Von der Traditionsbörse zum digitalen Marktplatz: Die Frankfurter Wertpapierbörse und der Wertpapierhandel in Deutschland von der Weimarer Zeit bis ins 21. Jahrhundert 3515130772, 9783515130776

Die deutsche Börsenlandschaft ist seit Jahrzehnten Schauplatz von tiefgreifenden Veränderungen, Strukturbrüchen und inno

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Einleitung (Bernd Rudolph)
Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs (Boris Gehlen)
I. Ursprünge und Entwicklung der Frankfurter Börse bis zum Ende der 1920er-Jahre
II. Staatsintervention und Kapitalmarktlenkung im Übergang von der Weimarer Republik zum ‚Dritten Reich‘
III. Die Gleichschaltung der Frankfurter Börse
IV. „Die Frankfurter Börse ist keine Provinzbörse!“ Selbstbehauptungsstrategien unter erschwerten Rahmenbedingungen
V. Nationales Instrument statt internationaler Markt: Die marginalisierte Frankfurter Börse vor und während des Zweiten Weltkriegs
Börse und Kapitalmarkt vomWirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre (Bernd Rudolph)
I. Neubeginn der Börsenaktivitäten bis zur Währungsreform
1. Anfänge der Kapitalmarktentwicklung nach Kriegsende
2. Wiedereröffnung der Börsen und des Börsenhandels
3. Wertpapierbereinigung als Voraussetzung eines geordneten Börsenhandels
II. Wiederbelebung des Kapitalmarktes in den Jahren des ‚Wirtschaftswunders‘
1. Währungsreform und Börsenhandel
2. Kapitalmarktspaltung durch steuerliche Privilegien
3. Initiativen zur Stärkung der Wertpapierbörsen
III. Impulse zur Entwicklung der Finanzmärkte während der 1960er-Jahre
1. Ökonomischer und institutioneller Wandel
2. Beginn der internationalen Öffnung der Kapitalmärkte
3. Privatisierungen und die Emission vonVolksaktien
4. Finanzsystem, Aktienrechtsreform und Börsenhandel
IV. Der steinige Weg zu Reformen am Beginn der 1970er-Jahre
1. Vorschläge für eine Reform der Börsen und Widerstände
2. Umsetzung der Reformbemühungen in der Praxis
3. Treiber und Hemmschuhe der Börsenentwicklung
4. Bedeutungswandel der Frankfurter Devisenbörse
V. Ausgangspositionen für die weitere Entwicklung der Börsen nach 1975
1. Nachholbedarf an den Aktienmärkten
2. Insiderregeln zur Belebung der Aktienmärkte
3. Erste Termingeschäfte und Weiterentwicklungen des Optionsmarktes an der Frankfurter Wertpapierbörse
Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002) (Günter Franke)
I. Industrielle Revolution der Börse – ein Überblick
1. Ausgangssituation
2. Elektronisierung des Börsenhandels
II. Reformimpulse: Anstöße aus dem Aus- und Inland
1. Wettbewerbsferne und zögerliche Liberalisierung in Deutschland
2. Ein weiterer Akteur: Die Europäische Gemeinschaft
3. Signale aus dem Ausland: Der Big Bang 1986
4. Reformdiskussion in Deutschland
III. Börsenreform-Modelle im Widerstreit von Interessen
1. Interessen der Akteure
2. Gestaltungsformen von Börsen und Interessenkonflikte
3. Zentralbörse versus Regionalbörsen
4. Börslicher versus außerbörslicher Handel
IV. Neuordnung der Marktsegmente
V. Elektronisierung des Handels vor Xetra
1. Frühe Schrittmacher
2. Die Bewährung des Frankfurter Parketthandels im Börsencrash 1989
3. KISS
4. IBIS
5. BOSS-CUBE
VI. Änderungen des rechtlichen Umfeldes
1. Öffnung des deutschen Rechts
2. Der Durchbruch imAnlegerschutz
VII. Der Weg zur privaten Trägerschaft der Deutschen Börse
1. Rechtsform und Organisation der Frankfurter Wertpapierbörse in den 1980er-Jahren
2. Gründung der Deutsche Börse AG
VIII. Die Deutsche Terminbörse
1. Vorbilder
2. Errichtung und Arbeitsweise der Deutschen Terminbörse
3. Gehandelte Kontrakte
4. Elektronischer versus Parketthandel
IX. Xetra
1. Schwächen des deutschen Kassamarktes
2. Der Umbruchmit Xetra
X. Der Neue Markt
1. Ausgangssituation
2. Rechtliche Regelung
3. Zum Erfolg des Neuen Marktes
4. Kurs-Hype und Kursverfall
5. Die Emittenten
XI. Verlierer der Elektronisierung: Makler und Regionalbörsen
1. Schicksal der Makler
2. Der Kampf der Regionalbörsen
Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende) (Peter Gomber / Benjamin Clapham)
I. Börsengang Gruppe Deutsche Börse
II. Elektronisierung des Börsenhandels
III. Integration von Wertschöpfungsketten
IV. Clearing und Risikomanagement
1. Clearing über einen zentralen Kontrahenten
2. Das Risikomanagement der Eurex Clearing
3. Belastungstests und Ausbreitung des zentralen Kontrahenten
V. Börsenkooperationen und Fusionsaktivitäten
1. Der Kampf um die Kronjuwelen – Drei große Anläufe zur Fusion mit der LSE
2. Weitere europäische Fusionsversuche: SWX 2004, Euronext 2006
3. Transatlantische Konsolidierung: ISE 2007 und NYSE Euronext 2011
VI. Regulierung vor der Finanzkrise: Effizienz und Wettbewerb
VII. Börsenwettbewerb
1. Innerdeutscher Börsenwettbewerb
2. Europaweiter Wettbewerb ab 2007 und Fragmentierung des Wertpapierhandels
3. Einführung Xetra Best und Systematische Internalisierer
4. Entwicklung des Primärmarkts in Deutschland
VIII. Dark Pools und OTC-Handel
1. Aufkommender Wettbewerb durch den anonymen Handel in Dark Pools
2. Reaktionen auf den zunehmenden Handel in Dark Pools
3. Der außerbörsliche Handel und die Einführung der Handelspflicht für Aktien
IX. Die Finanzkrise
X. Algorithmischer Handel und Hochfrequenzhandel
1. Die Entwicklung des algorithmischen Handels bei der Deutschen Börse
2. Reaktionen der Öffentlichkeit und des Gesetzgebers auf den Hochfrequenzhandel
XI. Regulierung nach der Finanzkrise: Stabilität und Integrität
Anhang
I. Übersicht über die Vorsitzenden des Vorstandes der Frankfurter Wertpapierbörse / Deutsche Börse AG
II. Abkürzungsverzeichnis
III. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Unveröffentlichte Quellen
2. Veröffentlichte Quellen und Literatur
IV. Anmerkungen
V. Bildnachweis
VI. Verzeichnis der Personen und Institutionen
Tafelteil
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Hanna Floto-Degener Bernd Rudolph

Von der Traditionsbörse zum digitalen Marktplatz Die Frankfurter Wertpapierbörse und der Wertpapierhandel in Deutschland von der Weimarer Zeit bis ins 21. Jahrhundert

Geschichte Franz Steiner Verlag

Von der Traditionsbörse zum digitalen Marktplatz Die Frankfurter Wertpapierbörse und der Wertpapierhandel in Deutschland von der Weimarer Zeit bis ins 21. Jahrhundert Herausgegeben im Auftrag des Wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Bank- und Finanzgeschichte e. V. von Hanna Floto-Degener und Bernd Rudolph

Franz Steiner Verlag

Verwendete Umschlagabbildungen: „The Cube“, die 2010 fertiggestellte Firmenzentrale der Börse in Eschborn. © Deutsche Börse AG Blick auf den Börsensaal und die Steuerungsanlage der neuen Kursanzeigetafel im Jahr 1963. © Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main / Foto-Keim Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abruf bar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und straf bar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2022 Satz, Layout und Herstellung durch den Verlag Druck: Memminger MedienCentrum, Memmingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-13077-6 (Print) ISBN 978-3-515-13086-8 (E-Book)

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Bernd Rudolph

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Boris Gehlen

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursprünge und Entwicklung der Frankfurter Börse bis zum Ende der 1920er-Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Staatsintervention und Kapitalmarktlenkung im Übergang von der Weimarer Republik zum ‚Dritten Reich‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gleichschaltung der Frankfurter Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. „Die Frankfurter Börse ist keine Provinzbörse!“ Selbstbehauptungsstrategien unter erschwerten Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Nationales Instrument statt internationaler Markt: Die marginalisierte Frankfurter Börse vor und während des Zweiten Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . .

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Bernd Rudolph

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre . . . I. Neubeginn der Börsenaktivitäten bis zur Währungsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfänge der Kapitalmarktentwicklung nach Kriegsende . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wiedereröffnung der Börsen und des Börsenhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wertpapierbereinigung als Voraussetzung eines geordneten Börsenhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wiederbelebung des Kapitalmarktes in den Jahren des ‚Wirtschaftswunders‘ . . 1. Währungsreform und Börsenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalmarktspaltung durch steuerliche Privilegien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Initiativen zur Stärkung der Wertpapierbörsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Impulse zur Entwicklung der Finanzmärkte während der 1960er-Jahre . . . . . . . 1. Ökonomischer und institutioneller Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beginn der internationalen Öffnung der Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Privatisierungen und die Emission von Volksaktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Finanzsystem, Aktienrechtsreform und Börsenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV. Der steinige Weg zu Reformen am Beginn der 1970er-Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorschläge für eine Reform der Börsen und Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umsetzung der Reformbemühungen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treiber und Hemmschuhe der Börsenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutungswandel der Frankfurter Devisenbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ausgangspositionen für die weitere Entwicklung der Börsen nach 1975 . . . . . . . 1. Nachholbedarf an den Aktienmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insiderregeln zur Belebung der Aktienmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erste Termingeschäfte und Weiterentwicklungen des Optionsmarktes an der Frankfurter Wertpapierbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Günter Franke

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Industrielle Revolution der Börse – ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Elektronisierung des Börsenhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Reformimpulse: Anstöße aus dem Aus- und Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wettbewerbsferne und zögerliche Liberalisierung in Deutschland . . . . . . . . 2. Ein weiterer Akteur: Die Europäische Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Signale aus dem Ausland: Der Big Bang 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reformdiskussion in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Börsenreform-Modelle im Widerstreit von Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interessen der Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gestaltungsformen von Börsen und Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zentralbörse versus Regionalbörsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Börslicher versus außerbörslicher Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Neuordnung der Marktsegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Elektronisierung des Handels vor Xetra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frühe Schrittmacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bewährung des Frankfurter Parketthandels im Börsencrash 1989 . . . . . . 3. KISS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. IBIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. BOSS-CUBE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Änderungen des rechtlichen Umfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Öffnung des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Durchbruch im Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

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VII. Der Weg zur privaten Trägerschaft der Deutschen Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Rechtsform und Organisation der Frankfurter Wertpapierbörse in den 1980er-Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Gründung der Deutsche Börse AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 VIII.Die Deutsche Terminbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 1. Vorbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Errichtung und Arbeitsweise der Deutschen Terminbörse . . . . . . . . . . . . . . . 201 3. Gehandelte Kontrakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4. Elektronischer versus Parketthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 IX. Xetra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Schwächen des deutschen Kassamarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2. Der Umbruch mit Xetra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 X. Der Neue Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 1. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. Rechtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Zum Erfolg des Neuen Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4. Kurs-Hype und Kursverfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 5. Die Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 XI. Verlierer der Elektronisierung: Makler und Regionalbörsen . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Schicksal der Makler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Der Kampf der Regionalbörsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Peter Gomber / Benjamin Clapham

Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende) . . . . . . . . . . . 231 I. Börsengang Gruppe Deutsche Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Elektronisierung des Börsenhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 III. Integration von Wertschöpfungsketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 IV. Clearing und Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 1. Clearing über einen zentralen Kontrahenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Das Risikomanagement der Eurex Clearing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Belastungstests und Ausbreitung des zentralen Kontrahenten . . . . . . . . . . . . 256 V. Börsenkooperationen und Fusionsaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1. Der Kampf um die Kronjuwelen – Drei große Anläufe zur Fusion mit der LSE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 2. Weitere europäische Fusionsversuche: SWX 2004, Euronext 2006 . . . . . . . . . 268 3. Transatlantische Konsolidierung: ISE 2007 und NYSE Euronext 2011 . . . . . . . 271 VI. Regulierung vor der Finanzkrise: Effizienz und Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Inhalt

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VII. Börsenwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 1. Innerdeutscher Börsenwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2. Europaweiter Wettbewerb ab 2007 und Fragmentierung des Wertpapierhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 3. Einführung Xetra Best und Systematische Internalisierer . . . . . . . . . . . . . . . . 291 4. Entwicklung des Primärmarkts in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 VIII.Dark Pools und OTC-Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 1. Auf kommender Wettbewerb durch den anonymen Handel in Dark Pools . . 295 2. Reaktionen auf den zunehmenden Handel in Dark Pools . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Der außerbörsliche Handel und die Einführung der Handelspflicht für Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 IX. Die Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 X. Algorithmischer Handel und Hochfrequenzhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 1. Die Entwicklung des algorithmischen Handels bei der Deutschen Börse . . . 308 2. Reaktionen der Öffentlichkeit und des Gesetzgebers auf den Hochfrequenzhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 XI. Regulierung nach der Finanzkrise: Stabilität und Integrität . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Übersicht über die Vorsitzenden des Vorstandes der Frankfurter Wertpapierbörse / Deutsche Börse AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unveröffentlichte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Veröffentlichte Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verzeichnis der Personen und Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tafelteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

An dieser Stelle hätte eigentlich das Vorwort meines Vaters Michael Hauck stehen sollen. Leider konnte mein Vater die Veröffentlichung dieses Buches nicht mehr miterleben, da er am 18. Januar 2018 verstarb. Zeit seines Lebens bis ins hohe Alter hat er sich für die Frankfurter Wertpapierbörse interessiert und engagiert. Drei Jahrzehnte lang war er Mitglied des Vorstandes. Von 1986 bis 1989 war er Börsenpräsident. Sein Bestreben war es, die Transparenz am Kapitalmarkt zu verbessern und somit Aktien für die Allgemeinheit als Mittel für die Altersvorsorge und die Vermögensbildung attraktiver zu machen und die Aktienkultur zu fördern. In den letzten Jahren engagierte sich mein Vater in Leserbriefen dafür, dass die Börse ihre historisch gewachsenen öffentlich-rechtlichen und ordnungspolitischen Aufgaben stärker wahrnimmt. Ihm war – als einem Kenner der Börsengeschichte – aufgefallen, dass die Zäsur des Nationalsozialismus für die Entwicklung der Frankfurter Wertpapierbörse noch nicht ihrer Tragweite entsprechend analysiert worden war. Auch vermisste er eine weitergehende wissenschaftlich fundierte Darstellung der Börsengeschichte ab den 1960er-Jahren. Das vorliegende Buch zeigt auf, vor welche Herausforderungen die Börse in den letzten Jahrzehnten gestellt wurde, welche Anpassungen an die technischen Möglichkeiten vollzogen wurden und wer die prägenden Persönlichkeiten waren, die diese Entwicklung vorangetrieben haben. Mein Vater fand Vergleiche mit früheren Zuständen und Entwicklungen interessant, wenn sie dazu beitrugen, gegenwärtige oder zukünftige Probleme zu analysieren und den Handelnden Orientierung zu bieten.1 Ich bin mir sicher, dass mein Vater das Buch mit großem Interesse gelesen hätte. Den Autoren hätte er mit Freude den einen oder anderen kritischen Hinweis gegeben. In jedem Fall hätte er gerne mit anderen Börsianern über die Thesen dieses Buches diskutiert. Gregor Hauck, München im März 2021

Vorwort

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Einleitung Bernd Rudolph „Der Vorstand der Deutsche Börse AG sieht das Unternehmen dank seines umfassenden Angebots entlang der Wertschöpfungskette im Wertpapierhandel und dank seiner Innovationskraft im internationalen Wettbewerb weiterhin sehr gut positioniert und rechnet vor diesem Hintergrund langfristig mit einer positiven Entwicklung der Ertragslage.“, so hieß es im Prognosebericht der Deutsche Börse AG im Frühjahr 2020. Man verfolge „dabei das Ziel, agiler, effektiver und mit verstärktem Kundenfokus zu agieren und langfristig zum weltweit präferierten Marktinfrastrukturanbieter mit Spitzenposition in allen ihren Tätigkeitsfeldern zu werden“.2 Derart wettbewerbsorientierte und unternehmerische Äußerungen einer Börse erscheinen heute selbstverständlich, vor vierzig Jahren waren sie noch völlig undenkbar. Die deutschen Börsen waren jahrhundertealte Institutionen in der Tradition korporativer Selbstorganisation ohne erwerbswirtschaftliche Ausrichtung. In der NS-Zeit hatten sie zudem ihre Funktionen als anerkannte Handelsplätze für Wertpapiere mehr oder weniger ganz eingebüßt. Dies galt auch für die bereits 1585 für den Handel mit Wechseln entstandene Frankfurter Börse, die unter den deutschen Börsenplätzen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch führend gewesen war, nach der Reichsgründung 1871 aber mehr und mehr hinter die Leitbörse in Berlin zurückfiel. Domäne der Frankfurter Börse war der Handel mit Staatsanleihen, der insbesondere durch die Gebrüder Bethmann, das Bankhaus Metzler und das Bankhaus Rothschild etabliert worden war, so dass auch in den Börsengremien die Privatbankiers besonders stark vertreten waren. Da nach der Inflation 1924 viele Privatbankiers und nach 1933 insbesondere die jüdischen Privatbankhäuser im Zuge der Arisierung von Großbanken übernommen worden waren, begannen die Börsen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit einer neuen Governance-Struktur. Sie mussten darüber hinaus auf einer äußerst schwachen geschäftlichen Basis neu auf bauen, wobei ihnen die Politik keineswegs ihre Geschäftstätigkeit erleichterte. Im Gegenteil wurde der Kapitalmarkt in Deutschland viele Jahre lang vernachlässigt, ignoriert oder fast ausschließlich zur Mittelbeschaffung für die öffentliche Hand genutzt. Auch wenn sich die Börsen im Rahmen ihrer Möglichkeiten um einen wachsenden Handel bemühten, so war von Innovationen im heutigen Sinn wenig zu spüren und auch ein internationaler Wettbewerb war wegen der abgeschotteten nationalen Finanzmärkte in Europa und weltweit noch kein Thema. Nicht nur vernachlässigte die Politik den Kapitalmarkt, sondern auch die Anleger machten lange Zeit einen Bogen um börsengehandelte Produkte, und die Unternehmen, die in den Nachkriegsjahren auf ihre Selbstfinanzierungskraft setzten, nutzten eher den guten Draht zu ihrer Hausbank, wenn sie Einleitung

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Fremdkapital benötigten, als über eine öffentliche Anleiheemission oder sogar einen Gang an die Börse nachzudenken. Dabei waren die Börsen in ihrem lokalen Umfeld durchaus angesehene und für das Gesicht eines Finanzplatzes bedeutende Institutionen. So hielt bemerkenswerterweise der Bundesminister für Wirtschaft, Ludwig Erhard, am 9. Februar 1957 die Festansprache zur „feierlichen Eröffnung des wiederhergestellten großen Börsensaals der Frankfurter Wertpapierbörse“. Aber auch die anderen Börsen in Westdeutschland, die außer der Frankfurter alle ihren Sitz in einer Landeshauptstadt hatten, galten als wichtiges Aushängeschild in ihrer Region. Rechtlich, technisch und organisatorisch hinkten die deutschen Börsen und darunter auch die aufstrebende Frankfurter Wertpapierbörse der Entwicklung des Bankensektors und auch ihrer angelsächsischen Konkurrenz hinterher. In den 1960er-Jahren waren es ministerielle Initiativen und nicht unternehmerische Interessen, die die Börsen zum Überdenken ihrer Geschäftsstrategien zwangen. Trotz mancher Reformansätze sowie der Bemühungen, die Arbeitsweise und die Funktionen der Börse einem breiteren Publikum näher zu bringen, beendeten erst das wachsende Interesse internationaler Anleger sowie Ereignisse wie der Big Bang 1986 in London den Dornröschenschlaf der deutschen Börsen. Im nachfolgenden Jahrzehnt bis zur Jahrtausendwende erfolgten dann entscheidende Weichenstellungen für die Frankfurter Wertpapierbörse, in deren Folge sich die Deutsche Börse AG einen Platz an der internationalen Spitze sicherte. Die dynamische Entwicklung der Frankfurter Wertpapierbörse sowie der Deutsche Börse AG als Trägerin der Frankfurter Wertpapierbörse zu einer weltweit anerkannten Institution für den Wertpapier- und Derivatehandel ist somit ein überaus lohnender Betrachtungsgegenstand. Für das Institut für Bank- und Finanzgeschichte, das 2016 einen entsprechenden Impuls des 2018 verstorbenen ehemaligen Börsenpräsidenten Michael Hauck aufnahm, gilt dies umso mehr, als das 1992 vom IBF vorgelegte Handbuch zur Deutschen Börsengeschichte genau zu der Zeit endet, zu der sich das Ausmaß der Veränderung der deutschen Börsenlandschaft abzuzeichnen beginnt. Doch nicht nur die jüngere Börsengeschichte, sondern auch die Entwicklung in den vorausgehenden Jahrzehnten der Frankfurter Wertpapierbörse wird im vorliegenden Buch dank der Einbeziehung einer Vielzahl unveröffentlichter Quellen weiter vertieft. An dieser Stelle sei insbesondere der Deutsche Börse AG, die Zugang zu ihren historischen Aktenbeständen gewährt hat, sowie allen weiteren im Rahmen dieser Studie besuchten Archiven sehr herzlich für ihre Unterstützung gedankt. Das vorliegende durch die Michael Hauck Stiftung ermöglichte Buch erreicht sein Ziel und auch das des Stifters, wenn es bei aller Komplexität des Themas gelingt, einen breiten Leserkreis anzusprechen und auch Nicht-Börsenspezialisten in die Lage zu versetzen, sich ein wissenschaftlich fundiertes Bild vom fundamentalen Wandel des Börsenwesens zu machen. Auch möchte das Buch den Anstoß zu weiterer Forschung geben, 12

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die beispielsweise der quellengestützten Untersuchung aller deutschen Börsenplätze im fraglichen Zeitraum oder über einen längeren Zeitstrahl gelten könnte oder auch dem historischen Vergleich mit anderen europäischen Börsenplätzen. Dieses Werk konzentriert sich auf die Frankfurter Wertpapierbörse bzw. die Deutsche Börse AG vom Ende der Weimarer Zeit bis in die Gegenwart. Wenngleich sich das Buch der Entwicklung der Frankfurter Wertpapierbörse widmet, so stellt es doch keine Unternehmensgeschichte im engeren Sinne dar. Intensiv behandelt werden die Einbettung der Funktionen und Leistungen der Börse in die jeweilige Kapitalmarktentwicklung und die technischen und strategischen Antworten, die die Börse jeweils gefunden hat, um den Herausforderungen der nationalen und internationalen Kapitalmarktentwicklung gerecht zu werden. Etliche dieser Aspekte prägen das Geschäft der Börse bis in die Gegenwart, sodass die Lektüre auch aus aktueller Perspektive lohnt. Die Veränderungen im Auf bau der Börse, die strategische und operative Entwicklung, die ökonomischen Erfolge und Misserfolge sowie die Herausbildung einer Unternehmensidentität sind keine isoliert behandelten Themen, sondern werden als charakteristische Merkmale des Börsengeschehens in die Darstellung der wichtigsten Entwicklungsphasen der Börse eingebettet. Auch enthält das Buch keine ausführlichen Portraits handelnder Personen, Untersuchungen zur Belegschaft, zur Unternehmenskultur oder zur gesellschaftlichen Rolle. Das Buch ist in vier chronologische Hauptkapitel eingeteilt, innerhalb derer die Autoren die inhaltlich gebotenen Akzente bzw. Schwerpunkte setzen, je nach den im jeweiligen Zeitabschnitt vorherrschenden Einflussfaktoren für die Börsenentwicklung und den sich daraus ergebenden Problemstellungen. Gelegentlich greifen solche Themenschwerpunkte auch zeitlich über ein Kapitel hinaus. Sie werden dann ausführlicher dort erörtert, wo sie die größte Rolle spielen, Querverweise zwischen den Kapiteln sollen Redundanzen vermeiden helfen. Schließlich gibt es zentrale Themen, zu denen aus der Perspektive mehrerer, wenn nicht jedes Kapitels etwas beizutragen ist und die sich wie ‚rote Fäden‘ durch die Darstellung ziehen. Sie betreffen Fragen wie z. B. das Spannungsfeld zwischen öffentlichrechtlichem und privatwirtschaftlichem Rahmen des Börsengeschäfts, die Folgen der föderalen Struktur des deutschen Börsenwesens, die Frage, welche Auswirkungen die beherrschende Rolle der Großbanken im deutschen Finanzsystem für die Börsenentwicklung besaß, worin die Ursache für die geringe Börsenbeteiligung privater Anlieger zu suchen war, und schließlich die Frage, welche Rolle die Börsen im deutschen Finanzsystem im Zeitablauf einnehmen konnten. Eine Reihe der das Börsengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland prägenden Merkmale hatte seine Wurzeln in der Zeit vor 1945. Dass die Börsen in Deutschland während eines Großteils des 20. Jahrhunderts nicht dem Idealtypus eines organisierten (Primär-)Marktes mit transparenter Preisbildung entsprachen, resultierte nicht so sehr aus Einleitung

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gezielten, gegen die Börse gerichteten politischen Maßnahmen, sondern war zunächst Ergebnis von Verwerfungen in und zwischen den beiden Weltkriegen. So untersucht das den Auftakt des Buchs bildende Kapitel von Boris Gehlen zum Zeitraum 1933 bis 1945, wie das Geschäftsvolumen der Frankfurter Wertpapierbörse nach der Inflation aus ökonomischen und seit 1931/33 aus politischen Gründen schrumpfte, wenn sie ihre Stellung als zweitwichtigste Börse im Deutschen Reich auch behaupten konnte. Insbesondere die Kapitallenkung während des Nationalsozialismus degradierte die Frankfurter Börse (wie alle anderen Börsen im Deutschen Reich) zu einer nachgeordneten Stelle der Rüstungsfinanzierung, die vornehmlich öffentliche Anleihen emittieren bzw. handeln konnte. Am Ende des Zweiten Weltkriegs konnte von einem regulären Börsengeschäft daher keine Rede mehr sein. Ein weiteres Erbe dieser Zeit war der zunehmende Bedeutungsverlust der Privatbankiers für die Börsen. Lange Zeit waren sie mit ihrer Expertise im Industriekundengeschäft, wie auch ihre zahlenmäßige Stärke in den Börsengremien zeigt, deren wichtige Stützpfeiler gewesen. Der Bedeutungsverlust nahm, wie Gehlen zeigt, bereits in der Zwischenkriegszeit seinen Anfang und ist in einen langfristigen (Konzentrations-)Trend einzuordnen, der bereits mit dem Ende der Großen Inflation in den 1920er-Jahren einsetzte. Ein tiefgreifender Einschnitt in der langen Frankfurter Börsentradition war die durch die Arisierungsmaßnahmen herbeigeführte dauerhafte Verdrängung jüdischer Privatbankiers. Die Desintegration der internationalen Kapitalmärkte, die Kapitalknappheit im Inland und regulatorische Maßnahmen schwächten die Börsen und vor allem die Aktienmärkte auch in der frühen Bundesrepublik. Während die Börsen in der Zeit des Nationalsozialismus der Finanzierung der Rüstungsindustrie dienten, wurden sie nun Wiederaufbauzwecken untergeordnet. Dies änderte sich erst schrittweise mit dem Abschluss des Wiederauf baus, einer zunehmenden Globalisierung sowie der Integration von Kapitalmärkten seit den 1970er-Jahren. Diesen Zeitraum behandelt Bernd Rudolph im zweiten Kapitel, das dem Zeitabschnitt von 1945 bis 1980 und damit dem geschäftlichen und politischen Neubeginn bzw. Wiederauf bau gilt. In diese Phase fallen auch die Auswirkungen erster Krisenerscheinungen in der Marktwirtschaft und politisch-ökonomischer Zerwürfnisse. Die deutschen Börsen verstanden sich damals noch weitgehend als Schwesterbörsen und versuchten, insbesondere im Hinblick auf ihre politischen und ökonomischen Umfeldbedingungen als Einheit zu agieren. Gemeinsam bemühten sie sich, die richtigen Antworten auf die sich ändernden Kapitalmarktbedingungen zu finden, was punktuelle Konkurrenzkämpfe der Börsen untereinander nicht ausschloss. Impulse zur Weiterentwicklung des Börsengeschäfts im Hinblick auf die Wiederbelebung des Terminhandels, die Verbesserung des Anlegerschutzes und die Handelsusancen gingen in den ersten Nachkriegsjahrzehnten, wenn überhaupt, eher von staat14

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lichen Organen aus. Die Großbanken, die im Kaiserreich als äußerst aktive Akteure des Börsenwesens aufgetreten waren, zeigten kein nennenswertes Interesse. Für sie waren die Börsen, zumal im rein nationalen Rahmen, in Zeiten der ‚Deutschland AG‘ weniger wichtig. Vielmehr pflegten sie durch ihre Kapital- und Personalverflechtungen sowie die Ausübung ihrer Hausbankfunktionen einen für lange Zeit stabilen Gegenentwurf zur Kapitalbeschaffung über die Börsen. Daran änderte sich erst allmählich etwas, als mit der neuerlichen Internationalisierung von Kapitalströmen seit den 1970er-Jahren das Vorhandensein eines hochrangigen Börsenplatzes in unmittelbarer Nähe zur Bankenzentrale zu einem globalen Wettbewerbsfaktor avancierte. Die sich hieraus und aus der zunehmenden Elektronisierung ergebende Dynamik änderte das Börsengeschehen in Deutschland von Grund auf und erforderte ein Umdenken auf vielen Ebenen. Beispielsweise konnte von Transparenz im heutigen Sinn für die meisten Anleger weder im Hinblick auf die Auftragslage noch bezüglich der aktuellen Informationen über die gehandelten Effekten und ihre Emittenten die Rede sein. Die Kursmakler verfügten über ein Informationsmonopol im Hinblick auf die Auftragslage im Handelsraum, denn das Orderbuch war ausschließlich von ihnen selbst einsehbar. Erst mit dem Auf kommen elektronischer Handelssysteme wurde Transparenz über die Auftragslage hergestellt. Die Verbesserung der Informationslage der Anleger über die Emittenten wurde 1970 formal, aber nur in rudimentärer Form mit den Empfehlungen zu freiwilligen Insiderregeln in Angriff genommen. Auch über die Qualität der Handelsplätze bestand keine Transparenz. So kämpften die Regionalbörsen über viele Jahre hinweg gegen die ex post-Veröffentlichung ihrer Börsenumsätze, weil sie bei geringeren Umsatzzahlen negative Signale für die Marktteilnehmer fürchteten. Inhaltlich ließen die handelsrechtlichen Vorschriften in Deutschland noch traditionell größeren Spielraum für die Wertansätze in der Bilanz. Und als man die Rechnungslegungsvorschriften für kapitalmarktorientierte Unternehmen anzupassen begann, galten sie erst einmal nur für große Gesellschaften, die an den internationalen Kapitalmärkten engagiert waren. Das explosive Gemisch aus Elektronisierung, Forcierung des Anlegerschutzes und internationalem Wettbewerb krempelte die Börsen in der Bundesrepublik, später im wiedervereinigten Deutschland dann grundlegend um. Diese Phase, in der in der Frankfurter Wertpapierbörse kein Stein auf dem anderen blieb, behandelt das von Günter Franke verfasste Kapitel zum Zeitraum 1980 bis 2000. Sie brachte einschneidende Änderungen in der Tektonik der deutschen Börsenlandschaft, in institutionellen und technischen Rahmenbedingungen, in Marktmikrostrukturen und in der Geschäftsentwicklung, um an dieser Stelle nur einige Gesichtspunkte anzusprechen. Das Kapitel von Günter Franke arbeitet die wesentlichen Triebkräfte und Akteure dieses ‚Big Bang‘ für das deutsche Börsensystem ebenso wie die damit verbundenen massiven Interessenkonflikte heraus. Einleitung

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Noch bis Mitte der 1980er-Jahre koexistierten die Frankfurter Wertpapierbörse und die deutschen Regionalbörsen in friedlicher Weise, auch wenn sich die Gewichte allmählich zu Gunsten von Frankfurt verschoben. Noch dominierte auch der traditionelle Parketthandel, getragen von deutschen Kreditinstituten, amtlichen Maklern und freien Maklern. Der amtliche Kursmakler galt als Symbol fairer Preisbildung, der Handel an den Börsen benötigte zahlreiche überwiegend manuell ausgeführte Arbeitsschritte und war entsprechend teuer. Dass Kreditinstitute und Makler viel Geld durch Kursschnitte sowie durch ihren Informationsvorsprung im Hinblick auf die Entwicklung der Unternehmen und die Auftragslage verdienten – heute würde man von Insiderhandel und Frontrunning sprechen –, war in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Mit dieser Struktur und manchen Missständen räumten dann aber zahlreiche Änderungen auf, die durch den wachsenden Druck aus den USA und der Europäischen Kommission forciert wurden. Die immensen Kosten der Elektronisierung, die steigenden Anforderungen an die Börsenorganisation und das Erfordernis, einen Handelsplatz zu schaffen, der mit der internationalen Entwicklung Schritt halten konnte, beschleunigten den Strukturwandel der deutschen Börsenlandschaft, der schließlich in die Gründung der Frankfurter Wertpapierbörse AG und bald darauf der Deutsche Börse AG einmündete. Damit wurde die öffentlich-rechtliche Infrastruktur der Börse in die Hand eines privaten, gewinnorientierten Dienstleistungsunternehmens gelegt. In gewisser Weise kehrte man mit dieser Ablösung der öffentlichrechtlichen Trägerschaft zu der seit Gründung der Frankfurter Börse bis 1808 bestehenden privaten Struktur zurück. Die Europäische Gemeinschaft verabschiedete mehrere Direktiven, die den Anlegerschutz erheblich stärkten. Gleichzeitig trieb sie die Liberalisierung des Kapitalverkehrs voran, so dass der Handel über die Grenzen hinweg erleichtert wurde, wofür im Übrigen auch die Elektronisierung sorgte. Günter Franke untersucht, wie sich der Handel von der traditionellen Präsenzbörse zur elektronischen Computerbörse verlagerte, die die Funktion des Kursmaklers zumindest im liquiden Wertpapierhandel weitgehend obsolet werden ließ. Die Computerbörse schuf Zugangsmöglichkeiten zum standortunabhängigen Handel für nationale und ausländische Händler und arbeitete insgesamt erheblich schneller und effizienter als der Parketthandel, so dass die Transaktionskosten des Handels sanken. Der Anpassungsprozess wurde auch durch den gewachsenen internationalen Börsenwettbewerb beschleunigt. Die Elektronisierung eröffnete bessere Möglichkeiten, den Handel zu überwachen und den Anlegerschutz zu stärken. Der elektronische Handel konzentrierte sich in Deutschland zunächst weitgehend auf den Finanzplatz Frankfurt. Die Regionalbörsen hingegen verloren an Geschäft, bis sie neue Geschäftsmodelle entwickelten und sich insbesondere mit Blick auf die Privatkundschaft profilieren konnten. Vorreiter der Elektronisierung war die Deutsche Terminbörse, die 1990 ihr Geschäft als voll auto16

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matisierte Computerbörse aufnahm und zum Vorbild anderer Börsen weltweit avancierte. Sie löste das bis dahin wenig erfolgreiche Segment für Termingeschäfte an der Kassabörse ab. Ein wenig rühmliches Kapitel dieses Zeitraums war die Schaffung des sogenannten Neuen Marktes zur Mitte der 1990er-Jahre, der sich trotz sorgfältiger Vorbereitung als Flop erwies. Er sollte mittelständischen Unternehmen, insbesondere Start-Ups der New Economy, bessere Finanzierungschancen eröffnen, wurde jedoch nach kurzen Höhenflügen und einem anschließenden dramatischen Kursverfall bereits im Jahr 2003 wieder geschlossen. Zwar gab es in anderen Ländern ähnliche Probleme, doch reihte sich dieser Misserfolg in die Reihe vielfältiger, letztlich nicht erfolgreicher Versuche ein, den Emissionsmarkt für Aktien in Deutschland auf ein mit den angelsächsischen Ländern vergleichbares Niveau zu heben. Im vierten und letzten Kapitel behandeln Peter Gomber und Benjamin Clapham die an die Gegenwart heranreichende Börsenentwicklung im Zeichen der Digitalisierung. Hatte die Elektronisierung der Börse den Effekt, Handelsprozesse kostensenkend zu erleichtern, von überkommenen Handelsregeln zu befreien und für Kunden im Ausland weiter zu öffnen, so erwies sich aus Sicht der beiden Autoren die Digitalisierung als Auslöser und Treiber einer umfassenden Demokratisierung des Börsenhandels bzw. des gesamten Wertpapierhandels, indem sie hohe Transparenz und Liquidität sowie weiter sinkende Transaktionskosten ermöglichte. Die Deutsche Börse erkannte diese Chancen frühzeitig und griff sie mit großem Erfolg über die Realisierung von Skaleneffekten im Mengengeschäft mit den Handelssystemen Xetra und Eurex auf. Die Digitalisierungserfolge haben der Frankfurter Wertpapierbörse wachsende Marktanteile im nationalen Börsenhandel sowie international hohe Anerkennung als effizienter Marktplatz verschafft. Die Deutsche Börse AG als Trägergesellschaft konnte parallel dazu mit ihren beiden weiteren Standbeinen Eurex Clearing und Clearstream durch vertikale Integration sowie durch die Verbreiterung ihres Geschäftsmodells auf neue Services (zum Beispiel im Bereich Marktdaten) und neue Assetklassen (zum Beispiel im Bereich Foreign Exchange) zentrale Grundpfeiler ihres Erfolgs und ihrer eigenen Bewertung am Aktienmarkt auf bauen. Aber es gab auch Rückschläge – insbesondere die gescheiterten Versuche, die internationale Börsenkonsolidierung erfolgreich zu gestalten. Mit der europäischen Finanzmarktregulierung stieg der Wettbewerb im Aktienhandel durch das Auf kommen neuer europäischer Handelsplattformen deutlich an und setzte die Börse unter Druck. Parallel dazu erfolgte ein weiterer wichtiger Schritt in der Elektronisierung des Wertpapierhandels, diesmal jedoch bei den Marktteilnehmern: das Auf kommen des algorithmischen Handels und des sogenannten Hochfrequenzhandels, also die Generierung von Wertpapieraufträgen bei den Teilnehmern nicht mehr alleine durch Menschen, sondern durch Algorithmen bzw. Software. Einleitung

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Als Folge des Wettbewerbs zwischen den europäischen Börsenplätzen und den neu aufgekommenen alternativen Handelssystemen sowie der weiteren Elektronisierung sanken die Handelsgebühren, erhöhte sich die Liquidität im Handel und konnten technologische Fortschritte verzeichnet werden. Seitens der regulierenden Behörden wurde seit der Finanzkrise versucht, die Rolle transparenter und öffentlicher Marktplätze weiter zu stärken und den Over-the-Counter-Handel (OTC) einzudämmen. Die Autoren schildern die im Zeitablauf wachsende Bedeutung der Dark Pools, die starke Kursreaktionen im Falle großer Transaktionen der institutionellen Marktteilnehmer vermeiden sollten. Auch hat man erstmals einen europaweit anwendbaren regulatorischen Rahmen für den algorithmischen und den Hochfrequenzhandel geschaffen. Diese vielfältigen Themen beherrschen auch heute, im Jahr 2021, die Diskussion über das Börsenwesen und damit werden Börse und Wertpapierhandel mit all ihren Facetten auch in den kommenden Jahren ein sicher sehr spannendes Forschungsgebiet sein – sowohl für Ökonomen als auch für Wirtschaftshistoriker. Die Entstehung dieses Buchs wurde vom Rat und dem Engagement einer Vielzahl von Personen getragen, denen ich an dieser Stelle auch im Namen meiner Mitautoren sehr herzlich danken möchte. Ein besonderer Dank gebührt Alix Puhl und Gregor Hauck, die das von ihrem Vater angeregte und ermöglichte Projekt mit wohlwollendem Interesse und großer Geduld begleitet haben. Für die uneingeschränkte Bereitstellung bisher der Öffentlichkeit nicht zugänglicher historischer Akten der Deutsche Börse AG, die dem Buch über weite Strecken zu einer ergiebigen Quellenbasis verhalf, möchten wir Dr. Theodor Weimer, dem Vorsitzenden des Vorstands der Deutsche Börse AG, sehr herzlich danken. Unser Dank gilt insbesondere Dr. Oliver Ramonat für die unermüdliche Unterstützung unserer Rechercheanliegen, dem Leiter des Hessischen Wirtschaftsarchivs, Dr. Ulrich Eisenbach, sowie den Mitarbeitern des Hessischen Hauptstaatsarchivs. Dr. Rüdiger von Rosen und Artur Fischer haben mit ihren privaten Beständen und persönlichen Perspektiven auf die jüngere deutsche bzw. die Frankfurter Börsengeschichte den Autoren der beiden mittleren Kapitel die Recherchen zu diesem Buch erheblich erleichtert. Ihnen sei ebenso gedankt wie den die Börsenentwicklung teils akademisch teils als dramatis personae begleitenden Personen, die den Autoren für vertiefende Gespräche zur Verfügung standen, insbesondere Claus-Jürgen Diederich, Uwe E. Flach, Frank Gerstenschläger, Michael König, Berthold Kracke, Thomas Munz, Rainer Riess, Volker Potthoff, Michael Zollweg, Hans-Jürgen Schäfer, Martin Reck, Lutz Raettig und Hartmut Schmidt.

