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German Pages [327] Year 2012
SCHRIFTENREIHE KOMMISSION FÜR PROVENIENZFORSCHUNG Hinweise zur Open Access-Ausgabe Band 3: Folgende Beiträge dürfen aus rechtlichen Gründen in der Open Access-Version nicht zur Verfügung gestellt werden: Gerhard Plasser, „Die Versicherung ihrer Treue zu mir … hat mir Hoffnung gegeben dass vielleicht doch noch nicht alles verloren ist“ (Friedrich Welz an Anton Steinhart, 1946). Briefe des internierten Galeristen aus dem Camp Marcus W. Orr, S. 91–99. Anja Tiedemann, Karl Buchholz – Ein Saboteur nationalsozialistischer Kunstpolitik mit Auftrag zur „Verwertung entarteter Kunst“, S. 209-220. Folgende Abbildungen dürfen aus rechtlichen Gründen in der Open Access-Version nicht zur Verfügung gestellt werden: S. 40 (Abb. 1) S. 47 (Abb. 4) S. 189 (Abb. 5 und 6) S. 191 (Abb. 7) S. 198 (Abb. 1) S. 201 (Abb. 2) S. 305 (Abb. 1) Für die Open Access-Ausgabe ist folgende Ergänzung des Bildnachweises zu beachten: Vanessa Voigt/Horst Keßler: Abb. 2: Stadtarchiv München, Foto KKD 0385, Abb. 4: Stadtarchiv München, SMUS 189 Shlomit Steinberg: Abb. 2: public domain Esther Tisa Francini: Abb. 3: Landesarchiv Berlin, FRep. 290-05-01 Nr. 44 | Fotografin Marta Huth Meike Hoffmann: Abb. 3: Berliner Adressbuch für das Jahr 1942, Berlin: Scherl, 1942. Digitalisiert durch die Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2002. URL: https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:109-1-4427630 Open Access-Publikation im Sinne der CC-BY-NC-ND 4.0
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Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 3 Herausgegeben von Eva Blimlinger und Heinz Schödl
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Kunst sammeln, Kunst handeln Beiträge des Internationalen Symposiums in Wien
Herausgegeben von Eva Blimlinger und Monika Mayer
Böhlau Verlag Wien · Köln · Weimar
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Gedruckt mit Unterstützung durch: Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Bundesministerium für Unterricht und Kunst
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-78753-2 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2012 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H. und Co. KG, Wien . Köln . Weimar http://www.boehlau.at Umschlagentwurf: Leo Weidinger Übersetzungen: Jason Heilman Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier. Druck: General, Szeged
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Inhalt Vorwort Editorial Museen und Mäzene „Jüdisches“ Mäzenatentum und die Österreichische Galerie 1903 bis 1938
Monika Mayer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München Ein Forschungsprojekt der Staatlichen und Städtischen Museen in München zum Schicksal jüdischer Kunstsammler und Kunsthändler
Vanessa-Maria Voigt / Horst Keßler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Von „Handelnden“ und handelnden Personen
Franz Eder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Der Kunsthändler Adolf Weinmüller (München/Wien) und seine Rolle bei der „einheitlichen Neuregelung des Deutschen Kunsthandels“
Meike Hopp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Spuren und Boten: Die Kunsthandlung E. Hirschler & Comp.
Dieter J. Hecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 „Die Versicherung ihrer Treue zu mir ... hat mir Hoffnung gegeben dass vielleicht doch noch nicht alles verloren ist“ (Friedrich Welz an Anton Steinhart, 1946) Briefe des internierten Galeristen aus dem Camp Marcus W. Orr
Gerhard Plasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Die „Connection“ Bad Aussee – Berlin – Linz Kunsthandel mit Folgen
Michael John . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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The Road to Recovery: From the Central Collecting Points to a Safe Haven – the J.R.S.O. Dossier
Shlomit Steinberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 The Dutch Art Market 1930–1945 and Dutch Restitution Policy Regarding Art Dealers
Floris Kunert / Annemarie Marck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Alfred Flechtheim, Alexander Vömel und die Verhältnisse in Düsseldorf 1930 bis 1934
Roswitha Neu-Kock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 „Ich bin nicht Beckmanns Kunsthändler“ Alfred Flechtheim und seine Künstlerverträge, erläutert am Beispiel von Max Beckmann
Andrea Christine Bambi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Die Rezeption der Kunst aus der Südsee in der Zwischenkriegszeit: Eduard von der Heydt und Alfred Flechtheim
Esther Tisa Francini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Bernhard A. Böhmer Ein unbekannter Bildhauer brilliert im NS-Kunsthandel
Meike Hoffmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Karl Buchholz – Ein Saboteur nationalsozialistischer Kunstpolitik mit Auftrag zur „Verwertung entarteter Kunst“
Anja Tiedemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Ferdinand Möller – Ein unbeugsamer Vertreter der Kunst der Moderne
Katrin Engelhardt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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The Irmgard Burchard Tableaux: An Anti-Nazi Dealership in 1930s Switzerland
Lucy Watling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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The Dealer and the Museum: C. T. Loo (1880–1957), the Freer Gallery of Art, and the American Asian Art Market in the 1930s and 1940s
Dorota Chudzicka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen. Einblicke in die Erwerbsstrategien der Jahre 1938 bis 1945
Eva-Maria Orosz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 The Expropriation of Jewish Collections of Fine Arts and their Transfer to the State Collections under the Slovak S tate (1939–1945)
Jana Švantnerová . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Evelyn Tucker: An Enforcer of Restitution Policy in U.S. Occupied Austria
Anne Rothfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Reste der Masse Adria im Jüdischen Museum Wien
Wiebke Krohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Zu groß für Einen. Zum An- und Verkauf großer Sammlungen durch Konsortien am Beispiel Figdor
Lynn Rother . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Verzeichnis der AutorInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
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Vorwort Im März 2011 veranstaltete die Kommission für Provenienzforschung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur ein Symposium zum Thema Kunst sammeln – Kunst handeln. Zahlreiche TeilnehmerInnen bewiesen die Aktualität der Fragestellungen zum Kunsthandel in der NS-Zeit. Das mit ExpertInnen aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Israel, Polen, Schweiz, Slowakei, USA und Österreich besetzte Symposium beleuchtete die Entwicklung des Kunsthandels seit den 1920er Jahren und dessen Rolle während der Zeit des Nationalsozialismus. Es ist mir wichtig, dass Provenienzforschung nicht nur punktuell erfolgt, sondern die mit dem Raubzug der Nationalsozialisten verbundene Geschichte unseres Landes, seiner Institutionen und Menschen genauer erforscht und die gewonnenen Erkenntnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Beiträge der ReferentInnen liegen nun als Band 3 der Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung vor. Ich danke allen am Symposium und an der Herausgabe dieses Bandes beteiligten ExpertInnen für ihre Leistung und wünsche ihnen weiterhin guten Erfolg bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Dr. Claudia Schmied Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
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Editorial Der vorliegende dritte Band der Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung veröffentlicht unter dem Titel Kunst sammeln – Kunst handeln Beiträge des Internationalen Symposiums, welches vom 23.–25. März 2011 in Wien stattgefunden hat. Im Rahmen der Eröffnung des Symposiums im Audienzsaal des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur führte Sebastian Schütze, Universitätsprofessor für Kunstgeschichte an der Universität Wien, mit seinem Festvortrag „Sammler, Agenten, Kunsthändler: Akteure des frühneuzeitlichen Kunstbetriebes und ihre Handlungsspielräume“ mit einem Einblick in die Entwicklung des Kunsthandels ab dem 17. Jahrhundert in die Thematik ein. 29 Expertinnen und Experten aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Polen, der Slowakei, den Niederlanden, England, Israel und den USA präsentierten im MAK / Österreichisches Museum für angewandte Kunst vor mehr als 250 BesucherInnen ihre aktuellen Forschungsergebnisse zur Entwicklung des Kunstsammelns und des Kunsthandelns seit den 1920er Jahren. Am Beginn der Provenienzforschung in den 1990er Jahren stand in vielen österreichischen Museen und Sammlungen die Suche nach einzelnen vor allem bekannten Sammlungen wie Bloch-Bauer, Lederer oder Rothschild. Ausgangspunkt der Forschungen war eine sich ständig erweiternde Liste jüdischer Sammlerinnen und Sammler. Bei der vertieften Recherche tauchten immer wieder die gleichen Namen von Kunsthändlern und Kunsthändlerinnen, von Gutachtern, von Auktionshäusern, von arischen Sammlern und Sammlerinnen auf, die – und so konnte man bald konstatieren – in das System der Arisierung und des Kunstraubes nicht nur eingebunden, sondern maßgeblich daran beteiligt waren, dieses zu etablieren. Kunst- und Antiquitätenhandlungen sowie Antiquariate in jüdischem Eigentum wurden arisiert, entzogen oder zwangsweise aufgelöst, Warenbestände veräußert und Sammlungen zerschlagen. Verfolgte Jüdinnen und Juden sahen sich gezwungen, privaten Kunstbesitz und Bibliotheken weit unter dem tatsächlichen Wert an Händler und Händlerinnen regelrecht zu verschleudern, um ihre Flucht oder diskriminierende Steuern bezahlen zu können. Der Kunsthandel und das zeigen die internationalen Forschungen der letzten Jahre zählte zu den großen Profiteuren dieser gewaltsamen rassistischen Umverteilungsmaßnahmen. Es gilt inzwischen als Tatsache, dass der Kunsthandel tief in den nationalsozialistischen Kunst- und Kulturgutentzug verstrickt gewesen ist – der wiederum als Teil der nationalsozialistischen Verfolgungs-, Vertreibungs- und schließlich Vernichtungspolitik betrachtet werden muss.
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In den 22 gedruckten Beiträgen (von insgesamt 29 Vorträgen) stellen die Autorinnen und Autoren etwa die Frage nach den Profiteuren und den Geschädigten? Welche Bedeutung hatte und hat diese rassistische Umverteilung und der damit verbundene internationale Transfer für den Aufbau musealer und privater Sammlungen? Welche juristischen Fragen und Themen – auch in Hinblick auf die aktuelle Restitutionspolitik und Rückgabepraxis – ergeben sich daraus in verschiedenen europäischen Staaten? Die beiden ersten Panels waren jüdischen SammlerInnen und KunsthändlerInnen und ihren Profiteuren in Österreich und Deutschland gewidmet. Einleitend stellte Monika Mayer am Beispiel der Geschichte der Österreichischen Galerie von 1903 bis zum „Anschluss“ 1938 die mäzenatischen Leistungen einer häufig jüdischen Sammlerelite in Wien vor. Deren repräsentative Kunstsammlungen wurden nach dem März 1938 durch das NS-Regime zerstört und ihre EigentümerInnen beraubt, vertrieben und ermordet. Auch in München erfolgte die systematische Beschlagnahmung jüdischer Sammlungen in den Jahren 1938/1939. Vanessa Voigt präsentierte das Forschungsprojekt der Staatlichen und Städtischen Museen in München zum Schicksal jüdischer KunstsammlerInnen und -händlerInnen. Im Zuge der Enteignung von 72 jüdischen SammlerInnen, HändlerInnenn und bislang unbekannten Privatpersonen wurden mehr als 2000 Kunst- und Kulturgüter sichergestellt und anschließend großteils an den Sonderauftrag Linz und an Münchener Museen verkauft. Dieter J. Hecht widmete sich am Beispiel der Wiener Kunsthandlung E. Hirschler & Com. der Zerstörung der jahrzehntelangen Sammel- und Handelstätigkeit einer jüdischen Familie durch das NS-Regime. Durch den „Anschluss“ 1938 verloren Kunsthändler wie Paul Hirschler die Berufsgrundlage und ihr privates Vermögen. Kunstund Antiquitätenhandlungen in jüdischem Besitz wurden unter kommissarische Verwaltung gestellt, liquidiert oder arisiert. Nichtjüdische Händlerinnen und Händler, die während der NS-Zeit aktiv waren, zählten zu den Profiteuren dieser gewaltsamen Umwälzungen, wie Gabriele Anderl in ihrem Vortrag zum Wiener Kunsthandel während der NS-Zeit ausführte. Zu den prominentesten „Profiteuren“ zählen der Salzburger Galerist Friedrich Welz und der Münchener Kunsthändler Adolf Weinmüller. Meike Hopp widmete sich Adolf Weinmüller und seiner Rolle bei der „einheitlichen Neuregelung des Deutschen Kunsthandels“. Im Zuge der „Neu-Organisation“ des Münchener Kunsthandels 1935 wurden mindestens vierzig jüdische Kunst- und Antiquitätenhändler zur „Auflösung“ ihrer Betriebe gezwungen, darunter das führende Auktionshaus Hugo Helbing. Weinmüller konnte im Frühjahr 1936 sein folglich konkurrenzloses Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller etablieren.
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1938 arisierte er das Traditionshaus der jüdischen Kunsthändlerfamilie Kende in der Wiener Kärntnerstraße. Auch dem in Salzburg tätigen Galeristen Friedrich Welz gelang 1938 mit der Arisierung der Galerie Würthle die Ausweitung seiner Geschäftstätigkeit nach Wien. Durch die „Einkaufstouren“ nach Frankreich für den Salzburger Gauleiter Friedrich Rainer versuchte er sein Lieblingsprojekt einer Salzburger Landesgalerie zu realisieren. Wie Gerhard Plasser anhand von Nachkriegskorrespondenzen zeigte, war Welz, der nach dem Kriegsende von den Amerikanern im Camp Marcus W. Orr (Lager Glasenbach) interniert wurde, eine kritische Sicht seiner NS-Geschäftspraktiken völlig fremd und er erwartete sich von „seinen Künstlern“ Unterstützung bei seiner Rehabilitierung. Franz Eder, Kunstbuchverleger und langjähriger Mitarbeiter der Galerie Welz, versuchte als „Zeitzeuge“ einen subjektiven Blick auf „,Handelnde‘ und handelnde Personen“. Im Panel 3 widmeten sich Michael John, Friedrich Buchmayr und Birgit Kirchmayr den Themenkomplexen Kunsthandel und Restitution „im Spannungsfeld von Metropolen und Provinz am Beispiel der Stadt Linz“. Michael John stellte die „Connection“ Berlin – Bad Aussee – Linz in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Das Ausseer Land wurde während und blieb nach der NS-Zeit einige Jahre Umschlagplatz von Kunst, auch mit zweifelhafter oder ungeklärter Provenienz. Eine der Schlüsselfiguren war der Berliner Kunsthändler Wolfgang Gurlitt, dessen Sammlung den Grundstock für die 1948 gegründete Neue Galerie der Stadt Linz bildete. Friedrich Buchmayr schilderte anhand der „Pariser Einkäufe“ für den Gauleiter August Eigruber, wie „Provinz“-Museumsbeamte mit großem Budget in Paris, der europäischen Metropole des Kunsthandels, aktiv werden konnten. Die 1941 um 200.000 RM erworbenen Kunstgegenstände sollten der geplanten Ausstattung des beschlagnahmten Stiftes St. Florian zur Residenz des Reichsstatthalters dienen. Birgit Kirchmayr präsentierte die Geschichte der Arisierung des Antiquitätenhandels Töpfer in der Linzer Altstadt 1938 bis zur heutigen Restitutionsproblematik und stellte die Frage nach der Bereicherung lokaler Akteure vom Landesmuseum bis zum ansässigen oberösterreichischen Kunsthandel. Israels Rolle als Zufluchtsort für Kunstwerke, Judaica und Bücher aus ehemaligen europäischen Sammlungen stand im Mittelpunkt des Panels 4 „Salvaged Art, New Repositories. Histories of Collections in Israel”. Sonia Klinger widmete sich der Verbringung von Kunstwerken „Out of Europe“ nach Palästina bzw. Israel unter anderem am Beispiel der Wiener Sammlung LiebenKarplus. Ron Fuchs präsentierte einen Überblick über Museumsbauten in Israel und
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stellte die Frage nach der Funktion nationaler Sammlungen zur Etablierung eines nationalen historischen Narrativs. Hannah Arendt and Mordechai Narkiss, die 1949/1950 im Landesmuseum Wiesbaden tätig waren, standen im Zentrum der Ausführungen von Shlomit Steinberg. Deren Aufgabe war die Sicherung und Restituierung von abertausenden Kunst-und Kulturgütern, die Jüdinnen und Juden aus den besetzten Gebieten Europas geraubt worden waren und nach der Befreiung von den Alliierten in den Collecting Points gesammelt wurden. Herausgearbeitet wurde die wichtige Rolle der Jewish Restitution Successor Organization (IRSO) bei der Übernahme des erblosen und nicht beanspruchten ehemals jüdischen Vermögens. Im April 1955 wurden die letzten Kunstwerke und Judaica aus dem IRSO-Bestand zur Aufbewahrung an das Bezalel National Museum in Jerusalem übergeben. Zwei Vorträge im Panel 5 waren der Situation in den Niederlanden gewidmet. Floris Kunert gab einen Überblick über den holländischen Kunstmarkt von 1930 bis 1945 und die NS-Erwerbungsstrategien nach der Besetzung der Niederlande im Mai 1940. Vorgestellt wurde dabei die sukzessive Ausschaltung jüdischer KunsthändlerInnen. Ab Februar 1941 wurden jüdische Kunsthandlungen unter die Kontrolle eines Verwalters gestellt, sie wurden liquidiert oder arisiert. Mitarbeiter der Dienststelle Mühlmann beschlagnahmten wertvolle Kunstwerke. NS-Kunstagenten waren unter anderem für den Sonderauftrag Linz oder wie Alois Miedl für Hermann Göring tätig. Annemarie Marck widmete sich der Restitutionspolitik der Niederlande in Hinblick auf KunsthändlerInnen und verwies dabei auf die Arbeit des niederländischen Restitutionskomittees. Sie stellte zwei prominente Fälle in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen: Jacques Goudstikker und den aus Österreich stammenden jüdischen Kunsthändler Kurt Walter Bachstitz. Aufgrund der Empfehlung des Restitutionskomittees von 2005 wurden 202 Gemälde aus der Nederlands Kunstbezit-collectie, die während des Krieges an Hermann Göring verkauft worden waren, an die RechtsnachfolgerInnen nach Jacques Goudstikker restituiert. Der Kunsthändler, Verleger und Sammler Alfred Flechtheim war Thema dreier Vorträge im Panel 6. Roswitha Neu-Kock präsentierte die Umstände der Übernahme der Düsseldorfer Galerie durch Flechtheims Geschäftsführer Alex Vömel 1933 und der folgenden Emigration Flechtheims nach London. Vor dem Hintergrund der zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Situation Flechtheims in den 20er und frühen 30er Jahren wurde sein Netzwerk von Museumsleitern, Bankern, Galeristen und Künstlern skizziert. Am Beispiel des Malers Max Beckmann stellte Andrea Christine Bambi die Künstlerverträge Flechtheims vor. Beckmann hatte ab 1919/20 Verträge mit Galeristen
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a bgeschlossen, die seiner finanziellen Grundsicherung dienten. Die vertragliche Bindung Alfred Flechtheims an Max Beckmann hielt über drei Jahre von 1927 bis 1930. Gemeinsam mit Israel Ber Neumann in New York und Günther Franke in München veranstaltete Flechtheim Beckmanns Ausstellungen, sorgte für Ausstellungsbeteiligungen und vermittelte Verkäufe an Museen und Privatpersonen. Esther Tisa Francini widmete sich dem Thema der Rezeption der Kunst aus der Südsee in der Zwischenkriegszeit und stellte mit Alfred Flechtheim und Eduard von der Heydt zwei der Protagonisten vor. 1926 veranstaltete Alfred Flechtheim eine viel beachtete Ausstellung mit Südsee-Plastiken, die unter anderem in der Galerie Flechtheim Berlin und im Kunsthaus Zürich gezeigt wurde. Esther Tisa Francini konnte nachweisen, dass die als „Flechtheimsche Sammlung“ bezeichneten Stücke von dem Sammler, Mäzen und Bankier Eduard von der Heydt angekauft worden waren. Panel 7 widmete sich dem Handel mit „Entarteter Kunst“ und seinen Protagonisten. Die Beschlagnahme großer Bestände moderner Kunst in den deutschen Museen 1937 und das im Mai 1938 erlassene Gesetz über die Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst bildeten die Grundlage für die umfassendsten Besitzveränderungen museal verwalteter Kunstwerke. Mit der folgenden Verwertung des Beschlagnahmegutes wurden vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda vor allem vier Kunsthändler beauftragt: Bernhard A. Böhmer, Karl Buchholz, Hildebrand Gurlitt und Ferdinand Möller. Meike Hoffmann charakterisierte Bernhard A. Böhmer, den Assistenten Ernst Barlachs, als „unbekannten Bildhauer“, der im NS-Kunsthandel brillierte. Durch Böhmers Bemühungen, die Werke Barlachs aus der Ausstellung „Entartete Kunst“ zurückziehen zu lassen, kam er zum Handel mit beschlagnahmten Werken und übernahm in der Folge Werke von mehr als 170 verfemten Künstlern. Karl Buchholz wurde von Anja Tiedemann als „Saboteur nationalsozialistischer Kunstpolitik“ vorgestellt. Buchholz führte eine renommierte Buchhandlung in Berlin, der er erst 1934 eine Galerie anschloss. In dieser wurden vorwiegend Werke von Künstlern wie Ernst Barlach, Karl Schmidt-Rottluff oder Karl Marcks gezeigt, die offiziell bereits diffamiert waren. Katrin Engelhardt zeigte ein Porträt Ferdinand Möllers als „unbeugsamer Vertreter der Kunst der Moderne“, der bereits seit 1917 überwiegend Kunst der Expressionisten und des Bauhauses präsentierte und vertrieb. Aufgezeigt wurde der Widerspruch zwischen der Beibehaltung moderner Kunst im Galeriebestand und der gleichzeitigen Positionierung Möllers im NS-Apparat als beauftragter Kunsthändler für die Verwertung „entarteter Kunst“.
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Ergänzend berichtete Lucy Watling über die Schweizer Kunsthändlerin Irmgard Burchard, die mit ihren Ausstellungsaktivitäten in Zürich in den 30er Jahren einen Kontrapunkt zur nationalsozialistischen Kunstpolitik setzen wollte. Besonders hervorzuheben ist ihr Engagement für die 1938 in London präsentierte Ausstellung Twentieth Century German Art, die im Sinne eines antinazistischen Plädoyers als Verteidigung der von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamierten Künstler diente. Der Bedeutung von kunstgewerblichen Objekten für den Handel und den Aufbau musealer Sammlungen in der NS-Zeit waren zwei Vorträge in Panel 8 gewidmet. Dorota Chudzicka präsentierte am Beispiel der Aktivitäten des Kunsthändlers C.T. Loo die Entwicklung des amerikanischen Asiatika Kunstmarktes in den 30er und 40er Jahren. C.T. Loo, der 1902 seine erste Galerie in Paris eröffnete und ab 1915 in New York tätig war, spielte eine entscheidende Rolle bei dem Aufbau bedeutender Sammlungen chinesischer Kunst in den USA. Hervorzuheben ist seine enge Zusammenarbeit mit dem Detroiter Industriellen Charles Lang Freer und der Freer Gallery of Art in Washington, die bereits 1915–1917 einsetzte. Einen Höhepunkt erreichte deren Beziehung in der 2. Hälfte der 30er Jahre: unter den zahlreichen Neuerwerbungen sei ein Bronze Ritualgefäß genannt, das aus dem beschlagnahmten Vermögen von Rosa und Jacob Oppenheimer 1935 bei Graupe in Berlin versteigert worden war. Zum Aufbau der Sammlung des Kunstgewerbes und den Erwerbsstrategien in den Städtischen Sammlungen Wiens während der NS-Zeit referierte Eva-Maria Orosz. Die Analyse der Sammlungsstrategien ab 1938 zeigt eine neue, intensive Ankaufspolitik. Mit Nachdruck wurde unter anderem der Bestand von Wiener Porzellan ausgebaut. Fragen nach den Bezugsquellen (Sicherstellungen, Auktionshäuser, Antiquitätenhändler), den inhaltlichen Schwerpunkten des Sammelns (Barock, Biedermeier, Jugendstil) wurden ergänzt durch Fragen der Restitution nach 1945 bzw. den Rückgaben im Zuge der aktuellen Provenienzforschung. Panel 9 stellte unter dem Titel „Internationale Transfers“ die Frage nach den Folgen des nationalsozialistischen Kunstraubs. Jana Švantnerová präsentierte ihre Forschungsergebnisse zur Beschlagnahme jüdischer Kunstsammlungen in der Slowakei und deren Verbringung in die staatlichen slowakischen Sammlungen von 1939 bis 1945. Auf Basis der Entscheidung des Ministeriums für Erziehung und Aufklärung (MENE) vom November 1941 sollten Kunstwerke von überragendem künstlerischem und historischem Wert den staatlichen Sammlungen zur Verfügung gestellt werden. Eve Tuckers Tätigkeit als Mitarbeiterin der US-Militärs (Museum, Fine Arts, and Archives (MFA&A) Representative) im besetzten Nachkriegsösterreich der Jahre 1947 bis 1949 stellte Anne Rothfeld vor. Zuständig für die Erfassung, Identifizierung und
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Restituierung jener Kunst- und Kulturgüter österreichischer Provenienz, die von den Nationalsozialisten entzogen worden waren, versuchte Tucker trotz interner Widerstände und mit geringem Erfolg bzw. zunehmend frustriert ihren Einfluss auf die Restitutionspolitik der US-Army in Österreich geltend zu machen. Wiebke Krohn referierte über den Restbestand der sogenannten Masse Adria im Jüdischen Museum Wien. Dieser war nach 1945 über das Dorotheum, das Bundesdenkmalamt, die Sammelstellen sowie die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) 1993 in das Jüdische Museum Wien gelangt. Wie nachgewiesen werden konnte, stammen die Objekte aus dem Umzugsgut vertriebener Jüdinnen und Juden und waren in der NS-Zeit in den Lagerräumen des Hafens Triest 1944 konfisziert worden. Im abschließenden Panel wurde das Thema „Kunst, Restitution und Recht“ angesprochen. Lynn Rother sprach über den An- und Verkauf großer Privatsammlungen durch Konsortien. Am Beispiel der Wiener Kunst- und Kunstgewerbesammlung des Dr. Albert Figdor, der 1927 starb, wird dargestellt, welche Besonderheiten an den Erwerb und an den Verkauf großer Sammlungen geknüpft waren. Die Heterogenität, der Umfang und die Einzigartigkeit der von Konsortien angekauften Sammlungen verhießen große Gewinnchancen, verlangten aber auch besondere Expertise und enormen Aufwand etwa bei der Taxierung oder der Bestimmung der bestmöglichen Verwertung. Dorota Trzeszczkowska gab einen historischen Überblick über rechtliche Aspekte des Kunsthandels und der Kunstsammlungen in Polen und verwies auf die aktuelle Provenienzforschung in polnischen Museen. Angesprochen wurde die Verstaatlichung von Kunstwerken aus polnischen Privatsammlungen infolge der Verwaltungsrechtsakten des kommunistischen Staates, aber auch die rechtlichen Grundlagen für die Übernahme des von deutschen BürgerInnen zurückgelassenen Kunstbesitzes ab Mai 1945. Die Konzeption und die Durchführung eines internationalen Symposiums und die Herausgabe eines Tagungsbandes sind nicht möglich ohne das Engagement und die Unterstützung eines großen Teams. Zu danken ist zunächst Gabriele Anderl, Ilsebill Barta, Esther Tisa Francini, Vanessa Voigt und Harald Wendelin, die gemeinsam mit den Herausgeberinnen im wissenschaftlichen Beirat des Symposiums aus den zahlreichen Einzel- und Paneleinreichungen die 29 Vortragenden auswählten und das Tagungsprogramm erarbeiteten. Dem Büro der Kommission für Provenienzforschung – Alexandra Caruso, Lisa Frank, Ulrike Nimeth, Anneliese Schallmeiner, Irene Skodler und vor allem Anita Stelzl-Gallian – danken wir für die vielfältige Unterstützung bei der Organisation und
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erfolgreichen Durchführung des Symposiums. Anita Stelzl-Gallian sei für die umsichtige und ambitionierte Mitarbeit bei der Vorbereitung und der Redaktion dieser Publikation gedankt. Jason Heilman ist für die hervorragende Übersetzung und Redaktion der englischen Texte zu danken. Für das Engagement und die umfassende Unterstützung danken wir Christoph Bazil, dem Leiter der Abteilung für Restitutionsangelegenheiten im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, und seinem Stellvertreter Heinz Schödl. Unser ganz besonderer Dank gilt den 24 Autorinnen und Autoren, die sich bereit erklärt haben, ihre in Wien präsentierten Forschungsergebnisse in schriftlicher Form einer noch größeren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Wien, im Jänner 2012 Eva Blimlinger und Monika Mayer
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Museen und Mäzene „Jüdisches“ Mäzenatentum und die Österreichische Galerie 1903 bis 1938
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„Die Namen bedeutender Künstler wachsen in die Geschichte hinein, die ihrer Mäzene verschwinden. Wie viele durch Hilfe, Zuspruch und frühe Bestätigung um das Künstlerwerk verdiente Förderer kennt man noch nach vier, fünf Jahrzehnten?“1 Diese Feststellung des Kunsthistorikers Hans Maria Wingler aus dem Jahr 1957 verdanke ich Werner J. Schweiger,2 der Pionierarbeit zur Erforschung des Kunsthandels und zu den Kunstsammlern und Mäzenen der Moderne nicht nur in Österreich geleistet hat. Abgesehen von der nicht hoch genug einzuschätzenden Forschungsarbeit Werner J. Schweigers3 seien als weitere Belege einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den MäzenInnen und SammlerInnen der Moderne in Österreich, ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit, die Publikationen von Steven Beller,4 Tobias G. Natter5 und Sophie Lillie6 genannt. Im Folgenden sollen am Beispiel der Geschichte der Österreichischen Galerie von der Gründung der Modernen Galerie im Jahr 1903 bis zum „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 die mäzenatischen Leistungen einer häufig jüdischen Sammlerelite in Wien aufgezeigt werden. Damit soll die enge Verbindung zwischen Museen, KünstlerInnen, SammlerInnen, KunsthändlerInnen und KunsthistorikerInnen sichtbar gemacht werden. Die Etablierung der ästhetischen Moderne des 1
Hans Maria WINGLER 1957, zitiert nach Werner J. SCHWEIGER, Ein Kunstenthusiast originellster Art. Franz Hauer. Ein früher Sammler der Moderne in Wien, in: Künstler (Sammler) Mäzene. Porträt der Familie Hauer, Ausstellungskatalog Kunsthalle Krems, Krems 1997, S. 15–38, hier S. 15. 2 Werner J. Schweiger ist am 11. März 2011 in Wien verstorben. 3 Zu dem Forschungsprojekt Kunsthandel der Moderne siehe www.kunsthandel-der-moderne.eu (20.7.2011). 4 Steven BELLER, What is Austrian about Austrian Modern Art? The Belvedere and the Struggle for Austrian Identity, in: Hadwig KRÄUTLER, Gerbert FRODL (Hg.), Das Museum. Spiegel und Motor kulturpolitischer Visionen. 1903 – 2003. 100 Jahre Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 230–240. Steven BELLER, Was nicht im Baedeker steht. Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit, in: Frank STERN, Barbara EICHINGER (Hg.), Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938, Akkulturation – Antisemitismus – Zionismus, Wien-Köln-Weimar 2009, S. 1–16. 5 Tobias G. NATTER, Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003. 6 Sophie LILLIE, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003.
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Wiener Fin de Siècle rund um Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka war wesentlich mitgeprägt durch das Engagement des jüdischen Bürgertums. Tobias Natter weist zu Recht auf die „identitätsstiftende Wirkung“ dieser „Teilhabe an der Wiener Avantgarde“ hin, mit dem Versuch, eine „neue, eigenständig-selbstbewusste bürgerliche Identität zu etablieren“7 und damit dem auch in Wien vorherrschenden Antisemitismus entgegenzuwirken. Eine wesentliche Rolle in der Zwischenkriegszeit spielte dabei die Persönlichkeit des Kunsthistorikers Franz Martin Haberditzl.8 1915 mit der provisorischen Leitung9 der K.K. Österreichischen Staatsgalerie betraut, konnte Haberditzl bis zu seiner Enthebung durch die Nationalsozialisten im April 1938 mit und in dem Museum eine ungeheure Wirkung erzielen. Nicht zuletzt durch seine Begeisterungsfähigkeit gewann er MäzenInnen, SammlerInnen, KünstlerInnen und die kunstinteressierte Öffentlichkeit für seine Anliegen. Wie auszuführen sein wird, konnte er dank eines persönlichen Netzwerkes und trotz äußerst beschränkter finanzieller Mittel gerade auch durch Schenkungen und Leihgaben den Sammlungsbestand des Museums um bedeutende Meisterwerke der österreichischen, aber auch der internationalen Kunst erweitern. Bereits 1918 wurde attestiert, dass „mit Dr. Haberditzl der richtige Mann gefunden (wurde), der vorurteilsfrei, von rein künstlerischen Beweggründen geleitet, eifrig daran arbeitet, die ihm anvertraute Staatsgalerie zu einem Schatzkästlein Österreichs auszubauen.“10 Auch Egon Schiele, der im Herbst 1917 ein Porträt des Staatsgaleriedirektors (Abb. 1) angefertigt hatte, äußerte sich nach der Begegnung mit Franz Martin Haberditzl beeindruckt: Er ist ganz anders, als man sich einen Museumsmann vorstellt. Er ist ein wertvoller Mensch. Das meine ich nicht deshalb, weil er sich mir gegenüber wohlwollend benimmt, ich mein’ das überhaupt wegen seiner ganzen Einstellung zur Kunst. […] Das ist doch allerhand von einem Manne, der wie er ‚Museumsbeamter‘ ist, so viel Überzeugung gegen über ‚hohen Vorgesetzten‘ mutig zu vertreten. Er wagt da oft viel. Ein Wagnis muß man’s doch auch nennen, daß Haberditzl nicht davor zurückscheut, von mir sein Porträt malen zu lassen! Allerdings nicht offiziell für die Galerie, sondern 7 8
NATTER 2003, S. 299. Zur Person Haberditzls siehe Andreas KUGLER, Franz Martin Haberditzl – Ein Charakter prägt ein Museum, in: KRÄUTLER, FRODL 2004, S. 179–187; Stephan KOJA, Franz Martin Haberditzl, Portrait eines Direktors, Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2003. 9 Im März 1916 wurde Haberditzl zum Direktor ernannt. 10 Josef BERNHARD, Die Neuerwerbungen der Staatsgalerie, in: Österreichs Illustrierte Zeitung, Heft 1, Oktober 1918, zitiert nach Magdalena MAGNIN-HABERDITZL, Familien-Chronik aus dem europaweiten Österreich 1678–1982, Wien 2008, S. 250.
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Abb. 1: Egon Schiele, Porträt Franz Martin Haberditzl
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privat für seine Wohnung. Eine tapfere Tat trotzdem, weil er sich dessen bewußt sein muß, wie sehr ihm das ‚amtlicherseits‘ verargt werden kann.11
1923 hatte der Kunsthistoriker Fritz Karpfen das Museum im Gegensatz zu den Beständen österreichischer Privatsammlungen wie „Dr. Rieger, Lederer, Primavesi usw.“, in denen „tatsächlich die wertvollsten und besten Werke zeitgenössischer Künstler vereinigt“12 sind, wenig schmeichelhaft wie folgt charakterisiert: Das, was sich bei uns „Moderne Galerie“ nennt, ist eine Affenschande! […] Da gibt es Privatsammlungen, die hundertmal wertvoller, verständiger und übersichtlicher angeordnet sind. Greifen wir eine der besten Wiener Privatsammlungen heraus, die des Dr. Heinrich Rieger. Hier sammelt ein Privater seit Jahrzehnten, sucht in emsiger Arbeit stets die typischten [sic!] Werke der richtunggebenden Künstler zu erwerben und hat so in seinen Arbeits- und Wohnräumen ein modernes Museum vereinigt, daß nur unvergleichlich besser wie jede öffentliche Sammlung ist. Hier erhält der Beschauer eine Übersicht über die Malerei seit Klimt, die ihm Aufschluß gibt über Entwicklung, Fortschritt und Können unserer österreichischen Kunst. Nirgend [sic!] sonst finden wir etwa den Weg Egon Schieles so packend aufgezeigt wie da.13
Der Zahnarzt Dr. Heinrich Rieger14 hatte ab der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert mit dem Aufbau einer einzigartigen Sammlung zeitgenössischer österreichischer Künstler begonnen. Hervorzuheben ist seine Schiele-Kollektion, die neben großformatigen Ölgemälden wie Kardinal und Nonne und Umarmung (Liebespaar)15 mehrere kleinformatige Frühwerke wie Wiesenlandschaft mit Häusern,16 aber auch rund 150 Zeichnungen und Aquarelle umfasste. Im Bestand der Österreichischen Galerie befand sich im Erscheinungsjahr der genannten Publikation Fritz Karpfens, abgesehen von mehreren Arbeiten auf Papier, nur ein Ölgemälde Schieles, das 1918 erworbene Porträt Edith Schiele. Arthur ROESSLER, Erinnerungen an Egon Schiele, Wien 21948, S. 52–53. Fritz KARPFEN, Österreichische Kunst, Leipzig-Wien 1923, S. 9. KARPFEN 1923, S. 8. Zur Sammlung Dr. Heinrich Rieger siehe NATTER 2003, S. 216–223; LILLIE 2003, S. 968–985 und Lisa FISCHER, Irgendwo. Wien, Theresienstadt und die Welt. Die Sammlung Heinrich Rieger, Wien 2008. 15 Die Gemälde Kardinal und Nonne und Umarmung (Liebespaar) wurden 1950 von Dr. Robert Rieger, dem nach New York vertriebenen Sohn Heinrich Riegers, von der Österreichischen Galerie erworben. Dr. Heinrich Rieger kam im Oktober 1942 nach der Deportation in Theresienstadt ums Leben; seine Frau Berta wurde in Auschwitz ermordet. 16 Das Gemälde Wiesenlandschaft mit Häusern wurde 1949 von der Galerie Welz in Salzburg angekauft. Aufgrund der Empfehlung des Kunstrückgabebeirates vom 25. November 2004 wurde das Gemälde im April 2006 an die Rechtsnachfolger nach Dr. Heinrich Rieger ausgefolgt. 11 12 13 14
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Abb. 2: Moderne Galerie 1903, Unteres Belvedere, Paradeschlafzimmer
Mit der Eröffnung der Modernen Galerie am 2. Mai 1903 im Unteren Belvedere als staatliches Museum und als Gegenpart zu den kaiserlichen Kunstsammlungen wurde der Grundstein für die heutige Sammlung des Belvedere gelegt. In seiner mehr als einhundertjährigen Geschichte konnte sich die Österreichische Galerie als das bedeutendste Museum österreichischer Kunst etablieren, das entsprechend der Gründungsintention das österreichische Kunstschaffen im internationalen Kontext zu präsentieren sucht. Zur Bestückung der Modernen Galerie, deren Unterbringung im Schloss Belvedere 1903 nur als vorübergehendes Provisorium gedacht war, dienten jene Kunstwerke, die durch das Cultusministerium und die Vereinigung bildender Künstler Österreichs Wiener Secession erworben wurden (darunter Zimelien der Sammlung wie Vincent van Goghs Ebene von Auvers oder Giovanni Segantinis Die bösen Mutter); ergänzt aber auch durch diverse Widmungen von Privatpersonen wie Gustav Figdor, Jenny Mauthner und dem Fürsten Johann von und zu Liechtenstein. Im März 1903 überließ der in Triest tätige Architekt Alexander Hummel dem Museum geschenkweise das großformatige Gemälde Urteil des Paris von Max Klinger (Abb. 2). 1912 wurde die Moderne Galerie unter der Leitung des seit 1909 amtierenden Direktors Friedrich Dörnhöffer in die Österreichische Staatsgalerie umgewandelt, die einen repräsentativen Querschnitt des österreichischen Kunstschaffens vom Mittelalter
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bis zur Gegenwart zeigte. Mit dieser Erweiterung des Sammlungsbestandes sollte „ein charakteristisches Bild unserer künstlerischen Vergangenheit und Gegenwart“17 geboten werden. Zur Unterstützung der Staatsgalerie wurde noch im selben Jahr auf Initiative von Felix von Oppenheimer nach dem Vorbild des 1897 in Berlin durch Wilhelm von Bode gegründeten Kaiser Friedrich-Museums-Vereins der Staatsgalerieverein ins Leben gerufen. Beispielgebend war auch das mäzenatische Wirken des meist jüdischen Großbürgertums für die Berliner Nationalgalerie unter der Direktion Hugo von Tschudis, aber auch unter dessen Nachfolger Ludwig Justi.18 Neben Felix von Oppenheimer, Konstantin und Nikolaus Dumba, Karl Graf Lanckoronski und Viktor Zuckerkandl waren unter anderen Ferdinand Bloch-Bauer, Philipp Gomperz oder Max Gutmann Gründungsmitglieder des Staatsgalerievereines und erwarben durch die Zahlung eines einmaligen Beitrages die lebenslängliche Mitgliedschaft. „Durch Ankauf von Werken der bildenden Kunst, welche den öffentlichen Sammlungen leihweise ohne Entgelt zu überlassen sind“ setzte sich der Verein „die Pflege des heimischen Kunstsinnes“ zur Aufgabe.19 Durch die Erwerbung eines Baugrundes sollte die Errichtung eines eigenen Gebäudes ermöglicht werden. Die von Otto Wagner vorgelegten Entwürfe für einen Neubau der Modernen Galerie wurden allerdings nicht realisiert.20 Dank der finanziellen Zuwendungen des späteren Vereins der Museumsfreunde konnte allerdings im Jahr 1929 das Gebäude der ehemaligen Orangerie des Prinzen Eugen im Unteren Belvedere für die Neueröffnung der Modernen Galerie adaptiert werden. Exemplarisch für jene Erwerbungen, die dem Museum als Leihgaben zur Verfügung gestellt wurden, seien Kunstwerke von Camille Corot, Auguste Renoir, Georg 17 Zitiert nach Heinz MLNARIK, „Wien entbehrt dieser wichtigsten Grundlage für sein Kunstleben“. Von der Gründung der Modernen Galerie zur Österreichischen Galerie, in: Belvedere. Zeitschrift für bildende Kunst, Heft 2, Wien 1996, S. 38–53, hier S. 52. 18 Als prominentes Beispiel nenne ich die auf Wunsch Tschudis erfolgte Widmung von Eduoard Manets Gemälde Im Wintergarten an die Nationalgalerie durch Eduard Arnhold, Robert und Ernst Mendelssohn und Hugo Oppenheim im Jahr 1896, die antisemitische Polemiken zur Folge hatte. Siehe dazu Johann Georg Prinz von HOHENZOLLERN, Peter-Klaus SCHUSTER (Hg.), Manet bis van Gogh. Hugo von Tschudi und der Kampf um die Moderne, Ausstellungskatalog Nationalgalerie Berlin, München-New York 1996. 19 Österreichischer Staatsgalerieverein in Wien, Bericht über das 1. Vereinsjahr 1912, Wien 1913, Statuten, S. 7. 20 Otto Antonia GRAF, „Im Nachhinein war niemand klüger …“. Otto Wagners Entwürfe für die Moderne Galerie, in: Belvedere. Zeitschrift für bildende Kunst, Heft 2, Wien 1996, S. 54–71.
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Ehrlich, Carl Moll, Anton Romako, Johann Martin Schmidt oder als erste Widmung des Vereins bereits 1912 Ferdinand Georg Waldmüllers Gemälde Der Fronleichnamsmorgen21 genannt. Präsentiert wurden diese Werke 1936 auf der „Ausstellung von Erwerbungen und Widmungen zu Gunsten der öffentlichen Sammlungen des Vereines der Museumsfreunde in Wien 1912–1936 sowie von Kunstwerken aus Privatbesitz“ in der Wiener Secession. Neben privaten SammlerInnen, die Leihgaben zur Verfügung stellten, wie Ferdinand Bloch-Bauer, Oskar Bondy, Vally Honig oder Alma Mahler-Werfel, sei im Besondern die Präsentation von Werken Gustav Klimts aus der Sammlung Lederer hervorgehoben. Steven Beller stellte fest: „The star of the show was none other than Im Vorwort des Kataloges würdigte der künstle– the Beethoven Frieze by Klimt.“22 ���������������������������������������������� rische Leiter der Ausstellung Carl Moll das mäzenatische Wirken August Lederers, der „dem in Wien so viel umstrittenen Gustav Klimt, liebevolles Verständnis entgegenbrachte, ihm wertvolle Stütze bot. Im Kampf um die Universitätsbilder war es August Lederer, der Klimt von seinen Verpflichtungen gegen seinen Auftraggeber befreite und der später den Beethovenfries, den die öffentliche Meinung noch energischer abgelehnt hatte wie die Universitätsbilder, vor dem Untergange bewahrte.“23 Bereits 1933 hatte Serena Lederer dem Unterrichtsministerium die „zeitweise Ueberlassung des Beethoven-Frieses von Gustav Klimt“ angeboten. Die Direktion der Österreichischen Galerie hatte sich allerdings gegen die angedachte „provisorische für die Dauer von zwei bis drei Jahren vorgeschlagene Einfügung des Beethovenfrieses in die Mauerwände des Theseus-Tempels“ ausgesprochen: „Ganz anders würde sich die Angelegenheit darstellen, wenn die dekorative Einfügung des Beethovenfrieses von Gustav Klimt im Theseus-Tempel nicht als Provisorium sondern als Definitivum zu denken wäre und beispielsweise mit einer Aufstellung antiker Vasen zu eigenartiger harmonischer musealer Wirkung gebracht werden könnte.“24 Zurückkommend auf die Entwicklung der Österreichischen Galerie sei Direktor Franz Martin Haberditzl zitiert. Dieser konnte im Jänner 1918 an das Cultusministerium berichten,
21 „Mit seiner ersten Erwerbung konnte der Österreichische Staatsgalerieverein dem Ehrendenkmale, das dem wohl größten heimischen Künstler aus seinen Werken zu entrichten vor allem die staatliche Sammlung berufen ist, einen besonders wichtigen Baustein einfügen.“, Bericht 1912, S. 11. 22 BELLER 2004, S. 236. 23 Carl MOLL, Ausstellungskatalog Secession, Wien 1936, S. 5. 24 Archiv des Belvedere Wien, Zl. 78/1933, Schreiben Direktor Franz Martin Haberditzl an das Unterrichtsministerium vom 11. März 1933.
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dass seit der im Dezember 1916 erfolgten Neuaufstellung der Staatsgalerie eine größere Zahl von Neuerwerbungen gemacht wurde. Um diese Neuerwerbungen der Oeffentlichkeit vorführen zu können und damit einerseits den Beweis für die intensive Ausgestaltung der Sammlung zu erbringen, andererseits unsere heimischen Kunstfreunde zu möglichst enger Teilnahme an den so sehr einer Unterstützung bedürftigen Interessen der Galerie zu ermuntern, erschiene es … gerechtfertigt, diesen Komplex von Neuerwerbungen … für eine kürzere Zeit … zur Aufstellung zu bringen.25
Aus Anlass der folgenden „Ausstellung von neuerworbenen Kunstwerken nicht lebender Künstler der K.K. Österreichischen Staatsgalerie im Künstlerhause“ im Sommer 1918, in der 107 Werke unter anderen von Rudolf von Alt, Tina Blau, Paul Cézanne, Caspar David Friedrich, Hans Makart, Adolph Menzel, Franz Xaver Messerschmidt, Michael Pacher, Paul Troger und Ferdinand Georg Waldmüller gezeigt wurden, wurde die „wahrhaft schöpferische Tätigkeit, die mit der Hilfe des Staatsgalerie-Vereines und einiger spendender Kunstfreunde entfaltet wird“26 lobend hervorgehoben. In dem 1921 veröffentlichten „Verzeichnis der Neuerwerbungen 1918–1921 und der gleichzeitig ausgestellten Kunstwerke“ verweist Direktor Haberditzl auf die in der unmittelbaren Nachkriegszeit erfolgten Zuwendungen privater Sammlerinnen und Sammler: „Durch zahlreiche Widmungen, als deren kostbarste die des Herrn Camillo Castiglioni27 […] hervorzuheben ist, bekundete die Öffentlichkeit in dieser unsteten Zeit eine besonders rege Teilnahme an dem Werden der Sammlung; dem Österreichischen Staatsgalerieverein, der seine fördernde Tätigkeit als Verein der Museumsfreunde noch zu verstärken strebt, verdankt die Galerie neuerdings eine Reihe erlesener Werke der heimischen Kunst28 aus älterer und neuerer Zeit.“29 Im Katalog angeführt sind unter anderen Schenkungen von Dr. Hermann Eissler, Dr. August Heymann und Karl Wittgenstein. Einer besonderen Erwähnung bedarf die Widmung des Fakultätsbildes Die Medizin von Gustav Klimt im Jahr 1919: Die „durch die Mitwirkung der Freunde des verewigten Künstlers zu bewerkstelligende Erwerbung“ wurde ermöglicht dank der finanziellen Zuwendungen von Ferdinand Bloch-Bauer, Sonja Knips, Dr. Hugo Koller und Gustav Nebehay.30 25 Archiv des Belvedere Wien, Zl. 63/1918, Schreiben Direktor Franz Martin Haberditzl an das Cultusministerium vom 29. Jänner 1918. 26 Wiener Journal vom 12. Juni 1918, zitiert nach MAGNIN-HABERDITZL 2008, S. 250. 27 Ein Aquarell Rudolf von Alts und zehn Werke August von Pettenkofens. 28 Genannt werden Kunstwerke von Peter Fendi, Josef Kreutzinger, Johann Martin Schmidt und ein Holzrelief eines Tiroler Meisters um 1470. 29 Franz Martin HABERDITZL, Vorwort, in: Mitteilungen aus der Österreichischen Staatsgalerie, 4./5. Heft, Juni 1921, Wien, S. 3. 30 Archiv des Belvedere Wien, Zl. 134/1919.
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Abb. 3: Porträtfoto Adele Bloch-Bauer
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Unter jenen Mäzenen, KunstsammlerInnen, KunsthistorikerInnen und KunsthändlerInnen, die Haberditzls Erwerbungs- und Ausstellungstätigkeit der Nachkriegszeit nachhaltig förderten und prägten, seien neben dem Kunsthistorikerehepaar Hans und Erica Tietze, Oskar Reichel, Gottfried und Hermann Eissler, Paul Wittgenstein oder Otto Kallir-Nirenstein, Adele und Ferdinand Bloch-Bauer31 besonders hervorgehoben. Adele Bloch-Bauer (Abb. 3) hatte bereits im April 1919 sechs Gemälde von Gustav Klimt, darunter ihre beiden Porträts in die „Verwahrung“ der Staatsgalerie übergeben, „mit der Berechtigung diese Kunstwerke als Leihgabe auszustellen.“32 In ihrem Testament vom 19. Jänner 1923 formulierte Adele an ihren Ehemann Ferdinand die Bitte, nach dessen Tod „meine zwei Porträts und die 4 Landschaften von Gustav Klimt … der österr. Staats-Galerie in Wien ... zu hinterlassen.“33 Nach dem plötzlichen Ableben Adeles im Jahr 1925 erklärte sich Ferdinand BlochBauer bereit, dieser Bitte nachzukommen; die Gemälde verblieben dem Wunsch Adeles entsprechend im Palais in der Wiener Elisabethstraße. Das Landschaftsbild Schloss Kammer am Attersee III (Abb. 4) wurde 1936 als Widmung dem Museum übergeben.34 Ausdruck der Verbundenheit Ferdinand Bloch-Bauers mit der Österreichischen Galerie und Beleg für sein persönliches Interesse an Kunst und seine lebenslange Bereitschaft zur Förderung von künstlerischen und kulturellen Aktivitäten, jenseits des Aufbaus seiner privaten Kunstsammlung, ist die Widmung weiterer Kunstwerke von Herbert Boeckl und Georg Ehrlich an das Museum in den Jahren 1928 und 1934. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Staatsgalerie auf beide BelvedereSchlösser erweitert und nach dem Museumsreformkonzept des Kunsthistorikers Hans 31 Siehe Stephan KOJA, Andreas KUGLER, „Ich glaube aber, es dem Andenken meines treuen Freundes Klimt schuldig zu sein …“. Die beiden Portraits der Adele Bloch von Gustav Klimt, in: Belvedere. Zeitschrift für bildende Kunst, Sonderband Gustav Klimt, Wien 2007, S. 168–191. Sophie LILLIE, Georg GAUGUSCH, Portrait of Adele Bloch-Bauer, New York 2006. 32 Archiv des Belvedere Wien, Zl. 143/1919, Empfangsbestätigung vom 12. April 1919, gezeichnet Franz Martin Haberditzl. Im genannten „Verzeichnis der Neuerwerbungen 1918–1921 und der gleichzeitig ausgestellten Kunstwerke“ sind unter den Katalognummern 50 und 52 bis 54 die Klimt-Gemälde Damenbildnis [Porträt Adele Bloch-Bauer I], Buchenwald, Schloss Kammer am Attersee und Apfelbaum „als Leihgaben aus Privatbesitz“ angeführt. 33 Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bezirksgericht Innere Stadt, Zl. A II 14/25, Testament Adele BlochBauer vom 19. Jänner 1923. Siehe auch Hubertus CZERNIN, Die Fälschung. Der Fall Bloch-Bauer und das Werk Gustav Klimts, 2 Bde, Wien 1999. 34 Archiv des Belvedere, Zl. 483/1936, Schreiben Direktor Franz Martin Haberditzl an Ferdinand BlochBauer vom 25. November 1936.
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Abb. 4: Gustav Klimt, Schloss Kammer am Attersee III
Tietze neu geordnet.35 1923 wurde als erster Teil dieser „Neuordnung“ das Barockmuseum im Unteren Belvedere eröffnet. Im Zuge der Vorbereitungen für die Einrichtung des Barockmuseums wurden Ende des Jahres 1922 die sechs Gemälde Gustav Klimts an Adele Bloch-Bauer zurückgestellt. Im Oberen Belvedere wurde 1924 die Galerie des XIX. Jahrhunderts mit Werken österreichischer und internationaler Künstler eingerichtet. 1929 wurde die Sammlung des 20. Jahrhunderts als Moderne Galerie in der Orangerie eröffnet. Wie erwähnt konnte dank der finanziellen Unterstützung des Vereins 35 Almut KRAPF-WEILER, Zur Neuorganisation der Wiener Museen 1919–1925 unter der Leitung von Hans Tietze, in: KRÄUTLER, FRODL 2004, S. 159–178.
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der Museumsfreunde unter ihrem Präsidenten Felix von Oppenheimer das Gebäude adaptiert und im davorliegenden Kammergarten eine Skulpturenaufstellung realisiert werden. In der Arbeiterzeitung wurde anerkennend festgestellt, dass „bei der Modernen Galerie […] der Verein der Museumsfreunde in Wien in sehr verdienstvoller Weise mitgewirkt und so dazu beigetragen (hat), dass die Direktion der Galerie, an deren Spitze Dr. Haberditzl steht, ihre Aufgabe in geradezu vorbildlicher Weise durchführen konnte.“36 Auf der im Archiv des Belvedere überlieferten Einladungsliste „der Leihgeber und Donatoren“ finden sich unter anderen Namen wie Eduard Ast, Dr. Hermann Eissler, Carl Moll, Klara Steiner, Josef Siller, Dr. Paul Buberl, Lea Bondi, Emilie Flöge, Hermine Wittgenstein, Margarete Stonborough-Wittgenstein, Fritzi Beer-Monti, Max Roden, Ferdinand Bloch-Bauer, Gustav Nebehay, Karl Reininghaus und Georg Franckenstein.37 Von den für die Moderne Galerie gewidmeten Kunstwerken seien exemplarisch Edgar Degas’ Tänzerin (von Lea Bondi, Abb. 5), Herbert Boeckls Bildnis des Malers Arnold Clementschitsch (von Dr. Hermann Eissler) und Georg Ehrlichs Porträt Erica Tietze-Conrat, zur Verfügung gestellt vom Verein der Museumsfreunde, genannt. Unterstützt wurde diese Neupräsentation durch wechselnde Leihgaben unter anderen von Klimt-Gemälden durch Emilie Flöge, Otto Kallir-Nirenstein, Broncia Koller, Margarete Stonborough-Wittgenstein oder Fritz Zuckerkandl. Klara Steiner, die Tochter der Kunstsammlerin Jenny Steiner, stellte Werke von Auguste Renoir38 und Henri Toulouse-Lautrec leihweise zur Verfügung. Ergänzend zu der ständigen Präsentation der Sammlungsbestände wurden im Oberen Belvedere seit 1924 Sonderausstellungen durchgeführt. Exemplarisch nenne ich die im Jahr 1928 durchgeführte und von Heinrich Schwarz kuratierte XII. Ausstellung, die sich der Kunst der Photographie der Frühzeit 1840–1880 widmete. 1930 wurden als XVI. Ausstellung Handzeichnungen und Aquarelle aus der Sammlung Hans und Erica Tietze39 gezeigt. Die Schau, die 61 Blätter unter anderen von Herbert Boeckl, Georg Ehrlich, Gerhart Frankl, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und Egon Schiele umfasste, 36 Arbeiterzeitung vom 3. Juni 1929, zitiert nach Archiv des Belvedere, Zl. 335/1929. 37 Archiv des Belvedere, Zl. 335/1929, Einladungsliste. 38 Auguste Renoirs Bronze Mutter und Kind, von 1929 bis 1937 in der Modernen Galerie ausgestellt, wurde nach der Beschlagnahme der Sammlung Steiner durch das NS-Regime in der 458. Kunstauktion des Dorotheums am 4. März 1940 versteigert. Der Verbleib ist ungeklärt. 39 Zur Person von Hans und Erica Tietze siehe Almut KRAPF-WEILER, „Löwe und Eule“. Hans Tietze und Erica Tietze-Conrat – Eine biographische Skizze, in: Belvedere. Zeitschrift für bildende Kunst, Heft 1, Wien 1999, S. 64–83.
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Abb. 5: Edgar Degas, Tänzerin
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war die zweite einer Ausstellungsreihe, die „verschiedene Arten der Sammeltätigkeit von Kunstfreunden veranschaulichen soll.“40 Hans Tietze war durch sein Museumsreformkonzept zur Reorganisation des österreichischen Musealwesens nach dem Ende der Monarchie und der Verstaatlichung der kaiserlichen Kunstsammlungen mit den Beständen des Museums bestens vertraut. Hans Tietze hatte bereits 1917 Franz Martin Haberditzl zur „Neuordnung der Österreichischen Staatsgalerie“ im Unteren Belvedere konzediert, dass dieser „aus der Not der Enge … die Tugend einer Qualitätsgalerie zu machen verstanden“ hat.41 1925 hatte Hans Tietze der Österreichischen Galerie drei Kunstwerke von Fernand Léger und Henri Le Fauconnier geschenkt. Hinzuweisen ist auch auf die Kooperation zahlreicher KunstsammlerInnen mit der Österreichischen Galerie im Jahr 1937 zur Beschickung der beiden Ausstellungen Österreichischer Kunst im Pariser Musée du Jeu de Paume42 und in der Kunsthalle Bern. Die genannten Präsentationen können als kulturpolitischer Versuch des austrofaschistischen Regimes interpretiert werden, durch die Inanspruchnahme künstlerischer Avantgarde wie Egon Schiele gegenüber dem Ausland eine propagandistische Abgrenzung zur NS-Kunstpolitik zu versuchen. Unter den Leihgebern waren SammlerInnen wie Bernhard Altmann, Carl Grünwald, Serena Lederer, Otto Kallir-Nirenstein, Heinrich Rieger oder Jenny Steiner mit prominenten Werken von Klimt, Schiele, Kokoschka oder Max Oppenheimer vertreten. Ferdinand Bloch-Bauer beschickte die Pariser Ausstellung mit sieben Gemälden von Klimt, Pettenkofen und Waldmüller sowie Prunkstücken seiner Porzellansammlung. Wenige Monate nach dem Ende der Berner Ausstellung im September 1937 sollten die in Paris und Bern repräsentativ gezeigten Kunstsammlungen aufgelöst und deren EigentümerInnen beraubt, vertrieben und ermordet werden. Auch für Franz Martin Haberditzl und seinen wissenschaftlichen Mitarbeiter Heinrich Schwarz wurde der „Anschluss“ 1938 zur schrecklichen Zäsur. Haberditzl wurde seines Amtes enthoben und durch seinen langjährigen Stellvertreter Bruno Grimschitz ersetzt; Heinrich Schwarz wurde aus rassistischen Gründen aus Österreich vertrieben.43 40 Franz Martin HABERDITZL, Ausstellungskatalog der XVI. Ausstellung, Österreichische Galerie, Wien 1930, S. 2. Als XIV. Ausstellung waren 1929 Aquarelle und Handzeichnungen aus der Sammlung Dr. August Heymann gezeigt worden. 41 Hans TIETZE, Die Neuordnung der Österreichischen Staatsgalerie, in: Zeitschrift für bildende Kunst, 1917, zitiert nach MAGNIN-HABERDITZL 2008, S. 249. 42 Vgl. Bernadette REINHOLD, Die Exposition d’Art Autrichien im Jeu de Paume in Paris. Ein Lehrstück austrofranzösischer Kulturpolitik in der Zwischenkriegszeit, in: Ausstellungskatalog Wien – Paris. Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne 1880–1960, Belvedere Wien 2007, S. 307–317. 43 Zur Person von Heinrich Schwarz siehe Ulrike WENDLAND, Biographisches Handbuch deutschsprachiger Kunsthistoriker im Exil, München 1999, Teil 2, S. 630–635.
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Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 setzte unter Bruno Grimschitz unter aktiver Ausnützung der geänderten Machtverhältnisse eine offensive Erwerbungspolitik ein. Insgesamt wurden in den Jahren 1938–1945 mehr als 600 Kunstwerke erworben. Die Moderne Galerie wurde von Grimschitz im Sinne des NS-Regimes am 20. März 1938 geschlossen; der Bestand an sogenannten „entarteten“ Werken blieb unangetastet.44 Das Gebäude der Orangerie wurde im Oktober 1939 der Zentralstelle für Denkmalschutz als Depot für sichergestellte und beschlagnahmte Kunstgegenstände zur Verfügung gestellt. Bereits im April 1938 hatte Grimschitz als kommissarischer Leiter der Österreichischen Galerie an das Unterrichtsministerium einen Antrag auf „Ausgestaltung der Sammlungen in personeller, wissenschaftlicher, künstlerischer und administrativer Hinsicht“ gerichtet. Er forderte die Gewährung außerordentlicher Dotationen für die Erwerbung von Kunstwerken, die für die Repräsentation österreichischer Kunst in der Österreichischen Galerie unbedingt wesentlich sind und deren Abwanderung unter allen Umständen zu verhindern sein wird. Infolge der Auflösung von Sammlungen oder infolge der tiefgreifenden Umschichtungen des österreichischen Privatbesitzes durch die grundsätzlich neuen politischen Verhältnisse werden kostbarste Werke der österreichischen Kunst frei, die durch viele Jahre für eine staatliche Erwerbung unerreichbar waren. Höhe der Dotation entsprechend der Zahl und der künstlerischen Bedeutung der auf den Markt gelangenden Objekte. (Aus der für die Ausfuhr nach der Tschechoslowakei angemeldeten Sammlung Oskar Bondy wären Amerlings „Bildnis der Frau Striebel“ und Ferdinand Georg Waldmüllers „Salzkammergutlandschaft“ für die Galerie des 19. Jahrhunderts zu erwerben, da gleichartige und künstlerisch gleichwertige Gemälde fehlen).45
44 Zur Geschichte des Belvedere 1938–1945 bzw. zur Erwerbungspolitik Bruno Grimschitz’ in der NS-Zeit siehe Monika MAYER, Bruno Grimschitz und die Österreichische Galerie 1938–1945. Eine biographische Annäherung im Kontext der aktuellen Provenienzforschung, in: Gabriele ANDERL, Alexandra CARUSO (Hg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen, Innsbruck 2005, S. 59–79. 45 Archiv des Belvedere Wien, Zl. 206/1938, Schreiben Bruno Grimschitz an das Österreichische Unterrichtsministerium vom 15. April 1938. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Direktor Franz Martin Haberditzl bereits am 21. März 1938 die „Sicherstellung der zwei Oelgemälde 1. Friedrich Amerling: ‚Bildnis der Frau Striebel‘ 2. Ferdinand Georg Waldmüller ‚Salzkammergutlandschaft‘ (...) in der Sammlung Oskar Bondy durch Aufnahme in den Denkmalschutz” beantragt hatte. Siehe Archiv des Belvedere Wien, Zl. 182/1938, Schreiben Franz Martin Haberditzl an die Zentralstelle für Denkmalschutz vom 21. März 1938.
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Monika Mayer
Laut Hans Sedlmayr erreichte die ������������������������������������������������� Österreichische Galerie�������������������������� unter der Direktion Grim46 schitz’ „den Zenith (ihrer) größten Fülle“. Dass diese „größte Fülle“ in direktem Zusammenhang mit der Zerstörung und der Enteignung auch jener Kunstsammlungen durch das NS-Regime zu sehen ist, deren EigentümerInnen dem Museum jahrelang eng verbunden waren, darf abschließend nicht unerwähnt bleiben.47
46 Hans SEDLMAYR, Bruno Grimschitz, in: Karl GINHART, Gotbert MORO (Hg.), Gedenkbuch Bruno Grimschitz, Klagenfurt 1967 (Kärntner Museumsschriften 44), S. 175–177, hier S. 177. 47 Hubertus Czernin charakterisierte Bruno Grimschitz als „einen der Hauptakteure bei der ‚Arisierung‘ der Wiener Kunstsammlungen und einen der größten Profiteure der Enteignung jüdischer Kunstsammlungen.“ CZERNIN 1999, Bd. 2, S. 309–310.
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Museen und Mäzene
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Museums and Patrons “Jewish” Patronage and the Austrian Gallery, 1903 to 1938 Using the example of the evolution of the Austrian Gallery from the foundation of the Modern Gallery in 1903 to the Anschluss in 1938, this paper will show the patronage activities of an often Jewish collector elite in Vienna, and illustrate the close connections between museums, artists, collectors, art historians and art dealers. In 1912, the Modern Gallery, which had opened in the Lower Belvedere in May 1903, was transformed into the Austrian State Gallery. This was supported to a great extent by the State Gallery Association, in which Felix von Oppenheimer, Ferdinand Bloch-Bauer and Viktor Zuckerkandl were among the founding members. In 1915, Franz Martin Haberditzl was appointed Director of the Austrian State Gallery; among those patrons and collectors who encouraged, sustained and shaped Haberditzl’s acquisition and exhibition activities were Hans and Erica Tietze, Oskar Reichel, Otto Kallir-Nirenstein and Adele and Ferdinand BlochBauer. After the end of the First World War, the State Gallery was expanded to encompass both of the Belvedere palaces and reorganized according to the concept of the art historian Hans Tietze. As part of this reorganization in 1929, the twentieth century collection was opened in the Orangerie as the Modern Gallery. This new presentation was supported by numerous donations and works on loan from Lea Bondi, Broncia Koller, Klara Steiner and Fritz Zuckerkandl, among others. A few years later, those art collections whose Jewish owners has been closely associated with the museum for years were confiscated and destroyed by the Nazi regime.
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Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München Ein Forschungsprojekt der Staatlichen und Städtischen Museen in München zum Schicksal jüdischer Kunstsammler und Kunsthändler
Vanessa-Maria Voigt / Horst ������������� Kessler
Das Schicksal jüdischer Kunstsammlungen in München ab 1933
Die mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Januar 1933 einsetzende systematische Entrechtung und Enteignung der jüdischen Bevölkerung zerschlug gleichsam alle bedeutenden Kunstsammlungen und Kunsthandlungen von Juden und Jüdinnen. Viele wurden arisiert und Inventare beschlagnahmt, andere gänzlich zerstört. Während im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts annähernd 11.000 jüdische BürgerInnen in München lebten, emigrierte zwischen 1933 und 1937 fast ein Drittel der Münchner JüdInnen ins Ausland. Nach den entsetzlichen Zerstörungen der Reichspogromnacht am 9. November 1938 ließ Münchens Gauleiter Adolf Wagner (1890–1944) die jüdischen Geschäfte in der Stadt nicht mehr öffnen und entzog ihren BesitzerInnen das Recht, diese weiterzuführen. Darunter namhafte Kunst- und Antiquitätenhandlungen wie die der Familie Bernheimer, ein Unternehmen, das sich seit 1870 in München etabliert und durch Kennerschaft und den visionären Pioniergeist der Besitzer einen internationalen Namen verschafft hatte. Das Unternehmen wurde 1938 arisiert und fortan als Münchner Kunsthandelsgesellschaft unter Leitung von Adolf Wagner, Gauleiter von München-Oberbayern und kommissarischer Innenminister, stellvertretender Ministerpräsident sowie bayerischer Kultusminister, weitergeführt.1 Im Stadtbild Münchens haben diese Galerien ihre architektonischen Spuren hinterlassen, denen man heute noch begegnet. So bezog die Kunst- und Antiquitätenhandlung Bernheimer beispielsweise im Jahre 1889 das von Friedrich von Thiersch und 1
Das Angebot der Kunst- und Antiquitätenhandlung erstreckte sich auf den Handel mit Kunst, seltenen Büchern und Manuskripten, der Numismatik, der Volkskunst, dem Kunsthandwerk, der asiatischen Kunst sowie auf die Innendekoration. Vgl. hierzu: Jüdisches Museum München (Hg.), Emily D. BILSKI, Die Kunst- und Antiquitätenfirma Bernheimer, Sammelbilder 05, München 2007. Carla SCHULZ-HOFFMANN, Ilse von zur MÜHLEN, Provenienzforschung an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, in: Museen im Zwielicht. Ankaufspolitik 1933–1945 / die eigene Geschichte. Provenienzforschung an deutschen Kunstmuseen im internationalen Vergleich, Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste (Hg.), Bd. 2, Magdeburg 2002, S. 331–349.
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Martin Dülfer entworfene Palais am Lenbachplatz. Diesem Beispiel – bekannte Architekten mit den Entwürfen für Galeriebauten zu beauftragen – folgten 1904 die Galerie Heinemann mit einem von Emanuel Seidl entworfenen Gebäude am Lenbachplatz sowie im Jahre 1911 die Galerie Drey, deren Hauptgebäude nach einem Entwurf von Gabriel von Seidl am Maximiliansplatz errichtet wurde. Nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und der damit einhergehenden Vernichtung der jüdischen Bevölkerung gerieten viele Münchner Kunsthändler und KunstsammlerInnen wie Franziska Heinemann, Siegfried und Walter Lämmle oder Anna Caspari, Siegfried Fritz Jordan, Bruno Levi und Martin Aufhäuser – um nur einige Namen zu nennen – dennoch in Vergessenheit und ihre Biografien sind heute nur mühsam zu rekonstruieren. Die „Sicherstellung von Kulturgut in jüdischem Privatbesitz“ in München 1938/39 Im Januar 1940 informierte der Direktor des Historischen Stadtmuseums in München, Konrad Schießl, den Chef der Reichskanzlei Hans Heinrich Lammers über die in München erfolgten Beschlagnahmungen von Kunst- und Kulturgütern aus jüdischem Besitz: „Die Geheime Staatspolizei […] München hat zu Beginn des Jahres 1939 aus dem Besitz von in München ansässigen Juden eine große Zahl von Kunstgegenständen sichergestellt und dieselben nach zwei Gruppen, Gemälde und Antiquitäten, im Maximilianeum bzw. im Nationalmuseum untergebracht.“2 Schießl beschreibt den akribisch organisierten Kunstraubzug der Nationalsozialisten in München und dem Münchner Umland, durchgeführt in der Zeit von November 1938 bis Februar 1939. Verantwortlich für die Ausführung und Organisation dieser in den Akten betitelten „Judenaktion“ war Adolf Wagner, Gauleiter für München-Oberbayern und zugleich Innen- und Kultusminister von Bayern.3 2 3
Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, Briefentwurf von Konrad Schießl, Direktor des Historischen Stadtmuseums, München an Reichsminister Hans Heinrich Lammers, 5. Januar 1940. Zwischen November 1938 und Februar 1939 beschlagnahmte die Gestapo Kunst- und Kulturgüter aus 72 Sammlungen von Juden in München. Vgl. hierzu: Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189 sowie die von Max Schwaegerl (Betriebsprüfer beim Oberfinanzpräsidenten München) am 31.03.1947 getätigte Aussage gegenüber den Mitarbeitern des Military Government for Bavaria, Central Collecting Point Munich, in: Bundesarchiv Koblenz, B 323/352. Zu der Beschlagnahmung in München siehe auch: Lorenz SEELIG, Die Münchner Sammlung Alfred Pringsheim – Versteigerung, Beschlagnahmung, Restitution, in: Entehrt. Ausgeplündert. Arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden, Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste (Hg.), Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Bd. 3, Magdeburg 2005, S. 265–290, hier S. 271. SCHULZ-HOFFMANN, von zur MÜHLEN 2002, S. 335.
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Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München
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Dieser berief alle Münchner Museumsdirektoren unmittelbar nach der Reichspogromnacht in das Polizeipräsidium und ordnete an, dass „jüdisches Kulturgut durch Gestapobeamte sichergestellt“ werden sollte.4 Bereits am 11. November 1938 erhielt SS-Ortsgruppenführer und Polizeipräsident Friedrich Karl Freiherr von Eberstein vom Bayerischen Staatsministerium des Innern die offizielle Anordnung: Der Herr Staatsminister wünscht, daß diese Kulturgüter durch die Polizei im Benehmen mit einem Sachverständigen der Landeskulturverwaltung der Gauleitung München-Oberbayern beschlagnahmt werden. Für die ordnungsgemäße Unterbringung dieser Kulturgüter soll der Generaldirektor der Staatlichen Sammlungen, Dr. Buchner, herangezogen und verantwortlich gemacht werden.5
Eine gesetzliche Grundlage für diese von Wagner angeordnete Beschlagnahmung von in jüdischem Eigentum befindlicher Kunst- und Kulturgüter existierte auch nach nationalsozialistischer Gesetzgebung nicht. Euphemistisch als „Sicherstellung“ deklariert, begannen die Beamten der Geheimen Staatspolizei am 15. November 1938 unter Leitung von Kriminalrat Josef Gerum (1888– nach 1957) mit der Beschlagnahmung von Kunstwerken in den Wohnungen von Otto und Ludwig Bernheimer.6 Im Fokus der Gestapo standen in der Folge allerdings nicht nur renommierte Sammlungen und Kunsthandlungen, sondern ebenso Privatpersonen aus Oberbayern, in deren Eigentum sich häufig nur ein oder zwei Kunstwerke befanden. Einen detaillierten Überblick über den Kunstbesitz jüdischer SammlerInnen erlangten die Beamten im Zuge der Vorbereitung der Beschlagnahmungen durch die Angaben in den so genannten „Vermögensanmeldungen“. Hierin mussten alle Jüdinnen und Juden nach der am 26. April 1938 erlassenen „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“7 ihr gesamtes in- und ausländisches Vermögen, einschließlich ihres 4
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Bundesarchiv Koblenz, B 323/352a, Aussage von Dr. Hans Buchheit, Direktor des Bayerischen Nationalmuseums, München gegenüber den Offizieren des Office of Military Government for Bavaria, Economics Division vom 22.04.1946. Die Akten der Münchner Gestapo sind im Zuge des Krieges fast vollständig verbrannt. Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München, Registratur, Akt 7/2b, Abschrift des Briefes von Staatssekretär Max Köglmaier an den Leiter der Polizeiabteilung des Staatsministeriums des Innern, SS-Obergruppenführer Freiherr von Eberstein, Polizeipräsident der Hauptstadt der Bewegung, 11.11.1938. Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, StM/I/37a, b, Protokoll der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle München über die „Sicherstellung“ von Kulturgütern in der Wohnung von Otto Bernheimer, Vilshofenerstr. 8, 15.11.1938; Protokoll der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle München über die „Sicherstellung“ von Kulturgütern in der Wohnung von Ludwig Bernheimer, Pienzenauerstr. 6/II, 15.11.1938. „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ vom 26. April 1938 (Reichsgesetzblatt,
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Kunstbesitzes detailliert benennen. Im Rahmen der Planung dieser Kunstraubaktion profitierte die Gestapo allerdings auch von dem Wissen der Münchner Museumsdirektoren. Diese begleiteten zusammen mit Museumsmitarbeitern und Kunsthändlerkollegen die Beschlagnahmungen in den Wohnungen und fungierten als Sachverständige bezüglich der Auswahl von Objekten und deren künstlerischer Qualität. In jedem Haus beziehungsweise jeder Wohnung wurden vor Ort von Sekretärinnen umfassende Protokolle des vorhandenen Kunst- und Kulturgutes angefertigt.8 Die Besitzer erhielten hiervon weder einen Durchschlag noch eine Quittung. Ihnen war es allenfalls gestattet, eigene Aufzeichnungen anzufertigen. Beauftragte Speditionen brachten die konfiszierten Kunstgegenstände anschließend in das Neue Studiengebäude des Bayerischen Nationalmuseums.
Abb. 1: Blick auf das Neue Studiengebäude des Bayerischen Nationalmuseums in München
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RGBL I, 1938, S. 414/415), wonach Juden Vermögen über 5000 Reichsmark anmelden mussten. Die Anmeldung hatte unter Nutzung eines vorgefertigten Musters bis zum 30. Juni 1938 zu erfolgen. Diese Protokolle sind überliefert in dem im Jahre 2007 im Münchner Stadtmuseum aufgefundenen Akt „Ehemaliger Judenbesitz. Wiedergutmachungsakt“. Siehe hierzu: Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, StM/I/29–99.
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Hier wurden die Objekte von dem Direktor des Bayerischen Nationalmuseums, Hans Buchheit, oder einem seiner Mitarbeiter in Empfang genommen.9 Im Februar 1939 musste das Studiengebäude des Nationalmuseums geräumt werden. Die Kunstwerke wurden auf Veranlassung von Gauleiter Adolf Wagner daraufhin zu Besichtigungszwecken in das Hauptgebäude des Nationalmuseums, die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sowie in das Historische Stadtmuseum verbracht.10 Die Direktoren der staatlichen und städtischen Museen wurden nun aufgefordert, Kunstwerke aus dem beschlagnahmten Konvolut für ihre Sammlungen auszuwählen, die sie zu „Sonderkonditionen“ von der Gestapo erwerben konnten. Jene Werke, die für die städtischen und staatlichen Museen nicht angekauft wurden, ließ Wagner in das Gebäude des aufgelösten Kunst- und Antiquitätenhauses Bernheimer bringen, wo nun die von ihm gegründete Münchner Kunsthandelsgesellschaft11 residierte. Beschlagnahmte Bücher, Münzen und Grafiken wurden der Bayerischen Staatsbibliothek, dem Münzkabinett, der Staatlichen Graphischen Sammlung und dem Residenzmuseum übergeben.12 Auf Anordnung der Gestapo mussten die Museen den Kaufbetrag für die von ihnen erworbenen Kunstwerke auf ein Konto der Polizeileitstelle München mit dem Betreff „Jüdisches Kunstgut“ überweisen. Da der gesamten Beschlagnahmeaktion die gesetzliche Grundlage fehlte und sich viele Opfer der Konfiszierungen noch nach der am 25. November 1941 erlassenen „Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz“13 im Inland aufhielten, kam es 1942 und somit vier Jahre nach der Aktion zu einer juristischen Prüfung durch das mit der „Verwertung“ jüdischer Vermögen beauftragte Oberfinanzpräsidium von München.14 Dieses forderte von den Museen nun eine offizielle Genehmigung und Aufstellung über die seinerzeit getätigten Erwerbungen. In der Folge wurden die Verkäufe rückgängig gemacht und die Objekte als „Leihgaben des Oberfinanzpräsidiums“ in den Museen belassen.15 9 10 11
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Der Empfang im Bayerischen Nationalmuseum wurde per Unterschrift auf dem Beschlagnahmeprotokoll bestätigt. Siehe hierzu: Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189. Siehe hierzu: Bayerisches Nationalmuseum München, Dokumentation, Dokument 201. Christiane KULLER, Finanzverwaltung und „Arisierung“ in München, in: Annette BAUMANN, Andreas HEUSLER (Hg.), München arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden in der NS-Zeit, München 2004, S. 176–198, S. 178. SEELIG 2005, S. 278–279. Zu der Aufteilung der beschlagnahmten Kunstwerke siehe auch: Bundesarchiv Koblenz, B 323/352a: Aussage von Dr. Hans Buchheit gegenüber den Offizieren des Office of Military Government for Bavaria, Economics Division vom 22.04.1946. Bundesarchiv Koblenz, Reichsfinanzministerium, R 2/31098. SEELIG 2005, S. 272. SEELIG 2005, S. 279.
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Im März 1942 traf Dr. Hans Posse, der Direktor der Dresdner Gemäldegalerie und Beauftrage Hitlers für den Sammlungsaufbau des in Linz geplanten Führermuseums in München ein und wählte aus dem beschlagnahmten Konvolut insgesamt 23 Kunstwerke im Wert von 86.750 Reichsmark aus.16 Weitere 18 Bilder im Wert von rund 12.600 Reichsmark, die sich in Verwahrung bei der Münchner Kunsthandelsgesellschaft befanden, übergab das Oberfinanzpräsidium München nun offiziell an Wagner.17 Die an die Münchner Museen verkauften Kunst- und Kulturgüter aus dieser Aktion gelangten im Zuge des Krieges zusammen mit weiteren Objekten an verschiedene Aufbewahrungsorte in Bayern. Nach dem Ende des Krieges kamen die Werke zurück nach München in den Central Collecting Point.18 Ein Großteil der in den Jahren 1938/39 konfiszierten Objekte aus jüdischem Besitz konnte von hier aus an die rechtmäßigen EigentümerInnen oder deren Nachkommen restituiert werden. Der Standort weiterer Kunstwerke wiederum ist bis heute unbekannt. Mit der Zerschlagung der jüdischen Sammlungen und Kunsthandlungen in München gerieten diese in der Folge weitgehend in Vergessenheit. Eine Ausnahme bilden die wissenschaftlichen Untersuchungen zu der Münchner Kunsthändler familie Bernheimer19, zur Sammlerfamilie Pringsheim20 sowie die Studien zu den Sammlungen von Siegfried Lämmle und Ludwig Gerngroß.21 Die Existenz vieler Sammlungen lässt sich heute zumeist nur mehr über den Vermögensentzug ihrer einstigen Besitzer nachvollziehen, ebenso wie der Umfang der Sammlungen oft nur durch die in diesem Zusammenhang erstellten Vermögens- oder Beschlagnahmelisten rekonstruierbar ist. Um dieses wichtige Kapitel Münchner Kunst- und Kulturgeschichte aufzuarbeiten etablierten die städtischen und staatlichen Museen in München in Kooperation mit der Arbeitsstelle für Provenienzforschung in Berlin im Juni 2009 ein dreijähriges 16 Staatsarchiv München, Oberfinanzpräsidium Nürnberg, WGM 103; Bundesarchiv Koblenz, Reichsfinanzministerium, R 2/31098. Darunter zwei Gemälde des Quattrocento aus der Sammlung Alfred Pringsheim. Siehe hierzu: Bundesarchiv Koblenz, B 323/389 (Linz-Nr. 2553, 2555). 17 Bundesarchiv Koblenz, Reichsfinanzministerium, R 2/31098. 18 Zum Central Collecting Point siehe Iris LAUTERBACH, „Arche Noah“, „Museum ohne Besucher“? – Der Central Collecting Point in München, in: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste (Hg.), Entehrt. Ausgeplündert. Arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden, Bd. 3, Magdeburg 2005, S. 335–353. 19 BILSKI, Bernheimer 2007. 20 Jüdisches Museum München (Hg.), Emily D. BILSKI, „Nichts als Kultur“ – Die Pringsheims, Sammelbilder 02, München 2007. 21 Matthias WENIGER, Die Sammlungen Siegfried Lammle und Ludwig Gerngros im Bayerischen Nationalmuseum 1938–1953, in: Entehrt. Ausgeplündert, S. 291–309.
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Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München
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Forschungsprojekt, welches sich thematisch diesem systematischen Kunstraubzug in München in den Jahren 1938/39 widmen sollte.22 Basierend auf einem im Jahre 2007 im Münchner Stadtmuseum aufgefundenen historischen Akt mit der Aufschrift „Ehemaliger Judenbesitz – Wiedergutmachungsakt“23, welche die Enteignungen jüdischer BürgerInnen in München durch die Nationalsozialisten umfassend dokumentiert, soll diese Beschlagnahmeaktion nun erstmals zusammenhängend erforscht werden. Der etwa 500 Seiten umfassende Akt beschreibt diesen für Deutschland in seiner Systematik bislang ohne Beispiel gebliebenen Kunstraub der Nationalsozialisten sehr detailliert. In den wenigen Monaten von November 1938 bis Februar 1939 wurden demnach annähernd 2000 Kunst- und Kulturgüter aus dem Eigentum von insgesamt 72 jüdischen SammlerInnen in München beschlagnahmt, darunter bekannte Sammlungen wie die Majolikasammlung von Alfred Pringsheim, die Porzellansammlung von Bruno Levi sowie die Sammlungen von renommierten Kunsthändlern, Bankiers, Unternehmern, Ärzten und Juristen. Ausgehend von dem im Münchner Stadtmusem aufgefundenen Akt erarbeitet das Forschungsprojekt im Abgleich mit Archivalien aus den beteiligten Münchner Museen sowie den städtischen und staatlichen Archiven Bayerns für jeden hier erwähnten jüdischen Sammler eine Kurzbiografie. Daran anschließend wird dessen einstiger Kunstbesitz identifiziert und dessen Verbleib rekonstruiert. Ungeklärte Provenienzen von bislang nicht restituierten Kunstwerken, die sich möglicherweise aus dieser Beschlagnahmungsaktion noch heute in den städtischen und staatlichen Museen Münchens befinden, können so identifiziert werden. Erfasst wurden darüber hinaus aber auch die Namen aller an der Beschlagnahmeaktion beteiligten Personen. Darunter befinden sich Beamte der Gestapo, die die Aktion im Auftrag des Kultusministers Adolf Wagner maßgeblich vorbereiteten und leiteten, Karl Fiehler, der Oberbürgermeister von München sowie Museumsdirektoren und -mitarbeiterInnen, ansässige Kunstsachverständige und Speditionen, die 22 Beteiligte Museen sind die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, das Jüdische Museum München, die Städtische Galerie im Lenbachhaus, das Münchner Stadtmuseum, das Museum Villa Stuck, das Bayerische Nationalmuseum und die Staatliche Graphische Sammlung. 23 Der Akt wurde 2010 an das Stadtarchiv München abgegeben, Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189. Ergänzt wird dieses Material durch die im so genannten ALIU Report (Art Looting Investigation Unit, Final Report, Washington 1.5.1946) erfassten Namen von jüdischen Sammlern in München. Siehe hierzu: National Archives and Records Administration, Washington, Target 2, O.S.S. Art Looting Investigation Unit, (DIR), Report No. 2, Ernst Buchner, July 1945. Bundesarchiv Koblenz, B 323/352, Aussage von Max Schwaegerl (Betriebsprüfer beim Oberfinanzpräsidenten München) vom 31.03.1947 gegenüber den Mitarbeitern des Military Government for Bavaria, Central Collecting Point Munich.
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mit dem Transport der konfiszierten Kunstwerke beauftragt wurden. Im Rahmen des Projektes soll auch dieser Personenkreis biographisch erfasst, insbesondere aber wird dessen Funktion in diesem systematisch vorbereiteten Kunstraubzug erarbeitet und beschrieben werden. Die „Sicherstellung von Kulturgut“ in der Wohnung des Münchner Chemikers Dr. Moritz Bloch
Im Folgenden soll an einem Fall exemplarisch die Vorgehensweise der 72 erfolgten Beschlagnahmungen dargestellt werden. Im Zuge der systematischen „Sicherstellung von deutschem Kulturgut“24 aus jüdischem Besitz erschien die Geheime Staatspolizei München am 19. November 1938 in der Wohnung des Münchner Chemikers Dr. Moritz Bloch in der Habsburgerstraße 2.25
Abb. 2: Dr. Moritz Bloch (1877–1942)
Kriminalrat Josef Gerum, der Leiter der „Sicherstellungsaktion“ wurde von zwei Kollegen, Kriminalsekretär Huber und ‚SS-Unterscharfführer‘ Heine begleitet. Huber war für die Erstellung des Beschlagnahmeprotokolls verantwortlich. 24 Siehe hierzu die Formulierung in den Beschlagnahmeprotokollen, Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189. 25 Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, StM/I/39.
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Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München
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Abb. 3: Beschlagnahmeprotokoll vom 19. November 1938 aufgenommen in der Wohnung von Moritz Bloch
Das Protokoll folgt in seinem Aufbau einem strengen Muster. Beginnend mit der Angabe der verantwortlichen Behörde Geheime Staatspolizei Staatspolizeileitstelle München und dem Datum der Beschlagnahmung wurden der Name, die Adresse und das Geburtsdatum des „Beschlagnahmeopfers“ sowie die biographischen Daten der anwesenden Verwandten oder Hausangestellten aufgenommen. Es folgt eine Auflistung aller anwesenden Gestapobeamten und Sachverständigen wie MuseumsmitarbeiterInnen oder Gutachtern aus dem Münchner Kunsthandel. Alle in der jeweiligen Wohnung befindlichen Kunst- und Kulturgüter wurden schließlich mit einer fortlaufenden Nummer versehen. Die Angaben beschränken sich allerdings auf den Namen des Künstlers und den Titel des Objektes, was eine genaue Identifizierung im Zuge der Recherche erschwert. Unterzeichnet wurden die Protokolle von Josef Gerum in seiner Funktion als Leiter der gesamten Aktion. Die Ankunft der Objekte, die nach der Sicherstellung unmittelbar durch beauftragte Speditionen in das Bayerische Nationalmuseum verbracht wurden, quittierte auf dem Protokoll der Museumsdirektor, Dr. Hans Buchheit, oder einer seiner MitarbeiterInnen.
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Als Sachverständige für die kunsthistorische Beurteilung der Kunstwerke waren während der Beschlagnahmung in der Wohnung von Moritz Bloch, Theodor Müller vom Bayerischen Nationalmuseum und Karl Busch, Konservator der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, verantwortlich. Moritz Bloch selbst war bei der Beschlagnahmung seines Eigentums anwesend. Dies war jedoch nicht zwingend erforderlich. In anderen Fällen genügte es den Beamten, wenn die Ehefrau oder eine Hausangestellte zugegen war. Laut Beschlagnahmeprotokoll wurden aus dem Eigentum von Moritz Bloch insgesamt 27 Kunstwerke sichergestellt, darunter 18 Gemälde, eine Plastik, sieben Teppiche und eine Kommode. Zwei der sieben Teppiche blieben laut Protokoll vorerst noch in der Wohnung und wurden am 25. April 1939 offiziell freigegeben.26 Moritz Bloch27 lebte seit Januar 1903 in München und wurde als promovierter Chemiker Teilhaber der Landwirtschaftlich-Chemischen Fabrik München Aubing von Julius Einhorn. Am 15. August 1904 heiratete er die am 2. April 1882 in Hildesheim geborene Franziska Freudenthal. Das Ehepaar hatte einen Sohn, den am 29. Januar 1905 in München geborenen Kurt. Die Familie lebte in der Habsburgerstraße 2 in München. Im Jahre 1917 übernahm Bloch die Chemiefabrik von Julius Einhorn als Alleininhaber und führte sie unter dem Namen Chemische Fabrik Aubing Dr. M. Bloch weiter. Hergestellt wurden hier Spezialklebstoffe sowie selbst entwickelte Tierarzneimittel, Salicylsäure und Acetanilid.28 Zu Beginn der 1930er Jahre ernannte Bloch seinen Sohn Kurt, der ebenfalls Chemiker war, zu seinem Teilhaber. Die stete Aufwärtsentwicklung der chemischen Fabrik wurde durch die Geschehnisse der Reichspogromnacht abrupt unterbrochen. Moritz Bloch und seinem Sohn wurde das Betreten des Fabrikgeländes mit sofortiger Wirkung untersagt. Am 24. Januar 1939 wurde die Fabrik an die Berliner Firma Schering AG und Heyl & Co. zwangsveräußert.29 Der Kaufpreis wurde auf ein Sperrkonto überwiesen. Kurt Bloch emigrierte daraufhin im Frühjahr 1939 nach England. Wenige Monate nach dem Tod seiner Frau Franziska, die am 23. August 1939 in München verstarb, 26 Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, StM/I/39. 27 Moritz Bloch wurde am 9. Oktober 1877 in Rodalben, Kreis Pirmasens als Sohn des Kaufmannes Lazarus Bloch und dessen Ehefrau Judith, geborene Mann, geboren. Er studierte an der Universität in Bern Chemie und kam 1903 nach München. Freundliche Mitteilung von Dr. Andreas Heusler, Stadtarchiv München vom 20.04.2009. 28 Sabine BLOCH, Peter KNOCH, Chemische Fabrik Aubing, in: Bernhard SCHOSSIG (Hg.), Ins Licht gerückt: Jüdische Lebenswege im Münchner Westen, eine Spurensuche, München 2008. 29 BLOCH, KNOCH 2008.
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Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München
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Abb. 4: Wilhelm Leibl, Porträt eines jungen Mannes mit Hut. Restituiert im März 1950
emigrierte auch Moritz Bloch im März 1940 über Luzern nach New York, wo er am 13. August 1943 im Alter von 65 Jahren starb.30 Im Jahre 1947 kehrte Kurt Bloch nach München zurück und erhielt im Rahmen seines Rückerstattungsantrages 1949 zunächst die väterliche Fabrik in Aubing zurück.31 Er führte das Unternehmen bis zu seinem Tod im Jahre 1961 weiter. Per Beschluss der Wiedergutmachungsbehörde Oberbayern vom 23. März 1950 erhielt Kurt Bloch 19 der insgesamt 27 konfiszierten Kunstwerke aus der Sammlung seines Vaters zurück. Es handelte sich dabei um 13 der 18 Gemälde, fünf Teppiche und eine Holzskulptur. Weitere fünf Gemälde sowie eine Kommode konnten nicht restituiert werden, da deren Verbleib nicht zu rekonstruieren war.32
30 Freundliche Mitteilung von Dr. Andreas Heusler, Stadtarchiv München vom 20.04.2009. 31 Staatsarchiv München, Wiedergutmachungsakt Az Ia 449. 32 National Archives Washington (NARA), M1947, Cultural Object Movement and Control Records, Out-Shipment 181 Through Out-Shipment 190 (April 14, 1950-May 12, 1950) Out-Shipment 186, 8-V-50 (Moritz Bloch), Niederschrift der Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern vom 23. März 1950, Az Ia 449.
