weise ein wirklich bedeutendes Bild gegen ein Bild vertauschen, dass auch die Liebermann-Freunde als unbedeutend und misslungen ablehnen. Außerdem können sie auf diese Weise ein Bild aus der Kunsthalle entfernen, dass sowohl wegen des Dargestellten, wie wegen des Künstlers im Dritten Reich niemals wieder wird aufgehängt werden können.« 1 Tauschangebote dieser Art waren in der ersten Hälfte des zo. Jahrhunderts durchaus üblich, doch sie erhielten in den dreißiger Jahren eine neue Dimension. Immer offensiver traten die Kunsthändler nach der Machtübernahme der National-

Vili . V o r w o r t

Sozialisten im Januar 1 9 3 3 und deren immer deutlicher formulierten Ablehnung der modernen Kunst als »entartet« an die Museen heran, um die in die Kritik geratenen Werke günstig zu erwerben oder gegen Arbeiten älterer Meister einzutauschen. Zwar ging Kloos auf den oben zitierten Vorschlag des Kunsthändlers nicht ein, doch gelang es Hildebrand Gurlitt das erwähnte Gemälde von Louis Gurlitt ANSICHT VON ROM zwei Jahre später an die Kunsthalle zu verkaufen, dann allerdings als Entschädigung für die zuvor in der Hamburger Kunsthalle beschlagnahmte »entartete« Kunst. Gurlitt trat hier als Mittelsmann zwischen dem geschädigten Museum und dem Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung auf, das für die Entschädigung der von der Aktion »Entartete Kunst« betroffenen Einrichtungen zuständig war. Auch danach stand Gurlitt immer wieder in geschäftlichem Kontakt mit der Hamburger Kunsthalle. Gurlitt war erst spät und durch die politischen Umstände zu seiner Profession als Kunsthändler gekommen. Der studierte Kunsthistoriker war der erste Museumsdirektor in Deutschland, der bereits 1 9 3 0 sein Amt am König-Albert-Museum in Zwickau auf Grund seines Einsatzes für die moderne Kunst verlor. 1 Auch danach setzte er sein Engagement für die zeitgenössische Kunst unbeirrt fort. Er zog nach Hamburg, wo er auf eine lebendige Kunstszene traf, die durch Sammler und Mäzene wie Gustav Schiefler oder Rosa Schapire und andere Förderer der Moderne, etwa den Leiter des Museum für Kunst und Gewerbe M a x Sauerlandt, sowie durch junge Künstler bestimmt wurde. Ab 1 9 3 1 leitete Gurlitt den Hamburger Kunstverein, bis er auch dort wegen der massiven Angriffe nationalsozialistisch gesinnter Vertreter 1 9 3 3 aufgeben mußte. Gurlitt machte sich daraufhin als Kunsthändler selbständig. Und er tat dies sehr erfolgreich. In seinen beiden vorangegangenen Positionen hatte er viele nationale und internationale Kontakte mit privaten Sammlern und im Museum tätigen Kollegen aufgebaut, die er weiterhin ausgiebig nutzte. Seine Vernetzung war besonders gut in Hamburg, wo er - selber Sammler moderner Kunst - unter anderem bei den von der jüdischen Kunsthistorikerin und Sammlerin Rosa Schapire ausgerichteten Kunstabenden oft zu Gast war, an denen auch viele andere Persönlichkeiten der Hamburger Kunstszene teilnahmen. Auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten handelte Gurlitt mit moderner, nun zum Teil als »entartet« eingestufter Kunst, verkaufte aber auch Kunst des 19. Jahrhunderts und Alte Meister. Viele jüdische Sammler wandten sich an ihn, um über ihn ihre Kunstwerke zu verkaufen, wozu sie auf Grund der politischen Situation gezwungen waren. Gleichermaßen wußte das nationalsozialistische Regime Gurlitts Kontakte und Fähigkeiten als international vernetzten Kunstkenner und Händler zu nutzen und beauftragten ihn von 1 9 3 8 bis 1 9 4 1 - neben Ferdinand Möller, Bernhard A. Böhmer und Karl Buchholz - mit der »Verwertung« der aus den Museen beschlagnahmten »entarteten« Kunst, bis er schließlich ab 1943 sogar

Vorwort _ IX

für Hermann Voss als Einkäufer für das sogenannte »Führermuseum«

tätig

wurde. Die geschilderten Vorgänge und die bewegte Biographie Hildebrand Gurlitts sind nur ein Beispiel für die Ambivalenz und komplexe Realität des Handelns, Förderns und Sammeins von Kunst in der Zeit des Nationalsozialismus. Gleichermaßen stehen die Arbeit und das Leben Gurlitts aber auch exemplarisch für die Leidenschaft und das Engagement von vielen Förderern moderner Kunst in der gesamten ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Zeit war geprägt von einem weitverzweigten Netzwerk an Sammlern, Künstlern, Kritikern, Kunsthändlern und Museumsmitarbeitern, die in einem händlerischen, mäzenatischen aber auch künstlerisch-intellektuellen Austausch miteinander standen. A b Januar 1 9 3 3 wurde der Kunsthandel jedoch zunehmend kontrolliert und auch die Museen und deren Leiter wurden immer öfter auf Grund ihres Einsatzes für die moderne Kunst an den Pranger gestellt. Private Sammlungen, wie etwa die von Rosa Schapire in Hamburg wurden durch Emigration, Verkauf und Verlust in alle Winde verstreut, im Handel veräußert oder zerstört; andere bestanden weiter, wurden jedoch mehr oder weniger im Verborgenen gehalten. Die Händler mußten, ebenso wie die Künstler, als Mitglieder in die im November 1 9 3 3 gegründete Reichskammer der bildenden Künste eintreten, womit der gesamte Geschäftsbetrieb unter die Kontrolle der Kammer geriet. Da ohne »Ariernachweis« keine Mitgliedschaft in der Kammer möglich war, wurden bereits in den frühen dreißiger Jahren Kunsthändler und Auktionatoren jüdischer Herkunft sukzessive aus dem Kunsthandel ausgeschlossen. Trotzdem erhielten im März 1 9 3 7 noch siebzehn jüdische Kunsthändler eine Sondergenehmigung zur Ausführung ihrer Tätigkeit - ein Zustand der nicht lange anhielt. Im darauf folgenden Jahr fanden zwangsweise »Arisierungen« statt, bei denen die Eigentümer ihre gesamten Warenbestände an das Deutsche Reich verkaufen mußten. 3 Dagegen konnten nichtjüdische Kunsthändler ihren Betrieb fortführen, auch solche, die sich vor allem mit dem Handel moderner Kunst beschäftigten. Trotz der zahlreichen Beschränkungen hielten viele Händler den Kontakt mit den Künstlern, die sie bereits während der Weimarer Republik vertreten hatten, und auch manch privater Sammler blieb seinem Händler treu. Z w a r verlagerte sich der Handel mit moderner Kunst ins Hinterzimmer, doch ging der Verkauf weiter, wenn auch in stark eingeschränkter Form. Die 1 9 3 7 vollzogene Aktion »Entartete Kunst«, bei der nahezu 20.000 Kunstwerke aus öffentlichem Besitz konfisziert und damit oft endgültig dem Blick der Öffentlichkeit entzogen wurden, bildete den Höhepunkt einer reichsweiten Diffamierungskampagne gegen die moderne Kunst. Gleichzeitig war sie die Initialzündung für die so genannte »Verwertung der Produkte entarteter Kunst«, bei der alle als »verkäuflich« eingestuften Werke aus öffentlichem Besitz gegen Devisen ins

X-Vorwort

Ausland verkauft werden sollten. Bekannt ist heute vor allem die 1 9 3 9 von der Galerie Fischer in Luzern veranstaltete Auktion, bei der unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit Hauptwerke der »deutschen Moderne« aus Museumsbesitz unter den Hammer kamen. Mit dem Vertrieb der übrigen als »verwertbar« eingestuften Kunstwerke wurden mit Gurlitt, Böhmer, Buchholz und Möller vier international vernetzte und mit der modernen Kunst des ersten Jahrhundertdrittels vertraute Kunsthändler beauftragt. 4 Anders als vereinbart, verkauften die Händler nicht nur ins Ausland, sie veräußerten auch illegal an private Sammler in Deutschland. Hiermit stützten sie den innerdeutschen Kunsthandel mit moderner Kunst, auf dem auch andere Galeristen wie zum Beispiel Günther Franke in München oder Axel Vömel in Düsseldorf tätig waren. Gleichzeitig erlebte der Handel mit Werken aus früheren Jahrhunderten einen Aufschwung. Adolf Hitler, Hermann Göring und andere Persönlichkeiten aus der Führungsriege der NSDAP bauten in den dreißiger Jahren umfangreiche Kunstsammlungen auf. So waren Hans Posse, der ehemalige Direktor der Gemäldesammlung in Dresden, und sein Nachfolger Hermann Voss als »Sonderbeauftragte des Führers« tätig, wobei sie unter anderem für die Ankäufe für das »Führermuseum« in Linz zuständig waren und eng mit dem europäischen Kunsthandel zusammenarbeiteten.5 Einige Händler, die sich auf das Geschäft mit der Kunst des 19. Jahrhunderts und/oder Alter Meister spezialisiert hatten, wie Karl Haberstock, Walter Andreas Hofer oder Maria Almas Dietrich, profitierten von ihrer Nähe zu Persönlichkeiten des nationalsozialistischen Regimes. Mit Kriegsbeginn und der deutschen Besatzung von ost- und westeuropäischen Ländern ging ein umfassender Kunstraub einher, der die Privatsammlungen der nationalsozialistischen Parteiprominenz rapide anwachsen ließ und den gesamten Kunstmarkt in Bewegung brachte. Ebenso flössen über Auktionen Kunstgegenstände aller Art auf den Kunstmarkt. Es waren vor allem Versteigerungen mit jüdischem Kulturgut, die schon vereinzelt ab 1 9 3 3 zwangsweise durchgeführt wurden. Sie dokumentieren den Exodus jüdischer Sammlerkultur. Bedeutende Sammlungen wie die von Ismar Littmann, M a x Silberberg oder M a x Steinthal gerieten in Vergessenheit und kamen erst wieder Anfang der neunziger Jahre, im Zuge der Rückgabeforderungen von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunstwerken, in den Fokus der Provenienzforschung. Teil des Distributionssystems waren auch die Museen. Sie gaben Leihgaben von jüdischen Sammlerinnen und Sammlern an diese zurück, veräußerten Kunstwerke, die scheinbar nicht mehr in das Sammlungsprofil paßten oder nicht mehr gezeigt werden durften, wie zum Beispiel Arbeiten des jüdischen Malers M a x Liebermann. Sie erwarben Kunstwerke in und außerhalb Deutschlands, die auch aus beschlagnahmten jüdischen Sammlungen stammten. Nutzten die Museen hier die »Gunst der Stunde«, um ihre Sammlungen zu erweitern, so waren sie gleichzeitig

V o r w o r t . XI

Leidtragende der Beschlagnahmeaktion »Entartete Kunst«. Beide historischen Vorgänge wirken sich in den Museen bis heute aus. Lange wollten die Museen von ihrer angestammten Aufgabe - der Provenienzforschung - nichts oder nur wenig wissen. Den Mahnungen und Anfragen nach dem Verbleib von Kunstgegenständen aus jüdischem Eigentum kam man lange nicht angemessen nach. Erst mit der Konferenz in Washington im Dezember 1998, bei der Richtlinien festgelegt wurden, welche die Erforschung der Geschichte von Sammlungsbeständen für den Zeitraum ab 1 9 3 3 in den Mittelpunkt rückten, konnte dieser Aspekt der Rezeptionsgeschichte zumindest von Seiten öffentlicher Museen nicht mehr unberücksichtigt bleiben. Als eines der ersten Kunstmuseen in Deutschland fühlte sich die Hamburger Kunsthalle im Jahr 2000 dazu verpflichtet, eine Stelle für Provenienzforschung einzurichten, die 2.005 fest etabliert wurde. Von Beginn an war dabei die Vernetzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf den Gebieten der musealen und universitären Forschung unabdingbar. Ebenso wichtig sind der Kontakt zu Privatpersonen und Archiven sowie deren Bereitschaft, sich diesem oftmals heiklen Themenbereich zu öffnen. Der 2000 gegründete ARBEITSKREIS PROVENIENZFORSCHUNG ist Ausdruck dieser Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit und regen Informationsaustausches. Seit 2003 ist es das zentrale Anliegen der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, die Umstände, Voraussetzungen und Folgen der

Aktion »Entartete Kunst« zu erforschen. Am Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg werden in diesem Rahmen seit 2004 in verschiedenen Projekten und Seminaren die Methoden der nationalsozialistischen Kunstpolitik, deren Vorgeschichte, ebenso wie die daraus resultierenden Konsequenzen für die künstlerische Moderne des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts untersucht. Und auch mit der E i n r i c h t u n g der A R B E I T S S T E L L E FÜR P R O V E N I E N Z R E C H E R C H E UND - F O R -

SCHUNG 2008 in Berlin und die hierüber zu beantragenden Bundesmittel, welche die Provenienzforschung an den Museen befördern, ist in diesem Themenkomplex viel in Bewegung gekommen. Trotz der in den letzten Jahren zunehmenden Erforschung des Sammeins und Handelns mit Kunst in der Zeit des Nationalsozialismus sind zahlreiche Sachverhalte ebenso wie Fragen der historischen Kontinuitäten und Brüche in dieser Epoche noch immer nicht ausreichend untersucht. So liegen beispielsweise bis auf wenige Ausnahmen keine Einzelstudien über die während des Nationalsozialismus tätigen Kunsthändler und Galeristen vor. Auch das private Sammeln, die Sammelund Ankaufsstrategien der Museen oder die Versteigerungen in den Auktionshäusern sind bisher nur vereinzelt zum Gegenstand von Studien geworden. Die vorliegende Publikation will daher schlaglichtartig einen Blick auf verschiedene Aspekte des Kunsthandels werfen sowie auf das private und öffentliche Sammeln während des Nationalsozialismus und dessen Konsequenzen für die Zeit nach 1945. Die

XII-Vorwort

Aufsätze gewähren Einblicke in die teilweise engen Beziehungen zwischen Händlern, Künstlern und Sammlern. Sie zeigen die Dimensionen der Einflußnahme der nationalsozialistischen Machthaber auf, die von Einschränkungen bis hin zur Zerstörung reichten, ebenso aber auch die Strategien von Händlern und Sammlern, Repressalien zu entgehen und die weitere Distribution von Werken moderner Kunst zu gewährleisten. Die Idee der vorliegenden Publikation geht auf eine im Sommer 2008 auf Initiative des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg und der Hamburger Kunsthalle veranstalteten Vortragsreihe zum KUNSTHANDEL IM NATIONALSOZIALISMUS im Ernst Barlach Haus zurück. 6 Die dort vorgetragenen Aspekte zum Handeln und Sammeln, zu Werken und Werten von Kunst im Nationalsozialismus fanden ein großes Echo. Es erschien sinnvoll, die dort vorgestellten Themen zu bündeln, um weitere Positionen zu ergänzen und sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Ohne die unbürokratische Unterstützung und

finanzielle

Förderung des Ernst Barlach Hauses und der Hermann Reemtsma Stiftung wäre die Vortragsreihe und die Publikation nicht realisierbar gewesen. Unser persönlicher Dank gilt insbesondere Sebastian Giesen, der das Projekt von Beginn an mit großer Begeisterung förderte. Des weiteren möchten wir dem Ernst Barlach Haus und Karsten Müller danken, den Gastgebern der Vortragsreihe. Der Ort und die diskussionsfreudige Atmosphäre haben maßgeblich zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen. Unser Dank gilt auch Uwe Fleckner, der das Projekt von Seiten des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg unterstützte und den Aufsatzb a n d in die Schriftenreihe der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« a u f -

nahm, ebenso wie Hubertus Gaßner, der das Projekt stets wohlwollend begleitete. Für die Betreuung und professionelle Abwicklung der Drucklegung möchten wir darüber hinaus Sabine Cofalla und Katja Richter vom Berliner Akademie Verlag sowie Hellmudt Schulz von der Firma Werksatz danken. Petra Gördüren hat den Texten des Bandes den letzten redaktionellen Schliff gegeben, die Gestaltung lag erneut in den bewährten Händen Gitti Krogels; auch ihnen sei herzlich gedankt. Nicht zuletzt möchten wir den Autoren danken, die mit ihren Texten einen maßgeblichen Beitrag und neue Anregungen für die Erforschung des Kunsthandels im Nationalsozialismus geliefert haben. Hamburg, Februar 2 0 1 0

Ute Haug und Maike Steinkamp

Vorwort-XIII

1 Brief von Hildebrand Gurlitt an Werner Kloos, 23. April 1938, Archiv Hamburger Kunsthalle: Bestand Slg. 18 Erwerbung v. Sammlungsgegenständen durch Tausch 1 9 2 1 - 1 9 3 8 , 47, Bl. 23. 2 Ausführlicher zur Biographie Gurlitts vgl. VanessaMaria Voigt: Kunsthändler und Sammler der Moderne im Nationalsozialismus. Die Sammlung Sprengel 1934 bis 1945, Berlin 2007 (Materialien zur Kunst des 20. Jahrhunderts). 3 Vgl. Anja Heuß: Der Kunsthandel im Deutschen Reich, in: Inka Bertz u. Michael Dorrmann (Hrsg.): Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Berlin u. Frankfurt am Main 2008, S. 7 5 - 8 1 , S. 75· 4 Vgl. Andreas Hüneke: Dubiose Händler operieren im Dunste der Macht, in: Hans Albert Peter (Hrsg.): Alfred Flechtheim. Sammler, Kunsthändler, Verleger, Ausstellungskatalog, Kunstmuseum, Düsseldorf / Westfälisches Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte, Münster 1987, S. 1 0 1 - 1 0 5 .

5 Vgl. H a n s Christian Lohr: Das braune Haus der Kunst, Hitler und der »Sonderauftrag Linz«. Visionen, Verbrechen, Verluste, Berlin 2005. 6 Vortragende waren Andreas Hüneke: Die Aktion »Entarteter Kunst« als Ursache umfangreicher Umverteilung von Kunstbesitz (29. April); Gesa Jeuthe: Der Wert der deutschen Kunst am Beispiel von Max Liebermann und Emil Nolde (6. Mai); Anja Tiedemann: Karl Buchholz, Carl Valentin und die verfemte Kunst in Hamburg (20. Mai); Isgard Kracht: Im Einsatz für die deutsche Kunst - Hildebrand Gurlitt und Ernst Barlach (3.Juni); Vanessa-Maria Voigt: Die Sammlung Sprengel. Aufbau und Entstehung einer Sammlung moderner Kunst im Nationalsozialismus (13. Juni); Horst Keßler: Karl Haberstock, seine Rolle in der » Verwertungskommission« und der Handel mit »alter« Kunst (1. Juli); Ute Haug: Die Erwerbungspolitik der Hamburger Kunsthalle im Nationalsozialismus und ihre Folgen (15. Juli).

Die Händler und ihre Künstler

Die Wertschätzung der deutschen Kunst Zur Preisentwicklung der Werke von Max Liebermann und Emil Nolde Gesa

J A H R E DER K Ä M P F E

Ein interessanter und bislang noch nicht systematisch untersuchter Aspekt innerhalb der Geschichte des Kunsthandels von 1 9 3 3 bis 1945 ist die Frage, inwieweit die nationalsozialistische Kunstpolitik unmittelbar auf die Nachfragestrukturen des Kunstmarktes Einfluß genommen hat. Gerade im Hinblick auf Kunstwerke, die von der nationalsozialistischen Führung als »entartet« degradiert wurden, ist dieser Aspekt von Bedeutung. Der vorliegende Beitrag will daher den Folgen der Verfemung auf die Preisentwicklung nachgehen, berücksichtigt dabei aber auch die Entwicklung des öffentlichen Ausstellungswesens. Der direkte Vergleich zwischen der Sammlungsgeschichte angesehener Häuser, wie der Berliner Nationalgalerie oder der Hamburger Kunsthalle, und der Nachfragesituation auf dem Markt kann ebenso die Zusammenhänge wie die Unterschiede zwischen Kunstrezeption und Kunsthandel verdeutlichen. Für die Untersuchung wurden die Künstler Max Liebermann und Emil Nolde exemplarisch ausgewählt. Beide sind repräsentative Vertreter verschiedener Kunstrichtungen und Künstlergenerationen und galten im Nationalsozialismus als »entartet«, auch wenn jeweils unterschiedliche Umstände der Diffamierung vorlagen. Anhand der Situation des »deutschen« Künstlers Emil Nolde und

Jeuthe

4 _ Jeuthe

1

M a x L i e b e r m a n n . BILDNIS DES BÜRGERMEISTERS CARL PETERSEN,

1 8 9 1 , Öl auf Leinwand, 2.06 χ 1 1 9 cm, Hamburger Kunsthalle

des »jüdischen« Künstlers M a x Liebermann kann zudem ein Überblick über die kunstpolitischen Diskussionen und Stimmungen in Deutschland vor 1933 gegeben werden, welche die Grundlage für die nationalsozialistische Kunstpolitik bildeten. Um die Wende vom 19. zum 2,0. Jahrhundert stand der museale Kunstbetrieb den modernen Stilrichtungen weitgehend fern, und es dominierten die akademischen Kunstvorstellungen. Entgegen dem allgemeinen Kunstgeschmack wagten es dennoch einige deutsche Museumsdirektoren, ihre Häuser für die moderne Kunst zu öffnen. Sie unterstützten damit die langsame Etablierung der Moderne, die sich vorerst auf den französischen und deutschen Impressionismus konzentrierte. Z u diesen fortschrittlichen Direktoren zählte Alfred Lichtwark, Leiter der Hamburger Kunsthalle von 1886 bis 1 9 1 4 . Im Jahr 1890 erwarb Lichtwark von Liebermann dessen Gemälde DIE NETZFLICKERINNEN von 1888, womit die Kunsthalle neben der Berliner Nationalgalerie zu den ersten Museen gehörte, die ein Gemälde des

Die Wertschätzung der deutschen Kunst _ 5

deutschen Impressionisten besaßen. Aus diesem ersten Erwerb resultierte zudem ein langjähriger reger Kontakt zwischen dem Museumsmann und dem Künstler. Lichtwark förderte und propagierte Liebermanns Kunst fortan entgegen aller Widerstände bis zu seinem Tod 1 9 1 4 . So erwarb er in seiner Amtszeit insgesamt 29 Ölgemälde und 23 Pastelle des Künstlers, womit die Hamburger Kunsthalle lange über den größten musealen Bestand an Werken Liebermanns verfügte.1 Um dem Publikum durch vertraute Bildmotive die Moderne näher zu bringen, gründete Lichtwark 1889 eine »Sammlung von Bildern aus Hamburg« und gab hierfür 1 8 9 1 bei Liebermann das Bildnis Auftrag (Abb.iJS

DES BÜRGERMEISTERS

CARL PETERSEN

in

Das Gemälde entfachte einen öffentlichen Streit, der die geringe

Akzeptanz für die moderne Kunst in dieser Zeit veranschaulicht. Dem Porträtierten selbst und den meisten Hamburger Bürgern erschien das Bildnis nicht würdevoll genug, zudem wurde die nüchterne Darstellung bemängelt, so daß man eine öffentliche Präsentation des Gemäldes zunächst verhinderte. Doch nicht nur dieses Bild, sondern eine Vielzahl der von Lichtwark ausgewählten Werke für die »Sammlung von Bildern aus Hamburg« stieß auf allgemeine Ablehnung, weshalb ihr Ausstellungsraum im Volksmund als »Schreckenskammer« betitelt wurde.3 Im Jahr 1898 protestierten Hamburger Künstler gegen Lichtwarks Kunstverständnis, das sie als »krank« empfanden, sogar in Form eines Pamphlets, in dem es unter anderem hieß: »Ja, Du wirst Dich schon an den Gedanken gewöhnen müssen, Dir eine Brille zu verschaffen, durch die es Dir auch grün und blau vor den Augen wird, denn sonst - ja sonst mag er [Lichtwark] Dich auch nicht mehr lange leiden. Uns mag er schon lange nicht mehr leiden, dafür erfreuen wir uns aber noch zweier gesunder Augen.«4 Bald nach der Jahrhundertwende etablierte sich der Impressionismus trotz aller anfänglichen Proteste, und Liebermann avancierte zu einer festen Größe im deutschen Kunstleben. Er galt nun als »Vorläufer der neuen Kunst in Deutschland« und auch das Bürgermeisterporträt durfte 1905, nach einer geringen Überarbeitung, in die öffentliche Sammlung der Kunsthalle einziehen.5 Trotzdem führte Liebermanns Nähe zu Frankreich und zur französischen Avantgarde immer wieder zu Konflikten innerhalb der deutschen Kunstszene. Seine guten Beziehungen zu Hugo von Tschudi, der als Direktor der Berliner Nationalgalerie deren Sammlung für den französischen Impressionismus öffnete, und zum Kunsthändler Paul Cassirer, der im Volksmund mit »Monet und Manet zu Money« gekommen war, brachten Liebermann beständig in den Mittelpunkt von »Verschwörungstheorien«.6 Die Gründung der

BERLINER

SECESSION

durch Liebermann 1896, der Cassirer als

Sekretär vorsaß, sowie die Tatsache, daß sie beide Juden waren und ihr Erfolg stetig wuchs, begünstigten dies noch. Die Künstlervereinigung wurde als »Fäulnisbazillus« angesehen, der die Stärke der Nation untergrabe.7 Liebermann und Cas-

6 _ Jeulhe

sirer warf man vor, Ausstellungen, Museen und Kunstmarkt zu beherrschen. Es verfestigte sich der Begriff der »Liebermann-Cassirer-Clique«, der fortan als Sinnbild für eine undeutsche Verschwörung mit dem alleinigen Ziel der Gewinnsucht zum Nachteil der »wahren deutschen Kunst« benutzt wurde.8 Carl Vinnen, der Initiator der berühmten Streitschrift

EIN PROTEST D E U T S C H E R KÜNSTLER

von 1 9 1 1 , sah

gar die deutsche Eigenart durch die französische Kunst gefährdet, die sich, seiner Meinung nach, bei den deutschen Malern im Gefolge von Liebermann verbreite. Zudem vertrat Vinnen den Standpunkt, daß ein Volk »nur durch Künstler von seinem eigenen Fleisch und Blut zu wahren Höhepunkten gelangen« könne.9 Anhand dieser Diskussion wird deutlich, daß in Deutschland weit vor den dreißiger Jahren - neben der Parteigängerschaft der internationalen Moderne - auch der Wunsch nach einer Kunst vorhanden war, die sich von derjenigen anderer Völker unterscheiden und als spezifisch deutsch wahrgenommen werden sollte.10 Selbst Anhänger des Impressionismus wie Wilhelm von Bode forderten nicht vorrangig Toleranz gegenüber der Nationalität der Künstler, sondern wandten sich vielmehr der Streitfrage zu, ob Liebermann nun »deutsch« sei oder nicht. 11 Ein Höhepunkt innerhalb der Debatten um die

BERLINER SECESSION

und um

die zentrale Position Liebermanns im deutschen Kunstleben ereignete sich 1 9 1 0 : In einer Auseinandersetzung zwischen Max Liebermann und Emil Nolde trat das Aufbegehren der nachfolgenden Künstlergeneration gegen die Vormachtstellung der »Liebermann-Cassirer-Clique« deutlich zu Tage. 12 Nolde war zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt von Liebermanns Ruhm. Zwar konnte er 1 9 1 0 seinen ersten Museumsankauf verzeichnen, doch wurde dieser Erfolg noch im gleichen Jahr durch die Jury der

BERLINER SECESSION

geschmälert, die sein Bild

PFING-

von 1909 gemeinsam mit 2.6 weiteren meist expressionistischen Werken für

STEN

die große Frühjahrsausstellung ablehnte (Abb. 2). Erbost über die Demütigung schrieb Nolde einen Brief an den Kunstkritiker Karl Scheffler, in dem er sich über die

SECESSION

beklagte und darüber hinaus Liebermann und seine Kunst persön-

lich angriff. Laut Nolde tauge Liebermann als Maler nicht und habe sich seinen Erfolg auf verbrecherische Art erschlichen und erkauft. Der Vorstand der

SECESSION

Schloß daraufhin Nolde aufgrund der unangebracht vorgetragenen Kritik aus der Vereinigung aus. Der Maler verstand diese Entscheidung als öffentliche Beleidigung und verklagte die

SECESSION,

verlor jedoch den Prozeß.13

Entgegen Noldes Befürchtung, der Ausschluß gerate ihm zum Nachteil, gewann er durch den Vorfall neue Anhänger bei den Gegnern der SION,

BERLINER

SECES-

unter denen sich auch einige Förderer der Moderne befanden. Nolde wurde

fortan als Kämpfer für die deutschen Ideale und für die deutsche Kunst gefeiert und sein Einsatz gegen den Internationalismus - speziell gegen die Verbreitung der französischen Kunstansichten - fand große Anerkennung. Diese Sichtweise wurde von

Die Wertschätzung der deutschen Kunst _ 7

2

Emil Nolde.

PFINGSTEN,

1909,

ÖL

auf L e i n w a n d ,

87

Χ

107

c m , Berlin, N e u e Nationalgalerie

Nolde nicht abgelehnt, sondern vielmehr von ihm selbst gern betont und bestärkt. So wählte er für seine 1 9 3 4 erschienene Autobiographie, in der die damaligen Vorgänge beschrieben werden, den programmatischen Titel JÄHRE DER KÄMPFE und rühmte sich noch lange seines Einsatzes »gegen die Überfremdung der deutschen Kunst und gegen die Liebermannsche und Cassierersche M a c h t « . 1 4 M i t der Ernennung Ludwig Justis zum Direktor der Nationalgalerie änderte sich die Stimmung zu Gunsten von Nolde auch in Berlin. Justi und Liebermann waren sich in künstlerischen Fragen häufig uneins, wohingegen der Expressionismus spätestens seit den zwanziger Jahren Justis volle Zustimmung und Förderung erfuhr. 1 5 Da die Berliner Nationalgalerie eine Vorbildfunktion einnahm, folgten viele Museumsdirektoren Justis Sammlungspolitik, und die Expressionisten erhielten langsam Einzug in viele deutsche Kunstmuseen. Vor allem nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und Justis Gründung der Modernen Abteilung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais 1 9 1 9 rückte der Expressionismus als

8 _ Jeuthe

deutsche Antwort auf die französische Avantgarde in den Mittelpunkt der modernen Kunstbetrachtung. 16 Doch obwohl zu Beginn der zwanziger Jahre eine allgemeine Etablierung des Expressionismus stattfand und dieser den Impressionismus offensichtlich als neue Kunstrichtung ablöste, scheint die allgemeine Wertschätzung für Nolde und Liebermann nicht gleichwertig ausgefallen zu sein. Z w a r bevorzugte Justi persönlich die Kunst von Nolde, doch war im Kronprinzen-Palais von Anfang an ein LiebermannSaal eingerichtet worden, während Noldes Werke erst zu Beginn der dreißiger Jahre einen eigenen Raum erhielten. 17 Ebenso ist auf dem deutschen Kunstmarkt der zwanziger Jahre Liebermanns Vormachtstellung offensichtlich: Seine Gemälde galten als sichere Investition und erreichten durchschnittlich fünf- bis zehnmal höhere Preise als Noldes Gemälde; auf dem Auktionsmarkt erzielten sie sogar das Zehn- bis Zwanzigfache. Im Jahr 1 9 2 7 zum Beispiel, in dem beide Künstler ein persönliches Jubiläum feierten und mit vielen Ausstellungen und Besprechungen geehrt wurden, lag der mittlere Verkaufswert für Liebermanns Gemälde bei etwa 12.000 Reichsmark, während Noldes Arbeiten im Schnitt nur etwa 2.000 Reichsmark koste-

• M

DER STREIT UM DIE NEUE DEUTSCHE KUNST IM »DRITTEN REICH«

Unmittelbar nach der Machtübernahme Adolf Hitlers im Januar 1 9 3 3 begann die Gleichschaltung von Staat und Partei, innerhalb derer Kontrollinstanzen geschaffen wurden, die das kulturelle Leben fortan überwachten. So mußten zum Beispiel Künstler und Akteure des Kunsthandels zur weiteren Berufsausübung der Reichskulturkammer angehören, die dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und damit Joseph Goebbels unterstand. Die Museen wiederum waren dem Reichministerium für Erziehung und Wissenschaft und damit Bernhard Rust unterstellt. Daneben ermöglichten Verordnungen wie das zur »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«, das Ausschalten »unliebsamer und schädlicher Elemente«. 19 Im Museumsbereich wurden auf diese Weise etwa 35 Direktoren und Abteilungsleiter ihrer Ämter enthoben, unter ihnen auch Gustav Pauli, der 1 9 1 4 die Nachfolge von Alfred Lichtwark an der Hamburger Kunsthalle angetreten und nach dem Berliner Vorbild eine Galerie des 19. und 20. Jahrhunderts eingerichtet hatte. 10 In Berlin mußte Ludwig Justi im Juli 1 9 3 3 seine Position räumen. Nachdem die Umgestaltung der Nationalgalerie durch Justis Nachfolger Alois Schardt ebenfalls auf die Ablehnung der Parteiführung stieß, wurde im November 1 9 3 3 schließlich Eberhard Hanfstaengl zunächst kommissarisch berufen und am i.Januar 1934 als neuer Direktor ernannt. Das Kronprinzen-Palais konnte unter

Die Wertschätzung der deutschen K u n s t . 9

seiner Neuordnung am 1 7 . Dezember 1 9 3 3 wieder eröffnet werden, obwohl auch Hanfstaengl weiterhin Arbeiten von Künstlern wie Emil Nolde, Erich Heckel, Franz Marc sowie Otto Dix, M a x Beckmann oder Lyonel Feininger präsentierte. 11 Da die Neue Abteilung der Nationalgalerie den deutschen Museen als Orientierung diente, welche modernen Künstler von der Partei weiterhin offiziell gebilligt wurden, blieben auch in verschiedenen anderen Sammlungen die Werke der in Berlin gezeigten Künstler vorerst präsent. Daß vor allem die deutschen Expressionisten nach 1 9 3 3 weiter gezeigt werden konnten, hing mit ideologischen Richtungskämpfen um die moderne Kunst zusammen, die zu Beginn des Nationalsozialismus sowohl öffentlich als auch parteiintern geführt wurden. Unter der Protektion von Goebbels und Rust wurden einige Expressionisten, wie schon vor 1 9 3 3 durchaus üblich, als Vertreter »nordischer Ausdruckskunst« oder einer neuen deutschen Kunst propagiert. Der seit Beginn des Jahrhunderts verstärkt geäußerte Wunsch nach einer deutschen Kunst wurde von Goebbels aufgenommen und die damit verbundene Diskussion um den Expressionismus weitergeführt, so daß einige Förderer der Moderne den kunstpolitischen Kurs des Propagandaministeriums anfangs durchaus begrüßten. 11 Auch Nolde blieb als »Kämpfer der deutschen Kunst« im Mittelpunkt des Interesses. Er erhielt eine Mitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste und wurde sogar für deren Präsidentenposten vorgeschlagen. 13 Gleichzeitig wurde seine Kunst - wie die gesamte Moderne - von Alfred Rosenberg, dem Leiter des KAMPFBUNDES FÜR DEUTSCHE KULTUR, heftig bekämpft; erste »Schreckenskammern« wurden eingerichtet, in denen die moderne Kunst als »entartet« angeprangert wurde. 14 Dies führte zu der widersprüchlichen Situation, daß vor allem die Werke der Expressionisten zur gleichen Zeit sowohl öffentliche Anerkennung als auch Ablehnung erfuhren, was wiederum die hohe Unsicherheit in Fragen der kunstpolitischen Akzeptanz durch die Parteiführung zu Beginn des NS-Regimes verständlich macht. In dieser unklaren kunstpolitischen Situation war in Hamburg eine Neuordnung der Sammlung geplant. Nachdem Gustav Pauli 1 9 3 3 beurlaubt wurde, übernahm Wilhelm Kleinschmit von Lengefeld die kommissarische Leitung der Kunsthalle, übertrug die Verantwortung für die Gemäldegalerie im Mai 1 9 3 4 aber dem jungen Kunsthistoriker Harald Busch, der schon 1 9 3 1 unter Pauli als Volontär in der Kunsthalle gearbeitet hatte. Im gleichen Jahr war er der NSDAP beigetreten und unterhielt seit 1 9 3 2 engen Kontakt mit dem KAMPFBUND. Kaum war er mit der Leitung der Gemäldegalerie betraut, plante er eine Umstrukturierung der Bestände, die auch zum Zweck hatte, die neuere Kunst so zu arrangieren, daß sie nicht mehr angreifbar war. 1 5 Büschs besonderes Engagement gehörte Nolde, den er im Katalog zur Ausstellung DAS BILD DER LANDSCHAFT von 1934 als einen »der größten Farbkünstler aller Zeiten« beschrieb. 16 Für einen geplanten Nolde-Raum organi-

10 _ Jeuthe

3

Emil Holde, H Ü L L T O F T H O F , 1 9 3 2 . , Ö l auf L e i n w a n d , 7 3 χ 9 7 , 5 c m , H a m b u r g e r Kunsthalle

sierte Busch zusätzlich einige Leihgaben und erwarb durch eine private Stiftung Noldes Gemälde (Abb. jj."

H Ü L L T O F T

H O F

aus dem Jahr 1 9 3 2 für 4.000 Reichsmark

Den Ankauf sowie die gesamte Umgestaltung hatte die neu gegründete

Hamburger Behörde für Volkstum, Kirche und Kunst zu genehmigen, so daß Busch »einige Herren der Behörde« im Juli 1934 durch die Kunsthalle führte. Später berichtete er Nolde von deren ambivalenten, letztlich aber positiven Reaktionen auf seine Kunst: »Nachdem die Herren in unserem bisherigen Expressionistensaal, der sogenannten >SchreckenskammerEntarteter Kunst Propaganda

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Juli 1



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««WftMrtaCT:

An die Galerie Ferdinand Uöllar in Berlin* Betrifft; "Satarfcdie Kunst". tin wiederholte Zweifelsfragen ïu kl'iren, wird nochmals betor.t, dass s&ntliche von Ihnen durch Verkauf, oder Tausch erworbenen sowie als Kocsissionsware in Ihrem Besitz befindlichen Uerfce "Entarteta: Kunst", die aus den beschlagnahmten ehemaligen iïuseumsbestUndea stamen, in keinem lall an Inlinder veräuSert »erden dürfen, da der Züt/ak der äbwieicluagSüies3nahj-.Teii darin besteht, das die Produkte der Verfallakunst endgültig der deutschen Cffentlicjjieit entzogen -¡»erden. Ια Auftrag gez. Cr, Biebrac'^. Beglaubigt RamieianfliWte.

19

S C H R E I B E N DES R E I C H S M I N I S T E R I U M S

AN D I E G A L E R I E F E R D I N A N D M Ö L L E R ,

FÜR V O L K S A U F K L Ä R U N G UND

PROPAGANDA

Berlin, 4. Juli 1940, Berlinische Galerie, Ferdinand-Möller-Archiv

1 2 . 0 0 0 , - R M entschließen würden. Ich würde unter diesen Umständen alles versuchen, Ihnen den Ankauf zu vermitteln. Die Verhandlungen müssen natürlich streng vertraulich sein. Dass es sich um eines der bedeutendsten Werke Barlachs handelt, bedarf keiner weiteren Erklärung. Ich bitte mir Ihren Entschluss telegraphisch oder telefonisch zu übermitteln.« 55 Ergänzend schrieb Möller am 6. Februar, daß das Werk nicht, wie offenbar zunächst angenommen, in Eichenholz, sondern in Mahagoni ausgeführt wurde. 56 Colsmans Reaktion auf Möllers Angebot ist nicht überliefert. Ein Verkauf an ihn fand nicht mehr statt, da DAS WIEDERSEHEN am 1 3 . Februar 1 9 3 9 aus Schloß Schönhausen an Bernhard A. Böhmer abgegeben wurde. 57 Damit wurde Böhmer zu Möllers Ansprechpartner, und er bat ihn am 1 5 . Juni 1 9 3 9 , ihm doch den für

74 _ Schliddert

ihn gültigen, äußersten Nettopreis für

DAS

WIEDERSEHEN

ZU

nennen. Dazu

schrieb er, daß er »keine Phantasiepreise« vereinbaren wolle, »denn dann kann man nicht verkaufen«. Entsprechend fährt er fort: »Preise die bisher für Barlach nicht bezahlt wurden, wird man auch in nächster Zukunft nicht bekommen.«58 Böhmer nannte Möller daraufhin am 18. Juni 1939 einen erwünschten Nettoerlös von 14.000 Reichsmark, woraus sich für Möller laut einer handschriftlichen Notiz ein Verkaufspreis von 16.000 Reichsmark ergab.59 Im Archiv der Galerie Ferdinand Möller ist eine in Güstrow, wohl in Böhmers Auftrag angefertigte Fotografie der Arbeit erhalten; der Verkauf der Skulptur erfolgte schließlich im August des Jahres 1939 durch Böhmer an Hermann F. Reemtsma in Hamburg/ 0 Dokumente des Ferdinand-Möller-Archivs geben vielfältige Hinweise auf Sammlerpersönlichkeiten wie Adalbert Colsman, ihre Interessen und ihre Ankäufe in den dreißiger und vierziger Jahren. Paul Wiegmann, ein engagierter und bis heute weitgehend unbekannter Sammler moderner Kunst, war schon 1934 Kunde der Galerie. Wiegmann erwarb über Ferdinand Möller die Gemälde HASEN

(1912.) von Franz Marc,

DIE

AHNEN

DIE ANGST

DES

(1919) von Emil Nolde aus der

Wiesbadener Sammlung Kirchhoff und eine Reihe weiterer Arbeiten von Macke, Rohlfs, Heckel und Kirchner. Paul Wiegmann starb 1945 in russischer Kriegsgefangenschaft. Ein erhaltener Brief seiner Lebensgefährtin Annie Marnitz besagt, daß er am 3. Juli 1940 auch das Gemälde

DIE RUSSIN

( 1 9 1 1 ) von Ernst Ludwig

Kirchner bei Ferdinand Möller gekauft hat (Abb. 20).61 Das Gemälde, ab 192.3 im Besitz des Kaiser-Friedrich-Museums in Magdeburg, war dort am 18. August 1937 beschlagnahmt worden. Am 7. März 1940 hatte Möller

DIE

RUSSIN

dann aus

Schloß Schönhausen im Rahmen eines Tauschvertrages übernehmen können.62 Annie Marnitz schrieb am 28. Dezember 1947 im Rückblick auf ihre Erwerbungen bei Ferdinand Möller: »Mit welcher Freude zur Kunst kamen wir beide immer gerne zu Ihnen; verlebten manche heitere, sonnige, freudvolle Stunde bei Ihnen [...]. Ein beinahe doch wöchentlicher Besuch bei Ihnen war uns s. Zt. schon direkt zur >Tradition< geworden. Wie die Kinder freuten wir uns an jedem schönen Werk bei Ihnen und nun erst ganz und gar wenn wir Käufe getätigt hatten.«63 Als Annie Marnitz D I E R U S S I N 1947 an die Galerie Gerd Rosen verkaufte, wurde sie der Hehlerei eines dem Magdeburger Museum gestohlenen Bildes bezichtigt und deshalb, wie sie schrieb, durch das »Kulturamt« angezeigt. Nachdem sie der eingeschalteten Kriminalpolizei die Quittung ihres Ankaufs bei Möller vorlegen konnte, wurde der Vorwurf der Hehlerei als Mißverständnis eingestuft. Eine Erwägung dessen, daß der Kauf bei Möller gegen Richtlinien des Reichsministeriums

Vom Geist der Kunst und dem Ungeist der Zeit _ 7 5

20

E m s t Ludwig Kirchner, DIE RUSSIN, 1912., Öl auf Leinwand, 1 5 0 Χ 75,5 cm, Köln, Museum Ludwig

für Volksaufklärung und Propaganda verstoßen haben könnte, geht aus der rückblickenden Schilderung des Vorgangs nicht hervor.64 Neben frühen Angeboten und Verkäufen als »entartet« beschlagnahmter Werke der Galerie in Berlin, stehen solche, die Möller nach seinem Umzug nach Zermützel 1944 tätigte. Ulli Fischel aus München, der Möller auf eine Anfrage hin bereits im August 1940 das 1 9 3 7 im Städel-Museum in Frankfurt beschlagnahmte Gemälde DAMEN AM FENSTER v o n M a x Beckmann aus dem Jahr 1928 angeboten hatte, stand auch noch 1944 mit Möller in Verbindung. Am 2.1. März 1944 schrieb sie ihm, daß sie für einen Freund ein gutes Bild von Kirchner oder eines vergleichbaren Künstlers suchte.65 Möller antwortete ihr im April, daß er noch eine ganze Reihe schöner Bilder von Kirchner habe, und stellte in Aussicht, sie zu verkaufen, wenn es einen wichtigen Privatkunden gäbe. Gleichzeitig bot er ihr an, Fotografien der Arbeiten zu schicken. Lilli Fischel schrieb ihm daraufhin am 2. Mai 1944,

76 _ Schöddert

daß zwischenzeitlich ihre Wohnung in der Königinstraße 22 ausgebrannt sei, sie sich aber auf die versprochenen Aufnahmen freue/ 6 Am 1 7 . Mai 1944 bot Möller ihr d a n n Kirchners M O N D L A N D S C H A F T (FEHMARN) s o w i e FRAU IM GRÜNEN

an und schrieb dazu: »Die Bilder können vorläufig nur ohne Rahmen geliefert werden; Rahmen befinden sich in Berlin.« 67 MONDLANDSCHAFT (FEHMARN) hatte Möller vermutlich als MONDAUFGANG AUF FEHMARN laut Vertrag vom 7. März 1940 aus Schloß Schönhausen übernommen, das Figurenbild, 1 9 3 7 im Museum in Stettin beschlagnahmt, war unter der Inventarnummer EK 7599 inventarisiert und am 5. März 1 9 4 1 von Möller erworben worden/ 8 Die eingangs erwähnte Anfrage zu Heckeis Gemälde GOSLAR vom 6. Juni 1944, das, wie sich später herausstellen sollte, zu dieser Zeit in einem Bergwerk eingelagert war und heute als zerstört gilt, soll die exemplarische Untersuchung zum Handel mit »entarteter« Kunst hier abschließen. Möller hatte sich an Heckel im Auftrag des Berliner Sammlers Willi Hahn gewandt, mit dem er zur gleichen Zeit auch über Arbeiten von Lehmbruck und Mataré verhandelte/ 9 Als Heckel seinem Galeristen bis Ende August 1944 noch keine Nachricht über die Verfügbarkeit des Bildes gegeben hatte, bot Möller dem Sammler, der sich nun in Bad Aussee in Österreich aufhielt, am 5. September 1944 schließlich das Gemälde GÖTEBORG von 1928 an und kündigte an, es ihm ohne Rahmen als Expressgut zur Ansicht senden zu können. 70 GÖTEBORG war 1 9 3 0 von Erich Heckel selbst an das WallrafRichartz-Museum in Köln verkauft und dort 1 9 3 7 als »entartet« beschlagnahmt worden. 71 Ein Jahr später war das Gemälde mit der Inventarnummer EK 1 4 2 2 6 in Schloß Schönhausen angeboten worden, w o Möller es am 1 4 . Juni 1 9 4 0 schließlich durch Tausch erworben hatte. 71 Die dargestellten Zusammenhänge zeichnen ein vorläufiges Bild der Möglichkeiten eines Galeristen im nationalsozialistisch regierten Deutschland, das sich über die bisherige Vorstellung legt, der Verkauf moderner Kunst habe in dieser Zeit im Verborgenen und unter Gefahr stattgefunden. Die hier zusammengeführten Informationen zu einzelnen Kunstwerken betreffen hauptsächlich »entartete« Kunst, also Werke der sogenannten »deutschen Verfallskunst«, die aus Reichs-, Länderund Kommunalbesitz aus politischen Gründen beschlagnahmt worden waren. Da es das erklärte Ziel des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda gewesen ist, diese Werke in keinem Fall im Inland zu veräußern, war ihr Handel sehr eng mit den kulturpolitischen Zielen des Staats verbunden. Gegen diese ausdrückliche Zielsetzung hat Möller vielfach und dauerhaft verstoßen. Er bot Werke »entarteter« Kunst bis Ende 1943 in seiner Galerie in unmittelbarer Nähe der Reichskammer der bildenden Künste in Berlin an Sammler in Deutschland an, verkaufte sie ihnen in den Räumen der Galerie oder sandte sie ihnen auf Wunsch zur Ansicht. Ab Anfang 1944 hielt er den Handel mit diesen und anderen Werken

Vom Geist der Kunst und dem Ungeist der Zeit _ 7 7

Dr.Wilhelm Moufang

(l7a)Hei"Iel erg, 9.£.1945

Rohrbachers tre-, s.s e 22 Herrn Feriünani Möller L2l_ä£lsü£zsli.P-st Al truppin Sehr Kuei.rcer Kerr Höller 1 Besten Dank/fUr Ihre Mitteilung vom l.MärzI loh. bin u.s.Interessent für Graphik unì BaniseicUiungen wie z.B von Pia-Sikarn wie Albiker, Barlaeh, Fiori, Haller, Eoefc get. Kolba, Lehabruck, Baillol, Ueunier, Se.arff,Scheibe Sjfl¡tenis, 3te ar uni bitte bei Vorkeimen um Angebot. Ferner interessieren mich besonders Blätter von Dix, Ensor, Feininger, Orosenaxm, Gulbr¡:nsson, Keckel, Kan•iinsh. , Kl,e, Kojosohke, Kubiii, Laurencia, Macke, Ma -en, ìJolie, Ottomüller, Rohlfs, 'Schrimpf ¿ IhoBa,Troenièe. Es «Urie nie·. CeÄen, wenn Sie mir et.vas anfcittei/cümieul Mit deutschem Gruss J Antwortkarte hängt an. . (¿U+fiug. Postkar:

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1/ , v (tí" ; tA 5

Herrn Br . ülliielm Jtouf ans (17a)Heidelberg Rohrb a cherstr'asse 22

21

A N F R A G E VON W I L H E L M M O U F A N G AN F E R D I N A N D

MÖLLER,

9. Februar 1 9 4 5 , Berlinische Galerie, Ferdinand-Möller-Archiv

moderner Kunst, die nicht aus öffentlichem Besitz beschlagnahmt worden waren, von Zermützel aus aufrecht. Nach bisherigen Erkenntnissen blieben er selbst und seine Kunden in allen Zusammenhängen dieses Handels bis zum Kriegsende unbehelligt. Vergegenwärtigt man sich diese Tatsachen, kann eine Postkarte, die der Heidelberger Sammler Wilhelm Moufang am 9. Februar 1945 unkuvertiert an Ferdinand Möller adressierte, fast schon nicht mehr verwundern (Abb. 21). Sechs Wochen bevor Heidelberg von amerikanischen Truppen eingenommen wurde, schrieb er: »Sehr geehrter Herr Möller! Besten Dank für Ihre Mitteilung vom 1. März! Ich bin u. a. Interessent für Graphik und Handzeichnungen wie ζ. B. von Plastikern wie Albiker, Barlach, Fiori, Haller, Hoetger, Kolbe, Lehmbruck, Maillol,

78 _ Schödderl

Meunier, Scharff, Scheibe, Sintenis, Steger und bitte bei Vorkommen um Angebot. Ferner interessieren mich besonders Blätter von Dix, Ensor, Feininger, Grossmann, Gulbransson, Heckel, Kandinsky, Klee, Kokoschka, Kubin, Laurencin, Macke, Nauen, Nolde, Otto Mueller, Rohlfs, Schrimpf, Thoma, Troendle. Es würde mich freuen, wenn Sie mir etwas anbieten können!« 73

Vom Geist der Kunst und dem Ungeist der Zeit _ 7 9

1 Vgl. Journal VII, August bis November 1943, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Architektur und Fotografie, Künstler-Archive, Nachlaß-Depositum Angelika Fessler-Möller. Einsichtnahme mit freundlicher Genehmigung der FerdinandMöller-Stiftung, Berlin. 2 Abschrift eines Briefes von Ferdinand Möller an Erich und Siddi Heckel, 6. Juni 1944, Berlinische Galerie, Ferdinand-Möller-Archiv (BG-GFM), M F 5 3 1 5 , 892.

12 Vgl. Typoskript, BG-GFM, C, I 36. 13 Brief von Ferdinand Möller an Emil Nolde, 1 5 . Juli 1 9 3 7 , BG-GFM, M F 5 3 1 6 , 249. 14 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Dr. Annemarie Henle, 3. August 1938, BG-GFM, M F 5 3 1 4 , 376. 15 Vgl. Quittung für Dr. Menne, Berlin, 4. November 1 9 3 7 , BG-GFM, M F 5 3 1 4 , 534. Es handelte sich dabei u m Kat.-Nr. 9 BRÜCKE

3 Faltblatt als Einladung zur Eröffnung der Galerie Ferdinand Möller, Museumsplatz 13 in Breslau, 29. April 1 9 1 7 , BG-GFM, C, IV, 1 1 , 1. 4 Vgl. Will Grohmann: Herold der »Brücke«-Maler: Ferdinand Möller zur Erinnerung, in: Der Tagesspiegel, 19. Januar 1956.