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Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Boris Gehlen

I. Ursprünge und Entwicklung der Frankfurter Börse bis zum Ende der 1920er-Jahre Die Anfänge der Frankfurter Börse reichen bis in die Frühe Neuzeit zurück. Dem Beispiel europäischer Handels- und Messeplätze folgend entstand seit 1585 auch in Frankfurt ein organisierter Markt, der den Warenhandel ergänzte und an dem Kaufleute zu festgelegten Zeiten vor allem Wechsel handelten.3 Die Mehrzahl der Börsenbesucher stammte aus Italien und den Niederlanden. Die Frankfurter Börse hatte folglich seit ihren Anfängen eine europäische Bedeutung, stand aber lange im Schatten der Amsterdamer Börse. Das Wechselgeschäft blieb bis weit in das 18. Jahrhundert die maßgebliche Börsentransaktion, ehe gegen Ende des Jahrhunderts das (Staats-)Anleihegeschäft seinen Aufschwung nahm und den Finanzplatz Frankfurt erheblich aufwertete. Treibende Kraft waren die Frankfurter Privatbankhäuser, die vereinzelt bereits erfolgreich Staatsanleihen in Amsterdam platziert hatten. Seit 1778 emittierten die Gebrüder Bethmann auch in Frankfurt Anleihen für Herrscherhäuser und Territorialstaaten und begründeten somit die zentrale Stellung Frankfurts für die Finanzierung von (internationalen) Staatsschulden. Das Bankhaus Metzler und vor allem das Bankhaus Rothschild folgten dem Beispiel Bethmanns.4 Durch die Spezialisierung auf das Anleihegeschäft war die Frankfurter Börse die bedeutendste Börse im deutschen Raum geworden, doch sie verlor diese Position seit der Mitte des 19. Jahrhunderts an Berlin. Einerseits versäumte es die Frankfurter Börse, frühzeitig den Aktienhandel, den Zukunftsmarkt der Zeit, zu entwickeln, andererseits gewann Berlin im Zuge der Einigungskriege und der Entstehung des Deutschen Reichs politisch und wirtschaftlich an Bedeutung, während die Eingliederung der freien Stadt Frankfurt in den preußischen Staat 1866 einen Bedeutungsverlust mit sich brachte. Die Entwicklung wurde nach der Reichsgründung 1871 noch verstärkt, da sich zentrale Finanzinstitutionen (Reichsbank, Großbanken) in Berlin konzentrierten und den dortigen Finanzplatz aufwerteten. Entsprechend war Berlin vor 1913 die mit Abstand bedeutendste deutsche Börse und sollte dies auch bis 1945 bleiben; Frankfurt war nicht zuletzt aufEntwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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grund der Brückenfunktion zum süddeutschen Raum trotz eines deutlichen Abstands bei allen Kennziffern der zweitgrößte Wertpapierhandelsplatz im Deutschen Reich.5 Die deutschen Börsen des 19. Jahrhunderts hatten organisatorisch vieles gemein. Mit wenigen Ausnahmen waren öffentlich-rechtliche Handelskammern oder – wie lange Zeit in Berlin – Korporationen mit handelskammerähnlichen Funktionen Trägerinnen der Börse, d. h. die organisierten lokalen Kaufleute bestimmten die Organisation und die Geschäftstätigkeiten von Börsen in erheblichem Maße selbst. Zwar unterstanden die Handelskammern staatlicher, für Frankfurt hieß das: preußischer Aufsicht, aber bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beschränkte sich die Staatsaufsicht darauf, die von den örtlichen Kaufmannschaften ausgearbeiteten Börsenordnungen zu genehmigen. Doch seit jeher waren Börsen Orte auch übertriebener Spekulation. Finanzkrisen lösten regelmäßig Diskussionen über den Nutzen von Börsen und mithin politische Debatten über eine mögliche Staatsintervention aus. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts führten vor allem die Gründerkrise 1873 und Verfehlungen im Börsenterminhandel zu regulatorischen Konsequenzen. Im Nachgang der Gründerkrise novellierte der Gesetzgeber 1884 das Aktienrecht und 1896 folgte ein heftig umstrittenes Börsengesetz, dessen Entstehung auch international höchst aufmerksam verfolgt wurde. Dem Börsengesetz ging 1892/93 eine umfassende Börsenenquete voraus, die von einer Kommission aus Praktikern, Wissenschaftlern und Politikern erarbeitet wurde. Die Enquete war sachlich ausgewogen und ihre Vorschläge bestätigten im Wesentlichen die bisherige Selbstverwaltung der Börsen. Die nachfolgende parlamentarische Debatte zur Börsengesetzgebung wurde allerdings von populistischen Zuschreibungen überlagert, die – verkürzt ausgedrückt – die Börsen zu ‚Spielhöllen‘ stilisierten, ihnen abträgliche ökonomische Effekte unterstellten (‚Volksausraubung‘) und die in besonderem Maße antikapitalistische und antisemitische Klischees bedienten. Die Börsenkritik rührte zwar im Wesentlichen daher, dass weite Teile der Bevölkerung den Börsenhandel und seine Dynamik nicht einmal ansatzweise verstanden oder verstehen wollten, aber sie bediente sehr wirkmächtige Feindbilder, von denen das des ‚internationalen Finanzjudentums‘ seit der Gründerkrise 1873 zu einem festen Bestandteil der Rhetorik rechtsgerichteter Parteien geworden war. Im Kern verbanden sich auf diese Art und Weise Antikapitalismus, Antisemitismus und Globalisierungskritik; beides wiederholte sich in den 1890er-Jahren, als sich die globalen Getreidemärkte aufgrund drastisch sinkender Transportkosten integrierten und sich an den Börsen mit dem Getreideterminhandel das komplementäre Hedging-Instrument etablierte. Aus Sicht der konservativen Agrarier war besonders der Getreideterminhandel am Verfall der Preise schuld und sie agitierten, begünstigt durch Spekulationsskandale, deshalb so massiv gegen die Börsen, dass das avisierte Börsengesetz 1896 in eine Globalisierungsdebatte hineingezogen wurde, die mit den sachlichen Grundsätzen der Börsenorganisation nichts zu tun hatte. Stattdessen rückte mit dem nationalen Gemeinwohl ein Maßstab in den Vordergrund zumindest der politischen Rhetorik, der sich nicht mehr ausschließlich an der Funktionalität von Märkten 20

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orientierte. Er etablierte gedanklich eine Traditionslinie, die nach 1933 mit weit größerer dirigistischer Intensität zu einem vorläufigen Ende des herkömmlichen Börsenwesens in Deutschland führen sollte. In den 1890er-Jahren ging der Staat freilich noch nicht so weit, die Freiheit der Börsen substanziell einzuschränken, aber die Politisierung der Debatte erklärt zumindest, warum der Gesetzgeber unter anderem bestimmte Formen des Börsenterminhandels, vor allem für Getreideprodukte, verbot und – trotz des erbitterten Widerstands der Handelskammern – eine straffere Staatsaufsicht einführte. Fortan überwachte ein Staatskommissar an jeder Börse die Geschäfte.6 Das Börsengesetz von 1896 erfüllte freilich weder die Hoffnungen seiner Befürworter noch die Befürchtungen von Handelskammern und Börsen – im Gegenteil. Der Staat machte von seinen weitreichenden gesetzlichen Eingriffskompetenzen keinen Gebrauch, und die Staatskommissare erwiesen sich rasch als benevolente Ratgeber. Das Gesetz wirkte dirigistisch, doch die Verwaltungspraxis war liberal. Dennoch hielt sich in der Forschung lange das schiefe Bild einer übermäßigen Staatsintervention, die die Entwicklung des Kapitalmarkts in Deutschland beeinträchtigt habe. Insbesondere angelsächsische Autoren schlossen häufig von der Norm auf die Praxis. Tatsächlich kam die Praxis dem von der jüngeren Law & Finance-Literatur postulierten Ideal selbstverwalteter, miteinander im Wettbewerb stehender Börsen bereits sehr nahe, deren primäres Ziel es war, durch Anreize größtmögliche Transparenz im Kapitalmarkt herzustellen.7 Nicht von ungefähr korrigierte die jüngere Forschung das Bild vermeintlich unterentwickelter Finanzmarktinstitutionen im Deutschen Reich substanziell und zeigte auf, dass deutsche Börsen, allen voran Berlin, ähnlich transparent, effizient und leistungsfähig waren wie die führenden Börsen in London und New York.8 Die Organisation der Berliner Börse war im Deutschen Reich wegweisend und die meisten Börsen orientierten sich an ihren Regeln – spätestens seitdem das Börsengesetz von 1896 in weiten Teilen die Berliner Bestimmungen zum allgemeinen Maßstab erhoben hatte. Zwar hatte die Frankfurter Börse zu Beginn die Vereinheitlichungstendenzen des Börsengesetzes kritisiert, aber die Befürchtungen, der Börsenhandel werde sich noch stärker auf Berlin konzentrieren, bestätigten sich in der Folge zunächst nicht.9 Zwar zog Berlin die größten Unternehmen an und festigte seine dominante Position in der Zwischenkriegszeit, aber viele kleinere und mittlere Aktiengesellschaften ließen sich an standortnahen Regionalbörsen notieren – offenbar mit Rücksicht auf Informationsasymmetrien. Die Akteure im fernen Berlin kannten die regionalen Spezifika der Unternehmen und Branchen offenbar nicht so gut wie die Regional- und Privatbanken in der Fläche. Zudem finanzierten auch die Länder ihre Staatsschulden vornehmlich mittels Anleihen, die sie in ihrem Sprengel emittierten.10 Dies erklärt sich zu einem Gutteil aus der Börsenorganisation selbst. Besonders die Anbindung an die jeweilige Handelskammer verknüpfte die Börsen eng mit der regionalen Wirtschaft. Die Frankfurter Börsenordnung von 1919 schrieb daher auch explizit vor, Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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dass mindestens ein Viertel des Börsenvorstands aus Mitgliedern der Handelskammer bestehen musste. Der Börsenvorstand war vor allem für die Zulassung zum Börsenbesuch, die Überwachung von Transaktionen und Usancen, die sachgerechte Durchführung des Börsenhandels und die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel zuständig. Je nach Größe und Geschäftsfeldern bestanden Abteilungen für die Wertpapier- und die Warenbörse – in Frankfurt existierten Abteilungen für Wertpapier- und Getreidehandel – sowie spezialisierte Kommissionen, etwa für die Börsenzulassung.11 Die Hürden für den Marktzutritt waren im Kaiserreich sehr niedrig; mit der Börsengesetznovelle von 1908 wurden sie unter anderem in Frankfurt und Berlin sukzessive erhöht und auf Kaufleute (nach dem Handelsgesetzbuch) begrenzt, sofern sie zahlungsfähig und gesetztreu waren und zwei etablierte Börsenhändler als Gewährsleute vorweisen konnten; später, nach der Inflation, gingen einige Börsen zudem dazu über, die Hinterlegung einer bestimmten Geldsumme zur Voraussetzung einer Zulassung zu machen, über die final ohnehin der Börsenvorstand befand.12 Diese Bestimmungen fanden sich – allenfalls in Nuancen abweichend – in den Ordnungen aller deutscher Börsen. Ein Frankfurter Alleinstellungsmerkmal war hingegen die Abendbörse. Sie ging auf die ‚Effectensocietät‘ zurück, die in den 1820er-Jahren nach dem Vorbild angelsächsischer Börsen als private Vereinigung zum Zweck des Börsenhandels von den zahlreichen Frankfurter Privatbankhäusern eingerichtet worden war, um auch außerhalb der offiziellen Börsenzeiten handeln zu können. Das Börsengesetz von 1896 verbot solche privaten Börsen allerdings, sodass fortan – gleichsam als legale Umgehungsstrategie – die Frankfurter Börse die ‚Effectensocietät‘ inkorporierte und als Abendbörse nach den gleichen Maßstäben wie zuvor fortführte sowie über die derart verlängerten Öffnungszeiten auch zusätzliches Transaktionsvolumen anzog. Traditionell diente sie Transaktionen professioneller Börsenhändler, d. h. in erster Linie weiterhin den Vertretern der privaten Frankfurter Bankhäuser, aber weil die Abendbörse die einzige ihrer Art in Deutschland war, nutzten auch zahlreiche Berliner Börsenhändler die Frankfurter Institution. Sie nahm mithin eine Korrektivfunktion für den Berliner Börsenhandel wahr und ermöglichte Arbitrage.13 Neben den Bankhäusern, die auf eigene oder fremde Rechnung an den Börsen aktiv waren, bildeten die Makler eine maßgebliche Gruppe des Marktes, da sie zwischen Angebot und Nachfrage vermittelten. Es gab zwei Arten von Maklern: Kursmakler und freie Makler. Die Kursmakler repräsentierten die Zwitterstellung der deutschen Börsen als öffentlich-rechtliche Institutionen einerseits und als selbstregulierte Organe von Kaufleuten andererseits. Denn die Kursmakler waren in ihrer Handelstätigkeit ebenfalls Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuchs, durch ihre Verantwortung für die amtliche Kursfeststellung aber zugleich vereidigte Repräsentanten des Staates. Nur die Geschäfte, die von ihnen vermittelt wurden, beeinflussten die Kursgestaltung, weshalb es im Sinne der Markttransparenz wünschenswert war, dass alle Transaktionen in amtlich notierten 22

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Papieren von ihnen vermittelt wurden. Daneben hatten sich im 19. Jahrhundert aber auch freie Makler etabliert, die ebenfalls Geschäfte vermittelten, aber nicht an der Kursbildung mitwirkten. Zwischen beiden Maklergruppen bestand bis zum Ersten Weltkrieg eine auskömmliche Koexistenz.14 Wie so vieles änderte sich dies durch die Große Inflation, die 1914 mit der Kriegsfinanzierung begann und in der Hyperinflation des Jahres 1923 mündete. Die inflationsinduzierte ‚Flucht in die Sachwerte‘ führte zu einem regelrechten Run auf die Börsen.15 Die Zahl der gesamten Börsenbesucher stieg etwa in Frankfurt von 712 (1913) auf 1.688 (1923) an, die der – allerdings nur zu einem geringen Teil börsennotierten – Aktiengesellschaften im Deutschen Reich von 5.345 (1919) auf 17.074 (1924).16 Mit fortschreitender Inflation weitete sich vor allem die Devisen- und Aktienspekulation immer weiter aus und zog auch zahlreiche ‚Newcomer‘ an, während die Aktiengesellschaften parallel Sicherungsinstrumente einführten (vor allem Aktien mit mehrfachem Stimmrecht), um feindliche Übernahmen zu verhindern.17 Mit der Sanierung der Währung 1923/24 endete die reichsweite Sonderkonjunktur der Börsen, aber die Inflation hinterließ als Erbe ein ganzes Bündel an Problemen.18 Erstens war das Deutsche Reich fortan auf Kapitalimport angewiesen, da die inländische Kapitalbildung durch den Währungsschnitt erheblich erschwert worden war. Weil die Frankfurter Börse (als Primärmarkt) traditionell ausländische Staatsschulden finanzierte und mithin Kapital zu exportieren half, trafen sie die Verwerfungen in den internationalen Kapitalbilanzen seit 1914 ebenso wie der inländische Kapitalmangel besonders hart. Zweitens waren die Finanzinstitutionen ‚übersetzt‘: Die Banken hatten in der Inflation Personal eingestellt, das sie nach 1924 wieder entlassen mussten; viele Privatbankhäuser wurden von den Großbanken übernommen oder durch Interessengemeinschaften eingebunden. Auch dieser Konzentrationsprozess setzte Personal frei. Einige der Bankangestellten machten sich als freie Makler selbständig und wurden durch eine entsprechende Auftragsvergabe von ihren ehemaligen Arbeitgebern unterstützt. Dies beschwor zum einen Konflikte zwischen Kursmaklern und freien Maklern herauf, unterminierte aber zugleich die Preisbildung, da zahlreiche Transaktionen die Kurse nicht mehr direkt beeinflussten.19 Drittens verschlechterte sich in den Aktienmärkten die Transparenz, da durch die Mehrfachstimmrechte die Bewertung von Unternehmensanteilen ebenso erschwert wurde wie durch die zahlreichen Fusionen und Übernahmen, deren Nutzen kaum verlässlich prognostizierbar war. Die Börsen bemühten sich zwar nach Kräften, die Informationsqualität der Wertpapiere durch sorgsame Zulassungsprüfungen zu verbessern, scheiterten aber häufig an den (berechtigten und politisch unterstützten) Interessen der Aktiengesellschaften, sich vor feindlichen Übernahmen schützen zu wollen.20 Viertens gerieten die Börsen zunehmend in eine Legitimationskrise, weil, wie schon im ausgehenden 19. Jahrhundert, viele ökonomische Fehlentwicklungen der Weimarer Zeit der Börse und den Börsenhändlern angelastet wurden; die Grundstimmung wurEntwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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de durch die Existenz von ‚Inflationsgewinnlern‘, d. h. Spekulanten, die in der Inflation reich geworden waren, und seit Mitte der 1920er-Jahre durch etliche Finanz- und Betrugsskandale noch deutlich verschärft. Dies kulminierte schließlich 1931 in der deutschen Bankenkrise. Als deren Auslöser, freilich nicht als alleinige Ursache, gilt der Zusammenbruch der Darmstädter und National-Bank, die durch die hochriskante Geschäftspolitik des jüdischen Geschäftsinhabers Jakob Goldschmidt in Schieflage geraten war.21 Wie sehr die Bedeutung der Börsen in den 1920er- und 1930er-Jahren zurückging, wird unter anderem an der Zahl der selbständigen Börsenbesucher – Firmeninhaber, Direktoren, Einzelbesucher und Makler – deutlich (vgl. Abbildung 1). Zwar war der bedeutendste Börsenplatz Berlin von diesen Entwicklungen (ebenso wie von der Hausse in der Inflation) deutlich stärker betroffen und die Frankfurter Besucherkurve verlief flacher, doch wird allein anhand dieser Zahlen deutlich, unter welchem organisatorischen Druck die Börsen nach dem Ersten Weltkrieg standen. Die Börse in Frankfurt reagierte in den 1920er-Jahren vergleichsweise zögerlich auf die vollkommen veränderten Rahmenbedingungen. Die Wirtschaftspresse kritisierte be-

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Berlin

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Frankfurt a.M.

Abbildung 1: Selbständige Börsenbesucher in Berlin und Frankfurt 1900 bis 1939 Quellen: Eigene Zusammenstellung nach: Börsenbesucher, HWA 115/5077; Statistik der Börsenbesucher nach dem Stand vom 1. Januar 1939, HWA 115/5077; Statistik der Börsenbesucher nach dem Stand vom 1. Januar 1938, HWA 115/5077; ‚Umschaltung an der Frankfurter Börse‘, in: Frankfurter Zeitung, 4. April 1933, 1932 nach Kölnische Zeitung, 4. Juni 1933; Frankfurter Börsen-Handbuch 1941/42, S. 8 f.; Wormser, Börse, S. 98, 232; Achterberg, Fünf Jahrzehnte, S. 22; Beer, Funktionswandel, S. 188, 342 f.

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sonders die ‚Übersetzung‘ der Börse. Sie habe es versäumt, auf die gesunkenen Anlagemöglichkeiten zu reagieren und zu lange Maklern und Börsenhändlern den Zugang zur Börse ermöglicht, deren Vermögen so zusammengeschrumpft war, dass sie nur noch geringe Börsenumsätze generieren konnten und kurzfristige Geschäfte bevorzugten. Auch seien zu viele, teils auch fragwürdige Akteure aus der Inflationszeit an der Börse geblieben, die das Geschäft beeinträchtigten und einen abträglichen Wettbewerb vor allem bei den Maklern begünstigt hätten.22

II. Staatsintervention und Kapitalmarktlenkung im Übergang von der Weimarer Republik zum ‚Dritten Reich‘ Angesichts der offenkundigen Dysfunktionalitäten in den Finanzmärkten diskutierten Börsenvertreter und interessierte Kreise seit Mitte der 1920er-Jahre über Reformen. Dies war keine Grundsatzdebatte in dem Sinne, dass die Börsenorganisation und das Aktienrecht vollständig neu geregelt werden sollten, wohl aber galt es, zum einen auf die gewandelten sozioökonomischen Rahmenbedingungen zu reagieren und zum anderen rechtliche Defizite zu beheben. Anders als in den 1890er-Jahren war aber kaum Zeit, eine systematische Enquete durchzuführen, sondern die rasche Abfolge von Krisen führte meist nur zu ad hoc-Maßnahmen, die zwar einzelne Probleme mildern, aber die Märkte nicht nachhaltig beleben konnten. Als dann im Juli 1931 die Bankenkrise ausbrach und im September 1931 Großbritannien den Goldstandard verließ, wirkte sich dies gravierend auf Börsen und Kapitalmärkte aus. Denn die Bankenkrise (wie auch vorangegangene Finanzskandale) hatte die institutionellen Defizite einiger nationaler Finanzmärkte offengelegt und die Abwertung des britischen Pfundes ließ eine internationale Lösung der Probleme des Weltwährungssystems und der Weltwirtschaftsordnung unwahrscheinlich erscheinen. Fortan bestimmten durchweg nationale Gesichtspunkte die Wirtschafts- und mithin die Finanzmarktpolitik. 1931 führte die Regierung Brüning beispielsweise die Devisenbewirtschaftung (wieder) ein, um einen (weiteren) Abfluss ausländischen Kapitals, vor allem aber Kapitalflucht aus dem Deutschen Reich zu unterbinden. Der freie, internationale Kapitalverkehr war damit auf Jahre hinaus abgeschafft worden.23 Dies traf einen international ausgerichteten Finanzplatz wie Frankfurt in besonderem Maße, auch wenn die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise seit 1929 global ohnehin eine Rückkehr zu einem regulären Börsenhandel erschwerten. Mit Ausbruch der Bankenkrise am 13. Juli 1931 schlossen nicht nur die Banken für einige Tage, sondern auch der offizielle Börsenhandel wurde am 16. Juli 1931 untersagt und die Veröffentlichung von Kursen verboten. Anfang September 1931 wurden zwar der Kassahandel wieder in eingeschränktem Umfang erlaubt und das Veröffentlichungsverbot aufgehoben, doch bereits am 21. September sorgte die Ankündigung Englands, den Goldstandard zu verlasEntwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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sen, für einen globalen Schock an den Finanzmärkten: Alle maßgeblichen europäischen Börsen stellten den amtlichen Handel bis auf weiteres ein. Die Londoner Börse sowie Börsen im Benelux-Raum und der Schweiz kehrten nur wenige Tage später wieder zum regulären Handel zurück, doch im Deutschen Reich war daran vorerst nicht zu denken – im Gegenteil: Die Notverordnung vom 8. Dezember 1931 führte mit der Emissionskontrolle ein zusätzliches dirigistisches Instrument ein, das den Börsen einen maßgeblichen Teil bisheriger Kompetenzen entzog. Fortan mussten Vertreter der Reichsbank und des Reichsfinanzministeriums neuen Wertpapieremissionen zustimmen. Bis dahin war es allein Aufgabe der Börsen gewesen, über eine Zulassung zu befinden. Während die Börsen lediglich prüften, ob ein Wertpapier die Anforderungen an die Emissionsgrundsätze der Börse vor allem hinsichtlich der Publizität erfüllte, war die staatliche Emissionskontrolle im Wesentlichen ein Instrument der Kapitallenkung. Gleichwohl dauerte es noch bis in den April 1932, ehe die Börsen wieder funktionsfähig waren, d. h. zwischen Juli 1931 und April 1932 existierte im Deutschen Reich de facto kein organisierter Wertpapierhandel. Verkürzt ausgedrückt, es ruhte das offizielle Börsengeschäft aus übergeordneten politischen Beweggründen – wirtschafts-, devisenund reparationspolitische Motive verstärkten einander – vollständig. Zwar ließen sich weiterhin Wertpapiere kaufen und verkaufen, etwa durch telefonischen Handel oder die Vermittlung von Banken, aber weder konnten neue Wertpapiere emittiert werden noch existierte eine börsliche Preisbildung. Nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Marktransparenz verlagerte sich der Wertpapierhandel zunehmend von privaten hin zu institutionellen Anlegern. Weil überdies seit 1931 der internationale Kapitalverkehr faktisch zum Erliegen gekommen war und die inländische Kapitalbildung nach Inflation und Bankenkrise erheblich geschwächt war, war die Lage der deutschen Börsen bereits am Ende der Weimarer Republik wenig hoffnungsvoll.24 Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, fanden sie einen Kapitalmarkt vor, der ziemlich das Gegenteil von jenen Märkten war, die sie agitatorisch immer bekämpft hatten. Die antikapitalistische (und antisemitische) Rhetorik der NSDAP hatte sich in den 1920er-Jahren sehr schroff gegen Spekulation (mit Industriewerten), d. h. vor allem gegen den raschen An- und Verkauf von Wertpapieren sowie die Internationalität der Finanzmärkte gerichtet, doch spätestens seit 1931 waren die Börsen im Deutschen Reich auf inländische, vornehmlich institutionelle Kapitalanleger ausgerichtet und als Ergebnis der Emissionskontrolle im Wesentlichen zu einem Markt geworden, der Anleihen der öffentlichen Hand finanzierte. Pfandbriefe konnten nur noch in gewissem Umfang, Industrieanleihen kaum mehr platziert werden – im Gegenzug erleichterte der Gesetzgeber freilich die Selbstfinanzierung der Unternehmen. Derart wurde das Angebot in den Kapitalmärkten auf politischem Wege verknappt und – in gewissem Umfang – der geschrumpften Nachfrage angepasst.25

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Darauf bauten die Nationalsozialisten ihre Kapitalmarktpolitik nach 1933 auf. Sie verfeinerten das Instrumentarium, änderten aber nicht die Zielsetzung der dirigistischen Kapitalmarktpolitik, die zu einer wichtigen Stütze der Aufrüstung wurde. Der nationalsozialistische Staat lenkte dabei sowohl das Angebot als auch die Nachfrage. Beispielsweise begrenzte er im Kapitalanlage- und nachfolgend im Anleihestockgesetz von 1934 die Ausschüttung von Dividenden an die Aktionäre auf sechs bzw. – in Ausnahmefällen – acht Prozent. Darüber hinaus gehende Dividenden flossen der Deutschen Golddiskontbank, einer Reichsbank-Tochter, zu, die die Mittel in Reichsanleihen anlegte. Dadurch wurden nicht nur – zunächst auf drei Jahre befristet – private Mittel in öffentliche Anleihen umgeleitet, sondern zudem ein Anreiz für Kapitalgesellschaften geschaffen, Gewinne nicht zu auszuschütten, sondern zu thesaurieren bzw. zu reinvestieren. Entsprechend stieg die Selbstfinanzierungsquote von Kapitalgesellschaften während der Zeit des Nationalsozialismus deutlich an. Ähnlich wirkte auch die Dividendenabgabeverordnung 1941, die Kapitalgesellschaften dazu veranlasste, Kapitalerhöhungen (aus Eigenmitteln) durchzuführen. Da das Aktienkapital die Bezugsgröße für Dividenden war, war bei höherem Aktienkapital eine geringere Dividendenhöhe nötig, um den Aktionären dieselbe Summe auszuschütten: Eine Gesellschaft mit einem Kapital von 100.000 Reichsmark, die vor 1941 fünf Prozent Dividende zahlte, schüttete 5.000 Reichsmark an die Gesellschafter aus; erhöhte sie nach 1941 ihr Kapital auf 200.000 Reichsmark reichte eine Dividende von 2,5 Prozent aus, um 5.000 Reichsmark auszuschütten. Entsprechend stärkte die Dividendenabgabenverordnung in erster Linie die Eigenkapitalbasis von Kapitalgesellschaften.26 Während der Staat dadurch sowie durch steuerliche Maßnahmen27 den Aktienmarkt faktisch zum Nischenmarkt degradierte, über den allenfalls, und erst ab 1935, Rüstungsunternehmen Kapitalmaßnahmen finanzieren konnten,28 förderte er insbesondere den Markt für (öffentliche) Anleihen. Unter anderem setzte er 1934 die Zinsen für Rentenwerte herab, um seine eigene Schuldenlast zu mindern. Obwohl die Anleger dadurch zunächst Nachteile hatten, weil sich ihre Anlagen fortan niedriger verzinsten, blieb der Rentenmarkt stabil. Zum einen fehlte es Anlegern aus regulatorischen Gründen an renditestärkeren Alternativen (Aktien) und zum anderen gestattete die Novelle des (Reichs-) Bankgesetzes vom Oktober 1933 der Reichsbank den An- und Verkauf von Wertpapieren, d. h. eine Offen-Markt-Politik. Die Reichsbank intervenierte darauf hin rasch am Rentenmarkt und verknappte das Angebot, wodurch die Kurse der Obligationen stiegen und die Zinsverluste der Anleger kompensiert wurden.29 Die nationalsozialistische Kapitalmarktpolitik nahm den deutschen Börsen viel von ihren ursprünglichen Funktionen und Geschäftsfeldern und wirkte sich überdies bis weit über das Ende des NS-Regimes auf die (bundes-)deutsche Börsenlandschaft und den Kapitalmarkt aus. Denn auch der Kapitalmarkt in der (jungen) Bundesrepublik war von Dirigismus und einer dominanten Nachfrage der öffentlichen Hand (Wohnungsbau) geprägt und wies den Börsen lange eine Nebenrolle zu.30 Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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Es wäre allerdings verfehlt, die strukturellen Veränderungen der Kapitalmärkte alleine auf die Politik der Nationalsozialisten zurückzuführen. Sie zeichneten sich vielmehr bereits seit 1918 ab und wurden durch die politische Ökonomie der Zwischenkriegszeit verstärkt: beispielsweise durch den Rückgang des internationalen Kapitalverkehrs, den Bedeutungsgewinn von Großbanken und institutionellen Anlegern, das entsprechend rückläufige Geschäftsvolumen der Börsen, damit verbunden eine verzerrte Preisbildung, schließlich die existentiellen Schwierigkeiten kleinerer Börsen. Kurzum: bereits in den 1920er-Jahren hatten die Börsen – im Wesentlichen ohne eigenes Verschulden – nicht nur an Bedeutung verloren, sondern sich immer mehr vom Idealtypus eines organisierten Marktes entfernt. Diesen Idealtypus hatten die Nationalsozialisten immer bekämpft und sie hatten entsprechend keinerlei Interesse daran, die Börsen in einem liberalen Gewand zu revitalisieren. Stattdessen nutzten sie die Börsen, um ihre eigenen politischen Ziele zu finanzieren.