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Die Kommode war laut einer späteren Abschrift des Beschlagnahmeprotokolls in der Wohnung der Eheleute Bloch verblieben.33 Zwei Gemälde, darunter Carl Spitzwegs Eremit sowie eine Baumlandschaft von Anton Teichlein, die beide nach der Beschlagnahmung für das Historische Stadtmuseum vorgesehen waren, trafen am 13. März 1946 aus dem Auslagerungsort Schloss Thambach im Collecting Point München ein.34 Kurt Bloch selbst hatte in Erfahrung gebracht, dass diese beiden Gemälde aus dem Bestand des Central Collecting Point München gestohlen wurden. Das Fehlen der Bilder wurde bei einer Bestandsaufnahme von Dienstkräften der Städtischen Galerie beim Collecting Point am 3. September 1948 festgestellt. Konrad Schießl, der damalige Direktor des Historischen Stadtmuseums, bestätigte als Zeuge der Stadtverwaltung München gegenüber der Wiedergutmachungskammer I München-Oberbayern am 23. März 1950, dass die beiden gestohlenen Gemälde aus dem Eigentum von Moritz Bloch stammten. Schadensansprüche aus diesem Verlust wurden von der Stadt München und dem Land Bayern auf Kurt Bloch übertragen.35 Der Rückerstattungsanspruch von Kurt Bloch beinhaltete auch die drei noch fehlenden Gemälde von Hendrick Cornelisz van Vliet: Kircheninneres, Fritz Baer: Flachlandschaft mit Kühen und Eduard Schleich: Dachau.36 Laut Niederschrift der Wiedergutmachungsbehörde Oberbayern vom 23. März 1950 wurden diese drei Bilder durch Bombeneinwirkung zerstört. Kurt Bloch nahm den Rückerstattungsanspruch auf die Bilder daraufhin zurück. Er erhielt keinerlei Ausgleichzahlungen für den Verlust der Gemälde.37
33 Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, StM/I/16,12: Abschrift der im Nationalmuseum liegenden Verzeichnisse. 34 National Archives Washington (NARA), M1947, Cultural Object Movement and Control Records, Out-Shipment 181 Through Out-Shipment 190 (April 14, 1950-May 12, 1950) Out-Shipment 186, 8-V-50 (Moritz Bloch), Niederschrift der Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern vom 23. März 1950, Az Ia 449. 35 National Archives Washington (NARA), M1947, Cultural Object Movement and Control Records, Out-Shipment 181 Through Out-Shipment 190 (April 14, 1950-May 12, 1950) Out-Shipment 186, 8-V-50 (Moritz Bloch), Niederschrift der Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern vom 23. März 1950, Az Ia 449. 36 Die Bezeichnungen der Gemälde sind dem Beschlagnahmeprotokoll vom 19. November 1938 entnommen. Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, StM/I/39. 37 National Archives Washington (NARA), M1947, Cultural Object Movement and Control Records, Out-Shipment 181 Through Out-Shipment 190 (April 14, 1950-May 12, 1950) Out-Shipment 186, 8-V-50 (Moritz Bloch), Niederschrift der Wiedergutmachungsbehörde I Oberbayern vom 23. März 1950, Az Ia 449.
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Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München
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The Seizure of Jewish Art Collections in Munich in 1938/39. A Research Project of the State and City Museums in Munich on the Fate of Jewish Art Collectors and Art Dealers In June 2009, the state and city museums in Munich established the first nationwide co-operation project in Germany, funded by the Office for Provenance Investigation and Research in Berlin. This project is dedicated to the targeted confiscation of Jewish art collections by the National Socialists in Munich and the surrounding area between November 1938 and February 1939. It is based on the historical file “Ehemaliger Judenbesitz – Wiedergutmachungsakt”, which was discovered in the Munich City Museum in 2007 and provides comprehensive documentation of this art raid. In the raid, Gestapo officers targeted the homes of about seventy Jews living in Munich in order to seize their art and cultural objects. The art raid was led by the Chief Inspector Josef Gerum, who worked together with art experts from the Munich museums and in the art trade. Comprehensive protocols were used to document the existing art and cultural objects, although the National Socialist authorities had already obtained a detailed overview of the economic potential of the Jewish population, including the artwork they possessed, with the Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden, which was passed on 26 April 1938. The confiscated pieces of artwork were shipped to the Bavarian National Museum and then taken to the Munich City Museum at a later date. The directors of the state and city museums were then summoned to select pieces of artwork from this lot for their collections, which they could then purchase from the Gestapo at special rates.
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Von „Handelnden“ und handelnden Personen Franz Eder
Zu den beliebtesten Begriffen oder Schlagwörtern im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Kunsthandels in der Zeit des Nationalsozialismus gehören Arisierung, Raubkunst und/oder Nazi-Dealer. Es ist richtig, man soll die Dinge beim Namen nennen, aber nicht alles in einen Topf werfen, sonst begeht man nämlich den gleichen Fehler, den man eigentlich anprangern will. Wahrheit – so genannte Wahrheit – auch Wahrheit 1998 erhielt ich von einem mir Unbekannten (Werner Rosenberger, Redaktion der österreichischen Tageszeitung Kurier) einen Anruf mit der etwa so formulierten Frage: „Was sagen sie zu der US-Geheimdienstliste von 1946, die 40 österreichische Kunsthändler und -sammler erwähnt, welche mit Nazi-Raubkunst in Verbindung gebracht werden, darunter Friedrich Welz? Antwort bitte gleich, da Redaktionsschluss“. Dies war die Erstkonfrontation mit der genannten Liste. Am 12. November 1998 ist im Kurier zu lesen: Nazi-Raubkunst: Mut zur Wahrheit Liste des US-Geheimdienstes von 1946 nennt 40 österreichische Kunsthändler und -sammler Mai 1946: Die Kunstraub-Untersuchungseinheit erstellt einen Bericht für den USGeheimdienst OSS, den Vorläufer der CIA. Die 170 Seiten sind „vertraulich“ und bleiben laut Gesetz 50 Jahre unter Verschluss. Der Jüdische Weltkongress (JWC) hat jetzt das Dokument in New York veröffentlicht. Es enthält eine Liste mit mehr als 2000 Kunsthändlern und -sammlern, die in elf Ländern während der Nazi-Zeit und danach mit Raubkunst gehandelt haben sollen. Im Zusammenhang mit Österreich scheinen im Index rund 40 „in den Kunstraub involvierte Personen“ auf: bekannte Nazi-Größen wie die Gauleiter Bürckel und Eigruber, zudem Kunstexperten, die bei Plünderungen behilflich waren. Genannt sind u. a. Gert Adrian, Direktor des Kunsthistorischen Museums; Fritz Dworschak, Kurator im Kunsthistorischen Institut1; Hans Herbst, Dorotheum; Friedrich Welz von der Salzburger Galerie Welz. […] 1
Fälschlich angegeben „Kurator im Kunsthistorischen Institut“, gemeint ist Fritz Dworschak (1890– 1974), der kommissarische Leiter des Kunsthistorischen Museums von 1938 bis 1941; bis Kriegsende 1945 Erster Direktor.
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Reaktion der Galerie Welz: Da Friedrich Welz 1980 gestorben sei, könne man „nicht viel“ sagen. Die Galerie habe nach einem Besitzerwechsel 1978 nichts mit der damaligen Institution zu tun.2
Zur historischen Realität: 1998 war Friedrich Welz3 (1903–1980) 18 Jahre tot und hatte 20 Jahren davor (1978) seine Firmenanteile abgetreten. Er war Alleininhaber, dann Mehrheitsteilinhaber und Geschäftsführer der Galerie Welz gewesen. Die „Reaktion der Galerie Welz“ (ohne Namensnennung) kam 1998 von mir und ich war damals nachweislich seit 20 Jahren einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter. Im Mai 1946 war ich 3 ½ Jahre alt. Der zweite geschäftsführende Gesellschafter war 1946 13 Jahre alt. Das heißt, die Antwort war korrekt und entsprach der „Wahrheit“. Es war und ist kein Firmenarchiv vorhanden und die wenigen Unterlagen wurden bereits mehrfach in der Nachkriegszeit von zuständigen Amtsstellen eingezogen und durchforscht. Kopien, soweit vorhanden, liegen an verschiedenen nicht zusammenhängenden Stellen und jeder Fall wird dadurch zum Einzelfall. Seit dieser Zeit versuche ich, mit der Hilfe Vieler, das Wissen um diese Einzelfälle zu ergänzen und auf klare Fragen – wenn möglich – ebenso klare Antworten zu suchen und zu geben. Ein anderes Beispiel verschiedener „Wahrheiten“ entstand aus der unterschiedlichen Betrachtung ein und derselben Situation. Anlässlich des 75. Geburtstags von Friedrich Welz (1978) gaben wir Mitarbeiter eine kleine Festschrift aus der uns damals möglichen Sicht und mit Hilfe von Angelica Bäumer heraus. Diese stellte aus den von Friedrich Welz erzählten „Realitäten“ einen Lebensüberblick zusammen. Dabei kam es zum Hinweis einer „kommissarischen Leitung“ der Galerie Welz durch Christian M. Nebehay in der Zeit, als Friedrich Welz in der Nachkriegszeit in Glasenbach4 interniert war. Friedrich Welz war verärgert, dass wir Nebehay überhaupt erwähnt hatten und viele ihm wichtiger erscheinende Taten nicht. Nebehay wiederum war wütend, weil er als „kommissarischer Leiter“ hingestellt wurde, da er, und das stellte sich als Tatsache heraus, während der Zeit der Welzschen Internierung die leer stehenden Hofgeschäftsräume der Galerie in der Sigmund-Haffner-Gasse in Salzburg zugewiesen bekam, diese vorübergehend gemietet und als Kunsthandlung Christian M. Nebehay, Salzburg benützt hatte. Nach der Haft2 3
4
Kurier 12.11.1998 Zu den Aktivitäten von Friedrich Welz als Kunsthändler in der NS-Zeit siehe Gert KERSCHBAUMER, Meister des Verwirrens, Die Geschäfte des Kunsthändlers Friedrich Welz, Wien 2000. Siehe auch den Beitrag von Gerhard PLASSER in diesem Band. Über die Anklagen gegen Friedrich Welz und seine Internierungen im Camp Marcus W. Orr (Glasenbach) siehe Fritz KOLLER, Das Inventarbuch der Landesgalerie Salzburg 1942–1944. Schriftenreihe des Salzburger Landesarchivs 12; Amt der Salzburger Landesregierung, Salzburg 2000, S. 35–36.
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entlassung von Welz wurden die Räume wieder an diesen übergeben und Nebehay ging nach Wien. Nach langer Erklärung akzeptierte Nebehay meine Entschuldigung. Zehn Jahre später (1989) schrieb Walter Koschatzky, damaliger Direktor der Wiener Albertina, befreundet mit Welz und Nebehay, zum 80. Geburtstag von Christian M. Nebehay über diesen: „Die Kriegsjahre verbrachte er im Militärdienst als Dolmetsch, um sogleich nach 1945 in Salzburg die Galerie Welz auszubauen“. So weit zu Quellen und Wahrheiten. Rechtzeitig – zur rechten Zeit
Bei aller „offiziellen“ Bereitwilligkeit zur „Wiedergutmachung“ in Form der Rückgabe von Kunstgegenständen aus öffentlichen Sammlungen waren und sind der Provenienzforschung, die in irgendeiner Form schon immer betrieben wurde (wie für Werkverzeichnisse von KünstlerInnen, für juristische Beweisführungen oder für andere historische Zusammenhänge), auch grundsätzliche Schranken gesetzt. So verbleiben zunächst auch hier große Lücken beim Schließen von Quellen und eine nachfolgende Generation, zu der ich mich zähle, kann oft schwer und meist nur in hilfreicher Teamarbeit Realzusammenhänge einem Puzzle gleich zusammenfügen. Die Quellenlage war häufig auch aufgrund von gesetzlichen Sperrfristen von Dokumenten und Unterlagen in Archiven nicht dazu angetan, Provenienzen sofort einsichtig verfolgen zu können. So wurde in manchen aussichtslosen Situationen oft emotional reagiert, was nicht gerade förderlich war. Die Publikationen, Vorträge und öffentlichen Diskussionen zeigen jedoch, dass nun ein sachlicher Ton eingekehrt ist, welcher die Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Kunstrückgabe nur dienlich sein kann. Jetzt stehen in manchen Fällen „nur“ noch die juristischen Spitzfindigkeiten von verpflichteten und erwartenden Parteien einer Rückgabe im Weg. Einseitige Antworten auf Befragungen führten häufig zu Fehleinschätzungen. Tatsache ist auch, dass im Laufe der Zeit neue Bewertungen von bereits bekannten Quellen zu neuen Beurteilungen führen. Wer hier von seinerzeitiger mangelnder Sorgfalt spricht, der hat noch nie ernsthaft über dieses Thema gearbeitet. „Handelnde“, also Personen die im Handelsgewerbe tätig sind, leben oder müssen davon leben, dass sie Dinge, die zu ihrem „Handelsbereich“ gehören, auftreiben und erwerben, um sie gewinnbringend an Interessenten weiter zu veräußern. Dazu gibt es diverse Möglichkeiten. Allein die Auflistung dieser Eigentumsveränderungen im Kunsthandel zeigt, dass nicht alles bewusste Täuschung war, und viele Vorgänge nicht unbedingt Erfindungen der NS-Zeit sind. Voraussetzung ist, dass ein Kunsthändler, eine Kunsthändlerin, ein Kunstwerk erwirbt.
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1 Kauf: Angebot – Bezahlung – Warenübergabe. 2 Kauf mit Ratenzahlung: Angebot – Warenübernahme – Ratenbezahlung (auch für Museen). 3 Kommission: Angebot – Warenübergabe – Bezahlung nach Verkauf und nach Abzug der Provision. 4 Tausch: Angebot – Warenübergabe – Übernahme anderer Kunstgegenstände. 5 Halbkauf – Halbtausch: Angebot – Warenübergabe – Teilbezahlung und Teilübernahme anderer Kunstgegenstände. 6 Halbkauf – Halbtausch (durch unauffällige Wertgegenstände): Angebot – Warenübergabe – Teilbezahlung und Teilübernahme anderer „unauffälliger“ Wertgegenstände (ev. Schmuck). 7 Direktverkauf mit Provision: Verkaufsvermittlung bei Direktverkauf zwischen Verkäufer und Käufer. Erhalt einer Vermittlerprovision vom Verkäufer oder vom Käufer direkt. 8 Privatdarlehen mit Rückzahlung – Kunstwerk als Sicherstellung: Warenübernahme (als Pfand) mit der Aussicht auf Rückzahlung. 9 Privatdarlehen ohne Rückzahlung – Kunstwerk als Sicherstellung: Warenübernahme (als Pfand) – bei Nichtrückzahlung Einbehaltung, Vorkaufsrecht oder Weitergabe zum Verkauf. 10 Gemeinsamer Ankauf von zwei Händlern: Zeitweise üblich bei teuren Kunstwerken oder wenn der eine einen Verkäufer kennt und der andere einen Käufer. 11 Nachlassauktionen und Auktionen von Pfandleihanstalten sind in dieser Liste unberücksichtigt. Preise von Kunstwerken
Da immer wieder von enormen Lagerwerten und geringfügigen Arisierungspreisen die Rede ist, möchte ich an Hand von chronologisch angeführten Preisen für Werke Gustav Klimts Vergleiche anstellen und auch auf Verkaufsmöglichkeiten und „normale“ Widmungen hinweisen. 1908 Galerie Miethke an Victor Zuckerkandl Am 31. August 1908 erstand Victor Zuckerkandl das Klimt Gemälde Blühender Mohn um 7.000 Kronen. Klimt erhielt davon laut Karteikarte der Galerie Miethke 5.000 Kronen. (Abb. 1)
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Abb. 1: Galerie Miethke, Karteikarte zu Gustav Klimt, Blühender Mohn
Abb. 2: Galerie Miethke, Karteikarte zu einer Zeichnung von Gustav Klimt
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Abb. 3: Vorsatzblatt aus dem Klimt Skizzenbuch von 1917
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Am 19. März 1911 erstand Victor Zuckerkandl eine Zeichnung aus 1906 um 360 Kronen (Abb. 2). Der Preis wurde für Victor Zuckerkandl um 27 auf 333 Kronen reduziert. Klimt erhielt davon laut Karteikarte der Galerie Miethke 160 Kronen.5 1917 Einkommensliste aus einem in Privatbesitz befindlichen Skizzenbuch Gustav Klimts (Abb. 3) Meist a conto Zahlungen sowohl für Gemälde als auch für Zeichnungen. 1918 Reinvermögen von Gustav Klimt nach dessen Tod 1918 (ohne künstlerischem Nachlass) und Verteilungshinweis durch die Erben vom 9. Jänner 1919, nach neu aufgefundenen handschriftlichen Unterlagen (Abb. 4) Das Erbe (Reinvermögen) nach Gustav Klimt betrug nach Abzug aller Ausgaben, Aufwände und Rückzahlungen 64.005,20 Kronen und wurde unter den noch lebenden Geschwistern und seinem Mündel aufgeteilt (Je 12.801,04 Kronen gingen an Klara, Hermine, Georg, Johanna und Helene Klimt). Emilie Flöge erhielt von diesem Vermögen keinen Anteil. Die nachgelassenen Bilder und Zeichnungen wurden auf 58.620 Kronen geschätzt.6 1919 Frau Serena Lederer in der Kunsthandlung Gustav Nebehay „Klimt starb nach einem Schlaganfall und einer hinzugekommenen Lungenentzündung … am 6. Februar 1918. Das Erbe wurde zwischen Emilie Flöge und seinen Geschwistern geteilt. Mein Vater wurde mit der Verwertung des künstlerischen Nachlasses betraut. … Frau Lederer besuchte diese Nachlassausstellung bei Nebehay (1919). Frau Lederer, die eine ebenso schöne wie imposante Erscheinung war machte kurz – ohne viel zu sprechen – die Runde durch die Ausstellung. Dann sagte sie zu meinem Vater: ‚Was kostet das Ganze, Herr Nebehay?’ Mein Vater war etwas verwirrt und verstand zuerst nicht recht, was sie wollte. ‚Ich pflege keine Scherze zu machen’, sagte sie, sehr von oben herab. ‚Addieren Sie!’ Als er die Gesamtsumme nannte, hieß es: ‚Gekauft! Schicken Sie mir alles in die Bartensteingasse!’ Und rauschte hinaus!“ 7 Was das Ganze gekostet hat wurde nicht gesagt. Das war im Kunsthandel auch 1919 nicht üblich.8 5 6 7 8
1910 betrug der Preis für 1 kg Brot 0,31 Kronen. 1918 betrug der Preis für 1 kg Brot 0,57 Kronen Christian M. NEBEHAY, Die goldenen Sessel meines Vaters, Wien 1983, S. 115. 1919 betrug der Preis für 1 kg Brot 1,75 Kronen.
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In dem 1921 veröffentlichten „Verzeichnis der Neuerwerbungen 1918–1921 und der gleichzeitig ausgestellten Kunstwerke“ der Österreichischen Staatsgalerie, wurde der Hinweis gefunden, dass bereits damals die „Öffentliche Hand“ private Widmungen erhalten hat. „Nr. 59 bis 68 sind Studien für das Gemälde: ‚Die Medizin‘, mit 27 anderen Blättern von den Erben des Künstlers gewidmet“.9 Das waren insgesamt 37 Zeichnungen von Gustav Klimt. 1929 erwarben laut Antrag vom 9. April 1929 Herr Dr. Fritz Zuckerkandl und Frau Hofrat Bertha Zuckerkandl um S 15.000.- aus dem Nachlass Viktor Zuckerkandl das Klimt Bild einer Landschaft am Gardasee mit roten Häusern. „Der Kaufpreis ist nicht nur angemessen, sondern übersteigt den vom Kunsthändler Wawra ermittelten Schätzwert per 12.000.- um ein Beträchtliches. Infolge dessen sind alle Erben mit dem Verkauf einverstanden.“10 1934 Klimt-Preise laut eines Briefes von Emilie Flöge (Abb. 5) Am 12. Juni 1934 schrieb Emilie Flöge an Hermine Klimt, einer Schwester Gustavs: Wie Du weißt, habe ich seinerzeit nachträglich in einem Koffer von Gustav noch Zeichnungen gefunden, habe auch seinerzeit verschiedene Male davon verkauft, und Euch damals die Beträge zukommen lassen. Heute ist es aber unmöglich nur irgend etwas davon zu verkaufen, trotzdem ich mich öfters bemüht habe. Für mich ist es nun sehr schwer, einerseits möchte ich nicht, dass die Zeichnungen verschleudert werden, weil es so gar nicht im Sinne von Gustav wäre, andererseits möchte ich, da ich keine Möglichkeit habe, sie irgendwie zu verwerten, die Zeichnungen nicht länger behalten.11
1955 Österreichische Preisvorstellungen bei Erwerb von in der Schweiz lagernden Klimt-Bildern aus Schweizer Privatbesitz, die seinerzeit eine Ausfuhrgenehmigung aus Österreich erhalten hatten, und daher auch international angeboten werden konnten. (Abb. 6) Großes Damenporträt mit Fächer 20.000 öS Parkweiher 10.000 öS Dorf am Attersee 12.000 öS Mädchen mit blauem Schleier 8.000 öS 9 Mitteilungen aus der Österreichischen Staatsgalerie, Wien Juni 1921. 10 Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bezirksgericht Hietzing A II 923/27-62, Nachlassvereinbarung der Erben nach Paula Zuckerkandl vom 9. April 1929. 11 Privatarchiv Franz Eder, Salzburg.
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Abb. 4: Bargeldverteilung an die Klimt Erben vom 9. Jänner 1919
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Abb. 5: Brief von Emilie Flöge vom 12. Juni 1934 (Privatarchiv Franz Eder, Salzburg)
Damen Porträt mit Hut und Mantel Landschaft mit zwei Häusern am bewaldeten Berg
8.000 öS 10.000 öS
Diese Preishinweise werfen auch ein neues Licht auf die jeweilige historische Realsituation, die man in der heutigen Zeit auf Grund der internationalen „Bestpreis-Situation“ anders sieht. Arisierung und „Arisierung“
Kurzer Vergleich der Arisierungsvorgänge der beiden namhaften Wiener Galerien bzw. Kunsthandlungen, der Neuen Galerie und der Kunsthandlung Würthle & Sohn. Im handschriftlichen Ansuchen von Lea Bondi vom 30. Mai 1938 um Genehmigung der Veräußerung von „Würthle und Sohn Nchfg Kunsthandlung“ kam es zu einer „Schätzung nach dem Sachwert: laut Bilanz“ und zu einem „Begehrten Preis: M. 13.000“. Auch der Kaufwerber (Friedrich Welz) setzte in seinem „Ansuchen um Genehmigung der Erwerbung“ am selben Tag einen zu investierenden Betrag von 13.000
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Abb. 6: Briefdurchschlag von Friedrich Welz an August Eymer vom 10. März 1955
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RM ein. Bilanzen von 1935, 1936, 1937 zeigten ein Reinvermögen von (umgerechnet) 9495.72 RM (1935), 7717.17 RM (1936) und 9243.07 RM (1937).12 Im Vergleich dazu beträgt der Kaufwert der „Neuen Galerie Dr. Otto Kallir“, laut Kaufvertrag zwischen Dr. Otto Kallir-Nirenstein mit Dr. Viktoria Künstler vom 14. Juni 1938 0 RM, da die Galerie eine Überschuldung per Juni 1938 von 9531,26 RM (14.296,94 S) aufweist. Am 21. November 1942 wurde Frau Dr. Künstler noch eine Ausgleichszahlung (Entjudungsauflage) von 2319.26 RM vorgeschrieben.13
12 Die arisierte Kunsthandlung Würthle & Sohn wurde 1938 durch Friedrich Welz von der nach London vertriebenen Kunsthändlerin Lea Jaray erworben. Mit Teilerkenntnis der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien vom 17. März 1948 erfolgte die Rückstellung der Galerie Welz in Wien an Lea Jaray; Siehe dazu KERSCHBAUMER 2000, S. 104–110. 13 Siehe Jane KALLIR, Saved from Europe. Otto Kallir and the History of the Galerie St. Etienne, New York 1999. Kurz vor seiner Flucht in die Schweiz hatte Otto Kallir-Nirenstein die Leitung der Galerie an seine langjährige Mitarbeiterin Vita Künstler übertragen, eine freundschaftliche Vereinbarung um den NS-Forderungen einer Arisierung nachzukommen.
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On Art Dealing and Art Dealers “Aryanisation”, “Looted Art” and “Nazi Art Dealer” are three expressions that are popular in the discussion surrounding the arts trade of the Nazi era. While phenomena should be named correctly, at the same time, they should not be confused. The German word for “dealing”, “handeln”, is synonymous with “acting”. Art dealers – actors in the art trade – make a living acquiring objects and selling them at a profit. Yet there are several legally accepted forms of “dealing” and trading. They have all been part of the art trade for a significant period of time and cannot be considered inventions of the Nazi era. Like dealers, collectors have long been using a wide range of possibilities available to them to gain an advantage over their competitors and fulfill their particular interests. It is therefore important to have an overview of the different ways of acquiring or disposing of a work of art. This contribution will present several “actors” from the art trade. By presenting them and their various methods, the author aims at broadening the perspective on the Austrian arts dealer Friedrich Welz and his contemporaries.
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Der Kunsthändler Adolf Weinmüller (München/Wien) und seine Rolle bei der „einheitlichen Neuregelung des Deutschen Kunsthandels“ Meike Hopp
Die Geschichte der Kunstversteigerungshäuser von Adolf Weinmüller (1886–1958) in München und Wien zwischen 1936 und 1945 und ihre Rolle im nationalsozialistischen Kunsthandel, gehörte lange Zeit zu den dringenden Desideraten nicht nur der Provenienzforschung.1 Das vom Münchener Kunstauktionshaus Neumeister initiierte2 und in Kooperation mit dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München realisierte Forschungsprojekt, sollte erstmals Weinmüllers Aktivitäten und seine Rolle im nationalsozialistischen Kunsthandel umfassend dokumentieren und analysieren.3 Dieses Modell einer Public-Private-Partnership ist in der Provenienzforschung in Deutschland bisher einzigartig. Abgesehen vom Wiener Dorotheum, das 2006 die Geschichte seines Hauses „Zwischen Staat und Wirtschaft“4 erforschen ließ, hat bis jetzt keine weitere Institution des Kunsthandels im deutschsprachigen Raum die Notwendigkeit einer kritischen Aufarbeitung der eigenen Firmengeschichte erkannt, bzw. sich bereit erklärt auf eigene Initiative hin einen Teil dazu beizutragen, die große Lücke, die der Kunsthandel der Provenienzforschung hinterließ, nach Möglichkeit mit stichhaltigen Informationen zu füllen. Hierzu gehört ein öffentlicher und wissenschaftlicher Dis1
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Trotz seiner Schlüsselrolle im nationalsozialistischen Kunsthandel war Weinmüller bisher kaum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, vgl. Gabriele ANDERL, „...ein schwerreicher Kunsthändler aus München“. Die „Arisierung“ des Kunstantiquariats und Auktionshauses „S. Kende“ in Wien durch Adolph Weinmüller, in: David. Jüdische Kulturzeitschrift, 69 (2006), S. 16–22. Im April 1958 stieg Rudolf Neumeister zunächst als Kommanditist in das Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller ein. Als Weinmüller kurz darauf verstarb, übernahm Neumeister das Haus zum 7. Juni 1958. Seitdem befindet sich das Neumeister Münchener Kunstauktionshaus, wie es seit seinem Umzug vom Almeida-Palais in die Barer Straße 37 im Jahr 1978 firmiert, im Besitz der Familie Neumeister. Seit Februar 2008 ist die Tochter Rudolf Neumeisters, Katrin Stoll, alleinige Inhaberin und Geschäftsführerin des Kunstauktionshauses. Gefördert wurde das Projekt von der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die abschließende Publikation Kunsthandel im Nationalsozialismus. Adolf Weinmüller in München und Wien, befindet sich in Bearbeitung und erscheint voraussichtlich im Mai 2012 im Böhlau Verlag. Stefan August LÜTGENAU, Alexander SCHRÖCK, Sonja NIEDERACHER (Hg.), Zwischen Staat und Wirtschaft. Das Dorotheum im Nationalsozialismus, Wien 2006.
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Meike Hopp
kurs – statt dem üblichen betriebsinternen – der Sachverhalte anspricht, präzisiert und kontextualisiert. „Die mit * bezeichneten Besitzer sind nicht arisch“5
Was sich hierbei ergab – so viel sei bereits vorweggenommen – war jedoch nicht das weit verbreitete Bild vom „Dickicht der Kunstwelt“6, von zwielichtigen Geschäften oder Transaktionen im Hinterraum, sondern das Bild von einem – teilweise – erstaunlich offenen und unverblümten Umgang mit der Herkunft der versteigerten Objekte. Die Ausgangsbasis für die Recherchen ist gerade im Fall Weinmüller denkbar ungünstig, denn vom Auktionshaus Weinmüller sind keinerlei Geschäftsunterlagen, d.h. Geschäftsbücher, Rechnungen oder Korrespondenzen vorhanden. Erhalten sind lediglich Versteigerungskataloge der 33 Münchener und der 18 Wiener Auktionen Adolf Weinmüllers aus dem Zeitraum zwischen 1936 und 1945. Die Wiener Kataloge sind weder im Auktionshaus Neumeister noch in anderen Institutionen oder Bibliotheken vollständig en bloc erhalten und konnten nur mit Hilfe der Wiener Sammlungen komplettiert werden.7 Darüber hinaus haben sich fünf Exemplare vollständig annotierter Auktionskataloge, sogenannte Versteigerungsprotokolle – von insgesamt 33 Münchener Auktionen – im betreffenden Zeitraum erhalten. Sie geben Aufschluss über Ein 5
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Im Zuge der Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 (RGBl. I, 1938, S. 415) erschien noch im selben Jahr ein Erläuterungsbuch, das alle bisherigen „Arisierungsvorschriften“ zusammenfasste, hierunter auch die sogenannte „Tarnverordnung“ (RGBl. I, 1938, S. 404). Laut dieser waren Versteigerer zukünftig verpflichtet, anhand einer der Öffentlichkeit zugänglichen Liste „die von den Juden stammenden Gegenstände“ zu kennzeichnen, z.B. durch Anmerkungen wie: „Die Nummern 1 bis 30 stammen aus jüdischem Besitz“; vgl. Werner MARKMANN, Paul ENTERLEIN, Die Entjudung der deutschen Wirtschaft. Arisierungsverordnungen vom 26. April und 12. November 1938, Berlin 1938, S. 64–66. Dies erklärt warum das Kunstversteigerungshaus Weinmüller und andere Auktionshäuser, etwa Hans W. Lange in Berlin, zu Beginn des Jahres 1939 dazu übergingen, die „nichtarischen“ Besitzer in den Einliefererlisten der Auktionskataloge kenntlich zu machen. Weinmüller kennzeichnete mittels Asterisk, jedoch nur im Zeitraum von Juni 1939 [Kat. 20] bis April 1941 [Kat. 25] und ausschließlich in den Münchner Auktionskatalogen. In den Wiener Katalogen finden sich keine derartigen Kennzeichnungen. Für eingehende Untersuchungen z.B. einer möglichen Auswirkung dieser Kennzeichnungen auf die Preisbildung, wäre allerdings zusätzliches Vergleichsmaterial anderer Häuser von Nöten. Jonathan PETROPOULOS, Kunstraub. Warum es wichtig ist, die Biographien der Kunstsachverständigen im Dritten Reich zu verstehen, in: Dieter STIEFEL (Hg.), Die Politische Ökonomie des Holocausts. Zur wirtschaftlichen Logik von Verfolgung und „Wiedergutmachung“, Wien-München 2001, S. 239–257. Erschwerend kam hinzu, dass die Wiener Auktionskataloge nicht fortlaufend nummeriert wurden. Für die Hilfe beim Aufspüren möchte ich Leonhard Weidinger, Museum für Angewandte Kunst (MAK) Wien, danken.
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Abb. 1: Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller, Kat. Nr. 20 (Auktion 15.-16. Juni 1939). Eingeklebte Zwischenseite des Protokolls mit Stempel der Reichskammer der Bildenden Künste München und Signatur von Max Heiß.
lieferInnen, KäuferInnen, Rückstellungen, Schätzpreise und Zuschläge.8 Aus Wien sind nach derzeitigem Forschungsstand keine vollständig annotierten Protokolle oder Handexemplare überliefert. Weitere Informationen über Weinmüllers Tätigkeiten im nationalsozialistischen Kunsthandel mussten anhand der Sichtung relevanter Bestände in Archiven, Sammlungen und Bibliotheken vor allem in München, Wien, Berlin und Koblenz rekonstruiert werden.9 Neben der Firmengeschichte Weinmüllers standen bei der Recherche vornehmlich Hinweise zu jüdischen SammlerInnen, Querverweise zu anderen 8
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Hiervon befinden sich zwei Exemplare [Kat. 9 und Kat. 22] im Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS) und zwei im Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München [Kat. 20 und Kat. 21]. Hinzu kommen drei Exemplare in den BStGS [Kat. 7, 8 und 12], die zwar Käufernamen und Preise, jedoch keine Einlieferer verzeichnen. Alle Protokolle tragen einen Stempel der Reichskammer der Bildenden Künste (RKdbK). Es handelt sich demnach um jene Exemplare, die von den Auktionatoren nach getätigter Versteigerung zur Kontrolle an die RKdbK auszuhändigen waren, vgl. auch Anja HEUSS, Die Reichskulturkammer und die Steuerung des Kunsthandels im Dritten Reich, in: sediment, Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels, 3 (1998) S. 49–62. Diese Quellen werden in der abschließenden Publikation gesondert aufgeführt, um die Quellenarbeit zum Kunsthandel im Nationalsozialismus zukünftig zu erleichtern.
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Abb. 2: Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller, Kat. Nr. 20 (Auktion 15.-16. Juni 1939). Einliefererverzeichnis (Ausschnitt).
Kunsthandlungen und Institutionen (öffentliche Sammlungen, Handelskammern, Devisenstellen, die Reichskammer oder die sogenannten Dienststellen wie die Dienststelle Mühlmann in Den Haag) im Vordergrund. „Einheitliche Neuordnung“ und „Umgruppierung“
Zwangsläufig rückte bei den Nachforschungen zu Adolf Weinmüller ein neuer – bisher von der Forschung noch unbeleuchteter – Aspekt in den Vordergrund: Die „einheitliche Neuregelung“10 des deutschen Kunsthandels, die ihren Ausgang in München nahm. Der 1886 in Faistenhaar (Kreis Hofolding in Bayern) geborene Adolf Weinmüller begann seine berufliche Laufbahn für einen Kunsthändler untypisch 1905 als Aspirant bei der Oberforstdirektion Bad Reichenhall.11 Im Sommer 1921 kam Weinmüller 10 Bayerisches Hauptsstaatsarchiv München (HStA), MK 40838, Akten des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Kunsthandel, Band VI, 1933–1938, hierin: Schriftwechsel zur „einheitlichen Neuregelung des deutschen Kunsthandels“. 11 Stadtarchiv München (StadtAM), Meldekarte EWK 78, Weinmüller, Adolf (*5.5.1886).
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nach München um seine erste Kunsthandlung, das Haus für Alte und Neue Kunst, zu eröffnen.12 Über die Gründe für den Berufswechsel ist heute genauso wenig bekannt, wie über Weinmüllers Anfänge als Kunsthändler in München.13 Im Herbst 1933 übernahm Weinmüller, der 1931 der NSDAP beigetreten war14, als 1. Vorsitzender den Bund der Deutschen Kunst- und Antiquitätenhändler München e.V.. Damit löste er den unter jüdischer Leitung stehenden Verband des Deutschen Antiquitätenhandels München e.V. ab. Dieser wurde schließlich als einziger – von der Reichsleitung der NSDAP anerkannter – Berufsverband beauftragt die „Gleichschaltung des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels“ durchzuführen.15 1933 trat Weinmüller also plötzlich an die Spitze des reichsweiten Kunsthandels und somit auch in direkte Konkurrenz zu Kunsthändlern wie Karl Haberstock. Haberstock hatte in der Zeitschrift Weltkunst bereits seit Dezember 1932 wiederholt eine „Reformierung des Auktionswesens“ gefordert, da „[...] seit der Kriegs- und Inflationszeit sich manche Elemente in den Kunsthandel hineingedrängt haben, die weder die moralische, noch die fachmännische Eignung für diesen Beruf haben.“16 Karl Haberstock, dem die seit Beginn des Jahrhunderts etablierten gemeinschaftlichen Auktions-Ereignisse wertvollster Privatsammlungen vor allem durch die jüdischen Kunsthändler Hugo Helbing (1863–1938), Paul Cassirer (1871–1926) und Alfred Flechtheim (1878–1937) ein Dorn im Auge waren, forderte, dass Kunsthandel und Auktionswesen strikt voneinander zu trennen seien. Dagegen plädierte Weinmüller, dass nur Kunsthändler auch geeignete Kunstauktionatoren sein könnten und das Kunstauktionswesen sich vom minderwertigen Versteigerungswesen, etwa den Trödlerversteigerungen, Pfandleihanstalten oder Hausratsauflösungen abzusetzen habe, indem es in den Berufsstand der Kunsthändler – und somit die entsprechenden Berufsverbände – aufgenommen werde.17 12 Staatsarchiv München (StAM), Amtsgericht München, Registerbericht 3874, Weinmüller, Adolf. Laut der Gewerbeniederlegung von 1945, wurde die Kunsthandlung in der Max-Josef-Str. 7 am 20. Juli 1921 angemeldet. Im Handbuch des Kunstmarktes. Kunstadressbuch für das Deutsche Reich, Danzig und Deutsch-Österreich, Berlin 1926, S. 116, ist die Kunsthandlung aufgeführt, allerdings unter Weinmüllers Privatadresse, der Theresienstraße 29. 13 Bundesarchiv Berlin (BArch Berlin), ehem. BDC, OPG D 209/1936, Weinmüller, Adolf (*5.5.1886). 14 BArch Berlin, ehem. BDC, NSDAP-Gaukartei, Weinmüller, Adolf. NSDAP-Nr.: 626.358, Eintritt: 1. September 1931. 15 NN, Um die Organisierung des Kunsthandels, in: Weltkunst, Jg. VII, 40 (1933) S. 4; vgl. StAM, Pol. Dir. 4670, Bund deutscher Kunst- und Antiquitätenhändler e.V. 16 Karl HABERSTOCK, Ein Schlußwort zur Auktionsfrage, in: Weltkunst, Jg. VII, 5 (1933) S. 1–2. 17 NN, Verbandsnachrichten. Mitteilungen des Reichsverbands des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels e.V. München, in: Weltkunst, Jg. VII, 45 (1933) S. 4.
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Wenngleich von vielen Seiten die Kritik an Weinmüllers eigenmächtiger Umstrukturierung des Bundes der Deutschen Kunst- und Antiquitätenhändler e.V. wuchs, hatte er Unterstützung von der Reichskammer der Bildenden Künste in Berlin, die die „Gleichschaltung“ und die damit einhergehende reichsweite Neuerfassung aller Kunsthändler durchaus begrüßte.18 Diese Gewissheit soll Weinmüller gegenüber Haberstock zu der Drohung veranlasst haben: „Machen Sie keine Opposition – ich rauche einen starken Tobak.“19 Per Rundbrief vom Dezember 1933 wurden alle Kunsthändler verpflichtet, dem Bund beizutreten.20 Zentrales Publikationsorgan wurde die Zeitschrift Weltkunst, in welcher 1934 mehrere Aufrufe Weinmüllers veröffentlicht wurden.21 Zwar wurde der Verband Ende 1934 der Reichskammer der Bildenden Künste unterstellt und schließlich als „Fachgruppe Versteigerer“ aufgelöst – bis zu diesem Zeitpunkt hatte Weinmüller aber bereits massiven Einfluss auf die einheitliche Neuregelung des Deutschen Kunsthandels genommen. Noch in seiner Position als 1. Vorsitzender des Bundes Deutscher Kunst- und Antiquitätenhändler zeichnete er mitverantwortlich für das am 16. Oktober 1934 verabschiedete Gesetz über das Versteigerergewerbe 22 und die dazugehörige Durchführungsverordnung23, die nicht zuletzt zur „Beseitigung unzulässiger und unwürdiger Elemente“ aus dem Kunstmarkt und zur Vermeidung des „konzernmässig zusammengeschlossenen Kunstgroßhandels“ dienen sollten.24 Möglicherweise gehörte Weinmüller auch zu den treibenden Kräften der im Sommer 1935 durch die Reichskammer veranlassten „Neu-Organisation“ des Münchener Kunsthandels: Mindestens vierzig jüdische Kunst- und Antiquitätenhändler sowie Antiquariate in München wurden per Einschreiben zur „Umgruppierung oder Auflö18 StAM, Pol.Dir. 4670, Bund deutscher Kunst- und Antiquitätenhändler e.V. 19 Staatsarchiv Coburg, SpK, BA Land, H 14, Bd. 1, Spruchkammerakt Bamberg Land, Karl Haberstock. Antrag auf Entnazifizierung des Kunsthändlers Karl Haberstock, 12. Juni 1946. 20 StAM, Pol.Dir. 4670, Bund deutscher Kunst- und Antiquitätenhändler e.V., Rundschreiben der Reichsverbandsleitung, Geschäftsstelle Max-Joseph-Str. 7, München, 18. Dezember 1933. 21 U.a. Adolf WEINMÜLLER, Bekanntmachung!, in: Weltkunst, Jg. VIII, 9 (1934) S. 4. 22 RGBl. I, 1934, S. 974. 23 RGBl. I, 1934, S. 1091. 24 BayHStA, MK 40838, Der Kunstschriftsteller H.W. May an das Bayerische Ministerium des Innern, 5. Mai 1933; vgl. Kurt GÜNTHER, Das Gesetz über das Versteigerergewerbe. Erläuterungsbuch, Berlin 1935, S. 194 [gemeint ist wahrscheinlich Waldemar bzw. H.W. May, der 1932 und 1933 auf der Mitarbeiterliste der Zeitschrift Kunst- und Antiquitätenrundschau geführt wurde und u.a. den Artikel Die Kunst im Dritten Reich. Kunsthandel und Sammlertum im Neuen Staat verfasste, in: Kunst- und Antiquitätenrundschau, Jg. 41, H 13/14, Juli 1933, S. 250–255].
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sung“ ihres Betriebes innerhalb einer Frist von nur vier Wochen aufgefordert.25 Kleinere finanziell schwächere Kunsthandlungen, die sich gegen solche Maßnahmen nicht zur Wehr setzen konnten, wurden sofort liquidiert, die größeren, umsatzstärkeren Unternehmen erhielten in Hinblick auf Geschäftsvermögen und Umfang der Lagerbestände auf Antrag Fristverlängerungen von einem Jahr und mehr.26 Die bedeutendsten Kunsthandlungen sollten nicht liquidiert, sondern durch Treuhänder oder Abwickler in arische Hände überführt werden. Unter diese Betriebe fiel das bereits erwähnte Auktionshaus des jüdischen Kunsthändlers Hugo Helbing (1863–1938), das größte seiner Art im süddeutschen Raum.27 Helbing hatte sich zunächst als Antiquar in München etabliert und ab 1890 vereinzelt Versteigerungen abgehalten. Mit seinem Umzug in neue Galerieräume im Jahr 1900 spezialisierte er sich auf Kunsthandel und Versteigerungen und veranstaltete schließlich bis zu 30 Auktionen teils bedeutender, internationaler Sammlungen im Jahr. Helbing unterhielt Dependancen in Frankfurt a. M. und in Berlin. Außerdem führte er regelmäßig Versteigerungen in Kooperation mit dem Kunstsalon von Paul Cassirer in Berlin28 und schließlich mit Alfred Flechtheim und Hans und Georg Paffrath in Düsseldorf29 durch. Als Stellvertreter des „konzernierten jüdischen Großkunsthandelstums“ entsprach Helbing exakt dem Feindbild der antisemitischen Hetze. Mit dem Ausscheiden seiner Gesellschafter 1935 und 1936 kam Helbing zunehmend in finanzielle Bedrängnis30, denn er hatte bereits 1932 eine Hypothek auf 25 Bayerisches Wirtschaftsarchiv der IHK München (BWA), K1, X, 78a, IHK München, Organisation des Kunst- und Antiquitätenhandels 1935. Rundschreiben der RKdbK Berlin vom 27./28. August 1935. 26 BWA, K1, X, 78a, IHK München, Organisation des Kunst- und Antiquitätenhandels 1935. Etwa die Kunsthandlungen A. S. Drey, L. Bernheimer, die Galerie D. Heinemann und das Antiquariat Jacques Rosenthal. 27 vgl. Susanne von MÖLLER, Kunsthandel und Kunstexport. Ein Markt für gehobene Schichten, in: Friedrich PRINZ, Marita KRAUSS (Hg.), München – Musenstadt mit Hinterhöfen. Die Prinzregentenzeit 1886–1912, München 1988, S. 248–252; Karl WILHELM, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Kunstauktionswesens in Deutschland vom 18. Jahrhundert bis 1945, München 1989, S. 222–235; Wolfram SELIG, „Arisierungen“ in München, Berlin 2004, S. 613–620. 28 Bisher nachgewiesen werden konnten 55 Versteigerungen zwischen 1916 und 1932. Nach dem Tod Cassirers 1926 wurde die Firma von den Teilhabern Grete Ring und Walther Feilchenfeldt fortgeführt. Georg BRÜHL, Die Cassirers. Streiter für den Impressionismus, Leipzig 1991, S. 162–176. 29 Eine Auktion zusammen mit den Galerien Flechtheim und Paffrath in Düsseldorf am 11. März 1933 wurde offenbar durch die Polizei abgebrochen, da sich unter den Objekten Gemälde befanden, die von der russischen Handelsvertretung Berlin eingeliefert worden waren, BWA, K1, XI, B 51, 4. Akt; IHK Düsseldorf an die IHK München, UDSSR-Versteigerungen, 22. Februar 1933, vgl. Esther TISA FRANCINI, Anja HEUSS, Georg KREIS (Hg.), Fluchtgut – Raubgut. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933–1945 und die Frage der Restitution, Zürich 2001, S. 4–5. 30 StAM, Amtsgericht München, 1938/3928, Helbing, Hugo. Vorläufiger Bericht von Dr. Hans Raff, 25. Juni 1949.
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das Firmengrundstück aufgenommen. Er zog sich fast gänzlich aus dem Betrieb zurück und überließ seinem „arischen“ Prokuristen Adolf Alt die Geschäftsleitung. Noch im Herbst 1935 – also direkt im Anschluss an die Aktion zur Neuordnung des Münchener Kunsthandels – hatte Weinmüller seine Versteigerererlaubnis beantragt und eröffnete im Mai 1936 sein eigenes, nahezu konkurrenzloses Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller im Leuchtenbergpalais am Odeonsplatz 4.31 Wenngleich Weinmüller das Auktionshaus von Helbing nicht wie lange angenommen32 „arisierte“ sah er sich als einziger Münchener Kunstversteigerer durchaus in dessen Nachfolge. Etablierung als Kunstversteigerer in München ab 1936
Nach einer Eröffnungsausstellung zum Münchener Maler August Seidel (1820– 1904), fand die erste Auktion im Hause Weinmüller Ende Juni 1936 statt. Das Vorwort von Prof. Dr. Georg Lill, welcher selbst jahrelang bei Hugo Helbing gearbeitet hatte und seit 1929 das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege leitete, lässt erneut auf Weinmüllers weit reichendes Beziehungsnetzwerk schließen und eindeutige Schlüsse auf die geplante Versteigerungspolitik ziehen: Die Neuordnung des ganzen deutschen Kunsthandels verlangt mit innerer Notwendigkeit in der früheren deutschen Kunststadt ein Versteigerungshaus, das schon in seinem organisatorischen Aufbau sich klar vom Kunsthandel absetzt. Nur durch eine solche reinliche Scheidung kann den berechtigten Anforderungen der Auftraggeber und Besitzer von Sammlungen nachgekommen und eine völlig unbeeinflußte Preisbildung gewährleistet werden.33
Als man im Februar 1938 schließlich per Gesetzgebung jüdischen KunsthändlerInnen ganz offiziell die Versteigerererlaubnis entzog, war dies nur mehr eine Farce, da jüdische Auktionshäuser längst unter Repressalien aufgegeben, finanziell ruiniert oder in Übernahmeverhandlungen verwickelt waren.34 31 BWA, K1, XV, A 73b, 1. Akt, Erteilung der Versteigerer-Erlaubnis 1935–1938, Fall 25, Weinmüller, Adolf. 32 Siehe unter anderem Carla SCHULZ-HOFFMANN, Ilse von zur MÜHLEN, Provenienzforschung an der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, in: Museen im Zwielicht. Ankaufspolitik 1933–1945. Die eigene Geschichte. Provenienzforschung an deutschen Kunstmuseen im internationalen Vergleich. Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg, 2, Magdeburg 2002, S. 331–346, hier S. 333. 33 Katalog Alter Deutscher Kunstbesitz. Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller, 26.–27. Juni 1936. 34 Neufassung des Versteigerergesetzes, 12. Februar 1938 (RGBl. I, 1938, S. 202).
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Auch die Auswirkungen auf das Auktionshaus Hugo Helbing waren fatal. Laut einem Bericht des Nachlassverwalters, Hans Raff, war die Firma Helbing angesichts des neuen arischen Konkurrenzunternehmens und ohne Versteigerererlaubnis „ziemlich brachgelegt“35. Weiter berichtete Raff: Im Zuge der Plünderungen und Zerstörungen jüdischer Geschäfte am 9.11.1938 drangen NS-Leute in die Firma Hugo Helbing ein, schlugen den Inhaber, Herrn Geheimrat Hugo Helbing nieder und verlangten die sofortige Schliessung des Geschäfts. [...] Als Kommissarischer Leiter für die Firma Hugo Helbing wurde der damalige Referent in der Reichskammer der bildenden Künste in München, Herr Max Heiss, bestimmt. Geheimrat Hugo Helbing hat sich von den Aufregungen und Verletzungen, die ihm im November 1938 zugefügt wurden, nicht mehr erholt und ist am 30.11.1938 verstorben.36
Als Sachverständiger für Kunsthandel der Industrie- und Handelskammer (IHK) entledigte sich Weinmüller zusätzlicher – auch arischer – Konkurrenz, indem er sich in ausführlichen Gutachten gegen die Zulassung weiterer Versteigerer in München aussprach.37 1938 war er neben dem Königlich-bayerischen Hofantiquar Julius Böhler (1907–1979) und dessen Geschäftsführer Hans Sauermann (1885–1960) in M ünchen der Einzige, der eine umfassende Versteigerererlaubnis nach dem Versteigerergesetz, incl. der Zusatzgenehmigung nach § 4 Ziffer 2 vorweisen konnte, die es ihm gestattete, einzelne Kunstgegenstände auch dann zu versteigern, wenn sie nicht zu einer geschlossenen Nachlass- oder Konkursmasse gehörten.38 Ein Schreiben des Geschäftsführers der Reichskulturkammer in Berlin an den Regierungspräsidenten von Oberbayern 1939 zeugt von den Vorteilen dieser vermeintlich komplizierten Regelung: Diese drei Versteigerer [Böhler, Sauermann und Weinmüller, Ergänzung der Verfasserin] sind daher nicht berechtigt, Wohnungsauflösungen auf dem Wege der Versteigerun-
35 StAM, AG (Amtsgericht) München, 1938/3928, Helbing, Hugo, Vorläufiger Bericht von Dr. Hans Raff, 25. Juni 1949, S. 3 36 StAM, AG (Amtsgericht) München, 1938/3928, Helbing, Hugo, Vorläufiger Bericht von Dr. Hans Raff, 25. Juni 1949, S. 3. Bei dem Referenten der RKdBK München handelt es sich um den 1891 in Marquartstein geborenen Max Heiß (1891–1962), vgl. BA Berlin (ehem. BDC), RK A 0011, Personalakt, Heiß, Max (*4.4.91). Dieser ist – entgegen bisheriger Annahmen – nicht identisch mit dem 1904 in München geborenen Kunstmaler und späteren Direktor des Historischen Stadtmuseums München Max Heiß (1904–1971); vgl. Wolfgang TILL, Das Historische Museum der Stadt München, in: Iris LAUTERBACH (Hg.), Kunstgeschichte in München 1947. Institutionen und Personen im Wiederaufbau, München 2010, S. 59–64. 37 BWA, K1, XV, A 73b, 2. Akt, Erteilung der Versteigerer-Erlaubnis 1938–1945. 38 BWA, K1, XV, A 73b, 1. Akt, Erteilung der Versteigerer-Erlaubnis 1935–1938.
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gen durchzuführen. Ihre Tätigkeit beschränkt sich daher nur auf die Durchführung von reinen Kunstversteigerungen. Da geringwertiges Kulturgut zumeist nur in Wohnungsauflösungen vorhanden ist, wird schlechtes Kulturgut an die genannten Versteigerer nur vereinzelt herangetragen.“39
Während andere Händler nur zusammengehörende Massen versteigern durften, die im Zuge der vermehrt einsetzenden behördlichen Beschlagnahmungen kaum mehr geschlossen auf den Kunstmarkt kamen40, konnte Weinmüller mit seiner Genehmigung von sukzessiven Sammlungsauflösungen vor Emigrationen und den von den Devisenstellen zur Ausfuhr gesperrten Einzelobjekten profitieren.41 Nachdem sich Julius Böhler 1939 aus dem Versteigerungsgeschäft zurückgezogen hatte, war Weinmüllers Münchener Kunstversteigerungshaus tatsächlich ohne Konkurrenz.42 Dank der Verbindung zur Reichskulturkammer und vor allem auch zur Industrie- und Handelskammer (IHK) konnte sich nicht einmal mehr Max Heiß, der Referent der Reichskammer der Bildenden Künste München-Oberbayern, gegen Weinmüller durchsetzen. Als Heiß nämlich in seiner Funktion als „Abwickler“ mit dem Gedanken spielte, das Auktionshaus Hugo Helbings selbst zu übernehmen und sich bei der IHK um eine Versteigererlaubnis bewarb, war es Weinmüller, der sich in einem Gutachten gegen eine Zulassung Heiß’ als Versteigerer aussprach. Schließlich verkaufte Heiß die Kunsthandlung Helbing 1941 – ohne Versteigerungserlaubnis – an Jakob Scheidwimmer.43 Expansion nach Österreich 1938
Dabei hatte eben dieser Max Heiß Weinmüller ein Jahr zuvor, nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 zu seiner Expansion verholfen. Entgegen der eigenen Bestimmungen gegen das „internationale Grosskunsthandelstum“ 39 BWA, K1, XV, A 73b, 1. Akt, Erteilung der Versteigerer-Erlaubnis 1935–1938. RKdbK Berlin an den Regierungspräsidenten von Oberbayern, 2. März 1939. 40 Vanessa VOIGT, Horst KESSLER, Die „Judenaktion“ 1938/39 in München. Ein Forschungsprojekt der Staatlichen und Städtischen Museen in München zum Schicksal jüdischer Kunstsammlungen, in: Museum heute, 38 (2010) S. 33–39. 41 BayHStA, MK 40839, Rundbrief zum Schutz des deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung, 15. Mai 1939. 42 Richard WINKLER, „Händler, die ja nur ihrem Beruf nachgingen“. Die Münchener Kunsthandlung Julius Böhler und die Auflösung jüdischer Kunstsammlungen im „Dritten Reich“, in: Entehrt, ausgeplündert, arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden, Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg, 3, Magdeburg 2005, S. 206–246. 43 BWA, K1, XV, A 73b, 2. Akt, Erteilung der Versteigerer-Erlaubnis 1938–1945.
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hatte sich der „tüchtige Fachmann aus dem Altreich der die Kammergesetzgebung und die Versteigererverordnungen kennt“44 ab April 1938 nämlich zusätzlich um die Übernahme des unter kommissarischer Leitung stehenden Versteigerungshauses der jüdischen Familie Kende in der Rotenturmstraße in Wien beworben. Weinmüller konnte sich gegen den entschiedenen Widerstand der Wiener Händlerschaft durchsetzen und das Auktionshaus S. Kende inklusive Einrichtungsgegenstände und zweier bereits vorbereiteter Auktionen als Wiener Kunstversteigerungshaus Adolph Weinmüller übernehmen.45 Genau vor Weinmüllers guter Kenntnis der Versteigerergesetzgebung fürchtete sich selbst das Dorotheum in Wien: „Denn dieses Gesetz [...] bestimmt [...], dass die Erlaubnis zur Durchführung von Versteigerungen nur an natürliche Personen erteilt werden darf“ und es Versteigerern nicht erlaubt sei „ein Gewerbe als Pfandleiher oder Pfandvermittler zu betreiben“. So sei „die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass unter Einfluss interessierter Handelskreise gelegentlich der Einführung des Versteigerergesetzes [die] Vorschriften auch auf den Versteigererbetrieb des Dorotheums erstreckt und dieser damit unmöglich gemacht wird.“46 Spätestens mit der Übernahme der Wiener Filiale wird deutlich, dass Weinmüller bewusst Kulturgut aus beschlagnahmten jüdischen Sammlungen akquirierte. Die Wahl der beiden Geschäftsführer fiel auf die Kunsthistoriker Dr. Ernst Wengenmayr (1888–1963) für die Münchener und Dr. Franz Kieslinger (1891–1955) für die Wiener Filiale. Dr. Ernst Wengenmayr war bis Anfang 1936 Geschäftsführer der Ortsgruppe München der Reichskammer der Bildenden Künste und nahm im November 1938 wiederholt als Sachverständiger bei Beschlagnahmungen von jüdischen Sammlungen durch die Gestapo München teil47, während Dr. Franz Kieslinger – langjähriger Berater verschiedener Wiener Sammlungen und freier Mitarbeiter des Dorotheums – regelmäßig als Gutachter und Sachverständiger bei der Schätzung jüdischer Kunstsammlungen in Wien für die seit 26. April 1938 obligatorisch gewordenen Vermögensanmeldungen auftrat.48 Weinmüller selbst war Sachverständiger der Münchener Devisenstelle und 44 Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA), AdR 06, VVSt, St. 706, Kt. 583, Kende, Melanie (*1.8.1872). Gutachten, gez. Max Heiß, 22. Juni 1938. 45 ANDERL 2006 enthält alle wichtigen Eckdaten zur „Arisierung“ des Hauses S. Kende. Weinmüller variierte bei der Schreibweise seines Vornamens zwischen Adolf und Adolph. Letztere wählte er vor allem in den Katalogen des Wiener Auktionshauses. 46 ÖStA, AdR 04, 1757/9/2, Bürckel-Materie, Dorotheum in Wien. 47 StAM, SPK Karton 1946, Wengenmayr, Dr. Ernst Michael; vgl. VOIGT, KESSLER 2010. 48 Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden, RGBl. I, 1938, S. 414–415.; Alexandra
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erhielt aufgrund seiner Beziehungen spätestens ab 1941 Lieferungen aus den besetzen Gebieten, unter anderen von der Gestapo in Prag, oder der sogenannten Dienststelle Mühlmann in Den Haag. Als Weinmüller sein Münchener Auktionshaus 1948 schließlich in der Briennerstraße wiedereröffnete – das Leuchtenbergpalais war im Januar 1945 bei einem Fliegerbombenangriff getroffen worden und ausgebrannt – hatte er im Münchener Kunsthandel kaum etwas von seiner Monopolstellung und seinem Ansehen eingebüßt. Im Entnazifizierungsverfahren wurde Weinmüller als „Mitläufer“ eingestuft. 49 Zudem konnte er glaubhaft versichern, dass seine Geschäftsunterlagen bei dem Brand zerstört wurden. Ob dies der Wahrheit entsprach, lässt sich heute nicht mehr nachweisen. Umso erfreulicher ist aber, dass im Zuge des Projektes – auch ohne Weinmüllers Geschäftsunterlagen – etliche wertvolle Hinweise gesammelt werden konnten, die international und institutionsübergreifend von entscheidender Bedeutung für die Provenienzforschung sind und für die Zukunft etwas mehr Licht in die Mechanismen des nationalsozialistischen Kunsthandels bringen werden.
CARUSO, Raub in geordneten Verhältnissen, in: Alexandra CARUSO, Gabriele ANDERL (Hg.), NSKunstraub in Österreich und die Folgen. Innsbruck-Bozen-Wien 2005, S. 90–105. 49 StAM, SPK Karton 1933, Weinmüller, Adolf.
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The Art Dealer Adolf Weinmüller (Munich/Vienna) and his decisive Role in the Rearrangement of the German Art Market between 1933 and 1945 This essay focuses on the prominent role of Adolf Weinmüller (1886–1958) in the mechanisms of the Nazi art market in Munich and Vienna. Weinmüller established his first agency dealing with arts and antiques in Munich in 1921. He joined the NSDAP in 1931 and was elected as chairman of the Bund Deutscher Kunst- und Antiquitätenhändler e.V. (German Association of Art Dealers) in 1934. The Bund later became a department of the Reichskammer der Bildenden Künste, which in August 1935 issued a letter forcing over forty Jewish art dealers in Munich to give up their licenses and to sell or liquidate their companies. It seems obvious that given his position, Weinmüller was responsible for those measures against Jewish art dealerships in Germany. In fact Weinmüller was one of the first dealers to benefit from the new situation: shortly after the Jewish auctioneer Hugo Helbing (1863–1938) lost permission to hold auctions in Munich – and therefore had to give up his successful company, established in 1900 – Weinmüller opened up his own Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller in May 1936. Since Weinmüller had hardly any competition after the closing of the Jewish companies, his house became the most important corporation auctioning fine arts not only in Munich but in all of Southern Germany. In the following years he became one of the most controversial profiteers on the art market under the Third Reich. Together with his employee, the art historian Dr. Ernst Wengenmayr, he was directly involved in several aryanizations of dealers and collections in Munich and continuously acquired arts and antiques from forced sales, raids or confiscations of Jewish property by public authorities like the Gestapo or the Devisenstelle, for whom he also acted as an expert. In 1938 Weinmüller received permission to take over the long-established auction house S. Kende from the Jewish art dealers Melanie and Herberth Kende in Vienna, which he turned into his Wiener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller. In addition, his Viennese director, the art historian Dr. Franz Kieslinger, is considered to have been one of the most blatant profiteers on the art market in Austria, particularly with his involvement in the so-called Dienststelle of Kajetan Mühlmann in The Hague.
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Spuren und Boten: Die Kunsthandlung E. Hirschler & Comp. Dieter J. Hecht
Kunst- und Kulturgüter stellen einen Bereich bei der Erforschung von Vermögensentzug während des Nationalsozialismus dar. Die Spuren führen hierbei von den Geschädigten zu den Ariseuren und Profiteuren und vice versa. Die Rückstellungsgesetzgebung der Republik Österreich war kaum dazu angetan, die Interessen der Opfer und Geschädigten zu verteidigen.1 Erst gedächtnispolitische Transformationen seit den 1980er Jahren lassen ansatzweise ein Umdenken erkennen, das sich im Kunstrückgabegesetz von 1998 und verwandten rechtlichen Bestimmungen anderer öffentlicher Rechtsträger widerspiegelt.2 Im Mittelpunkt der Forschung steht seither ein ursprünglich privater Kunstbesitz, der jetzt in öffentlicher Hand ist. Bücher wie jenes von Sophie Lillie über die enteigneten Kunstsammlungen Wiens und jenes über die Sammlungen der Familie Rothberger,3 dessen AutorInnen mehrheitlich aus dem Umfeld der Kommission für Provenienzforschung kommen, belegen eindrucksvoll neue Forschungsergebnisse und die Defizite der Rückstellungspraxis der Nachkriegszeit in Österreich. Die privaten KunstsammlerInnen verfügten über ein dichtes Netzwerk von Kunstund Antiquitätenhandlungen, die als Käufer und Verkäufer auftraten. Einige KunstsammlerInnen, wie z.B. die Brüder Elkan und Abraham Silbermann, besaßen aber auch selber eine Antiquitätenhandlung in der Wiener Innenstadt. Privates Sammeln und gewerbliches Handeln schufen einen halböffentlichen Raum.4 Die Verkaufsausstellungen hatten neben pekuniären Gründen, vor allem das öffentliche zur Schau stellen von Kunst und deren Verankerung im öffentlichen Bewusstsein zur Aufgabe, analog zu Sonderausstellungen von Museen. Mit der Arisierung der Kunsthandlun1
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Vgl. Robert KNIGHT, „Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen“. Die Wortprotokolle der österreichischen Bundesregierung 1945–1952 über die Entschädigung der Juden, Frankfurt/Main 1988 und Wien-Köln-Weimar 2000. Vgl. Ingo ZECHNER, Zweifelhaftes Eigentum. Fußnoten zur Kunstrestitution in Österreich, in: Gabriele ANDERL, Alexandra CARUSO (Hg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen, InnsbruckWien-Bozen 2005, S. 235–246. Sophie LILLIE, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003; Christina GSCHIEL, Ulrike NIMETH, Leonhard WEIDINGER (Hg.), Schneidern und Sammeln. Die Wiener Familie Rothberger, (= Christoph BAZIL, Eva BLIMLINGER (Hg.), Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung, Bd. 2) Wien 2010. LILLIE 2003, S. 1203–1211.
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Abb.1: Charlotte Seligmann, neé Hirschler im Jahr 1836
Abb. 2: Max Seligmann im Jahr 1836
gen und Antiquariate von als Juden und Jüdinnen Verfolgten und der meist stufenweise vorgenommenen Aneignung ihres Kunstbesitzes durch öffentliche Institutionen und private Profiteure erfolgte die nachhaltige Zerstörung der Betriebe und Sammlungen. Nach 1945 wurde diese Problematik weitgehend ausgeblendet. Erst durch die Forschungen von MitarbeiterInnen der Kommission für Provenienzforschung wie z.B. Gabriele Anderl5 rückten die Arisierungen von Kunsthandlungen und Antiquariaten verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei häufig prominente Firmen wie das Auktionshaus für Altertümer von Max und Samuel Glückselig und die Galerie Würthle von Lea Jaray. Bei kleineren unbekannten Firmen, wie etwa der Münz- und Antiquitätenhandlung David Kallai. Wien 1, Lobkowitzplatz 3, sind nur spärliche Daten zur Firma vorhanden, obwohl diese von 1908 bis 1938 in Familienbesitz war und die meiste Zeit unter der Leitung von Auguste Kallai (1879–1952) stand. Sie erhielt den Betrieb 1950 nach einer Zahlung von 4000 öS an die Erben der Ariseurin Emilie Graf, ihrer ehemaligen Angestellten zurück. Doch der Auslöser, der zum Aufspüren von Auguste Kallai und ihrer Firma führte, war die Arisierung der Kunstsammlung ihres Schwiegersohnes Robert Wadler (1906–1938) 5
Gabriele ANDERL, „… ein schwerreicher Kunsthändler aus München“: Die „Arisierung“ des Kunstantiquariats und Auktionshauses S. Kende in Wien durch Adolph Weinmüller, in: www.doew.at/thema/arts/ anderl.html (29.7.2011).
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durch Mitarbeiter einer öffentlichen Institution, nämlich des Naturhistorischen Museums Wien.6 Um in einem solchen Fall zu Ergebnissen zu kommen, bedarf es differenzierter historischer Methoden und der Verknüpfung des Wissens um den NS-Vermögensentzug. Recherche, sowie die Sicherung und Deutung von Spuren bilden einen zentralen Bestandteil der Wissenspraktiken von ProvenienzforscherInnen. Das Spurenlesen ist somit eine zentrale Orientierungstechnik und eine Wissenskunst, die die Verbindung von überlieferten Alltagspraktiken und wissenschaftlichen Verfahren zu einer kulturgeschichtlichen und kulturwissenschaftlichen Forschungsmethode darstellt.7 Die Spuren selbst sind heteronom. Sie werden nicht gemacht, sondern unabsichtlich hinterlassen. Die Unmotiviertheit der Spurbildung korrespondiert mit der Motiviertheit seitens der SpurenleserInnen, d.h. der ProvenienzforscherInnen. Eine Spur zu lesen heißt, die gestörte Ordnung, der sich die Spurbildung verdankt, in eine neue Ordnung zu integrieren und zu überführen, indem das spurbildende Geschehen als Erzählung rekonstruiert wird. Die Spur zeigt etwas an, was zum Zeitpunkt des Spurenlesens irreversibel vergangen ist;8 sei es pulsierendes jüdisches Leben in Wien, in der drittgrößten jüdischen Gemeinde Europas, sei es der Kunst- und Antiquitätenhandel von durch das NS-Regime verfolgten Juden und Jüdinnen. Frau Hirschler und Herr Seligmann – Spuren und Boten jüdischer Geschichte
Das Wien Museum, Teil der Städtischen Sammlungen, erwarb laut Inventarbuch am 14. März 1944 vom Kunstauktionshaus Kärntnerstrasse, Wien 1, Kärntnerstrasse 4 die Porträts Charlotte Seligmann, geb. Hirschler und Max Seligmann, beide von dem Maler Alexander Clarot für je 200 RM.9 Diese beiden Gemälde bilden nicht nur als Porträts 6
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Dieter J. HECHT, Archäologe und Numismatiker. Die Arisierung der prähistorischen Sammlung von Robert Wadler durch das Naturhistorische Museum Wien, in: Gabriele ANDERL, Christoph BAZIL, Eva BLIMLINGER, Oliver KÜHSCHELM, Monika MAYER, Anita STELZl-GALLIAN, Leonhard WEIDINGER (Hg.), … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung, (= Christoph BAZIL, Eva BLIMLINGER (Hg.), Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung, Bd. 1) Wien 2009, S. 433–434. Vgl. dazu die Idee des Indizienparadigma: Carlo GINZBURG, Spuren einer Paradigmengabelung: Machiavelli, Galilei und die Zensur der Gegenreformation, in: Sybille KRÄMER, Werner KOGGE, Gernot GRUBE (Hg.), Spur. Spurenlesen als Orientierungstechnik und Wissenskunst, Frankfurt/Main 2007, S. 257–280. Vgl. Sybille KRÄMER, Was also ist eine Spur? Und worin besteht ihre epistemologische Rolle? in: KRÄMER, KOGGE, GRUBE 2007, S. 11–36; Gernot GRUBE, „abfährten“ – „arbeiten“. Investigative Erkenntnistheorie, in: KRÄMER, KOGGE, GRUBE 2007, S. 222–253. Für weiterführende Informationen möchte ich mich bei Michael Wladika recht herzlich bedanken.
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eine Spur, sondern liefern Hinweise auch auf die Kunsthandlung E. Hirschler & Comp; ein Ariadnefaden, der von den Objekten hinausführt und eine Verbindung mit anderen Materialitäten schafft. In den Augen des Provenienzforschers gelten die Porträts als Spur, und die Recherchen darüber als „Nachspüren“, d.h. letztendlich als Spurenlesen. Die Porträts vergegenwärtigen nicht die Präsenz einer Person oder Sache, sondern zeugen von ihrer Nichtpräsenz, d.h. die Präsenz der Porträts verweist auf die Abwesenheit der Firma E. Hirschler & Comp.10 Seit 1874 führte Eduard Hirschler, später gemeinsam mit seinen Söhnen Rudolf und Paul die Kunsthandlung E. Hirschler & Comp. in Wien 1, Graben 14 und später in der Plankengasse 7. Der geschäftliche Erfolg der Hirschlers war stets verbunden mit ihrer privaten Sammlerleidenschaft. Wirtschaftliche Misserfolge führten mitunter auch zur Versteigerung verschiedener Kunstgegenstände. Die Spuren der Firma führen von Versteigerungskatalogen, Meldedatenabfragen und dem Matrikenamt der Israelitischen Kultusgemeinde zu Verlassenschaftsakten, Handelsgerichtsakten, Vermögensanmeldungen und Friedhöfen.11 Der letzte Eigentümer der Firma war Paul Hirschler (1864–1941). Bis zum „Anschluss“ 1938 lebte er mit seiner Frau Maria (1874–1961) in Wien 8, Schlösselgasse 15. Obwohl seine Frau nach Nürnberger Gesetzen Arierin war, musste das Ehepaar in eine Wohnung mit schlechterem Standard nach Wien 18, Währingergürtel 15 übersiedeln, wo Paul Hirschler am 6. März 1941 verstarb.12 Im Verlassenschaftsakt von Paul Hirschler befindet sich sein Testament vom 16. August 1938, worin er seine Frau zur Universalerbin machte. Im Nachlass betrug der Wert des Haushaltes (Möbel, Wäsche und einige Gemälde) rund 1000 RM. Darüber hinaus gab es noch 30 Kunstgegenstände, die sich zum „kommissionsweisen Verkauf“ im Kunstverlag Wolfrum, Wien 1, Augustinerstraße 10 und im Kunstverlag Silverio, Wien 1, Kärntnerstraße 16 befanden. Ihr Wert wurde mit dem Argument „überwiegend jüdische Meister“ laut Liste relativ niedrig bewertet.13 Im Nachlass fehlen Kunstgegenstände wie etwa Majolikakrüge, Glas- und Porzellanobjekte sowie Bronzen und Silbergegenstände, die Hirschler noch am 27. Juni 1938 in der Vermögensanmeldung angeführt hatte.14 10 Vgl. KRÄMER 2007, S. 11–36. 11 Vgl. ÖStA, AdR, BMF, VVSt, VA, Zl. 45904, Rudolf Hirschler; WStLA, BG Döbling, Verlassenschaft Paul Hirschler, 8 A 34241. WStLA, Meldedatenabfrage; WStLA, HG, Verlassenschaft Rudolf Hirschler, A 28/29; BDA, Ausfuhrakt Maria Hirschler, l. 1522/38; Matrikenamt der Israelitischen Kultusgemeinde Wien; (Herzlichen Dank an Wolf-Erich Eckstein.) Grabsteine der Familie Hirschler am Wiener Zentralfriedhof, Tor 1. 12 WStLA, Meldedatenabfrage. 13 WStLA, BG Döbling, Verlassenschaft Paul Hirschler, 8 A 34241. 14 ÖStA, AdR, BMF, VVSt, VA, Zl. 45904, Rudolf Hirschler.
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Abb. 3: Paul und Maria Hirschler, vermutlich 1931 anlässlich der Silbernen Hochzeit
Durch den „Anschluss“ verloren Kunsthändler wie Paul Hirschler sowohl die Berufsgrundlage als auch ihr privates Vermögen. Seine Wohnung und Teile seines Besitzes wurden ihm durch die NS-Gesetzgebung entzogen.15 Nach seinem Tod bestand für seine Frau, die Arierin war, die Möglichkeit, Teile ihres Vermögens wieder geltend zu machen.16 Wie viel 1941 noch vorhanden war, lässt sich nicht exakt feststellen. Objekte aus der Sammlung Hirschler sollen so auch auf die Problematik vermögensrechtlicher Grauzonen bei so genannten Mischehen hinweisen.17 15 WStLA, Meldedatenabfrage; WStLA, BG Döbling, Verlassenschaft Paul Hirschler A 8, 342/41. 16 Um einen ähnlichen Fall handelte es sich bei Franz und Melanie Popper, die nach der NS-Gesetzgebung auch in einer so genannten Mischehe lebten. Nach dem „Anschluss“ flüchtete das Ehepaar nach Brünn und ihr Vermögen wurde beschlagnahmt. Melanie Popper besaß seit 1924 eine Villa in Altaussee. Mit 4. Mai 1940 wurde ein Treuhänder für die Villa bestellt. Nach ihrer Scheidung von Franz Popper am 30. April 1941 wurde mit 9. Juli 1941 die Treuhänderschaft durch den Reichstatthalter von Oberdonau gelöscht und Melanie Popper konnte wieder in die Villa in Altaussee einziehen. Franz Popper wurde am 8. April 1942 von Brünn nach Theresienstadt deportiert und ermordet. Steiermärkisches Landesarchiv, Grundbuchabteilung, EZ 364, KG Altaussee, Puchen 101. Vgl. Restitutionsberichte des Wien Museums 2005–2009 www.wienmuseum.at/de/ueber-uns/restitution.html (18.8.2011). 17 Zu Mischehen vgl. Evan Burr BUKEY, Jews and Intermarriage in Nazi Austria, Cambridge 2011.
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Zwei telefonische Anfragen bei Herrn Hubert Wolfrum am 8. und 9. April 2004 ergaben, dass im Kunstverlag Wolfrum keine Aufzeichnungen aus der NS-Zeit mehr vorhanden sind, außer einer Fotokartei bedeutender Gemälde, worunter sich aber keine von Paul und Maria Hirschler befinden. Herr Wolfrum verwies jedoch auf einige Gemälde aus ehemals jüdischem Besitz, für deren Erwerb seine Großmutter während der NS-Zeit verantwortlich gewesen war und die er den Erben zurückgeben wolle, wenn diese sich bei ihm melden würden.18 In diesem Kontext kann die Geschichte eines Gemäldes mitunter interessanter sein als das, was es darstellt. Das Porträt von Charlotte Hirschler hat auf der Rückseite einen Kleber mit der Aufschrift „Hirschler“ und eine Inventarnummer wie jenes von Maximilian Seligmann. Dieser Kleber und die Zahlen auf der Rückseite führten über das Testament von Rudolf Hirschler (1861–1929), einem Bruder von Paul Hirschler, zum Jüdischen Museum und zur Firma E. Hirschler & Comp. Nachdem Rudolf Hirschler 1929 kinderlos verstorben war, bestimmte er seinen Bruder Paul zum Universalerben. Neben einigen Legaten an Verwandte und Mitarbeiterinnen traf er auch eine Verfügung, Familienarchivalien und Familienbilder betreffend. Diese sollte das Jüdische Museum Wien erhalten: „Das Konvolut Papiere Notizen Dokumente die Familie Hirschler betreffend vermache ich dem jüdischen Museum demselben steht es auch frei von Familienbildern (Oel, Aquarell Arbeiten unseres Vaters) auszuwählen was es für seine Sammlung brauchen kann und jetzt oder später würdig aufzustellen. [...]“19 Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 12. April 1929 wurde die von Paul Hirschler abgegebene Erbserklärung angenommen und dieser als Erbe anerkannt. Gleichzeitig wurde ihm die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen und ihm der Auftrag erteilt, die aus dem Nachlass bestimmten Objekte dem Jüdischen Museum zu übergeben. Am 25. Juni 1929 legte Paul Hirschler in der Verlassenschaftssache nach seinem Bruder Rudolf Hirschler eine Vermögensaufstellung vor, wobei er vorhandene Bilder nur sehr mangelhaft spezifizierte. So finden sich unter Position Nr. 30 und 31 ein „Oelbild, Damenbildnis“ und ein „Oelbild, Männerbildnis“, unter Position 47 „7 Familien-Oelbilder“ und unter Position 73 „2 Familien-Oelbilder“. Es lässt sich aber nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sich die beiden genannten Porträts darunter befanden. Am 22. März 1930 meldete Paul Hirschler, dass er das Legat an die gemeinnützige Institution Gesellschaft für Sammlung und Konservierung von Kunst- und historischen Denkmälern des Judentums, wie der offizi18 Gesprächsnotiz der Telefonate mit Hubert Wolfrum, 8. und 9. April 2004. 19 WStLA, HG, Verlassenschaft Rudolf Hirschler, A 28/29.
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elle Name des Jüdischen Museums damals lautete, in Wien 9., Liechtensteinstraße 130, erfüllt habe.20 Im Archiv des Jüdischen Museums befinden sich heute einige Dokumente der Familie Hirschler.21 Laut Inventarbuch müsste es neben den Dokumenten auch Gemälde geben, die jedoch nicht vorhanden sind. Der Grund hierfür dürfte die Beschlagnahme der Bestände des alten Jüdischen Museums nach dem „Anschluss“ und die Einlagerung der Sammlungen im Völkerkundemuseum 1939/40 sein. Teile der Sammlungen „gingen dabei verloren“. Die beiden Porträts dürften auf diese Weise 1944 zur Versteigerung in das Kunstauktionshaus Kärntnerstrasse gelangt sein.22 Auf den Rückseiten der beiden Bilder von Alexander Clarot, Charlotte Seligmann, geb. Hirschler und Max Seligmann aus dem Wien Museum befinden sich handschriftlich mit Ölkreide vorgenommene Beschriftungen „536/5349 a“ und „536/5349 b“. Die Schenkung der Familie Hirschler wurde unter der Nummer „5049“ im Inventarbuch des alten Jüdischen Museums inventarisiert. Die einzelnen Objekte erhielten Subnummern „a – f“, d. h. die Inventarnummern lauteten „5049a“, etc. Einzig die Zahlen 0 und 3 wurden verwechselt. Da sich nach Untersuchungen herausgestellt hat, dass die Spannrahmen original sind, könnten die Zahlen weitere Indizien für die Herkunft der Porträts sein. Ein Kleber mit der Bezeichnung „Hirschler“ befindet sich ebenfalls auf dem Spannrahmen. Sabine Loitfellner, Mitarbeiterin der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, und Wiebke Krohn, ehemalige Mitarbeiterin des Jüdischen Museums Wien, gelang die Identifizierung des Klebers, als eines um 1931 gebräuchlichen Aufklebers aus dem alten Jüdischen Museum.23 Die Spur zum Jüdischen Museum ist letztendlich ein Bote, der durch die Empfänger der Botschaft „beauftragt“ wird, d.h. der Provenienzforscher ist der Adressat einer Botschaft, deren unfreiwilligen Absender er erst zu finden hat, um die Botschaft zu empfangen bzw. vollends entschlüsseln zu können.24 Im Mai 2011 wurden die beiden Gemälde an die Israelitische Kultusgemeinde restituiert, die diese den Nachkommen der Familie Hirschler als Leihgabe überlässt.25 20 WStLA, HG, Verlassenschaft Rudolf Hirschler, A 28/29. 21 Die Dokumente betreffen Eduard Hirschler und seinen Vater Adolf Hirschler. Archiv Jüdisches Museum Wien. 22 Vgl. Bernhard PURIN (Hg.), Beschlagnahmt. Die Sammlung des Wiener Jüdischen Museums nach 1938, Wien 1995, S. 7–29. 23 Für diese Informationen möchte ich mich bei Michael Wladika und Sabine Loitfellner recht herzlich bedanken. 24 Vgl. Sybille KRÄMER, Medium, Bote, Übertragung. Kleine Metaphysik der Medialität, Frankfurt am Main 2008, S. 282–283. 25 Für diese Informationen möchte ich mich bei Sabine Loitfellner recht herzlich bedanken.
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Boten der Familiengeschichte
Die beiden Porträts fungieren somit auch als Boten von Familiengeschichten der Familien Hirschler und Seligmann. Die mediale Präsenz der beiden Porträts durch ihre Veröffentlichung im Internet führte zum Kontakt mit der Ururenkelin von Charlotte und Max Seligmann. Mit den in Familienbesitz erhalten gebliebenen Gemälden, Korrespondenzen und Familienerinnerungen bot sie den ProvenienzforscherInnen neue Mittel zum Entschlüsseln der Familiengeschichte. Ausgehend von den biografischen Daten der Besitzer der Kunsthandlung E. Hirschler & Comp. sollen nun anhand familiärer Netzwerke der Aufstieg und die Etablierung der Familie Hirschler nachvollzogen werden, um die soziale Stellung jüdischer KunstsammlerInnen und -händlerInnen exemplarisch zu illustrieren. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf dem Spannungsfeld zwischen öffentlicher Geschäftstätigkeit und jüdischer Identität, unter anderem verdeutlicht durch die Schenkung an das Jüdische Museum 1929/30. Charlotte Seligmann (1815–1899) war die Tochter von Henriette, geb. Oppenheimer (1790–1853), und Adolf Hirschler (1781–1855). Ihr Vater war Wollhändler aus Stapava (Stampfen) bei Bratislava (Pressburg) und ihre Mutter stammte aus der Stadt Bratislava selbst. Sie besaßen eine Textilfabrik in der Wiener Vorstadt Fünfhaus/Sechshaus (heute Wien 15.) und wohnten in Wien 1., Salvatorgasse 6. Charlotte Seligmann hatte zwei Geschwister, Sigmund (1820–1875) und Eduard (1828–1891). Am 26. Juni 1836 heiratete Charlotte Maximilian Seligmann (1809–1882), einen aus Bratislava stammenden Textilfabrikaten, dessen Kattunfabrik26 sich ebenfalls in Fünfhaus/ Sechshaus befand.27 Die beiden Gemälde dürften anlässlich der Hochzeit angefertigt worden sein. Kleidung und Habitus der beiden Porträtierten verweisen auf wohlhabende, bürgerliche Familien des Wiener Biedermeier. Siegelring und Zigarre zeigen Maximilian Seligmann als aufstrebenden Jungunternehmer. 1857 heiratete die älteste Tochter des Ehepaares Seligmann, Theresia (1837–1907) ihren Onkel Eduard Hirschler, den Gründer von E. Hirschler & Comp.28 Eduard Hirschler hatte seine Kunsthandlung in Wien 1., Graben 14, und eine große private Kunstsammlung in der Wohnung in Wien 1., Salvatorgasse 6. Anlässlich umfangreicherer Auktionen nutzte die Firma auch Räumlichkeiten anderer Firmen 26 Als Kattundruck wird das Drucken auf Baumwolle (Kattun) bezeichnet. 27 Matrikenamt der Israelitischen Kultusgemeinde Wien; Michael KOFLER, Judith PÜHRINGER, Georg TRASKA (Hg.), Das Dreieck meiner Kindheit. Eine jüdische Vorstadtgemeinde in Wien, Wien 2008, S. 48–49, 214–215. 28 Philippa JAMES-BUTH, Genealogy report for Lisl Walk, Oestrich-Winkel 2011.
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und Institutionen, z.B. den Wiener-Künstler-Club, Wien 1., Dorotheergasse 1 und die Gartenbau-Gesellschaft, Wien 1., Parkring 12. Eduards Söhne übersiedelten die Kunsthandlung 1899 nach Wien 1., Plankengasse 7.29 Im Zuge der Auflösung des Standortes am Graben wurden im Auktionshaus C. J. Wawra, Wien 1., Kolowratring 9 (heute Schubertring) 500 Gemälde aus der Kunsthandlung E. Hirschler & Comp. zur Versteigerung angeboten; die Privatsammlung folgte am 26. April 1900. Im Vorwort zum Katalog von 1899 und im Lexikon des Kunstsachverständigen Theodor Frimmel finden sich auch Hinweise zur Familiengeschichte.30 So hatte Eduard Hirschler zunächst bei Anton Hartinger an der Wiener Akademie Malerei mit Schwerpunkt Blumendarstellungen studiert. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er 1855 mit seinem Bruder Siegmund den elterlichen Textilbetrieb, betätigte sich jedoch privat als Kunstsammler. Beim Börsenkrach von 1873 verlor er einen Großteil seines Vermögens. Als Ausweg aus der Krise begann er, mit seiner Kunstsammlung zu handeln. In den Sommermonaten (vermutlich in den 1880er Jahren) unterhielt er eine Zeitlang auch ein Auktionshaus in Karlsbad. Als Zäsur zwischen privatem Kunstsammeln und dem professionellen Kunsthandeln fungierte also angeblich die Krise von 1873. Dieses Argument verwendete die Familie auch im Vorwort des Auktionskatalogs für die Versteigung der Privatsammlung im April 1900.31 Eine Widerlegung dieser Angaben und weitere Einblicke in Eduard Hirschlers Leben als Maler und Kunstsammler bietet der Briefnachlass von Hirschler in der Handschriftenabteilung der Österreichischen Nationalbibliothek.32 Diese Briefe aus den Jahren 1847 bis 1902 bezeugen eine umfangreiche Korrespondenz zwischen Hirschler und seinen Söhnen mit Künstlern und Künstlerinnen. Sie machen deutlich, dass Hirschler viele Künstler immer wieder finanziell unterstützte, Arbeiten in Auftrag gab und sich um deren Verkauf kümmerte. Im Falle des Malers Joseph Matthias Aigner (1818–1886) entwickelte sich durch die ständige finanzielle Unterstützung eine lebenslange enge Freundschaft, der zahlreiche Familienporträts zu verdanken sind. Die Briefe belegen auch, 29 Kunst-Auktions-Katalog, 21. April 1891, Wien 1891; Kunst-Auktions-Katalog von E. Hirschler & Comp., 14/15. Dezember 1904, Wien 1904; Kunst-Auktions-Katalog von E. Hirschler & Comp., am 27/28. April 1910, Wien 1910. 30 Auktions-Katalog Wawra, 28. Februar 1899, Wien 1899; Theodor FRIMMEL, Lexikon der Wiener Gemäldesammlungen. Buchstabe G bis L, Eduard Hirschler, München 1914, S. 165–171. 31 Auktions-Katalog Wawra, 28. Februar 1899, Wien 1899. Für das Vorwort vom Auktionskatalog vom 26. April 1900 möchte ich Philippa James-Buth, der Ururenkelin von Eduard und Therese Hirschler herzlich danken. 32 Am 8. Jänner 1980 kaufte die Österreichische Nationalbibliothek vom Antiquariat Walter Krieg, Wien 1., Kärntnerstraße 4 die Briefe aus dem Nachlass Hirschler. Österreichische Nationalbibliothek, Handschriftenabteilung, Teilnachlass Eduard Hirschler 954/20-69.
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dass Hirschler sich bereits seit den späten 1850er Jahren nicht nur als Kunstsammler, sondern auch als Händler betätigte. Darüber hinaus malte Hirschler auch selbst, vorwiegend Blumenstillleben. Seine Schwester Charlotte Seligmann war ebenfalls eine talentierte Malerin, wie einige erhalten gebliebene Gemälde illustrieren.33 Eduard Hirschler verstarb 1891 und seine Ehefrau Therese 1907. Ihre Gräber befinden sich, wie jene von Charlotte und Max Seligmann, am jüdischen Teil des Zentralfriedhofs, 1. Tor. Eduard und Therese Hirschler wohnten als Fabrikanten- und Kunstsammlerehepaar in Wien 1., Salvatorgasse 6 und hatten vier Kinder: Rudolf (1861–1929), Heinrich Wilhelm (1863–1925), Paul (1864–1941) und Marianne (1865–1942). Ein Gemälde von Johann Baptist Reiter im Wien Museum, zeigt mit großer Wahrscheinlichkeit den bürgerlichen Salon von Eduard und Therese Hirschler mit ihren vier Kindern, einem Hund und Goldfischen.34 Weitere Rückschlüsse auf die Lebensverhältnisse der Familie lassen sich aus Wohnungseinrichtung und Kunstsammlung von Eduard und Therese Hirschler, Korrespondenzen und Dokumenten ziehen.35 Marianne Hirschler heiratete am 11. Mai 1890 den Journalisten und Schriftsteller Edmund Wengraf, der von 1913 bis 1926 Präsident des Journalisten- und Schriftstellervereines Concordia war.36 Ihre Brüder Paul und Heinrich heirateten beide am 22. Juli 1907, Maria Hirsch bzw. Karoline Ongert. Einen Monat zuvor waren sie für die Hochzeit zum Protestantismus konvertiert. Beide Ehen blieben kinderlos. Der älteste Sohn Rudolf blieb unverheiratet. Er verstarb 1929 und wurde am Zentralfriedhof im Grab seiner Eltern beigesetzt. Nach dem Tod von Eduard Hirschler übernahm Rudolf die Leitung der Firma, ab 1903 fungierte auch Paul als öffentlicher Gesellschafter. Heinrich Wilhelm produzierte nach eigenen Entwürfen Bronzewaren in seiner Fabrik. Nach Rudolfs Tod führte Paul die Kunsthandlung Hirschler alleine weiter. Ab 1933 verschlechterte sich der gesundheitliche Zustand von Paul Hirschler und parallel dazu der wirtschaftliche der Kunsthandlung. Mit 12. Januar 1937 wurde die Firma im Handelsregister gelöscht.37 In kleinem Rahmen betrieb Paul Hirschler seinen Kunsthandel jedoch weiter. 33 Privatarchiv der Familie von Philippa James-Buth. 34 Gemälde Eduard Hirschler (?) mit Frau und vier Kindern von Johann Baptist Reiter, ca. 1867/68, Wien Museum, Inv. 69743. Für den Hinweis möchte ich mich bei Philippa James-Buth herzlich bedanken. 35 Privatarchiv der Familie von Philippa James-Buth; Bezirksgericht Fünfhaus, Grundbuch, EZ 69, Hietzing/Penzing, Linzerstraße 376; WStLA, HG, Verlassenschaft Rudolf Hirschler, A 28/29. 36 Franz PLANER (Hg.), Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biografische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte, Edmund Wengraf, Wien 1929, S. 676; Zu Edmund Wengraf vgl. Peter EPPEL, Concordia soll ihr Name sein: 125 Jahre Journalisten- und Schriftstellerverein Concordia, Wien 1984. 37 WStLA, HG, Eduard Hirschler, A 73/217; ÖStA, AdR, BMF, VVSt, VA, Zl. 45904, Rudolf Hirschler.
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Die Familie Hirschler besaß ein Haus, damals in Hietzing, Wien 13., Linzerstraße 376 (heute Penzing, Wien 14.). In diesem wohnte zunächst Rudolf Hirschler und nach ihrer Scheidung Mitte der 1920er Jahre zeitweise auch seine Schwester Marianne Wengraf. 1931 verkaufte die Familie das Haus.38 Aus der Ehe von Marianne Wengraf gingen zwei Kinder hervor: Erna Walk und der Schauspieler und Regisseur Hans Wengraf. Beide konnten nach dem „Anschluss“ flüchten und sich in Großbritannien eine neue Existenz aufbauen. Laut einer von Philippa James-Buth, der Urenkelin von Marianne Wengraf, mitgeteilten Familienerinnerung konnte Leo Walk, der Mann ihrer Großmutter Erna, je ein Gemälde von Eduard und Therese Hirschler (beide von Joseph Matthias Aigner) in einen Regenschirm eingerollt vor der Arisierung aus der Wohnung von Marianne Wengraf schmuggeln.39 Marianne Wengraf konnte nicht flüchten. Als 77jährige wurde sie am 20. August 1942 vom jüdischen Altersheim in Wien 9., Seegasse 9 nach Theresienstadt deportiert und starb dort neun Tage später.40 Schlussgedanken
Die beiden Porträts aus dem Wien Museum legten eine Spur ins alte Jüdische Museum und als Boten lieferten sie Einblicke in die Geschichte der Familien Hirschler und Seligmann, deren Existenzen in Wien durch den Nationalsozialismus zerstört wurden. Spuren und Boten ermöglichen die Erzählung der Familiengeschichte und die Rekonstruktion des Vermögensentzuges. Die ProvenienzforscherInnen als SpurenleserInnen und AdressatInnen der Botschaften bleiben jedoch mit der Abwesenheit der AbsenderInnen konfrontiert und sind damit angewiesen auf weitere Spuren und Boten. Überlebende Familienmitglieder und Nachkommen haben hierbei über das Beispiel Hirschler-Seligmann hinausgehend eine wichtige Funktion. In diesem Sinne schrieb Leo Glückselig, der Sohn eines der Besitzer des Wiener Kunstauktionshauses Joseph Glückselig und Sohn, über die Vertreibung und Ermordung seiner Familie sowie die Zerstörung des Auktionshauses: „Wenn ich hier mein Leben erzähle, erzähle ich auch das ihre. Wenn ich gelebt habe, haben auch sie gelebt. Wenn ich mich erinnere, erinnere ich mich auch an sie.“41 38 Bezirksgericht Fünfhaus, Grundbuch, EZ 69, Hietzing/Penzing, Linzerstraße 376. 39 Für die Informationen möchte ich mich bei Philippa James-Buth und Michael Wladika recht herzlich bedanken. 40 www.doew.at/ausstellung/shoahopferdb.html Opferdatenbank (21.3.2011). 41 Leo GLÜCKSELIG, Gottlob kein Held und Heiliger! Ein Wiener „Jew-boy“ in New York, Wien 1999, S. 7.