IM

TESSIN

(1935)

und

Kat.-Nr. 25 SONNENUNTERGANG AM SEE (1936). Vgl. Katalogüberlieferungen, BG-GFM, C IV, I 3, 1. 16 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Emil Nolde, 29. November 1 9 3 7 , BG-GFM, M F 5 3 1 6 , 2 5 1 . 17 Ibid.

5 Vgl. Eberhard Roters: Galerie Ferdinand Möller. Breslau, Berlin, Köln 1917-1956. Ein Beitrag zur Geschichte der Kunst und Kunstgeschichte im 20. Jahrhundert, Berlin 1984, S. 94-96.

18 Vgl. Anzeigenentwurf, BG-GFM, MF, 5 3 1 7 , 787.

6 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an den Reichskommissar im Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Dr. Rust, 20. März 1 9 3 3 , BG-GFM, M F 5 3 1 7 , 779. Möller übersandte Rust eine Abschrift des Aufsatzes und bat gleichzeitig um ein Gespräch über eine Verbesserung des Ausstellungswesens.

20 Z u Barlach vgl. Brief von Ferdinand Möller an Walter Kaiser, 7. November 1 9 3 8 , und Rechnung von Ferdinand Möller an M a x Lutze, 16. März 1938, BG-GFM, M F 5 3 1 4 , 391 u. 523. Zu Klee vgl. Rechnung von Ferdinand Möller an Erich Kunze, 28. Oktober 1 9 3 8 , ibid., 507. Zu Lehmbruck vgl. Rechnung von Ferdinand Möller an M a x Lütze, 1 2 . März 1 9 3 8 , ibid., 522. Zu Nolde: Rechnung von Ferdinand Möller an M a x Lütze, 3. August 1938, ibid., 524.

7 Vgl. http://www.berlinischegalerie.de. Seit September 2006 findet in den Künstler-Archiven der Berlinischen Galerie die wissenschaftliche Tiefenerschließung des Ferdinand-Möller-Archivs statt. Ziel ist die datenbankgestützte Erfassung aller Kunstwerke, die innerhalb des Nachlasses der Galerie Ferdinand Möller nachvollziehbar sind, die Aufnahme des Datums, an dem Ferdinand Möller oder andere Personen mit dem Werk befaßt waren oder es erwähnt haben, und schließlich die Aufnahme des betreffenden Dokuments als Quelle. Seit 2009 zählt die wissenschaftliche Tiefenerschließung zu den von der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, geförderten langfristigen Projekten. 8 Vgl. Vanessa-Maria Voigt: Kunsthändler und Sammler der Moderne im Nationalsozialismus. Die Sammlung Sprengel 1934 bis 1 9 4 J , Berlin 2007, S. 287. 9 Vgl. Katalogüberlieferungen zu den genannten Ausstellungen, BG-GFM, C IV, I 3, ι . 10 Ibid. 11 Vgl. Gert H . Theunissen: Christian Rohlfs. In der Galerie Möller, Berlin, in: Kölnische Zeitung, 5. Juni 1 9 3 7 .

19 Vgl Mitteilung der NS-Kulturgemeinde an Ferdinand Möller, ibid., 786.

21 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Alexander Dorner, I i . Mai 1 9 3 8 , ibid., 1 8 5 . 22 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Wassily Kandinsky, 16. April 1946, BG-GFM, M F 5 3 1 5 , 1 1 3 7 . 23 Vgl. Brief von Otto Ralfs an Ferdinand Möller, 17. Juni 1946, BG-GFM, MF 5 3 1 4 , 884 u. 885. 24 Der Versand von Ansichtssendungen war wenigstens seit den zwanziger Jahren Teil der laufenden Galeriearbeit und umfaßte nicht nur Arbeiten auf Papier, sondern auch Gemälde jeder Größe. 25 D i e F O R S C H U N G S S T E L L E » E N T A R T E T E K U N S T «

der

Freien Universität Berlin wird voraussichtlich im Frühjahr 2 0 1 0 eine Datenbank zum Gesamt Verzeichnis der 1937 in deutschen Museen beschlagnahmten Werke der Aktion »Entartete Kunst« über das Internet zugänglich machen. Vgl. auch Paul Ortwin Rave: Kunstdiktatur im Dritten Reich, H a m b u r g 1949 und die darin abgedruckten Listen. 26 Vgl. Gesa Jeuthe: Die Moderne unter dem Hammer. Die » Verwertung« der »entarteten« Kunst durch die

80 _ Schöddert

Luzerner Galerie Fischer 1 9 3 9 , in: Uwe Fleckner (Hrsg.): Angriff auf die Avantgarde. Kunst und Kunstpolitik im Nationalsozialismus, Berlin 2007 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 1). Hier: Dokumente zur »Verwertung« der »entarteten« Kunst ( 1 9 3 8 - 1 9 4 1 ) , S. 284-305. 27 Freundliche Mitteilung der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, Freie Universität Berlin. 28 Freundliche Mitteilung der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, Freie Universität Berlin. Der weitere Weg des Gemäldes ist erwähnenswert: 1948 stellte Möller das Gemälde dem Städtischen Museum in der Moritzburg in Halle als Leihgabe zur Verfügung. Als Möller die sowjetische Besatzungszone 1949 verließ, verblieb die Arbeit dort und wurde beschlagnahmt. 1995 wurde sie an die Erben Ferdinand Möllers restituiert, die sie dem Hallenser Museum daraufhin als Schenkung der Ferdinand-Möller-Stiftung übereignet haben. Vgl. Andreas Hüneke: Immer wieder Ferdinand Möller. Erich Heckeis Gemälde »Barbierstube« von 1 9 1 2 , in: Uwe Fleckner (Hrsg.): Das Verfemte Meisterwerk. Schicksalswege moderner Kunst im »Dritten Reich«, Berlin 2009 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 4), S. 489507. 29 Freundliche Mitteilung der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, Freie Universität Berlin. 30 Vgl. Andreas Hüneke Bilanzen der »Verwertung« der »Entarteten Kunst«, in: Eugen Blume u. Dieter Scholz (Hrsg.): Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus, Köln 1999, S. 268. 31 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Frau von Ribbentrop, 9. November 1938, BG-GFM, M F 5 3 1 7 , 7 8 7 . 32 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an das Propagandaministerium / Schloß Schönhausen, 30. November 1 9 3 8 , BG-GFM, M F 5 3 1 4 , 577. 33 Vgl. handschriftliche Notiz, BG-GFM, F I, 3. 34 Vgl. Susanne Neuburger (Hrsg.): Rudolf Bauer. 1 S S 9 1953, Ausstellungskatalog, Museum Moderner Kunst; Museum des 20. Jahrhunderts, Wien / Kunsthalle, Berlin 1985. S. 68 u. S. 102, Anm. 74.

York, für die Überlassung einer Kopie des Dokuments. 38 Vgl. Laura Lauzemis: Die nationalsozialistische Ideologie und der »neue« Mensch. Oskar Schlemmers Folkwang-Zyklus und sein Briefwechsel mit Klaus Graf von Baudissin aus dem Jahr 1 9 3 4 , in: Fleckner 2007, S. 5-88, S. 63 ff. 39 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Rudolf Bauer, 11. Juli 1936, BG-GFM, M F 5 3 1 4 , 1 1 5 . 40 Vgl. Rechnungsauszug der Galerie Ferdinand Möller für Rudolf Bauet; 2 1 . Juni 1938, mit Dank an Megan Fontanella, Solomon R. Guggenheim Museum, New York, für die Überlassung einer Kopie des Dokuments. Z u m Besuch Chryslers vgl. handschriftliche Notiz, 19. Oktober 1936, ibid., 1 6 3 . 41 Vgl. Brief des Direktors des Museum Folkwang an Ferdinand Möller, 29. Juli 1936, ibid., 233. Z u r Abrechnung mit Rudolf Bauer vgl. Rechnungsauszug der Galerie Ferdinand Möller für Rudolf Bauer, 2 1 . Juni 1938 (Anm. 40). 42 Vgl. Abschrift eines Briefes von Ferdinand Möller an Rolf Hetsch, laut handschriftlichem Vermerk am 2 1 . Dezember 1938 an Günther Ranft gesandt, BGGFM, M F 5 3 1 4 , 578. Z u r Person von Rolf Hetsch vgl. Frédérique Régincos: Rolf Hetsch und die » Verwertung der Produkte entartete Kunst«, unveröffentlichte Magisterarbeit, Freie Universität Berlin, 2008. 43 Vgl. Abschrift einer Liste, undatiert, BG-GFM, M F 53 r 7) 773· 44 Vgl. ibid. 45 Vgl. Ute Haug: Private Schlupfwinkel in der Öffentlichkeit. Die Provenienz des Gemäldes »Improvisation 10« von Wassily Kandinsky, in: Fleckner 2009, S. 509-541· 46 Vgl. Brief im Auftrag von Ferdinand Möller an Rudolf Bauer, 10. März 1939, BG-GFM, M F 5 3 1 4 , 1 1 9 . 47 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Rudolf Bauer, 12. Mai 1939, ibid., 121. 48 Vgl. Liste vom 11. Mai 1939, ibid., 180.

35 Vgl. Brief von Wassily Kandinsky an Ferdinand Möller, 24. August 1936, BG-GFM, M F 5 3 1 5 , 1 1 2 9 . 36 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Wassily Kandinsky, 10. Juli 1936, ibid., 1 1 2 8 . 37 Vgl. Rechnungsauszug der Galerie Ferdinand Möller für Rudolf Bauer, 2 1 . Juni 1938, mit Dank an Megan Fontanella, Solomon R. Guggenheim Museum, New

49 Vgl. Brief von Alexander Dorner an Ferdinand Möller, 26. Mai 1939, ibid., 554. 50 Vgl. Liste »Privat Sammlung Ferdinand Möller, Berlin«, ibid., 885. 51 Vgl. Brief von Otto Ralfs an Ferdinand Möller, 8. Februar 1946, BG-GFM, M F 5 3 1 4 , 880.

Vom Geist der Kunst und dem Ungeist der Zelt . 8 1

52 Vgl. Brief von Otto Ralfs an Ferdinand Möller, 17. Juni 1946, ibid., 884 u. 885. 53 Vgl. Brief des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda an Ferdinand Möller, 4. Juli 1940, BG-GFM, MF 5317, 757. 54 Vgl. Abschrift einer Mitteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda an Ferdinand Möller, 12. Juni 1941, ibid., 771. 55 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Adalbert Colsman, 4. Februar 1939, BG-GFM, MF 5314, 173. 56 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Adalbert Colsman, 4. Februar 1939, ibid., 174. 57 Freundliche Mitteilung der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, Freie Universität Berlin. 58 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Bernhard A. Böhmer, 15. Juni 1939, BG-GFM, MF 5315, 423.

62 Vgl. Abschrift eines Tauschvertrages zwischen Ferdinand Möller und dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, 7. März 1940, BG-GFM MF 5317, 7 5 ° - 7 5 i · 65 Vgl. ibid. 64 Ibid. 65 Vgl. Brief von Ulli Fischel an Ferdinand Möller, 21. März 1944, BG-GFM, MF 5314, 215. 66 Vgl. Brief von Lilli Fischel an Ferdinand Möller, 2. Mai 1944, ibid., 215. 67 Vgl. Abschrift eines Briefes von Ferdinand Möller an Lilli Fischel, 17. Mai 1944, ibid., 216. 68 Freundliche Mitteilung der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, Freie Universität Berlin. 69 Vgl. Abschrift eines Briefes von Ferdinand Möller an Willi Hahn, 6. Juni 1944, BG-GFM, M F 5314, 344.

59 Vgl. handschriftliche Notiz auf einem Brief von Berhard A. Böhmer an Ferdinand Möller, 18. Juni 1939, ibid., 423.

70 Vgl. Abschrift eines Briefes von Ferdinand Möller an Willi Hahn, 5. September 1944, ibid., 343.

60 Freundliche Mitteilung von Sebastian Giesen, Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg.

71 Vgl. Siegfried Gohr (Hrsg.): Museum standskatalog, Köln 1986. S. 93.

61 Vgl. Brief von Annie Marnitz an Ferdinand Möller, 28. Dezember 1947, BG-GFM, MF 5314, 1147 u. 1148. Im Ferdinand-Möller-Archiv hat sich eine Fotografie des Gemäldes erhalten, auf der rückseitig die EK-Nummer 14242 notiert ist. Diese Fotografie ist Vorlage der diesem Text beigefügten Abbildung des Werkes.

72 Ein Verkauf an Willi Hahn kam im Weiteren nicht zu Stande. Möller überführte das Gemälde 1949 nach Köln und schenkte es 19 51 im Rahmen der dortigen Wiedereröffnung seiner Galerie an das WallrafRichartz-Museum. Vgl. Gohr 1986, S. 93.

Ludwig,

Be-

73 Postkarte von Wilhelm Moufang an Ferdinand Möller, 9. Februar 1945, BG-GFM, C, II 2, 202.

Eine » I n s e l im braunen M e e r « Die Galerie Buchholz in Berlin Anja

M i

Tiedemann

IDEALISMUS OHNE FURCHT

Wer sich wie Karl Buchholz 1934 als Kunsthändler mit dem Schwerpunkt Expressionismus selbständig machte, mußte ein Idealist sein (Abb. 22). Weder das wirtschaftliche noch das politische Umfeld versprachen große Aussicht auf Erfolg. Zwar hatten die »Goldenen Zwanziger« dem deutschen Kunstmarkt einen immensen Aufschwung beschert, und Berlin, neben München, zum Zentrum des Kunsthandels werden lassen. Doch gerieten die Jahre nach der Weltwirtschaftskrise von 1 9 1 9 bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten zum finanziellen Debakel, vor allem für diejenigen, die mit zeitgenössischer Kunst handelten. Am 14. Januar 1933 schrieb der Berliner Kunsthändler Karl Nierendorf über einen Rundgang durch die Galerien seiner Kollegen in sein Tagebuch: »Nie ist mir die Sorgenmiene und die dumpfe, bedrückte Stimmung so aufgefallen wie diesmal. Diesem Hartberg schlottern die Kleider um den Leib, und auch die Frau ist bekümmert und um Jahre gealtert. Grohmann erzählt, dass Gutbier erledigt sei und daß Probst sich nur mit Mühe hält durch seinen Verein der Freunde. Ich denke an die bekümmerte Miene und die gefurchte

84 _ Tiedemann

22

U n b e k a n n t e r F o t o g r a f , KARL B U C H H O L Z IN SEINER BUCHHANDLUNG

IN DER MAUERSTRASSE, Berlin, um 1 9 3 0 , Berlin, Staatliche M u s e e n Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv, N a c h l a ß K a r l B u c h h o l z

Stirn bei Gutbier. Auch Flechtheim bei der Cassirer-Eröffnung schien bedrückt, sogar sein Valentin ist nicht mehr der Alte. Und Thannhauser mit seiner Frau, Gutmann, von Goldschmidt, Wilcek ... Alle scheinen geradezu körperlich reduziert zu sein, müde, abgebrannt, mit beginnenden Altersfalten. Muss, wer heute mit Kunst in Berührung kommt, seelisch so ausgezehrt und zermürbt sein?« 1 Einen Tag später kam Nierendorf in seinen Aufzeichnungen zu dem Schluß, daß alle großen Berliner Galerien bankrott sein müßten. Das gelte auch für ihn selbst. 1 Nicht nur in finanzieller, auch in (kultur-)politischer Hinsicht mußten die Kunsthändler 1934 mit dem Schlimmsten rechnen. Wie die Kunst des »neuen« Deutschland aussehen sollte, wußte zu diesem Zeitpunkt niemand. Vielmehr wurde

Eine » I n s e l im braunen M e e r « _ 85

dieses Thema zum Gegenstand der Auseinandersetzung innerhalb der nationalsozialistischen Führungsriege, die teilweise mit der modernen Kunst und ihrer »nordisch-germanischen« Ausdruckskraft sympathisierte. Offiziell entschieden wurde die Diskussion mit Hitlers Rede auf dem Nürnberger Parteitag 1935. 3 Doch schon im Frühjahr 1933 war es zu Entlassungen zahlreicher Museumsdirektoren und unerwünschter Vertreter der Avantgarde aus ihren Lehrämtern an den Kunsthochschulen gekommen.4 Mit der Gründung der Reichskulturkammer am 2.2. September 1933 erfolgte ein weiterer entscheidender Schritt zur vollständigen Kontrolle von Kunst und Kultur. Alle Künstler, die in Deutschland ausstellen, Aufträge annehmen oder nur Material kaufen wollten, mußten Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste sein, einer Unterorganisation der Reichskulturkammer. Auch Kunsthändler mußten ihr beitreten, ihre Ausstellungen bedurften von nun an der Genehmigung.5 Karl Buchholz, der zu dieser Zeit bereits ein bekannter Berliner Buchhändler war, ließ sich nicht beirren.6 Wann er konkret beschloß, eine Galerie zu eröffnen, ist nicht überliefert. Ausschlaggebend scheint seine Begegnung mit Gerhard Mareks im Sommer 1933 gewesen zu sein: »[...] er habe in Niehagen an der Ostsee bei Gerhard Mareks dessen Zeichnungen gesehen, die ihn so begeisterten, daß er sich entschloß, seine Tätigkeit auf das Gebiet der Kunst auszudehnen.«7 Buchholz verfügte zu diesem Zeitpunkt nur über geringe Kunst- und Kunsthandelskenntnisse. Nennenswerte Kontakte zu erfolgreichen Künstlern, mit Ausnahme von Mareks, sind nicht bekannt. Es war ein besonderes Glück, daß er den Kunsthändler Curt Valentin als Leiter seiner Kunsthandlung gewinnen konnte.8 Valentin, der für den bedeutenden Galeristen Alfred Flechtheim gearbeitet hatte, bis dieser 1933 Deutschland aufgrund seiner jüdischen Abstammung verließ, kannte den Kunstmarkt und hatte viele Verbindungen zu Künstlern.9 Bereits die erste Ausstellung in der Galerie Buchholz mit dem Titel NUNGEN

DEUTSCHER

BILDHAUER

DER

GEGENWART

ZEICH-

verdeutlichte Valentins

hervorragende Kontakte. Sie fand vom 27. Oktober bis 24. November 1934 statt und zeigte unter anderem Zeichnungen von Karl Albiker, Ernst Barlach, Arno Breker, Ernesto de Fiori, Herbert Garbe, August Gaul, Philip Harth, Joachim Karsch, Georg Kolbe, Wilhelm Lehmbruck, Gerhard Mareks, Ewald Mataré, Emy Roeder, Edwin Scharff, Richard Scheibe und Renée Sintenis. Darüber hinaus wurden auch Skulpturen von Barlach, de Fiori, Harth, Kolbe, Lehmbruck, Mareks, Scheibe und Sintenis gezeigt (Abb. 23).10 Die Ausstellung war als Wanderschau konzipiert, als deren erste Station die Deutsche Akademie in Rom ausersehen war. 11 Als weitere Orte waren in den USA das Germanie Museum in Boston, das Wadsworth Atheneum in Hartfort und das Art Institute in Detroit vorgesehen.11 Arthur Kersten, ein Mitarbeiter von Karl Buchholz, berichtete später:

86 _ Tiedemann

A U S S T E L L U N G VOM 2 7 . O K T O B E R BIS 24. N O V E M B E R IHÎ4

ZEICHNUNGEN DEUTSCHER BILD HAI ER DER GEGENWART A U S S T E L L U N G S R A U M D E R BUCHH A N D L U N G K A H 1 . B L C H H O L 7 . Boriili \V 8. Leipziger Straiie 119 120. Fernruf A 1 J % e r ϊι>4"> (zwischen .Mauer- und Willu'inistraltt'> Kolbe

23

»ZEICHNUNGEN DEUTSCHER B I L D H A U E R DER GEGENWART«, Ausstellungskatalog,

Buchhandlung Karl Buchholz, Berlin 1 9 3 4 , Titelblatt, Berlin, Georg-Kolbe-Museum

»Valentin, der ja Beziehungen zu vielen ausländischen Galerien hatte, in den Vereinigten Staaten u.a. zu solchen, bei denen deutsche Emigranten untergekommen waren, hatte zunächst mit vier amerikanischen Museen Ausstellungen vereinbart. Die Ausstellung der deutschen Aquarelle war so ein großer Erfolg, daß sich weitere Städte anschlossen. Wir mögen vielleicht hundert Aquarelle nach Amerika geschickt haben, haben dort auch verkauft (erinnerlich ist mir Ford in Detroit); wir ergänzten die Ausstellungsstücke laufend.« 13 Mit dieser ersten Ausstellung offenbarte die Galerie Buchholz ihren künftigen Schwerpunkt. Dreiundfünfzig von der Reichskammer der bildenden Künste genehmigte Ausstellungen belegen, daß in Buchholz' Räumen in der Leipziger Straße Werke deutscher Bildhauer der Gegenwart gezeigt wurden, die überwiegend in Berlin lebten und arbeiteten (Abb. 24J.14 Der Ateliergemeinschaft Klosterstraße galt besondere Aufmerksamkeit. Gerhard Mareks wurde zwischen 1934 und 1942. mindestens in acht Ausstellungen präsentiert, Hermann Blumenthal in nicht weniger als sechs, Ludwig Kasper war in fünf Ausstellungen zu sehen. Am häufigsten wurde allerdings die Bildhauerin Renée Sintenis berücksichtigt, deren Werke insgesamt zehn Mal gezeigt wurden: »Wenn man [...] gute junge Bildhauerkunst sehen will«, resümierte der Berliner Kunstkritiker Fritz Hellwag, »muß man den Kunstsalon der Buchhandlung Karl Buchholz besuchen, der sich deren Pflege zur besonderen Aufgabe gemacht hat.« 15

Eine » I n s e l ¡m braunen M e e r « _ 8 7

24

Unbekannter

F o t o g r a l , B L I C K E IN D I E G A L E R I E B U C H H O L / IN D E R L E I P Z I G E R

S T R A S S E , Berlin, u m

1934,

Berlin, Staatliche M u s e e n Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv, N a c h l a ß Karl Buchholz

88 _ Tiedemann

1 ^ · ENGAGEMENT OHNE GRENZEN

Neben den offiziell genehmigten Kunstausstellungen zeigte die Galerie Buchholz auch Werke, die bei den nationalsozialistischen Machthabern verpönt oder von ihnen sogar verboten waren. Ein Kunde erinnerte sich später an seine Besuche in der Buchhandlung, »in deren zweitem Stock in einem verschlossenen Zimmer expressionistische Graphik, Heckel, Macke, Pechstein usw., aber auch Aquarelle von Nolde, Klee und Gilles zu sehen (und auch zu kaufen) waren«. 1 6 Kunstinteressierte konnten also damit rechnen, verfemte Kunst vorgelegt zu bekommen, wenn man ihnen bei Buchholz Vertrauen entgegenbrachte. Welche Bedingungen dafür zu erfüllen waren, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Auch über ungenehmigte Ausstellungen, die Buchholz im Verborgenen präsentierte, gibt es keine Zeugnisse. So stellte er offenbar neben dem sanktionierten Kunstbetrieb Werke Karl Hofers im April und Werke Emil Noldes im Mai 1 9 3 6 aus. Eine Präsentation mit Arbeiten von M a x Beckmann fand vermutlich im Juni 1 9 3 7 statt, kurz vor dessen Emigration. 17 Einen besonderen Stellenwert räumte Buchholz seinem Engagement für Käthe Kollwitz ein. Von ihr war von den Behörden im Sommer 1 9 3 6 eine Ausstellung geschlossen worden, und in der Folgezeit hatte die Künstlerin sehr unter der nationalsozialistischen Herrschaft zu leiden. 18 Sie verlor ihr Atelier und wurde Gestapo-Verhören unterzogen. Mitte 1 9 3 7 wurde ihr unterstellt, von der kommunistischen Idee so stark beeinflußt zu sein, daß eine »ehrliche Umstellung« undenkbar sei. 19 Dennoch war Buchholz in dieser Zeit immer noch bereit, zu ihrem siebzigsten Geburtstag erneut eine Ausstellung der Künstlerin zu zeigen. Diese Jubiläums-Schau hätte eigentlich im Sommer 1 9 3 7 in der Galerie Nierendorf stattfinden sollen, wurde dort aber aus Angst vor Repressalien abgesagt. An eine Freundin, die Malerin Beate Jeep, schrieb die Künstlerin: »Von Nierendorf zu Buchholz ist freilich ein Schritt herunter, [...] aber so klein seine Ausstellungen sind, sie sind qualitativ immer gut, und daß es Sommer ist, schadet in seinem Fall nichts. Er hat immer das durchziehende Reisepublikum bei sich, und ich kann da wohl auf Verkäufe rechnen. Vor allem aber, er hat keine Angst, sich durch die Ausstellung zu schaden.« 20 Die Hoffnungen der Künstlerin, Einnahmen aus dieser Präsentation zu erzielen, zerschlugen sich schnell. Am 30. Juli berichtete sie Freunden in Dänemark: »Hier in Deutschland wurde ich gefeiert, indem meine Ausstellung bei Buchholz verboten wurde.« 1 1 Ohne die Einnahmen aus dieser und anderen nicht gezeigten Ausstellungen war die wirtschaftliche Existenz von Käthe Kollwitz nicht mehr gesichert. Bereits ein Jahr später hatte sich herumgesprochen, daß die Künstlerin

Eine »Insel im braunen Meer« _ 8 9

25

Käthe Kollwitz. FRAU GEHT IN DEN T O D , um 1 9 2 3 - 1 9 2 4 , K o h l e und Tusche auf Papier, 6 2 χ 44 c m , H a m b u r g , Ernst Barlach H a u s , Stiftung H e r m a n n F. R e e m t s m a

finanziell am Ende war. Der Hamburger Sammler Hermann F. Reemtsma schrieb an Karl Buchholz, er habe gehört, »dass es Frau Kollwitz sehr schlecht« gehe. Ob es denn keine Möglichkeit gäbe, »helfend einzugreifen, indem Sie mir aus dem Privatbesitz von Käthe Kollwitz einige Handzeichnungen anbieten, die ich gern für meine Sammlung noch erwerben würde?« 1 1 Die aus diesem Brief resultierenden Bemühungen des in die Pflicht genommenen Berliner Kunsthändlers waren tatsächlich erfolgreich. Reemtsma kaufte sogar zu einem überteuerten Preis, so sehr hatte ihn das Schicksal der Künstlerin berührt (Abb.

2j).li

Daß sich Buchholz sehr für verfemte Künstler einsetzte, bezeugt auch eine Beschlagnahme von Werken von Ernst Barlach, Lovis Corinth, Werner Gilles und Gerhard Mareks, die im August 1 9 3 7 in der Leipziger Straße erfolgte. 14 Mitte September des gleichen Jahres wurden erneut Arbeiten von Barlach, Blumenthal, Hans Mettel und Heinrich Kirchner konfisziert. Buchholz gelang es, die Kunstwerke zurückzubekommen, allerdings mit der Auflage, sie nicht mehr zu zeigen. 15

90 _ T í e d e m a n n

Am 1 7 . Dezember 1 9 3 7 erging an Mareks der Bescheid der Reichskammer der bildenden Künste, daß »bei einer Sichtung der Ausstellung und des Lagers der Firma Buchholz durch den Herrn Reichsbeauftragten für künstlerische Formgebung« fünfzehn Plastiken, elf Zeichnungen, ein Holzschnitt und eine Mappe mit unverkäuflichen Zeichnungen beanstandet und konfisziert worden waren. 1 6 Aus heutiger Sicht läßt sich nicht mehr ermitteln, wie oft solche Beschlagnahmeaktionen bei Buchholz stattfanden, und wer dadurch zu Schaden kam. Neben den verbotenen Kunsthandelsaktivitäten war, wie sich der bereits erwähnte Buchhalter Arthur Kersten erinnerte, die Galerie gleichsam »eine >Insel im braunen Meer.entarteten< eintrat.« 71 Besonderen Eindruck hatte Buchholz im Baseler Kunstmuseum bei dessen Direktor Georg Schmidt hinterlassen. Dieser berichtete von einer Besprechung im Jahr 1944, die im Eidgenössischen Department des Inneren über »die Möglichkeit der Rettung von Werken bedeutender Schweizer Künstler aus Deutschland stattgefunden hatte: »Karl Buchholz sagte den Schweizer Behörden jede Hilfe zu, denn: >was wir Deutsche[n] der Menschheit angetan haben, wird überhaupt kaum gesühnt werden können. < Dieser Ausspruch aus dem Munde eines Deutschen hat uns damals den tiefsten Eindruck gemacht. Ich glaube, er charakterisiert am treffendsten, wo Karl Buchholz damals und immer schon stand.« 7 1

Eine » I n s e l im braunen M e e r « _ 99

1 Tagebucheintrag von Karl Nierendorf, 14. Januar 1 9 3 3 , zitiert nach Günter Herzog: Aus dem Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels: 1937 Schicksalsjahr des Berliner Kunsthandels, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 226, 28. September 2007, Kunstmarkt extra, S. K2. 2 Vgl. ibid. 3 Vgl. Jonathan Petropoulos: Kunstraub und Sammelwahn. Kunst und Politik im Dritten Reich, Berlin 1 9 9 9 , S. 2 9 ff. 4 Vgl. Werner Haftmann: Verfemte Kunst. Bildende Künstler in der inneren und äußeren Emigration in der Zeit des Nationalsozialismus, Köln 1986, S. 20. 5 Zur Organisation der Reichskulturkammer vgl. Uwe Julius Faustmann: Die Reichskulturkammer. Aufbau, Funktion und Grundlagen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im nationalsozialistischen Regime, Aachen 1 9 9 5 . Zur Reichskammer der bildenden Künste vgl. Hans Hinkel (Hrsg.): Handbuch der Reichskulturkammer, Berlin 1 9 3 7 , S. 4 1 - 9 0 . Zur Steuerung des Kunsthandels vgl. Anja Heuß: Die Reichskulturkammer und die Steuerung des Kunsthandels im Dritten Reich, in: Sediment 3/1998, S. 4 9 61.

6 Karl Buchholz ( 1 9 0 1 - 1 9 9 2 ) war nach einer Buchhändlerlehre in Frankfurt an der Oder nach Berlin gezogen. Dort machte er sich 1925 mit einer Versandbuchhandlung selbständig. Noch im gleichen Jahr eröffnete er ein Geschäft in der Taubenstraße 17/18. Um 1 9 2 6 - 1 9 2 7 eröffnete er einen Laden in der Maurerstraße 13/14. Neben diesem existierten noch weitere Filialen am Kurfürstendamm 30 und in der Königstraße 45. Schon Anfang der dreißiger Jahre fanden in den Buchhandlungen kleine Kunstausstellungen statt; vgl. Godula Buchholz: Karl Buchholz. Buch- und Kunsthändler im 20. Jahrhundert, Köln 2005, S. 24 ff. 7 Andreas Hüneke: Einer Legende begegnen. Besuch bei Karl Buchholz, in; Bildende Kunst $¡1991, S. 54-55, S. 54. Die Begegnung führte zu einer langjährigen Zusammenarbeit; vgl. Ursula Frenzel (Hrsg.): Gerhard Mareks. Briefe und Werke, München 1988, S. 7. 8 Curt Valentin ( 1 9 0 2 - 1 9 5 4 ) hatte in Hamburg eine Buchhändlerlehre abgeschlossen und war später im Verlagswesen tätig. Spätestens seit 1928 arbeitete er für Alfred Flechtheim in Berlin. Zu Flechtheim vgl. Verena Tafel: Kunsthandel in Berlin, in: Berliner Kunstblatt, Sonderheft 1987 (Kunst konzentriert), S. 1 9 5 225, S. 2 1 1 f. Valentins Werdegang ist bislang nur unzureichend erforscht. Dokumente, die sein Leben nachzeichnen, finden sich in Washington, Archives of American Art, Jane Wade Papers, 1 9 0 3 - 1 9 7 1 (Mikrofilm 2322) sowie Catalogues of Exhibitions organized

by Curt Valentin, 1 9 2 9 - 1 9 4 8 (Mikrofilm 5742). Im Archiv des Museum of Modern Art, New York, befinden sich die Curt Valentin Papers, die den Nachlaß seiner New Yorker Galerie bilden. 9 Bei Flechtheim knüpfte Valentin Kontakte zu zahlreichen bedeutenden Künstlern. Einen hervorragenden Einblick in diese Künstlerbekanntschaften vermitteln die Galerie Alfred Flechtheim Exhibition Catalogues, 1929, Washington, Archives of American Art, Jane W a d e Papers, 1 9 0 3 - 1 9 7 1 ( M i c r o f i l m 2 3 2 2 ) , S. 6 - 1 2 2 .

10 Vgl. Zeichnungen deutscher Bildhauer der Gegenwart, Ausstellungskatalog, Ausstellungsraum der Buchhandlung Karl Buchholz, Berlin 1934. 11 Vgl. Josefine Gabler: »Vor allem aber, er hat keine Angst, sich durch die Ausstellung zu schaden«. Die Buch- und Kunsthandlung Karl Buch holz in Berlin, in: Angela Lammert, Gudrun Schmidt u. Inge Zimmermann (Hrsg.): Ateliergemeinschaft Klosterstraße Berlin 1933-1945. Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus, Ausstellungskatalog, Käthe-Kollwitz-Museum, Berlin et al. 1994, S. 84-95, S. 84. Die Autorin bezieht sich auf einen nicht näher bezeichneten Artikel im Berliner Tageblatt^ 20. Dezember 1934, Morgenausgabe. 12 Vgl. Zeichnungen deutscher Bildhauer der Gegenwart 1934. Diese Ausstellung ist in Buchholz 2005 nicht aufgeführt, dort beginnt die Autorin mit der zweiten Ausstellung. Der Katalog ist auch nicht Bestandteil des Nachlasses von Karl Buchholz. Das einzige bekannte Exemplar befindet sich im Georg-Kolbe-Museum, Berlin. 15 Bericht von Arthur Kersten aus dem Jahr 1963, zitiert nach Buchholz 2005, S. 67 f. Daß Kersten, der Buchhalter in der Galerie Buchholz war, von Aquarellen statt Zeichnungen spricht, wird darauf zurückzuführen sein, daß er seine Erinnerungen in einem zeitlichen Abstand von nahezu dreißig Jahren verfaßte. Seinen Ausführungen nach handelte es sich auch um vier amerikanische Museen; es waren aber drei in den USA und eines in Rom. W Vgl. B u c h h o l z 2 0 0 5 , S. 4 2 - 4 4 , S. 7 0 - 7 4 , S. 9 8 - 1 0 1

u.

S. 1 1 0 . Der überwiegende Teil der Ausstellungskataloge ist erhalten und im Nachlaß von Karl Buchholz einsehbar, der im Zentralarchiv in Berlin zugänglich ist. 15 Fritz Hellwag in: Kunst für alle, November 1936, S. 1, zitiert nach Gabler 1994, S. 86. Es handelte sich hierbei um eine Besprechung der Ausstellung DAS TIER IN DER KUNST, die im Oktober 1936 bei Buchholz gezeigt wurde. 16 Nicolaus Sombart: Jugend in Berlin - 1933-1945. Bericht, Frankfurt am Main 1991, S. 206.

Ein

100 _ Tiedemann

17 Vgl. die Aufstellung Ausstellungen der verfemten Moderne in: Eckhart Gillen (Hrsg.): Kunst in Berlin von 18γο bis heute, Berlin 1 9 8 6 , S. 1 5 7 . H o f e r und Beckm a n n hatten 1 9 3 4 , N o l d e 1 9 3 6 Ausstellungsverbot erhalten.

28 Vgl. Christian Fuhrmeister: Hans phische

Skizze,

sperger (Hrsg.): Bernini Paul Fréart de Chantelou lorenzo

Bernini

Rose. Eine

biogra-

in: Pablo Schneider u. Philipp Zitzlin Paris. Das Tagebuch über den Aufenthalt

am Hof Ludwig

XIV.,

des Gian-

Berlin 2006,

S· 4 3 4 - 4 5 5 · 18 Jutta Bohnke-Kollwitz (Hrsg.): Käthe Kollwitz. Die Tagebücher, Berlin 1 9 8 9 , S. 927. D a f ü r die KollwitzAusstellung bei Buchholz kein Katalog erstellt w u r d e , ist a n z u n e h m e n , d a ß es sich hierbei u m eine ungenehmigte Ausstellung gehandelt hat. W ä h r e n d des in Frage k o m m e n d e n Zeitraums liefen in der Leipziger Straße die 1 5 . Ausstellung KÜNSTLERBILDNISSE, PLASTIK, GEMÄLDE,

GRAPHIK ( L 6 . M a i - I 3 . J u n i

1 9 3 6 ) , die

16. Ausstellung NEUERE DEUTSCHE PLASTIK (Juli u n d August 1936). 19 Vgl. Camilla Blechen: Arkadische Diaspora - Gegen den Sturm der Zeit: »Ateliergemeinschaft Klosterstraße«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 1 9 7 , 25. August 1 9 9 4 , S. 23. Die Autorin gibt als Quelle des Zitates ein Schreiben der NSDAP-Gauleitung an die Reichskammer der bildenden Künste an. 20 Brief von Käthe Kollwitz an Beate Jeep, undatiert, zitiert nach Beate Bonus-Jeep: Sechzig Jahre Freundschaft mit Käthe Kollwitz, Boppard 1 9 4 8 , S. 265 f. 21 Brief von Käthe Kollwitz an dänische Freunde, 30. Juli 1 9 3 7 , zitiert nach Bohnke-Kollwitz 1 9 8 9 , S. 927. 22 Brief von H e r m a n n F. Reemtsma an Karl Buchholz, ι . August 1 9 3 9 , H a m b u r g , Ernst Barlach H a u s , Stiftung H e r m a n n F. Reemtsma, N a c h l a ß H e r m a n n F. Reemtsma. 23 Vgl. Brief von H e r m a n n F. R e e m t s m a a n Karl Buchholz, 7. August 1 9 3 9 , ibid. 24 Vgl. Fritz Sonntag (Hrsg.): Briefe des Bildhauers Joachim Karsch aus den Jahren 1 9 3 3 bis 194;, Berlin 1 9 4 8 , S. 2 5 . 25 Vgl. Josephine Gabler: Skulptur in Deutschland in den Ausstellungen zwischen 1 9 3 3 und 1 9 4 5 , Phil. Diss. Freie Universität, Berlin 1996, S. 1 1 4 . Die Autorin verweist in diesem Z u s a m m e n h a n g auf Frenzel 1 9 8 8 , S. 98, und die Personalakten der Reichskulturkammer von Blumenthal und Mettel im Bundesarchiv Berlin (BArch). 26 Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Gerh a r d M a r e k s , 1 7 . Dezember 1 9 3 7 , abgedruckt in Frenzel 1 9 8 8 , S. 98. Bei den hier namentlich e r w ä h n t e n f ü n f z e h n Skulpturen ist nicht b e k a n n t , o b es sich um die im August beschlagnahmten Werke handelte oder eine neuerliche Konfiszierung erfolgt war. 27 Bericht von A r t h u r Kersten aus dem J a h r 1 9 6 3 , zitiert nach Buchholz 2005, S. 66.

29 Vgl. Buchholz 2005, S. 66. 30 Vgl. Brief des Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste an den Präsidenten der Reichskulturk a m m e r mit einer Liste der seit 1 9 3 3 aus der Reichsk a m m e r ausgeschlossenen J u d e n , 11. M a i 1 9 3 6 , BArch, R 5 5 / 2 1 3 0 5 , S. 57 der angeführten Liste. 31 Aktennotiz, 1 7 . September 1 9 3 8 , BArch, Personalakten der Reichskulturkammer, Akte Karl Buchholz, RK/ RSK II, Nr. 2 1 0 1 0 1 6 1 1 7 (Mikrofilm), Bl. 2 1 4 2 . War u m Curt Valentin hier als »Halbjude« bezeichnet wird, k o n n t e ebenso wenig geklärt werden, wie die Frage, welche »Einstufung« nach den Rassegesetzen des »Dritten Reiches« k o r r e k t gewesen wäre. Tatsache ist, d a ß Valentin evangelisch-lutherisch getauft war. Vgl. T a u f u r k u n d e , 1 2 . April 1 9 0 3 , Washington, Archives of American Art, J a n e Wade Papers, 1 9 0 3 - 1 9 7 1 (Mikrofilm 2 3 2 2 ) , Bl. 920. 32 Vgl. Brief von Karl Buchholz an das Reichsministerium f ü r Volksaufklärung u n d P r o p a g a n d a , 8. August 1 9 3 8 , BArch, R 5 5 / 2 1 0 1 7 , Bl. 44. Z u r Beschlagnahmeaktion u n d den d a r a u s resultierenden Ereignissen vgl. Stephanie Barron (Hrsg.): »Entartete Kunst«. Das Schicksal der Avantgarde im Nazi-Deutschland, Ausstellungskatalog, Los Angeles C o u n t y M u s e u m of Art / Art Institute, Chicago / N a t i o n a l Gallery of Art, Washingt o n / Altes M u s e u m , Berlin 1 9 9 1 - 1 9 9 2 . 33 Vgl. Bericht über die Sitzung der »Kommission zur Verwertung der P r o d u k t e entarteter Kunst«, 11. Dezember 1 9 4 1 , BArch, R 55/21020, Bl. 4. 34 D a r ü b e r hinaus hatte Buchholz noch mindestens 492 Werke in Kommission. Weitere 1 0 0 Werke k ö n n t e n darüber hinaus noch kurzzeitig bei ihm gewesen sein, ohne d a ß er d a f ü r einen Kommissionsvertrag erhielt. 90 Prozent der Kommissionsstücke gab er u n v e r k a u f t zurück. Weiterführende Ergebnisse zu diesem T h e m a erarbeitet die Autorin in ihrer P r o m o t i o n Die entartete Moderne und ihr amerikanischer Markt. Karl Buchholz und Curt Valentin als Händler verfemter Kunst. Die Dissertationsschrift w i r d voraussichtlich 2 0 1 0 an der Universität H a m b u r g vorgelegt. 35 Die N a c h f o l g e als Leiter der Galerie hatte zunächst Ulrich Riemerschmidt angetreten, der sich später aber mit einem Kunstverlag selbständig machte. Seine Aufgaben ü b e r n a h m im Juni 1 9 3 9 Georg von Hülsen. Vgl. Buchholz 2005, S. 80 u. S. 1 1 0 .

Eine » I n s e l Im braunen M e e r « _ 101

36 Vgl. ibid., S. 98. Arbeiten von Kubin waren 1937 beschlagnahmt worden. Blumenthal warf man seitens der Akademie der Künste »Individualismus« vor und konfiszierte 1937 einige seiner Werke bei Buchholz. 37 Vgl. ibid., S. 110. Die Gemälde von Partikel waren 1937 als »entartet« beschlagnahmt worden. Auch das Werk von Rössing war umstritten. Einerseits wurden 1937 Arbeiten von ihm konfisziert, andererseits wurde er 1939 Professor auf Lebenszeit an der Staatlichen Schule für Kunsterziehung in Berlin. 38 Vgl. ibid. Emil van H a u t h war der letzte Präsident der BERLINER SECESSION, die 1933 aufgelöst w u r d e . Er

zog sich daraufhin aus dem öffentlichen Leben zurück und stellte gelegentlich in privaten Galerien aus. Das Schaffen von Gustav Seitz war durch den Nationalsozialismus behindert, auch wenn er keine größeren Repressionen ertragen mußte. Waldemar Grzimek hatte 1933 bereits als fünfzehnjähriger Junge großes Aufsehen erlangt. Aufgrund seiner Jugend (geb. 1918) und des Krieges blieb er von Druckmaßnahmen des Staates verschont. Letzteres gilt anscheinend auch für Walter Schelenz, der allerdings beinahe sein gesamtes Frühwerk durch den Krieg verlor. Zu Robert Stieler und Lorenz Zilken konnten diesbezüglich keine Informationen ermittelt werden. 39 Vgl. ibid. Von Lehmbruck geschaffene Arbeiten waren 1937 als »Verfallskunst« beschlagnahmt und teilweise vernichtet worden. 40 Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Karl Buchholz, 14. Januar 1942., BArch, Personalakte der Reichskulturkammer für Karl Buchholz, RK/RSK II, Nr. 2.101016117 (Mikrofilm), Bl. 2136. 41 Aktennotiz, 3. November 194z, ibid., Bl. 2128. 42 Brief von Karl Buchholz an Hermann E Reemtsma, 3. Juni 1940, Hamburg, Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann E Reemtsma, Nachlaß Hermann F. Reemtsma. 43 Volker Skierka: Versteckt hinter Büchern und Bildern. Ein Zeuge deutscher Kulturgeschichte: der Buchhändler und Galerist Karl Buchholz in Bogota, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 219, 22. September 1990, SZ am Wochenende, S. XIV. 44 Ibid. Bei der im Zitat erwähnten Albrecht-Straße handelte es sich um die Prinz-Albrecht-Straße in Berlin. Dort befanden sich die Zentralen der Gestapo und der SS. Wann genau Buchholz verhaftet wurde, ist nicht bekannt. Er wird zudem dahingehend zitiert, daß die New Yorker Galerie von Curt Valentin ihm gehört habe. Das ist nur insofern richtig, als daß anfangs der Plan bestand, die Galerie gemeinsam aufzubauen. Am

2. September 1939 setzte er einen Brief an Valentin auf, in dem er bestätigte, daß die Galerie nun Valentin allein gehöre. Vgl. Bericht des Office of Alien Property Custodian »Objects of art and a bank account owned by Karl Buchholz« (Vesting Order 3711), National Archives, College Park Maryland, Record Group 131, Entry 3, location B190/80/7/7, Box 386-3711, S. 5. 45 Persönliches Gespräch der Autorin mit Godula Buchholz, 16. Dezember 2007. 46 Buchholz hatte bereits 1940 in Bukarest eine Filiale mit Buch- und Kunsthandlung eröffnet. Seine dortigen Aktivitäten wurden vom Auswärtigen Amt streng überwacht. Vgl. Schriftverkehr in Berlin, Auswärtiges Amt, Politisches Archiv, Kult-D IV: R 66803, Bd. 127 (Rumänien). 47 Vgl. Schriftverkehr, ibid., Bd. 128 (Portugal). 48 Vgl. Brief des Auswärtigen Amts an das Propagandaministerium, 7. Januar 1943, ibid. 49 Vgl. Brief des Reichspropagandaministeriums an das Auswärtige Amt in Lissabon, 10. M ä r z 1943, ibid. 50 Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Karl Buchholz, 20. Juni 1944, BArch, Personalakte der Reichskulturkammer für Karl Buchholz, RK/RSK II, Nr. 2 1 0 1 0 1 6 1 1 7 (Mikrofilm), Bl. 2140. 51 Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Karl Buchholz, 15. September 1943, ibid., Bl. 2134. 52 Vgl. Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Karl Buchholz, 20. Juni 1940, ibid., Bl. 2140. 53 Brief von Georg von Hülsen an Marie Louise Buchholz, 17. Juli 1943, zitiert nach Buchholz 2005, S. 124. 54 Brief von Georg von Hülsen an Marie Louise Buchholz, 2. August 1943, zitiert nach ibid., S. 128. 55 Brief von Georg von Hülsen an Marie Louise Buchholz, 17. Juli 1943, zitiert nach ibid., S. 124. 56 Vgl. Brief von Georg von Hülsen an Marie Luise Buchholz, 23. Oktober 1943, zitiert nach ibid., S. 134: »Die Kammer hat schon wieder einmal geschrieben und eine Liste der uns vertraglich verpflichteten Künstler, die sie vor einigen Wochen verlangt hat, angemahnt.« 57 Vgl. Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Karl Buchholz, 20. Juni 1944, BArch, Personalakte der Reichskulturkammer für Karl Buchholz, RK/RSK II, Nr. 2 1 0 1 0 1 6 1 1 7 (Mikrofilm), Bl. 2140. 58 Brief von Karl Buchholz an seine Frau, 14. November 1944 zitiert nach Buchholz 2005, S. 141.

102 _ Tiedemann

59 Das Gemälde von Courbet befindet sich heute als dauerhafte Leihgabe der Sammlung Dr. Herbert Schäfer in der Yale University Art Gallery. Das Bild gehörte ursprünglich zur Sammlung M a x Silberberg in Berlin. 1935 wurde es für 17.000 Reichsmark im Auktionshaus Graupe, Berlin, versteigert. Der Käufer ließ sich nicht zweifelsfrei ermitteln. Es soll Josephine Weinmann erworben haben, die Deutschland wegen ihrer jüdischen Abstammung später verlassen mußte, ohne das Bild mitnehmen zu können. Dr. Herbert Schäfer behauptete später, das Gemälde Ende der dreißiger Jahre von einem Berliner Kunsthändler gekauft zu haben; vgl. Yale Researching Provenance of Courbet Painting, http://opa.yale.edu/news/article.aspx?id= 3843 [2.001, Zugriff am 8. November 2008]; Patrica Grandjean: A Nazi Cloud Hangs Over a Painting on Loan to Yale, in: The New York Times, 18. März 2001. Warum Buchholz Ende 1944 über dieses Gemälde verfügte, ist nicht geklärt. Nicht erforscht ist des weiteren, ob Buchholz regelmäßig sein übliches Kunsthandelsterrain verließ und Werke des 19. oder eines früheren Jahrhunderts verkaufte. 60 Briefwechsel zwischen Karl Buchholz und Paul Ortwin Rave, 19. Dezember 1944 bis 3. Januar 1945, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv, 0059 (Mikrofilm), Bl. 33-37. 61 Brief von Karl Buchholz an Hermann F. Reemtsma, 13. Januar 1945, Hamburg, Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann F. Reemtsma, Nachlaß Hermann E Reemtsma. 62 Die Einreisebestimmungen der Siegermächte hinderten Karl Buchholz an der Rückkehr nach Deutschland. Er erlebte das Kriegsende in Madrid, w o er erneut eine Buch- und Kunsthandlung eröffnete. Vgl. Helmut Frielinghaus: Librería Buchholz Exposiciones, Madrid, in: Buchholz 1005, S. 144-165. 1951 emigrierte Buchholz nach Bogotá, w o er mehrere Buch- und Kunsthandlungen eröffnete, die dem schon in Berlin erfolgreich umgesetzten Konzept folgten. 65 Vgl. Buchholz 2005, S. 102-141. Die Geschäftsreisen erschließen sich überwiegend aus den Briefen von Karl Buchholz an seine Frau.

64 Vgl. Markus Krause: Galerie Gerd Rosen. Die Avantgarde in Berlin 1945-1950, Berlin 1995, S. 33 u. Schäfer 1986, S. 138. 65 Hüneke 1991, S. 54 f. 66 Günther Haase: Kunstraub und Kunstschutz, Hamburg 1991, S. 165 f. 1940 und 1941 gab es Versuche, über Portugal und Spanien Kunst in die USA und nach Südamerika zu bringen. Das US-Schiff EXCALIBUR verließ Lissabon mit 500 Gemälden und einer Kiste wertvoller Bücher. Unter den Bildern sollen 270 von Renoir, 30 von Cézanne, zwölf von Gauguin, sieben von Degas und weitere von Manet, Monet und Picasso gewesen sein. Das Schiff wurde von den portugiesischen Behörden gestoppt. Was mit der Fracht geschah, ist nicht bekannt. Ein Gerücht, daß im Keller der deutschen Botschaft von Lissabon geraubte Kunstgegenstände eingelagert worden waren, bestätigte sich nicht. 67 O.S.S. Art Looting Investigation Unit, Final Report (ALIU), Mai 1946, Washington D.C., The National Archives and Record Administration, Mikrofilm 1782, S. 167. 68 Ibid. 69 Die entsprechenden Bestätigungsschreiben sind Teil des Nachlasses von Karl Buchholz, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv. Sie wurden 1947 aufgesetzt, als Marie Louise Buchholz gemeinsam mit ihren drei Kindern, die in Überlingen am Bodensee gelebt hatten, nach Madrid ausreisen wollte, was aber erst 1949 gelang. Die Familie hatte seit 1943 nicht mehr zusammen gelebt. 70 Bestätigungsschreiben von Karl Hofer, 12. Mai 1947, ibid. 71 Bestätigungsschreiben von Gerhard Mareks, 30. Mai 1947, ibid. 72 Brief von Dr. Georg Schmidt an Marie Louise Buchholz, 12. Mai 1947, ibid.