III. Die Gleichschaltung der Frankfurter Börse Wie in vielen anderen Bereichen schalteten die Nationalsozialisten bald nach den Märzwahlen 1933 zentrale Institutionen und Organisationen der Wirtschaft gleich. So beendeten sie Ende März, Anfang April 1933 beispielsweise die wirtschaftliche Selbstverwaltung. Sie setzten die bisherigen Präsidenten der Industrie- und Handelskammern ab, ersetzten sie durch Nationalsozialisten und implementierten das Führerprinzip. Die Gleichschaltung der Industrie- und Handelskammern verlief vergleichsweise reibungslos, weil sich die Kammern legal durch Änderungen der Handelskammergesetze umgestalten ließen.31 Ein gutes Jahr später, mit der Verordnung über die Börsen-, Hypothekenbank- und Schiffspfandbriefaufsicht vom 28. September 1934, übertrug der Gesetzgeber die Börsenaufsicht von den Ländern auf das Reichswirtschaftsministerium und das Gesetz über den Wertpapierhandel vom 4. Dezember 1934 verfügte schließlich, dass kleinere Börsen geschlossen bzw. mit anderen zusammengelegt wurden. Statt vormals 21 gab es fortan nur noch neun Börsen im Deutschen Reich.32 Mit diesen organisatorischen Maßnahmen integrierte der NS-Staat die Börsen in sein Wirtschaftssystem. Doch anders als die ideologischen Verlautbarungen der NSDAP vor 1933 hatten vermuten lassen, blieb die Börse als Typus bestehen, wenn auch mit eingeschränkter Dispositionsfreiheit und mit politisch definierten Finanzierungsfunktionen. Gleichwohl waren die ideologisch motivierten Eingriffe bei den Börsen gravierend: Sie führten unmittelbar nach der ‚Machtergreifung‘ zur Verdrängung jüdischer Makler und jüdischer Privatbankiers von den Börsen. Da Frankfurt am Main seit jeher ein Zentrum jüdischer Privatbankiers gewesen war, griff die ‚Arisierung‘ tief in tradierte Strukturen und personale Beziehungsmuster ein. 28

Boris Gehlen

Die ‚Arisierung‘ der Börse begann Anfang April 1933 bei der Industrie- und Handelskammer, seinerzeit noch Trägerin der Börse. Den Vorsitz der Kammer übernahm auf politisches Geheiß Carl Lüer, „der überzeugte Nazi mit Sinn für ökonomischen Pragmatismus“33, der in der Inflation als Bankangestellter in der Filiale der Commerz- und Privatbank AG gearbeitet und nach 1924 ein wirtschaftswissenschaftliches Studium absolviert hatte. Er verdankte seinen Aufstieg vor allem politischen Kontakten und rückte während des Nationalsozialismus als Vorstandsmitglied der Dresdner Bank (1938–1941, 1943–1945) und als Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG (1941–1943) in Spitzenpositionen vor. Lüer löste im April 1933 Otto Hauck (1863–1934) ab, den langjährigen IHK-Präsidenten und Inhaber der angesehenen Privatbank Georg Hauck & Sohn. Dieser Personalwechsel hätte paradigmatischer kaum sein können. Nicht nur löste ein politischer Emporkömmling einen der renommiertesten Frankfurter Privatbankiers ab, sondern gegen Otto Hauck war von den Nationalsozialisten auch eingewandt worden, dass er in der NSRassendiktion als Halbjude galt, da seine Mutter, Anna Hauck, als geborene Reiss einer der traditionsreichen jüdischen Familien Frankfurts entstammte.34 Frankfurt war als Finanzplatz ohne die jüdischen Privatbankiers kaum denkbar. Er wurde aber nun von Nationalsozialisten so gedacht. Das wichtigste Ziel ihrer Personalpolitik war eine ‚Arisierung‘ wirtschaftlicher Leitungsgremien. Das betraf nicht nur die Industrie- und Handelskammern, sondern auch Vorstände und Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften sowie die Börsenorgane. In der antikapitalistischen Rhetorik der NSDAP hatten die Börsen, die Stereotypen aus dem Kaiserreich aufgreifend, stets als Feindbild gedient und galten nicht zuletzt wegen des hohen Anteils jüdischer Börsenhändler als Organisationen internationaler Spekulanten, die es gemäß Parteilogik zu bekämpfen oder gar zu beseitigen galt. Mit der ‚Machtergreifung‘ im Januar 1933 waren zwar viele der ideologischen ökonomischen Ziele des Nationalsozialismus hinfällig, weil nur die Fortexistenz kapitalistischer Institutionen eine rasche Aufrüstung ermöglichen konnte, aber ihre antisemitische Ideologie gaben die Nationalsozialisten nicht auf.35 Wie an anderen Plätzen auch war die Diskrepanz zwischen den offiziösen Meldungen, die zurückgetretenen Mitglieder von Industrie- und Handelskammern und Börsenvorstand hätten sich freiwillig, gleichsam aufgrund höherer Einsicht, von ihren Posten zurückzogen, und der tatsächlichen Rigorosität, mit der die Nationalsozialisten die Säuberungen vorantrieben, offenkundig. In Frankfurt erhielt die Ablösung von Otto Hauck noch eine besondere Note, denn nur wenige Tage, nachdem Carl Lüer ihn an der Spitze der Industrie- und Handelskammer ersetzt hatte, feierte Otto Hauck seinen 70. Geburtstag, zu dem ihm Lüer, der zwar überzeugter Nationalsozialist, aber kein überzeugter Rassist war, noch die Goldenen Medaille der IHK verlieh.36 In einem ursprünglichen Redeentwurf würdigte Lüer seinen Vorgänger umfassend, hielt schließlich aber doch eine weit nüchternere Rede.37

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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Gerade in dieser Widersprüchlichkeit offenbarte sich die offizielle Leitlinie, Akteure, die nach nationalsozialistischer Rassendoktrin als Juden galten, trotz ihrer Verdienste aus den offiziellen Funktionen auszuschalten. Dieser Prozess verlief bei der IHK und den Börsenorganen zumindest formal reibungslos. Lüer setzte mit einer seiner ersten Amtshandlungen Franz Josef Schwarz, einen Prokuristen der Dresdner Bank, als Beauftragten für die Wertpapierbörse ein. Schwarz hatte in Berlin und Frankfurt Börsenerfahrung gesammelt, war aber nicht zu führenden Börsenhändlern zu zählen. Seine vorrangige Aufgabe war es, die Börsengremien im nationalsozialistischen Sinne neu zu besetzen. Schwarz beurlaubte sämtliche Mitglieder von Börsenvorstand und Maklerkammer am 3. April 1933 mit sofortiger Wirkung und setzte kommissarisch einen Beirat ein. Dieser bestand aus Karl Ernst Sippell (Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft), Hans Heinrich Hauck (Frankfurter Bank), Ernst Pook und Fritz Neumark (beides Kursmakler) und zwei Angestelltenvertretern: Rudolf Strobel (Prokurist bei der DeDi-Bank) und Gustav Eberle (Commerzbank).38 Zunächst waren keine Privatbankiers mehr in der Börsenleitung vorhanden, mithin gab es keine Vertreter jener Berufsgruppe mehr, die die Börse bis dahin bald 350 Jahre geprägt hatte. Allerdings berief Schwarz wenige Tage später mit Moritz Freiherr von Bethmann und Clemens Harlacher zwei Privatbankiers in den Beirat, die bereits zuvor dem Börsenvorstand angehört hatten.39 Der Eingriff in die Börsenorgane richtete sich nicht gegen Privatbanken als solche, sondern gegen die jüdischen Privatbankiers sowie gegen jüdische Kursmakler. Die neuen Machthaber begründeten diese Maßnahmen ebenso wie die spätere Verkleinerung der Börsengremien mit der Notwendigkeit, die bestehenden – und offenkundigen – Missstände an den Börsen zu beseitigen. Das gesunkene Geschäftsvolumen an den Börsen hatte bis dahin kaum Folgen für die Börsenorganisation gehabt, sodass tatsächlich mit gewisser Berechtigung von einer ‚Übersetzung‘ der Börse gesprochen werden konnte. Besonders kleine Privatbanken sowie die 52 Kursmakler, nur fünf weniger als 1911 (vgl. Abbildung 2), kämpften bereits weit vor 1933 deshalb mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten.40 Die Frankfurter Börse versuchte seinerzeit mit tradierten Mitteln, d. h. auf dem Wege der Selbsthilfe, die Probleme zu beheben. 1928 schlossen die freien Makler und die Kursmakler beispielsweise einen Vertrag, der bezweckte, sämtliche Börsenumsätze (wieder) in die Kursbildung einzubeziehen, d. h. die freien Makler sollten nicht mehr, wie bis dahin häufig, Geschäfte abwickeln, ohne die Kursmakler einzubeziehen. Der Vertrag regelte letztlich Selbstverständlichkeiten und verdeutlicht gerade deshalb, dass die Prozesse an der Frankfurter Börse defizitär waren. Die freien Makler hatten zuvor nicht selten die Usancen missachtet, indem sie Preisnachlässe bei Aufträgen gewährt, Orders von Akteuren ausgeführt hatten, die nicht an der Börse zugelassen waren, und Umsätze nicht den Kursmaklern gemeldet hatten. Die Frankfurter Börse hatte mithin als Organisation ihre Integrationskraft verloren und dadurch wiederum an Funktionsfähigkeit eingebüßt. 30

Boris Gehlen

Freilich lag dies weniger an institutionellen Defiziten als vielmehr an den ökonomischen Bedingungen, die angesichts des verringerten Handelsvolumens an den Börsen Anreize für (freie) Makler setzten, die Börsenregeln zu umgehen, um überhaupt Transaktionen durchführen zu können. Der Frankfurter Börse gelang es in den 1920er-Jahren nicht, dieses Fehlverhalten wirksam zu sanktionieren, und auch der Vertrag von 1928 war nicht geeignet, die Missstände zu beheben, da ein Teil der freien Makler ihm von vorneherein nicht beigetreten war.41 Die Frankfurter Börse stand mit diesem Problem keineswegs alleine da, doch die wiederholten Versuche, politisch gegenzusteuern, scheiterten in den 1920er-Jahren. Die Interessengegensätze gingen dabei weit über das Verhältnis von Kurs- und freien Maklern hinaus. Sie berührten vielmehr die Frage des Verhältnisses zwischen (Groß-)Banken, die häufig als Auftraggeber der (günstigeren) Makler fungierten, und den Börsen.42 Der Konflikt wurde nicht offen ausgetragen, war aber offenkundiges Symptom des Strukturwandels in den (deutschen) Finanzmärkten. Die Frankfurter Börse reagierte im Verbund mit der IHK auf diesen Strukturwandel 1931 schließlich mit der Einrichtung eines Maklerfonds, der aus Spenden der Börsenbesucher gespeist und vom Bankhaus Georg Hauck & Sohn verwaltet wurde.43 Er bezweckte, Kursmaklern, die freiwillig die Börse verließen, den Eintritt in den Ruhestand bzw. ihre berufliche Neuorientierung durch temporäre oder dauerhafte Unterstützungszahlungen zu erleichtern.44 Angesichts der dramatischen Wirtschaftskrise und der allgemein ungewissen Zukunftsaussichten zu Beginn der 1930er-Jahre blieb dieses Anreizsystem allerdings ohne Wirkung.45 Nach der Machtübernahme 1933 erfolgte die – sachlich gebotene – Marktbereinigung auf politischem Wege: „Die in ihrer Eignung und nach ihrem Alter für das Effektengeschäft nicht mehr in Frage kommenden Personen sind nun zum größten Teil in den Ruhestand getreten, zum anderen Teil ausgesondert worden.“46 Unstrittige Fakten – besonders die Überalterung der Kursmakler, von denen knapp 60 Prozent über 50, ein knappes Viertel über 60 und knapp 12 Prozent über 70 Jahre alt waren – boten freilich nur den Vorwand, um eine personelle Säuberung auch in rassischer Hinsicht durchzuführen. Altersgründe waren auch an anderen Stellen, etwa bei der Deutschen Bank, ein vorgeschobenes Argument, um die personellen Änderungen, konkret hieß das: die Verdrängung von Juden, zu legitimieren.47 Wie die Presse berichtete, wurden an der Frankfurter Börse im April 1933 25 jüdische Kursmakler, d. h. etwa die Hälfte aller Kursmakler, suspendiert, zugleich allerdings 18 ‚arische‘ neu vereidigt.48 Die jüdischen Kursmakler gingen in den Ruhestand oder suchten sich, wenn möglich, neue Betätigungsmöglichkeiten. An der Börse aber war für sie dauerhaft kein Platz mehr; dies machte als Vertreter des Preußischen Wirtschaftsministeriums auch der Staatskommissar bei der Berliner Börse, Otto Schniewind,49 Anfang 1933 nochmals deutlich. Die zaghafte Anfrage der Frankfurter Börse, ob angesichts des sich belebenden Geschäfts womöglich neue Kursmakler bestellt werden dürften, beschied er nicht nur abschlägig, sondern verwies darauf, dass sich im Zuge der anstehenden BörsenEntwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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neuordnung „noch einmal eine Gelegenheit biete […], noch einige Kursmakler zu entlassen – nicht etwa, weil sie nicht arischer Abstammung, sondern weil sie ‚ungeeignet‘ seien.“ Damit erhielt die Frankfurter Börse gleich noch eine Sprachregelung für die Entlassung jüdischer Kursmakler an die Hand. Neue Kursmakler sollten nur noch bestellt werden dürfen, wenn sie klare Kriterien (mindestens fünfjährige Banktätigkeit, Börsenerfahrung) erfüllten. „Daß man bewährten Kämpfern der NSDAP dabei den Vorzug gäbe, sei wohl selbstverständlich.“50 Lediglich elf jüdische Kursmakler, die im Ersten Weltkrieg gedient hatten, beließ der NS-Staat noch bis Ende 1935 in ihrer Funktion, ehe auch sie aus dem Amt scheiden mussten.51 Der Handlungsspielraum der Börsen war bei der Gleichschaltung des Maklerwesens offenkundig begrenzt. Zudem gab die neu zusammengesetzte Kursmaklerschaft schon bald Anlass zur Kritik. Im Juli 1935 sah sich der Frankfurter Börsenvorstand veranlasst, die Kursmakler an ihre Pflichten zu erinnern, nachdem es wiederholt zu Unregelmäßigkeiten und Manipulationen bei der Kursbildung gekommen war.52 Zwar war die Anzahl der Kursmakler bereits seit den 1890er-Jahren tendenziell rückläufig, aber sie sank seit 1933 und nochmals nach 1935 weit rascher als zuvor (vgl. Abbildung 2) auf nur noch 21 1942. Zwischenzeitlich war die Position der Kursmakler innerhalb der Börsen durch eine Verordnung vom März 1934 sogar gestärkt worden, da sie, und nicht mehr der Börsenvorstand, fortan für die Kursfeststellung verantwortlich waren.53 Trotz des Rückgangs war Frankfurt gemessen an der Anzahl der Kursmakler 1935 die zweitgrößte Börse im Deutschen Reich. Nur in Berlin (75) waren mehr Kursmakler angestellt als in Frankfurt (42). In Hamburg (22), München und Leipzig (je 10), Düsseldorf (8), Breslau (6), Stuttgart und Hannover (je 3) war deren Anzahl teils deutlich geringer.54 Trotz der Gleichschaltung des Maklerwesens und trotz eines begrenzten Handlungsspielraums, versuchte die Frankfurter Börse, die sozialen Folgen der rassistischen Ausgrenzung abzumildern. Börsen waren nie ausschließlich Märkte, sondern stets auch soziale Organisationen. Sie schrieben sich selbst zu, den höchsten Ansprüchen an Ehre und Moral zu genügen, und stilisierten sich nicht selten zur kaufmännischen Elite schlechthin.55 Zu einem gewissen Grade bemühte sich die Börse, ihren moralischen Anspruch auch einzulösen, als sie sich im Rahmen des Möglichen mit den suspendierten jüdischen Kursmaklern solidarisierte und den vorhandenen Maklerfonds für Unterstützungszahlungen nutzte. Zwischen 1933 und 1936 erhielten 25 meist jüdische Kursmakler einmalige Abfindungen zwischen 1.000 und 4.000 Reichsmark, weitere 17 ehemalige Kursmakler jährliche Zahlungen zwischen 300 und 1.500 Reichsmark. Insgesamt wendete der Fonds zwischen 1933 und 1936 65.982,89 Reichsmark für einmalige und 119.497,89 Reichsmark für jährliche Zahlungen auf, für letztgenannte 1937 nochmals 7.595 Reichsmark. Damit summierten sich die Unterstützungszahlungen auf 193.075,78 Reichsmark.56 Sie kamen überwiegend, aber nicht ausschließlich jüdischen Maklern zu. 1936 erhielten noch 18 meist betagte Makler Unterstützungszahlungen, davon elf ehemalige Kurs- sowie sieben freie Makler. In einem Einzelfall erhielt die Familie eines emigrierten jüdischen Maklers 32

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100

80

80 69 68 70

60

72 66 66 66

67

60

61 55

57 52 43 43 42

40 28 28 27 21

20

11

0

1896 1898 1900 1902 1904 1906 1908 1910 1912 1914 1916 1918 1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938 1940 1942

Abbildung 2: Anzahl der Kursmakler an der Frankfurter Börse 1896 bis 1943 Quelle: Eigene Zusammenstellung nach: Börsenbesucher, HWA 115/5077; Statistik der Börsenbesucher nach dem Stand vom 1. Januar 1939, HWA 115/5077; Statistik der Börsenbesucher nach dem Stand vom 1. Januar 1938, HWA 115/5077; ‚Umschaltung an der Frankfurter Börse‘, in: Frankfurter Zeitung Nr. 252 vom 4. April 1933, 1932 nach Kölnische Zeitung vom 4. Juni 1933; Börse an Reichswirtschaftsministerium, 4. März 1943, HWA 115/5112 Frankfurter BörsenHandbuch 1941/42, S. 8 f.; Wormser, Börse, S. 98, 232; Achterberg, Fünf Jahrzehnte, S. 22.

Unterstützung, auch sonstige Sondervereinbarungen waren möglich. Ende 1934 verfügte der Fonds noch über ein Vermögen von etwa 100.000 Reichsmark, das bis 1937 auf etwa 45.000 Reichsmark zusammenschmolz.57 Weil es sich beim Maklerfonds um eine berufsständische Unterstützung auf freiwilliger Basis, allerdings auch ohne Rechtsanspruch, handelte, konnte die Frankfurter Börse einige Härten der beruflichen Ausgrenzung zumindest finanziell mildern. Dies war vor allem bei älteren Maklern, die 1933 zwangsweise abgesetzt worden waren, der Fall. Als aber beispielswiese 1936 Siegfried Rosenberger als freier Makler ausschied, verwehrte ihm der Maklerfonds eine Abfindung und ließ sich nur darauf ein, einem durch den Rückzug Rosenbergers ebenfalls ausgeschiedenen Angestellten des Maklers eine Übergangszahlung zu gewähren, bis dieser sich selbst als freier Makler bei der Börse bewerben konnte.58 Schließlich kürzte der Makler-Fonds 1935 auch Zahlungen an vier jüdische Kursmakler von 125 auf 100 Reichsmark monatlich.59 Die Solidarität mit den jüdischen (ehemaligen) Standesgenossen nahm folglich über die Zeit ab und bestätigt die historiografischen Befunde einer zunehmenden NormaEntwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

33

lisierung rassistischer Ausgrenzung. Die Geschichte des Makler-Fonds seit 1936/37 ist mit den vorliegenden Quellen nicht mehr zu rekonstruieren. Nachträgliche Vermerke verweisen darauf, dass seine Mittel vollständig für Unterstützungszahlungen verwendet worden seien „und zwar fast ausschließlich zu Gunsten jüdischer Makler.“60 Freilich bricht die Überlieferung zu dem Zeitpunkt ab, an dem mit Hans Trumpler der zum Syndikus degradierte ehemalige Hauptgeschäftsführer der IHK Frankfurt 1937 zwangspensioniert wurde. Trumpler hatte sich geweigert, sich von seiner jüdischen Ehefrau zu trennen, und war als Vertreter des liberalen Wirtschaftsbürgertums ohnehin bei den Nationalsozialisten nicht gut gelitten. Seine liberalen Wertvorstellungen und sein offenkundiger Widerstand gegen die antisemitische NS-Politik lassen Dieter Rebentischs Vermutung, Trumpler habe sich maßgeblich für die Unterstützung jüdischer Makler stark gemacht, plausibel erscheinen.61 Als sein Einfluss in der IHK schwand, verschoben sich offenbar auch die (ethischen) Maßstäbe, wenn auch gelegentlich noch an das Schicksal jüdischer Firmen erinnert wurde. So nutzte Börsenpräsident Bethmann den jährlichen Börsenbericht in der Rhein-Mainischen Wirtschaftszeitung 1938, um darauf hinzuweisen, dass nicht-arische Banken liquidiert worden seien, wodurch sich der Börsenbesuch aber nur „unwesentlich“ verringert habe.62 Sachlich war der Hinweis mithin verzichtbar, aber er war eine Möglichkeit, den Traditionsbruch, der mit der ‚Arisierung‘ einhergegangen war, zumindest sichtbar zu machen. Dies sprach ebenso wie der Maklerfonds für eine durchaus persistente, wenngleich auch zunehmend hilflose Standessolidarität über 1933 hinaus. Sie war allerdings nicht von ungefähr nur in Nischen und auf freiwilliger privater Basis noch erkennbar. Denn dort, wo der NS-Staat ein unmittelbares Interesse an einer personellen Neubesetzung hatte, setzte er es auch kompromisslos durch. Dies betraf vor allem die Börsenorgane. Mit der ‚Wahl‘ zum neuen Börsenvorstand am 11. Mai 193363 wurden die Privatbankiers Otto Hauck, Moritz Feibel (Bankhaus Cahn & Co.), Paul Strasburger (Strasburger & Co.), Leopold Merzbach (Bankhaus A. Merzbach), Theodor H. Schlesinger (Fa. Franz Straus Sohn), der langjährige Börsenpräsident Oskar Franklin Oppenheimer (Lincoln Menny Oppenheimer) sowie Emil Oettinger, Leo Rosenberger, Rudolf Mayer und Siegmund Rau als Vertreter jüdischer Firmen aus dem (verkleinerten) Börsenvorstand gedrängt. Die Frankfurter Börse versuchte zunächst noch, die jüdischen Privatbankiers über Umwege weiterhin einzubinden und ließ sie beispielsweise über (‚arische‘) Vertreter, sofern diese Prokura besaßen, weiterhin in Sachausschüssen mitwirken,64 doch verzögerte sie damit allenfalls die vollständige Verdrängung von Juden aus der Börse. Dies betraf nicht nur die Privatbankiers, sondern 1933 waren auch der Vorsitzende der Maklerkammer, Adolf Blum, sowie die beiden jüdischen Vertreter der Großbanken, Albert Katzenellenbogen, Aufsichtsratsmitglied der Commerzbank, und Eduard Rothschild, Direktor der Frankfurter Filiale der Deutschen Bank, unfreiwillig aus dem Börsenvorstand ausgeschieden. (vgl. Tabelle 1 Börsenvorstand) 34

Boris Gehlen

Tabelle 1: Börsenvorstand

1932

1933

1934

1935

1936

1941/1942

Kreditinstitut

Vertreter von Banken Walter Melber (1864–1938)

Adolf Melber

Adolf Melber

Adolf Melber

Adolf Melber

Otto Hauck (1863–1934) Eduard Rothschild

Karl Ernst Sippell

Moritz von Albert von Metzler Metzler (1869–1935) (1898–1989)

J. Ph. Keßler Adolf Melber

Hauck & Söhne (seit 1938)

Friedrich Herbst

Friedrich Herbst

Friedrich Herbst

Robert Frowein

Deutsche Bank (Filiale Frankfurt)

Albert von Metzler

Albert von Metzler

Albert von Metzler

Albert von Metzler

B. Metzler & Sohn Co.

Max von Grunelius

Max von Grunelius

Max von Grunelius

Max von Grunelius

Max von Grunelius

Max von Grunelius (2. Stellv. Vs.)

Grunelius & Co.

Ludwig Deutsch

Ludwig Deutsch

Ludwig Deutsch

Ludwig Deutsch

Hanns Deuss

Hanns Deuss

Dresdner Bank (Filiale Frankfurt)

Albert Katzenellenbogen (1863– 1942?)

Hermann Schilling

Gustav Eberle

Gustav Eberle

Gustav Eberle

Gustav Eberle

Gustav Eberle

Gustav Eberle

Moritz Frei- Moritz Frei- Moritz Frei- Moritz Frei- Moritz Frei- Moritz Freiherr von herr von herr von herr von herr von herr von Bethmann Bethmann Bethmann Bethmann Bethmann Bethmann

Theodor H. Schlesinger

Commerzbank (Filiale Frankfurt) Ernst Wertheimer & Co. (bis 1933/34) Gebr. Bethmann

Hans Heinrich Hauck

Hans Heinrich Hauck

Hans Heinrich Hauck

Hans Heinrich Hauck

Hans Heinrich Hauck

Frankfurter Bank

Wilhelm Avieny

Wilhelm Avieny

Wilhelm Avieny

Wilhelm Avieny

H. Schäfer

Nassauische Landesbank Fa. Franz Straus Sohn

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

35

Tabelle 1: Börsenvorstand (Fortsetzung)

1932

1933

1934

1935

1936

1941/1942

Oscar Franklin Oppenheimer (Vs.)

Lincoln Menny Oppenheimer

Moritz Feibel (1869– 1944),

Bankhaus Cahn & Co

Leopold Merzbach (1870-??)

Bankhaus A. Merzbach

Paul Strasburger

Paul Strasburger & Co

Emil Oettinger (1873–1956)

Privatbankier

Clemens Harlacher

Clemens Harlacher

Clemens Harlacher Fritz Pook

Cl. Harlacher Fritz Pook

Fritz Pook

Josef Kleinherne

Josef Kleinherne

Fritz Pook

Hans von Schlebrügge

Boris Gehlen

Gebr. Sulzbach Koch, Lauteren & Co. Deutsche ZentralGenossenschaftskasse

Walther Kählitz

36

Kreditinstitut

k.A.

Wilhelm Rohn

Direktor der Dresdner Bank Filiale Mannheim

Johannes Perdelwitz

Vorstand der Rheinischen Hypothekenbank in Mannheim

Tabelle 1: Börsenvorstand (Fortsetzung)

1932

1933

1934

1935

1936

1941/1942

Kreditinstitut

Kursmakler, Angestellten-, Sparervertreter, unbekannt Leo Rosenberger Rudolf Mayer Siegmund Rau Adolf Blum (Vorsitzender Maklerkammer)

Ernst Pook (Präsident der Maklerkammer)

Ernst Pook

Ernst Pook

Fritz Neuroth

Fritz Neuroth

Kursmakler

Rudolf Strobel

Rudolf Strobel

Angestellter Deutsche Bank und DiscontoGesellschaft

Franz J. Schwarz

Franz J. Schwarz

Rudolf Strobel

Rudolf Strobel

Kursmakler

Angestellter Dresdner Bank Adolf Zeyer

Adolf Zeyer

Adolf Zeyer

Prokurist Cüppers & Co.

Walther Auth

Prokurist Deutsche Effecten- und Wechselbank

Walter Kirchner

Syndikus

Bernhard Sämann

(Vertrauensmann der Reichsgruppe freie Kursmakler)

Paul Stahl

Paul Stahl

Paul Stahl

Kursmakler

Erich Schultz

Erich Schultz

Erich Schultz

Kursmakler

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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Tabelle 1: Börsenvorstand (Fortsetzung)

1932

1933

1934

1935

1936

1941/1942

Kreditinstitut

Dr. Ed. von Nicolai Dr. Karl Keck

Mit Clemens Harlacher (Cl. Harlacher), Ludwig Deutsch (Direktor der Dresdner Bank, Filiale Frankfurt), Max von Grunelius (Grunelius & Co.), Moritz Freiherr von Bethmann (Gebr. Bethmann) und Gustav Eberle (Mitteldeutsche Creditbank/Commerzbank) gehörten 1933 nur noch fünf Personen dem Börsenvorstand an, die bereits ein Jahr zuvor in diesem Gremium vertreten gewesen waren. Der Vorstand der Wertpapierbörse war auf 15 bis 17 (statt vormals 20) Personen verkleinert worden, wovon zwei Personen Makler, eine die Sparer – eine Neuerung – und drei die Angestellten vertraten.65 Während formal vor 1933/34 bis zu 15 Bankdirektoren und Privatbankiers im obersten Gremium der Wertpapierbörse vertreten sein konnten, bei weiter Auslegung der Börsenordnung sogar noch mehr, waren es seitdem nur noch neun bis elf. Tatsächlich waren 1932 16 und 1934 elf Bankenvertreter im Börsenvorstand, darunter zwölf bzw. fünf Privatbankiers. Damit ging der Anteil von Privatbankiers an allen Bankenvertretern im Börsenvorstand von 75 auf 45 Prozent zurück.66 1935 schied Clemens Harlacher aus dem Vorstand aus. Sein Mandat übernahm Josef Kleinherne vom Bankhaus Koch, Lauteren & Co. Seit 1941/42 saß für dieses Bankhaus dann Dr. Fritz Pook im Börsenvorstand, dem er allerdings bereits seit 1934 angehörte. Der Sohn eines Kursmaklers (vermutlich Ernst Pook) war bereits seit seinem zwanzigsten Lebensjahr Mitglied der Börse, studierte parallel an der Universität Frankfurt und war als Kursmakler Anfang der 1930er-Jahre offenbar Mitarbeiter, aber, soweit ersichtlich, kein Mitinhaber des jüdischen Bankhauses Gebr. Sulzbach, ehe er Ende der 1930er-, Anfang der 1940er-Jahre Geschäftsinhaber von Koch, Lauteren & Co. wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb er der Frankfurter Börse als stellvertretender Vorsitzender des Börsenvorstands, Vorsitzender des Börsenschiedsgerichts und Leiter der Studienkommission für den Terminhandel aufs Engste verbunden.67 Sein früherer Arbeitgeber, Gebr. Sulzbach, war 1937 durch den nicht-jüdischen Geschäftsinhaber Heinrich Kirchholtes gleichsam innerfamiliär ‚arisiert‘ wurde. Kirchholtes war nach seiner Einheirat in die Familie seit 1919 Geschäftsinhaber bei Gebr. Sulzbach geworden und führte die Bank seit 1937 im Sinne und mit Zustimmung der Gründerfamilie allein, ab 1938 unter der Firma Kirchholtes & Co.68 Kirchholtes selbst war ebenfalls an der Börse aktiv, bekleidete aber, ähnlich wie Otto Haucks Sohn Alexander, nur nachgeordnete Positionen. So waren beide z. B. 1935 stellvertretende Mitglieder des Schiedsgerichts.69 38

Boris Gehlen

Die Reorganisation der Börse 1933 war vor allem personell ein drastischer Einschnitt, der nur zum Teil dadurch aufgefangen wurde, dass die institutionelle Kontinuität höher war: Die beiden Privatbankhäuser J. Ph. Keßler und B. Metzler seel. Sohn & Co. waren 1933 erstmals durch die Juniorchefs Adolf Melber und Albert von Metzler vertreten; bis dahin hatten ihre Väter, Walter Melber und Moritz von Metzler, die Mandate wahrgenommen. Die Deutsche Bank war auch weiterhin ebenso mit ihrem Frankfurter Filialdirektor, Karl Ernst Sippell, im Börsenvorstand vertreten wie die Commerzbank (Hermann Schilling). Sie übernahmen die Posten von Rothschild und Katzenellenbogen. Beide blieben aber nur kurz im Gremium, denn die ‚Arisierung‘ im Finanzwesen führte auch bei den Großbanken zu Umstrukturierungen. Dies wird anhand der Karriere von Karl Ernst Sippell besonders deutlich: Er stammte ursprünglich aus der DiscontoGesellschaft, war im Zuge der Fusion mit der Deutschen Bank 1929 als stellvertretendes Mitglied in den Vorstand des vergrößerten Kreditinstituts berufen worden und leitete seitdem dessen Frankfurter Filiale. Als sich die Deutsche Bank im April 1933 veranlasst sah, die jüdischen Mitglieder ihres Vorstands von ihren Funktionen zu entbinden, rückte Sippell in der Hierarchie auf und wechselte als Personalvorstand in die Zentrale nach Berlin. Deshalb trat er am 18. Oktober 1933 wieder aus dem Frankfurter Börsenvorstand aus.70 Er war kein Mitglied der NSDAP, der er – wie die Deutsche Bank insgesamt – sehr reserviert gegenübertrat.71 Wie Sippell blieb auch Hermann Schilling nicht lange im Frankfurter Börsenvorstand. Er wechselte im Oktober 1933 zur Preußischen Staatsbank (Seehandlung).72 Schillings Mandat übernahm Gustav Eberle, der als Vertreter von Ernst Wertheimer & Co. bereits im Börsenvorstand saß und (offensichtlich) 1934 zur Commerzbank wechselte.73 Für Sippell wurde der ehemalige Kölner und neue Frankfurter Filialdirektor der Deutschen Bank, Friedrich Ernst, in den Börsenvorstand berufen. Er trat 1938 in den Ruhestand, gehörte danach aber noch dem Frankfurt-Hessischen Beirat der Deutschen Bank an.74 Sein Nachfolger in der Frankfurter Filiale und im Börsenvorstand war Robert Frowein, seit 1936 NSDAP-Mitglied. Aufgrund seiner Nähe zu den Nationalsozialisten wurde er 1943 auch in den Vorstand der Deutschen Bank nach Berlin berufen, hielt sich aber die meiste Zeit in Frankfurt auf und blieb daher auch Mitglied des dortigen Börsenvorstands.75 Für die Dresdner Bank saß vor und nach 1933 der Frankfurter Filialdirektor Ludwig Deutsch (1881–1953) im Börsenvorstand, obwohl er nach nationalsozialistischen Kriterien als ‚nicht-arisch‘ galt. Überdies nahm er nach 1933 auch noch 13 Aufsichtsmandate wahr.76 Neue Mandate konnte freilich nur noch sein ‚arischer‘ Direktorenkollege Hanns Deuss übernehmen, der schließlich Ende 1935, Anfang 1936 auch Deutschs Position im Börsenvorstand übernahm. Deutsch schied 1937 bzw. 1938 schließlich aus politischen Gründen aus der Dresdner Bank aus und emigrierte nach den Novemberpogromen 1938 in die Schweiz.77

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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Neu im Börsenvorstand waren seit 1933 Franz Josef Schwarz, die beiden Kursmakler Ernst Pook und Fritz Neuroth, Wilhelm Avieny und Hans Heinrich Hauck. Schwarz verdankte seine Berufung seinem politischen Auftrag, die Börse zu restrukturieren. Er schied bereits 1934 wieder aus dem Börsenvorstand aus, nachdem er als Treuhänder der Arbeit für Hessen eine andere Funktion im Rahmen des nationalsozialistischen Gleichschaltungspolitik übernommen hatte.78 Wilhelm Avieny, NSDAP-Mitglied seit 1931, war ebenfalls politischer Karrierist und derart bereits zum Generaldirektor der Nassauischen Landesbank aufgestiegen. Als Vertreter eines öffentlichen Kreditinstituts verkörperte er gleichsam auch die Neuausrichtung der NS-Kapitalmarktpolitik hin zu öffentlichen Anleihen.79 Die kreditwirtschaftliche Spezifik spielte offensichtlich bei der Berufung von Hans Heinrich Hauck, dem langjährigen Vorstand der Frankfurter Bank, in den Börsenvorstand die maßgebliche Rolle. Die ehemalige Notenbank hatte sich seit dem Auslaufen ihres Notenprivilegs auf das Depot- und Effektengeschäft verlegt und tätigte, neben anderem, mündelsichere Anlagen; überdies fungierte sie seit 1925 am Finanzplatz Frankfurt als Verrechnungsstelle der Banken im Effektengiroverkehr.80 Auch die Berufung von Walther Kählitz (Frankfurter Filiale der Deutschen Zentral-Genossenschaftskasse) symbolisiert die kreditwirtschaftliche Neuausrichtung im NS-Staat, da die dezentralen Genossenschaftsbanken aus ideologischen Gründen im Nationalsozialismus aufgewertet wurden. Allerdings übte Kählitz sein Mandat nur kurz aus, da die Zentral-Genossenschaftskasse ihre Frankfurter Filiale schloss und Kählitz eine andere Funktion im Genossenschaftswesen außerhalb Frankfurts übernahm.81 Mit der Umwandlung 1933 war die Börse keineswegs durchgängig nazifiziert, aber nahezu vollständig ‚entjudet‘ worden. Neben Schwarz und Avieny gehörten mindestens noch Eberle, Ernst Pook, Max von Grunelius und Adolf Melber der NSDAP82 an – ob aus Überzeugung oder Opportunismus ist im Einzelfall nicht ersichtlich. Franz Josef Schwarz bemühte sich in seiner (kurzen) Amtszeit freilich, den Einfluss der NSDAP auf die Börse zu erhöhen, und plädierte wiederholt dafür, „dass bei der Auswahl [neuer Makler, BG] die alten Kämpfer bevorzugt behandelt würden wie es den Absichten der obersten Stellen entspreche“.83 Doch Börsenexpertise blieb auch nach 1933 maßgeblich für ein Mandat im Vorstand. In personeller Hinsicht war die Ausschaltung von Juden das greif barste Ergebnis der Restrukturierung. Nahezu alle jüdischen Privatbanken waren zwar nicht von der Börse, wohl aber aus den Börsenorganen ausgeschlossen worden. Vor allem für die kleineren Bankgeschäfte bedeutete der Einschnitt von 1933 langfristig die wirtschaftliche und für ihre Inhaber nicht selten auch die physische Existenzvernichtung. Dies war nicht alleine ein Effekt der Börsen-, sondern auch der umfassenden ‚Arisierungspolitik‘ der Nationalsozialisten, aber dennoch war die Verdrängung aus den Börsen ein Element der gesellschaftlichen Ausschaltung von Juden insgesamt. Zwischen 1933 und 1938 wurden im 40