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Dieter J. Hecht
Traces and Messengers: the Art Gallery E. Hirschler & Comp. In 1874, Eduard Hirschler (1828–1891) founded the art gallery E. Hirschler & Comp. in the center of Vienna. His partners and successors were his sons Rudolf (1861–1929) and Paul Hirschler (1864–1941). Eduard Hirschler was a textile factory owner who had studied art in his youth; over the years he became a dedicated art collector, even supporting famous artists like Joseph Matthias Aigner (1818–1886). However, his private art collection reflected his business success; in times of economic crisis he had to sell some of his master pieces. This article focuses on the establisment and the economical rise of the Hirschler family in Vienna and their social network in the nineteenth and twentieth centuries, which included the journalist and poet Edmund Wengraf (1860–1933), brother-in-law of Paul Hirschler, as well as his son Hans Wengraf (1897–1964), the renowned actor. After the Anschluss, the business of Paul Hischler, the last owner of the company, was confiscated along with his private collections. He and his non-Jewish wife Maria (1874–1961) were forced to move into a small apartment. After the death of Paul Hirschler in March 1941, Maria struggled to recover some of their former property. The key objects in this case study are the portraits of Charlotte Seligmann, neé Hirschler (1815–1899) and Max Seligmann (1809–1882) dating from 1836, the year of their marriage. Charlotte Seligmann was the sister and mother-in-law of Eduard Hirschler. The Wien Museum bought these two portraits at an auction in the Kunstauktionshaus Kärntnerstrasse in 1944. Nevertheless, the fate of their former owners remained unclear for more than sixty years. This article depicts the two portraits as traces of the former owners and as messengers of the Hirschler family. As traces and messengers, the portraits tell us the family history and help us to reconstruct of the fate of looted art in Vienna during and after the Nazi period.
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„Die Versicherung ihrer Treue zu mir ... hat mir Hoffnung gegeben dass vielleicht doch noch nicht alles verloren ist“ 1 (Friedrich Welz an Anton Steinhart, 1946)
Briefe des internierten Galeristen aus dem Camp Marcus W. Orr2
Gerhard Pl asser
Der Salzburger Galerist Friedrich Welz (1903–1980) wird als charmanter Herr und zielstrebiger Geschäftsmann beschrieben.3 Heute ordnen ihn ProvenienzforscherInnen unter die Täter und Nutznießer der Arisierungen im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich ein. Welz hatte vor dem Zweiten Weltkrieg in Salzburg Kontakte zum christlichsozialen Landeshauptmann Franz Rehrl, aber auch zur Nordischen Gesellschaft. Er baute seine Beziehungen zu österreichischen KünstlerInnen, wie Anton Kolig, auf und pflegte in Salzburg Umgang mit dem Freundes- und Künstlerkreis Der Gral. Kontakte zu Museumsfachleuten und die Beobachtung der österreichischen Galerienund Sammlerszene gehörten zum täglichen Geschäft. Sein älterer Bruder Hans Welz, der bei Oskar Strnad und Josef Hoffmann in Wien Architektur studiert hatte, ging nach Paris, 1937 nach Südafrika, wo er unter dem Namen Jean Welz zu einem bekannten Maler wurde. Nach dem „Anschluss“ gelang es Friedrich Welz durch die Arisierung der Galerie Würthle (Lea Bondi-Jaray) ein Standbein in Wien zu schaffen. Dank der „Einkaufsreisen“ nach Frankreich für den Salzburger Gauleiter Friedrich Rainer konnte er sein Lieblingsprojekt einer Salzburger Landesgalerie realisieren. Durch Überlassung eigener Bestände, der Sammlung Welz, versuchte er „seine“ Landesgalerie zu fördern, sodass sich selbst Gauleiter Friedrich Rainer Sorgen um die Liquidität von Welz machte. 1941 befand er sich mit 38 Jahren als „Der Beauftragte des Gauleiters und Reichsstatthalters für die Landesgalerie Salzburg“ und als Besitzer einer Galerie in Salzburg und einer Filiale in Wien am Höhepunkt seiner jungen Karriere.4 1 2
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Privatarchiv Klaffenböck. Salzburg, Nachlass Anton Steinhart, Schreiben Friedrich Welz an Anton Steinhart vom 10. Juli 1946. Ich stützte mich hier besonders auf drei Publikationen: Gert KERSCHBAUMER, Meister des Verwirrens, Wien 2000; Fritz KOLLER, Das Inventarbuch der Landesgalerie Salzburg 1942–1944, Salzburg 2000; Roswitha JUFFINGER, Gerhard PLASSER, Salzburger Landessammlungen 1939–1955, Salzburg 2007. Briefe von Anton Steinhart und Luise Kremlacek befinden sich auch im Nachlass Steinhart, Privatarchiv Klaffenböck, in Salzburg. Vgl. auch JUFFINGER, PLASSER 2000, S. 351–354. Ich danke Dr. Klaffenböck für die Einsichtnahme in diese Briefe. KOLLER 2000, S. 12–23. KOLLER 2000, S. 20–22.
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Gerhard Plasser
Abb. 1: Friedrich Welz bei der Eröffnung der Makart-Ausstellung am 28. Mai 1940 in der Salzburger Residenz zwischen Regierungspräsident Albert Reitter (1. v. l.) und Staatsschauspieler Emil Jannings (3. v. l.)
Es finden sich aber auch kritische Beurteilungen. „Welz ist in erster Linie ein Geschäftsmann, der in politischer Hinsicht als Konjunkturritter zu bezeichnen ist, der es immer verstanden hat, sich jeweils dem bestehenden System anzuschließen, um sich so für sein Geschäft Vorteile zu sichern. Es gelang ihm daher auch, sich vom Inhaber eines Rahmengeschäfts zum Kunstsachverständigen des Gaues Salzburg emporzuarbeiten.“5 Das Zitat gibt gut die Stimmung der Gegner von Welz (etwa des Gaukämmerers Robert Lippert) wieder, denen besonders die kreative Finanzgebarung des Galeristen ein Dorn im Auge war. Seine schützende Hand hielt Regierungspräsident und Gauhauptmann Albert Reitter, ein Mitglied des Gral, über ihn, bis dieser selbst 1943 der Korruption beschuldigt wurde. Erich Bühler von der Süddeutschen Treuhand Gesellschaft bemühte sich Bilanzen zu erstellen. Es blieben trotzdem Fragen offen. Welz wurde 1942/43 steuerlich geprüft6 und schließlich im September1944 zur Deutschen Wehrmacht eingezogen.7 Mit 1. Juni 1944 ging die Landesgalerie im 5 6 7
Salzburger Landesarchiv, HS 925/5 (91), Bericht des Sicherheitsdienstes der SS, Hauptstelle Salzburg vom 15. Jänner 1942. Zitiert nach KOLLER 2000, S. 12. Welz wurde aufgetragen seine Geschäfte und die der Landesgalerie nachvollziehbar zu trennen. KOLLER 2000, S. 22.
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Briefe von Friedrich Welz aus dem Camp Marcus W. Orr
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Zweckverband Salzburger Museum unter der Leitung von Prof. Bruno Grimschitz, dem Direktor der Österreichischen Galerie in Wien, auf. Welz war vom 31. Juli 1938 bis mindestens 1944 Parteimitglied der NSDAP mit der Nr. 6.339.322. Er selbst gibt an, 1944 aus der Partei ausgetreten zu sein, was jedoch nicht dokumentiert ist.8 Welz wurde nach Kriegsende am 17. Mai 1945 das erste Mal verhaftet, aber wieder freigelassen und im November 1945 neuerlich verhaftet. Erika Welz und ihr Sohn Werner waren anscheinend sehr überrascht als am 3. und 4. August 1945 eine Bergegruppe unter Leitung von 1st Leutnant Morrie S. Grinbarg, und dem Volkskundler Dr. Christian Plath, mit zwei Lastkraftwagen die Bestände der Landesgalerie, aber auch andere Objekte unbekannter Herkunft aus der Villa Welz/Steinreich in St. Gilgen abholten. Die Bergegruppe bestand aus den beiden Lastwagenfahrern, Oberwerkmeister Gruber, Herrn Gutenberg und Frau Gruber vom Salzburger Museum sowie einigen jugoslawischen Arbeitern. Diese schafften die Objekte ins Warehouse der US Army in der Kleßheimer Allee. Sie handelte im Auftrag der US-Army, der Landesregierung (Oberregierungsrat Rudolf Hanifle) und von Direktor Rigobert Funke, dem Leiter des Zweckverbandes Salzburger Museum, die die Objekte der Landesgalerie sichern wollten. Das Ehepaar Welz verfasste am 15. September 1945 (?) eine „Plünderungsliste“ und protestierte bei der US-amerikanischen Militärverwaltung. Es kam zu Untersuchungen und in der Stadt kursierten Gerüchte über die „amerikanische Plünderung“. Im Herbst wurde Welz von den US-Amerikanern ins Camp Marcus W. Orr, dem sogenannten Lager Glasenbach9 verbracht. Die französische Commission de Récupération artistique hatte beantragt, Friedrich Welz zu internieren. Er verbrachte mehr als 15 Monate, vom 9. November 1945 bis zum 14. April 1947 im Camp Marcus W. Orr, Vertreter der Kommission wollten von Welz Auskunft über die aus Frankreich beschafften Kunstwerke.10 Welz schrieb 1946 aus Glasenbach: Manchmal glaub ich wirklich am Ende zu sein. Dazu kommt noch das Bewusstsein, das [sic!] ich mein halbes Leben einem Ziel geopfert habe, das heute von unfähigen Händen wahrscheinlich zerstört wird. Ich weiss wohl das [sic!] ich erst am Beginn 8 9
KERSCHBAUMER, S. 142. Das Camp Marcus W. Orr lag an der Alpenstraße im Gebiet der Stadt Salzburg. Über die Hellbrunnerbrücke war die nächste Bahnhaltestelle Glasenbach, Gemeinde Elsbethen, daher die Bezeichnung. Marcus Wayne Orr (1925–1990), später Historiker an der Memphis State University, war ein verwundeter Soldat der 42nd Rainbow Infantery Division, der lebensgefährlich verletzt für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl angewiesen war. Oskar DOHLE, Peter EIGELSBERGER, Camp Marcus W. Orr. „Glasenbach“ als Internierungslager nach 1945, Linz-Salzburg 2009, S. 12. 10 KOLLER 2000, S. 35.
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Gerhard Plasser
Abb. 2: Anton Steinhart (1889–1964) vor dem Gemälde „Rainberg bei Salzburg“, NL Anton Steinhart
meiner Aufgabe stand, aber ich habe doch fest daran geglaubt dass ich mit ihr mein Leben sinnvoll und meiner Heimat einen Dienst erweisen kann. Ich hänge nicht am Besitz. Meinetwegen sollen die Leichenfledderer mein letztes Hemd nehmen, aber ich bin tief erschüttert dass ich als Diffamierter hinter Stacheldraht sitzen muss für eine Leistung die, objektiv gesehen, doch irgend einen Dank verdient. Dieser Dank ist mir früher versagt worden wegen zu obstineter [sic!] Haltung u. heute werde ich dafür wie ein Verbrecher bestraft.11
Aus Briefen Friedrich Welz’ an den Salzburg Maler Anton Steinhart12, der auch den Kontakt zu Luise Kremlacek (Galerie Welz-Würthle)13 1946 wiederherstellte, werden seine Versuche wieder in das Geschäft zu kommen und seine Verbindungen und Kontakte aufrecht zu erhalten, zumindest im Ansatz deutlich. Luise Kremlacek versuchte 11 Privatarchiv Klaffenböck, Salzburg, Nachlass Anton Steinhart, Schreiben Friedrich Welz an Anton Steinhart vom 18. Juni 1946. 12 Antwortbriefe Steinharts befinden sich im Privatarchiv Franz Eder, Salzburg. Ich danke Herrn Franz Eder für den Hinweis und die Einsichtnahme. 13 Luise Kremlacek trat mit sechzehn Jahren 1920 in die Firma Würthle & Sohn Nachf. ein. JUFFINGER, PLASSER 2007, S. 96.
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die Verbindung von Wien aus aufrechtzuerhalten: „Von Frau Welz, der ich jeden Monatsanfang die Postanweisung senden [!], höre ich seit Monaten nichts, keinerlei Bestätigung, etc. etc. Ich hoffe aber doch bestimmt, dass sie das Geld erreicht? Bitte vielleicht können Sie mir diesbezüglich nach einer Anfrage bei ihr ein paar Zeilen schreiben.“14 Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Galerie Welz in Salzburg unter kommissarischer Verwaltung. Welz hatte auf seine Galerie keine Zugriffsmöglichkeit. Dr. Fritz Hoefner verwaltete sie bis 16. Juli 1947 als er seiner Aufgabe enthoben wurde. Bis 13. September 1947 führte dann Regierungsrat Karl Öllacher die Aufsicht über die Galerie. Hoefner hatte Welz am 26. Juni 1947 als Ariseur und Betrüger angezeigt.15 Das Leben im Lager Glasenbach war am Anfang durch Überfüllung, geringe Essensrationen und die ungewöhnte Unterbringung in Barackenlager gekennzeichnet. Anfangs durften nur einseitige Briefe verfasst werden. Diese Praxis änderte sich im Laufe des Jahres 1946. Welz schien nicht zu wissen, weshalb er interniert war und hoffte wie viele andere bald entlassen zu werden. In dem Brief vom 16. Dezember 1946 an Anton Steinhart schilderte er seine Verzweiflung. Abb. 3: Anton Steinhart, NL Anton Steinhart, Salzburg, Entstehungszeit ca. 30-40er Jahre.
14 Privatarchiv Klaffenböck, Salzburg, Nachlass Anton Steinhart, Schreiben Luise Kremlacek an Anton Steinhart vom 16. November 1946. 15 JUFFINGER, PLASSER, 2007, S. 81. KERSCHBAUMER, 2000, S. 136.
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Vorgestern wurde ich aufgerufen binnen 10 Min. mit vollem Gepäck anzutreten. Sie können sich vorstellen mit welchem Gefühl ich diesem Befehl gefolgt bin, weil ich meine endliche Befreiung als sicher annahm. Ich habe alles zurückgelassen was ich nicht zuhause brauchte. Aber es ging nicht in die Freiheit, sondern in einem Zug elender Gestalten in den separierten Comp[ound]. I. für – Kriegsverbrecher! Das ist der Comp. für sog. Coldmen [?] die nicht den Österreichern ausgeliefert werden, bei der demnächst erfolgenden Übergabe des Lagers. Was soll ich dazu weiter sagen? Nach 13 Monaten Gefangenschaft in diesem Lager weiss ich nun, dass ich als Kriegsverbrecher fest gehalten bin, ohne jedoch zu wissen welchen Delikts man mich bezichtigen will. Das ist das Weihnachtsgeschenk für mich u. meine Familie! [...] Die neue Lage ist furchtbar. Alle früheren Beziehungen die sich im Laufe des Jahres mit Gleichgesinnten angesponnen haben in Arbeitsgemeinschaften u. Diskussionen, sind jäh unterbrochen. Hier gibt es keine Gleichgesinnten. Fast durchwegs ehemalige KZ Wachen, SS-Leute besonderen Schlags, durchwegs Landsknechte. Vielleicht wirkliche Mörder! Und Ausländer. Ich glaube nicht dass sie alle schuldig sind, aber ihre Gesellschaft ist eine Qual. Abgesehen von der knappen Isolierung im Lager wird sich die neue Klassifizierung auch nach aussen auswirken. Die endlich erfolgte Besuchsgenehmigung für Frauen zu den Feiertagen wurde für die Kriegsverbrecher wieder zurückgezogen. […] Mit Ihrer Ausnahme haben mich alle vergessen, sogar die guten Freunde u. selbst meine Schwestern die auf meine Briefe nicht reagieren. Soll es da noch verwundern, das Dr. Hanifle, der Landeshptm. der Bürgermeister es nicht der Mühe wert finden meine Briefe auch nur kurz zu beantworten. […] Für Sie u. Ihre Familie alles Gute! Luise habe ich geschrieben Anfang Dez.– Auch ohne Antwort geblieben. Vielen Dank Ihnen! Ihr Welz 16
Die Korrespondenz macht klar, dass Welz eine kritische Sicht seiner Geschäftspraktiken in der NS-Zeit völlig fremd war und dass er sofort mit „seinen Künstlern“ weiterarbeiten wollte und von ihnen Unterstützung bei seiner „Rehabilitation“ erwartete. Die Salzburger Politik und Beamtenschaft war vorerst auf Distanz zu ihm gegangen. Es gelang ihm trotz vieler Versuche auch später nicht wieder eine führende Stellung im Salzburger Museumswesen einzunehmen. Erst seine Schenkung der Sammlung Welz 1976 und die Eröffnung des Rupertinums 1983 änderten die politische Einschätzung. Welz hatte sich durch seine Galerietätigkeit und seine Mitwirkung an der Schule des Sehens von Oskar Kokoschka in Salzburg ein attraktives, von der öffentlichen Meinung akzeptiertes Betätigungsfeld erschlossen. Seine Galerie entwickelte sich in der Nachkriegszeit zu einer der ersten Adressen für zeitgenössische Kunst in Österreich. 16 Privatarchiv Klaffenböck, Salzburg, Nachlass Anton Steinhart, Schreiben Friedrich Welz an Anton Steinhart vom 16. Dezember 1946.
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Erst die Diskussion über die Rolle der Österreicherinnen und Österreicher während des Nationalsozialismus und neue Ansätze in der Forschung brachten das Thema Enteignungen und Restitution wieder auf die Tagesordnung. Anfang der Achtziger Jahre besuchte ich ein Seminar am Salzburger Institut für Kunstgeschichte über Malerei des 19. Jahrhunderts am Beispiel der Residenzgalerie. Ich schilderte, dass ich die Provenienz eines Gemäldes von Rudolf von Alt, Attersee17, in der Galerie Welz nicht eruieren konnte, obwohl ich als Student dort anfangs auf wohlwollendes Verständnis stieß. Prof. Franz Fuhrmann und der Direktor der Residenzgalerie Edmund Blechinger tauschten beim Referat einen kurzen Blick. Und ich konnte eine Woche später verwundert feststellen, dass das Gemälde aus der Ausstellung genommen worden war. Die Eingeweihten wussten damals sehr wohl um die Fragwürdigkeit mancher Provenienzen. Evelyn Tucker18 hat 1947/48 als Offizier der Abteilung MFA&A (Museum Fine Arts and Archives) der US-Army in Salzburg den Fall Welz am härtesten vorangetrieben und eine große Anzahl von Rückstellungen erreicht. Tucker notierte im Juli 1948: „In as much as the ‘Wels [sic!] case’ has been the most complicated fine arts case which this headquarter has had to clear, and more fine arts have been taken from Wels [sic!] for restitution that from any other single individual in the US Zone of Austria, […] Wels [sic!] no longer seems to feel the bitterness which was apparent when we started winding up this case last November (see my report dated 20 No 47).”19 Die Erforschung der Käufe, Tauschaktionen, Geschenke, ob von entzogenen Kulturgütern, ob von Kunstwerken bedenklicher oder unbedenklicher Provenienz hat seit 1942 alle Bearbeiter und Bearbeiterinnen vor nicht lösbare Rätsel gestellt und Welz den Buchtitel eines „Meisters des Verwirrens“20 eingebracht. Hatten die Prüfenden bis ca. 1955 noch die den Amerikanern vorliegenden Akten zur Verfügung, so fehlen heute insbesondere die Akten der Galerie Welz und der Galerie Würthle aus jener Zeit.21 Als Forscher im Bereich der Museen kann man mit Akten der Institutionen arbeiten. Im Bereich der Galerien, als privatwirtschaftliche Einrichtungen, sieht man sich 17 Residenzgalerie mit Sammlung Czernin und Sammlung Schönborn-Buchheim. Katalog. 5. verb. u. erw. Aufl., Salzburg 1987, S. 37. 18 Siehe den Beitrag von Anne Rothfeld. 19 Zitiert nach KERSCHBAUMER 2000, S. 95–96. 20 KERSCHBAUMER 2000. 21 Galerie Würthle. Gegründet 1865. Red.: Susanne BICHLER, Wien 1995, S. 12, 57–58; Bernadette REINHOLD, Die Galerie Würthle. Fritz Wotruba und sein Ausstellungsprogramm, in: Klaus Albrecht SCHRÖDER, Gustav Klimt bis Paul Klee. Wotruba und die Moderne, Ausstellungskatalog Albertina, Wien 2003, S. 70–88.
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doch vielen Hindernissen gegenüber. Allein die Quellenlage und die Zugänglichkeit sind ein Problem. Vollends kapitulieren muss man bei einer schlampigen oder gewollt schlampigen Buchführung. Was ist mit Kommissionsbüchern der Galerie Welz-Würthle, wie sie Luise Kremlacek erwähnte. Welz schrieb: „In meiner Kunsthandlung habe ich nie Bilder von vergangenen Systempolitikern geführt. […] Hingegen habe ich stets ein Lager von Bildern unseres Führers (auch in der Verbotszeit)“.22 Die ‚Unter der Theke-Verkäufe’, wie sie Friedrich Welz selbst beschreibt23, werden im Normalfall nur von Außenstehenden überliefert. Fasziniert betrachte ich als Forscher die Kultur des Briefeschreibens, die uns doch manche kleine Einsichten in jene Zeit und den Weg einiger Gemälde zeigt. Vielleicht können wir aus den Korrespondenzen auch in diesem Fall doch noch weitere Aufschlüsse gewinnen. Dazu müssen aber auch die Museums- und Galeriearchive weiter erschlossen und bearbeitet werden.
22 KERSCHBAUMER 2000, S. 141, Ansuchen von Friedrich Welz zum Eintritt in die NSDAP vom 1. Mai 1938. 23 KERSCHBAUMER 2000, S. 141.
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Briefe von Friedrich Welz aus dem Camp Marcus W. Orr
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“The assurance of their loyality to me … has given me hope that perhaps all is not lost.” Letter of the Interned Art Dealer Friedrich Welz from the Camp Marcus W. Orr. The Salzburg gallery owner and dealer Friedrich Welz had an important place in Salzburg’s cultural life during the early years of Nazi rule. His activities ranged from a gallery owner (Galerie Welz, Salzburg, and Galerie Würthle, former Lea Bondi Jaray, Vienna) to the head of the Landesgalerie, then under construction, and from the representative responsible for art acquisitions on behalf of Gauleiter Friedrich Rainer to the instigator of major exhibitions (Hans Makart at the Salzburg Residenz). His business practices met resistance during the Nazi regime, leading to a gradual fall from power under Gauleiter Gustav Adolf Scheel. After the war, he was arrested and interned by the U.S. Army because of his purchases in Paris; he temporarily lost access to his artworks and complained in letters to the Salzburg artist Anton Steinhart, frustrated about his prison conditions and his lack of prospects. The letters make it clear that the American military administration in 1946-47 was no longer concerned with changing the attitudes of the detainees, but with settling cases. With Friedrich Welz, no sense of guilt can be seen. He wanted to work with his artists again as quickly as possible after his release, as a successful Salzburg gallery owner concentrating on contemporary and modern art. Unfortunately, the record situation today is worse than the time after the end of the war, as a large part of the gallery files are missing.
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Die „Connection“ Bad Aussee – Berlin – Linz Kunsthandel mit Folgen Michael John
Die besondere Rolle der Führerstadt Linz und Adolf Hitlers Heimatgau Oberösterreich während der NS-Jahre ist bekannt. Linz und Oberösterreich, damals als Oberdonau bezeichnet, stellten eine Drehscheibe in Hinblick auf Kultur- und Kunstgüter dar. Im Rahmen des Sonderauftrags Linz sollte ein Führermuseum eingerichtet werden, es wurde in diesem Zusammenhang eine große Anzahl von Kunstwerken akquiriert.1 Das Salzkammergut – als besonders attraktive Region – war schon bald Ziel von Begehrlichkeiten geworden. Auch deutsche InteressentInnen trachteten hier danach „jüdischen“ bzw. sonstigen zur Distribution stehenden Besitz in die Hand zu bekommen. Ende Mai 1938 wurde das Gebiet um Bad Aussee dem Gau Oberdonau angeschlossen. In den Villen des Salzkammerguts befanden sich viele Kunstgegenstände, wobei dem Ausseer Land eine besondere Rolle zukam. Kunst- und Kulturexperten aus dem Altreich hielten sich dort bevorzugt auf. Schließlich kam es ab 1943 zu einem riesigen Bergungsunternehmen, zu einer gigantischen Ansammlung von Kunstschätzen in Altaussee.2 Die Ansammlung von Kunstwerken ebenso wie die in den NS-Jahren entstandenen Beziehungsgeflechte sollten Auswirkungen haben, die bis in die Gegenwart reichen. Sonderauftrag, Führermuseum und die Nachkriegsjahre
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich 1938 begann sich die geopolitische, die demographische und die wirtschaftliche Situation der Stadt Linz gravierend zu ändern. Aus einer Landeshauptstadt im Kleinstaat Österreich wurde die Hauptstadt des vergrößerten Gaus Oberdonau im großflächigen Deutschen Reich. Linz erfuhr als sogenannte Patenstadt Adolf Hitler gemeinsam mit Hamburg, München, Berlin und Nürnberg eine enorme Aufwertung. Im nationalsozialistischen Ge1 2
Vgl. Birgit KIRCHMAYR, Sonderauftrag Linz. Zur Fiktion eines Museums, in: Fritz MAYRHOFER, Walter SCHUSTER (Hg.), Nationalsozialismus in Linz, Bd. 1, Linz 2001, S. 557–596. Vgl. Eva FRODL-KRAFT, Gefährdetes Erbe. Österreichs Denkmalschutz und Denkmalpflege 1918– 1945 im Prisma der Zeitgeschichte, Wien-Köln-Weimar 1997, S. 339–340; Birgit KIRCHMAYR, Raubkunst im „Heimatgau des Führers“, in: Birgit KIRCHMAYR, Friedrich BUCHMAYR, Michael JOHN, Geraubte Kunst in Oberdonau, Linz 2007, S. 151–157.
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Michael John
samtkonzept ging diese Aufwertung zu Lasten Wiens, das zu einer Provinzhauptstadt des Deutschen Reiches herabgedrückt werden sollte. Von dieser Entwicklung profitierte auch Salzburg. Linz sollte zu einer Großstadt mit 300.000 bis 400.000 Einwohnern und zu einer Kulturstadt europäischer Dimension werden. Oberösterreich und Linz spielten als Standort für die strategischen Überlegungen der Nationalsozialisten eine wichtige Rolle. Hier sollte ein kriegswirtschaftlich und industriell bedeutender Standort forciert werden.3 In der Führerstadt und Patenstadt Linz wollte Adolf Hitler ein Führermuseum errichten lassen, das wesentlich zur Entwicklung der Stadt zu einer Kulturmetropole beitragen sollte. Der Beschaffungsauftrag dazu wurde Sonderauftrag genannt. Von 1939 bis 1944 hat der damit beauftragte Stab für das zu schaffende Linzer Kunstmuseum tausende Kunstwerke und Kunstgegenstände in ganz Europa akquiriert, d. h. offiziell beschlagnahmt oder formlos geraubt, durch erzwungenen Verkauf in Besitz genommen, durch Ankauf, durch Schenkung bzw. erzwungene Schenkungen. Das Führermuseum, das zu schaffende Linzer Kunstmuseum, war nicht ident mit dem Landesmuseum/ Museum des Reichsgaus, es blieb bis Kriegsende Fiktion, wurde nie eingerichtet. Das Oberösterreichische Landesmuseum/Museum des Reichsgaues und dessen Eigentümer, der Reichsgau Oberdonau, standen aber in engem Zusammenhang mit den kulturpolitischen Bemühungen um das geplante Mega-Museum.4 Am Ende dieser Bemühungen stand im Mai 1945 ein Stollen, in dem die US-Armee die Kunstwerke des Sonderauftrags barg. Nicht alle Kunstwerke, die im Stollen des Salzbergwerks von Altaussee aufgefunden wurden, können dem geplanten Führermuseum zugeordnet werden, es handelte sich dabei um ein riesiges Depot in den Alpen.5 Auch nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft konnten einige Spezifika in der Region registriert werden. Eine Reihe von potentiellen Restitutionsfällen entstand hier erst nach Kriegsende, damit sei die Restitution von Kulturgut angesprochen, das erst nach dem Ende der NS-Herrschaft in den Besitz der Stadt Linz oder des Landes Oberösterreich gelangt war. Nichtsdestoweniger handelt es sich bei den hier angesprochenen Kunstgütern um entzogene Vermögenswerte. Die Bandbreite des Erwerbs von
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Vgl. Michael JOHN, Bevölkerung in der Stadt. ‚Einheimische‘ und ‚Fremde‘ in Linz (19. und 20. Jahrhundert), Linz 2000, S. 221–225 (Neuplanungen und Neuerrichtungen). Vgl. Birgit KIRCHMAYR, „Kulturhauptstadt des Führers“? Anmerkungen zu Kunst, Kultur und Nationalsozialismus in Oberösterreich und Linz, in: Birgit KIRCHMAYR (Hg.), „Kulturhauptstadt des Führers“. Kunst und Nationalsozialismus in Linz und Oberösterreich, Linz 2009, S. 33–58. Zur Dimension vgl. Birgit SCHWARZ, Hitlers Museum. Die Fotoalben Gemäldegalerie Linz: Dokumente zum „Führermuseum“, Wien-Köln-Weimar 2004, S. 13–21.
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Die „Connection“ Bad Aussee – Berlin – Linz
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ehemals arisierten Kunstwerken nach 1945 beinhaltete „Legalisierungen“6, Schenkungen bzw. Zwangswidmungen7, Übergabe durch die US-Behörden und Kauf in diversen Variationen (gutgläubig – bona fide oder um die Herkunft wissend, bösgläubig – mala fide) und durch Versteigerungen.8 Bereits zu Beginn der Zweiten Republik wurde von den verantwortlichen Stellen im oberösterreichischen Museumsbereich versucht, möglichst viele der im Land befindlichen Kunstschätze für oberösterreichische Stellen zu reklamieren. In Linz traf bereits am 15. Oktober 1945 (!) eine Runde aus Kunstexperten und Politikern zu einem offiziellen Gespräch zusammen. Daran nahmen neben Landeshauptmann Heinrich Gleißner hochrangige Vertreter aus Kunst und Kultur teil. Im Rahmen dieser Konferenz wurde ein Forderungskatalog erstellt, der den Titel Ansprüche Oberösterreichs auf Grund der Bodenzugehörigkeit der betreffenden Kunstwerke trug. Es sollte, so die Forderung, eine erhebliche Anzahl von Werken an oberösterreichische Stellen übergeben werden, auch solche, die sich vorher nicht in deren Eigentum befunden hatten. Der Anspruch gründete darauf, dass die Bilder für das Führermuseum in Linz vorgesehen waren und sich im Mai 1945 auf einem Gebiet befanden, das damals zu Oberösterreich/Oberdonau gehörte, wie etwa das Ausseer Land. Drei Teilnehmer seien besonders hervorgehoben, da sie sowohl in den NS-Jahren, als auch nach 1945 eine bedeutsame Rolle im Kulturbetrieb spielten: Hanns Kreczi, Justus Schmidt und Franz Juraschek.9 Im Zusammenhang mit dem Münchner Collecting Point – einer US-Stelle, die NSRaubkunst zentral aufbewahrte – steht schließlich die Tatsache, dass rund 20 Gemälde auf Grund einheimischer Bemühungen erst in den 1950er Jahren in die Obhut des Oberösterreichischen Landesmuseums gelangten, wobei es sich auch dabei um Kunstwerke für das geplante Führermuseum handelte.10 Der in diesem Zusammenhang bislang letzte Versuch datiert aus dem Jahre 1965. In einem Schreiben vom 18. Dezember 1965 versuchte Freh, der Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums, in einem Schreiben an den Deutschen Museumsbund 6
Unter Legalisierung ist die Einbeziehung von Kunstwerken unbekannter oder unklarer Herkunft in den Bestand eines Museums zu verstehen. 7 Vgl. Robert HOLZBAUER, Kuh-Handel. Erzwungene Schenkungen an österreichische Bundesmuseen – Versuch einer Bilanz, in: Academia. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft, Religion, Kultur, 56 (Mai 2005), S. 32–33. 8 Vgl. auch Gert KERSCHBAUMER, Gutgläubiger Erwerb oder institutionelle Habgier?, in: Gabriele ANDERL, Alexandra CARUSO (Hg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen, Innsbruck-WienBozen 2005, S. 159–170. 9 Vgl. KIRCHMAYR 2001, S. 588–599. 10 Birgit KIRCHMAYR, Oberösterreichisches Landesmuseum: Zuweisungen und Restitutionen enteigneter Kunst. Eine Untersuchung, in: KIRCHMAYR, BUCHMAYR, JOHN 2007, S. 244–318.
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nicht restituierte Kunstwerke als Dauerleihgaben zu erhalten. In diese, letztlich gescheiterten Bemühungen, war offenbar auch Lothar Machura als Direktor des Niederösterreichischen Landesmuseums eingebunden. Jedenfalls schrieb Freh an Machura am 29. Dezember 1965: „Lieber Freund! Anbei das betrübliche Ergebnis unserer Bemühungen, aus der Konkursmasse des Dritten Reiches den einen oder anderen uns zustehenden Happen zu erhaschen. Herzlichen Dank für Deine gut gemeinten Bemü11 hungen! Mit besten Grüßen.“ Nach 1945 war Oberösterreich ein vom Zweiten Weltkrieg gezeichnetes Land. Nicht zuletzt aufgrund der unter Marshall-Plan-Hilfe entwickelten Wirtschaftskraft verbreitete sich im Lande ein gewisser Optimismus, man erwartete wirtschaftlichen Aufschwung und gesellschaftlichen Aufbruch. Auch in Hinblick auf Kunst und Kultur wurden Planungen durchgeführt. Das Land Oberösterreich wollte den Komplex Landesmuseum wieder instand setzen und ausbauen. Oberösterreich erhielt ein Adalbert Stifter-Institut, Landeshauptmann Heinrich Gleißner startete zusammen mit dem Linzer Bürgermeister Ernst Koref eine Initiative für die Errichtung eines Konzerthauses, das den Namen Brucknerhaus tragen sollte.12 Die Stadt Linz strebte hingegen bald nach Kriegsende die Errichtung einer eigenen Kunstgalerie an. Linz hatte als wichtigstes Wirtschaftszentrum der US-Zone in Österreich einen neuen Status erlangt und versuchte dieser Stellung Rechnung zu tragen. Dem Ausbau der Industrie sollte ein kulturelles Pendant zur Seite gestellt werden. Eine klar reflektierte Haltung gegenüber Kunstwerke betreffenden Vermögens umschichtungen während der NS-Zeit hatte nach 1945 bei den politisch Verantwortlichen offenbar keine Priorität. In das Bild eines wenig problembewussten Umgangs fügt sich auch, dass die Stadt Linz Anfang der 1950er Jahre Kunstgegenstände und -werke aus dem persönlichen Besitz Adolf Hitlers unter Bezugnahme auf dessen Testament reklamierte (!). In Hitlers privatem Testament findet sich der Passus: „Ich habe meine Gemälde [...] niemals für private Zwecke, sondern stets nur für den Ausbau einer Galerie in meiner Heimatstadt Linz a. d. Donau gesammelt. Dass dieses Vermächtnis vollzogen wird, wäre mein sehnlichster Wunsch.“13 Der bizarre (und letztlich erfolgslose) Rekurs auf Hitlers Testament steht wohl im Zusammenhang mit den Bestrebungen, die Stadt Linz im Zuge eines wirtschaft11 OÖLM (Oberösterreichisches Landesmuseum), Abschrift D-288/4-1965: Direktor Wilhelm Freh an Lothar Machura, Direktor des Niederösterreichischen Landesmuseums vom 29. Dezember 1965. 12 Vgl. Rudolf LEHR (Hg.), Landeschronik Oberösterreich, Wien-München 2000, S. 372. 13 AStL (Archiv der Stadt Linz), Neue Registratur, Nationalsozialismus, Sch. B 23c, Adolf Hitler, Mein privates Testament, datiert Berlin, 29. April 1945, S. 2.
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lichen und kulturellen Neubeginns mit einer eigenen Gemäldegalerie auszustatten.14 Bereits seit 1946 stand die Stadt Linz im Zusammenhang mit der Idee einer eigenen Kunstgalerie mit dem Berliner Kunsthändler Wolfgang Gurlitt in Verbindung, der allerdings – wie sich später herausstellen sollte – selbst in den Erwerb und Weiterverkauf arisierter Kunstwerke verwickelt war. Gurlitt war einer der von den Sonderbeauftragten zugelassenen Einkäufer für den Sonderauftrag Linz. In den Jahren 1953 bis 1956 wurden jedenfalls 117 Gemälde bzw. Grafiken von Gurlitt an die Stadt Linz verkauft. Diese bildeten den Grundstock der Neuen Galerie der Stadt Linz.15 Fallbeispiel – ein Frauenbildnis von Klimt
Ein Gemälde aus diesem Bestand stellte das Frauenbildnis bzw. Damenbildnis oder Ria Munk III, ein unvollendetes Gemälde von Gustav Klimt dar.16 Maria Ria Munk, Tochter des vermögenden Industriellen Alexander Munk und seiner Frau Aranka Munk nahm sich 1911 aus Liebeskummer das Leben. Auf Wunsch der Familie wurde Klimt mit der Anfertigung eines posthumen Porträts beauftragt. Aranka Munk wurde 1862 als Aranka Pulitzer in Budapest als Tochter von Simon Siegfried Pulitzer und seiner Gattin Charlotte, vormals Politzer geboren17: Aranka Munk lebte die längste Zeit ihres Lebens in Wien. Als eng vernetzte Gruppe kann man die aus der Familie Pulitzer stammenden Geschwister Aranka Munk, Sidonie Serena Lederer, Jenny Steiner und ihre Familien bezeichnen. Sie besaßen eine Vielzahl an Kunstwerken, darunter Werke von Klimt und Schiele.18
14 Vgl. Hanns KRECZI, Städtische Kulturarbeit in Linz. Ein geschichtlicher Überblick, Linz 1959, S. 107– 108. 15 Walter SCHUSTER, Die „Sammlung Gurlitt“ der Neuen Galerie der Stadt Linz, Manuskript des Archivs der Stadt Linz, Linz 1999, S. 43–46. 16 Erste Hinweise auf die Restitutionsfähigkeit des Bildes sind zu finden bei SCHUSTER 1999, S. 64–65. Vgl. weiters Sophie LILLIE, The Golden Age of Klimt, in: Renee PRICE (Hg.), The Ronald S. Lauder and Serge Sabarsky Collections, Munich 2007, S. 67–69; Sophie LILLIE, Unveröffentlichte Stellungnahme zur Provenienz Gustav Klimt, Bildnis Ria Munk III (unvollendet), vom 2. Mai 2006. Wesentliche Dokumente, die letztlich zur Rückstellung des Gemäldes führten, wurden von Sabine Loitfellner und dem Team der Anlaufstelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien für jüdische NS-Verfolgte recherchiert. Der Autor dieses Beitrags hat ebenfalls eine Expertise verfasst: Michael JOHN, Gutachten zur Causa Gustav Klimt, Frauenbildnis (Ria Munk III) unvollendet, nichtöffentlicher Bericht, Linz 2009. 17 Der amerikanische Journalist und Verleger Joseph Pulitzer war ein Verwandter, der bekannte PulitzerPreis entstammt seinem Stiftungsvermögen. 18 Vgl. dazu Tobias NATTER, Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka, Wien 2003, S. 111–139, 294.
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Aranka Munk erwarb das Haus Marktleithe 78 in Bad Aussee im Jahre 1914 und hielt sich dort im Frühling und im Sommer auf. Nach der Trennung von ihrem Mann lebte sie in bescheideneren Verhältnissen und zurückgezogen. In Adressenverzeichnissen von Bad Aussee schien sie ebenso wie ihr Verwandter Ervin (Erwin) Alberti, geborener Politzer, auf, der als Unternehmer in Budapest und im Sommer gleich vis-a-vis in einer Villa lebte. 1938 war Aranka Munk 75 Jahre alt – und, wie die Dokumente zeigen, überfordert mit der Verordnung über die Anmeldung jüdischen Vermögens und den Schikanen und Verfolgungen der Nationalsozialisten. Im Oktober 1941 wurde sie mit ihrer jüngeren Tochter Lola nach Łódź deportiert, wo sie wenig später ums Leben kam. Auch ihre Tochter fiel dem Holocaust zum Opfer, sie verstarb im Konzentrationslager Chelmo.19 Das Haus in Bad Aussee, den Kunstbesitz und die Möbel erklärte das NS-Regime für verfallen.20 Diverse Stellen interessierten sich bald für den Besitz und insbesondere die Kunstwerke im Hause Munk. So schrieb Gaukonservator Franz Juraschek am 7. Juli 1942 an Dr. Justus Schmidt vom Gaumuseum (Landesmuseum) in Linz: „Die Villa Munk Bad Aussee ist in Reichsbesitz übergegangen. Wie Sie wissen, besaß Frau Munk u.a. das wertvolle Damenporträt von Gustav Klimt [...] Außerdem fand ich 2 Porträts vom Bruder des Gustav, Ernst Klimt (nicht bedeutend) und zwei interessante Zeichnungen von Fernand Khnopff vor. Falls das Gaumuseum an der Erwerbung solcher Stücke Interesse hätte [...]“21 Und am 30. November 1942 informierte Herbert Seiberl, Leiter der Zentralstelle für Denkmalschutz in Wien, eben jenen Justus Schmidt, damals auch Kulturbeauftragter des Reichsgaues Oberdonau: Nach Mitteilung des Bürgermeisters in Bad Aussee ist die Wohnungseinrichtung der Frau Aranka Munk, Bad Aussee, Marktleithen 78, dem Reich verfallen. Die Einrichtung enthält einen großen Aubusson Teppich, den Herr Dr. Reimer für das Kunstmuseum in Linz in Anspruch nimmt [...] Ich erlaube mir, auf die übrigen vorhandenen Kunstgegenstände aufmerksam zu machen [...] insbesondere auf ein unvollendetes Gemälde von Gustav Klimt [...] Es ist die Einweisung an den Reichsgau Oberdonau vorgesehen und ich empfehle Ihnen daher, sich rechtzeitig um die Übernahme der in Betracht kommenden Gegenstände zu bemühen.22
19 Sophie LILLIE, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 777–778. 20 ÖStA, AdR 06, FLD Akt 14148, Betreff Aranka Munk, Schreiben der Geheimen Staatspolizei, Wien an den Oberfinanzpräsidenten in Wien Niederdonau, 19. Oktober 1942 (nummeriert S. 81). 21 OÖLM, Gaukonservator Franz Juraschek an Justus Schmidt, Gaumuseum Linz vom 8. Juli 1942. 22 Archiv BDA (Bundesdenkmalamt), Karton 10, Mappe 12, Posse Korrespondenz, Brief Herbert Seiberl an Heinrich Justus Schmidt, Bl. 25.
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Auf noch nicht zur Gänze geklärtem Wege gelangte das Damenbildnis in die Hände des ebenfalls in Bad Aussee lebenden Kunsthändlers Wolfgang Gurlitt, der als umtriebig beschrieben werden kann und jedenfalls mit Seiberl und Schmidt in Verbindung stand. Gurlitt sah sich auch in Bad Aussee nach zu verwertenden Kunstwerken um, weitere Details dazu später. 1946 schien das sogenannte Klimtgemälde auf einer Liste Gurlitts nach Linz potentiell zu verkaufender Kunstwerke auf.23 Als die Besprechungen Gurlitts mit dem Magistrat Linz in eine entscheidende Phase traten, wurde das Bild zum speziellen Gesprächsgegenstand. Bei einem internen Meeting 1952 hinsichtlich der zu treffenden Bildauswahl vermerkte der Magistratsdirektor Egon Oberhuber bezüglich des Bildnisses: „Klimt jüdischer Besitz! Vorbehalt bis Klärung!“24 1953 hielt der Magistratsdirektor in einer weiteren Besprechung wieder fest: „Bin nicht für diesen Klimt!“25 Dreimal wurde der Erwerb des Bildes von der Stadt Linz abgelehnt, nach dem Auslaufen der Fristen des Dritten Rückstellungsgesetzes – neue Ansprüche anzumelden war nun nicht mehr möglich – hat die Stadt Linz das Bild 1956 erworben.26 In Bewegung: von Berlin nach Bad Aussee und nach Linz
Wolfgang Gurlitt befand sich 1945 in Bad Aussee, als er über den Kunsthistoriker Justus Schmidt in Kontakt mit der Stadt Linz trat. Dies war der Beginn der Geschäftsbeziehung Gurlitts nach Linz, die schließlich zum Verkauf seiner Sammlung und der Gründung der Neuen Galerie der Stadt Linz führte. Die Geschichte der Umstände, die zu dem Kontakt führte, begann früher. Das Interesse deutscher Prominenter, deutscher Kunst- und Kulturschaffender am Salzkammergut wurde bereits erwähnt. Im Ausseer Land hatten sich Reichsdeutsche bereits in der Kaiserzeit und in der Ersten Republik aufgehalten, mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich war jedoch ein erneuter Zuzug verbunden. In diesem Zusammenhang ist der Berliner Kunsthändler Johannes Hinrichsen zu erwähnen. Er erwarb bereits im Mai 1938 zusammen mit seiner Gattin Hortensia die sogenannte Wassermann-Villa, das Haus Fischerndorf 48, Altaussee von einem jüdischen Eigentümer, der das Anwesen unter 23 OÖLA (Oberösterreichisches Landesarchiv), MF 809, Nr. 613 Liste „Gemäldegalerie der Stadt Linz“; Landesregierung Oberösterreich, Aktenvermerk vom 14. Jänner 1947, Betreff Gemäldegalerie der Stadt Linz, Zl. K 8/1 – 1947, Wopelka. 24 Zit. nach SCHUSTER 1999, S. 64. 25 Zit. nach SCHUSTER 1999, S. 65. 26 Vgl. Michael JOHN, „Bona fide“-Erwerb und Kunstrestitution – Fallbeispiele zur Aneignung und Restitution von Kunstgütern nach 1945, in: Verena PAWLOWSKY, Harald WENDELIN (Hg.), Enteignete Kunst. Raub und Rückgabe – Österreich von 1938 bis heute, Wien 2006, S. 70–76.
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dem realen Wert verkaufte.27 Diese Arisierung ist als eine der ersten im Ausseer Land zu verzeichnen. Ab 1940 hielt sich auch Wolfgang Gurlitt regelmäßig in Bad Aussee auf, am 15. Februar 1940 hatten Käthe Gurlitt, geb. Lange, und Julia Gurlitt, geb. Goob, also die Ehegattin und die Ex-Ehegattin Gurlitts, die Liegenschaft Reitern 38 in Bad Aussee erworben (Villa am Lenauhügel). Im Oktober 1943 wurde als Gurlitts Wohnadresse bereits nicht mehr Berlin, sondern Bad Aussee/Oberdonau, Lenauhügel angegeben.28 Es war Gurlitt in diesen drei Jahren gelungen, wertvollen Kunstbesitz aus Berlin nach Bad Aussee zu transferieren.29 Auch der Berliner Kunsthändler Hans W. Lange, der ein Auktionshaus führte, hielt sich zeitweilig im Ausseer Land auf. Lange war als Verkäufer direkt in den Sonderauftrag Linz involviert, er kann als einer der Profiteure des „Anschlusses“ Österreichs gelten, machte Geschäfte mit arisierter Kunst aus Österreich.30 Wolfgang Gurlitt war Teil einer gar nicht so kleinen deutschen Kolonie in Bad Aussee, die aus Intellektuellen, KünstlerInnen, Geschäftsleuten bestand, aber auch aus sogenannten Ausgebombten oder präventiv vor Bombenangriffen sich in Sicherheit bringenden Personen, die aus dem Altreich nach Österreich gelangten. Bevorzugt waren alpine Regionen, die im Wesentlichen als vor Bombenangriffen geschützt galten. Zu ihnen zählte auch der in Berlin lebende Musiker und Kunstsammler Willy Hahn mit seiner Familie.31 Der Sohn Peter Hahn wuchs einige Jahre in diesem Milieu in Bad Aussee auf: Wir waren mehrfach zu Besuch bei Gurlitt, in diesem großbürgerlichen Ambiente auf dem Lenauhügel. Es war eine beeindruckende Welt, in die ich da kam. Als Kind hat mich das beeindruckt. Wir hatten ja nicht so viel, lebten viel bescheidener. Die Villa war bestückt mit feinem Mobiliar und es war dort immer eine Reihe von Leuten. Und dann die Frauen, das war ja verwirrend: Es lebte dort Gurlitts Ex-Frau, seine Frau und er hatte auch noch eine Geliebte, seine jüdische Lebensgefährtin, Judith Agoston. Wir haben dort doch einige Zeit verbracht [...] zu Gast war auch der Chefrestaurator des Kunstdepots, der Kunstwerke, die in Altaussee eingelagert war, Karl Sieber, auch ein 27 Vgl. Leopold Emmerich WALKNER „Ein Gedächtnis geben“. „Arisierungen“ im steirischen Salzkammergut, Univ. Dipl.Arb., Graz 2005, S. 28. 28 AStL, Materialsammlung Dr. Ernst Kubin, Kopien aus den US-National Archives Washington, Consolidated Interrogation Report No. 4, 15. Dezember 1945, Attachment 41, Bescheinigung vom 11. Oktober 1943. 29 SCHUSTER 1999, S. 31–34 30 Zu den Aktivitäten Langes vgl. Caroline FLICK, Hans W. Lange, in: Christine FISCHER-DEFOY, Kaspar NÜRNBERG, Gute Geschäfte. Kunsthandel in Berlin, Berlin 2011, S. 67–72. 31 Vgl. Peter HAHN, Der sammelnde Musiker. Zur Biografie von Willy Hahn, in: Birgit DALBAJEWA, Peter HAHN, Agnes MATTHIAS (Hg.), Kokoschka als Zeichner. Die Sammlung Willy Hahn, Ostfildern 2011, S 11–21.
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Berliner, und seine Tochter.32 [....] Und auch Walter Kasten, der Assistent Gurlitts, auch er kam aus Berlin. Gurlitt war großzügig, soweit ich das aus meiner Familie weiß und er hatte viele Kontakte.33
Der Berliner Kunsthändler war auf jeden Fall eine schillernde Persönlichkeit mit unterschiedlichen Facetten. Walter Schuster hat sich ausführlich mit der Person Gurlitts auseinandergesetzt.34 Demnach hatte Gurlitt, aus einer prominenten deutschen Familie stammend, teilweise jüdischen Familienhintergrund. Den Nationalsozialisten galt er nach den Nürnberger Gesetzen als Mischling zweiten Grades ebenso wurde er als potentieller Opponent eingeschätzt. Gurlitt hatte seitens der Reichkammer der Bildenden Künste in Berlin keine günstige politische Beurteilung seiner Person erhalten. Ihm wurde dabei nicht nur politische Unzuverlässigkeit sondern auch mangelnde Vertrauenswürdigkeit vorgeworfen.35 Gurlitt war auf keinen Fall Nationalsozialist, privat war er damals mit Judith Agoston, einer Jüdin, liiert. Die Zeitzeugin Elizabeth Wills hielt in einem Brief fest: Ich war zu ihm (Wolfgang Gurlitt, Kunsthandlung in Berlin) empfohlen, da ich als sogenannte Halbjuedin mit unfertiger Lyzeumsausbildung keine Anstellung finden konnte (1939). Er schickte mich in eine private Handelsschule [...] Das Geschäft wurde geleitet von einer ungarischen Juedin Lilly Arenson [sic! Agoston), die Herr Gurlitt pro forma mit einem jungen Daenen, Herrn Christiansen verheiratete, um sie vor Deportation zu schützen. Ferner war der Bürovorstand ein Herr Kasten [...] Herr Gurlitt sorgte fuer uns alle in grosszuegigster Form.
Nach Österreich sei sie nicht mitgekommen, weil Gurlitt der Ansicht war, ihre „Sicherheit als Halbjuedin in Berlin sei groesser, als in dem kleinen Bad Aussee, wo jeder jeden kannte.“36 Hilfe und Großzügigkeit sind Begriffe, die mehrfach im Zusammenhang mit Gurlitt, auch seine Zeit in Bad Aussee betreffend, verwendet wurden. 1944 fand er etwa eine Möglichkeit den wesentlich jüngeren Willy Hahn vor dem Militärdienst zu be32 Zu Karl Sieber vgl. Ernst KUBIN, Sonderauftrag Linz. Die Kunstsammlung Adolf Hitler. Aufbau, Vernichtungsplan, Rettung. Ein Thriller der Kulturgeschichte, Wien 1989, S. 122–123, 193–194. 33 Interview mit Peter Hahn, geb. 1938, am 28. Mai 2011 in Berlin (Tonbandmitschnitt). 34 Vgl. dazu das interessante Porträt von Walter SCHUSTER, Facetten des NS-„Kunsthandels“ am Beispiel Wolfgang Gurlitt, in: ANDERL, CARUSO 2005, S. 212–226. 35 Zit. nach SCHUSTER 1999, S. 12. 36 Brief Elizabeth Wills, Louisiana/Missouri, USA an das Archiv der Stadt Linz vom 20. März 1999 zit. nach Elisabeth NOWAK-THALLER, Oskar Kokoschka. Ein Vagabund in Linz. Wild, verfemt, gefeiert, in: LENTOS KUNSTMUSEUM LINZ (Hg), Oskar Kokoschka. Ein Vagabund in Linz. Wild, verfemt, gefeiert, Weitra 2008, S. 18–19.
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wahren. Auch Gurlitt musste Arbeitsdienst leisten und er fand hiezu den Fabrikanten Eduard Winnicki. Dieser beschäftigte Wolfgang Gurlitt und Willy Hahn von 1944 bis Kriegsende als Metallarbeiter. Auf Vermittlung Gurlitts erhielt Hahn eine sogenannte Schlüsselstellung, um ihn vor Militärdienst und Fronteinsatz zu bewahren.37 Der Lebenskünstler Gurlitt fand offenbar häufig Wege, um schwierige Situationen zu bewältigen, ging aber gleichzeitig nachhaltig seinen Geschäftsinteressen nach. Bereits in den frühen 1930er Jahren, vor der NS-Herrschaft, sagte man ihm außerordentlichen Geschäftssinn und dubiose Transaktionen nach,38 dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, war er häufig in finanziellen Schwierigkeiten. Ungeachtet des Makels eines Mischling zweiten Grades hatte Gurlitt in der späteren Phase des NS-Regimes Nischen wie den Verkauf entarteter Kunst gefunden und erfolgreich Kunstgeschäfte abgeschlossen. Es war ihm sogar gelungen zu einem Einkäufer im Rahmen des Sonderauftrags Linz zu werden. Ein Cousin Gurlitts, Hildebrand Gurlitt, ebenfalls Mischling, kann in einer bestimmten Phase als einer der Haupteinkäufer im Rahmen des Sonderauftrags Linz bezeichnet werden.39 Aufschlussreich für die Strukturen des Kunsthandels im Dritten Reich war, so Vanessa Voigt, Autorin einer Studie über den deutschen Kunsthandel während der NS-Jahre, „vor allem die Tatsache, dass die Nationalsozialisten die diskriminierenden Maßnahmen gegen ‚Nichtarier‘ dann bewusst außer Kraft setzten, wenn sie von den Kenntnissen einer Person wie Gurlitt profitieren konnten.“40 In Bad Aussee hat sich Gurlitt jedenfalls nach Möglichkeiten umgesehen, für den Sonderauftrag Linz tätig zu werden und Kunstwerke zu verwerten. Er schrieb 1943 an den Sonderbeauftragten Hermann Voss: Dann wollte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass in Bad-Aussee in einem Haus, das verkauft werden soll, ein paar Bilder sind, die vielleicht für Linz etwas wären. Es soll dort auch ein schöner Kremser-Schmidt sein. Der Besitzer des Hauses ist Ungar und Halbarier und hat einen meiner Bekannten beauftragt, das Haus und auch den Kunstbesitz zu verkaufen. Inzwischen hat sich aber eine dortige Stelle eingeschaltet 37 Familienarchiv Hahn, Berlin, Brief von Willy Hahn, Bad Aussee an Edmund Winnicki vom 25. April 1947. 38 Vgl. SCHUSTER 1999, S. 6–8. 39 Vgl. Marion GOERS, „Sonderauftrag Linz“, in: FISCHER-DEFOY, NÜRNBERG 2011, S. 179. 40 Der Standard von 7. August 2008, S. 26; Vgl. auch Vanessa-Maria VOIGT, Kunsthändler und Sammler der Moderne im Nationalsozialismus. Die Sammlung Sprengel 1934 bis 1945, Berlin 2007. Hanns Löhr sieht hingegen Wolfgang Gurlitt als Verkäufer entarteter Kunst ins Ausland im Dienste des NS-Regimes als prominenten „parteikonformen“ Kunsthändler an. Dieser Einschätzung kann nicht ohne weiteres gefolgt werden: Zum einen barg der Kontakt und Handel mit entarteter Kunst auch Risken, zum anderen gibt es absolut kein Indiz für eine ideologische Nähe. Vgl. Hanns Christian LÖHR, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag“ Linz, Berlin 2005, S. 17, 56, 150.
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und den Verkauf gesperrt, und es soll die Absicht bestehen, das gesamte Objekt geschlossen an irgendeine besonders genehme Stelle zu verkaufen. Nun erscheint es mir wichtig, die Bilder zu besichtigen und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir vielleicht ein paar Zeilen zukommen lassen könnten, dass ich in Ihrem Auftrag und in Ihrem Interesse die Besichtigung vornehmen soll.41
Voss zeigte sich sogleich interessiert. Bei dem Halbarier handelte es sich um Ervin Alberti, den unmittelbaren Nachbarn und Verwandten Aranka Munks, von der sich Fahrnisse in der Villa Alberti befanden.42 In Bad Aussee hatte Gurlitt auch engeren Kontakt mit Herbert Seiberl, den Leiter der Zentralstelle für Denkmalschutz bzw. des Instituts für Denkmalpflege während der Jahre 1939 bis 1945 sowie mit Justus Schmidt, Kustos des Gaumuseums, danach Direktor des OÖ Landesmuseums. Seiberl lebte in den letzten NS-Jahren zeitweilig und nach Kriegsende zur Gänze in Bad Aussee, Justus Schmidt hielt sich zeitweilig im Salzkammergut auf. Seiberl, Schmidt sowie der ehemalige Gaukonservator und nachmalige Landeskonservator Franz Juraschek wussten vom „wertvollen Klimt-Gemälde“ in der Villa Munk, womit ein Hinweis darauf gegeben ist, in welchem Kontext möglicherweise das Bild zu Gurlitt gelangte. Von Gurlitt ist nach Kriegsende ein Schreiben an den Landeskonservator Juraschek erhalten, in dem dieser mit „Kulturamt Bad Aussee, Wolfgang Gurlitt“ unterzeichnete: „Sehr geehrter Herr Dr. Juraschek, Herr Dr. Herbert Seiberl hatte die Liebenswürdigkeit, als er letzthin, um Sie zu besuchen, nach Linz fuhr, auch in unserer Angelegenheit bei Ihnen vorzusprechen.“43 Es ging um eine Ausstellung gegen Ende der NS-Herrschaft geborgener Plastiken. Tatsächlich planten Gurlitt und Seiberl in Bad Aussee im Herbst 1945 gemeinsam eine Ausstellung aus Beständen des Sonderauftrags (!).44 Bad Aussee war damals in Aufbruchstimmung, Ideen schwirrten durch die Luft, die US-Soldaten sorgten für eine vergleichsweise offene Atmosphäre. Der 1945 durchaus diskredierte Schauspieler Rudolf Forster, auch er ein Bekannter Gurlitts, hielt sich ebenfalls in Bad Aussee auf und plante für die Wintersaison Festspiele in dem Alpenstädtchen.45 41 Bundesarchiv Koblenz, Treuhandverwaltung von Kulturgut, B 323/134, fol. 28, Nr. 144, Hermann Voss an Wolfgang Gurlitt am 25. Juni 1943. 42 Vgl. WALKNER 2005, S. 38; SCHUSTER 1999, S. 27–31. 43 OÖLK (Oberösterreichisches Landeskonservatorat), Provenienzforschung, M 1, Ausstellungen oder Bergungen von Landesfremden Kunstbesitz (sic!), Brief Kulturamt Bad Aussee, Wolfgang Gurlitt an Landeskonservator Dr. Juraschek, vom 15. Oktober 1945. 44 Die Ausstellung kam ungeachtet der positiven Haltung Jurascheks letztlich nicht zustande. 45 Vgl. Georg WACHA, Oskar Kokoschka in Linz. Eine Dokumentation, in: LENTOS KUNSTMUSEUM LINZ 2008, S. 145.
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Ein Beziehungsgeflecht und sein Ende
Wolfgang Gurlitt war stets auf der Suche nach jenen Netzwerken und Kontakten, die für einen Kunsthändler von Bedeutung waren. Im Fall der Stadt Linz gelang ihm in dieser Hinsicht ein nachhaltiger Erfolg: Eingeführt von Justus Schmidt, erhielt er Zugang zu den zeitgenössischen Spitzenpolitikern Heinrich Gleißner, den Landeshauptmann von Oberösterreich und Ernst Koref, Bürgermeister der Stadt Linz. Beide unterstützten ihn in Hinblick auf die Einrichtung einer städtischen Galerie. Für seine Reisen stellte man ihm sogar im Jahre 1946 ein Automobil bereit.46 Am 22. Juli 1946 stimmte der Linzer Stadtrat einem Vertrag mit Gurlitt zu. Die wichtigsten Punkte der vorerst befristeten Vereinbarung, die am 14. November 1946 unterzeichnet wurde, waren: Gurlitt stellt der Stadt „aus dem Besitz seiner Familie und aus von ihm vertretenen Freundbesitz“ als Grundstock 120-150 Ölgemälde und 170-200 Aquarelle, Zeichnungen und graphische Blätter ohne Entgelt als Leihgaben zur Verfügung.47 Die Kunde verbreitete sich rasch, Gurlitt informierte seine Freunde und Bekannten, diese informierten weitere Personenkreise. So schrieb Willy Hahn am 9. Jänner 1947 aus Bad Aussee an den deutschen Kunsthändler Ferdinand Möller (Altruppin): „Gurlitt ist ganz groß arriviert: er hat in Linz das Museum des 19. Jahrh. bekommen (mit sehr schönen Räumen) dem er seine Galerie angliedert.“48 Spitzenbeamte der Stadt Linz wie Hanns Kreczi und Egon Oberhuber hatten regelmäßigen Kontakt mit Gurlitt, sie betrieben nach der Einrichtung der Galerie den direkten Ankauf der Sammlung Gurlitt. Justus Schmidt, der Gurlitt mehrfach zum Landeshauptmann begleitete, verlor im Zuge der Entnazifizierung seine Position als Direktor des Landesmuseums, wurde jedoch von der Stadt Linz als Kunstkonsulent engagiert. Er wurde zum wichtigsten Berater in Fragen der Ankaufspolitik hinsichtlich der Neuen Galerie. Die geplante Gemäldegalerie wurde tatsächlich eingerichtet, die Sammlung Gurlitt ungeachtet einer Reihe zeitgenössischer Warnungen angekauft.49 Der private Kunsthändler Wolfgang Gurlitt fungierte von November 1946 bis 31. Jänner 1956 als Leiter der städtischen Galerie.50 Es bestand die Vereinbarung, dass 46 SCHUSTER 1999, S. 37–38. 47 Vgl. SCHUSTER 1999, S. 34–35. 48 Familienarchiv Hahn, Berlin, Brief von Willy Hahn, Bad Aussee am 9. Jänner 1947 an Ferdinand Möller, Zermützel bei Altruppin. 49 Vgl. Michael JOHN, Zusammenfassung und Resümee, in: KIRCHMAYR, BUCHMAYR, JOHN 2007, S. 528–529. 50 Wieland MITTMANNSGRUBER, Die Ämter und Einrichtungen des Magistrates der Stadt Linz 1945– 1990, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1990, Linz 1991, S. 250.
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sich Gurlitt von seiner Lebensgefährtin Lilly Christiansen-Agoston bzw. nach deren Ableben ab dem 31. Jänner 1951 von seiner ältesten Tochter Maria Gurlitt vertreten lassen konnte. Gurlitts Mitarbeiter Walter Kasten agierte als Kustos bzw. stellvertretender Leiter der Neuen Galerie.51 Insgesamt bezahlte die Stadt Linz 1,847.685 Schilling für 117 Objekte der Kunstsammlung Gurlitt, die letzte Zahlung erfolgte 1956.52 Während der gesamten Zeit der Direktorenschaft Gurlitts hatte es auch Unstimmigkeiten gegeben. Gurlitt pflegte sein Netzwerk, intervenierte immer wieder für ihm nahe stehende Personen bzw. nahm er Interventionen für sich in Anspruch.53 Wolfgang Gurlitt war als Kunsthändler keineswegs ein Einzelfall. Geschäfte mit günstig ersteigerten, unter Preis gekauften oder sonstwie erworbenen Kunstwerken wurden in der Nachkriegszeit von vielen, auch von jüdischen Kunsthändlern getätigt, in Wien, München, aber auch in Paris, London und New York.54 Gegen Gurlitt stand bereits seit 1948 der Vorwurf im Raum, er handle mit Raubkunst, mit Kunstwerken, die auf bedenkliche Weise erworben wurden.55 Dass den Verantwortlichen der Stadt Linz dies klar war, ist nach den Studien Walter Schusters eindeutig bewiesen, Notizen des Magistratsdirektors wie „Klimt jüdischer Besitz!“ oder „Bin nicht für diesen Klimt!“ belegen dies. Gurlitt widersetzte sich generell der Verpflichtung, während der NS-Zeit erworbenes Vermögen gemäß der Anmeldeverordnung aus dem Jahr 1946 zu registrieren.56 Bis 1948 waren Bad Aussee und das Ausseerland Teil des Landes Oberösterreich, danach wurde es wieder Teil der Steiermark, wie vor dem „Anschluss“. Bis zu diesem Zeitpunkt war Gurlitt speziell geschützt, danach versuchten die steiermärkischen Behörden und das Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung („Krauland-Ministerium“) eine öffentliche Verwaltung hinsichtlich der Kunstsammlung Gurlitt einzurichten. Der öffentliche Verwalter, der den Bestand auch überprüfen sollte, war bereits bestimmt, als massive Interventionen Korefs und Gleißners bei den zuständigen Stellen des Ministeriums einlangten. Landeshauptmann Gleißner schrieb an Sektionschef Dr. Otto Gleich: 51 MITTMANNSGRUBER 1991, S. 250. 52 Zu den Details des Deals und den Veränderungen bei der Objektanzahl vgl. SCHUSTER 1999, S. 43–44. 53 Vgl. SCHUSTER 1999, S. 38–39; Vgl. weiters beispielsweise ÖStA, AdR 06, BMfVS, Abt. 35, Gurlitt Wolfgang, Akt 106101-6/49; Gurlitt Wolfgang, BM für Finanzen, Akt VS 171.483/1 6/50. 54 Vgl. Tina WALZER, Stephan TEMPL, Unser Wien: „Arisierung“ auf österreichisch, Berlin 2001, S. 101. 55 Vgl. dazu im besonderen SCHUSTER 2005, S. 220–226. 56 Sämtliche Recherchen in Archiven in Wien, Steiermark, Oberösterreich blieben ergebnislos.
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Die Beschickung der Neuen Galerie der Stadt Linz mit Bildern ist dadurch zu Stande gekommen, dass Herr Gurlitt Gemälde, Zeichnungen, Graphiken etc. aus seiner Privatsammlung, aus dem Besitze seiner Familie und seines Freundeskreises als Leihgabensammlung der Stadt Linz überlassen hat [...] Die Stadt Linz sowohl, wie das Land Oberösterreich, haben größtes Interesse daran, dass dieser aus dem kulturellen Antlitz von Stadt und Land nicht wegzudenkende Kulturbesitz in der damaligen Form weiterhin ungestört erhalten bleibt [...] Herr Wolfgang Gurlitt hat einen Privatkunstbesitz, der für Österreich einen bedeutenden kulturellen Faktor darstellt, der Öffentlichkeit aus eigener Initiative in einer Weise zur Verfügung gestellt [...] Es wäre für den Genannten nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern auch eine Kränkung, würde durch Errichtung einer öffentlichen Verwaltung seine Rolle als der von der Stadt Linz bestellte Leiter der Galerie irgendwie beeinträchtigt oder ganz in Frage gestellt werden. Nicht unerwähnt sollen hiebei auch die finanziellen Auswirkungen, die eine derartige Maßnahme für Herrn Gurlitt und seine Freunde nach sich ziehen könnte, bleiben.57
Schließlich konnten die Interventionen eine öffentliche Verwaltung abwenden. Die Sammlung wurde angekauft, die Stadt Linz richtete ein städtisches Museum ein und hatte zu einem vernünftigen Preis eine Kunstsammlung erworben, die internationalen Standards entsprach. Mit der Kokoschka-Ausstellung im Jahre 1951 feierte Gurlitt wohl seinen größten Erfolg in Linz, der auf jeden Fall mit den guten Kontakten des Kunsthändlers zum Künstler in Zusammenhang stand.58 Unstimmigkeiten mit Gurlitt hatten sich in Oberösterreich dennoch bald ergeben. Gegen Gurlitt wurden antideutsche Ressentiments geäußert, er hatte Schwierigkeiten mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft und seinem Aufenthaltsrecht. Er galt als Person, die ihre eigenen Interessen betrieb – Gurlitt hatte mittlerweile eine Galerie in München eröffnet – und sich von finanziellen Werten leiten ließ, aber auch gern im Licht der Öffentlichkeit stand und sehr auf sein Image achtete. Dazu kam, dass Gurlitt, der ein Star unter den Kunsthändlern war, in Berlin und München Galerien betrieben hatte und von Waldmüller über Kokoschka bis Picasso prominente Künstler und wertvolle Bilder vertrieb, mit den Zielsetzungen der sozialdemokratischen Landeshauptstadt Linz in ein Spannungsverhältnis geraten war – wobei der Magistrat der Stadt Linz auch provinziell anmutende Aktionen setzte, etwa in Hinblick auf eine aufgebauschte Zigarettenwerbungsaffäre, die Gurlitt angelastet wurde.59 Schließlich distanzierten sich Oberhuber, Kreczi, Schmidt und Juraschek zunehmend von Gurlitt. 57 ������������������������������������������������������������������������������������������� ÖStA, AdR 06, BMfVS, Abt. 35, Gurlitt Wolfgang, Akt 106101-6/49, Landeshauptmann von Oberösterreich Heinrich Gleissner an Sektionschef Gleich vom 2. Jänner 1950. 58 NOWAK-THALLER 2008, S. 27–32. 59 NOWAK-THALLER 2008, S. 33–35.
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Bürgermeister Koref setzte den Kunsthändler im Jänner 1956 als Dienststellenleiter der Neuen Galerie ab, weil er beim Verkauf der Kubin-Sammlung an die Stadt Linz, unseriöse Praktiken an den Tag gelegt hätte.60 Nach dem Ankauf der letzten Bilder im August 1956 verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Magistrat und dem Kunsthändler weiter, bis schließlich ein Abbruch sämtlicher Geschäftsbeziehungen und eine Verlagerung auf die Ebene von Gerichtsverfahren deutlich wurde. Schließlich versuchte die Stadt Linz den Zusatz „Wolfgang Gurlitt“ aus dem Namen der Neuen Galerie zu streichen.61 Ein gewisser Einfluss Gurlitts blieb aber weiterhin bestehen. Walter Kasten, Freund und Assistent Gurlitts aus Berliner Tagen, bis dato stellvertretender Leiter sollte Gurlitts Nachfolger werden und der städtischen Galerie bis 1973 vorstehen.62 Bis zu diesem Zeitpunkt reichten die personellen Auswirkungen des Beziehungsgeflechts Bad Aussee – Berlin – Linz. Vordergründig, denn Ende der 1990er Jahre sollten sich Spätwirkungen einstellen. Späte Konsequenzen
Nach 1945 wurde im Rahmen verschiedener Vorgangsweisen ein erheblicher Teil der in den NS-Jahren beschlagnahmten oder arisierten Kunstwerke zurückgegeben. Allerdings nur ein Teil, die Situation stellte sich für die Geschädigten bzw. deren Erben nicht als zufrieden stellend dar. Im Zusammenhang mit internationalen Diskussionen und internationalem Druck war in Österreich schließlich 1998 ein Kunstrückgabegesetz beschlossen worden. Dieses erstreckte sich auf Bundesmuseen, nicht auf regionale und städtische Museen. 1999 gab der Linzer Bürgermeister den Auftrag die Sammlung Gurlitt und die Bestände der Neuen Galerie der Stadt Linz zu überprüfen, Walter Schuster hat in diesem Zusammenhang seine detailreiche Studie verfasst, die als Grundlage für alle weiteren Provenienzforschungen dienen sollte. Als unmittelbare Konsequenz wurde Die Näherin von Lesser Ury noch im Jahre 1999 an Michael Löwenthal, den Erben des ursprünglichen Eigentümers, erstattet. Im Jänner 2003 wurde den Erben nach Daisy und Wilhelm Hellmann das Bild Krumau 1916 (Städtchen am Fluss) von Egon Schiele übergeben.63 Beide Bilder stammen aus der Sammlung Gurlitt. Im Zuge der Rückgabe des Schiele-Gemäldes hat die Stadt Linz sich auf die
60 Vgl. SCHUSTER 1999, S. 72–73. 61 Vgl. SCHUSTER 1999, S. 70–76. 62 Vgl. NOWAK-THALLER 2008, S. 35–37. 63 Protokoll über die 55. Sitzung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz am 30.1.2003, in: Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz, Folge 1 (2003), S. 30.
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„moralische Verantwortung“ gegenüber den Erben bezogen und im Allgemeinen die bisherige Praxis der Nicht-Rückgabe als „nachträgliche Legalisierung des während der NS-Herrschaft erlittenen Unrechts bezeichnet“.64 2009 hat die Stadt Linz schließlich nach jahrelangen Debatten Gustav Klimts Damenbildnis (Ria Munk III), das sich im Nachfolgemuseum der Neuen Galerie, dem Lentos Kunstmuseum Linz befand, den anspruchsberechtigten Erben zurückgegeben. Am 4. Juni 2009 wurde dazu ein einstimmiger Gemeinderatsbeschluss gefällt.65 2010 wurde das Bild vom Auktionshaus Christie‘s in London versteigert. Das Boulevardblatt Kronen Zeitung titelte: „Ein Zeuge machte 32 Erben um 22,67 Millionen Euro reicher. Linzer Klimt wurde in Londoner Auktionshaus versteigert. ... Linz hat aber noch einen Klimt – und 60 weitere umstrittene Kunstwerke.“66 Diese Zahl ist sicherlich bei weitem zu hoch gegriffen. Angesichts der belegten Geschäftspraktiken Gurlitts ist ein Ende der Causa jedoch nicht abzusehen. Gurlitts Aktivitäten in Österreich betrafen nicht nur die Neue Galerie der Stadt Linz sondern auch das Oberösterreichische Landesmuseum und das Leopold Museum in Wien. Auch dort sind von Gurlitt verkaufte Kunstwerke als restitutionsfähig eingestuft worden. 67
ANHANG Die „Connection“ – Handelnde Personen Lilly AGOSTON (CHRISTANSEN-AGOSTON) (1894–1950), Lebensgefährtin Gurlitts, Geschäftsführerin, Inhaberin der Kunsthandlung Fritz Gurlitt, Berlin; nach den Nürnberger Gesetzen Volljüdin, Gründerin der Neuen Galerie der Stadt Linz laut Gemeinderatsbeschluss. Hildebrand GURLITT (1895–1956), Cousin Wolfgang Gurlitts, teilweise jüdischer Familienhintergrund, Hamburg, Zwickau, akkreditierter Einkäufer für den Sonderauftrag Linz (unter Hermann Voss), Ankäufe in großem Maßstab. Hildebrand Gurlitt findet sich auf der sogenannten „Red Flag List“ des „Art Looting Intelligence Unit“ des US-amerikanischen 64 65 66 67
AStL, Pressemitteilung der Stadt Linz vom 17. Dezember 2002. AStL, Gemeinderatsprotokolle, Gemeinderatssitzung vom 4. Juni 2009. Kronen Zeitung vom 25. Juni 2010, S. 16. Mittlerweile wurden vier Bilder von Anton Romako, die sich im Besitz Gurlitts befanden, als Rückgabefälle eingestuft. Gurlitt hatte die Bilder an den Wiener Sammler Rudolf Leopold verkauft, der wiederum eines an Walther Kastner verkaufte, das dieser 1975 dem Oberösterreichischen Landesmuseum schenkte. Vgl dazu Birgit KIRCHMAYR, unter Mitarbeit von Manuel HEINL, Provenienzforschung Oberösterreichische Landesmuseen, Bestand Sammlung Kastner, erster Zwischenbericht vom 13. Oktober 2010, S. 28–30, siehe http://www.landesmuseum.at/ueber/provenienzforschung/ (21.3.2011).
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Geheimdienstes OSS ebenso wie Johannes Hinrichsen und der ausdrücklich als geringer beteiligt benannte Wolfgang Gurlitt. In der Liste wurden jene Personen angeführt, die in NSKunstraubaktivitäten involviert waren.68 Wolfgang GURLITT (1888–1965), Kunsthändler, teilweise jüdischer Familienhintergrund, Inhaber der Galerie Gurlitt, Berlin und Bad Aussee, Einkäufer für den Sonderauftrag Linz, Gründer der Neuen Galerie (laut Gemeinderatsbeschluss); Erbe nach Lilly Christiansen-Agoston, Leiter der Neuen Galerie der Stadt Linz 1946–1956. Johannes HINRICHSEN, Antiquitäten- und Kunsthändler, Berlin, transferierte einen Teil seiner Kunstsammlung nach Altaussee in die von ihm arisierte Villa, Kunst-Einkäufer Hermann Görings; Hinrichsen und Wolfgang Gurlitt standen in Geschäftsbeziehungen in Hinblick auf Kunst bedenklicher Herkunft. Franz JURASCHEK (1895–1959), Kunsthistoriker, Gaukonservator in Oberdonau von 1939–1945. Unmittelbar nach Kriegsende wurde Juraschek vom amerikanischen Geheimdienst CIC interniert. Juraschek konnte nach seiner Freilassung im Amt bleiben, bis 1951 fungierte er als oberösterreichischer Landeskonservator, ab 1952 als Landeskonservator des Burgenlands. Walter KASTEN (1902–1984), geboren in Halberstadt/Harz, Student, Schauspieler, Sekretär der Kunsthandlung Gurlitt in Berlin, Assistent Gurlitts in Bad Aussee bei den Verlagerungen der Sammlung, Stellvertreter Gurlitts in Linz, 1958–1973 Leiter der Neuen Galerie der Stadt Linz Hanns KRECZI (1912–2003), Sekretär des letzten NS-Oberbürgermeisters von Linz, Franz Langoth, 1944–45, direkt übernommen von Bürgermeister Ernst Koref, Kulturamtsleiter bzw. Kulturdirektor der Stadt Linz, wesentlicher Betreiber der Einrichtung einer städtischen Galerie. Egon OBERHUBER (1896–1972), geboren in Wien, Magistratsdirektor der Stadt Linz von 1945 bis 1960, kunstsinniger Spitzenbeamter, treibende Kraft bei der Errichtung einer städtischen Galerie in Linz. Heinrich Justus SCHMIDT (1903–1970), Wien-Linz, Kulturbeauftragter des Gaus Oberdonau ab 1941, Beauftragter des Reichsführers SS, Depotbeauftragter, nach 1945 Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums, schließlich Kunstkonsulent der Stadt Linz, Vermittler bei der Übernahme der Sammlung Wolfgang Gurlitt.
68 National Archives and Records Administration, Art Looting Unit (ALIU) 1945-1946, Red Flag List, http://www.archives.gov/research/holocaust/art/ (25.8.2011)
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Herbert SEIBERL (1904–1952), Leiter der Zentralstelle für Denkmalschutz , des Instituts für Denkmalpflege 1939–1945, Wien, Bad Aussee, beabsichtigte nach 1945 mit Gurlitt in Aussee eine Ausstellung aus Beständen des Sonderauftrags Linz zu gestalten, 1947 Anklage vor dem Volksgericht. Karl SIEBER (1895–1953), Restaurator aus Berlin. Von Adolf Hitler mit der Betreuung der in Altaussee gelagerten Kunstwerke betraut. Lebte in Aussee und spielte eine Rolle bei der Verhinderung der Vernichtung der Kunstwerke, die der Gauleiter von Oberdonau, August Eigruber, befohlen hatte. Die Spitzenpolitiker Heinrich GLEIßNER (1893–1984) als oberösterreichischer Landeshauptmann (ÖVP), und Ernst KOREF (1891–1988) als Linzer Bürgermeister (SPÖ), unterstützten Wolfgang Gurlitt, um in Linz eine städtische Galerie einzurichten und die Kunstsammlung Gurlitt im Land Oberösterreich zu halten.
The Connection Bad Aussee – Berlin – Linz. Art Dealing with Consequences In 1939 Adolf Hitler set up the Sonderauftrag Linz (Special Assig������������������������ nment Linz) and appointed a special envoy. This has to be seen in conjunction with the planned “Führer Museum” in Linz. Art was acquired for that and other museums in the German Reich. At that time Linz and the Salzkammergut region played then an important role as a hub of persons and works of art as part of the Sonderauftrag. During the early 1940s, art experts (dealers, art historians etc.) and artists from Germany had moved their residence to Bad Aussee or Alt Aussee. One of the central figures in this network of persons was the art dealer Wolfgang Gurlitt from Berlin, this article describes his activities as well as those of his personal network. Right after the end of World War II, in late 1945, Gurlitt established contact with the Magistrate of the City of Linz and the governor of the Land Upper Austria and presented his art collection. Based on a contract between Gurlitt and the City of Linz, a new municipal gallery opened in 1948. Gurlitt himself held the post of director from 1946 to 1956. During those years the city bought more than a hundred oil paintings and hundreds of prints, among them artworks with suspicious provenance, including paintings from Gustav Klimt and Egon Schiele. Later, Walter Kasten, Gurlitt‘s assistant in Berlin and Bad Aussee, became his successor and remained in office until 1973. At that time the network – the “connection” – ceased, but late consequences arose. After provenance research started in 1999, it became clear that looted art was part of the Gurlitt collection and the City of Linz has been faced with restitution claims up to the present day.
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The Road to Recovery: From the Central Collecting Points to a Safe Haven – the J.R.S.O. Dossier Shlomit Steinberg
In mid-December 1949 a woman from New York and a man from Jerusalem were stationed at the Wiesbaden Landesmuseum1, which was under the American military authority in occupied Germany and functioned as a collecting point for looted art found in various Nazi hideaways. The German-born political philosopher Hannah Arendt (1906–1975) came from New York and the scholar of Jewish Art and first director of the Bezalel National Museum Mordechai Narkiss (1898–1957) came from Jerusalem (image 1). They were both middle-aged, Jewish, highly educated and very much committed to the task given them: to sort out, organize and ship away thousands of heirless Judaica artifacts, paintings, drawings and over half a million books, which were sad testimonies to what once used to be prosperous and thriving Jewish communities all over Europe – communities that no longer existed after 1945.2 The assignment given to Arendt and Narkiss by the Jewish Restitution Successor Organization (JRSO)3 was to find appropriate institutions throughout the Jewish world that would be able to receive these items into their collections or incorporate them into their libraries, museums and synagogues – while bearing in mind that if their original owners should show up, they would be rightfully restituted to them. This article intends to focus on the story of this restitution process; I also intend, with the help of personal correspondence between Arendt and her spouse as well as official reports written by Narkiss and other officials involved in the restitution process, to shed light on the less familiar side of these two remarkable people. In the mid 1940s Arendt, with the assistance of Jewish refugees from Germany who had been librarians or museum curators before escaping to the U.S., learned about the 1
2
3
Lotte KOHLER (Ed.), Within Four Walls: The Correspondence between Hannah Arendt and Heinrich Bücher 1936–1968, Translated from the German by Peter Constantine, New York, 1996, p. 128: A letter from Hannah Arendt to her husband Heinrich Blücher dated 8 February 1950 stated Alexanderstrasse 6-8, Military Club, Wiesbaden as her current address for receiving correspondence. See also Mordechai NARKIS, trip report written in late 1949 describing his work at the Wiesbaden collecting point. IMJ Archive, file Narkiss Trip Reports, container no. 14. Mordechai Narkiss was asked by the operatives of the Jewish Agency in Jerusalem to travel to Germany in 1949. In early 1950 Hannah Arendt was asked by her superior Prof. Salo Baron to travel to Germany in her capacity as executive secretary to the JRSO. Encyclopedia Judaica, Vol. X, pp. 93–93, Jerusalem 1972, compiled by Norman Bentwich.
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Image 1: Portrait of Mordechai Narkiss, director of the Bezalel National Museum photographed by Alfred Bernheim, Jerusalem, in the 1950s
scope of the lootings and confiscations of works of art, entire libraries and Masonic lodges from Jewish communities in occupied Europe. During these same years, she was also working on her seminal book The Origins of Totalitarianism, which was published in 1951,4 and the knowledge gained from these interviews helped shape her ideas about the mechanisms of the Nazi regime. She was told how in 1940 Reichsleiter Alfred Rosenberg and his Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) units began, under Hitler’s orders, to ransack Jewish cultural institutions throughout occupied Europe in order to create a special Institute for the Study of the Jewish Question (Institut zur Erforschung der Judenfrage), dedicated to identifying and attacking Jewish influence in German culture and to recording the history of Judaism from an anti-semitic perspective. On 26 March 1941 Rosenberg inaugurated his first district office of this Hohe Schule of the Institut zur Erforschung der Judenfrage at Bockenheimer Landstrasse 68/70 in Frankfurt.5 Was it mere coincidence that Rosenberg’s institute was located only a few houses away from the Rothschilds’ imposing palace-like residence at number 10 – the same street on which its owner, Maximilian Goldschmidt-Rothschild, 4 5
Hannah ARENDT, The Origins of Totalitarianism, Schocken Books, New York, 1951. Information taken from an undated report on Library for Exploration of the Jewish Question “Hohe Schule”, District Office, Frankfurt/Main. Translation of document I71-PS, Washington, 1946, pp. 201– 203; see www.ess.uwe.ac.uk/genocide/Rosenberg6.htm. (15.12.2011)
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was forced to sell only two years earlier? Was the over-zealous Reichsleiter aiming to aryanize the elegant street after forcing away its former Jewish landlords? The compiled lists provided the commission with the basis for negotiations with American government officials in their efforts to recover the remains of Jewish culture in Europe. In her biography of Hannah Arendt For Love of the World, Elisabeth YoungBruehl recounts the background event that paved the way to Arendt’s involvement in the restitution project: In the early 1940s the publisher Salman Schoken asked Salo Baron whether the conference [on Jewish Social Studies] would work with the Hebrew University in an advisory capacity. The university wanted suggestions about means of recovering whatever books from European Jewish collections had survived the first years of the war. The conference members responded by establishing the Commission on European Jewish Cultural Reconstruction and it was the research work of this commission which Hannah Arendt began to direct in 1944. […] The commissions’ task was to determine how European Jewry’s spiritual treasures could be recovered and given new homes.6
By the end of 1944, Salo W. Baron had asked prominent American Jews among his close friends – such as businessman David Rosenstein, historian Richard Morris and lawyer James Rosenberg – to create a commission for the cultural restitution of European Jewry.7 In late 1945 he met with General Lucius Clay, assistant military governor of the U.S. Zone in Germany, to discuss the future of unclaimed Jewish objects of various kinds which had been found in the Third Reich’s hiding places and given to the U.S. Army for safe keeping. The looted items were moved to the Army’s central collecting points from various Nazi hiding places throughout Germany and Austria from April 1945 onward. At the central collecting points, objects were logged and each received a card; they were also evaluated and identified, if possible, photographed and conserved, when necessary. The Munich Collecting Point, the largest such facility established by the US Army in June 1945, consisted of two buildings that had originally functioned as the local headquarters of Hitler (the Führerbau) and the Nazi party (the Verwaltungsbau), respectively, 6
7
Elisabeth YOUNG-BRUEHL, Hannah Arendt: For Love of the World, Yale University Press, New Haven-London 1982, p. 187. Professor Salo Wittmayer Baron (1895–1989) was a Jewish-American historian who taught Jewish History at Columbia University, New York. Robert LIBERLES, Salo Wittmayer Baron: Architect of Jewish History, New York University Press, New York, 1955, pp. 221–242.
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at Königsplatz. It soon became the prototype for other collecting points to follow. It held the art treasures stolen by Alfred Rosenberg’s units (ERR) as well as thefts and purchases ordered by Adolf Hitler and Hermann Göring. The recovered objects comprised a wide variety of media, from painting and sculpture to textiles and Judaica artifacts.8 The Wiesbaden Collecting Point, under the supervision of the meticulous Captain Walter I. Farmer, housed art taken from various museums in Berlin as well as from other museums in Germany. One of the major participants in the sorting of the objects in the Wiesbaden Collecting Point was the director of the Bezalel National Museum in Jerusalem Mordechai Narkiss, who arrived in Wiesbaden in the Spring of 1949.9 In 1946 Narkiss had already related in a letter to Yona Etinger, a fund-raiser for the American Fund for Palestinian Institutions, that: Dobkin, of the immigration department, who has just returned from a journey in Europe, summoned me and declared that we will be committing a great ‘crime’ – his very words – if we do not go to Germany, Czechoslovakia, Italy, Holland, in order to rescue objects that are on offer for virtually no money in the shops. It’s a veritable case of ‘redeeming prisoners’.10
Narkiss was asked in his capacity as an expert on Jewish ceremonial artifacts to help identify the ceremonial objects and, later on, the paintings and drawings that had accumulated in the Wiesbaden and Munich Collecting Points, unclaimed by the representatives of France, Netherland, Italy, or any of the other European countries from which the Nazis had looted artifacts. In October 1946 General Clay wrote: “if claims are to be filed by an International Agency on behalf of Jewish interests in general it is considered imperative that the agency be truly representative of Jewish interests throughout the world with adequate provision in particular for the representation of Jewish interests now in Germany.”11 The deadline for filing restitution claims was 31 December 1948, later extended to 1 May 1949;12 Clay issued Regulation No. 3 to Law No. 59 authorizing an ap-
8 9
Saul KAGAN, Ernst H. WEISMANN, Report on the Operations of JRSO 1947–1972. New York 1972. According to Bernard HELLER, Field report no. 8 July 1949, mentioned in: Michael J. KURTZ, America and the Return of Nazi Contraband, Cambridge University Press, Cambridge 2006, p. 164. 10 Israel Museum Archives, letter dated 13 June 1946, translated from the original Hebrew by Annie Lopez. 11 Gregg J. RICKMAN, Conquest and Redemption: a History of Jewish Assets from the Holocaust, New Brunswick-London 2007, p. 100. 12 Gene SOFER, The U.S. and Holocaust Victims’ Assets: A Report on the Presidential Advisory Commission on Holocaust Assets in the United States”, Lecture presented at Yad vaShem on 1 January 2003. p. 5. See www1.yadvashem.org/about_yad/departments/institute/pdf/4.pdf. (15.12.2011)
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plication process for charitable organizations to be accorded the status of a successor organization for unclaimed Jewish property.13 Clay granted Salo Baron’s commission authorization to act as trustee on behalf of world Jewry and gave orders to establish a special depot for storing the Jewish objects and books at Offenbach near Frankfurt.14 At Offenbach, the five-storey I.G. Farben building within the I.G. Farben complex on the Main River was turned into an archival depot by Captain Seymour Pomrenze, in which objects found in various states of disorder in the cellars of Alfred Rosenberg’s Hohe Schule in Frankfurt, such as ancient Torah scrolls and books stolen from synagogues and Jewish libraries, were stored.15 On 12 May 1947, Jewish organizations from all over the world joined forces in New York to form the Jewish Restitution Successor Organization (JRSO), a body that would serve as successor to the Jews who had perished in the Holocaust and left no heirs.16 The organizations combined American, British, German, and French committees and associations, as well as representatives of the Jewish Agency from the Jewish establishment in Palestine. The organization’s offices were installed in Nuremberg. Heading the entire operation’s team in Germany was the Jewish-American lawyer Benjamin B. Ferencz, the young investigator of Nazi war crimes and the chief prosecutor for the US Army at the Einsatzgruppen Trial at Nuremberg.17 Most cases handled by the JRSO had nothing to do with art or with ritual objects; the organization’s work consisted mainly of filing claims and applying the proceeds to the relief of needy refugees, as well as claiming restitution of Jewish communal property. Because of that, in April 1949, the Jewish Cultural Reconstruction (JCR) was formed as the JRSO’s cultural agent. By 31 May 1949, the JCR came under the supervision of Dr. Bernard Heller, a rabbi and scholar of Jewish ethics, together with Schlomo Shunami from the Hebrew 13 RICKMAN 2007, p. 101. 14 LIBERLES 1955, pp. 221–242. 15 Robert G. WAITE, Returning Jewish Cultural Property: The Handling of Books Looted by the Nazis in the American Zone of Occupation, 1945 to 1952. In: Libraries & Culture, Vol. 37, No. 3 (Summer 2002), pp. 213–228. 16 The thirteen organizations as they appeared on the JCR letterhead were: Agudas Israel World Organization, American Jewish Committee, American Jewish Joint Distribution Committee, Anglo-Jewish Association, Board of Deputies of British Jews, Commission on European Jewish Cultural Reconstruction, Committee on Restoration of Continental Jewish Museums, Libraries and Archives, Council for the Protection of Rights and Interests of Jews from Germany, The Hebrew University, Interessenvertretung der Jüdischen Gemeinden und Kultusvereinigungen in der US Zone, Jewish Agency for Palestine, Synagogue Council of America, World Jewish Congress. 17 See http://www.benferencz.org/index.php?id=3, (15.12.2011).