Private Kunstsammlungen als Spiegel einer zerrissenen Epoche

Aufbau und Verlust Die moderne Sammlung Robert Graetz Angelika

Enderle

SCHICKSAL EINES JÜDISCHEN SAMMLERS

»Er war ein wohlbeleibter, lustiger kleiner Herr, in Gesellschaft immer der Mittelpunkt, sprühend voll Witz und Leben.« 1 Mit diesen Worten wird der Berliner Textilfabrikant und Sammler Robert Graetz nahezu sechzig Jahre nach seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten von seinem Stiefsohn Werner Haas beschrieben. Robert Graetz gehörte zu jenen Sammlern, die während oder kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges mit dem Erwerb moderner Kunst begonnen hatten (Abb. 28). Öffentliche Aufmerksamkeit erhielten diese Berliner Sammlungen, als sie mit ausgewählten Werken im Jahre 1 9 1 8 in zwei Ausstellungen im Kronprinzen-Palais, der modernen Abteilung der Nationalgalerie, präsentiert wurden. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die meisten dieser Kunstwerke als »entartet« betrachtet, während gleichzeitig die systematische Enteignung jüdischer Bürger begann, wodurch ihr Kunstbesitz in den folgenden Jahrzehnten aufgelöst und verstreut wurde. Auch die Sammlung von Robert Graetz fiel dem nationalsozialistischem Regime zum Opfer. 2 Robert Graetz wurde am 5. Oktober 1 8 7 8 in Berlin als eines von sechs Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen geboren. 3 In besonders engem Kontakt

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28

Enderlein

Unbekannter Fotograf, R O B E R T

GRAETZ

IM H E R R E N Z I M M E R

SEINER

VILLA

IN D E R

ERDENER

STRASSE

1 3 - 1 5 ,

Berlin-Grunewald, um 1 9 3 0 , Buenos Aires, Privatarchiv Hilde und Roberto Graetz

stand er mit seinem älteren Bruder Hugo, dem für die spätere Sammlungstätigkeit eine wichtige Rolle zukommen sollte. Der gelernte Kaufmann Graetz gründete 1 9 0 7 mit seinem Teilhaber Georg Glass die Damenmantelfirma Glass &c Graetz in der Nähe des Hausvogteiplatzes; eine Gegend, die sich bereits seit Jahrzehnten als Zentrum der deutschen Konfektionsmode etabliert hatte. 4 Die Firma gehörte 1 9 3 0 mit ihren achtzig Beschäftigten zu den mittelgroßen bis großen Betrieben und erreichte auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bis etwa 1 9 3 5 noch Umsätze in Millionenhöhe. 5 Der Grund hierfür lag an der hohen Exportquote der Berliner Bekleidungsfirmen, unten denen sich viele jüdische Betriebe befanden. Um einen völligen Zusammenbruch der Branche zu verhindern, blieben die jüdischen Textilfirmen zunächst von direkten Übergriffen durch die Nationalsozialisten verschont. 6 Die weiterhin hohen Umsätze und der Umzug 1 9 3 3 in größere Räumlichkeiten innerhalb des Textilviertels veranlaßten Robert Graetz und seine Frau vermutlich in Deutschland zu bleiben, während Familienangehörige und viele jüdische Geschäftsleute bereits seit 1 9 3 3 das Deutsche Reich verließen. Die Firma pro-

A u f b a u und V e r l u s t

duzierte noch bis 1938; ein höchst ungewöhnlicher Umstand.7 Schließlich führte die am 12. November 1938 erlassene Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben endgültig zur Schließung aller noch bestehenden jüdischen Geschäfte.8 Auch das Textilunternehmen Glass & Graetz mußte seinen Betrieb zum Ende des Jahres 1938 einstellen.9 Ab 1940 ist Graetz in den Berliner Adreßbüchern als »Privatier« verzeichnet.10 Robert Graetz und seine Familie - seine erste Frau, die Opernsängerin Ella Graetz sowie ihre zwei gemeinsamen Kinder Hilda und Hellmuth - gehörten zu jener aufstrebenden jüdischen Gesellschaftsschicht, die zu Zeiten der Weimarer Republik durch Leistung und Erfolg ebenso wie durch aufwendige Repräsentation in die alteingesessene Berliner Gesellschaft Aufnahme finden wollte. 11 Dem entsprach das Bestreben von Graetz, seinen wirtschaftlichen Erfolg durch häufige und opulente Empfänge sowie die imposante Größe seines Hauses zur Schau zu stellen. Der erste Schritt zur Verwirklichung seiner Pläne war daher 1 9 1 9 der Erwerb der Villa in der Erdener Straße 1 3 - 1 5 in Berlin-Grunewald. Diese Gegend gehört seit der zweiten Hälfte des Kaiserreiches zu den bevorzugten Wohnvierteln für das gut situierte Berliner Bürgertum. 11 Der zweigeschossige Bau, der 1 9 1 0 von dem Architekten Georg Roensch errichtet worden war, bot mit dreizehn Räumen auf insgesamt mehr als fünfhundert Quadratmetern Wohnfläche ein großbürgerliches Ambiente (Abb. 29,).13 Ebenso der Garten, in dem Graetz mehrere Skulpturen aus seiner Sammlung aufstellen ließ. Aufgrund der nun vorhandenen Räumlichkeiten, aber auch Dank seiner finanziellen Situation, konnte Graetz spätestens Anfang der zwanziger Jahre mit dem Aufbau einer Sammlung beginnen. Bereits 1928 hatte er eine beachtliche Zahl an modernen Kunstwerken zusammengetragen, wie es seine Leihgaben vorwiegend expressionistischer Gemälde für die beiden eingangs erwähnten Ausstellungen aus Berliner Privatbesitz im Kronprinzen-Palais beweisen. Graetz führte zudem einen Salon, in dem unter anderem die Maler und Graphiker Franz Domscheit und Conrad Felixmüller, die Sängerin Adelheid Arnhold sowie der Schriftsteller Theodor Däubler verkehrten. Werner Haas, Stiefsohn aus zweiter Ehe, charakterisierte den Sammler als einen für die Welt der Kunst, Musik und Literatur offenen Menschen, der gern Künstler zu sich einlud. Das Gesellschaftsleben des Sammlers fand ein jähes Ende mit dem Erlaß der »Nürnberger Gesetze« am 15. September 1935. 1 4 Infolge finanzieller Engpässe, die durch die wirtschaftlichen Verluste seiner Firma bedingt waren, begann Graetz einzelne Wohneinheiten seiner Villa zu vermieten. Er selbst bewohnte mit seiner Frau und seinem Stiefsohn eine Fünfzimmerwohnung im Parterre. Wegen der nun beengten Wohnverhältnisse und der inzwischen auf rund zweihundert Gemälde, Skulpturen und sonstige Kunstgegenstände angewachsenen Sammlung vermietete Graetz die Wohnungen möbliert.15 Im Jahr 1938 erließ die nationalsozialistische Regierung

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Enderlein

zahlreiche weitere Verordnungen und Gesetze, die die Ausschaltung von Juden aus dem Wirtschaftsleben zum Ziel hatten. 16 Bereits wenige Tage nach der Pogromnacht vom 9. auf den 1 0 . November 1938 folgten drastische Maßnahmen. Für die von Hermann Göring als »Sühneleistung« verkündete Sondersteuer wurden die im Frühjahr erhobenen Vermögensangaben der Juden zu Grunde gelegt. 17 Durch diese Verordnung wurde die jüdische Bevölkerung gezwungen, zunächst zwanzig, später fünfundzwanzig Prozent ihres angemeldeten Vermögens innerhalb eines Jahres an das Deutsche Reich zu zahlen. Dies führte dazu, daß selbst wohlhabende Juden verarmten. Auch Graetz mußte zur Begleichung dieser Steuern und zur Kompensation von Umsatzrückgängen in seinem Unternehmen Anfang 1 9 3 9 mehrere Lebensversicherungen und Grundstücke veräußern, schließlich betraf dies auch seine Villa. 18 Weitere Grundstückverkäufe folgten, wobei die Erlöse auf Sperrkonten flössen, die für Forderungen des Finanzamtes eingerichtet wurden. 19 Zuletzt war er am 25. Februar 1 9 4 1 gezwungen, die wertvolle Inneneinrichtung der Villa und einen Teil seiner Kunstwerke zu verkaufen. Durch das Auktionshaus Gerhard Harms wurden 289 Posten an Möbeln, Hausrat und verschiedenartigen Kunstobjekten mit

Aufbau und Verlust _

einem Gesamterlös von 9.942. Reichsmark veräußert. 20 Nach Zahlung der Versteigerungsgebühren in Höhe von 1.545,45 Reichsmark wurde der Restbetrag auf das Konto von Bluma Graetz überwiesen, der zweiten Ehefrau des Sammlers. 21 Auch hier ist zu vermuten, daß sie nicht über das Geld frei verfügen durften. A b dem 1. M ä r z 1941 bewohnte das Ehepaar Graetz eine Zweizimmerwohnung in der Wissmannstraße, die sich in unmittelbarer Nähe seiner ehemaligen Villa befand. 22 Durch die Behörden wurden sie in diese Wohnung als Untermieter eingewiesen, die noch kurz zuvor von einem inzwischen deportierten Juden bewohnt worden war. Die Zuweisung war Teil der von den Nationalsozialisten vorbereiteten Zwangsumsiedlung von Juden, die seit Frühjahr 1 9 4 1 in die Tat umgesetzt wurde. 23 Diese Maßnahmen dienten dazu, die jüdische Bevölkerung ab Herbst desselben Jahres mit geringem verwaltungstechnischen A u f w a n d in Konzentrationslager deportieren zu können, um in den frei gewordenen Wohnungen ausgebombte »Volksgenossen« unterzubringen. 24 Z u r Möblierung ihrer Wohnung konnten Robert und Bluma Graetz nur einen kleinen Teil ihrer Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke mitnehmen. Aus Furcht vor einer weiteren Versteigerung beziehungsweise der Verordnung, Gegenstände mit einem Wert über 1.000 Reichsmark an die Ankaufsstelle für Kulturgut abliefern zu müssen, hatten sie die meisten Objekte in Kisten verpackt und bei Freunden und Bekannten untergestellt. 25 Diese Wohnung sollte die letzte Station ihres gemeinsamen Lebens sein. Bluma Graetz wurde am zz. Juni 1941 zu einer Vernehmung abgeholt und anschließend als »Staatsfeindin« nach Russland transportiert, w o sie bis zum Kriegsende in einem Lager arbeiten mußte. 26 Erst 1969 konnte sie nach jahrelangen Verhandlungen zwischen der deutschen und der sowjetischen Regierung als Siebzigjährige ihre einstige Geburtsstadt Riga verlassen und zu ihrem Stiefsohn nach Argentinien auswandern. 1 7 Robert Graetz wurde am 14. April 1942 als völlig mittelloser Mann mit dem 14. Transport in das Vernichtungslager Trawniki bei Lublin deportiert. 28 Der Transport vom Bahnhof Grunewald gehörte zu den »Todeszügen«, die seit dem 18. Oktober 1 9 4 1 deutsche Juden aus dem »Altreich« zunächst nach Lodz, Kowno, Minsk, Riga und in den Distrikt Lublin, später nach Auschwitz »evakuierten«. 29 Robert Graetz kehrte von dort nicht mehr zurück. Sein Todesdatum wurde auf den 31. Dezember 1945 festgelegt. 30

EIN Q U E R S C H N I T T DER BERLINER KUNSTSZENE

Das Profil der Sammlung Graetz kann nur durch die lückenhaften Listen der Kunstwerke in den Wiedergutmachungsakten von Robert Graetz und durch Hinweise seiner Kinder ansatzweise nachvollzogen werden. Werkverzeichnisse, Künstler-

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nachlasse, Ausstellungskataloge und andere Dokumente lieferten weitere wichtige Anhaltspunkte für die Rekonstruktion. 31 Doch wie kam Robert Graetz überhaupt zum Sammeln? Maßgeblich wurde er beim Aufbau der Sammlung durch seinen Bruder beraten. Hugo Graetz, der spätestens ab 1 9 2 0 als Geschäftsführer der NOVEMBERGRUPPE tätig war, verfügte über zahlreiche Kontakte zu Künstlern und kann als spiritus rector der Sammlung seines Bruders gelten. 31 Seine Verbindungen gaben Hugo Graetz 192.3 die Möglichkeit, eine kleine Galerie in der Achenbachstraße 2 1 in Berlin zu eröffnen, in der er in bescheidenem Umfang Künstler vertrat, die in Verbindung zur NOVEMBERGRUPPE standen. Die dort präsentierten Arbeiten von Heinrich Campendonk, Charles Crodel, Heinrich Maria Davringhausen, Lyonel Feininger, Robert Willi Huth, Erich Heckel, Emil Nolde, M a x Pechstein, Jakob Steinhardt und Martel Schwichtenberg, um nur einige zu nennen, finden sich zum Teil auch in der Sammlung seines Bruders wieder. 33 Robert Graetz verfügte somit über einen Sachverständigen, der eng mit der zeitgenössischen Kunst in Berlin verbunden war und dessen Beratertätigkeit sich in der Struktur der Sammlung widerspiegelte. Zweifelsohne hatte Hugo Graetz den Anstoß zum systematischen Sammeln moderner Werke gegeben, denn angefangen hatte Robert Graetz mit dem Erwerb von Gemälden und Skulpturen aus früheren Epochen (Abb. 30j. 3 4 Mit großem zeitlichen Abstand folgten Arbeiten der führenden deutschen Impressionisten M a x Liebermann, Lovis Corinth und M a x Slevogt. Dazu gesellten sich Werke von Lesser Ury und Käthe Kollwitz sowie von August Gaul, Georg Kolbe und Ernst Barlach. Unter dem Einfluß von Hugo Graetz änderte sich der Sammlungsschwerpunkt. Deutlich wird dies, da die in der Sammlung Graetz nun vertretenen Künstler Beziehungen zur NOVEMBERGRUPPE pflegten sowie auch untereinander vielfältig in Kontakt standen. Dies traf auch auf M a x Pechstein, Emil Nolde und Erich Heckel zu, die entweder bei Hugo Graetz oder zusammen mit der NOVEMBERGRUPPE ausstellten und deren Werke sich ebenfalls in der Sammlung von Robert Graetz befanden. 35 Ob die Gemälde von Karl Schmidt-Rottluff ebenfalls über Hugo Graetz in die Sammlung gelangten, ist aufgrund fehlender Unterlagen nicht zu klären. Unstrittig ist jedoch, daß der Großteil der Arbeiten im Kunstbesitz von Robert Graetz aus dem direkten Umkreis der Galerie seines Bruders oder der NOVEMBERGRUPPE kam. Dazu zählen auch Arbeiten von Franz Radziwill, Robert Willi Huth, Martel Schwichtenberg und Jakob Steinhardt, mit dem Hugo Graetz befreundet war. Weitere Künstler in der Sammlung, die Verbindungen zur NOVEMBERGRUPPE hatten, waren die Maler Bruno Krauskopf und Oskar Moll, die auch in Kontakt zu Wilhelm Kohlhoff, Ernst Fritsch, Franz Heckendorf und Käthe Kollwitz standen - ebenfalls in der Sammlung Graetz vertreten - sowie Otto Dix, George Grosz und Conrad Felixmüller; auch die Bildhauer Herbert Garbe und

A u f b a u und

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Unbekannter

Fotograf, DAS W O H N Z I M M E R

IM

ERDGESCHOSS

DER

VILLA

Verlust.III

G R A E T Z , Berlin, v o r

Berlin, Privatarchiv J ü r g e n

Georg Leschnitzer waren darunter. Die Aufzählung verdeutlicht, wie dicht das Netzwerk der Künstler war, die Eingang in die Sammlung fanden, und welch zentrale Rolle Hugo Graetz zukam. Neben dem Einfluß des Bruders auf den Sammlungsaufbau darf der finanzielle Aspekt für einen Geschäftsmann wie Robert Graetz nicht vernachlässigt werden. Viele Künstler waren aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Situation in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg gezwungen, ihre Arbeiten wesentlich billiger anzubieten, um überhaupt verkaufen zu können. 3 6 Dies galt besonders für jüngere Künstler, während die Mitglieder der BRÜCKE im Vergleich zu diesen auf dem Kunstmarkt schon etabliert waren. Es ist anzunehmen, daß Graetz daher seine Erwerbungen der frühen zwanziger Jahre auch als eine günstige Kapitalanlage betrachtete. Das Bestreben zur Anlage in Sachvermögen ist dabei durch die Inflation zu erklären. Auch in den Kunstzeitschriften wurde der Wertzuwachs junger Kunst diskutiert, die laut Paul Westheim innerhalb von einem Jahrzehnt eine enorme Wertsteigerung erfahren hatte. 37 Insbesondere die bereits anerkannten Künstler der BRÜCKE erzielten ab etwa 1 9 2 5 hohe Preise. So kosteten beispielsweise 192.7 in der Galerie Ferdinand Möller Gemälde von Heckel um die 3.000 Reichsmark, von Pechstein 2 . 5 0 0 Reichsmark und von Schmidt-Rottluff 2.000 Reichsmark. 3 8

1936, Bath

112 _Enderle¡n

Gemälde der jüngeren Künstler, wie beispielsweise von Max Kaus, waren dagegen in derselben Ausstellung für nur 750 Reichsmark zu haben. Bemerkenswert ist, daß der überwiegende Teil der in der Sammlung vertretenen Künstler ungefähr derselben Generation wie Robert Graetz angehörte.3' Alle waren mit Berlin durch Geburt oder durch längere Aufenthalte eng verbunden, so daß der Kunstbesitz von Graetz einen Querschnitt durch die Berliner Kunstszene seit Beginn des 20. Jahrhunderts repräsentierte. Das Hauptgewicht lag dabei auf dem Expressionismus. Nach dem Ersten Weltkrieg war eine Reihe von Kunstsammlungen entstanden, wie die von Hans Heymann und Julius Freudenberg, die anders als noch die Privatsammlungen der vorangegangenen Jahrzehnte mit impressionistischen Schwerpunkt nun die verschiedenen Avantgardeströmungen favorisierten. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten endete diese fruchtbare Phase des privaten wie öffentlichen Sammeins zeitgenössischer Kunst. Auch Graetz stellte vermutlich zu diesem Zeitpunkt den weiteren Ausbau seiner Sammlung ein.

PROMINENT VERTRETEN: KARL SCHMIDT-ROTTLUFF UND CONRAD FELIXMÜLLER

Die Kunstsammlung von Robert Graetz bestand aus rund zweihundert Stücken, wobei Gemälde eindeutig überwogen. Nachfolgend sollen einige Werke exemplarisch herausgegriffen werden, um wichtige Sammlungsstrategien zu verdeutlichen. Hierzu soll der umfassend angelegte Erwerb von Arbeiten Schmidt-Rottluffs sowie der nachweisbar privat arrangierte Ankauf von Gemälden Conrad Felixmüllers näher betrachtet werden. Schmidt-Rottluff war wie kein anderer Künstler in der Sammlung Graetz mit einer großen Motivvielfalt von Landschaft über Porträt und Stilleben bis hin zu Arbeiterszenen vertreten.40 Die fünf in der Sammlung belegten Ölgemälde erwarb Graetz innerhalb weniger Jahre nach ihrer Entstehung. Als frühestes Werk besaß Graetz das 1 9 1 0 gemalte Landschaftsbild G U T S H O F IN D A N G A S T , in dem Schmidt-Rottluff sich auf die Darstellung der durch Licht und Schatten hervorgerufenen Farbkontraste konzentrierte (Abb. 31).41 Mit Bildern wie diesem entwickelte der Maler den seit etwa 1 9 0 8 von den Künstlern der B R Ü C K E verwendeten flächigen Farbauftrag weiter und leistete damit seinen Beitrag zum berühmten Flächenstil, mit dem die Gruppe den Höhepunkt ihres expressionistischen Schaffens vor dem Ersten Weltkrieg erreichte.42 Das bis 1933 in der Sammlung Graetz nachgewiesene Landschaftsgemälde wurde 1953 über die Berliner Galerie Matthiesen für die Galerie des 20. Jahrhunderts erworben und befindet sich heute in der Berliner Nationalgalerie.43 Nach Auflösung der B R Ü C K E im Jahr 1 9 1 2 schuf Schmidt-Rottluff während seines Aufenthaltes in Nidden an der Ostsee wei-

Aulbau und Verlust 113

51

Karl Schmidt-Rottluff. GUTSHOF

IN D A N G A S T

(GRAMBERGSCHE

H Ä U S E R ) , 1 9 1 0 , ÖL a u f L e i n w a n d ,

86,5 χ 94,5 cm, Berlin, N e u e

Nationalgalerie

tere Landschaften. Im Gegensatz zu den Dangaster Bildern sind die in Nidden entstandenen Gemälde nun aus kräftig konturierten Formen und in gedeckten Farben komponiert, so im Gemälde DORFSTRASSE von 1 9 1 3 (Verbleib unbekannt), das Graetz vermutlich von der Galerie Goldschmidt und Wallerstein erwarb. 4 4 Bedingt durch die Ereignisse des Ersten Weltkrieges w a r es zu einem radikalen Bruch im Werk von Schmidt-Rottluff gekommen, der sich fortan in verstärktem M a ß e figürlichen Kompositionen zuwandte. 4 5 Das Selbstporträt wurde dabei zu seinem bevorzugten Ausdrucksmittel. Graetz besaß ein solches Bildnis von 1 9 2 0 in dem sich Schmidt-Rottluff als Maler präsentierte. 46 Es ist, ebenso wie andere Selbstdarstellungen dieser Periode, von einer reduzierten Formensprache und leuchtenden Farben geprägt. Auch dieses Gemälde ist bis 1 9 3 3 in der Sammlung Graetz nachweisbar. Es wurde ebenfalls 1 9 5 3 über die Galerie Matthiesen an die Galerie des 20. Jahrhunderts verkauft und befindet sich heute im Bestand der Berliner Nationalgalerie. 4 7 Während seiner Aufenthalte in Jershöft in Pommern zwischen 1 9 2 0 und 1 9 2 3 galt das Interesse Schmidt-Rottluffs dem pastoralen Leben in der Natur, den Fischern und den Bauern sowie den Badenden. Er erfaßte seine Figuren

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in groben Umrissen und mit kaum angedeuteten Gesichtern bei der Verrichtung ihrer harten täglichen Arbeit am Meer oder in der Landwirtschaft. Gekennzeichnet sind diese Fischer- und Bauerndarstellungen durch Spontaneität im Entwurf und Abkehr von einer präzisen Beschreibung. In dieser Phase entstand die Arbeit BOOTSWERFT, die 1 9 2 0 datiert ist (Verbleib unbekannt).48 Das fünfte und jüngste Bild des Künstlers in der Sammlung Graetz zeigt das Blumenstilleben MOHN von 1 9 2 2 (Verbleib unbekannt). 49 Von dem Gemälde existiert nur eine schemenhafte Abbildung auf einer 1 9 3 3 im Kronprinzen-Palais entstandenen Raumaufnahme. 5 ° Da im Werkverzeichnis keine Abbildung vorhanden ist, vermittelt die Fotografie erstmals eine Vorstellung von dem Bild, auf dem Mohnblumen in einer hohen Vase arrangiert sind. Vermutlich wurden wie bei den anderen Blumenstilleben der frühen zwanziger Jahre kräftige Farben und ein flächiger Duktus verwendet. 51 Der repräsentative Querschnitt von Werken dieses Künstlers verdeutlicht den Einfluß von Hugo Graetz auf den Sammlungsaufbau. Inwiefern der Maler selbst oder dessen Galerist Ferdinand Möller bei den Ankäufen eine Rolle spielte, konnte nicht festgestellt werden. 52 Wie richtungsweisend der Erwerb von Werken SchmidtRottluffs durch einen Privatsammler zu Beginn des 20. Jahrhunderts war, läßt sich erst im Rückblick erkennen: Mehrfach wurde Graetz von der Nationalgalerie um Leihgaben gebeten. Denn während die Nationalgalerie 192.8 nur zwei Gemälde des Malers besaß, gehörte Graetz in die Reihe bedeutender Berliner Sammler expressionistischer Kunst, die sich unabhängig von übergeordneten Institutionen der neuen Kunstrichtung widmeten. Z u den wichtigsten Schmidt-Rottluff-Sammlern der zwanziger Jahre in Berlin zählten Bernhard Koehler, Markus Kruss und Käte Bernard-Robinson. Einen besonderen Bezug besaß Robert Graetz zu den vier Ölgemälden und Papierarbeiten von Conrad Felixmüller, dem der Sammler freundschaftlich verbunden war. Die Briefe im Nachlaß des Künstlers erlauben eine nähere Charakterisierung ihres Verhältnisses. 53 Einander vorgestellt wurden sie im Oktober 1929 in der Villa des Sammlers durch Hugo Graetz, der den Maler durch seine Aktivitäten für die NOVEMBERGRUPPE kannte. 54 Bereits an diesem ersten Abend erwarb Robert Graetz im Tausch gegen ein Kleidungsstück für die Ehefrau des Künstlers das Gemälde HERBST IN KLOTZSCHE von 1 9 2 0 (1940 vom Künstler übermalt), das zum revolutionären Frühwerk zählt und ein Paar in vereinfachter Formensprache zeigt.55 In einem Dankschreiben an Graetz drückte der Maler seine Freude über dessen Interesse an seinen neueren Arbeiten aus, da er feststellen mußte, daß »im allgemeinen das Publikum immer etwas hinterher« hinke. 56 Damit bescheinigte er Graetz seine Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Kunstströmungen, denn dieser war Felixmüller nicht nur als Mäzen und Sammler wichtig, sondern er war auch an dessen Meinung zu seinen Werken interessiert.57 Als Graetz 1929 dieses visionär-

A u l b a u und Verlust

expressive Bild erwarb, befand sich bereits eine Reihe von expressionistischen Gemälden in seiner Sammlung - allen voran diejenigen von Schmidt-Rottluff - , weswegen er sich offenbar spontan für dieses ausdrucksstarke frühe Werk entschied. 58 1 9 3 9 gab Graetz das Gemälde auf Wunsch von Felixmüller zurück, der es mit dem neuen Motiv DAS EINGESCHLAFENE MODELL übermalte (Privatbesitz), da sich seit Mitte der zwanziger Jahre ein Wandel innerhalb des Werkes von Felixmüller vollzog und der Maler sich vom politischen Engagement ab- und akademischen Formen zuwandte. 59 Zwischen Künstler und Sammler ist eine enge persönliche Verbindung belegt. Graetz lud den in Dresden ansässigen Felixmüller und dessen Familie zu sich nach Hause ein oder verschickte gelegentlich Kleidungsstücke, auch ohne unmittelbare Gegenleistung. So verstrich beispielsweise fast ein Jahr, bis sich Graetz im Juni 1 9 3 1 f ü r die gerade fertiggestellte L a n d s c h a f t APFELBLÜTE

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KLOTZSCHE

DORF

(Privatbesitz) aus dem gleichen Jahr entschied, die er im Tausch für einen bereits im vorangegangenen Winter versandten Mantel erhielt/ 0 Das Gemälde zeigt eine wirklichkeitsnahe Momentaufnahme der Umgebung von Klotzsche mit einer zurückhaltend verwendeten Farbpalette. 61 Intensiviert wurde die Beziehung zwischen Künstler und Sammler, als Felixmüller im Frühjahr 1934 von Dresden nach Berlin umsiedelte. Bis zum Einzug in die neue Wohnung nahm Graetz die Ehefrau von Felixmüller und die beiden Söhne kurzfristig in seiner Villa auf. 62 Aus Dank und anläßlich der zweiten Eheschließung von Robert Graetz schenkte der Künstler sein e m M ä z e n im J u n i 1 9 3 4 das S E L B S T B I L D (MIT SPORTMÜTZE VOR DER STAF-

FELEI) aus demselben Jahr (Verbleib unbekannt). 6 ' In seinen Selbstdarstellungen legte Felixmüller sich Rechenschaft über seinen künstlerischen Werdegang ab, wobei den Bildern typischerweise konkrete Erlebnisse oder Anlässe zugrunde lagen.64 Im November 1 9 3 4 konnte Felixmüller seinen bereits drei Jahre zuvor geäußerten Vorschlag, ein Porträt seines Mäzens anzufertigen, in die Tat umsetzen.65 Das BILDNIS ROBERT GRAETZ (Verbleib unbekannt) erhielt Graetz kurz nach dessen Entstehung abermals im Tausch gegen Damenkonfektion. 66 Ein derartiges Bildnis war keine Ausnahme, denn Felixmüller porträtierte die Sammler seiner Werke häufig; allein achtzehn Porträts seiner Förderer entstanden im Jahr 1933. 6 7 Auch für Robert Graetz war das Bildnis als Geschäftsmann und Sammler ein Symbol, wollte er doch als Mäzen wirken und nachfolgenden Generationen im Gedächtnis bleiben; eine Denkweise, die dem Selbstverständnis von Angehörigen der wohlhabenden jüdischen Oberschicht entsprach. Unklar ist, wie lange die Freundschaft zwischen Graetz und Felixmüller währte. Aufgrund der sich zuspitzenden politischen Lage liegt es jedoch nahe, daß der Kontakt Ende 1 9 3 4 bereits abnahm und schließlich aus nicht bekannten Gründen abbrach. Nachweisbar sind Kontakte zu Graetz im Nachlaß des Künstlers nach dem Erwerb des BILDNIS ROBERT GRAETZ, mit

_115

116-Enderlein

Ausnahme während der Rückgabe des Gemäldes HERBST IN KLOTZSCHE im Jahre 1 9 3 9 an Felixmüller, jedenfalls nicht mehr.

^ M

DER SAMMLER UND DIE NATIONALGALERIE

Ludwig Justi, Direktor der Nationalgalerie, schuf 1 9 1 9 nach dem Ende der Monarchie mit der neuen Abteilung im Kronprinzen-Palais ein »Museum der Gegenwart«, in dem er als einer der ersten Museumsdirektoren in Deutschland Werke zeitgenössischer Künstler ausstellte.68 Eingeschränkt durch einen knappen Etat bemühte er sich von Beginn an, Künstler und Privatsammler als Leihgeber für die Ausstellungen im Kronprinzen-Palais zu gewinnen. Z u diesen Leihgebern zählte neben Käte Bernard-Robinson, Bernhard Koehler, Markus Kruss, Edwin Redslob und Hugo Simon auch Robert Graetz. Ihre Leihgaben veranschaulichen, daß viele bedeutende private Sammlungen in Deutschland avantgardistischen Kunstströmungen aufgeschlossener gegenüberstanden als die Museen, die lange gezögert hatten, die offizielle Kunstauffassung des Kaiserreiches zu durchbrechen und auch umstrittene zeitgenössische Kunst zu sammeln. In welchem Umfang moderne Kunstwerke bereits gegen Ende der zwanziger Jahre Eingang in Berliner Privatsammlungen gefunden hatten, zeigten 1928 zwei Ausstellungen im Kronprinzen-Palais. Justi knüpfte mit diesen Ausstellungen an die Tradition Wilhelm von Bodes an, der bereits in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts Kunstschätze aus Privatbesitz der Öffentlichkeit präsentiert hatte. Mit den Ausstellungen verband Justi das Bedürfnis, nicht die »klassisch gewordene« deutsche Kunst zu zeigen, sondern die Objekte jener Sammler, die Werke der jüngeren Künstlergeneration kauften, die noch nicht vom internationalen Kunstmarkt bewertet worden waren. 6 ' Justi gab hierdurch nicht nur einen Überblick über den Stand der Sammlertätigkeit zeitgenössischer Kunst in Berlin, sondern würdigte auch das Wagnis, das die neue Generation mit dem Erwerb dieser Werke eingegangen war. Für die Aprilausstellung hatten 59 Privatsammler 204 Gemälde und Skulpturen expressionistischer Künstler zur Verfügung gestellt. Für die Ausstellung im Juli hatten 1 3 6 Sammler insgesamt 199 Werke der Neuen Sachlichkeit und des Realismus ausgeliehen. Graetz trat im Zusammenhang mit diesen beiden Ausstellungen erstmals als Leihgeber für das Berliner Museum in Erscheinung. 70 Im April war er mit sechs Gemälden und in der Folgeausstellung mit einem Bild vertreten. Allein von Karl Schmidt-Rottluff wurden vier Ölgemälde aus seiner S a m m l u n g gezeigt: S E L B S T B I L D N I S , B O O T S W E R F T , MOHN s o w i e GUTSHOF IN

DANGAST. 71 Hinzu kamen M a x Pechsteins Stilleben CALLA, GOLDREGEN UND

Aulbau und V e r l u s t . 117

SCHWERTLILIEN ( 1 9 1 8 , Verbleib unbekannt) sowie Paula Modersohn-Beckers Gemälde MÄDCHEN (1904, Verbleib unbekannt). 71 Der Schwerpunkt der Aprilausstellung lag auf den Künstlern der BRÜCKE, wodurch Justi deren Bedeutung innerhalb der jungen deutschen Kunstszene deutlich herausstellte. Mit Ausnahme von Ernst Ludwig Kirchner waren diese Künstler prominent in der Sammlung Graetz vertreten. Neben den insgesamt fünf Gemälden von Schmidt-Rottluff in seinem Besitz soll der Sammler allein von Pechstein zwölf Bilder besessen haben; des weiteren jeweils zwei Werke von Heckel und Nolde. 73 Mit dem Hauptgewicht auf den Expressionisten spiegelte die Sammlung den Trend der Berliner Privatsammlungen Ende der zwanziger Jahre wider, wie die von Justi arrangierte Ausstellung im Kronprinzen-Palais zeigte. Graetz gehörte mit Blick auf seine gesamte Kollektion zu denjenigen Sammlern, die sich um die junge Kunst besonders verdient gemacht hatten. Für die zweite Ausstellung im Juli hatte Justi Gemälde und Plastiken der den Expressionisten nachfolgenden Künstlergeneration ausgewählt. Hier war jeder Leihgeber zumeist nur mit einem Werk vertreten. Graetz war mit Wilhelm Kohlhoffs HAFENANSICHT (1924, Verbleib unbekannt) präsent. Darüber hinaus hatte er dem Museum im März 1928 noch weitere Arbeiten für die beiden Ausstellungen leihweise übergeben. Insgesamt stellte Graetz der Nationalgalerie

siebzehn

Gemälde und eine Plastik zur Verfügung. Unter ihnen befanden sich neben den bereits erwähnten Bildern eine zweite Hafenansicht von Robert Willi Huth, jeweils ein Blumengemälde von Oskar Moll und Franz Heckendorf, eine Stadtansicht von Wilhelm Schmid, ein Selbstbildnis von M a x Kaus, zwei nicht näher bezeichnete Gemälde von Ernst Fritsch und Jakob Steinhardt sowie eine Porträtbüste von Georg Leschnitzer, die Hilda Graetz zeigte, die Tochter des Sammlers (Verbleib unbekannt). 74 Im Jahr 1 9 3 3 trat Graetz ein weiteres Mal als Leihgeber von Gemälden für die Dauerpräsentation im Kronprinzen-Palais auf. Justi hatte den Erwerb eines Gemäldes von Schmidt-Rottluff zum Anlaß genommen, weitere Werke aus Privatbesitz zu entleihen, um einen repräsentativen Querschnitt der Arbeiten des Künstlers zeigen zu können. Während Robert Graetz 1928 bereits Eigentümer von fünf Gemälden des Malers war, besaß die Nationalgalerie zu diesem Zeitpunkt lediglich zwei Werke: Die beiden Ölgemälde DORF AM SEE ( 1 9 1 3 , St. Louis, The Saint Louis Art Museum, Nachlaß Morton D. May) und DIE RUHENDE FRAU (1912., München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Staatsgalerie Moderner Kunst) waren 1 9 1 9 beziehungsweise 1 9 2 0 in den Bestand des Museums gelangt. 75 Erst 1 9 3 2 bereicherte eine dritte Arbeit des Malers, das Gemälde RÖMISCHES STILLEBEN (1930, Berlin, Brücke Museum), die moderne Abteilung. 76 Der Kunsthistoriker Alfred Hentzen begrüßte den 1 9 3 z getätigten Ankauf des Bildes. Er schrieb:

118 _ E n d e r l e i n

52

Unbekannter

Fotograf, SAAL IM KRONPRINZEN-PALAIS

UND KARL SCHMIDT-ROTTLUFF, UNTER ANDEREM

MIT WERKEN VON ERNST LUDWIG

MIT DEM GEMÄLDE

KIRCHNER

» M O H N « , Berlin, I 9 3 3 ,

Berlin,

Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv

»Karl Schmidt-Rottluff war mit zwei seiner schönen frühen Bilder bisher in der Galerie kaum ausreichend vertreten, zumal sie in letzter Zeit nicht mehr durch Leihgaben ergänzt werden konnten.« 77 Graetz, der ebenfalls gefragt wurde, kam der Bitte Justis nach und verlieh Anfang 1 9 3 3 die Gemälde GUTSHOF

IN

DANGAST

und

MOHN

SELBSTBILDNIS,

an das Kronprinzen-Palais. 78 Eine Raum-

aufnahme belegt, daß zwei der drei von Graetz geliehenen Gemälde von SchmidtRottluff 1 9 3 3 tatsächlich in der Schausammlung ausgestellt waren (Abb.

32).79

Diese Hängung bestand vermutlich nur bis zum Sommer, da der am 1 . Juli 1 9 3 3 kommissarisch eingesetzte Direktor Alois Schardt von Kultusminister Bernhard Rust zur Neuhängung im Kronprinzen-Palais aufgefordert worden war. Schardt veranlaßte daraufhin die sofortige Rückgabe der Leihgaben an ihre Eigentümer mit der Begründung, daß zu hohe Versicherungssummen gezahlt werden müßten.8° Im September 1 9 3 3 erhielt Graetz seine drei Werke von Schmidt-Rottluff zurück. 81 Damit fand die lebendige Leihgabenpraxis aus zeitgenössischen Privatsammlungen an das Kronprinzen-Palais ein vorzeitiges Ende. Auch Robert Graetz verlieh ab jenem Jahr keine Kunstwerke mehr an die Nationalgalerie.

A u f b a u und V e r l u s t . 119

DIE ZERSCHLAGUNG DER SAMMLUNG

Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten begann der Zerfall der Sammlung Graetz. Zunächst kam es zur Stagnation des Sammeins: Hugo Graetz, sein Berater in Kunstangelegenheiten, emigrierte 1933 aus dem Deutschen Reich, weshalb neue Erwerbungen seltener wurden, bis Graetz sie schließlich ganz einstellte. Gleichzeitig fand die öffentliche Anerkennung seiner Sammlung ein jähes Ende. In der Folgezeit entging der Kunstbesitz von Robert Graetz - wie der von zahlreichen anderen jüdischen Privatsammlungen während des NS-Regimes - nicht der Zerstörung. Die rund zweihundert Kunstwerke umfassende Sammlung wurde durch Fortgaben, Verkäufe und Versteigerungen kontinuierlich dezimiert. Zudem wurde ein Teil vermutlich durch die Kriegsereignisse vernichtet. Der Großteil der Sammlung Graetz ist bis heute verschollen. Nur vereinzelt gelangten Werke nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erneut in den Kunsthandel und befinden sich heute in Museen oder in Privatsammlungen. Die nur punktuell vorhandenen Quellen und Zeugenaussagen geben weder eine genaue Auskunft darüber, wann die Sammlung zerstreut wurde, noch über den Verbleib der meisten Kunstwerke. Vermutlich kam es zu ersten Einbußen, als Graetz 1936 begann, einzelne Wohneinheiten seiner Villa zu vermieten.81 Nur bei einigen Arbeiten lassen sich die Verlustumstände konkret nachvollziehen. So gab Graetz im Juli 1939 das Gemälde

HERBST

IN K L O T Z S C H E

von Conrad Felix-

müller auf Bitten des Künstlers an diesen zurück, der es übermalte.83 Im Laufe der dreißiger Jahre vermachte Graetz einigen nahen Verwandten Kunstwerke, als diese Deutschland verließen. Seine Tochter Hilda erhielt je ein Stilleben von Hermann Konnerth und Martel Schwichtenberg sowie eine Bleistiftzeichnung von Pechstein, die sich bis zu ihrem Tod im Dezember 2009 in ihrem Besitz befanden.84 Als Wilhelm Graetz, ein weiterer Bruder des Sammlers, 1939 nach Südamerika emigrierte, erhielt er eine Seelandschaft von Pechstein und vermutlich Noldes Aquarell NEGERKOPF;

beide Werke sollte er Roberts Sohn Hellmuth übergeben.85 Wie viele

Kunstwerke auf diese Weise den Besitzer wechselten, ist nicht mehr nachzuvollziehen; ebenso wenig wie der Weg, auf dem sie den Kunstbesitz von Graetz verließen. Die Versteigerung von Einrichtungsgegenständen und eines Teils seiner Sammlung durch das Auktionshaus Gerhard Harms am 25. Februar 1941 umfaßte jedenfalls, mit wenigen Ausnahmen, nur Werke von geringem künstlerischen Rang (Abb. 33J. 86 Laut Inserat im

VÖLKISCHEN BEOBACHTER

handelte es sich um die

»Versteigerung einer gepflegten Wohnungseinrichtung«. Dabei sollte folgendes zum Verkauf kommen: »Auserwählte Asienkunst, Jadeschalen, Kleinkunst, Gemälde, Perserbrücken, Speisezimmer, Garnituren, Hausmobiliar, u.v.a. freiwillig], meistbfietend]. gebraucht], bar wegen Auflösung, ausländischer, nichtarischer Besitz.«87

120-Enderlein

%

l

i

VÖLKISCHER BEOBACHTER

f=i

Versteigerung

1=1

einer gepflegten Wohnungseinrichtung

Grunewald,

ΓΓ

Erdener Straße 15 |

fa. d. Königtallee)

Btiichliguat Montag, M. Februar 41 10-17 Uhr

Vertttigtruni PI «ist I«. 2S. F «bruti 41 ab 11 Uhr

Auttrwähllt Asimkunst, Jadttchalm. Kltinkuntt. Ot-_ t. PtTítrbrücktn, Sptutzimmxtr, Garnitur**, Hautlier, ¡u.v.a. frñtu. meittb. gebr. bar jgrf/n Auflösung, auiländiiclur, utckiariukrr Biñtt.

6 HTM

A R D H A R M S

Vmrstmigmrungshaus vtrtidifltr und öffentlich btitillter Ueritriferer Berlin-Wilmersdorf, Prinzregentenstraße 2. 44 64 33

A N Z E I G E Z U R V E R S T E I G E R U N G D E R W O H N U N G S E I N R I C H T U N G DER V I L L A G R A E T Z

IN DER E R D E N E R S T R A S S E 1 5 IN B E R L I N AM 2.5. F E B R U A R

I94I,

aus: VÖLKISCHER BEOBACHTER, 2 3 . Februar 1 9 4 1

Die Erwähnung des ausländischen Besitzes bezieht sich auf Bluma Graetz, die nach ihrer Scheinscheidung wieder ihre lettische Staatsangehörigkeit annahm, um auf diese Weise die Vorteile ausländischer Juden gegenüber deutschen Juden zu erhalten. Bei den 289 aufgeführten Posten lag der Schwerpunkt eindeutig auf Einrichtungsgegenständen und kostbaren dekorativen Objekten. 88 Die Schätzpreisliste wies Vasen, Porzellan, japanisches Kunstgewerbe, chinesisches Porzellan, chinesische und ägyptische Bronzefiguren, chinesische Elfenbeinschnitzereien, Cloisonnévasen, Gemälde, Teppiche, Möbel, das komplette Speisezimmer, Hausrat, Möbel, Kristall und Geschirr auf. Der Anteil der Skulpturen, Gemälde und Chinoiserien war dagegen gering. Im einzelnen handelte es sich um einundzwanzig Plastiken aus Bronze, Holz und Porzellan, sechzehn Gemälde und fünfundzwanzig sonstige Asiatika. Die aufgeführten Gemälde stammen sämtlich von weniger bekannten Künstlern wie Albert Allmann oder M . Grosche. Ihr Wert wurde jeweils auf 2.5 bis 70 Reichsmark geschätzt. Festzuhalten bleibt, daß die in der Schätzpreisliste vermerkten Objekte nicht entfernt die exquisite Sammlung moderner Kunst widerspiegelten, die Graetz zusammengetragen hatte. Wegen der seit Kriegsbeginn sehr

Autbau und V e r l u s t . 121

lückenhaften Aktenlage in Bezug auf Berliner Auktionshäuser konnte bislang nicht der Nachweis erbracht werden, daß Graetz seine wertvolle Sammlung einem auf Kunst spezialisierten Versteigerer angeboten hätte.89 Überliefert ist lediglich, daß er Teile der Sammlung bei Bekannten und Speditionen untergestellt hatte. Die fest installierten Skulpturen im Garten fielen vermutlich einem Bombenangriff gegen Ende des Krieges zum Opfer. Als Robert Graetz kurz vor seiner Deportation am 12.. April 1 9 4 z eine Auflistung seines Vermögens erstellen mußte, waren in seinem Eigentum nur noch »einige Gemälde, Bronzen« enthalten.90 Z u diesem Zeitpunkt war seine kostbare Kunstsammlung verstreut oder zerstört, und der einst wohlhabende jüdische Textilfabrikant und Sammler ein mittelloser Mann.

122 _ Enderlein

1 Brief von Werner Haas an Angelika Görnandt (verh. Enderlein), Poole Dorset, 8. August 2 0 0 1 , Archiv der Autorin. Die hier wiedergegebenen Begebenheiten im Hause Graetz beruhen auf den Erinnerungen von Werner Haas aus dem 2 0 0 2 begonnenen Briefkontakt. 2 Ausführlich zur Sammlung Graetz vgl. Angelika Enderlein: Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im NS-Staat. Zum Schicksal der Sammlung Graetz, Berlin zoo6. Zum Schicksal weiterer jüdischer Sammlungen vgl. Anja Heuß: Das Schicksal der jüdischen Kunstsammlung von lsmar Littmann. Ein neuer Fall von Kunstraub wirft grundsätzliche Fragen auf, in: Neue Züricher Zeitung, 1 7 . August 1 9 9 8 , S. 2 3 ; id.: Die Sammlung Max Silberberg in Breslau, in: Andrea Pophanken u. Felix Billeter (Hrsg.): Die Moderne und ihre Sammler. Französische Kunst in deutschem Privatbesitz vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, Berlin 2 0 0 1 , S. 3 1 1 - 3 2 6 ; Dorothea Kathmann: Kunstwerke aus jüdischen Sammlungen. Möglichkeiten und Grenzen der Provenienzermittlungen am Beispiel der Sammlung Silberberg aus Breslau, in: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg (Hrsg.): Beiträge öffentlicher Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland zum Umgang mit Kulturgütern aus ehemaligem jüdischen Besitz, Magdeburg 2 0 0 1 (Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Bd. 1), S. 2 6 - 3 7 ; Max Steinthal. Ein Bankier und seine Bilder, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Berlin 2004. 3 Vgl. Datenbank zum Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, Eintrag Robert Graetz, Berlin, Landesarchiv (LArch Berlin). 4 Die Angaben zur Firma entstammen größtenteils aus der Handelsregisterakte 90 HRA 93 2 3 1 , Abschrift 24. Mai 1 9 6 1 , Berlin, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LBO), Abt. ι , Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 2 7 3 , Bl. D 82. 5 Vgl. Erwin Wittkowski: Die Berliner Damenkonfektion, Berlin u. Leipzig 1 9 2 8 , S. 23; Statistik für die Bekleidungsindustrie 1928-1936 [für das Deutsche Reich], in: Statistisches Jahrbuch Deutsches Reich, 5 7 / 1 9 3 8 , S. 1 7 4 . Zu den Umsätzen von Graetz vgl. LBO, Abt. ι , Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 2 7 3 , Bl. M 42. 6 Vgl. Uwe Westphal: Berliner Konfektion und Die Zerstörung einer Tradition 1836-1939, 1 9 9 2 , S. 1 5 6 .

Mode. Berlin

7 Vgl. Brief der Industrie- und Handelskammer, 16. Februar 1 9 3 8 , Abschrift 2. April 1 9 5 8 , LBO, Abt. 1, Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 2 7 3 , Bl. E 7. 8 Vgl. Reichsministerium des Innern (Hrsg.): gesetzblatt, Berlin 1 9 3 8 , Bd. 1, S. 1 5 8 0 .

Reichs-

9 Graetz teilte der IHK im November 1 9 3 9 mit, daß die Firma aufgelöst sei; vgl. Brief von Robert Graetz an die Industrie- und Handelskammer, 1 7 . November 1 9 3 9 u. Handelsregister 90 HRA 93 2 3 1 , Abschrift 24. Mai 1 9 6 1 , L B O , Abt. ι , Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 2 7 3 , Bl. D 82. 10 Vgl. Berliner Einwohner-Adreßbuch, Berlin 1 9 4 0 , Eintrag: Erdener Str. 1 3 / 1 5 . Die zeitliche Verschiebung ist vermutlich durch die Drucklegung bedingt. 11 Ella Graetz, geb. Wagner wurde am 20. August 1 8 8 0 in Berlin geboren. Sie verstarb am 1 8 . März 1 9 2 6 ; vgl. E-mail von Barbara Welker vom Centrum Judaicum, 13. November 2002, Archiv der Autorin. Zu den Kindern Hilda, geboren am 3. Mai 1 9 1 2 , und Hellmuth, geboren am 3. Dezember 1 9 1 4 , vgl. LBO, Abt. I, Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 5 7 2 7 3 , Bl. M 1 5 . 12 Zur Bevölkerungsstruktur in Wilmersdorf vgl. KarlHeinz Metzger: Einleitung, in: Kommunalverwaltung unterm Hakenkreuz. Berlin-Wilmersdorf 1933-1945 (hrsg. v. Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin u. KarlHeinz Metzger), Berlin 1 9 9 2 , S. 9 - 3 3 . 13 Vgl. Bauakte Villa Erdener Straße 1 3 - 1 5 , ohne fol., LArch Berlin, Β Rep. 209, Nr. 4 3 1 u. LBO, Abt. ι , Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 2 7 3 , Bl. M 1 6 . 14 Vgl. Reichsbürgergesetz vom 1 5 . September 1 9 3 5 , in: Reichsministerium des Innern (Hrsg.): Reichsgesetzblatt, Berlin 1 9 3 5 , Bd. 1, S. 1 1 4 6 . Zu den Auswirkungen der »Nürnberger Gesetze« vgl. Uwe Dietrich Adam: Judenpolitik im Dritten Reich, Düsseldorf 1 9 7 2 ; Joseph Walk (Hrsg.): Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat. Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnahmen und Richtlinien - Inhalt und Bedeutung, Heidelberg 1996. 15 Vgl. Aussage von Hilda Rush zum Verfolgungsvorgang der Familie Graetz, Johannesburg, 9. Juni 1 9 5 5 , LBO, Abt. ι , Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 2 7 3 , Bl. M 16. Allein im Zimmer von Werner Haas sollen 52 Gemälde und Zeichnungen gehangen haben; vgl. Brief von Werner Haas an Angelika Görnandt, 5. August 2002, Archiv der Autorin. 16 Vgl. Wolf Gruner: Judenverfolgung in Berlin 19331945. Eine Chronologie der Behördenmaßnahmen in der Reichshauptstadt, hrsg. v. Reinhard Rürup, Berlin 1 9 9 6 (Veröffentlichung der Stiftung Topographie des Terrors). 17 Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit; vgl. Reichsministerium des Innern (Hrsg.): Reichsgesetzblatt, Berlin 1 9 3 8 , Bd. 1, S. 1 5 7 9 .

A u l b a u und Verlust _ 1 2 3

18 Vgl. LBO, Abt. i , Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 273, Bl. F ι f. u. 5. Zum Verkauf der Villa vgl. Kaufvertrag, 10. Dezember 1940, LArch Berlin, Β Rep. 209, Nr. 431, unfol.

lervereinigung aktiv auftrat; vgl. Helga Kliemann: Die Novembergruppe, Berlin 1969, S. 55 u. S. 147 (Abb. 2). Die wichtige Rolle von Hugo Graetz für den Aufbau der Sammlung erwähnten sowohl Hilda Rush, Werner Haas und Jürgen Bath; vgl. Briefwechsel vom

19 Vgl. die Abschrift der Oberfinanzdirektion-Akte (OFD), LBO, Abt. 1, Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 5 7 1 7 3 , Bl. D 83.

19.Juni 2002, 5. August 2002 und 21. September 2002, Archiv der Autorin.

20 Vgl. Liste der versteigerten Kunstwerke, 25. Februar 1941, LArch Berlin, A Rep. 243-04, Nr. 52. 21 Vgl. Auszug aus dem Geschäftsbuch von Gerhard Harms, Kopie, LBO, Abt. 1, Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 273, Bl. D 14. 22 Datenbank im LArch Berlin, Eintrag zu Robert Graetz. 23 Vgl. Gruner 1996, S. 12.

33 Die genannten Künstler sind einer Anzeige zur ersten Ausstellung von Hugo Graetz entnommen; vgl. Kunstchronik und Kunstmarkt 19/1913 (20. April), S. 567. 34 Vgl. Schätzpreisliste, 25. Februar 1941, LArch Berlin, A Rep. 243-04, Nr. 52. Auch der Künstler Franz Domscheit berichtete nur summarisch von besonders wertvollen gotischen Gemälden; vgl. LBO, Abt. I, Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 273, Bl. M 21. 35 Zur Ausstellungsbeteiligung und Mitgliedschaft der einzelnen Künstler vgl. Kliemann 1969, S. 5 0 - 5 2 .

24 Vgl. Wolf Gruner: Die Reichshauptstadt und die Verfolgung der Berliner Juden 1 9 3 3 - 1 9 4 5 , in: Reinhard Rürup (Hrsg.): Jüdische Geschichte in Berlin. Essays und Studie, Berlin 1995, S. 2 2 9 - 2 6 6 , S. 246.

36 Vgl. Adolph Donath: Berliner Kunstbewegung, Kunstwanderer 6/1924, S. 285 f. 37 Vgl. Paul Westheim: Wovon

25 Dies geht aus Zeugenaussagen hervor, die in einem Vermerk des Entschädigungsamtes im Mai 1972 notiert worden sind, LBO, Abt. I., Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 273, Bl. D 173. 26 Zur Deportation von Bluma Graetz vgl. Schriftwechsel zwischen ihrem Anwalt und dem LBO, ibid., Bl.M 174. 27 Aussage von Bluma Graetz im Entschädigungsantrag wegen »Schaden am Leben von Robert Graetz«, 8. September 1969, ibid., Bl. Α 1. 28 Vermögenserklärung von Robert Graetz, ausgefüllt am 12. April 1942, Potsdam, Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Rep. 16A OFP Berlin-Brandenburg II, Nr. 11405: Robert Graetz, Bl. 2-9. Zum Transport vgl. LArch Berlin, Datenbank, Eintrag zu Robert Graetz.

Rundfrage ner Kunst,

man nicht spricht.

über die Wertsteigerung in: Das Kunstblatt

in: Der

an Werken

Eine moder-

15/1931, S. 6 - 2 2 u.