Boris Gehlen

Deutschen Reich knapp 500 jüdische Privatbanken vom Markt verdrängt und entweder ‚arisiert‘ oder (still) liquidiert, etwa die Hälfte davon im Jahr 1938, als Juden jegliche wirtschaftliche Betätigung im Reich faktisch verboten wurde.84 In Frankfurt gab es 1939 gut 60 Bankhäuser und Geschäftsstellen weniger als 1933, bei knapp 50 handelte es sich um jüdische Privatbanken.85 Carl Lüer betrachtete die ‚Arisierung‘ der Privatbanken in Frankfurt skeptisch, da er als IHK-Präsident daran interessiert war, den Finanzplatz nicht über Gebühr zu schwächen.86 Daher dürften ihm ‚Arisierungen‘ wie die von Paul Strasburger & Co. am ehesten zugesagt haben. 1937 übernahm die Deutsche Effecten- und Wechselbank, eine Frankfurter Regionalbank, das Kreditinstitut und war vor allem an dessen Industriekunden interessiert, um das eigene, nach der Bankenkrise schwächelnde Geschäft zu beleben. Während so das Geschäft von Strasburger auch nach der ‚Arisierung‘ fortgeführt wurde, wurden die meisten übrigen Bankhäuser, deren Vertreter 1933 aus dem Börsenverstand ausgeschieden waren, 1938 still liquidiert: A. Merzbach GmbH, Straus & Co., Cahn & Co. und Lincoln Menny Oppenheimer.87 Noch emigrieren konnten Oskar Franklin Oppenheimer (London), Leopold Merzbach (Schweden) und Emil Oettinger (Frankreich/USA), der bis 1939 Vorsitzender der Jüdischen Wohlstandspflege war, – wenn auch unter erheblicher Vermögensschädigung –, wohingegen Moritz Feibel, der Mitinhaber von Cahn & Co., den Holocaust nicht überlebte: Er wurde von den Nationalsozialisten 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und starb dort 1944.88 Während die jüdischen Privatbanken spätestens seit 1938 keine Rolle mehr an der Börse spielten, waren mit Cl. Harlacher bzw. in dessen Nachfolge Koch, Lauteren & Co., Grunelius & Co, Gebr. Bethmann, B. Metzler seel. Sohn & Co., J. Ph. Keßler, und, wenn auch über den Umweg ‚Keßler‘, Hauck & Söhne, fünf bzw. sechs Privatbanken auch während der NS-Zeit prominent in den Börsengremien vertreten. Sie hatten sich auf unterschiedliche Art und Weise mit dem NS-Regime arrangiert. Moritz Freiherr von Bethmann fungierte z. B. frühzeitig als Vertrauensmann der Fachgruppe Privatbanken, einer gleichgeschalteten Interessenorganisation. Für solche Posten kamen nur Personen infrage, die das Regime für politisch zuverlässig hielt. Überzeugter Nationalsozialist musste man freilich nicht sein, wohl aber das Spiel auch nach den neuen Regeln mitspielen. Bethmann tat dies und konnte auch nur deshalb während der NS-Zeit Frankfurter Börsenpräsident sein. Max von Grunelius trat in die NSDAP ein und versuchte schließlich auch, jüdische Privatbanken zu ‚arisieren‘. Als ihm dies nicht gelang, führte er dies auf den fehlenden Willen der jüdischen Inhaber zurück, mit ihm, dem NSDAP-Mitglied, überhaupt zu verhandeln. Hingegen handelten die Frankfurter Bankhäuser Bass & Herz, J. Dreyfus & Co. und Jacob S. H. Stern mit B. Metzler seel. Sohn & Co. ‚Arisierungsverträge‘ aus, die unter den gegebenen Bedingungen, d. h. der politisch erzwungenen Geschäftsaufgabe, durchaus als fair zu bezeichnen waren. Das Bankhaus Metzler profitierte zwar von der Übernahme der Konkurrentinnen und ihrer Kunden, berücksichtigte aber Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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zugleich die Interessen der ehemaligen Eigner – wie es der guten kaufmännischen Praxis entsprach, der sich die Frankfurter Privatbankiers gemeinhin verpflichtet fühlen.89 Sie spielte auch eine Rolle beim Bankhaus Hauck & Söhne. Nachdem Otto Hauck als ‚jüdisch Versippter‘ galt und seine Posten bei der IHK und im Börsenvorstand aufgeben musste, hatte das seitdem von Alexander Hauck geleitete Bankhaus während der NSZeit mit zusätzlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sie konnten erst durch die Übernahme der Privatbank J. Ph. Keßler gemildert werden. Deren Geschäftsinhaber Adolf Melber, ein langjähriges Mitglied des Börsenvorstands und ein Schulfreund Alexander Haucks, trat 1938 als persönlich haftender Gesellschafter bei Hauck & Söhne ein, repräsentierte die Bank nach außen und sicherte so das wirtschaftliche Überleben.90 Die Zeit des Nationalsozialismus war zweifelsohne eine Zäsur für die Privatbanken in Deutschland. Politisch beendete sie, bis auf wenige Ausnahmen, die jahrhundertealte Tradition des jüdischen Bankwesens; wirtschaftlich beschleunigte sie den Strukturwandel und die Konzentration im privaten Bankwesen. Die Börsen verloren damit in langfristiger Perspektive wichtige Stützen ihrer Tätigkeit, denn in Berlin, Hamburg und in Frankfurt sowie an den übrigen Börsenplätzen waren es vor allem die Privatbankiers gewesen, die durch ihre eigene Geschäftstätigkeit und durch ihr Engagement in den Börsengremien die organisierten Märkte mitgestaltet hatten.

IV. „Die Frankfurter Börse ist keine Provinzbörse!“ Selbstbehauptungsstrategien unter erschwerten Rahmenbedingungen Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der 1920er-Jahre verschärften auch den Wettbewerb der deutschen Börsen untereinander. Bei aller (internationalen) Bedeutung der Berliner und auch der Frankfurter Börse darf nicht übersehen werden, dass sich im Deutschen Reich grundsätzlich eine dezentrale Börsenlandschaft herausgebildet hatte, was am ehesten durch einen ‚Home Bias‘ erklärt werden kann, d. h. die Tendenz, insbesondere regionale Unternehmen oder Gebietskörperschaften zu finanzieren bzw. finanzieren zu wollen. Im Gegenzug schätzten auch die regionalen Unternehmen das Dienstleistungsangebot der nahen Börsen, weil die (personelle) Nähe half, Transaktions- und Informationskosten gering zu halten.91 In der Regel ging mit diesem System eine auskömmliche Arbeitsteilung einher, die die größten Unternehmen an den kapitalkräftigsten Platz (Berlin) verwies, selbst wenn sie auch an einer kleineren, standortnahen Börse notiert waren. Kleinere Aktiengesellschaften finanzierten sich hingegen, teils aus regulatorischen Gründen, primär an solchen Provinzbörsen. Beispielsweise hatte der Gesetzgeber an den größeren Börsen wie Berlin oder Frankfurt Mindestbeträge für Aktienemissionen eingeführt und damit faktisch kleinere Unternehmen vom Marktzugang ausgeschlossen. Infolge der krisenbedingten 42

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Marktschrumpfung und gestiegener Selbstfinanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen erodierte dieses System seit den 1920er-Jahren und die kleineren Börsen gerieten in Schwierigkeiten. Sie versuchten daher, mithilfe teils fragwürdiger Maßnahmen wie der Lockerung von Zulassungsbedingungen den örtlichen Handel zu beleben. Die größeren Börsen wählten den entgegengesetzten Weg und suchten die Publikationsstandards sogar zu verschärfen.92 Dies deutet bereits an, dass die schwelenden Konflikte zwischen den Börsen kaum einvernehmlich gelöst werden konnten. Die Frankfurter Börse war zu bedeutend, um selbst unter Existenzdruck zu geraten. Sie erkannte aber die Probleme, die sich aus dem verschärften Wettbewerb ergaben, und positionierte sich 1933 für die anstehenden politischen Diskussionen. In Person von Hans Trumpler, Syndikus der IHK Frankfurt und der NS-Ideologie vollkommen unverdächtig, erkannte sie „eine gewisse Überorganisation auf dem Gebiete der Wertpapierbörsen“ und hielt es daher grundsätzlich für ratsam, die Anzahl der Börsen im Reich zu reduzieren. Um die eigene Stellung fürchtete sie natürlich nicht und brachte dafür substanzielle Argumente vor: Ihre Position im internationalen Kapitalverkehr – in Frankfurt wurden mehr ausländische Papiere gehandelt als in Berlin –, die Kapitalkraft des Finanzplatzes Frankfurts und seines Hinterlands, die nicht zuletzt aus der Reputation Frankfurter Privatbanken resultierte, sowie die Korrektivfunktion für den Berliner Handel, insbesondere die kursstabilisierende Wirkung der Arbitrage. Daraus folgerte die Börse aus guten Gründen: „Die Frankfurter Börse ist keine Provinzbörse.“93 Parallel arbeiteten auch die Regierung und die ‚echten‘ Provinzbörsen auf eine Lösung der strukturellen Börsenproblematik – ‚Übersetzung‘ bei gesunkenem Marktvolumen – hin. Die Essener Börse lud im September 1933 Vertreter aller Börsenplätze (außer Berlin) zu einer Besprechung ein, bei der es vor allem um die Zukunft der Provinzbörsen ging.94 Die Frankfurter Börse zeigte sich reserviert, aber nicht ablehnend. Vielmehr stimmte sie sich vorab mit den Börsen in Hamburg und Köln ab, die beide ebenfalls überzeugt waren, im Deutschen Reich gebe es zu viele Börsen. Sie erwarteten daher von den Besprechungen ebenso wie die Frankfurter Börse keine substanziellen Ergebnisse. Obwohl sie es unisono ablehnten, „sich in eine Reihe mit den Miniaturbörsen zu stellen“ 95, hielten sie es gleichwohl für angezeigt, an den Beratungen teilnehmen, die Standpunkte aufzunehmen und die Diskussion in ihrem Sinne zu beeinflussen, d. h. konkret auf eine Verringerung der Börsenzahl hinzuwirken. Für die Frankfurter Börse nahmen Sippell und Trumpler an den Verhandlungen am 11. Oktober 1933 teil. Sie hatten gar nicht vor, sich konstruktiv einzubringen oder gar als Sprachrohr der Provinzbörsen zu fungieren. Stattdessen hatte die Frankfurter Börse bereits eine eigenständige Denkschrift an das Preußische Wirtschaftsministerium übersandt, die sich für eine Reduzierung der Börsenplätze aussprach.96 Entsprechend meldete sich Sippell nach dem einleitenden Referat, das die Probleme der Provinzbörsen besonders an der schlechten Presse festmachte und zugleich darauf verwies, dass SpeEntwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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kulationsskandale an den kleineren Börsen nicht vorgekommen seien, als erster Redner zu Wort und beendete die Diskussion um die Börsenstruktur, bevor sie begonnen hatte. An anderer Stelle warnte er vor einer Verringerung von Publikationsstandards, um attraktiver zu werden, weil nur ein funktionierender Investorenschutz das Börsengeschäft wirksam beleben könne. Eine Reduktion der Publizität oder allzu wohlwollende Zulassungsprüfungen führten notwendigerweise über kurz oder lang zu einer Übervorteilung der Anleger. Zudem müsse auch stets ein hinreichend breiter Markt vorhanden sein, um erratische Kursverläufe zu vermeiden. Damit machte Sippell, der nicht nur für die Frankfurter Börse, sondern auch für die marktmächtige Deutsche Bank und DiscontoGesellschaft sprechen konnte, recht schnell deutlich, dass er sich nicht für eine umfassende politische Stützung der Provinzbörsen stark machen wollte, wohl aber befürwortete er im Namen der Frankfurter Börse die Bemühungen der kleineren Plätze, ihre Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern und auf eine sorgsame Auswahl der Börsenhändler hinzuarbeiten. Für die Mitwirkung in einer Kommission, die die weiterhin schwebenden Fragen für die preußischen Börsen beim preußischen Wirtschaftsministerium sondieren sollte, stand Sippell explizit nicht zur Verfügung.97 Die Frankfurter Börse positionierte sich zwar insofern deutlich, als sie eine Verringerung der Börsenanzahl und eine Beibehaltung bzw. eine Verbesserung der Publizitätsstandards für unabdingbar hielt, aber sie stellte sich nicht explizit gegen die Interessen der Provinzbörsen. Sie nutzte allerdings andere politische Kanäle, um sich mit hochrangingen Vertretern des Wirtschaftsministeriums abzustimmen, die ohnehin eine ähnliche Sicht auf das strukturelle Dilemma der Börsen hatten wie die Vertreter der Hamburger und der Frankfurter Börse. So trafen sich beispielsweise noch im Vorfeld des zweiten Treffens der Provinzbörsen am 15. Februar 1934 Bethmann, Eberle und Trumpler mit Otto Schniewind und Ministerialdirigent Eduard Schalfejew, um über Angelegenheiten der Frankfurter Börse zu sprechen,98 nachdem diese zuvor bereits öffentlich bekundet hatte, voraussichtlich auf die nötige politische Unterstützung für die eigenen Positionen (durch das damals noch zuständige Preußische Ministerium für Wirtschaft und Arbeit) zählen zu können.99 Zwar folgte das Wirtschaftsministerium den Frankfurter Vorstellungen nicht vollständig, zumal es zumindest formal auch genuin nationalsozialistische Vorgaben berücksichtigen musste, aber im wesentlichen Punkt, der Bereinigung der Börsenlandschaft, stimmten die Regierungsvorschläge 1934 mit den Frankfurter und Hamburger Zielen überein: Zum einen sollten zwangsweise (kleinere) Börsen aufgelöst bzw. mit anderen zusammengelegt werden und zum anderen war daran gedacht, eine Art Regionalprinzip einzuführen, nach dem künftig Wertpapiere immer zunächst an der nächstgelegenen bzw. der für den Wirtschaftsraum zuständigen Börse, der Heimatbörse, emittiert werden sollten. Ziel sei es, einer weiteren Zentralisierung des Handels in Berlin entgegenzuwirken und die Börsen in der Fläche zu stärken. Hierfür sollte auch der Mindestbetrag 44

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für Wertpapieremissionen an der Berliner Börse deutlich angehoben werden, sodass geringere Emissionen automatisch an die Provinzbörsen delegiert wurden. Überdies sollten einmalig Werte von der Berliner Börse an die jeweiligen Heimatbörsen (re-)transferiert werden. Diese Vorschläge, die im Februar 1934 von Börsen- und Regierungsvertretern diskutiert wurden, stießen besonders bei den kleineren Börsen auf Kritik, die um ihre Existenz fürchten mussten. Sie war nachvollziehbar, denn die deutsche Börsenlandschaft war historisch gewachsen und die Existenz eines differenzierten, arbeitsteiligen Systems basierte auf kaufmännischen Erwägungen, nicht auf politischen Entscheidungen. Diese Freiheit der lokalen Kaufmannschaften, eine Börse zu errichten oder beizubehalten, wurde ihnen nun politisch genommen. Doch die Opposition war insgesamt verhalten. Die Regierung machte in Person von Otto Schniewind vor allem zwei Aspekte geltend. Erstens seien die Vorschläge ein Kompromiss, um die Provinzbörsen – und damit waren alle Börsen außer Berlin gemeint – als Typus zu stärken, aber dafür sei es zugleich nötig, ihre Anzahl zu verringern, da andernfalls ein (weiterhin ruinöser) Börsenwettbewerb wohl nur den Effekt haben werde, die Zentralisierung des Handels in Berlin noch stärker zu fördern. Zweitens gehe Gemeinnutz vor Eigennutz und er, Schniewind, sei der Überzeugung, dass die Einsicht gerade bei den kleineren Provinzbörsen groß genug sein werde, zugunsten einer gleichsam übergeordneten Stärkung eines dezentralen Börsensystems insgesamt auf ihre Eigenständigkeit zu verzichten. Die größeren Börsen, hier Hamburg, folgten Schniewind inhaltlich und mit ähnlichen, im Wesentlichen nur rhetorischen Referenzen an das NS-Gedankengut: „Wenn man bei der Betrachtung derartiger Reformen zu sehr festhalte an dem, was einmal gewesen sei, dann habe man die Zeit und die Verhältnisse, aus denen heraus die Neugestaltung erfolge, nicht richtig erfaßt. Wir müssten uns darauf einstellen, daß heute Dinge geschähen, die sich früher nicht ereignet hätten.“100 Diese pragmatische Sichtweise war keineswegs politischer, sondern vor allem sachlicher Überzeugung geschuldet. Das abträgliche ‚race to the bottom‘ der 1920er-Jahre konnte auf diese Weise beendet und der geschrumpften Bedeutung der Börse als Primärmarkt Rechnung getragen werden. Das Gesetz über den Wertpapierhandel vom Dezember 1934 verfügte schließlich, dass nur noch neun deutsche Börsen fortbestanden: Berlin, die Börse für den deutschen Osten Breslau, die Niedersächsische Börse Hannover, die Württembergische Börse Stuttgart, die Hanseatische Börse Hamburg (mit Bremen und Lübeck), die Sächsische Börse in Leipzig (mit Chemnitz, Dresden, Halle und Zwickau), die RheinischWestfälische Börse Düsseldorf (mit Köln und Essen), die Bayerische Börse München (mit Augsburg) und die Rhein-Mainische Börse Frankfurt (mit Mannheim). In der langfristigen Perspektive stärkte der dirigistische Eingriff tatsächlich, wie intendiert, die Provinzbörsen gegenüber Berlin bzw. korrigierte die Zentralisierung seit den 1920er-Jahren.101 Die Frankfurter Börse blieb erhalten und übernahm zusätzlich das Geschäft und Teile des Personals der Mannheimer Börse: elf Aktien, drei Anleihen, zwei Kursmakler und Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

45

einen Mannheimer Vertreter für den Börsenvorstand.102 Sie gehörte allerdings nicht zu den größten Profiteuren der Reorganisation. Sie erhielt neben den 14 Wertpapieren aus Mannheim noch sieben weitere Wertpapiere neu zugeteilt, darunter vier, die bis dahin in Berlin notiert waren. Größere Zuwächse verzeichneten hingegen Hamburg (38), Düsseldorf (43) und Leipzig (52). Dies lag freilich vornehmlich daran, dass diese Börsen jeweils zwei oder mehr Börsen übernommen hatten, während in Frankfurt mit Mannheim nur eine Börse mit ihren lokalen Wertpapieren hinzukam.103 Im Aktiensegment fiel Frankfurt sogar hinsichtlich der Zahl notierter Firmen hinter Leipzig zurück. 1937 waren in Berlin 378, in Leipzig 193 und in Frankfurt ‚nur‘ 160 Aktiengesellschaften notiert. Allerdings war die Marktkapitalisierung der in Frankfurt gehandelten Firmen im Durchschnitt bald drei Mal so hoch wie in Leipzig, d. h. das Marktvolumen war in Frankfurt nach wie vor größer, zudem lagen hier bekanntlich ohnehin die traditionellen Stärken im Anleihegeschäft.104 Da die Umsätze der Börsen nicht systematisch erhoben wurden, war es kaum möglich, die Bedeutung der Börsen im Deutschen Reich eindeutig zu messen. Darauf verwies auch die Frankfurter Börse, als ihr Hamburger Pendant in einer offiziösen Mitteilung als zweitbedeutendste Börse im Deutschen Reich bezeichnet wurde. Sie intervenierte beim Reichskommissar bei der Frankfurter Börse, Arthur Ungewitter, und bat ihn, darauf hinzuwirken, dass öffentlich-rechtliche Institutionen wie Börsen solche Äußerungen, die der Sache nach bloße Reklame und nach allgemeinen Maßstäben sogar unlauterer Wettbewerb seien, künftig unterlassen sollten.105 Die Frankfurter Börse achtete mithin auch bei vermeintlich nachrangigen Fragen darauf, eventuelle Gefahren für die eigene Position – und das war im Selbstbild fraglos die Position als zweitwichtigste deutsche Börse – bereits im Vorfeld auszuräumen. Sie hielt sich dabei selbst zu Gute, als eine der wenigen Börsen bereits in den 1920er-Jahren den Zentralisierungstendenzen zugunsten Berlins entgegengearbeitet zu haben und verbuchte daher die Stärkung der Nicht-Berliner Börsen durch die nationalsozialistische Börsenreform als ‚moralischen Erfolg‘ für sich. Bei dieser Gelegenheit machte sie aber nochmals deutlich, „daß die Frankfurter Börse keine Provinzbörse oder Heimatbörse im Sinne der bayerischen, hanseatischen, sächsischen und rheinisch-westfälischen Börse“, sondern vielmehr die „zentrale Börse neben Berlin“ sei.106 Deshalb wollte sie auch ihren alten Namen, gleichsam ihre Marke, beibehalten. Offiziell firmierte sie seit 1935 als ‚Rhein-Mainische Börse‘. Diese Umbenennung reduzierte sie sprachlich freilich auf die Wirtschaftsregion Rhein-Main und stieß deshalb bei einem Großteil der Frankfurter Börsenverantwortlichen auf Kritik.107 Otto Schniewind sah dies ähnlich und bot von sich aus informell an, nichts dagegen zu unternehmen, falls die Frankfurter Börse weiterhin als ‚Frankfurter Börse‘ und nicht als ‚Rhein-Mainische Börse zu Frankfurt a. M.‘ firmiere. Eine offizielle Bestätigung wollte er zwar nicht aussprechen, aber sein Wort reichte hin: Die Börse in Frankfurt berichtete auch weiterhin – z. B. in der 46

Boris Gehlen

Rhein-Mainischen Wirtschaftszeitung – über die Geschäfte der ‚Frankfurter Börse‘,108 und hielt auch die Tagespresse an, tunlichst nur von ‚Frankfurter Börse‘ zu sprechen, „die im deutschen wie im internationalen Börsenwesen einen guten Klang hat.“109 Das war mehr als nur eine kosmetische Korrektur: Zum einen stellte sich die Frankfurter Börse so weiterhin in ihre große und hochgehaltene Tradition als überregional und international bedeutende Börse und zum anderen bot sich, ähnlich wie für Hamburg, die Möglichkeit, den eigenen Handelsplatz zu stärken, wenn das Wirtschaftsministerium den besonderen Charakter der Börse zumindest implizit anerkannte. Beispielsweise konnte die Börse in Abstimmung mit Schniewind 1935 erreichen, dass sie – neben den regionalen Wertpapieren – „noch eine Anzahl weiterer, grösserer Papiere zum amtlichen Handel“ zulassen könne.110 Konkret hieß das, dass in Frankfurt auch Papiere in den amtlichen Handel gelangten, die bereits an einer anderen deutschen (Heimat)-Börse notiert waren, vor allem in Berlin. Frankfurt behielt mithin auch im ‚regionalisierten‘ Börsensystem nach 1935 eine wichtige Korrektivfunktion für den Berliner Markt. Nicht von ungefähr war Frankfurt 1937 auch diejenige deutsche Börse, die nach Berlin die meisten an mehreren Börsen gehandelten Wertpapiere listete.111 Die weitgehend informelle Abstimmung mit dem Reichswirtschaftsministerium behielt die Frankfurter Börse auch bei, nachdem Friedrich Sperl Otto Schniewind im Amt des Reichsbörsenkommissars nachgefolgt war. Gleichsam zu seinem Einstand verwahrte sich die Frankfurter Börse gegen zentralistische Äußerungen der Berliner Börse, weil sie „die vom Reichswirtschaftsministerium vertretene und wohl begründete Politik der Aufrechterhaltung und Stärkung der Provinzbörsen angreift.“112 Die Frankfurter Börse hatte zuvor wiederholt beobachtet, dass die Frankfurter Filialen der Berliner Großbanken ihre Börsenaufträge nicht in Frankfurt platzierten, sondern an der Berliner Börse. Damit wurde f reilich ein beträchtlicher Teil des Handelsvolumens aus dem RheinMain-Gebiet nach Berlin verlagert, obwohl er – zumindest gemäß normativer Intention – eigentlich der Frankfurter Börse zustand.113 Noch deutlicher wurde diese in einer gemeinsamen Besprechung der Börsenorgane mit Sperl Anfang 1936, in der sie die Einschränkung des Börsenverkehrs beklagte, aber zugleich die durchaus programmatische Hoffnung zu Protokoll gab, „dass die Frankfurter Börse in einer späteren Zukunft ihre Stellung als internationale Börse wieder gewinnen könne.“ Unter anderem regte sie an, den Börsenterminhandel wiedereinzuführen, der nach vorherigen Einschränkungen seit 1931 grundsätzlich verboten war. Sperl bekräftigte, dass sich das Wirtschaftsministerium stets für die Interessen der Frankfurter Börse eingesetzt habe und dies auch weiter zu tun gedenke, doch man müsse „sich darüber klar sein, dass die Börsen nicht Selbstzweck seien und dass die Finanzierungsmöglichkeiten, die neben der Börse beständen und sich entwickelt hätten, nicht zwangsweise unterbunden werden könnten.“114

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

47

Das stimmte zwar in der Sache nicht, weil gerade der NS-Staat mit dirigistischen Mitteln und Zwang seine Interessen durchsetzte, wenn es ihm politisch opportun schien, doch Sperl konnte der Frankfurter Börse als Regierungsvertreter schlicht keine Hoffnungen auf rasche Änderung des Börsenumfelds machen. Dennoch war allen Beteiligen klar – und das ist der maßgebliche Punkt der Besprechung –, dass die derzeitige Situation der Börsen nicht dem entsprach, was Börsen ausmachte. Das Ideal der Frankfurter Börse als internationaler Handelsplatz bestimmte das Denken und Handeln ihrer Repräsentanten noch immer, auch wenn sie wussten, dass in naher Zukunft ein Arrangement mit den unzulänglichen Gegebenheiten notwendig bleiben würde. Dass sich ihr Traditions- und Selbstbewusstsein tatsächlich ein gutes Jahrzehnt später auszahlen sollte und sich ihre Hoffnungen, wieder zu einer international bedeutenden Börse zu werden, erfüllen würden, war wohl auch für die optimistischsten Börsenvorstände 1936 nicht abzusehen.

V. Nationales Instrument statt internationaler Markt: Die marginalisierte Frankfurter Börse vor und während des Zweiten Weltkriegs Tatsächlich sprach zuviel schließlich gegen eine rasche Rückkehr zur Börsennormalität. Das regulatorische Korsett war eng. Nicht nur wurde es noch weiter verengt, sondern die Kapitalmarktpolitik der Nationalsozialisten bevorzugte zudem nach wie vor tendenziell die Berliner Börse. Als beispielsweise die Reichsbank 1934 im Rentenmarkt intervenierte, konzentrierte sie sich ausschließlich auf den Berliner Markt und verstärkte so die Zentralisierungstendenzen. Die Frankfurter Börse kritisierte die politikinduzierte Stärkung der Berliner Konkurrenz und versuchte vergeblich, auf politischem Wege zu erreichen, dass die Reichsbank ihre Offen-Markt-Transaktionen gleichmäßig auf die Börsen verteilte.115 Die Intervention der Reichsbank im Kapitalmarkt entsprach den wirtschaftspolitischen Zielen des NS-Regimes, den Rentenmarkt gegenüber dem Aktienmarkt zu stärken. Das Deutsche Reich konsolidierte 1933 die Gemeindeschulden und sendete dadurch positive Signale an die Besitzer von Kommunalobligationen. Mit der Änderung des (Reichs-) Bankgesetzes vom 27. Oktober 1933 wurden Obligationen von Gebietskörperschaften zudem diskontfähig. Sie konnten fortan als Sicherheit für Notenbankkredite dienen, wodurch sie als Typus erheblich aufgewertet wurden.116 Der Erwerb von Rentenwerten war überdies bereits seit den 1920er-Jahren steuerlich günstiger gestellt als andere Wertpapierarten.117 1935 folgte eine neuerliche Anleihekonversion, d. h. eine Herabsetzung des Zinssatzes umlaufender Rentenwerte. Die NS-Kapitalmarktpolitik reduzierte letztlich die Staatsschulden auf Kosten der Anleger und nahm ihnen zugleich auf regulatorischem Wege alternative Anlageformen (Aktien).118 48

Boris Gehlen

100%

8,4 90%

19,7

2,2 29,6

80%

10,4 70%

4,1

60%

50%

14,7

46,1

62,4

10,4

40%

30%

1,3

41,2

20%

10%

0%

27

22,5

1901-1913 Pfandbriefe

1925-1931 Kommunalanleihen

Staatsanleihen

1932-1937 Industrieanleihen

Aktien

Abbildung 3: Struktur der Wertpapieremissionen im Deutschen Reich 1901 bis 1937 Quelle: Beer, Funktionswandel, S. 99, Pfandbriefe 1932–1937 inklusive Kommunalanleihen. Staatsanleihen = Reichs- und Staatsanleihen.

Damit veränderte sich die Struktur des deutschen Kapitalmarkts substanziell hin zur Finanzierung öffentlicher Obligationen (vgl. Abbildung 3). Vor allem im Vergleich zur ‚Normalität‘ vor dem Ersten Weltkrieg finanzierte der Kapitalmarkt nur noch zu etwa zehn (statt zuvor dreißig) Prozent private Wirtschaftsunternehmen durch Emission von Aktien oder Industrieobligationen und in einem größeren Maße die öffentliche Hand. In den 1930er-Jahren wurden daher mit Hilfe der Kapitalmarktlenkung auch in erster Linie Rentenwerte emittiert, darunter zum weit überwiegenden Teil Obligationen der öffentlichen Hand (vgl. Abbildung 4). Aktien hingegen kamen kaum neu auf den Markt, im Gegenteil: Das an den Börsen gehandelte Aktienkapital reduzierte sich. Allein in Berlin ging es zwischen 1930 und 1936 von knapp 11 auf gut 8 Milliarden Reichsmark zurück. Die Gründe waren vielfältig: Erstemissionen gab es gar keine, zumal seit 1934 eine generelle Emissionssperre für Aktien galt, die nur zögerlich gelockert wurde; Unternehmen restrukturierten sich, Gesellschaften fusionierten oder wurden liquidiert; aus steuerlichen Gründen wandelten sich überdies etliche Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften um und schließlich stiegen die SelbstfinanzierungsmöglichEntwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

49

10.000

7.250

4.500

1.750

-1.000

1924

1925

1926

1927

1928

1929

Netto-Emissionen

1930

1931

1932

Aktien (Brutto)

1933

1934

1935

1936

1937

1938

1939

Renten (Brutto)

Abbildung 4: Wertpapieremissionen im Deutschen Reich 1924 bis 1939 (in Millionen Reichsmark) Quelle: Beer, Funktionswandel, Tab. I-4C; Daten entnommen aus: GESIS Datenarchiv, Köln. histat. Studiennummer 8527.

keiten an, sodass es kaum Anreize für Aktiengesellschaften gab, sich dem Kapitalmarkt zuzuwenden.119 Im Allgemeinen erholte sich der Kapitalmarkt erst allmählich von den Folgen der Weltwirtschafts- und Bankenkrise, die – nebenbei bemerkt – auch eine Krise der öffentlichen Finanzen gewesen war. Noch 1933 und 1934 nahm die Frankfurter Börse mehr Wertpapiere vom Kurszettel, als neue hinzukamen. Ihre Anzahl reduzierte sich 1933 um zehn und 1934 um weitere 14 Effekten (vgl. Tabelle 2). Dies entsprach dem Trend am deutschen Kapitalmarkt: der Emissionssaldo war für 1932 und 1933 sogar leicht negativ und auch 1934 nur ansatzweise im positiven Bereich (vgl. Abbildung 4). Zwar wurden auch in diesen Jahren 24 bzw. 18 Wertpapiere in Frankfurt zugelassen, doch insbesondere bei den Aktien handelte sich um Wiederzulassungen nach Restrukturierungen oder Bilanzumstellungen. 1933 und 1934 wurden an der Frankfurter Börse beispielsweise Aktien von 29 Industrie- und Transport-Unternehmen zum Handel zugelassen, darunter jedoch nur zwei, die keine Wiederzulassungen waren.120

50

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Tabelle 2: Neuemissionen an der Frankfurter Börse 1933 und 1934

1933

1934

Anzahl

Nominalbetrag

Anzahl

Nominalbetrag

Staats- und Kommunalpapiere

4

241.000.000

5

393.250.000

Bankaktien

4

177.900.000

0

0

Aktien deutscher Transportanstalten

4

642.040.000

1

231.000.000

Aktien industrieller Unternehmungen

12

113.620.000

12

104.700.000

Versicherungsaktien

0

0

Industrieobligationen

0

0

Pfandbriefe und ähnliches

0

0

Zusammen

24

1.174.560.000

18

728.950.000

Notizeinstellung Anleihen

11

21

Notizeinstellung Aktien

23

11

Notizeinstellung gesamt

34

32

Quelle: Die Frankfurter Wertpapierbörse im Jahre 1934, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1935, S. 39 ff.

Die auch hieran ersichtliche Verknappung des Aktienangebots ließ nach dem Tiefpunkt 1931/1932 die Aktienkurse steigen – sowohl im gesamten Reich (Abbildung 5) als auch speziell in Frankfurt (Abbildung 6). Die Rentenkurse bewegten sich zwar ebenfalls allmählich nach oben, notierten aber bis 1938 meist noch unter pari. Allerdings wurde der Anstieg der Aktienkurse vom NS-Regime aus ideologischen Gründen kritisch beäugt und blieb bis 1943 Gegenstand kapitalmarktpolitischer Diskussionen. Die Kursentwicklungen verdeutlichen zumindest, dass die Börsen als Stimmungsbarometer durchaus noch funktionierten, denn trotz steuerlicher Diskriminierung und faktischer Dividendenbegrenzungen blieben Aktien bei den Anlegern beliebt. Für den Kursanstieg gab es mehrere Gründe. Zum ersten war das Angebot börsennotierter Aktien verknappt worden, zumal mittlerweile Aktientransaktionen häufig direkt über die Banken abgewickelt wurden. Zum zweiten sorgte die expansive Geldpolitik der Reichsbank für einen liquiden Geldmarkt und zusätzliches anlagesuchendes Kapital.121 Zum dritten äußerte sich die wirtschaftliche Erholung seit 1934 auch in zunehmenden Bilanzgewinnen nicht-rüstungsrelevanter Unternehmen, etwa aus der Bauindustrie, deren Aktien im Gegensatz zu Rüstungsunternehmen lange nicht sonderlich gefragt gewesen und daher noch verfügbar waren.122

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

51

180

145

110

75

40

1928

Aktien

1931

Kommunalobligationen

1934

Pfandbriefe

1937

1940

Öffentliche Anleihen

1943

Industrieobligationen

Abbildung 5: Wertpapierkurse im Deutschen Reich 1928 bis 1943 Quelle: Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Deutsches Geld- und Bankwesen in Zahlen 1876–1975, Frankfurt a.M. 1976, Daten entnommen aus: GESIS Datenarchiv, Köln. histat. Studiennummer 8222.