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Image 2: The Jewish Cultural Reconstruction book-plate
University and the journalist and publisher Dr. Ernst Lowenthal. The JCR requested that institutions receiving these books or objects mark them in a special way so as to highlight their identity as JCR items (image 2). Many libraries, including the Library of Congress in Washington, inserted bookplates indicating the special provenance of the edition. The JCR’s next mission was to tackle the objects remaining at the Wiesbaden Collecting Point, which was due to close on 31 August 1949 (though it eventually remained open until December 1950). The Offenbach team, together with Mordechai Narkiss, took over that huge task as well, mostly out of fear that any artworks and ritual objects left after 1 September would be turned over to the Germans. Narkiss put special efforts into this assignment; in his report of 25 July 1949, Bernard Heller wrote that “Narkiss worked seven days a week, ten to fourteen hours a day. By midJuly the textile materials and the silver ceremonial objects [at Wiesbaden] were packed and ready for shipment.”18 The first cargo of Jewish ritual objects reached the Bezalel National Museum in February 1950.19 Another important task handled by the team members concerned the artworks (mostly paintings and works on paper) which, by 18 Michael KURTZ, America and the Return of Nazi Contraband, Cambridge University Press, Cambridge 2006, p. 164. 19 All the objects can be seen on the Israel Museum website (http://www.imj.org.il/Imagine/irso/index.asp) (15.12.2011), where they are registered according to their arrival date (Feb. 1950).
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mid-1949, still remained at the Munich Collecting Point and had not been claimed by the allied countries. Unlike the contents of the Offenbach and Wiesbaden Collecting Points, this material had no record of previous ownership whatsoever – Jewish or otherwise. The JCR decided to apply the Offenbach formula in distributing the unclaimed items from the Munich Collecting Point: 40% to Israel, 40% to the United States, and the remaining 20% to be divided between the Jewish communities of Great Britain, South Africa, Canada, and Argentina. An undated trip report, probably from 1952, describes Narkiss’s sojourns in postwar Germany, and presents a rare account of these challenging travels: I stayed in Germany for about four months. I initially went there for a brief time, invited by the Jewish Cultural Reconstruction organization. […] This organization asked me to distribute Jewish ritual objects gathered in Germany at the various looting centers and transferred by the American government to Offenbach near Frankfurt am Main and from there to Wiesbaden, where 15,000 art objects were assembled in one room in the municipal museum. For many months I went through this material, and I think I can honestly say that I devoted night and day to this work. I divided the material into two parts. One, whose artistic and historical value is high and which should be distributed between the Jewish museums in America and the Bezalel National Museum, which has been recognized as having right of precedence on the condition that its share will not exceed 40% of the museological material. I have to point out that many hands before mine have gone through this excellent material, and much has disappeared from here over the past two years. The second part, whose value is practical, made it fit to be distributed between synagogues around the world, and here too Israeli synagogues have been given precedence on the condition that these objects will also not exceed the limit of 40% of all this material.20
While working as hard as he possibly could, Narkiss harbored another agenda which he wanted to accomplish before returning home: housed in a nineteenth-century building in the provincial center of Jerusalem, the Bezalel Museum, which was founded in 1925 under the care of the Jewish Agency and the Zionist Congress, had an eclectic collection of paintings by Jewish masters, ethnography items and some archeological finds. In 1933 a rivalry sprang up between the National Museum and a new Museum of Art in Tel Aviv under the directorship of Dr. Carl Schwartz. Schwartz was the former curator of the collection of the Jewish congregation in Berlin and for a short period the 20 Israel Museum Archives, Mordechai Narkiss, trip report, undated. Israel Narkiss’s text is quoted without omitting his inaccuracies.
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director of the Jewish Museum there. In the summer of 1933 he immigrated with his family to Tel Aviv, where he became director of the new museum and tried for the next 14 years to turn it into an institute for modern art.21 Narkiss was well aware of the fact that within the larger process of handing over heirless property to the JRSO – and consequently from them to institutions in the new State of Israel – he would be able to obtain for the Bezalel National Museum in Jerusalem, even if only for safe-keeping, several hundred paintings and drawings beyond the obvious ceremonial objects already promised to him. By taking into his museum’s care works of art by Alfred Sisely, Paul Signac, Egon Schiele, Andre Derain and Paul Klee as well as by some seventeenth-century Dutch masters, he might be able to draw some attention and a new public to the museum. He firmly believed that by taking the paintings and drawings from the collecting points to the safety of his museum, he would not only be doing a good deed but a practical one as well. His correspondence with various officials of the JRSO between 1949 and 1953 is heartfelt testimony to the endless efforts he made to ensure that no one would take advantage of or exploit these unclaimed objects by auctioning them off, as was proposed by some functionaries in New York, or dispatch them in the name of some obscure “fair” arrangement to remote Jewish congregations where they would disappear from sight. In one of his trip reports from 1950 he wrote: While I was working in Wiesbaden the general management of JRSO in Nuremberg asked me to check a collection of pictures, sculptures, drawings, and graphic art that the German clerks had, for obvious reasons, declared to be no more than a heap of junk. I visited the Munich collection point, where the things were kept, and found there works by artists such as Courbet, Sisley, Vlaminck, Liebermann, Lesser Uri, and by artists from former generations. Drawings by the greatest masters worldwide, as well as graphic art, wooden sculptures and finally a collection of miniatures. This collection had just been sent to the United States, and it was the intention of JDC-Israel and the Jewish Agency to sell it for the benefit of building houses for immigrants. In my protest against this I pointed out that this country cannot give up major artworks and that we are not poor enough in spirit to sell these works for money. I hope that the transfer of these works has now been arranged and that they will soon reach Israel.22
But let us now move forward to the late winter of 1949 when Hannah Arendt was asked by Professor Baron to travel to Wiesbaden to oversee the restitution project and 21 Chana SCHUTZ (ed.), Karl Schwarz and Tel Aviv Museum›s Early Days, 1937–1947 (Hebrew), Tel Aviv, 2010, pp. 15–68. 22 Israel Museum Archive, Narkiss letter (undated), box no. 14.
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report to him on its progress. Arendt arrived in Wiesbaden in mid-December 1949; a hard-working and committed woman, she wrote in German, her mother-tongue, on 14 December to her husband, the German poet and philosopher Heinrich Blücher, who remained in New York: Yesterday evening I completed the first real report for Salo Baron […]. It was a hell of a lot of work gathering in such a short period enough information for us to know what we can and cannot do. Almost every day I’ve been in a different city – Wiesbaden, Frankfurt, Würzburg, Nuremberg, Erlangen, Heidelberg – and had appointments literally from morning to night.23
One of Arendt’s main tasks during her stay in Germany was the creation of a working procedure, which those who would continue with the sorting of books, Judaica artifacts and art object would follow: 1. To make every effort to locate the owner. 2. To type a list of the persons, reproduce it and distribute it to major Jewish organizations and institutions. Lists of persons and subjects were part of the monthly reports of the depot. 3. To give the list wide publicity. 4. If items are not claimed, to give them to libraries and institutions with the stipulation that, if an item is claimed within two years, it would be given to the claimant, with proper identification.24 The JCR bookplates pasted into each book ensured, according to a letter from Arendt to the Harvard University library, that “present and future readers may be reminded of those who once cherished them before they became victims of the great Jewish catastrophe,” therefore allowing future scholars “to retrace the history and the whereabouts of the great cultural treasures of European Jewry.”25 Arendt’s commitment to the restitution process was similar to Narkiss’s: she cared deeply for the unclaimed books, and finding new homes for the tomes whose owners were probably lost forever was an integral part of rebuilding the Jewish world from 23 KOHLER 1996, p. 103. 24 Colonel Seymour J. POMRENZE, The Restitution of Jewish Cultural Treasures after the Holocaust: The Offenbach Archival Depot’s role in the Fulfillment of U.S. International and Moral Obligation, Rosaline and Meyer Feinstein Lecture Series, June 2002. 25 Rena LIPMAN, Jewish Cultural Reconstruction Reconsidered: ���������������������������������������� Should the Jewish Religious Objects Distributed Around the World After WW II be Returned to Europe?. See http://programs.columbian.gwu. edu/museumstudies/sites/default/files/u6/jewishculturalreconstruction.pdf (15.12.2011)
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the ruins of the Holocaust and rekindling a sense of community for the survivors who now lived in the U.S. and Israel. Books were her life-long friends; they connected her to places and people more than anything else. As a former displaced person she felt the need to find a stable and secure place in the world for herself, and her insecurity coincided with her commitment to find permanent places for the displaced books. Both for her own good and for the good of the books, she knew leaving them in Germany was no longer the answer. Even though during this stay, she was offered tempting teaching positions in Berlin academic institutions, her personal answer to the Jewish Question was to return to New York where her husband, her work and her circle of loving friends were giving her a sense of security and belonging. During her four months’ stay in Germany, Arendt was compelled to visit her two former teachers, the two philosophers who shaped her mind as a young and budding scholar in the mid 1920s. The first was Martin Heidegger, who taught her at Marburg University, and the latter was Karl Jaspers, her Ph.D. advisor at Heidelberg University. The former had also been her clandestine lover in 1925, while the latter was more of a father figure to her as well as an academic mentor. In the mid 1930s, the former friendship between Heidegger and Jaspers deteriorated, and Jaspers’s marriage to Gertrud Mayer – plus the fact that Heidegger prospered under the very same regime in Freiburg – made it impossible for the two men to continue their already intellectually-strained friendship. In a letter written on 12 October 1942 but never mailed, Japers wrote to his estranged friend: Dear Heidegger! I am embarrassed when I not only thank you for your Plato essay – and for your Hölderlin interpretation – but also when I want to answer them. I no longer know, really and clearly, to whom I should write, for we haven’t spoken to one another for almost ten years. You wrote a friendly confirmation that you had received my Nietzsche in 1936 and, with it, a line about yourself personally; important, but without any hidden question and without – in the given situation – allowing me to make any real comment on it. Then I didn’t hear any more from you, neither in regard to my personal fate since 1937 nor in regard to two books I sent you in 1937 and 1938 and I can only assume it is likely that they wound up in your hands.26
Arendt was heartbroken because of the deep rift between the two men who, prior to 1933, were on friendly terms. She believed that her love for both of them and her great 26 Walter BIEMEL,Hans SANER (eds.), Gary E. AYLESWORTH (translator), The Heidegger-Jaspers Correspondence (1920–1963), Humanity Books, York 2002, pp. 156–157.
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admiration for their work would help her heal the wounds caused by the enormous difference in political and moral opinions brought about by Heidegger’s affiliation with the National Socialist party’s premises. She was hoping to bring them together before leaving Germany, if not in body then at least in spirit. Arendt devoted all her free weekends to Karl and Gertrud Jaspers and traveled many times from Wiesbaden to Basle, where the Jaspers were living and where, after having been forbidden by the Third Reich authorities to continue teaching at Heidelberg University, Karl had gained a teaching position. Arendt wrote to Blücher: “In Heidelberg I heard an absolutely outrageous story of what Heidegger has done to Jaspers, now that he is trying, trying as hard as possible, to make friends on the other side. Will be in Freiburg Monday, will have to be, but no longer have the slightest wish ever to see that man again. Jaspers knows nothing. Should I tell him? Should I maybe not? I don’t know. I’m at a loss.”27 The woman who had fled her native land in fear of her life in 1933 – the same year her two teachers fell out with each other – swallowed her pride and traveled to Freiburg in order to see her former teacher and lover. Following her trip, she wrote to Blücher: I went to Freiburg and [Heidegger] soon appeared at the hotel. The two of us had a real talk, I think, for the first time in our lives […]. On top of everything, this morning I had an argument with his wife. […] But I’m going to try to defuse things as much as I can. He has heaped me with manuscripts and publications; just to be able to talk, to be understood. And yet he is more famous than ever without understanding it in the least, or, let’s say, realizing it. I’ll be able to defuse that disgraceful business with Jaspers just in time, before Jaspers finds out.28
She returned to New York in March 1950 after fulfilling her duties to the JCR and Baron, hoping that once again Jaspers and Heidegger were corresponding with one another. Her missions both public and self-imposed were completed. In conclusion
A 1973 account published By Saul Kagan and Ernst H. Weismann, the organization’s secretary and comptroller, described in detail the entire body of operations of the Jewish Restitution Successor Organization and concluded its twenty-five years of activities. 27 KOHLER 1996, Letter dated 5 February 1950, p. 127. 28 KOHLER 1996, letter dated 8 February 1950, p. 128.
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Paragraph 13 of the report specified the final results of the recovery of cultural property and its distribution among Jewish congregations all over the world, including the State of Israel: Over 10,000 ceremonial objects … were recovered and distributed to synagogues and museums in Israel, Western Europe, South Africa and the United States…. [B]ooks, pamphlets, and other writings were also distributed in Israel, Western Europe and United States… entire libraries and collections were transferred in toto to the Hebrew University in Jerusalem29.
By April 1955 the last of the JRSO/JCR paintings, ceremonial objects, prints, and drawings had been deposited for safekeeping at the Bezalel National Museum, in wait for their rightful owners or their heirs to come and claim them. A website launched in 2007 by the Israel Museum in Jerusalem – the Bezalel Museum’s successor – contains a comprehensive list as well as images of all these objects. In February 2008 the Orphaned Art exhibition, which exhibited paintings, drawings, Judaica artifacts and books from these JRSO holdings was opened at the Israel Museum Jerusalem.
29 KAGAN, WEISMANN 1972, p. 31.
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From the Central Collecting Points to a Safe Haven – The J.R.S.O. Dossier This article focuses on the story of two remarkable people, Hannah Arendt and ���������� Mordechai Narkiss, and sheds light on a period in their lives during the years 1949–1950, when both committed themselves to the task of sorting and arranging the transportation of thousands of books and artifacts from the main central collecting points in Germany to safe havens all over the world – but most of all to the cultural institutions in the newly founded state of Israel. The artworks and artifacts found throughout Germany and Austria were moved to these collecting points, which were used as depots in which the restitution teams from all over Europe could come and look for the lost treasures of their countries. By early 1947, several hundred paintings and drawings, thousands of Jewish ceremonial and ritual objects and innumerous books remained in the collecting points, unclaimed by the representatives of the European countries from which the Nazis had looted artifacts. The solution for all these “displaced objects” was to turn them over to charitable organizations. In the American zone, property that was identified as having been looted from Jews or Jewish communal institutions but was heirless and unclaimed was released in June 1948 to the Jewish Restitution Successor Organization (JRSO). Arendt developed a procedure to locate and publicize the rightful owners and, if the items still remained unclaimed, to donate them to libraries or other institutions with stipulation that, if the item is claimed within two years, it would be given to the claimant upon proper identification. By April 1955 the last of the JRSO/JCR paintings, ceremonial objects, prints and drawings had been deposited for safekeeping at the Bezalel National Museum, until the rightful owners or their heirs could claim them.
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The Dutch Art Market 1930–1945 and Dutch Restitution Policy Regarding Art Dealers Floris Kunert / Annemarie Marck
During the occupation of the Netherlands, countless works of art found their way to Germany. After the invasion, German buyers flooded the country and agents operating on behalf of senior Nazis settled in the Netherlands to extract works from the art market, which offered a supply of much sought-after Dutch and Flemish Old Master paintings. In addition to the cases of looting and confiscation, a significant volume of art was taken out of the country as a result of regular or forced sales. The Nazis maintained an insatiable appetite for works of art throughout the occupation, and their willingness to buy came with an almost unlimited supply of money. After the liberation, many items of cultural value were returned to their countries of origin and placed under the administration of national governments, which were tasked with returning the objects to their rightful owners or their heirs. Despite postwar restitutions, a fairly substantial collection of objects returned to the Netherlands remained in the custody of the Dutch State. These items were brought together in the Nederlands Kunstbezit-collectie1 (hereafter referred to as the NK collection), as part of the Dutch national art collection.2 In 2001, the Dutch government decided to broaden the scope of its policy with regard to the restitution of looted art. At the end of that year, the Dutch State Secretary for Education, Culture and Science established the Advisory Committee on the Assessment of Restitution Applications for Items of Cultural Value and the Second World War (hereafter referred to as the Restitutions Committee).3 The task of the Restitutions Committee, which is comprised of legal experts, a historian and an art historian, is to investigate and assess individual applications for the restitution of works of art that the owner lost involuntarily as a result of circumstances directly related to the Nazi regime. So far, the Committee has primarily dealt with claims to works of art which are in the NK collection.4 1 2 3 4
The Netherlands Art Property Collection [translated by the authors]. In May 2011, the NK collection contained some 3,827 paintings, drawings, prints, ceramics, silver, furniture, carpets and other items of cultural value. Decree establishing the Advisory Committee on the Assessment of Restitution Applications for Items of Cultural Value and the Second World War, 16 November 2001. In: Staatscourant 248, 21 December 2001. At the request of the State Secretary, the Committee also advises on claims to looted art which are not
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This article focuses on the assessment of restitution cases concerning Jewish art dealerships in the Netherlands. At the beginning of the occupation, dozens of Jewish art dealers were still active on the Dutch market. Although they were increasingly marginalized by anti-Jewish measures, many of them were able to continue to trade and profit from a rejuvenated art market until at least 1941. As the objective of an art dealership is to sell its trading stock, current Dutch restitution policy for art once owned by art dealers differs in several aspects from the policies for restituting privately owned art. The main difference in the case of an art dealership is that the forced nature of a sale is not assumed, but must be proved to an extent. In this light, it is important to note that on the one hand, the Dutch art market flourished during the occupation and high prices were paid for artworks, but on the other hand, Jewish art dealers were subjected to increasingly harsh persecution measures. This article highlights one of the key questions in the assessment of Jewish art dealership cases – namely, when was a particular sale involuntary? To illustrate this matter, two recommendations issued by the Restitutions Committee will be used: the Goudstikker case and the Bachstitz case. To provide some context for these individual cases, this article will first give an overview of the general circumstances of the art market in the Netherlands before and during the Nazi period, as well as the different acquisition strategies the Nazis used to remove artworks from the Netherlands. In the Netherlands, trading with the enemy was forbidden by law from 7 June 1940 onwards.5 As part of the special criminal jurisdiction introduced after the war, the wide-scale trade in paintings plus the astronomical prices paid during the occupation led to art dealers being investigated for collaboration.6 Dutch historiography has long focused on the moral judgment of the acts of the occupying forces, the collaborators and the resistance. One of the first sources outlining the Dutch art trade during the occupation is a report written in 1948 at the request of the Dutch judicial authorities by the renowned Amsterdam art dealer Evert Douwes, who owned a gallery that had
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currently owned by the Dutch State, but by a private individual, a foundation or a provincial or municipal government institution. See Decree establishing the Advisory Committee, Article 2, fourth and fifth paragraphs. This article will only focus on claims to works of art in the NK collection. On 7 June 1940 the Dutch government in exile in London issued a decree prohibiting all transactions with the enemy and declaring them null and void in advance. Besluit rechtsverkeer in oorlogstijd (no. A6), Staatsblad, 7 June 1940. The Central Special Criminal Jurisdiction Archive, which is kept at the National Archive in The Hague, contains several files on art dealers who were suspected of collaboration. National Archive, The Hague, Ministerie van Justitie: Centraal Archief van de Bijzondere Rechtspleging (CABR), 1945–1952, entry 2.09.09.
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been run by his family for many generations. This article extensively builds on Douwes’s report.7 The Dutch art market
The development of the Dutch art market up until 1940 is closely linked to events that shaped the first half of the twentieth century in Western Europe, i.e. the First World War, the 1920s and 1930s economic crisis and the rise of the Nazi regime in Germany. The Netherlands was of strategic importance to both Germany and Great Britain, since the port of Rotterdam was an important gateway for goods manufactured in Germany. Amsterdam played a similar role for the financial sector. Most of the Dutch art trade was conducted in Amsterdam, which had always been a thriving center of Jewish life in the Netherlands. From 1600 onwards, the city had housed a growing Jewish community.8 In 1930 59 % of all Dutch Jews lived in Amsterdam.9 Most of the significant art dealerships were situated in Amsterdam, and a relatively large number of those art dealers were of Jewish origin. The position of the Netherlands as a gateway became apparent in another way during the 1930s, when the country became a destination for Jewish refugees, either as a place to transit as they fled the threats on the European continent or as a place to settle permanently and build a new life.10 Refugees from Germany and Austria, most of whom were of Jewish descent, sought shelter across the Dutch border. This proved a problem for the Dutch government, however, as it was trying to maintain a neutral position to-
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A copy of DOUWES’s report can be found in several files of the Central Special Criminal Jurisdiction Archive, kept at the National Archive in The Hague (such as NL-HaNA, CABR, 2.09.09, inv. no. 107699). See also Adriaan VENEMA, Kunsthandel in Nederland 1940–1945, Amsterdam 1986. Venema’s book can generally be placed in the Dutch historiographic tradition in which the moral contrast between collaborators and resistance was emphasized. The primary value of this publication lies in the interviews the author conducted with some of the main players on the Dutch art market during those days. In recent decades, there has been a reassessment of the assumption that the German occupation only brought economic disaster, taking into account factors such as the emergence of a large black market. For a recent analysis of the situation of the Dutch art market during the war years see Jeroen EUWE, De Nederlandse kunstmarkt 1940–1945, Amsterdam 2007. 8 Jozeph MICHMAN, Hartog BEEM, Dan MICHMAN (eds.), Pinkas, Geschiedenis van de joodse gemeenschap in Nederland, Amsterdam 1999, p. 17; Daniel SWETSCHINSKI, Tussen middeleeuwen en Gouden Eeuw, 1561–1621, in: Hans BLOM, Renate FUKS-MANSFELD, Ivo SCHÖFFER (eds.), Geschiedenis van de joden in Nederland, Amsterdam 1995, p. 88–92. 9 MICHMAN, BEEM, MICHMAN (eds.) 1999, p. 125. 10 Christoph KREUTZMŰLLER, Händler und Handlungsgehilfen. Der Finanzplatz Amsterdam und die deutschen Großbanken (1918–1945), Wiesbaden 2005, p. 65.
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Image 1: Illustration of the Bachstitz Gallery from around the 1920s.
wards developments in Germany.11 Estimates claim there were some 34,000 refugees in the period between 1933 and 1940, 15,000 of whom were still in the Netherlands when the Germans invaded.12 As they fled, Jewish refugees sometimes took works of art with them, which were either part of their household inventory or an investment. One of the many Jewish Austrians who settled permanently in the Netherlands during the 1930s was the internationally renowned art dealer Kurt Walter Bachstitz (1882–1949), whose art dealership will be discussed later. Up until 1937, Bachstitz had used Vienna as his home base while travelling the world extensively, setting up art dealerships in several cities, including Berlin and New York. The headquarters of his company was the Bachstitz Gallery in The Hague, which was established in 1920.13 In 11 Duco HELLEMA, Buitenlandse politiek van Nederland, Zeist 1995, p. 84. 12 MICHMAN, BEEM, MICHMAN (eds.) 1999, p. 149. 13 Statutes of the N.V. Kunsthandel K.W. Bachstitz (Bachstitz Gallery), addition to the Nederlandsche Staatscourant (Dutch State Periodical) of 18 August 1920, number 160.
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the spring of 1937, Bachstitz left Austria for good, in disgust with the Nazi regime. With his wife, he set up permanently in The Hague. To avoid becoming a Reichsdeutscher, he waived his Austrian citizenship and became stateless. Douwes describes in his report how the Netherlands, impoverished from the Napoleonic wars in the early nineteenth century, exported Old Master paintings “by ship loads” to Great Britain.14 There were no dealers specializing in Old Master paintings and in this period, paintings were primarily traded by antique dealers who also sold furniture, silver and other objects.15 This changed from the late nineteenth century onwards. Art was increasingly and consistently being studied and in Germany, interest in seventeenth century art from the Netherlands increased as a result of the influence of scholars such as Max Friedländer, Wolfgang Stechow and Wilhelm Bode.16 In the Netherlands, Wilhelm Martin, Cornelis Hofstede de Groot and Willem Vogelsang contributed to the development of art history as a scholarly discipline. 17 The latter became a mentor for a number of young art dealers who were interested in Old Master paintings, such as Jacques Goudstikker, Evert Douwes and Piet de Boer. This pointed toward the increasing influence of art history as a scholarly discipline within the art trade of the early twentieth century.18 During the first decades of the twentieth century, the Netherlands tried to remain neutral as tensions between Germany and Great Britain grew.19 During the First World War, the Netherlands successfully maintained this position. These years represented a turning point for the Dutch art trade, during which imports increased, internationalization became an important factor and the price of art objects and antiques started to rise.20 The buyers, “traders from Dusseldorf, Wesel, Cologne, Frankfurt a.M. up to Breslau” visited the country at set times and bought works “in large quantities, sometimes 40-50 at a time”.21 As a result of the increased interest in Old Master paintings among German buyers, the price of seventeenth century art started to rise.22 During the First World War, large 14 15 16 17 18 19 20
DOUWES 1948, p. 2. DOUWES 1948, p. 3. DOUWES 1948, p. 7–8. DOUWES 1948, p. 5. DOUWES 1948, p. 5. HELLEMA 1995, p. 60. Freek HEIJBROEK, Adrie VAN GRIENSVEN, Kunst, Kennis en Kwaliteit. De Vereeniging van Handelaren in Oude Kunst in Nederland 1911-heden, Zwolle 2007, p. 151. 21 DOUWES 1948, p. 5–7. 22 HEIJBROEK, VAN GRIENSVEN 2007, p. 28.
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quantities of art objects were transported back from Great Britain to the Netherlands, as the neutral position of the country helped the Dutch art trade to form a bridge between Great Britain and Germany, and cooperatives were established between Dutch art dealers and their British colleagues.23 In the years after the First World War, Amsterdam became the most important financial gateway between Germany and the rest of the world. Hundreds of companies were established in the city in order to circumvent trade restrictions.24 All the important German banks settled in Amsterdam; from 1921 onwards, they cooperated with Dutch lawyers to set up trading houses, which, although formally under Dutch ownership, were in fact controlled by German companies.25 From 1923 on, hyperinflation moved many German industrialists to settle in the Netherlands.26 As a result, capital flight flooded the Amsterdam markets.27 Some of the Germans who settled in the Netherlands built up or kept noteworthy art collections, including Dr. Fritz Mann heimer, Franz Koenigs and Fritz Gutmann. Amsterdam’s financial importance influenced the art market, and from 1920 onwards, prices started to rise again.28 According to Douwes, most Dutch collections of note were formed during this period. Between 1922 and November 1929 the art market boomed.29 In the wake of its position as an important financial center, Amsterdam grew into an international art center.30 The close economic relationship between Germany and the Netherlands resulted in German businesspeople regularly visiting the country, thus establishing bonds with the Dutch art market. The market flourished and Dutch art dealers worked across Europe buying art.31 Germany maintained its position as the most important artwork buyer; as Douwes stated, “The biggest buyer was Germany […] If I have to make an estimation based on my own business, 70 % went to our Eastern neighbours”.32 One of the main contributors to the internationalization of the Dutch art market during this period was the Jewish art dealer Jacques Goudstikker (1897–1940). 23 DOUWES 1948, p. 7. 24 Johannes HOUWINK TEN CATE, ,De Mannen van de Daad‘ en Duitsland, 1919–1939. Het Hollandse zakenleven en de vooroorlogse buitenlandse politiek 1919–1939, Den Haag 1995, p. 75. 25 HOUWINK TEN CATE 1995, p. 77. 26 HOUWINK TEN CATE 1995, p. 78. 27 KREUTZMŰLLER 2005, p. 38. 28 DOUWES 1948, p. 8. 29 DOUWES 1948, p. 10. 30 DOUWES 1948, p. 9. 31 DOUWES 1948, p. 9. 32 DOUWES 1948, p. 10.
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Goudstikker organized exhibitions abroad, in the U.S., Denmark and Belgium, selling works of art to leading museums and collectors. He regularly visited auctions in Europe’s main cities and published his own sales catalogues in French rather than Dutch, with a view to the foreign market. At home, Goudstikker stimulated Dutch art lovers’ interest in early Italian painting. This genre had already been popular on the international art market for quite some time, but not in the Netherlands. In this way, Goudstikker influenced Dutch collecting habits and taste, aligning them with international trends. The art dealer also wanted to express his passion for art outside of his circle of clients. He regularly opened up his exhibition rooms for the poorer sections of society, enabling them to enjoy art for free. Also, during the 1930s, Goudstikker would organize various exhibitions in leading Dutch museums, including the largest exhibition of Italian art ever assembled in the Netherlands until that time.33 The crisis years 1929–1940
The New York stock market crash of 1929 and the 1931 German banking crisis that followed threatened the viability of the entire Dutch art market.34 Dealers expected the economic downturn to only last for a short while, and according to Douwes, they continued to buy at maximum capacity, anticipating that consumer spending would recover.35 Douwes pointed out that, besides this unfounded optimism, a fundamental difference between the art trade and other businesses explained this behavior: “the manager of a storehouse will fill his shelves with new merchandise as soon as they are empty, whereas the art dealer can never have enough stock”.36 The Netherlands recovered from the crisis far slower than other countries. Moreover, after 1931, the banking crisis prompted the German government to introduce a moratorium. The Reichsmark was no longer a convertible currency and German bankers in the Netherlands ended up in a position obligating them to repay foreign debts while their German assets remained frozen.37 Consequently, Amsterdam’s position as a financial center declined dramatically. The Dutch art market was left with a huge trading stock and a low turnover. The Dutch guilder was devalued in 1936, reviving the art market somewhat, only to see it collapse again in 1938 due to the threat of war. In 33 This exhibition was organized from 1 July –1 October 1934 at the Stedelijk Museum in Amsterdam. See the catalogue Italiaansche kunst in Nederlandsch bezit, Amsterdam 1934. 34 HEIJBROEK, VAN GRIENSVEN 2007, p. 40. 35 DOUWES 1948, p. 11. 36 DOUWES 1948, p. 11. 37 HOUWINK TEN CATE 1995, p. 136.
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his report, Douwes writes that just before the German invasion in 1940, the Dutch art market had, in his opinion, “the air knocked completely out of it”, and that he knew of various colleagues who “were in financial dire straits. There were plenty of eager sellers and eager buyers, but no transactions”.38 After the German invasion The German army invaded the Netherlands on 10 May 1940. After the Dutch forces had capitulated, the Netherlands was placed under the administration of a civil occupational authority led by the Austrian lawyer Dr. Arthur Seyss-Inquart. Preparations for marginalizing and excluding the Jewish sections of Dutch society began immediately after the invasion. Nevertheless, for pragmatic reasons it was decided not to engage in immediate Gleichschaltung (synchronization) with Germany and Austria. Initially, Seyss-Inquart’s policy was aimed at the “self-Nazification” of the Dutch population, which called on the willingness of non-National Socialist Dutch citizens to work together with the new administration, albeit within the framework defined by the occupying authorities.39 The immediate enactment of harsh measures against the Jewish population would be counterproductive to this policy, and thus, normal life resumed as much as possible, even for the Jewish population.40 In the wake of the Wehrmacht, a host of German buyers came looking for opportunities on the Dutch art market. Among them were museum directors, collectors, mayors, traders and auctioneers. The most important art dealers traded directly with the Germans.41 In contrast to other occupied territories, no large-scale confiscations of public or private art collections were organized in the Netherlands during the first few months after the invasion. Even at the very beginning of the occupation, being confronted with a German buyer was an undeniably frightening experience for some art dealers, especially those of Jewish descent. However, German buyers did not, by definition, have to use threats or take advantage of their position of power. They were sometimes old acquaintances 38 DOUWES 1948, p. 11–14. 39 Peter ROMIJN, Snel, Streng en Rechtvaardig. De afrekening met ‹foute› Nederlanders, Second Edition, Amsterdam 2002. p. 31. 40 Bob MOORE, Slachtoffers en overlevenden. De nazi-vervolging van de joden in Nederland, Amsterdam 1998, p. 68. 41 U.S. National Archives and Records Administration, Washington D.C., O.S.S. Art Looting Investigation Unit Consolidated Interrogation Reports (CIR), Report No.2, ‘The Goering Collection’, September 1945, p. 63.
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and, more often than not, they had substantial funds at their disposal.42 Douwes describes some of the German buyers as people with whom he “had more or less become acquainted or friendly over the years because of their shared interest”.43 According to Douwes “they called on traders they knew, with whom they had entered into such large transactions and made their first purchases before the borders closed”.44 Douwes also noted that “despite a dismissive attitude on the part of the regime”, some of the buyers were kept by the Nazis due to the lack of qualified replacements, including “a certain Dr. Posse, who, apart from working for his museum in Dresden, was also instructed to set up a Führermuseum in Linz”.45 The first purchases were made after some haggling back and forth, but this soon changed and prices began to rise. According to Douwes, price levels in 1940 did not quite reach those of 1929, but by the second half of 1941, people were paying twice as much as they had the year before. This trend continued and prices kept increasing through 1942 and 1943, reaching a high point in 1944. Relaxed trade restrictions also played a role; after the invasion, trade barriers between the Netherlands and Germany were largely removed and on 1 April 1941 they were abolished entirely.46 German buyers could settle their art purchases at rates of exchange that were unfavorable for the Dutch treasury.47 In addition, the Dutch treasury was left with worthless Reichsmarks after the liberation, leaving the plundered country footing the bill for many of the German purchases during the war.48 Prompted by the rising prices, the Dutch also went on a shopping spree. Fear of a currency devaluation led people to invest in works of art, expecting that these artworks would retain their value after the war.49 This speculation also saw private purchases increase, leading to all kinds of opportunistic dealers.50 The rising prices also prompted collectors and owners of paintings and antiques to put their goods up for sale.51 The 42 U.S. National Archives and Records Administration, Washington D.C., O.S.S. Art Looting Investigation Unit Consolidated Interrogation Reports (CIR), Report No.2, ‘The Goering Collection’, September 1945, p. 63. 43 DOUWES 1948, p. 14. 44 DOUWES 1948, p. 12. 45 DOUWES 1948, p. 14. 46 Gerard AALDERS, Roof: de ontvreemding van joods bezit tijdens de Tweede Wereldoorlog, Den Haag 1999, p. 30. 47 AALDERS 1999, p. 30. 48 EUWE 2007, p. 141. 49 DOUWES 1948, p. 13. 50 DOUWES 1948, p. 13. 51 DOUWES 1948, p. 15.
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resurgence of the Dutch art market did not pass Jewish art dealers by; they profited from the rising prices and, initially, most of them were not prevented from trading.52 Buyers in the Netherlands
On the hunting grounds of the Dutch art market, Adolf Hitler and Hermann Göring were unquestionably at the top of the food chain. The aforementioned Dr. Hans Posse, the director of the Dresdner Gemäldegalerie, was appointed leader of the Sonderauftrag Linz in 1939. As he was able to use the special privileges he was granted by the Führer and, moreover, was assured of the assistance of all German government departments on account of his mandate, Posse was able to operate very effectively on the Dutch art market despite the fierce competition.53 He discharged his duties tirelessly and, up until his death at the end of 1942, he visited the Netherlands regularly to inspect and buy works of art, visit art dealers or exercise his personal influence within German bureaucracy. In the Netherlands, Posse was initially supported by Felix William Wickel, an employee of the German Foreign Office. From 1942 onwards, art historian Dr. Erhard Göpel became the leading representative of the Sonderauftrag Linz in the Netherlands. He was assisted by several Jewish experts who, because of their indispensability to the Linz Museum, were given a preferential position in comparison to other persecuted Jews.54 In exchange for their work, which included performing valuations and carrying out restoration work, some of them were exempted from the obligation to wear a Star of David and their deportation was deferred.55 Others, like the aforementioned art dealer Kurt Walter Bachstitz, were able to secure permission to emigrate in exchange for much sought-after works of art. This kind of protection lasted for as long as the art dealers could ensure continued supply of interesting new additions to the Linz collection.56 This practice was not unique to the art trade, as the occupying forces worked on the assumption that Dutch sellers who were wary of selling to Germans for a variety of
52 Eelke MULLER, Helen SCHRETLEN, Betwist Bezit: de Stichting Nederlands Kunstbezit en de teruggave van roofkunst na 1945, Zwolle 2002, p. 179. 53 See Hanns Christian LŐHR, Das Braune Haus der Kunst, Hitler und der Sonderauftrag Linz: Visionen, Verbrechen, Verluste, Berlin 2005, p. 40. 54 LŐHR 2005, p. 56, p. 136. 55 U.S. National Archives and Records Administration, Washington D.C., O.S.S. Art Looting Investigation Unit Consolidated Interrogation Reports (CIR), Report No.4, ‘Linz: Hitler’s museum and library’, September 1945, p. 46. 56 EUWE 2007, p. 84.
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Image 2: Hermann Göring leaving the Amsterdam art dealership of Jacques Goudstikker in 1940.
reasons might rather sell to a Jewish buyer. Writing about this practice, historian Lou de Jong said that the occupation regime expected that “they could find them especially in Jewish circles: Jewish buyers would be easier to keep under control and when one promised to protect them as much as possible against persecution measures, they would certainly employ a great activity”.57 Douwes characterized Göpel as “feared by the trade, followed by petty traders, and champion at auctions”, adding however “that if requested to do so, he always used his influence in an attempt to help his countrymen, whether aryan or not. As said already, in my view, German Jews also owed their lives to him”.58 Hermann Göring was Hitler’s most serious competitor when it came to combing the Dutch art market. Immediately after the invasion, Göring visited various art dealers in person, seeking to have the best works set aside for him. Walter Andreas Hofer was Göring’s chief assistant in the Netherlands. Alois Miedl, a banker and trader who had been living in the Netherlands for a considerable length of time and who was mar57 Lou DE JONG, Het koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog, deel 7, Mei ’43 – Juni ’44, eerste helft, scientific edition, Den Haag 1976, p. 219. 58 DOUWES 1948, p. 14.
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ried to a Jewish woman, also served the interests of Göring. During the occupation, a substantial quantity of art found its way to Göring through Miedl’s art dealership. After the war, the United States Office of Strategic Services (OSS) concluded in its report on the Göring collection: “After France, Holland was the most important source of acquisitions for the GÖRING Collection. If confiscations are set aside and a comparison is made on the basis of “legal” purchases only, then Holland represents the most important source of all”.59 Besides those individuals who, by dint of their position or otherwise, acquired art for Hitler and Göring, various other institutes within the Third Reich were also involved in the theft of cultural objects. One of the most active players on the Dutch art market was the office of the Austrian art historian Dr. Kajetan Mühlmann. He was assisted by Dr. Eduard Plietzsch, a former employee of the Galerie van Diemen in Berlin and former assistant to Dr. Cornelis Hofstede de Groot, and Dr. Franz Kieslinger. The main task of the Dienststelle Mühlmann in the Netherlands was to collect intelligence about art and acquire works for the Reich. To perform his duties, Mühlmann collaborated closely with other agencies, such as the Sicherheitsdienst, the Devisenschutzkommando and the Abteilung Feindvermögen of the Reichskommissariat.60 Private Jewish collections, works of art placed in the custody of museums, the trading stock of art dealerships under administration, and works under the control of the German authorities were all inventoried. Works of particular significance were ‘reserved’ and collected; Mühlmann then sold the works to interested parties, including the Sonderauftrag Linz. According to Douwes, Mühlmann also sent mayors of large German cities to Dutch art dealers whom he thought had interesting work on offer, phoning the dealers and telling them to show the visitor everything they had in stock. According to Douwes, Mühlmann once snapped at an unwilling Dutch art dealer that he “had it in his power not only to close down his business but also to ‘destroy him’”.61 Persecution measures
Another important way of coming by works of art resulted from the gradual introduction of anti-Jewish measures. In the autumn of 1940, the occupying authorities intro59 U.S. National Archives and Records Administration, Washington D.C., O.S.S. Art Looting Investigation Unit Consolidated Interrogation Reports (CIR), Report No.2, ‘The Goering Collection’, September 1945, p. 62. 60 Jonathan PETROPOULOS, Art as Politics in the Third Reich, Chapel Hill 1996, p. 141. 61 DOUWES 1948, p. 14.
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duced measures to increase their grip on the Jewish population. In the Netherlands, the persecution of the Jewish population intensified gradually and was carried out in a relatively orderly fashion – both of which contributed to its ultimately devastating impact, as the persecution of Jews in the Netherlands ultimately led to the death of about 75 % of the Jewish community, an extremely high percentage compared to Belgium and France.62 On 22 October 1940, Regulation 189/1940 was issued, which stipulated that all businesses in which Jews had a participating interest had to register with the Wirtschaftsprüfstelle. This was a prelude to Regulation 48/1941, issued on 12 March 1941, which ordered the ‘removal of Jews’ from all business. On the basis of this regulation, Jewish art dealerships could be placed under the administration of a Treuhänder or a Verwalter, who could wind up the business or aryanize it. The theft of Jewish private property was all but absolute. The administrative grip that the occupying forces had on the Jewish community tightened with the introduction of Regulation 6/1941. Imposed on 10 January 1941, this regulation stipulated that persons of full or partial Jewish blood were obliged to register. After this regulation was imposed, other antiJewish measures followed in quick succession. Jews were isolated socially and economically, resulting in everyday life becoming more and more intolerable. In order to assemble and administer Jewish assets, the Nazis set up a looting organization at Sarphatistraat in Amsterdam. Officially, this organization was a branch of Lippmann, Rosenthal & Co (‘Liro’), a renowned Jewish bank of the same name. The First Liro Regulation came into force on 8 August 1941, stipulating for instance that Jews whose bank balances exceeded 1,000 guilders had to relinquish the surplus to Liro. This was followed by the Second Liro Regulation, which obliged Jews to hand in their jewelry, collections and art objects. Senior Nazis and the Dienststelle Mühlmann alike took their pick from the art trading stock that was accumulated in that way.63 The first systematic deportations to concentration camps began in June 1942. These deportations also saw the systematic theft of Jewish household effects. The houses of deported families were ransacked; warehouses and removal firms were not left out either. These contained goods – including works of art – which had been stored there as a precaution, but in this way these goods ended up in the hands of the occupying forces after all.
62 Coen STULDREHER, De Legale Rest: gemengd gehuwde Joden onder de Duitse bezetting, Amsterdam 2007, p. 20. 63 AALDERS 1999, p. 212.
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Together with the increase in persecution measures, a system of exceptions and exemptions was established, which provided a way for the Nazis to acquire artworks that normally were inaccessible.64 After the invasion, leaving the country was practically impossible, and the increased pressure as a result of the persecution measures led to a spate of escape attempts, with works of art or even entire collections being offered to those in power in exchange for money or exit visas.65 These exceptions and exemptions were an integral part of the persecution system and occupational policy.66 Almost all the major players, including Hans Posse, Hermann Göring, Kajetan Mühlmann, acquired art using these means. Dutch Restitution policy regarding art dealers
By May 2011, the Restitutions Committee had issued 22 recommendations concerning art objects in the NK collection that were part of an art dealer’s trading stock at the time when possession was lost. For items in the Dutch national art collection, the Committee is required to assess claims with due observance of the restitution policy, adopted by the government pursuant to recommendations of the so-called Ekkart Committee, named after its president, art historian Prof. Dr. Rudi Ekkart.67 In short, the Dutch policy guidelines are based on three principles: 1) When the loss of the artwork was involuntary because of circumstances directly related to the Nazi regime, restitution should be considered. 2) A sale by a Jewish individual during the Nazi regime is, in principle, regarded as involuntary. This means a shift in the burden of proof. 3) Lower standards for evidence apply. This is based on the fact that, sometimes, documentation is no longer available. The Ekkart Committee recommended that the Dutch government deal differently with applications for restitution concerning objects that once belonged to the trading stock of (Jewish) art dealers than applications concerning artworks owned by private individuals. The reversal of the burden of proof in Dutch national restitution policy, as 64 MOORE 1998, p. 143. 65 MULLER 2002, p. 159, 161; EUWE 2007, p. 83. 66 Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (eds.), Die Schweiz und die deutschen Lösegelderpressungen in den besetzten Niederlanden: Vermögensentziehung, Freikauf, Austausch 1940–1945, a supplement to: Thomas SANDKÜHLER, Bettina ZEUGIN (eds.), Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus, Bern 1999, p. 113. 67 Dutch restitution policy has been discussed at length in the annual reports of the Restitutions Committee, which can be consulted on the Committee’s website: http://www.restitutionscommittee.org (15.5.2011).
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mentioned above, is not applicable to cases involving art dealers. According to the Ekkart Committee, the art dealership’s main goal is “to sell its trading stock so that the majority of the transactions, even at the Jewish art dealers, in principle, constituted ordinary sales”. It must also be assumed that, for the art dealer more than for the private individual, there is a certain level of administration and, consequently, a higher likelihood of evidence. In the case of Jewish art dealerships, indications for an involuntary sale could – according to Dutch policy guidelines – be found in the following situations with regard to Jewish art dealers: 1) Direct sales by the Jewish art dealer, under threat of reprisals, to representatives of the occupying forces or to Dutch persons who were convicted after the war for collaboration or other relevant malevolent practices; 2) Sales in which the supply of passports, the granting of safe conduct, etc., constituted part of the transaction; 3) Sales against the wishes of the art dealer by Verwalter or by other managers not appointed by the owner, unless proof can be presented that the original owner received the full profits from the sale and he or his heirs or the representative appointed by him or his heirs explicitly waived their rights after the war. The Goudstikker case and the Bachstitz case
As mentioned above, one of the key questions the Committee investigates when assessing a claim is whether the loss of property was involuntary due to circumstances directly related to the Nazi regime. The answer to that particular question depends on the circumstances of each individual case, as will be illustrated below in the cases of two art dealership recommendations: the Goudstikker recommendation from 2005 and the Bachstitz recommendation from 2009. Jacques Goudstikker, the Jewish director and principal shareholder of Kunsthandel J. Goudstikker NV in Amsterdam, fled the Netherlands with his family on 14 May 1940. Two days later, he died after an unfortunate fall into the hold of the ship that was to take him to England.68 His widow Désirée and son Eduard Goudstikker, both of whom would assume the surname of Désirée’s second husband, Von Saher, in the 1950s, ultimately reached the United States, where they then settled.69 68 Amsterdam City Archives, Goudstikker archive, entry 1341, inv. no. 76: extract from the S.S. Bodegraven log, May 16, 1940. 69 Amsterdam City Archives, Goudstikker archive, entry 1341, inv. no. 95: A.E.D. VON SAHER, N.V.
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With Goudstikker’s escape, the most important art dealership in the Netherlands of the interwar period was left behind unmanaged. In Amsterdam, Goudstikker’s staff took over running the business. Subsequently, under contracts dated 1 and 13 July 1940, the gallery’s employees sold almost the entire business to the Germans Alois Miedl and Hermann Göring for a total of NLG 2,500,000.70 Within days of the capitulation of the Dutch army, the latter personally came knocking in Amsterdam and thereby won the competitive battle with Hitler’s buyers. The sale included real estate, the trade name and a trading stock of at least 1,113 paintings. The Goudstikker black book, as it became known, which Jacques Goudstikker carried with him on his flight in 1940 and which has been preserved, lists these 1,113 inventoried works by name.71 After the sale, Göring came to own the most precious works of art. After acquiring the trade name, the real estate and the less important works from the trading stock in early July, Miedl continued running the gallery on his own behalf under the name Kunsthandel Voorheen J. Goudstikker NV. As such, he benefitted from the burgeoning art market. Enormous quantities of paintings ended up in German hands through Miedl’s art dealership. After the war, Miedl’s business turnover was estimated at around 17 to 18 million, which amounted to 3,194 paintings.72 The Goudstikker case is an example of an art dealership case in which the issue of whether the loss of possession was involuntary was not hard to resolve, given that the business was sold by Goudstikker’s personnel without the art dealer’s consent or that of his widow. Furthermore, in 1940, Goudstikker’s widow had expressly declined to give permission for the sale while staying at a place of refuge in Canada.73 Issued in 2005, the Committee’s recommendation in the Goudstikker case ultimately supported the restitution of the 202 paintings from the NK collection which were sold to Göring during the war. During the assessment of the Goudstikker claim, several other essential questions were addressed by the Restitutions Committee, which
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Kunsthandel J. Goudstikker. Overzicht van de gebeurtenissen in de periode van 31 December 1939 tot April 1952, Amsterdam 1952, p. 11–12. Amsterdam City Archives, Goudstikker archive, entry 1341, inv. no. 85, various documents concerning the sale. The Goudstikker black book is kept in the Amsterdam City Archives. EUWE 2007, p. 83. National Archive, The Hague, CABR, entry 2.09.09, inv. no. 86792: hearing of Désirée Louise Ernestine Anna [Goudstikker-]von Halban. See also letter to Minister G. Bolkestein from Désirée Goudstikkervon Halban, 29 January 1945. In this letter, Goudstikker’s widow says: “As Your Excellency perhaps knows, the Germans ‘purchased’ the entire collection or, rather, the company, for which they attempted to obtain my consent and notarial power of attorney, which I of course categorically refused”.
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are outside the scope of this article.74 The question whether the loss of possession was involuntary in the case of sales by Jewish art dealers themselves has to be judged in the light of the specific circumstances in each individual case. An example to illustrate this is the recommendation made concerning a claim to several works of art from the NK collection by Kurt Walter Bachstitz’s heirs. As previously mentioned, Bachstitz settled in 1938 in The Hague with his German wife Elisa Emma Hofer. She was the sister of Walter Andreas Hofer, who later became the principal art buyer for Hermann Göring. Walter Andreas Hofer had learned the ins and outs of the art trade at the Bachstitz Gallery in The Hague and was even director of this art dealership from 1922 to 1926.75 After the German invasion of the Netherlands in May 1940, Bachstitz continued to work as an art dealer. Investigations have shown that in the early years of the war, the Bachstitz Gallery sold a significant number of paintings to German buyers, especially to Hans Posse and Dr. Erhard Göpel of the Sonderauftrag Linz, but also to Bachstitz’s brother-in-law Walter Andreas Hofer, and to buyers from the German museums. After the war, Bachstitz described Posse as “an acquaintance of mine for over 20 years, who I certainly did not consider to be a Nazi”.76 As mentioned before, from the end of 1940 onwards, the occupational administration in the Netherlands issued decrees that led to the systematic aryanization or liquidation of Jewish businesses. To be able to sidestep these rules for his art dealership, Bachstitz formally stepped down as the supervisory director of the Bachstitz Gallery on 17 February 1941, while his non-Jewish wife Elisa Emma Hofer joined the board as its director. This prevented the Bachstitz Gallery from falling under the administration of a Nazi-appointed Verwalter during the war. In addition to this, the couple had their marriage dissolved in 1943 for appearance’s sake, to ensure that the art dealership was protected from confiscation. As a result, the Bachstitz Gallery remained open for the duration of the war under the formal direction of Mrs. Bachstitz-Hofer from 1941, although Bachstitz himself actually continued to manage the art dealership behind the scenes.77 74 Recommendation Regarding the Application by Amsterdamse Negotiatie Compagnie NV in Liquidation for the Restitution of 267 Works of Art from the Dutch National Art Collection (RC 1.15), http://www. restitutiecommissie.nl/en/rc_1.15/advies_rc_1.15.html (15.5.2011). 75 National Archive, The Hague, Bedrijvenregister Zuid-Holland, dossier HA-004720/246; National Archive, The Hague, Stichting Nederlands Kunstbezit (SNK), 1930-1983, entry 2.08.42, inv. No. 721, Rousseau-report, p. 10. 76 National Archive, The Hague, SNK, entry 2.08.42, inv. no. 178. 77 National Archive, The Hague, Ministry of Justice (1915–1955), inv. no. 13533 (1646).
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In the early years of the occupation, the Germans left both the gallery and Bachstitz undisturbed. People in mixed marriages, such as Bachstitz, were protected from deportation at first. From 1942 on, however, things apparently became more difficult for the art dealer, as he was then summoned by the Nazi authorities for not having registered the gallery as a ‘non-aryan property’. He was arrested in 1943, probably for aiding Jews, by the Sicherheitsdienst, which imprisoned him. However, thanks to his marriage to Hofer’s sister, and on account of his position as an art supplier to the German art market, Bachstitz had some important connections, which provided him a certain level of protection from the Nazis. In July 1943, Hofer managed to secure his brotherin-law’s release from prison within a week, putting forward Bachstitz’s importance as an art dealer for the Linz Museum as an argument. In his letter dated 5 July 1943 to the leader of the Sicherheitsdienst in the Netherlands, Hofer wrote: “Fuer das Linzer Museum wurden in den letzten Jahren von Prof. Posse hochklassige Kunstwerke durch Vermittlung von Bachstitz angekauft; auch andere deutsche Museen haben durch Bachstitz wichtige Kunstgegenstaende erworben”.78 Hofer also reported that Göring was taking Bachstitz under his wing: Der Herr Reichsmarschall wuenscht, dass Bachstitz die Ausreise in das Ausland ermoeglicht & das Verfahren gegen ihn solange ausgestellt wird, bis ich ihm ueber die Angelegenheit persoenlich Bericht erstattet habe. Im Auftrage des Herrn Reichsmarschalls bitte ich um Freilassung des Bachstitz […] Ich uebernehme jede Verantwortung dafuer, dass Bachstitz bis zur Regelung der Angelegenheit durch den Reichsmarschall seine Wohnung nicht verlasst, dass jede Veraenderung seines bis heute einwandfreien Geschaeftsbetriebes & jede Verschiebung seines Geschaeft- & Privatvermoegens unterbleibt.79
Bachstitz was also exempted from the obligation to wear a Star of David on account of his importance as an art dealer for the Führermuseum. This is evidenced by the minutes of a 1943 meeting of the senior Dutch Nazis in the Netherlands, presided by Dr. Arthur Seyss-Inquart, in the course of which Göpel pleaded in favor of Bachstitz: “Unter den von Tragen des Sterns Befreiten befindet sich auch Bachstitz, auf dessen besondere Verdienste für den Sonderauftrage von Seiten Dr. Göpel hingewiesen wurde”.80 With Göring’s help, Hofer ultimately obtained an exit visa for Bachstitz. In exchange the art dealership had to hand over various objects to Göring that Bachstitz 78 National Archive, The Hague, SNK, entry 2.08.42, inv. no. 178. 79 National Archive, The Hague, SNK, entry 2.08.42, inv. no. 178. 80 National Archive, The Hague, Ministerie van Binnenlandse Zaken: Bureau voor Nationale Veiligheid (BNV), entry 2.04.80, inv. no. 2392.
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had refused to sell up to that point. In 1944, Bachstitz left for Switzerland, where he awaited the end of the war. His wife stayed behind in The Hague to keep the gallery open. As regards the claimed works which belonged to the Bachstitz Gallery during the relevant period, the Committee investigated whether there were any indications that involuntary loss of possession was highly likely. The Committee found that most of the claimed works were sold by Bachstitz in a voluntary and standard manner. These sales occurred at the start of the war and at market-level prices, and there was no indication that Bachstitz made these sales under duress exercised by or on behalf of the Nazis. The buyers included Dutch colleagues from the art world, German museum directors with whom Bachstitz had been trading long before the war, Posse and Göpel of the Sonderauftrag Linz, and his brother-in-law Hofer. In its advice the Committee said: While allowing for the fact that, as a result of the pressures of war, Bachstitz effected transactions with representatives of the Nazis and could therefore count on a certain degree of protection, the Committee is of the opinion that these sales [in 1940 and June 1941] were not involuntary. In cases concerning the art trade, the Committee considers the sole fact that the selling party was part of the Nazi regime insufficient to conclude involuntariness, especially if these were transactions for which prices appear to have been paid that were in line with the market and, moreover, no evidence has been found of direct threats or sale under duress […] The Committee also points out that the majority of sales to Posse and Hofer took place in 1940, the first months of the German occupation of the Netherlands. […] Due to his connections in the art world in the early years of the war, Bachstitz was evidently able to operate freely on the market and do business. No evidence was found of coercion towards his person or his family at that stage.81
The Committee did, however, rule differently in the case of one sale concerning the painting Roman Capriccio by Pietro Cappelli from the first quarter of the eighteenth century. On 10 June 1943, the Bachstitz Gallery sold this work for the sum of NLG 15,000 to Göpel on behalf of the Führermuseum in Linz. This sale occurred under entirely different circumstances than those previously mentioned. At the time the art dealership sold this work, Jews were being fiercely persecuted in the Netherlands. As a stateless Jewish resident, Bachstitz was in a very vulnerable position. In contrast to the early years of the occupation, Bachstitz was being watched by the German police, who would arrest him a month after the sale. The Committee found that under these 81 Recommendation regarding Bachstitz (RC 1.78), http://www.restitutiecommissie.nl/en/rc_1.78/advies_ rc_1.78.html (15.5.2011).
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Floris Kunert/Annemarie Marck
Image 3: ‘Recovery exhibition’ held by the Dutch restitution authorities in the Amsterdam Rijksmuseum, April 20 – June 9, 1950.
circumstances Bachstitz would have felt pressured by a person such as Göpel wanting to buy the painting on behalf of Hitler’s museum. The fact that, in 1943, Göpel arranged for Bachstitz to be exempted from wearing the Star of David may have played a part in the transaction. Based on this argumentation, the Committee concluded that the Cappelli painting was a case of involuntary sale, and based on this, the Committee advised that the claim by Bachstitz’s heirs to this painting be honored. Conclusion
As has been shown, the Dutch art trade profited tremendously from the upswing of the market following the German invasion. At the beginning of the occupation, many Jewish art dealers were still working on the Dutch market. Although they were increasingly marginalized by anti-Jewish measures, many of them were able to continue their business regularly until at least 1941. This situation has been translated into the Dutch policy guidelines concerning art dealerships with the assumption that the main goal of an art dealer is to sell works of art, “so that the majority of the transactions, even at
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the Jewish art dealers, in principle, constituted ordinary sales”.82 However, as the occupation progressed, the pressure on the Jewish population increased rapidly, and by the end of 1941 almost all Jewish businesses were placed under the administration of a Verwalter or were liquidated by order of the occupational government. In order to assess whether or not a particular sale in an art dealership case was involuntary, Dutch policy guidelines provide the Restitutions Committee with certain points of reference. In the specific case of Goudstikker, the forced nature of the loss of possession was evident, while the Bachstitz recommendation was an example of a more complex art dealership case. According to Dutch restitution policy, indications for an involuntary sale in art dealership cases include sales by a Jewish art dealer to representatives of the occupying forces under threat of reprisals; sales in which the supply of passports or the granting of a safe conduct constituted part of the transaction and sales against the wishes of the Jewish art dealer by a Verwalter. The Dutch Art Market 1930–1945 and Dutch Restitution Policy Regarding Art Dealers Many Dutch art dealers were facing a miserable financial situation when the German army invaded the Netherlands in May 1940. After the invasion, art prices started to rise and agents working for the Sonderauftrag Linz and for Hermann Göring settled in The Hague and Amsterdam, fiercely competing with each other to get the best deals. Many Jewish art dealers were still able to trade and profit from this rejuvenated art market at the beginning of the occupation, but from 1941 onwards, they were increasingly marginalized by anti-Jewish measures. This article begins with an overview of the general circumstances of the art market in the Netherlands before and during the Nazi period, as well as the different acquisition strategies and persecution measures the Nazis used to obtain works of art. The second part of the article focuses on current Dutch restitution policy with regard to art dealers. One of the key questions in the assessment of Jewish art dealership cases is whether a particular sale was involuntary. As the objective of an art dealership is to sell its trading stock, the forced nature of a sale during the Nazi regime is not assumed, but depends on the circumstances of each individual case. This will be illustrated through two recommendations issued by the Dutch Restitutions Committee: the Goudstikker and Bachstitz cases. 82 Dutch restitution policy has been discussed at length in the annual reports of the Restitutions Committee, which can be consulted on the Committee’s website: http://www.restitutionscommittee.org (15.5.2011).
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Alfred Flechtheim, Alexander Vömel und die Verhältnisse in Düsseldorf 1930 bis 1934 Roswitha Neu-Kock
Im März 1933 gab Alfred Flechtheim seine Galerie in Düsseldorf auf. Alexander Vömel übernahm die Räumlichkeiten und eröffnete noch im gleichen Monat eine eigene Galerie. Damit hat er sich dem Verdacht ausgesetzt, ein Ariseur zu sein, aber eine nähere Betrachtung weckt daran Zweifel. Vömel war seit 1922 nicht nur Geschäftsführer der Galerie Flechtheim in Düsseldorf, sondern hatte auch eine persönliche Beziehung zu seinem Chef. Aus den erhaltenen Dokumenten ist zu erkennen, dass beide in den Jahren zunehmender wirtschaftlicher Turbulenzen eng zusammenarbeiteten, um die Galerie Flechtheim zu retten. In das Geschehen waren auch der Düsseldorfer Museumsdirektor, Dr. Karl Koetschau, und Flechtheims Bankier, der Direktor des Düsseldorfer Bankhauses Simons & Co., Dr. Kurt Poensgen, involviert. Es stellt sich daher die Frage, ob deren Agieren zur Schließung der Galerie und zum geschäftlichen Ende Flechtheims in Düsseldorf beigetragen hat. Zum Verständnis der Vorgänge gehe ich zunächst kurz auf den Forschungsstand und die Quellenlage ein. Danach skizziere ich die wirtschaftliche Situation der Düsseldorfer Galerie Flechtheims zu Beginn der dreißiger Jahre und die Biographie von Alexander Vömel. Anschließend werden einige Aktionen von Flechtheim und Vömel und die Rolle der beiden anderen in das Geschehen involvierten Personen, Koetschau und Poensgen, analysiert. Die Beobachtungen ergeben ein durchaus präzises Bild der Vorgänge und ermöglichen eine von den bisherigen Darstellungen abweichende Sichtweise auf die Galeriegeschichte zu Beginn der 30er Jahre. Forschungsstand und Quellenlage
Alfred Flechtheim, 1878 in Münster geboren, stammte aus einer Familie von Getreidehändlern. Eine Karriere als Galerist war ihm nicht in die Wiege gelegt worden, doch verfolgte er diesen Weg, nachdem sein Interesse für die Kunst geweckt war, mit Nachdruck und Konsequenz. 1913 gründete er seine erste Galerie in Düsseldorf, musste sie jedoch 1917 wieder schließen und die Kunstbestände versteigern lassen. 1919 wagte er den Neuanfang und verlegte die Galerieräume bald in das erste Stockwerk des Bankhauses Simons & Co. an der Königsallee 34. Unbeeindruckt von den wirtschaftlichen
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Problemen nach dem Ersten Weltkrieg expandierte er. In Berlin eröffnete er 1921 eine weitere Galerie; aber der Versuch, in Köln, Frankfurt und Wien Fuß zu fassen, scheiterte nach kurzer Zeit. Sein Ausstellungsprogramm war ehrgeizig und wurde durch Künstlereditionen bereichert; zudem gründete er die Zeitschrift Querschnitt, später den Omnibus. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung versuchte Flechtheim in Frankreich und England erneut Fuß zu fassen. Er starb 1937 in London. Dem markanten Äußeren Flechtheims entsprach ein facettenreicher, nicht widerspruchsfreier Charakter. Ottomar Starke beschrieb ihn 1956 als eine „herausfordernde Erscheinung ... mit einem zur Aggressivität neigenden Wesen. Er war impulsiv und explosiv, frech und ehrgeizig, schlagfertig und witzig“, aber eben auch „zuverlässig und hilfsbereit.“1 Seine Verdienste als Kunsthändler hat Hans Albert Peters 1987 knapp, aber zutreffend gewürdigt: Er setzte sich offensiv für seine Künstler ein, schrieb nicht nur Briefe, sondern auch einleitende und würdige Katalogtexte, machte regelmäßig Besuche bei Sammlern und Museumsdirektoren und vermittelte Künstlern Ausstellungen und Ausstellungsteilnahmen in ganz Europa. Er lud führende Kritiker und Museumsdirektoren zu Vorträgen über moderne Kunst ein, mit denen er sein Galeriepublikum informierte und erzog. Er verlegte zahlreiche Mappenwerke mit Druckgraphik jüngerer Künstler und trug so zusätzlich zur Verbreitung zeitgenössischer Kunst Wesentliches bei. Er war ein Kunsthändler neuen Typs, der seither vielfache Nachfolge gefunden hat.2
1987 wurde Flechtheims Lebenswerk mit einer Ausstellung in Münster und Düsseldorf umfassend gewürdigt.3 Die Fülle der damals ausgewerteten Dokumente, die in die Autorenbeiträge über kunsthändlerische, publizistische und gesellschaftliche Aktivitäten Flechtheims und in eine umfassende Biographie eingearbeitet wurden, machen den Katalog zu einer bis heute unverzichtbaren Basis für die weitere Forschung. Später folgende Aufsätze von Ottfried Dascher und anderen richteten den Blick verstärkt auf die schwierigen Jahre nach 1929 und die Zeit der Emigration.4 Dieser Aspekt wurde 1
2 3 4
Ottomar STARKE, Was mein Leben anbelangt, Berlin 1956, zitiert nach Wilmont HAACKE, Alfred Flechtheim und ‚Der Querschnitt‘, in Hans Albert PETERS (Hg.), Alfred Flechtheim – Sammler. Kunsthändler. Verleger., Ausstellungskatalog Düsseldorf-Münster 1987, S. 15. PETERS 1987, S. 9. PETERS 1987. Peter SPRINGER, Alfred Flechtheim: ein Kunsthändler neuen Typs, in: Henrike JUNGE (Hg.), Avantgarde und Publikum, Köln-Weimar-Wien 1992, S. 79–91; Ottfried Dascher, Alfred Flechtheim (1878–1937), in: Georg MÖLICH (Hg.), Rheinische Lebensbilder, Köln 2000, S. 147–163; Ottfried Dascher, Flechtheim und Dortmund – eine Spurensuche, in: Heimat Dortmund 2/2008, S. 31–37; Ottfried Dascher, Die Ausgrenzung und Ausplünderung von Juden. Der Fall der Kunsthandlung und des
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auch von Esther Tisa Francini, Anja Heuss und Georg Kreis in ihrem Buch Fluchtgut – Raubgut beleuchtet.5 In jüngster Zeit hat Ralph Jentsch das Verhältnis zwischen Alfred Flechtheim und George Grosz beleuchtet6 und Markus Stötzel einen biographischen Abriss veröffentlicht.7 Neuere Forschungen, die im Zusammenhang mit Werkprovenienzen aus dem Umfeld Flechtheims notwendig geworden sind, stießen trotz der vorliegenden Veröffentlichungen auf Hindernisse, weil wichtige, früher zugängliche Quellen heute gesperrt sind.8 Dadurch verursachte Kenntnislücken müssen mühsam durch Auswertung von anderem Material, vor allem aus Museumsarchiven, geschlossen werden. Da Flechtheim mit 33 deutschen und 18 ausländischen Museen und Sammlungen geschäftlichen Kontakt hatte,9 ist hier noch Nachholbedarf, zumal diese Bestände nur selten archivarisch erschlossen sind. In dieser Situation hat es sich als zweckmäßig erwiesen, dass die an den Flechtheim-Forschungen beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Verbund zum vernetzten Informationsaustausch bilden. Der Austausch wurde von der Arbeitsstelle für Provenienzforschung in Berlin gefördert10 und hat wesentlich zu den hier vorgestellten Ergebnissen beigetragen. Die wirtschaftliche Situation der Düsseldorfer Galerie in den frühen dreißiger Jahren
Ausgangspunkt meiner Darstellung sind einige Beobachtungen zur wirtschaftlichen Lage Flechtheims vor allem in den frühen dreißiger Jahren. Dass diese sich schon um 1930, zum Teil in Folge der Weltwirtschaftkrise von 1929, erheblich verschlechtert hatte, ist nicht zu übersehen. Flechtheim hatte Rückstände bei Künstlern und Kollegen, und wahrscheinlich auch Mietschulden bei seinem Düsseldorfer Bankier.11 Am Kunsthändlers Alfred Flechtheim, in: Werner ABELSHAUSER, Jan-Otmar HESSE, Werner PLUMPE (Hg.), Wirtschaftsordnung, Staat und Unternehmen. Neue Forschungen zur Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus, Festschrift für Dietmar Petzina zum 65. Geburtstag, Essen 2003, S. 125–138. 5 Esther TISA FRANCINI, Anja HEUSS, Georg KREIS, Fluchtgut –- Raubgut. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933 – 1945 und die Frage der Restitution, Zürich 2001, S. 317–326. 6 Ralph JENTSCH, Alfred Flechtheim – George Grosz. Zwei deutsche Schicksale, Bonn 2008. 7 Markus STÖTZEL, Ein jüdisches Kunsthändlerschicksal. Der verfolgungsbedingte Eigentumsverlust der Kunstsammlung Alfred Flechtheim, in: KUR – Journal für Kunst und Urheberrecht, 2010 (Heft 3/4), S. 102–120. 8 Dazu gehören zum Beispiel das Kahnweiler-Archiv in der Galerie Louise Leiris, Paris, und Teile des Nachlasses von Christoph Bernoulli in der Universitätsbibliothek Basel. 9 Vgl. PETERS 1987, S. 122. 10 http://www.arbeitsstelle-provenienzforschung.de/ (28. 4.2011). 11 Über die genaue Höhe liegen bisher keinerlei Kenntnisse vor.
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25. Februar 1930 schrieb er an Harry Graf Kessler: „Die Verhältnisse im Kunsthandel sind – wie Sie ja selber wissen – momentan katastrophal.“12 Ein Jahr später lieh er sich bei Kesslers Schwester, Wilma de Brion, einen namhaften Betrag13; die Produktion der Ausstellungskataloge wurde reduziert.14 Ein 1932 verbreitetes Gerücht über Veränderungen in der Galeriestruktur wurde jedoch dementiert. So schrieb Paul Klee am 19. März 1932 an seine Frau: „Die Gerüchte über die veränderte Form der Galerie Flechtheim stimmen wohl nicht. Von Vömel hörte ich einen andern Plan, nach der verwaisten Galerie Thannhauser in die Bellevuestrasse umzuziehen. Flechtheim als Knabe räumt in seiner Fantasie schon ein.“15 Ähnliche Andeutungen finden sich auch in der Korrespondenz zwischen der Düsseldorfer Kunstsammlung und der Galerie. Hier lassen sich aber auch Strategien zur Problembewältigung und eine hohe Kooperationsbereitschaft zwischen allen Beteiligten ablesen. Alexander Vömel – Anmerkungen zu seiner Biographie
Eine zentrale Rolle kam dabei Alexander Vömel zu, der 1921 nach Düsseldorf gekommen war. Geboren 1897 in Emmishofen nahe dem Bodensee, hatte er nach dem Abitur und Militärdienst zunächst im Buchhandel gearbeitet. Sein Wechsel zur Galerie Flechtheim 1921 gestaltete sich wohl erfolgreich, so dass er bereits 1922 die Prokura erhielt. Die Eintragung als Geschäftsführer ins Handelsregister fünf Jahre später lässt auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Flechtheim schließen. Später gab Vömel an, dass er sich auch finanziell an der Galerie beteiligt hätte.16 Ermöglicht wurde ihm dies vielleicht 1926 durch die Heirat mit der Witwe von Edwin Suermondt, einem rheinischen Sammler, der seiner Witwe Vermögen und eine bedeutende Kunstsammlung hinterlassen hatte. Im Mai 1933 wurde Vömels Name im Handelsregister gelöscht. Vorher, am 30. März 1933, hatte er im ersten Stock des Bankhauses Simons unter eigenem Namen eine neue Galerie eröffnet. Da bisher keine relevanten Dokumente über den Vorgang gefunden wurden, kann der genaue Ablauf bisher nicht rekonstruiert werden.17 12 Marbach, Deutsches Literaturarchiv, Handschriftenabteilung, Nachlass Harry Graf Kessler, zitiert nach PETERS 1987, S. 190. 13 Marbach, Deutsches Literaturarchiv, Handschriftenabteilung, Nachlass Harry Graf Kessler, siehe auch Silke KETTELHAKE, Renée SINTENIS. Berlin, Bohème und Ringelnatz, Berlin 2010, S. 185. 14 PETERS S. 192. 15 Felix KLEE (Hg.), Paul Klee, Briefe an die Familie 1893–1940, Bd. 2, Köln 1979, S. 1185. 16 Düsseldorf, Landesarchiv, Best. BW 1002 - C, Nr. 43285. 17 Über die Bombenangriffe und die Vernichtung der Geschäfts- und Wohnräume berichtete Vömel 1943
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Abb. 1: „Anläßlich des 50. Geburtstages von Rudolf Levy am 17. Juli 1925 wurde diese Aufnahme in der Düsseldorfer Flechtheim-Galerie gemacht. Der gefeierte Künstler steht in der Mitte hinten, Flechtheim sitzt an der Staffelei und sein Geschäftsführer Vömel links auf dem Höckerchen.“
Die Zusammenarbeit zwischen Flechtheim und Vömel – Spuren einer konzertierten Aktion
Ob und wie Vömel das inhaltliche Programm der Galerie beeinflussen konnte, ist nicht klar. Er erledigte vor allem die geschäftlichen Aufgaben. Bei besonderen Anliegen, vor allem aber bei akuter Gefahr griff Flechtheim selber ein, so etwa im März 1930. Da Museumsankäufe für das Renommee der Galerie wichtig waren, wurde der Kontakt zum Direktor der Düsseldorfer Kunstsammlungen besonders gepflegt. In der schwierigen Phase 1930 kam es zu einem bezeichnenden Briefwechsel, der mit einem Brief Vömels am 25. März 1930 eingeleitet wurde: „Herr Dr. Grohmann erzählte mir, daß der Kunstsalon Fides in Dresden bereits seit Jahren seitens der Stadt Dresden einen Subventionszuschuß von M. 18.000,- bekommt, weil die Stadt es für wichtig hält, daß diesem Unternehmen die Möglichkeit gegeben wird, mit seinen Ausstellungen brieflich an Bernhard Böhmer in München. Siehe dazu Bayerische Staatsgemäldesammlungen München (BSTGS), Registratur, Korrespondenz (Mitteilung von Andrea Bambi, München).
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der Kunst Lebender nützlich zu sein.“18 Am 28. März 1930 präzisierte Flechtheim: „Betreff des Antrages, den Vömel bei der Stadt stellen wollte, daß Ihnen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um aus dieser Ausstellung die Lücken Ihres Museums auszufüllen, muß ich Ihnen dahin recht geben, daß es wohl ausgeschlossen ist, daß die Stadt bei den augenblicklichen Verhältnissen dem Antrag Vömels stattgeben wird.“ Die umständliche Formulierung Flechtheims diente jedoch nur als Aufhänger für sein eigentliches Anliegen: Sie wissen selbst, sehr verehrter Herr Professor, wie schwer es ist, eine Kunsthandlung wie die meinige mit lebender Kunst in der jetzigen Zeit durchzuhalten. Ich habe es immer für meine Pflicht gehalten, nicht allein Geschäfte zu machen, sondern auch durch Ausstellungen gute Kunst zu propagieren. […] Sie schreiben, daß meine Galerie für die gegenwärtige Kunst von Bedeutung ist, das genügt mir; denn meiner Meinung nach hat nur die gegenwärtige Kunst für Düsseldorf Bedeutung. / Röber, mit dem ich gewiß nicht befreundet war und dem ich meiner Bestrebungen wegen im Grunde ein Greuel war, schrieb mir einmal, daß das Schließen meiner Düsseldorfer Galerie für das Kunstleben eine Katastrophe wäre. Ich fürchte, daß diese Katastrophe für das Düsseldorf ’sche Kunstleben um so schneller eintreten wird, je weniger Verkäufe Vömel mit dem hiesigen Museum tätigen kann.19
Seine Einsicht in die finanziellen Engpässe des Museums hinderte ihn nicht, auf seine eigenen Probleme und die Gefahr einer Schließung der Galerie hinzuweisen. Was Vömel nur andeutete, nannte Flechtheim unverblümt beim Namen. Ein ähnliches Wechselspiel lässt sich auch im Juli und August 1932 beobachten. Nun richtete sich der Appell nicht allein an den Museumsdirektor, sondern zusätzlich an den Oberbürgermeister als Herrn der städtischen Finanzen. Dies war sicher nötig, denn der Etat des Museums, wie aus einigen Antworten Koetschaus an andere Anbieter hervorgeht, befand sich in einem Zustand, den Koetschau schon 1930 gegenüber Vömel drastisch umschrieben hatte: „Unpoetischer, kürzer und einfacher: mer ham ka Geld und krign tun mer auch kans.“20 Erneut übernahm Vömel die Rolle des Vorreiters. Er informierte den Museumsdirektor über den von Flechtheim beabsichtigten Vorstoß beim Oberbürgermeister, brachte ihm dessen Briefentwurf zur Kenntnis und bat um eventuelle Korrekturen.21 Dann erst brachte Flechtheim seinen Brief auf den Weg, in dem er deutlich zu verstehen gab, 18 19 20 21
Düsseldorf, Stadtarchiv, Best. IV 3765, 461/30. Düsseldorf, Stadtarchiv, Best. IV 3765, 480/30. Düsseldorf, Stadtarchiv, Best. IV 3765, 119/30. Düsseldorf, Stadtarchiv, IV-3769, Bl. 799/32.
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dass sich seine Situation durch die städtischen Kaufverweigerungen verschlechtert hätte. Aber statt eines Ankaufs – es ging um eine Barlach-Skulptur – genehmigte die Stadt ein Darlehen von 3.000 RM, für das zwei Skulpturen als Pfand zu hinterlegen waren.22 Wegen der eng befristeten Laufzeit entspannte dies die Situation kaum, sondern veranlasste Flechtheim und Vömel in getrennten Vorstößen vielmehr, das Museum zu anderen Ankäufen zu animieren. Diesmal bestand das Angebot in einem bedeutenden Werk Adolph von Menzels. Ein erfolgreicher Abschluss hätte eine Provision eingebracht, die zur Ablösung des städtischen Kredits mehr als ausreichend gewesen wäre, und in diesem Bewusstsein gingen beide gemeinsam vor. Als auch dieser Versuch misslang, befand sich die Galerie in einer ausweglosen Lage. Flechtheim ließ dies deutlich erkennen, als er am 14. Dezember 1932 erneut an den Museumsdirektor herantrat und „in höchster Bedrängnis“ die Lesenden Mönche von Barlach statt einer Rückzahlung des Kredits anbot.23 Die Situation war damit deutlich charakterisiert, und für die weitere Beurteilung der Ereignisse darf dies nicht aus den Augen verloren werden. Der Direktor des Kunstmuseums, Dr. Karl Koetschau, als Galeriekunde
Sicher waren die Reaktionen des Museums nicht eine Folge persönlicher Differenzen zwischen dem Direktor und Flechtheim. Beide waren seit Gründung der ersten Flechtheim-Galerie in Düsseldorf gute Bekannte. 1913 war Koetschau gerade nach Düsseldorf gekommen und plante die Einrichtung einer Galerie für neuere Kunst. Flechtheim selbst notierte am 14. Juli 1913 über ihn: „Der für mich wichtigste Mann war abends bei mir. Reizend. Sehr modern.“24 In den zwanziger Jahren war Koetschau nicht nur ein Ansprechpartner in Kunstfragen, sondern ein wichtiger, allerdings auch selbstbewusster Kunde der Galerie, der gelegentlich auch Unmut gegen Flechtheim äußerte,25 es aber nie zu einem Bruch mit ihm kommen ließ. Nach 1929/1930 waren dem Direktor wegen der Einschränkungen im städtischen Haushalt die Hände für großzügiges Handeln gebunden. Dies bekamen auch andere Anbieter zu spüren. Finanznot war daher auch der Grund für die Ablehnung der 1932 angebotenen Ernst Barlach-Skulptur Die Lesenden Mönche. Als Flechtheim jedoch insistierte, den Preis reduzierte und auch den Oberbürgermeister anschrieb, nahm Koet22 Solche Verpfändungen waren kein Einzelfall. Auch Johanna Ey sicherte ihre Schulden mit Kunstwerken als Pfand ab: Düsseldorf, Stadtarchiv, IV 3764, Bl. 283/29 und IV 3769, Bl. 317/33. 23 Düsseldorf, Stadtarchiv, Best. IV 3769, 1635/32. 24 Rudolf SCHMITT-FÖLLER, Alfred Flechtheim: „Nun mal Schluß mit den blauen Picassos“. Gesammelte Schriften, Bonn 2010, S. 40. 25 So in einem Brief an Vömel 1926; siehe PETERS 1987, S.178.
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schau künstlerische Argumente zu Hilfe, indem er auf eine Holzreplik verwies, die den Wert des Bronze-Originals beeinträchtigen würde. Er agierte damit in einer dem Museumsbetrieb durchaus vertrauten Weise, wo es häufig finanzielle Abhängigkeiten und unterschiedliche Wertungen der Entscheidungsträger gegen einander abzuwägen gilt. Die Ablehnung hatte also keinen persönlichen Hintergrund, und Koetschau bemühte sich auch weiter um die Angelegenheit. Am 16. Dezember 1932 schrieb er erneut an Flechtheim. Obwohl er sich über einen ungerechtfertigten Vorwurf des Galeristen geärgert hatte, in dem dieser ihm eine Bevorzugung des Kunsthauses Stern unterstellt hatte, ging er noch einmal ausführlich auf seinen Einsatz für den Galeristen ein: Das alles kann mich nicht hindern, in der Darlehenssache weiter für Sie tätig zu sein, wenn ich mir auch derartige Äußerungen von Ihnen nicht erwartet habe. Sie sind, nehmen Sie mir das nicht übel, kleinlich. Sie suchen sich für eine enttäuschte Hoffnung einen Prügelknaben und dafür finden Sie ausgerechnet das Museum, das Ihnen bereitwillig geholfen hat. Aber, wie gesagt, ich habe sofort gemeldet, daß die gegenwärtige Lage Ihres Geschäftes eine Rückzahlung des Darlehens nicht gestatte und Ihrem Wunsche gemäß den Barlach vorgeschlagen. Dabei kannte [?] ich die nicht zu überwindende Schwierigkeit, denn da der Oberbürgermeister es früher abgeschlagen hatte, ist es nun schwer für ihn eine andere Meinung zu äußern. Ich habe aber mit guten Gründen den Vorschlag zu stützen gesucht.26
Als Direktor des Museums musste Koetschau die Interessen seiner Institution in den Vordergrund stellen, und es gehörte auch zu seinen Aufgaben, für das durch ihn zustande gekommene Darlehen eine für alle Seiten zufrieden stellende Lösung zu finden. Die Wege dazu wurden beschritten, als Flechtheim Deutschland noch nicht verlassen hatte. Die Beendigung des „Geschäfts“ erfolgte jedoch noch im Frühjahr 1933 unter Beteiligung Vömels. Das Darlehen wurde abgelöst, indem das Museum den Singenden Mann von Ernst Barlach und eine Generalsbüste von Georg Kolbe als „Zugabe“ erhielt. Ob Koetschau nach diesem Abschluss weiter mit Flechtheim oder Vömel Berührung gehabt hat, ist unbekannt. Er selbst verließ Düsseldorf Anfang 1934 und ging nach Berlin. Da er sehr enge persönliche Beziehungen zu Max Stern hatte, stand er weiter mit Düsseldorf in Verbindung. Max Stern wollte ihn später als Direktor in seiner Galerie einsetzen, erhielt dafür aber keine Genehmigung, weil Koetschau jüdische Vorfahren hatte.27
26 Düsseldorf Stadtarchiv, Best. IV 3769 1635/32. 27 Kathrin ISELT, „Sonderbeauftragter des Führers“. Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969), Köln-Weimar-Wien 2010, S. 76, Anm. 21.
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Flechtheims Bankier in Düsseldorf: Dr. Kurt Poensgen
Die Verhandlungen mit dem Kunstmuseum hatten Flechtheim demnach keine finanzielle Entlastung gebracht. Er war existentiell bedroht, da er auch bei seiner Düsseldorfer Hausbank B. Simons & Co. Schulden hatte, deren Art und Umfang bisher allerdings nicht ermittelt werden konnten. Sie werden nur pauschal durch einen Brief Vömels vom 21. Oktober 1933 an den Direktor der Bank, Dr. Kurt Poensgen, belegt. Vömel bestätigte darin, dass er für die Schulden Flechtheims aufkommen würde.28 Die wenigen Dokumente lassen nicht erkennen, dass die Bank oder deren Direktor den Galeristen unter Druck gesetzt hätten. Das Bankhaus B. Simons & Co. war eine jüdische Familiengründung aus dem 19. Jahrhundert. Seine Geschichte ist 1989 von Max Kruk ausführlich dargestellt worden.29 Die Passagen zur NS-Zeit sind von Ingo Köhler in seine 2005 veröffentlichte Untersuchung über die Arisierung jüdischer Bankhäuser übernommen worden.30 Anfang der 30er Jahre leitete Kurt Poensgen (1885–1944) die Bank. Er und seine Mitgesellschafter, Bruno Surén und Wilhelm Hammerschmidt, waren keine Juden. Nach dem Tod Hammerschmidts 1924 war mit Dr. Herbert Simons (1891–1956) erneut ein Mitglied der jüdischen Gründerfamilie im Direktorium, da er aber nur eine geringe Kapitaleinlage mitgebracht hatte, hatte er kaum geschäftlichen Einfluss. Die Bank war also schon seit Beginn der zwanziger Jahre kein jüdisches Unternehmen mehr. Aus diesem Grund konnte auch wohl die Umbenennung lange hinausgezögert werden. Erst seit 1. Januar 1942 hieß sie Poensgen, Marx & Co.31 Über Poensgens und Flechtheims gemeinsamen Umgang ist nichts bekannt. Der Bankier war wohl kunstinteressiert und vielleicht sogar Kunde bei seinem Mieter. Zu seinem jüdischen Mitgesellschafter Simons pflegte Poensgen einen engen privaten Kontakt.32 Als Bankier handelte er umsichtig. Er vermied Risiken und konnte dadurch die Bank unbeschadet durch die erste Zeit der Weltwirtschaftskrise manövrieren. Die 1931 folgende deutsche Bankenkrise brachte jedoch auch ihn in Schwierigkeiten. Er war zu strukturellen Änderungen gezwungen, in deren Folge er mögli28 Universitätsbibliothek Basel, Privatarchiv Christoph Bernoulli, NL 322 BI 277. 29 Max KRUK, Bankiers in ihrer Zeit. Die Männer von B. Simons & Co., Frankfurt 1989. 30 Ingo KÖHLER, Die „Arisierung“ der Privatbanken im Dritten Reich: Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung, München 2005, S. 259. 31 Wilhelm G. Marx (1889–1949), ursprünglich Bankier in Berlin, nach der Liquidation infolge des Börsenkrachs 1929 Eintritt als Gesellschafter bei Simons & Co.; KRUK 1989, S. 194–195: „In vieler Hinsicht war er das genaue Gegenbild zu Kurt Poensgen“. 32 KRUK 1989, S. 196.
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cherweise auch auf der Tilgung der Schulden Flechtheims bestehen musste. Es dürfte sich dabei um jene Beträge handeln, für die Vömel 1933 die Verantwortung übernahm.33 Die endgültige Sanierung der Bank gelang 1934, indem der Bruder von Poensgen neues Kapital aus den Kreisen der Ruhrindustrie als Einlage beschaffen konnte. Der Schuldenbetrag Flechtheims dürfte für die Bank keine entscheidende Rolle gespielt haben, aber es überschnitten sich hier zwei Notlagen: die Krise der Bank und die Krise der Galerie. Trotzdem gibt es keine Anzeichen für unangemessenen Druck von dieser Seite. Auch in dem oben erwähnten Schreiben Vömels an Poensgen34 wird davon nichts spürbar: der Ton ist sachlich, die Schuldenübernahme wird ohne Einschränkungen bestätigt. Wenn Vömel dafür über bestimmte Kunstwerke verfügen konnte, spricht dies für Absprachen und Kooperationsbereitschaft zwischen allen Beteiligten. Schlussbemerkung
Der kleine Ausschnitt aus dem Geschehen ist insofern lehrreich, weil sich aus dem Personengeflecht keinerlei Bedrohung ablesen lässt, die die Entwicklung nach der NSMachtergreifung 1933 irgendwie vorausahnen ließe. Alle Personen handelten nach sachlichen Erwägungen, jede im Rahmen ihres professionellen Umfeldes. Besonders wichtig ist, dass die Zusammenarbeit zwischen Flechtheim und seinem Geschäftsführer Vömel in jenen Jahren in enger Abstimmung stattfand und auf keiner Seite Ressentiments erkennen ließ. Es darf daher vermutet werden, dass der spätere Entschluss zur Schließung der Galerien Flechtheims nicht ohne gegenseitige Abstimmungen getroffen wurde und die in Düsseldorf aktiven Personen in diesen Prozess eingebunden waren.
33 Der genaue Vorgang ist nach wie vor unklar. Für eine Schuldenübernahme wären schriftliche Vereinbarungen oder Erklärungen vor allem gegenüber der Bank zu erwarten. 34 Universitätsbibliothek Basel, Privatarchiv Christoph Bernoulli, NL 322 BI 277.
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Alfred Flechtheim, Alexander Vömel und die Verhältnisse in Düsseldorf
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Alfred Flechtheim, Alexander Vömel and the Situation in Düsseldorf after 1930 In 1933, the Flechtheim Gallery closed its locations in Düsseldorf and Berlin. Alexander Vömel took over the premises in Düsseldorf, opening a new gallery under his own name. This contribution focuses on the Gallery’s business prior to this incident, especially on the relationship between Alfred Flechtheim and his manager Vömel. Coordinated approaches can be identified which do not point to any personal disagreements between the two parties. Thus, the question arises whether other people in Flechtheim’s environment could have had an influence on the business of the Gallery – people such as, for example, Dr. Karl Koetschau, director of the Art Museum Düsseldorf and an important customer of the gallery, who served as a link to local politicians, or Dr. Kurt Poensgen, director of the Simons & Co. bank, which was the landlord of the Gallery spaces and probably one of its major lenders. All sides seemed to have been aware of the precarious situation of the Gallery since the early 1930s, and they collaborated closely and strategic ally to find solutions. There is no evidence of any hostile or even anti-Semitic sentiment directed against Flechtheim which could have influenced subsequent actions. Whether this changed significantly in the aftermath of the seizure is still not clear and should be the subject of further investigations.
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„Ich bin nicht Beckmanns Kunsthändler“1 Alfred Flechtheim und seine Künstlerverträge, erläutert am Beispiel von Max Beckmann
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Im Jahr 1927 hatte Max Beckmann konstatiert: „Ich bin jetzt aber 43 Jahre alt geworden und brauche erstens eine absolut positive Basis meiner wirtschaftlichenExistenz, und zweitens eine Garantie auf eine sichere Erweiterung meiner Wirkungs möglichkeit.“2 Beckmann wollte dezidiert ein internationaler Künstler werden mit Vertretungen in Berlin, München, Paris und New York. Beckmanns Weg durch die Weltwirtschaftskrise und die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur ist geprägt von seinen Galeristen-Beziehungen und wird anhand von zahlreichen schriftlichen Überlieferungen in Form von Korrespondenzen, Tagebüchern und Buchführung aus der Zeit von 1927 bis 1945 dokumentiert.3 Diese sind Grundlage der nachfolgenden Erkenntnisse anlässlich einer Provenienzüberprüfung von Beckmann Werken, die durch die Stiftung von Günther Franke 1974 in das Eigentum der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen kamen. [Abb. 1] Bei der Überprüfung der Eigentumslage zwischen 1927, als der Kunsthändler Alfred Flechtheim mit Beckmann einen Vertrag schloss, und 1932, dem Verkaufsdatum der Werke, waren insbesondere die Behauptungen zu überprüfen, der Verkauf an Franke habe zum einen gar nicht stattgefunden, Günther Franke habe zum 1 Alfred FLECHTHEIM in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.4.1931; Tobia BEZZOLA, Germanische Tollheiten. Zur Rezeption von Max Beckmanns Ausstellung in der Galerie de la Renaissance, 1931, in: Cornelia HAMBURG, Tobia BEZZOLA (Hg.), Max Beckmann und Paris, Köln 1998, S.141–145. 2 Max Beckmann Archiv München, F MBA I 7, Max Beckmann an J.B. Neumann, 26.7.1927. 3 Siehe Max Beckmann Archiv München, Korrespondenz mit Max Beckmann; Klaus GALLWITZ, Uwe M. SCHNEEDE, Stephan von WIESE (Hg.), Max Beckmann Briefe, München 1993; Felix BILLETER, Max Beckmann und Günther Franke, Hefte des Max Beckmann Archivs 4, München 2000; Doris SCHMIDT (Hg.), Briefe an Günther Franke. Porträt eines deutschen Kunsthändlers, Köln 1970, S. 82; Max BECKMANN, Die Realität der Träume in den Bildern. Aufsätze und Vorträge, Aus Tagebüchern, Briefen, Gesprächen 1903–1950, Leipzig 1984; J.B. Neumann Papers in The Museum of Modern Art Archives, New York und Archives of American Art, Washington und BSB Autogr. 78/8616. Konvolut J.B. Neumann, Max Beckmann Archiv, Inv. Nr. F MBA I 7; Nachlass Günther Franke, Bayerische Staatsbibliothek München, Handschriftenabteilung, Signatur Ana 419; Ausstellungskatalog Sammlung Günther Franke, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1960; Ursula HARTER, Stephan von WIESE (Hg.), Max Beckmann und J. B. Neumann, Der Künstler und sein Händler in Briefen und Dokumenten 1917–1950, Köln 2011.
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Abb. 1: Max Beckmann, Quappi in Blau, 1926
anderen Flechtheim die Werke unrechtmäßig entzogen. Gehandelt wurden die sechs Werke in dieser Zeitspanne von J. B. Neumann (New York), Alfred Flechtheim (Berlin und Düsseldorf ) und Günther Franke (München).4 Die jeweiligen vertraglichen Bindungen an Max Beckmann werden nachfolgend beleuchtet, Händlerstrukturen und Netzwerke analysiert und die Protagonisten vorgestellt. Die genannten Händler veranstalteten Beckmanns Einzelausstellungen, sorgten für Ausstellungsbeteiligungen, vermittelten Museumsankäufe und Verkäufe an einflussreiche Privatsammler. Alle standen mit Beckmann, der zu dieser Zeit in Frankfurt und Paris 4
Es handelt sich um folgende Werke von Max Beckmann im Eigentum der Bayerischen Staatsgemälde sammlungen: Quappi in Blau, Champagnerstillleben, Ducchessa von Malvedi, Stillleben mit Zigarrenkiste, Der Traum, Stillleben mit Atelierfenster.