S· 39-47· 38 Vgl. Auflistung von Kunstwerken, die im Sommer 1927 in der Galerie Ferdinand Möller ausgestellt waren bei Eberhard Roters: Galerie Ferdinand Möller. Die Geschichte einer Galerie für Moderne Kunst in Deutschland 1917-1956, Berlin 1984, S. 90 f. Zum Vergleich: Das jährliche Durchschnittsgehalt eines Beamten der höchsten Gehaltsstufe betrug 1917 rund 10.164 Reichsmark; vgl. Statistik für durchschnittliche Monatsgehälter von ledigen Reichsbeamten der höchsten Gehaltsstufe für das Jahr 1927, in: Statistisches Jahrbuch Deutsches Reich 46/19ZJ, S. 324. 39 Abhängig vom Erwerbungsjahr der Kunstwerke von Lesser Ury gehörte dieser noch zu den lebenden Künstlern. Er starb 1931.

29 Vgl. Liste der Deportationen bei Gruner 1996, S. 98 f. 30 Vgl. Beschluß des Amtsgerichtes

Charlottenburg,

25. Januar 1954 u. Vermerk in den Akten der Wiedergutmachungsämter von Berlin zu Robert

40 Vgl. Versicherung der Leihgaben und fremde Kunstwerke ( 1 9 3 3 - 3 4 ) , Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv (SMB-PK, ZA), I/NG 719 u. I/NG 859.

Graetz,

LArch Berlin, Wiedergutmachungsamt 7, 2270/50, Bl. 45· 31 Vgl. Kopie der Eidesstattlichen Versicherung mit Angaben zur Sammlung Graetz, 28. Oktober 1954, ibid., Bl. 67 f. 32 Ein von Ludwig Meidner 1920 geschaffenes Bildnis Hugo Graetz, heute verschollen, gibt einen Hinweis darauf, daß Hugo Graetz ab etwa 1920 in der Künst-

41 Vgl. Will Grohmann: Karl Schmidt-Rottluff (Mit einem chronologischen Œuvrekatalog der Gemälde), Stuttgart 1956, W V 1910/2, Farbabb. S. 21. 42 Vgl. Tayfun Belgin: Der expressionistische Weltblick Karl Schmidt-Rottluffs, in: Id. u. Magdalena M . Moeller (Hrsg.): Karl Schmidt-Rottluff. Ein Maler des 20. Jahrhunderts. Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von 190J bis 197z, Ausstellungskatalog, Museum am Ostwall, Dortmund / Kunsthalle, Kiel / Museum

124 _ Enderlein

der Bildenden Künste, Leipzig 2001-2.002, S. 1 0 - 2 4 , S. 1 6 . 45 Vgl. Inventar, Neue Nationalgalerie, Berlin, Inv.-Nr. Β 86a, SMB-PK, ZA.

55 Vgl. Heinz Spielmann (Hrsg.): Conrad Felixmüller. Monographie und Werkverzeichnis der Gemälde, Köln 1 9 9 6 , W V 223 sowie Conrad Felixmüller an Robert Graetz, 23. Oktober 1 9 2 9 , GNM-DKA, Nachlaß Conrad Felixmüller I, C - i c , Bl. 36,1.

44 Vgl. Grohmann 1 9 5 6 , W V 1 9 1 3 / 1 8 , Abb. S. 2.59. Als Provenienz ist dort »Dr. Wallerstein, Berlin« angegeben. Dabei handelt es sich um die Galerie Goldschmidt und Wallerstein. Unterlagen zur Galerie konnten nicht ermittelt werden.

56 Vgl. ibid.

45 Vgl. Hubertus Froning: Auf der Suche nach neuen Wegen - über Schmidt-Rottluffs Grafik, in: Magdalena M . Moeller (Hrsg.): Karl Schmidt-Rottluff. Druckgrafik, Ausstellungskatalog, Brücke-Museum, Berlin et al. 2 0 0 1 - 2 0 0 2 , S. 9 - 2 0 , S. 1 9 .

58 Vgl. Brief von Conrad Felixmüller an Robert Graetz, 23. Oktober 1 9 2 9 , ibid., Bl. 3 6 , 1 .

57 Vgl. Conrad Felixmüller an Robert Graetz, 5. April 1 9 3 0 , GNM-DKA, Nachlaß Conrad Felixmüller I, C - i c , Bl. 40.

59 Vgl. Handschriftliches Werkverzeichnis der Jahre 1 9 1 3 - 1 9 2 2 , W V 2 2 3 , ibid., B-6c, u. Spielmann 1 9 9 6 , W V 847.

44 Vgl. Grohmann 1 9 5 6 , W V 1 9 2 0 / 1 , Abb. Tf. S. 57. 47 Vgl. Inventar, Neue Nationalgalerie, Berlin, Inv.-Nr. Β 86, SMB-PK, ZA.

60 Vgl. Brief Conrad Felixmüller an Robert Graetz, 20. Juli 1 9 3 1 , GNM-DKA, Nachlaß Conrad Felixmüller I, C - i d , Bl. 38. Das Gemälde ist verzeichnet bei Spielmann 1 9 9 6 , W V 500.

48 Vgl. Grohmann 1 9 5 6 , W V 1 9 2 0 / 1 9 , Abb. S. 266. 49 Vgl. Grohmann 1 9 5 6 , W V 1 9 2 2 / 1 3 , o. Abb. 50 Vgl. Gunther Thiem u. Armin Zweite (Hrsg.): Karl Schmidt-Rottluff. Retrospektive, Ausstellungskatalog, Kunsthalle, Bremen / Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1 9 8 9 , S. 95. Das Stilleben auf der Fotografie konnte mithilfe der im Zentralarchiv der Nationalgalerie vorhandenen Unterlagen zum Leihverkehr zwischen Graetz und dem Museum identifiziert werden, 1. September 1 9 3 3 , SMB-PK, ZA, I/NG 859, Bl. 3 3 5 und 3 3 6 . 51 Vgl. beispielsweise das Gemälde RITTERSPORN AM FENSTER ( 1 9 2 2 ) bei Grohmann 1 9 5 6 , W V 1922/5 u. die Farbabb. in: Siegfried Gohr (Hrsg.): Museum Ludwig. Gemälde, Skulpturen, Environments vom Expressionismus bis zur Gegenwart, Bestandskatalog, München 1 9 8 6 , 2 Bde., Bd. 1, Tafel 8. 52 In den An- und Verkaufsbüchern der Galerie Ferdinand Möller ist Robert Graetz nicht als Kunde vertreten. Telefonische Auskunft von Wolfgang Wittrock, Ferdinand-Möller-Stiftung, am 26. Februar 2004. 53 Vgl. die Akten in Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv (GNM-DKA), Nachlaß Conrad Felixmüller.

61 Vgl. Frühjahrsauktion Kunst des 1 9 . und 20. Jahrhunderts, Auktionskatalog, Berlin, Villa Grisebach, 27. Mai 1 9 9 5 , Lot 274 (dort als RADEBEUL betitelt), nicht verkauft u. Deutsche und Österreichische Malerei und Zeichnungen nach 1800, Auktionskatalog, München, Sotheby's, 2. Dezember 1 9 9 7 , Lot 200 ( d o r t als A P F E L B L Ü T E

-

KLOTZSCHE

DORF

beti-

telt), nicht verkauft. 62 Vgl. Brief von Conrad Felixmüller an M o von Haugk, 29. März 1 9 3 4 , GNM-DKA, Nachlaß Conrad Felixmüller I, C - i f , unpaginiert. 65 Vgl. Spielmann 1996, W V 604, o. Abb. u. Brief von Conrad Felixmüller an Robert Graetz, 1 4 . Juni 1 9 3 4 , ibid., Bl. 8. 64 Vgl. Dieter Gleisberg: Conrad Felixmüller im »Selbstbild«, in: Christian Rathke (Hrsg.): Conrad Felixmüller. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik, Skulpturen, Ausstellungskatalog, SchleswigHolsteinisches Landesmuseum, Schloß Gottorf, Schleswig et al. 1 9 9 0 - 1 9 9 1 , S. 4 3 - 4 9 . 65 Vgl. Brief von Conrad Felixmüller an Robert Graetz, 20. Juli 1 9 3 1 , GNM-DKA, Nachlaß Conrad Felixmüller, C - i d , Bl. 38. 66 Vgl. Spielmann 1 9 9 6 , W V 6 1 8 , o. Abb.

54 Vgl. Brief von Conrad Felixmüller an Robert Graetz, 23. Oktober 1 9 2 9 , GNM-DKA, Nachlaß Conrad Felixmüller I, C - i c , Bl. 36,1. Felixmüller hatte 1 9 2 9 bei der J u b i l ä u m s s c h a u

ZEHN

JÄHRE

NOVEMBER-

GRUPPE ausgestellt; vgl. Kliemann 1969, S. 45 u. S. 50.

67 Vgl. Jutta Penndorf: Conrad Felixmüller und Sammler in den Dresdner Jahren ( 1917-1934), Spielmann 1996, S. 3 2 - 4 5 , S. 42 f. 68 Vgl. Andreas Hüneke: Expressionistische

seine in:

Kunst

in

A u f b a u und V e r l u s t . 1 2 5

deutschen Museen bis 1 9 1 9 , in: Annegret Janda (Hrsg.): Das Schicksal einer Sammlung. Aufbau und Zerstörung der Neuen Abteilung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais Unter den Linden 1 9 1 8 - 1 9 4 5 , Ausstellungskatalog, Nationalgalerie, Berlin 1 9 8 8 , S. 8 - 1 1 , S. 9 f. 69 Vgl. Ludwig Justi: Vorwort, in: Ausstellung neuerer deutscher Kunst aus Berliner Privatbesitz (April 192.8), Ausstellungskatalog, Nationalgalerie, Berlin 1 9 2 8 ,

S. 1 4 9 - 1 5 8 , S. 1 5 1 . Hentzen war wissenschaftlicher Mitarbeiter der Nationalgalerie. 78 Vgl. Rückgabebestätigung am 1. September SMB-PK, ZA, I/NG 859, Bl. 3 3 5 u. 3 3 6 .

1933,

79 Vgl. Gunther Thiem u. Armin Zweite (Hrsg.): Karl Schmidt-Rottluff. Retrospektive, Ausstellungskatalog, Kunsthalle, Bremen / Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1 9 8 9 , S. 95.

s.7f. 70 Vgl. Leihtätigkeit für das Jahr 1 9 2 8 u. für das Jahr 1 9 3 3 , SMB-PK, ZA, I/NG 7 1 9 , Bl. 1 6 2 - 1 6 9 u. I/NG 859, Bl. 2 9 1 - 2 9 9 u. Bl. 3 3 4 - 3 3 6 . 71 Vgl. Ausstellung neuerer deutscher Kunst, Ausstellungskatalog, Nationalgalerie, Berlin 1 9 2 8 , Kat.-Nr. 1 2 2 , 1 7 0 , 1 9 1 , 1 9 2 , 1 9 7 , 2 0 1 ; Zweite Ausstellung deutscher Nach-Impressionistischer Kunst (Juli 1928), Ausstellungskatalog, Nationalgalerie, Berlin 1 9 2 8 , Kat.-Nr. 1 0 6 . 72 Vgl. Empfangsbestätigung der Nationalgalerie für den Erhalt von insgesamt dreizehn Objekten von Robert Graetz, 1 0 . März 1 9 2 8 , SMB-PK, ZA, I/NG 7 1 9 , Bl. 169. Die Werke waren gleichzeitig für beide Ausstellungen geschickt worden. Die Gemälde GUTSHOF

IN D A N G A S T u n d G O L D R E G E N ,

CALLA

UND

SCHWERTLILIEN sind keiner Quittung zu entnehmen, sondern direkt dem Katalog; vgl. Ausstellung neuerer deutscher Kunst 1 9 2 8 , Kat.-Nr. 2 0 1 u. Kat.-Nr. 1 7 0 .

80 Vgl. Schreiben der Nordstern und der Vaterländischen Versicherung, 2 1 . August 1 9 3 3 u. 11. September 1 9 3 3 , SMB-PK, ZA, I/NG 859, Bl. 2 7 3 , 2 9 1 - 2 9 3 u. 296. 81 Vgl. Rückgabebestätigung am 1. September ibid., Bl. 3 3 5 u. 336.

1933,

82 Vgl. Aussage von Hilda Rush zum Verfolgungsvorgang der Familie Graetz, Johannesburg, 9. Juni 1 9 5 5 , LBO, Abt. I, Entschädigungsakte Robert Graetz, Nr. 57 2 7 3 , Bl. M 1 6 . 83 Vgl. Handschriftliches Werkverzeichnis der Jahre 1 9 1 3 - 1 9 2 2 , W V 2 2 3 , GNM-DKA, Nachlaß Conrad Felixmüller I, B-6c. 84 Vgl. E-mail von Roberto Graetz, Enkel von Robert Graetz, an Angelika Görnandt, 1 7 . November 2002, Archiv der Autorin. 85 Vgl. Telefax von Hilde Graetz an Fritz Enderlein, 27. Juni 2002, Archiv der Autorin.

73 Vgl. Vermerk in den Akten der Wiedergutmachungsämter von Berlin, LArch Berlin, W G A 7, 2270/50, Bl. 67 f.

86 Vgl. Schätzpreisliste, 25. Februar 1 9 4 1 , Einlieferin Bluma Graetz, LArch Berlin, A Rep. 243-04, Nr. 52.

74 Vgl. Rückgabebestätigungen vom 27. September 1 9 2 8 , 3. März 1 9 2 8 u. Leihunterlagen vom 20. März 1 9 2 8 , SMB-PK, ZA, I/NG 7 1 9 , Bl. 1 6 2 , 168 u. 1 6 9 .

87 Vgl. Anzeige des Auktionshauses Gerhard Harms in: Völkischer Beobachter, Nr. 54, 23. Februar 1 9 4 1 , S. 1 7 .

75 Vgl. Grohmann 1 9 5 6 , W V 1 9 1 3 / 6 , W V 1 9 1 2 / 1 2 u. SMB-PK, ZA, Inv.-Nr. A II 3 0 2 u. Inv.-Nr. A II 3 3 5 .

88 Vgl. Schätzpreisliste, 25. Februar 1 9 4 1 , LArch Berlin, A Rep. 243-04, Nr. 52.

76 Vgl. Grohmann 1 9 5 6 , W V 1930/5, u. SMB-PK, ZA, Inv.-Nr. A II 780.

89 Vgl. Unterlagen zu Auktionshäusern, speziell Gerhard Harms und Rudolf Harms, ibid., Nr. 20 u. 2 1 .

77 Alfred Hentzen: Neu erworbene Gemälde im Kronprinzen-Palais, in: Museum der Gegenwart 4/1933,

90 Vgl. Vermögenserklärung von Robert Graetz, 12. April 1 9 4 2 , BLHA, Rep. 36A, Nr. 1 2 4 0 5 , Bl. 7.

Der Handel mit der Moderne »im Hinterstübchen« Günther Franke als Kunsthändler des Sammlerpaars Margrit und Bernhard Sprengel Vanessa-Maria

»ENTARTETE KUNST« ALS SCHLUSSELERLEBNIS

»Daß ich durch geschicktes Lavieren bestrebt war, das Interesse auch für Ihre Kunst in den von mir erreichbaren Kreisen in der heutigen Zeit in Fluß zu halten, war mein Bemühen!« 1 Diese Haltung des Kunsthändlers Ferdinand Möller aus dem Jahr 1939 kann als beispielhaft gelten für die Einstellung und Vorgehensweise derjenigen Kunsthändler, die sich auch nach der Münchner Propagandaausstellung ENTARTETE KUNST im Sommer 1 9 3 7 für die moderne Kunst einsetzten. Am Beispiel der Kunstsammlung von Margrit und Bernhard Sprengel und deren geschäftlicher Verbindung zu dem Münchner Kunsthändler Günther Franke zwischen 1 9 3 7 und 1945 werden im folgenden die besonderen Bedingungen, Grenzen und Handlungsmöglichkeiten des Kunsthandels und -sammelns der künstlerischen Moderne in den dreißiger und vierziger Jahren in Deutschland vorgestellt.2 Die Entstehungsgeschichte der Sammlung Sprengel bezeugt einen funktionsfähigen Kunstmarkt und eine intensive Sammeltätigkeit der als »entartet« verfemten modernen Kunst während des Nationalsozialismus in Deutschland. Nur durch ein auch in dieser Zeit aufrechterhaltenes Beziehungsgeflecht von Händlern, Sammlern und Künstlern gelang es dem hannoverschen Ehepaar in den wenigen Jahren von 1 9 3 7 bis Kriegs-

Voigt

128 _ Voigt

34

U n b e k a n n t e r F o t o g r a f , DAS S A M M L E R P A A R M A R G R I T U N D B E R N H A R D

SPRENGEL,

u m 1 9 7 0 , Privatbesitz

ende, unter Umgehung der damals bestehenden kulturpolitischen Gesetze nahezu sechshundert Werke von Vertretern des deutschen Expressionismus zusammenzutragen und diese damit vor Beschlagnahmung und Vernichtung zu bewahren. Am Aufbau der Sammlung beteiligte sich Günther Franke ebenso maßgeblich wie die Kunsthändler Josef Nierendorf, Hildebrand Gurlitt und Hanns Krenz. Bernhard Sprengel, geboren am 17. April 1899 in Hannover als erster Sohn des Schokoladenfabrikanten Heinrich Friedrich August Sprengel und dessen Ehefrau Elisabeth, hatte am 23. November 1937 in zweiter Ehe die Violinistin Margrit Backhausen geheiratet (Abb. 34).3 Die Hochzeitsreise führte das Paar noch im selben Monat nach München. Diese Reise sollte den zukünftigen Umgang beider mit der modernen Kunst grundlegend verändern. Dies war dem Besuch der seit dem 19. Juli im Münchner Hofgartengebäude veranstalteten Ausstellung E N T A R T E T E K U N S T geschuldet, die zum Ziel hatte, Werke der Moderne als »Verfallskunst« öffentlich zu diffamieren (Abb. 35).

Der H a n d e l mit der M o d e r n e » ¡ m H i n t e r s t ü b c h e n «

35 »DAS

Unbekannter

LEBEN

Fotograt, B L I C K

CHRISTI«

VON

EMIL

IN D I E A U S S T E L L U N G

»ENTARTETE

KUNST«

(IM

HINTERGRUND

N O L D E ) , Berlin 1 9 3 8 , M ü n c h e n , Bildarchiv des Süddeutschen

Entgegen der Intention der Veranstalter w a r das Ehepaar Sprengel fasziniert von den hier präsentierten Kunstwerken, vor allem von den Werken Emil Noldes. Der Ausstellungsbesuch entwickelte sich - und das ist nach bisherigen Untersuchungen beispiellos - für den musisch geprägten Unternehmer und dessen Frau zu einem Schlüsselerlebnis. Noch in München entschlossen sie sich, eine eigene Sammlung zusammenzutragen. Bernhard Sprengel faßte den Ausstellungsbesuch folgendermaßen zusammen: »Trotz schlechter Hängung wirkte die >entartete Kunst« auf meine Frau und mich wie eine Fanfare. Für mich, der ich bisher nur der Musik wirklich verhaftet w a r und bildende Kunst mehr im Vorübergehen, wenn auch immer mit Interesse, aber doch ohne eigentliche Passion betrachtet hatte, w a r dieses die erste wirklich zündende Begegnung. « 4

129

Verlags

130 _Vo¡gt

56

Emil Nolde. FEUERLILIEN UND IRIS, am 1 9 3 5 , Aquarell auf Japanpapier, 35 χ 46 cm, Verbleib unbekannt

Inspiriert von den Eindrücken der Ausstellung erwarben die beiden noch am selben Tag »im Hinterstübchen« des Graphischen Kabinetts von Günther Franke in der Brienner Straße zwei Aquarelle von Nolde: die um 1 9 3 2 entstandene Landschaft SCHNEEBERGE

(BERNER

OBERLAND)

und das Blumenbild

FEUERLILIEN

UND

IRIS (Abb. 36).5 Aus dieser ersten Begegnung mit dem Münchner Kunsthändler entwickelte sich eine bis zum Kriegsende gepflegte enge Geschäftsbeziehung.

GÜNTHER F R A N K E A L S GALERIST IN BERLIN U N D M Ü N C H E N

Günther Franke ( 1 9 0 0 - 1 9 7 6 ) , der im Dezember 1 9 1 8 als Volontär in I.B. Neumanns Graphisches Kabinett in Berlin eingetreten war und fünf Jahre später die Leitung der Münchner Filiale übernahm, engagierte sich seit den zwanziger Jahren intensiv für die moderne Kunst (Abb.37).6

Ähnlich wie der Berliner Hauptsitz

sollte auch das Kabinett in München ein Forum für die Kunst der Moderne werden. Obwohl der Fokus der Galerie mit Künstlern wie M a x Beckmann, Otto Dix, Lyonel Feininger, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, August Macke, Franz Marc, Otto Mueller und Emil Nolde unbestritten auf der deutschen Kunst

Der Handel mit der M o d e r n e »im Hinterstiibchen« 151

57

H u g o E r f u r t h . BILDNIS GÜNTHER FRANKE, u m 1 9 4 2 , Fotografie,

Privatbesitz

lag, berücksichtigte Franke zumindest zeitweilig auch die internationale Moderne. Schon 1924 zeigte er in Einzelausstellungen Graphiken von Auguste Rodin und James Ensor und setzte diesen Weg 1929 mit der Präsentation französischer Graphik von Ingres bis Picasso stetig fort. 7 Im Sommer 1 9 3 2 übernahm Franke von I.B. Neumann das Graphische Kabinett in München, welches fortan Graphisches Kabinett Günther Franke K G hieß. Ein halbes Jahr später, zeitgleich mit der von ihm im Januar 1 9 3 3 veranstalteten Ausstellung SIMUS,

VOR- UND N A C H K R I E G S J A H R E IM SPIEGEL DES

SIMPLICIS-

brach ein politisches Ereignis in den Alltag des Kunsthändlers ein, welches

das kulturelle Leben in Deutschland grundlegend verändern sollte: Adolf Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt. Hierzu notierte Franke: »Als 1 9 3 3 der Umbruch kam, hatten wir gerade eine Ausstellung der Simplicissimus-Zeichner; im letzten Raum hingen die Hitler-Karikaturen von Karl Arnold, so daß wir die Tür dazu leise anlehnen mußten.«8 Inwieweit Franke sich mit den Inhalten der nationalsozialistischen Politik befaßte und die damit verbundenen Gefahren erkannte, ist nicht bekannt. Da er keiner Partei angehörte und kein Jude war, bestand für ihn persönlich zunächst keine unmittelbare Bedrohung. Allerdings war seine berufliche Existenz in Gefahr, da er sich als Händler auf die moderne Kunst spezialisiert hatte, deren Zukunft spätestens seit 1 9 3 7 durch die nationalsozialistische Kulturpolitik beendet schien. Die

152 _ V o ¡ g t

persönlichen Schicksale von Künstlern wie Beckmann und Klee, die seit Jahren eng mit dem Graphischen Kabinett verbunden waren und die angesichts der sich verschärfenden Kunstpolitik emigrierten, erschütterten Franke zutiefst: »Kritisch wurde die Situation mit der berüchtigten Ausstellung >Entartete Kunst< in München; von da an mussten wir unsere Tätigkeit für die lebenden Künstler hinter Ausstellungen aus der Romantik tarnen. Als Beckmann 1 9 3 7 nach Amsterdam auswanderte, blieb ich in Verbindung, so gut es ging [...]. Der Kreis der Kunstfreunde damals, die zur Kunst der Verfemten hielten, kannte sich genau.« 9 In unmittelbarer Nähe zu den Münchner »Führerbauten« und der Residenz der Gestapo im Wittelsbacher Palais präsentierte sich das Graphische Kabinett Günther Franke in den Räumen des Palais Almeida in der Brienner Straße 5 1 seit Juli 1 9 3 7 offiziell als Galerie der deutschen Romantik. 10 Durch diese Ablenkungsmaßnahme konnte Franke einerseits den Handel mit der als »entartet« bewerteten Kunst im Hinterzimmer fortsetzen, andererseits konnte er sich durch sein Angebot deutscher Romantiker eine stete finanzielle Einnahme sichern. 11 Die Galeristin Hanna Bekker vom Rath schrieb hierzu: »Günther Franke [hatte] in den 30er Jahren in seiner Galerie hinter dem offiziellen Ausstellungsraum einen Vorhang gezogen, auf dem ein Schild befestigt war mit der Aufschrift: Privat! Betreten verboten!« 1 1 Einem ihm bekannten Kreis von Kunstfreunden gewährte der Kunsthändler hier regelmäßigen Zutritt; Fremde benötigten eine Empfehlung. Seit Ende 1 9 3 7 gehörten auch Margrit und Bernhard Sprengel zu Frankes festem Kundenstamm. Günther Franke erinnerte sich: »Zu Beginn der Ausstellung >Entartete Kunst< besuchte mich Dr. Bernhard Sprengel aus Hannover. Er kaufte damals, ganz unter dem Eindruck dieser Ausstellung im Hofgarten, Aquarelle von Nolde [,..].« 1 3 In dem Ehepaar Sprengel überzeugte Sammler der Moderne gefunden zu haben, stimmte den Kunsthändler in dieser schwierigen Zeit mehr als optimistisch. Trotz großer Resonanz und auch finanzieller Erfolge seiner Ausstellungen der deutschen Romantik bleibe er seinem ideellen Engagement für die Moderne weiterhin treu, versicherte er dem hannoverschen Sammler wenige Monate nach dem erfolgreichen Abschluß der ersten Ankäufe: »Neben der Pflege der Zeitgenossen befasse ich mich intensiver mit dem Gebiet der Romantik. Es verhält sich nun so, dass der Kreis der teilnehmenden und aufnahmefähigen Besucher, jedenfalls nach den Erfahrungen unserer eigenen Ausstellungen, auf dem Gebiet der zeitgenössischen Kunst ein sehr viel grösserer ist, als die scheinbar so volkstümliche romantische Kunst, die einen

Der Handel mit der M o d e r n e »im Hintersliibchen« _ 153

nur kleinen Kreis von allerdings sehr leidenschaftlichen Liebhabern und Sammlern besitzt. / Wie ich selbst in meinem Herzen beide Gebiete gleichermassen zu würdigen weiss, haben sich auch einige Sammler gefunden, die auf beiden Gebieten gleichzeitig sammeln. Das geschah wohl aus dem Gefühl heraus, dass die Kunst nach 1 8 0 0 sehr deutsch ist, wie wiederum unsere heute teils sehr missverstandenen Zeitgenossen recht eigentlich sehr ausgesprochene deutsche Künstler sind, wie gleichermassen sie nur noch im 1 6 . Jahrhundert zu finden waren. Unsere Verkaufserfolge sind natürlich ganz wesentlich grösser auf dem Gebiet der Romantik, aber jedes verkaufte zeitgenössische Bild zählt doppelt und dreifach.« 1 4 Diese von einem angesehenen Kunstkenner geäußerte Überzeugung dürfte das Ehepaar Sprengel in dem Entschluß, ihre Sammlung trotz der von staatlicher Seite propagierten Verfemung weiter auszubauen, zusätzlich bestärkt haben. Sie selbst waren sich der Risiken ihres Vorhabens durchaus bewußt, erkannten aber, daß es in persönlichem Austausch mit Händlern, Künstlern und Sammlern trotz der öffentlichen Diffamierung moderner Kunst weiterhin möglich war, »entartete« Kunst zu erwerben.

H L

» S I E S E H E N , W I R H A L T E N D E N KURS W E I T E R «

Das Ehepaar Sprengel hatte sich während seines ersten Besuchs im Graphischen Kabinett einen umfassenden Überblick über die Angebote an moderner Kunst verschafft. Franke machte das Ehepaar unter anderem auf Arbeiten von Karl Hofer aufmerksam, einen Künstler, den Franke auch nach dessen öffentlicher Verfemung weiter vertrat. 1 5 Der tiefe Eindruck, den der strenge, naturnah anmutende Bildaufbau und die in Hofers Figurenbildern dargestellte menschliche Resignation bei Sprengeis hinterließ, mündete wenige Monate später im Ankauf des zur Ansicht in Hannover befindlichen Gemäldes PAAR AM TISCH von 1 9 3 7 . 1 6 Regelmäßig trafen seit dem ersten Besuch des Paares im Graphischen Kabinett Ansichtssendungen moderner, aber auch älterer Meister in Hannover ein. Für die Werke des 1 8 . und 1 9 . Jahrhunderts interessierte sich vor allem Sprengeis Vater August, der ein überzeugter Sammler dieser Kunstrichtung war. Noch vor Eröffnung einer SONDERAUSSTELLUNG CHR. FR. GILLE UND J O H . A. KLEIN e r w a r b Bernhard Sprengel im

August 1 9 3 8 insgesamt drei Gemälde im Auftrag seines Vaters sowie eine kleine Landschaft von Carl Gustav Carus für seine eigene Sammlung. 1 7 Der geschäftliche Kontakt blieb in den folgenden Monaten bestehen, allerdings lehnte Sprengel Einladungen, unter anderem zur Eröffnung der Gedächtnis-

154 _ Voigt

Ausstellung von Georg Schrimpf im Januar 1 9 3 9 , aus »mangelndem Interesse« ab. 18 Konsequent nahm der hannoversche Unternehmer nur Werke in die Sammlung auf, deren künstlerische Qualität er selbst als richtungsweisend auffaßte. Im Bereich der Plastik stand dabei das Werk von Wilhelm Lehmbruck im Zentrum. Die Vorliebe des Bildhauers für die Vereinfachung des menschlichen Körpers durch die extreme Längung der Gliedmaßen und der dynamisch bewegten Oberfläche entsprachen Sprengeis ästhetischem Formempfinden. In stetem Kontakt zunächst mit dem Berliner Händler Josef Nierendorf versuchte er seinen Bestand von Werken Lehmbrucks weiter auszubauen. Aber auch Franke unterstützte dieses Vorhaben durch regelmäßige Angebote. Obwohl Sprengel den Ankauf einer aus Mannheimer Privatbesitz stammenden Plastik aufgrund »eines Risses am Hals« 1 ' ablehnte, versuchte der Sammler über Frankes Verbindungen, zusätzlich Gemälde und Graphiken des Künstlers zu erwerben: »Gleichzeitig möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass ich an graphischen Arbeiten und Zeichnungen Lehmbruck's und auch an Pastell- oder Öl-Bildern Lehmbruck's interessiert bin, nicht allerdings an Radierungen aus dem Nachlass. Ich schreibe Ihnen das in diesem Zusammenhang, weil es ja möglich ist, dass der Mannheimer Eigentümer der Plastik auch Graphik von Lehmbruck besitzt, und weil ich weiss, dass es Ihnen Ihre Verbindungen ermöglichen könnten, solche Blätter auch an anderen Stellen ausfindig zu machen.« 10 Da es Franke nicht gelungen war, dem Wunsch des hannoverschen Sammlerpaars zu entsprechen, sandte er kurz entschlossen ein Konvolut von acht Radierungen und einer Farbstiftzeichnung von Lehmbruck aus seinem eigenen Besitz nach Hannover.2,1 War die geschäftliche Verbindung zwischen ihm und den Sprengeis bis zu diesem Zeitpunkt als eher oberflächlich einzustufen, intensivierte sie sich nach Frankes uneigennützigem Entgegenkommen. Die Sammler erkannten, daß sie auf das Engagement von Händlern wie Franke angewiesen waren. Im Tausch gegen ein im Februar 1 9 3 9 erworbenes Aquarell von Nolde wählten sie aus dem angebotenen L e h m b r u c k - K o n v o l u t die R a d i e r u n g DREI FRAUEN, KNIEND v o n 1 9 1 3 a u s .

Nach diesem Ankauf beschränkte sich die Korrespondenz nicht mehr auf Anfragen nach Kunstwerken, erstmals wurden nun auch offen kulturpolitische Themen diskutiert. Angesichts der Beschlagnahme moderner Kunst aus öffentlichen Sammlungen interessierten sich Sprengeis nicht nur für den Verbleib, sondern vor allem für die grundsätzlichen Verkaufsbestimmungen dieser Werke. 1 1 Obwohl Bernhard Sprengel zunächst davon ausging, daß alle konfiszierten Werke bei der am 30. Juni 1 9 3 9 in Luzern geplanten Auktion der Galerie Fischer versteigert werden sollten, war ihm sicher bekannt, daß Kunsthändler wie Ferdinand Möller, Bernhard A.

Der Handel mit der Moderne »Im Hinterslübchen« _ 135

Böhmer, Karl Buchholz und Hildebrand Gurlitt bereits mit dem Verkauf von Teilen aus diesem Bestand gegen Devisen ins Ausland begonnen hatten. Franke übermittelte Sprengel die Botschaft, daß »Rückerwerbungen aus dem Besitz deutscher Galerien im Inland nicht möglich« waren. 1 3 Der etwa ein Jahr später von Sprengel aufgenommene Kontakt zu dem Hamburger Kunsthändler Hildebrand Gurlitt sollte diese Behauptung grundlegend revidieren. 24 Trotz mangelnder geschäftlicher Verbindungen zu den im Herbst 1 9 3 8 mit dem Verkauf »entarteter« Kunst ins Ausland beauftragten Kunsthändler hatte Franke beträchtlichen Anteil auch am weiteren Ausbau der hannoverschen Sammlung. Dabei nutzte er seine persönlichen Beziehungen zu Künstlern und Sammlern oder bot Werke aus seinem eigenen Besitz an. Nachdem das Ehepaar Sprengel bei ihrem Besuch einer Ausstellung von Josef Scharl im August 1 9 3 9 ihr grundsätzliches Interesse an Arbeiten von Ernst Barlach bekundet hatte, sich zu einem Ankauf allerdings nicht kurzfristig entscheiden konnte, überließ ihnen Franke zur Ansicht die Bronze DER FLÖTENBLÄSER von 1936. 2 5 Obwohl sich die Plastik nach Aussage des Paares einzigartig in ihre Sammlung einfüge, lehnten Sprengeis den Ankauf aufgrund der aktuellen politischen Geschehnisse, dem Überfall der deutschen Armee auf Polen am 1 . September 1 9 3 9 , ab: »Sie werden im Übrigen verstehen, daß ich mich bezüglich der Figur von Barlach im Augenblick nicht entscheiden kann. Genügt es Ihnen, wenn ich Ihnen sage, daß wir an der Figur so viel Freude haben, daß wir sie nach Wiedereintritt normaler Verhältnisse gern übernehmen möchten?« 26 Z w a r hatte die Verfemung der Moderne durch die Nationalsozialisten das Sammlerpaar bisher nicht davon abhalten können, ihrem 1 9 3 7 gefaßten Vorhaben weiter nachzukommen, doch überwogen mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges zunehmend existentielle Ängste. Die Rücksendung der Bronze von Barlach erfolgte im Dezember 1 9 3 9 . 1 7 Franke hingegen ging seinen Galeriegeschäften weiter nach und präsentierte bereits einen Monat nach Kriegsbeginn eine Gruppenausstellung mit Aquarellen von M a x Beckmann, Xaver Fuhr, Werner Gilles, Erich Heckel, Anton Kraus, Anton Kerschbaumer, Otto Mueller, Emil Nolde, Christian Rohlfs, Karl Schmidt-Rottluff und den jüngeren Malern Gerhard Fietz und Ernst Wilhelm Nay, zu der er das hannoversche Sammlerpaar einlud.28 Überzeugt von seinem Vorhaben, teilte er Sprengel mit: »Ich bereite gerade eine Herbst-Aquarell-Ausstellung vor, die eine Auslese von großformatigen Aquarellen enthalten soll. Sie sehen, wir halten den Kurs weiter. Hoffentlich bringt die Ausstellung den Künstlern auch Erfolg.« 2 ' Beeindruckt von dem Einsatz des Kunsthändlers, allerdings verwundert, daß Ausstellungen moderner Künstler in München ohne Eingriffe der Reichskammer der bildenden Künste und der Gestapo auch Ende 1 9 3 9 noch möglich waren, antwortete Sprengel:

136-Voigt

»Es würde mich gelegentlich interessieren, von Ihnen zu hören, ob Sie mit der Durchführung dieser Ausstellung bei der Auswahl der Künstler keinerlei Schwierigkeiten haben. Damit mögen die Verhältnisse für Sie in München ungleich glücklicher sein als sie hier im Norden liegen und als sie insonderheit in Berlin für Herrn Nierendorf gegeben sind, der Ihnen ja über seine Schwierigkeiten persönlich erzählt haben wird. Es würde uns auch sehr interessieren, zu hören, welchen Verkaufserfolg Sie bei dieser Ausstellung gehabt haben. In unseren Augen ist Ihre Ausstellung eine mutige Tat!« 3 0 Franke wagte es demnach, parallel zu seinen Ausstellungen deutscher Romantiker auch Werke von modernen Künstlern zu präsentieren. Schließungen von Seiten der Gestapo blieben aus. Nur ein einziges Mal geriet Franke in Bedrängnis, aus heutiger Sicht erscheint der Vorfall als Lappalie. Elisabeth Nay-Scheibler, seine ehemalige Mitarbeiterin, schrieb hierzu: »Einmal wurde er von der GESTAPO vorgeladen und als er, Böses ahnend, dort erschien, wurde ihm - zum Glück - nur vorgehalten, während eines Hitlerumzuges das obligate Führerbild im Schaufenster nicht gezeigt zu haben. Mit einer Verwarnung kam er glimpflich davon.« 3 1 Dem anhaltenden Optimismus des Händlers standen die wachsenden Zweifel des Sammlers Sprengel gegenüber, der mit dem Fortschreiten des Krieges seinen Einsatz für die moderne Kunst zusehends in Frage stellte: »Die Verhältnisse erweisen sich auf die Dauer doch stärker als wir selbst sind. [...] und ich sehe den Augenblick kommen, wo ich endgültig die Waffen strecke.« 31 Als Franke im Dezember 1 9 3 9 zum Militär eingezogen wurde, bestätigten sich die von Sprengel formulierten Ängste. Obwohl Erika Huetlin, Frankes langjährige Mitarbeiterin, das Graphische Kabinett weiterführte, verzichtete der Sammler angesichts der politischen Geschehnisse in den folgenden Monaten auf den weiteren Ausbau seiner Sammlung. Eine erneute Kontaktaufnahme von Seiten des Sammlerpaares ist auf Juli 1 9 4 0 datiert. Sprengeis erkundigten sich nach Aquarellen von Nolde und Arbeiten von Lehmbruck. Noch bevor Franke antwortete, reiste das Sammlerpaar nach München, um sich persönlich über die Bestände des Kabinetts zu informieren. Das Graphische Kabinett verfügte über eine bedeutende Auswahl von Aquarellen Noldes, die noch im Juli 1940 zur Ansicht in Hannover eintrafen. 33 Beeindruckt zeigten sich Sprengeis darüber hinaus von den Werken Barlachs, mit denen Erika Huetlin sie vertraut gemacht hatte. Schon kurz nach ihrer Rückkehr entwickelten sie konkrete Vorstellungen, welche Arbeiten des Künstlers sich in ihre Sammlung einfügen ließen: »Nach den Veröffentlichungen sind es folgende Werke, die mich besonders interessieren würden:

Der Handel mit der M o d e r n e »im Hinterstübchen« _ 157

38

E m s t B a r l a c h , SINGENDER MANN, 1 9 2 8 , Bronze, 5 0 x 4 6 x 4 2 cm, Hannover, Sprengel Museum

Das Wiedersehen, Holz, 19x6, Der Zweifler, Bronze, 1 9 3 2 , Die beiden Buchleser, Bronze, 192.3, Lesender Klosterschüler, Holz, 1 9 3 1 , Lesende Mönche, Holz, 1 9 3 3 . Davon zeigten Sie uns eine Fotografie. Nach Veröffentlichung der Barlach'schen Werke befindet sich das Original in der National-Galerie, Berlin, Der Sinnende, Holz, 1 9 3 4 . Für die Lübecker Katharinen-Kirche wurde u.a. die Figur des »Singenden Klosterschülers< geschaffen, und zwar in Keramik 1 9 3 2 . Ein Exemplar hat die Hamburger Kunsthalle erworben. Sollte noch die Möglichkeit bestehen, das zweite Exemplar zu erwerben, da, soweit ich unterrichtet zu sein glaube, die Gesamt-Komposition in der Katharinen-Kirche nicht aufgestellt wurde, so würde dieses Werk für uns sehr interessant sein können. Dazu kommen dann die Werke, für die wir uns nach den Fotos bei Ihnen interessierten, wie der >Flötenbläser< und der >Singende MannReichslager für beschlagnahmte Kunst< in Berlin zusammengetragen waren, über einen unterirdischen Kunsthandel in seinen Besitz zu bringen, ehe sie in der Schweiz gegen Devisen verkauft wurden.« 1 Bis in die jüngste Zeit bestimmt also ein weitgehend schematisiertes und eingeschränktes Bild der Sammlung Haubrich sowohl die wissenschaftliche als auch die öffentliche Wahrnehmung. 3 Über die Details des Sammlungsaufbaus ist damit wenig ausgesagt. Trotz der Wertschätzung, die Haubrichs Ankäufe »entarteter« Kunst erfahren haben, ist nicht viel über die Voraussetzungen und Bedingungen bekannt, die Haubrich als Sammler moderner Kunst im Nationalsozialismus vorfand. Und obwohl Wolfgang Braunfels bereits 1 9 6 z erste Erkenntnisse zur Sammlungshistorie formulierte, ist sein Ansatz in der kunstgeschichtlichen Forschung kaum weiter verfolgt worden. 4 Diese Forschungslücken sind zum einen auf den Umstand zurückzuführen, daß das Leben und Wirken von Josef Haubrich von ihm selbst und seinen Zeitgenossen mit Vorliebe in anekdotischer Form überliefert wurde. Bis heute üben die auf diese Weise verfestigten Erzählmuster einen ungebrochenen Reiz aus und lenken offenbar auch den wissenschaftlichen Blick. 5 Zum anderen resultieren die Lücken aus der Tatsache, daß die Quellenlage lange Zeit dürftig und sogar unklar war. Große Teile des privaten Nachlasses von Haubrich, aufbewahrt im Historischen Archiv der Stadt Köln als Bestand 1 3 6 9 , waren bis vor einigen Jahren für die Wissenschaft und die Öffentlichkeit gesperrt. Vermutlich deswegen hatte Dann in seinem Aufsatz von 1996 einen Nachlaß von Haubrich für nicht existent erklärt. Der Einsturz des Kölner Archivgebäudes am 23. März 2009 hat den Bestand nun erneut bis auf weiteres dem Zugriff entzogen.6 Dieser Befund zur Forschungsgeschichte der Sammlung Haubrich spiegelt - trotz aller Spezifika die allgemeine Sachlage, daß das private Sammeln moderner Kunst im National-

Privates Sammeln mit Kalkül _ 149

Sozialismus erst in den letzten Jahren in den Fokus der kunstgeschichtlichen Forschung getreten ist. Der vorliegende Beitrag beleuchtet Aspekte der Sammeltätigkeit von Josef Haubrich im Nationalsozialismus auf der Grundlage der im Nachlaß erhaltenen Dokumente aus den dreißiger und vierziger Jahren. Auf diese Weise ist es möglich, das bestehende Bild von Haubrich als Sammler zu ergänzen, zu konkretisieren und teilweise auch zu korrigieren. Im Vordergrund steht dabei weniger die detaillierte Rekonstruktion seiner Sammlung. Dazu bedarf es weit umfangreicherer Recherchen; so sind Haubrichs Ankäufe aus der Aktion »Entartete Kunst« im Nachlaß kaum dokumentiert. 7 Der Schwerpunkt soll vielmehr auf der bislang wenig behandelten Frage des »Erfolgs« von Haubrich als Sammler moderner Kunst im Nationalsozialismus liegen: auf seinem Handlungsspielraum sowie auf seinem Selbstverständnis im Umgang mit Kunsthändlern, städtischen Kulturinstituten und Behörden. Dazu wird zunächst seine Sammelstrategie bis 1933 sozial- und zeitgeschichtlich umrissen. Im Anschluß daran werden einzelne archivalisch belegte Vorgänge der Jahre 1933 bis 1945 beispielhaft beleuchtet.

FRÜHES KUNSTPOLITISCHES SELBSTBEWUSSTSEIN

Der am 15. Juni 1889 als drittes Kind von Nikolaus Wilhelm und Maria Christine Hubertine Wilhelmine Haubrich geborene Ludwig Josef Haubrich begann mit dem Sammeln von Kunst nicht erst während des Nationalsozialismus. Erste Ankäufe tätigte er in den Jahren 1 9 1 4 bis 1918, also schon zu Beginn seiner beruflichen und gesellschaftlichen Etablierung als Jurist in Köln. 8 Die Entscheidung zum Aufbau einer Sammlung vorwiegend moderner und zeitgenössischer Kunst fällte Haubrich jedoch offenbar erst Anfang der zwanziger Jahre. Als erfolgreicher und bald gut situierter Rechtsanwalt, aber - wie er selbst und die Literatur immer wieder hervorgehoben haben - von Haus aus nicht unbegrenzt vermögend, habe dies seinem »Wunsch nach hoher Qualität zum erschwinglichen Preis« entsprochen. 5 Haubrich gehörte damit zu einer jüngeren Generation von Sammlern der Kunst des 20. Jahrhunderts, die sich von der vorherigen Generation aus dem Groß- und Wirtschaftsbürgertum in ökonomischer Hinsicht erheblich unterschied. 10 M i t der sozialen Zugehörigkeit zum bürgerlichen Mittelstand war zudem Haubrichs Motivation zu sammeln anders gelagert. Das in der Literatur verbreitete Bild vom vorausschauenden Sammler mit seinen von Beginn an auf Öffentlichkeit und auf »Vervollständigung« der Kölner Museumssammlung zielenden Ankäufen ist hauptsächlich als nachträgliche Stilisierung und Überzeichnung anzusehen; schließlich unterliegt auch das, was als »Lücken« der städtischen Sammlung wahr-

150 _ Wilmes

genommen wird, einem zeitbedingten Wandel. 11 Trotzdem ist nicht von der Hand zu weisen, daß Haubrich seinem Sammeln schon früh eine öffentliche Funktion zuwies. Bereits 1923 stellte er dem Wallraf-Richartz-Museum eine Bronzeplastik von Wilhelm Lehmbruck als Leihgabe zur Verfügung. 1 1 Noch im selben Jahr unternahm der Rechtsanwalt laut Ingrid Severin einen - wenn auch erfolglosen - Versuch, seine Sammlung der Stadt Köln zu stiften. 13 Im Jahr 1 9 24 trat er als Kritiker der städtischen Museumspolitik auf und resümierte: »Das Gebiet der bildenden Kunst wird also in Köln auch in Zukunft privaten Kreisen allein überlassen bleiben.« 14 Das private Sammeln mit kunstpolitischem Anspruch erachtete er auch in den Folgejahren als persönliche Herausforderung, wie ein ausführlicher Artikel von Luise StrausErnst in der Zeitschrift DAS KUNSTBLATT aus dem Jahr 1 9 2 7 belegt. Darin erfuhr die Kollektion des Rechtsanwalts eine erste öffentliche Würdigung als »Sammlung Haubrich«. Die Autorin zeichnete das Bild eines für Köln pionierhaften Sammlers und seiner beispielhaften Bestände, die insbesondere die »Malerei und Zeichnung der letzten 20 Jahre« repräsentierten. Ein Schwerpunkt liege auf der Kunst der BRÜCKE. Hauptwerke seien darüber hinaus James Ensors Gemälde MÄDCHEN MIT PUPPE (1884, Köln, Wallraf-Richartz-Museum & und SKELETT, CHINOISERIEN

Fondation Corboud)

BETRACHTEND ( 1 8 8 5 , K ö l n , Wallraf-Richartz-

Museum &C Fondation Corboud). Zur Kollektion gehörten zudem einige Skulpturen, unter anderem von Wilhelm Lehmbruck und Renée Sintenis, eine »Reihe ziemlich früher Aquarelle« von Paul Klee, »eine ganze Reihe Arbeiten von Dix«, darunter das BILDNIS DR. KOCH ( 1 9 2 1 , Köln, Museum Ludwig), einige Arbeiten von Marc Chagall und Heinrich Campendonk ebenso wie einige Blätter von Jankel Adler und ein paar »ganz frühe, reizvolle, aquarellierte Zeichnungen mit Tänzerinnen« von M a x Ernst. Vervollständigt werde die Kollektion Haubrichs durch wenige Werke »alter Kunst«, etwa einer » große [n] Pietà des Meisters von Osnabrück«, und seit neuestem durch Werke ostasiatischer Kunst, beispielsweise einem »steinernen Boddhisattva-Kopf aus den Höhlen von Long Men« aus dem 6. nachchristlichen Jahrhundert. Sammlungen wie diese, so betonte Straus-Ernst abschließend, vermöchten »wichtige Funktionen der Museen aufs glücklichste zu ergänzen«. 15 Im Gegensatz zu den frühen expressionistischen Sammlungen von Ludwig und Rosy Fischer sowie von Carl Hagemann, die ausschließlich der Privatsphäre zugedacht waren, betrieb Haubrich also bereits in den zwanziger Jahren neben der intensiven Sammeltätigkeit eine ambitionierte Öffentlichkeitsarbeit. 16

Privates Sammeln mit Kalkül

40

151

Max Liebermann. SELBSTBILDNIS, 1908, Öl auf Leinwand, 87,5 Χ η\ cm, Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

ZWISCHEN WERKZUWACHS UND WERTVERLUST

Als zweite »Epoche« von Haubrichs Sammeltätigkeit nannte Braunfels die Jahre 1933 bis 1945. In der Forschungsliteratur wurde dabei vorwiegend sein Sammeln der als »entartet« beschlagnahmten Kunst nach 1937 hervorgehoben.17 Betrachtet man jedoch die im Nachlaß Haubrich erhaltenen Kaufquittungen, erweisen sich die dreißiger Jahre insgesamt als Zeitraum einer durchaus regen Sammeltätigkeit. In den Jahren 1933 und 1934 beispielsweise sind mehrere Ankäufe bei dem Kölner Kunsthändler Aloys Faust belegt, darunter Aquarelle und vermutlich Graphiken von Lyonel Feininger, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller und Max Pechstein.18 In das Jahr 1934 fiel auch der Erwerb eines

SELBSTBILDNISSES

von

Max Liebermann aus dem Jahr 1908, das vormals zum Bestand des WallrafRichartz-Museums gehörte (Abb. 40). Die von Faust für Haubrich ausgestellte Quittung weist den Betrag von 2.350 Reichsmark als Kaufpreis aus. Das Museum hatte das Werk im Jahr 1 9 1 0 von Liebermann erworben, im Zuge der kunstpolitischen Diffamierung des jüdischen Künstlers nach der nationalsozialistischen Machtübernahme jedoch wieder freigegeben.1' Geschäftlichen Kontakt pflegte Haubrich zwischen 1933 und 1935 auch zu dem Düsseldorfer Galeristen Alex Vömel, mit dem er im Frühjahr 1933 für das

152 _ Wilmes

1 9 1 0 entstandene Gemälde

SABBATH

von Marc Chagall (Köln, Museum Ludwig)

eine Ratenzahlung vereinbarte.10 Erst im März jenes Jahres hatte Vömel die Schließung der Düsseldorfer Galerie Alfred Flechtheim als ihr langjähriger Mitarbeiter miterlebt und deren Räumlichkeiten für eine eigene Kunsthandlung übernommen. Die Details dieses Vorgangs, insbesondere die Rolle Vömels, sind bis heute nicht bekannt.2,1 Festzuhalten ist jedoch, daß der Kunsthändler zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit Haubrich gerade dabei war, sich geschäftlich zu etablieren. Zugleich geriet er in den Fokus der nationalsozialistischen Presse. Am 1 . April 1933 abgestimmt auf den zentral organisierten, landesweiten Tag des Boykotts jüdischer Geschäfte - war in der

VOLKSPAROLE

der Hetzartikel

ABGETAKELTES

NATENTUM. WIE F L E C H T H E I M UND KAESBACH DEUTSCHE KUNST

MÄZE-

MACHTEN

erschienen. Nach der Polemik gegen Flechtheim und der Verleumdung seiner Geschäftstätigkeit als geschickt inszenierten »Kunstschwindel« enthielt der Beitrag den Hinweis: »Im Uebrigen hat sich die Galerie Flechtheim heute als Galerie Alexander Vömel getarnt.«12 Vömel startete folglich unter wirtschaftlich und politisch prekären Bedingungen in die Selbständigkeit.13 Wohl auch deshalb war er immer wieder zu Konzessionen bei den Abrechnungsmodalitäten und Preisen bereit. Im Oktober 1933 bot er Haubrich »billige Vlamincks« aus Privatbesitz »zu Preisen von wenigen Hundert Mark« an. 14 Auch für Oskar Kokoschkas Gemälde BILDNIS