Im Kern bemerkenswerter als die – politisch unerwünschte – Aktienhausse war freilich die zwar sehr verhaltene, aber doch stetige Kursentwicklung bei allen Anleihearten, vor allem bei den öffentlichen Anleihen. Denn im Gegensatz zum Aktienmarkt stieg das Angebot im Rentenmarkt kontinuierlich an und die wiederholten Anleihekonversionen mit Zinskorrekturen nach unten hätten durchaus erwarten lassen, dass Rentenwerte unattraktiver würden und die Kurse unter Druck gerieten. Dies war nicht der Fall, weil der Staat die institutionellen Anleger, vor allem die öffentlich-rechtlichen Sparkassen (und Landesbanken/Girozentralen), dazu anhielt, den Kauf kraftüberhang ihrer Klientel, d. h. der breiten Bevölkerung, in Staatsanleihen anzulegen.123 Diese ‚geräuschlose‘ Finanzierung von Staatsausgaben, konkret von Rüstung und später Krieg, vollzog sich zwar ohne Wissen der Sparer, blieb aber dennoch nicht unwidersprochen. Anfang Januar 1939 kritisierte ausgerechnet das Direktorium der Reichsbank, das zuvor die verdeckte Staats- und Rüstungsfinanzierung mitgetragen hatte, in einem Brief an Adolf Hitler u. a. die zunehmende Inanspruchnahme der Kapitalmärkte durch die öffentliche Hand. Es warnte mit Nachdruck vor einer Inflation – mit der Folge, dass der Führer und Reichskanzler nahezu alle Mitglieder des Reichsbank-Direktoriums ab52

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150 140 130 120 110

100 90 80 70 60

Aktien

Anleihen

Abbildung 6: Kursindex der Frankfurter Börse (1932 bis Juli 1937) Quelle: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1935, S. 39 ff.; 1936, S. 29 ff.; 1937, S. 64 ff., 517 f.

berief und durch linientreue NS-Funktionäre ersetzte. Fortan bestimmte nicht mehr die Reichsbank die deutsche Geldpolitik, sondern das Reichsfinanzministerium, das eine expansive Rüstungsfinanzierung auch weiterhin befürwortete.124 Der dadurch noch weiter zunehmende Geldüberhang machte allen Finanzmarktakteuren zu schaffen, da sie kaum mehr ertragreiche Anlagen für ihre Mittel finden konnten, sodass vor allem im Zweiten Weltkrieg zunehmend Geld in liquide Anlagen wie (teils unverzinsliche) Schatzanweisungen des Reichs floss. Das Bilanzvolumen der Großbanken bestand beispielsweise in den frühen 1940er-Jahren zu 60 Prozent und mehr aus liquiden Anlagen.125 Zu diesem Zeitpunkt notierten an den deutschen Börsen bereits nur noch nationale Werte. Mit einer Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Devisenbewirtschaftung hatte der Gesetzgeber im Februar 1936 den Handel mit ausländischen Wertpapieren einer Genehmigungspflicht unterworfen. Faktisch schaffte er ihn ab. Angesichts ihrer jahrhundertelangen internationalen Verflechtung empfand die Frankfurter Börse dies als „Ereignis besonderer Tragweite“ und bemühte sich einigermaßen erfolgreich darum, das fortan fehlende Geschäftsvolumen durch die Zuweisung weiterer nationaler Wertpapiere kompensiert zu erhalten.126 Hier wie an anderen Stellen hielt sich die Frankfurter Börse mit öffentlicher Kritik an den dirigistischen Maßnahmen vollkommen zurück, beließ es bei einer nüchternen Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

53

Beschreibung der Marktentwicklungen und verwies gelegentlich auf die Notwendigkeit des politischen und ökonomischen Wiederauf baus.127 Bisweilen lobte sie gar die „außerordentlichen Erfolge der nationalsozialistischen Regierung“ und umschrieb deren Dirigismus im Rentenmarkt euphemistisch als „bewußte und sorgsame Pflege, welche die Reichsregierung diesem Marktgebiete angedeihen läßt“.128 Schließlich, so Börsenpräsident Bethmann 1937, müsse man feststellen, „daß auch von der Börse das Primat der Politik vor der Wirtschaft unbedingt anerkannt“ werde.129 Solche Äußerungen, die in den Kammerpublikationen durch Besinnungsartikel flankiert wurden, die die spekulative ‚alte Börse‘ liberalkapitalistischen Typs von der gemeinwohlorientierten ‚neuen Börse‘ nationalsozialistischen Zuschnitts scharf abgrenzten,130 sind zwar als sprachliche Anbiederung an den ‚neuen Staat‘ zu erkennen, zeigten aber auch, dass sich die Frankfurter Börse nolens volens mit ihrer Funktion als Kapitallenkungsstelle arrangiert hatte. Beinahe fatalistisch hieß es im letzten in der RheinMainischen Wirtschaftszeitung veröffentlichen Börsenbericht im Jahr 1938: „Unzweifelhaft gingen […] der Börse manche ihrer ursprünglichen Geschäfte verloren oder wurden doch zumindest stark eingeschränkt. Heute gilt es vor allem, die der Börse verbliebenen Funktionen weiter auszubauen und zu stärken […].“131 In diesem Zusammenhang diskutierten die Börsen, angeführt vom Berliner Börsenpräsidenten, Friedrich Reinhardt, Mitte der 1930er-Jahre darüber, ob künftig ein Börsenzwang eingeführt werden solle, d. h. eine Bestimmung, derzufolge sämtliche Wertpapiere, auch bislang nicht börsennotierte, an einer Börse gehandelt werden müssten. Diese zeitgenössisch so benannte ‚Börsentotalität‘ richtete sich vor allem gegen die Großbanken und deren (gewachsene) Bedeutung im (außerbörslichen) Effektengeschäft.132 Zwar konnte sich auch die Frankfurter Börse in Person von Moritz Freiherr von Bethmann dafür erwärmen, den Wertpapierhandel bei den Börsen zu konzentrieren,133 aber gegen den Widerstand der Großbanken, die auch gewichtige Akteure in den Börsenorganen waren, war eine solche Konzentration der Handelsvolumina bei den Börsen vorerst nicht zu realisieren. 1941 schloss der Gesetzgeber freilich die Großbanken dennoch vom Effekten-Neugeschäft aus. Dies war einer von mehreren Schritten, um der anhaltenden Hausse in den Aktienmärkten zu begegnen. Im selben Jahr folgte eine Anmeldepflicht für Aktien. Beide Maßnahmen konnten ebenso wie öffentliche Appelle allerdings die weiterhin starke Nachfrage nach Aktien nicht abschwächen.134 Die Hausse, die in den Aktienkursen zum Ausdruck kam, spiegelt sich im Handelsvolumen der Frankfurter Börse indes kaum wider (vgl. Abbildung 7). Lediglich der sprunghafte Nachfrageanstieg zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, der nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Ersten Weltkriegs aus einer Flucht in Sachwerte resultierte, kommt in deutlich gestiegenen Handelsvolumina zum Ausdruck. Ansonsten weisen sowohl das Auf kommen der Börsenumsatzsteuer (Abbildung 7) als auch die Um-

54

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300.000

225.000

150.000

75.000

0 April 39

Oktober October 39

April 40

Oktober 40 October

April 41

Oktober 41 October

April 42

Oktober 42 October

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Oktober 43 October

April 44

Abbildung 7: Aufkommen der Börsenumsatzsteuer April 1939 bis Juni 1944 Quelle: Aufkommen der Börsenumsatzsteuer, HWA 115/5077.

4.500.000 4.000.000 3.500.000 3.000.000 2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 500.000 0

Abbildung 8: Monatliche Aktienumsätze an der Frankfurter Börse Januar 1942 bis Januar 1945 (in RM) Quelle: Aktien-Umsätze, HWA 115/5077.

Entwicklungslinien der Frankfurter Wertpapierbörse bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

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sätze im Aktienhandel (Abbildung 8) trendmäßig nach unten und zeichnen ein Bild des schleichenden Niedergangs. Als letztes Mittel, um dem Anstieg der Aktienkurse zu begegnen, griff der Staat ultimativ in die Preisbildung ein und verfügte Stoppkurse auf Grundlage der Kurse vom 25. Januar 1943.135 Zudem durften mit Wirkung vom 13. Februar 1943 alle Börsen mit Ausnahme Berlins fortan nur noch drei Tage in der Woche öffnen.136 Dagegen protestierte die Frankfurter Börse vehement, nicht zuletzt, weil die Aktienumsätze nach Einführung der Maßnahmen drastisch zurückgingen. Andere betroffene Börsen taten es ihr gleich. Unisono fürchteten sie, die Anleger würden zunehmend nach Berlin abwandern.137 Erst zum 1. September 1944 schränkte das Reichswirtschaftsministerium mit Verweis auf die Erfordernisse des Kriegs die Öffnungszeiten auch für Berlin ein und reduzierte sie für alle Börsen im Reich auf zwei Tage pro Woche.138 Das Frankfurter Spezifikum der Abendbörse war ohnehin bereits mit Beginn des Zweiten Weltkriegs abgeschafft worden.139 Zwar beschwerte sich die Frankfurter Börse zum wiederholten Male über die Bevorzugung der Berliner Börse, aber spätestens seit 1943 hatte der NS-Staat allen deutschen Börsen endgültig ihre Funktionen genommen. Die Börse war längst kein organisierter, internationaler Markt mit freier Preisbildung mehr. Entsprechend verzichtbar schienen dem Reich auch Börsenvorstände und Makler in ihren bisherigen Funktionen: Die freien Makler wurden seit Februar 1943 zum Arbeitseinsatz herangezogen und mit von Bethmann, Hans Heinrich Hauck, Adolf Melber, Albert Metzler, Fritz Pook, Walther Auth und Bernhard Sämann waren gleich sieben Mitglieder des Frankfurter Börsenvorstands zum Kriegsdienst eingezogen.140 Dass im März 1944 schließlich auch das Frankfurter Börsengebäude durch alliierte Fliegerangriffe so zerstört wurde, dass nur noch die Kellerräume benutzbar waren, um Börsenversammlungen abzuhalten, wirkte wie ein Symbol für den Zustand der einstmals stolzen, nun aber völlig darniederliegenden Institution.141

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Boris Gehlen

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre Bernd Rudolph

I. Neubeginn der Börsenaktivitäten bis zur Währungsreform Mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 9. Mai 1945 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs musste in mehrfacher Hinsicht ein Neuauf bau der deutschen Wirtschaft erfolgen.142 Vorerst jedoch wurden die Unternehmen durch Demontagen und Entflechtungen geschwächt und die wirtschaftliche Entwicklung durch die alleinige Verfügungsgewalt der Alliierten über die Produktionsbeschränkungen für einzelne Branchen sowie die Abwicklung der Außenhandelsgeschäfte behindert. Wenn auch die Substanz des industriellen Anlagevermögens in beachtlichem Umfang erhalten geblieben war, so konnte die Produktion wegen der zerbombten und nicht durchgehend nutzbaren Transport- und Verkehrswege dennoch kaum anlaufen. In den zerstörten Innenstädten herrschte große Wohnungsnot, die ebenso wie der Mangel an Nahrungsmitteln und Kohle im besonders strengen Winter 1946/47 zu einer katastrophal schlechten Versorgungssituation der Bevölkerung führte.143 Was die Börsenentwicklung betraf, so war der notwendige Neubeginn hier nicht allein durch die von den Alliierten auch für den Finanzsektor diktierten Rahmenbedingungen wie die Dezentralisierung der drei Filialgroßbanken, durch Kriegszerstörungen und die schlechten Nachrichtenverbindungen geprägt. Vielmehr musste das gesamte Börsengeschehen zum Leben erweckt werden, das bereits vor Kriegsbeginn seiner Funktionen beraubt und zum Kriegsende de facto bedeutungslos geworden war.

1. Anfänge der Kapitalmarktentwicklung nach Kriegsende Die Börsen auf dem Weg aus der Bedeutungslosigkeit

Die im Kapitel von Boris Gehlen ausführlich beschriebenen Einschränkungen des Börsengeschäfts galten größtenteils fort und kennzeichneten somit auch den Neuanfang der Börsen.144 Da der Mechanismus zur Preisfindung und zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage durch die 1942 eingeführten Kurskontrollen und die Kurs-Stopp-Verordnung von 1943 zurückgedrängt und schließlich abgeschafft worden war, hatten die Börsen ihre Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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wichtige allokative Funktion verloren. Die staatliche Genehmigungspflicht für die Neuzulassung von Wertpapieren zum Handel hatte faktisch zu einem Emissionsverbot für die Privatwirtschaft geführt und die Priorität der Finanzierungsbedürfnisse des Reichs gesichert.145 Diesem Ziel diente auch die Dividendengesetzgebung der NS-Regierung.146 Auch wenn der vom Reichswirtschaftsminister im Oktober 1941 verfügte Börsenzwang bei gleichzeitigem Verbot des Kompensationshandels für Aktien, Kuxe und verwandte Werte vordergründig den Börsenumsätzen helfen sollte und die Kurs-Stopp-Bestimmungen für alle Wertpapiergeschäfte galten, so entstand doch neben dem regulären Börsenhandel ein reger außerbörslicher Handel in der Form schwarzer Märkte für Aktien. Dieser Handel, der sich zum Teil sogar auf dem Börsenparkett selbst abgespielt haben soll „und nicht nur in den Cafés in der Nähe der Börse“ 147, setzte sich nach Kriegsende zunächst fort. Wertpapiergeschäfte wurden zu Schwarzmarktkursen abgewickelt. Die einzige Aufgabe, die den Börsen bis Kriegsende zumindest teilweise verblieben war, hatte in der technischen Übertragung der ‚gehandelten‘ Wertpapiere von den Verkäufern zu den Käufern bestanden.148 Und selbst diese bescheidene Funktion hatte sich mehr und mehr erübrigt, da die Handelstage an allen deutschen Börsen auf zuletzt zwei Wochentage reduziert worden waren und gegen Ende des Krieges nur noch vereinzelt Geschäfte getätigt wurden. Mit der Einstellung des amtlichen Handels in Wertpapieren an der Berliner Börse am 18. April 1945 waren Börsengeschäfte in Deutschland vollständig zum Erliegen gekommen.149 Schwere Belastungen für die Börsen nach Kriegsende

Auch wenn die deutschen Börsen bereits wenige Monate nach Kriegsende wieder ihre Öffnung betrieben und unterschiedlich rasch erreichten, prägten die aus den nationalsozialistischen Eingriffen und der Kriegswirtschaft resultierenden Einschränkungen, Belastungen und Probleme die Entwicklung des Börsenwesens in Deutschland noch über viele Jahre hinweg. Zum Teil lag dies an der desaströsen Ausgangslage der Wirtschaft nach Kriegsende, zum Teil aber auch daran, dass die Alliierten die vorhandenen Regularien und Beschränkungen zunächst weiterführten. Die Reichsmark hatte ihre Funktion als Zahlungsmittel weitgehend verloren; der Schwarzmarkt blühte und trieb die städtische Bevölkerung zu Tauschgeschäften aufs Land. Darüber hinaus zeigte sich der Finanzsektor durch die von den Alliierten angeordnete Dezentralisierung der drei Filialgroßbanken Deutsche Bank in zehn, Dresdner Bank und Commerzbank in jeweils neun Filialbezirke geschwächt.150 Die Dezentralisierung gehörte zu den ‚4 D‘-Leitlinien der Alliierten: Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung und Dezentralisierung, wobei die Dezentralisierung im Gegensatz zu den englischen Plänen ein besonderes Anliegen der USA war. Für den Finanzsektor folgte daraus, dass Banken Zweigstellen nur in dem Land errichten oder weiterführen durften, in dem 58

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sie ihre Hauptniederlassung hatten. Ein Vorschlag der amerikanischen Militärregierung, den Banken Wertpapiergeschäfte zu verbieten, wurde nicht umgesetzt.151 Die Darstellung der Börsenentwicklung bis etwa Mitte der 1950er-Jahre kann nur anekdotisch über das konkrete Börsengeschehen sowie die Entwicklung und die Strategien der Frankfurter Wertpapierbörse Auskunft geben. Zumindest bis zur Währungsreform existieren nur sporadische Angaben über Kursentwicklungen, Umsätze, andere börsenrelevante Daten oder institutsbezogene Strukturen. Trotz der schlechten Datenlage und der mehr als verhaltenen Aktivitäten an den Börsen ist ein Blick auf die Zeit bis 1955 von erheblichem Interesse, weil in diesem Zeitraum wichtige Weichen für die weitere Entwicklung des Kapitalmarktgeschehens in Deutschland gestellt wurden, die die Börsenentwicklung in Deutschland und die Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse auch in den nachfolgenden Jahren und Jahrzehnten prägten. Bis zur Währungsreform traf eine wachsende Nachfrage nach Wertpapieren auf ein sich bis 1948 stetig verknappendes Angebot. „Die Liquidität floss hauptsächlich in die Wertpapieranlage, weil Bankeinlagen nach dem Krieg nicht verzinst wurden. Eigentlich hätte dieser Nachfrageschub bei den Effekten zu einer ausgeprägten Börsenhausse führen müssen. Jedoch erwies sich die Kursstoppverordnung des Jahres 1943, auf deren Einhaltung auch nach Untergang des Nazi-Regimes zunächst noch geachtet wurde, als besonders ungünstig für die Börsenentwicklung.“152 Die Alliierten gestatteten den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden, neben kurzfristigen Kassenkrediten auch langfristige Anleihen zu emittieren. In der Praxis sahen die Länder und Gemeinden aber wegen der zu erwartenden Währungsreform von einer Anleihefinanzierung ihrer Budgetausgaben ab. „Immer mehr zeigt sich das Bestreben des Publikums, jede Schuldenaufnahme zu vermeiden und im Gegenteil Schulden zurückzuzahlen.“153 Die negativen Wirkungen des Kriegsgeschehens und der Nachkriegszeit auf die Börsenentwicklung waren nicht auf Deutschland beschränkt, so dass das Börsengeschehen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren in vielen Ländern litt. „Die Änderung der Einkommensstruktur, die Inflationen und Währungszerstörungen, die Behinderung des Kapitalangebots durch die hohen Ertragsteuern, die Hemmung des Börsenumsatzes durch differenzierte Verkehrssteuern, aber auch die scharfe staatliche Kontrolle der Börse und letzten Endes des gesamten Wertpapierhandels haben in vielen Ländern die Funktionen der Börse am Kapitalmarkt mehr und mehr eingeschränkt. Sie war die Zielscheibe und das Opfer des Kampfes gegen die Anonymität des Kapitals, der die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts kennzeichnete.“154

2. Wiedereröffnung der Börsen und des Börsenhandels

Trotz der Zusammenführung mehrerer sogenannter Provinzbörsen im Zuge der mit der Novelle zum Börsengesetz vom 5. März 1934 erfolgten Neuordnung des Börsenwesens im ‚Dritten Reich‘ war der grundsätzlich dezentrale Charakter des Börsensystems Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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in Deutschland erhalten geblieben. Die Konzentration stützte die Liquidität der verbliebenen Marktplätze. Der prinzipiell dezentrale Auf bau des Börsenwesens gründete in der besonderen Industriestruktur in Deutschland mit der Folge, dass die Aktien kleinerer Gesellschaften an ihrer Heimatbörse, die der großen Gesellschaften in Berlin notiert und zuweilen zusätzlich an der Börse ihrer Region gehandelt wurden. Auffällig ist, dass sich nach Kriegsende alle verbliebenen Börsen in den drei westlichen Besatzungszonen überaus rasch um eine Wiederbelebung des Geschäfts an ihrem Platz bemühten, obwohl Börsengebäude und Börsensäle zum Teil in katastrophalem Zustand waren und die Aussichten auf einen raschen Aufschwung der Geschäftstätigkeit zunächst eher düster erschienen. Offenbar verstanden sich die Börsen als ‚Keimzelle‘ zukünftiger Finanzplatzaktivitäten in ihren Landeshauptstädten und Bundesländern. Die Aufsichtsbefugnisse über die Börsen waren wie vor 1934 wieder auf die Länderregierungen übergegangen.155 Erstaunlich war auch, dass bereits 1947 eine Aktionärsvereinigung gegründet wurde, nämlich die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW, die ab 1952 das bekannte Börsenmagazin ‚Wertpapier‘ herausgab.156 Offenbar gab es in Anlegerkreisen die Hoffnung, die Börsen könnten an die Zeit vor der Weltwirtschaftskrise anknüpfen und müssten für den bald kommenden Aufschwung der Wertpapiermärkte vorbereitet sein. An den wiedereröffneten Börsen begann zunächst allerdings ein überaus bescheidener Wertpapierhandel, und zwar überwiegend in der Form des kontrollierten Freiverkehrs, bevor die Alliierten nach der Währungsreform auch den amtlichen Handel wieder gestatteten. Wiedereröffnung der Frankfurter Wertpapierbörse

Nach Kriegsende verlor die Berliner Börse ihre bis dahin herausragende Vorrangstellung als Leitbörse, aber auch als Börse für innovative Unternehmen und neue Technologien.157 Stattdessen kristallisierten sich aus den regionalen Börsenplätzen zunächst Hamburg, später Düsseldorf und schließlich Frankfurt als umsatzstarke Plätze heraus. Erst in den 1980er-Jahren sollte dann die Frankfurter Wertpapierbörse die frühere Rolle Berlins übernehmen und sogar ausbauen. Die Frankfurter Börse konnte in dieser Rolle an eine alte Tradition anknüpfen, denn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte Frankfurt nach London, Paris und Wien bereits die Stellung einer auch international orientierten Börse innegehabt und konnte diese Stellung bis in die 1870er-Jahre behaupten, bis also die politische Einigung Deutschlands Berlin als Hauptstadt zum zentralen Börsenplatz des Deutschen Reichs aufwertete.158 Die Frankfurter Börse wurde als Einrichtung der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main mit zwei Abteilungen errichtet, der Wertpapierbörse und einer bereits 1862 als Produktenbörse gegründeten Getreidebörse. Diese war am 25. Juli 1945 wiedereröffnet worden, wobei allerdings die geltenden Vorschriften zur Bewirtschaftung für Getreide und Futtermittel bis zur Währungsreform ein ‚echtes‘ Börsengeschäft verhin60

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derten.159 Zu dieser Zeit änderte die Getreidebörse auch ihren Namen in ‚Frankfurter Getreide- und Produktbörse‘, nachdem an der Börse Notierungen von Großhandelspreisen für Inlandseier aufgenommen worden waren.160 Zuvor, schon im Mai 1946, hatte die Wertpapierbörse einen Vorstoß bei der Industrie- und Handelskammer unternommen, durch Aufstellung einer selbständigen Börsenordnung für die Wertpapierbörse eine Trennung von der Getreidebörse zu erreichen.161 Eigentümer des Börsengebäudes und Träger der Frankfurter Wertpapierbörse war die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Die Kammer hatte keine öffentlich-rechtlichen Aufsichtsfunktionen, verfügte aber über eine Börsenkonzession. Die Aufgaben des Börsenvorstands als Organ der Börse waren die Aufstellung der Börsengeschäftsbedingungen, die Entscheidung über die Zulassung und den Ausschluss von Börsenbesuchern sowie die Einhaltung der für die Börse ergangenen Vorschriften. Die Militärregierung hatte die Aufsicht über die Tätigkeit der Börse dem Finanzministerium – statt wie vor 1945 dem Wirtschaftsministerium – übertragen. Der nach dem Krieg neu ernannte Oberlandesgerichtspräsident erhielt die ehrenamtliche Stellung eines Börsenkommissars. Die Börse hatte der Reichbankhauptstelle Frankfurt am Main einen monatlichen Börsenbericht zur Weiterleitung an die Militärregierung zu übermitteln.162 Die Organisation als Abteilung der Industrie- und Handelskammer bedingte für die Börse die finanzielle Abhängigkeit von der Kammer. So beklagte beispielsweise der Vorstand der Wertpapierbörse im Juni 1951 gegenüber der Kammer, dass ihm jährlich nur ein Dispositionsfonds von 3.600 D-Mark zur Verfügung stehe, der aktuell „durch die Kosten anlässlich der Einweihung des neuen Börsensaales bereits aufgebraucht sei“. Die Bitte, diesen Fonds auf 6.000 D-Mark jährlich zu erhöhen, erwachse aus der Notwendigkeit, eine elektrische Kursmeldeanlage im Börsensaal zu installieren sowie den Börsen-Unterstützungsfonds wieder neu zu errichten.163 Aus der finanziellen Abhängigkeit konnte sich die Börse erst viel später, in den 1990erJahren, lösen, als die Trägerschaft auf die Deutsche Börse AG übertragen wurde. Bis dahin war die Börse auf die Unterstützung durch die IHK angewiesen. Dabei konnte es sich auch um erhebliche Summen handeln, wie sich ebenfalls 1951 im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Kuppelsaales der Börse zu einem ‚Kleinen Haus‘ abzeichnete. Die Baukosten dafür würden sich einschließlich einer zweiten Decke auf schätzungsweise 1,5 Millionen D-Mark belaufen.164 Während die Frankfurter Wertpapierbörse in den Jahren nach Kriegsende weder technische noch ökonomische Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Börsenplätzen besaß, profitierte sie vom Verlust der Hauptstadtfunktion Berlins und von der räumlichen und funktionellen Rolle der Stadt Frankfurt für die Westzonen.165 Frankfurt galt seit 1947 faktisch als Hauptstadt des Zweizonengebietes und begründete mit der Ansiedlung der Bank deutscher Länder in Frankfurt auch ihren Anspruch als wirtschaftliche Zentrale der späteren Bundesrepublik.166 Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Bereits im Juli und August 1945 trafen sich Börsianer in einem Keller des weitgehend zerstörten Gebäudes der Deutschen Effecten- und Wechselbank in der Kaiserstraße zu den allerersten, allerdings illegalen, weil ohne Genehmigung der amerikanischen Militärregierung abgehaltenen Börsensitzungen.167 Am 14. September 1945 begann der Handel in dem notdürftig hergerichteten Kellerraum. „Im Ganzen konnten 26 Bankenvertreter in diesem Raum Platz nehmen, für mehr hats nicht gereicht.“168 Später traf man sich im Sitzungssaal der Industrie- und Handelskammer unter dem Protektorat der US-amerikanischen Militärregierung.169 Diese erlaubte als Kontrollorgan auch bereits die Einrichtung eines Ausschusses zur Aufsicht über den Börsenbetrieb.170 Vorsitzender des Börsenvorstands, der 1948 gebildet wurde und die Wiederaufnahme des amtlichen Handels nach der Währungsreform vorbereiten sollte, war bis 1950 Dr. Peter Bartmann, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Effecten- und Wechselbank und von 1950 bis 1964 Präsident der Industrie und Handelskammer Frankfurt am Main.171172 Die Deutsche Effekten- und Wechselbank Die unmittelbar nach Kriegsende wieder tätige und für den damaligen Börsenbetrieb wichtige Deutsche Effekten- und Wechselbank war aus dem 1821 in Frankfurt am Main gegründeten Privatbankhaus L.A. Hahn hervorgegangen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten veräußerte die Bankiersfamilie Hahn unter politischem Druck 1936 ihre Anteile an ein Konsortium von Berliner Investoren. Nach Kriegsende kaufte L. Albert Hahn ein wesentliches Aktienpaket zurück. L. Albert Hahn (1889 bis 1968), ein deutscher Bankier, Nationalökonom und Honorarprofessor an der Universität Frankfurt am Main, war lange Jahre Vorstand der Deutsche Effecten- und Wechsel-Bank AG. Hahn, der aus einer der ältesten jüdischen Familien Frankfurts stammte, hatte bis Mitte der 1920er-Jahre eine beachtliche Anzahl von Aufsätzen und das in Fachkreisen bekannte Werk über die ‚Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits‘ verfasst. 1936 emigrierte er in die Schweiz, kehrte aber nach dem Krieg sehr bald nach Frankfurt zurück, um sowohl seine Lehrtätigkeit an der Universität wieder aufzunehmen als auch sein Aufsichtsratsratsmandat in der Bank wieder auszufüllen.172 Nach seinem Tod wurde das Bankgeschäft 1969 von der Deutschen Effecten- und WechselBank abgespalten und auf die Effectenbank-Warburg übertragen, die 1985 von der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt, der heutigen Credit Suisse, übernommen wurde. Es folgte die Umfirmierung in Deutsche Effecten- und Wechsel-Beteiligungsgesellschaft (DEWB), heute eine börsennotierte deutsche Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Jena.

Geschäftsbeginn und Geschäftsausbau in Frankfurt

Die räumlichen Bedingungen, unter denen die Börsensitzungen stattfanden, waren schon bald Gegenstand von Klagen, die „nicht verstummen“ wollten. Aus diesem Anlass wies der Börsensyndikus im Januar 1950 darauf hin, dass „Düsseldorf dabei ist, einen neuen, modernen Börsensaal auszubauen, und zwar in Anlehnung an die technischen Einrichtungen 62

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der Züricher Börse, wo bereits eine Besichtigung stattgefunden hat“. Durch die Verlegung der Regierung nach Bonn würden die benachbarten Orte des Rheinlands an Bedeutung gewinnen und Düsseldorf wolle darauf hinaus, die „führende Börse“ zu werden. Geklagt werde u. a. darüber, dass in Frankfurt die Lichtsignale nicht einwandfrei arbeiteten, der Ausbau der Garderobe sowie der Kurstafeln nicht weiterginge, der Fahrstuhl nur von Hausangestellten benutzt werden dürfe und dringend Telefonzellen aufgestellt werden müssten, die für die allgemeine Benutzung zugänglich seien.173 Die Klagen wurden offenbar erhört, denn am 3. April 1951 konnte die Eröffnung des neuen Börsensaales der Wertpapierbörse gefeiert werden. Die Industrie- und Handelskammer Frankfurt vermerkt stolz in ihrem Jahresbericht 1951/52: „Die Frankfurter Wertpapierbörse war damit die erste westdeutsche Börse, die nach dem Zusammenbruch den Börsenbetrieb aus provisorischen Unterkünften in Räume verlegen konnte, die in einer äußerlich ansprechenden Ausstattung auch allen technischen Erfordernissen des Börsenbetriebs gerecht werden.“ Und weiter stellt die Kammer fest, dass die Anwesenheit zahlreicher Vertreter der Bundesregierung, der hessischen Landesregierung, der Stadt Frankfurt, der deutschen Börsen, der ausländischen Börsen Amsterdam, Brüssel, London, Paris, Wien und Zürich, der Bank deutscher Länder und der Landeszentralbank von Hessen, des Deutschen Industrie- und Handelstages und anderer Organisationen die Bedeutung des Ereignisses unterstrichen hätten. Die Liste der Redner zur Eröffnungsfeier verdeutlicht, welches Gewicht der Frankfurter Wertpapierbörse zur damaliger Zeit zugesprochen wurde: Die Rednerliste reichte vom IHK-Präsidenten Dr. Peter Bartmann über den Vorsitzenden des Börsenvorstands Hans Heinrich Hauck, den Ministerpräsidenten des Landes Hessen Georg-August Zinn, den Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen Alfred Hartmann, den Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main Dr. h.c. Walter Kolb, den Präsidenten der Landeszentralbank Hessen Prof. Dr. Otto Veit und den Vorsitzenden des Vorstands der Börse Düsseldorf, Bankier Kurt Forberg „für die Schwesterbörsen“, bis hin zu einem Vertreter der Pariser Börse – stellvertretend für die ausländischen Börsen.174 Bereits 1954 und damit nur wenige Jahre später wurde die Wiederherstellung des großen Börsensaals beschlossen, der schließlich am 9. Februar 1957 von Bundeswirtschaftsminister Professor Dr. Ludwig Erhard seiner Bestimmung als Handelsraum übergeben wurde.175 Im Börsensaal wurden neben Aktien einige Jahre lang auch Rentenwerte gehandelt. Ein überliefertes Foto des Börsensaals zeigt, dass der ‚Parketthandel‘ nicht auf Parkett, sondern auf einem Steinfußboden stattfand.176 Mit einigem Stolz vermerkte die IHK, dass der mit einem Kostenaufwand von rund 1,5 Millionen D-Mark ausgebaute Saal in gelungener Weise fortschrittliche technische Neuerungen mit gediegener, schlichter Ausstattung vereine, „wie sie der Bedeutung und Tradition des Frankfurter Börsenplatzes zukommt“177, ohne dabei auf Repräsentation zu verzichten.

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Kurse wurden mit Genehmigung der Militärregierung ab März 1946 veröffentlicht, ein erstes Kursblatt über die festgestellten Kurse im ‚kontrollierten Freiverkehr‘ erschien am 16. Dezember 1946. Während an den anderen Börsenplätzen weiterhin die aus der Kriegszeit geltenden Preislimits beibehalten wurden, hatten die Kurse in Frankfurt anfangs nach mündlicher Zustimmung eines amerikanischen Finanzoffiziers zunächst das Kurslimit um 10 bis 15 Prozent übersteigen dürfen.178 Die daraus resultierenden Arbitragemöglichkeiten sorgten aber dafür, dass schon Ende Februar 1946 die Überschreitung der Stoppkurse wieder untersagt wurde.179 Der folgenden Tabelle der in Reichsmark notierten Umsätze an der Frankfurter Börse von 1946 bis 1950 ist zu entnehmen, dass die Börsenumsätze in Renten die Umsätze in Aktien in der Regel übertrafen. Ein in der Tabelle nicht ausgewiesener Vergleich weist darauf hin, dass die außerbörslichen Umsätze bis zur Währungsreform im Durchschnitt über 70 Prozent aller Umsätze in Renten und Aktien ausmachten, während sie im Anschluss an die Währungsreform weniger, aber immerhin noch 50 bis 60 Prozent aller Umsätze betrafen.180 Tabelle 1: Umsätze an der Frankfurter Börse 1946 bis 1950 (in 1.000 Reichsmark)

Jahr

Aktien

Renten

1946

16.521

20.867

1947

16.415

35.059

1948

27.921

37.346

1949

69.699

66.153

1950

71.170

81.416

Quelle: Strathus, Kapitalmarkt, Tabelle A, S. 130–131.