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lebte, schriftlich in Verbindung. Ihre Briefe im 1 bis 5 Tages Takt spiegeln den Ehrgeiz, ja auch die Buhlschaft um den wichtigsten „Maler seiner Zeit“5 wieder. Jeder berichtete zeitnah über seine Erfolge, kommentierte die Aktivitäten des anderen und legte bisweilen den Finger auf die Wunde, wenn er Verfehlungen entdeckt zu haben schien. Gleichzeitig spiegelt Beckmanns Briefwechsel mit ihnen seine Intentionen, seine konsequent geplanten Karriereschritte und durchaus auch intrigante Züge, wenn es ihm zum Vorteil war. Beckmanns Vertragspartner waren für die Frankfurter und Berliner Zeit (mit vertraglichen Bindungen): • ab 1920 Israel Ber Neumann, mit Günther Franke und Karl Nierendorf in Untervertretung (ab 1923) • ab 1923 Paul Cassirer, Berlin und Peter Zingler, Frankfurt • ab 1926 exklusiv Neumann • ab 1927 Neumann und Alfred Flechtheim, ab 1927 mit Günther Franke als deutschem Vertreter von Neumann • ab 1930 exklusiv Neumann mit Franke als dessen deutschen Vertreter Israel Ber Neumann (1887–1961), der sich in den USA J. B. Neumann nannte, engagierte sich seit 1912 für Beckmann und war seit Mai 1926 sein wichtigster Partner und „Urmanager“6. Neumanns Print Room und später die New Art Circle Gallery in New York zeigten Beckmanns Werke ab 1923 in den USA. Die umfangreiche überlieferte Korrespondenz bezeugt eine weit über das Geschäftliche hinaus gehende Freundschaft.7 Von Neumann erwartete Beckmann „Zustrom an Blut in Form von Gold“8 und mit Neumann zusammen wollte Beckmann Paris erobern und zur „Weltmacht“ werden. Neumann solle in New York „Weltmalerei“ von Picasso, Beckmann, Renoir, Maillol, Klee, Hofer und Braque zeigen.9 Beckmann bezeichnete sich selbst als „tödliche Waffe“, die Neumann in der Hand habe, um einen strategischen Angriff auf die Metropole Paris zu starten, „[…] deren Positionen ihm durch Namen wie Rosenberg, Flechtheim, Picasso, Braque grenzenlos leicht und billig besetzt schienen.“10 5 6
Uwe M. SCHNEEDE, Max Beckmann, Der Maler seiner Zeit, München 2009. „Und nun mein lieber Ur-Manager, verdienen Sie um Gottes Willen Geld – Viel Geld!!“, Max Beckmann Archiv München, F MBA I 7, Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 9.9.1927. 7 The Museum of Modern Art Archives, New York, J. B. Neumann Korrespondenz. 8 Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 25.1.1926. Zitiert nach GALLWITZ, SCHNEEDE, WIESE 1993, Bd.2, S. 31. 9 Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 24.11.1928. Zitiert nach HAMBURG, BEZZOLA 1998, S. 173. 10 Max Beckmann Archiv München, F MBA 17, 2.6.1926, und Briefe, Bd. 1, S.172, Bd. 2, S. 402.
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Neumann galt ihm zeitlebens als der erste im „Beckmann Concern“11, Neumann wiederum blieb zeitlebens mit Beckmann in Kontakt und hatte Vertrauen in seinen „Maestro“: „Halten wir zwei treu und fest zusammen – wir werden siegen.“12 Beckmann suchte 1927 wirtschaftliche Sicherheit und neue Wirkungsorte, beides versprach er sich von Alfred Flechtheim (1878–1937), den er als Door Opener für Paris und neue Vertretung in Berlin zu gewinnen suchte. Weiter erwartete er von Flechtheim Vermittlung von Museumsankäufen, die bis 1927 weder Franke noch Neumann gelungen waren. Flechtheim war diese Art von Zusammenarbeit nicht neu, denn er hatte seit den zwanziger Jahren eine Reihe von Verträgen mit Künstlern. Neumanns Zustimmung zu dieser erweiterten Partnerschaft wurde von Beckmann regelrecht diktiert: „Ich verlange von Ihnen [Neumann], sich der neuen Situation anzupassen, und dass Sie sich bereit erklären, vom 1. Oktober dieses Jahres die Sache mit Flechtheim gemeinsam zu machen.“13 Im September 1927 drohte er Neumann sogar, auch ohne dessen Zustimmung allein mit Flechtheim zu verhandeln: Werden Sie mir nicht schwach oder unlustig aus falscher Eitelkeit … Jetzt geht’s erst richtig los. – Und nun auch keinen Zorn auf F. – wenn der Mann gut ist, was er erst erweisen muss, nehmen wir ihn mit. Wenn nicht, fällt er ganz von selbst wieder ab. […] Ich weiss zwar nicht ob das angeht aber mir erscheint die Zukunft zu einer Weltmacht nur in der Möglichkeit Rosenberg Paris Franke München Flechtheim Berlin und Sie in New York zu liegen.14
Ab 1927 wurde Flechtheim für die nächsten drei Jahre Beckmanns Vertragsgalerist. Günther Franke (1900–1976) wurde gleichzeitig mit Flechtheim als deutscher Vertreter des in New York ansässigen Neumann für Beckmann aktiv. Franke war zu der Zeit blutjunger Volontär bei Neumann und hatte den Maler 1921 im Berliner Graphischen Kabinett kennengelernt. 1923 wechselte er in die Münchner Filiale Neumanns gegen-
11 12 13 14
Diskutiert bei Christoph WAGNER, Selbstfindung durch Fremderfahrung: mit „sieghaftem Kinn heftig deutsch“: Max Beckmann im interkulturellen Dialog mit Henri Rousseau, in: Eva DEWES, Sandra DUHEM (Hg.), Kulturelles Gedächtnis und interkulturelle Rezeption im europäischen Kontext, Vice versa, 1, Berlin 2008, S. 567–593. Max Beckmann Archiv München, F MBA I7, Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 18.4.1929. Max Beckmann Archiv München, F MBA I7, Israel Ber Neumann an Max Beckmann, 25.8.1925. Max Beckmann Archiv München, F MBA I7, Max Beckmann an Israel Ber Neumann, Rimini, 26.7.1927. Max Beckmann Archiv München, F MBA I7, Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 9.9.1927, 26.7.1928, 24.11.1928.
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über den Pinakotheken, wo er 1926 von Beckmann erst einmal hinsichtlich seines Kunstverständnisses persönlich überprüft wurde. Daraus sollte eine enge und langjährige Arbeitsbeziehung werden, die auch während der Zeit des Nationalsozialismus von beiden Seiten aktiv gepflegt wurde. Beckmanns Jahreseinnahmen betrugen 1928 bereits gut 50.000 RM. 15 Bis 1930 verdreifachte sich die Summe der jährlichen Grundsicherung von 10.000 auf stolze 30.000 RM, für die Galeristen bei ihm als Vertragspartner einsteigen konnten. Es war offensichtlich sehr attraktiv, in dieser Zeit für Max Beckmann tätig zu sein. Die Konditionen der Verträge
Am 28. Juli 1925 schlossen Beckmann und Neumann in Paris einen Vertrag auf drei Jahre, mit einer Laufzeit vom 1.4.1926 bis zum 31.3.1929. Für diese Zeitspanne betrug die jährliche Grundsicherung für Max Beckmann 10.000 RM, zahlbar durch Neumann am Monatsersten in Raten von 833 RM. Dafür erhielt er das Alleinverkaufsrecht für Beckmann Gemälde. Weiter galt bei Verkäufen: Ein Drittel blieb als Provision beim Verkäufer, zwei Drittel gingen an Max Beckmann. Wenn Beckmann selbst aus dem Atelier verkaufte, ging ebenfalls ein Drittel als Provision an den Galeristen.16 Für die Überweisung der monatlichen Raten war Günther Franke zuständig, der auch die Abrechnung der Bildverkäufe kontrollierte. Ab September 1927 wurde Alfred Flechtheim in diesen Vertrag aufgenommen. Entsprechend belegt ist dies in Form der monatlichen Abrechnungsweise in Beckmanns Bilderlisten.17 Die Raten bezeichnete er hierin als „Schub“ und ergänzte sie mit dem Namen des jeweiligen Vertragspartners. Die Höhe der Rate veränderte sich: Bis August 1927 gingen monatlich 1400 RM an ihn, ab September 1927 waren es 2400 RM. Flechtheims Eintritt entsprach also zusätzlichen 1000 RM monatlich.18 15 Gerd HARDACH, 1929: Wirtschaft im Umbruch, in: Werner MÖLLER (Hg.), Die Welt spielt Roulette. Zur Kultur der Moderne in der Krise 1927 bis 1932, Frankfurt am Main 2002 (Edition Bauhaus, Bd. 9), S. 20–31, S. 22. 50.000 RM entsprechen heute etwa 170.000 €. Das Brutto-Monatseinkommen eines Arbeiters betrug zur gleichen Zeit 186 RM. 16 J.B. Neumann Papers in The Museum of Modern Art Archives, New York und Archives of American Art, Washington und BSB Autogr. 78/8616. 17 Max Beckmann Archiv München, Max Beckmann Bilderliste Heft 1 und 2. 18 Max Beckmann Archiv München, F MBA I7, Telegramm Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 5.7.1927, nennt exakt diese Summe. 1928 variierte der monatliche Schub zwischen 1600 und 2300 RM, ab 1929 waren es konstant 2300 RM monatlich. Für 1930 sind die letzten Einträge zum sogenannten Flechtheim Neumann Schub verzeichnet für die Monate Januar und Februar. Für März bis Dezember 1930 sind monatliche Eintragungen in Höhe von 2300 RM verzeichnet, jedoch ohne Angaben, wer diese gezahlt hat.
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Anhand des anschließenden, über sieben Jahre geplanten sogenannten Frankfurter Vertrages vom 22. August 1930, der Flechtheim wieder exkludierte, sollten von Neumanns Seite jährlich als garantierte Summe 20.000 bzw. 30.000 RM an den Künstler überwiesen werden. Bei Bildverkäufen durch Neumann oder Beckmann selbst sollte immer ein Drittel als Provision an Neumann gehen. Sollten die Verkaufsanteile eines Jahres nicht die jährliche Garantiesumme erreichen, erhielt Neumann entsprechend weitere Bilder zur Übernahme. Während der Laufzeit des Vertrages (1930–1937) standen Neumann bei Werkverkäufen über Alfred Flechtheim oder Günther Franke 40 % vom Verkaufspreis zu. Nicht festgelegt waren in den genannten Vertragstexten Punkte wie die Anzahl der jährlich zu erwartenden Werke oder die Kriterien der Preisgestaltung bzw. die Abrechnungszeiträume.19 Die Abrechnungsmethode: „Leider fehlen Eintragungen“
Über seine Werke, Verkäufe und Abrechnungen führte Beckmann Buch in Form von drei Heften, nicht zuletzt, um sich steuerlich entsprechend vorbereiten zu können. Die Columbia University New York besitzt Heft 3 mit den Eintragungen über seine in Amerika entstandenen Bilder. Das Beckmann Archiv in München besitzt Kopien von zwei Heften, die unterteilt sind in Heft 1 Bilder von 1904–1934 und Heft II Bilder ab Januar 1934. Das zweite Heft beginnt mit der folgenden Bemerkung des Künstlers: „In Buch 1 Eintragung der Einnahmen 1906–1930. Leider fehlen Eintragungen von 1930–1932 Frankfurt und 1932–1937 Berlin. Fortsetzung der Einnahmen auf folgender Seite seit Juli 1937 Amsterdam.“20 Wir arbeiten also mit einer lückenhaften Überlieferung für den Zeitraum 1932 bis 1937, die der Künstler konstatierte, ohne sie zu erläutern. Möglicherweise ist das Fehlen der Unterlagen damit zu erklären, dass Beckmann bei seiner Ausreise 1937 aus Deutschland Reichsfluchtsteuer zu zahlen hatte21 und dafür nicht alle Einnahmen offen legen wollte.22 Aus dem vorhandenen Protokollierten und aus den überlieferten
19 Die tatsächlichen Verträge, von beiden Seiten unterzeichnet, sind nicht bekannt. Die Vertragstexte in den Briefen sind abgedruckt in: GALLWITZ, SCHNEEDE, WIESE 1993, Bd.2, S.165, S.289, 384. 20 Max Beckmann Archiv München, Max Beckmann Bilderliste Heft 1 und 2. 21 Sonderarchiv Moskau, Teilnachlass 602 von Paul Westheim, Akt 602-1-2, S.165, Charlotte Weidler an Paul Westheim, Paris, 18./20.8.1937. Hier wird berichtet, dass Beckmanns Umzugsgut an der Grenze festgehalten wird, bis er sich mit dem Finanzamt geeinigt hat. Ich danke Ines Rotermund-Reynard für diese Information. 22 Seine Tagebücher hatte Beckmann bei der Besetzung Hollands vernichtet, siehe BECKMANN 1984, Vorwort, o.S.
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Abb. 2: Max Beckmann, Bilderliste, Heft 1, o. D.
Vertragstexten und Korrespondenzen kann man folgende Konditionen entnehmen: Für das Erfolgsjahr 1928 beispielsweise hatte Günther Franke in einem Schreiben einen Gesamtumsatz mit Beckmann Bildern in Höhe von 27.000 RM notiert, davon betrug Beckmanns Anteil 16.740 RM, als Ratenzahlung hatte Beckmann bereits 20.000 erhalten, daraus ergab sich also ein Guthaben für die Händler (Neumann, Franke und Flechtheim) von 3260 RM, das mit Werken verrechnet werden sollte.23 Beckmann selbst hatte für dieses Jahr sogar noch höhere Einnahmen durch den Flechtheim Neumann Schub in Höhe von 26.920 RM notiert. Im darauffolgenden Jahr wiederum war Flechtheim nicht mehr im Plus gegenüber Beckmann, sondern in großen finanziellen Problemen und schuldete Franke und Neumann Provision in Höhe von 7000 RM.24 Die Konditionen des 1930er Vertrages waren hinsichtlich der Abrechnungsmodi klar formuliert, dort hieß es u.a.: „§ 5 Die Verkaufspreise sind vom M.B. und I.B. gemeinsam zu fixieren. I.B.N. erhält 1/3 vom Verkaufspreis. Bei Ausstellungen in fremden Galerien (inkl. Flechtheim und Franke) 40 %.“
23 Max Beckmann Archiv München, Günther Franke an Neumann, 31.10.1928. 24 Max Beckmann Archiv München, Günther Franke an Neumann, 31.8.1929.
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Wichtig ist hier festzuhalten, dass die Position des exklusiven Partners mit diesem Vertrag gestärkt wurde, denn sollte während der Vertragsdauer (1930–1937) ein anderer Galerist als Neumann ein Werk verkaufen, war er [Neumann] in jedem Fall mit 40 % beteiligt. Im Idealfall hätte man das hier Überlieferte mit den Geschäftsbüchern der Partner abgleichen können. Doch die Geschäftsbücher von Alfred Flechtheim sind nach jüngsten Aussagen von James Mayor von der Mayor Gallery London, dessen Vater ab November 1933 mit Flechtheim zusammenarbeitete, beim Blitzkrieg in London vernichtet worden, ebenso wie dessen Bibliothek.25 Ebenso fehlen bis heute die Geschäftsbücher von J. B. Neumann oder Günther Franke aus der Zeit zwischen 1927 und 1932. Daher kann man die Höhe der Neumann – Flechtheim – Franke Anteile bei Bildverkäufen nicht schlüssig ermitteln. Grundsätzlich ist aber folgendes Schema bis 1930 anwendbar: Ein Drittel vom Bruttopreis blieb beim Vertragspartner. Das bedeutet, dass Flechtheim und Neumann unter Berücksichtigung von Franke ihren Drittelanteil entsprechend aufzuteilen hatten. Ab 1930 blieb ein Drittel des Preises bei Neumann, der Franke als Partner ab 1931 zu beteiligen hatte. Wenn andere Galeristen als Neumann nach 1930 Verkäufe tätigten, mussten sie Neumann an ihrer Provision beteiligen. Die Trennung von Flechtheim und die Verteilung des „Beckmann Fells“
Beckmanns anfänglich geäußerte Befürchtung, dass die internationale Vertretung seiner Werke durch mehrere Händler nicht nur harmonisch sein würde, sollte sich bewahrheiten. Es wurde genauestens beobachtet, wer als erster atelierfrische Ware auswählen durfte und wer dabei vom Künstler bevorzugt wurde.26 Bereits im Januar 1930 kriselte es unter den Galeristen: Neumann wollte nicht mehr mit Flechtheim, der bankrott sei, zusammenarbeiten, konnte sich aber Berlin auch nicht ohne Vertretung vorstellen und versuchte deshalb die Galerie Cassirer, vertreten seit 1927 von Grete Ring und Walter Feilchenfeldt, anstelle von Flechtheim ins Boot zu bringen.
25 Lediglich ein Brief von 1919 an Paul Klee gibt Hinweise zu Flechtheims Kooperationsverträgen, die einen unterschiedlich hohen Provisionsanteil seinerseits vorsahen, je nachdem ob es sich um einen Vertrag mit Mindest Einkommen handelte oder nicht: „Ich habe eine ganze Reihe Verträge mit Künstlern. Den einen gegenüber garantiere ich ein Mindest-Einkommen, ich bin dann nur mit einem grösseren Nutzen an ihren Malereien, Aquarellen und graphischen Arbeiten beteiligt; den anderen gegenüber garantiere ich keinen Betrag, ich bin dann nur mit einer kleineren Provision beteiligt.“ Paul Klee Archiv Bern, Alfred Flechtheim an Paul Klee, 2.7.1919. 26 Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Günther Franke an Max Beckmann, 5.3.1929, 1.6.1929.
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Währenddessen zahlte das Triumvirat die Beckmann Rate gemeinsam. Je nach Stand der Verkäufe wechselte allerdings der Überweisende und ab 1929 war Flechtheim wie bereits erwähnt in ernsten monetären Engpässen. 27 Er stand mit 7000 RM im Minus, so dass die Zahlungen von Franke übernommen werden mussten.28 Neumann, Flechtheim und Franke wickelten die Verbindlichkeiten auf Basis der Menge der getätigten Verkäufe ab. Nachfolgend ein signifikantes Beispiel für die komplexen vertraglichen Bindungen und deren Folgen: Als Julius Meier-Graefe zwei Beckmann Werke Die Rugby Spieler und Die Loge zurückgab und Franke kurz darauf das letztere an Margarethe Oppenheim29 verkaufte, eskalierte die Debatte zwischen ihm und Flechtheim. Franke war mit der Art der Verrechnung der Rugbyspieler30 durch Flechtheim nicht einverstanden. Dieser verkaufte das Bild an Hans Posse in Dresden und verrechnete es mit einem Guthaben aus 1928. Nach Frankes Ansicht war dies aber mit aktuellen Verkäufen in 1930 auszugleichen. Flechtheim wiederum war der Ansicht, dass Franke das Bild Die Loge nicht eigenmächtig hätte verkaufen können, da es Meier-Graefe noch gar nicht endgültig zurückgegeben habe. Im Juni 1930 schliesslich schaltete sich der Künstler selbst ein und befragte Günther Franke zu den Unstimmigkeiten: „Flechtheim war ja bei Ihnen. - Nanu? Nach soviel Drama – Haben Sie Versöhnung gefeiert? Und als Siegesbeute das Beckmann-Fell unter sich verteilt? Hui, Hui […].31“ Tatsächlich war es Beckmann selbst, der bereits im Juli brieflich über seine exklusive Vertretung durch Neumann und den Ausschluss von Alfred Flechtheim verhandelte.32 27 Flechtheim sollte Kesslers Sammlung verkaufen und hatte Finanzprobleme. Siehe Deutsches Literaturarchiv Marbach, Briefwechsel Alfred Flechtheim – Wilma de Brion, Signatur A. Kessler. Von Wilma de Brion lieh Flechtheim sich außerdem einen namhaften Betrag, siehe Silke KETTELHAKE, Renée SINTENIS, Berlin, Bohème und Ringelnatz, Berlin 2010, S. 185 und zur finanziellen Situation Flechtheims den Beitrag von Roswitha Neu-Kock in diesem Band. 28 Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke, Briefe Günther Franke an Max Beckmann, 25.9.1929, 9.11.1929, 4.12.1929, 8.1.1930, 14.2.1930. 29 Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Günther Franke an Max Beckmann, 25.4.1930. Die Loge, 1928, heute Staatsgalerie Stuttgart, Eberhard GÖPEL, Barbara GÖPEL, Max Beckmann, Katalog der Gemälde, Bern 1976, Bd. 1 Katalog und Dokumentation, Nr. 287 (Provenienz: Atelier Max Beckmann – 1929/30 Meier-Graefe – 1931 Margarethe Oppenheim – Karl Buchholz – Hugo Borst). 30 Rugbyspieler, 1923, heute Duisburg, Lehmbruckmuseum, GÖPEL 1976, Bd.1, Nr. 307 (Provenienz: Alfred Flechtheim – 1930 Dresden – 1937 als „entartet“ beschlagnahmt – Basel, Kunsthandel – 1939 Karl Buchholz Berlin, Madrid – 1948–1954 Buchholz, New York – Nachlass Valentin – 1955 Großhenning Düsseldorf ). 31 Max Beckmann an Günther Franke, 12.6.1930, zitiert nach GALLWITZ, SCHNEEDE, WIESE 1993, Bd. 2, S. 163. 32 20.7.1930 Ohlstadt, GALLWITZ, SCHNEEDE, WIESE 1993, Bd. 2, S. 165.
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Daraus entstand der bereits erläuterte Frankfurter Vertrag vom 22. August 1930, mit einer sehr optimistisch geplanten Laufzeit von sieben Jahren. Um diese neue vertragliche Grundlage zu realisieren, schrieb der Künstler an Neumann ein regelrechtes Vademecum, mithilfe dessen er sich ohne Streit von Alfred Flechtheim trennen wollte, denn „Zur Zeit sind wir noch zu schwach um alle Schiffe hinter uns zu verbrennen.“33 Beckmanns Plan sah vor, Flechtheim den Vertrag anzubieten, ihn aber mittels der hohen Forderung von 30.000 RM jährlich handlungsunfähig zu machen, d.h. er sollte von sich aus aussteigen. Falls Flechtheim wider Erwarten doch zusagen würde, wäre Beckmann bereit, einen weiteren Vertrag mit Neumann abzuschließen. Es kam wie von Beckmann kalkuliert: Flechtheim konnte aufgrund seiner finanziell wenig aussichtsreichen Position nicht einsteigen, er durfte aber durchaus weiter mit Werken von Beckmann handeln, allerdings auf Berlin beschränkt und unter Berücksichtigung des § 5, d.h. bei Verkäufen hatte er Neumann an seiner Provision zu beteiligen. Flechtheim hatte keine wirklich guten Karten in diesem Spiel gezogen und erkannte durchaus Beckmanns Anteil an dieser Entwicklung.34 Die Rolle Günther Frankes: die Abwicklung der Ansprüche
Bereits Anfang 1930 hatte Franke den Entschluss gefasst, die Münchner Galerieräume deutlich zu vergrößern, um mehr Werke von Beckmann zeigen zu können.35 Mit September 1930 wurde Franke in Absprache mit Beckmann außerdem zu Neumanns rechtlichem Vertreter in Deutschland und der Künstler übertrug ihm die ausschliessliche Abwicklung der vertragsrechtlichen Ansprüche der Galerie Flechtheim aus dem letzten gemeinsamen Geschäftsjahr 1930. Damit endete die gemeinsame Vertretung zwischen Franke, Flechtheim, Neumann im September 1930 und ab 1. Oktober 1930 führte Franke als Vertreter von Neumann die Künstlervertretung exklusiv. Die Ratenzahlung erfolgte entsprechend ab dem neuen Geschäftsjahr zu gleichen Teilen von Neumann New York und Neumann Franke München.36 Beckmanns Buchführung in Heft 1 belegt für 1930 Einnahmen in Höhe von insgesamt 44.660 RM. An dieser 33 Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 25.7.1930, 2.8.1930, zitiert nach GALLWITZ, SCHNEEDE, WIESE 1993, Bd. 2, S.166–167. 34 „Ich habe doch keinen Vertrag mehr mit Ihnen (durch Ihre Schuld).“ Max Beckmann Archiv München, F MBA 1,3, Alfred Flechtheim an Max Beckmann, 24.11.1930. 35 Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Günther Franke an Max Beckmann, 25.4.1930. 36 Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Günther Franke an Max Beckmann, 22.9.1930.
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Abb. 3: Graphisches Kabinett München, 1930/31
Stelle sei bemerkt, dass auch weiterhin Beckmann Bilder durch Flechtheims Hände gingen. Flechtheim konnte den Künstler weiter ausstellen, hatte aber nicht mehr das Vorrecht auf neue Werke und musste bei Verkäufen Neumann an seiner Provision beteiligen. Dafür bekam Flechtheim ebenfalls 10% Provision, wenn er beispielsweise Kunden an Franke oder Neumann schickte.37 Der Ausstellungszyklus blieb trotz reduzierter Anzahl der Vertragspartner unverändert dicht. Für das Jahr 1931 hatten die Händler Neumann, Franke, Flechtheim und Pomaret auf Grundlage des Frankfurter Vertrages von 1930 insgesamt fünf Beckmann Ausstellungen in New York, Paris, München, Berlin und Düsseldorf in Planung. Franke hatte als junger aufstrebender Kunsthändler grundsätzlich immer schon großes finanzielles Interesse an den Beckmann Verkäufen, aber seit dem 4. März 1931 war er auch unmittelbarer Nutznießer, denn er war nun gleichberechtigter Partner Neumanns bei allen Beckmann Verkäufen.38 Als im Herbst 1931 J. B. Neumann 37 Max Beckmann Archiv München, F MBA VI 7 IV. 38 Max Beckmann Archiv München, F MBA VI 7 II, Günther Franke an Israel Ber Neumann, 4.3.1931. „Es wäre wichtig für uns, wenn Sie mir schriftlich erklären, dass wir Beckmann über das erste Jahr hinaus
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trotz Entgegenkommen von Seiten Beckmanns in finanzielle Schwierigkeiten geriet, suchte Franke nach neuen Geldgebern für den Münchner Standort.39 Nach Februar 1932 konnte Neumann auch die vereinbarten Raten an Beckmann nicht mehr zahlen und stieg damit aus dem Frankfurter Vertrag aus, blieb aber Partner von Günther Franke. Man muss also an dieser Stelle festhalten, dass Franke in diesem Zeitraum bis 1932 Beckmann Werke sowohl von Flechtheim als auch Neumann als Übernahmen erhielt.40 Diese Übernahmen wiederum hatte er bei Verkäufen mit Max Beckmann selbst abzurechnen, was auch nicht immer harmonisch verlief, aber schließlich Beckmanns Segen erhielt: „Dann sind wir aber endlich quitt“ hieß es im Frühjahr 1932.41 Kontoabrechnungen und Bildübernahmen: „Kaufmann oder Maler“?
Die vertragliche Beziehung zwischen Flechtheim und Beckmann war im Frühjahr 1931 beendet und die Kontentrennung vollzogen. Doch es gab ein Nachspiel um den Restbestand an übernommenen Beckmann Gemälden bei Flechtheim, die dieser verkaufen wollte und sollte, auch wenn er nicht mehr Vertragspartner war. Wieder ging es dabei um die Art der Verrechnung: Das von Alfred Flechtheim übernommene Holzfällerbild beispielsweise war in der von Franke organisierten Ausstellung 1931 in Paris gezeigt und verkauft worden, der Flechtheim dafür von Beckmann zugestandene Anteil sollte auf Grundlage des Frankfurter Vertrages 2500 frcs (400 RM) betragen. Das war Flechtheim entschieden zu wenig und er forderte zwei weitere Bilder dazu.42 Beckmanns Einverständnis mit diesen weiteren Bildübernahmen durch Flechtheim war allerdings ganz und gar nicht in Frankes Sinn und dieser pochte energisch auf seine vertraglichen Rechte, denn nach §5 des Vertrags war bei Verkäufen durch andere Händler eine Provision von einem Drittel des Preises an ihn bzw. Neumann fällig.43 Der Interessenskonflikt schien unauflösbar und führte dazu, dass sich Flechtheim
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weiter gemeinsam behalten. Sie wissen, dass ich Ihnen darin so volles Vertrauen schenke, dass bisher keine Verträge zwischen uns gemacht sind.“ Max Beckmann an Israel Ber Neumann, 4.12.1930, HAMBURG, BEZZOLA 1998, S.173 und BILLETER 2000, S .82. Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Max Beckmann an Günther Franke, 6.10.1931. Auch hier ist Beckmann beteiligt, 50 % sind sein Anteil, siehe: Max Beckmann an Günther Franke, 19.2.1932 und 29.3.1932, Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA I,3 und Briefe, Bd.2, S. 218. Stillleben, GÖPEL 1976, Nr. 340 und Löwenbändiger (Verbleib unbekannt), Max Beckmann Archiv München, Alfred Flechtheim an Max Beckmann, 28.5.1931, Holzfällerbild GÖPEL 1976, Nr. 273. Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Günther Franke an Max Beckmann, 29.5.1931.
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Ende Mai 1931 zum Schlussstrich entschied und Günther Franke seinen gesamten Besitz inklusive Privatbesitz an Beckmann Werken anbot. Als kühl kalkulierender Geschäftsmann akzeptierte Franke das Angebot aber nicht, denn es konnte für ihn ja nur von Vorteil sein, wenn Flechtheim erstens weiter Beckmanns Werke verkaufte und er [Franke] bzw. Neumann dafür Provision und Beckmann seine Anteile erhielt und zweitens so auch für Beckmann weiterhin „Propaganda“ machte.44 Den definitiven Bruch zwischen dem Händler Flechtheim und dem Maler Beckmann dokumentieren die Briefzeilen Flechtheims vom Mai 1931: „Sie dürften aus meinem Verhalten gesehen haben, dass ich nach aussen hin für Sie eintrete […], müssen aber begreifen, dass es mir schwer fällt solches zu tun, da ich während der ganzen Vertragsdauer mit Ihnen und nach derselben von Ihnen auf das Unglaublichste geschäftlich von Ihnen misshandelt worden bin. Sie sind ein ebenso grosser Kaufmann wie Maler, vielleicht sogar noch ein grösserer.“45 Den bei ihm verbliebenen anteiligen Besitz an Beckmann Werken konnte Flechtheim schließlich im März 1932 an J.B. Neumann und andere verkaufen. Das Stillleben mit Fernrohr46 ging an das Museum der bildenden Künste in Leipzig und zwei weitere Werke an seinen Bankier Eduard von der Heydt.47 Mindestens sechs Werke – die eingangs genannten – gingen an Neumann und Franke als dessen Partner. Die dies belegenden zwei Briefe bestätigen die Angebotsannahme, die Versendung und die Ankunft von Werken in den USA.48 Flechtheim beendete damit und nach seiner letzten Ausstellung des Künstlers im März 1932 seine Berliner Vertretung Beckmanns mangels 44 Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Günther Franke an Max Beckmann, 23.5.1931. 45 Flechtheim hatte Beckmann in der Presse verteidigt, obwohl er nicht mehr dessen Händler war, FLECHTHEIM 1931. Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Alfred Flechtheim an Max Beckmann, 28.5.1931, Anlage zum Brief vom 29.5.1931 von Günther Franke an Max Beckmann. 46 Heute Bayrische Staatsgemäldesammlungen München, Inv.Nr.13454. 47 Stillleben mit Fernrohr, GÖPEL 1976, Nr. 275; Landschaft Saint Germain, GÖPEL 1976, Nr. 321; Golden Arrow, GÖPEL 1976, Nr. 319. 48 J.B. Neumann Papers, The Museum of Modern Art Archives, New York und Archives of American Art, Washington Alfred Flechtheim an Isreal Ber Neumann, 14.3.1932, 12.5.1932: „Für mich ist das Kapitel Beckmann insoweit abgeschlossen, als ich finanzielles Interesse für diesen Künstler nicht mehr habe.“ Am 14.3.32 akzeptierte Flechtheim das Angebot und kündigte gleichzeitig an, dass er einige der Werke vielleicht doch noch verkaufen könne, für die er „Retentionsrecht“ beanspruche. Spätestens im Mai desselben Jahres wurde der Handel perfekt. Am 12. Mai 1932 bestätigte Flechtheim den Verkauf der Bilder an Neumann und damit auch an Franke (siehe die vertragliche Regelung vom 4.3.1931): „Aber ich halte es doch im Interesse Beckmanns für sehr wichtig, dass sich die Bilder drüben und bei Ihnen befinden.“ Es existieren weder andere Angebotsschreiben noch ein Absageschreiben. Die Auslegung in der soeben erschienenen Briefedition wird nicht geteilt. Siehe HARTER, WIESE, 2011, Anmerkung 359, S. 228.
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Bildbesitz. Beckmann legte daraufhin im April die Abrechnung dieser Werke mit dem neuen Besitzer Neumann fest und bestand nicht auf jährlicher sondern auf vierteljährlicher Abrechnungsweise der durch Flechtheim an ihn übergegangenen Werke.49 Mit April 1932 und damit eineinhalb Jahre vor seiner Ausreise aus Deutschland50 und zwei Jahre vor der im April 1934 beginnenden Liquidierung der Alfred Flechtheim GmbH 51 war Flechtheim nicht nur nicht mehr Teilhaber im „Beckmann Concern“52, sondern auch nicht mehr im Besitz von Werken des Künstlers.
49 Max Beckmann Archiv München, Konvolut Franke F MBA 1,3, Max Beckmann an J. B. Neumann, 20.4.1932: „verlange aber von Ihnen ¼ jährliche Abrechnung von Bildern, wie sie jetzt durch Flechtheim an Sie abgegangen sind“. 50 Am 30. September1933 reiste Flechtheim aus Deutschland aus, weil der Handel mit den von ihm vertretenen Künstlern unmöglich wurde, da diese als „entartet“ galten. Siehe Alfred Flechtheim an Oskar Reinhardt, 1.10.1933, zitiert nach Ursel BERGER, Renée SINTENIS, ... einmal antike Göttin, einmal Tierfreundin, in: Museumsjournal 2008, Berlin Heft 2, S. 23. Das eigentliche Datum der Emigration von Alfred Flechtheim ist 1936. Bundesarchiv Berlin, Betty Flechtheim ER 8150. 51 Austragung aus dem Handelsregister 1936, siehe Akten im Handelsregister Berlin, Amtsgericht Charlottenburg. 52 Alfred FLECHTHEIM in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.4.1931.
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“I am not Beckmann’s Art Dealer”: Alfred Flechtheim and his Artist Contracts, as Explained through the Example of Max Beckmann This article focuses on the contracts and assignations between Alfred Flechtheim, Israel Ber Neumann and Günther Franke concerning works of art by the artist Max Beckmann, which they had on consignment. Beckmann’s first manager was Israel Ber Neumann; Flechtheim became part of the business in 1927, as did Günther Franke, who was Neumann’s business executive for the Munich branch, called Graphisches Kabinett. From 1927 onwards Beckmann, who wanted to be presented worldwide, had representation in Berlin via Flechtheim, in Munich via Franke and in New York via Neumann. Those three art dealers organized his exhibitions, advanced his representation and coordinated purchases by museums and private collectors. Most of their agreements still exist today through the letters they wrote one another documenting the financial arrangements and the base of their transactions. These letters reflect their ambition to represent this modern painter and make him into a person of international prestige. Every letter delineates the dealer’s enormous efforts while at the same time criticizing any lapses of their counterparts, illustrating the rivalry between the galleries. The triumvirate was paying a monthly fee to Beckmann, for which they received paintings on commission. The financial execution was very complicated and in 1930 it collapsed; afterwards, Flechtheim rejected any further partnerships with Max Beckmann.
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Die Rezeption der Kunst aus der Südsee in der Zwischenkriegszeit: Eduard von der Heydt und Alfred Flechtheim Esther Tisa Francini
Das Museum Rietberg Zürich – das einzige Kunstmuseum für außereuropäische Kulturen in der Schweiz – betreibt seit 2008 ein Provenienzforschungsprojekt und klärt dabei die Herkunft seiner Kunstwerke ab. Einen Forschungsschwerpunkt bildete bisher die Gründungssammlung des Museums, jene des Bankiers Eduard von der Heydt, der vorwiegend in den 1920er, 1930er und 1940er Jahren sammelte. Provenienzforschung impliziert stets auch eine Analyse des Kunsthandels, der Sammlungen und der Museumsgeschichte. Im Bereich der außereuropäischen Kunst wurde in diesem Bereich noch nicht sehr viel geforscht. Das Museum Rietberg Zürich leistet damit – gemeinsam mit wenigen anderen Institutionen – Pionierarbeit.1 Anhand einiger ozeanischer Objekte des Museums Rietberg wird hier eine neue Sicht auf die Rezeption, den Handel und das Sammeln im Bereich der Südsee-Kunst 2 in Deutschland in der Zwischenkriegszeit geworfen und darauf hingewiesen, dass die Schnittstellen in der Provenienzforschung im Bereich der europäischen und außereuropäischen Kunst teilweise unerwartet gross sind, und dies nicht nur im Fall von Alfred Flechtheim.3 Die Kunst der Südsee in Deutschland in der Zwischenkriegszeit
Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts begannen Künstler wie Paul Gauguin sowie die Künstler der Brücke (Emil Nolde und Max Pechstein) die Südsee für sich zu entdecken und unternahmen Reisen dorthin.4 In Frankreich sammelten Pablo Picasso, 1
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Provenienzforschung im Bereich außereuropäische Kunst wird aktuell ebenso in der Smithsonian Institution Washington (Freer Sackler Gallery), dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, dem Wiener MAK (Österreichisches Museum für angewandte Kunst) und dem Völkerkundemuseum Wien betrieben. Unter der Südsee-Kunst sind ethnographische Objekte vorwiegend aus Mela- und Polynesien zu verstehen (aus vorkolonialer und kolonialer Zeit). Berühmt sind vor allem die Schnitzereien, wie zum Beispiel Kultobjekte aus der Sepik-Region Neu-Guineas und die Uli-Figuren aus Neu-Irland. Diese Präsentation entspricht dem aktuellen Stand der Forschung und beinhaltet insbesondere die im Bereich der Provenienzforschung erstmals ausgewerteten Geschäftsbücher der Handelsfirma J.F.G. Umlauff, Hamburg, die im Bereich der Ethnographica Anfang des 20. Jahrhunderts führend war. Christoph OTTERBECK, Europa verlassen. Künstlerreisen am Beginn des 20. Jahrhunderts, Köln-Weimar-Wien 2007; zur Südsee siehe v.a. S. 207–270.
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Abb. 1: Galerieanzeige im Katalog Ausstellung chinesischer Kunst, veranstaltet von der Gesellschaft für Ostasiatische Kunst und der Preussischen Akademie der Künste Berlin, Berlin 1929
Henri Matisse, André Derain und Maurice Vlaminck Kunst aus der Südsee. Von den Künstlerateliers gelangte die Südsee-Kunst nach dem Ersten Weltkrieg in die Galerien. Die die Künstler inspirierenden Objekte wurden zu Handelsware und Sammlungsobjekt. In den Galerien wurden erste Ausstellungen mit Kunst aus der Südsee veranstaltet. Diese waren keine reinen Südsee-Ausstellungen, sondern vereinten verschiedene außereuropäische Artefakte, die gleichrangig neben die Kunst der europäischen Avantgarde gestellt wurden. Es entstanden die ersten privaten Sammlungen mit ozeanischen Objekten. Ende der 1920er Jahre wurden diese jungen Sammlungen bereits wieder verkauft wie zum Beispiel diejenige des Malers und Begründers der Zeitschrift Weltkunst, Walter Bondy, 1928 (im Auktionshaus Hôtel Drouot, Paris) oder die Sammlung der Künstler und Dichter André Breton und Paul Eluard 1931.5 5
Collection Walter Bondy, Auktionskatalog, 8.-11. Mai 1928, Hotel Drouot, Paris 1928 (338 Katalognummern); Sculptures d’Afrique, d’Amérique, d’Océanie. Collection André Breton et Paul Eluard, Auktionskatalog, 2.–3.7.1931 Hotel Drouot, Paris 1931 (Experten für die Drouot-Auktion waren: Charles Ratton, Louis Carré und Georges F. Keller).
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Vor allem Frankreich war Vorreiter bei der Rezeption der Südsee-Kunst.6 In Deutschland sammelten Eduard von der Heydt (1882–1964), dessen Tätigkeit es hier zu besprechen und klären gilt, Carl Einstein, Nell Walden und Karl Ernst Osthaus „Stammeskunst“, also traditionelle Kunst aus Afrika und Ozeanien.7 Inwieweit Alfred Flechtheim selber sammelte und handelte, ist hier ebenfalls Gegenstand der Darstellung. Bekannt sind seine Galerieanzeigen in seiner Zeitschrift Der Querschnitt, aber auch in anderen Zeitschriften und Katalogen (siehe Abb. 1) die von ihm organisierte 1926er Wanderausstellung Südsee-Plastiken sowie die fotografischen Aufnahmen seiner Wohnung von Marta Huth aus dem Jahr 1930.8 Anfang der 1930er Jahre gelangten erste Südsee-Objekte auch in die Kunstmuseen; in völkerkundlichen Sammlungen waren sie hingegen seit längerem gegenwärtig. Die erste Sonderausstellung eines Museums über die Südsee-Kunst wurde erst 1933 durch das Berliner Völkerkundemuseum veranstaltet.9 Die Kunstmuseen wiederum stellten die „Stammeskunst“ lange nur in Sonderausstellungen aus, in die permanenten Sammlungen ging sie damals noch kaum ein. Große Ausnahme war das Folkwang Museum in Hagen, das von Beginn an als „Weltkunstmuseum“ konzipiert war.10 Die Weltkunst, d.h. die sogenannte ars una, entsprach auch dem Sammlungskonzept von Eduard von der Heydt.11 Die Ausstellung und der Katalog Südsee-Plastiken 1926
Wie muss man sich nun das Engagement von Alfred Flechtheim in Sachen „Stammeskunst“ und allgemeiner der außereuropäischen Kunst vorstellen? In welchem Kontext entsteht die Ausstellung Südsee-Plastiken 1926? (Abb. 2) 6
Philippe PELTIER, L’art océanien entre les deux guerres: expositions et vision occidentale, in: Journal de la Société des océanistes, N° 65, Tome 35, 1979, S. 271–282. 7 Die Begriffe „Stammeskunst“ oder auch „primitive Kunst“ werden heute nicht mehr verwendet, weshalb sie in Anführungszeichen gesetzt werden. In der Regel ist die Rede von traditioneller oder tribaler Kunst aus Afrika und Ozeanien. 8 Der Nachlass der Fotografien von Marta Huth befindet sich im Landesarchiv Berlin, F Rep. 290-05-01 Sammlung Marta Huth. Fotografien der 1926er Wanderausstellung hingegen sind in der Zeitschrift Omnibus, 1932, abgedruckt. 9 Hans PURRMANN, Die Südseekunst, Kunst und Künstler, XXXII, 1933 (Heft 3, März 1933); vgl. auch Markus SCHINDLBECK, Die Kunst der Südsee und ihre Entdeckung durch die Europäer, in: Paul Gauguin, Emil Nolde und die Kunst der Südsee. Ursprung und Vision, Ausstellungskatalog, Mainz 1997, S. 17–30. 10 Siehe Rainer STAMM, Weltkunst und Moderne, in: „Das schönste Museum der Welt“. Museum Folkwang bis 1933. Essays zur Geschichte des Museum Folkwang, Folkwang Texte, Band 1, Essen 2010, S. 27–46. 11 Vgl. auch Rainer STAMM, Eduard von der Heydts Sammlungen außereuropäischer Kunst, in: Sabine FEHLEMANN (Hg.), Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien. Eduard von der Heydt als Sammler außereuropäischer Kunst, Ausstellungskatalog, Wuppertal 2002, S. 9–19.
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Abb. 2: Titelblatt der Ausstellung Südsee-Plastiken 1926, Publikation der Galerie Flechtheim
Alfred Flechtheim (1878–1937), ein Kunsthändler und -sammler der französischen Avantgarde und bisher als Händler oder Sammler von außereuropäischer Kunst kaum erforscht, stellte vor 1926 nur sehr vereinzelt außereuropäische Kunstwerke aus.12 Eine der wenigen nachweisbaren Ausstellungen vor 1926 ist im Sommer 1920 ostasiatischen Gemälden gewidmet.13 Flechtheims Galerie bot, sehr wahrscheinlich seit der Neugründung 1919 nach dem Ersten Weltkrieg, vereinzelt immer wieder auch „exotische Skulpturen“ an. Wenn man Flechtheims Galeriezeitschrift Der Querschnitt als Quelle heranzieht, so sieht man Galerieanzeigen von 1925 Asiatische und Negerkunst, 1926 exotische Skulpturen und 1929 zum Beispiel Südsee-Skulpturen. Der Querschnitt reproduzierte immer wieder außereuropäische Kunstwerke, und im Jahre 1925 wurde in einem umfangreichen Aufsatz ganz spezifisch die „Ankunft der Südsee in Europa“ von einem ästhetischen Standpunkt her besprochen.14 12 Zu Flechtheims Engagement im Bereich Außereuropa siehe Jill LLOYD, Alfred Flechtheim: ein Sammler außereuropäischer Kunst, in: Alfred Flechtheim. Sammler. Kunsthändler. Verleger, Ausstellungskatalog, Kunstmuseum Düsseldorf, Düsseldorf 1987, S. 33–35. 13 Sommer 1920. Ostasiatische Gemälde. Künstler vom Niederrhein, aus Westfalen und Frankreich. 25. Juli bis 12. September 1920. 14 Kurt von BOECKMANN, Südsee-Exoten, in: Der Querschnitt, Sommer 1925, Heft 6, S. 481–490. „Vierfach hat Europa die Südsee entdeckt.“ (1. geographisch, 2. wirtschaftlich und politisch, 3. philosophisch und 4. ästhetisch).
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Abb. 3: Wohnung von Alfred Flechtheim, ca. 1930, Fotografin: Marta Huth
Aber es geht ein Raunen und Reigen, ein Sich-Suchen und Einen von der Südsee über Asien bis nach Afrika. Der alte abendländische Machtbau zittert unter ersten Völkerstössen. Und seine Bauherren wissen dies. […] Sollte der siegreiche Vorstoss exotischer Kunst in das Herz und die Nerven Europas vielleicht der Vorbote einer abendländischen Götterdämmerung sein?15
Erst nach 1927 widmete Flechtheim den Kongo-Skulpturen eine eigene Ausstellung und im selben Jahr stellte er einen Teil der mehrere hundert Ethnographica umfassenden Sammlung von Nell Walden aus.16 Blicke in seine Wohnung in Berlin, die wir der Fotografin Marta Huth verdanken, zeigen eine relativ gute Vertretung der traditionellen afrikanischen und ozeanischen Kunst. Die Wohnung Flechtheims könnte in etwa denjenigen der Pariser Kubisten entsprechen, die sich von der sogenannten primitiven Kunst inspirierten (Abb. 3). 15 BOECKMANN 1925, S. 490. 16 Die Sammlung von Nell Walden umfasste mehrere hundert Objekte und kam 1932 in die Schweiz, vgl. Esther TISA FRANCINI, Der Kunstmarkt in der Zwischenkriegszeit. Deutsche Sammler, Händler und Künstler, in: Paul-André JACCARD, Sébastien GUEX, Marché de l’art en Suisse. Du XIXe siècle à nos jours, outlines Bd. 7, Lausanne 2011, S. 163–174.
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Abb. 4: Blick in die Südsee-Ausstellung im Kunsthaus Zürich 1926
Die umfassende und international angelegte Ausstellung Südsee-Plastiken von 1926 ist in dreifacher Hinsicht ein absolutes Novum: sowohl für Flechtheim wie auch für Berlin, aber auch für die Kunst der Südsee. Die Ausstellung war in der Galerie Flechtheim in Berlin, im Kunsthaus Zürich (Abb. 4) sowie in der Kunsthütte Chemnitz und im Kunstmuseum Wiesbaden zu sehen. In der Düsseldorfer Galerie Flechtheim war die Ausstellung trotz Ankündigung auf dem Titelblatt des Ausstellungskataloges nicht. Die Ausstellungstour dauerte von Mai 1926 bis sehr wahrscheinlich Februar 1927.17 Bis dato wusste man nicht, was mit diesen Objekten später geschah.18 17 Laut Querschnitt, 1/1927, war die Ausstellung Südsee-Plastik im Januar und Februar 1927 in Wiesbaden im Museum zu sehen. 18 In folgenden Aufsätzen wurde über den Verbleib spekuliert: LLOYD 1987, S. 33; Markus KRAUSE, In alle Winde zerstreut, FAZ, 5.10.1996; Ottfried DASCHER, Die Ausgrenzung und Ausplünderung von Juden. Der Fall der Kunsthandlung und des Kunsthändlers Alfred Flechtheim, in: Werner ABELSHAUSER, Jan-Otmar HESSE, Werner PLUMPE (Hg.), Wirtschaftsordnung, Staat und Unternehmen, Essen 2003, S. 125–138, hier S. 136. 2008 stellte Dascher fest, dass es noch Unklarheiten bei Teilen seiner Sammlung zur „Stammeskunst“ gab: Ottfried DASCHER, Flechtheim und Die Riess. Annäherungen und offene Fragen, in: Marion BECKERS, Elisabeth MOORTGAT (Hg.), Die Riess. Fotografisches Atelier und Salon in Berlin 1918–1932, Berlin 2008, S. 96–111, hier S. 96.
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Abb. 5: Eduard von der Heydt, Fotograf: Erich Salomon
Abb. 6: Carl Einstein, unbekannter Fotograf
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Die Ausstellung wurde in den damals einschlägigen Zeitschriften besprochen, auch noch Jahre später gab es Verweise, so im Querschnitt, im Omnibus, im Cicerone und in den Cahiers d’Art.19 Das Marketing war ein hochkarätiges, was wiederum die Verkaufsabsichten bestätigt. Die Ausstellung fand übrigens einen Monat vor der Neueröffnung des Völkerkundemuseums Berlin statt und war damit voll im Trend bzw. hatte den idealen Zeitpunkt und die ideale Aufmerksamkeit. Zur Neueröffnung des Völkerkundemuseums Berlin verfasste Carl Einstein einen Artikel, nota bene im Querschnitt. Er nahm mit der Ausstellung Südsee-Plastiken eine ästhetisch-wissenschaftliche Gegenposition zum Völkerkundemuseum Berlin ein – hier eine Völkerkundeschau, dort eine Kunstausstellung.20 Im April 1926 stellte auch Karl Nierendorf Skulpturen aus Afrika und Neu-Guinea in seiner Berliner Galerie aus.21 Gleichzeitig fanden 1926 auch in Paris wichtige Ausstellungen im Bereich Südsee statt.22 Damit war 1926 ein zentrales Jahr für die Rezeption der Südsee-Kunst, sowohl in Berlin wie auch in Paris. Nun stellt sich die Frage: Wie kommt Flechtheim zu einer solch umfassenden Ausstellung? Welches waren Motivation und Hintergrund dieses doch umfangreichen und aufwendigen
19 Der Cicerone, Halbmonatsschrift für Künstler, Kunstfreunde und Sammler, 1926, Juli, Heft 13, S. 449–452; die Zeitschrift Cahiers d’Art widmete 1929 zwei Hefte dem Schwerpunkt Ozeanien und bildet dabei auch mehrere Stücke aus der Ausstellung „Südsee-Plastiken“ als Sammlung Alfred Flechtheim ab. Im Omnibus 1931 gab es ebenfalls einen Überblick über die Südsee-Kunst mit einigen Abbildungen aus der Slg. A.F. und von der Heydt. 20 Uwe FLECKNER, Carl Einstein und sein Jahrhundert. Fragmente einer intellektuellen Biographie, Berlin 2006, S. 294. 21 Anja WALTER-RIS, Die Geschichte der Galerie Nierendorf. Kunstleidenschaft im Dienst der Moderne. Berlin-New York 1920–1995, Berlin 2003, S. 158. 22 Philippe PELTIER, From Oceania, in: William RUBIN (Hg.), „Primitivism“ in 20th Century Art. Affinity of the Tribal and the Modern, New York 1984, S. 99–123, hier S. 110.
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Ausstellungsprojektes? Woher hatte er diese Objekte und welches Schicksal war den Südsee-Plastiken nach der Wanderausstellung beschieden? Bei der Frage nach dem Woher treten zwei Männer auf den Plan, die bisher zwar erwähnt aber nicht ausführlich behandelt wurden: Eduard von der Heydt (Abb. 5) und Carl Einstein (Abb. 6). Der Bankier Eduard von der Heydt (1882–1964) hatte in der ersten Hälfte der 1920er Jahre ein Museum in Amsterdam, das Museum Yi Yuan, mit vorwiegend ostasiatischen Kunstwerken aufgebaut. 1926 erwarb er den Monte Verità in der Schweiz und im Laufe der zweiten Hälfte der 1920er Jahre vergrösserte er seine Kunstsammlung um ein Vielfaches. Er hatte Wohnsitze in Amsterdam, Zandvoort, Berlin und Ascona und kaufte bei den einschlägigen Händlern unter anderem in Berlin, Paris, Amsterdam, London ein und liess sich von den besten Kunstexperten beraten bzw. Kataloge verfassen. Mit Flechtheim war er seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bekannt. Flechtheim publizierte im Querschnitt immer wieder von der Heydts Sammlungsstücke und machte verschiedentlich auch Werbung für den Monte Verità. Carl Einstein (1885–1940) wiederum, Autor der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, veröffentlichte 1915 das Buch Negerplastik beim Verlag der Weißen Bücher (Leipzig). Diese bahnbrechende Studie untersuchte die afrikanischen Kunstgegenstände unabhängig von ideologischen ethnozentrischen Vorurteilen und Meinungen, und in Verbindung mit den entstehenden kubistischen Theorien. Damit lieferte Einstein einen wesentlichen Beitrag zur Strömung des „Primitivismus“ der europäischen künstlerischen Avantgarde der Zeit. Auch er arbeitete am Querschnitt mit und verfasste – dies ist hier zentral – die Einleitung zum Südsee-Katalog der Galerie Flechtheim 1926. Die Rolle von Carl Einstein für diese Südsee-Ausstellung und für den Katalog kann, gerade auch im Hinblick auf seine kritische Würdigung des neuen Völkerkundemuseums Berlin, nicht hoch genug bewertet werden. Zurück zum Katalog der Südsee-Ausstellung: Drei Monate vor der Ausstellungseröffnung in Berlin hatte Eduard von der Heydt am 22. Februar 1926 bei der Handelsfirma J.F.G. Umlauff in Hamburg, die unter anderem auf Ethnographica spezialisiert war, über 1000 Objekte erworben.23 In der Ausstellung wurden nur die schönsten der über 1000 Stücke gezeigt - Plastiken, Masken, Schilde und Figuren - nicht aber Arm23 Dies ergab die systematische Auswertung der Geschäftsbücher Umlauff zum Bereich Ozeanien, die für diese Frage nach Provenienz der ausgestellten Stücke der Südsee-Plastik erstmals konsultiert wurden. Zur Firma Umlauff siehe Hilke THODE-ARORA, Die Familie Umlauff und ihre Firmen - EthnographicaHändler in Hamburg, in: Münster 1992 (Bd. 22), S. 143–158 sowie Britta LANGE, Echt. Unecht. Lebensecht. Menschenbilder im Umlauf, Berlin 2006.
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ringe, Schmuck, Pfeile, Lanzen und Keulen, die er ebenfalls in Hamburg angekauft hatte. Alfred Flechtheim (Abb. 7) hatte kein einziges ozeanisches Stück bei Umlauff erworben. Also: Einstein verfasste den Katalog, beschrieb die Objekte und erfasste sie wissenschaftlich, Flechtheim stellte sie aus und vermittelte sie, von der Heydt jedoch war der Eigentümer der Stücke. Er hatte sie drei Monate vor Ausstellungseröffnung erworben.24 Carl Einstein schrieb jedoch im Katalogvorwort 1926, dass es sich bei diesen Stücken um die Flechtheimsche Sammlung handelte, obwohl sie Abb. 7: Alfred Flechtheim, 1928, Eduard von der Heydt – wie oben beschrieben – Fotografin: Frieda Riess bei Umlauff gekauft hatte. Wilhelm Wartmann, der Direktor des Kunsthauses Zürich, wiederum spricht in der Ausstellungskorrespondenz von den Sammlungen von der Heydt und Flechtheim an Südseeplastiken, dies einen Monat nachdem von der Heydt seine grosse Erwerbung bei Umlauff getätigt hatte. Herr Dr. Carl Einstein schreibt uns, dass die Möglichkeit besteht zu einer Ausstellung im Lauf dieses Sommers die Sammlungen Von der Heydt und Flechtheim an Südseeplastiken zu erhalten.25
184 Nummern umfasste der Ausstellungskatalog, jedoch waren in Zürich, der zweiten Ausstellungsstation nach Berlin, nicht alle Nummern zu sehen. Laut der Ausstellungskorrespondenz des Kunsthauses Zürich waren nur 102 von den vorgesehenen 112 Objekten in die Zürcher Ausstellung zu sehen. Der Kunsthändler Flechtheim und der renommierte Kunsthistoriker Einstein waren für von der Heydt ein Türöffner, in wissenschaftlicher wie auch künstlerischer Hinsicht. Gleichzeitig war von der Heydt für Flechtheim derjenige, der Kunst in grossem Stil kaufen konnte, gerade auch in Zeiten der Krise, der Inflation, der finanziellen Engpässe: Von der Heydt erwarb die Südsee-Kunst, die sich erst etablierte und gab sie in die Ausstellung, in der Hoffnung, dass sie an Wert gewinnen und sich als 24 Völkerkundemuseum Hamburg, Geschäftsbücher Umlauff, B16-18. 25 Kunsthaus Zürich, Archiv, 2001, 002, 032, Ausstellungskorrespondenz 5.2.1926–2.7.1926, Wilhelm Wartmann an Alfred Flechtheim, 26. März 1926.
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eine Kunstrichtung auch in Deutschland etablieren würde. Flechtheim, der Avantgardehändler, schaffte es mit dieser Sammlung sogar in das Kunsthaus Zürich, einem Museum, wo solche Kunst noch nie gezeigt wurde. Einstein wiederum bürgte für die Wissenschaftlichkeit – gemeinsam hatten die drei Herren Großes vor. Der Versuch, die Südseerezeption zu fördern und die Sammlung Südsee-Plastiken zu verwerten 1927–1933: ein gescheitertes Experiment
Nach der Ausstellungstour von Mai 1926 bis Anfang 1927 ging es relativ bald um die Liquidierung der Sammlung – nachweislich spätestens im April 1928, und zwar als gemeinsame Angelegenheit von Eduard von der Heydt, dem Erwerber der Sammlung, und Alfred Flechtheim, dem Galeristen. Betr. der Südseeskulpturen möchte ich Ihnen folgendes mitteilen: Ich erhalte eben den Katalog der Bondy-Versteigerung und ein Exemplar ist auch an Ihre Bank gegangen. Sie werden vielleicht auch schon ein Exemplar erhalten haben. Ich bin Ende dieser Woche in Paris und werde mit Vignier sprechen. Falls er die Ausstellung nicht machen will, werde ich mit Bondy oder mit anderen Leuten in Paris überlegen, ob wir die Sammlung nicht versteigern lassen wollen. Wir bekommen durch die BondyVersteigerung schon einen Anhalt, welche Preise bewilligt werden. Ich glaube, dass ist der beste Weg, um die Sache zu liquidieren.26
1928 nahmen Auktionen mit Südsee-Sammlungen zu, mehrere Publikationen zum Thema erschienen.27 Und genau in diese Zeit fällt nicht zufällig die hier nachgewiesene Liquidationsabsicht: Zwischen 1928 und 1933 hatten von der Heydt und Flechtheim die Absicht, die Südsee-Sammlung zu verkaufen. Gemeinsam versuchten sie aus der en gros-Erwerbung vom Februar 1926 Kapital zu schlagen. Dieses Projekt sollte jedoch nicht von Erfolg gekrönt sein. Zwischen 1928 und 1933 bot Flechtheim immer wieder Südsee-Plastiken oder andere außereuropäische Kunst in seiner Galerie an – belegbar durch die eingangs erwähnten Galerieanzeigen. Ein Versuch, die 1926 ausgestellte Sammlung Südsee-Plastiken 1933 aus Deutschland herauszuführen, nachdem keine Verkäufe erzielt worden waren und die „Stammeskunst“ gemäß der NS-Kulturpolitik unter die „entartete Kunst“ fiel, 26 Von der Heydt Museum Wuppertal, Bildakt Henri Toulouse-Lautrec, Die Büglerinnen, Alfred Flechtheim an Eduard von der Heydt, 30. April 1928. Der Maler Walter Bondy hatte eine eingangs erwähnte Sammlung, Charles Vignier war einer der wichtigsten Stammeskunst-Händler in Paris. 27 PELTIER 1984, S. 111.
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sah Flechtheim in einer Leihgabe an das Museum of Modern Art (MoMA) in New York: I am disposed to lend the whole collection to the Museum of Modern Art; it will represent the best sculptures of New-Guinea and New-Mecklenburg in the whole world.
Im Oktober 1933 antwortete James Johnson Sweeney, der zu diesem Zeitpunkt im MoMA noch als freier Kurator tätig war und erst 1935 fest angestellt wurde, Flechtheim, dass er – nach Rücksprache mit dem MoMA-Direktor Alfred Barr– kein Interesse hätte: „I asked him [Alfred Barr] what possibilities there were of exhibiting your collection this year at the Museum of Modern Art in New York. He said he was afraid it was impossible […].“28 Bisher ist kein Verkauf der Südsee-Objekte durch Alfred Flechtheim bekannt. Die Liquidation scheint also nicht gelungen. Aber da es sich um eine große Anzahl von Objekten handelt und die Identifikation alles andere als einfach ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass doch einige Stücke in den Handel gegeben wurden. Der Verbleib der Südsee-Plastiken nach 1933
Mehrere Quellen belegen, dass von der Heydt, wie er es auch selbst formulierte, auf den Südsee-Plastiken gleichsam sitzen geblieben ist. So äusserte er sich zum Beispiel in einem Brief an den damaligen Direktor des Kunstgewerbemuseums Zürich Alfred Altherr: Meine Firma hat vor einiger Zeit im Verlaufe einer geschäftlichen Transaktion eine Südseesammlung übernehmen müssen, die sich jetzt in verschiedenen Kisten in Paris befindet.29
Ähnlich beschrieb er gegenüber Prof. Hans J. Wehrli, Direktor des Völkerkundemuseums Zürich, den Vorgang: Wie Sie bereits von Herrn Dir. Altherr gehört haben, werden Ihnen verschiedene Kisten aus Paris mit Neu-Mecklenburg, Neu-Guinea und Osterinselstücken zugehen; es ist dies eine Sammlung, die eine mir nahestehende Firma bei einem Kunsthändler beliehen hatte, und dann übernehmen musste. Es sollen eine Reihe schöner Uli-Figuren dabei sein usw.30 28 Museum of Modern Art New York, Archives, JJS 13. 29 Museum Rietberg Zürich, Archiv, Korrespondenz Eduard von der Heydt, 1930er Jahre, Eduard von der Heydt an Alfred Altherr, 21. Januar 1935. 30 Völkerkundemuseum Zürich, Korrespondenz 1931–1940, Eduard von der Heydt an Hans Wehrli, 26.
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Ende 1933 verließ Flechtheim Deutschland und von der Heydt gab das gesamte Konvolut im Namen seiner Bank in das Pariser Musée d’Ethnographie.31 Man könnte diesen Transfer auch als eine Art safe haven bezeichnen, die Südsee-Stücke, die auf dem Kunstmarkt keine Abnehmer gefunden hatten, nahmen nun Einzug ins Museum, vorerst zwar nur als Depot bzw. Leihgabe, später aber als Teil der Sammlung verschiedener Museen. Ende Januar 1934 dankte der Vizedirektor des Musée d’Ethnographie, Georges-Henri Rivière, Eduard von der Heydt für seine Leihgaben und notierte im sehr wichtigen PS: Nous notons – pour l’inventaire – que Mr. Flechtheim vous a reconnu propriétaire de tous les objets sans exception déposées en votre nom au Musée d’Ethnographie et que la réserve qu’il avait faite au sujet de 3 ou 4 spécimes doit être annulée en plein accord avec lui.32
Dieses Zitat zeigt auf, dass von der Heydt im Einvernehmen mit Flechtheim der Eigentümer der Objekte war. Bei drei bis vier Objekten sollten die Eigentumsverhältnisse noch geklärt werden. Die Ausstellung im Sinne einer Sammlungspräsentation mit den neuen Leihgaben wurde Anfang 1934 eröffnet und von der Heydt ist auf der Einladungskarte namentlich als Leihgeber genannt (Abb. 8).33 Es ist das erste Mal, dass er mit Namen hinter dieser seiner Ozeanien-Sammlung steht. (Seine Sammlung umfasste zu diesem Zeitpunkt auch noch andere Südsee-Stücke, wie seinem 1932 erschienen Sammlungskatalog zur Kunst der Naturvölker zu entnehmen ist.34) Von der Heydt wollte nicht alle Objekte nach Paris geben, sondern lieh seine Südsee-Stücke auch anderen Museen. Er sollte nach 1933 einen Teil in Paris haben, andere Teile in anderen Städten Deutschlands und der Schweiz. Erst 1952 mit der Gründung des Museums Rietberg kam die Sammlung in grösserem Umfange nach Zürich, Teile verblieben aber in den Museen, wo diese nach 1933 als Leihgaben waren.
31 32
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Januar 1935. Mit der nahestehenden Firma meinte er seine Bank, mit dem Kunsthändler Alfred Flechtheim. Museum Rietberg Zürich, Archiv, Akten Eduard von der Heydt, Dossier „Paris“. Museum Rietberg Zürich, Archiv, Akten Eduard von der Heydt, Dossier „Paris“, Georges-Henri Rivière an Eduard von der Heydt, 31. Januar 1934. Um welche Objekte es sich bei den drei oder vier Objekten mit Vorbehalt handelte, ist nicht klar. Weitere Dokumente zu dieser Frage sind nicht vorhanden. Museum Rietberg Zürich, Archiv, Akten Eduard von der Heydt, Dossier „Paris“, Einladungskarte zur Ausstellungseröffnung. Eckart von SYDOW, Sammlung Eduard von der Heydt. Kunst der Naturvölker. Afrika. Ozeanien. Indonesien, Berlin 1932.
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Abb. 8: Akt aus dem Archiv des Museums Rietberg Zürich, Akten Eduard von der Heydt, Dossier „Paris“
Zusammenfassung
Alfred Flechtheim hat sich als bedeutender Förderer der Südseekunst einen Namen gemacht. In diesem Sinne soll auch bei der außereuropäischen Kunst, auf die bisher kaum der Fokus gerichtet wurde, die Rolle von Flechtheim neu betrachtet und bewertet werden. Eduard von der Heydt wiederum taucht erstmals als bedeutender Erwerber von ozeanischen Objekten auf, obwohl er dies eigentlich gar nicht sein wollte. Die Frage bleibt, weshalb von der Heydt 1926 diese en gros-Erwerbung getätigt hat. Waren es finanzielle Erwägungen? Wollte er Flechtheims Galerie stärker auch im Bereich außereuropäische Kunst lancieren? Wollte er die Südsee-Rezeption fördern und dies speziell durch einen Avantgarde-Kunsthändler? Fakt ist, dass die drei erwähnten Herren, der Galerist Alfred Flechtheim, der Kunsthistoriker Carl Einstein und der Bankier und Sammler Eduard von der Heydt mit der Ausstellung von 1926 zur Südsee-Plastik die Kunst der Südsee nachhaltig gefördert haben.
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The Reception of the Art of the South Seas in the Period between the World Wars: Alfred Flechtheim and Eduard von der Heydt In 1926, Alfred Flechtheim organized a comprehensive and highly regarded exhibition of sculptures from the South Pacific. The show venues included the Gallery Flechtheim Berlin, the Kunsthaus Zürich, the Kunsthütte Chemnitz and the Kunstmuseum Wiesbaden. The famous art historian and critic Carl Einstein (1885–1940) wrote an introduction to the exhibition catalogue in which he labeled the exhibits as the “Flechtheim Collection”. The show was a milestone in the reception of art from the South Seas in Europe, which emanated from the artists to embrace art dealers, collectors and museums. How did this collection of South Sea objects, which according to the exhibition catalogue consisted of 184 lots from the former German colonies, come to the Gallery Alfred Flechtheim? Consulting the accounting books from the firm J.F.G. Umlauff in Hamburg reveals that Flechtheim apparently did not purchase a single Oceanic sculpture from Umlauff. On the contrary, it was the collector and banker Eduard von der Heydt (1882–1964) who bought over 1,000 objects at Umlauff in February 1926, including those exhibited in the May 1926 show organized by Flechtheim. Flechtheim and von der Heydt knew each other from before World War I and met frequently over the years – in Berlin, Zandvoort or on the Monte Verità in Ascona. Eduard von der Heydt was not only a client of the Gallery Flechtheim for European art, he was also one of Flechtheim’s bankers. During the time between the two World Wars, von der Heydt assembled a huge collection of non-European art. Only in his collection catalogue of 1932, “Art of the tribal people”, did von der Heydt publish about twenty of his Oceanic objects for the first time. The acquisition of over 1,000 objects in 1926 made him a more important collector of Oceanic art, but beginning in 1928, Flechtheim and von der Heydt attempted to sell this collection. Announcements in journals of the Flechtheim gallery substantiate this intention, but we do not yet know of any successful sales. Only in 1934 did von der Heydt appear before the public with the collection of Oceanic objects he had acquired at Umlauff in 1926, through a loan to the Musée de l’Homme in Paris. Since 1952, part of the collection has been on display at the Museum Rietberg; other parts were gifted by Eduard von der Heydt to various museums.
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Bernhard A. Böhmer – Ein unbekannter Bildhauer brilliert im NS-Kunsthandel Meike Hoffmann
Als Anfang Mai 1945 die Rote Armee in Güstrow in Mecklenburg einmarschierte, nahm sich Bernhard Alois Böhmer (1892–1945) das Leben. Hinter ihm lagen erfolgreiche Jahre als Kunsthändler im Dritten Reich. Er gehörte zu den wenigen Auserwählten, die von Joseph Goebbels Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) zur Verwertung der 1937 in deutschen Museen als „entartet“ beschlagnahmten Kunstwerke ermächtigt waren. In den letzten Kriegsjahren stieg er gar zu einem der wichtigsten Kunsthändler auf – so wird es zumindest vermutet.1 Er vermittelte Werke an das geplante Führermuseum in Linz und arbeitete unter anderem mit Walter Andreas Hofer, dem Hauptlieferanten für Hermann Görings Kunstsammlung zusammen.2 Von Böhmer sind jedoch keine hinterlassenen Geschäftspapiere bekannt, weshalb seine Rolle im NS-System bis heute rätselhaft bleibt.3 Die meisten gesicherten Daten liegen zu Böhmer als Händler Entarteter Kunst vor. Die folgenden Argumente und der Versuch einer Einschätzung von Böhmers Handlungsmotivation beschränken sich ausschließlich auf diesen Bereich seiner damaligen Tätigkeit und beziehen sich nicht auf seine weitreichenden Verwicklungen in den Handel mit Raub- und Beutekunst. Um Böhmers Geschäfte mit Werken Entarteter 1 2
3
Hanns Christian LÖHR, Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“, Berlin 2005, S. 149. Die Zusammenarbeit zwischen Walter Andreas Hofer und Bernhard A. Böhmer ist durch eine Liste der zwischen beiden verhandelten Gemälde und Zeichnungen nachgewiesen, die sich heute in den National Archives, Washington D.C. befindet, siehe Hanns Christan LÖHR, Die Kollektion Hermann Göring. Der eiserne Sammler, Kunst und Korruption im „Dritten Reich“, Berlin 2009, S. 104, Anm. 4. An den Sonderauftrag Linz verkaufte Böhmer zum Beispiel 1944 das Gemälde Große Landschaft, Eisvergnügen von Peeter Bout für 45.000,-RM, siehe: Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen Berlin, Provenienzdokumentation: www.badv.bund.de/003_menue_links/e0_ov/d0_provenienz/b0_ dokumentationen/Kunstwerk.php?id_kunstwerk=112&modus=provenienz (11.3.2011). Wilma Zelck, die Schwägerin Bernhard A. Böhmers, die 1945 dessen Nachlass am Heidberg geborgen und für den noch unmündigen Sohn Peter Böhmer übernommen hat, beteuerte in Briefen an verschiedene Personen und mündlichen Überlieferungen, dass Böhmer keine Geschäftspapiere hinterlassen habe, siehe hierzu u.a. Paul Zschimmer an Otto Joseph, 26. Mai 1952; Wilma Zelck an Paul Zschimmer, 15. Juni 1953, Böhmer-Archiv, Privatbesitz; Kurt Reutti an Friedrich Schult, 13. Mai 1947, Nachlass Friedrich Schult, Ernst Barlach Stiftung, Güstrow. Inwieweit die Aussagen Wilma Zelcks den Tatsachen entsprechen, ist schwer zu beurteilen, im Allgemeinen wird angenommen, dass Böhmer seine Unterlagen vor dem seit längerem geplanten Selbstmord vernichtet hat.
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Kunst über die vom Propagandaministerium offiziell geführten Listen hinaus verfolgen zu können, widmete sich die Forschungsstelle Entartete Kunst an der Freien Universität Berlin in den Jahren von 2007 bis 2009 im Rahmen eines groß angelegten Projektes der Rekonstruktion des Bestands an Kunstwerken in Böhmers Nachlass.4 Bisher war bekannt, dass 1947 die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung den Graphiker und Bildhauer Kurt Reutti (1900–1967) damit beauftragte, die in der Sowjetischen Besatzungszone noch befindlichen Restbestände aus der nationalsozialistischen Aktion Entartete Kunst sicherzustellen.5 Abb. 1: Bernhard A. Böhmer, um 1940, Fotografie von H. Hentschel Die Werke, die Reutti in Güstrow und bei den Erben von Bernhard A. Böhmer – dem damals erst 12jährigen Sohn Peter (1932–2007) und dessen Tante Wilma Zelck (1910–1962) in Rostock – fand, deponierte er mit dem Ziel einer späteren Rückgabe zunächst im Museum der Stadt Rostock. Insgesamt konnten bei dem aktuellen Forschungsprojekt 1162 Werke ermittelt und identifiziert werden, die Reutti aus dem Nachlass von Böhmer nach Rostock verbrachte. Von diesem Bestand wurden etwa 552 Werke im Laufe der Jahre an ostdeutsche Museen rückgeführt, genau 613 sind bis heute in Rostock verblieben. Darüber hinaus war es möglich, zahlreiche weitere Werke im Nachlass von Bernhard A. Böhmer nachzuweisen. Durch Kontaktaufnahme zu den Nachfahren erhielten wir Einsicht in den geschäftlichen Briefwechsel von Wilma Zelck, Peter Böhmer und den beiden Zwischenhändlern Albert Daberkow (1912–1969) und Edgar Horstmann (1902–1994) aus den Jahren von 1945 bis in die 1980er Jahre hinein. Der Aktenbestand dokumentiert den Verkauf der Kunstwerke aus dem Nachlass von Bernhard A. Böhmer. Dabei handelt es sich nicht ausschließlich, aber hauptsächlich um Werke Entarteter Kunst.
4 5
Siehe hierzu Meike HOFFMANN (Hg.), Ein Händler „entarteter“ Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass, Schriften der Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Bd. 3, Berlin 2010. Dorothee GRAFAHREND, Kurt Reutti und Restbestände der „Entarteten Kunst“ 1946–1950, unpublizierte Magisterabeit, Freie Universität Berlin, 2009.
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Neben den bereits erwähnten Werken in Rostock und den Rückführungsorten ließen sich auf Grundlage dieser Dokumente noch weitere 633 Werke identifizieren, die Böhmer aus dem Beschlagnahmegut der Entarteten Kunst übernommen, jedoch vor seinem Tod nicht verwertet hatte. Von großer Bedeutsamkeit ist, dass von den insgesamt 1960 nachgewiesenen Werken aus Böhmers Nachlass 1059 – mehr als die Hälfte – zu den so genannten Restbeständen der Entarteten Kunst gehören, die nach dem offiziellen Abschluss der Verwertungsaktion am 30. Juni 1941 in Berliner Lagern aufbewahrt wurden.6 Diese Restbestände umfassten die von den Kunsthändlern zurückgegebene Kommissionsware, also Werke, die sich nicht verkaufen ließen, sowie die Sondersammlungen für Schulungs- und Ausstellungszwecke, die von vornherein nicht zum Verkauf vorgesehen waren. Von einer Übernahme aus den Restbeständen durch Böhmer nach 1941 ist keine aktenkundige Schilderung in den offiziellen Unterlagen des Propagandaministeriums überliefert. Wie, wann und warum kamen die Werke nach Güstrow und was sagen sie über Böhmer als Händler Entarteter Kunst und seine Handlungsmotivation aus? Um die Spuren der Werke aufzunehmen und Antworten auf die gestellten Fragen zu finden, muss die Person Bernhard A. Böhmers kurz beleuchtet werden. Böhmer wählte zunächst eine ganz andere Laufbahn als die eines Kunsthändlers. 1892 in Ahlen geboren, ließ er sich in Bielefeld zum Maler und Bildhauer ausbilden.7 Hier lernte er seine spätere Ehefrau Marga Graeber (1887–1969) kennen. Mitte der Zwanziger Jahre zog das Künstlerpaar nach Güstrow in Mecklenburg und schloss bald darauf Freundschaft mit dem dort ansässigen Ernst Barlach. Böhmer wurde Barlachs Helfer und übernahm mit der Zeit alle geschäftlichen Angelegenheiten. 1927 ließen sich Böhmer und seine Frau scheiden. Marga wurde die Lebenspartnerin von Barlach. Böhmer heiratete ein zweites Mal und zog mit seiner neuen Frau Hella (geb. Otte) in Barlachs repräsentatives Atelierhaus am Güstrower Inselsee in unmittelbarer Nachbarschaft zu Marga und Ernst Barlach.8 Die neue Konstellation tat der Freundschaft keinen Abbruch. Ganz 6
7
8
Rolf HETSCH, „Verzeichnis der im Jahre 1937 sichergestellten Werke entarteter Kunst aus deutschem Museumsbesitz und der Abwicklungsmaßnahmen 1938/1941 – Bearbeitet im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Abteilung Bildende Kunst, Abgeschlossen am 30. Juni 1941“, Kopie im Jeanpaul Goergen Archiv, Forschungsstelle Entartete Kunst, Freie Universität Berlin. Böhmer besuchte die Staatlich-Städtische Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Bielefeld und absolvierte dort um die 1910er Jahre herum ein Studium mit den Schwerpunkten Malerei und Bildhauerei, siehe hierzu Marie-Luise TAPFER, Vom „Wunderkind“ zum Kunsthändler. Stationen im Leben von Bernhard A. Böhmer, in: HOFFMANN 2010, S. 1–15, hier S. 1–2. Bekannt sind nur wenige Gemälde Böhmers in Privatbesitz, sowie eines in der von der Ernst Barlach Stiftung betreuten Gertrudenkapelle in Güstrow. Barlachs 1931 fertiggestelltes Atelierhaus, in das Bernhard A. Böhmer mit seiner Familie 1933 einzog,
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im Gegenteil führte Böhmer weiterhin die Geschäfte Barlachs und Barlach übernahm 1932 die Patenschaft für Böhmers Sohn Peter. Zudem muss Barlach großes Vertrauen in Böhmers bildhauerische Fähigkeiten besessen haben, da er ihn Hand an seine Skulpturen legen ließ. Vor allem bei den großen Holzfiguren der Barlachschen Mahnmale übernahm Böhmer die kräftezehrende Vorbereitung der groben Formen. Aber auch zur Oberflächenglättung einzelner Figuren wurde er vom Meister herangezogen.9 Als Mitte der 1930er Jahre die Verfemung Barlachscher Werke mit der Magazinierung der Holzskulptur Das Wiedersehen (1926) im Landesmuseum Schwerin durch den Gauleiter der NSDAP und Reichsstatthalter für Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Lübeck, Friedrich Hildebrandt (1898–1948) einen ersten Höhepunkt erreichte, bat Bernhard A. Böhmer Joseph Goebbels, den Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und Präsidenten der Reichskulturkammer, um eine Stellungnahme zu den Vorgängen.10 Ob Böhmer von Goebbels eine Antwort erhalten hat, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall hat sein Brief keine Wirkung gezeigt. Zwei Jahre später wurden im Zuge der nationalsozialistischen Aktion Entartete Kunst mehr als 650 Werke von Barlach aus deutschen Museen eingezogen.11 In einem Brief von Ernst Barlach an den Verleger Reinhard Piper ist übermittelt, dass Böhmer in der Folge versucht hat, die von Barlach auf der Wanderausstellung Entartete Kunst an den Pranger gestellten Werke herausziehen zu lassen, was ihm diesmal auch gelang.12 Zuständig für alle logistischen Aufgaben der beschlagnahmten Werke – von der Inventarisierung über die Transporte bis hin zur Verwertung – war der promovierte Kunsthistoriker Rolf Hetsch (1903–1946?). Ob Böhmer Rolf Hetsch erst jetzt, also 1937, kennen lernte, muss dahin gestellt bleiben. Möglichkeiten hierzu gab es schon vorher. Rolf Hetsch stand seit längerem mit Gotthold Schneider (1899–1975), dem liegt am Heidberg 15; das Haus von Marga Böhmer, in dem sie nach der Scheidung mit Ernst Barlach zusammen wohnte unmittelbar nebenan am Heidberg 11. 9 Siehe hierzu Volker PROBST, „Mein guter wie mein böser Engel“. Ernst Barlach und Bernhard A. Böhmer, in: HOFFMANN 2010, S. 18–51, hier S. 19–20. 10 Ernst Barlach Das Wiedersehen, 1926 (Laur 392), heute Ernst Barlach Haus Hamburg, Stiftung Hermann F. Reemtsma. Der Originalbrief von Bernhard A. Böhmer an Joseph Goebbels vom 12. Juni 1935 ist abgedruckt in: Meike HOFFMANN, Bernhard A. Böhmer. Januskopf im NS-Kunsthandel, in: Christine FISCHER-DEFOY (Hg.), „Gute Geschäfte“. Kunsthandel in Berlin 1933–1945, Ausstellungskatalog Centrum Judaicum Berlin / Landesarchiv Berlin, 2011, S. 23–28, hier S. 26–27. 11 Die von der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ an der Freien Universität Berlin ermittelte Anzahl der 1937 beschlagnahmten Werke Ernst Barlachs beläuft sich derzeit auf 674, wobei es sich noch nicht um den endgültigen Stand handelt. 12 Brief von Ernst Barlach an Reinhard Piper vom 6.03.1938, in: Friedrich DROß (Hg.), Ernst Barlach: Die Briefe, München 1968–1969, 2 Bd., hier Bd. 2, S. 760–761, Nr. 1448.
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Abb. 2: Gotthold Schneider, Bernhard A. Böhmer, Rolf Hetsch, Stephan Hirzel, Hugo Körtzinger in Güstrow, um 1944, Fotografie von Hella Böhmer
Leiter des Kunstdienstes, in Verbindung. Der Kunstdienst strebte die Reform der Kirchenkunst an und nahm 1933 aus Interesse an Barlachs Werken wiederum Kontakt zu Bernhard A. Böhmer auf. Wie und wann genau die erste Begegnung auch stattfand, sie sollte für Hetsch, Schneider und Böhmer in einer engen Zusammenarbeit münden.13 In seiner Funktion als Sachreferent für alle Belange der Entarteten Kunst führte Rolf Hetsch die Verhandlungen mit den zur Verwertung autorisierten Kunsthändlern. Bernhard A. Böhmer erhielt die günstigsten Konditionen, von ihm wurde kaum ein Angebot abgelehnt und er musste im Vergleich mit seinen Händlerkollegen für die Übernahmen den geringsten Gegenwert aufbringen.14 Gotthold Schneider war Kunstreferent der Reichsregierung und betrieb als Ausstellungsort das Schloss Schönhausen. Dorthin wurde der für „international verwertbar“ eingestufte Teil aus dem Be13 Vgl. Frédérique RÉGINCOS, Im Widersprüchlichen vereint. Rolf Hetsch und Bernhard A. Böhmer, in: HOFFMANN 2010, S. 54–71; Meike HOFFMANN, Geplündert, geborgen, sichergestellt, verkauft. Der Nachlass von Bernhard A. Böhmer, in: HOFFMANN 2010, S. 97–132, hier S. 102–103. 14 Vgl. Frédérique RÉGINCOS, Rolf Hetsch und die „Verwertung der Produkte Entarteter Kunst“, unpublizierte Magisterarbeit, Freie Universität Berlin, 2008.
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schlagnahmegut der Entarteten Kunst verbracht, sicher auf Anregung von Rof Hetsch. Nach den Erinnerungen einer Aufsichtsperson im Schloss Schönhausen hatte Böhmer ungehinderten Zugang zu den dort lagernden Werken Entarteter Kunst, was den anderen Händlern ohne Begleitung und in diesem Ausmaß nicht zugestanden wurde.15 Wie Andreas Hüneke nachweisen konnte, übernahm Böhmer neben Hildebrand Gurlitt im Vergleich mit den anderen Händlern und nach Abzug der zurückgegebenen Kommissionsware die meisten Werke Entarteter Kunst.16 Für seinen ausgedehnten Handel eröffnete er einen zweiten Handelsplatz in Berlin, in der Tiergartenstraße, im renommiertesten Galerien- und Auktionshausviertel der Reichshauptstadt. Zu seiner Dependance in Berlin gibt es jedoch kaum Hinweise. Dem Sammler Willy Hahn verdanken wir einen der ausführlichsten Berichte darüber: Durch einen gottgewollten Zufall geriet ich in eins von Böhmers Bilderlagern, das er in einer großen Villa im Tiergarten angelegt hatte. Ich konnte von ihm in einem ersten Ansturm – und das mit meinen geringen Mitteln! – erwerben: zwei Blumenbilder von Nolde „Feuerlilien“, „Rittersporn“, ersteres früher im Museum Altona, letzteres in Berlin im Kronprinzenpalais, sowie Corinth „Walchensee, Stimmung in Silbergrau“ (heute im Museum Hannover), von Erich Heckel: Titisee, seit jeher mein Lieblingsbild in der Stuttgarter Staatsgalerie, es hängt heute noch bei uns (ich erinnere mich noch, daß Böhmer für dieses Bild 500 Mark verlangte und auch bekam). Von Kokoschka: Das Theater von Bordeaux, heute in Köln. Später, als ich auf Tourneen viel verdiente, erwarb ich nach und nach 6 Bronzen von Barlach, drei Feininger Oelbilder aus der Hallenser Serie, darunter die Marienkirche, die heute in der bayr. Staatsgemäldesammlung hängt.17
Amtlich nachweisen lässt sich Böhmers Lager in Berlin erst ab 1942. Es befand sich in der Tiergartenstraße 8 und ab 1943 in einem Seitenflügel des Gebäudes 8a. Offiziell war Böhmer hier aber nicht als Händler, sondern nur als Bildhauer gemeldet, wie auch sein geschäftlicher Briefwechsel mit dem Propagandaministerium ausschließlich über seine Güstrower Adresse lief.18 Das ist einigermaßen verwunderlich, da Böhmer für den Handel
15 Vgl. Jeanpaul Goergen Archiv, Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Freie Universität Berlin, Gertrud WERNEBURG, Erinnerungen an Schloß Schönhausen, aufgeschrieben für Jeanpaul Goergen, Typoscript, Berlin 1979. 16 Andreas HÜNEKE, Bilanzen der „Verwertung“ der „Entarteten Kunst“, in: Eugen BLUME, Dieter Scholz (Hg.), Überbrückt, Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus, Köln 1999, S. 265–273, hier S. 269. 17 Willy HAHN, Roman eines sammelnden Musikers, Typoscript, 1980er Jahre, S. 74–75, Privatbesitz. 18 Berliner Adressbuch für die Jahre 1942/43: unter Benutzung amtlicher Quellen, Berlin: Scherl 1896– 1943, http://adressbuch.zlb.de/index.htm (11.3.2011). Siehe zum geschäftlichen Briefwechsel mit dem Propagandaministerium im Bundesarchiv Berlin den Akt Böhmer unter der Signatur: BA R 55 / 21019.
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Abb. 3: Auszug aus dem Berliner Adressbuch, 1942
mit Entarteter Kunst ja eine Ermächtigung besaß. Allerdings war ihm, wie auch seinen Händlerkollegen ein Verkauf an deutsche Sammler untersagt. Sinn der vom RMVP koordinierten Verwertung war, die „deutsche Verfallskunst seit 1910“ außer Landes zu bringen.19 Sie sollte den Blicken der Museumsbesucher im eigenen Land endgültig entzogen werden. So heißt es in den Durchführungsparagraphen zum Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen Entarteter Kunst vom 31. Mai 193820: „Der Zweck des Gesetzes ist, diesen seinem Umfange nach feststehenden Kreis von Kunsterzeugnissen, von denen eine schädliche Wirkung ausgeht, für immer den Augen der Öffentlichkeit zu entziehen.“21 Die Übernahme einzelner Werke oder Werkkonvolute aus dem Beschlagnahmegut durch die Kunsthändler zur weiteren Verwertung musste mit ausländischen Interessenten begründet werden und die Zahlung der ausgehandelten Summen hatte in Devisen zu erfolgen. 19 Joseph Goebbels, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda. Erlass zur Sicherstellung „deutscher Verfallskunst seit 1910“ aufgrund einer Vollmacht Adolf Hitlers, 30.06.1937, abgedruckt in: Diether SCHMIDT, Schriften deutscher Künstler im zwanzigsten Jahrhundert, 2 Bd., hier Bd. 2: In letzter Stunde. Künstlerschriften 1933 bis 1945, Dresden 1964, S. 217. 20 RGBl. Jg. 1938, Teil I, S. 612 21 Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst, 31. Mai 1938, Begründung, in: SCHMIDT 1964, S. 221.
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Die Tatsache, dass sowohl Ferdinand Möller als auch Karl Buchholz, Hildebrand Gurlitt und eben Bernhard A. Böhmer, Werke der Entarteten Kunst an deutsche Sammler verkauft haben, lässt eine eher unsystematische Kontrolle vermuten. Die Willkür intriganter Gegner der Moderne war jedoch nicht zu unterschätzen. So ließ der Reichsbeauftragte für künstlerische Formgebung, Hans Schweitzer, im Februar 1941 durch die SS und auf Grundlage der Anordnung über den Vertrieb minderwertiger Kunsterzeugnisse22 vom 1. Oktober 1940 in der Düsseldorfer Galerie Vömel „Werke der übelsten Verfallserscheinungen“ beschlagnahmen. Reinhard Heydrich, Leiter des Reichssicherheitsamtes, mahnte die „außerordentlich schwerwiegende Sabotage der Kunstpolitik des Führers“ beim RMVP an und forderte eine strengere Überwachung.23 Böhmer war in den Vorfall verwickelt. Er hatte Werke aus dem Beschlagnahmegut an Vömel übergeben. Goebbels soll sich der Sache persönlich angenommen, die Werke inspiziert und einige gar an Vömel zurückgegeben haben. Dennoch erhielt Vömel eine scharfe Verwarnung und die Androhung, dass „im Wiederholungsfall sein Ausschluss aus der Kammer laut § 10 der Ersten Durchführungsvereinbarung des Reichskulturkammergesetzes“ vollzogen werde.24 Alle zu der Zeit an der Verwertung beteiligten Kunsthändler erhielten im Juni 1941 eine abermalige Erinnerung, die Werke Entarteter Kunst nur ins Ausland verkaufen zu dürfen. 25 Ob Böhmer darüber hinaus sanktioniert wurde ist nicht bekannt. Auf jeden Fall hielt er sich nicht an die Auflage, wie das genannte Zitat von Willy Hahn zeigt. Eventuell steht seine Anmietung der Wohn- und Lagerräume in der Berliner Tiergartenstraße in diesem Zusammenhang. Da seine Ansiedlung in der Tiergartenstraße 8 erstmals im Berliner Adressbuch 1942 erscheint, hat er sich eventuell im Jahr zuvor angemeldet.26 Und so wäre auch erklärt, warum Böhmer hier offiziell nur als Bildhauer auftrat und nicht als Händler. 22 Karl-Friedrich SCHRIEBER, Alfred METTEN, Herbert COLLATZ (Hg.), Das Recht der Reichskulturkammer, Sammlung der für den Kulturstand geltenden Gesetze und Verordnungen, der amtlichen Anordnungen und Bekanntmachungen der Reichskulturkammer und ihrer Einzelkammern, 2 Bde., Band I, Teil X 17/18, Berlin 1943, S. 32–33. 23 Siehe Bundesarchiv Berlin, BA R 55 / 21018, Bl. 8-21, Briefwechsel zwischen Ministerialdirektor Leopold Gutterer und Reinhard Heydrich, 25.04. – 6.05.1941. 24 Bundesarchiv Berlin, BA R 55 / 21018, Bl. 18, Leopold Gutterer: Verwarnung an Alex Vömel, 29.03.1941, zitiert in dem Brief Gutterers an Reinhard Heydrich vom 6.05.1941. 25 Bundesarchiv Berlin, BA R 55 / 21018, Bl. 21, Rolf Hetsch in einem Rundbrief an Böhmer, Gurlitt, Moeller, Buchholz, 24.06.1941, Betrifft: Abwicklung von Verfallskunst. 26 Ein konkretes Erscheinungsdatum, sowie der Stand der Meldungen sind für die Berliner Adressbücher nicht überliefert. Die historische Einwohnermeldekartei von 1875 bis 1960 (LAB B Rep. 021) im Landesarchiv Berlin ist nur sehr lückenhaft überliefert. Eine Meldung Böhmers konnte in den Dokumenten nicht ermittelt werden, Auskunft Landesarchiv Berlin, 18.8.2011.
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Dass Böhmer die Transporte Entarteter Kunst in die Tiergartenstraße und deren Verkauf ohne das Wissen Rolf Hetschs organisieren konnte, ist kaum glaubhaft, zumal die enge Zusammenarbeit zwischen Böhmer und Hetsch, und auch Gotthold Schneider sich bald zur Freundschaft entwickelte. Rolf Hetsch wurde nach Ernst Barlachs Tod 1938 Mitglied des Barlach-Gremiums, für das Böhmer als Geschäftsführer tätig war. Hetsch übernahm die Aufgabe, Werkverzeichnisse für Barlachs Skulpturen und Druckgraphiken zu erstellen, wodurch einmal mehr sein kunsthistorisches Wissen und seine Anerkennung moderner Kunst aufgezeigt wird. Gegen Ende des Krieges lagerte Hetsch einen Teil seines privaten Hausstandes nach Güstrow aus und der Kunstdienst erwarb in unmittelbarer Nachbarschaft von Böhmers Wohnsitz am Güstrower Inselsee ein Haus.27 Damit werden die Übereinstimmung ihrer Handlungsmotivation und das Schmieden gemeinsamer Zukunftspläne offensichtlich. Sich dieser Gesinnungsgemeinschaft bewusst, werden Hetsch, Böhmer und Schneider die Verlagerung der Restbestände Entarteter Kunst, von denen wir einen großen Teil im Nachlass Böhmers nachweisen konnten, nach Güstrow geplant und durchgeführt haben. Am Schluss bleibt die Frage, wie die angeführten Tatbestände – der Verkauf an deutsche Sammler und die Verlagerung der Restbestände – im Hinblick auf Böhmers Rolle als Händler Entarteter Kunst im Verband mit Rolf Hetsch und Gotthold Schneider zu werten sind? Böhmer hat mit dem Verkauf Entarteter Kunst – zumindest was die Werke bekannterer Künstler anbetraf – sicher gute Geschäfte abschließen können, einige Zahlen liegen uns dazu vor.28 Im Schnitt erscheinen die Preise sehr moderat. Zudem traf Böhmer im Vergleich mit seinen Händlerkollegen die breiteste Auswahl – insgesamt berücksichtigte er mehr als 170 verfemte KünstlerInnen, darunter auch gänzlich unbekannte, dessen Werke Böhmer ohne Aussicht auf einen Weiterverkauf übernahm. Insofern lässt sich nicht eindeutig von einem skrupellosen Profiteur des Hitler-Staates sprechen. Auch kann das Faktum, dass Böhmer Entartete Kunst fortgesetzt an deutsche Sammler veräußert hat, nicht mit einem schnellen und leichteren Absatz erklärt werden. Immerhin musste er dafür Devisen aufbringen und nahm nach dem Vorfall in der Galerie Vömel 1941 drohende Sanktionen in Kauf.