TILLA

DURIEUX

(1910, Köln, Museum Ludwig) machte Vömel dem

Sammler im Laufe der Verkaufsverhandlungen ein günstigeres Angebot. Am 15. Januar 1934 schrieb er: »Das Bild, das ich Ihnen zum Preise von M. 3000,- auf Ratenzahlung offeriert habe, steht Ihnen [...] jetzt für M. 2400,- zur Verfügung [...]. Unter Umständen käme auch ein Tausch in Frage. Ich schrieb ihnen bereits, dass ich ein gutes bedeutendes modernes Bild suche bis zum Gegenwert von Μ. 1200,-. Vielleicht liesse sich ein Arrangement treffen.« 15 Haubrich erwarb das Gemälde schließlich am 13. Juni 1934 für 1.800 Reichsmark. Ob ein Tausch im Gegenwert von 600 Reichsmark die Kaufsumme ergänzte, ist nicht bekannt.1^ Ein weiterer Preisnachlaß wäre jedoch durchaus denkbar. Ein solcher ist am Beispiel der Korrespondenz zwischen Vömel und Haubrich zu Franz Marcs D R E I R E H E A N D E R Q U E L L E von 1 9 1 1 nachzuvollziehen (Abb.41). Am 5. Februar 1935 warb Vömel bei Haubrich: »Ich habe betreffs des Preises mit dem Besitzer lange Verhandlungen geführt, um erstens zu erreichen, dass er sich überhaupt von dem Bilde trennte und zweitens um seine Preisforderung auf eine tragbare Basis herabzudrücken. So habe ich erreicht, dass [...] Ihnen das Bild für M. I i 5 0 , - zur Verfügung gestellt werden könnte.«17 Noch im selben Monat erwarb

P r i v a t e s S a m m e l n mit

41

Franz Marc, D R E I

REHF. AN

DER

Kalkül-153

Q U E L L E , 1 9 1 I , Kohle, Tusche, D e c k w e i ß auf Papier, 4 1 Χ 4 9 , 5

cm,

Köln, Museum Ludwig

Haubrich die Arbeit für 800 Reichsmark. Auf der Rechnung von Vömel ist als Vorbesitzer Walter Kaesbach vermerkt, der 1 9 3 3 »beurlaubte« und später entlassene Direktor der Kunstakademie Düsseldorf. 1 8 Die genannten Dokumente sind Zeugnisse eines deutlichen Preisverfalls im Marktsegment der Kunst des 2.0. Jahrhunderts. Während für den Berliner Auktionsmarkt 1 9 3 4 eine »Verfestigung und Wiederaufwärtsbewegung des allgemeinen Preisniveaus« zu verzeichnen ist und der Trend zur Stabilisierung auch

1935

anhielt, kann dieser Befund nicht auf den privatwirtschaftlichen Handel übertragen werden. 1 9 Gerade die programmatisch der modernen Kunst verpflichteten Galerien hatten seit Beginn der Weltwirtschaftskrise 192.9 große finanzielle Schwierigkeiten; eine Tendenz, die sich offensichtlich nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten fortsetzte.' 0 Z w a r kann man nicht von einem unmittelbaren und vollständigen Zusammenbruch des deutschen Marktes für moderne Kunst ausgehen. Die Forschungen zur Sammlung Sprengel haben beispielsweise ergeben, daß »der Kunsthandel auch nach 1 9 3 7 zwar eher im privaten Kontext, aber dennoch funktio-

154 _ Wilmes

nierte«. 31 Doch wirkte sich die Stabilisierung des Auktionsmarktes nicht positiv auf das Preisniveau der Kunst des 20. Jahrhunderts in den Galerien aus. Eine differenzierte Analyse der Ursachen und Wirkungen kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Hier muß die Feststellung genügen, daß Haubrich, wie auch andere Privatsammler, seine künstlerischen Präferenzen mit dem Jahr 1 9 3 3 nicht änderte. Sein Kaufverhalten paßte er dagegen durchaus an die für ihn »günstigen« Ankaufsbedingungen an. Z w a r haben sich die Reaktionen Haubrichs auf die Angebotsschreiben von Vömel nicht erhalten, doch lassen die immer weiter zurückgeschraubten Preisforderungen des Düsseldorfer Kunsthändlers darauf schließen, daß der Kölner Sammler zumindest seine Kaufentscheidungen vielsagend hinauszögerte, wenn nicht sogar konkrete Preisnachlässe forderte. Nicht alle Kunsthändler akzeptierten widerspruchslos diese Entwicklung im Marktsegment der Kunst des 20. Jahrhunderts. Das belegen die Briefe von Karl Nierendorf im Nachlaß Haubrich. Sie geben aus der Sicht des Galeristen Aufschluß über die Gründe und Folgen des Preisverfalls. Die Berliner Galerie Nierendorf befand sich bereits seit Mitte der zwanziger Jahre immer wieder am Rande des wirtschaftlichen Ruins. Am 6. Dezember 1 9 3 4 beklagte sich Karl Nierendorf beim damaligen künstlerischen Direktor des Kölnischen Kunstvereins Walter Klug über die niedrigen Preise im Kölner Kunsthandel: »Mit der Zeit wird es ja wohl überhaupt unmöglich werden, in Köln zu einem Preis, wie er dem tatsächlichen, nämlich dem künstlerischen Wert eines Werkes entspricht, etwas zu verkaufen. [...] Man vergleicht anscheinend prinzipiell mit den Ramschpreisen des Hausdieners Alois oder mit den Preisen von Blättern, die unter den Hammer kommen. [...] Für Künstler sowohl, wie für den anständig arbeitenden Kunsthandel ist diese Art von >Schätzungen< der Kunst natürlich grotesk.« 31 Als preisdrückende Faktoren benennt Nierendorf zweierlei: einerseits das im Auktionswesen geltende Preisniveau für Werke der Kunst des 20. Jahrhunderts, das sich ungünstig auf die Preisvorstellungen vieler Sammler auswirkte, andererseits die Preispolitik einzelner Kunsthändler, die mit »Ramschpreisen« Kunden an sich zu binden und die Konkurrenz auszuschalten suchten. Mit großer Wahrscheinlichkeit beziehen sich seine deutlichen Worte über den »Hausdiener Alois« auf den Kunsthändler Aloys Faust, der sich offenbar - darauf weist unter anderem seine Vermittlung des SELBSTBILDNISSES von Liebermann hin - als privilegierter Geschäftspartner des Wallraf-Richartz-Museums etablieren konnte. Auch Haubrich setzte sich mit Nierendorf über die sinkenden Preise für moderne Kunst auseinander. In einem Antwortschreiben an den Kunsthändler vom

Privates Sammeln mit Kalkül _ 155

5. Januar 193 5 schilderte der Kölner Rechtsanwalt seine Sicht der Dinge. Der Brief soll an dieser Stelle ausführlicher zitiert werden, da das Dokument Haubrichs Selbstverständnis als Sammler moderner Kunst zwei Jahre nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten verdeutlicht. Haubrich wies Nierendorf auf die »Gefahren« hochpreisiger Ankäufe »gerade für ernsthafte Sammler« hin und fügte veranschaulichend hinzu: »Ich könnte Ihnen aus meinen Unterlagen nachweisen, dass ich die prominente Zeichnung von Barlach >Der Krieg< [...] von einem angesehenen Künstler für Mk. 40,- gekauft habe. Das ist also annähernd 1/4 des Preises, den Sie erzielt haben. Was würde der Sammler, dem Sie die Zeichnung verkauft haben, wohl für ein Gesicht machen, wenn er meine Zeichnung mit der Preisangabe sehen würde?«33 Ähnlich argumentierte er angesichts der Folgen der geringen Preise für den Wert der Kunstwerke: »Sie schreiben auch nicht mit Unrecht, dass ja meine ganze Sammlung, wenn man sie nach Auktions- oder Ramschpreisen beurteilen wollte, entwertet wäre. Dass meine Sammlung zu einem Teil gegenüber den Anschaffungspreisen entwertet ist, darüber bin ich mir vollständig im Klaren. Aber gerade das muss mich umso mehr bewegen, bei Neuankäufen besonders vorsichtig zu sein und zu erreichen, dass ich einen günstigeren Durchschnittspreis erziele. Ich bedaure das im Interesse der Künstler sehr, ganz besonders in Ihrem Interesse. Andererseits werden Sie meinen Standpunkt verstehen. Ich würde mich ganz besonders freuen, wenn tatsächlich und zwar nicht nur bei einzelnen Geschäften bessere Preise für die Künstler erzielt würden, da damit ja natürlich auch meine Sammlung schon jetzt wieder einen höheren Wert haben würde. [...] Sie scheinen sich im übrigen auch noch nicht im Klaren zu sein, dass Deutschland derart verarmt ist, dass ein Preis von Mk. 600,- für ein erstklassiges Werk eines lebenden Künstlers als ein guter Preis zu bezeichnen ist. [...] Meine Mittel sind im Augenblick wieder angespannt, da ich reichlich von Gelegenheitskäufen Gebrauch gemacht habe [...].« 34 Das Schreiben belegt, daß um 193 5 selbst bei einem ambitionierten Sammler der deutschen Moderne eine eigentümliche Ausverkaufsstimmung vorherrschte. Es war Haubrich daran gelegen, günstige Angebote zu ergattern, obwohl ihm die Auswirkungen der Niedrigpreise auf den Wert der eigenen Sammlung bewußt waren. Eine Rhetorik der Bedrohung - durch die Entwertung des Besitzes und schlimm-

156 _ Wilmes

stenfalls durch Verarmung - diente ihm dabei als Schutz vor dem Vorwurf mangelnder Seriosität. Im übrigen ging er davon aus, daß der Wertverlust der Kunst des zo. Jahrhunderts nur eine vorübergehende, vorwiegend ökonomisch bedingte Erscheinung sei. Politische Entwicklungen, die diesen Wertverfall begünstigten, erörterte Haubrich dagegen nicht. Nierendorf aber sprach von »Verzweiflungspreisen« und reagierte auf Haubrichs Ausführungen zu der Barlach-Zeichnung: »Aber dass dies Notverkäufe

sind, daran kann wohl kein Zweifel sein! Niemand

wird eine gute Arbeit von einem Künstler solchen Ranges ohne Not für R M . 4 0 , - hergeben.« 35 Die so unterschiedlichen Schlußfolgerungen und Konsequenzen, die Haubrich und Nierendorf aus den sinkenden Preisen für moderne Kunst zogen, resultierten das läßt sich aus der Korrespondenz schließen - zuallererst aus ihren unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen. Ein ausgeprägt politisches Denken spricht aus den Äußerungen beider nicht. 36 Dabei hatte der Rechtsanwalt auch in seinem beruflichen Umfeld die politisch verfügte Vernichtung von Existenzen vor Augen: In Köln war die jüdische Anwalt- und Richterschaft bereits ab dem 3 1 . März 1 9 3 3 an der Ausübung ihres Berufes gehindert und sukzessive aus ihren Ämtern gedrängt worden. 37 Gerade diese Erfahrung mag das Ankaufsverhalten von Haubrich jedoch auf zweierlei Weise befördert haben: Zum einen bestärkte sie wohl sein Gefühl der Bedrohung durch materiellen Verlust und Verarmung; ein Empfinden, das aufgrund der damaligen »Existenzkrise der Anwaltschaft« in diesem Berufsstand ohnehin verbreitet war. 38 Zum anderen wirkte sich die Ausschaltung der Konkurrenz eventuell auch auf Haubrichs Einnahmen positiv aus. So nutzte der Sammler ebenfalls die günstigen Angebote im Auktionshandel: Beim Kölner Auktionshaus Franz A. Menna, seit 192.8 neben dem gut ein Jahrhundert älteren Kunsthaus Lempertz das zweite Versteigerungshaus am Platze, erwarb er in den Jahren 1 9 3 4 und 1 9 3 7 Zeichnungen und Graphiken von Lo vis Corinth, Käthe Kollwitz, Wilhelm Lehmbruck, M a x Liebermann und anderen Künstlern zu Stückpreisen von unter zehn Reichsmark. 39 Zwischen 1 9 3 3 und 1 9 3 6 kaufte Haubrich zudem beim Berliner Versteigerer M a x Perl, so auch auf der Auktion Nr. 188 vom ζ6. bis z8. Februar 1 9 3 5 , bei der unter anderem Teile der Breslauer Sammlung Ismar Littmann versteigert wurden. Für insgesamt 1 0 3 , 5 0 Reichsmark erwarb Haubrich die Losnummern 2 1 6 3 , Z178, zz6z und ZZ63, Arbeiten unter anderem von Heinrich Hoerle, M a x Kaus und Ewald Mataré, und für weitere zehn Reichsmark die Losnummer Z150, eine Arbeit von Erich Heckel. Der Abgleich dieser Werke mit den Katalognummern im graphischen Bestandskatalog MEISTERB L Ä T T E R AUS DER S A M M L U N G J O S E F H A U B R I C H v o n 1 9 8 9 , bei d e n e n die P r o -

venienz »Auktion bei M a x Perl, Berlin 1 9 3 5 « angegeben wird, ist wegen der spärlichen Angaben auf den Rechnungen des Auktionshauses nur mit Einschränkungen

Privates Sammeln mit K a l k ü l . 157

möglich. Die Namen der Künstler stimmen jedoch auffallend überein.40 Für das 1928 entstandene Blatt

KRUG U N D B I R N E

von Heinrich Hoerle, ausgeführt in Tem-

pera auf dickem Japan, ist im Bestandskatalog zudem zusätzlich die »Prov. Slg. Lissmann [Littmann], Breslau« aufgeführt.41 Damit war Haubrich, wenn auch die genaue Anzahl seiner Erwerbungen aus der ehemaligen Breslauer Privatsammlung unbekannt bleibt, Käufer bei einer sogenannten »Judenauktion«. Anja Heuß hat diese Auktionen als »scheinlegale >Arisierung< jüdischer Sammlungen« bezeichnet. Sie hätten sich »allein über den Markt«, das heißt »ohne das Eingreifen der Gestapo« ereignet.41 Um jeden Preis nutzte Haubrich das Angebot des Kunstmarktes jedoch nicht. Dies belegt ein Briefwechsel zwischen Vömel und Haubrich von Ende Mai 1935. Auf das Angebot einer Zeichnung von Aristide Maillol »aus der Sammlung Silberberg«, ebenfalls einer bedeutenden Breslauer Privatsammlung der Klassischen Moderne und der Kunst des 19. Jahrhunderts, die in den Jahren 1935 und 1936 vom Berliner Auktionshaus Paul Graupe versteigert wurde, reagierte der Kölner Sammler mit Zurückhaltung.43 Obwohl ihm Vömel das Blatt zu weniger als der Hälfte des Auktionspreises anbot, nahm Haubrich von einem Ankauf Abstand.44 Ob diese Entscheidung ästhetisch, ökonomisch oder doch politisch motiviert war, ist der Korrespondenz nicht zu entnehmen.

DER FALL LIEBERMANN

Eindeutig scheint dagegen Haubrichs Motivation bei dem Erwerb von drei Bildern von Max Liebermann aus dem Bestand des Wallraf-Richartz-Museums: dem schon erwähnten

SELBSTBILDNIS

sowie den Gemälden

DER B A R M H E R Z I G E

SAMARI-

TER von 1 9 1 1 (Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud) und DIE TOCHTER DES KÜNSTLERS

zu

PFERDE

von 1 9 1 3 (Abb.42). Kölns Oberbürger-

meister Pünder legte 1946, wie eingangs zitiert, einen Zusammenhang mit der von Joseph Goebbels 1937 veranlaßten Aktion »Entartete Kunst« nahe. Ihm folgten 1959 die Darstellungen von Peter Fuchs und Andreas Becker. Letzterer schilderte die Beschlagnahmungen im Wallraf-Richartz-Museum und fuhr anschließend fort: »Bemerkt sei, daß bereits nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten die Werke des >Juden< Max Liebermann aus den deutschen Museen entfernt werden mußten. Es ist das große Verdienst von Josef Haubrich, aus diesem Strudel eine große Anzahl von Werken der deutschen Expressionisten durch Ankauf vor der Vernichtung gerettet zu haben. Im Zusammenwirken mit Professor Förster, dem Direktor des Wallraf-Richartz-Museums, dem an dieser Stelle für seine Hilfe bei der Rettung moderner Kunstwerke gedankt

_ Wilmes

M a x L i e b e r m a n n , DIE TOCHTER DES KÜNSTLERS ZU PFERDE, 1 9 1 3 , Öl auf Leinwand, χ 100 cm, Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

werden soll, konnte Josef Haubrich drei Bilder von Liebermann, die aus dem Wallraf-Richartz-Museum entfernt worden waren, aus dem Kunsthandel erwerben.« 45 Auch Dann Schloß sich 1996 dieser Argumentation an.46 Im Lichte dieser Ausführungen erscheinen die Vorgänge ebenso klar wie die Motive der Beteiligten. Doch nicht jede Aussage bestätigt, daß der Erwerb der drei Werke von Liebermann im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen Beschlagnahmeaktionen in öffentlichen Sammlungen stand. So notierte bereits Braunfels: »Gegen 1 9 3 6 nahm Haubrich drei Bilder Liebermanns, die heimatlos geworden waren, wenngleich sie ihm weniger lagen, in seinen Schutz.« 47 Und Rolf Andree vermerkte im KATALOG DER

GEMÄLDE

DES

19.

JAHRHUNDERTS

IM

WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM

von 1964, das SELBSTBILDNIS von Liebermann sei 1 9 3 4 von Aloys Faust an Josef

Privates S a m m e l n mit K a l k ü l . 159

43

A n d r é G i l l [ L o u i s A l e x a n d r e G ö s s e t de G u i ñ e s ] , E M I L E D E G I R A R D I N ,

1871-1880,

Öl auf Leinwand, 9 1 , 5 χ 73 cm, Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

Haubrich verkauft worden. Die beiden anderen Gemälde des Künstlers seien 1940 im Tausch gegen André Gills Porträt

EMILE

DE

GIRARDIN

von 1 8 7 1 - 1 8 8 0 an

Josef Haubrich abgegeben worden. Dies bestätigt der Katalogeintrag für das letztgenannte Gemälde, als Erwerbsjahr wird dort jedoch 1941 genannt (Abb. 43J. 48 Im Kölner Ausstellungskatalog von 1996 rekonstruierte dann Agnes von der Borch, Otto H. Förster habe das

SELBSTBILDNIS

von Liebermann an Haubrich verkauft,

»weil es >jüdisch< aussah«.49 Das in der Literatur also durchaus disparate Bild der Vorgänge um die drei Gemälde von Liebermann läßt sich anhand der im Nachlaß Haubrich erhaltenen Quellen entscheidend präzisieren: Der Ankauf des

SELBSTBILDNISSES

deutlich

vor 1937 - vermittelt über den Kunsthändler Faust - wird durch die bereits erwähnte Quittung vom 1. Juni 1934 dokumentiert. Aufschlußreich ist weiterhin ein Schreiben des Wallraf-Richartz-Museums an Josef Haubrich vom 18. Dezember 1 9 4 1 , das diesem bestätigte, »dass Sie von uns die zwei Bilder von Max Liebermann, Inv. Nr. 1 1 8 3 >Die Tochter des Künstlers zu PferdeDer barmherzige Samariter< (angekauft vom Museumsverein aus dem Vermächtnis des Geheimen Kommerzienrates Heidemann, 1913), übernommen und uns dafür das Gemälde von Gill >Emile Girardin< überlassen haben«. Darüber hinaus wurde vereinbart: »Der Tausch ist, nach Zustimmung des Herrn Kulturdezernenten und der Erben des Geheimrats von Schnitzler, rechtskräftig geworden. Die beiden Ihnen gehörigen Bilder von Max Liebermann werden, Ihrem Wunsche entsprechend, bis auf weiteres im Museum geborgen. [...] Mit verbindlicher Begrüssung Heil Hitler!« 50 Auch in dem Bericht RIC H A R T Z - M U S E U M

s

DER AUSBAU DER G E M Ä L D E G A L E R I E DES W A L L R A F -

IN D E N

JAHREN

1933

BIS

1 9 4 4 aus dem Jahr 1945

konstatierte Otto H. Förster, daß »im Laufe des Krieges insgesamt 630 Magazinbilder verkauft bezw. im Tausch abgegeben« worden seien, darunter auch: » 1 1 8 3 Liebermann, Tochter des Künstlers. Im Tausch gegen das Bildnis von Gill abgegeben an einen Kölner Sammler«. In der Auflistung »In Deutschland von deutschen Eigentümern bezw. Vermittlern gekauft« vermerkte Förster zudem, daß das Wallraf-Richartz-Museum das Gemälde »Porträt E. Girardon« von André Gill im November 1941 im »Tausch« von einem »Privatsammler Köln« erhalten habe.51 Diese Dokumente rücken nicht nur die Vorgänge um die drei Werke Liebermanns in ein anderes Licht, sondern fordern auch dazu auf, die Frage nach den Motiven des Kölner Museums und des Sammlers Haubrich erneut zu stellen. Der frühe Verkauf des

SELBSTBILDNISSES

war, wie von der Borch belegte, antisemi-

tisch motiviert. Bereits um die Jahrhundertwende entsprechenden Anfeindungen ausgesetzt - beispielsweise provozierte das Gemälde IM T E M P E L

bereits 1879 auf der

DER Z W Ö L F J Ä H R I G E

INTERNATIONALEN

JESUS

KUNSTAUSSTELLUNG

in

München eine Flut von stereotyp antisemitischen Schmähungen (Abb. 5) - , stand Liebermann nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Fokus gezielter Hetzkampagnen.51 Dem Kölner Museumsdirektor Förster war es offensichtlich daran gelegen, im Jahr seines Beitritts zur NSDAP Zeichen zu setzen.53 Haubrich zeigte sich, wie der Ankauf des Selbstporträts belegt, von derlei Populismus unbeeindruckt. Als »Rettung« des Kunstwerkes allein im Interesse des Wallraf-RichartzMuseums ist dies jedoch schwerlich einzustufen. Zumindest im Nachlaß Haubrich hat sich kein Dokument erhalten, das konkrete Absprachen zwischen Förster und Haubrich belegt. Eine gezielte Rettungsaktion würde zudem voraussetzen, daß Förster bereits vor 1937 Eingriffe in die Museumsbestände voraussah und außerdem seine Sammlungspolitik der dreißiger und vierziger Jahre nur als Übergangslösung verstand. Das war jedoch nicht der Fall, wie man an der Veräußerung der beiden anderen Gemälde von Liebermann

DER B A R M H E R Z I G E SAMARITER

und

DIE TOCH-

Privates Sammeln mit K a l k ü l . 161

TER DES KÜNSTLERS z u PFERDE nachvollziehen kann. Sie wurden nicht von Haubrich aus dem Kunsthandel »gerettet«, sondern in direkter Verhandlung mit dem Wallraf-Richartz-Museum gegen ein Werk des 19.Jahrhunderts getauscht. Eine Schutzmaßnahme vor weiteren Beschlagnahmungen war dies offenbar nicht, denn die Bilder verblieben nach dem mit Haubrich vollzogenen Tausch im Depot des Museums. Vielmehr passten sie anscheinend nicht mehr in das Konzept der städtischen Sammlung, die - wie Förster in seinem Bericht von 1945 erläuterte seit 1 9 4 1 unter seiner Federführung durch Ankäufe in den von Deutschland besetzten Gebieten bereichert und massiv umgestaltet wurde. Ziel dieser Umgestaltung war es, so Förster, die »schädlichsten Lücken der Gemäldegalerie« zu schließen. Damit meinte er jedoch nicht die durch die Aktion »Entartete Kunst« entstandenen Verluste, sondern fehlende Bestände im Bereich der französischen Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts sowie der holländischen Kunst des 1 6 . und 1 7 . Jahrhunderts. Den Ankauf solcher Werke finanzierte Förster durch den Verkauf »geringwertiger« beziehungsweise »wertloser« Magazinbilder, so seine Wortwahl. Förster nennt in seinem Bericht von 1945 insgesamt 630 Arbeiten, zu denen auch das Gemälde DIE TOCHTER DES KÜNSTLERS z u PFERDE v o n Liebermann gehört. 5 4 Z w a r ist

ein solcher Abstoßungsprozeß nicht nur als Spezifikum der Museumspolitik im Nationalsozialismus anzusehen. Andernorts war mit dem »Umbau« öffentlicher Sammlungen bereits bedeutend früher begonnen worden, an der Hamburger Kunsthalle beispielsweise im Jahr 1 9 1 9 . Doch sind in Köln die Größenordnung und der kulturpolitische Anspruch des Eingriffs in die Museumsbestände unter Förster auffällig. 55 Zudem wurde auch in Hamburg der Bestand an Werken Liebermanns erst unter dem Direktorat von Werner Kloos in den Jahren 1 9 3 6 und 1 9 4 1 reduziert: Wie Ute Haug jüngst detailliert nachgezeichnet hat, gab man dort insgesamt fünf seiner Gemälde im Tausch ab, darunter auch DER ZWÖLFJÄHRIGE JESUS IM TEMPEL (Hamburger Kunsthalle). 56 Offenbar also verliert das Werk Liebermanns im Nationalsozialismus bei einigen Museumsdirektoren deutlich an Rückhalt. Für die drei Gemälde von Liebermann in der Sammlung Haubrich ist damit festzuhalten, daß der Rechtsanwalt sie nicht vorsätzlich für das Wallraf-Richartz-Museum »rettete«. Das Argumentationsschema Pünders, dem viele Darstellungen bis in die jüngste Zeit folgen, erscheint im Licht der erhaltenen Quellen vielmehr als Vereinfachung und Verdrängung unbequemer Vorgänge der städtischen Museumspolitik im Nationalsozialismus. 57 Daß Haubrich die von ihm erworbenen Gemälde von Liebermann im Museum beließ, stützt nur bedingt die Annahme, der Sammler habe die Kunstwerke aus Verpflichtung gegenüber dem Museum übernommen, »wenngleich sie ihm weniger lagen«.' 8 Weitere Dokumente lassen durchaus andere Schlüsse zu. Bereits vom 3. April 1 9 4 1 datiert eine Aufstellung von fünfzehn Ölgemälden »aus dem Besitz

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des Rechtsanwalts Dr. Josef Haubrich«. Neben den beiden frühen Werken von James Ensor, die bereits von Straus-Ernst als »Hauptwerke« der Kollektion bezeichnet wurden, der BRÜCKE VON AUSTERLITZ von Vincent van Gogh (Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud), Karl Hofers GROSSER TESSINLANDSCHAFT von 1 9 2 5 (Köln, Museum Ludwig) sowie drei Gemälden von Emil Nolde war auf der Liste auch das Selbstporträt von Liebermann verzeichnet. Auf demselben Blatt bestätigte das Wallraf-Richartz-Museum, vertreten durch den damaligen Kustos Helmuth May, eine Übernahme der aufgeführten Kunstwerke, um sie für die Kriegszeit im Magazin des Museums zu deponieren und sie soweit als möglich vor Kriegsschäden zu schützen. 5 ' Ob diese Aktion auf einen öffentlichen Aufruf des Museums zurückzuführen ist, ist nicht bekannt. Sicherlich nutzte Haubrich aber auch seine Beziehungen, um die für ihn besonders wertvollen Bilder seiner Sammlung an einem konservatorisch günstigen Ort unterzubringen.60 So wurden offenbar auch die kurze Zeit später von Haubrich im Tausch erworbenen Gemälde Liebermanns, darauf läßt ein Schreiben des Wallraf-Richartz-Museums vom 1 8 . Dezember 1 9 4 1 schließen, seinem Bestand im Museumsdepot hinzugefügt/ 1 Die Arbeiten Liebermanns gehörten also zu diesem Zeitpunkt ebenso zum Profil der Sammlung Haubrich wie die der Expressionisten. Das belegen auch weitere Erwerbungen Haubrichs aus den dreißiger Jahren. Nur acht Monate vor dem Ankauf des SELBSTBILDNISSES hatte der Sammler ein Gemälde von Liebermann für 500 Reichsmark beim Kölner Kunstsalon Hermann Abels erstanden, das laut Rechnung den Titel »Im Berliner Tier-Garten« trägt. 62 Noch 1 9 3 6 und 1 9 3 7 erwarb Haubrich mehrere Arbeiten des Künstlers bei verschiedenen Auktionshäusern. 63 Und auch nach Kriegsende änderte sich an seiner Wertschätzung von Liebermann zunächst nichts. Auf Fotografien vom Übergangsquartier des Ehepaars Haubrich-Wegelin im ersten Nachkriegsjahr sieht man die G e m ä l d e DER B A R M H E R Z I G E SAMARITER u n d DIE TOCHTER DES

KÜNSTLERS

z u PFERDE an prominenter Stelle über einer Kommode sowie über dem Kamin hängen/ 4 Das spätere Empfinden von Haubrich, die Liebermanns seien »in gewissem Sinne Fremdkörper« in seiner Sammlung, ist wohl der seit 1946 betriebenen Kanonisierung seiner Sammlung zu einer Kollektion des Expressionismus zuzuschreiben.65 Auch der Bestand an ostasiatischer Kunst wurde fortan ausgeklammert. Noch 1 9 2 7 hatte Straus-Ernst ihn selbstverständlich als Teil der »Sammlung Haubrich« erwähnt; Haubrich selbst hatte ihn in den dreißiger Jahren mit Zukäufen erweitert. 66

Privates Sammeln mit Kalkül. 163

V E R N E T Z U N G IM S T Ä D T I S C H E N KULTURBETRIEB

Noch einen anderen Schluß lassen die Vorgänge um die drei Gemälde von Liebermann zu: Haubrich wurde von zentralen Figuren des städtischen Kulturbetriebs als Verhandlungs- und Geschäftspartner akzeptiert, obwohl seine Präferenz für die offiziell als »entartet« diffamierte Kunst bekannt war und er zudem durch seine Ehe mit der Kinder- und Frauenärztin Alice Gottschalk als »jüdisch versippt« galt und damit ebenfalls sozialer und politischer Diskriminierung ausgesetzt war. So ist es sicher kein Zufall, daß Josef Haubrich im Juli 1 9 3 6 aus seinem Amt als stellvertretender Vorsitzender des Kölnischen Kunstvereins ausschied. Auf derselben Sitzung wurde auch die Änderung der Vereinssatzung im Sinne des »Reichsbürgergesetzes« vom 1 5 . September 1 9 3 5 angenommen. Mitglied des VereinsAusschusses blieb er bis 1 9 3 8 , Mitglied des Kunstvereins war er noch im Jahr 1944. 6 7 Um 1 9 3 8 - 1 9 3 9 - die Approbation seiner Frau erlosch zwangsweise zum ι . September 1 9 3 8 - gab Haubrich die Anwaltskanzlei am Hansaring mit seinem langjährigen Geschäftspartner Heinrich Bodenheim auf. In GREVEN'S ADRESSBUCH DER HANSESTADT KÖLN aus dem Jahr 1 9 3 9 figurierte er nur noch unter seiner Privatadresse als »Haubrich, L. Jos., Dr. jur., Rechtsanwalt«. Die vormals selbständigen Einträge »Gottschalk, Alice, Frau, Dr. med.« und »Haubrich-Gottschalk, Alice, Frau, Dr. med.« sind gänzlich verschwunden. 68 Daß die städtischen Kulturinstitutionen Haubrich in dieser Situation ihre Gunst nicht entzogen, ist nicht zuletzt auf seine Reputation und sein Wirken als Rechtsanwalt zurückzuführen. Wie Agnes von der Borch belegt, war Haubrich dem Wallraf-Richartz-Museum, das wie andere rheinische Museen in den Kriegsjahren eine rege Ankaufstätigkeit auf dem Kunstmarkt in den deutsch besetzten Gebieten entfaltete, bei Geschäften in Frankreich behilflich. So bedankte sich Förster in einem Brief an den Rechtsanwalt vom 6. Januar 1 9 4 2 , daß Haubrich bezüglich der »Übernahme der in Paris reservierten Bilder« mit »Rat« und »Unterstützung bei den vielfältigen und oft so außerordentlich schwierigen Verhandlungen« zur Seite gestanden habe/ 9 Die Beziehung zwischen Haubrich und Förster beschränkte sich also nicht auf interne Übereinkünfte. 70 Auch nach außen vertrat der Kölner Sammler die Interessen des Museums und konnte dadurch offenbar seinerseits auf Unterstützung zählen. Dabei dürfte ihm als Jurist die Rechtsunsicherheit der in Paris getätigten Geschäfte durchaus bewußt gewesen sein. Welchen Stellenwert diese Beziehungen für Haubrichs Alltag als Rechtsanwalt und Sammler moderner Kunst im Nationalsozialismus hatten, belegt ein weiteres Schreiben von Haubrich an das Arbeitsamt Köln vom 4. Oktober 1942. Der Rechtsanwalt bat darin um die Zuteilung einer Haushaltshilfe, da seine Frau »chronisch leidend« und er selbst »sehr stark, z.T. kriegswichtig, beschäftigt« sei. Und weiter

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argumentierte er: »Zudem habe ich in meinem Hause eine Kunstsammlung, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht. Ev. bitte ich dieserhalb eine Auskunft des Wallraf-Richartz-Museums der Hansestadt Köln einzuholen.« 71 Selbst zu einem Zeitpunkt, als der Großteil der Juden aus dem Rheinland bereits in Vernichtungslager deportiert worden war, demonstrierte Haubrich gegenüber den städtischen Behörden ein ungetrübtes Selbstbewußtsein. Offenbar sah er keine Veranlassung, seine Frau und seine Sammlung moderner Kunst vor den Behörden zu verstecken, wie es die zu Anfang zitierte Literatur suggeriert. Sein Verweis auf das Wallraf-Richartz-Museum belegt vielmehr, welche Bedeutung er seinen Kontakten beimaß. Alice Haubrich-Gottschalk schützte dies jedoch nicht. Sie nahm sich im Februar 1944 das Leben, kurz nachdem die Kölner Gestapo begonnen hatte, auch die in »Mischehe« lebenden Juden auf die Deportationslisten zu setzen.72

JENSEITS DER EINDEUTIGKEIT

Die Vorgänge belegen, daß das Bild von Josef Haubrich als uneigennütziger Bewahrer und Retter der verfolgten Moderne eine verkürzte Sicht auf seine Sammeltätigkeit im Nationalsozialismus darstellt. Die schlaglichtartige Analyse seines Ankaufsverhaltens in den Jahren 1 9 3 3 bis 1944 zeigt vielmehr, daß Haubrich auf vielfältige Weise in das damalige Marktgeschehen involviert war. So kaufte er vor 1 9 3 7 bei sinkenden Preisen im deutschen Kunst- und Auktionshandel. Als flexibler Sammler, der das Angebot des Kunstmarktes mit seinen unterschiedlichen Verkaufsquellen zu nutzen verstand, war Haubrich dabei Teil von Marktprozessen, die der Enteignung der jüdischen Bevölkerung Vorschub leisteten. Sein vorrangiges Interesse galt dem Ausbau und der materiellen Bewahrung seiner Kollektion. Dieses Interesse ist auch bei Haubrichs Erwerb der drei Gemälde von Liebermann aus dem Bestand des Wallraf-Richartz-Museums nicht von der Hand zu weisen. Die Herkunft der Kunstwerke, das läßt sein Bewußtsein für den öffentlichen Aspekt des Kunstsammelns vermuten, mag ihm dabei als besonderer Anreiz erschienen sein. Auch das Bild vom Sammeln Haubrichs »in aller Heimlichkeit« bestätigen die Quellen nicht. Vielmehr war es gerade sein Ansehen als Rechtsanwalt und seine Vernetzung im städtischen Kulturbetrieb, die ihm den Ausbau seiner Sammlung ermöglichten und wohl auch ihren Schutz vor Kriegsschäden und Kriegsverlusten günstig beeinflußten. Das Beispiel Haubrichs zeigt somit in aller Deutlichkeit, daß das stereotyp polarisierte Bild vom selbstlosen, im Geheimen agierenden Sammler einerseits und vom »gleichgeschalteten«, total kontrollierten Kunstbetrieb andererseits nicht greift, um das Phänomen des privaten Sammeins moderner Kunst im Nationalsozialismus adäquat zu erfassen. Mit Kontakten, Flexibilität und Verhand-

P r i v a t e s S a m m e l n mit K a l k ü l . 1 6 5

lungsgeschick gelang es Haubrich, seine Kunstsammlung - einschließlich ihres Bestands an impressionistischer und moderner Kunst - auch im Nationalsozialismus zu erweitern und zu bewahren. Dies erreichte er nur, indem er sich, jenseits der politischen Eindeutigkeit, auf die Ambivalenzen des Kunstmarktes und der städtischen Museumspolitik einließ.

166 _ Wilmes

1 Hermann Piinder auf der 6. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung, 2. Mai 1946, in: Oberbürgermeister zu Köln (Hrsg.): Verhandlungen der Stadtverordneten-Versammlung zu Köln vom Jahre 1946, Köln O.J., S. 78· 2 Otto Dann: Der Kunstsammler Josef Haubrich und sein Umfeld, in: Gerhard Kolberg (Hrsg.): Die Expressionisten. Vom Aufbruch zur Verfemung, Ausstellungskatalog, Museum Ludwig, Köln 1996, S. 14-22, S. 16 f. Der Aufsatz ist identisch mit: id.: Josef Haubrich: Ein Kunstsammler im Umbruch, in: Jost Diilffer (Hrsg.): »Wir haben schwere Zeiten hinter uns.« Die Kölner Region zwischen Krieg und Nachkriegszeit, Vierow bei Greifswald 1996 (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins e. V., Bd. 40), S. 365-377.

Greven's Adreßbuch für Köln; vgl. Greven's buch für Köln, Köln 1916.

Adreß-

9 Josef Haubrich: Schicksale meiner Sammlung, in: Heinz Ladendorf u. Horst Vey (Hrsg.): Mouseion. Studien aus Kunst und Geschichte für Otto H. Förster, K ö l n i960, S . 296-300, S . 296; v g l . F u c h s 1979, S . 2

u. S. 17. 10 Vgl. Wolf-Dieter Dube: Sammler des Expressionismus in Deutschland, in: Georg Heuberger (Hrsg.): Expressionismus und Exil. Die Sammlung Ludwig und Rosy Fischer, Frankfurt am Main, Ausstellungskatalog, Jüdisches M u s e u m , F r a n k f u r t a m M a i n 1990, S. 17-22.

11 Vgl. Dube 1990, S. 20; Haubrich i960, S. 296. 5 Vgl. Erhard H . M . Lange: Josef Haubrich (18891961) - Sammler, Mäzen, Kulturpolitiker. »Wer in diese Trümmer Geschenke niederlegt ...«, in: Geschichte

im Westen

17/2002, S . 102-118.

4 Vgl. Wolfgang Braunfels: Ein Sammler des deutschen Expressionismus. In memoriam Josef Haubrich, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch

24/1962, S . 375-380. E i n e

knappe Bestandsübersicht findet sich bei Alfred M . Fischer: Die Sammlung Josef Haubrich, in: id.: Meisterblätter aus der Sammlung Josef Haubrich ... zum 100. Geburtstag, Ausstellungskatalog, Museum Ludwig, Köln 1989, S. 31-34. 5 Vgl. Peter Fuchs (Hrsg.): Josef Haubrich. Sammler und Stifter. Kunst des X X . Jahrhunderts in Köln, Köln 1959; id.: Josef Haubrich. Sammler und Stifter moderner Kunst, Köln 1979 (Kölner Biographien, Bd. 13) u. id.: Josef Haubrich. Sammler und Stifter moderner Kunst, in: Fischer 1989, S. 11-30. 6 Vgl. Dann 1996, S. 15. Es bleibt abzuwarten, o b und in welchem Umfang der Nachlaß Josef Haubrich geborgen werden kann und in welchem Zustand er künftig der Forschung zur Verfügung stehen wird. 7 Erste Hinweise zur Provenienz bei Siegfried Gohr (Hrsg.): Museum Ludwig Köln: Gemälde, Skulpturen, Environments vom Expressionismus bis zur Gegenwart, Bd. 2: Bestandskatalog, München 1986; vgl. Evelyn Weiss: Zwei Restitutionsfälle, in: Koordinierungsstelle f ü r Kulturgutverluste (Hrsg.): Beiträge öffentlicher Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland zum Umgang mit Kulturgütern aus ehemaligem jüdischen Besitz, Magedurg 2001 (Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Bd. 1), S. 170-183.

8 Vgl. Braunfels 1962, S. 376. Z u r frühen Biographie Josef Haubrichs vgl. Fuchs 1979, S. 1-32; Lange 2002, S. 103-107. Haubrich erscheint erstmals im Jahr 1916 in der Rubrik »Rechtsanwälte beim Landgericht« in

12 Vgl. Brief von H a n s Secker, Wallraf-Richartz-Museum, an Josef Haubrich, 7. August 1923, Historisches Archiv der Stadt Köln (HAStK), Best. 1369, Nr. 30. 15 Vgl. Ingrid Severin: »Bausteine« für die Museen nach 1945. Die Sammlungen Haubrich - Sprengel Reemtsma, in: Ekkehard M a i u. Peter Paret (Hrsg.): Sammler, Stifter und Museen: Kunstförderung in Deutschland im 19. und zo. Jahrhundert, Köln, Weim a r u . W i e n 1993, S . 265-294, S. 271.

14 Dr. Ludwig Josef [Josef Haubrich], in: Rheinische Zeitung, Ii. September 1924, zitiert nach Fuchs 1979, S.31. 15 Vgl. Luise Straus-Ernst: Die Sammlung Köln,

i n : Das Kunstblatt

1/19ZJ,

Haubrich

in

S . 25-34, S . 27 u .

S. 31 ff. 16 Z u den Sammlungen Fischer und Hagemann vgl. Dube 1990, S. 22; Die Künstler der Brücke in der Sammlung Hagemann: Kirchner, Heckel, Schmidt-Rottluff, Nolde, Ausstellungskatalog, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main / Museum Folkwang, Essen 2004. 17 Vgl. Braunfels 1962, S. 376. 18 Vgl. Handschriftliche Quittungen für Josef Haubrich, unterschrieben von Aloys Faust, 24. Februar 1933, 16. Juli 1934 u. 20. Juli 1934, HAStK, Best. 1369, Nr. 30. Vgl. auch die Provenienzangaben im Katalogteil von Fischer 1989. Wann genau Aloys Faust seine Kunsthandlung eröffnete, ist nicht bekannt. In Greven's Adreßbuch erschien erstmals 1937 sein Eintrag in der Rubrik »Kunsthandlungen«. Laut Heinz Hermanns machte sich Faust jedoch nach langjähriger kunsthändlerischer Tätigkeit bereits im Jahr 1933 selbständig. Von Beginn an w a r sein Angebot geprägt durch den Kontrast von älterer Kunst und aktuellen Werken, vorwiegend lokaler Künstler. N a c h dem Zweiten Weltkrieg führte Faust sein Geschäftskonzept

Privates Sammeln mit Kalkül _ 167

fort und etablierte sich als Spezialist für ägyptische, griechische und römische Kunst und originale Eichenmöbel; vgl. Creven's Adreßbuch der Hansestadt Köln, Köln 1936; Dr. St.: Kölner Kunstausstellungen, in: Kölnische Rundschau, 10. Dezember 1946; Heinz Hermanns: Kunsthandel in Köln heute, in: Kunsthandel in Köln, Sonderausgabe der Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer zu Köln, Oktober 1970, S. 5 0 3 - 5 1 1 , S. 505; Ute Haug: Köln und die zeitgenössische bildende Kunst im »Dritten Reich«, in: Geschichte in Köln 47/2000, S. 7 1 - 1 0 6 , S. 84. 19 Vgl. Handschriftliche Quittung für Josef Haubrich, unterschrieben von Aloys Faust, 1. Juni 1 9 3 4 , HAStK, Best. 1369, Nr. 30; Katalog der Gemälde des 19. Jahrhunderts im Wallraf-Richartz-Museum, bearb. von Rolf Andree, Köln 1964 (Kataloge des WallrafRichartz-Museums; I), S. 82, Nr. 1 1 8 6 ; Agnes von der Borch: Die nationalsozialistischen Aktionen »Entartete Kunst« in Köln und anderen Orten Deutschlands, in: Kolberg 1996, S. 2 9 2 - 3 0 1 , S. 295. 20 Vgl. Brief von Alex Vömel an Josef Haubrich, 24. April 1 9 3 3 u. Brief von Alex Vömel an Josef Haubrich, 6. Mai 1 9 3 3 , HAStK, Best. 1369, Nr. 30; Verzeichnis der Gemälde (hrsg. v. Wallraf-Richartz-Museum), Köln 1959, S. 43, Nr. 2735. 21 Vgl. Stefan Frey u. Wolfgang Kersten: Paul Klees geschäftliche Verbindung zur Galerie Alfred Flechtheim, in: Hans Albert Peters u. Stephan von Wiese (Hrsg): Alfred Flechtheim. Sammler, Kunsthändler, Verleger, Ausstellungskatalog, Kunstmuseum, Düsseldorf / Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1 9 8 7 - 1 9 8 8 , S. 6 5 - 9 1 , S. 86; vgl. auch Ralph Jentsch: Alfred Flechtheim und George Grosz. Zwei deutsche Schicksale, Bonn 2008, S. 3 2 48. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges konnte Vömel seine Galerie in Düsseldorf bald wiedereröffnen und sich als Händler der Klassischen Moderne weiter etablieren. Bis heute führt sein Sohn Edwin Vömel die Galerie in Düsseldorf. 22 Hendrik: Abgetakeltes Mäzenatentum. Wie Flechtheim und Kaesbach deutsche Kunst machten, in: Volksparole, ι . April 1 9 3 3 , zitiert nach Peters u. von Wiese 1 9 8 7 - 1 9 8 8 , S. 196.

unterschrieben von Alex Vömel, 1 3 . Juni 1934, ibid., Nr. 30; Gohr 1986, S. 1 2 7 . 27 Brief von Alex Vömel an Josef Haubrich, 5. Februar 1 9 3 5 , ibid., Nr. 30. 28 Vgl. Rechnung von Alex Vömel für Josef Haubrich, 20. Februar 1 9 3 5 , u. handschriftliche Quittung für Josef Haubrich, unterschrieben von Alex Vömel, 8. März 1 9 3 5 , ibid., Nr. 30; Kolberg 1996, S. 89 (Abb. 1 1 2 ) u. S. 3 3 1 , Nr. 260. Zu Walter Kaesbach und seiner Sammlung vgl. Sabine Fehlemann: Dr. Walter Kaesbach, in: Henrike Junge (Hrsg.): Avantgarde und Publikum. Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905-1933, Köln, Weimar u. Wien 1992, S. 1 8 7 - 1 9 7 . 29 Vgl. Angelika Enderlein: Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im NS-Staat. Zum Schicksal der Sammlung Graetz, Berlin 2006, S. 7 9 92, S. 79 u. S. 1 1 9 . 30 Vgl. Anja Walter-Ris: Die Geschichte der Galerie Nierendorf. Kunstleidenschaft im Dienst der Moderne. Berlin/New York 1 9 2 0 - 1 9 9 5 , Phil. Diss., Freie Universität, Berlin 2000, S. 1 7 7 (www.diss.fu-berlin.de/ 2003/238 [Zugriff am 8. Januar 2008]); Cordula Frowein: Alfred Flechtheim im Exil in England, in: Peters u. von Wiese 1 9 8 7 - 1 9 8 8 , S. 59-63, S. 59. 31 Vanessa-Maria Voigt: Kunsthändler und Sammler der Moderne im Nationalsozialismus. Die Sammlung Sprengel 1934 bis 1945, Berlin 2007, S. 97. Abstand von der These einer vollständigen Kontrolle des Kunstmarkts nimmt beispielsweise Anja Heuß: Die Reichskulturkammer und die Steuerung des Kunsthandels im Dritten Reich, in: Sediment 3/1998, S. 4 9 - 6 1 . 32 Vgl. Brief von Karl Nierendorf an Walter Klug, 6. Dezember 1934, HAStK, Best. 1369, Nr. 1. Zur Situation der Galerie Nierendorf seit Mitte der 1920er Jahre vgl. Walter-Ris 2000, S. 1 1 8 - 1 3 2 , S. 1 5 3 - 1 5 8 , S. 1 7 7 , S. 186 ff u. S. 1 9 8 - 1 9 9 . 33 Vgl. Brief von Josef Haubrich an Karl Nierendorf, 5. Januar 1 9 3 5 , HAStK, Best. 1369, Nr. 1. 34 Vgl. ibid.

23 Eventuell ist dies auch ein Grund dafür, daß Vömel Ende 1933 oder Anfang 1934 der SA beitritt. Vgl. Jentsch 2008, S. 1 5 , S. 42 f. 24 Brief von Alex Vömel an Josef Haubrich, 6. Oktober 1 9 3 3 , HAStK, Best. 1369, Nr. 30. 25 Brief von Alex Vömel an Josef Haubrich, 15. Januar 1 9 3 4 , ibid., Nr. 30. 26 Vgl. Handschriftliche Quittung für Josef Haubrich,

35 Brief von Karl Nierendorf an Josef Haubrich, 8. Dezember 1934 u. Brief von Karl Nierendorf an Josef Haubrich, 14. Januar 1935, HAStK, Best. 1369, Nn 30. 36 Zu Nierendorfs politischer Haltung vgl. Walter-Ris 2000, S. 191-195 u. S. 197. 37 Vgl. Louis Peters: Köln, Freitag 31.3.1933 - ein Tag verändert die Kölner Anwaltschaft, Köln, 2. Auflage 2008.

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38 Ibid., S. 5. 39 Vgl. Rechnung des Auktionshauses Franz A. Menna für Josef Haubrich, 1 5 . Dezember 1934, u. Rechnung des Auktionshauses Franz A. Menna für Josef Haubrich, 1 7 . Dezember 1937, HAStK, Best. 1369, Nr. 30. Franz A. Menna gibt seine Geschäftstätigkeit um 1958 aus Altersgründen auf. 40 Vgl. Rechnungen vom Auktions-Institut Max Perl an Josef Haubrich, 2.8. Februar 193 5 u. 3. Dezember 1935, HAStK, Best. 1369, Nr. 30. Auf der Rechnung vom 2.8. Februar 1935 ist der zur vierten Losnummer zugehörige Künstlername leider unleserlich. Vgl. Fischer 1989, S. 2.82, Nr. 1 2 7 ; S. 284, Nr. 148; S. 289, Nr. 170; S. 298, Nr. 227; S. 301, Nr. 249. Zur Auktion der Sammlung Ismar Littmann vgl. Enderlein 2006, S. 1 1 9 ; Anja Heuß: Das Schicksal der jüdischen Kunstsammlung von Ismar Littmann. Ein neuer Fall von Kunstraub wirft grundsätzliche Fragen auf, in: Neue Zürcher Zeitung, 1 7 . August 1998, S. 2 1 .

50 Brief des Wallraf-Richartz-Museums an Josef Haubrich, 18. Dezember 1 9 4 1 , HAStK, Best. 1369, Nr. 30. 51 Bericht von Otto H. Förster: Der Ausbau der Gemäldegalerie des Wallraf-Richartz-Museums von 1933 bis 1944, Mehlem, Juli/August 1945, S. 22, Nr. 44, S. 3, HAStK, Best. 1369, Nr. 43, 2. 52 Vgl. Katrin Boskamp: Studien zum Frühwerk von Max Liebermann, Mit einem Katalog der Gemälde und Ölstudien von 1866-1889, Hildesheim, Zürich u. New York 1994 (Studien zur Kunstgeschichte, Bd. 88), S. 7 5 - 1 1 5 ; Marion Deshmukh: Max Liebermann, ein Berliner Jude, in: Angelika Wesenberg (Hrsg.): Max Liebermann. Jahrhundertwende, Ausstellungskatalog, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie, Berlin 1997, S. 59-64; vgl. Martin Faass (Hrsg.): Der Jesus-Skandal. Ein Liebermann-Bild im Kreuzfeuer der Kritik, Ausstellungskatalog, Liebermann-Villa am Wannsee, Berlin 2009 (insbesondere die Beiträge von Ute Haug, Martin Faass u. Henrike Mund, Chana Schütz sowie Inka Bertz).

41 Fischer 1989, S. 184, Nr. 148. 42 Anja Heuß: Die Vernichtung jüdischer Sammlungen in Berlin, in: Matthias Frehner (Hrsg.): Das Geschäft mit der Raubkunst. Fakten, Thesen, Hintergründe, Zürich 1998, S. 1 0 2 - 1 0 3 .

53 Laut von der Borch tritt Otto H.Förster 1934 der NSDAP bei und unterhält Beziehungen zum KÄMPF· BUND FÜR DEUTSCHE K U L T U R ; vgl. von der B o r c h

1996, S. 295.

54 43 Zur Sammlung Silberberg vgl. Anja Heuß: Die Sammlung Silberberg in Breslau, in: Andrea Pophanken u. Felix Billeter: Die Moderne und ihre Sammler. Französische Kunst in deutschem Privatbesitz vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, Berlin 2001, S. 311325; Dorothea Kathmann: Wege und Schicksale jüdischer Kunstsammlungen aufgezeigt am Beispiel der Sammlung Silberberg aus Breslau: der Versuch einer späten Wiedergutmachung, in: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz 35/1998, S. 1 6 5 - 1 7 7 . 55 44 Brief von Alex Vömel an Josef Haubrich, 2 1 . Mai 1935, u. Brief von Josef Haubrich an Alex Vömel, 25. Mai 1935, HAStK, Best. 1369, Nr. 30. 45 Andreas Becker: Mäzen der Moderne, in: Fuchs 1959, S. 57-68, S. 64. Fuchs zitiert Pünders Aussage; vgl. Peter Fuchs: Die Biographie, in: Fuchs 1959, S. 4 0 - 4 1 , u. Fuchs 1979, S. 45. 46 Vgl. Dann 1996, S. 17.