Neubeginn an den anderen deutschen Börsen

Neben Frankfurt bemühten sich nach Kriegsende auch alle anderen Börsenplätze in den Westzonen um eine frühzeitige Wiedereröffnung, während die in der sowjetischen Besatzungszone und Polen liegenden Börsen in Leipzig (in der 1935 die Börsen in Chemnitz, Dresden, Halle und Zwickau aufgegangen waren) und Breslau endgültig geschlossen blieben.181 Am 9. Juli 1945 konnte die älteste deutsche Börse, die Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg, den Handel wieder aufnehmen.182 Sogleich konzentrierten sich dort die Börsengeschäfte, da die Großbanken nach der Einnahme Berlins durch die Rote Armee ihre Filialen in den Westzonen von Hamburg aus steuerten. Hamburg entwickelte sich vorübergehend zum wichtigsten Finanzplatz in Westdeutschland. 64

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Die Börse in Hannover öffnete am 1. April 1946. An der besonders auf Montanwerte spezialisierten Rheinisch-Westfälischen Börse in Düsseldorf, die 1935 den Handel der Börsenplätze Köln und Essen mit übernommen hatte, begann der Handel als kontrollierter Freiverkehr am 1. April 1946. Amtliche Kurse wurden in Düsseldorf erst wieder ab Mai 1949 notiert. Düsseldorf als Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, dem industriellen Kern Westdeutschlands, konnte einige Jahre später Hamburg als führenden Finanzplatz in Westdeutschland ablösen, seine Börse entwickelte sich bis Ende der 1960er-Jahre zum umsatzstärksten Handelsplatz in Westdeutschland.183 Sogar die Bremer Wertpapierbörse, deren Geschäfte im Zuge des Gesetzes über den Wertpapierhandel zum 1. Januar 1937 von der Hanseatischen Börse in Hamburg übernommen worden waren,184 wurde nach dem Krieg wieder aktiv. Bereits am 13. November 1945 wurde im Senat der Hansestadt berichtet, dass die US-Militärregierung der Eröffnung einer Börse in Bremen grundsätzlich zugestimmt habe. Der amtliche Handel wurde in Bremen allerdings erst am 16. Februar 1949 wieder aufgenommen.185 Ebenso arbeiteten auch die Börsen in München und Stuttgart wieder. In Stuttgart wurde ab dem 5. November 1945 im amtlich geregelten Freiverkehr gehandelt und am 1. März 1950 auch der amtliche Handel wieder aufgenommen.186 An der Börse in München, die 1935 mit der Augsburger Wertpapierbörse zur Bayerischen Börse in München zusammengeführt worden war, wurde der am 27. April eingestellte Geschäftsbetrieb bereits am 10. August 1945 wieder aufgenommen, somit die zweite deutsche Börsenöffnung nach Hamburg. Er betraf sowohl Freiverkehr als auch wieder den amtlichen Handel, allerdings ausschließlich in Papieren, die dort bereits vor dem Krieg notiert worden waren. Diese Sonderregelung resultierte daraus, dass der Münchner Handelsverein als privatrechtliche Institution Träger der Börse war und Bayern schon bald nach Kriegsende eine Regierung besaß, die die Erlaubnis eigenverantwortlich erteilen konnte.187 Das Börsengebäude der vor dem Krieg umsatzstärksten deutschen Börse, der Berliner Börse, war am 3. Februar 1945 schwer beschädigt und im Rahmen der anschließenden Kampf handlungen fast vollständig zerstört, die Ruine nach Kriegsende vollständig abgetragen worden.188 Der am 18. April 1945 eingestellte Handel wurde erst am 19. Juli 1950 wieder aufgenommen, und vor dem Hintergrund der erschwerten Rahmenbedingungen fand ein amtlicher Handel sogar erst wieder ab dem 11. März 1952 statt. Der „mehr als fünfjährige Vorsprung des westdeutschen Börsenverkehrs zusammen mit dem alliierten Verbot, Effekten nach Berlin zu versenden, und mit der Verzögerung der Berliner Wertpapierbereinigung hatte dazu geführt, dass Stücke mit Lieferbarkeitsbescheinigungen noch knapper waren als in Westdeutschland; ein Handel in solchen Werten erwies sich daher zunächst als nicht durchführbar.“189 In der Sitzung der deutschen Börsenvorstände in Hamburg am 29. Oktober 1946 wie sie hier als Beispiel für den bald nach Kriegsende wiederstattfindenden überregionalen Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Austausch zwischen den Börsen erwähnt werden soll, fehlte offenbar ein Vertreter der Berliner Börse. Behandelt wurden auf der Sitzung, die der britische Vertreter des Militärrates, Mr. Hoare, zugleich im Namen der beiden amerikanischen Vertreter, Mr. Frederick und Mr. Erdman, eröffnete, insbesondere Fragen der Vereinheitlichung der Usancen für den Handel an den Börsen der drei Westzonen. Inhaltlich betraf dies beispielsweise den zwischen der Börse München und den anderen Börsen heftig umstrittenen Umgang mit Talons festverzinslicher Wertpapiere, soweit diese nicht bezahlt worden waren. Erörtert wurden zahlreiche Details wie z. B. die Frage des Affidavits zur Bescheinigung der Lieferbarkeit von Wertpapieren, die Koordinierung von Börsenzeiten sowie von Maklergebühren.190 Nach Kriegsende verlor also die Berliner Börse ihre Funktion als deutsche Leitbörse. Sie konnte auch später nicht mehr an ihre einstmals führende internationale Stellung anknüpfen.191 Die speziellen Berliner Verhältnisse und der Verlust der im sowjetischen Sektor der Stadt gelegenen Großbankenzentralen hatten die Berliner Börse in eine besonders ungünstige Ausgangsposition gebracht.192 Somit konnte Jahre später Frankfurt das Erbe Berlins antreten. Beginnender Wettbewerb unter den Börsenplätzen

An allen Börsenplätzen in Westdeutschland waren die Umsätze und Emissionsaktivitäten bis zur Währungsreform, aber auch nach der Wiederaufnahme des amtlichen Handels durchaus bescheiden. Ein wesentlicher Grund dafür lag auch in der vorerst mangelhaften Vernetzung der in den verschiedenen Besatzungszonen tätigen Börsen, die untereinander nur mühsam kommunizieren konnten. ‚Der Spiegel‘ zitierte damals einen Börsianer aus Hamburg, der über die individuelle Lösung des Kommunikationsproblems in seinem Bereich berichtete: „Wollten wir uns damals mit einer Börse der amerikanischen Zone verständigen, telefonierten wir unsere Kurse nach Hannoversch-Münden. […] In Münden schwang sich unser Mittelsmann aufs Fahrrad und radelte an die Zonengrenze. Auf der anderen Zonenseite wartete der zweite Mann, der das Rad übernahm und nach Kassel fuhr. Dort rief er die Börse München an, gab die Hamburger Kurse durch und erfuhr die Münchener Kurse. Eilig radelte er zurück an die Grenze, übergab Kurse und Rad seinem Kollegen, der nach Münden fuhr und dann mit Hamburg telefonierte.“193 Die schwachen Umsätze resultierten neben den Kommunikationsproblemen auch daraus, dass sich große Teile der prinzipiell verfügbaren Aktien in festen Händen befanden und langfristige, nicht spekulative Anlagen in Aktien vorgenommen worden waren, so dass immer weniger Aktien auf den Markt gelangten.194 Darüber hinaus konnten vor der Wertpapierbereinigung nur effektive Stücke gehandelt werden. Die wenigen Neuemissionen dieser Zeit erweiterten das Angebot an Wertpapieren kaum. So stellte die Bank deutscher Länder in ihrem Monatsbericht vom April 1949 bezeichnenderweise fest: „Am Aktienmarkt herrscht nach wie vor Emissionsstille. Sie ist auf die 66

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noch immer ungeklärte Bewertungs- und Ertragslage der Industrie zurückzuführen. Lediglich in Sonderfällen kam es zu Emissionen, die allerdings nicht vom breiten Publikum aufgenommen wurden.“195 Und auch im Monatsbericht Juli 1949 berichtete die Bank, dass insbesondere die Aktienmärkte nahezu geschäftslos lagen. Es ist erstaunlich, dass die Börsen in den westlichen Besatzungszonen und nachher in der Bundesrepublik Deutschland einerseits ungemein rasch und aktiv an ihrer Wiedereröffnung arbeiteten, während andererseits ihre Aussichten auf ein reges Geschäft äußerst bescheiden waren. Vermutlich dienten die Aktivitäten in Frankfurt und an den anderen verbliebenen Börsenplätzen somit eher der Selbstvergewisserung der Börsenverantwortlichen als unmittelbar ökonomischen Zielsetzungen. Daneben förderten auch die jeweiligen Landesregierungen sowie die Banken vor Ort die Börsen, die als Keimzelle der Finanzplatzaktivitäten ihrer Landeshauptstadt angesehen wurden. Dabei ließ sich durchaus auch ein Wettbewerb zwischen den Börsenplätzen erkennen. So berichtete der Spiegel über ein Treffen der Börsenpräsidenten am 12. Mai 1949 in Düsseldorf, auf dem die Vorstände der deutschen Wertpapierbörsen Überlegungen anstellten, wie die „aggressiven“ Aktivitäten des damaligen Vorsitzenden der Frankfurter Wertpapierbörse Bartmann, die darauf zielten, „Berliner Werte nach Frankfurt zu ziehen, zu unterbinden seien“.196 Der Bankier und Vorstandsvorsitzende der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf, Forberg, verwies als Tagungsvorsitzender unter dem harmlos klingenden Tagesordnungspunkt „Zulassungsbedingungen für den amtlichen Börsenverkehr“ auf ein Rundschreiben des Frankfurter Börsenvorstands, „der zahlreiche Gesellschaften um Zustimmung gebeten habe, ihre Emissionen, soweit sie an der Berliner Börse amtlich zugelassen waren, in den amtlichen Verkehr der Frankfurter Börse einzuführen“. Gegen diese ohne Kenntnis der übrigen Börsen vorgenommene Aktion wurde heftig protestiert.197 Die Börse in Düsseldorf, die zunächst von der Frankfurter Aktion überrascht worden war, danach aber ebenfalls werbende Maßnahmen ergriffen hatte, willigte nach der Diskussion auf der Börsentagung wie Frankfurt in den Beschluss ein, sich „zur Flurbereinigung“ den Beschlüssen einer einzurichtenden Kommission aller Börsen zu unterwerfen. Bartmann erklärte sich darüber hinaus bereit, an die hessische Bankenaufsicht „wegen Sistierung der Zulassung an der Frankfurter Börse heranzutreten.“198 Um eine Zersplitterung des Marktes zu vermeiden, einigten sich die Börsen schließlich darauf, dass Wertpapiere von Gesellschaften mit einem Aktienkapital bis zu 10 Millionen Reichsmark nur bei der Börse notiert werden sollten, in deren Bereich das Unternehmen seinen Sitz hatte, bei größeren Aktiengesellschaften aber keine Bedenken gegen die amtliche Notiz an mehreren Börsen bestünden.199 Im Rahmen der neuen Regeln versuchte die Frankfurter Börse auch in der nachfolgenden Zeit, „weitere Wertpapiere von Gesellschaften mit Sitz im Bundesgebiet, die früher an den s. Zt. geschlossenen Börsen, vor allem an der Berliner Börse eine amtliche Notiz hatten, im vereinfachten Verfahren (ohne Prospekt und gebührenfrei) in den amtlichen Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse einzuführen.“200 Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Hemmend auf die Geschäftstätigkeit der Börsen wirkte sich neben der bereits erwähnten Fortdauer der Kursstoppverordnung aus, dass der Aktienmarkt angesichts der drohenden Konzernentflechtungen, der Sozialisierungsdiskussionen und der Demontageabsichten der Militärregierungen durch große Unsicherheit geprägt war.201 In Reichsanleihen durfte überhaupt kein Handel stattfinden. Andererseits gab es aufgrund der wachsenden Furcht vor einem Währungsschnitt und der einsetzenden Flucht aus der Reichsmark durchaus eine lebhafte Nachfrage nach Anlagemöglichkeiten, die bei einem Währungsschnitt eine bessere Behandlung als Geldbestände und Bankeinlagen erwarten ließen. Die latente Nachfrage konnte aber durch die Nichtlieferbarkeit der meisten Papiere nach Kriegsende nicht befriedigt werden. Erst die ab 1947 einsetzenden Verfahren der Wertpapierbereinigung und die Währungsreform von 1948 ermöglichten dem Kapitalmarkt ein Umfeld, in dem die Börsen auf höhere Umsätze und handelbare Neuemissionen hoffen konnten.

3. Wertpapierbereinigung als Voraussetzung eines geordneten Börsenhandels Das Schicksal der Wertpapierdepots in Berlin

Die Notwendigkeit der sogenannten Wertpapierbereinigung war eng mit dem Schicksal der Reichsbank, der Großbanken und der Börse in Berlin verbunden. Viele Wertpapierurkunden waren durch Bombenschäden sowie durch Evakuierungen und Vertreibung vernichtet worden, so dass sie für den Handel überhaupt nicht mehr zur Verfügung standen. Andere waren nicht mehr verfügbar, weil 1942 im Zuge sogenannter Kriegsvereinfachungsmaßnahmen den Kassenvereinen die Verantwortung für die Sammelverwahrung entzogen und auf die Deutsche Reichsbank übertragen worden war. Zugleich waren die Geschäftsbanken gezwungen worden, Wertpapiere aus ihren regionalen Streif banddepots zur Reichsbank in die Sammelverwahrung zu verlagern. Nach Kriegsende befanden sich nun aber die Zentrale der Reichsbank ebenso wie die Hauptstellen der Großbanken im sowjetisch kontrollieren Sektor Berlins, wo die Tresore der Reichsbank beim Einmarsch der Roten Armee gesprengt worden, und alle Banken geschlossen sowie unter die Aufsicht der sowjetischen Besatzungsmacht gestellt worden waren. Mit Befehl Nr. 1 hatte der sowjetische Stadtkommandant am 28. April 1945 alle Bankgeschäfte verboten, die Schließung sämtlicher Banken und die Sperrung aller Konten angeordnet.202 Da mehr oder weniger alle nicht bereits früher vernichteten oder geplünderten Wertpapiere in den Depots der Reichsbank oder in den ebenso wenig erreichbaren Zentralen der Berliner Großbanken im Ostsektor lagerten, konnten die rechtmäßigen Besitzer nicht mehr über ihr Eigentum verfügen.

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Käufe und Verkäufe von Wertpapieren blieben daher im Wesentlichen zunächst auf die wenigen in den Westzonen noch verbliebenen effektiven Stücke beschränkt, die sich in der Eigenverwahrung ihrer Eigentümer oder doch noch in einigen Streif banddepots der in den Westzonen gelegenen Banken befanden. Aber selbst in diesen Fällen konnte die Rechtmäßigkeit des Wertpapierbesitzes häufig nicht mehr einwandfrei geklärt werden. Darüber hinaus kamen weitere Wertpapiere in Umlauf, von denen eine Einlagerung bei der Reichsbank behauptet wurde. Auch solche Papiere wurden nach Frankfurt gebracht, um sie dort zu Geld zu machen.203 Die wiedereröffneten Wertpapierbörsen in den Westzonen sprachen sich untereinander ab, nur für solche Wertpapiere eine börsenmäßige Lieferbarkeit anzunehmen und damit Handel zuzulassen, bei denen die Rechtmäßigkeit des Besitzes geprüft und durch eine von den Banken ausgestellte Lieferbarkeitsbescheinigung, ein Affidavit, bestätigt worden war. Solche Wertpapiere wurden ab Oktober 1947 mit dem Erlass der ‚Bestimmungen über die Ausstellung von Lieferbarkeitsbescheinigungen im Währungsgebiet‘ handelbar gemacht. Stücke ohne Lieferbarkeitsbescheinigung galten dagegen nicht mehr als zur effektiven Erfüllung eines Börsenverkaufs geeignet. Diese Regelung bezog sich freilich nur auf den kleinen Teil der Wertpapiere, für den überhaupt effektive Stücke vorlagen. Diese Fragen beschäftigten die Vertreter der Börsen der Bizone noch in weiteren Zusammenkünften, in denen z. B. umfangreiche Absprachen über verschiedene kritische Details der zum Teil undurchsichtigen Affidavit-Erteilung getroffen wurden.204 Regelungen im Wertpapierbereinigungsgesetz

Um eine praktikable Lösung für das Problem zu schaffen, dass sich die Eigentumsverhältnisse der nicht mehr zugänglichen Wertpapiere nicht feststellen ließen, wurde für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland am 19. August 1949 das Wertpapierbereinigungsgesetz (Gesetz zur Bereinigung des Wertpapierwesens) verkündet. Es regelte die Rechtsverhältnisse im Hinblick auf Wertpapiere, die vor Kriegsende emittiert und im Kriege vernichtet worden oder verloren gegangen waren, unzugänglich bei der Reichsbank in Berlin lagerten oder in der sowjetischen Besatzungszone beschlagnahmt worden waren. Alle Wertpapiere ohne Lieferbarkeitsbescheinigung wurden für kraftlos erklärt und im Zuge des Bereinigungsverfahrens durch neue Wertpapiere ersetzt.205 In der nachfolgenden Zeit befassten sich die Amtsgerichte als Anmeldestellen jahrelang mit diesen Prüfungen, so dass die Wertpapierbereinigung erst 1964 als abgeschlossen gelten konnte.206 Anstelle der kraftlos gewordenen Wertpapiere trat eine vom Austeller ausgefertigte Sammelurkunde, auf die die Anspruchsberechtigten, die ihr Wertpapierrecht geltend machten, nach Prüfung ihrer Berechtigung eine Gutschrift erhielten. Den Abschluss der Wertpapierbereinigung bildete die Auslösung der Sammelurkunden durch neue Einzelurkunden.

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Die konkrete Ausgestaltung dieses Verfahrens richtete sich nach der Art der verbrieften Rechte. Die Ausgabe neuer, auf D-Mark lautender Aktien setzte beispielsweise die Existenz einer DM-Eröffnungsbilanz der emittierenden Gesellschaft voraus, deren Wertansätze aber erst in zwei DM-Bilanzgesetzen von 1948 und 1952 festgestellt werden konnten. Die Umstellung der in Schuldverschreibungen verbrieften Gläubigerrechte erfolgte dagegen bereits auf Basis des Umstellungsgesetzes vom Juni 1948.207 Da die Umstellung der Schuldverschreibungen viele Sparer verarmen ließ, wurde im Gesetz zur Milderung von Härten der Währungsreform (Altsparergesetz) vom 14. Juli 1953 bestimmten Altsparern eine Entschädigung aus Mitteln eines Ausgleichsfonds gewährt. Durch eine erst Jahre später am 1. Januar 1957 in Kraft getretene Ergänzung zum Wertpapierbereinigungsgesetz wurde dessen Gültigkeit auf Wertpapiere ausgedehnt, deren Aussteller ihren Sitz erst später in den Geltungsbereich des Gesetzes verlegt hatten. Schließlich wurde in einer letzten Ergänzung als Schlusstag für die Wertpapierbereinigung der 31. Dezember 1964 festgelegt. Danach galt das Wertpapierbereinigungsverfahren als abgeschlossen, und es konnten keine Anträge mehr auf Zulassung zur Wertpapierbereinigung gestellt werden.208 Aufbau der Kassenvereine als Wertpapiersammelbanken

Die Wertpapierbereinigung ermöglichte nicht nur die Rückkehr zu einem geordneten Effektenhandel, sondern förderte auch die Wiedererrichtung eines dezentralen Systems von Kassenvereinen als Wertpapiersammelbanken.209 Die Kassenvereine, die sich schon früh in die Aufgaben der Wertpapierbereinigung eingeschaltet hatten, wurden an allen Börsenplätzen mit der Aufgabe der Durchführung der Sammelverwahrung, des Effektengiroverkehrs einschließlich des Jungscheingiround Schuldbuchgiroverkehrs sowie des Geldverkehrs mit den Kontoinhabern betraut. Darüber hinaus übernahmen die Kassenvereine die rechtzeitige Information der Banken über die Ausübung von Bezugsrechten, über die Ausgabe neuer Urkunden und über andere für den Wertpapierverkehr und die Abrechnung relevante Maßnahmen. Die Kassenvereine aller deutschen Börsen schlossen sich zu einer losen Vereinigung zusammen, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kassenvereine, deren Aufgabe insbesondere in der Entwicklung einer einheitlichen Organisation des Effektengiroverkehrs bestand. In Frankfurt wurde die Frankfurter Kassenverein AG 1949 unter Mitwirkung von Hans Heinrich Hauck als Wertpapiersammelbank gegründet. Hauck wurde danach auch zum ersten Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt und hatte dieses Amt bis zu seinem Tod 1964 inne.210

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II. Wiederbelebung des Kapitalmarktes in den Jahren des ‚Wirtschaftswunders‘ 1. Währungsreform und Börsenhandel

Die Entwicklung der Börsen in der Nachkriegszeit erfuhr durch die von den Amerikanern durchgesetzte und vom damaligen Direktor der Verwaltung für Wirtschaft im Vereinigten Wirtschaftsgebiet, Ludwig Erhard, mit einer Auf hebung von Preiskontrollen und Bewirtschaftungsmaßnahmen verbundene Währungsreform von 1948 einen entscheidenden Impuls.211 Der ebenso drastische wie wirkungsvolle Währungsschnitt zeigte nicht nur rasche positive und sichtbare realwirtschaftliche Auswirkungen, die später als Beginn des Wirtschaftswunders angesehen wurden, er schuf mit der Einführung der Deutschen Mark auch eine neue Basis für alle Geldgeschäfte, die einen normalen Wertpapierhandel, realistische Kursfeststellungen und die Erstellung aussagefähiger Kursvergleiche ermöglichte. Zugleich bremste die Währungsreform aber auch die wirtschaftliche Erholung, weil die Sowjets auf die Währungsreform unmittelbar mit der Blockade West-Berlins reagierten und diese erst ein knappes Jahr später wieder auf hoben, sodass die Luftbrücke eingestellt werden konnte. Die verstärkte Westbindung mündete im April 1951 in der Gründung der ersten europäischen Institution, nämlich der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, der Montanunion, durch Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Modalitäten des Währungsschnitts

Vorbedingung für eine Währungsreform, die schon länger erwartet worden war, weil sie auch in den Nachbarländern bereits stattgefunden hatte, war die Existenz einer Zentralbank. Diese Zentralbank war zum 1. März 1948 als Bank deutscher Länder errichtet worden und erhielt am Tag der Währungsreform durch das sogenannte Emissionsgesetz das Recht zur Ausgabe der (in den USA gedruckten) D-Mark Banknoten. Das zugleich in Kraft getretene Währungsgesetz bestimmte in § 1: „Mit Wirkung vom 21. Juni 1948 gilt die Deutsche-Mark-Währung.“212 Auf der Basis des am Sonntag, 20. Juni 1948, in Kraft getretenen Emissionsgesetzes wurde den Bürgern am gleichen Tag an den für sie zuständigen Lebensmittelkartenstellen ein ‚Kopfgeld‘ von 40 D-Mark ausgezahlt und sie erhielten später weitere 20 D-Mark. Alle Barmittel in Reichsmark mussten auf Reichsmarkkonten eingezahlt werden und wurden im Verhältnis 10 Reichsmark zu 1 D-Mark umgestellt. Den Unternehmen und Angehörigen freier Berufe wurden Anfangsbeträge auch für ihre Mitarbeiter ausgezahlt. Regelmäßige Geldzahlungen wie Löhne und Gehälter, Renten und Pensionen sowie Mieten wurden 1:1 umgestellt. Zur Umstellung des Nennbetrags von Aktien wurden keiBörse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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ne besonderen Vorschriften erlassen, so dass die Generalklausel zur Anwendung kam, wonach vorbehaltlich besonderer Vorschriften ein Umstellungsverhältnis der Reichsmark in D-Mark von 1:1 galt.213 Schuldverschreibungen, Hypotheken und sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten wurden im Verhältnis 10 Reichsmark zu 1 D-Mark umgestellt, Reichsanleihen wurden zunächst vollständig entwertet, erhielten aber später nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz einen Ersatz von 6,5 Prozent ihres Nominalwertes.214 Voraussetzung für die Funktion der D-Mark als Zahlungs- und Wertauf bewahrungsmittel war die Akzeptanz der neuen Währung in der Bevölkerung. Diese hatte sich geradezu schlagartig eingestellt, als mit der neuen Währung am 21. Juni 1948 quasi über Nacht die bis zu diesem Zeitpunkt leeren Schaufenster in Westdeutschland wieder mit Waren gefüllt waren. Drei Tage danach wurden mit dem Leitsätzegesetz viele Preise freigegeben, die bis dahin streng reguliert worden waren.215 Da die Aktiva der Banken (überwiegend Forderungen an das nicht mehr existierende Reich) die Einlagen der Privaten und Unternehmen in aller Regel nicht decken konnten, wurde die Lücke durch Ausgleichsforderungen gegen das Vereinigte Wirtschaftsgebiet (später die Bundesrepublik) und die Länder aufgefüllt. Die Ausgleichsforderungen in den Büchern der Banken waren niedrig verzinst und sollten als Kriegsfolgelasten vom Bund langfristig zurückgezahlt werden.216 Neben der Umstellung von Geldforderungen und -verbindlichkeiten musste zudem die Ungleichbehandlung von Geld- und Sachvermögen möglichst ausgeglichen werden. Diese technisch noch schwierigere und politisch undankbare Aufgabe des Lastenausgleichs hatten die Alliierten von der Währungsreform getrennt und der deutschen Seite überlassen. Der Währungsschnitt hatte sich ja nur auf Finanztitel, nicht aber auf Sachvermögen bezogen. Das Soforthilfegesetz vom August 1949 und das Gesetz über den Lastenausgleich vom 14. Januar 1952 zielten darauf ab, einerseits den durch Kriegseinwirkungen besonders Geschädigten sowie den Vertriebenen und Flüchtlingen einen „die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit und die volkswirtschaftlichen Möglichkeiten berücksichtigenden Ausgleich von Lasten und auf die zur Eingliederung der Geschädigten notwendige Hilfe“ zukommen zu lassen. Andererseits wurde denjenigen, denen nach dem Krieg noch ein erhebliches Vermögen verblieben war, eine Lastenausgleichsabgabe in Form einer Vermögensabgabe, einer Hypothekengewinnabgabe und einer Kreditgewinnabgabe abverlangt, die auf die Hälfte des berechneten Vermögenswertes angesetzt wurde und über 30 Jahre verteilt in einen Ausgleichsfonds eingezahlt werden sollte.217 Mit dem Währungsschnitt wurden zwar der Geldüberhang der Privaten einerseits und die Schulden des Reichs andererseits ‚ausgebucht‘. Davon unberührt blieben aber die Schulden des Reichs gegenüber ausländischen Gläubigern, die in fremden Währun-

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gen valutierten. Für diese Schulden wurde erst mit dem Londoner Schuldenabkommen von 1953 eine Lösung gefunden.218 Die Ersparnisse der privaten Haushalte blieben über Jahre hinweg bescheiden, weil vorerst die Erfüllung der wirtschaftlichen Grundbedürfnisse die Sparfähigkeit der Bevölkerung eng begrenzte und zudem die Sparneigung der Bevölkerung wegen der zweimaligen Erfahrung einer fast völligen Geldentwertung innerhalb von nicht einmal drei Jahrzehnten äußerst gering war. Sparen konnten die Unternehmen, die ihren Kapitalbedarf weitgehend durch Selbstfinanzierung deckten. Finanzmittel anhäufen konnte wegen der steigenden Steuereinnahmen auch der Staat. „In der ersten Hälfte der fünfziger Jahre beliefen sich die Ersparnisse der öffentlichen Hand (Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen) auf mehr als zwei Fünftel der volkswirtschaftlichen Gesamtersparnis.“219 Auswirkungen des Währungsschnitts auf die Finanzmärkte

Vor dem Währungsschnitt fand bis einschließlich Freitag, 18. Juni 1948, ein ‚normaler‘ Börsenhandel statt, wobei ‚normalerweise‘ sehr schwache Umsätze zu verzeichnen waren. Dann wurden die Börsen geschlossen und blieben es auch nach Einführung der D-Mark noch für einige Zeit. In Frankfurt wurde der Börsenhandel erst am 14. Juli 1948 wieder aufgenommen. Industrieobligationen, Pfandbriefe und Kommunalobligationen wurden nun zu einem Bruchteil ihres letzten Reichsmark-Kurses gehandelt.220 Das Kursniveau am Aktienmarkt fiel – in D-Mark notiert – auf weniger als 10 Prozent des Schwarzmarktkursniveaus herab, ein Phänomen, das nicht leicht zu erklären ist. Stehle/Wulf und Richter favorisieren die Hypothese, dass „der Kurssturz die Erwartungshaltung über den Lastenausgleich widerspiegelte.“221 In den Monaten danach zogen die Börsenkurse für Aktien deutlich an, so dass sich das Kursniveau 1949 gegenüber dem Tiefstand nach der Währungsumstellung bereits mehr als verdoppelte. 1954 erreichten die Kurse wieder den Wert vom Juni 1948 und lagen im weiteren Verlauf weit oberhalb der maximalen Vorkriegswerte. In der Zwischenzeit hatte das Gesetz zur Auf hebung der Dividendenabgabeverordnung vom 15. Dezember 1952 auch den Weg für die Beseitigung der seit 1934 bestehenden Restriktionen bei der Ausschüttung von Dividenden frei gemacht, was den Aktienkursen sicher zu Gute gekommen war.222 Die positive Kursentwicklung ergab sich auch aus der Erkenntnis, dass der „Substanzwert der Unternehmungen trotz der Kriegsverluste größer war, als man zunächst angenommen hatte“.223 Sie wurde schließlich von den Ergebnissen des am 30. August 1949 verkündeten DM-Bilanzgesetzes beeinflusst, das alle Aktiengesellschaften zur Erstellung einer auf den 21. Juni 1948 datierten DM-Eröffnungsbilanz verpflichtet hatte.224 Da das Gesetz einen erheblichen Freiheitsgrad bei der Bewertung eröffnete, ergab sich für den Anleger eine große Bandbreite in der Einschätzung der zukünftigen Bilanzwerte, die erst mit der konkreten Umstellung, zum Teil erst 1953, offenkundig wurden.225 Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Unabhängig davon kam es am Tag der Durchführung der Reichsmark-D-Mark-Umstellung zu technisch bedingten Kursreaktionen, die sich aus dem von den Aktiengesellschaften gewählten Umstellungsverhältnis für das Eigenkapital ergaben. Etwa die Hälfte der Unternehmen wählte für das Grundkapital ein Umstellungsverhältnis von 1:1, die durchschnittliche Umtauschrelation betrug allerdings 10:8,2, wobei die Abweichungen vom Durchschnitt zum Teil beträchtlich waren.226 Das DM-Bilanzgesetz zeigte für die Frankfurter Wertpapierbörse erst im Lauf der Jahre den angestrebten Erfolg. Während 1951 erst 10 Aktien auf D-Mark und 237 noch nicht umgestellt waren, waren es 1953 immerhin schon 130. Diese Zahl erhöhte sich bis 1955 auf 258 und bis 1956 auf 270. „Entsprechend dem für den Börsenhandel zur Verfügung stehenden Material entwickelten sich auch die Umsätze. Nimmt man den in dem Bundeshaushaltsplan vom 1. 4. 1950 bis 31. 3. 1951 festgestellten Börsenumsatz als Indexzahl mit 100, so ergibt sich für das Jahr 1953 ein Index von 323, für das Jahr 1954 ein Index von 540 und für das Jahr 1955 ein Index von 703. Bis zu diesem Jahr haben sich also die Umsätze etwa versiebenfacht.“227 Differenzierte Bewertungen der Währungsreform

Die Währungsreform zur Beseitigung des im Laufe des Krieges immer weiter angewachsenen Forderungsbestandes des privaten Sektors wie der Schuldenberge des Staates war eine drastische, aber letztlich erfolgreiche wirtschaftspolitische Maßnahme, die durch die finanzielle und psychologische Wirkung des Marshallplans, die Aktivitäten der zu seiner Umsetzung ab Anfang Januar 1949 tätigen Kreditanstalt für Wiederauf bau, sowie durch den Wiederaufschwung der Industrieproduktion infolge des ‚Korea Booms‘ zu Beginn der 1950er-Jahre flankiert wurde.228 Auch das von Alfred Müller-Armack mit dem Begriff der Sozialen Marktwirtschaft belegte neue wirtschaftspolitische Leitbild, 1947 in seinem Buch ‚Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft‘ dargelegt, beflügelte die Dynamik des Aufschwungs der deutschen Wirtschaft.229 In der wirtschaftshistorischen Literatur gibt es verschiedene Erklärungsmuster für das beeindruckende Wachstum, das zwischen 1950 und 1959 bei fast acht Prozent pro Jahr lag, sowie für die herausragende Stellung der deutschen Wirtschaft in Europa. In keinem dieser Erklärungsansätze spielen allerdings die Finanzmärkte oder die Börsen eine tragende Rolle.230 Zu dieser Beobachtung passt, dass die durchweg positive Bewertung der Währungsreform aus realwirtschaftlicher Perspektive keine Entsprechung in der Bewertung der damaligen Kapitalmarktpolitik findet. Karl Häuser beispielsweise beschreibt diese Vernachlässigung eindrücklich: „Da bei der mit der Währungsreform verbundenen Rückkehr zur Marktwirtschaft zunächst der Kapitalmarkt ausgegrenzt wurde, weil sonst außerordentlich hohe Zinssätze zu erwarten gewesen wären, blieb der offizielle Kapitalmarkt bis etwa zur Mitte der fünfziger Jahre ein Kümmerling und sogar noch jahrelang danach ein Problemkind. Die kapitalmarktpolitische Paradoxie bestand darin, dass die hohen Wachstumsraten während des sogenannten Wirtschaftswunders und die dazu erforderliche Kapitalbildung nahezu unter Ausschluss 74

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des Kapitalmarktes erzielt worden sind. Die Kapitalbildung erfolgte im ersten Jahrzehnt nach der Währungsreform vorwiegend durch Selbstfinanzierung und über die öffentlichen Haushalte, das heißt über eine Art Zwangssparen.“231 Die für die Nachkriegszeit typische politische Haltung der öffentlichen Hand und der Zentralbank, „als ob es keinen Kapitalmarkt gebe,“232 war auch bereits Gegenstand zeitgenössischer Beobachtungen. So mahnte bereits der Wissenschaftliche Beirat bei der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in seinem Gutachten vom 26. Februar 1950 an, dass die Wiederherstellung eines funktionsfähigen Kapitalmarktes von vordringlicher Wichtigkeit sei. Die einseitige Begünstigung der Selbstfinanzierung, wie sie die neuen Steuervorschläge vorsähen, stünden dazu in Widerspruch.233 Und in seinem Gutachten vom 10. Juni 1950 stellte das nun in ‚Wissenschaftlicher Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium‘ umbenannte Gremium fest, dass zur Steigerung der Investitionen auch die Schaffung eines wieder funktionsfähigen Kapitalmarktes im Gesamtzusammenhang einer allgemeinen Förderung der Kapitalbildung erforderlich sei. Die Börse solle wieder funktionsfähig gemacht werden, so dass auch die in Wertpapierform emittierten Anlagen aller Art einen möglichst liquiden Charakter bekämen.234 Die äußerst verhaltene Kapitalmarktentwicklung betraf den Primärmarkt für Emissionen ebenso wie die Börsen als Sekundärmärkte. Zum Teil konnten die Gesellschaften auch keine Aktien emittieren, weil ihre Kurse noch unter pari notierten und somit keine Neuemissionen zulässig waren. Entscheidend war aber die Abstinenz der Anleger gegenüber Aktien. Auch der Absatz festverzinslicher Wertpapiere blieb im breiten Publikum auf Sonderfälle beschränkt. „1952 lassen sich erstmals mehr als 1 Milliarde DM Rentenwerte bei Anlegern aller Art unterbringen. Die höheren Emissionsziffern führen in die Irre: 1948/49 wurden zwar für 1,4 Milliarden DM festverzinsliche Wertpapiere begeben, doch ließ sich nur etwa ein Drittel auch platzieren.“235 Der mit der Währungsreform verbundene Neuanfang hatte zwar die reale Wirtschaftsentwicklung stimuliert, von ihm waren aber keine eigenständigen positiven Impulse für den Kapitalmarkt und insbesondere nicht für den Aktienmarkt ausgegangen. Das lag an der geringen Sparfähigkeit und Sparwilligkeit der privaten Haushalte ebenso wie an der weitgehenden Investitionsfinanzierung der öffentlichen Hand aus Steuereinnahmen sowie der komfortablen Ausstattung der Unternehmen mit eigenen Mitteln aus ihrer Selbstfinanzierungskraft, die den Gang an die Börse nicht notwendig machte.