27 Siehe hierzu Meike HOFFMANN, Geplündert, verborgen, sichergestellt, verkauft. Der Nachlass von Bernhard A. Böhmer, in: HOFFMANN 2010, S. 97–132, hier S. 102–104. 28 Siehe hierzu Andreas HÜNEKE, Beschlagnahmte Kunstwerke im Atelier Ernst Barlachs. Böhmer als Händler der Aktion Entartete Kunst und die Auslagerung von Restbeständen nach Güstrow, in: HOFFMANN 2010, S. 73–88, hier S. 76.
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Dies gilt ebenso für die Übernahme der Restbestände Entarteter Kunst nach Güstrow. 1942 entschied die Verwertungskommission die Restbestände zu vernichten.29 Zwar fehlt die endgültige Anordnung durch Goebbels, aber auf jeden Fall wird Hetsch um die Gefahr gewusst haben. Außerdem nahm die Bedrohung durch den fortschreitenden Krieg zu. Angesichts der Entscheidung zur Vernichtung konnte Hetsch von der Verwertungskommission kaum ein Interesse an Sicherung durch Verlagerung der Restbestände erwarten und muss diese im Verborgenen mit Böhmer und Schneider geplant haben. Böhmer wiederum kann kaum auf einen Gewinn spekuliert haben. Die Werke aus den Restbeständen hatten damals zum großen Teil keinen Marktwert. Zudem betrieb er in diesen Jahren einen äußerst lukrativen Handel mit heute so genannter Raub- und Beutekunst, so dass er auf einen Verdienst durch den Verkauf Entarteter Kunst finanziell nicht angewiesen war. Insofern ist festzuhalten, dass Böhmer unter Einsatz eines persönlichen Risikos und wiederholt die Anordnungen der Nationalsozialisten unterlaufen ist und sich in diesem Sinne der Kunstideologie widersetzt hat, aber nur – und das muss betont werden – was die Verfemung der modernen Kunst anbelangt.
29 Brief des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus in München, 12.8.1942, beglaubigte Abschrift abgebildet in: Christoph ZUSCHLAG, Entartete Kunst. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland, Worms 1995, S. 219.
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Bernhard A. Böhmer – An Unknown Sculptor Shines on the Nazi Art Market Bernhard Alois Böhmer (1892–1945) is counted among the most important art dealers in the Third Reich, and he can be linked to the regime’s most powerful personages. For instance, he belonged to the select few authorized by Joseph Goebbels’s Reichs-Ministry for Public Education and Propaganda to commercially exploit the works of modern art that had been confiscated from German museums in 1937, and most of our current knowledge about Böhmer stems from his dealing in this so-called “Degenerate Art.” Recent research has revealed that the motives of the various protagonists were more complex than a mere pursuit of profits. This is true as well for Böhmer, who was himself a trained sculptor and had originally worked as an assistant to Ernst Barlach. Beginning in 1938, Böhmer sought to buy back the confiscated works of his master, thus becoming involved in the trade in Degenerate Art. In the end he acquired the works of more than 170 blacklisted artists, many of whom were – at the time – wholly unknown, their works lacking in sales prospects. In 1942, the commission charged with the disposal of the confiscated art ordered the destruction of the entire collection. It has recently come to light that, when Böhmer took more than 1,000 of the pieces into his custody, bringing them to his residence in Güstrow (Mecklenburg), he did so on an unofficial basis and without the requisite authority. Thus these works were preserved, escaping their decreed fate, and Böhmer circumvented the orders of the National Socialists – but only, as must be emphasized, with regard to the defamation of modern art.
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Karl Buchholz – Ein Saboteur nationalsozialistischer Kunstpolitik mit Auftrag zur „Verwertung entarteter Kunst“ Anja Tiedemann
Der Berliner Buch- und Kunsthändler Karl Buchholz (1901–1992)1 war weder Mitglied der NSDAP noch hatte er je einer anderen politischen Partei angehört. (Abb. 1) Er hielt jedoch Kontakte zu Personen, die der „nationalsozialistischen Bewegung“ nicht zugetan waren und in deren Jargon abfällig als „Demokraten“ oder „Edelkommunisten“ tituliert wurden.2 Er galt zudem als „Sammler von Menschen, die im Dritten Reich Schwierigkeiten hatten, sei es aus rassischen, sei es aus politischen Gründen […].“3 So befanden sich unter seinen Mitarbeitern mindestens drei Juden.4 Zu ihnen gehörte der Kunsthändler Curt Valentin, der für den international hoch angesehenen Kunsthändler Alfred Flechtheim gearbeitet hatte, bis dieser Deutschland verfolgungsbedingt bereits im Mai 1933 hatte verlassen müssen.5 Bei Buchholz hatte Valentin eine neue Anstellung gefunden und vom Herbst 1934 an dessen neu gegründete Galerie aufgebaut, die unter der Berliner Adresse Leipziger Straße 119/120 residierte. (Abb. 2) Aufgrund Valentins Kompetenz und seiner hervorragenden Kontakte fand die neue Kunsthandlung schnell zu Ansehen und Erfolg.6 Buchholz wollte diesen wichtigen Mitarbeiter nicht verlieren und versuchte mit allen Mitteln, ihn verbotenerweise wei1 Godula BUCHHOLZ, Karl Buchholz, Buch- und Kunsthändler im 20. Jahrhundert, Köln 2005. Siehe auch Anja TIEDEMANN, Eine „Insel im braunen Meer“. Die Galerie Buchholz in Berlin, in: Maike STEINKAMP, Ute HAUG (Hg.), Werke und Werte. Über das Handeln und Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus, Berlin 2010, S. 83–102. 2 Bundesarchiv Berlin (BArch), Personalakten der Reichskulturkammer, Akt Karl Buchholz RK/RSK II Nr. 2101-0161-17 (Mikrofilm), Bl. 2142, Aktennotiz vom 17. September 1938. 3 Bericht von Arthur Kersten aus dem Jahr 1963, zitiert nach BUCHHOLZ 2005, S. 66. Kersten selbst war wegen seiner politischen Gesinnung aus dem Reichsverband der deutschen Presse ausgeschlossen worden, hatte bei Buchholz aber einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Unter den Mitarbeitern befand sich unter anderen auch der homosexuelle Kunsthistoriker Hans Rose. Vgl. hierzu Christian FUHRMEISTER, Hans Rose. Eine biographische Skizze, in: Pablo SCHNEIDER, Philipp ZITZLSPERGER (Hg.), Bernini in Paris. Das Tagebuch des Paul Fréart de Chantelou über den Aufenthalt Gianlorenzo Bernini am Hof Ludwig XIV, Berlin 2006, S. 434–455. 4 BUCHHOLZ 2005, S. 66. 5 Das Leben und Wirken von Curt Valentin (1902–1954) ist weitestgehend unerforscht. Erste Ergebnisse sind zu erwarten in Anja TIEDEMANN, Die „entartete“ Moderne und ihr amerikanischer Markt. Karl Buchholz und Curt Valentin als Händler verfemter Kunst. Die Publikation erfolgt im Akademie Verlag in Berlin (Schriftenreihe der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ [in Vorbereitung]. 6 TIEDEMANN 2010, S. 85–86.
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terzubeschäftigen.7 Doch nicht nur damit zog er sich den Unwillen der nationalsozialistischen Machthaber zu. Die Galerie Buchholz in Berlin hatte sich bis zu Valentins Emigration im Januar 1937 zu einem wichtigen Treffpunkt für die Künstler und Sammler der Moderne entwickelt.8 Jenseits des offiziellen Kunstbetriebes etablierte sich bei Buchholz darüber hinaus schnell ein paralleler Kunsthandel, der ausschließlich im Verborgenen stattfand. Ein Zeitzeuge berichtete von Besuchen in der Galerie, bei denen im „zweiten Stock in einem verschlossenen Zimmer expressionistische Graphik, Heckel, Macke, Pechstein usw., aber auch Aquarelle von Nolde, Klee und Gilles zu sehen (und zu kaufen) waren.“9 Anscheinend wurden dort auch nicht genehmigte Ausstellungen gezeigt, so zum Beispiel im April 1936 Karl Hofer und im Mai Werke von Emil Nolde. Im Juni 1937 fand noch kurz vor dessen Emigration nach Amsterdam eine Max-BeckmannAusstellung statt.10 Es versteht sich von selbst, dass die verbotene Kunst nur vertrauenswürdigen Personen präsentiert werden konnte. Wie daran interessierte Kunden in den Genuss dieses Privilegs kamen, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Wohl aber die Tatsache, dass zu den Vertrauenswürdigen auch Regimetreue gehörten, so beispielsweise der Staats- und Völkerrechtler Carl Schmitt, dem im Dritten Reich die Rolle eines theoretischen Vordenkers zugekommen war.11 Der Umstand, dass bei Buchholz auch Personen der nationalsozialistischen Führungselite verkehrten, verhinderte nicht, dass der Kunsthändler immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik geriet. Vielmehr führte sein Verhalten wiederholt zu Hausdurchsuchungen und Verwarnungen, weil er „das erforderliche Verantwortungsbewusstsein bei der Auswahl der Kunsterzeugnisse vermissen“ ließ.12 Bereits drei Wochen bevor die Beschlagnahmungen in den deutschen Museen begannen, wurden erstmals Werke 7
BArch, Personalakten der Reichskulturkammer, Akt Karl Buchholz RK/RSK II Nr. 2101-0161-17 (Mikrofilm), Bl. 2142, Aktennotiz vom 17. September 1938. 8 Josephine GABLER, „Vor allem aber, er hat keine Angst, sich durch die Ausstellung zu schaden“ – Die Buch- und Kunsthandlung Karl Buchholz in Berlin, in: Angela LAMMERT, Gudrun SCHMIDT, Inge ZIMMERMANN (Hg.), Ateliergemeinschaft Klosterstraße Berlin 1933–1945. Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus, Ausstellungskatalog, Käthe-Kollwitz-Museum/Städitsches Museum/Akademie der Künste, Köln-Wesel-Berlin 1994, S. 84–95. 9 Nicolaus SOMBART, Jugend in Berlin – 1933–1945. Ein Bericht, Frankfurt am Main 1991, S. 206. 10 Eckhart GILLEN (Hg.), Kunst in Berlin von 1870 bis heute, Berlin 1986, S. 157. Karl Hofer und Max Beckmann war 1934 Ausstellungsverbot erteilt worden, Emil Nolde 1936. 11 SOMBART 1991, S. 206. 12 Staatsbibliothek, Berlin, Nachlass Erwin Planck, Mappe 60, Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Karl Buchholz vom 25.4.1942 (Abschrift auf Briefpapier der Buchhandlung Buchholz). Erwin Planck (1983–1945) war der Sohn von Max Planck und wurde wegen Verbindungen zum Kreis der Attentäter des 20. Juni 1944 hingerichtet.
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Abb. 1: W. Talbot, Berlin: Außenansicht der Galerie Buchholz, Leipziger Straße 119/120, Berlin, ca. 1934
Abb. 2: Unbekannter Fotograf: Karl Buchholz in seiner Buchhandlung in der Mauerstraße 13/14, Berlin, um 1930
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bei Buchholz konfisziert. Dazu gehörten unter anderem Arbeiten von Ernst Barlach und Karl Schmidt-Rottluff.13 Im Verlaufe des Sommers 1937 wiederholten sich solche Vorfälle, was schließlich dazu führte, dass der Kunsthändler seine Ausstellungen nicht nur schriftlich genehmigen lassen musste, wie es allgemein üblich war. Ihm wurde, was als Ausnahme gewertet werden muss, im Vorwege jeder neuen Schau eine Kommission ins Haus geschickt, die überprüfen sollte, ob die jeweiligen Ausstellungsstücke den geltenden Richtlinien entsprachen.14 Doch trotz aller Druckmittel blieb sich Karl Buchholz treu und nicht zuletzt deshalb entwickelte sich seine Galerie zu einer der wichtigsten Plattformen für deutsche Bildhauer der Gegenwart. Daher kann die „Bedeutung der Galerie Buchholz in Berlin […] nicht überschätzt werden, […] die durch Buchholz veranstalteten Verkaufsausstellungen [bildeten, Ergänzung der Verfasserin] häufig die entscheidende ökonomische Grundlage des Künstlers. […] Hier erhielten Bildhauer die Möglichkeit, ihre Werke auszustellen, obwohl ihre Werke bereits aus Museen entfernt worden waren.“15 Die ersten Beschlagnahmen in der Galerie Buchholz fanden im Frühsommer 1937 und noch vor der Konfiszierung so genannter „entarteter Kunst“ in deutschen Museen statt, deren Beginn auf den 4. Juli 1937 fiel.16 Als sich ein Jahr darauf, im Sommer 1938, die Gerüchte zu mehren begannen, dass die ausgesonderten Werke ins Ausland verkauft werden sollten, wollte Karl Buchholz sich an dieser Aktion beteiligt wissen.17 Neben 13 Magdalena BUSHART (Hg.), Skulptur und Macht. Figurative Plastik im Deutschland der 30er und 40er Jahre, Ausstellungskatalog, Akademie der Künste, Berlin 1983, S. 100 sowie die Briefe von Christian Theuner an Carl Hagemann vom 5. und 13. Juli 1937, in: Hans DELFS, Mario-Andreas von LÜTTICHAU, Roland von SCOTTI (Hg.), Kirchner, Schmidt-Rottluff, Nolde, Nay … Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann 1906–1940, Ostfildern-Ruit 2004, Briefe Nr. 852 und 854 der dazugehörigen CD. 14 Zur Organisation der Reichskulturkammer siehe Uwe Julius FAUSTMANN, Die Reichskulturkammer. Aufbau, Funktion und Grundlagen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im nationalsozialistischen Regime, Aachen 1995; Hans HINKEL (Hg.), Handbuch der Reichskulturkammer, Berlin 1937, S. 41–90. Zur Steuerung des Kunsthandels siehe Anja HEUSS, Die Reichskulturkammer und die Steuerung des Kunsthandels im Dritten Reich, in: Sediment 3/1998, S. 49–61. Die Ausnahmeregelung die Galerie Buchholz betreffend siehe Staatsbibliothek, Berlin, Nachlass Erwin Planck, Mappe 60, Brief der Reichskammer der bildenden Künste an Karl Buchholz vom 25.4.1942 (Abschrift auf Briefpapier der Buchhandlung Buchholz). 15 BUSHART 1983, S. 100. 16 Christoph ZUSCHLAG, „Entartete Kunst”. Ausstellungsstrategien in Nazi-Deutschland, Worms 1995, S. 169–189. 17 Andreas HÜNEKE, Spurensuche. Moderne Kunst aus deutschem Museumsbesitz, in: Stephanie BARRON (Hg.), „Entartete Kunst“. Das Schicksal der Avantgarde im Nazi-Deutschland, Ausstellungskatalog, County Museum of Art/The Art Institute/International Gallery/Altes Museum, Los Angeles-Chicago-Washington-Berlin 1991/1992, S. 121–134, S. 124–127.
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dem nicht von der Hand zu weisendem Rettungsgedanken geschah dies, auch wenn sich dafür keine konkreten Nachweise finden lassen, mit ziemlicher Sicherheit deshalb, weil sein bisheriger Galerieleiter Curt Valentin zwischenzeitlich nach New York emigriert war und dort im Frühjahr 1937 die Buchholz Gallery Curt Valentin eröffnet hatte. Qualitativ hochwertige Bilder und Plastiken aus ehemaligem Museumsbesitz, deren Einkauf sich noch dazu kostengünstig zu gestalten versprach, waren für das junge Unternehmen begehrt. So verwundert es nicht, dass Karl Buchholz am 8. August 1938 bei dem mit der internationalen „Verwertung entarteter Kunst“ betrauten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda den Antrag stellte, ihn „verständigen zu wollen, wenn die ausgesonderten Stücke aus dem Museumsbesitz zum Verkauf gelangen. Über diese Anfrage hinaus habe [er, Ergänzung der Verfasserin] auch Interesse an einem Verzeichnis des gesamten Vorrates, da [er, Ergänzung der Verfasserin] infolge seiner Tätigkeit als Kunsthändler für moderne Kunst die Interessenten im Ausland für Werke dieser Art kenne.“18 Trotz der Tatsache, dass Buchholz bereits mehrfach verwarnt worden war, er somit als unzuverlässig galt, gab es überraschenderweise keine Schwierigkeiten. Er wurde als „verwertender“ Händler „entarteter“ Kunst akzeptiert.19 Wie auch seine Mitstreiter Bernhard A. Böhmer, Hildebrand Gurlitt und Ferdinand Möller war auch Karl Buchholz verpflichtet, die zum Verkauf stehenden Kunstwerke ausschließlich ins Ausland zu vermitteln. Die Bezahlung hatte in Devisen zu erfolgen. Die Kunsthändler erhielten eine anteilige Provision auf den Kaufpreis, die in Reichsmark ausgezahlt wurde.20 Vom Herbst 1938 an entwickelte Karl Buchholz ein beachtliches Engagement.21 Er deckte Rolf Hetsch, den zuständigen Mitarbeiter im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, mit einer Vielzahl von Offerten ein.22 Trotz wiederholter Nachfragen bekam er aber, von der Übernahme von Kunstwerken auf Kommissionsbasis abgesehen, in den nächsten Monaten keinerlei positive Bescheide. Das veranlasste den Kunsthändler wiederholt und sehr nachdrücklich an seine Angebote zu erinnern und deren Berücksichtigung einzufordern. 23 Da er nicht gewillt war, sich an die geltenden 18 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 44, Brief von Karl Buchholz an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RmVP) vom 8. August 1938. 19 BArch, Akt R 55/21018, Bl. 18 f., Brief von Ministerialdirektor Gutterer (RmVP) an Reinhard Heydrich (Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes) vom 6. Mai 1941. 20 HÜNEKE 1991, S. 128 sowie BArch, Akt R 55/21017, Bl. 80, Brief von Karl Buchholz an das RmVP vom 18. Januar 1939. 21 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 49-50, 52, 60-64, 69, 70-73, 75-77 u. 80, Korrespondenz zwischen Karl Buchholz und dem RmVP, August 1938 bis Januar 1939. 22 Zur Person von Rolf Hetsch (1903–um 1945) siehe Frederique REGINCOS, Rolf Hetsch und die „Verwertung der Produkte entarteter Kunst“, Typoskript, Magisterarbeit, Freie Universität, Berlin 2007. 23 Eine umfassende Analyse der Vorgänge rund um die Übernahme von Werken der „entarteten“ Kunst
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Regeln zu halten, gelang es Karl Buchholz erneut, durch sein Verhalten den Unwillen des Machtapparates auf sich zu ziehen. Darunter litt insbesondere sein Arbeitsverhältnis zu Rolf Hetsch.24 Die Differenzen zwischen den beiden Männern dürften der Anlass gewesen sein, warum Hetsch von Buchholz nach nur kurzer Zeit eine Zwischenabrechnung forderte, die dieser am 3. Juni 1939 vorlegte.25 Dieser vermeintliche Rechenschaftsbericht offenbarte eine ganze Reihe von Unstimmigkeiten, die der Klärung bedurften.26 Eine Diskrepanz deckte Karl Buchholz selbst auf: „Es ergibt sich bei der Gegenüberstellung der Ausgänge und Eingänge eine Differenz von $ 379,-- zu ihren Gunsten. Es muss ein Kunde von mir diesen Betrag einmal zu wenig bezahlt haben. Ich werde mich darum kümmern und um den Ausgleich der Differenz besorgt sein.“27 Rolf Hetsch hatte einige Wochen zuvor eine noch höhere Fehlsumme festgestellt, die den „Rest von Ankäufen in Höhe von 8681 $ [also, Ergänzung der Verfasserin] 1095 $“ ausmachte.28 Erst am 11. Juli 1939, nachdem er die Angaben von Karl Buchholz aus dessen Aufstellung der Namen und Daten der vermittelten Verkäufe mit den Unterlagen seiner Dienststelle verglichen hatte, bemühte Hetsch sich um Aufklärung.29 Einige Male, konstatierte Hetsch, war zu wenig Geld eingegangen, zwei Mal zu viel. Zehn Holzschnitte von Gerhard Marcks wurden angemahnt, ungeachtet der Tatsache, dass diese Arbeiten aus dem Vertrag gestrichen worden waren. Besondere Aufmerksamkeit widmete Rolf Hetsch einer Vermittlung von Karl Buchholz, für die der Kunsthändler keinen Vertrag erhalten hatte. Wie die Notizen von Hetsch verraten, hatte Buchholz am 20. Mai 1939 ein Gebot abgegeben und wollte vier Gemälde von André Derain, Lyonel Feininger, Paula Modersohn-Becker und Emil Nolde im Werte von 1.000 US-Dollar vermitteln. Die Offerte entsprach aber nicht den Preisvorstellungen der Verwertungskommission, worüber Buchholz am 24. Mai 1939 in Kenntnis gesetzt worden war. Des ungeachtet war dieser dennoch nach Niederschönhausen gefahren und hatte sich die Bilder aushändigen lassen. Dass
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auf Kommissionsbasis, deren Verkäufe respektive deren Rückgabe wird vorgestellt in TIEDEMANN [in Vorbereitung]. REGINCOS 2007, S. 79–85. BArch, Akt R 55 /21017, Bl. 99-101, Zwischenabrechnung Namen und Daten der vermittelten Verkäufe, 3. Juni 1939. Eine ausführliche Analyse bezüglich der „Verwertungsvorgänge“ inklusive des Rechenschaftsberichtes von Karl Buchholz und der Reaktion von Rolf Hetsch wird vorgelegt in TIEDEMANN [in Vorbereitung]. BArch, Akt R 55/21017, Bl. 297, Brief von Karl Buchholz an das RmVP, Begleitschreiben zu den Namen und Daten der vermittelten Verkäufe vom 3. Juni 1939. BArch, Akt R 55/20120, Bl. 60 f., Brief von Rolf Hetsch an Regierungsrat Dr. Hopf vom 21. März 1939. BArch, Akt R 55/21017, Bl. 102, Aktenvermerk von Rolf Hetsch vom 11. Juli 1939.
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er ohne Vollmacht gehandelt hatte, hinderte den Kunsthändler nicht, die Gemälde in seiner Aufstellung Namen und Daten der vermittelten Verkäufe aufzuführen. Schlussendlich setzte er sich sogar mit den Preisen durch, denn der nachträglich geschlossene Vertrag vom 29. November 1941 sieht die Summen vor, die Buchholz von vornherein genannt hatte.30 Unternimmt man den Versuch, die Buchholzsche Aufstellung Namen und Daten der vermittelten Verkäufe mit dem Aktenvermerk von Rolf Hetsch zu vergleichen und ermittelt die tatsächlich ausgelieferten Werke sowie die verbuchten Geldeingänge, so zeigt sich, dass weder Buchholz noch Hetsch in der Lage waren, die korrekte Fehlsumme von 1.364 US-Dollar auszuweisen. Die Analyse zeigt zudem, dass sich diese Differenz ausschließlich über die in die USA versandten Werke ohne Vertrag erklären lässt. Welche bis Juni 1939 unbezahlt blieben, ist allerdings nicht mehr ermittelbar. Zudem ist es ziemlich wahrscheinlich, dass bis zum Untergang des Dritten Reiches keine Bezahlung erfolgte. Von Januar bis Juni 1939, also dem Abrechnungszeitraum der Namen und Daten der vermittelten Verkäufe, hatte Karl Buchholz 20 verschiedene Gebote für Werke der „entarteten“ Kunst abgegeben. In der zweiten Jahreshälfte kam es dann aber zu einer Verhaltensänderung. Von nun an agierte der Kunsthändler erheblich zurückhaltender und reichte nur noch drei weitere Offerte ein. An den zustande gekommenen neun „Verwertungsverträgen“ des Jahres 1939 lässt sich Buchholz’ Verhaltensmodifikation jedoch noch nicht ablesen. Fünf fielen in die erste Jahreshälfte, vier in die zweite. Das Jahr 1940 muss in der Folge für den Kunsthändler unbefriedigend gewesen sein, zumal sein ursprünglich hohes Engagement nun deutlich geschrumpft war. Aus acht Vermittlungsangeboten resultierten lediglich zwei neue „Verwertungsverträge“. So nahmen die Verhandlungen mit dem Kunstmuseum Basel kein Ende. Dort mangelte es nicht am Kaufwillen, wohl aber am nötigen Geld. In der Hoffnung, doch noch die erforderlichen Mittel aufzubringen, versuchten die Verantwortlichen beinahe zwei Jahre lang, zur Ansicht geschickte Bilder im Hause zu halten und das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda zu vertrösten. Der Vertrag vom 12. Juni 1939, mit dem das Kunstmuseum Basel Spitzenwerke der deutschen Moderne erwarb, musste in den folgenden beiden Jahren mehrfach modifiziert werden.31 Intensive Bemühungen, zwei große Figuren von Wilhelm Lehmbruck ins Ausland zu vermitteln, schlugen letztlich fehl. 30 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 169, Kaufvertrag vom 29. November 1941. 31 Georg KREIS, „Entartete Kunst“ in Basel. Eine Chronik außerordentlicher Ankäufe im Jahre 1939, in: Baseler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 78, 1978, S. 163–189; Georg KREIS, „Entartete“ Kunst für Basel. Die Herausforderung von 1939, Basel 1990.
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Bedingt durch den eskalierenden Zweiten Weltkrieg wurde es immer schwieriger Käufer im Ausland zu finden, die bereit waren, dem Deutschen Reich Devisen zu geben, zumal zu vermuten war, dass diese zur Finanzierung der Kriegsmaschinerie notwendig waren. Ohne dass dafür eindeutige Gründe feststellbar wären, wurde Karl Buchholz Anfang 1941 wieder deutlich aktiver als in den Monaten zuvor. Es gelang ihm, noch weitere sechs Verträge auszuhandeln. Hinzu kam ein ergänzender Kontrakt, der diejenigen Kunstwerke enthielt, die bislang versehentlich in keinem der vorangegangenen Verträge berücksichtigt waren.32 Der größte Abnehmer „entarteter“ Kunst, die über Karl Buchholz ins Ausland vermittelt wurde, war der nach New York emigrierte Kunsthändler Curt Valentin. Darüber hinaus gelang es Karl Buchholz nur noch, vier weitere Abnehmer zu finden, die mehr als ein Werk übernahmen.33 Einen Tauschvertrag fädelte zudem der in München ansässige Kunsthändler Günther Franke ein, der für sieben Gemälde von Max Beckmann die Landschaft Blick auf den Aventin von Alfred Loos bot.34 Allerdings erhielt er nur sechs der vorgesehenen Bilder. Ein siebentes ging an Karl Buchholz. Das Kunstmuseum Basel erhielt – wie schon angesprochen – nach zähen Verhandlungen schließlich zwölf Werke unter anderem von Max Beckmann, Lovis Corinth, Emil Nolde und Oskar Schlemmer.35 Der Uhrenvertreter Hans H. Ranft erwarb elf Arbeiten, darunter je vier Gemälde von Karl Hofer und Max Pechstein sowie drei von Karl Schmidt-Rottluff. (Abb. 3) Der gebürtige Schweizer Ranft lebte zu diesem Zeitpunkt in Oslo und konnte den erforderlichen Kaufpreis nicht in einer vom Deutschen Reich geforderten harten Währung aufbringen. Sein Angebot, mit 2350 norwegischen Kronen zu bezahlen, wurde über Monate abgelehnt. Letztlich war es der wiederholten hartnäckigen Intervention von Karl Buchholz zu verdanken, dass die Bilder schließlich doch an Ranft gingen, der nach dem Krieg mit seiner Kunstsammlung nach Italien übersiedelte.36 Auch der königlich ungarische Generalkonsul Peter Mathias Röwde, der ein 32 Insgesamt waren dies 721 Kunstwerke, die Buchholz im Rahmen der „Verwertung“ zugesprochen wurden, darunter 135 Gemälde, 103 Aquarelle, 43 Zeichnungen, 428 Druckgraphiken und 12 Plastiken. 33 Dem Berliner Kunsthändler gelangen Vermittlungen an Käufer in Dänemark, der Schweiz, Italien, Frankreich und Holland, die aber mit insgesamt sieben Werken nur unerheblich ins Gewicht fallen. 34 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 117, 155-156, 191-192 u. 272. Bei dem Tauschobjekt handelte es sich um das Gemälde von Alfred Loos Blick auf den Aventin, um 1848, Öl auf Leinwand, 33,7 x 46 cm, WallrafRichartz-Museum, Köln. 35 KREIS 1978 sowie KREIS 1990. Siehe auch BArch, Akt R 55/21017, Bl. 130-136, 139-140, 142, 169, 190, 213 u. 289-290. 36 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 97, 112-115, 118-121, 157-158, 160-161, 171, 196-197, 271 u. 312-315, Korrespondenz zwischen Karl Buchholz und dem RmVP vom 13. April 1940 bis 7. März 1941.
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Abb. 3: Erwerb „entarteter“ Kunst aus früherem Museumsbesitz von HANS H. RANFT, Oslo
Vertragsdatum/ Künstlername Werkangaben / Herkunftsmuseum mit EK-Nummer Kaufpreis Hofer, Karl Kartenspieler, 1924, Öl/Lw., 124 x 136 cm. Stadtmuseum Ulm, EK 9669. 07.3.1941/ 500 NKR Hofer, Karl Halbakt, 1924, Öl/Lw., 106,7 x 64,8 cm. Nassauisches Landesmuseum Wiesbaden, EK 8734. 07.3.1941/ 300 NKR Hofer, Karl Sitzender Akt mit blauem Kissen, 1927, Öl/Lw., 92 x 81 cm. Nationalgalerie Berlin, EK 15987. 07.3.1941/ 500 NKR Hofer, Karl Erwachender Gefangener, um 1918, Öl/Lw., 82,5 x 123 cm. Kunstsammlung Stuttgart, EK 16020. 07.3.1941/ 250 NKR Pechstein, Max Fischerkutter, 1923, Öl/Lw., Städtische Kunstsammlung Königsberg, EK 10700. 07.3.1941/ 150 NKR Pechstein, Max Mädchen am Strand, 1923, Öl/Lw., 79 x 99 cm, Nationalgalerie Berlin, EK 12089. 07.3.1941/ 150 NKR Pechstein, Max Flusslandschaft, 1923, Öl/Lw., 69 x 79 cm. Nationalgalerie Berlin, EK 14141. 07.3.1941/ 150 NKR Pechstein, Max Fischerdorf, 1911, Öl/Lw., 70 x 80 cm. Wallraf-Richartz-Museum Köln, EK 14769. 07.3.1941/ 150 NKR Schmidt-Rottluff, Karl Frauen am Meer, 1919, Öl/Lw., 97 x 111 cm. Museum Folkwang Essen, EK 16010. 07.3.1941/ 60 NKR Schmidt-Rottluff, Karl Harzlandschaft, 1923, Öl/Lw., 104 x 124 cm. Kunsthalle Hamburg, EK 16106. 07.3.1941/ 80 NKR Schmidt-Rottluff, Karl Dorflandschaft mit Leuchtturm, 1913, Öl/Lw., 88 x 101 cm. Landesmuseum Hannover, EK 16113. 07.3.1941/ 60 NKR 2350 NKR
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ersönlicher Freund von Karl Buchholz war, lebte zum Zeitpunkt der „Verwertung“ p in Oslo. Mit Hilfe von Karl Buchholz gelang es ihm 20 Werke der „entarteten“ Kunst zu erwerben. (Abb. 4) Bereits beim ersten „Verwertungsvertrag“, den das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda mit Karl Buchholz am 27. Januar 1939 schloss, wurde Röwde mit sieben Arbeiten berücksichtigt, für die er 350 Britische Pfund zahlte.37 Auch der zweite Vertrag vom 7. Februar 1939, den Karl Buchholz erhielt, sah Vermittlungen an Konsul Röwde vor. In diesem Fall gingen für 629 Britische Pfund sieben weitere Kunstwerke an ihn.38 Ein drittes Mal kaufte er im Juni 1939 und musste für acht weitere Arbeiten aus dem Kontingent in Niederschönhausen 529 Britische Pfund aufbringen.39 Insgesamt brachte die „Verwertungsaktion“ dem Deutschen Reich Einnahmen in Höhe „von 10 294 £, 43 395 USA$, 75 070 Sfrcs und 2350 Nkr.“ ein.40 Verglichen mit den anderen Verwertungshändlern – Bernhard A. Böhmer, Hildebrand Gurlitt und Ferdinand Möller – erzielte Buchholz die meisten Devisen. Von den Einkünften aus der „Verwertung“ blieb Karl Buchholz allerdings einen Teil schuldig. Er selbst ermittelte im November 1942 einen Fehlbetrag von 5.225 US-Dollar. „Es handelt sich hierbei um die letzte Sendung, die noch kurz vor dem Ausbruch des Krieges mit Amerika zur Expedition kam.“, führte der Kunsthändler zu seiner Rechtfertigung an. „Der fällige Betrag ist laut einer Nachricht von dem amerikanischen Empfänger als Schuld gegen das Deutsche Reich beschlagnahmt worden, sodass ich nicht mehr in der Lage war, den Ausgleich mit Ihnen vorzunehmen.“41 In den Jahren der „Verwertung“, also zwischen Januar 1939 und Sommer 1941, war Karl Buchholz in seiner Galerie nicht untätig geblieben. Noch immer zeigte er Werke offiziell verbotener Künstler, genauere Erkenntnisse hierzu lassen sich heute nicht mehr ermitteln. Verschiedentlich wurden ihm Strafen angedroht, würde er sich nicht im Sinne der Reichskammer der bildenden Künste verhalten. Doch so lange er als „Verwertungshändler“ tätig war, ergaben sich für ihn keine konkreten Nachteile.42 Kurz nach Beendigung der Verwertungsaktion wurden aber in der Galerie Buchholz 37 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 79 sowie die damit verbundene Korrespondenz, Bl. 66-68, 84 (Rückseite) u. 256-258, handschriftlicher Vertragsentwurf vom 27. Januar 1939. 38 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 316, handschriftlicher Vertragsentwurf vom 7. Februar 1939 sowie die damit verbundene Korrespondenz, Bl. 66-68, 84 (Rückseite) u. 256-258. 39 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 132-133, handschriftlicher Vertragsentwurf vom 12. Juni 1939 sowie die damit verbundene Korrespondenz, Bl. 137, 189 u. 214-216. 40 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 2-5, Bl. 4, Bericht der „Verwertungskommission“ vom 11. Dezember 1941. 41 BArch, Akt R 55/21017, Bl. 92, Brief von Karl Buchholz an das RmVP vom 2. November 1942. 42 TIEDEMANN 2010, S. 92.
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Abb. 4: Erwerb „entarteter“ Kunst aus früherem Museumsbesitz von PETER MATHIAS RÖWDE, Oslo
Vertragsdatum/ Künstlername Werkangaben / Herkunftsmuseum mit EK-Nummer Kaufpreis Corinth, Lovis Große Lärche am Walchensee, 1922, Aquarell, 36,5 x 50 cm. Kunsthalle Hamburg, EK 4832. 27.1.1939 / 40 £ Corinth, Lovis Walchensee mit Lärche, 1921, Öl/Lw., 64 x 88 cm. Nationalgalerie Berlin, EK 12092. 07.2.1939 / 400 £ Corinth, Lovis Luzerner See am Nachmittag, 1924, Öl/Lw., 57 x 75 cm. Staatsgalerie München, EK 16155. 12.6.1939 / 300 £ Feininger, Lyonel Schärenkreuzer, 1930, Öl/Lw., 45 x 75 cm. Städtische Bildergalerie Wuppertal-Elberfeld, EK 47. 27.1.1939 / 15 £ Feininger, Lyonel Regenklarheit, 1927, Öl/Lw., 43 x 80 cm. Angermuseum Erfurt, EK 1345. 27.1.1939 / 10 £ Heckel, Erich Fluss im Gebirge, 1923, Öl/Lw., 83 x 96 cm. Kunsthalle Hamburg, EK 4926. 12.6.1939 / 15 £ Hofer, Karl Muzzano (Tessin), 1925, Öl/Lw., 57 x 77 cm. Wallraf-Richartz-Museum Köln, EK 15690. 27.1.1939 / 75 £ Kirchner, Ernst Ludwig Bauernkopf, 1920, Radierung, 25,4 x 20 cm. Stadtmuseum Dresden, EK 13642. 12.6.1939 / 2 £ Kirchner, Ernst Ludwig Bäume, 1916, Holzschnitt, 47,5 x 34,5 cm. Stadtmuseum Dresden, EK 13644. 12.6.1939 / 2 £ Kokoschka, Oskar Dresden Neustadt VII, 1922, Öl/Lw., 80,8 x 120,8 cm. Museum Folkwang Essen, EK 3709. 27.1.1939 / 150 £ Kokoschka, Oskar Genfer See I, 1923, Öl/Lw., 80,5 x 120,5 cm. Museum der bildenden Künste Leipzig, EK 1033. 07.2.1939 / 125 £ Krogh, Per Genreszene (Modistinnen), 1925, Öl/Lw., 46,5 x 68,5 cm. Kunsthalle Mannheim, EK 6086. 27.1.1939 / 20 £ Modersohn-Becker, Paula Sitzende alte Frau mit aufgestütztem Arm, um 1903, Öl/Lw., 71 x 59 cm. Kunsthalle Hamburg, EK 4894. 12.6.1939 / 35 £ Nolde, Emil Lichte See, 1915, Öl/Lw., 85 x 100 cm. Städtisches Museum für Kunst und Kunstgewerbe Halle, EK 14193. 27.1.1939 / 40 £ Nolde, Emil Wasserrosen-Stilleben, 1922, Öl/Lw., 70,5 x 82 cm. Städtisches Museum Mülheim, EK 13225. 12.6.1939 / 80 £ Nolde, Emil Hüllthoft Hof, 1932, Öl/Lw., 72,5 x 95,5 cm. Kunsthalle Hamburg, EK 16144. 12.6.1939 / 80 £ Pascin, Jules Landschaft (Martignes), Datierung unbekannt, Aquarell, Maße unbekannt. Staatliches Museum Saarbrücken, EK 6625. 07.2.1939 / 7 £ Pascin, Jules Rückenakt, Datierung unbekannt, Kohlezeichnung, Maße unbekannt. Städtische Galerie Nürnberg, EK 7272. 07.2.1939 / 7 £ Pascin, Jules Liegendes Mädchen, Datierung unbekannt, Öl/Lw., 44 x 53 cm. Nationalgalerie Berlin, EK 15681. 07.2.1939 / 30 £ 1433 £
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Postkarten nach Graphiken von Käthe Kollwitz und nach Plastiken von Ernst Barlach sichergestellt. Deren Kunst galt nach wie vor als „staatsabträglich“. Das wurde zum Anlass genommen, Karl Buchholz am 25. April 1942 die Zugehörigkeit zur Reichskammer der bildenden Künste abzuerkennen.43 Dem Kunsthändler wurde damit das Ausstellen und Handeln mit Kunst untersagt. Das hinderte ihn aber nicht, noch bis Ende 1944 eben dieser Tätigkeit nachzugehen.44 Im Januar 1945 fuhr er nach Madrid, wo er das Kriegsende erlebte. In Deutschland wurde er als Kunsthändler nicht wieder aktiv.45 1951 emigrierte er nach Kolumbien, wo er in Bogotá bis zu seinem Tode im Jahr 1992 mit großem Erfolg eine Buch- und Kunsthandlung führte.46
Karl Buchholz: A Nazi Art Policy Saboteur, with a Mission to “Liquidate entartete Kunst” The Berlin book and art dealer Karl Buchholz was not a member of the NSDAP. In his gallery, regular exhibitions of forbidden art were displayed and sold. Despite repeated warnings, he dared to apply to be a “liquidation” dealer for the sale of works from former museum collections. Surprisingly, he had no difficulty in this. In the course of “liquidating entartete Kunst,” the art dealer repeatedly caused scandals, owed large amounts of foreign currency and retrieved artworks from the depot at Schönhausen castle for which he had no contract. The resulting reprimands appear to have led to Karl Buchholz acting more restrained in his “liquidation” dealings in the second year. Only shortly before the end of the war could he once again intensify his activities. Meanwhile, the gallery owner continued to exhibit the works of banned artists, which had no concrete disadvantages for him as long as he was active as a “liquidation dealer”. But when the “liquidation” was declared to be completed and his services were no longer required, he was prohibited from exhibiting and selling art. Yet the art trading activities of Karl Buchholz are still detectable until late 1944. In January 1945 he moved to Madrid, where he lived through the end of the war and began to build a new life.
43 BArch, Personalakt der Reichskulturkammer für Karl Buchholz, RK/RSK II, Nr. 2101016117 (Mikrofilm), Bl. 2128, Aktennotiz vom 3.11.1942. 44 TIEDEMANN 2010, S. 94–96. 45 Die Berliner Buch- und Kunsthandlung wurde von Angestellten ohne nennenswerten Erfolg bis 1955 weitergeführt. Sein 1940 gegründetes Geschäft in Bukarest wurde bei Kriegsende von den Russen enteignet. BUCHHOLZ 2005, S. 102–106 und 114–117. Seine Läden in Lissabon, eröffnet 1943, und in Madrid, seit 1945, liefen mit gutem Erfolg weiter. BUCHHOLZ 2005, S. 114–129 und 144–181. 46 BUCHHOLZ 2005, S. 184–257.
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Ferdinand Möller – Ein unbeugsamer Vertreter der Kunst der Moderne Katrin Engelhardt
Der Galerist Ferdinand Möller (1882–1956) repräsentiert eine Ausnahmegestalt von Kunsthändler, die es schaffte, über drei zeithistorische Abschnitte hinweg einen Kunsthandelsbetrieb erfolgreich aufrecht zu halten, während der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus bis hin zur Nachkriegszeit in der so genannten Ost- und später in der Westzone Deutschlands.1 In einer Zeit starker politischer Umbrüche fand er Möglichkeiten und Wege, für die Kunst der Moderne in Deutschland einzutreten, sie zu fördern und zu handeln. Ferdinand Möller war ein unbeugsamer Vertreter der modernen Kunst, ganz im Sinne von „beharrlich“ und „charakterfest“. Doch er war nicht unbiegsam, so wie „unflexibel“, „unbeweglich“ oder „starr“, sondern er wusste, seine Geschäftsinteressen trotz schwieriger politischer Rahmenbedingungen zu bewahren und voran zu bringen. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges gründete Möller seine Galerie, zunächst in Breslau, dann in Berlin und konzentrierte sich von Beginn an auf die Kunst der Moderne. Die Kunst der Expressionisten, allen voran derjenigen der Künstlergruppen Brücke und Blauer Reiter, aber auch die des Bauhauses, bildeten den Schwerpunkt der Galerie. Zudem hatte Möller immer wieder Werke des 19. Jahrhunderts und ältere Kunst in seinem Programm. Gleichzeitig war er daran interessiert, die zeitgenössische Kunst mit Werken weniger bekannter Künstlerinnen und Künstler zu präsentieren und somit zu fördern. In jeder Phase seiner Karriere, die geprägt war von Abb. 1: Ferdinand Möller, ohne zahlreichen Umzügen der Galerie, entschied Möller für Datum (1940er Jahre) sich und oft anders als andere. Als 1924 die andauernde 1
Vgl. Eberhard ROTERS, Galerie Ferdinand Möller. Die Geschichte einer Galerie für Moderne Kunst in Deutschland 1917–1956, Berlin 1984; Katrin ENGELHARDT, Ferdinand Möller. Ein Kunsthändler in Zeiten historischer Umbrüche, Phil. Dissertation, Universität Hamburg, Hamburg 2011 [in Vorbereitung].
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Wirtschaftskrise die Inflation brachte und Handel kaum mehr möglich war, zog Möller seine Galerie aus Berlin ab und richtete sich in Potsdam ein, wo es abseits der Hauptstadt deutlich ruhiger zuging und die Anstrengungen des labilen Kunstmarktes weiter entfernt schienen. Diesen Rückzug gestaltete Möller so erfolgreich, dass er drei Jahre später gestärkt und mit einem stabilen Netzwerk an Kunden und Käufern nach Berlin zurückkehren konnte. Die zweite Krise der Weimarer Republik 1929 konnte Möller als mittlerweile fest etablierter Galerist aushalten und blieb aufgrund seiner Kontakte im Inland und vor allem auch im Ausland überwiegend verschont. Ein erneuter Rückzug der Galerie war nicht notwendig, auch wenn sich ab 1931 die Aktivitäten der Galerie leicht reduzierten. Die euphorische Stimmung der Kunst-, Kultur- und Literaturszene in den Goldenen Zwanziger Jahren hatte Möller dazu genutzt, experimentierfreudige und außergewöhnliche Ausstellungen zu zeigen. Dabei bewies der Kunsthändler und Ausstellungsmacher das richtige Gespür für die Kunst und präsentierte bis 1933 eine Mischung aus bewährter Kunst der klassischen Expressionisten und aufstrebender, zeitgenössischer Kunst. So zeigte Möller 1928 Gemälde von August Macke gemeinsam mit aktuellen Bildwerken von Philipp Bauknecht, Martin Christ und Johannes Sass. Außerdem lud er 1930 den Philosophen und Kunstkritiker Ernst Kallai ein, eine avantgardistische Ausstellung mit dem Titel Vision und Formgesetz zu konzipieren, in der die Expressionisten den Konstruktivisten gegenüber gestellt wurden. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 veränderten sich die politischen Rahmenbedingungen, in denen Kunsthandel betrieben werden konnte. Die Kunst der deutschen Moderne, die von zahlreichen Galeristen vertreten wurde, erfuhr eine immer stärker werdende und immer öffentlicher geführte Diffamierungskampagne. Und auch die Kunsthändler gerieten in die Situation, eine Strategie dafür zu entwickeln, den Anfeindungen entgegen zu treten. Die Idee der Förderung junger Kunst brachte Möller dazu, dem nationalsozialistischen Studentenbund 1933 zu gewähren, eine Ausstellung moderner Kunst in den Räumen der Galerie Ferdinand Möller zu konzipieren. Die Ausstellung 30 deutsche Künstler sollte im Juli 1933 eröffnet werden, wurde jedoch aufgrund heftiger Auseinandersetzungen zwischen dem Studentenbund und dem Kampfbund für Deutsche Kultur zunächst verboten.2 In diesem Disput ging es um den Stellenwert der modernen Kunst, den der Studentenbund sehr hoch schätzte und als Vorbild für die „neue“ deutsche Kunst sah, der Kampfbund jedoch vehement ablehnte. Damit geriet Möller in ein 2
Kirsten BAUMANN, Wortgefechte. Völkische und nationalsozialistische Kunstkritik 1927–1939, Weimar 2002, S. 144–152.
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machtpolitisches Debakel zwischen dem Kampfbund für Deutsche Kultur, dem Reichs innenministerium und dem Studentenbund, aus dessen Mitte sich die Künstlergruppe Der Norden gegründet hatte. Diese Künstlergruppe sah ihre Vorbilder in den expressionistischen Bildwerken Emil Noldes und Ernst Barlachs, dem so genannten nordischen Expressionismus. Grund für die Aufregung um die Ausstellung war die Beteiligung der Künstler Barlach und Nolde. Das Ministerium, beeinflusst vom Kampfbund, wollte auf die Entfernung der modernen Kunstwerke bestehen, scheiterte aber mit dem Einspruch und gestattete Möller drei Wochen später die Eröffnung der Ausstellung mit den Werken der beiden Künstler. Die Widersprüchlichkeit im Umgang mit der modernen Kunst ist nach heutiger Sicht schon zu dem Zeitpunkt ab Mitte des Jahres 1933 deutlich zu erkennen und sollte den Kunsthändler Möller und viele andere die nächsten Jahre begleiten. Dieser Diskussion um den Expressionismus konnte sich kein Vertreter der Moderne entziehen: gab es auf der einen Seite einen starken Markt für diese Kunst, wurden auf der andere Seite Schandausstellungen veranstaltet und fortschrittliche Museumsdirektoren entlassen.3 Die Diskrepanz brachte den Kunsthändler und Ausstellungsmacher Möller dazu, eine zweigleisige Strategie zu fahren. Ferdinand Möller war mit der Ausstellung 30 deutsche Künstler 1933 bereit, die Künstlergruppe Der Norden zu fördern, diese für zwei Jahre zu vertreten und auf eine Wanderausstellung zu schicken. Vielfach wurden die Werke der Künstler Josef Albert Benkert, Wilhelm Philipp, Otto Andreas Schreiber, Peter Stermann und Hans Weidemann von Fachleuten und Besuchern als minderwertig beurteilt, doch von der durchaus herben Kritik an den Bildwerken der Künstlergruppe, die Möller aus Anlass der Wanderausstellung von den verschiedenen Institutionen erreichte, ließ er sich überraschenderweise nicht beirren. Das wiederum lässt sich als Zeichen werten, dass es für Möller um noch etwas anderes ging, als die neue Kunstentwicklung voran zu bringen: die Kontakte, die Möller über die Künstler der Künstlergruppe zur Reichskammer der Bildenden Künste und zum Ministerium für Volksbildung und Propaganda hatte, waren für den Kunsthändler sicherlich ebenso bedeutsam wie die Förderung der jungen Künstler. Wie viele andere entschied sich Möller dazu, sehr sensibel auf die kunstpolitische Entwicklung zu achten und Künstler in sein Programm aufzunehmen, die den nationalsozialistischen Vorgaben entsprachen, auch um damit in der Lage zu sein, die
3
Vgl. Gesa JEUTHE, Die Wertschätzung der deutschen Kunst, in: Maike STEINKAMP, Ute HAUG (Hg.), Werke und Werte. Über das Handeln und Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus, Schriftenreihe der Forschungsstelle Entartete Kunst, Band V, Berlin 2010, S. 3–21.
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modernen Künstler, die der Kunsthändler seit Jahren im Galerieprogramm hatte, weiterhin betreuen zu können. Aber auch, um seine persönliche Position als Händler und Geschäftsmann nicht zu gefährden. Als Ausstellungsmacher war Möller von Beginn an bereit, Kunst und Künstler mit nationalsozialistischem Hintergrund in seine Konzepte zu integrieren. In den fast 20 Ausstellungen, die Möller von 1933 bis 1937 konzipierte, präsentierte er einerseits moderne Künstler, ganz in der Tradition der Galerie, und andererseits Künstler, die den nationalsozialistischen Vorgaben entsprachen. So veranstaltete der Galerist Ausstellungen mit Werken der Künstler Hans Weidemann und Julius Wichmann und zeigte Landschaftsbilder der Künstler Kurt von Keudell, Wolf Hoffmann und Karl Kluth, die eine Abwendung von der Moderne verdeutlichten. Welche Kunst Möller nach 1937 in seiner Galerie präsentierte, ist noch nicht eindeutig geklärt, vor allem da Möller im Juli 1937 eine Ankündigung veröffentlichte, keine Ausstellungen mehr zu zeigen: „Die Galerie Ferdinand Möller, Berlin (von Koester-Ufer 73) teilt mit, dass sie nach 20 jähriger Ausstellungstätigkeit für junge deutsche Kunst zukünftig keine Kunstausstellungen mehr veranstaltet. Sie wird sich weiterhin ausschliesslich [sic] dem Kunsthandel mit charakteristischen Meisterwerken früherer Epochen widmen.“4 Aus heutiger Sicht kann diese Veröffentlichung nur als Zeichen an die NS-Behörden gedeutet werden, sich aus der aktiven Ausstellungsmacherei zurückziehen zu wollen, um sich als Kunsthändler der modernen Kunst aus der Schusslinie zu nehmen. Tatsächlich bedeutete diese Erklärung keineswegs die Beendigung von Möllers Galerietätigkeit. Auch in den folgenden Monaten präsentierte Möller Kunstwerke in seiner Galerie im Sinne einer Ausstellung, doch veröffentlichte er dazu keine Pressemitteilungen mehr. Außerdem zeigte er offenbar keine Kunstwerke, die der klassischen Moderne entsprachen, wie aus einer Korrespondenz zwischen den Brüdern Nierendorf hervorgeht. Darin ist zu lesen, dass im September 1937 eine Kommission die Räume der Galerie besuchte und dabei nichts zu bemängeln hatte: Bei von der Heyde war heute vor acht Tagen eine Kommission bestehend aus den Herren Meder und Leberecht gewesen und er mußte Bilder von Kirchner, Scholz, Fuhr, Jaenisch etc. abhängen und wegstellen. Es wurde bemerkt, daß derartige Bilder nicht so gehängt werden dürfen, daß jedermann dazu Zutritt hat. Bei Möller war auch die Kommission, wie mir von der Heyde sagte. Bei ihm brauchte aber nichts abgehängt werden, weil er Thoma, Böhle etc. gehängt hatte.5
4 5
Vgl. Berlinische Galerie, Berlin, Künstlernachlass Ferdinand Möller, BG-GFM C, I 36. Archiv der Galerie Nierendorf, Geschäftskorrespondenz, Josef Nierendorf an Karl Nierendorf, 11. September 1937, A-GN, Briefwechsel Karl-Josef Nierendorf 37–38.
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Einen weiteren Hinweis auf die Kunst, die Möller nun ausstellte, liefert Ernst Gosebruch, der im Februar 1938 an den Sammler Carl Hagemann schrieb: „Was meinen Sie zu einem Aquarell des Führers, das zur Zeit bei Ferdinand Möller zu haben ist? Ein Motiv aus dem alten München, tatsächlich auffallend hübsch gemalt. Selbst Nolde, der es gesehen hat, meinte, daß es schade sei, daß der Führer nicht Maler geworden sei.“6 In seiner Tätigkeit als Händler ist die Taktik der zweigleisigen Strategie ebenfalls zu beobachten, auch wenn der Handel mit NS-Kunst nicht das Volumen annahm, mit dem Möller die Kunst der deutschen Moderne vermittelte. Der Schwerpunkt der Galerie lag nach wie vor auf der Kunst der Expressionisten und ihres Umfelds. In dieser Funktion als Vertreter der modernen Kunst wurde Möller in den folgenden Jahren damit konfrontiert, Sammlungen auszutauschen oder aufzukaufen. Der Privatsammler Hermann Bünemann aus Berlin bat Möller 1934 darum, seine Werke von Franz Marc, Otto Mueller und Emil Nolde gegen Werke von Lovis Corinth, August Macke und französischer Impressionisten einzutauschen, was Möller empört zurückwies.7 Im selben Jahr erreichte Möller die Bitte eines Max Lewin aus Breslau, zwei seiner Werke umgehend und in großer Eile zu veräußern. Ob es zu einem Ankauf durch Möller kam, ist nicht belegt. Ein größeres Konvolut an modernen Kunstwerken erwarb Möller indes 1935 bei der teilweisen Auflösung der Sammlung Heinrich Kirchhoff, die von dessen Witwe und wohl ohne politische Hintergründe, sondern aus finanziellen Gesichtspunkten betrieben wurde.8 Noch bevor Möller als beauftragter Kunsthändler über die Bestände der Entarteten Kunst verfügte, war der Kunsthändler somit stets in der Lage, Handel mit Kunstwerken der deutschen Moderne zu betreiben, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Arbeiten der Künstler Ernst Barlach, Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc und Emil Nolde. Mit dem Kollegen Karl Buchholz verhandelte Möller noch 1937 über Werke von Wilhelm Lehmbruck und Georg Kolbe. Auch mit Bernhard A. Boehmer verband Möller eine berufliche Beziehung, die erst 1937 richtig begann und schon 1942 endete.
6
7 8
Hans DELFS, Mario Andreas von LÜTTICHAU, Roland SCOTTI (Hg.), Kirchner, Schmidt-Rottluff, Nolde, Nay … Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann, Ostfildern-Ruit 2004, Brief von Ernst Gosebruch an Carl Hagemann, 4. Februar 1938, Brief 931. Vgl. Berlinische Galerie, Berlin, Künstlernachlass Ferdinand Möller, BG-GFM 5314, 141–143. Vgl. Berlinische Galerie, Berlin, Künstlernachlass Ferdinand Möller, BG-GFM 5314, 424–450.
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Abb. 2: Ansichtsrechnung, 8. Juli 1936, Berlinische Galerie, Berlin
In derselben Zeit vermittelte er Werke von Künstlern wie Peter Stermann, Otto Andreas Schreiber oder Hans Weidemann, deren Arbeiten zu der so genannten NS-Kunst gezählt werden können. Zu dem damaligen Leiter des nationalsozialistischen Studentenbundes, Otto Andreas Schreiber, hatte Möller engen Kontakt, auch nach Kriegsende, was aus einem ausführlichen Schriftwechsel ab 1945 hervorgeht. Bereits 1935
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hatte Schreiber mit Möller zusammengearbeitet und dafür gesorgt, dass Emil Nolde ein Ausreisevisum für die Schweiz erhielt, zum Kuraufenthalt in Klosters bei Davos. Im Juli 1936 versandte der Kunsthändler Lithographien der Künstler Stermann und Weidemann an eine Fabrikausstellung in Hamburg, organisiert durch die Reichskammer der Bildenden Künste (Abb. 2). Die von Möller verschickten Leihgaben umfassten neben den Werken der beiden Künstler auch Gemälde von Theo von Brockhusen und Max Kaus und damit eine Mischung an moderner und nationalsozialistischer Kunst, die aus heutiger Sicht befremdlich wirkt. Als drittes Standbein in dieser Zeit hatte Möller sich dazu entschieden, den Vorläufern des Expressionismus Beachtung zu schenken und so finden sich ab 1937 in der Geschäftskorrespondenz vermehrt Angebote, die die Kunst des 19. Jahrhunderts und ältere Kunst betreffen. 1939 veröffentlichte Möller dazu einen Katalog mit Werken früherer Epochen als eine Zusammenstellung der Kunst, mit der der Galerist nun offiziell handelte, doch auch mit dem Vermerk, die meisten der abgebildeten Werke wären bereits verkauft. Möller hatte bereits zu Beginn seiner Galerietätigkeit mit Werken, die vor 1910 entstanden waren, gehandelt und von 1917 bis 1920 Künstler wie Max Slevogt, Wilhelm Trübner und Lesser Uri, die als Vorreiter der Moderne gelten, in seinem Programm. Sich erneut der Kunst des 19. Jahrhunderts zu widmen, hatte nun den Vorteil, der offiziellen, politischen Linie zu folgen. Dem Künstlerbund Schlesien in Breslau bot Möller im Januar 1937 einige Radierungen des Künstlers Fritz Boehle an, eben jenen Künstler, den Möller offenbar im Herbst desselben Jahres in seiner Galerie ausstellte. Im August 1937 listete Möller dem Sammler Heinrich Tischler eine Reihe von Kunstwerken auf, deren Mischung für den Kunsthändler sehr ungewöhnlich war. So machte Möller Angebote zu einer Radierung von Albrecht Dürer, einem Selbstbildnis Max Liebermanns, einem Gemälde von Caspar David Friedrich und einem von Hans Thoma, einem Aquarell von Lovis Corinth und einem Bild von Edvard Munch. Woher Möller diese Werke bezog, konnte bisher weder geklärt werden noch ist bekannt, ob es zu einem Verkauf kam. Ebenso ungeklärt ist, ob es sich bei dem Sammler Tischler um den jüdischen Maler, Architekten und Graphiker Heinrich Tischler handelt, der in Breslau lebte und 1938 deportiert wurde. Ein möglicher Ankauf von Kunstwerken nur wenige Monate vorher ist in diesem Zusammenhang nur schwer vorstellbar. Mit einem weiteren Angebot zu zwei Gemälden von Caspar David Friedrich wandte sich Möller noch im Mai 1938 an den langjährigen Kunden und Sammler Ernst Henke, der jedoch ablehnte.
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Der Kunsthändler hatte sein Angebot erweitert. Mit dem Ende des Jahres 1938 ist jedoch klar zu erkennen, dass sich Möllers händlerische Tätigkeit auf den Handel mit der Entarteten Kunst konzentrierte und andere Angebote und Geschäfte kaum mehr stattfanden. Möllers Benennung zu einem der vier offiziell beauftragten Kunsthändler zur Verwertung entarteter Kunst ist zwar nicht dokumentiert, doch kann mittlerweile aufgrund von Hinweisen im Nachlass des Kunsthändlers davon ausgegangen werden, dass Möller durch seine engen Kontakte unter anderem zu dem Kunsthändler Karl Haberstock ausgewählt wurde. Haberstock war Mitglied der so genannten Verwertungskommission und hatte damit die Aufgabe, über den Verkauf der Entarteten Kunst zu entscheiden. Über Möllers Position gegenüber dem Ministerium für Volksbildung und Propaganda, das die Vorgaben der Verwertung bestimmte, hat Wolfgang Schöddert, Mitarbeiter der Berlinischen Galerie, ausführlich Bericht erstattet.9 So stellt Schöddert dar, wie sich Möller über die Vorgaben des Ministeriums hinweg setzte und die ihm anvertrauten Kunstwerke trotz Androhung von Sanktionen an deutsche Sammlerinnen und Sammler, also im Inland, verkaufte. Unter jenen Deutschen, denen Möller Angebote aus dem Bestand der Entarteten Kunst machte, waren Willy Hahn in Berlin, Edgar Horstmann in Hamburg oder Lilli Fischel in München. Die meisten Angebote machte Möller erst nach der offiziellen Beendigung der Aktion Entartete Kunst, sicherlich um die Geschäfte ohne eine Rechtfertigung vor dem Propagandaministerium verhandeln zu können. Im Gegensatz zu den anderen Kunsthändlern verkaufte Möller nur an wenige, ausgesuchte Käufer im Ausland, vorwiegend in den USA und der Schweiz. In die USA sandte Möller zahlreiche Werke, vor allem Gemälde von Wassily Kandinsky und Paul Klee, die über den Künstler und Vermittler Rudolf Bauer und dessen Partnerin Hella von Rebay an den Sammler Solomon Guggenheim nach New York gingen. Außerdem verhandelte Möller über Werke von Edvard Munch mit dem norwegischen Kunsthändler Harald Horst Halvorsen, der ausdrücklich nach „Werken aus Museumsbesitz“ fragte.10 Aus unterschiedlichen Quellen aus dem Nachlass geht hervor, dass Möller seine Kontakte zum so genannten Kunstdienst, der im Berliner Schloss Schönhausen für die Verteilung der Entarteten Kunst an die Kunsthändler zuständig war, pflegte. Hatte der Kunsthändler Böhmer nachweislich gute Verbindungen zu dem Mitarbeiter des 9
Wolfgang SCHÖDDERT, Vom Geist der Kunst und dem Ungeist der Zeit. Spuren der Galerie Ferdinand Möller aus den Jahren 1937 bis 1945, in: STEINKAMP, HAUG 2010, S. 61–81. 10 Vgl. Berlinische Galerie, Berlin, Künstlernachlass Ferdinand Möller, BG-GFM 5314, 346-340.
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Abb. 3: Erste Seite des Tauschvertrags, 2. Jänner 1940, Berlinische Galerie, Berlin
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Propagandaministeriums, Dr. Rolf Hetsch, gingen Möllers Beziehungen direkt zu den Mitarbeitern des Kunstdienstes, Günther Ranft und Stefan Hirzel, über die er Zugang zu den Beständen der Entarteten Kunst hatte. Die einzelnen Transaktionen zwischen Möller und dem Propagandaministerium belaufen sich nach heutigem Kenntnisstand auf fünf Tauschverträge und drei Kaufverträge (Abb. 3).11 Zuvor hatte Möller zwei Kommissionsverträge abgeschlossen, die später in den Tauschverträgen aufgelöst wurden. Ob diese Listen die tatsächliche Gesamtmenge der Kunstwerke, die Möller aus dem Bestand der Entarteten Kunst annahm, darstellen, ist schwer einzuschätzen. Weitere Dokumente sind bisher nicht aufgefunden, insbesondere fehlt der Akt des Propagandaministeriums, in der die Korrespondenz mit Möller festgehalten ist.12 Bei der Betrachtung der Abnahmemengen aufgrund der soweit erhaltenen Aktennotizen kann festgestellt werden, dass Möller den geringsten Teil an Kunstwerken angenommen hat, wogegen Böhmer und Buchholz deutlich größere Mengen an Bildern übernahmen.13 Insgesamt 412 Graphiken und 75 Gemälde und Aquarelle konnte Möller gegen vier Gemälde und eine Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert tauschen. Die Gemälde stammten von Ernst Ferdinand Oehme, Karl Wiese, einem Schüler Caspar David Friedrichs, und Joseph Weidner, von Adolf Menzel verfügte Möller über eine Zeichnung Eisenwalzwerk. Von dem Tauschbestand, den Möller für die frühen Werke erhielt, nahmen Werke der Künstler Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel einen besonders hohen Anteil ein. Dazu kamen noch die Erwerbungen aus den drei Kaufverträgen, die der Kunsthändler im Dezember 1938, Februar 1939 und am 9. Dezember 1941 vereinbarte.14 Interessant ist dabei, dass die ersten beiden Kaufverträge auffallend früh, der dritte Vertrag dagegen erst nach der offiziellen Beendigung der Aktion Entartete Kunst geschlossen wurden. In diesen Verträgen kaufte Möller für insgesamt $ 2.500 weitere 19 Gemälde und Aquarelle, 49 graphische Arbeiten und neun Skulpturen. Vertreten waren unter anderem die Künstler Max Beckmann, Marc Chagall, Wilhelm Lehmbruck und Ewald Mataré. Woher Möller die Devisen für den Ankauf hatte, kann heute nicht mehr ermittelt werden. Ebenfalls unklar bleibt die Herkunft der Gemälde des 19. 11 Vgl. Berlinische Galerie Berlin, Künstlernachlass Ferdinand Möller, BG-GFM MF 5317, 734–778. 12 Die Akten der anderen Kunsthändler sind erhalten. 13 Vgl. Andreas HÜNEKE, Bilanzen der „Verwertung“ der „Entarteten Kunst“, in: Eugen BLUME, Dieter SCHOLZ (Hg.), Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus, Köln 1999, S. 265–274. 14 Vgl. Berlinische Galerie, Archiv / Künstlernachlässe, BG-GFM 5317, 750–774.
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Jahrhunderts, die Möller zum Tausch anbot. Lediglich der Ankauf des Gemäldes von Joseph Weidner ist im Nachlass vermerkt: Möller kaufte das Werk im Herbst 1940 von einem Privatsammler aus Berlin. Bei wem der Kunsthändler die Werke von Adolf Menzel, Ernst Ferdinand Oehme und Karl Wiese erstand, ist nicht nachweisbar.15 Wichtig ist festzuhalten, dass Möller im Vergleich zu den anderen beauftragten Kunsthändlern auffallend viele Werke aus dem Bestand der Entarteten Kunst behielt, nicht ins Ausland schickte und mit Beendigung der Aktion Entartete Kunst 1941 alle Kommissionsverträge mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Kauf- und Tauschverträge umgewandelt hatte. Dabei musste er offenbar keine Nachweise liefern, an wen er verkauft hatte und reichte auch nur einen deutlichen kleineren Betrag an Devisen in der Rechnungsstelle der NS-Behörde ein, als seine Kollegen dies taten. Am Ende des Krieges 1945 verfügte Möller über eine auffallend große Kunstsammlung mit einer Reihe bedeutender Gemälde des Expressionismus und einer hohen Anzahl an Graphiken.16 Über Möllers Motive, sich in die Aktion Entartete Kunst eingebracht zu haben, von dem Verkauf der erneut frei gewordenen Kunstwerke auf dem Kunstmarkt profitieren zu wollen und seine moralischen Prinzipien damit in Einklang bringen zu können, kann nur spekuliert werden. Aus heutiger Sicht entsteht der Eindruck, dass es Möller darum ging, die Werte, die er persönlich der Kunst des Expressionismus zusprach, zu bewahren, völlig ungeachtet der ideologischen Bewertung durch die Politik. Mit großem Vertrauen in sein eigenes Urteil war er nicht bereit, den Kunstwerken ihren Wert abzusprechen, so wie es die Nationalsozialisten forderten. Das damit verbundene Risiko empfand Möller anscheinend als tragbar. Damit gelang es dem passionierten Kunsthändler, konsequent über fast vierzig Jahre hinweg, sich der modernen Kunst zu widmen. Er hatte sich für die Kunst der Expressionisten und deren Umkreis entschieden und ließ nicht von ihr ab, auch in einer Zeit, in der diese Kunst unerwünscht war.
15 Es sind keinerlei Hinweise im Nachlass erhalten. Auch in anderen Archiven konnten keine Notizen gefunden werden. 16 Vgl. Eberhard ROTERS, Die alten Meister – die junge Kunst. Galerie Ferdinand Möller, Köln, Hahnenstraße 11, 1951–1956, in: ROTERS 1984, S. 206–220. Wolfgang Schöddert resümiert eine Mindestanzahl von Kunstwerken mit 89 Gemälden, 10 Skulpturen, 102 Aquarellen, 58 Zeichnungen, 511 Druckgrafiken, 2 Mosaike und 2 Teppiche allein aus der Aktion Entartete Kunst, dazu müssen noch die Kunstwerke, die Möller bereits zuvor in seiner Privatsammlung hatte, gezählt werden, vgl. SCHÖDDERT 2010, S. 68.
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Ferdinand Möller: A Staunch Exponent of Modernism At the beginning of the Nazi takeover, Ferdinand Möller was a highly respected gallery owner living in Berlin. Since 1917, he had dealt in the art of the expressionists, particularly that of the artist group Die Brücke, but also in works of art from the nineteenth century and before. At the same time, he also promoted contemporary art. The period from 1933 to 1945 was marked by inconsistency and insecurity, and the gallery had to adjust its business strategy. While Möller was no supporter of the Nazis, he knew how to come to terms with and endure these inconsistencies in his dealings. In 1938, Möller was put in charge of the Entartete Kunst, that had previously been removed from German museums by the authorities to sell for hard currency abroad. He scarcely adhered to the Nazi’s requirement that these works of art should not be further circulated within the German Reich, but he in fact sold to German collectors and kept a large proportion of the goods for himself. Apparently Möller considered the associated risk to be low, and thus he went from being a dealer to a collector of the art entrusted to him. From today’s perspective, the impression arises that Möller was concerned with preserving the art he valued, regardless of the political valuation. Only in the postwar period did Möller’s intentions change from collector back to dealer – but he always consistently advocated for works of expressionist art.
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The Irmgard Burchard Tableaux: An Anti-Nazi Dealership in 1930s Switzerland Lucy Watling
In the summer of 1938, a committee headed by the British art historian Herbert Read staged one of the first, and certainly one of the largest, dedicated displays of ‘German’ art seen in Britain. Held at London’s New Burlington Galleries, the exhibition Twentieth Century German Art featured over 260 pieces by some 60 artists working in and around Germany, with almost half the works offered for sale.1 Most of the artists were completely unknown to their British audience; this sense of the show as “introduction” was strengthened by its companion publication, Modern German Art.2 Attributed to Peter Thoene, pseudonym of the Yugoslav émigré Oto Bihaly Merin, the book’s cover proudly stated its position as “the only work in English on the subject” of German Modernism. Yet although Britain’s appeasement stance had kept the show’s title and marketing neutral, it was the political message of Twentieth Century German Art which had the greatest impact on the contemporary press, and which dominates subsequent accounts of the exhibition. Twentieth Century German Art is now seen as a key statement of British opposition to Nazi cultural policy – London’s answer to Munich’s Entartete Kunst – serving to further elevate British figures such as Read into the ranks of the “cultural activists”. This paper seeks to illustrate that the Twentieth Century German Art exhibition was not an exclusively British project. From her base amidst the émigré/cultural circle at Zürich’s Zett-Haus apartments, the Swiss dealer Irmgard Burchard (1908–1964), assisted by her husband, the artist and graphic designer Richard Paul Lohse, constituted the driving force behind the exhibition, whilst making a series of vital contributions to Merin’s companion book Modern German Art.3 In addition, research has revealed that Burchard’s opposition to Nazi cultural policy did not begin in 1938. Her Zürich-based 1 2 3
Twentieth Century German Art, exhibition catalogue, New Burlington Galleries, London, from 8 July 1938. Peter THOENE, Modern German Art, London 1938. In my 2010 thesis I consider in detail Burchard’s role in London, her later career as an artist and how various factors have impacted upon her recognition as an activist. Lucy WATLING, Irmgard Burchard (1908–1964): Zürich, London and the Recognition of Cultural Activism, MA thesis, Courtauld Institute of Art, London 2010.
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“Irmgard Burchard Tableaux” presents a Swiss dealership that in many ways defied the judgments leveled against the country’s art trade during this period.4 With a series of commercial exhibitions Burchard organized in Zürich in 1937 under the title Art Réaliste et Abstrait, we can see how she used her dealership to publicly support entartete Kunst in Zürich, to provide material assistance to its artists, and to construct a network of contacts that would come to be of vital significance to the London exhibition. Yet what can also be identified in Burchard’s Zürich dealership, feeding into her activities in London, is a sense of mediation, a complexity that leaves many questions unanswered. Were Burchard’s activities in Zürich as openly anti-Nazi as they could – or should – have been? Did the opportunity for self promotion and financial gain negate their “worth” as activism? And though Burchard and Lohse’s gathering of works for sale in London made a vital contribution to the show as anti-Nazi statement, from which collections had these paintings and sculptures come? There is a notable lack of detailed provenance information in the brochure of Twentieth Century Art; almost one hundred works are listed with no provenance, whilst others had their ownership concealed. In the context of widespread lootings and forced sales, had Burchard and Lohse, or the British organizers headed by Herbert Read, given the issue of provenance any thought? Did they consider that the value of their support outweighed the potential compromises arising from trading these works, and should we feel the same way now? Comprehensive research into the provenance of the 269 works listed in the brochure for the Twentieth Century German Art exhibition remains to be done, and without it these questions remain unanswered. Nonetheless, the example of Irmgard Burchard illustrates the need for a much more nuanced approach to defining “activism” or “anti-Nazism”. We must be willing to recognize the value of contributions made by those often classified as problematic – such as Swiss dealers – whilst not smoothing over the complexities of their actions. Burchard’s early career displayed little interest in the art trade. It was her move to Zürich’s Zett-Haus development that proved crucial to awakening her artistic interests, her political consciousness, and to the foundation of her dealership. The ZettHaus apartments and offices were completed in 1932 but, due to the global recession, were left untenanted. With rents dramatically reduced, the block soon became home to a community of artists, designers, and other creatives in Zürich.5 Richard Paul 4
5
For example, in Martin KÖNIG, Bettina ZEUGIN (eds.), Switzerland, National Socialism and the Second World War, Final Report of the Independent Commission of Experts Switzerland – Second World War, Zürich 2002. Richard Paul LOHSE, Zetthaus, in: Dreissiger Jahre Schweiz: Ein Jahrzehnt im Widerspruch, exhibition catalogue, Kunsthaus Zürich, Zürich 1981, pp. 88–101, p. 89.
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The Irmgard Burchard Tableaux
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Image 1: Photograph of Irmgard Burchard in the 1940s. Reproduced in Katrina Elizabeth Russell. IM Burchard Simaika: Globetrotter und Malerin, in Film und Frau 1956
Lohse founded his graphic design business in the block, where he also lived alongside fellow artists and designers: whilst Herbert Matter and Anton Stankowski displayed their photography and montage in the living quarters, the artist Clément Moreau decorated the Zett-Restaurant with his murals.6 At the same time, from January 1933 the block served as a refugee help center, providing accommodation for those then flooding into German-speaking Switzerland.7 For a crucial five-year period until the closure of its borders in August 1938, Switzerland was open to those fleeing Germany.8 Recorded visitors to the Zett-Haus include the writers Ernst Bloch and Stefan Heym, the playwrights Ernst Toller and Arthur Holitscher. Oto Bihaly Merin, later the author of Modern German Art and at that time in exile from Berlin, took an apartment with his family in 1935, whilst the artist behind the Zett-Restaurant murals, Clement Moreau, was in fact the German-born émigré Carl Meffert.9 6 7 8 9
Stiftung Clément Moreau, Zürich. Zett-Haus Collection. Photograph of interior of Zett Restaurant. LOHSE 1981; Bernhard BRACK-ZAHNER, Nichts Menschliches ist mir fremd: Das Leben von Nelly Meffert-Guggenbühl, St. Gallen 2004. Alfred A HÄSLER, The Lifeboat is Full: Switzerland and the Refugees: 1933 to 1945, trans. Charles Lam Markmann, New York 1969, pp. 321–330. See BRACK-ZAHNER 2004; LOHSE 1981, p. 90; Angela THOMAS, Das Zett Haus wird Anlaufstelle für Flüchtlinge, in: Angela THOMAS, Mit subversivem Glanz: Max Bill und seine Zeit, Zürich 2008.
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Though this émigré scene has not yet been subject to dedicated research, it clearly had a profound influence on the young Burchard. In the summer of 1933, aged 25, she was working for a cousin’s manufacturing business.10 Sent to establish the firm’s Zürich office in the Zett-Haus, by 1935 Burchard and Lohse were married, and it is around this time we see the first evidence of Burchard as art dealer. Though little evidence remains of these early dealing activities, Burchard clearly made the most of her dual position at the center of modern artistic and émigré circles in Zürich. By the spring of 1937 she was ready to showcase the range of artists she dealt. The first Art Réaliste et Abstrait exhibition was staged from May to June in an apartment at Seefeldstrasse 239.11 The show opened in an expanded form one month later, at commercial premises at Stadelhoferstrasse 42.12 From their modest scale and relatively private locations, it is perhaps difficult to view these early shows, combining abstract and realist art, as a truly biting response to the Entartete Kunst campaign. As the one surviving review notes, many of the early exhibitors were Swiss, or more traditional in style,13 whilst Burchard herself often described the shows solely in national terms.14 Yet in the small and closely watched Zürich milieu, at the precise moment when events were unfolding in Munich, the very presentation of abstract and realist art on an equal footing would have constituted a political position. And these politics were not necessarily undermined by the predominance of Swiss exhibitors. As Burchard planned her shows, the increasing conservatism of the Swiss artistic establishment had prompted rebellion, led by none other than http://www.clement-moreau.ch/biografie.htm (9.6.2010). 10 Stadtarchiv Zürich. Irmgard Burchard application for Zürich Stadtbürger status and supporting Lebenslauf dated 6 July 1934. Burchard’s father was German and as such she was required to apply for Stadtbürger status to attain effective Swiss citizenship. 11 Kunstmuseum Stuttgart, Baumeister Archiv. Letter from Irmgard Burchard to Willi Baumeister, no date (prior to 20 May 1937). The artists listed as featuring in the Seefeldstrasse stage: Otto Abt, René Auberjonois, Maurice Barraud, Paul Barth, Alexandre Blanchet, Walter Bodmer, Hans Fischli, Hermann Haller, Karl Hügin, Max Hunziker, Anna Indermaur, Paul Klee, Leo Leuppi, Richard Paul Lohse, Pablo Picasso, Casimir Reymond, Walter Roshardt, Hans Schiess, Paul Speck and Walter Wiemkin. 12 Richard Paul Lohse Stiftung, Zürich. Notice of the second stage of Art Réaliste et Abstrait, 15 July to 15 August 1937. 13 Zentrum Paul Klee, Bern. Graeser Studio Collection, reference ,Kunstmuseum Bern‘. Review of the first stage of Art Réaliste et Abstrait titled ,Kunst im Haus‘. „Wie wäre es, wenn man ... Konservative mit Neuerer zusammenbrächte? ... Es ist eine Kollektion realistischer und abstracter Schweizer Künstler ... Gemeinsam das Gesicht der Zeit spiegeln”. 14 See, for example, Zentrum Paul Klee, Bern. Letter from Irmgard Burchard to Paul Klee dated 6 May 1937, where Burchard describes the show: „Es handelt sich darum, in Zürich ... Arbeiten von in der Hauptsache Schweizer Künstler zu zeigen ... Zugleich möchte ich einen Querschnitt durch das Schaffen der heutigen Schweizer Generation geben“.
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The Irmgard Burchard Tableaux
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Burchard’s husband, Richard Paul Lohse. In 1937 he was among the founding members of the artists’ group Allianz, formed to promote abstract and surrealist artists in Switzerland.15 Lohse and other Allianz members are included from the first stages of Art Réaliste et Abstrait,16 together with many members of Switzerland’s more explicitly anti-fascist Gruppe 33.17 But perhaps more importantly, in addition to this general anti-Nazism, Burchard also included named entartet artists amongst her exhibitors. From the first stage, Paul Klee was included: forced to return to Switzerland in 1933, the artist had 17 works included in Entartete Kunst that summer.18 At Stadelhoferstrasse, Klee was joined by Willi Baumeister: again exhibited in Munich, at this time making a living as a typographer in Stuttgart.19 After its second closure, Art Réaliste et Abstrait reopened for a final time at the Zett-Haus apartments; here Oskar Schlemmer and Otto Freundlich joined the list of exhibitors.20 Today the archives of Paul Klee preserve Burchard’s makeshift program for this final stage: two hastily prepared pages of type, with the signatures of Klee and Schlemmer displayed alongside lists of the works included.21 Burchard was clearly proud to include these entartet names, yet even in this final stage, the politics of Burchard’s show, and her dealership, were never made explicit. No doubt the political situation in Switzerland played a role: the pressure to act within the confines of neutrality, pressure to promote “Swiss Culture” and a German-speaking Swiss nationality distinct from ideas of race.22 But was this also intended to ensure the sales of her dealership, on which she
15 Richard Paul LOHSE, 1936, Prolog Zur Allianz, in HOLZ et al (ed.), Lohse Lesen: Text von Richard Paul Lohse, Zürich 2002, pp. 49–50. 16 Including Hans Fischli, Anna Indermauer, Leo Leuppi and Hans Schiess, all visible on the advertisement for the Stadelhoferstrasse stage of the exhibition. 17 Such as Walter Bodmer and René Auberjonois. Richard Paul Lohse Stiftung, Zürich. Notice of the second stage of Art Réaliste et Abstrait, 15 July to 15 August 1937. See also Jean Christophe AMMANN, Margrit SUTER, 50 Jahre Gruppe 33: die Mitglieder der ersten zehn Jahre, exhibition catalogue, Bündner Kunstmuseum, Chur 1983. 18 For details of Klee’s career and persecution, see Pamela KORT, Paul Klee, in: Stephanie BARRON, Degenerate Art: The Fate of the Avant-Garde in Nazi Germany, New York 1991, pp. 279–284. 19 Kunstmuseum Stuttgart, Baumeister Archiv. Letter from Irmgard Burchard to Willi Baumeister dated 12 June 1937. See also BARRON 1991. 20 Zentrum Paul Klee, Bern. Graeser Studio Collection. Exhibition program for the Zett-Haus stage of Art Réaliste et Abstrait. BARRON 1991. 21 Zentrum Paul Klee, Bern. Graeser Studio Collection. Exhibition program for the Zett-Haus stage of Art Réaliste et Abstrait. 22 See in Oliver ZIMMER, A Unique Fusion of the Natural and the Man Made: The Trajectory of Swiss Nationalism 1933–1939 in: Journal of Contemporary History, vol. 29 no. 1 (Jan 2004), pp. 5–24.
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earned valuable commissions? As Klee, Baumeister, Schlemmer and Freundlich were forced out of the German establishment, did Burchard promote them as a gesture of solidarity? Or because she simply could not pass up the chance to deal in such wellknown names? We can only conclude that these exhibitions, as the public face of her dealership in Zürich, were from their very title an act of mediation: their support of entartete Kunst was significant, but never explicit. In fact, it was the network of relationships Burchard used her dealership to construct that came to have a far greater impact as support for entartete Kunst. Firstly, her relationships with entartet artists themselves: in contrast to many in Switzerland, Burchard dealt for Klee and Baumeister directly. In the archives of both artists we see lists of works exchanged and prices agreed upon;23 Burchard clearly provided important financial support as both artists saw their careers in Germany destroyed. These relationships, built in Switzerland, can then be traced directly into events in London. In the case of Baumeister, at least two works sent to Burchard in Zürich, Fussballspieler of 1934 and Tennisspieler of 1933, later appear in Twentieth Century German Art. Similarly in the case of Klee, Bewachtes Mädchen and Gift (both of 1932), both sent by Klee for exhibition and sale in Zürich, appear again in the London catalogue. Whilst the precise extent of Burchard’s involvement with Merin’s book Modern German Art cannot be considered in detail here, she clearly exerted a real influence over the publication. When Merin discusses Baumeister, he refers specifically to “Footballers” and “Tennis Players”;24 Klee’s Bewachtes Mädchen and Gift are both illustrated in the text, together with numerous other works from Burchard’s Zürich dealership lists.25 Tracing these specific works from Zürich to London, we can see how the relationships Burchard built through her dealership were then utilized in London to defend the same artists on a larger scale. Another work brought to London via Zürich illustrates this same construction and utilization of networks, this time with her fellow dealers. In the catalogue of Twentieth Century German Art we see the 1937 Max Beckmann painting, Der König, listed as coming from the collection of Irmgard Burchard. In fact this painting remained in
23 Kunstmuseum Stuttgart, Baumeister Archiv. Collection of letters from Irmgard Burchard, 1937–1938, and Zentrum Paul Klee, Bern. Letters from Irmgard Burchard to Paul Klee dated 1936–1938. 24 THOENE 1938, pp. 82–83. It is also Burchard who writes to Baumeister for copies of illustrations for the Thoene text. Kunstmusem Stuttgart, Baumeister Archiv. Letter from Irmgard Burchard to Willi Baumeister dated 9 December 1937. 25 Zentrum Paul Klee, Bern. Commissionssendung an Frau Irmgard Burchard in Zürich Z-Haus, dated November 1937.
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The Irmgard Burchard Tableaux
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the artist’s ownership in 1938: from his exile in Amsterdam, Beckmann had sent the painting to his Munich dealer Stephan Lackner, to be included in a 1938 commercial exhibition at the Kunsthalle Bern.26 Burchard clearly took advantage of Lackner’s presence in Switzerland. The dealer’s own writings confirm his contact with Burchard and the ZettHaus circle,27 a contact we can then trace directly into Beckmann’s prominent position in the London show. The artist was selected to give the opening address, whilst his 1937 triptych Versuchung, again brought to London by Lackner direct from the artist, became something of a trademark image for the exhibition.28 No doubt thanks to LackImage 2: Twentiet����������������������������� h Century German Art, exhibiner’s contact with Burchard, Beckmann tion catalogue, New Burlington Galleries (London features prominently in Merin’s book: 1938) whilst three works are illustrated, the artist is described as “the most vital of living German painters”.29 This exposure becomes all the more vital given the artist’s ultimate move to the United States in 1947.
26 Ausstellung Max Beckmann, Maguerite Fre-Surpek, Martin Christ and Fernand Richard, exhibition catalogue, Kunsthalle Bern, Bern 1938. That this painting remained in Beckmann’s possession until 1949, see provenance for Der König published by the St Louis Art Museum, http://www.slam.org/Collections/ (20.3.2011). For details of Beckmann’s life and relationship with Lackner see, for example, Barbara COPELAND-BUENGER (ed.), Max Beckmann, Self Portrait in Words: Collected Writings and Statements 1903–1950, Chicago-London 1997. 27 For example Stephan LACKNER, Helen ADKINS, Exhibition of 20th Century German Art, in: Michael BOLLE, Stationen der Moderne: Die bedeutenden Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Berlin 1988, pp. 315–337; and Stephan LACKNER, Twentieth Century German Art, Neue Zuercher Zeitung, Saturday / Sunday 2 / 3 July 1988, p. 65. 28 Max BECKMANN, On My Painting, reproduced in: COPELAND-BUENGER 1997. A photograph of the triptych Temptation featured, for example, in: All Degenerate, in: Weekly Illustrated London, 16 July 1938; on the cover of the Times Literary Supplement, Saturday 23 July 1938; Hitler Pilloried This, in: The Daily Mirror, 5 July 1938. 29 THOENE 1938, p. 91.
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But here too a sense of mediation creeps into Burchard’s activities. Why did she choose to name herself as the owner of Der König in the London catalogue, when Lackner was openly named alongside other Beckmann works? Similar concealments appear elsewhere in the London catalogue: Burchard names herself as owner of paintings by Klee and Schlemmer which she had in fact brought, as dealer, from Zürich. At the same time she claims ownership of a Corinth piece from the collection of German émigré Dr. Erich Göritz – again Göritz was named as a lender elsewhere in the catalogue.30 In her position as a well connected dealer, Burchard was clearly able to use these connections to strengthen the force of the London show. But was she also engaging in reputation building, choosing works for a fictional collection to depict herself as a successful dealer and collector? Should this affect the weight we give to her actions? And what do these deliberate misrepresentations of ownership tell us about the approach of the entire London exhibition to provenance? A similar ambiguity is revealed when we consider Burchard’s construction of relationships with the collectors themselves during the time of the Zürich dealership. Writing to Paul Klee in June 1937, Burchard asks for the artist’s advice regarding the appropriate price for his 1919 work Haus zur Distelblüte, which she was being asked to sell on behalf of a “deutschen Bekannten, der leider seiner Bilder verkaufen musste”.31Haus zur Distelblüte previously formed part of the collection of the Jewish banker Hugo Simon, who fled Germany in 1933.32 It seems the painting had then passed to Alfred Flechtheim, who died in exile in London in March 1937. Three months later, in the midst of her Zürich dealership activities, we see Burchard attempting to sell the work. Hugo Simon would go on to lend at least 19 pieces to Twentieth Century German Art, including works by Ernst Ludwig Kirchner, Ernst Barlach, Max Pechstein, and Oskar Kokoschka. His collection made a vital contribution to the London show, one it seems made possible by Burchard’s earlier contact with the collector. But the 1937 Haus zur Distelblüte transaction highlights the complexity of Burchard’s brand of activism. 30 Corinth, Selbstporträt am Walchensee (1922). That this work came from the Göritz collection, see Charlotte BEREND-CORINTH, Lovis Corinth: Die Gemälde, München 1992, p.184. See also GILAM, Erich Göritz and Jewish Art Patronage in Berlin during the 1920s; in: Jewish Art Journal, 1985, vol. 11, pp. 60–72. 31 Zentrum Paul Klee, Bern. Letter from Irmgard Burchard to Paul Klee dated 21 June 1937. 32 Results of provenance research conducted by the Städel Museum Frankfurt into Haus zur Distelblüte, in: Annexe à la demande de délivrance d’une garantie de restitution presented by the Fondation de l’Hermitage, Lausanne, 26 August 2009. See also Frithjof TRAPP, Die Autobiographie des Bankiers und Politikers Hugo Simon: Politische Reflexion im Medium des deutschen Realismus, in: Exile, Frankfurt am Main, vol. 6 1986 2, pp. 30–38; Edita KOCH, Hugo Simon/Hubert Studenic, in: Exile, Frankfurt am Main, vol. 3 1983 1, p. 50.
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The Irmgard Burchard Tableaux
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A final reference should be made to Burchard’s relationship with the British dealer and gallery owner Lady Noel Norton, again originating during the Zürich dealership, which seems to explain how Burchard became involved with the London show. Norton’s London Gallery was founded in late 193633 and soon became a center for the promotion of European modernism in Britain. Early shows included Edvard Munch (prefaced by Herbert Read), Moholy Nagy (with a preface by Siegfried Gideon) and Oskar Schlemmer; in December 1936 Norton approached Paul Klee regarding a possible “Blue Four” show in London.34 With the overlap in Norton and Burchard’s circles, it is no surprise that by late 1937 Burchard appears as a representative for the “Continent” in Norton’s London Gallery.35 Whilst Burchard had originally planned a stage of Art Réaliste et Abstrait for London, after meeting Norton, these plans developed into the basis of Twentieth Century German Art: we can see Burchard and Norton working together on the earliest plans for the exhibition.36 Norton had contacts reaching far into the British establishment; her husband was the Foreign Office staffer Sir Clifford Norton, from December 1937 posted to the British Embassy in Warsaw, where Lady Norton followed him. Through her meeting with Norton, Burchard was able to intertwine their networks. Thus was formed a formidable combination of artistic and political resources for the planning of Twentieth Century German Art, but one characterized from the outset by chance and opportunity – far from the reasoned planning we often expect from our activists. Klee, Baumeister, Lackner, Simon and Norton: these are just a few of the relationships built by Burchard in Zürich that came to play a central role in the success of events in London. Burchard stands as an important example of how a dealer in Switzerland could use her unique position not only to promote entartete Kunst in her own country, but to make a central contribution to its defense on a larger scale in London. Yet at the same time, we see the many uncertainties and complexities presented by Burchard’s “activism”. At every stage, her actions seem characterized by motivations we do not expect – or want – from activists: opportunism, financial gain, a concern 33 Tate Gallery Archive, Lady Peter Norton Materials. TGA 9113.1.122. Letter from Gilbert Samuel & Co Solicitors to Mrs. Clifford Norton dated 1 September 1936. 34 Zentrum Paul Klee, Bern. Letter from Noel Norton to Paul Klee dated 31 December 1936. 35 Zentrum Paul Klee, Bern. Letter from Irmgard Burchard to Paul and Lily Klee, dated 29 November 1937. 36 For details of Burchard’s London plans, see Zentrum Paul Klee, Bern. Letter from Irmgard Burchard to Paul Klee dated 6 May 1937. The early evidence of Norton and Burchard working together on Twentieth Century German Art comes from the archives of Eugen Spiro. Letter to Spiro dated 17 November 1937, referred to in LACKNER, ADKINS 1988, pp. 315–337.
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for her own profile and a desire not to publicize her politics. In turn, by revealing this ambiguity at the center of the Twentieth Century German Art, Burchard leads us to question the accepted view that this exhibition as “pure activism”, to challenge the idea that the art world of 1930s London was somehow detached from the complexity of events in mainland Europe.