Vgl. Bericht Otto H. Förster: Ausbau der Gemäldegalerie, S. 6-9, S. 2 1 - 2 2 u. S. 26-33, HAStK, Best. 1369, Nr. 43, 2; Rainer Budde: Anmerkungen zu den Erwerbungen des Wallraf-Richartz-Museums in den Jahren 1 9 4 1 - 1 9 4 4 , in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch qjl 1986, S. 19-28; Katja Terlau: Das Wallraf-RichartzMuseum und seine Ankaufspolitik 7933-1945. Vorläufiger Forschungsbericht, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 62/2001, S. 277-292. Katja Terlau: Das Wallraf-Richartz-Museum in der Zeit zwischen 1 9 3 3 - 1 9 4 5 , in: Museen im Zwielicht. Ankaufspolitik 1 9 3 3 - 1 9 4 5 (hrsg. v. Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg), Magdeburg 2002 (Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Bd. 2), S. 2.1-39, S. 24 f.

56 Vgl. Ute Haug: »Es ist ein mächtiges Werk«. Ein Gemälde findet seinen Weg, in: Faass 2009, S. 31-45 u. S. 37-39. Noch im Jahr 1935 hatte der vorherige Museumsdirektor Harald Busch die Werke Liebermanns bei seiner Neukonzeption der Schausammlung berücksichtigt.

47 Braunfels 1962, S. 378. 57 Vgl. Fuchs 1959, S. 33; Dube 1990, S. 1 7 - 2 3 . 48 Vgl. Kat. Köln 1964, S. 44, Nr. 2645; S. 8z, Nr. 1 1 8 6 u. Nr. 1 1 8 7 ; S. 83-84, Nr. 1 1 8 3 (Rolf Andree). Diese Vorgänge, allerdings ohne sie zu datieren, bestätigt auch Haubrich i960, S. 297. 49 Von der Borch 1996, S. 2 9 2 - 3 0 1 , S. 295.

58 Braunfels 1962, S. 378; vgl. Haubrich i960, S. Z97. 59 Vgl. Aufstellung von 1 5 Ölgemälde »aus dem Besitz des Rechtsanwalts Dr. Josef Haubrich« und Bestätigung von Helmuth May, Wallraf-Richartz-Museum,

Privates S a m m e l n mit K a l k ü l . 169

für Josef Haubrich, 3. April 1 9 4 1 , HAStK, Best. 1 3 6 9 , Nr. 30. 60 Vgl. Straus-Ernst 1 9 1 7 , S. 1 9 . 61 Vgl. Brief des Wallraf-Richartz-Museums an Josef Haubrich, 1 8 . Dezember 1 9 4 1 , HAStK, Best. 1 3 6 9 , Nr. 30. 62 Ob das Bild mit dem heute im Lentos Kunstmuseum in Linz befindlichen Gemälde IM BERLINER TIERGARTEN von 1 9 1 5 identisch ist, kann aufgrund der Rechnung nicht zweifelsfrei erwiesen werden. Übereinstimmend ist jedoch die Ausführung in Öl auf Holz; vgl. Rechnung vom Kunstsalon Hermann Abels an Josef Haubrich, 5.Oktober 1 9 3 3 , ibid., Nr. 30. Die Kunsthandlung Wilhelm Abels wurde bereits 1 9 0 1 an der Kölner Schildergasse eröffnet. Nach einer vermutlich kriegsbedingten Schließung um 1916 wurde sie 1 9 1 9 unter dem Namen des Sohnes als Kunstsalon Hermann Abels wiedereröffnet. Ein Schwerpunkt des Angebots lag zunächst auf der niederländischen Malerei des 1 7 . Jahrhunderts, der deutschen Malerei der Romantik sowie der akademischen Malerei und der Graphik der Jahrhundertwende. In den zwanziger Jahren prägten die Vertreter des »deutschen Impressionismus« sowie seltener Vertreter des Expressionismus und das regionale Kunstschaffen das Programm. 1 9 3 5 zog die Kunsthandlung an den Wallrafplatz, im Jahr 1 9 4 3 dann nach Dresden, wo sie im Zuge der Bombardierung der Stadt ihre Räumlichkeiten und Bestände verlor. Schon bald nach Kriegsende eröffnete die Galerie Abels wieder in Köln; vgl. Ev Raue: Zwischen Expressionismus und Informel. Die Galerie Anne Abels in Köln (1946-1971), in: Sediment z/1997, S. 4 7 - 5 9 , S. 49; Haug 2.000, S. 82. 65 Vgl. Rechnung vom Internationalen Kunst- und Auktionshaus Dr. E. Mandelbaum und P. P. Kronthal an Josef Haubrich, 8. April 1 9 3 6 ; Rechnung vom Auktions-Institut M a x Perl an Josef Haubrich, 1 6 . Oktober 1 9 3 6 , u. Rechnung vom Kunst- und Auktionshaus Franz A. Menna an Josef Haubrich, 1 7 . Dezember 1 9 3 7 , HAStK, Best. 1 3 6 9 , Nr. 30. 64 Vgl. Fuchs 1 9 5 9 , S. 25 (Abb. Mitte); id. 1 9 7 9 , S. 4 2 (Abb. oben u. unten). Laut Fuchs hatte Josef Haubrich im September 1 9 4 4 Paula Wegelin geheiratet; vgl. ibid., S. 35.

65 Haubrich i 9 6 0 , S. 297. Diesen Aspekt untersuche ich genauer in meiner Dissertation VerHANDELN. Kölner Kunsthandlungen im Prozeß der Verständigung über »die verfemte Moderne« und »die Kunst der Gegenwart« nach 1 9 4 5 , Universität Bonn 2009. 66 Vgl. Straus-Ernst 1 9 2 7 , S. 34; Brief von Andreas Bekker, Galerie Dr. Becker u. Alfred Newman, an Josef Haubrich, 3. Juli 1 9 3 4 , HAStK, Best. 1 3 6 9 , Nr. 30; Brief von Josef Haubrich an Karl Nierendorf, 5. Januar 1 9 3 5 , HAStK, Best. 1 3 6 9 , Nr. 1. 67 Vgl. Ute Haug: Der Kölnische Kunstverein im Nationalsozialismus. Struktur und Entwicklung einer Kunstinstitution in der kulturpolitischen Landschaft des »Dritten Reichs«, Phil. Diss., Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule, Aachen 1998 (http://darwin. bth.rwth-aachen.de/0pus3/v0lltexte/2002/333/pdf/ Haug_Ute.pdf [Zugriff am 4. Dezember 1007I), S. 30, S. 57 f, S. 242, S. 244 u. S. 641 (Dok. 1636). 68 Vgl. John A. S. Grenville: Juden, »Nichtarier« und »Deutsche Ärzte". Die Anpassung der Ärzte im Dritten Reich, in: Ursula Büttner (Hrsg.): Die Deutschen und die Judenverfolgung im Dritten Reich, Hamburg 1 9 9 2 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Bd. 29), S. 1 9 1 - 2 0 6 , S. 199; Greven's Adreßbuch der Hansestadt Köln, Köln 1 9 3 8 u. 1 9 3 9 . 69 Von der Borch 1 9 9 6 , S. 299. Zu den Ankäufen des Wallraf-Richartz-Museums in den besetzten Gebieten vgl. Katja Terlau: Das Wallraf-Richartz-Museum und seine Ankaufspolitik 1 9 3 3 - 1 9 4 5 . Vorläufiger Forschungsbericht, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch LXII/ 2 0 0 1 , S. 2 7 7 - 2 9 2 ; Terlau 2002, S. 2 9 - 3 2 . 70 Lange verweist zwar auf Haubrichs »vielfältiges Geflecht von Beziehungen zu Künstlern, Galeristen und Museumsleuten«, sieht darin jedoch nur die Grundlage für dessen Erwerbungen; vgl. Lange 2002, S. 1 0 5 . 71 Brief von Josef Haubrich an das Arbeitsamt Köln, 4. Oktober 1 9 4 2 , HAStK, Best. 1 3 6 9 , Nr. 31, 2. 72 Vgl. Fuchs 1 9 7 9 , S. 35; Britta Bopf: »Arisierung« in Köln. Die wirtschaftliche Existenzvernichtung der Juden 1 9 3 3 - 1 9 4 J , Köln 2004 (Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Bd. 10), S. 299.

Aspekte musealer Praxis von der Weimarer Republik bis zur Nachkriegszeit

»... nicht der übliche Typus des Museumsdirektors« Alexander Dorner und die Gemäldegalerie des Landesmuseums Hannover in der Zwischenkriegszeit Ines

Katenhusen

ZUR GESCHICHTE DES MUSEUMS

Aufgefordert, den vorgesetzten Behörden eine Stellungnahme zur weiteren Ausgestaltung der ihm seit einem knappen Jahr unterstellten Kunstabteilung am Provinzialmuseum Hannover abzugeben, faßte der dreißigjährige Alexander Dorner im Sommer 1 9 2 3 ein ganzes Bündel programmatischer Ziele zusammen. Er werde, so betonte er, auch künftig alles unternehmen, damit die Kunstabteilung kein »Luxusinstitut für wenige Kenner und Gelehrte« werde. Dies gedenke er durch eine attraktive und verständliche Präsentation der Kunstwerke zu gewährleisten. 1 Darüber hinaus strebe er einen weiteren erheblichen Sammlungszuwachs an. Diesen wolle er dadurch sicherstellen, daß er die Kontakte zu einem »Kreis kapitalkräftiger Interessenten« in der Wirtschaft und der Industrie, aber auch im Kunsthandel intensivieren werde. Durch hochkarätige Verkaufsausstellungen, anläßlich derer man entbehrliche Kunstwerke des Museums abstoße, könnte diese neue Klientel, so Dorner, für das Museum interessiert und zudem könnten Gewinne erzielt werden, um sich aktiver auf dem nationalen und internationalen Kunstmarkt zu bewegen. Auch zu zeitgenössischen Künstlern müßten die Beziehungen weiter gefestigt werden, nicht zuletzt deshalb, weil er es als Galerieleiter für seine Pflicht halte, sich

_Katenhusen

»rechtzeitig und billig« dasjenige zu sichern, »was nach Jahrzehnten teures Sammlungsobjekt der zahlungsfähigen Allgemeinheit wird«. Nicht ohne Stolz verwies Dorner hier auf sein Netzwerk aus national und international führenden Künstlern und deren Galeristen und fügte hinzu: »Sollte eine spätere Zeit diese expressionistische Kunst als Niedergang erkennen und daher [...] einiges von den erworbenen Bildern abstoßen wollen, so wird das nach allen persönlichen Erfahrungen [...] mit Gewinn jederzeit möglich sein.«2 Die Bedeutung einer öffentlichkeitswirksamen Präsentation des Kunstbestandes wie die Notwendigkeit, angesichts instabiler Zeiten bisher ungewohnte Formen ökonomischer Grundsicherung zu entwickeln, sind zentrale Bereiche der Arbeit von Alexander Dorner. Seit Herbst 1 9 1 9 bis zum Frühjahr 1937, zunächst als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, dann als Kustos und schließlich als Abteilungsdirektor, in der Gemäldegalerie beschäftigt, bestimmte Dorner nahezu während der gesamten Zwischenkriegszeit das Profil der umfangreichen und bedeutenden Kunstabteilung dieses ersten öffentlichen Museums in Hannover. Nicht zuletzt weist seine Zuversicht, der Erwerb zeitgenössischer, avantgardistischer Kunst werde nicht nur das Ansehen seiner Abteilung heben, sondern sich auch in wirtschaftlicher Hinsicht als nützlich erweisen, in die zweite Hälfte der dreißiger Jahre voraus. Hier allerdings irrte der Museumsleiter: »Mit Gewinn« ließen sich jene Werke, die nun von vielen als Symbole eines »Niedergangs« der Kunst bezeichnet wurden, nach 1933 nicht mehr veräußern. Als das erste öffentliche Museum in der Haupt- und Residenzstadt Hannover im Februar 1902 sein neues Domizil bezog, konnte es bereits auf ein halbes Jahrhundert Sammlungsgeschichte privater Vereinigungen zurückblicken, die ihre Bestände und ihr Vermögen der Provinzialverwaltung überlassen hatten. Dies waren die NATURHISTORISCHE G E S E L L S C H A F T , der HISTORISCHE VEREIN N I E D E R S A C H S E N Und d e r V E R E I N F Ü R D I E Ö F F E N T L I C H E

FÜR

KUNSTSAMMLUNG.

Die unterschiedlichen Zielsetzungen dieser drei Vereine bedingten eine Struktur, die auch durch Zuwächse aus dem Kunstbesitz Georg V., des letzten hannoverschen Königs, nicht mehr grundlegend verändert wurde. Unter dem Dach der seit 1886 offiziell als »Provinzial-Museum« bezeichneten Institution - die Umbenennung in »Landesmuseum« erfolgte im Juli 1933 - fanden sich fortan eine Abteilung mit den historischen, prähistorischen und ethnographischen Sammlungen sowie eine naturhistorische Abteilung und eine Kunstabteilung (Abb. 44)? Nachdem 1890 im Zuge allgemeiner Professionalisierungsbestrebungen der erste hauptamtliche Leiter des Museums berufen worden war, ging man dazu über, jede Abteilung als eigenständiges Ressort von einem Direktor leiten zu lassen.4 Einer von ihnen, der jeweils dienstälteste Leiter, repräsentierte das Haus nach außen und war bei bedeutenden Erwerbungen in die Verhandlungen einbezogen. Das täg-

nicht der ü b l i c h e Typus d e s M u s e u m s d i r e k t o r s «

44

175

U n b e k a n n t e r F o t o g r a f , DAS PROVINZIAL-MUSEUM HANNOVER, um 1 9 1 0 , Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum

liehe Ankaufsgeschäft hingegen vollzog sich überwiegend zwischen den einzelnen Direktoren, dem Landesdirektorium als vorgesetzter Behörde und dem Anbieter, also dem jeweiligen Sammler oder Händler. Alle Abteilungen waren gemeinsam in einem Gebäude untergebracht und bis in die frühen zwanziger Jahre geschieden in Schau- sowie Studiensammlungen, die für die Öffentlichkeit nachmittags zwischen 1 5 und 1 7 Uhr zugänglich waren. Erst zu dieser Zeit erhielten zunächst die Kunstabteilung, dann die anderen Abteilungen elektrische Beleuchtung, und die Ö f f nungszeiten wurden erweitert. 5 In der jungen Weimarer Republik, so hieß es in einem Rückblick, »waren meist mehr Aufseher als Besucher im Hause«. 6 Dies lag, will man Alexander Dorners ersten Eindrücken von seinem Arbeitsplatz Glauben schenken, nicht nur an den Beleuchtungsverhältnissen: »Die Illusion des Alpdruckes«, so schrieb er, »spart man sich, bis die übliche Ehrung eines Hausbesuches sie erzwingt. Dann besichtigt man mit ihm die Galerie aus Pietät.« 7 In der Tat glichen die Räume zu diesem Zeitpunkt Raritätenkabinetten. 8 Bedingt durch die Vielzahl der unterschiedlichen Sammlungen, für deren Ausstellungsmodalitäten jeweils enge rechtliche Voraussetzungen galten, bedingt aber auch durch veraltete Präsentationsformen, die eher auf Quantität denn auf Qualität Wert legten, glichen die Wände und Vitrinen im Museum vielfach den Seiten eines »überfüllten Briefmarkenalbums«. 9

1 7 6 _ Katenhusen

45

U n b e k a n n t e r F o t o g r a l , BLICK IN DEN KUPPELSAAL DES PROVINZIAL-MUSEUMS VOR DER NEUORDNUNG, 1 9 1 5 ,

H a n n o v e r , Niedersächsisches L a n d e s m u s e u m

Alexander Dorner setzte sich schnell und nachhaltig an die Spitze einer museumsreformerischen Bewegung, die sich bereits vor seinem Dienstantritt in der Stadt und der Provinz formiert hatte. 10 Bestärkt und bestätigt wurde er durch den Reformeifer vor Ort. Dieser wurde wiederum von der im Deutschen Reich geführten Debatte beflügelt, in der gefordert wurde, insbesondere die Kunstmuseen, die vielfach als obsolete »Weihestätten« zur Verherrlichung der schönen Künste und zur Veredelung des Menschen galten, zu Volksbildungsstätten, zu Orten der Demokratisierung des Wissens umzugestalten. 11 In Hannover setzte Dorner eine sich sukzessive von November 1 9 2 2 bis Februar 1 9 2 6 erstreckende umfassende Reorganisation der einundzwanzig Säle und dreiundzwanzig Kabinette seiner Kunstabteilung durch. Zentrale Elemente seiner Neuordnung faßte er in der eingangs erwähnten programmatischen Stellungnahme folgendermaßen zusammen: »Einreihige und weite Hängung nur der besten Bilder, möglichst strenge Einhaltung der entwicklungsgeschichtlichen Reihenfolge, Zusammenfassung der einzelnen Perioden in einzelne Säle«. 12 Anstatt die einzelnen Kunstwerke isoliert, ohne Verbindung zu ihrem Entstehungskontext zu zeigen, zielte Dorner darauf ab, die spezifische Wahrnehmung der Kunst in ihrer jeweiligen Ära herauszustellen, indem er die Wände der Kunstabteilung in verschiedenen Farben gestalten ließ. 13 In Ergänzung zur räumlichen

nicht der ü b l i c h e Typus d e s M u s e u m s d i r e k t o r s « _ 1 7 7

46

U n b e k a n n t e r F o t o g r a f , B L I C K IN DEN K U P P E L S A A L DES P R O V I N Z I A L - M U S E U M S NACH D E R N E U O R D N U N G ,

1 9 2 7 , Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum

Neuordnung führte er ab 1923 ein neues System von Beschriftungen und Museumsführern ein, das die Besucher über die Verknüpfungen von Kunst, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in den entsprechenden Phasen informierte (Abb.

45-46).14

Der letzte verwirklichte Saal auf der Reise durch die westliche Kunstgeschichte war das sogenannte »Abstrakte Kabinett«, für dessen Gestaltung Dorner 1926 den zu dieser Zeit in Hannover ansässigen El Lissitzky gewinnen konnte.15 Durch die spezifische Gestaltung des Raumes und die innovative Präsentation zeitgenössischer Kunst wurde das »Abstrakte Kabinett« schnell zu einem Wallfahrtsort für die Anhänger avantgardistischer Kunst. Alfred H. Barr, Gründungsdirektor des New Yorker Museums of Modern Art, nannte es rückblickend den »berühmtesten und einzigen Raum der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts in der Welt«.16 Dorners vielbeachtetes Vorgehen sorgte innerhalb des Museums nicht nur für Zustimmung. Vor allem mit dem Ersten Direktor des Hauses, dem Prähistoriker Karl Hermann Jacob-Friesen verband ihn zwar das Streben nach neuen museumspädagogischen Lösungen, nicht jedoch die entsprechenden Konzepte zu ihrer Realisierung. Insbesondere nach der nationalsozialistischen Machtübernahme gerieten Jacob-Friesen und Dorner immer wieder aneinander, nicht zuletzt deshalb, weil der Erste Direktor sich immer häufiger auf das sogenannte »Führerprinzip« berief und, von Dorner dafür kritisiert, mehr Kompetenzen für sich einforderte.

178-Katenhusen

DIE GEMÄLDEGALERIE, DIE KÜNSTLER UND DER KUNSTMARKT

Rund einhundertachtzig »Alte Meister« wurden für die Gemäldegalerie des hannoverschen Provinzial-Museums seit Dorners Dienstantritt bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1 9 3 3 erworben. Darunter befanden sich Werke von Hans Holbein d.J., Lucas Cranach d.Ä., Peter Paul Rubens und Pietro Perugino sowie seit 1 9 3 0 ein international viel beachtetes Glanzstück, der Passionsaltar von Bertram von Minden. Diesen »Alten Meistern« standen im genannten Zeitraum gut 233 »Neue Meister« gegenüber. Buchstäblich ab dem Moment, in dem Dorner im November 1 9 2 z zum Abteilungsleiter ernannt wurde, erwarb er bis 1 9 3 3 neben vierzig Werken progressiverer lokaler und regionaler Malerinnen und Maler knapp dreißig Arbeiten von Künstlern, die heute zu den Protagonisten der Klassischen Moderne gehören. 17 Teilweise nutzte Dorner für seine Erwerbungen die von seinem Vorgänger Wilhelm Behncke geknüpften Kontakte zu deutschen und internationalen Kunsthändlern, beispielsweise zu Karl Haberstock in Berlin und Heinrich Thannhauser in München. Gemäß seinem Anspruch, insbesondere den Bereich der zeitgenössischen Kunst durch ein tragfähiges Netzwerk an Unterstützern auszubauen, welches neben Stiftern, Sammlern und Künstlern auch den Kunsthandel einschloß, bemühte er sich um einen guten Kontakt zu lokalen Händlern. Seine Versuche, dem hannoverschen Kunsthandel, der nicht nur seiner eigenen Einschätzung nach »sehr schwach und in keinem Falle konkurrenzfähig war«, durch seinen Einsatz Auftrieb zu verhelfen, waren allerdings von keinem nennenswerten Erfolg gekrönt. Dies hing auch damit zusammen, daß Dorner sich mit dem Großteil der lokalen Galeristen überwarf. 18 Meist war der Grund hierfür seine Neigung, die Verkaufspreise in zähen Verhandlungen so weit wie möglich zu senken, ein Vorgehen, das Franz Zatzenstein, dessen Familie in Hannover lebte und der die Galerie Matthiesen in Berlin leitete, im Mai 1 9 2 5 zu der Bemerkung veranlaßte, es gehöre »schon wirklich ein heroisches Stück hannoverschen Lokalpatriotismus« dazu, sich auf Dorners Geschäftsgebaren einzulassen. 19 Erfolgreicher als in seinen Kontakten zum lokalen Kunsthandel war Dorner im Auf- und Ausbau seiner Geschäftsbeziehungen mit einigen der bedeutendsten deutschen Galeristen der Zwischenkriegszeit wie Hermann Abels, Ernst Arnold, Arnold Blumenreich, Alfred Flechtheim, Wolfgang Gurlitt, Heinrich Kühn, Ferdinand Möller, Carl Nicolai, Karl Nierendorf, Rudolf Probst und Herbert Tannenbaum. Nicht nur seine Museumstätigkeit, sondern auch sein Ehrenamt als Erster Vorsitzender der KESTNER-GESELLSCHAFT in den Jahren 1929 bis 1 9 3 3 , einer renommierten hannoverschen Kunstinstitution, die sich der Pflege zeitgenössischer Kunst widmete, kam Dorner zugute. Sein Verhältnis zu den Händlern war von einem ausgespro-

»... nicht der übliche Typus des Museumsdirektors« _ 179

chenen Selbstbewußtsein geprägt. An M a x Slevogts für 4.000 Reichsmark angebotenem Werk ABENDSTIMMUNG IN DER PFALZ von 1 9 2 4 , so schrieb er im Januar 1 9 3 3 an Carl Nicolai, sei er durchaus interessiert. Allerdings sei ihm das Gemälde zu teuer, zudem habe er »keine Möglichkeit, um die Transportkosten zu decken«. 10 Nicolai übersandte die Arbeit von Slevogt daraufhin auf sein persönliches Risiko und versicherte, die Besitzer, die Hinterbliebenen des Künstlers, ließen sich auf Dorners verbindliches Angebot ein, das Werk für 3.500 Reichsmark anzukaufen. 11 Ein Vierteljahr und neun Anfragen Nicolais später, wann denn endlich mit einer Bezahlung zu rechnen sei, hieß es am 20. April 1 9 3 3 lapidar, die Ankaufsverhandlungen hätten sich leider zerschlagen, »bei den schlechten Zeiten war nichts mehr zu machen«. 12 Das Gemälde von Slevogt ließ Dorner unfrei an Nicolai zurücksenden. Auf wiederholte Forderungen des Händlers, ihm auch die Fotografien der ABENDSTIMMUNG zurückzusenden, antwortete Dorner, er habe sie »wohl zu gut aufgehoben«, sollte er sie aber wiederfinden, erhalte Nicolai sie zurück. 13 Wenn dies auch nie erfolgte, blieb Dorner weiterhin doch ein umworbener Geschäftspartner von Nicolai. Neben Werken von Erich Heckel, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner und Oskar Schlemmer stammten die in der Gemäldegalerie des Provinzial-Museums ausgestellten zeitgenössischen Arbeiten von Wassily Kandinsky - eine Leihgabe - , El Lissitzky, László Moholy-Nagy und Willi Baumeister. 14 Von einigen, wie etwa Piet M o n d r i a n s KOMPOSITION MIT G E L B , Z I N N O B E R , S C H W A R Z , BLAU VERSCHIEDENEN

UND

GRAUEN UND WEISSEN TÖNEN v o n 1 9 2 3 , deren Ü b e r n a h m e

in die Sammlung im Dezember 1924 ins Inventarbuch eingetragen wurde, ist bekannt, daß es sich um die ersten Erwerbungen von Werken dieser Künstler für eine öffentliche Sammlung weltweit handelte. 15 Der Eintrag zu Mondrian weist auf ein weiteres Charakteristikum der Arbeit von Alexander Dorner hin, über den ein Zeitgenosse rückblickend urteilte, er »sei nicht der übliche Typus des Museumsdirektors, geschweige denn des Beamten schlechthin« gewesen. Sein Beruf habe ihn »naturgemäß mit Künstlern und Kunsthändlern zusammengeführt], und es war nicht seine Art, hier immer streng zwischen gut und böse, >erlaubt< und >nicht-mehrerlaubt< zu unterscheiden«. 16 So ist im Inventarbuch im Fall des Mondrians einigermaßen kryptisch der Vermerk »Ankauf vom Künstler geschenkt« zu lesen, ferner finden sich folgende Eintragungen: »nicht von etatmäßigen Mitteln erworben« sowie, von fremder Hand, als Ankaufssumme: »500,-«. 1 7 Wie in vielen ähnlichen Fällen aus der Ära Dorner stellt sich also die Frage: Wurde das Werk angekauft und, wenn ja, aus welchen Mitteln? Der Leiter der Gemäldegalerie des Provinzial-Museums betätigte sich, oftmals in engem Austausch mit der kommerziell ausgerichteten KESTNER-GESELLSCHAFT, mit Erfolg im Kunsthandel: Werke wurden im Austausch zwischen dem Museum und Kunsthändlern

180-Katenhusen

wie Karl Haberstock, Goldschmidt und Wallerstein, Hugo Perls und Arvid Warburg von Dorner nicht nur ge-, sondern auch verkauft, zudem vermittelt, getauscht und in Kommission genommen. Mitte Januar 1 9 3 3 hieß es in Beantwortung einer entsprechenden Anfrage: »Bei Verkäufen, Tausch etc. ist bei uns die Schätzung so geregelt, dass neben mehreren unparteiischen beamteten Schätzern (in der Regel Museumsbeamte) auch als einwandfrei bekannte Händler gehört werden, die im allgemeinen über die augenblickliche Marktlage genau orientiert sind [...]. Wir erlauben uns noch zu erwähnen, dass die Honorierung der Taxierungen von Fall zu Fall besonders geregelt wird.« 1 8 Die skizzierte Vorgehensweise bedingte, daß Dorner neben den regulären Haushaltsmitteln des Museums über eine Vielzahl weiterer Finanzquellen verfügte. Nicht zuletzt schufen ihm seine Kontakte zu dem eingangs erwähnten »Kreis kapitalkräftiger Interessenten« in Wirtschaft und Industrie einige Freiheiten. Im Juli 1 9 3 0 beispielsweise ermöglichte ein von dem Unternehmer Fritz Beindorff gestelltes zinsloses Darlehen den Ankauf von Franz Marcs 1 9 1 Z entstandenem Gemälde ZWEI PFERDE aus der Berliner Galerie Felix Stoessinger. Ein Dreivierteljahr später waren es 50.000 Reichsmark, die Dorner von Beindorff als Unterstützung für den Erwerb des Altars von Bertram von Minden erbat und erhielt. 19 Im Gegenzug sicherte sich der Industrielle vertraglich die Rechte an einem Außenflügel des Altars sowie an zwei Gemälden von Pieter van Hooch und Jacob van Ruisdael, die aus Museumsbesitz an ihn abgetreten wurden. 30 Dorner, der sich sicher war, daß Beindorff »die Bilder nie aus dem Museum holen« werde, hatte ursprünglich auf eine Stiftung à fonds perdu gehofft, konnte aber, nachdem sich dies zerschlagen hatte, immerhin darauf bauen, daß das gute Beispiel Beindorffs andere an Kunstbesitz interessierte Industrielle zu weiteren Stiftungen für seine Abteilung veranlaßte. 31 Im Falle des Gemäldes von Piet Mondrian ist nicht auszuschließen, daß es in der Tat erworben wurde. Nicht minder wahrscheinlich aber ist, daß es sich um eine Leihgabe handelte, die eigentlich - aber eben längst nicht immer - im Inventarbuch gar nicht hätte auftauchen dürfen. Dorners Ruf als Förderer der Moderne brachte es mit sich, daß ihm von zeitgenössischen Künstlern, darunter Willi Baumeister, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, El Lissitzky und Naum Gabo, Werke oft längerfristig leihweise überlassen wurden. Dorner sah offenbar kein Problem darin, diese mit, aber auch ohne Rücksprache mit den Künstlern an andere Museen weiter zu verleihen, sie bei Gelegenheit auszutauschen, die Leihgeber mit Ankaufsversprechungen hinzuhalten und zu hoffen, sie würden über die Zeit vergessen, daß er noch Arbeiten von ihnen hatte. Im März 1933 schrieb der Graphiker Robert Michel beispielsweise

»... nicht der übliche Typus des Museumsdirektors«

»das mass ist voll«, nachdem Dorner den bereits zugesagten Ankauf von Werken von ihm und seiner Frau, der Malerin Ella Bergmann-Michel, immer wieder herausgezögert hatte, und fügte hinzu: »also schicken sie bitte postwendend unsere bilder [...] zurück und vergessen, [daß wir] jemals etwas mit einander zu tun hatten«.31 Es gibt Hinweise darauf, daß Alexander Dorner die Fährten seiner Ankaufsund vor allem seiner Leihgabenpolitik bewußt irreführend legte. Verdeutlichen läßt sich dies exemplarisch an zwei eminenten Fällen, die seinen Namen in den letzten Jahren in internationalen Restitutionsdebatten auftauchen ließen: Einmal ist an die Rückgabeforderungen von Angehörigen der Familie von Kasimir Malewitsch an das Stedelijk Museum Amsterdam, das Museum of Modern Art in New York und das Busch-Reisinger Museum in Cambridge, Massachusetts, zu erinnern. Nachdem Malewitsch 1 9 1 7 aufgrund seiner hastigen Rückkehr in die Sowjetunion rund einhundert Gemälde und Gouachen, Demonstrationstafeln und Architekturmodelle in Berlin hatte zurücklassen müssen, waren diese Dorner drei Jahre später als Leihgaben überantwortet worden. Anläßlich eines Hannoverbesuchs des New Yorker Museumsdirektors Alfred H. Barr im Mai 1935 hatte Dorner, überzeugt davon, die Arbeiten damit vor dem Nationalsozialismus retten zu können, diesem sechzehn Werke übergeben und dann selbst zwei Jahre später zwei Arbeiten von Malewitsch in die USA überführt. Weitere vierundachtzig Werke aus der einst von Dorner aufbewahrten »Malewitsch-Kiste« waren Ende der fünfziger Jahre an das Stedelijk Museum in Amsterdam verkauft worden. Erst ein halbes Jahrhundert später, im Frühjahr 2008 einigten sich die Erben von Malewitsch mit der Stadt Amsterdam auf die Herausgabe von Werken aus diesem Bestand, der gut sieben Jahrzehnte zuvor von Dorner in Hannover aufbewahrt worden war.33 Der zweite Fall rankt sich um dreizehn Leihgaben, die Sophie Küppers, die zunächst mit einem der Gründer und dem ersten Leiter der SCHAFT

KESTNER-GESELL-

und später mit El Lissitzky verheiratet war, 1926 an Alexander Dorner

abgab und von denen vor allem

IMPROVISATION NO. IO

von Wassily Kandinsky

in die internationalen Schlagzeilen geraten ist (Abb. 47).™ Zwischen El Lissitzky, dem Schöpfer des »Abstrakten Kabinetts«, seiner Frau, die kunsthändlerisch tätig war - sie hatte 1924 auch den Ankauf des Gemäldes von Mondrian vermittelt - , und Dorner bestand ein guter Kontakt. Werke von Hans Arp, Emil Nolde und Otto Dix wurden, mit und ohne Empfangsbestätigung, zwischen dem Museum, der KESTNER-GESELLSCHAFT

und den Privatwohnungen von Sophie Küppers-

Lissitzky und Alexander Dorner hin- und hertransportiert. Auch über die Arbeit von Kandinsky und ihren möglichen Verkauf tauschte man sich aus. Dieser kam dann aber nicht zustande. Nach dem Wegzug der Lissitzkys in die Sowjetunion blieb das Bild gleichwohl in Hannover. Im Inventarbuch heißt es dazu im Jahr 1930, so mißverständlich wie nur möglich, zunächst »Ankauf von Frau S. Lissitzky-Küppers,

181

182-Katenhusen

17

Wassily Kandinsky I M P R O V I S A T I O N N O . I O , 1 9 1 0 , Ö l a u f L e i n w a n d , u o c m x

1 4 0 c m , R i e h e n bei B a s e l ,

Fondation Beyeler

Moskau«, dann »Irrtümlich eingetragen, war nur Leihgabe« und weiter »beschlagnahmt 1937«. 3 5 Nachweisbar ist, daß das Bild im Juli 1937 von Adolf Ziegler, dem Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste, neben einunddreißig weiteren Kunstwerken für die Ausstellung ENTARTETE KUNST im Sommer 1937 in München ausgesucht wurde. 3 6

DIE GEMÄLDEGALERIE

BIS Z U M

FEBRUAR

I 9 3 7

Z u m Zeitpunkt der Beschlagnahme war Alexander Dorner nicht mehr in Hannover. Vieles hatte der Museumsleiter seit der nationalsozialistischen Machtübernahme unternommen, um seine Arbeit dort fortsetzen zu können: Er hatte bereits

nicht der ü b l i c h e Typus d e s M u s e u m s d i r e k t o r s «

48

185

E r n s t L u d w i g K i r c h n e r , KRANKER IN DER NACHT, 192.0-192Z, Öl auf Leinwand, 90,5 cm χ i o o cm, Hannover, Sprengel Museum

zum ι . April 1 9 3 3 vergeblich versucht, in die N S D A P einzutreten. Er hatte in Kooperation mit NS-Kulturorganisationen Ausstellungen wie MUTTER UND KIND, DAS

GLÜCK

DER

FAMinE

im Herbst 1 9 3 5 und DAS N I E D E R S Ä C H S I S C H E

ANT-

LITZ im Frühjahr 1 9 3 7 ins Museum geholt. Und er hatte in den vier Jahren nach der Machtübernahme zwar dreißig Werke »Neuer Meister« - gegenüber fünf »Alten Meistern« - erworben, jedoch kein einziges avantgardistisches Werk mehr. 37 Auch in seiner Ausstellungspolitik hatte er, unter anderem durch neue Beschriftungen in den Sälen für zeitgenössische Kunst, Signale ausgesendet, die ihn als einen zur Anpassung bereiten Kunstbeamten erscheinen lassen mochten. So manifestierten sich im »negativen« Expressionismus, in seiner Abteilung vertreten etwa durch Kirchner und Heckel, laut seiner Interpretation nun die »bindungslose Isolierung des Künstlers« und das »Verfallen in eine passive Nervenspalterei«, mithin also

184 _ Katenhusen

»die Gefahren, die die ganze Periode des liberalistischen Individualismus bedrohen: kulturelles Chaos, erzeugt durch die Bindungslosigkeit des Einzelnen und seine Isolierung vom Volksganzen« (Abb. 48JJ8 Abstrakte und konstruktivistische Kunst wies für Dorner demgegenüber den »Weg zu einer neuen deutschen Volkskunst«, sie war es, die »mit dem Fleisch des Lebens zu einem neuen Organismus verschmelzen« werde.39 Wohl auch deshalb blieb das »Abstrakte Kabinett«, trotz der kunstpolitisch motivierten Umstrukturierungsmaßnahme, noch bis über das Jahr 1936 hinaus bestehen; noch lange nach der Machtübernahme wurden Werke von Marc, Feininger, Munch, Lissitzky und Gabo gezeigt. Seine Position am Museum sicherte Dorner dies dennoch nicht. Dort versuchte Karl Hermann Jacob-Friesen immer nachhaltiger, sich des unbequemen Kollegen zu entledigen. Die Nachfragen des Ersten Direktors bei lokalen Finanzämtern nährten Gerüchte über Dorners unorthodoxen Umgang mit Museumsressourcen, insbesondere mit Stiftungsgeldern.40 Von »Preisen, die von niemandem verstanden wurden«, war da die Rede und davon, es werde in Fachkreisen seit langem darüber geredet, daß »derartig merkwürdige An- und Verkäufe wohl kaum ohne persönlichen Vorteil der Hauptbeteiligten vor sich gehen würden«. 41 Diese Diffamierungen veranlaßten Freunde Dorners im Januar 1937, ihn dazu zu bewegen, seine Entlassung zu beantragen, um weiteren Verfolgungen zu entgehen. Seinem Antrag wurde am 2. Februar 1937 entsprochen. Als die Konfiszierungen des größtenteils während seines Direktorats zusammengetragenen Museumsbesitzes an Avantgarde-Kunst begannnen, hatte er Hannover bereits verlassen. Neun Tage nach Eröffnung der Ausstellung

ENTARTETE

KUNST

in München, bei der zwölf aus dem Besitz des

Landesmuseum stammende Werke gezeigt wurden, am z8. Juli 1937, emigrierte er mit seiner Frau in die USA. 41 Insgesamt 278 als »entartet« bezeichnete Arbeiten gingen der Kunstabteilung des hannoverschen Landesmuseums in drei Beschlagnahmeaktionen vom April bis zum August 1937 verloren. Anläßlich der letzten am 17. August waren es allein 243, darunter 27 Gemälde, 73 Handzeichnungen, 103 Holzschnitte, Lithographien und Drucke sowie drei Plastiken aus provinziellem Besitz sowie siebzehn private Leihgaben (Abb. 4 9 E s ist bezeichnend, daß der neue Leiter der Kunstabteilung, der ehemalige Mitarbeiter Dorners Ferdinand Stuttmann, sich im Urlaub befand, als die dritte Aktion durchgeführt wurde: Niemand in der Kunstabteilung hatte mehr mit einer weiteren Beschlagnahmung gerechnet.44 Stuttmann zeigte sich gleichwohl zur Kooperation mit den NS-Kulturbehörden bereit und hielt seine Mitarbeiter zu einer spannungsfreien Erfüllung aller Forderungen an. Den Angestellten der Gemäldegalerie des Landesmuseums kam zugute, daß sich sämtliche »Verfehlungen« in der Sammlungspolitik ausnahmslos auf die nun als verantwortungslos dargestellte Tätigkeit von Alexander Dorner beziehen ließen.

nicht der übliche Typus des M u s e u m s d i r e k t o r s « _ 185

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A U S Z U G AUS D E R B E S C H L A G N A H M E L I S T E , L I S T E » F R E M D E R B E S I T Z « , S o m m e r

I937,

Hannover, Niedersächsisches Landesarchiv / Hauptstaatsarchiv

I DIE GEMÄLDEGALERIE IM ZWEITEN WELTKRIEG

Gleichwohl kamen auf den weitaus umsichtiger als sein Vorgänger agierenden Ferdinand Stuttmann unsichere Zeiten zu und hinsichtlich der Sammlungserweiterung wenig erfreuliche: Nicht einmal vierzig Werke wurden in den knapp acht Jahren zwischen Dorners Entlassung Anfang 1 9 3 7 und dem Ende des Zweiten Weltkrieges laut den Inventarbüchern angekauft, achtzehn »Alte« und einundzwanzig »Neue Meister«, davon fünfzehn während des Krieges. Sowohl bei den »Alten« als auch bei den »Neuen Meistern« überwogen hannoversche beziehungsweise niedersächsische Arbeiten. Unter den »Neuen Meistern« ist Gustave Courbets WINTERLANDSCHAFT MIT HIRSCHEN von 1 8 6 6 hervorzuheben, die A n f a n g 1 9 4 3 ins

Haus kam und keine sechs Monate später bei dem verheerendsten Bombenangriff auf Hannover in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1943 zerstört wurde. 45 Schon vor Kriegsbeginn hatte Stuttmann, dem neben dem Landesmuseum auch das städtische Kestner-Museum anvertraut worden war, mit der Auslagerung der

186-Katenhusen

Sammlungsbestände begonnen. Das Landesmuseum selbst blieb mit Unterbrechungen bis Oktober 1943 geöffnet. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt der weitaus größere Teil der Exponate schon in Schlösser, Klöster, Kirchen und Kalischächte in der ländlichen Umgebung Hannovers verbracht worden. 46 Hinzu kam eine Reihe von Objekten, die dem in der lokalen Kunstszene verankerten Stuttmann von privater Seite übergeben worden waren, unter anderem auch »entartete« Kunstwerke aus dem Besitz des Sammlers Bernhard Sprengel.47 Darüber hinaus gelang es Stuttmann mit Geschick und Beharrungsvermögen, eine von Gauleiter Hartmann Lauterbacher für den privaten Bedarf aus Museumsbesitz konfiszierte umfangreiche und wertvolle Kollektion von Gemälden und Kleinplastiken Stück für Stück wieder zurückzugewinnen.48 Dadurch und auch durch die frühzeitig begonnene Auslagerung hielt sich der Gesamtschaden an Exponaten während des Krieges in Grenzen: fünfzehn »Alte« und einundzwanzig »Neue Meister« werden in den Inventarbüchern als entweder im Krieg oder infolge unsachgemäßer Aufbewahrung während der Auslagerung zerstört aufgeführt. 49 Das Gebäude hingegen wurde erheblich in Mitleidenschaft gezogen, und nach einem Hochwasser im ersten Frühjahr nach Kriegsende verschlechterte sich die Lage weiter. Dennoch wurden schon ein halbes Jahr später wieder die ersten, noch provisorischen Kunstausstellungen gezeigt, und im Januar 1 9 5 0 eröffnete die moderne Abteilung. Die Galerie »Alter Meister« folgte ein Jahr später.50

^ m AUSBLICK IN DIE NACHKRIEGSZEIT: ERSTE RESTITUTIONSFORDERUNGEN

Die Bemühung um die Rehabilitierung der kurz zuvor noch als »entartet« diffamierten Kunst, ist - weit über Hannover hinaus - programmatisch für die Nachkriegsjahre. In Hannover ist diese Bemühung eng mit dem Namen Ferdinand Stuttmanns verbunden, der im Sommer 1 9 4 7 als »unbelastet« eingestuft wurde und weiterhin am Landesmuseum blieb, das er von 1 9 5 3 bis zu seiner Pensionierung 1 9 6 2 als Erster Direktor leitete. Während der Weimarer Republik hatte sich Stuttmann gemeinsam mit Dorner für avantgardistische Kunst eingesetzt und dieses Interesse über die nationalsozialistische Machtübernahme hinweg zunächst aufrecht zu erhalten versucht, ohne jedoch in Konflikt mit der offiziellen Kunstpolitik zu geraten. So hatte er sich bereits zwei Jahre nach den Beschlagnahmeaktionen, im Juni 1 9 3 9 , allerdings wenig nachdrücklich, nach den »Möglichkeiten auf Rückerstattung eines Teils der Werke« erkundigt. 51 Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus fürchtete er in Anbetracht der »empfindlichen Lücke [...], die die sinnlose Aktion gegen die >entartete Kunst< gerissen hat«, wie er im Juni 1948 schrieb, daß Hannover gegenüber Köln oder Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt »Gefahr läuft, zur >Provinz< zu werden«, wenn man sich ausgerechnet hier, wo die Moderne vor der

nicht der übliche Typus des M u s e u m s d i r e k t o r s « _ 187

nationalsozialistischen Machtübernahme so wichtige Akzente gesetzt habe, nicht ähnlich engagiert für sie einsetze.52 Diese Argumentation Schloß kein Verständnis für jene Institutionen und Privatpersonen ein, die sich nach Kriegsende auf die Suche nach dem Kunstbesitz machten, der einst ihnen oder ihren Verwandten gehört hatte und vor allem während der Ära Dorner ins Landesmuseum und durch die Beschlagnahmewellen des Jahres 1 9 3 7 auf unterschiedlichste Weise in den Besitz anderer gelangt war. Im Gegenteil: Restitutionsanfragen beantwortete Stuttmann ausweichend mit dem Hinweis, es habe sich um Zeiten gehandelt, in denen man nicht anders habe handeln können, weshalb jede Form von Restitution auch »völlig absurd« und »so gut wie unmöglich« sei. 53 Z u seinem Bedauern, so Stuttmann gegenüber Sophie KüppersLissitzky, die sich im Oktober 1958 nach Jahrzehnten in der sibirischen Verbannung vorübergehend im Westen aufhielt und sich nach dem Schicksal ihrer dreißig Jahre zuvor in Hannover belassenen Leihgaben erkundigte, seien »die von Ihnen genannten Bilder wie überhaupt alles, was sich an moderner Kunst im hannoverschen Museum befand, 1 9 3 7 verloren gegangen«. Trotz »aller Bemühungen« seien zudem »keine Spuren mehr davon aufzufinden«. 54 Was er verschwieg, war, daß ihm zum Zeitpunkt der Beschlagnahme ihre Adresse in Moskau bekannt gewesen war, er aber nichts unternommen hatte, den Besitz von Sophie KüppersLissitzky in der Gemäldegalerie zu retten.55 Eine andere, in Anbetracht sonstiger Vorgehensweisen eigentlich überraschende Haltung gegenüber beschlagnahmten und geraubten Kunstwerken legte Alexander Dorner an den Tag. Nach seiner Emigration umgehend mit der Leitung eines USamerikanischen Museums betraut, wurden ihm von deutschen Händlern wiederholt Werke angeboten, die aus dem Bestand des Provinzial-Museums stammten. Dorner lehnte regelmäßig ab, so auch im Mai 1 9 3 9 im Fall der Offerte von Kandinskys IMPROVISATION NO. IO. Dieses Werk sei »still the private property of Mme. Küppers«, schrieb er an den Besitzer Ferdinand Möller, und weiter: »So I am afraid to buy these things, just as I was afraid to buy two Mondrians which were recently offered to me, and which were once private loans to the Hannover Museum; because some time the owner might make legal claims and sue us.« 56 Der erbittert ausgefochtene Streit um die Restitution der IMPROVISATION NO. 1 0 sowie von anderen ehemaligen Leihgaben im Provinzial- beziehungsweise Landesmuseum, der mehrere Jahrzehnte später kunstinteressierte Kreise in Europa wie in Nordamerika erschütterte, zeigt, wie vorausschauend Dorners Einschätzung 1 9 3 9 gewesen war. 57 Spuren der Sammlungsgeschichte der Zwischenkriegszeit mögen nach Alexander Dorners Weggang aus Hannover verwischt worden sein, die Folgen der Ankaufspolitik des hannoverschen Museums in dieser Zeit indes wirken bis heute fort.

188-Katenhusen

Die Verfasserin dankt folgenden Einrichtungen für Forschungsstipendien und Reisebeihilfen: Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung, John Nicholas Brown Center for American Studies / Brown University, Providence, R. I., Institute for Contemporary German Studies, Washington, D.C. / DAAD, Fulbright-Kommission, Deutsches Historisches Institut, Washington, D. C., sowie Terra Foundation for American Art, Chicago / John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien, Berlin. Der Artikel wurde gefördert mit Forschungsmitteln des Landes Niedersachsen. 1 Alexander Dorner: Programm für die Weiterarbeit in der Kunstabteilung des Provinzialmuseums, 1 9 2 3 (ms. Dokument), Hannover, Niedersächsisches Landesarchiv / Hauptstaatsarchiv Hannover (NLA / HStAH), Hann. 1 5 2 Acc. 1 0 0 6 / 0 1 3 , Nr. 1. 2 Ibid. 5 Vgl. Ines Katenhusen: 150 Jahre Niedersächsiscbes Landesmuseum Hannover, in: Heide Grape-Albers (Hrsg.): 2002. Das Niedersächsische Landesmuseum in Hannover. 1 5 0 Jahre Museum in Hannover. 100 Jahre Gebäude am Maschpark. Festschrift zum Jahr des Doppeljubiläums, Hannover 2002, S. 1 8 - 9 5 , S. 1 9 ff. u. 29 f. Seit 1 9 5 0 trägt das Haus den Namen Niedersächsisches Landesmuseum. 4 Vgl. ibid., S. 26

11 Vgl. Andreas Kuntz: Das Museum als Volksbildungsstätte. Museumskonzeptionen in der deutschen Volksbildungsbewegung ι Χ γ ι - ! 5; Ines Katenhusen: Les deux faces de l'exclusion. L'art historien Alexander Dorner aux États-Unis, in: Michel Prüm u. Groupe de Recherche sur L' Eugénisme et le Racisme (Hrsg.): L' Un sans l'Autre. Racisme et eugénisme dans /' aire anglophone, Paris Z005, S· 5 3 - 7 3 · 43 Vgl. Auflistungen, Registratur des N L M H , Akte 1.3.ζ.a. Museums-Reform. »Entartete Kunst«. Buch über »entartete Kunst«. Beschlagnahme 1 9 3 7 . 44 Vgl. Christoph Zuschlag: »Es handelt sich um eine Schulungsausstellung«. Die Vorläufer und die Stationen der Ausstellung »Entartete Kunst«, in: Barron 1 9 9 z , S. 8 3 - 1 0 5 .

45 Vgl. Inventarbuch Neue Meister, Registratur des NLMH. 40 Vgl. Katenhusen Z002, S. 42 f.

190-Katenhusen

47 Vgl. Vanessa-Maria Voigt: Kunsthändler und Sammler der Moderne im Nationalsozialismus. Die Sammlung Sprengel 1934 bis 1945, Berlin 2007, insb. S. 60 ff. 48 Vgl. Katenhusen 2002, S. 8 1 . 49 Vgl. Inventarbücher Alte und Neue Meister, Registratur des N L M H . 50 Vgl. R. L.: Gemäldegalerie wird wiedereröffnet, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 6. Januar 1 9 5 0 , S. 14, u. Katenhusen 2002, S. 45. 51 Brief von Ferdinand Stuttmann an den Oberpräsidenten, 23. Juni 1939, Registratur des N L M H , Akte 1.3.2.a. Museums-Reform. »Entartete Kunst«. Buch über »entartete Kunst«. Beschlagnahme 1 9 3 7 . 52 Brief von Ferdinand Stuttmann an Stadtkämmerer Wilhelm Weber, 8. Juni 1948, Registratur des N L M H , Akte Doebbeke I.

53 Brief von Ferdinand Stuttmann an den Regierungspräsidenten, ι . Juni 1 9 6 1 , u. Brief von Ferdinand Stuttmann an das Niedersächsische Kultusministerium, 1 3 . Januar 1 9 6 1 , Registratur des N L M H , Akte 1.3.2.a. Museums-Reform. »Entartete Kunst«. Buch über »entartete Kunst«. Beschlagnahme 1 9 3 7 . 54 Brief von Ferdinand Stuttmann an Sophie KüppersLissitzy, 8. Oktober 1958, NLA/ HStAH, Nds. 457 Acc. 2006/013, Nr. 20. 55 Vgl. Brief von Ferdinand Stuttmann an Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, 28. November 1938, Registratur des N L M H , Akte 1.3.2.a. MuseumsReform. »Entartete Kunst«. Buch über »entartete Kunst«. Beschlagnahme 1 9 3 7 . 56 Brief von Alexander Dorner an Ferdinand Möller, 26. Mai 1939, Berlin, Berlinische Galerie, FerdinandMöller-Archiv. 57 Vgl. Haug 2009.