2. Kapitalmarktspaltung durch steuerliche Privilegien

Wertpapierabsatz und Wertpapierhandel kamen somit nach der Währungsreform nur mühsam in Gang. Die Bank deutscher Länder berichtete in ihrem Monatsbericht vom Juli 1949, dass der Absatz von Wertpapieren, obwohl für die Fortführung der InvestitionsBörse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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tätigkeit von großer Bedeutung, auch im Juni keine merkliche Belebung zeigte: „Das relativ geringe Interesse für Wertpapiere zeigt sich auch in dem Schattendasein, das die Börsen nun schon seit langem führen. Im Juni waren die Umsätze noch etwas geringer als in den Vormonaten: insbesondere die Aktienmärkte lagen nahezu geschäftslos.“236 Die staatlichen Bemühungen um die Förderung der Kapitalbildung bei den privaten Haushalten und im Unternehmensbereich sowie die Lenkung der Kapitalströme in den Wohnungsbau erfolgten überwiegend über steuerliche Begünstigungen und Anreize für privilegierte Anlagen in Versicherungs- und Bausparverträgen, also außerhalb der Börsen. Das Kapitalverkehrsgesetz von 1949

Der neuerliche, nach der Hyperinflation 1923/24 notwendig gewordene Währungsschnitt von 1948 und das daraus resultierende Misstrauen der Menschen gegenüber allen Finanztiteln war auch Jahre später noch so groß, dass man zumindest im politischen Diskurs nicht glaubte, Angebot und Nachfrage auf den Finanzmärkten sich selbst überlassen zu können. Während der ersten Hälfte der 1950er-Jahre wurde daher mit Hilfe von Gesetzen und administrativen Maßnahmen versucht, die Anlagemittel so zu lenken, dass der Wohnungsbau und die Durchführung sozialpolitisch motivierter Projekte begünstigt und dadurch gefördert würden.237 Die gesetzgeberische Basis, die diese Entwicklung unterstützen sollte, war zunächst das am 2. September 1949 in Kraft getretene Gesetz über den Kapitalverkehr. Das Gesetz machte die Emission von Anleihen von einer staatlichen Genehmigung abhängig. Zur Erteilung der Genehmigungen und der Festlegung des Zinssatzes wurde beim Bundesfinanzministerium ein Kapitalverkehrsausschuss eingerichtet, der über die Anträge zur Begebung von Schuldverschreibungen befinden und damit das gesamte Emissionsvolumen und den Kapitalmarktzins steuern sollte. Genehmigungen durch das Bundesfinanzministerium erfolgten nach der Äußerung des Kapitalverkehrsausschusses. Während Emissionen von Inhaberschuldverschreibungen bereits aus Gläubigerschutzgesichtspunkten einer Genehmigungspflicht unterlagen, diente die neue Genehmigungspflicht der Kapitallenkung. Emissionen wurden nur genehmigt, wenn sie einen festgelegten Höchstzinssatz nicht überschritten, bei Pfandbriefen z. B. 5 Prozent bei einem Ausgabekurs von 98 Prozent. Der Höchstsatz für den Zins bei Industrieobligationen wurde gleichzeitig auf 6,5 Prozent gesetzt. Ab einem Emissionsvolumen von einer Million D-Mark unterlagen auch Aktienemissionen einer Genehmigungspflicht.238 Im Rückblick beurteilte Helmut Schlesinger, von 1991 bis 1993 Präsident der Deutschen Bundesbank, die Regelungen äußerst kritisch: „Der erlaubte Nominalzins von 5 Prozent war ein reiner Wohltätigkeitssatz zugunsten des Wohnungsbaus, der den Marktverhältnissen nicht entsprach. Wertpapiere dieser Ausstattung wurden vor allem an öffentliche Stellen, im Wesentlichen an Sozialversicherungen, verkauft. Dabei handelte es sich gewissermaßen um Durchleitgelder dieser Stellen für den sozialen Wohnungsbau. Auch Banken erwarben z. T. solche Papiere. Die 76

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zunehmende Kritik an dieser Politik zwang schließlich zu einer Revision. Es ist vermutlich kein Zufall, daß sie erst erfolgte, nachdem am 30. August 1952 die ressortmäßig zuständige Abteilung ‚Geld und Kredit‘ aus dem Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums ausgegliedert und vom Bundeswirtschaftsministerium übernommen wurde, dem, mit Ludwig Erhard an der Spitze, der Zinsdirigismus ein Dorn im Auge war.“239 Wenn auch im Gefolge des Kapitalverkehrsgesetzes insgesamt eine gewisse Zunahme des Wertpapierabsatzes zu verzeichnen war, so war gleichzeitig zu beobachten, dass sich die privaten Anleger weitgehend vom Rentenmarkt zurückzogen und die Wertpapiere überwiegend von öffentlichen Stellen gezeichnet wurden. Daneben bildeten sich ‚graue Rentenmärkte‘.240 Die Ausgabe der ‚Sozialpfandbriefe‘ führte nämlich zu „zinstreibenden Effekten für die Finanzierung von Investitionen außerhalb des sozialen Wohnungsbaus“. Zugleich behinderte und verzögerte das Angebot an solchen Papieren allgemeine Zinssenkungstendenzen am Kapitalmarkt, so dass die Sozialpfandbriefe die Zinssätze in dem nicht begünstigten Bereich auf einem unnötig hohen Niveau hielten.241 Folgewirkungen für die Unternehmensfinanzierung

Die Entwicklung des Brutto-Absatzes von Inhaberschuldverschreibungen überstieg erstmals im Oktober 1958 den Betrag von einer Milliarde D-Mark und erst ab 1953 stabilisierten sich die Absatzzahlen auf diesem Niveau. Betrachtet man allerdings nun noch das Teilsegment der Unternehmensanleihen, so findet man im Mai 1958 einen Spitzenwert von 306 Millionen D-Mark, der aber davor und danach nicht mehr erreicht wurde. Im Gegenteil kam es in den meisten Monaten zu keinerlei Bruttoabsatz inländischer Unternehmensanleihen. Die Bedeutung der – inländischen – Industrieanleihe für die Unternehmensfinanzierung stellte sich als vernachlässigbar dar. Das Kapitalverkehrsgesetz und die Politik des Kapitalverkehrsausschusses generierten zwar, wie gewollt, Mittel für den Wohnungsbau, verhinderten aber eine volkswirtschaftlich optimale Mittelallokation. Unternehmen mit einer befriedigenden Ertragslage konnten ohne Inanspruchnahme der Eigen- oder Fremdkapitalmärkte ‚aus eigener Kraft‘ die von ihnen gewünschten, aber möglicherweise nicht gewinnträchtigen Investitionen finanzieren. Hans Möller, der als einer der zehn deutschen Experten im ‚Konklave von Rothwesten‘ die Einführung der D-Mark in den westlichen Besatzungszonen mit vorbereitet hatte, beklagte die „offensichtliche Meidung des Kapitalmarktes nach der Währungsreform“.242 Und Karl Hax, Betriebswirtschaftler an der Universität Frankfurt am Main, stellte 1952 in einem Beitrag für die Fachtagung ,Die Kapitalausstattung der Unternehmung‘ des Instituts der Wirtschaftsprüfer die Brutto-Investitionen in Westdeutschland und deren Finanzierung für 1951 zusammen und ermittelte dabei folgende Größen:243

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Tabelle 2: Finanzierung der Brutto-Investitionen in Mrd. DM im Jahr 1951

Ersatzanlagen

7,41

Neuanlagen

15,83

Lageranbau

4,50

Abschreibungen

7,41

Langfristige Fremdfinanzierung

7,81

Kurzfristige Bankkredite

2,55

Selbstfinanzierung und Privatkredit

9,97

27,74

27,74

Quelle: Hax, Möglichkeiten, S. 120.

Die bilanzmäßig gestaltete Übersicht zeigt, dass externe Beteiligungsmittel in der Unternehmensfinanzierung quasi keine Rolle gespielt hatten, wohl aber die Finanzierung aus Abschreibungen und die Selbstfinanzierung der Unternehmen. Auch die Steuergesetzgebung begünstigte den Wohnungsbau, förderte aber durch die höhere Belastung ausgeschütteter gegenüber nicht ausgeschütteten Gewinnen darüber hinaus Investitionen, „die der volkswirtschaftlichen Dringlichkeit nicht entsprechen“.244 Über die Frage, ob mit der Dominanz der Selbstfinanzierung eine Fehlleitung der volkswirtschaftlichen Ressourcen verbunden war, wurde damals heftig gestritten. Sie war auch nur schwer zu beurteilen, denn einerseits wurden durch den hohen Selbstfinanzierungsgrad die einbehaltenen Überschüsse keiner Neubewertung am Kapitalmarkt ausgesetzt; andererseits schienen die „Struktureffekte der Dominanz der Selbstfinanzierung relativ unproblematisch“, weil es zu dieser Zeit im Wesentlichen darum ging, mit Hilfe bekannter Technologien vorhandene Bedürfnisse zu befriedigen und die Produktionskapazitäten dafür bereitzustellen. „In einer solchen Situation sind hohe laufende Gewinne vermutlich gute Indikatoren der relativen Knappheit der Güter.“245 Nachteilig für die Börsen wirkte sich auch die besondere steuerliche Behandlung von Aktienerträgen aus. Während der Körperschaftsteuersatz ab 1949 bereits bei 50 Prozent lag, wurde er 1951 noch einmal auf 60 Prozent angehoben. Die Aktionäre mussten zudem die ihnen zufließenden Dividenden nochmals als Einkommen versteuern, so dass Ausschüttungen zugunsten der Selbstfinanzierung vermieden wurden.246 Die Mittel blieben im Unternehmen und standen daher dem Kapitalmarkt nicht mehr zur Verfügung. Der Kölner Betriebswirtschaftler Schmalenbach stellte in Anbetracht der Diskriminierung der Aktie süffisant fest, dass man es in Deutschland für zweckmäßig gehalten habe, die Aktiengesellschaft für die ihr ursprünglich zugedachten Zwecke vollkommen unbrauchbar zu machen und diese nützliche Institution außer Dienst zu stellen.247 Das Kapitalmarktförderungsgesetz von 1952

Nach dem Auslaufen des Kapitalverkehrsgesetzes wurden die Finanzierungsbedingungen von 1952 bis Ende 1954 durch das Erste Gesetz zur Förderung des Kapitalmarktes vom 15. Dezember 1952 geprägt.248 Hinter dem kapitalmarktfreundlichen Namen des 78

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Gesetzes verbarg sich allerdings, dass die Kapitallenkung nun statt über staatliche Zinsvorgaben und Genehmigungsverfahren über eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Wertpapiererträge stattfand. Erträge aus bestimmten Schuldverschreibungen wurden steuerlich begünstigt, so dass sie entweder ganz von Ertragsteuern befreit oder aber einem pauschalen Kapitalertragssteuerabzug unterworfen waren. Andere Erträge waren voll zu versteuern. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung sollte wie zuvor Anreize zum Erwerb von Wertpapieren geben, deren Erlöse für den sozialen Wohnungsbau oder für andere förderungswürdige Projekte bestimmt waren.249 Im Ergebnis bewirkte das Gesetz eine steuerbedingte Spaltung des Rentenmarktes in drei Segmente: • in einen Markt für steuerfreie Anleihen, der insbesondere Emissionen der öffentlichen Hand sowie Pfandbriefe und Kommunalobligationen betraf, sofern die Erlöse für den sozialen Wohnungsbau zweckbestimmt waren, • in einen Markt für steuerbegünstigte Anleihen mit einer 30-prozentigen Besteuerung der Kapitalerträge, die auch für börsengehandelten Industrieobligationen galt, und • in den Markt für tarif besteuerte Anleihen als ‚Restmarkt‘, der aus allen nicht von der Steuer befreiten oder begünstigten Anleihen bestand.250 Mit dieser auch damals bereits heftig kritisierten und bekämpften Regelung konnten die Zinssätze formal freigegeben werden. Die Kapitallenkung fand nun indirekt über die unterschiedliche Besteuerung der Kapitalerträge statt. Als Reaktion auf das Angebot steuerfreier Anleihen erhöhte sich in der Folge auch in diesem Segment, wie erwartet, das Emissionsvolumen für Anleihen.251 Die erhöhten Emissionsvolumina hingen auch mit der zwischenzeitlichen Unterzeichnung des Londoner Schuldenabkommens am 27. Februar 1953 zusammen, das die Vorkriegsschulden aus dem Dawes- und dem Young-Plan sowie die Nachkriegsschulden der Bundesrepublik (Marshall-Plan) regelte und die Voraussetzungen für die Wiedereingliederung Deutschlands in den internationalen Wirtschafts- und Zahlungsverkehr schuf.252 Zur Einschätzung der Bedeutung des Kapitalmarktförderungsgesetzes muss man sich vor Augen halten, dass selbst Ende 1991 immer noch über 4 Milliarden D-Mark steuerfreie Anleihen aus den 1950er-Jahren im Umlauf waren. Dabei wurde Ende 1991 die Existenz dieser besonders lang laufenden Sozialpfandbriefe noch einmal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht, weil durch ein Steueränderungsgesetz von 1992 die steuerlichen Vorteile der bis 1954 emittierten Sozialpfandbriefe plötzlich abgeschafft wurden und der Wegfall der Steuerfreiheit zu einem drastischen Kursrutsch und einer längeren Aussetzung der Kurse führte. Wie sehr die Entwicklung des Aktienmarkts unter dieser Gesetzgebung litt, zeigte sich auch an den Nachholeffekten. So merkte der Bericht der IHK Frankfurt für 1954/55 an, es habe „das Auslaufen des Ersten Kapitalmarktförderungsgesetzes, durch welches die EmisBörse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

79

sion von Renten gegenüber Aktienemissionen vielfach bevorzugt worden war, […] das Interesse des anlegenden Publikums an neuen Aktien nicht unbeträchtlich wachsen lassen. Den alten Aktionären ist vielfach von den Gesellschaften eine Entschädigung für lange dividendenlose Jahre und für ungünstige Umstellungsverhältnisse durch günstige Bezugskurse gewährt worden.“253 In den Jahren 1958 bis 1960 kam es schließlich zu lebhafteren Umsätzen und kräftigen Kursgewinnen. Mit dem Auslaufen des Kapitalmarktförderungsgesetzes war die steuerliche Ungleichbehandlung weitgehend beseitigt worden und das Ausland hatte den deutschen Aktienmarkt als ‚zurückgeblieben‘ und die D-Mark als aufwertungsverdächtig entdeckt.254

3. Initiativen zur Stärkung der Wertpapierbörsen Erste Innovationen am Rentenmarkt

Nach der Währungsreform versuchten nicht nur der Staat, sondern auch die Unternehmen und Banken zur Finanzierung ihrer Projekte Mittel des Rentenmarktes zu attrahieren. Da die Unternehmen nicht über die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen verfügten, versuchten sie, ihre zu emittierenden Anleihen über eine innovative Ausgestaltung attraktiv zu machen. Nachdem im Oktober 1948 mit einer Anleihe der Schluchsee-Werke AG die erste DMark-Industrieanleihe begeben worden war, deren Nominalvolumen allerdings nur 10 Millionen D-Mark betragen hatte, kam es bereits 1949 zur Emission der ersten variabel verzinslichen Anleihe. Der Zinssatz dieser damals noch nicht als Floater bezeichneten Anleihe der Rhein-Main-Donau AG in München wurde auf einen Prozentpunkt über dem jeweiligen Diskontsatz der Bank deutscher Länder festgelegt. Nach unten wurde der Zinssatz ‚anlegerfreundlich‘ wie bei modernen Floor-Anleihen begrenzt, im Fall der Anleihe der Rhein-Main-Donau AG auf 6,5 Prozent. Die im Laufe der Zeit rasch steigende Kapitalnachfrage der Industrie führte zu steigenden Zinsen und zwang die Unternehmen zu Neuemissionen mit noch höheren Kupons. Zur Vermeidung weiter anziehender Zinssätze wurden weitere innovative Ausgestaltungen von Anleihen entwickelt bzw. wiederentdeckt, die die Absatzfähigkeit der Schuldverschreibungen verbessern helfen sollten. Beispielsweise wurde eine im Februar 1953 emittierte Anleihe der Deutschen Gold- und Silberscheideanstalt (Degussa) mit einem Gläubigerkündigungsrecht ausgestattet, das als ‚Degussa-Klausel‘ bekannt wurde. Die wechselvolle Geschichte der Industrieobligation in Deutschland verzeichnete nach dem Auslaufen der bis zum 31. Dezember 1954 befristeten Kapitalmarktförderung zum Ende der 1950er- sowie Ende der 1960er-Jahre eine Boomphase. Danach versank die Industrieobligation allerdings, zumindest als Inlandsanleihe, bis in die späten 1980erJahre hinein fast in der Bedeutungslosigkeit. 80

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Die öffentliche Hand am Rentenmarkt

Die erste öffentliche Anleihe der Bahn im Volumen von 500 Millionen D-Mark wurde im Juni 1949 privaten Anlegern angeboten, die sich allerdings sehr zurückhielten. Die Banken, die die Anleihe nicht fest übernommen hatten, konnten daher bei ihren Kunden nur 400 Millionen D-Mark unterbringen. Auch ein im März 1951 vom Bund gestarteter Versuch, mit der Ausgabe innovativer Titel, nämlich der Emission sogenannter Prämien-Schatzanweisungen, die Gunst der privaten Sparer zu gewinnen, brachte einen höchst bescheidenen Erfolg. Die wegen ihrer Stückelung zu 10 D-Mark als Baby-Bonds bezeichneten Schatzanweisungen boten für den einzelnen Anleger keinen festen Zins. Stattdessen wurde der pro Jahr für die gesamte Anleihe anfallende Zinsbetrag verlost, wobei Prämien von 500 D-Mark bis 50.000 D-Mark erreicht werden konnten. Trotz ihrer optisch attraktiv wirkenden Prämiensätze wurden nicht einmal 40 Millionen D-Mark der vorgesehenen 50 Millionen D-Mark abgesetzt, so dass im Herbst 1951 auf die Emission einer zweiten Tranche der Baby-Bonds verzichtet wurde. Von einer ansehnlichen Kapitalmarktinanspruchnahme durch den Bund konnte man erst 1952 sprechen, als der Bund unter Führung der Bank deutscher Länder am 11. Dezember 1952 die erste ,Bundesanleihe‘ emittierte, deren Zinsertrag, wie im Kapitalmarktförderungsgesetz vorgesehen, von allen steuerlichen Belastungen befreit war. Die Anleihe hatte ein Emissionsvolumen von 500 Millionen D-Mark, eine Laufzeit von 5 Jahren und einen Kupon von 5 Prozent. Von dieser Anleihe waren in einem ersten Schritt 403 Millionen D-Mark von einem Konsortium aus 72 Banken übernommen worden, der Rest verblieb zur Marktpflege bei der Bank deutscher Länder. Das Konsortium, das an die Tradition des ehemaligen Preußen- und Reichsanleihekonsortiums anknüpfte, wurde 1952 neu zusammengestellt und von da an als Bundesanleihekonsortium bezeichnet. Es sollte in Zukunft alle langfristigen Anleihen des Bundes und seiner Sondervermögen entweder in voller Höhe oder doch zum größten Teil übernehmen und am Markt platzieren.255 Die Auflegung der zweiten Bundesanleihe erfolgte erst 1959, ein Indiz dafür, dass gegenüber Anleihen der öffentlichen Hand als Folge ihrer rigorosen Entwertung durch die beiden Währungsschnitte immer noch große Skepsis bestand. Beispielsweise lagen 1956 die Renditen von Anleihen der öffentlichen Hand immer noch 0,7 Prozent-Punkte über den Renditen von Pfandbriefen, und erst nach Mitte der 1960er-Jahre kehrte sich das Verhältnis der Renditen dauerhaft um. Von da an lagen die Renditen der öffentlichen Anleihen – wie wir das heute gewohnt sind – dauerhaft unter denen der Pfandbriefe und der sonstigen inländischen Rentenwerte.256 Die Hansestadt Hamburg und das Land Hessen folgten der ersten Bundesanleihe mit steuerlich vergleichbar begünstigten Länderanleihen in Höhe von jeweils 50 Millionen D-Mark. Erst im Januar 1954 emittierte dann nach dem Auslaufen des Kapitalmarktförderungsgesetzes als erster öffentlicher Schuldner das Land Schleswig-Holstein eine Anleihe Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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mit nicht steuerlich subventionierten Konditionen, so dass der Zinsertrag beim Anleger in voller Höhe der Einkommensteuer unterlag. Initiativen zur Belebung des Börsenhandels

Mit Blick auf eine am 28. Oktober 1953 in Berlin stattfindende Tagung der deutschen Wertpapierbörsen hatte Bundeswirtschaftsminister Erhard die Vorstände und Zulassungsstellen der Wertpapierbörsen darauf hingewiesen, dass „jede Einschränkung der Pflichtbekanntmachungen [der Wertpapieremittenten] völlig unvereinbar wäre mit den von mir vorgesehenen Maßnahmen zum Wiederauf bau eines funktionsfähigen Kapitalmarktes“.257 Der Hinweis hatte damals offenbar keinen durchschlagenden Erfolg. Denn mit Schreiben vom 8. November 1955 an denselben Verteiler beklagte der Bundeswirtschaftsminister, dass eine Untersuchung der Pflichtbekanntmachungen vom Januar bis September 1955 ergeben habe, „dass von 611 Aktiengesellschaften, die ihre gesetzlich vorgeschriebenen handelsrechtlichen Bekanntmachungen im Bundesanzeiger vorgenommen hatten, nur 342 Gesellschaften ihrer Veröffentlichungspflicht in den Pflichtblättern der einzelnen Börsen ordnungsgemäß nachgekommen waren. 178 Gesellschaften hatten keinerlei Veröffentlichungen in Pflichtblättern vorgenommen, der Rest nur in unzureichendem Umfange.“258 Der Minister regte an, die Wertpapieraussteller, die ihren entsprechenden Pflichten nicht nachgekommen waren, „ausdrücklich und eindringlich auf die Einhaltung ihrer bei der Zulassung der Wertpapiere übernommenen Verpflichtungen mit dem Hinweis auf die eventuelle Streichung der Notiz unter Angabe des Streichungsgrundes anzuhalten“.259 Trotz des insgesamt verhaltenen Aufschwungs der Wertpapiermärkte nach der Währungsreform hatten die zu lösenden organisatorischen und regulatorischen Probleme die Börsen immer wieder vor ernsthafte Herausforderungen gestellt. Die Einführung neuer Wertpapierformen und die Anpassung der Geschäftsbedingungen und Usancen hatten es auch den Börsenvorständen nicht leicht gemacht, ihrer Börse im Wettbewerb mit den ‚Schwesterbörsen‘ und dem Telefonhandel eine aussichtsreiche Stellung zu sichern und den Börsenhandel zu beleben. Die Auf bauleistungen des damaligen Präsidenten der Frankfurter Wertpapierbörse, Hans Heinrich Hauck, würdigte sein am 4. Januar 1961 in der Sitzung des Börsenvorstandes gewählter Nachfolger Albert von Metzler in seiner Dankesrede mit den Worten, Hauck, der „seit rund 50 Jahren der Frankfurter Wertpapierböse eng verbunden gewesen“ sei, habe “sich insbesondere nach dem Zusammenbruch 1945 große Verdienste um den Wiederauf bau des Frankfurter Börsenwesens erworben […] Die innere Festigung der Frankfurter Börse sei ihm – im Zusammenwirken insbesondere mit Herrn Dr. Bartmann – ebenso gelungen wie die Wiederanknüpfung der unterbrochenen Beziehungen zum Ausland.“260 In den 1950er-Jahren gab es diverse Versuche, den Börsenhandel zu beleben. Als ein geeignetes Instrument wurde beispielsweise das Gesetz über die Börsenzulassung umgestellter Wertpapiere vom 27. Dezember 1951 gewertet, weil es die Möglichkeit einer vereinfachten Börsenzulassung von Wertpapieren eröffnete.261 Darauf hin vergrößerte 82

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sich tatsächlich die Anzahl der börsennotierten Aktiengesellschaften leicht von 661 (1953) auf 669 (1957). Bis 1960 verringerte sich allerdings die Anzahl wieder auf 628 und damit auf einen niedrigeren Stand als 1953.262 Außer dem Börsenzulassungsgesetz waren es in den 1950er-Jahren von den Kapitalmarktteilnehmern ins Leben gerufene Initiativen, die auf eine Belebung des Börsenhandels zielten. So wurde 1952 beim Bundesverband deutscher Banken in Köln die ‚Ständige Kommission für amtlich nicht notierte Werte‘ eingerichtet, die über Ortsausschüsse für den Freiverkehr an den einzelnen Plätzen verfügte.263 Die Bildung dieser oder ähnlicher Kommissionen blieb im weiteren Verlauf der Börsenentwicklung nach dem Krieg gängige Praxis, weil trotz gelegentlicher Forderungen nach einem zentralen Aktien- oder Wertpapieraufsichtsamt die bewährte Drei-Säulen-Struktur der Aufsicht über den Wertpapierhandel erhalten geblieben war, die auf der Basis der Börsen als öffentlich-rechtliche Institutionen, der leistungsfähigen Selbstverwaltung und auf der staatlichen Rechtsaufsicht über die Börsen beruhte. Neben der Drei-Säulen-Struktur der Aufsicht über alle Börsen entwickelten sich aber auch private Institutionen, die sich der Gesamtheit der Börsen verpflichtet sahen. Dazu muss man die Gründung der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen rechnen sowie die Neugründung der Berliner Lombardkasse mit Verwaltungssitz in Frankfurt am Main. Der Antrag auf Zulassung der Lombardkasse zum Neugeschäft wurde damit begründet, dass beispielsweise Makler wegen ihrer fehlenden Eigenschaft als Kreditinstitut keine Möglichkeit hatten, bei einer Landeszentralbank einen Lombardkredit zu erhalten. „Daher mangele es den Börsen an einer leistungsfähigen Kulisse, die ihre Aufgaben als Kursregulativ in wirksamer Weise erfüllen kann.“264 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen

Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, deren Gründung in Hamburg auf den 28. November 1952 datiert, sollte die Aufgabe übernehmen, „materielle und technische Fragen des Wertpapierhandels innerhalb der acht deutschen Börsenvorstände abzustimmen und die Belange dieser Wertpapierbörsen gegenüber nationalen und internationalen Instanzen zu vertreten“.265 Der Gründung der Arbeitsgemeinschaft waren regelmäßige Treffen der Vertreter der Börsenvorstände an den verschiedenen Börsenplätzen in der amerikanischen und britischen Zone, später in den drei Westzonen, vorausgegangen. Diese Sitzungen machten zunehmend deutlich, dass die Schaffung fester institutioneller Strukturen in der Zusammenarbeit der Börsen in Form einer Arbeitsgemeinschaft zwingend geworden war. So zeigt beispielhaft ein Blick auf die ersten Punkte der umfangreichen Besprechungsliste der am 28. März 1952 im Hause der Frankfurter Bank abgehaltenen Sitzung, mit welcher Vielzahl durchaus anspruchsvoller technischer Fragen sich die Börsenvorstände zu beschäftigen hatten:266 Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

83

1. 2. 3. 4.

Makler-Courtage. Vereinheitlichung der Zusätze und Bezeichnungen in den amtlichen Kursblättern. Maßnahmen gegen Uniformierung der Wertpapiere. Handel und Notierung von Reichsmark-Neugirosammelanteilen bei festverzinslichen Werten und Gutschriften im Giroverkehr. 5. Amtliche Notiz der Neugirosammelanteile. 6. Pflichtbekanntmachungen der Emittenten. 7. Kotierungsgebühren bei der Börsennotierung der Aktien ausgegliederter Gesellschaften (Farben, Montangesellschaften267). 8. Börseneinführung von Jungschein-Anleihen.268 9. Wiederaufnahme des Handels in deutschen Auslandsbonds. 10. Prospektbefreiung der Hypothekenbanken. Die Fülle und technische Komplexität der zu behandelnden Besprechungspunkte legten es nahe, die regelmäßigen Treffen der Börsenpräsidenten um eine eigenständige Institution zu ergänzen, die sich professionell und beständig um die für die Börsen relevanten Probleme und Weiterentwicklungen kümmerte. Neben dem Bemühen um gut funktionierende Börsen als Voraussetzung für einen leistungsfähigen Kapitalmarkt beschäftigte sich die Arbeitsgemeinschaft auch mit kapitalmarktpolitischen Themen. Als Beispiele aus ihrem ersten Tätigkeitsjahr lassen sich die Forderung an den Bundesminister der Finanzen nach Abschaffung der steuerlichen Diskriminierung der Aktie und an die Industrieunternehmen zur Gründung eines ,Arbeitskreises zur Förderung der Aktie‘ anführen.269 Dieser 1953 in Düsseldorf gegründete Arbeitskreis vertritt heute in thematisch erweiterter und professionalisierter Form unter dem Namen ‚Deutsches Aktieninstitut‘ die Interessen der kapitalmarktorientierten Unternehmen, Banken, Börsen und Anleger.270 Der schon erwähnte Kurt Forberg, Präsident der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft, wies später noch auf einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen hin, wenn er es als nachteilig herausstellte, „dass die Ministerien, wenn sie irgendwelche Börsenfragen zu behandeln haben, nicht wissen, mit wem sie sich in Verbindung zu setzen haben. Andererseits könne man diesen Herren nicht zumuten, alle Börsen anzuschreiben, was zu zeitraubend sei.“271 Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft wurde ständiger Gast der Sitzungen des Arbeitskreises für Börsen- und Wertpapierfragen der Börsenaufsichtsbehörden, dessen Vorsitzender seinerseits zu den Präsidentensitzungen der Arbeitsgemeinschaft eingeladen wurde. Die Geschäftsführung der Arbeitsgemeinschaft oblag zunächst der Rheinisch-Westfälischen Börse in Düsseldorf und ab dem 1. Januar 1955 der Frankfurter Wertpapierböse.272 Auf den vier in Frankfurt 1955 abgehaltenen Geschäftsführer-Sitzun84

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gen wurden Auslegungsfragen, Abänderungen und Neuschaffungen von Börsenusancen diskutiert, darüber hinaus die Neufassung der Bekanntmachung betr. die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel vom 4. Juli 1910. Jahre später, am 1. Juli 1986, verordneten die Vorstände der acht bundesdeutschen Wertpapierbörsen der Arbeitsgemeinschaft ein neues Statut, richteten ihr einen eigenen Arbeitsstab ein und gaben ihr einen ständigen Sitz in Frankfurt am Main als wichtigstem Börsenplatz. Die ‚neue‘ Arbeitsgemeinschaft, so meinte ihr Geschäftsführungsvorsitzender Dr. Rüdiger von Rosen im Banken-Kolloquium an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt ein halbes Jahr später, sollte nicht als „totale Absage an die Vergangenheit“ missverstanden werden.273 Faktisch unterstützte aber die ‚neue‘ Arbeitsgemeinschaft mit ihrem Konzept und der neuen Geschäftsführung die im nachfolgenden Kapitel von Günter Franke beschriebene fundamentale Neuorganisation der deutschen Börsenlandschaft.274

III. Impulse zur Entwicklung der Finanzmärkte während der 1960er-Jahre 1. Ökonomischer und institutioneller Wandel Regulatorische und institutionelle Weichenstellungen

In den Zeitraum der auslaufenden 1950er- und beginnenden 1960er-Jahre fallen nicht nur politisch wichtige Entwicklungen und Ereignisse wie die zunehmenden Ost-WestSpannungen, die 1957 unterzeichneten Römischen Verträge mit der Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Euratom und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG, der Mauerbau in Berlin 1961 sowie der deutsch-französische Freundschaftsvertrag von 1963, sondern auch besonders das Finanzsystem prägende Weichenstellungen. Die Rezentralisierung der Großbanken und die Gründung der Deutschen Bundesbank am 1. August 1957 verschafften den Frankfurter Banken und der Frankfurter Börse einen markanten Standortvorteil.275 Im Bundesbankgesetz wurde Frankfurt am Main zunächst als Sitz der Bank solange festgeschrieben, wie sich der Sitz der Bundesregierung nicht wieder in Berlin befinde. Die Landeszentralbank in Hessen, die zunächst in der Landeshauptstadt Wiesbaden gearbeitete hatte, war nach Frankfurt umgezogen. Der Wirtschaftsjournalist Erich Achterberg konstatierte 1957, dass allein schon die wachsende Zahl an Banken die Bedeutung der Frankfurter Wertpapierbörse wachsen lassen müsste: „Je mehr Banken vorhanden sind, umso größer werden, darf man erwarten, die Umsätze sein, und je ausgedehnter die Umsatztätigkeit, um so attraktiver wird der Börsenplatz für Bankenkundschaft wie für Wertpapieremittenten.“276 Auch die Verabschiedung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, kurz Kartellgesetz, vom 27. Juli 1957, das zuweilen als ‚Grundgesetz der Marktwirtschaft‘ Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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bezeichnet wird und marktbeherrschende Unternehmen ebenso wie Kartellabsprachen grundsätzlich untersagte, fiel in die betrachtete Zeitspanne von 1955 bis 1965. Das Gesetz nahm die Kreditwirtschaft als wettbewerbspolitischen Ausnahmebereich von wesentlichen Verboten und anderen Regularien des Gesetzes aus. Die Banken wurden durch das zum 1. Januar 1962 gegründete Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BaKred) überwacht, dem besondere Informationsmöglichkeiten und Eingriffsbefugnisse übertragen wurden. Die Börsen arbeiteten im Zuge der Börsenselbstverwaltung auch weiterhin mit den von ihnen selbst eingerichteten Handelsüberwachungsstellen; die Rechtsaufsicht verblieb bei dem Wirtschaftsministerium des jeweiligen Bundeslandes als Börsenaufsichtsbehörde.277 Im Juli 1958 erfolgte nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Auf hebung der 1939 in das Kreditwesengesetz eingeführten Bedarfsprüfung bei der Erlaubniserteilung zur Eröffnung von Zweigstellen (mit Ausnahme der Erlaubnis für ausländische Banken), was zu einem signifikanten Ausbau des Zweigstellennetzes führte und dem Einlagengeschäft der Banken zugutekam.278 Damit ermöglichte der Aufschwung eine vergleichsweise hohe gesamtwirtschaftliche Ersparnis, die aber den Kapitalmarkt „kaum berührte“.279 Nach 1960 traten dann Umfeldbedingungen ein, die für die Börsen und ihre Entwicklungen von erheblicher Bedeutung waren. Insbesondere war einerseits ein Nachlassen der bisherigen Wachstumsdynamik zu beobachten.280 Andererseits wurde 1965 durch den Zusammenschluss der Länder der Montanunion bzw. der EWG zu den Europäischen Gemeinschaften EG der Grundstein für den Auf bruch in eine gemeinsame europäische Wirtschaftsentwicklung gelegt. Aufschwung an den Wertpapiermärkten

Ende 1957 nahm der Kapitalmarkt in Deutschland insgesamt einen unerwarteten Aufschwung. Mitte 1957 hatte der langfristige Zinsfuß am Rentenmarkt selbst für erste Adressen noch über 8 Prozent betragen. Anfang 1959 dominierten dagegen bereits Anleihen mit einem Zinssatz von 5 Prozent (bei voller Steuerbelastung).281 Der Aktienmarkt haussierte von 1958 bis 1960, zeigte dann aber ab 1961 eine langanhaltende Baisse, die nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 einsetzte. Am 29. Mai 1962 sackten nach einem Einbruch am amerikanischen Markt auch die Kurse an der Frankfurter Wertpapierbörse weiter ab. Frank Mella, Redakteur bei der Börsen-Zeitung und später gelegentlich als Vater des DAX bezeichnet, interpretierte diesen Kursverlust als „Ende des Wirtschaftswunders“.282 Die jährlichen Emissionserlöse neu ausgegebener Aktien stiegen von 380 Millionen D-Mark 1954 auf knapp 2 Milliarden D-Mark 1956 und weiter auf beinahe 4 Milliarden D-Mark bis 1965, wobei allerdings von diesem Betrag 1,1 Milliarden D-Mark für die noch anzusprechende Emission der Veba-Aktien entfielen.283 Die kurze Baisse 1956/57 und die anschließenden Kursgewinne mündeten realwirtschaftlich schließlich in die im Herbst 86

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1966 beginnende erste schwere Nachkriegsrezession. Dabei war die Entwicklung des deutschen Wertpapiermarkts nach 1960 durch einen wachsenden Bedeutungsgewinn des Rentenmarkts gegenüber dem Aktienmarkt gekennzeichnet.284 Die nachfolgende Tabelle macht deutlich, dass nach 1950 und zumindest bis Mitte der 1970er-Jahre mit über fünfzig bzw. über sechzig Prozent der überwiegende Teil der Ersparnisse der privaten Haushalte bei Banken in Spar- und Termineinlagen angelegt und ein ziemlich konstanter Anteil von 25 Prozent in Verträge mit Bausparkassen und Versicherungen investiert wurde. Die Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren gewannen nach 1960 an Gewicht, während der Anteil der Investments in Aktien an der Geldvermögensbildung nach bescheidenen Höchstständen zwischen 1960 und 1965 auf nur noch 1 Prozent der Gesamtanlagen und ab 1970 sogar in absoluten D-Mark-Beträgen zurückging. Tabelle 3: Ersparnis der privaten Haushalte in Milliarden D-Mark und in Prozent der Gesamtersparnis 1950 bis 1974

Spar- und Termineinlagen bei Banken 1950

1,76

73

bei Bausparkassen, Versicherungen 0,75

31

in festverzinslichen Wertpapieren -0,12



Geldvermögensbildung insgesamt

in Aktien -0,01



2,40

100

1955

5,32

67

1,99

25

0,41

0,05 0,22

0,03 7,98

100

1960

9,22

57

4,54

25

1,03

0,06 1,35

0,07 18,21

100

1965

19,97

58

8,29

24

4,45

13

1,77

0,05 34,80

100

1970

29,70

54

13,01

24

10,68

19

1,67

0,03 55,15

100

1974

46,54

60

19.30

25

10,70

14

0,53

1,00 77,36

100

Quelle: Deutsche Bundesbank, Deutsches Geld- und Bankwesen in Zahlen 1876–1975, S. 356–357.

Aufschwung der Börsenumsätze durch Investmentfonds

Ein wichtiger Treiber des Aufschwungs der Wertpapiermärkte und zunächst der Aktienmärkte in der Zeit ab 1955 war der in Deutschland gerade anlaufende Erfolg des Investmentsparens als Alternative zum von den Banken favorisierten Sparen auf dem Sparkonto.285 Im Oktober 1950 hatte die bereits Ende 1949 in München gegründete ADIG als erste deutsche Kapitalanlagegesellschaft den Aktienfonds Fondak aufgelegt, dessen Name aus den Begriffen Fonds und Aktie zusammengesetzt war. Daneben wurde ein Mischfonds Fondra angeboten. Die zunächst sehr verhaltene Geschäftsentwicklung änderte sich mit dem allgemein anziehenden Kursniveau an den Aktienmärkten, aber auch infolge einer geschickten Geschäftspolitik, als die ADIG den Kauf ihrer Papiere in monatlichen bescheidenen Sparraten ermöglichte.