The Irmgard Burchard Tableaux: An Anti-Nazi Dealership in 1930s Switzerland As set out in the 2001 report of the Independent Commission of Experts, many art dealers working in and around Switzerland not only profited greatly from National Socialist cultural policy, they also actively collaborated with the regime. These facts have served to alienate Swiss dealers – and indeed Switzerland in general – from narratives of antiNazi activism. In 1938, Zürich-born Irmgard Burchard served as honorary organizer of the London exhibition Twentieth Century German Art – a show that, together with its companion publication Modern German Art, played a crucial role in defending entartete Kunst whilst introducing many of its artists to an English-speaking audience. Burchard and her Swiss husband, the artist and graphic designer Richard Paul Lohse, played a vital yet often neglected role in the preparation of both the exhibition and its accompanying text. Before she came to London herself, Burchard was using her dealership in Zürich – the self-styled ‘Irmgard Burchard Tableaux’ – in the same anti-Nazi cause. In a series of commercial exhibitions Burchard organized under the title Art Réaliste et Abstrait, staged across three venues in Zürich during 1937, we are presented with an important example of how dealers were able to use conditions in Switzerland to counter National Socialist cultural policy. Yet what we can also identify from Burchard’s Zürich dealership, which fed into her activities in London, is a sense of mediation. At every stage she appears to fall between established narratives: commercial yet activist, opportunist yet politically calculated, self-promoting yet self-endangering. Appreciating the value of her mediatory position has important consequences not only for how activism by dealers is recognized, but also for the recognition of wider acts of cultural activism taking place in Switzerland during the years of the Third Reich.
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The Dealer and the Museum: C. T. Loo (1880–1957), the Freer Gallery of Art, and the American Asian Art Market in the 1930s and 1940s Dorota Chudzicka
The first half of the twentieth century witnessed remarkable developments in the reception of East Asian art, particularly Chinese art, both in Europe and in the United States. At the core of this change was a shift in understanding of the ideas and practices inherent in Chinese art. Until then, Chinese art objects had been valued for their aesthetic qualities, but without any recognition of the broader artistic and historical context from which they came. In the United States, interest in Chinese art production that extended beyond the offerings of curio shops and the search for exotica emerged in the first half of the nineteenth century.1 However, the acceptance of the status of Chinese art objects as art was for decades limited to certain categories of objects. Chinese ceramics, in particular, were perceived as the main collectable items from China and dominated the supply and demand of the art trade. This attitude began to change in the 1890s, when Chinese and Japanese prints and paintings became the subject of collectors’ attention.2 The establishment of the Department of Japanese Art in the Boston Museum of Fine Arts in 1890 marked the beginning of systematic studies of Oriental art within the museum context. The growing interest in the material culture of Asia favored Japanese art; it was not until the political transformation of China at the beginning of the twentieth century that the intensified cultural exchange between the West and China began. Publications by Sinologists Edouard Chavannes and Paul Pelliot stimulated public interest. The increasing availability of Chinese antiquities on the market, following the events of the Boxer Uprising in 1900 and the revolution in 1911, gave rise to the Western connoisseurship of Chinese art informed by scholarly pursuits and contingent on the emergent art market. The public taste for East Asian Art in the United States was shaped by individuals whose collections would eventually enrich public institutions.3 Among the prominent American collectors of Asian Art, Charles Lang Freer (1854–1919) distinguished himself by the breadth and quality of the collection he assembled. Freer started his collec1 2 3
Warren I. COHEN, East Asian Art and American Culture: A Study in International Relations, New York 1992, pp. 12–13; Steven CONN, Do Museums Still Need Objects?, Philadelphia 2010, pp. 90–97. COHEN 1992, pp. 18–19, 31. Benjamin MARCH, China and Japan in Our Museums, New York 1929, p. 11.
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tion in the 1880s with purchases of modern European prints and works by contemporary American painters.4 Following the advice of James McNeill Whistler and under the guidance of Ernest Fenollosa, Freer included Asian art into his unifying aesthetic vision and began acquiring Asian artworks in the 1890s.5 In 1913, Freer, anticipating the developments in the art market, wrote that “Interest in the finer arts of China is making tremendous headway throughout England, France, and Germany, as well as in this country,” advising the director of the Cleveland Museum of Art “to lose no opportunity to secure fine specimens for your Museum.”6 At a time when collecting Asian art ceased to be an endeavor of the few, America became an attractive arena for merchants, dealers, and Asian art specialists involved in the exchange of Asian art objects. Competition was steadily increasing, not only among collectors but also among dealers, as native Chinese sellers entered the Oriental art market in the West.7 Among new dealers arriving in 1914–15 to probe the budding opportunities in the United States was C. T. Loo (Loo Ching-Tsai; Lu Qinzhai) (image 1).8 Richard E. Fuller described C. T. Loo’s birthplace as his ancestral village of Lujiadu outside of the city of Huzhou in Zhejiang province. Loo was born into a prominent scholarly family, which lost its wealth in the course of China’s tumultuous nineteenth century. In 1900, after schooling in Shanghai, Loo went to Paris with the intention to enter into foreign trade. In 1902 his professional interests crystallized when he met Zhang Jingjiang (1877–1950), the commercial attaché to the Qing embassy in Paris, who suggested that they should establish an art gallery together.9 With Zhang as an associate, Loo opened a curio shop at Place de la Madelaine in Paris called Ton-Ying. When his attempt to trade in contemporary curios and Qing porcelains did not bring satisfactory results, Loo turned his interest toward antiquities. In 1908 Loo opened a second shop in Paris at 34 Rue Taitbout under the name of Lai Yuan.10 Loo’s contacts 4
Helen Nebeker TOMLINSON, Charles Lang Freer: Pioneer Collector of Oriental Art, Ph.D. diss., Case Western Reserve University 1979, 4. vols. Thomas LAWTON, Linda MERRILL, Freer: A Legacy of Art, Washington, DC 1993. 5 Thomas LAWTON, Thomas W. LENTZ, Beyond the Legacy: Anniversary Acquisitions for the Freer Gallery of Art and The Arthur M. Sackler Gallery, Washington, DC 1998, p. 21. 6 Cleveland Museum of Art Archives, Charles Lang Freer to Frederic Allen Whiting, 10 October 1913, cited after TOMLINSON 1979, p. 665. 7 TOMLINSON 1979, p. 638. 8 C. T. LOO, Preface, in: An Exhibition of Chinese Stone Sculptures, New York 1940. 9 Richard E. FULLER, Loo Ch’ing-Tsai 1880–1957, in: Archives of the Chinese Art Society of America 12 (1958), p. 8. 10 Eduard von der HEYDT, Cheng-Tsai Loo, in: Artibus Asiae 20, 2/3 (1957), p. 186; TOMLINSON 1979, p. 657–8, n. 35.
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The Dealer and the Museum
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Image 1: C. T. Loo ca. 1910/20s
in China, built into a network of agents in Beijing and Shanghai11 and paired with his ability to forge connections with dealers, collectors, museum professionals and scholars in France, quickly established his position in the market for Chinese art.12 In February 1915, during a visit to the United States, Loo met Charles Lang Fre13 er. This meeting, along with Loo’s successful transactions with American collectors 11 In 1911–1941, Loo worked with Wu Qizhou, a dealer in Shanghai, and in 1911–1926 with dealers Zhu Duzhai in Beijing and Liao Xihua in Suzhou. Zhu and Liao shipped their goods to Wu, who then packaged and shipped them to France; CHEN ZHONGYUAN, Jianshang shu wangshi, Beijing 1999, p. 384, information retrieved from Jenny Liu, Research Report, Smithsonian Institution, 2007. 12 Yiyou WANG, The Loouvre from China: A Critical Study of C. T. Loo and the Framing of Chinese Art in the United States, 1915–1950, Ph.D. diss., Ohio University 2007, p. 28, n. 5. 13 Loo stated that his visit took place in January 1915; LOO, Preface, in: An Exhibition of Chinese Archaic Jades, New York 1950. According to U.S. Immigration records, he arrived in New York from France on 15 February 1915; see www.ellisisland.com (15.2.2011). Loo’s first visit to the United States was in 1914.
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and institutions – particularly the sale of several Chinese stone sculptures, which he had been unable to sell in Europe14 – allowed Loo to recognize the potential of American art market. The same year, he decided to expand his Paris business to the other side of Atlantic, establishing The Société Chinoise Léyer at 489 Fifth Avenue, and then Lai Yuan & Co. at 557 Fifth Avenue in New York.15 Loo’s success during his first season in New York did not escape the attention of Freer, who, in February 1916, remarked that “Mr. Loo has enjoyed a prosperous winter, and other Chinese merchants now here are all wearing smiles, so I take it for granted that they are pleased with their experience.”16 Despite this promising beginning, Loo’s relationship with Freer did not continue fruitfully after 1916. In 1917, Freer abruptly severed contact and business with Loo, possibly due to a suspicion that the dealer had acted dishonestly.17 In 1926–28, Loo built the pavilion-style, five-storey gallery at 48 Rue de Courcelles in Paris. The new prestigious gallery, designed in a “fashion … more foreign than traditional,” drew attention to Loo’s presence in Paris.18 Along with other European and American dealers and collectors, Loo took part in a series of important exhibitions in Europe (Cologne 1926, Berlin 1929, Stockholm 1933), which culminated in the International Exhibition of Chinese Art at Burlington House in London in 1935-36. Loo’s visibility in Europe notwithstanding, after 1915 the majority of Loo’s business was conducted in America.19 By the early 1920s, Lai Yuan in New York branched out 14 LOO 1940, n.p.; J. Keith WILSON, Daisy Yiyou WANG, The Early-Twentieth-Century ‘Discovery’ of the Xiangtangshan Caves, in: Katherine R. TSIANG, Echoes of the Past: The Buddhist Cave Temples of Xiangtangshan, Chicago 2010, pp. 107–113, 124. 15 Loo’s first gallery opened on Fifth Avenue, near Adolph Worch’s short-lived shop, by early spring 1915; see Charles Lang Freer Papers, Freer Gallery of Art and Arthur M. Sackler Gallery Archives (CHLFFSG), Charles Lang Freer to Samuel T. Peters, 9 March 1915; see also “Famous Chinese Paintings”, in: American Art News 13, 24 (1915), p. 3. By December 1915, Loo was placing advertisements for “Chinese Antiques, Lai-Yuan & Co.”; see American Art News 14, 9 (1915), p. 3. 16 CHLF-FSG, Charles Lang Freer to Marcel Bing, 2 February 1916. Loo, who, in addition to Pang Yvenji’s painting collection, sold to Freer a number of bronzes and jades in this period, admitted that “my success here is entirely due to your influence and as you say America needs me, may I add that both America and China needs you.” CHLF-FSG, C. T. Loo to Charles Lang Freer, 15 June 1916. 17 See, e.g., Agnes Meyer Papers, Library of Congress, Charles Lang Freer to Agnes Meyer, 24 October, 1916. Cf. TOMLINSON 1979, p. 652. The negative judgment of Loo’s character was shared by Freer’s confidant and fellow collector Agnes Meyer, one of Loo’s first clients, who called him “a tricky devil,” Freer Gallery of Art and Arthur M. Sackler Gallery (FSG), Registrar Office files, Agnes Meyer to Katharine Rhoades, 24 December 1920. 18 Osvald SIRÉN, The Chinese Pavilion of C. T. Loo & Co. and Its Fresco Paintings, in: Pantheon (November 1928), pp. 544–552. 19 TOMLINSON 1979, p. 639. WANG 2007, p. 29.
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Image 2: Freer Gallery of Art, north exterior, ca. 1923
to C. T. Loo Chinese Antiques, with its offices housed next door at 559 Fifth Avenue.20 Loo’s multifaceted activities included numerous publications and exhibitions at his gallery in New York, allowing his reputation to grow in the United States. In 1936, Loo’s new gallery opened in the Fuller Building at 41 East 57th Street in New York.21 In the 1920s, when “the golden age of East Asian art collecting in America” came to a close22 and collections expanded at a more steady pace, museums became not only important repositories but also primary interpreters of and advocates for Chinese art in American society. In 1906 Freer gifted his collection, which at the end of his lifetime comprised nearly 9,500 items, to the Smithsonian Institution. The Freer Gallery, the first museum exclusively devoted to Asian and American art, opened to the public in 1923 (image 2), signaling “the ultimate acceptance of Asian objects into the category of fine art.”23 By 1929, as Benjamin March’s survey report revealed, major 20 The Art News 21, 40 (1923), p. 5; FSG, Object file F. 1923.1–2, Letterhead, Katharine Rhoades to Marion H. Wheildon, 17 October 1923. 21 WANG 2007, p. 41. 22 COHEN 1992, p. 37. 23 CONN, p. 107.
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and minor art museums in America collected and displayed Asian objects.24 Loo recognized the importance of museum collections for his business, and museums became his most valuable clients. In 1921 Loo sold three sculptures, including two Xiangtangshan limestone reliefs, to the Freer Gallery, inaugurating a long and fruitful relationship with the museum. For the next two decades, Loo cultivated a close relationship with John E. Lodge (1876–1942), who fulfilled the dual role of Asian art curator at the Museum of Fine Arts in Boston and the first director of the Freer Gallery from 1920 to 1942. In this capacity, until his resignation from the position in Boston in 1931, Lodge controlled the purchases for the two most important Asian collections in America.25 Loo, aware of Lodge’s unique position, repeatedly stressed the priority with which he viewed the needs of the two museums. Since the Freer Gallery had a strict policy against loaning works or exhibiting works from other collections, the collaboration with Loo centered on acquisitions. Lodge – guided by two principles defined as “securing for the gallery the finest possible examples of the types acquired and … strengthening the collection in its weaker branches” – identified Chinese stone sculpture and Chinese ceremonial bronzes as the areas in the collection requiring his greatest attention.26 Loo visited Lodge regularly in Washington, typically shortly after his returns from Europe, bringing along new objects for Lodge’s consideration. In the 1920s, the number of Lodge’s acquisitions from Loo for the Freer collection was not particularly impressive and amounted to six objects. Loo’s main competitors were Parish-Watson, Yamanaka, and Ton-Ying in New York. In 1930, Lodge procured a fangyi – one of the finest bronzes acquired during his tenure at the Freer Gallery – from Ton-Ying for the considerable sum of $80,000. Outpaced by Ton-Ying at the onset of the decade, Loo regularly sold objects to Lodge, and then to his successor, Archibald G. Wenley (1898–1962), throughout the 1930s and 1940s. In the 1930s, at the peak of Loo’s activity, the number of purchases from Loo was close to equaling the total number of Chinese art objects acquired from all other dealers and collectors combined.27 In the 1940s, while the art of China – by then a U.S. ally in the Second World War – received significant attention through exhibitions and publications, the 24 25 26 27
MARCH 1929. LAWTON, LENTZ 1998, pp. 20–39. John E. Lodge to Charles D. Walcott, 20 January 1927, cited after LAWTON and LENTZ 1998, p. 36. In 1930–39, acquisitions from Loo amounted to 80 (including a group of 29 jades acquired in 1939) and brought Loo revenue of $ 480,400, while the other dealers together sold 98 items for $ 621,362.
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circulation of Chinese objects was affected by the war and the number of high quality objects available on the market dropped. As a result of that situation, Loo sold only one or two bronzes each year to the Freer Gallery between 1942 and 1944, and in the next six years, the number of sales oscillated between two and four objects per year.28 Lodge usually made his choice from a selection of items that the dealer allowed the museum to examine for a lengthy period of time.29 When Loo thought that the museum might be interested, he mailed photographs of objects. The practice was well established by the 1930s; thus the dealer felt compelled to write to Lodge in 1937, “We have received nothing of any interest in Paris. Otherwise I would have mailed you a photo, but I will keep in mind to notify you for anything real important.”30 Loo obtained objects either from his agents in China, who shipped their wares to Paris, or from collectors or dealers in Europe and in the United States. Loo also acted as an agent for Chinese collectors. In 1939 Loo’s firm approached the Freer Gallery to offer for sale the jade collection of Zhang Naiji (1899–1948), a well-known collector of Chinese coins and ancient Chinese art objects. Out of 350 pieces, Lodge made a selection of 29 jades, strengthening Freer’s collection of archaic jades. China remained Loo’s source for antiquities through the 1940s. Objects received at Loo’s gallery in New York were sold quickly to private collectors and museums. Particularly, high quality bronzes that Loo thought might fit the Freer collection well were promptly sent to Washington. There were also objects offered to the Freer Gallery after remaining for several years in Loo’s stock. Some of them were shopped around, but others were kept.31 The fine example of the ceremonial dagger-axe (F1950.9) excavated in Anyang was sent to Loo from China in 1947, but only two years later Loo offered it to the Freer Gallery.32 The bronze tripod (F1946.31) had been in Loo’s possession from April 1941. In June 1941 Loo had unsuccessfully offered the bronze to a “Mr. Booth” and quickly thereafter to the Bostonian collector Alfred Pillsbury, one of Loo’s major clients, who also declined. In April 1943, Loo sent the bronze to the Freer Gallery, but it was returned after a few months. Two years later Loo repeated the offer and the tripod was purchased.33 In the late 1940s Loo began acquiring objects from Jun Tsei Tai (1911–1992), a 28 The four bronzes that Loo sold in 1942–44 were in the possession of Loo’s gallery from at least 1941 and were accessioned to the Freer’s collection as F1942.1, F1942.14, F1943.9, F1944.1. 29 See for example FSG, Object file F1935.6, Loo’s approval memorandum, 5 January 1935. 30 FSG, Object file F1937.16, Loo to John E. Lodge, 23 March 1937. 31 See also WANG 2007, p. 64. 32 Frank Caro Archive, Institute of Fine Arts, New York University (FCA), Stockcard no. CHL-7/961. 33 FCA, Stockcard no. 87095.
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collector and dealer initially based in Shanghai. From 1947 to 1949, Tai sent Loo shipments from China and a number of these objects were offered by Loo to the Freer Gallery. Among these the most significant for the collection was the incense burner (Poshanlu) (F1947.15). After Loo had received the burner from Tai in February 1947, he showed it to his associate “as a symbol of what [she] might look forward to seeing at C. T. Loo and Company. He told [her] then that no one else would see it until he took it to Freer Gallery.”34 A few days later the luxurious burner was taken to Washington. Loo also maintained a close relationship with dealers in New York. In the 1930s, he exhibited at Wildenstein’s gallery on a regular basis as well as with Jacques Seligmann.35 When the supply of Chinese objects dropped in the 1940s, Loo was acquiring objects from other dealers with increasing frequency. In February 1944, Loo bought the standing figure of Bodhisattva from Gongxian (F1952.15) from Edgar Worch.36 Loo was also buying from Yamanaka when the firm underwent liquidation in 1943. The garment hook (F1948.13) and jade pendant (F1948.12) obtained by Loo from the Yamanaka stock were later sold to the Freer Gallery.37 One of the prized objects in Yamanaka’s possession, the Guyuexuan vase (F1954.127), which was published in a frontispiece of the 1943 liquidation sale catalogue, was purchased by Loo from another New York collector H. L. Hsieh.38 The particulars of the transatlantic nature of Loo’s operation are more difficult to assess without access to the records of C. T. Loo et Cie in Paris.39 It is known that objects were shipped back and forth between America and Europe before they reached the Freer Gallery. For example, the jade ornament with face and mask (F1939.54) was dispatched to Paris in 1937, after it had been inventoried in New York, and then returned. After the jade appeared in the Arden Gallery’s 300 Years of Chinese Jades exhibition, Loo offered it to the collector William L. McKim and eventually to the Freer Gallery, which acquired the jade in November 1939.40 From the outstanding group of bronzes that the Freer Gallery acquired from Loo, 34 FSG, Object file F1947.15, Lindsay Hughes Cooper to Archibald G. Wenley, 8 July 1947. 35 Horace H. F. YAYNE, Helen E. FERNALD, The Chinese Art Exhibition of C. T. Loo, in: Parnassus 3, 8 (1931), p. 25; Fine Exhibition of Chinese Arts Shown by Mr. Loo, in: Art News 23, 16 (1935), pp. 3–4. See also WANG 2007, p. 82. 36 FCA, Stockcard no. NLP-44/908. 37 FCA, Stockcards nos. NYL-43/482 and NYL-43/481. 38 FCA, Stockcard no. LI-9/140. 39 The Frank Caro Archive houses records pertaining exclusively to the activities of the New York gallery and comprising Loo’s stockcards and photographic documentation of objects. 40 FCA, Stockcard no. LAP 5655.
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Image 3: Ritual grain server (gui), China, Early Western Zhou dynasty, ca. late 11th to early 10th century B.CE.
a number went through the Paris gallery. Acquisitions in 1937 and 1938, when Loo delivered a number of important bronzes to the Freer, illustrate the fluid transatlantic aspect of the dealer’s activities. Loo spent the year 1937 in France, occasionally traveling to London.41 He was preoccupied with the publication of a brochure, An Index of the History of Chinese Arts: An Aide-Memoire for Beginners, and the exhibition of ancient Chinese art at the Museé de L’Orangerie.42 Loo hoped that the latter would sustain the momentum for Chinese art created by the London exhibition in 1935–36.43 Regardless of the effect produced by this much smaller exhibition, Loo continued his usual pace of exchange with the Freer Gallery in 1937, regularly sending objects to the museum. In the summer, Loo wrote to Lodge from Paris that the gallery “just received a very fine bronze Yi,” adding that “because of its quality and its patina as well as its shape, I hope you will find this bronze interesting.” Lodge responded positively toward the bronze, the guang from late Shang dynasty (F1938.5), and in his next letter the dealer was confirming its shipment to the Freer Gallery and sending a photograph “which was taken at the time when … [the] vessel was discovered, so to show … the original state before the cleaning.”44 In November Loo himself was on his way back to the United States, carrying at least two additional bronzes: the late Shang dy41 FSG, Object file F1938.5, Loo to John E. Lodge, 6 July 1937. 42 LOO, Index of the History of Chinese Arts: An Aide-Memoire for Beginners, New York 1937, reprinted 1942; Georges SALLES, Arts de la Chine Ancienne, Paris 1937. 43 FSG, Object file F1937.16, Loo to John E. Lodge, 23 March 1937. 44 FSG, Object file F1938.5, Loo tos John E. Lodge, 6 July 1937 and 27 July 1937. The bronze arrived at the Freer Gallery on 30 August 1937.
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nasty wine cup (zhi) (F1938.6) and the early Western Zhou dynasty grain server (gui) (F1938.20) (Image 3). Shortly after his arrival, Loo went to Washington to deliver the two vessels along with another bronze, the Warring States period food container (dui) (F1938.7). In December Loo sent an approval letter indicating the price of $20,000 for the gui.45 The refinement of the decorative design and the good state of preservation of the gui prompted its acquisition. Lodge thought it not comparable with the guang acquired earlier, but still considered it “the best of its type.”46 The director’s notes indicate that he questioned the information provided by Loo about the bronze’s provenance. “When the dealer brought this vessel to the Gallery in the Autumn of 1937,” Lodge wrote in 1939, “he did not know (or would not tell) where and when it had been excavated; but he said that he had got it in China, and this could be true.” Lodge’s doubts arose from his recollection that in 1935 Bernhard Karlgren, an authority on Chinese ancient bronzes, published an inscribed gui from the collection of Hans Georg Oeder (died 1937) that seemed to be identical to the recently purchased vessel. Not being certain – Lodge was puzzled by Karlgren’s incorrect reading of the vessel’s inscription – he concluded that “it seems more probable than merely possible that this vessel, whenever and by whomever it may have been taken out of China, was latterly in the Oeder Collection.”47 Lodge’s suspicions were justified. The bronze had not been obtained by Loo’s agents in China as he asserted, but most likely had been acquired by the dealer directly from Hans Georg Oeder’s collection. Oeder bought the bronze through his agent at one of the series of confiscation sales of the Margraf Concern at Paul Graupe in Berlin in March 1935.48 This sale consisted of the stock of Otto Burchard & Co., a gallery specializing in Chinese art, which from 1929 had formed a part of the Margraf Concern, the property of Jakob and Rosa Oppenheimer.49 Jakob and Rosa Oppenheimer fled the Nazi persecution to France in 1933. Jakob died in 1941 in French exile and Rosa perished in Auschwitz in 1943.50 The question remains whether 45 FCA, Stockcard no. LAP 5901; FSG, Object file, F1938.20, Loo’s approval letter, 2 December 1937. 46 FSG, Object file F1938.5, John E. Lodge to Loo, 4 February 1938. 47 Lodges’ notes were published in A Descriptive and Illustrative Catalogue of Chinese Bronzes Acquired During the Administration of John Ellerton Lodge, Washington, DC 1946, pp. 40–41. 48 See http://www.asia.si.edu/collections/downloads/provenance022211.pdf, (15.5.2011) 49 See Esther TISA FRANCINI, Zur Provenienz von vier chinesischen Kunstwerken aus dem Eigentum von Rosa und Jakob Oppenheimer im Museum Rietberg Zürich, in: Kerstin ODENDAH, Peter Johannes WEBER (Hg.), Kulturgüterschutz-Kunstrecht-Kulturrecht, Schriften zum Kunst- und Kulturrecht 8 (2010), pp. 313–329. 50 On the agreement between the Smithsonian Institution and the heirs of Rosa and Jakob Oppenheimer concerning the bronze, see http://www.asia.si.edu/collections/downloads/provenance022211.pdf, (15.5.2011)
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Loo knew that the bronze was included in the auction of the Oppenheimers’ property. While Loo may have fabricated the circumstances of the bronze’s acquisition by his gallery in order to strengthen the vessel’s pedigree and stress its authenticity, the inaccurate information that he provided to Lodge suggests that he may have been aware of the bronze’s recent ownership history. Whether Loo was involved in the exchange of unlawfully confiscated objects remains uncertain. In June 1949, Loo pessimistically assessed the market situation noting that “up to now nothing can come out from the Communist occupied area and I am afraid they will be more strict when the new government is definitely organized.”51 In 1950 Loo announced his retirement and arranged the liquidation of his firm. The remainder of his business was taken over by Loo’s long-time associate, Frank Caro. As shown, Loo’s share in the formation of the Freer Gallery’s collection was significant. Warren I. Cohen notes in his study that “The collecting of East Asian art affected American perceptions of China and Japan, American taste, American conceptions of art, American culture… In short, art collecting proved to be a significant form of intercultural relations, an important component of international history.”52 Seen from this perspective, C. T. Loo, working in tandem with the director of the Freer Gallery, was undoubtedly an important protagonist of his times.
51 FSG, Object file F1949.10, Loo to Archibald G. Wenley, 17 June 1949. 52 COHEN 1992, p. 4.
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The Dealer and the Museum: C. T. Loo (1880–1957), the Freer Gallery of Art, and American Asian art market in the 1930s and 1940s The intensified exchange between the West and China, prompted by China’s political and cultural transformations at the beginning of the twentieth century, gave rise to a Western connoisseurship of Chinese art informed by scholarly pursuits and contingent on the developing art market. This article analyzes the circulation of Chinese antiquities in the United States by focusing on a group of Chinese art objects acquired for the Smithsonian Institution’s Freer Gallery of Art during the 1930s and 1940s from a single dealer, C. T. Loo (1880–1957). Loo, an internationally based dealer, played a crucial role in perpetuating – and in many instances instigating – the interest in Chinese art. The relationship between Loo and the Freer Gallery began with purchases from the dealer made by the museum’s founder, Charles Lang Freer (1854–1919), in 1915–1917 and continued through the early 1950s. The highest point of Loo’s dealership activities can be placed in the second half of the 1930s, coinciding with the period of intensive exchange between the Freer Gallery and Loo that resulted in many additions to the museum collection. The close examination of the documentation of transactions between Loo and the Freer Gallery undertaken in this paper reveals the strategies employed by the dealer and the museum’s directors and curators to approach Chinese art both as a commodity whose price in the developing market needs to be negotiated and as objects for which the historical and aesthetic value needs to be assessed.
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Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen. Einblicke in die Erwerbsstrategien der Jahre 1938 bis 1945
Eva-Maria Orosz
Die Städtischen Sammlungen waren als Museum des Reichsgaus Wien finanziell so gut ausgestattet, dass sie in den Jahren 1938 bis 1945 ansehnliche Erwerbungen im Kunsthandel tätigen konnten1. Die Städtischen Sammlungen wurden zudem mit sogenannten „Sicherstellungsbescheiden“ der Magistratsabteilung 50 über jene privaten Sammlerinnen und Sammler informiert, die aus Österreich flüchten mussten. Wie andere Museen auch richteten sie „Wunschlisten“ an die Zentralstelle für Denkmalschutz, um bei der Verteilung der „Beute“ mit den bereits ausgewählten Objekten berücksichtigt zu werden.2 Im ersten Verwaltungsbericht der Gemeindeverwaltung nach dem Krieg wurde infolge dessen mit fragwürdiger Genugtuung resümiert: „Die Städtischen Sammlungen konnten in der Berichtsperiode ihrer Aufgabe (…) Lücken in den Sammlungen auszufüllen, voll und ganz nachkommen.“3 In den Jahren 1938 bis 1945 wurden in den Städtischen Sammlungen, den heutigen Museen der Stadt Wien, die beträchtliche Anzahl von ca. 24.000 Objekten erworben. Der Wiener Gemeinderat fasste am 29. April 1999 den Beschluss, Kunst- und Kulturgegenstände, die während der NS-Zeit von Museen, Bibliotheken, Archiven und Sammlungen der Stadt Wien durch Ankauf oder Widmung erworben wurden und als bedenkliche Erwerbungen (Raub, Beschlagnahme, Enteignung etc.) einzustufen sind,
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Die Städtischen Sammlungen umfassten das Historische Museum der Stadt Wien (heute Museen der Stadt Wien) sowie die Bibliothek (heute Wienbibliothek im Rathaus). 1939 wurden die beiden Abteilungen voneinander getrennt, wobei das Historische Museum den Namen Städtische Sammlung weiterführte.Siehe Wilhelm DEUTSCHMANN, Ein Überblick zur Geschichte des Historischen Museums der Stadt Wien, in: Hundert Jahre Historisches Museum der Stadt Wien, Ausstellungskatalog, Wien 1987, S. 15–31, hier S.23. Vgl. Michael WLADIKA, Zehn Jahre Provenienzforschung, Erbensuche und Restitution in den Museen der Stadt Wien – Eine vorläufige Bilanz, in: Gabriele ANDERL, Christoph BAZIL, Eva BLIMLINGER, Oliver KÜSCHELM, Monika MAYER, Anita STELZL-GALLIAN, Leonhard WEIDINGER (Hg.), „… wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 1), Wien 2009, S. 263–280, hier S. 268–269. MichaelWladika, Provenienzforscher im Wien Museum, möchte ich für anregende Gespräche anlässlich der Abfassung dieses Beitrags sehr herzlich danken. Magistrat der Stadt Wien, Abteilung für Statistik (Hg.), Die Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien vom 1. April 1940 bis 31. März 1945, S. 119.
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an die ursprünglichen Eigentümer bzw. Rechtsnachfolger zu restituieren.4 Dieser Beschluss der Stadt Wien folgte damit dem Bundesgesetz zur Rückgabe von Kunst- und Kulturgegenständen aus dem Jahr 1998. Die Museen der Stadt Wien und die Wienbibliothek im Rathaus leiteten aus dem Gemeinderatsbeschluss zusätzlich noch die aktive Suche nach RechtsnachfolgerInnen der ursprünglichen EigentümerInnen ab und führen seit 1998 Provenienzforschung und Erbensuche gemeinsam durch.5 Als vorläufiges Ergebnis konnten bisher laut aktuellem Restitutionsbericht aus dem Jahr 2009 etwa 2990 Objekte aus den Museen der Stadt Wien zurückgegeben werden.6 Während ProvenienzforscherInnen im Wien Museum seit Jahren Quellen zu einzelnen Erwerbungen untersuchen und gemäß des Kunstrückgabegesetzes späte „Wiedergutmachung“ geleistet wird, legte das Museum noch keinen umfassenden Bericht seiner Ankaufspolitik während der NS-Zeit vor.7 Zu erforschen wäre die Sammlungsgeschichte, d. h. die Sammlungsstrategie des Museums (Erweiterung der Bestände, Erschließung neuer Bereiche) und darüber hinaus auch die Auswirkungen auf die nachfolgende Ankaufspolitik. Diese systematische Analyse wäre Aufgabe der in den Sammlungen arbeitenden KuratorInnen. Die folgenden Ausführungen betreffend das Kunstgewerbe und sind in diesem Sinn ein erster Beitrag zur bislang unpublizierten Akquisitionsgeschichte während der NS-Zeit. Anhand von ausgewählten Erwerbungen wird unter anderem gezeigt, dass vollkommen neue Sammlungsziele definiert wurden, deren erfolgreiche Umsetzung aufs Engste mit den politischen Ereignissen und der Vertreibung der Jüdinnen und Juden zusammenhingen. Der Anteil des Kunstgewerbes an den rund 24.000 während der NS-Herrschaft erworbenen Objekten lässt sich heute zwar noch nicht exakt beziffern, ist jedoch sicherlich nicht groß. Das Kunstgewerbe war 1938 ein sammlungshistorisch noch junger Bestand im Mehrspartenmuseum der Städtischen Sammlungen.8 Diesem Umstand 4 5 6
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Vgl. Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 30/1999. WLADIKA 2009, S. 263–280, hier S. 267 Zehnter Bericht des amtsführenden Stadtrates für Kultur und Wissenschaft über die gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999 erfolgte Übereignung von Kunst- und Kulturgegenständen aus den Sammlungen der Museen der Stadt Wien sowie der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, 2010, S. 148, http:// www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2009.pdf (29.8.2011). Ein Überblick hiezu bei Sylvia MATTL-WURM, Vom Scheitern der Moderne im Wiener Museumswesen, in: Herbert POSCH, Gottfried FLIEDL (Hg.), Politik der Präsentation. Museum und Ausstellung in Österreich 1918–1945, Wien 1996, S. 143–166, hier besonders S. 163–166. Im Hauptinventar des Museums taucht die Klassifizierung „Kunstgewerbe“ erst bei Neuerwerbungen der 1920er Jahre auf und ist oft in späterer Zeit nachgetragen worden. Unter Kunstgewerbe wird im Folgenden die angewandte Kunst verstanden, d. h. Porzellan, Keramik, Glas, Gold-, Silber- und Metallarbeiten sowie Holz (Mobiliar).
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Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen
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ist es zu verdanken, dass der Altbestand vor 1938 und die Akquisitionen während des Nationalsozialismus überschaubar sind, die Motive der Erwerbungen scheinen entschlüsselbar. Sammlungsschwerpunkte und Erwerbsstrategien bis 1938
Als der Beschluss zur Gründung und Errichtung des Historischen Museums im Neuen Wiener Rathaus getroffen und 1888 das Museum eröffnet wurde, war seine Aufgabe für die „Vereinigung aller für die Geschichte und Culturgeschichte Wiens wertvollen Denkmale“ zu sorgen.9 Zum damaligen Zeitpunkt gab es noch keine eigene Kunstgewerbesammlung.10 Die ältesten und umfangreichsten Sammlungsbestände waren das Wiener Bürgerliche Zeughaus, Steindenkmale, d. h. Denkmale des Wiener Stephandomes, Münzen und Medaillen. In rascher Folge konnte das Fundament für eine bedeutende Kunstsammlung und eine topografische Sammlung geschaffen und die Porträtsammlung aufgebaut werden. Von einem gezielten Interesse Wiener Kunstgewerbe zu sammeln, war zunächst keine Rede. Dieser Aufgabe ging seit 1863 das Österreichische Museum für Kunst und Industrie (heute Museum für angewandte Kunst/MAK) nach. Dennoch gelangten unter dem Gesichtspunkt der Repräsentation der Wiener Geschichte bereits in der Frühzeit des Museums kunstgewerbliche Objekte in die Sammlung. So war in der Erstaufstellung der Städtischen Sammlungen im Rathaus 1888 ein Ehrenpokal aus der berühmten Werkstätte des Wiener Silberschmieds Ignaz Sebastian Würth präsentiert. Der Pokal war 1793 als Ehrengeschenk von Kaiser Franz II. an die Wiener Stadtverwaltung übergeben worden.11 Der Silberbecher, aus dem anlässlich des Festmahls im Redoutensaal getrunken wurde, kam anschließend in das Bürgerliche Zeughaus, damit er „als ein Denk9 Vgl. DEUTSCHMANN 1987, S. 15–31, hier S. 15. 10 Zur Sammlungsgeschichte siehe Sylvia WURM, Die Abteilung „Kunstgewerbe und historische Gebrauchsgegenstände“, in: Hundert Jahre Historisches Museum der Stadt Wien, Ausstellungskatalog, Wien 1987, S. 49–51. Die Ankaufspolitik während der NS-Zeit ist dort noch nicht untersucht worden. 11 Wien Museum, Inv. Nr. 520. Katalog des Historischen Museums der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien, Wien 1888, S. 175–176; K.k. österreichisches Museum für Kunst und Industrie, Ausstellung alter Gold- und Silberschmiedearbeiten, April – Mai 1907, Wien 1907, Kat. Nr. 1058. Inschrift: „Zum ewigen Andenken der besonderen Liebe alle Innungen der bürgerlichen Meister und Gesellen in Wien für ihn und ihr Vaterland, und zum Beweise seiner Gegenliebe und Erkenntlichkeit widmet Franz der Zweite diesen Becher allen seinen lieben Bürgern 1793“. Auf der inneren Seite des Fußes gravierte Inschrift „Verfertigt von Ignaz Würth, k.k. Hofsilberarbeiter“ und „Feyerlich übergeben den 7. April 1793“. Das Objekt ist ein Kriegsverlust. Zur Dynastie der Silberschmiede der Familie Würth, siehe Johann KRÄFTNER (Hg.), Das Prunkservice des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen. Ein Triumph europäischer Silberschmiedekunst, Ausstellungskatalog Liechtenstein Museum Wien, Wien 2010.
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Abb. 1: Ignaz Sebastian Würth, Ehrenpokal gewidmet von Kaiser Franz II., 1793, Fotografie um 1900
mahl der Landesfürstlichen Huld gegen seine getreuen Bürger und Unterthanen, für die späteste Nachkommenschaft aufbehalten werden soll.“12 [Abb. 1] Die Provenienz des Gedenkpokals vermittelt stellvertretend für die sammlungshistorisch alten Objekte des Kunstgewerbes die ursprüngliche Priorität des Museums: Im Rahmen der primär stadtgeschichtlichen Sammlung lag das Interesse vorrangig in der historischen Relevanz des Gegenstandes und nicht im künstlerischen bzw. ästhetischen Wert. Ebenso charakteristisch ist die unentgeltliche Erwerbsart, die im Inventar in unserem Fall als Schenkung, ansonsten auch als Alter Bestand, Übernahme, Spende oder Legat bezeichnet ist und die Rolle des Museums als eine empfangende und übernehmende, weniger als eine aktiv akquirierende Stelle ausweist. Die Städtischen Sammlungen führten also im späten 19. Jahrhundert noch keine Kunstgewerbeabteilung. Dennoch gab es in der III. Abteilung, Sektion „Aus dem bürgerlichen Leben“, im sogenannten „Raum der Zünfte“ nichtsdestoweniger zwei Schaukästen mit kunstgewerblichen Erzeugnissen, u. a. diplomatische Geschenke an die Stadt Wien, unter historischer Aussage zu sehen, die permanent ausgestellt waren.13 Weitere Erwerbungen von höchster Qualität sollten in den 12 Wiener Diarium, 10. April 1793, S. 982. 13 Katalog des Historischen Museums der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien, Wien 1888, S. 174–177,
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Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen
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nächsten Jahrzehnten folgen. Über Schenkungen, Widmungen und Künstlernachlässe – wie Franz Grillparzer oder Friedrich von Amerlings legendärem „Amerling-Schlössl“ – wurden weitere Objekte ins Inventar übernommen. Letztere wurden in der frühen Sammlungsgeschichte aber nie als Gegenstände des Kunsthandwerks sondern als persönlicher Erinnerungsgegenstand an den berühmten Wiener Künstler katalogisiert. 14 Die kunsthistorische Erforschung dieser Objekte war der fernen Zukunft vorbehalten. Den ersten geschlossenen Bestand an Kunstgewerbe erwarb das Museum 1905 mit der Schenkung der Sammlung des Grazers Alfred Ritter von Franck.15 Zwar wurden im frühen 20. Jahrhundert gelegentlich Einzelankäufe getätigt, von einem systematischen Sammeln kunstgewerblicher Gegenstände kann man erst ab den 1920er Jahren sprechen, als Hermann Reuther dem Museum von 1924 bis 1935 als Direktor vorstand.16 Aktuelle Anlässe für Ankäufe waren die wiederholte Sorge, bedeutende Wiener Erzeugnisse könnten ins Ausland verkauft werden – zum Beispiel die berühmte Porzellansammlung Karl Mayer, die 1928 zur Versteigerung gelangte.17 Mit der Stiftung der Sammlung Alfred Figdor wurde 1935 der Grundstock an bedeutenden Biedermeiergläsern mit Transparentmalerei für das Museum gelegt.18 1933 konnte bei der Lagerversteigerung der 1932 in Konkurs gegangenen Wiener Werkstätte ein weiterer wichtiger Bestand erworben werden. Somit waren Sammlungsschwerpunkte ab den 1920er Jahren eine Sammlung von Wiener Porzellanen, Biedermeiergläser mit Transparentmalerei sowie das Kunstgewerbe der Wiener Moderne um 1900. Erwerbungspolitik der NS-Zeit
Schon für das Jahr 1938 ist eine neue Ankaufspolitik festzustellen. Im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren wurde viel intensiver und vor allem überaus aktiv gesammelt.
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Schaukästen V (Zwölf Porzellanteller zum 25-jährigen Amtsjubiläum von Bürgermeister Josef Georg Hörl) und Schaukasten VI (Pokale und Ehrenbecher aus Silber und Glas). Beispiele hiezu: Glückwunschadresse zum 80. Geburtstag Franz Grillparzers, Entwurf: Theophil Hansen, Ausführung: David Hollenbach (Wien Museum, Inv. Nr. Grillparzer 55); Deckelpokal, 1686, Hans Georg Dilgg (Wien Museum, Inv. Nr. Amerling 22); Kabinettschrank, 1849, Entwurf und Ausführung Franz Gröger, präsentiert auf der Ersten Weltausstellung 1851 in London (Wien Museum, Inv. Nr. Amerling 30). Wien Museum, Archiv, St. S. Zl. 256/1905 sowie 543/1905. Hermann Reuther (1882–1958) studierte Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte und arbeitete seit 1904 in den Städtischen Sammlungen. Als Reuther altersbedingt in den Ruhestand ging, war er als Sachverständiger für Kunstgewerbe und Möbel in der Kunstabteilung des Dorotheums tätig. Siehe Hundert Jahre Historisches Museum der Stadt Wien, Ausstellungskatalog, Wien 1987, Kat. Nr. 41. Wien Museum, Archiv, St. S. Zl. 1765/28. Wien Museum, Archiv, St. S. 1575/34, Gläser siehe Z.P. 349/35ff.
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Mit Nachdruck wurde der Bestand von Wiener Porzellan ausgebaut. Von mehreren unterschiedlich umfangreichen Ankäufen aus dem Wiener Kunsthandel sowie über direkten Weg von Eigentümern sollen im Folgenden zwei bedeutende Erwerbungen vorgestellt werden: Auf der 454. Kunstauktion des Dorotheums am 7. und 8. Februar 1939, bei der Gemälde alter und neuer Meister, Handzeichnungen, Abb. 2: Wiener Porzellantassen aus: Auktionskatalog der Grafiken sowie Objekte der ange- 454. Kunstauktion im Dorotheum am 7. und 8. Februar wandten Kunst zur Versteigerung 1939, Tafel 18 gelangten, interessierte sich das Museum primär für die Sparte „Porzellan, Glas, Fayence“. Beinahe jede Katalognummer von Wiener Porzellan und Glas wurde für die Sammlung in Betracht gezogen.19 Von insgesamt 35 Wiener Arbeiten wurden der Direktion 29 (!) zum Ankauf vorgeschlagen, darunter alle Porzellantassen der Tafel 18 sowie alle Porzellanfiguren der Tafel 19 im Auktionskatalog. In Summe konnten 15 Objekte ersteigert werden, darunter alle im Katalog abgebildeten Porzellanfiguren (Abb. 2 und 3).20 Bei der Nacherwerbung von Porzellanen richtete das Museum sein Hauptaugenmerk auf Porzellanfiguren des 18. Jahrhunderts, von denen übrigens viele unter dem Schätzwert gekauft wurden und die Erzeugnisse des Klassizismus der Ära Conrad von Sorgenthals (1784–1805), die zu den qualitätsvollsten Arbeiten der Wiener Porzellanmanufaktur zu zählen sind. Aus der berühmten 1925 publizierten Porzellansammlung von Ferdinand Bloch-Bauer21 erwarben die Städtischen Sammlungen im Jahr 1941 außerdem 31 Objekte mit der Begründung: „Die Stücke bilden eine wichtige Ergänzung der Bestände des Stadtmuseums an Empire-Porzellan und die Schalen und Teller haben zumeist Wiener Stadtansichten“.22 19 Wien Museum, Archiv, St. S. Zl. 202/39. 20 Wien Museum, Inv. Nr. 60.183–60.197. Kriegsverluste sind Inv. Nrn. 60.182, 60.184, 60.187–60.189, 60.191, 60.192, 60.195–60.197. Des Weiteren entschied sich das Museum für den Erwerb eines Ölbildes von Hans Canon, Die Fischverkäuferin, 1860, Inv. Nr. 60.181 und einer Aquarellminiatur von Mathias Grilhofer, Unbekannte Dame, um 1840, Inv. Nr. 60.182. Das Porträt ist ein Kriegsverlust. 21 Vgl. Richard ERNST, Wiener Porzellan des Klassizismus. Die Sammlung Bloch-Bauer, Wien 1925. 22 Wien Museum, Archiv, St. Slg. Zl. III/4-554/41. Ankaufsakt siehe Wien Museum Archiv, St. Slg. III/4135/41 sowie D6-1460/41, Inv. Nr. 69.631–69.658, 70.561–70.563.
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Abb. 3: Wiener Porzellan figuren aus: Auktionskatalog der 454. Kunstauktion im Dorotheum am 7. und 8. Februar 1939, Tafel 19
Dieser, im Verlauf der Kriegs- und Nachkriegshandlungen stark dezimierte Porzellanbestand der Städtischen Sammlungen wurde im Zuge der geforderten Rückstellung im Jahr 1949 an die Rechtsnachfolger von Bloch-Bauer ausgehändigt.23 Hatte schon dieses übersteigerte Ankaufsvorhaben in der 454. Dorotheumsauktion 1939 ein gewaltiges Ausmaß, so war die Intensität des Sammelns von Wiener Silber um nichts weniger erstaunlich. Während vor 1938 nur in einer zu vernachlässigbaren Seltenheit Silber erworben wurde, wickelte das Museum im Jahr 1942 zwei umfangreiche Ankäufe ab. Aus der Kunstabteilung des Dorotheums erwarb das Haus im Jänner 1942 zunächst 20 Silbergegenstände und im März schließlich weitere 36. Die Erwerbungen erfolgten somit nicht über Versteigerungen, das Silber wurde direkt in der Kunstabteilung ausgewählt und angekauft.24 Diese Objekte aus der Zeit von 1802 bis 1858 – u. a. eine Tischglocke, ein kleines Weihwasserbecken, eine Sparbüchse sowie ein silberner Zündholzbehälter – dürften dem Museumskustoden als kulturhistorische Zeugnisse des alltäglichen Gebrauchs ins Blickfeld gerückt sein. Die im März gekauften Objekte um23 Vgl. Wilhelm DEUTSCHMANN, Die Städtischen Sammlungen in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft, in: Ferdinand OPPL, Karl FISCHER (Hg.), Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, Bd. 55, 1999, S. 31–48, hier S. 45. Historisches Museum der Stadt Wien, Wiener Stadt- und Landesbibliothek (Hg.), Die Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen aus dem Besitz der Stadt Wien 1998–2001, Wien 2002, S. 20–21. 24 „Wir überreichen Ihnen in der Anlage Liefer- und Gegenstände mit den Preisen der von Ihnen gewählten Silbergegenstände.“ Wien Museum, Archiv, D6 184/42.
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fassten „Barock-, Empire- und Biedermeier-Silber“ aus der Zeit von 1741 bis 1875, wobei ein Schwerpunkt auf der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lag.25 Die beiden Ankäufe von 1942 bilden bis heute den Kernbestand der Silbersammlung für den Zeitraum Barock und 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. In den folgenden Jahrzehnten verzeichnete das Museum keine umfangreichen Zuwächse für diese Epochen, d. h. eine gewisse Sättigung war mit den Ankäufen in der NS-Zeit erreicht. Öffentlich sichtbar ist diese Erwerbungsgeschichte heute in der Dauerausstellung des Museums: In der Vitrine für Wiener Silber sind lediglich drei Objekte, die nicht während des Nationalsozialismus erworben wurden. Gemäß der Anordnung auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 21. Februar 193926 wurden Juden und Jüdinnen verpflichtet, in ihrem Eigentum befindliche Gegenstände aus Gold, Platin oder Silber sowie Edelsteine und Perlen bei öffentlichen Verkaufsstellen abzuliefern. Nachdem das Dorotheum diese öffentliche Ankaufsstelle war, ist anzunehmen, dass unter den von den Städtischen Sammlungen erworbenen Silberobjekten auch welche aus ehemals jüdischem Eigentum sind. Die Objekte gelten laut Beschluss der Wiener Restitutionskommission von 2003 als bedenklich. Die Kommission stellte jedoch in der Sitzung vom 27. Oktober 2004 fest, dass sie das Datum der Erwerbung zwischen dem 13. März 1938 und 8. Mai 1945 als einziges Indiz für eine Entziehung nicht für ausreichend hält, um eine Restitutionsfähigkeit anzunehmen.27 Es müssen noch zusätzliche Verdachtsmomente hinzukommen. Auf der Homepage des Wien Museums sind alle diese Objekte als bedenkliche Ankäufe aufgelistet.28 Die User werden zudem ersucht, zweckdienliche Angaben über die ehemaligen Eigentümer oder Rechtsnachfolger zu machen. Letztendlich handelte es sich bei den Silberobjekten aber um Gebrauchssilber, das in den Inventar- und Vermögensaufstellungen der jüdischen Bevölkerung als Leuchter, Aufsatz oder ähnliches bezeichnet wurde, aber keine detaillierte Beschreibung inkl. Meisterzeichen, Beschauzeichen oder Gewicht beinhaltete. Insofern ist die Identifizierung und Zuordnung einzelner Objekte zu ihren ehemaligen BesitzerInnen nicht leicht möglich. Dennoch wird neben der erweiterten Publizität über das Internet aktive Provenienzforschung betrieben, beispielsweise mithilfe der „§14 Kartei“,29 die noch nicht abgeschlossen ist. 25 Wien Museum, Archiv, D6 281/42. 26 RGBl. Teil 1 Nr. 32/1939, S. 282. 27 Sechster Restitutionsbericht 2005, S. 244, http://www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/ Restitutionsbericht_2005.pdf (19.9.2011). 28 http://www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/Dorotheum_Neu.pdf (29.8.2011). 29 Die sogenannte § 14 Kartei ist vom Wiener Dorotheum angelegt worden und enthält die Schätzungen jener Schmuckstücke und Edelmetalle, die nach § 14 der „Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens“ (RGBl. I 1938, S. 1709ff ) von als Juden geltenden Personen abgeliefert werden mussten.
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Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen
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Abb. 4: Zwei Handleuchter, um 1832, Silber
Bei Kunstkammerstücken war hingegen die eindeutige Identifizierung möglich. Der Kokosnusspokal aus dem Jahr 1612 aus dem Besitz des jüdischen Baurates Ing. Ernst Egger wurde 1944 im Auktionshaus Kärntnerstraße erworben und war bereits 1947 Gegenstand eines Rückstellungsansuchens gewesen. „Im Juli 1947 wandte sich Rechtsanwalt Alfons Klingsland, Rechtsvertreter der Erben nach Egger an die Städtischen Sammlungen: Diese hätten 1944 den Kokosnusspokal erworben, wobei der damaligen Direktion die Herkunft dieses Kunstgegenstandes aus entzogenem Vermögen der Familie Egger bekannt gewesen sein müsse. Direktor [Karl] Wagner bestätigte die Erwerbung, verweigerte jedoch die Rückgabe, da der Ankauf rechtmäßig erfolgt sei.“30 Bei diesem Ankauf handelte es sich um eine Erwerbung im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtübernahme auf Grund von aufgehobenen reichsrechtlichen Vorschriften, der Pokal wurde den Rechtsnachfolgern im Februar 2005 restituiert. Die Erwerbung von Kunstkammerstücken blieb in der NS-Zeit allerdings die Ausnahme. Das Sammeln von Gebrauchssilber, das der Kunsthandel in großem Umfang anbot, könnte – so meine These – sammlungsstrategisch mit einem bereits 1938 ausformulierten vollkommen neuen und thematisch übergeordnetem SammZusätzlich zur kurzen Auflistung der Stücke enthält jede Karteikarte den Namen des ursprünglichen Besitzers, seine Adresse sowie eine vom Dorotheum vergebene Zahl. 30 Dritter Restitutionsbericht, 2002, S. 22, http://www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2002.pdf (29.8.011).
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lungsschwerpunkt im Zusammenhang stehen: der Alt-Wiener Wohnkultur. Die Möbelsammlung, die sich bis 1938 aus Schenkungen und Nachlässen von Wiener Persönlichkeiten zusammensetzte und sich ausschließlich der Erinnerungskultur verpflichtet fühlte, erfuhr während des Nationalsozialismus somit eine neue sammlungspolitische Ausrichtung.31 Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich bot der Kunsthändler Oskar Hamel den Städtischen Sammlungen im Mai 1938 Teile der Einrichtung eines Empirezimmers aus einem „Pollak-Zimmer, Atzgersdorf“ zum Ankauf an.32 Es handelte sich um zwei Schränke, zwei Konsol- und einen Pfeilertisch, einen Bronzeluster sowie zwei gestickte Bilder, die ursprünglich aus dem Besitz des 1933 verstorbenen jüdischen Industriellen Gustav Pollak stammten, der Eigentümer einer Gerberei und Lederfabrik in Wien-Atzgersdorf war (Abb. 5). Das bedeutende und umfangreiche Empiremobiliar, das Gustav Pollak einst besessen hatte, wurde bereits 1903 von Joseph Folnesics publiziert, das Museum erwarb das angebotene Pollak-Zimmer im Oktober 1938.33 Über die Ankäufe des Jahres 1938 berichtete das Museum im Verwaltungsbericht: „Bei den Erwerbungen wurde in erster Linie das Hauptaugenmerk darauf gelenkt, wichtige Kulturzweige des Wiener Lebens mit guten Beispielen zur Darstellung bringen zu können, die bisher so gut wie gar keine Vertretung im Museum der Stadt Wien gefunden haben. Die größten Erfolge konnte das Museum auf dem Gebiet der Alt-Wiener Wohnkultur buchen. Zu den bedeutendsten Ankäufen gehören drei wertvolle Interieurs (...).“34 Die Provenienzforschung hat den Fall Gustav Pollak über mehrere Jahre geprüft. Schlussendlich entschied die Wiener Restitutionskommission 2006 den Fall bis auf Weiteres zurückzustellen, da nicht geklärt werden konnte, ob es sich überhaupt um einen Rückstellungsfall handelt und vermutlich kein weiterer Fortschritt mehr zu erzielen sein würde.35 31 Zur Geschichte der Möbelsammlung siehe Sylvia MATTL-WURM, Eva-Maria OROSZ, Designermöbel kontra Erinnerungsräume. Eine Sammlungsskizze, in: Parnass. Sonderheft Möbel, 18. Jg., 1998, S. 120–123. 32 Oskar Hamel war seit 1933 Parteimitglied der damals in Österreich illegalen NSDAP. 33 Vgl. Joseph FOLNESICS, Innenräume und Hausrat der Empire- und Biedermeierzeit in ÖsterreichUngarn, Wien 1903, Tafel 1, 6, 7; Wien Museum, Archiv, Akt St. S. 782/38; ausführlicher zum Restitutionsfall Gustav Pollak siehe Sechster Restitutionsbericht 2005, http://www.wienmuseum.at/fileadmin/ user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2005.pdf (29.8.2011), S. 208–215. 34 Die Gemeindeverwaltung der Stadt Wien im Jahre 1938. Verwaltungsbericht, Herausgegeben im Auftrage des Bürgermeisters von der Statistischen Abteilung der Gemeindeverwaltung des Reichsgaus Wien, Wien 1941, S. 116–117. 35 Vgl. Siebenter Restitutionsbericht 2006, http://www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2006.pdf (29.8.2011), S. 218.
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Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen
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Abb. 5: Schrank aus dem Pollak-Zimmer, Atzgersdorf
Ein zweiter ebenso im Verwaltungsbericht erwähnter Ankauf betraf die Einrichtung der Villa Mautner in Pötzleinsdorf, das Geymüllerschlössel. Isidor Mautner, der als Textilindustrieller zu Reichtum gelangte, erwarb 1888 die Villa als Sommersitz für seine Familie. Seine feinsinnige Ehefrau Jenny machte die Mautnervilla zu einem Treffpunkt von Literaten, Komponisten und Künstlern und zu einem Ort der intellektuellen Geselligkeit. In ganz Mitteleuropa war Jenny Mautner als Sammlerin von altösterreichischer Kunst bekannt. Sie stattete die 1808 errichtete Villa der Architektur und ihrem Sammlertum entsprechend mit Möbeln, Kunstwerken und Hausrat aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus. Am Vorabend der Wiener Moderne – wir schreiben das Jahr 1888 – stand die „Mautnervilla“ mit ihrer Einrichtung als Beispiel für ein modernes Traditionsbewusstsein altösterreichischer und Wiener Identität. Die Städtischen Sammlungen erwarben einen großen Teil des Inventars: acht Objekte im Oktober 1938 und im Mai 1939 jeweils vom Kunsthändler Oskar Hamel, sowie 55 Positionen bei der „Versteigerung von reichhaltigem Biedermeier–Mobiliar und Zubehör aus einem Biedermeier–Schlössel zu Pötzleinsdorf“ am 9. und 10. Dezember 1938
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im Dorotheum.36 Das Wien Museum restituierte 2009 alle Objekte und konnte bis auf sechs Objekte alle zurückkaufen.37 Als abschließendes Beispiel für das neue Sammelinteresse an der Wiener Wohnkultur kann der Fall Dr. Richard Beer-Hofmann herangezogen werden. 1906 übersiedelte der Schriftsteller in seine von Josef Hoffmann errichtete Villa im 18. Bezirk, Hasenauerstraße 59. Die Villa orientierte sich stilistisch an der Sammlung ererbter Biedermeiermöbel von Beer-Hofmann, die im Umkreis der Wiener Secession als moderne Erbschaft eines eigenständigen bürgerlichen Stils gegenüber dem Historismus angesehen wurde. In der Ausstattung des Hauses verband sich somit Tradition mit Avantgarde, der Wille, Vergangenheit zu bewahren und der Wunsch, Gegenwart und Zukunft mit zu gestalten.38 Aus dem ehemaligen Besitz des Schriftstellers, dem die Flucht über die Schweiz in die USA gelang, erwarben die Städtischen Sammlungen im Oktober 1939 abermals vom Antiquitätenhändler Oskar Hamel zwei Büsten von Franz Xaver Messerschmidt (Der Missmütige, Der unfähige Fagottist) und das „Altwiener Zimmer“, die Einrichtung des sogenannten Blauen Salons. Dieser Salon war der erste Besucherraum und das Repräsentationszentrum der Villa. Das Mobiliar sowie zwei MesserschmidtBüsten wurden dem, von den Rechtsnachfolgern bevollmächtigten Auktionshaus Sotheby’s, Ende 2004, die Möbel Anfang 2005 ausgefolgt.39
36 Wien Museum, Archiv, St. S. 782/38, St. S. 1946/38 und St. S. 878/39; ausführlicher zum Restitutionsfall der Familie Mautner siehe: Achter Restitutionsbericht 2008, http://www.wienmuseum.at/fileadmin/ user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2007.pdf (29.8.2011), S. 100–131. 37 Vgl. Zehnter Restitutionsbericht 2010, http://www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2009.pdf (29.8.2011), S. 127–129. 38 Vgl. Felicitas HEIMANN-JELINEK (Hg.), Zu Gast bei Beer-Hofmann. Eine Ausstellung über das jüdische Wien der Jahrhundertwende, Wien 1999, S. 30–31; ausführlicher zum Fall Beer-Hofmann siehe „Übernahme von kompletten Wohnungen … Täglich Neueingänge, in: Gabriele ANDERL, Edith BLASCHITZ, Sahin LOITFELLNER, Mirjam TRIENDL, „Arisierung“ von Mobilien (= Veröffentlichungen der Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, Bd. 15) Wien-München 2004, S. 343–366; Sechster Restitutionsbericht 2005, http://www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2005. pdf (29.8.2011), S. 129–134. 39 Die beiden Messerschmidtköpfe wurden um 4 Mill. $ versteigert. Die eine Plastik ging in den Pariser Louvre, die andere an das Getty Museum in Kalifornien.
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Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen
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Resümee
Die Städtischen Sammlungen entwickelten in der NS-Zeit für die Sparte der angewandten Kunst eine Ankaufspolitik, die im großen Umfang das Nachsammeln einer „Alt-Wiener Identität“ mit dem Schwerpunkt auf das Biedermeier umfasste. Als Beispiele dafür wurden mehrere umfangreiche Ankäufe von Wiener Silber und Porzellan vorgelegt. Die Strategie nun auch erstmals Alt-Wiener Wohnkultur mit Mobiliar zu dokumentieren wurde umgesetzt und hatte für die Zukunft nachhaltige Auswirkungen. Dieser Bestand aus der NS-Zeit bildete das Fundament für einen systematischen Zugang im Sammlungsaufbau einer Möbelsammlung, der vom Bestreben geleitet war, nach Kunst- und Kulturepochen zu sammeln. Dem in der NS-Zeit im Fokus stehenden Alt-Wiener bürgerlichen Lebensstil des Biedermeiers sollten schließlich Objekte des späteren Historismus sowie des 20. Jahrhunderts folgen. Die Intensität des Sammelns blieb jedoch ein Charakteristikum der nationalsozialistischen Ära. Viennese Applied Arts in the Städtische Sammlungen: Insights into Acquisition Strategies between 1938 and 1945 Despite years of provenance research, the aggressive collection policy of Vienna’s wellfunded Städtische Sammlungen, or Civic Collections, in the National Socialist period has not yet been subjected to comprehensive analysis. As will be shown for the field of applied arts, the Collections at that time started to acquire more actively than in previous years. On the basis of documentary evidence relating to purchases, the present essay reveals both the intensity and intention of collecting activities under National Socialism. It also shows how new focal points in the collection emerged that were undoubtedly connected to the expulsion of the Jewish population. During the National Socialist period, the Department of Applied Arts at the Historical Museum concentrated on objects intended to document the city’s “old Viennese identity” (Alt-Wiener Identität), essentially with objects from the Biedermeier period. This intention seems to lie behind several major acquisitions of Viennese silver and porcelain. The documentation of “old Viennese domestic culture” through furniture represented an entirely new aim, which had a lasting impact on collection strategy: the objects acquired formed the basis for a systematic approach to collecting furniture according to artistic and cultural epochs. The National Socialist period’s focus on the “old Viennese” burgher lifestyle of the Biedermeier was subsequently broadened to include objects representing late historicism and the twentieth century.
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The Expropriation of Jewish Collections of Fine Arts and their Transfer to the State Collections under the Slovak State (1939–1945) Jana Švantnerová
This paper focuses on the issue of the expropriation of Jewish collections of fine arts and their transfer to the state collections under the Slovak State (1939–1945) and represents a pioneering attempt to summarize all available information. The substantial research was developed in 2009 and 2010 as a PhD. thesis project in the Department of Art History and Culture, Trnava University, thanks to the support and the cooperation of the Slovak National Museum – The Museum of Jewish Culture, the Archive of the Monuments Board of SR and the Slovak National Gallery.1 State of research
The fundamental pillars of the research for this project were 55 files dating back to the Second World War, reporting on the process of expropriation of Jewish property, evaluations, estimations, public sales and transfers to the Slovak Museum in Bratislava. These documents remained unexplored for many years in the Archive of the Monuments Board of the SR. In addition to providing entirely new data regarding the Holocaust period, the documents surprisingly revealed the participation of the two major figures of Slovak art history in the whole process. The freshly investigated archival evidence has brought to light new facts regarding the professional actions of the art historians and founders of the Slovak art history discipline, Dr. Vladimír Wagner (1900–1955) and Dr. Alžbeta Güntherová-Mayerová (1905–1973). These data were not mentioned in the most profound and detailed compendium regarding the Slovak art history discipline, The Slovak Art History High and Low I & II written by Ingrid Ciulisová.2 Ciulisová was dealing with the time periods 1919–1938 and 1948–1968, 1
2
Many professionals contributed their advice and support to my research. Special acknowledgements go to the General Director of the Slovak National Gallery (SNG) Dr. Katarína Bajcurová, SNG curator of Old European Art Mgr. Zuzana Ludiková, and the Director of the Archive of the Monuments Board of the SR Dr. Viera Plávková. However, this research would have not materialized if not for the kind assistance of Mgr. Martina Orosová, who drew my attention to the existence of the archival records housed in the Archive of the Monuments Board of the SR. Ingrid CIULISOVÁ, The Slovak Art History High and Low I. Slovak Historiography of Art 1919–1938,
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purposefully omitting the Second World War period. Ciulisová explains this gap as resulting from unprocessed archival stock of an agenda of the Office of Monument Care of the Ministry of Education and National Enlightenment (MENE). This material has remained untreated in the Slovak National Archive in Bratislava until today. The files in the Archive of the Monuments Board of the SR represent unique evidence of Wagner’s and Güntherová-Mayerová’s participation in anti-Jewish actions of the Slovak State. The expropriation of the Jewish property by the Slovak State
The declaration of the Slovak State on 14 March 1939 was followed by the signing of the protection treaty acknowledging the cooperation of the newly declared state with Nazi Germany. As stated by the Slovak historian Ivan Kamenec, it was beyond discussion that a successful solution to the so-called Jewish question had been an unwritten condition.3 The following legal guidelines concern patrimonial terms as adumbrated by the research topic: The governmental regulation No. 203, dated 30 August 1940, required Jews to submit an official record of their property, including any objects of art, jewelry and art collections4. Subsequently, Jews were deprived of their businesses, land, real estate and movable property. The governmental regulation No. 271, dated 18 October 1940, forced Slovak Jews to store all their money and personal belongings in frozen bank deposits. This regulation excluded only wedding rings and dental plate from the list of precious metals.5 The strictest law against Jews on the basis of pure biological racism – No. 198 – was enacted on 9 September 1941 and is generally known as The Jewish Codex, numbering 270 paragraphs.
in: ARS 1/1993, Bratislava 1993, p. 66–75; Ingrid CIULISOVÁ, The Slovak Art History High and Low II. Slovak Historiography of Art 1948–1968, in: ARS 2-3/1995, Bratislava 1996, p. 184–203. 3 Ivan KAMENEC, In the Footsteps of Tragedy, Bratislava 1991, p. 47. 4 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������� This category typically included wedding and other rings, candlesticks, watches, clocks, earrings, bracelets, silver snuffboxes, Jewish books, pens, coffee services, silver cutlery and flatware, combs, Kiddush cups, chandeliers, carpets, cameras, radio, silver mounted walking canes and stamp collections. Only rarely were precise lists of fine art items mentioned, usually only paintings, handicrafts, glass and china were recorded. These data were taken from Slovak National Archive files listed under the title Inventory of the Governmental Economic Office, Bratislava 1957, department IV, inventory No. 6–61, boxes 9–188. 5 Slovak Code 1940, Bratislava, p. 426–427.
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State interest in the Jewish collections of fine arts
Thus objects of fine art and artistic crafts became state property and as such were to be sold in public sales for the benefit of the state. After the intervention of the MENE in November 1941,6 the governmental decision was made that all objects of outstanding artistic and historical value would not be sold, but rather made available for the state collections.7 A note on the cover of the internal files of MENE concerning the aforementioned Jewish fine art transaction was written “from Dr. Wagner”;8 evidence that this initiative came directly from Dr. Vladimír Wagner, the head of one of the six major offices in the MENE – the Office of Monument Care, Museums and Fine Art. Dr. Wagner worked in the state office for monument preservation since 1927, together with his colleagues, Dr. Jan Hofmann (1833–1944) and Dr. Václav Mencl (1905–1978), both of whom were subsequently expelled from the new Slovak State in 1939 on account of their Czech nationality. Also in 1939, Wagner joined Hlinka’s Slovak People’s Party. Thus he remained unrivalled in the sphere of the monument preservation, his position secured by the Party until his withdrawal in 1943.9 Acquisition and sorting of the Jewish art property
The procedure for gathering Jewish-owned art followed this pattern: Objects were collected in the local tax bureaus all over the Slovak state and professionals from the MENE were sent to evaluate and estimate them. From the surviving documents, we know that there were only two art historians carrying out these actions – Dr. Vladimír Wagner and Dr. Alžbeta Güntherová-Mayerová. However there were eleven art historians active in those days in the Slovak State10 – including for example Jozef Cincík (1909–1992), who was openly promoting and supporting the policy of the Slovak State in the town of Martin. Wagner was consequently granted a professorship by President Dr. Jozef Tiso.11 It is obvious that he was choosing his cooperators from among his own noted colleagues, not political party favorites. The preserved archival evidence documents that Wagner 6 7 8 9
Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix No. 3410 XI.1941. The governmental regulation No. 151 dated 8 July 1942. Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix No. 3410 XI.1941. Information taken from Dr. Wagner’s biography written in December 1952. Slovak National Gallery Archive, Document file titled Alžbeta Güntherová-Mayerová, No. 10 M 668. 10 The list of eleven art historians and art critics was prepared in August 1944 by Dr. Wagner. Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix No. 3639 VIII.1944. 11 CIULISOVÁ 1993, p. 70. Ján OKÁĽ, Dr. Jozef G. Cincík – The traveler of two worlds, o.O. 1980.
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also wanted to cooperate with Ján Geryk, then director of the Slovak National Museum in Martin. Surprisingly, Geryk turned down this commission. Wagner explained Geryk’s rejection by his absence of professional skills – Geryk was specialist in ethnography – and thus reluctantly concluded: “I am forced to do it myself.”12 In 1943 Wagner visited the cities of Trnava, Nitra, Banská Štiavnica, Poprad, Prešov, Martin, Ružomberok, Liptovský Mikuláš, Spišská Nová Ves and Levoča. During the same year Güntherová-Mayerová visited the cities of Bratislava, Žilina, Čadca, Považská Bystrica, Trenčín, Nové Mesto nad Váhom a Piešťany. Unlike Wagner, whose files of the evaluated objects are very superficial and in many cases difficult to read due to his careless handwriting, his colleague Güntherová-Mayerová was very detailed in the description of the object’s qualities and also very effective in defining authorship. From the incomplete files, we know of 1,216 art objects with an estimated value of 617,171 Slovak koruna. Initially, 180 objects from fifteen known towns with an estimated value of 382,897 Slovak koruna were chosen to be transferred to the state museums and galleries. The general directive for the final selection to the state collection was to choose highclass foreign art from the seventeenth to the nineteenth century, items with Slovak themes or folk art, and work by Slovak artists. Both Wagner and Güntherová-Mayerová strictly followed these guidelines; however both of them made some exceptions. For example, outstanding Hungarian artists who had been left out of the official list were inserted into the shortlist by Güntherová-Mayerová by underlining the Slovak motif of their particular paintings. She did the same with Imrich Weiner, an artist of Jewish origin. Apart from these she also tried to include high-class forgeries for educational purposes, as one of her specialties was determining the authenticity of the pictures. There is one item from Wagner’s selection that deserves special attention. From the artistic property of Jews in the city of Liptovský Mikuláš he distinguished two paintings by Peter Kern, nine pieces of folk painted glass utensils and, surprisingly, Jewish embroidery from the eighteenth century. As to the character or type of the embroidery, we do not know whether it was an object used for the household (chalah or matza cover) or synagogue ritual practice (Torah mantle or parokhet). Wagner obviously recognized the value of this piece from his previous knowledge of Judaica. He might have come upon these objects in the Early Art in Slovakia exhibition, which took place in 1937 in Prague, in which dozens of pieces of Judaica were exhibited side by side with Christian and folk art from Slovak territories. This unique initiative came from 12 Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix No. 3554 X.1943.
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Dr. Josef Polák (then director of the East–Slovak Museum in Košice)13 and was fully supported by the Prešov Jewish Museum.14 More than one hundred of the museum’s objects formed the core of the Judaica section. For the concept and design of the applied crafts section of the exhibition Dr. Polák worked closely with Dr. Ovídius Faust, Dr. Alžbeta Güntherová-Mayerová and Dr. Oľga Wagnerová, the sister of Vladimír Wagner.15 Unfortunately this item was ultimately not included into the state collections and was subsequently lost. Variety of the Jewish art property
The variety of looted art covers paintings by artists of Jewish origin, Slovak and European modern art movements, old masters, academic and genre paintings of the 19th century, Eastern art, Slovak folk art and sculptures of Christian saints. Distinguished porcelain manufactories were also present in the collections, such as Capo di Monte, Herend, Ludwigsburg, Meissen, Rosenthal, Sévres and Schlaggenwald-Horní Slavkov. The old masters were represented by Rembrandt van Rijn, Salvator Rosa, Bernard Vogel, Giovanni Battista Tempesti and, with a question mark, also Ján Rombauer and Moritz Michael Daffinger. The representatives of the Slovak modern art movements include personalities such as Janko Alexy, Edmund Gwerk, Zolo Palugyay, Miloš Alexander Bazovský and Vladimír Droppa. Apart from these, works by Käthe Kollwitz and Gino Severini were also represented. Among the artists of Jewish origins were František Reichentál, Imrich Weiner (after the Second World War known as Imrich WeinerKráľ), Vilmos Csaba Perlrott, Armin Stern, Jehuda Epstein, Armand Schönberger and Frida Salvendy. The interiors of Jewish households were enriched also by the work of such outstanding Hungarian artists as Mihály Munkácsy, Béla Spányi, Laszló Mednyánszky, Béla Iványi-Grünwald, Gyula Szent-Istvány and Gejza Angyal. The others of varying nationalities and local merit were Ľudovít Kubányi, István Burchard-Bélaváry, Jozef Blanarovits, Gyula Schubert, Ritta Boemmová, Viktor Hermély, Gyula Éder, Ru-
13 See Magda VESELSKÁ, The man who never gave up – The story of Josef Polák (1886–1945), Prague 2005. 14 See Jana ŠVANTNEROVÁ, History of Prešov Jewish Museum. Ideas, Personalities and Places behind the First Jewish Museum in Slovakia (in English), in: Filip KOMARÉK, Michal KONECNY (eds.), “Neither together, nor apart”, Interdisciplinarity in the History of Art. Conference volume from the Third International Conference of Ph.D. Scholars in History of Art, 10–12 September 2010, Masaryk University in Brno, Brno 2010, p. 143–152. 15 Miloslav HÉGR (ed.), Early Art in Slovakia (3rd edition of the exhibition catalogue), Prague, 1937, p. 11–12.
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dolf Kárpáthy, Ferdinand (Nándor) Katona, Viktor Olgyai, Jan Hála, Peter Július Kern, Karol Polónyi, Josef Holoubek, Juraj /Jura Mandel, František Xaver Procházka, Karel Toman, Jozef Balogh, Gyula Madarász, Jenő Karpáthy, István Csóka and László Neogrády. These artists usually depicted rural and urban life of contemporary Slovak villages and towns. They were charmed by the beauty of nature or by the historical monuments, the places where they were born or they visited. By supporting these artists, the Jewish minority proved their rootedness in the local culture, social and artistic life. “So the highest profit would be made with the least costs.” 16
Eventually, only 14 paintings and a collection of 433 coins were chosen; all other items were sold. Even though the inappropriate manipulation of Jewish goods was revealed in 1943, the profit from the public auctions grew to 108 million Slovak koruna.17 The reason that so few objects were transferred to the Slovak state collection was rather prosaic. Inspired by the situation in Nazi Germany and the Protectorate of Bohemia and Moravia, the MENE representatives assumed that the chosen objects would automatically be taken over by the galleries and museums of the state, since they were already state property.18 An unsuspected snag was caused by the law prohibiting the free transfer of any property within the departments of the state administration.19 Therefore the MENE was forced to pay the Ministry of Finance (MF) the full estimated value for the artworks. In January 1944 the MENE rescinded 180 chosen objects because of a shortage of funds.20 In February, a new selection was made from only the Bratislava Jews’ collection.21 The following pictures were chosen: Landscape with ruin by Jan Both (oil, 17th century), Inn in the wilderness by Ľudovít Kubány (oil, 19th century), 16 Quotation from the law Nr. 151 dated 8 July 1942, § 6, paragraph 1 of the Slovak Code 1942, Bratislava, p. 678. 17 KAMENEC 1991, p. 206. 18 For the situation in the Protectorate of Bohemia and Moravia, see Helena KREJČOVÁ and collective, Jews in Protectorate – Report from the Jewish community in 1942. Documents, Prague 1997; Helena KREJČOVÁ, Mario VLČEK, The return of memory. Deposits from the Jewish property in the Museum of Decorative Arts in Prague, Prague 2007; Jewish gold, other precious metals, precious stones and items made of them in Czech lands during 1939–1945, Prague 2001. For the situation in Nazi Germany and conquered countries, see Andrea BARESEL-BRAND, Entehrt. Ausgeplündert. Arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden, Band 3, Magdeburg 2005; Martin DEAN, Robbing the Jews. The confiscation of Jewish property in the Holocaust, 1933–1945, Cambridge 2008; Stefan KOLDEHOFF, Die Bilder sind unter uns. Das Geschäft mit der NS-Raubkunst, Frankfurt am Main 2009. 19 Law Nr. 151 dated 8 July 1942, § 6, paragraph 2 of the Slovak Code 1942, Bratislava, p. 678. 20 Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix Nr. 3585 I.1944. 21 Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix Nr. 3596 II.1944.
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two portraits of men and one additional portrait by Ján Kupecký (engravings, 18th century), By the ferry and Combat by unknown Dutch Masters (oils, 17th century), War scene by Philips Wouwermann (oil, 17th century), Diana and Anteus by French Master (oil, 17th century), Landscape with cows by English Master (oil, 1830), Oriental camp by Rembrandt van Rijn (etching, 17th century), Trenčín castle and Považie by Slovak artists (oil, 19th century) and Landscape by Dutch Master (oil, 17th century). During the following few months the situation was unclear and only progressed in June 1944 with the decision of the government.22 The transaction was fully accomplished in December 1944, when the amount of 223,124 Slovak koruna was paid by the MENE to the MF.23 All 14 paintings and the additional collection of 433 coins became the property of the Slovak Museum in Bratislava. Tracing the looted pictures
The research has shown that seven of these 14 pictures that today belong to the Slovak National Gallery (SNG). These paintings were carried over in 1950 and 1951 from the Slovak National Museum to the SNG, established in 1948.24 The SNG owns Inn in the wilderness (Rest in front of the inn) by Ľudovít Kubány, three paintings by unknown German artists – Landscape (Romantic landscape), Landscape with the ruin, and War scene (Riding fight) – as well as Combat (Riding fight) by Pieter Meulener and Diana and Anteus (Artemis and Aktaion) by Frans Wouters. The highlight of the collection is the etching Oriental camp (The baptism of the eunuch) by Rembrandt van Rijn, signed and dated to 1651. The other paintings that were transferred to the Slovak Museum in 1944 are currently lost. Hopefully the situation will change thanks to the disclosed lists of looted art in the aforementioned PhD. thesis. For now, we may conclude, together with Stefan Koldehoff, that “Those pictures are among us”.25 Fortunate discovery
As it is generally impossible to determine the original owner, it is exceptional that the owner of two paintings by Gyula Szent-Istvány could be identified. His large-scale 22 Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix Nr. 3633 VIII.1944. 23 Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix Nr. 3633 VIII.1944, 3637 VIII. 1944, 3640 VIII.1944, 3645 X.1944, 3649 XI.1944. 24 Katarína BAJCUROVÁ and collective, Open for 60 year, Bratislava 2008, p. 29–30. 25 KOLDEHOFF 2009.
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paintings depicting the harsh lives of miners were coveted by two mining towns – Gelnica and Banská Štiavnica. The representatives of the both towns wrote letters of request to the MENE for the right to obtain the paintings “from the property of the Jew Bárkány from Prešov.”26 In 1943 it was decided that the paintings would go to Gelnica.27 Thus the painting depicting The death of the miner can still be found in the Museum of Mining in Gelnica. The second, known as Prayer of the miners or Miners before going down to the shaft, belongs to the SNG as the result of the purchase in 1955. The original owner of both paintings was Eugen Bárkány (1885–1967), builder and establisher of the aforementioned Jewish Museum in Prešov (1928–1938). He knew the painter Gyula Szent-Istvány (1881–1930) personally from the time of the First World War as they both spent some time together in Russian captivity. Epilogue
Thanks to the activity of Dr. Güntherová-Mayerová and Dr. Wagner, an image of the Jewish fine arts property has emerged from the past. One is free to assume that their active service to the Slovak State machinery was unavoidable or one may doubt it, but there is one fact that should not be forgotten: All the precious documents had been guarded for years by Dr. Wagner himself and were not destroyed. Hopefully, the awkward truth can still be revealed.
26 Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix Nr. 3450 V.1942, 3521 VIII.1943, 3523 VIII.1943. 27 Archive of the Monuments Board of SR, Slovak Monuments Authorities, Appendix Nr. 3523 VIII.1943.
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The Expropriation of the Jewish Collections of Fine Arts
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The Expropriation of Jewish Collections of Fine Arts and their Transfer to the State Collections during the Slovak S tate (1939–1945) This paper focuses on the issue of looted Jewish art under the Slovak state and represents a pioneering attempt to summarize all available information. The fundamental basis for the research encompassed fifty-five files that have remained unexplored for many years in the archive of the Monuments Board of the Slovak Republic. The declaration of the Slovak state on 14 March 1939 was followed by the ratification of the safety pact acknowledging the newly declared state’s cooperation with Nazi Germany. After the intervention of the Ministry of Education and National Enlightenment in November 1941, the governmental decision was made that all objects of outstanding artistic value would be made available to the state collections. Jewish art property was gathered in the local tax bureaus and the art historians Vladimír Wagner and Alžbeta GüntherováMayerová were sent to evaluate and estimate them. The looted Jewish art included paintings by artists of Jewish origin as well as Slovak and European modern art, old masterworks, academic and genre paintings of the nineteenth century, Eastern art, Slovak folk art and sculptures of the saints in Jewish collections. The final selection of fourteen paintings and 433 coins from the property of Bratislava Jews was transmitted to the Slovak Museum in December 1944. The research has shown that seven of these selected paintings today belong to the Slovak National Gallery; all of the others are currently lost.
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Evelyn Tucker: An Enforcer of Restitution Policy in U.S. Occupied Austria Anne Rothfeld
In February 1949, Evelyn Tucker (1906–1996) stated that the recovery and restitution of looted European cultural property would probably continue for the next fifty years.1 Now, 62 years later, her predictions resonate with historians and museum officials. Tucker’s experiences as a Fine Arts representative in the U.S. occupied zone of Austria still remains a historical footnote. Like many American women during the war, she joined the U.S. Women’s Army Corps, and in March 1946, arrived in Salzburg to work within the Reparation, Deliveries and Restitution Branch (RD&R) of the U.S. Forces, Austria (USFA). Fortunately, for us today, she left behind three years worth of correspondence and weekly field reports now available at the U.S. National Archives. Her files provide details on the restitution work in the U.S. zone, including inventories of recovered artworks, completed restitution claims, and property claims that remained unfulfilled in 1949. At first, one may be taken aback by her blunt, colorful descriptions illustrating the numerous problems plaguing the postwar period. Tucker’s field reports detail her struggles with carrying out U.S. restitution policy for the Army as she worked with it and Austrian officials. More importantly, Tucker was disgusted at the Army’s negligence in its capacity as custodian of the recovered cultural property. She knew that the artworks belonged in Austrian private and public institutions and were not for private use by the U.S. Army. We learn from her files that Tucker burned with indignation at a 1
I would like to thank Eileen Findlay, Max Paul Friedman, and Cissel Gott for their critical readings of previous drafts of my papers regarding Evelyn Tucker. National Archives at College Park (NACP), General Records of the Department of State, Records Maintained by the Fine Arts and Monuments Adviser, 1945–1951, RG 59, Evelyn Tucker, Final Status Report, 16 February 1949, box 16. Hereafter cited as Ardelia Hall Subject Files. As a member of the Women’s Army Corps (WAC), Tucker first arrived in Germany in 1945 and served as a secretary/stenographer at Hermann Göring’s war crimes trial at the International Military Tribunal in Nuremberg. She transferred to Austria in March 1946 to work in the Reparation, Deliveries and Restitution Branch (RD&R) of USFA as a Monuments and Fine Arts (MFA) Representative until 1949. In addition to investigating and restituting fine arts, Tucker oversaw the return of the Lippizaner Horses to the Spanish Riding School in Vienna, Austria. Upon returning to the U.S. in the spring of 1949, she opened her own art gallery in Miami Beach, Florida. In 1965, she moved to New Mexico to work on the Navajo reservation through the New Mexico Office of Health and Social Services. Tucker died in 1996 at the age of 90.
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corrupt U.S. military that regularly impeded the restitution efforts, and that regularly made illegal requisitions of property stored in the Army’s Salzburg warehouse. Restitution efforts in occupied Austria were to mirror that of occupied Germany; as such, the Art Collection Center established in Salzburg was under the auspices of the USFA.2 In 1945, the U.S. Army took into account that after the Anschluss of 1938, many Austrian art objects were owned by Germans, and issued the directive “Disposition of Objects of Art,” which outlined restitution procedures for the Austrian zone.3 In theory, recovered Austrian objects of art would remain in Austria for restitution, and property clearly identified as non-Austrian would be transferred to the Munich collection point.4 Once in Munich, the property would remain under USFA jurisdiction until final restitution. In practice, however, this did not occur. There existed hierarchical problems within the U.S. military government in the Austrian zone. As Tucker’s field reports reveal, restitution in the zone developed according to the whims and interests of the occupation zone’s military commander. This 1945 directive would resonate with Tucker for it foretold the problems she would encounter while she worked with the Army officers in the occupied zone. She experienced first-hand how directives regarding restitution remained inadequate and contradictory. For example, she reported that the Army was more interested in quickly liquidating the artworks – which caused errors in storage and shipment inventories – rather than proper identification and restitution.5 Tucker explained the problems between creating policy in Washington and enforcing policy in the occupation zones: that many officers in Germany and Austria were not concerned with the Allies’ Moscow Declaration of 1943, which declared Austria to be the first victim of Nazi aggression. Tucker described how many of the Army officers argued that Austria was an 2 3
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The Property Control Branch and the Monuments and Fine Arts Branch reported to the U.S. Forces, Austria (USFA), which reported to the U.S. Allied Commission for Austria (USACA). NACP, Files of the Director, 1946–1951 (Entry 100), Director of USACA, U.S. Allied Commission for Austria, RG 260, Section III, “General,” subsection no. 39, “Reparation and Restitution Policy (Austria),” 30 April 1946, box 28. Hereafter cited as NACP, Files of the Director. Evelyn Tucker memorandum, 6 August 1948, box 17, Ardelia Hall Subject Files, RG 59. The objective of the Directive states that “objects of art originally located in the U.S. Zone in Austria must remain under the control of the Commanding General, U.S. Forces in Austria” and “[objects] may, however, be transferred to the custody of another U.S. military agency for safe-keeping and processing, provided such custody is subject to the control of Commanding General, U.S. Forces in Austria,” NARA Microfilm Publication M1926, NACP, Records of the Reparations and Restitutions Branch of the U.S. Allied Commission for Austria (USACA), 1945–1950, “Disposition of Objects of Art,” 31 August 1945, roll 150. NACP, M1926, Evelyn Tucker to Lt. Col. Stanley McKee, 14 August 1948, roll 151.
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ex-enemy nation and the country should not receive any of its cultural property.6 As such, Tucker learned that Austrian fine arts objects located in the U.S. zone of Germany had yet to be returned to Salzburg. She claimed that the “transfer of this property has created a real problem because it comes under no existing regulations or policy” authorizing the transfer.7 She observed that the Army showed no foresight in resolving restitution and custody issues in its zone.8 Moreover, many U.S. Army officers believed that war booty was a suitable form of payment for their wartime experiences. As Tucker indicates in her field reports, problems and mismanagement persisted throughout the zone.9 U.S. policymakers failed to take responsibility. U.S. government agencies, including the Army, lacked coordination and blamed each other for failures. The military consisted of numerous fiefdoms in occupied Germany and Austria, and each top official focused on his own plans with little attention to the needs of others. At the same time, the military reluctantly cooperated with civilians, like Tucker, in the occupied zone. The Army’s perceived unwillingness to enforce restitution policy may be due to that fact that restitution efforts conflicted with the military’s occupation agenda. For example, Tucker explained that “when directives from Washington are received in Berlin, they are rewritten into numerous Military Instructions.” 10 As a result, few investigations and restitution claims took place between 1945 and 1947, which aggravated poor relations with Austrian government officials. The dismayed Austrian officials rightly questioned their occupiers as to when the country would be rebuilt and their nation’s cultural property returned.11 All of these factors forced Tucker to press her supervisors for guidance on restitution procedures. Tucker believed that without an enforceable policy, she could offer little assistance.12 At Tucker’s first meeting with the Austrians, she realized that they had acknowledged her “with thinly veiled hostility.”13 Tucker initially positioned herself as honoring a transcendent cause of Austrian national sovereignty by protecting the Austrian 6 7 8 9
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NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, M1926, Evelyn Tucker to Acting Head of the R&R Branch, 27 October 1947, roll 151. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. In 1945, the United States Forces, European Theater (USFET) was the successor to Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Forces (SHAEF). The United States Group Control Council (USGCC) governed the military occupation zones through the Allied Control Council, the central organization for Germany. OMGUS and USFA zonal commanders reported to USFET. The U.S. military occupation of Germany ended in 1948. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 1–8 February 1948, roll 151. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 20–21 November 1947, roll 151. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 20–21 November 1947, roll 151. NACP, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19.
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cultural objects in the U.S. zone of occupation. As a way to foster better working relations between the U.S. Army and the Austrians, she recommended that the Army should relinquish some of their custodial duties to the Austrian government. She believed that the Austrian government should have jurisdiction over recovered cultural property since it represented the Austrian nation. Soon, Austrian cultural property officials acclaimed Tucker as a champion of restitution for their recovered works of art. In contrast to her advocacy of the U.S. Army to the Austrian government, Tucker viewed the Army as an agency incapable of its legal custodial duties. Despite her positive working relationship with the Austrians, Tucker felt that the Austrian government could not be trusted to return recovered artworks to private citizens. She advocated for speedy and direct restitutions, yet she called upon the Army not to “delegate this responsibility to the Austria Government.”14 Today, we could speculate that Tucker feared that the Austrian government would illegally take the art objects as war booty in lieu of reparation payments from Germany. Unfortunately, and out of character, Tucker does not provide any further explanation of her positions regarding postwar political relations. From Tucker’s field reports and correspondence, we glean insight into her struggles with ethical issues regarding U.S. restitution efforts. We learn from her writings that her opinions of Austria’s rightful ownership of its national heritage transformed over her two years of service.15 In other words, she found herself in contradictory positions as she served both the U.S. military’s and the U.S. government’s interests. More importantly, as a mediator between the Army and the Austrians, Tucker scrutinized her investigations to avoid any “implications of mishandling” any restitution claims and to avoid any repercussions at a later date.16 She argued that the U.S. Army had a “moral responsibility in seeing that pre-war Austrian fine arts … are returned to Austria.”17 Yet, Tucker repeatedly said of herself that there was “no single employee in [occupied Austria] who has fought so consistently as [she did] to protect the U.S. Government from adverse criticism.”18 Tucker contended that “no one in the Zone really understood restitution” and that many in the Army believed that fine arts representatives like Tucker seemed to forget “which country they were working for” in postwar
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NACP, M1926, Evelyn Tucker to Lt. Col. Stanley McKee, 29 August 1947, roll 150. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 16–18 December 1948, roll 151. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 27 May–2 June 1948, roll 151. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 16–18 December 1948, roll 151. NACP, RG 59, Ardelia Hall Subject Files, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19.
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Europe.19 Tucker considered herself to be someone who consistently “fought so hard to protect [the artworks from] petty thievery and grand larceny.”20 We learn from her field reports that Tucker judged the U.S. Army as a brutish, corrupt occupying force that continually blocked her fine arts investigations. The Army officials exasperated Tucker since they could not provide her with basic information for her restitution cases, especially completed inventories of artworks in the Army’s possession in its Salzburg warehouse – inventories that the Army owed to the Austrian government. Tucker complained that there was a “lack of support, sympathy and interest” on the part of her Army supervisors, as she regularly lied to her Austrian colleagues.21 Tucker’s unfortunate position sheds light on a larger problem in the occupied zone: those U.S. officials in charge of the Fine Arts Program saw restitution to Austria as not an important part of the overall occupation program. Rather, the officials described it merely as an administrative exercise.22 In the summer of 1948, Tucker’s patience with the Army grew weary and her work suffered. In her letter to a former Fine Arts colleague, Tucker summarized her work in Austria: “As time goes on restitution becomes more difficult and [unclaimed] property becomes dissipated and disappears” from the Army’s warehouse.23 Tucker complained bitterly how stymied she had become and described her mood as “so tired of this whole [restitution] problem and three years of trying to do a constructive job with this interference that [she] will be happy to get completely away.”24 Tucker cited in her field reports how European and Austrian property was borrowed “while under the protection of US personnel.”25 Army officials whetted their appetites by requisitioning unclaimed and unidentified property for their private quarters, offices, and clubs – including household furnishings, rugs, silver and china ware, and paintings.26 The archival evidence shows that much of this property came from the 19 20 21 22 23
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NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 30–31 October 1947, roll 151. NACP, RG 59, Ardelia Hall Subject Files, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, RG 59, Ardelia Hall Subject Files, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Brigadier Gen. Jesmond D. Balmer, Deputy Commissioner to Peter Krauland, 16 August 1948, box 18. NACP, M1926, Evelyn Tucker to Robert Miller, 4 June 1948, roll 147. Officers’ residences and billets included that of Major Gen. Harry J. Collins and Brigadier Gen. Ralph H. Tate. See also Gábor Kádár and Zoltán Vági, Self-Financing Genocide: the Gold Train, the Becher Case and the Wealth of Hungarian Jews, Budapest, 2004. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Property Claims Released, Salzburg, USACA, RG 260, Lt. ��������������������������������������� Col. Homer K. Heller, Property Control Officer to Chief, Property Control Branch, 16 February 1946, box 20. Requisition receipts dated
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Alt Aussee salt mine and the Werfen (Hungarian) Train. Thievery and looting from the property warehouse became a common form of requisitioning in occupied Austria. The occupiers forced their interests over the needs of those they occupied. Tucker regularly requested access to these buildings to conduct her investigations; the generals denied her permission. In fact, Tucker’s supervisor reprimanded her for these requests and “refused to let [her] write” to Army officials in Berlin for permission to investigate these claims.27 Tucker retorted by arguing that her investigations regarding official government business including restitution of recovered cultural property did not seem “classified”, yet by denying her access, the Army effectively delayed her investigations.28 Tucker was reminded that the generals and colonels “were rather sensitive about their villas” and did not appreciate a Fine Arts investigator like Tucker snooping around, as her investigations were seen as unnecessary.29 True to her form, a cynical Tucker began her investigation of her supervisors, and attempted to file her complaints to USFA officials outside the Division in Salzburg. Tucker criticized and condemned the U.S. Army for thefts during its occupation of Austria. She blamed its appalling behavior on their lack of respect for restitution. The location of these cultural objects was known to many in the Army, yet no one spoke on the matter. There existed in the U.S. occupation zone accepted assumptions that requisitioning was both a form of protecting the property and a form of claiming war booty. Tucker learned in December 1948 that her position would be terminated in January 1949. The archival evidence does not provide the Army’s reasons for dismissing Tucker, nor do we learn from her own lucid field reports. We can ascertain from Tucker’s own correspondence that her dismissal was the result of her written charges of Army thefts from the property warehouse. When the Austrian Minister Peter Krauland heard about Tucker’s dismissal, he responded to the Army general: “To remove the only American Officer fully conversant with the [restitution] matter would not only severely handicap our work … it would even prolong the work if it had to be done by somebody without this knowledge.”30 Tucker’s Final Status Report, dated February 1949, could be viewed as her coda. Her cover letter opened with numerous callous remarks regarding her Army supervi-
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July 1945 and January 1946. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 18–19 December 1947, roll 151. NACP, M1926, Evelyn Tucker Field Report, 30–31 October 1947, roll 151. NACP, M1926, Peter Krauland to Lt. Gen. Geoffrey Keyes, 1 December 1948, roll 142.