Zwischen Museumsalltag und gesteuerter Sammlungspolitik Eine Studie zur Erwerbungspraxis der Berliner Nationalgalerie zwischen 1 9 3 3 und 1945 Jörn

Grabowski

DIE ANKAUFSKOMMISSION DER NATIONALGALERIE

Ungeachtet des Regierungswechsels vom 30. Januar 1 9 3 3 , durch den Adolf Hitler an die Spitze einer Koalitionsregierung von NSDAP und Konservativen gelangt war, lud Ludwig Justi, Direktor der Berliner Nationalgalerie, die Mitglieder der Ankaufskommission zur nächsten Sitzung des Gremiums am 16. Februar in das Museum ein. Dies geschah in geschäftsmäßiger Routine. Die Sachverständigenkommission trat in der Regel zweimal jährlich zusammen, um über Erwerbungsvorschläge und aktuelle Angebote zu beraten und entsprechende Empfehlungen an das Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung weiterzuleiten. 1 Die vorhergehende Sitzung hatte am 1 2 . September 1 9 3 2 stattgefunden und lag somit bereits fünf Monate zurück. Während dieser Zeit waren etliche Kaufangebote eingegangen, so daß die Liste der zu behandelnden Kunstwerke auf beachtliche zwanzig Positionen angewachsen war. Es war also an der Zeit, die Sachverständigen einzuberufen; es sollte die letzte Sitzung unter Justis Leitung und in der seit 1 9 2 7 bewährten Zusammensetzung sein. Eingeladen wurden die Maler Philipp Franck und Eugen Spiro, der Bildhauer Wilhelm Gerstel, die Kunstkritiker M a x Osborn und Paul Fechter, der Universi-

192-Grabowski

tätsprofessor Adolph Goldschmidt sowie als Kunstfreunde der Bankier Hugo Simon und der Berliner Oberbürgermeister Heinrich Sahm. Bis auf Paul Fechter, der sich wegen anderer dienstlicher Verpflichtungen entschuldigt hatte, nahmen alle an der Sitzung teil. Bei den zwanzig zur Debatte stehenden Positionen dominierte die Kunst des 19. Jahrhunderts mit Werken von Carl Gustav Carus, Bernhard Fries, Simon Meister, Ferdinand von Rayski, Martin Rohden, Karl Friedrich Schinkel und Ferdinand Georg Waldmüller. Empfohlen und schließlich angekauft wurden Simon Meisters

TOD ADOLFS VON NASSAU

von 1829 (Berlin, Alte Nationalgalerie) - an-

geboten vom Kunstsalon Hermann Abels in Köln - sowie Martin Rohdens SCHAFT

BEI

ROM

LAND-

von 1802 (Kriegsverlust, ehemals Berlin Nationalgalerie) aus

dem Besitz des Barons Eduard von der Heydt, der das Bild von der Ludwigs-Galerie Dr. Nathan in München erworben hatte und es der Nationalgalerie zum gleichen Preis von 1.500 Reichsmark überlassen wollte. Das 20. Jahrhundert war mit Gemälden von James Ensor und Hans Meid, Papierarbeiten von Werner Gilles sowie Bildhauerzeichnungen und Entwürfen von Ernst Barlach, Gerhard Mareks und Herbert Garbe vertreten. Garbe hatte zudem eine kleine Terrakotta eingereicht. Die Bilder von James Ensor, zwei Stilleben, hatte die Witwe des Malers Anton Kerschbaumer zum Preis von 4.000 und 4.500 Reichsmark angeboten. Die Kommission beschloß, diese dem Verein der Freunde der Nationalgalerie für einen Ankauf zu empfehlen, der später jedoch nicht zustande kam. Für geringe Beträge jeweils von etwa 100 Reichsmark wurden Zeichnungen von Garbe und Mareks zum Erwerb vorgeschlagen, die Arbeiten von Gilles wurden hingegen nicht befürwortet. Von Hans Meid, der mehrere Gemälde eingereicht hatte, wurde das

H A U S IN P A L E R M O

von

1929 (Berlin, Alte Nationalgalerie) für 700 Reichsmark empfohlen und schließlich für 500 Reichsmark angekauft. Von Ernst Barlach lagen Entwurfszeichnungen seiner Klinkerfiguren für die Katharinenkirche in Lübeck vor. Von den vier bereits ausgeführten Figuren, von denen zur Finanzierung des Projektes Dubletten anzufertigen wären, sollte eine verkauft werden. Der Nationalgalerie wurde die Bestellung einer Figur für 6.000 Reichsmark angeboten. Obwohl die Zeichnungen Barlachs als besonders gelungen bewertet wurden, kam ein Ankauf nicht zustande. Die Kommission wünschte zusätzlich die Vorlage von Modellen zur Ansicht und besseren Beurteilung; ein Ansinnen, das Barlach entschieden ablehnte.2. An erster Stelle der Angebotsliste stand jedoch Karl Friedrich Schinkels Gemälde

B L I C K IN G R I E C H E N L A N D S

BLÜTE

aus dem Jahr 1825, das von Lud-

wig Justi als »wichtigstes Objekt« der Ankaufssitzung intensiv beworben wurde (Abb. 50). Laut Justi war das Gemälde als Geschenk der Stadt Berlin, die es vom Künstler erworben hatte, 1825 zur Hochzeit der Prinzessin Luise von Preußen mit Frederik Wilhelm Prinzen der Niederlande nach Holland gegangen.3 Von dort hatte es sich »dann langsam hinausgeerbt« und war schließlich an die Familie des Prinzen

Z w i s c h e n M u s e u m s a l l t a g und g e s t e u e r t e r S a m m l u n g s p o l i t i k _ 1 9 3

50

K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , BLICK IN GRIECHENLANDS BLÜTE, 1 8 1 5 , Öl auf Leinwand, 94 Χ 2.35 cm, Kriegsverlust, (ehemals Berlin, Nationalgalerie)

Wied gelangt, die gezwungen sei, das Gemälde zu veräußern. Obwohl ein Händler für das Bild »ein paar tausend Mark« geboten hätte, ginge der Prinz bei einem Verkauf an die Nationalgalerie von etwa 15.000 Reichsmark aus. Wie aus dem Protokoll der Kommissionssitzung hervorgeht, hatte Justi dem Prinzen daraufhin geschrieben, daß man höchstens 4.000 bis 5.000 Reichsmark »heutzutage dafür verantworten« könne. Dies schien der Familie zu wenig, sie »müssten wenigstens 8.000 Mark haben«. Auf Empfehlung von Justi einigte sich die Kommission schließlich, den Ankauf des Werkes für 5.000 Reichsmark zu befürworten, der dann auch zu diesem Preis vollzogen wurde. 4 Die Unterlagen zu dieser noch unter demokratischen Verhältnissen durchgeführten Ankaufssitzung belegen das seit Jahren übliche Verfahren: Die Anträge wurden gesammelt, aufgelistet und der Kommission zur Beratung vorgelegt. Diese gab dann - übermittelt durch den Direktor der Nationalgalerie - Ankaufsempfehlungen an den Kultusminister. In besonders wichtigen Fällen gingen den Sitzungen intensive mündliche oder schriftliche Verhandlungen voraus. Ungeachtet der Person oder der sozialen Situation des Anbieters wurden die Ankaufsentscheidungen dem Bedarf der Galerie untergeordnet. Diskutiert wurde viel: Es wurde »verzichtet« oder »abgelehnt« und manches Stück »seines historischen Wertes« wegen zum Ankauf empfohlen. Oft wichen die Meinungen der Experten stark voneinander ab. Das protokollierte Spektrum reichte von der euphorischen Beteuerung, »dieser Künstler muß in der Galerie vertreten sein«, bis zur abschätzigen Frage, »kann man so etwas für die Galerie kaufen?«, und endete vielfach in der vertröstenden Äußerung, man solle dem Künstler noch einige Zeit geben, »etwas Besseres zu machen«. 5 Vieles wurde aufgrund unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten oder aus Unschlüssigkeit vertagt oder an andere Einrichtungen verwiesen. Selbst der Tausch von Kunstwerken war gängige Praxis und wurde des öfteren in Erwägung gezogen.

194 _ Grabowski

51

Hanns Hubmann, V E R S T E I G E R T E

GEMÄLDE

BEI EINER

KUNSTAUKTION, Wien

1942.,

Fotografie, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Bildarchiv

Die Erwerbungsmöglichkeiten der Nationalgalerie waren vielfältig: Gekauft wurde direkt von den Künstlern oder aus Privatbesitz. Der Kunsthandel bot der Galerie Kunstwerke an, und auch der Auktionshandel ermöglichte diverse Sammlungsergänzungen (Abb. 51). Hinzu kamen Geschenke und Vermächtnisse, Stiftungen und Uberweisungen, die den Zugang von Kunstwerken vervollständigte. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die Tätigkeit der Ankaufskommission der Nationalgalerie unter den gesellschaftlichen Bedingungen des Nationalsozialismus.

VERÄNDERTE POLITISCHE VERHÄLTNISSE

Wie im Fall des Gemäldes von Schinkel wurde seitens der Nationalgalerie regelmäßig versucht, den Kaufbetrag zu minimieren. Selten ging man auf den geforderten Preis ein. Nach der fachlichen Entscheidung folgte immer die Frage, wie der gewünschte Zugang finanziert werden könnte. Darüber zu entscheiden hatte der Kultusminister, der den Empfehlungen der Sachverständigenkommission in der Regel folgte. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten änderte sich dies. Am 29. März 1 9 3 3 löste der erst im Vormonat zum kommissarischen Minister für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung in Preußen ernannte Bernhard Rust den bisherigen Sachverständigenkommission »im Hinblick auf die veränderten Verhält-

Zwischen Museumsalltag und gesteuerter Sammlungspolitik _ 195

nisse« zum i . April des Jahres auf und bat Justi, Vorschläge für ein neues Gremium einzureichen.6 Da Justis Bemühungen auch nach einem Monat zu keinem Ergebnis geführt hatten, bat er den Reichskommissar um eine persönliche Rücksprache, die aber offenbar nicht gewährt wurde. Somit kam es zu keiner Lösung und die Nationalgalerie blieb zunächst ohne Ankaufskommission, wodurch ihr jegliche Erwerbung verwehrt und sie in ihrem Sammlungsaufbau zur Untätigkeit verurteilt war. Der politische Regierungswechsel wirkte sich auch nachteilig auf das Arbeitsklima innerhalb der Staatlichen Museen aus. Bereits im Frühjahr 1 9 3 3 sah sich Ludwig Justi gezwungen, mehreren Aufsichtsbeamten Verweise zu erteilen, da diese versucht hatten, ihren Vorgesetzten durch ungerechtfertigte Verdächtigungen zu schaden. In einer von acht Aufsehern unterzeichneten Eingabe an die Gauleitung der NSDAP wurde unter anderem die Amtsenthebung sowohl des Direktors als auch des Bürovorstehers mit der Begründung gefordert, »die Handlungsweise beider Beamten wäre jüdisch-marxistisch«. Zugleich enthielt das Schreiben eine Kritik an der Tätigkeit der wissenschaftlichen Beamten und deren Hängung von Gemälden.7 Die Vorwürfe bezogen sich wahrscheinlich auf die Präsentation der zeitgenössischen Kunst im ehemaligen Kronprinzen-Palais. Gegenüberstellungen und Gespräche ergaben die Haltlosigkeit der Vorwürfe, so daß die Disziplinlosigkeiten mit Verweisen geahndet wurden. Bezeichnend für die Situation des Jahres 1 9 3 3 ist jedoch, daß einige Aufseher anläßlich der Personalwechsel im Direktorat der Nationalgalerie im Juli und November des Jahres die Gelegenheit nutzten und bei dem jeweiligen neuen Leiter Anträge zur Aufhebung der Verweise einreichten.8 Im einzelnen wurde den Anträgen auf Löschung der Verweise nicht entsprochen. Nicht zuletzt durch diese » Aufseherre volte« wird deutlich, daß angesichts der Präsentation zeitgenössischer Kunst in der Sammlung der Moderne auch innerhalb des Hauses Angriffe initiiert wurden, sogar von der untersten Ebene der Beamtenhierarchie. Das Eindringen nationalsozialistischen Gedankenguts in die Belegschaft und das öffentliche Auftreten einzelner Mitglieder der NSDAP oder deren Sympathisanten veränderte das politisch-soziale Klima und den innerbetrieblichen Verkehr beträchtlich. Einer Erhebung der unmittelbaren Nachkriegszeit zufolge waren von den insgesamt 640 Angestellten der Museen fast vierundzwanzig Prozent »Nazis«, das heißt, entweder Mitglieder der NSDAP oder Befürworter des NSRegimes. 9 Zwar wurde die Beamtenhierarchie der Weimarer Zeit nach 1 9 3 3 im wesentlichen beibehalten, jedoch wurden Schlüsselstellungen der Verwaltung mit Personen besetzt, die der NSDAP nahestanden. Wie in anderen größeren Betrieben und Einrichtungen organisierten sich die NSDAP-Mitglieder auch an den Staatlichen Museen in »Fachschaftsgruppen« und »Betriebszellen«. In Vorträgen im Hörsaal des Pergamonmuseums behandelten sie in den sogenannten »Gemein-

196-Grabowski

schaftsstunden« nationale Themen, mit denen versucht wurde, die Belegschaft zu einer nationalsozialistischen Gemeinschaft zu formen. 10 Unter diesen politischen Verhältnissen war Vorsicht und Zurückhaltung angeraten, so daß sich Erwerbungen von Werken der Klassischen Moderne von selbst verboten. Darüber hinaus bedrängten die nach 1 9 3 3 massenhaft eingehenden Kaufangebote von in Not geratenen Sammlern oder bisher nicht berücksichtigten Künstlern die Mitarbeiter der Nationalgalerie. Ludwig Justi, wie auch seine Amtsnachfolger Alois Schardt und Eberhard Hanfstaengl, wurden von Kunsthändlern mit Kaufgeboten und von Künstlern mit Ankaufswünschen oder Ausstellungsvorschlägen überhäuft. Die meisten Anträge wurden abschlägig beantwortet, wobei man sich wiederholt auf die aufgelöste und noch nicht wieder einberufene Sachverständigenkommission bezog. Ende Mai 1 9 3 3 bot Kurt Schüler aus Berlin Justi ein sich in seinem Besitz befindliches Aquarell REH von Franz Marc sowie zwei Gemälde von Lovis Corinth, SCHALE MIT A P F E L S I N E N aus d e m J a h r 1 9 2 2 . (Privatbesitz) u n d FRAUENRAUB

(ZWEI AKTE) von 1 9 1 3 (Verbleib unbekannt), zum Kauf an, wobei Schüler letztere bereits 1 9 2 3 der Nationalgalerie als Leihgabe zur Verfügung gestellt hatte: »Infolge der lang anhaltenden Wirtschaftskrise«, so der Sammler, komme er nicht umhin, sich von diesen Stücken zu trennen. 11 Justi konnte daraufhin nur sein Bedauern äußern und ihm mitteilen, daß nicht nur der gegenwärtige Zeitpunkt denkbar ungünstig sei, sondern, wie die meisten Museen, so auch die Nationalgalerie nicht in der Lage sei, »irgend etwas zu kaufen, weil zur Zeit gar keine Kommission besteht«. Und selbst wenn ein neues Gremium ernannt würde, so Justi weiter, müßten die geringen zur Verfügung stehenden Mittel »hauptsächlich für Werke lebender Künstler Verwendung finden [...], eine Regel, die nur in dringenden Fällen umgangen werden kann«. 1 1 Justi konnte nur vermitteln und empfahl, sich wegen der Werke von Corinth an die Kunsthandlung Carl Nicolai, Berlin, oder die Galerie Thannhauser, München, zu wenden und das Aquarell von Marc dem Kunsthändler Ferdinand Möller oder der Galerie Nierendorf in Kommission zu geben. Politisch komplizierter erwies sich die Bearbeitung einer Anfrage des Kultusministeriums zum Erwerb einer Hitlerbüste der Bildhauerin Hedwig Maria Ley. Die Büste war Bernhard Rust mit der Bemerkung angepriesen worden, daß von der Arbeit bereits andere Exemplare in den Räumen hoher Parteigenossen wie Baidur von Schirach und Joseph Goebbels stünden. Als Anlagen waren Empfehlungsschreiben der Reichsleitungen der NSDAP, des Reichsjugendführers und des KAMPFBUNDES FÜR DEUTSCHE KULTUR beigelegt. 13 Justi sollte sich über die Angemessenheit des Preises von 500 Reichsmark äußern und wurde gefragt, welche anderen »künstlerisch wertvollen« Büsten des Reichskanzlers ihm bekannt seien.

Zwischen Museumsalltag und gesteuerter Sammlungspolitik _ 197

Hier war Vorsicht geboten. Ludwig Thormaehlen, Kustos an der Nationalgalerie, begutachtete die Büste und kam, trotz Kritik am Hinterkopf - eine Schwäche, die bei »einer Hochaufstellung der Büste mit Anlehnung an eine Wand [...] gar nicht in Erscheinung« treten würde - zu einer befürwortenden Aussage. Er bewertete die Arbeit unter den zwölf ihm bekannten plastischen Darstellungen Adolf Hitlers für »die beste, naturwahrste und überzeugendste«, schon deshalb, weil sie die einzige war, für die Hitler Modell gesessen habe. 14 In seinem Bericht an das Kultusministerium hielt Justi dann einen Kaufpreis von 500 Reichsmark für die Büste von Hedwig Maria Ley in Anbetracht der Berechnung des Absatzes auf etwa dreißig Exemplare für angemessen. Als Beispiele für andere, öffentlich in Berlin ausgestellte Hitler-Büsten nannte Justi die Werke von Eberhard Encke, Constantin Starck und Magdalena Martin-Müller, wobei ihm das Porträt von Martin-Müller zum Ankauf für die Nationalgalerie geeigneter schien. Sein Entgegenkommen ging so weit, die Aufstellung des Kopfes in der Bildnissammlung zu erwägen und den seit der Gründung der Sammlung gültigen Grundsatz aufzuheben, keine Bildnisse von lebenden Personen auszustellen. In vorauseilendem Gehorsam erwog Justi sogar, »ob nicht davon abgegangen und vielleicht Bildnisse Hitlers und der ersten Männer seiner Bewegung aufgestellt werden sollten«, IS Schließlich fand im November 1 9 3 4 ein Exemplar der Hitlerbüste von Magdalena Martin-Müller in der Sonderausstellung DAS BILDNIS IN DER PLASTIK eine vorläufige Verwendung. 16 Zusätzlich fertigte die Künstlerin im Auftrag des Kultusministeriums einen weiteren Kopf an, den sie im Kronprinzen-Palais ablieferte. Zwischen März und Juni 1 9 3 5 war er als Leihgabe in der Nationalgalerie zu sehen, wurde dann vom Ministerium zurückgefordert und fand in der Wohnung von Bernhard Rust seine Aufstellung. Ein ordnungsgemäßer Eintrag in das Inventar der Nationalgalerie erfolgte nicht. 17 Man kann somit davon ausgehen, daß Ankäufe politisch-repräsentativer Art keinen Eingang in den Bestand der Nationalgalerie fanden, sondern an Dritte - in diesem Fall an das Kultusministerium - weitergeleitet wurden. Kosten entstanden der Nationalgalerie keine, da der Erwerb vom Kultusministerium getragen und die Hitlerbüste auch dort, im Inventar der Preußischen Kunstverwaltung, verzeichnet wurde. 18 Vorsichtiges und taktisches Verhalten war auch in anderen Fällen ratsam. Viele Künstler, die sich in den Jahren der Weimarer Republik von den öffentlichen Kultureinrichtungen vernachlässigt oder vom Kunsthandel ignoriert fühlten, wandten sich nun mit energisch vorgetragenen Forderungen an die Nationalgalerie. Die veränderten politischen Verhältnisse nährten in ihnen die Hoffnung, endlich die gewünschte Würdigung in Form von Ankäufen und Ausstellungen zu erlangen. Auch Rudolf Schlichter ließ Ludwig Justi Ende März 1 9 3 3 einen entsprechenden Bittbrief zukommen, dem er einige Fotografien seiner Werke beigelegt hatte. Darin erläuterte er seine bereits vor Jahren im KUNSTBLATT abgedruckte Überzeugung,

198_Grabowski

daß seine Kunst »ihre Wurzeln im Religiösen und Nationalen« habe und dafür »verhöhnt und boykottiert« worden sei. Jetzt sah er die Stunde für gekommen, »wo man diese Bestrebungen endlich begrüsst«. 1 ' Die Nationalgalerie besaß von Schlichter bereits das um 1929 entstandene Bildnis des französischen sozialistischen Politikers und Schriftstellers Henry Guilbeaux, das Justi 1930 für das KronprinzenPalais erworben hatte, weil es ihm »künstlerisch am ausgereiftesten zu sein schien«. Nun, 1933, so fügte er in seinem Antwortschreiben an Schlichter ergänzend hinzu, komme »neben dem künstlerischen Wert auch ein politischer Gesichtspunkt in Betracht«. Vielfach würde die Annahme vertreten, daß die Bildnisse in der Nationalgalerie eine Art Denkmal für die Dargestellten wären, »ein Gesichtspunkt, der dem Wesen einer Kunstsammlung an sich widerspricht, aber bei der heutigen Empfindlichkeit berücksichtigt werden muß«. Da es ihm seinerzeit »natürlich gänzlich fern« gelegen habe, dem französischen Schriftsteller ein Denkmal zu setzen, schlug er Schlichter vor, das Gemälde gegen ein anderes auszutauschen.10 Justi wählte unter den dem Brief Schlichters beigelegten Fotografien das

BILDNIS

ERNST

JÜNGER

von 1 9 2 9 - 1 9 3 0 als »besonders wünschenswert für die Galerie« aus, der mit seinem literarisch gefaßten Kriegsbericht

IN S T A H L G E W I T T E R N

von 1920 große Popu-

larität erlangt hatte (Abb. 52). Schlichter zeigte sich mit dem Tausch einverstanden, zumal Justi die Zusendung weiterer Landschaften für einen eventuellen Ankauf erbat. Endlich, angesichts »schwerer materieller Sorgen«, schien für Schlichter die Hoffnung in Erfüllung zu gehen, im »neuen Deutschland die Berücksichtigung zu finden, die [er] durch [seinen] Kampf um eine echte von einem wesensfremden Import unabhängige Kunst verdient zu haben« glaubte. 11 Um Erwerbungen ausländischer Werke mußte sich Schlichter nicht mehr sorgen, diese waren der Nationalgalerie auf Weisung des Innenministers seit Februar des Jahres 1933 untersagt.22 Schlichters Hoffnungen auf weitere Ankäufe blieben indes unerfüllt: Eine neue Ankaufskommission war noch immer nicht gebildet, und am 12. Oktober 1933 gab der neue amtierende Direktor Eberhard Hanfstaengl schließlich alle eingereichten Gemälde an den Künstler zurück. Das

BILDNIS ERNST JÜNGER

hingegen verblieb

als Eigentum in der Nationalgalerie.

ERWERBUNGEN IM RAHMEN DES MÖGLICHEN

Erst 1934, im Zuge der Übertragung der Länderkompetenzen auf das Reich, bei der die preußischen Ministerien mit den entsprechenden Reichsministerien vereinigt wurden, erfolgte eine Neubildung der Ankaufskommission. Im Vorfeld waren dafür die 1932 erlassenen »Satzungen für den Sachverständigen-Ausschuß der Nationalgalerie« durch die »Satzungen für den Beirat der Nationalgalerie« ersetzt wor-

Z w i s c h e n M u s e u m s a l l t a g und g e s t e u e r t e r S a m m l u n g s p o l i t i k _ 1 9 9

ß

52

Rudolf Schlichter, B I L D N I S

ERNST JÜNGER,

Ö l auf L e i n w a n d , 94 χ 64 cm, Berlin, N e u e

1929-1930,

Nationalgalerie

den. 13 Eine wesentliche Änderung bestand in der Verkleinerung der Kommission von acht auf vier Künstler, Kunstfreunde oder Kunstgelehrte, die vor allem »arischer Abstammung« sein mußten und »grundsätzlich weder im Dienst befindliche noch frühere Beamte oder Angestellte staatlicher Museen« sein durften. Weiterhin war festgelegt, daß der Direktor nach Anhörung des Beirates selbständig und in »voller eigener Verantwortung« über die Ankäufe entscheiden durfte. Hanfstaengl, dem vom Kultusministerium ein Entwurf der Satzung überreicht worden war, forderte ergänzend die Aufnahme des Direktors der Gemäldegalerie in den Beirat sowie die Teilnahme des Direktors der Nationalgalerie an den Sitzungen des KaiserFriedrich-Museums, um auf diese Weise Ankäufe abzustimmen und Überschneidungen zu vermeiden. Zugleich bat er, die Höhe der Mittel festzusetzen, über die der Direktor ohne Anhörung des Beirats verfügen könne, um bei der »herrschenden Not unter der lebenden Künstlerschaft sofort Hilfe gewähren zu können«. Als Mitglieder der Kommission schlug Hanfstaengl den Bildhauer Georg Kolbe, den Sammler Wilhelm Farenholtz, den Direktor der Gemäldegalerie Karl Koetschau und den Vorsitzenden der Abteilung für die bildenden Künste bei der Preußischen Akademie der Künste vor, sofern dieser Maler oder Bildhauer sei. Außerdem erschien ihm die Erhöhung der Zahl auf fünf Mitglieder wünschenswert, um »noch einen Vertreter der jüngeren Künstlergeneration beiziehen zu können«. 14 Den Vor-

200

Grabowski

Schlägen Hanfstaengls wurde entsprochen. Die »Satzungen für den Beirat der Nationalgalerie« wurden mit dem 20. September 1934 erlassen, die mit sofortiger Wirkung in Kraft traten.25 Ergänzend schlug Hanfstaengl am 2. November noch den Direktor der Vereinigten Staatsschulen-Berlin Alexander Kanoldt vor, der daraufhin ebenfalls in den Beirat berufen wurde. 16 Von da an tagte der Beirat je nach Bedarf in der Regel ein bis zwei Mal jährlich. Im Folgenden werden drei Ankaufsvorgänge vorgestellt, die, im Verhältnis zum gesamten Erwerbungsaufkommen während der NS-Zeit zwar singulär, in ihrer Art jedoch die extremen Positionen des Kunsterwerbs erhellen: Verzicht auf Werke der Moderne und verstärkte Orientierung auf das 19. Jahrhundert sowie der vereinzelte, beziehungsweise gelegentliche Erwerb aus jüdischem Besitz. Am 24. Juni 1937 bot die Berliner Galerie W. A. Luz der Nationalgalerie zwei Gemälde von Johann Erdmann Hummel zum Kauf an. Es handelte sich dabei um zwei Bildnisse der Familie Mila. Das Angebot lag für das Bildnis MILA

von 1824 bei 3.000 Reichsmark und für das Bildnis

GUILLAUME

FRAU L U I S E M I L A

bei

4.000 Reichsmark (Abb. 53).2,7 Hanfstaengl ließ sich beide Werke zur Ansicht in die Galerie liefern. Die Gemälde wurden von den Mitarbeitern der Nationalgalerie unterschiedlich bewertet und nur das Damenbildnis wurde zum Kauf empfohlen. Zugleich drückte man das Angebot von 4.000 auf 3.500 Reichsmark, wofür der Galerist zunächst die Bestätigung des Eigentümers einholen mußte. Am 8. August 1937 schrieb Luz daraufhin: »Zu meiner Freude kann ich Ihnen die Annahme Ihres Gebotes von R M 3.500,- für das Gemälde J. E. HUMMEL, Bildnis Frau Luise Mila, melden.«2,8 Der Ankaufsvorgang ist insofern bemerkenswert, da er ohne Beteiligung des Beirates durchgeführt wurde. Lediglich die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Galerie wurden über den Neuzugang informiert, die auf dem Eingangsschreiben der Galerie Luz vom 8. Juli 1937 ihre Kenntnisnahme per Signum bezeugten. Diese und weitere Gemälde Johann Erdmann Hümmels waren der Nationalgalerie bereits am 23. Februar 1934 von Martha Steinrück aus Neubrandenburg-Augustusbad zum Kauf offeriert worden. Hans Mackowsky, von 1 9 1 2 bis 1937 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Nationalgalerie, hatte daraufhin Martha Steinrück besucht und das BILDNIS

FRAU

LUISE

MILA

in seinem Bericht als ankaufswürdig bewertet. Die

Preisvorstellung der Besitzerin gab er damals mit mindestens 1.000 Reichsmark an. Frau Steinrück wurde aufgefordert, eine Auswahl ihrer Gemälde in ihrem eigenen Wagen nach Berlin zur Ansicht zu bringen, wo dann eine Entscheidung über einen Ankauf getroffen werden sollte. Eine Aktennotiz des Bürovorstehers Perlwitz vermerkt, daß Frau Steinrück am 4. April 1934 die Nationalgalerie aufsuchte und Direktor Hanfstaengl einige Bilder vorstellte. Weiterhin hieß es, daß sie alle ihre Bilder wieder mit zurücknahm, »da der von ihr erwartete Preis für das HummelBild, das nur für die N[ational-]G[alerie] in Betracht kam, nicht bewilligt wer-

Zwischen Museumsalltag und gesteuerter Sammlungspolitik _ 201

55 Johann Erdmann Hummel, FRAU L U I S E M I L A , um 1 8 1 0 , Ö l auf L e i n w a n d , 86 X 7 3 c m , Berlin, Alte N a t i o n a l g a l e r i e

den konnte«. 29 Der Ankauf scheiterte an den zu hohen Forderungen, die bei etwa ι .000 Reichsmark lagen. Drei Jahre später erwarb die Nationalgalerie das Gemälde dann für den dreieinhalbfachen Preis. Hier offenbart sich eine grundsätzliche Umorientierung im Erwerbungsverhalten der Galerie. Im Jahr 1 9 3 4 , in der Stabilisierungsphase der NS-Herrschaft, war der Ankauf des einen oder anderen Werkes der Moderne noch möglich. Die letzten Ankäufe dieser Art sind mit dem Erwerb des 1 9 3 3 entstandenen Aquarells SONNE ÜBER DEM MEER von Erich Heckel (Berlin, Kupferstichkabinett) für 250 Reichsmark im Februar 1 9 3 4 und Ernst Barlachs Bronze DER SAMMLER von 1 9 1 3 (Berlin, Neue Nationalgalerie) am 1 5 . Mai 1 9 3 4 über die Galerie Ferdinand Möller im Wert von 1.200 Reichsmark überliefert. 30 Drei Jahre später hatten sich die restriktiven Maßnahmen der Nationalsozialisten in Bezug auf die moderne Kunst derartig verstärkt, daß solche Erwerbungen unmöglich wurden. Die Nationalgalerie war »ausschliesslich ein Museum des 1 9 . Jahrhunderts geworden«, wie Paul Ortwin Rave in einem Brief an einen zeitgenössischen Künstler schrieb, in dem er dessen Bitten um Ankäufe ablehnte. 31 Eine der spektakulärsten Erwerbungen gelang Eberhard Hanfstaengl 1 9 3 7 . Das bis zu diesem Zeitpunkt als verschollen geglaubte großformatige Landschaftsbild DER WATZMANN von Caspar David Friedrich war in Berlin aufgetaucht

2 0 2 _ Grabowski

54

C a s p a r D a v i d F r i e d r i c h , DER W A T Z M A N N , 1 8 2 . 4 - 1 8 2 5 , Öl auf L e i n w a n d , 1 3 5 χ 1 7 0 c m , Berlin,

Alte Nationalgalerie {Dauerleihgabe)

(Abb. 54). In einer späteren Publikation über die Neuerwerbungen des Werkes zitierte Hanfstaengl eine Bildbesprechung aus der in Braunschweig erschienenen DEUTSCHEN NATioNAL-ZEITUNG vom 2. September 1 8 3 z , in der das Bild eine letzte Erwähnung gefunden hatte. 32 Seitdem war der Verbleib des Gemäldes unbekannt. Nach über hundert Jahren war es nun unversehens wieder aufgefunden worden, und Hanfstaengl nutzte das einmalige Angebot, den Friedrich-Bestand um dieses einzigartige Werk zu ergänzen. Es wird für ihn selbstverständlich gewesen sein, daß nur die Nationalgalerie für diesen Ankauf in Frage kam, zumal DER WATZMANN ein geeignetes Gegenstück zu dem bereits seit 1 9 2 0 in der Sammlung v o r h a n d e n e n G e m ä l d e HOCHGEBIRGE (ANSICHT DES MONT BLANC), entstan-

den um 1 8 2 4 , abgeben würde (Kriegsverlust, ehemals Berlin, Nationalgalerie). Der erste in den Unterlagen des Zentralarchivs dokumentierte Kontakt zwischen der Nationalgalerie und dem Besitzer des Gemäldes ist für den 8. Januar 1 9 3 7 nachweisbar. Im Postjournal, dem Verzeichnis aller Briefeingänge des Jahres,

Zwischen Museumsalltag und gesteuerter Sammlungspotitik _ 203

ist in der Spalte »Inhalt der Sache« der geschäftsmäßige Eintrag verzeichnet: »Martin Brunn, hier, bietet ein Gemälde >Der Watzmann< zum Kauf an. (Unbekannter Meister).«33 Offensichtlich war sich Brunn nicht bewußt, daß er ein Gemälde Caspar David Friedrichs besaß. Auf der Visitenkarte Martin Brunns hatte Hanfstaengl einen handschriftlichen Vermerk eingebracht: »>Watzmann< zur Ansicht. 5000 Mk Vers.«.34 Auch hier fehlt ein Hinweis auf den Künstler und man kann nur annehmen, daß Hanfstaengl bei seinem Besuch bei den Brunns in der Darmstädter Straße die Versicherungssumme festgelegt hat. Des weiteren ist davon auszugehen, daß Eberhard Hanfstaengl über den Zweck des Verkaufs durch Martin Brunn in Kenntnis gesetzt worden war: die Finanzierung der Emigration der Familie Brunn, die als Bürger jüdischer Abkunft ihre wirtschaftliche Existenz aufgrund der politischen Verhältnisse nicht mehr aufrechtzuerhalten in der Lage war. Am 27. Januar teilte Hanfstaengl dem Besitzer mit, daß er, wie vereinbart, zunächst 15.000 Reichsmark für das insgesamt zum Preis von 25.000 Reichsmark erworbene Gemälde von Friedrich überweisen und sich darüber hinaus bemühen würde, den Restbetrag in absehbarer Zeit an ihn abzuführen. Eine handschriftliche Notiz vermerkt zudem, daß die erste Vorabzahlung durch einen Vorschuß des Vereins der Freunde der Nationalgalerie geleistet werden konnte.3 s Dementsprechend weist das Kassenbuch des Vereins für das Rechnungsjahr 1 9 3 7 - 1 9 3 8 unter der Rubrik »Ausgaben« für den 29. Januar 1937 den Betrag von 15.000 Reichsmark für »Martin Brunn. Überbrückungskredit N[ational-]G[alerie] für Friedrich >WatzmannWatzmann Bl. 574·

57 Brief von Martin Brunn an Eberhard Hanfstaengl, ι . Februar 1 9 3 7 , SMB-PK, ZA, I/NG 8 7 2 Ankauf und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 56/37, Bl. 306.

26 Brief von Eberhard Hanfstaengl an den Kultusminister, 2. November 1 9 3 4 , ), SMB-PK, ZA, I/NG 4 7 6 Zusammensetzung der Sachverständigen-Kommission, J . - N r : 1266/34, Bl. 583.

58 Brief von Eberhard Hanfstaengl an den Kultusminister, 28. Januar 1 9 3 7 , SMB-PK, ZA, I/NG 4 7 7 Sitzungen des Sachverständigen-Beirates, J.-Nr.: 169/37, Bl. 53 f·

27 Vgl. Angebot der Galerie Dr. W. A. LUZ an die Nationalgalerie, 25. Juni 1 9 3 7 , SMB-PK, ZA, I/NG 8 7 2 Ankauf und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 1263/37, Bl· 559· 28 Vgl. ibid., Bl. 561/1. Das Gemälde wurde unter A II 903 inventarisiert. 29 Ibid., Bl. 179 v. 50 Vgl. Schriftwechsel von Eberhard Hanfstaengl mit Erich Heckel, 1 3 . November 1 9 3 3 bis 27. Februar 1 9 3 4 , SMB-PK, ZA, I/NG 4 7 2 Landeskunstkommission, J.-Nr.: 2 1 2 9 / 3 3 , Bl- 2 3 7 Das Aquarell von Heckel wurde am 10. März 1 9 3 4 unter FIII 1966 inventarisiert. Die Bronze von Barlach blieb vorerst beim Kultusminister, der die Arbeit 1938 an die Nationalgalerie überwies, ibid. J.-Nr.: 1004/34 u n c l 102.5/34, Bl. 5 1 0 - 5 1 4 ; vgl. auch Annegret Janda: Das Schicksal einer Sammlung. Aufbau und Zerstörung der Neuen Abteilung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais Unter den Linden 1918-194;, Berlin 1988. 51 Vgl. Brief von Paul Ortwin Rave an Theodor Eifert, 4. August 1942, SMB-PK, ZA, I/NG Angebote von Gemälden, J.-Nr.: 1033/42, Bl. 359.

nalgalerie, SMB-PK, ZA, I/NG 1 3 2 7 , Bl. 3 2 v.

59 Das Etatjahr erstreckte sich von April 1 9 3 6 bis März 1 9 3 7 . Für Ankäufe von Kunstwerken standen der Nationalgalerie im Rechnungsjahr 1 9 3 6 insgesamt 55.948,26 Reichsmark zur Verfügung; vgl. Aufstellung zur Verwendung der Mittel, 28. April 1 9 3 7 , SMBPK, ZA, I/NG 405 Kassensachen, J.-Nr.: 758/37, Bl. 497. 40 Vgl. Brief von Eberhard Hanfstaengl an den Kultusminister, 28. Januar 1 9 3 7 , SMB-PK, ZA, I/NG 4 7 7 Sitzungen des Sachverständigen-Beirates, Bl. 54. 41 Genehmigung des Ankaufes durch das Kultusministerium, I I . Februar 1 9 3 7 , SMB-PK, ZA, I/NG 8 7 2 Ankauf und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 3 1 3 / 3 7 , Bl. 344. 42 Brief von Martin Brunn an Eberhard Hanfstaengl, 1 2 . April 1 9 3 7 , ibid., Bl. 3 5 2 . 45 Vgl. Ausgabeanweisungen vom 3 1 . März 1 9 3 7 und vom 16. April 1 9 3 7 , ibid., Bl. 3 5 0 u. 3 5 3 , sowie Kassenbuch des Vereins der Freunde der Nationalgalerie, SMB-PK, ZA, I/NG 1 3 2 7 Verein der Freunde der Nationalgalerie, Bl. 33. 44 Vgl. Brief von Otto Meissner an Eberhard Hanfstaengl, 19. März 1 9 3 7 , SMB-PK, ZA, I/NG 872 Ankauf und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 3 1 3 / 3 7 ,

52 Vgl. Eberhard Hanfstaengl: Vier neue Bilder von C. D. Friedrich in der Nationalgalerie, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 68/1937, S. 2 1 7 - 2 2 3 . Dort wird auch erwähnt, daß nach den Angaben von Friedrich Boetticher in seinem Buch Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Leipzig 1891-1901, das Gemälde in den Privatbesitz der Familie Pogge in Greifswald übergegangen war. 55 Postjournal der Nationalgalerie für das Jahr 1 9 3 7 , SMB-PK, ZA, J.-Nr.: 56. 54 Vgl. Visitenkarte Martin Brunns, SMB-PK, ZA, I/NG 8 7 2 Ankauf und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 56/37, Bl. 300. 55 Brief von Eberhard Hanfstaengl an Martin Brunn, 27. Januar 1 9 3 7 , ibid., Bl. 305.

Bl- 3S7 f45 Der ursprüngliche Inventareintrag unter A II 895 vom 19. Februar 1937 wurde in der Rubrik Bemerkungen mit einem Vermerk über den Zuschuß ergänzt. Dort heißt es: »Angekauft von Martin Brunn Berlin W 1 5 , Darmstädter Str. 10« und im späteren Zusatz: »Vom Führer sind 10.000 R M Zuschuß eingegangen (Tgb. 313/37) Kap. 1 5 5 Tit. 51«; vgl. Inventar der Nationalgalerie unter A II 895, sowie im Ankaufsvorgang, SMB-PK, ZA, I/NG 872 Ankauf und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 3 1 3 / 3 7 , Bl. 354 ff. 46 Vgl. Gesprächsnotiz von Eberhard Hanfstaengl über seinen Besuch bei Ministerialdirektor Heinrich Döhle in der Präsidialkanzlei, SMB-PK, ZA, I/NG 872 Ankauf und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 3 1 3 / 3 7 , Bl. 356.

212 _ Grabowski

47 Carl Georg Heise: Caspar David Friedrich und die deutsche Landschaft, in: Frankfurter Zeitung, Nr. 2.34, 9 . Mai 1 9 3 7 .

55 Schreiben der Galerie Gurlitt, Berlin, an die Direktion der Nationalgalerie, 8. September 1937, SMB-PK, ZA, I/NG 948 Aktion »Entartete Kunst«, J.-Nr.: 1734, Bl. 102.

48 Felix A. Dargel: Ein C. D. Friedrich wieder gefunden! Kostbare Neuerwerbungen der Berliner Nationalgalerie, in: Berliner Lokal-Anzeiger, 2 1 . April 1937. Das Gemälde wurde 1003 restituiert und hängt heute als Dauerleihgabe der DekaBank in der Alten Nationalgalerie. 49 Im Index der Nationalgalerie erfolgte der Namenseintrag unter »Hinrichsen, Henri, Israel 1 6 0 6 / 4 0 « . Der Verweis auf einen jüdischen Sammler ist damit eindeutig. Nach der zweiten Verordnung zur Durchführung des »Gesetzes über die Änderung von Familien- und Vornamen« vom 1 7 . August 1938 mußte jeder Bürger jüdischer Herkunft seit dem 1. Januar 1939 zusätzlich die Vornamen »Israel« oder »Sara« annehmen. Der später in der Nationalgalerie verwendete Titel des Reliefs lautete E R O S B E I A N A K R E O N . Das Werk wurde am 2 5 . November 2 0 0 2 restituiert. 50 Vgl. Schreiben des Reichswirtschaftsministeriums an den Generaldirektor der Staatlichen Museen, 1 3 . Dezember 1940 (Abschrift), SMB-PK, ZA, I/NG 874 Ankäufe und Zuweisung von Kunstwerken, J.-Nr.: 1 6 0 6 / 4 0 , Bl.

535.

51 Vgl. Briefkonzept von Paul Ortwin Rave, 27. Dezember 1940 und Schreiben des Generaldirektors Otto Kümmel an den Reichswirtschaftsminister, 27. Dezember 1940 (Abschrift), ibid., Bl. 534 und 533. 52 Ibid., Bl. 537.

56 Vgl. Brief Max Huggler, Direktor der Kunsthalle Bern, an Paul Ortwin Rave, 2 1 . September 1937, SMB-PK, ZA, I/NG Ausleihungen von Kunstwerken, J.-Nr.: 1 8 1 6 / 3 7 , Bl. 2 6 3

57 Vgl. Brief von Hudson D. Walker an die Nationalgalerie, 2 1 . Dezember 1937, SMB-PK, ZA, I/NG 946 Verkauf und Tausch von Kunstwerken, J.-Nr.: 1/3 8, Bl. 481. 58 Vgl. Brief von Paul Ortwin Rave an Paul Perlwitz, 10. September 1937, SMB-PK, ZA, I/NG 948 Aktion »Entartete Kunst«, J.-Nr.: 1734, Bl. 103. 59 Vgl. Schriftwechsel der Nationalgalerie mit der Polizeibehörde der Freien Hansestadt Hamburg, 18. Mai 1933, SMB-PK, ZA, I / N G 867 Ausschreibung der Versicherungen der Kunstwerke der National-Galerie, J.-Nr.: 2 9 1 / 3 3 , Bl. 2 7 ff. 60 Vgl. Bericht über die Sitzung des Beirats der NationalGalerie, I i . März 1944, SMB-PK, ZA, I/NG 477 Sitzungen des Sachverständigen-Beirats, J.-Nr.: 3 1 6 / 4 4 , Bl. 2 7 2 ff. Das Gemälde von Corinth M Ä D C H E N M I T P U P P E wurde 1 9 5 9 , die Zeichnungen von Slevogt 2 0 0 2 restituiert. 61 Am

wurde S Ü D L I C H E F E L von Ludwig von Hofmann von der Kunsthandlung K. Rusch, Dresden, angekauft. Am 2 . Januar 1 9 4 5 folgte B I L D N I S D E S P R I N Z E N 29.

54 Brief von K. J. Joseph, London, an die Direktion der Nationalgalerie, 4. August 1937, SMB-PK, ZA, I/NG 9 4 0 Angebote von Gemälden, J.-Nr.: 1 5 1 5 / 3 7 , Bl. 3 6 4 .

Dezember

SENKÜSTE

GUSTAV

53 Brief von Hans W. Lange an Paul Ortwin Rave, 7. Februar 1 9 4 1 , ibid., Bl. 541.

ff.

1944

(1898-1900)

CALIXT

BIRON

VON

KURLAND

(um

1805)

von Josef Grassi von C. G. Boerner, Leipzig, und am 1 9 . Februar S P R E E U F E R ( 1 8 7 9 ) von Hans Herrmann, angekauft von Frau Marcelline Richert, Wien; vgl. Mitteilung des Kultusministerium an den Generaldirektor der Museen für die Nationalgalerie, 16. September 1944, SMB-PK, ZA, I/NG Sitzungen des Sachverständigen-Beirats, J.-Nr.: 6 5 3 / 4 4 , B'· 2 7 7 ·

»Eine Rückführung an die Museen ist dringend erforderlich ...« Kurt Reutti und der Umgang mit »entarteter« Kunst nach 1945 Maike Steinkamp

SICHERSTELLUNG UND RÜCKGABE

Im Juli 1949 konnte Ludwig Justi, Generaldirektor der Ehemals Staatlichen Museen in Berlin - so die offizielle Bezeichnung des Museumsverbundes seit Juni 1945 - , einige der 1937 im Zuge der nationalsozialistischen Aktion »Entartete Kunst« aus den Beständen der Nationalgalerie beschlagnahmten Kunstwerke wieder in Empfang nehmen.1 Es handelte sich dabei um so prominente Arbeiten wie D R E I K L A N G (192.4) und K O P F IN M E S S I N G (192,5) von Rudolf Belling, das Holzrelief D I E V E R L A S S E N E N ( 1 9 1 2 - 1 9 1 3 ) von Ernst Barlach und das Gemälde 1 T E L T O W II (1918) von Lyonel Feininger (Abb. sy). Maßgeblichen Anteil daran, daß die Werke nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes wieder in den Besitz der Nationalgalerie gelangten, hatte der Bildhauer Kurt Reutti, der seit Sommer 1945 in Berlin für die sogenannte Zentralstelle zur Erfassung und Pflege von Kunstwerken tätig war. Über die Person von Kurt Reutti (1900-1967) ist nicht viel bekannt. Laut seinen eigenen Angaben hatte er Anfang der zwanziger Jahre an der Kunstschule Reimann und der Akademischen Hochschule für Bildende Kunst in Berlin studiert und war in den darauf folgenden Jahren als freischaffender Künstler in Berlin tätig gewesen. Wann er seine künstlerische Profession aufgegeben hat,

214 _ Steinkamp

57

L y o n e l Fe ill ¡ Π g er. TELTOW i i , 1 9 1 8 , Ö l auf L e i n w a n d , 101 χ 11S cm, Berlin, N e u e N a t i o n a l g a l e r i e

kann nicht eindeutig belegt werden, doch nahm er sie spätestens nach 1 9 4 5 nicht mehr ernsthaft wahr. 3 Vielmehr stellte er sich ganz in den Dienst des kulturellen Wiederaufbaus in Berlin und der Rückführung kriegsbedingt verlagertem oder anderweitig abhanden gekommenem Kulturgut aus öffentlichem Eigentum. 4 So geht auch die Gründung der Zentralstelle zur Erfassung und Pflege von Kunstwerken auf seine Initiative zurück. Folgt man den Darstellungen in seinen bisher unveröffentlichten Erinnerungen, dann kam Reutti die Idee zu einer solchen Einrichtung beim Anblick der vielen herrenlosen Kunstdenkmäler, die verstreut und teilweise zerbrochen auf den Straßen des kriegszerstörten Berlins lagen. Unbedingt, so Reutti, habe sofort etwas zum Schutz dieser Güter getan werden müssen. 5 Er wandte sich an den Berliner Magistrat, w o sein Anliegen auf offene Ohren stieß. Otto Winzer, der Leiter der erst kurz zuvor etablierten Abteilung Volksbildung und Hermann Settegast, der Verantwortliche für Museen und Sammlungen innerhalb dieser Abteilung, sprachen sich explizit für eine »Bergungsstelle für Kunstwerke«

» E i n e R ü c k f ü h r u n g a n d i e M u s e e n ist d r i n g e n d e r f o r d e r l i c h

aus. Diese sollte zunächst auf freiwilliger Basis arbeiten/ Als sich keine fähigen Leute meldeten, richtete man im August 1945 eine Stelle innerhalb des Amtes für Museen und Sammlungen ein, die der Berliner Kunsthistoriker Adolf Jannasch leitete.7 Kurt Reutti blieb zunächst ausschließlich als ehrenamtlicher Mitarbeiter für die Dienststelle tätig.8 Erst im Oktober 1947 trat er eine feste Anstellung in der Zentralstelle an, die inzwischen als Referat für Rückführung von Kunstgütern im Amt für Museen bezeichnet wurde.9 Anlaß für die Umbenennung war die Eingliederung in die im Sommer 1946 neu gegründete Abteilung Kunst beim Berliner Magistrat, in der Jannasch nur wenige Monate später die Leitung des Referats Bildende Kunst übernahm.10 Von Anfang an hatten neben der Sicherung von Kulturgut auch die Vorbereitung von Ausstellungen und die Künstlerfürsorge zu den Aufgaben der Zentralstelle gehört, um die sich vor allem Jannasch kümmerte.11 Dagegen zählte es zu Reuttis Aufgabenbereich, herrenlosen Kunstbesitz zu bergen und vor der Zerstörung zu bewahren. Hinter Reuttis bewußt unverfänglich gehaltener Stellenbeschreibung verbargen sich das Auffinden und die Rückgabe von ausgelagertem, verschlepptem oder in den Kunsthandel gelangtem Museumsgut sowie die Sicherstellung von restitutionspflichtigen, während des Zweiten Weltkrieges aus dem Ausland geraubten Kunstgütern.12 Auch die vormals »entartete« Kunst fiel in Reuttis Ressort. Offenbar war Kurt Reutti im Laufe des Jahres 1946 erstmals auf Bestände aus der nationalsozialistischen Aktion »Entartete Kunst« gestoßen. Wie er in seinen Erinnerungen schrieb, waren in Berlin einige Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc und anderen Künstlern aufgetaucht, die augenscheinlich aus diesem Kontext stammten.13 Im gleichen Jahr wurden bei der im August 1946 eröffneten ALLGEMEINEN

DEUTSCHEN

KUNSTAUSSTELLUNG

in Dresden zwei Gemälde

sichergestellt, die ebenfalls aus ehemaligem Museumsbesitz stammten. Es handelte sich um

F R Ü H L I N G IN F L A N D E R N

(1916) von Erich Heckel und

SICH KÄMMEN-

DER AKT (1913) von Ernst Ludwig Kirchner, die 1937 aus dem Städtischen Museum für Kunst und Kunsthandwerk in Halle konfisziert worden waren (Abb. 58). Der Berliner Kunsthändler Ferdinand Möller hatte sie den Organisatoren der Dresdner Schau zusammen mit neun weiteren Gemälden aus seinem Galeriebestand leihweise zur Verfügung gestellt.14 Möller war während des nationalsozialistischen Regimes als einer der vier offiziell vom Propagandaministerium beauftragten Kunsthändler für den Vertrieb »entarteter« Kunst ins Ausland zuständig gewesen.15 Obwohl daran die Auflage gebunden war, die Werke ausschließlich an ausländische Interessenten zu veräußern, ist diese Regel nicht immer befolgt worden, wie nach 1945 ersichtlich wurde. So hatten die Händler durchaus Geschäfte mit Kunden im Inland abgeschlossen, andere Arbeiten, die sie in Kommission genommen, getauscht oder angekauft hatte, befanden sich nach Kriegsende noch in ihren Beständen.

...«

_215

216 _ Steinkamp

Ernst Ludwig Kirchner f »FRAU

VORM

SPIEGEL«

Ol Leihgabe der Galerie Ferdinand Möller, Zermülzel

58

S E I T E AUS D E M K A T A L O G D E R » A L L G E M E I N E N D E U T S C H E N

MIT ERNST LUDWIG KIRCHNERS

KUNSTAUSSTELLUNG«

»SICH KÄMMENDER AKT« ( 1 9 1 3 ) , Dresden

1946

Schon vor dem Vorfall in Dresden schien Reutti darüber informiert gewesen zu sein, daß sich sowohl in den Beständen von Möller als auch in denen des Kunsthändlers Bernhard A. Böhmer noch Kunstwerke aus der Aktion »Entartete Kunst« befanden. Im Juli 1946 hatte Reutti die Zentralverwaltung für Volksbildung darüber in Kenntnis gesetzt und sich ausdrücklich für eine Rückführung der aus Museumsbesitz stammenden Arbeiten ausgesprochen. In seinem Brief an Gerhard Strauß, den Leiter der Abteilung bildende Kunst der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung, schrieb er diesbezüglich: »Durch Goebbels wurden seinerzeit ca. 40.000 >entartete< Kunstwerke aus den deutschen Museen entfernt. Durch Dr. Hetsch wurden sie zum Teil nach dem Ausland verkauft, zum Teil vernichtet, zum größten Teil aber für ein Butterbrot an den Kunsthandel abgegeben. Eine Rückführung an die Museen ist dringend erforderlich. Infolge der Ungesetzlichkeit der Goebbelschen Beschlag-

»Eine Rückführung an die Museen ist dringend erforderlich ...< _ 217

nähme wäre jetzt eine entschädigungslose Beschlagnahme zu vertreten, da die Kunsthändler aber seinerzeit in gutem Glauben und sogar mit einem gewissen Risiko gehandelt haben, müßte man ihnen wohl ihre Selbstkosten (die ja minimal wären) ersetzen. [...] Ein Sonderfall wäre Böhmer. Böhmer scheint ein ausgesprochener Schieber gewesen zu sein, durch dessen Hände nicht nur erhebliche Teile der entarteten KunstEntartete KunstSich kämmender Akt< und Heckel >Frühling in Flandern< vom Moritzburgmuseum in Halle als sein ehemaliger Besitz behauptet und nachgewiesen werden, der im Zusammenhang mit der Aktion >Entartete Kunst< durch die Faschisten dem Museum entfremdet worden ist. Aufgrund der Ermächtigung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland vom 8.10.1946, mit der die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung angewiesen und bevollmächtigt wird, alle zur Rückführung des durch die Faschisten Museen und Privatsammlungen entfremdeten Kunstgutes, notwendigen Maßnahmen zu treffen, haben wir die Ausstellungsleiter in Dresden angewiesen, von einer Rücklieferung der beiden Bilder solange abzusehen, bis eine Klärung des Falles erreicht ist.«2Entarteten Kunst< von neuem als entartet bezeichnet und gar nicht daran denkt, sie auszustellen. [...] / Ich bin zur Zeit damit beschäftigt, das Material zusammenzustellen und erlaube mir die Anfrage, ob der Bundesregierung an einer Kopie dieses Materials gelegen ist. / Durch die unterschiedliche Behandlung, die das von Hitler und Goebbels am 3 1 . Mai 1938 erlassene Gesetz über die Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst in den verschiedenen Besatzungszonen erfahren hat, ergeben sich aber diffizile Fragen, die ich gerne mit Ihnen persönlich besprechen möchte.« 64 Z u einem solchen Gespräch sollte es nicht kommen. Die nach 1945 in den jeweiligen Besatzungszonen beschlossenen Maßnahmen im Umgang mit »entarteter« Kunst wurden in der DDR beziehungsweise in der Bundesrepublik beibehalten. Mit einer Generalliste aller von ihm im Osten für die öffentliche Hand »geretteten« Kunstwerke, Schloß Kurt Reutti 1 9 5 5 offiziell seine Tätigkeit zur Rückführung von Kunstgütern ab. Fortan wollte er nur noch als Bildhauer tätig sein. Eine

»Eine Rückführung an die M u s e e n ist dringend erforderlich . . . « _ 2 2 7

allgemeine Rückführung der durch die Nationalsozialisten beschlagnahmten Bestände sollte es weder in der Bundesrepublik noch in der D D R geben. Vielmehr bemühten sich die Museen - unter den jeweiligen politischen Bedingungen - durch Rückkäufe, Schenkungen, private Leihgaben oder Ausstellungen die durch die Aktion »Entartete Kunst« geschlagenen Lücken in ihren Beständen zumindest in Ansätzen wieder aufzufüllen: ein Vorgang, der bis heute andauert.