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sors, which deserves full quoting: “In the time that was available to me I have done everything possible to wind-up and close-out the restitution of fine arts in the US Zone of Austria,” and “It is a matter of regret to me that USACA did not attach enough importance to my handling of this delicate and explosive work, about which only I am familiar, to allow me to bring it to a successful conclusion.… I strongly recommend that future handling of fine arts in the US Zone be coordinated closely with these two offices, otherwise you will discover that a nation is extremely jealous of its cultural heritage and these offices will work against you instead of with you.”31 She clearly documented the officers’ thefts and illegal requisitions, and stated that “The inaccessibility of these places to the Fine Arts Officer has been all the more reprehensible because many of these places were taken over intact from the Nazis who had used them for similar purposes. Therefore, I have been in the untenable position of being required to locate and identify looted fine arts in the US Zone of Austria but forbidden to check the one best source” – that being the officers’ villas and clubs.32 Tucker observed how U.S. Army soldiers illegally sent home non-Austrian and Austrian cultural property from the Army’s warehouse.33 Boldly, she listed those paintings that “disappeared while under US control in 1945.”34 Tucker protected herself by adding, “all [objects] definitely identified and included on claims but I have not been allowed to reveal that I have found them.”35 She added how she did not have the heart “to write the Austrian government that [these] collections were irretrievably looted by the very people who were charged with its safe custody.”36 Ultimately, Tucker was unsuccessful in her investigations of looted artworks within USFA officers’ villas and offices. Her status report appears more of a reaction to the U.S. Army officials who unceremoniously fired her when Tucker reported their mismanagement of recovered Nazi stolen cultural property. Tucker poured her anger regarding her termination from Austria into her letter to Ardelia Hall, the Fine Arts and Monuments Adviser at the State Department in Washington. Tucker revealed how her restitution investigations had became “a nasty job” and she continually covered up the Army’s mess.37 Tucker knew that no one in the zone had a clue about restitution matters since “culture and diplomacy are only things 31 32 33 34 35 36 37
NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker, Final Status Report, 16 February 1949, box 16. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker, Final Status Report, 16 February 1949, box 16. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker, Final Status Report, 16 February 1949, box 16. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker, Final Status Report, 16 February 1949, box 16. NACP, M1926, Evelyn Tucker to Major Richard F. Weeber, 19 August 1947, roll 150.
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[the Army] has read about.”38 She described her position as “both back-breaking and heart-breaking,” and gained little recognition from the Army officers.39 Tucker added how her supervisor threatened her by “broadly [hinting] that [Tucker’s] final report had better be good because [the Army would] still have the opportunity of giving [Tucker] a final efficiency rating and [the Army] can ruin me if my report reflects on [it] in any way.”40 Tucker’s supervisor added: “you must recognize, Eve, that you are absolutely helpless – the Army has you right by the neck and you can’t fight it.”41 Tucker added this perspective of her vulnerability to Ardelia Hall: “You understand of course that if the Army were to see this letter they would burn me at the stake…. It is truly hopeless…. Yes Miss Hall, I am a frustrated woman.”42 As one reviews the events of 1945–1948, one could conclude that completing inventories of the Army’s warehouse should have been one of the Army’s immediate priorities, since the Army had no effective tracking system in place. However, the Army as custodian did not do so, and since the cultural property was never fully accounted for, Tucker would report that her investigations of the officials’ villas remained incomplete. As time passed, identification and restitution became administratively impossible. Sadly, an active trade of recovered cultural property prospered between the property warehouse and the officers’ quarters. In the end, she was incapable of stopping this gross negligence. Moreover, the Army’s files housed at the U.S. National Archives provide little documentary evidence of the cultural property released to the officers. As a Fine Arts Representative, Tucker revealed herself as an activist for restitution who regularly worked around roadblocks and challenged her supervisors for resolution. Her frustrations over restitution were analogous to other problems throughout U.S. occupied areas in Germany and Austria. By combining her observations with the lack of decisive decision making, we can easily observe how the fight between government agencies over their respective programs and responsibilities only obstructed Tucker’s restitution cases. Most importantly, we need to remember how Evelyn Tucker was instrumental in returning Austrian cultural property to the Austrian government.
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NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19. NACP, Ardelia Hall Subject Files, RG 59, Evelyn Tucker to Ardelia Hall, 6 January 1949, box 19.
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Evelyn Tucker: An Enforcer of Restitution Policy in U.S. Occupied Austria From 1946 to 1949, Evelyn Tucker worked in U.S. Military Occupied Austria as a Museum, Fine Arts, and Archives (MFA&A) Representative, recovering, investigating, and restituting Nazi-plundered Austrian-owned cultural property. This study of Tucker’s work explores several themes regarding her involvement in returning stolen loot to Austria and her influence upon restitution policies during her two years in U.S. Army-occupied Austria. Tucker’s opinionated and colorful field reports show how she encountered numerous difficulties, stemming from the U.S. Army officials’ general disinterest in art restitution. She observed how U.S. Army troops illegally used recovered cultural property from the Zone warehouse in their villas and offices. She attempted to criticize the U.S. Army for these thefts, creating tensions between herself and her Army supervisors that ultimately led to her dismissal. Tucker’s story highlights how the U.S. restitution program in occupied Austria lacked guidance from civilian and military agencies in Washington. Tucker saw herself as honoring a transcendent cause of Austrian national sovereignty by protecting the Austrian-owned artworks recovered within the jurisdiction of the U.S. Army. By combining her observations with this lack of decisive leadership, we can easily observe how government agencies fought for their respective programs and over their responsibilities – which only obstructed Tucker’s restitution work.
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Reste der Masse Adria im Jüdischen Museum Wien Wiebke Krohn
Von der Masse zur Kunstsammlung Kunst- und Antiquitätenhandlungen sowie Antiquariate in jüdischem Eigentum wurden arisiert, entzogen oder zwangsweise aufgelöst, … Sammlungen zerschlagen. Verfolgte Jüdinnen und Juden sahen sich gezwungen, privaten Kunstbesitz und Bibliotheken weit unter dem tatsächlichen Wert an Händler und Händlerinnen regelrecht zu verschleudern, um ihre Flucht oder diskriminierende Steuern bezahlen zu können.1
Diese Darstellung entspricht den ersten Vermutungen, die nach dem Beginn der Provenienzforschung an den Gemälden im Jüdischen Museum Wien aufkamen. Nach 1945 gelangte über das Dorotheum, das Bundesdenkmalamt, die Sammelstellen2 sowie die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) 1993 ein Gemäldebestand schließlich ins Jüdische Museum Wien, der sich durch gemeinsame Merkmale3 als Konvolut präsentierte. Der Verdacht lag nahe, dass die Gemälde aus einer geschlossenen Kunstsammlung stammen könnten. Die Erkenntnis, dass auch das Dorotheum zeitweilig mit diesen Objekten befasst war, verstärkte zunächst den Eindruck. Im Laufe der Forschung stellte sich jedoch heraus, dass dieser Bestand der sogenannten Masse Adria4 entstammte. Der Begriff „Masse“ spiegelt den Befund zutreffend wider. Die 1 2
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Aus dem Programmfolder des internationalen Symposiums Kunst sammeln – Kunst handeln. „Vereinfacht dargestellt bestand die Tätigkeit der Sammelstellen darin, Vermögen von während der NSZeit verfolgten Personen, das bis nach 1957 durch die Rückstellungsgesetzgebung nicht erfasst war, weil es erblos oder unbeansprucht geblieben war, zu sammeln, um es in einem zweiten Schritt an in Österreich lebende Opfer des Nationalsozialismus zu verteilen“, Margot WERNER, Michael WLADIKA, Die Tätigkeit der Sammelstellen (= Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, Bd. 28), Wien-München 2004, S. 11. Im Einzelnen hierzu später. Der Begriff Masse Adria wurde im Bundesdenkmalamt (BDA) Ende der 1950er Jahre geprägt (siehe Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Zl. 6423/57 vom 4. September 1957) und steht für das im Hafen von Triest liegen gebliebene und beschlagnahmte Umzugsgut jüdischer Eigentümer. Vgl. Das Schicksal des in Triest liegen gebliebenen jüdischen Umzugsguts, in: Gabriele ANDERL, Edith BLASCHITZ, Sabine LOITFELLNER, Mirjam TRIENDL, Niko WAHL, „Arisierung“ von Mobilien (= Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, Bd. 15), Wien-München 2004, S. 195–214.
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einzelnen Objekte aus dem Umzugsgut vertriebener Jüdinnen und Juden waren in der NS-Zeit in den Lagerräumen des Hafens Triest konfisziert worden. Hier ist aufzuzeigen, wie unter nationalsozialistischer Herrschaft durch die Massenenteignung von Umzugsgütern und zweckgebundenen Veräußerungen und Zusammenführungen mit Hilfe der Alliierten und der 2. Republik nach 1945 ein Teilbestand einer Sammlung entstand, die sich heute im Jüdischen Museum Wien befindet. Provenienzforschung im Jüdischen Museum Wien
Obwohl schon seit 1993 nach der Überführung der Sammlungen in das Gebäude des Jüdischen Museums in der Wiener Dorotheergasse 11 bei verdächtigen Einzelfällen und bei Claims die Provenienzen erforscht wurden, begann erst im Jahr 2007 die systematische Durchsicht aller Sammlungen im Hause. Die Besitzverhältnisse im Museum erforderten spezielle Regelungen betreffend die Provenienzforschung. Denn der weitaus größte Teil der Objekte ist nicht Eigentum des Museums, sondern gehört wie die Sammlung Max Berger der Stadt Wien oder wie die Sammlung IKG der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Die Aufbewahrung, Pflege, Ausstellung und wissenschaftliche Erforschung seitens des Museums wurde zwar in Dauerleihverträgen vereinbart, zusätzlich musste jedoch geklärt werden, inwiefern der Auftrag zur Provenienzforschung damit abgedeckt war. Im Jahr 2006 autorisierten die beiden genannten Eigentümer die Kuratorinnen und Kuratoren für diese Aufgabe. Beide unterstützen die Unternehmungen des wissenschaftlichen Teams tatkräftig, insbesondere mit den Mitarbeiterinnen des IKG-Archivs und der Abteilung für Kunstrestitution der IKG entstand eine enge Zusammenarbeit. Am Anfang der Bemühungen stand eine kursorische Aufnahme aller Verdachtsfälle. Hierzu wurden in wenigen Wochen rund 18.000 Objekte einzeln erfasst. Dabei erregten auch einige Gemälde innerhalb der Sammlung IKG die Aufmerksamkeit. Vierzehn der Bilder schienen aufgrund der Kreide- und Bleistiftbeschriftungen sowie Aufklebern mit verschiedenen Nummern auf Rahmen, den Rückseiten und teilweise sogar auf den Vorderseiten der Gemälde von einem einzelnen Vorbesitzer zu stammen. Die Sammlung IKG im Jüdischen Museum Wien
Am 27. Mai 1992 übergab die Israelitische Kultusgemeinde Wien dem Jüdischen Museum einen umfangreichen Bestand von einigen tausend Objekten als Dauerleihgabe, der den größten Anteil der Objekte dieser Institution ausmacht und hausintern als
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Sammlung IKG ausgestellt, konserviert und beforscht wird. Die Herkunft einzelner Teile der Sammlung ist bisher nicht restlos aufgeklärt. Einen großen Anteil macht der Bestand aus dem Alten Jüdischen Museum in Wien aus, das von 1895 bis 1938 von der Gesellschaft für Sammlung und Conservirung von Kunst- und historischen Denkmälern des Judenthums betrieben wurde, einem Verein, der mit der Kultusgemeinde eng verbunden war. Das Museum wurde nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 geschlossen, die Bestände beschlagnahmt und an andere Institutionen5 verteilt, vieles aber auch zerstört. Nach 1950 wurden die auffindbaren Reste der Museumssammlung an die IKG als Rechtsnachfolgerin aller vernichteten jüdischen Institutionen in Österreich restituiert.6 Ferner legte die IKG gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Sammlung zur Selbstdokumentation an, die unter anderem aus Porträts, Glückwunschadressen und besonders prächtigen Kultobjekten bestand und zu Repräsentationszwecken in den Räumen der leitenden Gemeindevertreter ausgestellt war. Der beträchtliche Rest der heutigen Sammlung IKG im Jüdischen Museum Wien setzt sich aus „eingesammelten Objekten“ zusammen.7 Weitestgehend sind dies Kultobjekte aus Wiener Bethäusern und Synagogen, teilweise auch solche aus jüdischen Gemeinden in den Bundesländern, die 1938 nach der Zwangsauflösung jener jüdischen Institutionen zur Aufbewahrung an den sogenannten Ältestenrat gegeben wurden.8 Auch Gemeindemitglieder stellten Kunst- und Haushaltsobjekte beim Ältestenrat unter, bevor es ihnen gelang, ins Exil zu gehen oder bevor sie deportiert wurden.9 Nach 1945 kamen auch Objekte hinzu, die ihren Nachkriegsbesitzern lästig wurden, weil zu vermuten stand, dass sie zuvor jüdischen Familien oder Institutionen gehört hatten. Sowohl die Sammlung des Präsidiums als auch die dem Ältestenrat übergebenen Objekte überdauerten die Jahre 1938 bis 1945 wahrscheinlich in verschiedenen Gebäuden der Kultusgemeinde, wurden aber für uns heute teilweise nicht mehr nachvollziehbar umgelagert und neu zusammengeführt. 5
6 7 8 9
Namentlich das Naturhistorische Museum Wien, das Museum für Völkerkunde, das Österreichische Museum für Volkskunde, die Österreichische Nationalbibliothek und die Bibliothek der Universität Wien. Vgl. Bernhard PURIN, Beschlagnahmt. Die Sammlung des Wiener Jüdischen Museums nach 1938, in: Beschlagnahmt, Ausstellungskatalog Jüdisches Museum, Wien 1995, S. 7–29. Vgl. Wiebke KROHN, Altes Jüdisches Museum, in: Michaela FEURSTEIN-PRASSER (Hg.), Jüdisches Museum Wien von A bis Z, München-Berlin-London-New York 2006, S. 10–11. Vgl. Michaela FEURSTEIN-PRASSER, Sammlung IKG, in: FEURSTEIN-PRASSER 2006, S. 7. Die von den Nationalsozialisten überwachte und zur erzwungenen selbstverwalteten Zerstörung eingesetzte Organisation der Kultusgemeinde Wien. Vgl. Gabriele KOHLBAUER-FRITZ, Schaudepot, in: FEURSTEIN-PRASSER 2006 S. 106–107.
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Gemälde aus der Sammlung IKG mit Kennzeichnungen aus dem Bundesdenkmalamt
Bis zur systematischen Durchsicht waren die hier behandelten Gemälde nicht verdächtig erschienen, da sie ihrer kunsthistorischen Einordnung nach dem Sammlungscharakter des Alten Jüdischen Museums und der Sammlung des IKG-Präsidiums entsprachen. Erst die gezielte Suche nach Vorbesitzerkürzeln bzw. -namen oder anderen Merkmalen förderte weiteren Forschungsbedarf zutage. Gemeinsam war den vierzehn Werken, dass sie neben den Aufklebern und Stempeln der Denkmalschutzbehörde (Abb. 1 und 2)10 auch Aufkleber mit Künstlernamen, Preisen und zum Teil mehrstelligen Inventarnummern (Abb. 3) aufwiesen. Letztere wurden intern über Vergleiche sofort mit Konsignationsnummern des Dorotheums in Verbindung gebracht und auf Anfrage in die Zeit von 1945 bis 1955 datiert. Diese Ergebnisse führten zu neuen Fragen. Warum befanden sich die Bilder in Wien, wenn sie doch nach dem März 1938 zur Ausfuhr freigegeben worden waren? Und warum bildeten sie einen Bestand in der Sammlung IKG, wenn sie im Dorotheum zur Versteigerung vorgesehen waren? Dass die IKG nach 1945 in Auktionen für eine eigene Sammlung Gemälde ersteigert haben sollte, war schwer vorstellbar. Mit der freundlichen Unterstützung der Kommission für Provenienzforschung und des Dorotheums ließ sich innerhalb weniger Monate feststellen, dass zehn der Gemälde in einer Liste mit dem Titel Depot Klagenfurt11 erwähnt werden.12 Anschließende Untersuchungen ergaben, dass die Gemälde als Umzugsgut in Triest beschlagnahmt wurden.13 Die Liste bot auch einige Namen, die sich einerseits aus Vergleichen der 10 Die Angabe der Adresse des Bundesdenkmalamtes mit „Wien I., In der Burg, Schweizerhof, Säulenstiege” wies darauf hin, dass die Aufkleber dieses Inhalts nach 1945 an den Gemälden angebracht wurden, da sich das Amt zu dieser Zeit am angegebenen Ort befand. Die Stempel des Inhalts „Von der Zen tralstelle für Denkmalschutz zur Ausfuhr freigegeben” fanden hingegen in der Zeit von 1938 bis 1945 Verwendung, wie auf Anfrage bei der Kommission für Provenienzforschung mitgeteilt wurde. 11 Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Mappe 2, Liste Depot Klagenfurt. Diese Liste wurde vor 1953 von Edith Podlessnig, einer Mitarbeiterin des BDA, erstellt, um eine Übersicht über die mit Konsignationsnummern versehenen und im Depot des Dorotheums Klagenfurt eingestellten Kunstgegenstände zu erlangen. In diese Liste wurden in den folgenden Jahren aber auch die Namen verschiedener Rückstellungswerber und in Kopien die Übergaben an die nachfolgenden betreuenden Institutionen eingetragen. (Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Mappe 2, Liste Depot Klagenfurt; Karton 7, Mappe 5, Zl. 2980/1960). 12 Die Aufklärung über die Objekt- und Konsignationsnummern ist den freundlichen Hinweisen von Anneliese Schallmeiner, Kommission für Provenienzforschung, und Felicitas Thurn, Dorotheum, zu verdanken. 13 Die Nummern auf den Aufklebern ließen sich gemeinsam mit den Künstlernamen eindeutig zuweisen.
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Abb. 1: Aufkleber des Bundesdenkmalamtes auf der Rückseite eines Frauenporträts von E[?] Ledermann, JMW, Slg. IKG, Inv. Nr. 1812
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Abb. 2: Stempel, Ausfuhrgenehmigung aus der NS-Zeit
Abb. 3: Konsignationsnummer des Dorotheums auf einem Gemälde von Carlo Romagnoli: Porträt „Alex“, JMW, Slg. IKG, Inv. Nr. 2220
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Packstücke, andererseits durch erste Beanspruchungen ergeben hatten. Damit ließ sich der Provenienzkontext des Konvoluts feststellen. Für den Großteil der Objekte war allerdings keineswegs geklärt, wem sie zuvor gehört hatten und warum sie schließlich im Museum gelandet waren. Um weitere Erkenntnisse zur Vorgeschichte wie auch zum Verbleib der Gemälde nach der Beschlagnahmung zu erzielen, war der nächste Schritt für die Provenienzforschung des Jüdischen Museums, die Materialien zur Masse Adria im Archiv des Bundesdenkmalamtes zu prüfen und anschließend die Akten zum Triestiner Umzugsgut in weiteren Archiven aufzuspüren. Darauf wird im Einzelnen noch einzugehen sein, vorauszuschicken bleibt, dass sich zwar der Weg vom Hafen Triest bis ins Jüdische Museum Wien nachvollziehen lässt, weitere konkrete Hinweise auf die Herkunft der Gemälde oder die Namen der VorbesitzerInnen leider ausblieben. Vom Hafen Triest ins Jüdische Museum Wien14
In den Jahren 1940 bis 1943 verwertete die Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Gestapo (Vugesta) enteignetes Umzugsgut in Wien, um den Spediteuren die Unkosten durch Lagerung und Transport zu vergüten, die Gegenstände zu liquidieren und den Erlös propagandistisch für Wohlfahrtszwecke einzusetzen. Liegen geblieben war das Umzugsgut entweder, weil die Eigentümer deportiert, ermordet oder ins Exil gegangen waren. Letztere konnten aufgrund der Tatsache, dass während des Krieges keine Zivilgüter mehr befördert wurden, ihre Frachten nicht mehr ins Ausland verschiffen lassen. Ungeachtet des Verbleibs der Besitzer wurde das Umzugsgut beschlagnahmt.15 Im Juli 1943 wurde Benito Mussolini in Italien gestürzt. Bis September des Jahres wurde die sogenannte Operationszone adriatisches Küstenland errichtet, eine Besatzungszone der Nationalsozialisten, die verhindern sollte, dass der Hafen Triest und das Gebiet zwischen Kärnten und der oberen Adria unter Kontrolle der Alliierten oder
14 Diese Chronologie zur Masse Adria wurde von der Verfasserin für den unveröffentlichten Schlussbericht des Jüdischen Museums Wien zur Provenienzforschung an Gemälden der Sammlung IKG kompiliert und folgt, wenn nicht anders erwähnt, den Kapiteln Das Schicksal des in Triest liegen gebliebenen jüdischen Umzugsguts und Das jüdische Umzugsgut aus dem Hafen von Triest nach dem Krieg, in: ANDERL 2004, S. 195–223. 15 Die Rechtsgrundlage bildete die Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941, die den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft für Juden im Falle eines Auslandsaufenthaltes (auch bei Deportation in Konzentrationslager auf reichsexternem Gebiet) und die Konfiskation des Vermögens festschrieb. (vgl. http://www.verfassungen.de/de/de33-45/reichsbuerger35-v11.htm) (2.5.2011)
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von Partisanen gerieten. Verwaltet und initiiert wurde die Operationszone von Reichsstatthalter Friedrich Rainer, dem damaligen Gauleiter in Kärnten. Am 5. Oktober 1943 vergab Rainer über die Gestapo in Wien den Auftrag an die Vugesta, das im Hafen Triest lagernde Umzugsgut jüdischer Familien bei den italienischen Speditionen auszulösen, um die entstandenen Lagerungskosten einzutreiben. Bis Februar 1944 war es durch kriegsbedingte Devisensperren nicht möglich, die Forderungen der Triestiner Spediteure und der Magazini Generali im Hafen zu erfüllen.16 Im Reichsministerium für Finanzen förderten erst die nach und nach eintreffenden Beschwerden zutage, dass der Auftrag der Rückführung der Güter doppelt vergeben worden war: Einmal im Alleingang der Gestapo von Wien aus an die Vugesta und seitens des Ministeriums an die Firma Kühne und Nagel in Berlin, welche die Bestände weitestgehend der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) zur Verfügung zu stellen hatte. Der Vugesta wurden weitere Aktionen in Triest verboten. Im Laufe des Frühjahrs 1944 wurden 1200 Tonnen Umzugsgut von über 1900 EigentümerInnen nach Kärnten gebracht. In Klagenfurt wurde der größte Teil der Lifts geöffnet und für die NSV vorsortiert, um zum Beispiel Hausrat an Bombengeschädigte zu verteilen. Kunst- und Kulturgüter sollten nach Auswahl des Denkmalbeauftragten der Gauleitung Kärnten, Walter Frodl, dem Landesmuseum Kärnten zu Gute kommen.17 Schon bei dieser Sortierung ging die ursprüngliche Zusammensetzung verloren und die bis dahin noch möglichen Vorbesitzerzuordnungen wurden unwiderruflich getilgt. Alles, das nicht sofort versteigert werden konnte, wurde in verschiedenen als bombensicher geltenden Höhlen, Bergwerken und Festungen in Kärnten gesichert (Silberegg, Gurk, Bleiburg, Burg Hochosterwitz).18 Von Jänner bis Mai 1945 wurden 30 Waggons der Güter nach Salzburg zur Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt transportiert. Zu diesem Zeitpunkt existierten hierfür zum Teil noch Namenslisten der Vorbesitzer. Aus Silberegg und Hochosterwitz wurde einiges19 verschleppt, sechs Waggons mit Gütern nach Berlin und zwei Waggons nach Niederösterreich geschickt.20 Die Kunstwerke, die für das Kärntner Landesmuseum in Frage kamen, wurden ins Dorotheum Klagenfurt gebracht, um eine weitere Auswahl zu ermöglichen. Walter 16 Vgl. ANDERL 2004, S. 205–206, Anmerkungen 528–531. 17 Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Zl. 113/1945, Brief von Walter Frodl an die Gauleitung Kärnten vom 8. Jänner 1945. 18 Vgl. ANDERL 2004, S. 208. 19 Vgl. ANDERL 2004, S. 209. 20 Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Schriftverkehr zwischen der Gauleitung Berlin und dem Beauftragten des Obersten Kommissars der Operationszone Adriatisches Küstenland Dr. Schnürch, Jänner–Mai 1944.
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Frodl äußerte seine Wünsche und die von ihm genannten Objekte wurden ins Landesmuseum integriert, der Rest blieb im Dorotheum oder wurde nach Silberegg verlagert. Dabei wurden auch Kunstwerke von Triestiner Juden nach Kärnten gebracht, obwohl diese eigentlich nicht beschlagnahmt werden konnten, da ihre Eigentümer sich gar nicht im Ausland aufhielten. Walter Frodl wollte unter dem Vorwand, die Werke zu erhalten, eine Verteilung an Museen in Klagenfurt und Triest und andere öffentliche Stellen vornehmen. Unklar war zunächst, ob die Museen die Kunstwerke kaufen oder geschenkt bekommen sollten. 21 Die Verbringung der weiteren Kunstwerke nach Silberegg sollte gemäß Frodl den Zugriff anderer Stellen erschweren. 22 Am 11. Mai 1945 beschlagnahmte die Sixth British Armoured Division die in Silberegg verbliebenen Gegenstände, nachdem das Depot zuvor geplündert worden war. Danach wurden die verbliebenen Gegenstände nach Klagenfurt in ein Depot des Dorotheums gebracht.23 In der folgenden Zeit wurden Gebrauchsgegenstände aus der Masse Adria von den Kunstwerken getrennt und versteigert. Desweiteren veranlasste die britische Militärverwaltung bis 1948 Versteigerungen sperriger und empfindlicher Gegenstände, deren Lagerung sich als schwierig erwiesen hatte. Im Dorotheum wurde begonnen, für das Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung (BMVS) Bestandslisten zu erstellen.24 1949 stellte die britische Verwaltung die etwa 5000 restlichen Objekte in Klagenfurt unter die Aufsicht des Bundesdenkmalamtes in Wien, sie blieben jedoch zunächst an Ort und Stelle. Eine Liste mit 19 Claims erging an das BMVS. Aufgrund der Nachforschungen des BDA konnten einige Objekte ausgefolgt worden.25 Bis 1957 herrschte Uneinigkeit darüber, welche Objekte das Bundesdenkmalamt übernehmen würde – grundsätzlich keine Fotos, Reproduktionen, Postamente, Teppiche, Textilien, aber auch keine Kunstgegenstände von niedrigem Wert. Der Restbestand sollte im Dorotheum versteigert werden, um die angefallenen Depotkosten mit dem Auktionshaus abzugelten. Die Auswahl war noch in Klagenfurt zu treffen und 21 Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Brief von Dr. Fischbach, Abteilung Finanzen des Obersten Kommissars in der Operationszone „Adriatisches Küstenland” an Walter Frodl als Beauftragten für Denkmalschutz vom 25. Oktober 1944 (= Zl. 54), Brief von Walter Frodl an Dr. Ruttéri, den Direktor des Museo Storico in Triest vom 24. März 1945 (= Zl. 118). 22 Vgl. ANDERL 2004, S. 212–214. 23 Vgl. ANDERL 2004, S. 214 24 Vgl. ANDERL 2004, S. 215. 25 Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Mappe 3, Zl. 4967/1949, 5553/1949, 5682/1949, 5943/1949. Nachgefragt wurde bei den bekannten in die Transporte und Lagerungen in Triest involvierten Umzugsfirmen, ob sie noch Unterlagen hätten, was durchweg negativ beschieden wurde, mit dem Pauschalhinweis auf Vernichtung der Firmenarchive durch Kriegsschäden.
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nur die tatsächlich übernommenen Objekte sollten nach Wien gebracht werden. Im Dezember 1957 war die Bestandsaufnahme abgeschlossen.26 Im August 1957 veranlasste das Bundesministerium für Finanzen das BDA, gemäß § 1 des Auffangorganisationengesetzes27, alle nicht von Claims betroffenen Stücke an die Sammelstellen abzugeben. Wegen des Platzmangels im Dorotheum Klagenfurt plante das BDA die Gegenstände nach Wien in das Depot Löwelstraße zu übernehmen.28 Die Verhandlungen mit dem Bundesamt für äußere Restitution in Bad Homburg (BRD) über die Rückgabe österreichischer Kulturgüter verzögerte die Überstellung nach Wien bis 1958, weil das BDA die endgültigen Regelungen abwarten wollte. Bis 2. Mai 1958 legte das BDA eine 82 Einträge umfassende Liste der bis dahin übernommenen Objekte29 vor. Darunter befanden sich die heute in der Sammlung IKG befindlichen Gemälde, die anhand der Liste Depot Klagenfurt identifiziert werden können. Aufgrund einer Novelle zum Auffangorganisationengesetz am 18. September 1959 stellte die Finanzlandesdirektion Kärnten fest, dass die Sammelstellen rückwirkend seit 1956 Eigentümer der Bestände seien, woraufhin das BDA nicht mehr zuständig war und sofort die Bearbeitung einstellte. Im November wurden die Bestände auf Kosten der Sammelstellen an diese weitergegeben.30 In den Jahren von 1959 bis 1967 verwerteten die Sammelstellen A und B unter der Leitung ihres Geschäftsführers Georg Weis die sogenannten „herrenlosen Güter“, um überlebenden Opfern des Nationalsozialismus, die als Juden verfolgt worden waren, Entschädigungen zu gewähren.31 Wieder war das Dorotheum involviert, wie an der Überweisung von 261.418,26 öS an die Sammelstellen aus Versteigerungen aus der Masse Adria erkennbar ist.32 Die Auflösung der Sammelstellen wurde am 30. Juni 1967 beschlossen. Das Restvermögen wurde an die IKG als Treuhänderin übermittelt.33 Die IKG bestand auf einer möglichst späten Übergabe, da komplizierte Transaktionen der Sammelstellen, betreffend vor allem Liegenschaften, noch nicht abgeschlossen waren. 34 Erst im Jahr 1969 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Zl. 6423/1957. BGBl 73/1957. Vgl. ANDERL 2004, S. 222. Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Zl. 6423/1957. Vgl. ANDERL 2004, S. 223, Anm. 570. Vgl. WERNER, WLADIKA 2004, bes. S. 366–380. Vgl. WERNER, WLADIKA 2004, S. 234. Vgl. ÖStA, AdR 06, Sammelstellen, Mappe I3, Treuhandvereinbarung mit der IKG. Vgl. DÖW Bibliothek Nr. 7218, Georg WEIS, Sammelstelle A. Sammelstelle B. Schlussbericht, S. 23–36.
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kam es zur physischen Übergabe des materiellen Vermögens der Sammelstellen, weil die verzögerte Ausformulierung des 1. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetzes nun zum Abschluss kam. Eine Übergabeliste ist in den betreffenden Akten nicht aufzufinden.35 Es ist dennoch anzunehmen, dass bis dahin unverkäufliche Objekte komplett an die IKG abgegeben wurden. Die Kultusgemeinde führte die Auszahlungen an Opfer im Namen der Sammelstellen fort. 1972 erfolgte das Ende der Arbeit der Sammelstellen und auch die Treuhandverwaltung fiel an das Bundesministerium für Inneres (BMI). Weil die Entschädigungsvorgänge noch liefen und das BMI diese zu übernehmen verweigerte, kam es zunächst nicht zum Abschluss. Erst eine Schlichtung des Bundeskanzleramts ermöglichte die Auflösung der Sammelstellen am 10. Mai 1972.36 Die letzten Sachwerte verblieben im Besitz der IKG, leider ist nicht bekannt, wo sie untergebracht wurden. Vermutlich gelangten sie ohne besondere Inventarisierung mit den Kunstgegenständen der Kultusgemeinde aus deren vormaligen Sammlungen und restituierten Objekten anderer zerstörter jüdischer Institutionen, deren Rechtsnachfolge die IKG nach 1945 antrat, in verschiedene Gebäude der Gemeinde. 1992 wurden sie unhinterfragt Teil der Dauerleihgabe der IKG an das Jüdische Museum Wien. Übersicht der an den Transfers der Gemälde aus der Masse Adria beteiligten Institutionen
In den Jahren 1940 bis 2011 befanden sich die Bestände aus der Masse Adria in der Verantwortung der folgenden elf Institutionen und Administrationen: 1. Magazini Generali (Speditionen im Hafen Triest) 2. Reichsstatthalter für Kärnten 3. Landesmuseum Kärnten 4. Dorotheum Klagenfurt 5. Verschiedene Höhlen, Bergwerke und Festungen in Kärnten 6. Britische Militärverwaltung 7. Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung (Unterbringung im Dorotheum Klagenfurt) 8. Bundesdenkmalamt (Überführung der Objekte nach Wien) 9. Sammelstellen 10. Israelitische Kultusgemeinde Wien 11. Jüdisches Museum Wien 35 Vgl. ÖStA, AdR 06, Sammelstellen, Mappe I3, Treuhandvereinbarung mit der IKG. 36 Vgl. WERNER, WLADIKA 2004, S. 367–368.
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Sämtliche Übergaben aus den Jahren 1943 bis 1959 lassen sich anhand der Dokumentation im Bundesdenkmalamt nachverfolgen.37 Die Geschäftsakten der Sammelstellen und die Akten des Dorotheums befinden sich im Österreichischen Staatsarchiv.38 Eine Ausnahme bildet der Schlussbericht des Geschäftsführers der Sammelstellen, Dr. Georg Weis, der im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands in Wien einsehbar ist. 39 Darüber hinaus besitzt das Landesarchiv Kärnten eine Fotokartei konfiszierter Objekte aus dem Hafen Triest.40 Nach eingehender Beschäftigung mit diesen Dokumentationen ist festzustellen, dass die einzige Identifikation der Gemälde im Jüdischen Museum mit Aufklebern des Bundesdenkmalamtes anhand der schon mehrfach erwähnten Liste Depot Klagenfurt41 und darauf befindlichen Notizen42 möglich wird. Übergabelisten existieren nur zu Vorgängen des BDA und der IKG43, wobei die Übergabe der Objekte aus dem BDA an die Sammelstellen auf der Grundlage der Liste von Edith Podlessnig stattfand. Es ist durchaus denkbar, dass weitere Gemälde der Sammlung IKG in dieser Liste vorkommen, allerdings ist die eindeutige Identifikation nicht möglich, da manche Objekte nur vage beschrieben sind (zum Beispiel ist unter Nr. 126 die Gebirgslandschaft eines unbekannten Malers genannt). Auch die Konsignationsnummern des Dorotheums bieten eine weitere Referenz, allerdings ist diese bei den Gemälden im Jüdischen Museum Wien in den seltensten Fällen erhalten. Immerhin konnten zehn der vierzehn ursprünglich als zusammengehöriges Konvolut vermuteten Gemälde im Jüdischen Museum Wien identifiziert werden44, ferner eines, das fälschlich für unbedenklich gehalten 37 Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14. 38 Vgl. ÖStA, AdR 06, Sammelstellen, Mappe J7, Masse Adria, Mappe I3 Treuhandvereinbarung mit IKG, Mappe I3a Auflösung der Sammelstellen; ÖStA, AdR 06, Dorotheum, Karton 39 und 44. 39 Vgl. DÖW Bibliothek, Nr. 7318. 40 Vgl. Kärntner Landesarchiv 124, SALA, Nr. 276.05. 41 Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Mappe 2, Liste Depot Klagenfurt. 42 Vgl. Kärntner Landesarchiv 124, SALA, Nr. 276.05. 43 Vgl. Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 7, Mappe 3; Inventar des Jüdischen Museums Wien zur Sammlung IKG nach Vertrag vom 27. Mai 1992. 44 E[?] Ledermann, Frauenporträt, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 1812, identifiziert als Nr. 52 auf der Liste Depot Klagenfurt; Lazar Krestin, Männerporträt, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 1947, identifiziert als Nr. 136 der Liste Depot Klagenfurt; G[?] Lewin, Männerporträt, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 1905, identifiziert als Nr. 129 der Liste Depot Klagenfurt; [?] Pinz, Männerporträt, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 1912; identifiziert als Nr. 69 der Liste Depot Klagenfurt; Männerporträt, anonym, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 1945, identifiziert als Nr. 132 der Liste Depot Klagenfurt; Carlo Romagnoli, Porträt „Alex“, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 2220, identifiziert als Nr. 51 der Liste Depot Klagenfurt; H[?] Döring, Frau mit rotem Cape, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 2297, identifiziert als Nr. 80 der Liste Klagenfurt, Lazar Krestin, Frauenporträt, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 2322, identifiziert als Nr. 53 der Liste Depot Klagenfurt; M[?] Locher, Mädchenporträt, JMW Slg. IKG, Inv.Nr. 2329, identifiziert als Nr. 46 der Liste Depot Klagenfurt; Wilhelm
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wurde45 und noch fünf weitere Gemälde, die im Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde sind, nicht zur Dauerleihnahme des Jüdischen Museums gehören, jedoch was die Objekterforschung und Konservierung betrifft, vom Museum betreut werden. 46 Nur bei zwei Gemälden ließen sich Vorbesitzer anhand zufällig zuzuordnender Liftnummern eruieren, die Kultusgemeinde wird nach den Erben suchen und eine Rückgabe der Bilder anstreben. Resümee und Ausblick
Das Jüdische Museum Wien steht vor der Aufgabe, auch die anderen Sammlungsteile nach weiteren Resten der Masse Adria zu untersuchen. Die tatsächliche Zusammensetzung der Masse Adria bei den jeweiligen Übergaben und der Verbleib der weder verkauften noch restituierten Gegenstände sind bislang ungeklärt und bleiben zu erforschen. Es wäre interessant und hilfreich zu wissen, ob andere Institutionen nach 1945 Reste aus der Masse Adria erhalten haben, ob weitere Gemälde aus der Liste Depot Klagenfurt identifizierbar sind, obwohl im Laufe der Jahre das Wissen über und das Bewusstsein für die Objekte stetig abgenommen hat. Die Ursache hierfür liegt nicht zuletzt in der Qualität der Werke, bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um Gemälde eher unbekannter wenn nicht gar anonymer Künstler. Ein Zugang über Werklisten oder Inventare bekannter Sammlungen ließ sich im Zuge der Forschung nicht erschließen. Zum anderen wurde gerade die Bedeutung der Gemälde innerhalb des gesamten Bestandes Masse Adria durch die betreuenden Institutionen sehr unterschiedlich bewertet, wie ein Vergleich aus den Aufzeichnungen von Edith Podlessnig und Georg Weis nahelegt. Während Edith Podlessnig mit Problemen der Magazinierung und Rückstellungsgesuchen, die konkrete Gegenstände aus dem Triestiner Umzugsgut betrafen, konfrontiert war, scheint Georg Weis nie nach den Kunstwerken gefragt worden zu sein. Somit fokussierte Edith Podlessnig in der Liste Depot Klagenfurt Hinweise auf einzelne Gemälde, obwohl auch darin wie erwähnt kursorische Erfassungen vorkommen, ebenso wie Flüchtigkeitsfehler: So wurden die Maler Lazar Krestin und Wilhelm Viktor Krausz, Männerporträt, JMW, Slg. IKG, Inv.Nr. 2337, identifizierbar als Nr. 9 der Liste Depot Klagenfurt. 45 Erwin Singer, Drei Knaben mit Tora-Rolle, JMW Slg. IKG, Inv. Nr. 1818 (= Nr. 28 in der Liste Depot Klagenfurt). Dieses Gemälde weist keine Ausfuhrstempel, Aufkleber oder sonstigen Hinweise auf. 46 In diesem Fall betroffen sind die Nrn. 1, 2, 3, 36, 59 der Liste Depot Klagenfurt.
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Reste der Masse Adria im Jüdischen Museum Wien
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Viktor Krausz als „Krauser“ (Nr. 9 der Liste) und „Krotin“ (Nr. 136)47 aufgenommen, wobei die Signaturen eindeutig sind. Georg Weis erwähnt hingegen die Gemälde nur noch allgemein zum Beispiel als „Familienporträts“48. Wie dem Schlussbericht zu entnehmen ist, waren die Transaktionen von Liegenschaften, Wertpapieren und Versicherungen das Hauptgeschäft der Sammelstellen und diese wurden unter großem Druck erledigt.49 Der Kultusgemeinde blieb während der treuhänderischen Abwicklung der Sammelstellen, die sich drei Jahre hinzog, nichts weiter übrig, als die weitere Aufbewahrung der Sachwerte aus der Masse Adria zu gewährleisten. So wurden diese an Orte gebracht, wo sie mit der Sammlung der IKG, aber auch mit anderen Objekten teils zweifelhafter, teils vergessener Herkunft aufbewahrt und vermischt wurden. Relics of Nazi-Confiscated Cargo from the Port of Trieste in the Collections of the Jewish Museum Vienna In 2007, the Jewish Community of Vienna authorized the Jewish Museum Vienna to start a systematic provenance research pertaining to the Community’s collection, which is on permanent loan to the museum. During the examination of the paintings belonging to the collection, an asset comprising fourteen pictures came into focus because of similar numbered stickers on the backside and other similar markings. So at first it was assumed that these paintings belonged to a formerly unified collection. Some of the numbers could be identified as inventory numbers of the Dorotheum, the famous Viennese auction house; others were used by the Bundesdenkmalamt, the Federal Office for the Preservation of Monuments. In close cooperation with both institutions and with support from the Department for Art Restitution of the Jewish Community of Vienna, the consensus emerged that the objects originated from the so-called “Masse Adria”, and by no means belonged to a single collection, but are relics of a confiscation of Jewish property at the port of Trieste in 1944. Upon further investigation, a history of changing custodies, inventories and provenance among eight institutions and three authorities became evident, along with a loss of awareness and knowledge in regard to the asset.
47 Archiv des BDA, Restitutionsmaterialien, Karton 14, Mappe 2. 48 ÖStA, AdR 06, Sammelstellen, Mappe J7, Masse Adria, Brief von Georg Weis an das Dorotheum vom 2. März 1960. 49 Vgl. DÖW Bibliothek Nr. 7218, Georg WEIS, Sammelstelle A. Sammelstelle B. Schlussbericht, S. 22–24.
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Zu groß für Einen. Zum An- und Verkauf großer Sammlungen durch Konsortien am Beispiel Figdor Lynn Rother
Am 26. März 1933 berichtete die Weltkunst von der Absicht der chinesischen Regierung, die Porzellansammlung aus dem Palast-Museum in Peking an ein englisch-amerikanisches Konsortium für 50 Millionen Dollar zu verkaufen.1 Die Pressenachricht zeigt bereits Besonderheiten von Konsortialgeschäften im Kunstbereich auf: Nicht ein einzelnes Objekt, sondern eine ganze Sammlung ist Gegenstand der Transaktion. Nicht ein Kunsthändler oder ein Sammler treten als Käufer auf, sondern eine – in diesem Fall binationale – Käufergemeinschaft. Die genaue Zusammensetzung der Käufergemeinschaft bleibt nach außen ungenannt. Wenn auch die chinesische Regierung unter dem öffentlichen Druck ihre Pläne zum Verkauf der Sammlung an ein Konsortium zu Gunsten einer Verpfändung aufgab, gibt es mit der Wiener Sammlung des Dr. Albert Figdor, der Frankfurter Sammlung Passavant-Gontard, der Sigmaringer Sammlung aus dem Hause Hohenzollern und dem Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg – dem so genannten Welfenschatz – prominente Beispiele für Kunstsammlungen, die Ende der 1920er Jahre durch ein Konsortium angekauft worden waren und nachfolgend zu großen Teilen wieder veräußert wurden. Dennoch ist dieser Bereich bisher kein Gegenstand wissenschaftlicher Publikationen. Die Besonderheiten von damals sind die Herausforderungen der Provenienzforschung von heute. Mit diesem Blick wird im Folgenden ein erster Versuch unternommen, ausgewählte Charakteristika dieser besonderen Geschäftsvorhaben anhand der Sammlung Figdor herauszuarbeiten. Zwei Aspekte – die Sammlung als An- und Verkaufsobjekt sowie das Konsortium als Käufer- beziehungsweise Verkäufergemeinschaft – stehen im Mittelpunkt der Betrachtung. Vorangestellt sei, dass Konsortien ihren Ursprung, ihre häufigste Verbreitung und ihre Definition im Bankwesen haben.2 In ertragreichen Geschäftsbereichen, beson1 2
O. V., China verpfändet seine Kunstsammlungen, in: Weltkunst, Jg. VII, 13 (1933), S. 2. Vgl. zu Konsortien im Bankwesen und den folgenden Ausführungen Helmut REIMANN, Die Wertpapiere, in: Konrad WILLE (Hg.), Das Bankgeschäft. Gegenstand und Leistungen, Berlin 31938, S. 267–400, hier S. 354–355; Hans E. BÜSCHGEN, Das Kleine Bank-Lexikon, Düsseldorf 1992, S. 915– 918; Hans Karl VELLGUTH, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für schwebende Geschäfte, Würzburg 1937, S. 123.
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ders im Wertpapier- und Kreditgeschäft, firmieren sich Konsortien nicht zuletzt aus Gründen der Risikostreuung; weil „das einzelne Geschäft für eine Bank allein zu groß wurde“.3 Heute wie am Anfang des 20. Jahrhunderts ist ein Konsortium in der Betriebswirtschaft definiert als ein zeitlich befristeter Zusammenschluss von rechtlich und wirtschaftlich selbständig bleibenden juristischen Personen zur Durchführung eines gemeinsamen Geschäftsvorhabens. Eine Legaldefinition existiert nicht. Konsortium ist ein Sammelbegriff und die zu Grunde liegende Rechtsform – in Frage kommt im deutschen Recht insbesondere eine BGB-Gesellschaft – ist nicht aus der Bezeichnung zu entnehmen. Sie kann im Konsortialvertrag oder in ergänzenden Vereinbarungen geregelt sein, die auch den Zweck des Zusammenschlusses sowie die Rechte und Pflichten der Konsorten behandeln. Im Kunstmarkt der 1920er und 30er Jahre bildeten die Gründung eines Konsortiums und die Durchführung des Konsortialgeschäfts eher die Ausnahme als die Regel. In ihrer Komplexität unterscheiden sich diese Transaktionen von regelmäßigen Einzelgeschäften einzelner Kunsthändler und so genannten Metageschäften.4 Bei letzterem partizipieren mehrere Kunsthändler als Metisten und erwerben meist ein Objekt, etwa ein Gemälde, zu gleichen Anteilen, um es an einen Dritten wieder zu veräußern. Der entstehende Gewinn beziehungsweise Verlust wird anteilsmäßig geteilt. Konsortien hingegen sind hinsichtlich ihres Zwecks und ihrer Ausgestaltung sehr viel differenzierter. Nicht selten liegt ein ausgeklügeltes System an Ertragsmöglichkeiten zu Grunde, das unterschiedliche Provisionszahlungen für die Beteiligten ermöglicht, um Vergütungen entsprechend ihrer Risikoübernahme, ihrer Verkaufsleistung oder ihrer Konsortialführung festlegen zu können. Die Sammlung Figdor als Konsortialgeschäft
Albert Figdor (1843–1927) war es durch den frühen Tod seines Vaters und die Übernahme eines beträchtlichen Vermögens Zeit seines langen Lebens möglich, sich intensiv mit dem Aufbau einer weitgefächerten Kunst- und Kunstgewerbesammlung zu beschäftigen (Abb. 1).5 Die Sammlung genoss allein aufgrund ihres Umfangs, aus3 4 5
REIMANN 1938, S. 354. Vgl. zu Konsortial- und Metageschäften im Bankwesen besonders BÜSCHGEN 1992, S. 915 und 1096, sowie VELLGUTH 1937, S. 123 und 124. Vgl. zu Figdor und seiner Sammlung Josephine HILDEBRAND, Albert Figdor, Wien (1843–1927). Sammler aus Berufung, in: Julius-Lessing-Gesellschaft (Hg.), Glück, Leidenschaft und Verantwortung. Das Kunstgewerbemuseum und seine Sammler, Ausst.-Kat., Berlin 1996, S. 27–30; Gustav GLÜCK, Dr. Albert Figdor und seine Sammlung, in: Zeitschrift für Bildende Kunst Jg. 61, 7 (1927/28), S. 249–257; Curt GLASER, Wandlungen im Kunstbesitz. Die Sammlungen Figdor und Havemeyer, in:
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Abb. 1: Blick in die Sammlung Figdor, um 1928
gegangen wird von mehreren tausend Objekten, enorme Bekanntheit. Aber auch in ihrer enzyklopädischen Zusammensetzung übertraf sie die meisten Privatsammlungen. Gustav Glück schrieb, dass in der Sammlung Figdor „kaum irgend etwas von dem fehlt, was der Mensch der Gotik bis zur Spätrenaissance, ja selbst noch der des 19. Jahrhunderts gebraucht und was den Schmuck seines Daseins, seines eigenen Äußeren und seines Heims, ausgemacht hat.“6 Ob Bilder, Skulpturen, Möbel, Goldschmiedearbeiten, Gläser, Bucheinbände, Plaketten, Mörser oder Elfenbein-Reliefs, ob kunsthistorisches Meisterwerk oder kleinstes Kunstgewerbeobjekt, allem Vorhandenen lag ein kulturgeschichtlicher Wert zu Grunde und war in seiner künstlerischen Form in höchster Vollendung anzutreffen. Nachdem Figdor sich aus persönlichen Gründen mit den österreichischen Museen überworfen hatte, schenkte er noch zu Lebzeiten die Sammlung seiner Nichte Margarete Becker-Walz in Heidelberg.7 Ihre Bemühungen,
6 7
Kunst und Künstler Jg. XXVII, 6 (1929), S. 251–252; Archiv des Bundesdenkmalamts Wien (BDA), Figdor Teil I, Zl. 752/1927, Schreiben Kunsthistorisches Museum an Bundesdenkmalamt vom 18. Februar 1927. GLÜCK 1927/28, S. 256. Vgl. zu den folgenden Ausführungen besonders Historisches Archiv der Dresdner Bank (HADrB), Inv.-
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die Sammlung aufzulösen und außer Landes zu bringen, scheiterten an den auch als Lex Figdor bezeichneten denkmalpflegerischen Schutzbestimmungen, die den Erhalt der Sammlung als „einheitliches Ganzes“ für Österreich anstrebten.8 Nachdem die Alleinerbin dem in Berlin und Wien tätigen Kunsthändler Gustav Nebehay im Herbst 1928 das Angebot unterbreitet hatte, die Sammlung en bloc abzugeben, wandte sich dieser an potentielle Käufer. Der Haarlemer Bankier und Kunstsammler Franz Koenigs war nicht abgeneigt, sich an dem Geschäft zu beteiligen, erklärte aber, dass es „für ihn allein zu groß sei“.9 Durch Koenigs Empfehlung gelang es Nebehay jedoch den Geschäftsinhaber der Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank), Jakob Goldschmidt, für dieses Vorhaben zu gewinnen. Goldschmidt gründete ein Konsortium, an dem er selbst, seine Bank und Dritte beteiligt waren. Nebehay unterzeichnete am 6. Dezember 1928 den Vertrag zum Ankauf der Sammlung Figdor, die Danat-Bank übernahm am 15. Dezember 1928 die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Zahlung der Ankaufssumme in Höhe von 10 Millionen Reichsmark und beglich den Kaufpreis in drei Raten bis zum 5. Januar 1930. Nach erfolgreichem Ankauf und langwierigen Verhandlungen zwischen Nebehay und dem Bundesdenkmalamt Wien gelang es, die denkmalpflegerischen Restriktionen aufzuweichen. Ein erster Teil konnte unter Zuhilfenahme verschiedener Sachverständiger in fünf Bänden katalogisiert werden und es folgten im Juni und September 1930 zwei Auktionen in Berlin und Wien sowie eine kleinere Versteigerung von Urkunden, Autographen und ähnlichem in Luzern im Jahr 1932.10 Nach dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 und unter dem Eindruck der einsetzenden Weltwirtschaftskrise blieb der erwartete finanzielle Erfolg der Auktionen aus und damit auch die Begleichung der vorab vereinbarten Ausfuhrabgaben an österreichische Stellen sowie die Tilgung des Konsortialkredites bei der Danat-Bank.11 Da ebenso in Folge der Weltwirtschaftskrise die Danat-Bank mit der Dresdner Bank 1931 zwangsfusioniert wurde, trat nun die Nr. 24576-2001.BE, Bl. 208-225 sowie Christian M. NEBEHAY, Die Goldenen Sessel meines Vaters. Gustav Nebehay (1881–1935). Antiquar und Kunsthändler in Leipzig, Wien und Berlin, Wien 1983, S. 238–254. 8 Archiv des BDA, Figdor Teil I, Zl 1387/1923, Schreiben Magistrat Wien an Albert Figdor vom 15. Juni 1923. 9 HADrB, Inv.-Nr. 24576-2001.BE, Bl. 208–225, hier 208. 10 Otto von FALKE (Hg.), Die Sammlung Dr. Albert Figdor, Wien. Erster Teil, Aukt.-Kat., 5 Bde., WienBerlin 1930; Gilhofer & Ranschburg (Hg.), Bibliotheken der russischen Zaren in Zarskoje-Selo, Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen, Dr. Albert Figdor in Wien. Aukt.-Kat., Luzern 1932. 11 ÖStA, AdR, Unterricht-Allg., Fasz. 3083, Schreiben Bundesdenkmalamt an Bundsministerium für Unterricht vom 22. Juni 1931; Archiv des BDA, Figdor Teil III, Zl 1096/1935, Schreiben Dresdner Bank an Bundesministerium für Unterricht vom 22. Februar 1935.
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Dresdner Bank an die Stelle der Danat-Bank.12 Die Dresdner Bank war nun einerseits selbst Konsorte, durch den übernommenen Anteil der Danat-Bank am Konsortium, andererseits war sie auch Gläubiger des Konsortiums durch die Übernahme des Konsortialkredites. Ab 1933 bemühte sich die Dresdner Bank um eine geeignete Verwertung zur Abwicklung des Konsortialgeschäfts. Der Restbestand aus der Sammlung Figdor wurde neben anderen Kunstgegenständen 1935 von der Dresdner Bank an den Preußischen Staat veräußert und befindet sich bis heute zu größten Teilen im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin.13 Das Konsortium als Käufer- beziehungsweise Verkäufergemeinschaft
Der Dresdner Bank gelang es nicht, im Zuge ihrer Abwicklung hin zum En Bloc-Verkauf an den Preußischen Staat zweifelsfrei zu klären, wer in welcher Form, zu welchem Zeitpunkt am Konsortialgeschäft Figdor partizipierte.14 Obgleich sie ab 1931 als Kreditgeber und als Konsorte selbst beteiligt war, lagen ihr lediglich ein im Dezember 1929 gefertigter, aber undatierter und nicht unterzeichneter Entwurf zum Konsortialvertrag sowie einzelner Schriftverkehr mit den vermeintlichen oder tatsächlichen Konsorten vor. Abgesehen von den Banken – zunächst Danat, dann Dresdner – trat ausschließlich Nebehay nach außen in Erscheinung, teils mit Verweis auf das Konsortium, teils ohne. Er unterzeichnete 1928 den Kaufvertrag mit der Alleinerbin der Sammlung Figdor. In der Kommunikation mit dem österreichischen Bundesministerium für Unterricht sprach er von der „jetzt mir gehörigen Sammlung Figdor“; das Bundesdenkmalamt protokollierte die „im Eigentume des Herrn Gustav Nebehay befindlichen Gegenstände“.15 Für den Schriftverkehr nutzte er eigenes Briefpapier seiner Kunsthandlung wie auch Geschäftspapier, das neben seinem Namen „Sammlung Figdor“ im Briefkopf führte.16 Die Dresdner Bank ging aber zu keinem Zeitpunkt davon aus, dass Nebehay Konsorte gewesen sei, sondern sah ihn zweifelsfrei als Treuhänder der Bank, der eine Kunsthändlergruppe führte, die nur bei erfolgreichem Weiterverkauf an einem 12 Vgl. zum Folgenden HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 245–247 und Inv.-Nr. 24576-2001.BE, Bl. 208–215. 13 HILDEBRAND 1930, S. 30. 14 Vgl. zu diesem Absatz HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 245–247 und Inv.-Nr. 24576-2001.BE, Bl. 208–225. 15 ÖStA, AdR, Unterricht - Allg., Fasz. 3083, Schreiben Gustav Nebehay an Bundesministerium für Unterricht vom 6. November 1929 und Archiv des BDA, Figdor Teil II, Zl 4590/1929, Gedenk-Protokoll vom 11. Juli 1929. 16 ÖStA, AdR, Unterricht - Allg., Fasz. 3083, Schreiben Gustav Nebehay an Bundesministerium für Unterricht vom 6. November 1929 und vom 1. Juli 1929.
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erzielten Gewinn zu 50 Prozent partizipiert hätte.17 Da es nicht zu Provisionszahlungen kam, war die Zusammensetzung der Kunsthändlergruppe für die Dresdner Bank nicht von Belang und ist in den Akten der Dresdner Bank nicht belegt.18 Anders galt es aber die Konsorten entsprechend ihrer Beteiligung zu Ausgleichszahlungen im Falle des prognostizierten Verlusts heranzuziehen. Die Dresdner Bank ging von einer Käufergemeinschaft aus, die sich zu je zwanzig Prozent aus der Danat-Bank, ihrem Geschäftsinhaber Jakob Goldschmidt persönlich, dem deutschen Industriellen Fritz Thyssen und dem Haarlemer Bankier Franz Koenigs zusammensetzte; so wie sie mit je zehn Prozent die Beteiligung des Wiener Ingenieurs Edwin Czeczowiczka und der Berliner Firma Paul Cassirer annahm. Als sich die Bank zur Kompensation der Verluste an die vermeintlichen Konsorten wandte, berief sich Koenigs auf eine Unterbeteiligung. Er habe sie von Goldschmidt aus seinem Anteil erhalten, sei über einen Fortgang des Konsortialgeschäfts nie unterrichtet worden und könne damit für Verluste nicht herangezogen werden. Die Firma Cassirer erklärte, dass sie seinerzeit grundsätzlich bereit war, sich an dem Geschäftsvorhaben zu beteiligen, aber durch unterschiedliche Auffassungen zur Zinsfrage, den Vertrag nie unterschrieben habe. Und Czeczowiczka behauptete, dass ein Konsortium überhaupt nicht zustande gekommen sei. Der Schriftverkehr, der dem Bankhaus vorlag, machte deutlich, dass sich das Konsortium erst vollends firmiert hatte als der Ankauf der Sammlung Figdor bereits besiegelt worden war. Denn bereits im Dezember 1928 wurde der Kaufvertrag durch Nebehay unterzeichnet, aber erst im Februar 1929 ist Thyssen, Koenigs, Czeczowiczka und Cassirer durch Goldschmidt schriftlich angeboten worden, sich neben ihm und seiner Bank am Konsortium zu beteiligen. Die noch im selben Monat erfolgten Zustimmungen zur Beteiligung lagen der Bank bis auf die der Firma Cassirer schriftlich vor. In einem 1932 durch die Dresdner Bank eingeleiteten Rechtstreit unterlag sie gegen Cassirer und die eigene Beteiligung der Bank erhöhte sich um die strittigen zehn Prozent. Allerdings gewann die Dresdner Bank die Forderung nach einer Verlustausgleichszahlung gegen Koenigs, der seine Beteiligung nicht abstreiten und seine Unterbeteiligung nicht nachweisen konnte. Zwischenzeitlich berief die Dresdner Bank eine Konsortiumssitzung am 5. Oktober 1933 ein, um die Abwicklung des Konsortialgeschäfts voran zu bringen, aber es nahmen nur ein Vertreter Jakob Goldschmidts sowie Fritz Thyssen persönlich die Einladung an. Da 17 HADrB, Inv.-Nr. 24576-2001.BE, Bl. 217. An anderer Stelle findet sich eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 45 Prozent (Inv.-Nr. 24576-2001.BE, Bl. 208). Bei letzterer Angabe dürfte es sich um einen Schreibfehler handeln. 18 Es ist zu vermuten, dass weiterhin die Kunsthändlerin Wilma Werner, Wien und der Berliner Alphons Heilbronner beteiligt waren. Vgl. NEBEHAY 1983, S. 246.
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aber somit dennoch die Mehrheit des Konsortialkapitals anwesend war, wurde überlegt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegebenenfalls „aus wichtigem Grunde fristlos zu kündigen“.19 Die Dresdner Bank konnte jedoch davon absehen, nachdem sie laut Auskunft ihrer Rechtsabteilung durch die Überfälligkeit des Konsortialkredites bereits Eigentümerin der Kunstgegenstände geworden war.20 Am Beispiel der Sammlung Figdor zeigt sich, dass ein Konsortium sehr heterogen zusammengesetzt sein konnte. Es partizipierten Privatpersonen wie Unternehmen, aus mehreren Ländern, mit unterschiedlich hoher Beteiligung und im Falle von bestehenden Unterbeteiligungen, auch auf Basis von verschiedenen Beteiligungsformen mit teils voneinander abweichenden Rechten und Pflichten. Deutlich wird, dass von der Außenwirkung nicht auf die innere Struktur geschlossen werden kann, genauso wenig wie die Zusammensetzung konstant gewesen sein muss. In diesem Fall wurde die Beteiligung einer Bank aufgrund einer Fusionierung durch eine andere Bank übernommen, ein strittiger Anteil kam nach einem Prozess zwischen zwei Konsorten dem Verlierer zu, das Eigentum an der Sammlung ging auf den Gläubiger über. Ebenso wäre es denkbar gewesen, dass Eigentumswechsel durch Verkauf von Konsortialbeteiligungen innerhalb des Konsortiums oder an Dritte stattgefunden haben könnten. Die Sammlung als Ankaufs- und Verkaufsobjekt
Die Dresdner Bank erklärte 1935 ihre Abwicklungsbestrebungen mit dem Preußischen Staat anhand des erheblichen Verlustes des Konsortialgeschäfts Figdor, „der in Folge der laufenden Bankzinsen umso höher wird, je länger das Konsortium fortbesteht.“21 In der Regel steigt bei fremdfinanzierten Geschäften, die absolute Zinsbelastung, je länger der Kredit in Anspruch genommen wird. Im Fall einer Sammlung dieser Größenordnung potenzieren sich aber nicht nur die Zinsbelastung erheblich, sondern auch laufende Kosten wie die weiterhin anfallenden Versicherungsprämien und Lagerungskosten. Im Fall der Sammlung Figdor lagerte der Restbestand nach den Auktionen 1930 bis zum Verkauf an den Preußischen Staat 1935 in mehreren hundert Kisten zeitgleich bei der Lüftschitz-Garde Meuble A.G. in Wien, im Tresor der Wiener Mercurbank und in den Tresorräumen der Dresdner Bank am Schinkelplatz in Berlin.22 Allein in dem kurzen 19 HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 230. 20 HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 223. 21 Archiv des BDA, Figdor Teil III, Zl 1096/1935, Schreiben Dresdner Bank an Bundesministerium für Unterricht vom 22. Februar 1935. 22 Archiv des BDA, Figdor Teil III, Zl 1096/1935, Schreiben Dresdner Bank an Bundesministerium für
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Zeitraum zwischen September 1933 und August 1934 wuchs das Debetsaldo des Konsortiums von 9.780.000 auf 10.376.643 Reichsmark.23 Dem durch laufende Kosten begründeten Zeitdruck steht entgegen, dass Geschäfte dieser Größenordnung organisatorisch aufwendig und zeitintensiv sind. Allein die Verhandlungen und Vorbereitungen der Dresdner Bank für den En bloc-Verkauf an Preußen zogen sich durch die Abstimmungen zwischen den Beteiligten, die für die Firma Cassirer und den Konsorten Koenigs im Rechstreit ausgefochten werden mussten, und durch die aufwendigen Verkaufsverhandlungen über zwei Jahre hin. Um die heterogene und umfangreiche Sammlung Figdor für den Preußischen Staat zu taxieren, wurden verschiedene Museumsdirektoren der Staatlichen Museen aus unterschiedlichen Fachbereichen hinzugezogen.24 Allerdings fiel dieser Aufwand im Zuge der Abwicklung bei den vom Preußischen Staat begünstigten Museen, also auf der Käuferseite an und nur der Zeitverzug ging zu Lasten des Konsortiums. Anders war es 1929, nach dem Ankauf und in der Vorbereitungsphase für die geplanten Auktionen. Allein für die Katalogisierung des ersten Teils wurden die Experten Otto von Falke (1908–1927 Direktor des Kunstgewerbemuseums in Berlin), Max Friedländer (1929–1933 Direktor der Gemäldegalerie in Berlin), Leo Planiscig (1933– 1938 Direktor der Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, Kunsthistorisches Museum in Wien), August Schestag (1927–1932 Direktor des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien, heute MAK Österreichisches Museum für angewandte Kunst) und Theodor Demmler (1909–1944 Direktor der Abteilung Bildwerke der christlichen Epochen in Berlin, heute Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst) verpflichtet.25 Die Auktionsvorbereitungen bedeuteten für das Konsortium neben einem zeitlichen Aufwand auch erhebliche finanzielle Investitionen, da sie potente Kaufinteressenten aus aller Welt ansprechen wollten. Es wurden zahlreiche halbund ganzseitige Auktionsanzeigen geschaltet, die in den einschlägigen Zeitschriften erschienen (Abb. 2).26 Außerdem wurde ein fünfbändiger Katalog gedruckt. Es ist anekdotenhaft überliefert, welchen unverhältnismäßigen Aufwand in zeitlicher wie finanzieller Hinsicht es mit sich brachte, den Katalog mit Lichtbildern zu versehen und ihn in der besonderen „Blockbuchform“ drucken zu lassen.27 Letztlich vergingen einUnterricht vom 22. Februar 1935. HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 246 und 94. HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 112–116. Von FALKE 1930. Vgl. z. B. Der Kunstwanderer Jg. 11 (1929), S. 337, 429; Der Kunstwanderer Jg. 12 (1930), S. 403; Die Kunstauktion Jg. IV, 22 (1930), S. 3; Die Kunstauktion Jg. IV, 33 (1930), S. 3; Die Kunstauktion Jg. IV, 37 (1930), S. 3. 27 NEBEHAY 1983, S. 250–251. 23 24 25 26
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Abb. 2: Anzeige in Die Kunstauktion zur Versteigerung eines Teils der Sammlung Figdor in Berlin, 1930
einhalb Jahre zwischen dem Ankauf der Sammlung im Dezember 1928 und der ersten Auktion im Juni 1930. Die öffentliche Anteilnahme am An- und Verkauf einer solch bedeutenden Sammlung war groß. Besonders die Verhandlungen mit dem Bundesdenkmalamt wurden begleitet von einer regen Berichterstattung der Presse und den dadurch motivierten Briefen der Auktionshäuser, in denen sie etwa auf eine ausschließlich in Wien durchzuführende Versteigerung der Sammlung drängten.28 Um die denkmalpflegerischen Restriktionen aufzuweichen, bedurfte es eines erheblichen Einsatzes sowohl in monetärer Hinsicht als auch in Form von langwierigen Verhandlungen durch Nebehay. Das Konsortium hatte neben der geschenkweisen Abgabe von Objekten an österreichische Stellen zum Beispiel auch Ausfuhrabgaben in Höhe von zehn Prozent des Schätzwertes für die in Berlin zur Versteigerung gelangten Objekte zu leisten.29 Falls der Ver-
28 Z.B. ÖStA, AdR, Unterricht - Allg., Fasz. 3083, Schreiben Dorotheum an Bundsministerium für Unterricht vom 9. Juli 1929 und Schreiben Vereinigung der Antiquitäten- u. Kunsthändler Wiens an Bundesministerium für Unterricht vom 12. Februar 1930. 29 Vgl. zahlreiche Dokumente im Archiv des BDA, Figdor Teil III, Zl 7198/1930 und Präs 28/1930 und Zl 1381/1930.
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äußerungsgewinn mehr als das Doppelte über dem Schätzwert eines Stückes lag, war zudem eine Sonderzahlung fällig, die zehn Prozent des Differenzbetrages zwischen dem Zuschlagspreis und dem doppelten Schätzwert betrug. Dennoch blieben Restriktionen bestehen – zum Beispiel bestimmte Teile der Sammlung in Österreich verwerten zu müssen –, die erst bei dem sich deutlich abzeichnenden Verlust des Konsortialgeschäfts auf Drängen der Dresdner Bank und nach Abgabe weiterer Objekte und erneuter Zahlung von Ausfuhrabgaben, endgültig aufgehoben wurden.30 Diese Aufwendungen mussten nicht von der Käuferseite bei der Erstellung ihres Angebots, also in diesem Falle von den Museumsdirektoren, die 1934 im Auftrag des Preußischen Staates die Werte taxierten, nicht berücksichtigt werden. Aber bei der Preisbildung durch das Konsortium für die Auktionen 1930 mussten die Kosten sehr wohl einkalkuliert werden. Hinzu kam die Herausforderung, eine solche Sammlung überhaupt zu taxieren. Das Bundesdenkmalamt protokollierte am 9. April 1929 für die Sammlung Figdor: „Eine solche Schätzung habe selbstverständlich ihre außerordentliche[n] Schwierigkeiten, die ja zum Beispiel vor einigen Jahren bei der Schätzung eines bedeutenden Teiles der Sammlung Castiglione durch erstklassige Experten und Händler und bei dem Misserfolge, der entgegen dieser Schätzung in so greller Weise sich bei der bezüglichen Auktion in Amsterdam eingestellt habe, zu Tage getreten seien.“ Weiter heißt es, dass die Schätzungen einzelner Fachleute für die Sammlung Figdor sehr stark divergierten und dass „nach der Ansicht des einen Experten der Kaufpreis von 17 Millionen S[chilling] viel zu hoch, nach der Ansicht eines anderen Experten, der das Auktionsergebnis auf 30-40 Millionen S[chilling] – wohl ganz irrtümlich – einschätzte, viel zu niedrig sei.“31 Vor diesem Hintergrund und in Hinblick auf den genuinen Gewinnanspruch von Konsortialgeschäften, wird das wirtschaftliche Risiko deutlich, das im Ankauf der Sammlung Figdor lag, als der geforderte Betrag in Höhe von zehn Millionen Reichsmark – wohl ohne Vorlage eines Gutachtens und ohne Preisverhandlungen zu führen –, akzeptiert wurde. Als die von Konsortiumsseite beauftragten Sachverständigenschätzungen auf einen Wert kamen, der vier Millionen Reichsmark unter dem Kaufpreis lag, wurde die Taxierung angezweifelt und der Optimismus überwog, diese überaus bekannte Sammlung mit diesen herausragenden Stücken gewinnträchtig verwerten zu können.32 Inwiefern das Geschäftsvorhaben Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, wenn der Kunstmarkt in Folge der Weltwirtschaftskrise nicht drastisch eingebrochen wäre, ist schwer einzuschätzen. Aber 30 Archiv des BDA, Figdor Teil III, Zl 2060/1935, Protokoll vom 24. Juni 1935. 31 Archiv des BDA, Figdor Teil II, 77 Res, Bericht zur Unterredung in Angelegenheit der Sammlung Figdor vom 9. April 1929. 32 NEBEHAY 1983, S. 246–248.
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es sei noch angeführt, dass auch die Verwertung von Sammlungen besonderen Risiken unterlag, die der Verkäufer zu berücksichtigen hatte: Mit Blick auf die Lage am Kunstmarkt gab die Dresdner Bank 1933 zu bedenken, dass sich zwar „Anzeichen einer leichten Besserung bemerkbar machen“ würden, aber „geschlossene Gruppen vorläufig noch nicht auf den Markt gebracht werden“ können; Erfolge wären nur bezüglich einzelner Objekte zu erwarten.33 Aber auch die freihändige Einzelverwertung bedeutender Objekte aus einer Sammlung war an besondere Risiken geknüpft. Der Vorverkauf attraktiver Stücke aus Gruppen, die noch in keiner Auktion waren, konnte „eine ideelle und materielle Entwertung der Sammlung Figdor“ begründen.34 Die einzelne Herausgabe der Echternacher Platten würde etwa die Gruppe Elfenbein entwerten.35 Ein weiteres Risiko bestand darin, Objekte zu verbrennen, in dem sie Kunsthändlern und Interessenten zugänglich gemacht worden sind.36 Nach Einschätzung eines Kunsthändlers galt dies etwa für die auf der Auktion angebotene, aber von Seiten des Konsortiums zurückgekaufte Brautschachtel des Domenico di Bartolo „da Gegenstände, die bereits mehrfach angeboten [worden] sind, international schwer verwertbar seien“.37 Neben der Brautschachtel wurden weitere vorab in Fachzeitschriften angepriesene Meisterstücke auf den Auktionen 1930 durch Dritte für das Konsortium zurückgekauft, etwa die Tonskulptur Heiliger Sebastian von Andrea Riccio.38 Diese Skulptur wurde von Seiten des Konsortiums sogar zu einem Betrag zurückgekauft, der mehr als das Doppelte über dem Schätzwert des Bundesdenkmalamts lag. Durch diesen Rückkauf verzichtete das Konsortium nicht nur auf den Erlös, der durch den Verkauf an Dritte hätte erzielt werden können, sondern es hatte gemäß der Vereinbarung mit dem Bundesdenkmalamt aufgrund des hohen Betrags auch noch eine Sonderzahlung zu leisten.39 Die Alternative wäre gewesen, die einzelnen Objekte zu niedrigeren Preisen, also mit einer geringeren Marge oder gar mit einem Verlust, an Dritte zu verkaufen. Die große Menge an Verkaufsobjekten hätte eine geringere Marge oder einen Verlust bei einzelnen Stücken sicher ausgleichen können. Auch wäre bei einem Verkauf zu einem niedrigeren Preis die Sonderzahlung an das Bundesdenkmalamt nicht fällig gewesen. Nicht zuletzt wäre durch den Verkauf wertvoller Stücke auch bei niedrigerer Marge oder gar Verlust dennoch nennenswertes 33 34 35 36 37 38 39
HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 252. HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 245. HADrB, Inv.-Nr. 20541-2001.BE, Bl. 168–169. HADrB, Inv.-Nr. 24575-2001.BE, Bl. 251. HADrB, Inv.-Nr. 20541-2001.BE, Bl. 174–175. Die Kunstauktion Jg. IV, 36 (1930), S. 6. Archiv des BDA, Figdor Teil III, Zl 7198/1930, Abschrift einer Liste für nachzuzahlende Ausfuhrabgaben, o. D.
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Kapital freigeworden, dass zur Verringerung der Bankzinsen für die Kredittilgung zur Verfügung gestanden hätte. In Anbetracht dessen sind die getätigten Rückkäufe wertvoller Objekte damit zu erklären, dass hier der Blick auf die gesamte Sammlung das Entscheidende war. So sicherten die hohen Zuschläge bei prominenten Stücken die Schlagzeile „Großer Erfolg der zweiten Figdor-Versteigerung“, und das negative Image von Schleuderpreisen oder gar das eines Verlustgeschäfts konnte für die Sammlung abgewendet werden.40 Diese Ausführungen machen deutlich, dass sich ein Geschäftsvorhaben zum Anund Verkauf einer ganzen Sammlung besonderen Herausforderungen gegenübergestellt sah. Neben der Mittelbereitstellung zum Ankauf einer Sammlung galt es mit dem Gewinnanspruch aller Beteiligten auch, die Objekte unter Berücksichtigung besonderer Faktoren zu einem entsprechend kalkulierten Preis in geeigneter Weise wieder zu verwerten. Dies ging mit erheblichen Investitionen in finanzieller wie zeitlicher Hinsicht einher; von den Taxierungen durch unterschiedliche Experten, über Verhandlungen mit staatlichen Stellen als auch innerhalb des Konsortiums bis hin zur notwendigen Öffentlichkeitsarbeit durch geeignete Publikationen und Werbemaßnahmen. Konsortien als Herausforderung für die Provenienzforschung
Was heißt das für die Provenienzforschung beziehungsweise für Rückgabeentscheidungen im Zusammenhang mit konsortialgebundenen Voreigentümern? Die Tatsache, dass es nicht ein einzelnes Objekt, sondern eine ganze Sammlung zu verorten gilt, und der Umstand, dass nicht eine einzelne natürliche oder juristische Person, sondern ein Personenzusammenschluss im Mittelpunkt der Analyse steht, stellen besondere Herausforderungen an die historische Recherche und die rechtliche Beurteilung. Vor dem Hintergrund, dass eine Sammlung als individuell zusammengestelltes Konvolut mit keiner anderen Sammlung vergleichbar ist und besondere, aber im Einzelnen kaum aufzulösende Marktfaktoren preisrelevant waren, ist eine Bewertung zur Angemessenheit des Kaufpreises schwierig. In Anbetracht des großen Aufwands bei dem An- und Verkauf einer Sammlung ist für diese Frage unerheblich, ob das Konsortialgeschäft einen Gewinn oder einen Verlust einfuhr. Vielmehr muss sich die entsprechend aufwendige Recherche auf Offerten, Angebote, Buchwerte in Bilanzen und alle Arten von Taxierungen konzentrieren, die unmittelbar auf diese Sammlung bezogen 40 Weltkunst Jg. IV, 40 (1930), S. 3.
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waren, um die Preisbildung nachvollziehen zu können. Zudem ist die Frage nach den tatsächlichen Eigentümern zum Zeitpunkt eines potentiellen NS-verfolgungsbedingten Entzugs besonders schwierig zu beantworten. Die Auffindung von einschlägigen Unterlagen ist hierfür unabdingbar, um den möglichen Verfolgungszusammenhang der tatsächlich Beteiligten zu bestimmen, eine Auszahlung des Kaufpreises nachvollziehen und letztlich eine Restitution an Unberechtigte ausschließen zu können. Da weder von einer anfänglichen Konsortiumsstruktur auf eine spätere geschlossen werden kann, noch von der Außenwirkung auf die innere Zusammensetzung, lässt eine lückenhafte Dokumentenlage kaum Entscheidungen bei Restitutionsersuchen zu.
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Too much for one. The Purchase and Sale of large Collections through Consortia: the Example of Figdor The Viennese collection of Dr. Albert Figdor, the collection of Passavant-Gontard, the royal collection of Hohenzollern-Sigmaringen and the so-called Guelph treasure are examples of art collections that were acquired by consortia in the late 1920s and later divested in a variety of ways. Then as now, the term “consortium” is rooted within the banking sector. In the field of business, it is defined as a syndicate of legally and economically independent buyers who, within a limited agreed timeframe, conjoin for a common transaction. These business constructs were rather exceptional for the art market during the 1920s and 1930s, and have hitherto not been the subject of research, investigation or discussion. The fine and applied arts collection of Dr. Albert Figdor (1843–1927) here serves as an example to illustrate the characteristics that were tied to the purchase and sale of substantial collections. Understanding the special characteristics of art deals executed by consortia is in turn a foundation for provenance research today. It is with this observation in mind that an initial attempt is being made to explore and discuss a range of characteristics that can be found within the frameworks of syndicates. Two aspects – the collection as commodity and the consortium as a syndicate of buyers or sellers – are at the core of my argument.
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Abkürzungsverzeichnis AdR ALIU AStL BArch BayHStA Bd. BDA BDC BG BG BGBl BMF BMI BMVS BNV BRD BSB BStGS BWA CABR CCP CIR d.h. DÖW ERR MBA FLD Gestapo HADrB HG Hg. IHK
Archiv der Republik Art Looting Investigation Unit Archiv der Stadt Linz Bundesarchiv Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Band Bundesdenkmalamt Berlin Document Center Bezirksgericht Berlinische Galerie Bundesgesetzblatt Bundesministerium für Finanzen Bundesministerium für Inneres (auch BMfVuW) Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung Bureau voor Nationale Veiligheid Bundesrepublik Deutschland Bayerische Staatsbibliothek Bayerische Staatsgemäldesammlungen München Bayerisches Wirtschaftsarchiv Centraal Archief van de Bijzondere Rechtspleging Central Collecting Point Consolidated Interrogation Reports das heißt Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg Max Beckmann Archiv Finanzlandesdirektion Geheime Staatspolizei Historisches Archiv der Dresdner Bank Handelsgericht Herausgeber Industrie- und Handelskammer
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Abkürzungsverzeichnis
IKG Inv. JCR JMW JRSO JWC M. MAK MENE MF MFA&A MOMA NA NACP NARA NK NN NSDAP NSV ÖStA OÖLK OÖLM öS RD&R RGBL RKdbK RM RMVP Sfrcs SHAEF SNG SNK SR StAM UDSSR
Israelitische Kultusgemeinde Inventar Jewish Cultural Reconstruction Jüdisches Museum Wien Jewish Restitution Successor Organization Jüdischer Weltkongress siehe auch WJC Reichsmark Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien Office of Monument Care of the Ministry of Education and National Enlightenment Ministry of Finance Museum Fine Arts and Archives Museum of Modern Art, New York National Archives, Washington National Archives at College Park National Archives and Records Administration Washington D.C. collection Nederlands Kunstbezit-collectie nomen nescio Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nationalsozialistische Volkswohlfahrt Österreichisches Staatsarchiv Oberösterreichisches Landeskonservatorat Oberösterreichisches Landesmuseum österreichische Schilling Reparation, Deliveries and Restitution Branch Reichsgesetzblätter Reichskammer der bildenden Künste Reichsmark Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Schweizer Franken Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Forces Slovak National Gallery Stichting Nederlands Kunstbezit Slovak Republic Staatsarchiv München Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
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Abbildungsverzeichnis
USA USACA USD USFA USFET USGCC Vugesta VVSt WAC WJC WStLA z. B. Zl.
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United States of America U.S. Allied Commission for Austria US-Dollar U.S. Forces Austria United States Forces, European Theatre United States Group Control Council Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Gestapo Vermögensverkehrsstelle Women’s Army Corps World Jewish Congress siehe auch JWC Wiener Stadt und Landesarchiv zum Beispiel Zahl
Abbildungsverzeichnis Monika Mayer, Museen und Mäzene. „Jüdisches“ Mäzenatentum und die Österreichische Galerie 1903 bis 1938, alle Abbildungen Bildarchiv der Österreichischen Galerie Belvedere Wien. Vanessa-Maria Voigt / Horst ��������������������������������������������������������� Keßler, Die Beschlagnahmung jüdischer Kunstsammlungen 1938/39 in München. Ein Forschungsprojekt der Staatlichen und Städtischen Museen in München zum Schicksal jüdischer Kunstsammler und Kunsthändler, Abb. 1: Bayerisches Nationalmuseum, München; Abb. 2: Dr. Moritz Bloch (1877–1942), Foto Stadtarchiv München; Abb.3: Stadtarchiv München, Stadtmuseum Nr. 189, StM/I/39; Abb. 4: Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Berlin. Franz Eder, Von „Handelnden“ und handelnden Personen, Abb. 1, 2, 3 und 6: Privatbesitz; Abb. 4 und 5: Privatarchiv Franz Eder, Salzburg. Meike Hopp, Der Kunsthändler Adolf Weinmüller (München/Wien) und seine Rolle bei der „einheitlichen Neuregelung des Deutschen Kunsthandels“, Abb. 1 und 2: Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte (ZI), München.
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Dieter J. Hecht, Spuren und Boten: Die Kunsthandlung E. Hirschler & Comp, Abb. 1 und 2: Wien Museum; Abb. 3: Privatbesitz. (stammt von Philippa James-Buth, der Ururenkelin von Charlotte und Max Seligmann). Gerhard Plasser, „Die Versicherung ihrer Treue zu mir ... hat mir Hoffnung gegeben dass vielleicht doch noch nicht alles verloren ist“. Briefe des internierten Galeristen aus dem Camp Marcus W. Orr, Abb. 1: Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Franz Krieger, Film 315; Abb. 2 und 3: Privatarchiv Klaffenböck-Nachlass Anton Steinhart, Salzburg, Fotograf unbekannt. Shlomit Steinberg, The Road to Recovery: From the Central Collecting Points to a Safe Haven – the J.R.S.O. Dossier, Abb. 1: Israel Museum, Abb. 2: Kein copyright. Floris Kunert, Annemarie Marck, The Dutch Art Market 1930–1945 and Dutch Restitution Policy Regarding Art Dealers, Abb. 1: National Archive, The Netherlands/ Collection SPAARNESTAD PHOTO/W. L. Stuifbergen; Abb. 2: Amsterdam City Archives, The Netherlands; Abb. 3: The Hague City Archives, The Netherlands. Roswitha Neu-Kock, Alfred Flechtheim, Alexander Vömel und die Verhältnisse in Düsseldorf 1930 bis 1934, Abb. 1: Bildnachweis: Hans Albert PETERS (Hg.), Alfred Flechtheim - Sammler. Kunsthändler. Verleger, Ausstellungskatalog Düsseldorf-Münster 1987, S. 177 (ohne Quellenangabe). Andrea Christine Bambi, „Ich bin nicht Beckmanns Kunsthändler“. Alfred Flechtheim und seine Künstlerverträge, erläutert am Beispiel von Max Beckmann, Abb. 1: VBK, Wien, 2011; Abb. 2 und 3: Max Beckmann Archiv München. Esther Tisa Francini, Die Rezeption der Kunst aus der Südsee in der Zwischenkriegszeit: Eduard von der Heydt und Alfred Flechtheim, Abb. 1: Fotografie der Verfasserin; Abb. 2: Fotografie der Vf.; Abb. 3: Landesarchiv Berlin, Fotosammlung; Abb. 4: Omnibus 1932, S. 102; Abb. 5: Landesarchiv Berlin, Fotosammlung; Abb. 6: Unbekannter Fotograf, ullstein bild; Abb. 7: ullstein bild; Abb. 8: Museum Rietberg Zürich. Meike Hoffmann, Bernhard A. Böhmer. Ein unbekannter Bildhauer brilliert im NSKunsthandel, Abb. 1: Privatbesitz; Abb. 2: Berlin, Freie Universität, Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Archiv; Abb. 3: Zentral- und Landesbibliothek Berlin.
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Anja Tiedemann, Karl Buchholz – Ein Saboteur nationalsozialistischer Kunstpolitik mit Auftrag zur „Verwertung entarteter Kunst“, Abb. 1 und Abb. 2: Staatliche Museen - Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Zentralarchiv, IV/NL Buchholz 06; Abb. 3 und 4: Anja Tiedemann. Katrin Engelhardt, Ferdinand Möller – Ein unbeugsamer Vertreter der Kunst der Moderne, Abb. 1: Ferdinand-Möller-Stiftung; Abb. 2: Künstlernachlass Ferdinand Möller, BG-GFM MF 5314, 605; Abb. 3: Künstlernachlass Ferdinand Möller, BG-GFM MF 5317, 738. Lucy Watling, The Irmgard Burchard Tableaux: An Anti-Nazi Dealership in 1930s Switzerland, Abb. 1: Film und Frau, 8 no. 24 (1956) pp. 16–18, 100, 117; Abb. 2: Scan des Londoner Kataloges aus der Belvedere-Bibliothek (Reprint 1988), Wien. Dorota Chudzicka, The Dealer and the Museum, C. T. Loo (1880–1957), the Freer Gallery of Art, and American Asian Art Market in the 1930s and 1940s, Abb. 1, 2 und 3: Smithsonian Institution, Washington D.C. Eva-Maria Orosz, Wiener Kunstgewerbe in den Städtischen Sammlungen. Einblicke in die Erwerbsstrategien der Jahre 1938 bis 1945, Abb. 1, 2 und 3: Wien Museum; Abb. 4: Wien Museum, Inv. Nr. 77.089/1,2; Abb. 5: Joseph FOLNESICS, Innenräume und Hausrat der Empire- und Biedermeierzeit, in Österreich-Ungarn, Wien 1903, Tafel 1, Wien Museum, BIN 4948c. Wiebke Krohn, Reste der Masse Adria im Jüdischen Museum Wien, Abb. 1: Jüdisches Museum Wien, Slg. IKG, Inv. Nr. 1812 verso; Abb. 2: Jüdisches Museum Wien, Slg. IKG Inv. Nr. 1915 verso; Abb. 3: JMW, Slg. IKG, Inv. Nr. 2220. Lynn Rother, Zu groß für Einen. Zum An- und Verkauf großer Sammlungen durch Konsortien am Beispiel Figdor, Abb. 1: Foto-Album in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin; Abb. 2: Die Kunstauktion 33 Jg. IV (1930) S. 3.
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Verzeichnis der AutorInnen
Verzeichnis der AutorInnen Andrea Christine Bambi, Kunsthistorikerin, Leitung Provenienzforschung und Kulturgüterausfuhr, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München. [email protected] Dorota Chudzicka is an art historian based in Washington D.C., currently engaged as a Provenance Research Associate at the Freer Gallery of Art and the Arhtur M. Sackler Gallery, Smithsonian Institution. [email protected] Franz Eder, gelernter Buchhändler, Verleger in der Kunstbuchbranche mit Kontakten zu Künstlern, Museumsfachleuten, Werkverzeichnisautoren und Sammlern. [email protected] Katrin Engelhardt, promoviert zu dem Thema: Ferdinand Möller und seine Galerie. Ein Kunsthändler in Zeiten historischer Umbrüche an der Universität Hamburg. [email protected] Dieter J. Hecht, Mitarbeiter des Instituts für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte, Österreichische Akademie der Wissenschaften. Forschungsschwerpunkte: Kunstrestitution, Jüdische Frauen- und Geschlechtergeschichte, Holocaustforschung. [email protected] Meike Hoffmann, seit 2006 wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ an der Freien Universität Berlin in Verbindung mit Lehraufträgen. [email protected] Meike Hopp, Kunsthistorikerin, 2009 bis 2011 Leitung des Projektes „Die Kunsthandlungen und Auktionshäuser von Adolf Weinmüller in München und Wien 1936– 1945“ (Zentralinstitut für Kunstgeschichte München in Public-Private-Partnership mit NEUMEISTER Kunstauktionen GmbH & Co KG, München). [email protected]
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Verzeichnis der AutorInnen
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Michael John, ao. Univ. Prof. am Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Linz. Autor, Projektleiter, Gutachter. [email protected] Wiebke Krohn, M.A., Historikerin; von 2005 bis 2011 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Jüdischen Museum der Stadt Wien. Zurzeit ist sie als Mitarbeiterin des Archivs der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und ferner im Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien als Provenienzforscherin tätig. [email protected] Floris Kunert studied history at Leiden University. He has been working as a researcher for the Dutch Restitutions Committee in Den Haag since 2005. [email protected] Annemarie Marck studied history at Leiden University. Since 2004 she has been working as a researcher and research coordinator for the Dutch Restitutions Committee in Den Haag. [email protected] Monika Mayer, Historikerin, Leiterin des Archivs und der Künstlerdokumentation der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Mitglied der Kommission für Provenienzforschung. [email protected] Roswitha Neu-Kock, Kunsthistorikerin, Museen der Stadt Köln, Abteilung Provenienzforschung. [email protected] Eva-Maria Orosz, Kunsthistorikerin, FWF-Forschungsprojekt zu Architekt Ernst A. Plischke, Kuratorin für angewandte Kunst im Wien Museum; Ausstellungen, Publikationen und Katalogbeiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte Wiens. [email protected] Gerhard Plasser, Kunsthistoriker, 2000 bis 2003 Provenienzforscher im Auftrag des Landes Salzburg. [email protected] Lynn Rother, Studium der Kunstgeschichte, BWL, Jura, seit 2009 wissenschaftliche
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Verzeichnis der AutorInnen
Mitarbeiterin der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Provenienzforschung Kunstgewerbemuseum). [email protected] Anne Rothfeld is a PhD candidate in History at American University in Washington, DC. Her dissertation is on the Art Looting Investigation Unit (ALIU). [email protected] Shlomit Steinberg is the Hans Dichand Curator of European Art at the Israel Museum, Jerusalem. She teaches museology studies at the Hebrew University, Jerusalem. [email protected] Jana Švantnerová, art historian graduated from Comenius University, Bratislava, in 2007 and has been a PhD student at Masaryk University, Brno, since 2008, she currently works as Judaica curator of the Slovak Jewish Heritage Center in Bratislava and cooperates with the Slovak National Museum – Museum of Jewish Culture. [email protected] Anja Tiedemann hat über „Die ‚entartete’ Moderne und ihr amerikanischer Markt. Karl Buchholz und Curt Valentin als Händler verfemter Kunst“ promoviert. [email protected] Esther Tisa Francini, Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Provenienzforschung und Sammlungsdokumentation des Museums Rietberg Zürich. [email protected] Vanessa-Maria Voigt, Kunsthistorikerin und seit 2002 als Provenienzforscherin für Museen und öffentliche Institutionen in Deutschland und Österreich tätig. Seit 2009 arbeitet sie mit Horst Keßler, Historiker bei den Kunstsammlungen und Museen Augsburg, an dem Forschungsprojekt zur Beschlagnahmung jüdischer Sammlungen 1938/39 in München als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. [email protected] Lucy Watling studied law at Bristol and Oxford Universities before completing a master in art history at the Courtauld Institute. She is currently the recipient of a yearlong DAAD research grant based at the Forschungsstelle Entartete Kunst, Freie Universitaet Berlin. [email protected] Open Access-Publikation im Sinne der CC-BY-NC-ND 4.0