228-Steinkamp

1 Die Staatlichen Museen waren am 17. Mai 1945 der Abteilung für Volksbildung beim Magistrat der Stadt Berlin unterstellt worden. Bis zu einer endgültigen Namensfindung firmierten sie unter dem Titel »Ehemals Staatliche Museen zu Berlin«. Am 1. Januar 1951 wurden sie im Osten in »Staatliche Museen zu Berlin« umbenannt. Im Westen war trotz der Gründung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz im Jahr 1957 bis Ende 1961 die Bezeichnung »Ehemals Staatliche Museen zu Berlin« gebräuchlich. 2 Vgl. Liste der Werke aus der Aktion »Entartete Kunst«, in: Kurt Reutti: Erinnerungen, unveröffentlichtes Manuskript, undatiert (um 1965), Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA), VI. HA, Nachlaß Reutti, Bd. 2, Bl. 336-339. Eine Veröffentlichung der Erinnerungen ist in Vorbereitung.

Berlin, Landesarchiv (LArch Berlin), C Rep. 120/1240, Bl. 82-88. 11 Vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 1, Bl. 17. Bis zur Einrichtung der Abteilung Kunst im Sommer 1946 übte die Zentralstelle eine ähnliche Funktion wie die Anfang Juni 1945 im Auftrag von Generaloberst Bersarin gegründete Kammer der Kunstschaffenden aus, die im November 1945 aufgelöst wurde; vgl. Jutta Held: Die Kammer der Kunstschaffenden und der Schutzverband Bildender Künstler in der Berliner Kunstpolitik von 1945 bis 1949, in: 30 Jahre BBK, Ausstellungskatalog, Staatliche Kunsthalle, Berlin 1980, S. 33-48. 12 Vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 1 u. Bd. 2. Reutti gibt darin detailliert über seine Bergungen Auskunft. 13 Vgl. ibid., Bd. 1, Bl. 216.

3 Im Berliner Adreßbuch ist Reutti von 1933 bis 1943 als Bildhauer verzeichnet. 4 Ausführlicher zur Biographie Reuttis vgl. Anne Buschhoff: Kurt Reutti und seine Verdienste um die Kunsthalle in Bremen, in: Emst Barlach. Kaviar statt Brot. Kurt Reutti Sammler und Stifter, Ausstellungskatalog, Kunsthalle, Bremen 1001, S. 8-21. 5 Vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 1, Bl. 2. 6 Eine ähnliche Einrichtung hatte der Magistrat kurz zuvor für die Sicherstellung von Büchern ins Leben gerufen. Bücher aus »herrenlosen« Bibliotheken und beschlagnahmten »Nazi-Wohnungen« sollten zusammengetragen und daraus neue Bibliotheken geschaffen werden; vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 1, Bl. 4. 7 Adolf Jannasch hatte Kunstgeschichte studiert und war in den zwanziger Jahren als wissenschaftlicher Assistent an den Staatlichen Museen in Berlin tätig. 1930 wechselte er als kunsthistorischer Berater und Redakteur zum Ullstein-Verlag. Dort blieb er bis 1945. Seit 1946 war er in verschiedenen Funktionen in der Abteilung Kunst beim Berliner Magistrat tätig. 1954 übernahm er die Leitung der Galerie des XX. Jahrhunderts in Westberlin. 8 Laut Reuttis eigener Aussage verfolgte er zu diesem Zeitpunkt noch den Plan, Schloß Schönhausen zu einem Kulturzentrum für den Norden Berlins auszubauen. Doch dieser Plan wurde nicht realisiert; vgl. Kurt Reutti: Erinnerungen, Bd. 1, Bl. 1 f. 9 Vgl. Brief der Abteilung für Personalfragen beim Magistrat von Groß-Berlin an Kurt Reutti, 22. September 1947, GStA, VI. HA, Nachlaß Reutti, Bd. 6, Bl. 26. 10 Vgl. Aufstellung über den Aufbau des Hauptamtes Kunst beim Magistrat von Groß-Berlin, undatiert,

14 Vgl. Allgemeine Deutsche Kunstausstellung, Ausstellungskatalog, Stadthalle am Nordplatz, Dresden 1946. 15 Vgl. Andreas Hüneke: Dubiose Händler operieren im Dunst der Macht, in: Hans Albert Peters (Hrsg.): Alfred Flechtheim. Sammler, Kunsthändler, Verleger, Ausstellungskatalog, Kunstmuseum, Düsseldorf / Westfälisches Landesmuseum, Münster 1987, S. 101105. 16 Abschrift eines Briefes von Kurt Reutti an Gerhard Strauß, 5. Juli 1946, Berlinische Galerie (BG), Handakten Adolf Jannasch. 17 Vgl. Brief von Fritz Löffler an Erich Neuß, 27. Oktober 1946, Halle, Stadtarchiv, 321-4/5, Bl. 202. 18 Abschrift der Ermächtigung der Kulturabteilung der Sowjetischen Militäradministration, 8. Oktober 1946, Berlinische Galerie, Ferdinand-Möller-Archiv (BGGFM), GI/i. 19 Vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 2, Bl. 217. 20 Vgl. Liste der Werke aus der Aktion »Entartete Kunst« und Liste der Bergungen, in: Reutti: Erinnerungen, Bd. ι, Bl. 336-363. 21 Abdruck des Gesetzes bei Joseph Wulf: Die bildenden Künste im Dritten Reich. Eine Dokumentation, Gütersloh 1963, S. 337. 22 Vgl. Brief von Christopher Norrie, Monuments and Fine Arts, Section Education Branch, Z.E.O. Bünde, Control Commission for Germany an den Magistrat von Groß-Berlin, Abteilung für Volksbildung, Amt Museen und Sammlungen, 2. März 1948 (Übersetzung), Los Angeles, Getty Research Institute, Special Collections, Arntz Papers, III C, Box 21.

» E i n e R ü c k f ü h r u n g an die M u s e e n ist d r i n g e n d e r f o r d e r l i c h . . . « _ 2 2 9

23 Ausgangspunkt dieser Überlegung war zum einen, daß ein nicht unerheblicher Teil der Werke ins Ausland verkauft worden sei und keinesfalls wiederzugewinnen wäre. Daher sei es unrecht, nur die deutschen Besitzer haftbar zu machen. Zum anderen seien die deutschen Sammler, die damals »entartete« Kunstwerke gekauft hätten, durchweg leidenschaftliche Liebhaber gewesen, die durch ihre Erwerbungen die Zerstörung und Abwanderung der Werke verhindert hätten. Dies wären die Kreise, auf welche die Museen für Leihgaben und Ankäufe nun angewiesen wären und die man nicht verärgern dürfe. Zudem sei die Folge, daß viele der bisher noch nicht wieder aufgetauchten Kunstwerke mehr als zuvor allen Nachforschungen entzogen würden. Schließlich diene es der Belebung privater Sammelinitiativen; vgl. Beschluß des Denkmal· und Museumsrates Nordwestdeutschland, September 1 9 4 8 , in: Paul Ortwin Rave: Kunstdiktatur im Dritten Reich [1949] (hrsg. v. Uwe M. Schneede), Berlin 1 9 8 8 , S. 95. 24 Vgl. Eberhard Roters: Galerie Ferdinand Möller. Die Geschichte einer Galerie für Moderne Kunst 1 9 1 7 1 9 5 6 , Berlin 1 9 8 4 , S. 1 9 9 . 25 Vgl. Reutti: Erinnerungen,

Bd. 1, Bl. 1 2 0 .

26 Brief der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung an Ferdinand Möller, 8. November 1 9 4 6 , zitiert nach Roters 1 9 8 4 , S. 1 9 4 . 27 Vgl. Brief von Gerhard Strauß an Ferdinand Möller, 1 0 . Dezember 1 9 4 6 , ibid. S. 1 9 5 f. 28 Vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 1, Bl. zzi, u. Arbeitsbericht von Kurt Reutti von seinem Besuch bei Ferdinand Möller am 8. November 1 9 4 6 , 1 8 . Dezember 1 9 4 6 , Los Angeles, Getty Research Institute, Special Collections, Arntz Papers III C, Box zi. 29 Vgl. Gerhard Strauß: Dokumente zur »Entarteten Kunst«, in: id. (Hrsg.): Festgabe an Karl Hofer zum 70. Geburtstag. 11. Oktober 1948, Potsdam 1 9 4 9 , S. 5 3 - 6 0 , S. 53. 30 Vgl. Abschrift der Liste der in Zermützel registrierten Werke »entarteter« Kunst, undatiert, BG-GFM, G I / i . Allerdings ist in dieser Aufstellung nur ein Bruchteil der aus Berliner Beständen stammenden Werke enthalten. Weitere Werke sind auf einer in den Handakten von Adolf Jannasch erhaltenen Liste verzeichnet; vgl. Liste: Sichergestellte »Entartete Kunst« aus dem Besitz der Berliner Museen, BG, Handakten Adolf Jannasch. 31 Brief von Kurt Reutti vermutlich an Gerhard Händler, 1 7 . Dezember 1 9 5 1 , BG-GFM, GI/i, Bl. 1 2 5 . 32 Vgl. Brief von Ferdinand Möller an Walter Heisig, Provinzialverwaltung Potsdam, 1 3 . November 1 9 4 6 , u.

Abschrift des Briefes von Ferdinand Möller an das Kunstamt der Stadt Berlin, 6. Dezember 1 9 4 6 , BGGFM, G I / i , Bl. m u . Bl. 12.5. 33 Warum die Bilder wieder zurück an Möller gingen, wird aus den Akten nicht deutlich. Möglicherweise war die rechtliche Situation bezüglich der Ansprüche der Vorbesitzer auf die Kunstwerke trotz der Ermächtigung der Sowjetischen Militäradministration nicht klar. Zudem handelte es sich bei der Ermächtigung, anders als bei einem Befehl der Sowjetischen Militäradministration ausschließlich um eine Richtlinie. 34 Brief von Gerhard Händler an Ferdinand Möller, 26. Januar 1 9 4 8 , zitiert nach Roters 1 9 8 4 , S. 20z. 35 Vgl. Abdruck des Kaufvertrages zwischen Ferdinand Möller und der Landesregierung Sachsen-Anhalt, 23. September 1 9 4 8 , in: Peter Romanus: Museum und Kunsthändler. Zu den Bildern von Ferdinand Möller in der Staatlichen Galerie Moritzburg, in: Kulturstiftung der Länder, Staatliche Galerie Moritzburg (Hrsg.): Ernst Ludwig Kirchner: Akte im Strandwald, Berlin u. Halle 1996 (Patrimonia, Nr. 1 1 2 ) , S. 5 - 1 9 , S. 1 6 f. 36 Vgl. id. Abdruck des Leihvertrag zwischen Ferdinand Möller und dem Land Sachsen-Anhalt, 28. Oktober 1 9 4 8 , ibid., S. 1 7 - 1 9 . Siehe auch Andreas Hüneke: Bilder aus Halle 1 9 4 5 - 1 9 4 9 , in: Günther Feist, Eckhard Gilten u. Beatrice Vierneisel (Hrsg.): Kunstdokumentation SBZ/DDR. 1 9 4 5 - 1 9 9 0 . Aufsätze Berichte Materialien, Berlin 1 9 9 6 , S. 2 1 8 - 2 3 6 , S. 2 2 3 . 37 Zur Formalismusdebatte vgl. Ulrike Goeschen: Vom Sozialistischen Realismus zur Kunst im Sozialismus. Zur Rezeption der Moderne in der Kunst und Kunstwissenschaft der DDR, Berlin 2 0 0 1 (Zeitgeschichtliche Forschung, Bd. 8). 38 Vgl. Maike Steinkamp: Das unerwünschte Erbe. Die Rezeption »entarteter« Kunst in Kunstkritik, Ausstellungen und Museen der Sowjetischen Besatzungszone und frühen DDR, Berlin 2008, S. 2 1 6 ff. 39 Vgl. Bericht von Kurt Reutti, undatiert (nach Sommer 1949), Los Angeles, Getty Research Institute, Special Collections, Arntz Papers III C, Box 2 1 . 40 Vgl. Brief vom Amt für Museen und Sammlungen, Referat Rückführung an Ferdinand Möller, 16. Juli 1 9 4 9 , LArch Berlin, C Rep. 120/509, Bl. 55. 41 Brief von Ludwig Justi an das Hauptamt Wissenschaft und Forschung, 1 5 . September 1 9 4 9 , ibid., Bl. 63. 42 Erst nach der Wiedervereinigung sollte die Möglichkeit bestehen, die Werke wieder in den Besitz der Familie Möller zu überführen. Am 2 1 . November 1994 wurde dem Moritzburgmuseum der seit 1948 bestehende,

250-Steinkamp

immer n o c h rechtskräftige Leihvertrag gekündigt. Gleichzeitig w a r ein Angebot zu weiteren Verhandlungen ausgesprochen w o r d e n . 1994 ging Heckeis

M u s e u m in Rostock vom A m t für Museen u n d Sammlungen, Referat R ü c k f ü h r u n g , 1 6 . Juli 1 9 4 9 , LArch B e r l i n , C R e p . 1 2 0 / 5 0 9 , Bl. 5 5 .

BEIM FRISEUR als S c h e n k u n g a n d a s M o r i t z b u r g m u -

seum, Kirchners AKTE IM STRANDWALD w u r d e n e r w o r b e n , ebenso wie Feiningers DOM ZU HALLE im d a r a u f f o l g e n d e n Jahr. Heckeis LANDSCHAFT MIT PFLÜGENDEM

BAUERN

verblieb

als

Leihgabe

am

H a u s ; vgl. R o m a n u s 1 9 9 6 , S. 1 5 . 45 Vgl. H a n s Pronlingheuer: Hitlers fromme Bilderstürmer. Kirche & Kunst unterm Hakenkreuz, Köln 1 0 0 1 , S. 234 f. Leider ist das Buch a n vielen Stellen unwissenschaftlich u n d populistisch. In seinem Kapitel über Bernhard A. Böhmer bezieht sich Pronlingheuer auf Interviews mit Böhmers Sohn Peter. 44 Vgl. Reutti, Erinnerungen, Bd. 1, Bl. 226 u. Z34 f. Z u den in G ü s t r o w u n d Rostock sichergestellten Werke siehe auch D o r o t h e e G r a f a h r e n d : Kurt Reutti und die Sicberstellung von Werken »entarteter« Kunst in Güstrow und Rostock, in: Meike H o f f m a n n (Hrsg.): Ein Händler entarteter Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlaß, Berlin 2.010 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 4). 45 Vgl. Reutti, Erinnerungen, Bd. 1, Bl. 227 f. Pronlingheuer spricht von N o v e m b e r 1 9 4 6 ; vgl. Pronlingheuer 2 0 0 1 , S. 2 4 6 f. 46 Ibid. 47 Vgl. Reutti, Erinnerungen, Bd. 1, Bl. 229 sowie Brief von Kurt Reutti a n G e r h a r d Strauß, 8. April 1 9 4 7 , Los Angeles, Getty Research Institute, Special Collections, Arntz Papers III C, Box 2 1 . Reuttis Angaben decken sich mit einer undatierten und nicht näher überschriebenen Liste von Werken expressionistischer Künstler, die sich in den Akten des Kulturhistorischen M u s e u m s in Rostock erhalten hat; vgl. Liste mit Kunstwerken, o h n e Titel, undatiert, Rostock, Stadtarchiv, 2 . 1 . 1 3 / 7 1 . 48 Vgl. Reutti: Erinnerungen,

Bd. 1, Bl. 2 3 0 f.

49 V g l . i b i d . , S. 3 3 6 - 3 3 9 .

50 N a c h Angaben von Rave w a r in einer inoffiziellen Absprache mit Rolf Hetsch die »Sammlung f ü r Zeitgeschichte« f ü r eine spätere Rückgabe zusammengehalten w o r d e n ; vgl. Rave 1 9 6 8 , S. 131, u. H ü n e k e r 9 9 9 , S. 269. 51 Zeitgleich mit seinem Brief an Möller im Sommer 1 9 4 9 hatte K u r t Reutti auch an Ernst Friedrich Schult, den Nachlaßverwalter von Ernst Barlach in Güstrow, u n d an das Kulturhistorische M u s e u m in Rostock geschrieben u n d die Kunstwerke aus dem ehemaligen Bestand der Nationalgalerie zurückverlangt; vgl. Briefe an Ernst Friedrich Schult u n d das Kulturhistorische

52 Bei den Gemälden handelte es sich um TESSINER LANDSCHAFT (BERGLANDSCHAFT, 1 9 2 5 ) von H o f e r

aus dem ehemaligen Besitz des M u s e u m s in Stettin, u m PAPUA-JÜNGLINGE

( 1 9 1 4 ) v o n N o l d e , das sich vor

der Aktion »Entartete Kunst« im M u s e u m in Königsberg befunden hatte, sowie u m Schlemmers WEISSER JÜNGLING

(1930) aus dem ehemaligen Bestand

des

K u n s t m u s e u m s in Breslau. Wie Reutti in seinen E r i n n e r u n g e n schrieb, e n t f e r n t e er von allen der Nationalgalerie übergebenen Arbeiten den M u s e u m s stempel, d a m i t sie nicht von der polnischen Regierung zurückgefordert werden k o n n t e n ; vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 2, S. 2 3 2 u. 299. 55 Vgl. Liste der Werke aus der Aktion »Entartete Kunst« sichergestellt von Kurt Reutti bei den Erben von Böhmer, ibid., S. 3 3 6 - 3 6 3 . 54 Vgl. Brief von K u r t Reutti an Wolfgang Balzer, Kunstsammlungen zu Dresden, 24. N o v e m b e r 1 9 4 9 , Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv, VA 9 2 1 , Bl. 1 1 4 . D a r i n f ü h r t e Reutti detailliert die in Rostock sichergestellten Blätter aus Dresdner Besitz auf. 55 Es handelte sich u m G r a p h i k e n von Baumeister, Dix, Felixmüller, Feininger, Itten, Kokoschka, M a r c , Meidner, Moholy-Nagy, M o l z a h n , Mueller, N a u e n , Pechstein, R ö h l , Scharff, Schmidt-Rottluff, Schwitters, Seewald u n d Segal; vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. 2, S. 3 3 3 - 3 6 3 . Z u den R ü c k f ü h r u n g in die ostdeutschen Museen vgl. Steinkamp 2008, S. 3 2 5 . 56 Ein Katalog der Kunstwerke aus dem N a c h l a ß Böhmer bei H o f f m a n n 2 0 1 0 . 57 So hatte er beispielsweise in der Berliner K u n s t h a n d lung Kamensky eine große Anzahl an Aquarellen u n d G r a p h i k e n von Dix u n d anderen Künstlern entdeckt, die dem Galeristen - nach A u s k u n f t von Reutti - von der Frau eines hohen Beamten im Propagandaministerium verkauft w o r d e n w a r e n . Auch sie s t a m m t e n vornehmlich aus den f r ü h e r e n Beständen der N a t i o nalgalerie sowie aus dem M u s e u m in Breslau u n d a n d e r e n I n s t i t u t i o n e n ; vgl. Reutti: Erinnerungen, Bd. ι , Bl. 2 3 8 . 58 Vgl. Brief von Behrsing, H A Wissenschaft u n d Forschung a n das Personalamt, 29. September 1949, GStA, VI H A , N a c h l a ß Reutti, Nr. 7, Bl. 130. Behrsing berichtet darin von der Streichung der Referentenstelle im A m t f ü r M u s e e n u n d bittet u m die Einstellung Reuttis als Mitarbeiter bei den Ehemals Staatlichen Museen.

» E i n e R ü c k f ü h r u n g an d i e M u s e e n ist d r i n g e n d e r f o r d e r l i c h

59 Vgl. Brief von Herrn Hanicke, Betriebsgewerkschaftsleitung der Staatlichen Museen an die Abteilung für Volksbildung, 14. Dezember 1949, GStA, IV. HA, Nachlaß Reutti, Bd. 6, Bl. 179. 60 Vgl. Brief von Kreuziger, Abteilung für Volksbildung, Amt für Museen und Sammlungen an Kurt Reutti, 6. Dezember 1949, ibid., Bl. 177. 61 Vgl. Bericht von Kurt Reutti über seine Tätigkeit für den Magistrat Berlin 1 9 4 5 - 1 9 5 0 , 1 9 . Juni 1955, GStA, Nachlaß Reutti, Bd. 7, Bl. 130-134, hier Bl. 131.

. . . · • _ 231

62 Vgl. Magistrat von Groß-Berlin, Abteilung Volksbildung an Kurt Reutti, 16. Mai 1950, GStA, VI. HA, Nachlaß Reutti, Nr. 6, Bl. 227. 63 Vgl. Korrespondenz von Kurt Reutti, GStA, VI. HA, Nachlaß Reutti, Nr. 7. 64 Vgl. Brief von Kurt Reutti an Dr. Pagel, Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen, 7. März 1951, ibid., Bl. 8 f.

Abbildungsnachweis

Augsburg, Kunstsammlungen und Museen, Haberstock-Archiv: 24, 25, 33, 34, 35. Berlin, Alte Nationalgalerie: 2 0 1 , 202. Berlin, Berlinische Galerie, Archiv Puhl und Wagner: 67. Berlin, Berlinische Galerie, Ferdinand-Möller-Archiv: 64, 66, 73, 75, 77. Berlin, Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz: 194. Berlin, Bundesarchiv: 92. Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz: 224. Berlin, Georg-Kolbe-Museum: 86. Berlin, Landesarchiv: 108. Berlin, Neue Nationalgalerie: 199, 220. Berlin, Privatarchiv Jürgen Bath: i n . Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv: 1 2 , 84, 87, 93, 1 1 8 , 193, 204, 206. Bonn, V G Bildkunst 2010: 89, 1 1 3 , 182, 2 1 4 , 222. Buenos Aires, Privatarchiv Hilde und Roberto Graetz: 106. Cambridge, Busch-Reisinger Museum: 27. Güstrow, Archiv Ernst Barlach Stiftung: 48, 54. Halle, Bildarchiv der Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes SachsenAnhalt: 222. Hamburg, Hamburger Kunsthalle: 4, 1 5 . Hamburg, Kunstgeschichtliches Seminar, D D R Archiv: 2 1 6 . Hannover, Niedersächsisches Landesarchiv / Hauptstaatsarchiv: 185. Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum: 1 7 5 , 176, 1 7 7 . Hannover, Sprengel Museum: 1 3 7 , 1 8 3 . Köln, Museum Ludwig: 1 5 3 . Köln, Wallraf-Richartz-Museum &C Fondation Corboud: 1 5 1 , 1 5 8 , 159. Lübeck, Archiv des Museums für Kunst und Kulturgeschichte: 45, 47. München, Bildarchiv des Süddeutschen Verlags: 129. Seebüll, Stiftung Ada und Emil Nolde: 7, 10, 1 3 0 , 1 4 1 .

Register

Abel, Hermann 20, 162, 169, 178, 1 9 2

1 1 0 , 1 3 5 - 1 3 8 , 140, 145, 1 5 5 , 156, 1 9 1 ,

Abel, Wilhelm 169

201, 2 1 1 , 223, 226, 230

Adler, Jankel 1 5 0

Barlach, Hans 54

Albiker, Karl 77, 85

Barlach, Karl 54

Alendorf, Wilhelm 97

Barlach, Nikolaus 54

Alexander, Joan Charlos 97

Barr, Alfred H. jr. 1 7 7 , 1 8 1 , 188

Allmann, Albert 1 2 0

Bath, Jürgen

Andree, Rolf 158

Baudissin, Klaus Graf von 80

Apffelstaedt, Hans-Joachim 19, 20

Bauer, Rudolf 70, 7 1 , 80

Arnhold, Adelheid 107

Baumeister, Willi 179, 180, 189, 230

Arning, Eduard

Becker, Andreas 1 5 7

ji

111,123

Arnold, Ernst 62, 178, 189

Becker, Hellmuth 2 1

Arnold, Karl 1 3 1

Beckmann, Max 9, 52, 75, 88, 98, 130,

Arp, Hans 1 8 1

1 3 2 , 142, 223 Behncke, Wilhelm 178

Bach, Johann Sebastian 206

Behrsing, Siegfried 230

Backhausen, Margrit 128

Beindorff, Fritz 180, 189

Balzer, Wolfgang 230

Bekker vom Rath, Hanna 1 3 2

Barlach, Ernst 4 1 - 5 0 , 53-59, 66, 67, 7*"74> 77, 79, 85, 89, 93, 94, 9», 100,

Becker, Andreas 169 Belling, Rudolf 2 1 3

236 . R e g i s t e r

Bergmann-Michel, Ella ι 8 ι

Dann, Otto 148

Bernard-Robinson, Käte

Dannecker, Johann Heinrich von 209

114,116

Bersarin, Nikolai Erastowitsch 228

Däubler, Theodor 107

Bertram von Minden 178, 180

Daumier, Honoré 33

Bleichröder Sc Co. 208

Davringhausen, Heinrich Maria 110

Blumenfeld, Otto 52, 59

Defregger, Franz 32, 40, 206

Blumenreich, Arnold 178

Degas, Edgar 102

Blumenthal, Hermann 86, 89, 91, 93,

Derain, André 69

100, 1 0 1

Dix, Otto 9, 42, 78, n o , 130, 150, 181,

Bode, Wilhelm von 6, 18, 34, 116

230

Boerner, C. G., Kunsthandlung 212

Döblin, Alfred 98

Böhler, Julius, Kunstauktionshaus 26

Doebbeke, Conrad 190

Böhmer, Bernhard A. 53, 54, J9, 68, 73,

Döhle, Heinrich 211

74, 81, 9 1 , 134, 216, 2 1 7 , 2 2 3 - 2 2 6 , 230

Domscheit, Franz 107, 123

Böhmer, Peter 230

Donath, Adolph 123

Bondy, Sammlung 25, 31

Dorner, Alexander 66, 68, 71, 79, 80,

Borch, Agnes von der 159, 160, 163

1 7 3 - 1 8 2 , 184, 185, 1 8 7 - 1 9 0

Bormann, Martin 24, 30

Dr. Becker u. Alfred Newman, Galerie 169

Braunfels, Wolfgang

Durieux, Tilla 152

148,158

Breker, Arno 85, 95 Brunn, Martin 203, 205, 211

Eifert, Theodor 211

Buchholz, Karl 30, 31, 53, 54, 65, 68,

Encke, Eberhard 197 Ensor, James 78, 131, 150, 162, 192

8 3 - 1 0 2 , 1 3 4 , 140

Buchholz, Marie Louise 95, 101, 102

Erdtelt, Alois 209

Burchhard, Johann Heinrich 1 1

Erfurth, Hugo 1 3 1

Busch, Harald 9-12, 14, 19, 20, 168

Ernst, Max 150

Campendonk, Heinrich 110, 150, 223

Falcke, Otto von 34

Carneiro, Carlos 95

Falk, Sally 144

Carus, Carl Gustav 1 3 3 , 1 9 2

Farenholtz, Wilhelm 199, 203

Cassirer, Bruno 209

Faust, Aloys 151, IJ4, 158, 159, 166, 167

Cassirer, Paul 5-7, 18, 72

Fechter, Paul 49, 191, 192

Cézanne, Paul 1 1 , 102

Feininger, Lyonel 9, 62, 63, 67, 72, 78,

Chagall, Marc 70, 150, 152

1 1 0 , 130, 1 5 1 , 184, 2 1 3 , 214, 2 2 1 , 222,

Chrysler, Walter P. jr. 70, 80

225, 230

Colsman, Adalbert

7 2 - 7 4 , 81

Corinth, Lovis 27, 28, 38, 46, 89, 110, 156, 196, 209, 2 1 2 , 223

Felixmüller, Conrad 107, 110, 112, 1 1 4 - 1 1 6 , 1 1 9 , 124, 1 2 5 , Z23, 230

Fessler-Möller, Angelika 79

Courbet, Gustave 32, 33, 96, 102, 185

Feuchtmayer, Karl 28, 38

Cranach, Lucas d. Ä. 178

Feuerbach, Anselm 206

Crodel, Charles 63, 110

Fietz, Gerhard 1 3 5

Czernin, Jaromir 3 6

Filia, Emil 70

Register _ 237

Fiori, Ernesto de 77, 85

Goldschmidt und Wallerstein,

Fischel, Lilli 75, 81

Kunsthandlung 113, 124, 180, 189

Fischer, Galerie 30, 69, 80, 134

Goldschmidt, Adolph 192

Fischer, Ludwig 150, 166

Goldschmidt, von 84

Fischer, Rosy 150, 166

Göring, Hermann 24, 40, 96, 108

Fischer, Theodor 25, 30

Gosebruch, Ernst 16, 21

Flechtheim, Alfred 84, 85, 99, 152,

Gösset de Guînes, Louis Alexandre 159

178

Gottschalk, Alice 163

Förster, Otto H. 157, 159, 160, 161, 163,

Grabenhorst, Georg 189 Graetz, Bluma 109, 120, 123, 125

168 Franck, Philipp 191

Graetz, Ella 107, 122

Franke, Günther 127, 128, 1 3 0 - 1 3 6 ,

Graetz, Hellmuth 107, 119, 122 Graetz, Hilda 107, 117, 119, 122

139-146 Frederik Wilhelm Prinz der Niederlande

Graetz, Hilde 106, 125 Graetz, Hugo 106, 110, i n , 114, 119,

192

123

Freudenberg, Julius 112 Friedrich, Caspar David 2 0 1 - 2 0 3 ,

zo

5>

206, 211

Graetz, Robert

105-125

Graetz, Roberto 106, 125

Fries, Bernhard 192

Graetz, Wilhelm 119

Fritsch, Ernst 11 o, 117

Grassi, Josef 212

Fuchs, Peter 157

Graupe, Paul 157

Fuhr, Xaver 135

Grimschitz, Bruno 39

Funk, Walther 189

Grohmann, Will 62, 79, 83 Grosche, Μ .

120

Gabo, Naum 180, 184

Grossmann, Rudolf 78

Garbe, Herbert 85, 11 o, 192

Grosz, George 42, 110

Gauguin, Paul 69, 102

Grzimek, Waldemar 92, 101

Gaul, August 43, 85, 110

Guggenheim, Solomon R. 7 0

Gehrig, Oscar 59

Guilbeaux, Henry 198

Georg V. von Hannover 174

Gulbransson, Olaf 78

Gerstel, Wilhelm 191

Gurlitt, Fritz, Galerie 207, 212

Gessmann, Wilhelm 97

Gurlitt, Hildebrand 14, 15, 20, 4 1 - 4 7 ,

Gill, André 159, 160

4 9 - 5 9 , 68, 91, 128, 134, 135, 140, 146

Gille, Christian Friedrich 133, 144

Gurlitt, Wolfgang 178, 208

Gilles, Werner 88, 89, 135, 192

Gutbier, Ludwig 83, 84

Girardin, Émile de 159, 160

Gutekunst &C Klipstein, Kunsthandlung 31

Glass, Georg 106

Gutmann, R., Kunsthandlung 84

Glaubitz, Georg 14, 15, 21 Glück, Gustav 34

Haas, Werner 105, 107, 122, 123

Goebbels, Joseph 8, 9, 13, 19, 24, 26, 50,

Haase, Günther 35

69, 97,

T

57> ! 9 6 , 116, 226

Gogh, Vincent van 18, 162

Haberstock, Karl 2 3 - 4 0 , 55, 178, 180 Haberstock, Magdalena 38, 4 0

_ Register

Hackl, Gabriel von 32, 4 0

Hetsch, Rolf 2 7 , 3 8 , 7 0 , 8 0 , 2 1 6 , 2 3 0

Hagemann, Carl 1 6 , 2 1 , 1 5 0 , 1 6 6

Heyde, von der, Galerie 6 5

Hagemann, Gustav 6 4

Heydt, Eduard von der 1 9 2

Hahn, Willi 7 6, 8 1

Heymann, Hans 1 1 2

Haller, Hermann 7 7

Himmler, Heinrich 2 4 , 3 7

Händler, Gerhard 2 2 0 , 2 2 1 , 2 2 9

Hinrichsen, Henri 2 0 6 , 2 0 7 , 2 1 2

Hanfstaengl, Eberhard 8 , 9 , 1 1 , 1 3 , 1 9 ,

Hitler, Adolf 8 , 1 3 , 1 7 , 2 4 , 2 8 , 3 1 , 3 6 , 5 5 ,

20, 1 9 6 ,1 9 8 - 2 0 J , 207, 2 1 0 , 2 1 1 Hanicke

231

85. 94, 1 3 1 » i9i> 1 9 7 , i ° 5 , Hodler, Ferdinand

11

Hanke, Karl August 38, 3 9

Hoerle, Heinrich 1 5 6 , 1 5 7

Harms, Gerhard 1 0 8 , 1 1 9 , 1 2 3 , 1 2 5

Hoetger, Bernhard 7 7

Harms, Rudolf 1 2 5

Hofer, Karl 8 8 , 9 8 , 1 0 2 , 1 3 3 , 1 4 4 , 1 6 2 ,

Hartberg, Victor 83

230

Harth, Philip 85

Hoffmann, Heinrich 2 6

Hartmann, Rudolf 1 8 9 Haubrich, Ludwig Josef

Hoffmann, Josef 5 8 147-169

Haubrich, Maria Christine Hubertine Wilhelmine 1 4 9

Hoffmann, Klaus 4 8 Hofmann, Franz 2 6 , 2 9 , 3 1 , 3 8 , 3 9 Hofmann, Ludwig von 2 1 2

Haubrich, Wilhelm Nikolaus 1 4 9

Holbein, Hans d. J. 1 7 8

Haubrich-Gottschalk, Alice 1 6 3 , 1 6 4

Holtz, Hannelore 3 6

Haugk, M o von 1 2 4

Holtze, Otto 1 3 , 2 0

Hauptmann, Gerhard

11

Holzinger, Ernst 56, 5 9

Hauth, Emil van 9 2 , 1 0 1

Hooch, Pieter van 1 8 0

Heckel, Erich 9 , 5 0 , 6 1 - 6 3 , 67, 68, 7 1 ,

Hopp, Bernhard 53, 59

74, 7 6 , 78-80, 88, 1 1 0 , i n , 1 1 7 , 1 3 0 ,

Hübener, Otto 14

1 3 5 . i43> 1 4 6 , 1 5 6 , 1 7 9 ; 1 8 0 , 1 8 3 , 1 8 9 ,

Hubmann, Hanns 1 9 4

201, 2 1 1 ,2 1 5 ,219-221, 223, 225,

Huetlin, Erika 1 3 6 , 1 3 7 , 1 4 5 , 1 4 6

230

Huggler, M a x 2 1 2

Heckel, Siddi 7 9

Hülsen, Georg von 9 5 , 1 0 0 , 1 0 1

Heckendorf, Franz 1 1 0 , 1 1 7

Hummel, Johann Erdmann 2 0 0 , 2 0 1

Heidemann, Johann Nepomuk 1 6 0

Hürlimann, Martin 9 8

Heinersdorff, Gottfried 6 7

Huth, Robert Willi 1 1 0 , 1 1 7

Heise, Carl Georg 1 4 , 2 0 , 4 4 - 4 7 , 5 6 - 5 8 , 210

Ingres, Jean-Auguste-Dominique

Heise, Hildegard 4 7

Israels, Joszef 3 2

Heisig, Walter 2 2 9

Itten, Johannes 2 3 0

131

Hellwag, Fritz 8 6 , 9 9 Henes, Carl 1 4 0 , 1 4 5 Henle, Annemarie 7 9 Hentzen, Alfred

117,125

Jacob-Friesen, Karl Hermann 1 7 7 , 1 8 4 , 189 Jannasch, Adolf 2 1 5 , 2 2 8 , 2 2 9

Herbig, Otto 6 4

Jeep, Beate 88, 1 0 0

Herrmann, Hans 2 1 2

Joseph, K. J . 2 1 2

Register _ 239

Jünger, Ernst 198, 199

Konnerth, Hermann 1 1 9

Justi, Ludwig 7, 8, 20, 46, 49, 58,

Körtzinger, Hugo 53

1 1 6 - 1 1 8 , 1 2 5 , 1 9 1 - 1 9 3 , 1 9 5 - 1 9 7 , 210, 213, 221-225,

22

9

Kraus, Anton 1 3 5 Krauskopf, Bruno 1 1 0 Krenz, Hanns 128

Kaesbach, Walter

152,153,167

Kreuziger, Max 2 3 1

Kaiser, Walter 79

Kritzinger, Friedrich Wilhelm 3 1

Kalckreuth, Leopold von 14

Krogmann, Carl Vincent 50, 5 1 , 58

Kamensky, Kunsthandlung 230

Kronthal, Peter Paul, Internationales

Kandinsky, Wassily 62, 67, 70-72, 78-80, 179, 1 8 1 , 182, 187, 221 Kanoldt, Alexander 200

Kunst- und Auktionshaus 169 Kruss, Markus

114,116

Kubin, Alfred 78, 9 1 , 93, 1 0 1

Karsch, Joachim 8 5 , 1 0 0

Kühn, Heinrich 178

Kasper, Ludwig 86

Kümmel, Otto 207, 2 1 2

Kaus, Max 64, 1 1 2 , 1 1 7 , 1 5 6

Kunze, Erich 79

Keller, Albert von 32, 40

Küppers-Lissitzky, Sophie 7 1 , 1 8 1 , 187,

Kerschbaumer, Anton 1 3 5 , 1 9 2

190

Kersten, Arthur 85, 90, 99, 100 Kirchhoff, Heinrich 74

Lange, Carl Albert 54

Kirchner, Ernst Ludwig 67, 74-76, 1 1 7 ,

Lange, Hans W., Auktionshaus 2 1 2 , 207

1 1 8 , 130, 1 5 1 , 179, 183, 189, 2 1 5 , 216, 2 1 9 - 2 2 2 , 229, 230 Kirchner, Heinrich 89 Klee, Paul 46, 63, 66, 67, 70, 72, 78, 79, 88, 130, 1 3 2 , 150, 208

Lanz, Otto 33, 34 Laurencin, Marie 78 Lauterbach, Hartmann 186 Lehmbruck, Wilhelm 66, 70, 7 1 , 76, 77, 79, 85, 92, 1 0 1 , 134, 1 3 6 , 150, 1 5 6

Klein, Johann Adam 133

Lehrfeld 97

Kleinschmit von Lengefeld, Wilhelm 9,

Leibi, Wilhelm 24, 32, 33, 40, 206 Leistikow, Walter 32

19, 20 Klinger, Max

Lempertz, Kunstauktionshaus 1 5 6

11

Kloos, Werner

14,15,21,161

Lenbach, Franz von 40

Klug, Walter 1 5 4 , 1 6 7

Lepke, Rudolph, Kunstauktionshaus 40

Knappe, Robert 1 3 8

Leschnitzer, Georg i n , 1 1 7

Koch, Hans 1 5 0

Ley, Hedwig Maria 196, 197

Koehler, Bernhard 1 1 4 , 1 1 6

Lichtwark, Alfred 4, 5, 8, 14

Koetschau, Karl 199

Liebermann, Max 3-8, 1 1 - 2 0 , 32, 33, 49,

Kohler, Alfred 145 Kohlhoff, Wilhelm

1 1 0 , 147, 148, 1 5 1 , 1 5 6 - 1 6 3 110,117

Kokoschka, Oskar 14, 42, 78, 1 5 2 , 208, 223, 230

Lindenschmit, Hermann 3 2, 40 Lissitzky, El 1 7 7 , 1 7 9 - 1 8 1 , 184, 189 Littmann, Ismar 156, 157, 168

Kolbe, Georg 49, 77, 85, 86, 95, 1 1 0 , 199

Löffler, Fritz 228

Kollwitz, Käthe 43, 88, 89, 93, 98, 100,

Loo, Charles van 14

1 1 0 , 140, 1 5 6

Lüders, Peter 59

_ Register

Ludwigs-Galerie, Dr. Nathan 19z Luise von Preußen 192 Lütze, Max 79 Luz, W. Α., Galerie 200, 2 1 1 Macke, August 74, 78, 88, 130, 142 Mackowsky, Hans 200 Maillol, Aristide 77, 157 Malewitsch, Kasimir 1 8 1 Mandelbaum, Ernst, Internationales Kunstund Auktionshaus 169 Manet, Edouard 5, 32, 102 Mann, Thomas 49 Marc, Franz 9, 27, 50, 57, 70, 74, 130, 152, 153, 180, 184, 196, 215, 230 Mareks, Gerhard 12, 85, 86, 89, 90, 99, 100, 102, 192 Marnitz, Annie 74, 81 Martin, Günther 210 Martin-Müller, Magdalena 197, 210 Mataré, Ewald 76, 85, 156, 219, 223 Matisse, Henri 69 Matthiesen, Galerie 1 1 2 , 1 1 3 , 178 May, Helmuth 162, 168 May, Morton D. 1 1 7 Meder, Carl 26 Meid, Hans 192 Meidner, Ludwig 123, 223, 230 Meissner, Otto 205, 2 1 1 Meister, Simon 192 Menna, Franz A. 156, 168, 169 Menne, Dr. 79 Mensing, Muller & Co., Auktionshaus 39 Messerschmitt, Flugzeughersteller 61 Mettel, Hans 89, 100 Meunier, Constantin 78 Michaelis, Rudolf 210 Michel, Robert 180, 189 Mila, Guillaume 200 Mila, Luise 200, 201 Missmann, Max 25

Modersohn-Becker, Paula 27, 28, 67, 70, 71, 117 Moholy-Nagy, László 179, 189, 230 Moll, Oskar 1 1 0 , 1 1 7 , Möller, Ferdinand 16, 29-31, 54, 61-77, 79-81, 91, i n , 1 1 4 , 123, 124, 127, 134» i44> 178, 187, 189, 190, 196, 201, 215, 216, 218-225, zz9, z3° Molzahn, Johannes 230 Mondrian, Piet 1 7 9 - 1 8 1 , 187 Monet, Claude 5, 102 Moritz, Andreas 91, 93 Moufang, Wilhelm 77, 81 Mueller, Otto 67, 78, 130, 135, 142, 1 5 1 , 219, 223, 230 Müller-Wulckow, Walter 38 Munch, Edvard 1 1 , 28, 38, 58, 69, 184 Nauen, Heinrich 78, 230 Naumann, Friedrich 1 1 Nay, Ernst Wilhelm 9 8 , 1 3 5 Nay-Scheibler, Elisabeth 136 Neumann, Israel Ber 130 Neuß, Erich 228 Nicolai, Carl 20, 178, 179, 188, 189, 196 Nierendorf, Galerie 88, 167, 196 Nierendorf, Josef 1 2 8 , 1 3 4 , 1 3 6 Nierendorf, Karl 83, 84, 99, 154-156, 167, 169, 178 Noack, Werner 57 Nolde, Ada 139, 145 Nolde, Emil 3, 6 - 1 3 , 16-20, 29, 45, 49, 5°, 57, 65-67, 70-72·, 74, 78, 79, 88, 98, 1 1 0 , 1 1 7 , 1 1 9 , 129, 130, 132, i 3 4 ~ i 3 6 , 138-142, 144, 145, 162, 179, 1 8 1 , 230 Norris, Christopher 217, 228 Oppen, Dr. v. 20 Osborn, Max 191 Osthaus, Karl Ernst 42, 70 Ottomüller, siehe Mueller, Otto

Register _ 241

Pagel, Karl 226, 2 3 1 Partikel, Alfred 9 1 , 1 0 1

Rohlfs, Christian 64, 65, 68, 74, 78, 1 3 5 , 142

Passini, Ludwig 206

Rose, Hans 90, 96, 100

Pauli, Gustav 8, 9, 18, 34, 44

Rosen, Gerd, Galerie 74, 102

Pechstein, Max 42, 88, 1 1 0 , i n , 1 1 6 ,

Rosenberg, Alfred 9, 1 2

1 1 7 , 1 1 9 , 1 5 1 , 223, 230

Ross, Rudolf 49

Perl, Max 156, 168, 169

Rössing, Karl 9 1 , 1 0 1

Perls, Hugo 180

Rothschild, Sammlung 2 5 , 3 1

Perlwitz, Paul zoo, 2 1 0 , 2 1 2

Rovello, G. 2 1 0

Perugino, Pietro 178

Rubens, Peter Paul 178

Peters, C. F., Musikverlag 206

Ruisdael, Jacob van 180

Petersen, Carl 4, 5

Rusch, K., Kunsthandlung 2 1 2

Picasso, Pablo 1 1 , 102, 1 3 1

Rush, Hilda 1 2 2 , 1 2 3 , 125

Piloty, Robert 32

Rust, Bernhard 8, 9, 50, 79, 1 1 8 , 194,

Pinder, Wilhelm 49

196, 197

Pogge, Familie 2 1 1 Posse, Hans 32, 34

Sahm, Heinrich 1 9 2

Probst, Rudolf 83, 178, 189

Sauermann, Hans 26, 3 1 , 39

Piinder, Hermann 147, 157, 1 6 1 , 166

Schäfer, Herbert 102 Schardt, Alois 8, 1 1 8 , 196, 2 1 0

Radziwill, Franz 1 1 , 1 1 o

Scharff, Edwin 78, 85, 140, 230

Ralfs, Otto 67, 7 1 , 72, 79-81

Scharl, Josef

Ranft, Günther 70, 80

Scharoun, Hans 61

Rave, Paul Ortwin 28, 96, 102, 201,

Scheffler, Karl 6

206-209, 2 1 1 , 230

135

Scheibe, Richard 78, 85, 95, 96

Rayski, Ferdinand von 192

Schelenz, Walter 92, 1 0 1

Rebay, Hilla von 70

Schiefler, Gustav 58

Redslob, Edwin 1 1 6

Schiertz, Franz Wilhelm 144

Reemtsma, Hermann F. 14, 53, 55, 59,

Schinkel, Karl Friedrich 1 9 2 - 1 9 4

74, 89, 94, 96, 1 0 0 - 1 0 2 Reidemeister, Leopold 5 5 Renoir, Auguste 1 0 2

Schirach, Baidur von 196 Schlemmer, Oskar 63, 64, 80, 179, 189, 230

Reutti, Kurt 2 1 3 - 2 2 1 , 223-226, 2 2 8 - 2 3 1

Schlichter, Rudolf 1 9 7 - 1 9 9 , 2 1 0

Ribbentrop, Frau von 80

Schloss, Alphonse 3 6, 40

Ribbentrop, Joachim von 69, 97

Schmid, Wilhelm 1 1 7

Richert, Marcelline 2 1 2

Schmidt, Georg 98, 102

Riemerschmidt, Ulrich 100

Schmidt-Rottluff, Karl 64, 98, 1 1 0 - 1 1 8 ,

Rodin, Auguste 1 3 1

1 2 3 , 1 3 5 , 140, 180, 219, 2 2 1 - 2 2 3 , 225,

Roeder, Emy 85

230

Roensch, Georg 107, 108

Schnitzler, Richard von 159, 160

Rohden, Martin 1 9 2

Scholz, Robert 26, 29, 142

Röhl, Karl Peter 230

Schreiber, Otto Andreas 64

.Register

Schrimpf, Georg 78, 1 3 3

Steinhardt, Jakob 1 1 o, 1 1 7

Schröder, Hans ζ8, 38

Steinrück, Martha 200

Schuch, Carl 2 4 , 3 1 , 4 0

Stieler, Robert 92, 1 0 1

Schüler, Kurt 196, 2 1 0

Stoessinger, Felix 180

Schult, Ernst Friedrich

53,54,230

Schultze-Naumburg, Paul 44, 45, 58 Schumacher, Fritz 46, 49, 58 Schweitzer, Hans 26, 53

Straus-Ernst, Luise 166 Strauß, Gerhard 150, 162, 169, 216, 2 1 9 - 2 2 1 , 228-230 Stuttmann, Ferdinand 1 8 4 - 1 8 7 , 189, 190

Schwichtenberg, Martel 1 1 o, 1 1 9 Schwind, Moritz von 3 6

Tannenbaum, Herbert 178

Schwitters, Kurt 230

Tappert, Georg 18

Secker, Hermann 166

Täuber, Max 26, 29, 30, 3 1

Seeger, Ernst 33

Thannhauser, Heinrich, Galerie 84, 178,

Seewald , Richard 230

196

Segal, Arthur 230

Thaulow, Frits 32

Seibert, Georg 39

Theunissen, Gert H. 64, 79

Seitz, Gustav 92, 1 0 1

Thiermann, Gustav 2 1 0

Settegast, Hermann 2 1 4

Thoma, Hans 14, 24, 40, 78, 206

Severing, Hans 1 4 1

Thormaehlen, Ludwig 33, 40, 58, 197,

Siecker, Hugo 54 Silberberg, Max, Sammlung 1 0 2 , 1 5 7 , 168

210 Thorvaldsen, Bertel 206, 207 Troendle, Hugo 78

Simon, Hugo 1 1 6 , 1 9 2

Trübner, Wilhelm 32, 33, 40

Simon, James 2 4 , 3 3

Tschudi, Hugo von 5, 18

Sintenis, Renée 78, 85, 86, 98, 150 Skarbina, Franz 32

Uhde, Fritz von 32

Slevogt, Friedrich 1 3 , 20

Ury, Lesser 1 1 0 , 1 2 3

Slevogt, Max 18, 1 1 0 , 179, 209, 2 1 2 Sombart, Nicolaus 99 Speer, Albert 24

Valentin, Curt 84-86, 90, 9 1 , 94, 97-101

Spiro, Eugen 1 9 1

Valentiner, Wilhelm 65

Sprengel, August 133

Vautier, Benjamin 32

Sprengel, Bernhard 16, 1 2 7 - 1 2 9 ,

Vinnen, Carl 6, 18

1 3 2 - 1 3 6 , 1 3 8 - 1 4 6 , 186 Sprengel, Elisabeth 128

Vömel, Alex, Galerie 140, 1 4 1 , 1 5 1 - 1 5 3 , 157, 167, 168

Sprengel, Heinrich Friedrich August 128

Vömel, Edwin 167

Sprengel, Margrit 1 2 7 - 1 2 9 , 1 3 2 , 1 3 3 ,

Voss, Hermann 55

1 3 5 , 138, 1 3 9 , 1 4 3 - 1 4 5 Sprengel, Sammlung 1 5 3

Wagner, Günther 189

Starck, Constantin 197

Waldmüller, Ferdinand Georg 192

Stauffer-Bem, Karl 209

Walker, Hudson D. 208, 2 1 2

Steger, Milly 78

Warburg, Arvid 180

Weber, Wilhelm 190

Winkler, Friedrich Horst 3 8

Wegelin, Paula 162, 169

Winzer, Otto 2 1 4

Weidemann, Hans 64 Weinmann, Josephine 102

Zatzenstein, Franz 1 7 8 , 1 8 8

Weißgerber, Carl 1 1

Zelck, Wilma 223

Westheim, Paul 1 1 1 , 1 2 , 3

Ziegler, Adolf 26, 139, 145,

Wiegmann, Paul 74

Zilken, Lorenz 92, 1 0 1

Wilcek, Rudolf 84

Zimmermann, Karl 43

Winkler, Frau Professor 3 8 , 4 0

Zinn, Alexander 49

Umschlag unter Verwendung von Hans Hubmann, Versteigerte Gemälde bei einer Kunstauktion, Wien 1942, Fotografie, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Bildarchiv.

Die Arbeit der Forschungsstelle »Entartete Kunst« und die Publikation der Schriftenreihe werden gefördert durch die Ferdinand-Möller-Stiftung, Berlin, die Gerda-Henkel-Stiftung, Düsseldorf, und die International Music and Art Foundation, Vaduz. Die Publikation des vorliegenden Bandes wurde ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung der Hermann Reemtsma Stiftung, Hamburg, und des Ernst Barlach Hauses - Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg.

GERDA HENKEL STIFTUNG

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HERMANN REEMTSMA STIFTUNG

INTERNATIONAL MUSIC & A R T FOUNDATION

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ERNST BARLACH HAUS STIFTUNG HERMANN F. REEMTSMA

ISBN 978-3-05-004497-2

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