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

87

1956 wurden darauf hin der Deutscher Investment Trust – DIT, die Union-Investment und die Deka sowie 1957 die DWS Investmentgesellschaft als Tochtergesellschaften der Großbanken, des Genossenschaftsbereichs und der Sparkassenorganisation gegründet und verschiedene Fondsalternativen aufgelegt. Die Sparkassenorganisation tat sich wegen der Konkurrenzsituation zum Kontensparen in den Sparkassen mit der Etablierung des Fondsgeschäfts besonders schwer, so dass beispielsweise für den ersten Investmentfonds der Deka, den Deka-Fonds I, zunächst keine Werbung gemacht wurde.286 Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen unabhängige Fondsgesellschaften gegründet wurden, etablierten sich in Deutschland Fondsgesellschaften als Töchter der Großbanken oder als Unternehmen, deren Eigentümer mehrere Kreditbanken bzw. die Sparkassen- oder Genossenschaftsgruppe waren. Diese Abhängigkeit begünstigte einerseits durch die Reputation der Muttergesellschaften die Absatzmöglichkeiten der Investmenttöchter, andererseits aber auch ihre Instrumentalisierung durch jene. Die Muttergesellschaften konnten beispielsweise bei Platzierungsproblemen im Rahmen ihres Emissionsgeschäfts die Investmenttöchter zum Kauf der Papiere und zur Übernahme zum festgesetzten Emissionskurs (‚dumping the trash‘) heranziehen. Beklagt wurde teilweise auch die Gebührenschneiderei (‚churning‘), wenn die abhängigen Investmentgesellschaften ‚unnötige‘ Transaktionen veranlassten, die bei der Mutter im Rahmen der Abwicklung der Transaktionen zu Gebühreneinnahmen führte.287 Nach Inkrafttreten des dem Schutz der Fondsinhaber dienenden Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften vom 14. April 1957, das grundlegende rechtliche Geschäftsbedingungen vorgab und das Fondsmanagement zur Einhaltung bestimmter Anlagegrundsätze wie beispielsweise zu einer Mindestrisikostreuung verpflichtete, erfasste der Gedanke des Investmentsparens weite Bevölkerungskreise.288 Seit Beginn der 1960er-Jahre klagten die Fondsgesellschaften darüber, dass die Neuemissionen die Nachfrage der Fondsgesellschaften nicht immer decken konnten, was grundsätzlich kurssteigernd, im Zeitablauf aber auch zu „hektischen Kurssprüngen“289 führte, da die Investmentgesellschaften für den Gegenwert der Zertifikate sofort Aktien erwerben mussten. Gestört wurde die positive Entwicklung des Investmentsparens, als ab 1960 eine amerikanische Investmentgesellschaft, die Investors Overseas Services IOS, am deutschen Markt auftauchte, deren Zusammenbruch zehn Jahre später die Idee des Investmentsparens über Jahre hinaus stark belastete. Dabei war der Deutsche Bundestag, in dem eine solche Entwicklung offenbar befürchtet worden war, bereits 1969 mit einer Gesetzesinitiative aktiv geworden.290 In der Begründung zum Entwurf des Auslandsinvestmentgesetzes wurde darauf hingewiesen, dass vor der Einführung der Konvertibilität der D-Mark Ende 1958 der Absatz von Investmentanteilen ausländischer Gesellschaften im Inland eine ganz untergeordnete Rolle gespielt hatte, dass aber bereits 1967 der Nettoabsatz auf rund 300 Millionen D-Mark angewachsen war und damit bereits drei Fünftel des ebenfalls gestiegenen Absatzes von Investmentzertifikaten inländischer Gesellschaften erreicht hatte. 88

Bernd Rudolph

Die von Bernhard (Bernie) Cornfeld 1960 gegründete Investors Overseas Services Ltd. IOS mit Sitz in Panama war insbesondere über ihre aggressiven Telefonverkäufe und Haustürgeschäfte bei Kleinanlegern erfolgreich. 1969 erstattete allerdings eine Gruppe von IOS-Angestellten in der Schweiz Strafanzeige, nachdem Mitarbeiter dazu gedrängt worden waren, selbst IOS-Aktien zu erwerben. 1970 erfolgte der spektakuläre Zusammenbruch der Gesellschaft, unter deren Dach Fonds wechselseitig in andere Fonds der Gesellschaft investiert hatten, so dass ein Kartenhaus gegenseitiger Forderungen und Verbindlichkeiten entstanden war, das nach außen Größe und Werthaltigkeit suggerierte.291 Trotz der IOS-Pleite und des damit verbundenen Imageverlustes ausländischer Gesellschaften wurden Anlagen in ausländischen Finanztiteln immer beliebter und umgekehrt wuchsen zum Vorteil der Börsenumsätze auch die Käufe inländischer Finanztitel durch ausländische Investoren. Frankfurt im Vergleich zu den übrigen Börsenplätzen

Für die Zeit bis 1970 gibt es nur wenige Daten zur Verteilung der Börsenumsätze auf die Börsenplätze. Indirekt wirft allerdings eine Übersicht über das Börsenumsatzsteueraufkommen der Bundesländer ein Licht auf die Bedeutung einzelner Plätze. Eine Tabelle des Börsenumsatzsteuerauf kommens von 1965 und 1966 im Enzyklopädischen Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen spricht dafür, dass Frankfurt auch zu dieser Zeit noch den Anschluss an die Börse in Düsseldorf suchte musste. Tabelle 4: Verteilung der Börsenumsatzsteuer nach Ländern 1965 und 1966

1965

1966 in 1.000 DM

Bayern

5.817

6.203

Baden-Württemberg

4.350

3.656

Hessen

7.766

7.201

Rheinland-Pfalz

1.322

825

202

201

Nordrhein-Westfalen

11.257

12.917

Niedersachsen

1.450

1.459

374

425

3.915

4.876

663

541

1.777

1.169

Saarland

Schleswig-Holstein Hamburg Bremen Berlin Quelle: [o.V.]: Börsenumsatzsteuer, S. 266.

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

89

Wenn man das Auf kommen an Börsenumsatzsteuer als Indikator für die Börsenumsätze verwendet, dann waren die höchsten Börsenumsätze Mitte der 1960er-Jahre noch in Düsseldorf zu verzeichnen. Mit einigem Abstand folgte Frankfurt auf dem zweiten Platz vor München, Stuttgart und Hamburg. Die Aussagefähigkeit der Reihung der Börsenplätze leidet allerdings darunter, dass die Börsenumsatzsteuer nicht nur auf Börsenumsätze, sondern auf alle Wertpapierkäufe erhoben wurde, so dass auch Länder ohne Wertpapierbörse wie das Saarland und Schleswig-Holstein am Steuerauf kommen beteiligt waren.292 Die etwas längerfristige Dynamik der Entwicklung und die Bedeutung der verschiedenen Börsenplätze für den Börsenhandel und den internationalen Wertpapierverkehr wollte auch Kurt Andreas, der damalige Leiter der Abteilung Kapitalmarkt bei der Deutschen Bundesbank, im Jahresbericht 1973 der Frankfurter Wertpapierbörse einfangen. Als Indikator für die Bedeutung der einzelnen Börsenplätze verwendete er nicht das Börsenumsatzsteuerauf kommen, sondern die Anzahl der zum amtlichen Handel zugelassenen Wertpapiere. Diese Übersicht zeigt nun, dass Frankfurt zwischen der Mitte der 1960er- und dem Beginn der 1970er-Jahre unter den westdeutschen Börsenplätzen eine führende Stellung gewinnen konnte. Bis 1973 konnte Frankfurt sogar einen deutlichen Abstand zu den anderen Börsenplätzen auf bauen. Insbesondere hatte es sich zum Hauptumschlagplatz für den deutschen Auslandskapitalverkehr entwickelt. Tabelle 5: Zahl der an den deutschen Börsen zum amtlichen Handel zugelassenen ausländischen Wertpapiere 1966 und 1973

Börsenplatz

Jahresende

Rentenwerte Gesamt

Darunter: DM-Auslandsanleihen

Aktien

Frankfurt

1966 1973

90 384

54 281

41 239

36 103

Düsseldorf

1966 1973

57 235

37 184

31 168

20 51

Hamburg

1966 1973

43 162

30 138

26 128

13 24

München

1966 1973

33 98

20 82

16 76

13 16

Andere Börsen

1966 1973

40 116

29 102

24 94

11 14

Quelle: Andreas, Banken, S. 32. 90

Insgesamt

Bernd Rudolph

Etablierung des Zentralen Kapitalmarktausschusses

In den hier betrachteten Zeitraum fiel auch die Gründung einer Institution, die wegen ihrer Position zwischen den Marktteilnehmern und der Politik für die Organisation und den Ablauf des Kapitalmarktgeschehens besonders wichtig wurde. Die am 6. Februar 1957 auf Rat Ludwig Erhards erfolgte Gründung des Zentralen Kapitalmarktausschusses entsprach noch der Überzeugung, dass sich der deutsche Kapitalmarkt kriegsbedingt durch eine besondere Schwäche kennzeichne, nämlich im Sinne einer im Verhältnis zu anderen Kapitalmärkten besonders ausgeprägten ‚Sensibilität‘. Diese Sensibilität ergab sich aus der Erfahrung einer zweimaligen Geldentwertung seit der Jahrhundertwende sowie aus der dadurch bedingten Marktenge. „Die zweimaligen Geldvernichtungen, die den Gütervernichtungen durch Kriege folgten, haben ein verwurzeltes Misstrauen gegenüber den Finanzwerten hinterlassen. Wird das in einem engen Markt virulent, so kann es ihn sogleich funktionsunfähig machen.“293 Nachdem die Emissionsrendite festverzinslicher Wertpapiere von sechs Prozent im Jahre 1955 auf sieben Prozent und bis 1957 sogar auf über acht Prozent gestiegen war und zugleich der Neuabsatz im Zeitraum von 1954 bis 1956 von 4,6 Milliarden auf 2,6 Milliarden D-Mark zurückgegangen war, sah sich die Bank deutscher Länder in ihrem Monatsbericht für Januar 1957 veranlasst, die Emittenten zu einer zeitlichen Abstimmung ihrer Inanspruchnahmen des Kapitalmarkts aufzufordern. Der darauf hin gegründete Ausschuss, der insbesondere die Emissionstätigkeit der privaten und öffentlichen Einmalemittenten koordinieren sollte, gab sich in Anlehnung an die Bezeichnung des ‚Zentralen Kreditausschusses‘ des Kreditgewerbes den Namen ‚Zentraler Kapitalmarktausschuss‘ (ZKMA).294 Der seit 1957 bestehende Ausschuss setzte sich zunächst aus elf, später aus zwölf Mitgliedern zusammen, welche die privaten Geschäfts- und Hypothekenbanken sowie die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute repräsentierten. Die Bank deutscher Länder, später die Deutsche Bundesbank, nahm als ständiger Gast an den Sitzungen teil. Der Ausschuss verstand sich als ein Organ freiwilliger Selbstkontrolle, das zwar keine rechtlich bindenden Beschlüsse fassen, sich aber auf die Autorität der im Ausschuss vertretenen Bankengruppen stützen konnte, so dass davon auszugehen war, dass die vom Ausschuss beschlossenen Empfehlungen verbindlichen Charakter besaßen. Zumindest hatten es die Mitgliedsinstitute kraft ihrer Konsortialstellung gegenüber den Kapitalwünschen der Emittenten und kraft ihrer Platzierungskraft „weitgehend in der Hand, den Empfehlungen des ZKMA den entsprechenden Wirkungsgrad zu verleihen“.295 In den Sitzungen wurden jeweils auf der Basis der aktuellen Marktlage der Emissionszeitpunkt der verschiedenen Anleihen, das Gesamtvolumen der Einmalemissionen und die Anleihekonditionen abgestimmt. Zusammengefasst wurden die Beschlüsse in einem Emissionsfahrplan mit der Funktion, „den Rentenmarkt vor Überforderungen zu bewahren“.296 Neben der Stärkung der ‚Selbstdisziplin‘ der emittierenden Stellen schlug die Bank deutscher Länder übrigens auch deutlich den Verzicht auf steuerliche Eingriffe in den Kapitalmarkt und die Förderung der Sparneigung des breiten Publikums vor.297 Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

91

Die emittierten Wertpapiere wurden seit Beginn der 1950er-Jahre hauptsächlich von institutionellen Anlegern und kaum von privaten Anlegern nachgefragt. Dies entsprach einem internationalen Trend, auf den auch Hermann Josef Abs auf dem Deutschen Bankiertag 1958 in Köln hinwies: „Bei der Placierung von Wertpapieren ist der Rückgang des Verkaufs an Einzelpersonen leider international. Darüber klagt England, Frankreich, klagt vor allem Amerika, insbesondere was festverzinsliche Werte anbelangt. Ich glaube daher, daß in dieser Beziehung ein nicht nur für unser Land gültiger allgemeiner Strukturwandel vorliegt, mit dem wir uns irgendwie in einem bestimmten Umfang abzufinden haben.“298

2. Beginn der internationalen Öffnung der Kapitalmärkte Änderungen im Umfeld der Kapitalmarktentwicklung

Von unmittelbarer Bedeutung für die Börsenentwicklung war in den 1950er-Jahren das Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit neun westeuropäischen Staaten über die freie Konvertierbarkeit ihrer Währungen vom 29. Dezember 1958, das den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr erleichterte. Das Abkommen löste die Europäische Zahlungs-Union EZU ab und zog die Inkraftsetzung des Europäischen Währungsabkommens EWA nach sich, das ein einheitliches Zahlungssystem für die bisherigen Teilnehmerländer auf der Grundlage des vollen Goldausgleichs vorsah. Eine noch größere Bedeutung als das Europäische Währungsabkommen sollte allerdings für die zukünftige Kapitalmarktentwicklung und die Börsen die am 25. März 1957 gegründete und am 1. Januar 1958 in Kraft getretene Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) entwickeln, die das Ziel verfolgte, durch die Förderung des Handels und der Integration „die Ausweitung der Wirtschaft zu erreichen“. Dazu sollten die „vier Freiheiten“, nämliche der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital ermöglicht werden. Die Durchsetzung eines freien Kapitalverkehrs setzte voraus, dass die Rahmenbedingungen für einen europäischen Kapitalmarkt geschaffen und dabei die Beseitigung aller Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten erreicht würden.299 Erste Schritte in diese Richtung waren die Kapitalverkehrsrichtlinien von 1960 und 1962, die die Auf hebung aller Beschränkungen für den An- und Verkauf börsennotierter Wertpapiere vorsahen. Ausnahmen für ausländische Werte waren zulässig, mussten aber aus nationalen wirtschaftspolitischen Erwägungen heraus geboten sein. Eine dritte Richtlinie, die noch bestehende Hindernisse im Bereich der Emission und Platzierung von Wertpapieren, der Börseneinführung und des Erwerbs von Effekten beseitigen wollte, scheiterte allerdings 1964 an politischen Widerständen in den Mitgliedstaaten.300 Die vollständige Freiheit des Kapitalverkehrs musste noch bis zu den Initiativen und Richtlinien warten, die nach dem Vertrag über die Europäische Union (EU), dem MaastrichtVertrag von 1992, angestoßen und umgesetzt wurden.301302303 92

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Bretton-Woods System, Europäische Zahlungsunion und Europäisches Währungsabkommen Zur Förderung des grenzüberschreitenden Güteraustauschs nach Kriegsende hatten im Gefolge des Marshallplans am 19. September 1950 alle Mitgliedstaaten der OEEC (später OECD) einschließlich der Bundesrepublik Deutschland das Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion EZU unterzeichnet. Die neue Institution erlaubte im Gegensatz zu den bis dahin notwendigen bilateralen Aufrechnungen von Forderungen und Verbindlichkeiten in einer Währung oder das Ausweichen auf Tauschgeschäfte ein multilaterales Clearing unter den Mitgliedsländern in Westeuropa. Die Zahlungsunion diente auch dem Abbau der durch die hohen Lieferungen der USA nach Westeuropa entstandenen ‚Dollar-Lücke‘. Ein vereinbarter automatischer Ausgleich der Abrechnungsspitzen durch Kreditgewährung vereinfachte und förderte die Handelsbeziehungen der Teilnehmer untereinander und damit die Bereitschaft zum gemeinsamen Abbau der Devisenschranken. Der technische Abgleich der Zahlungen erfolgte monatlich über die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ in Basel.300 Nachdem die Bundesrepublik im Winter 1950/51 wegen ihren hohen Außenhandelsdefizits ihr Schuldenlimit im EZU-System erreicht hatte, wurde ihr ein weiterer Kredit über 400 Millionen D-Mark unter der Auflage zugebilligt, dass sie den überhöhten Konsum drosseln und die Einfuhren verringern sowie „notfalls eine Luxussteuer auf Güter den gehobenen Bedarfs erheben“ solle.301 Zur Erleichterung des Austauschs von Waren und Dienstleistungen ergänzte die Europäische Zahlungsunion das System fester, aber anpassbarer Wechselkurse von Bretton Woods aus dem Jahr 1944, das den Dollar als Reservewährung und internationales Zahlungsmittel etablierte. Auf der Konferenz in Bretton Woods vom 1. bis 22. Juli 1944 war zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit in Währungsfragen aber auch zur Erleichterung des internationalen Handels der Internationale Währungsfonds gegründet worden, der wie die ebenfalls neu gegründete Weltbank den Wiederaufbau und die Entwicklung der im Krieg in Mitleidenschaft gezogenen Länder unterstützen sollte. Nachdem zwischen den wichtigsten OEEC-Ländern die freie Konvertibilität der Währungen eingeführt worden war, trat zugleich mit der planmäßigen Beendigung der EZU am 15. Januar 1959 das Europäische Währungsabkommen EWA in Kraft. „Mit der Herstellung der Ausländer-Konvertierbarkeit ist die bisherige Unterscheidung zwischen frei konvertierbaren und beschränkt konvertierbaren Währungen und Zahlungsmitteln in den Vorschriften über den Zahlungsverkehr mit dem Ausland, insbesondere die unterschiedliche Behandlung des EZU- und des Dollarraums, überholt.“302 Das EWA schuf ein multinationales Zahlungssystem mit Wechselkursgarantie und begrenzter Zwischenfinanzierung von Zahlungssalden sowie einen europäischen Kreditfonds. Die freie Konvertibilität der Währungen und die Erleichterung des Zahlungsverkehrs begünstigten die Möglichkeiten grenzüberschreitender Geld- und Wertpapiertransaktionen. Insbesondere wurden auch Wertpapierkäufe der deutschen Anleger im Ausland sowie Wertpapierkäufe ausländischer Anleger in Deutschland möglich. Die Börsen profitierten von steigenden Umsätzen.

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Wachsende Bedeutung ausländischer Wertpapiere

Der Präsident der Frankfurter Wertpapierbörse wies in seiner Festansprache anlässlich der Eröffnung des wiederhergestellten Börsensaales am 9. Februar 1957 auf die Verflechtung der Frankfurter Börse mit dem Ausland hin und bemerkte dazu, dass es bereits im Vorjahr erste Ansätze für einen Handel in ausländischen Papieren gegeben habe, allerdings im unkontrollierten Freiverkehr. Nun werde aber angestrebt, ausländische Wertpapiere in den regulären Börsenhandel einzuführen.304 Die Einführung und nachfolgende Zunahme ausländischer Titel vollzog sich über mehrere Stufen: • Nach dem bereits erwähnten Auslaufen der Genehmigungspflicht für die Emission von DM-Auslandsanleihen Ende 1953 wurde im Dezember 1954 erstmals eine Industrieanleihe im Ausland aufgelegt. Die Dortmund-Hörder Hüttenunion emittierte in Amsterdam eine Anleihe über 5 Millionen D-Mark. • Nachdem im Mai 1956 der Ankauf ausländischer Wertpapiere gestattet worden war, wurde am 26. September 1956 an der Frankfurter Wertpapierbörse ein Freiverkehr mit ausländischen Aktien, zunächst allerdings nur mit sechs amerikanischen Industriewerten, aufgenommen. • Die erste Emission einer Fremdwährungsanleihe auf dem deutschen Kapitalmarkt seit 1930 war eine am 10. September 1957 begebene, auf US-Dollar lautende Teilschuldverschreibung der Petrofina aus Belgien. • Am 22. Mai 1958 wurde mit der Philips-Aktie erstmals wieder eine ausländische Aktie im amtlichen Handel der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. • Die erste DM-Auslandsanleihe, also eine auf dem deutschen Kapitalmarkt aufgelegte, auf D-Mark lautende Anleihe eines ausländischen Emittenten, war die im Oktober 1958 emittierte Wandelanleihe der Anglo American Corporation of South Africa. • Nachdem am 19. Dezember 1958 die 14 EZU-Mitgliedstaaten sowie Großbritannien und Nordirland, Dänemark, Norwegen und Schweden die Ausländer-Konvertibilität eingeführt hatten, erfolgte am 16. Februar 1959 die Emission einer reinen DM-Auslandsanleihe, nämlich der sechsprozentigen Anleihe der Österreichischen Donaukraftwerke über 100 Millionen D-Mark. Der Kauf deutscher Rentenpapiere und die Beteiligung ausländischer Anleger an deutschen Aktiengesellschaften wurden zunächst als Fortschritt wahrgenommen. Diese Einschätzung drehte sich allerdings 1963/64 wegen der ins Inland strömenden Devisen und der damit verbundenen Inflationsgefahr. Eine im März 1964 von der Bundesregierung vorgeschlagene 25-prozentige Kuponsteuer auf Zinserträge ausländischer Inhaber deutscher Anleihen sollte den ins Inland strömenden Devisenzufluss bremsen. Nachdem die Kuponsteuer eingeführt worden war, konstatierte die Bundesbank in ihrem Geschäftsbericht von 1964, dass sich am Rentenmarkt eine Reihe tiefgreifender Veränderungen 94

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vollzogen habe. So sei gegenüber 1963 die Nachfrage des Auslands u. a. wegen der Einführung der Kuponsteuer völlig verschwunden, im Gegenteil wären Papiere aus Auslandsbesitz sogar nach Deutschland zurückgeflossen.305 Am 28. Juli 1965 wurde ein zeitweiser Emissionsstopp am Rentenmarkt verfügt und das damals zuständige Wirtschaftsministerium beauftragt, die Erteilung der Genehmigungen nach § 795 BGB zu verzögern, um einer Überbeanspruchung des Rentenmarktes entgegenzuwirken. Bis 1967 blieb das Marktsegment der DM-Auslandsanleihen überschaubar, vergrößerte sich dann aber wieder. Ende der 1960er-Jahre erreichte das gesamte Auslandswertpapiergeschäft seine volle Expansion und zwang dann auch hinsichtlich der Abwicklung der Transaktionen zu Anpassungen.306 Als immer weitere Emissionswünsche ausländischer Emittenten entstanden, erkannte die Bundesbank darin allerdings Gefahren für den deutschen Finanzmarkt und traf im Februar 1968 mit den im internationalen Emissionsgeschäft führenden deutschen Kreditinstituten ein bis 1985 wirksames Gentlemen’s Agreement über ein Verankerungsprinzip, wonach die Banken nur dann am Absatz von DM-Anleihen ausländischer Emittenten mitwirken und den Zahlstellendienst übernehmen sollten, wenn das Konsortium bei Auflegung von einem deutschen Kreditinstitut angeführt wurde.307 Die Festsetzung der Reihenfolge und des Gesamtvolumens der Emissionen wurde im November 1968 dem Zentralen Kapitalmarktauschuss übertragen, der zu diesem Zweck einen ‚Unterausschuss für DM-Auslandsanleihen‘ einsetzte, um das seiner Ansicht nach vertretbare Emissionsvolumen an DM-Auslandsanleihen mit den kapitalmarktpolitischen Instanzen abzustimmen.308 Diesem Ausschuss gehörte ab 1972 auch ein Mitglied des Direktoriums der Deutschen Bundesbank an. Da man die Verdrängung inländischer Emittenten befürchtete, begrenzte man das Emissionsvolumen für DMAuslandsanleihen im Januar 1975 auf monatlich 300 Millionen DM.309 Bundesanleihen und Kurspflege am Rentenmarkt

Seit Begebung der ersten Bundesanleihe 1952 war die Deutsche Bundesbank kurspflegend am Markt tätig, wobei ihr die äußerst knapp bemessenen Mittel hierfür vom Bund zur Verfügung gestellt wurden. Allerdings war erst seit 1963 „mit zunehmendem Umlauf an Bundesanleihen auch das Bemühen um eine großzügigere und elastischere Kurspflege zu erkennen.“310 Im Herbst 1967 ging die Bundesbank erstmals über diese Kurspflegemaßnahmen hinaus und intervenierte auf eigene Rechnung. Zur Regelung des Geldmarktes kaufte sie von nun an am offenen Markt Wechsel, Schatzwechsel, Schatzanweisungen und andere zum Börsenhandel zugelassene Schuldverschreibungen zu Marktzinssätzen. Die folgende Tabelle der Umsätze festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten an der Frankfurter Wertpapierbörse zeigt, dass der Anteil der Bundesbank als

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Kontrahent am Markt für öffentliche Anleihen zuweilen mehr als die Hälfte der Börsenumsätze ausmachte. Tabelle 6: Umsätze festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten an der Frankfurter Wertpapierbörse 1972 bis 1980

Jahr

Gesamt

Anleihen von Bund, Bahn und Post

Mio. DM

Gesamt

Darunter Bundesbank

Mio. DM

Mio. DM

v. H.

1972

3.894

1.967

598

30

1975

14.564

9.092

4.514

50

1978

15.720

11.603

5.247

45

1979

12.420

10.500

5.592

53

1980

17.235

14.356

6.545

46

Quelle: Andreas, Interventionen, S. 33

In einem Schreiben an den Vorstand der Frankfurter Wertpapierbörse vom 5. November 1973 wies die Bundesbank darauf hin, dass die Börsenumsätze in öffentlichen Anleihen auch deshalb in die Höhe geschnellt seien, weil zur Kurspflege die Offenmarktpolitik mit langfristigen Papieren hinzugetreten sei.311 Der Umsatz der Frankfurter Wertpapierbörse in Anleihen von Bund, Bahn, Post sei von rund 1,63 Milliarden in den ersten neun Monaten 1972 auf rund 1,82 Milliarden D-Mark im gleichen Zeitraum 1973 gestiegen. Die Umsätze der Bundesbank davon betrügen rund eine Milliarde D-Mark. Im Oktober 1973 seien die Umsätze weiter sprunghaft gestiegen. „Daraus wird deutlich, daß die Bundesbank an der Frankfurter Wertpapierbörse der bei weitem größte Marktteilnehmer auf diesem Teilgebiet des Rentenmarktes ist.“312 Der im Schreiben der Bundesbank geschilderte Sachverhalt zielte auf eine Begrenzung des wesentlich durch die Umsätze der Bundesbank resultierenden Anstiegs der Maklergebühren der amtlichen und freien Makler. Diese Gebühren bedürften im Hinblick auf die erbrachte Leistung unbedingt der Überprüfung. „Wir bitten Sie daher, in zweckdienlicher Weise auf eine Ermäßigung der Courtage für Großumsätze in Rentenwerten hinzuwirken.“313 Wenn auch die Börsenumsätze regelmäßig und auch in der Betrachtungsperiode der Tabelle nur etwa zwei Prozent der gesamten Umsätze in Rentenpapieren ausmachten, so dass sich ihr Anteil am Gesamtmarkt als äußerst bescheiden darstellte, so war die Handelstätigkeit der Bundesbank an den Börsen dennoch von besonderer Bedeutung. Die Preisbildung an den außerbörslichen Märkten im Telefonhandel orientierte sich nämlich weitgehend an den Kursvorgaben des amtlichen Börsenhandels.

96

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3. Privatisierungen und die Emission von Volksaktien Anstöße zur Privatisierung von Bundesvermögen

Bei seiner Rede zur Einweihung des neuen Börsensaals in Frankfurt 1957 griff Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard ein Thema auf, das in den 1950er- und 1960er-Jahren intensiv diskutiert wurde: das Thema Volksaktie. Erhard begründete das von ihm verfolgte Ziel einer Ausgabe kleingestückelter Unternehmensanteile an privatisierten oder teilprivatisierten Bundesunternehmen mit den Worten, es sei „unbedingt notwendig, im deutschen Volke das Gefühl für individuelles frei verfügbares, d. h. nicht anonymes Eigentum zu wecken.“314 Erhard ging es also nicht in erster Linie darum, zusätzliche Mittel für den Bundeshaushalt zu generieren, eigene Kapitalzuführungen des Bundes bei den Beteiligungsunternehmen zu vermeiden oder aus ordnungspolitischen Gründen Bundesbeteiligungen zu privatisieren, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht zwingend notwendig waren. Erhard wollte vielmehr mit der Beteiligung der Menschen am Produktivvermögen der Wirtschaft „eine allgemeine Eigentümer-Gesinnung in der deutschen Bevölkerung“ fördern.315 „Wohlstand für alle – Eigentum für jeden“ lautete die zur Bundestagswahl 1957 ausgegebene Devise. Dazu sollten nicht nur Aktien aus dem Bestand des Bundes verkauft, sondern zugleich auch breite Bevölkerungsschichten mit den Ideen und der Leistungsfähigkeit der Sozialen Marktwirtschaft vertraut gemacht werden: „Die ‚Klassenkämpfer von einst‘ sollten sich durch den Erwerb von ‚Volksaktien‘ in ‚Wirtschaftsbürger einer echten Wirtschaftsdemokratie‘ verwandeln.“316 Zur Popularisierung dieser Idee konnte man sich an dem Vorgehen Österreichs bei der 1956 erfolgten Teilprivatisierung der nach Kriegsende verstaatlichten Großbanken Creditanstalt-Bankverein und Österreichische Länderbank orientieren, als Aktien an einen breiten Anlegerkreis ausgegeben und erstmals als ‚Volksaktien‘ bezeichnet wurden.317 Nach der Bundestagswahl im September 1957 erklärte auch Konrad Adenauer in seiner Regierungserklärung am 29. Oktober, er wolle für eine breite Streuung des Eigentums durch die Förderung des Erwerbs von Volksaktien an staatlichen Unternehmen sorgen. Zur administrativen Umsetzung dieser Zielsetzung wurde das Bundesvermögen aus dem Finanzministerium, in dem sich Minister Schäffer vehement gegen diese Maßnahme stellte, ausgegliedert und einem neu errichteten Bundesministerium für den wirtschaftlichen Besitz des Bundes zugeführt.318 Umgesetzt werden sollte die Idee einer breiten Streuung von Eigentumsanteilen an Bundesunternehmen durch die Ausgabe von ‚Volksaktien‘. Dass die Preussag die Reihe der Privatisierungen eröffnete, und nicht, wie zunächst beabsichtigt, das Volkswagenwerk, lag an den 1959 immer noch ungeklärten Eigentumsverhältnissen bei Volkswagen, dessen Börsengang erst 1961 erfolgte.

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Der Börsengang der Preussag AG

Mit der Preußischen Bergwerks- und Hütten AG in Hannover, der Preussag (der heutigen TUI AG) wurde 1959 ein Konzern teilprivatisiert, in dem ursprünglich die Montanbetriebe des preußischen Staates gebündelt waren, der nach dem Zweiten Weltkrieg unter alliierte Zwangsverwaltung gestellt und danach der Bundesrepublik übertragen worden war. Die Preussag, die als 100-prozentige Tochter der bundeseigenen VEBA (Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG) geführt wurde, befand sich in einer Umstrukturierungsphase und benötigte neues Eigenkapital, das durch eine Kapitalerhöhung von 75 auf 105 Millionen D-Mark beschafft werden sollte. Dazu wurden ohne Beteiligung der VEBA über 30 Millionen D-Mark junge Aktien von einem Bankenkonsortium übernommen, das die Papiere einem ausgesuchten Anlegerkreis zum Kauf anbot. Bezugsberechtigt waren nur Belegschaftsmitglieder der Preussag sowie Einzelpersonen mit einem maximalen Jahreseinkommen von 8.000 D-Mark bzw. Verheiratete mit 16.000 D-Mark, wobei die Anzahl der beziehbaren Aktien je Person auf fünf beschränkt und der Emissionskurs auf 145 D-Mark festgelegt wurde. Eine erfolgreiche Werbekampagne sorgte dafür, dass der vorgesehene Zeichnungsbetrag schon wenige Tage nach Zeichnungsbeginn am 24. März 1959 um ein Mehrfaches übertroffen wurde, worauf hin sich die Bundesregierung entschloss, noch weitere Aktien über fast 51,5 Millionen D-Mark aus dem aktuellen Beteiligungsbestand der VEBA zur Verfügung zu stellen. Schließlich waren nur noch 22,4 Prozent des Aktienkapitals der Preussag über die VEBA-Beteiligung im Besitz des Bundes. Die Zuteilung der Aktien erfolgte am 27. Mai 1959, wobei wegen der Überzeichnung jeweils nur 4 Aktien zugeteilt wurden. Am 9. Oktober 1959, dem Tag der ersten amtlichen Notierung, kletterte die zu 145 D-Mark ausgegebene Aktie auf einen Kurs von 212 D-Mark. In der Rückschau wurden 216.119 Zeichner der Preussag Aktien gezählt, denen Aktien über insgesamt 81.485.800 D-Mark zugeteilt worden waren.319 Nach der Kapitalerhöhung lagen 77,6 Prozent des Preussag-Kapitals breit gestreut in privater Hand. Damit war eingetreten, „was die Bundesregierung nach Modifizierung ihrer Ursprungspläne eigentlich vermeiden wollte – eine weitgehende Privatisierung, bei der der Staat sogar seine Sperrminorität verlor“.320 Quasi im Nachgang zum Börsengang von 1959 veräußerte der Bund 1961 noch ein besonders rentables Bundesunternehmen, die Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH (VTG), an die Preussag. Dazu wurde das Grundkapital der Preussag von 105 Millionen D-Mark um 50 Prozent auf 157,5 Millionen D-Mark erhöht und den Aktionären ein Bezugsrecht eingeräumt, so dass sie für je zwei Preussag Aktien eine junge Aktie zum Kurs von 160 D-Mark beziehen konnten. Zur Bewertung der Transaktion hatte das Ministerium unter dem neuen Minister Hans Wilhelmi ermittelt, dass 80 Prozent der Ersterwerber der Preussag Aktien von 1959 „an ihren Papieren festgehalten“ hätten und somit als „Pioniere des Volkskapitalismus“ erstmals in den Genuss jener Annehmlichkeiten kämen, „die eine Kapitalerhöhung mit sich 98

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bringt“.321 Die Privatisierung der Preussag konnte als erfolgreicher Beitrag zur Aktienkultur gewertet werden. Der Börsengang der Volkswagen AG

Nach der erfolgreichen Platzierung der Preussag Aktien und nachdem die rechtlich und politisch schwierige Feststellung der Eigentumsverhältnisse bei Volkswagen gelungen war, bereitete man eine weitere Emission vor, nämlich die der Aktien aus der Privatisierung des Volkswagenwerks. Durch das Volkswagen-Gesetz (Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand) vom 21. Juli 1960 war die Volkswagenwerk GmbH in eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 600 Millionen D-Mark umgewandelt worden. Für 60 Prozent des Grundkapitals wurden einem ausgesuchten Käuferkreis VW-Aktien im Nennwert von 360 Millionen D-Mark angeboten, während die restlichen 40 Prozent beim Bund und beim Land Niedersachsen verblieben. Kein Aktionär sollte mehr als 20 Prozent der Stimmrechte ausüben können mit der Folge, dass das Land Niedersachsen mit einem Anteil von 20,2 Prozent über eine Sperrminorität für alle wichtigen Entscheidungen verfügte.322 Das Bankenkonsortium verkaufte die VW-Aktien kommissionsweise im Auftrag und für Rechnung des Bundes zum Kurs von 350 Prozent, wobei den Bewerbern ein nach Familienstand und Einkommen gestaffelter Nachlass von 10 bis 25 Prozent gewährt wurde.323 Bewerber mussten ihren Wohnsitz im Inland haben und ein Mindestalter von 18 Jahren aufweisen. Ihr steuerpflichtiges Jahreseinkommen durfte nicht mehr als 8.000 D-Mark, bei Verheirateten 16.000 D-Mark betragen. Der Sozialrabatt war zurückzuzahlen, sofern der Erwerber die Aktien in einem Zeitraum von zwei Jahren weiterverkaufen würde. Am 7. April 1961 wurde für die VW-Aktie ein geregelter Freiverkehr aufgenommen, an dem bereits kurz nach Handelsbeginn der Kurs von 350 D-Mark auf 750 D-Mark hochschnellte. Am 6. Juni 1961 notierte die VW-Aktie zu einem Höchstkurs von 1.100 D-Mark. Am 15. August 1961 kam die Aktie in den amtlichen Handel. Aufgrund der hohen Überzeichnung der Emission war die maximale Zuteilung von den geplanten 500 D-Mark Nennwert auf 200 D-Mark gekürzt worden. Insgesamt 1.547.503 Personen hatten für 667.472.000 D-Mark Nennbetrag VW-Aktien gezeichnet. Der kräftige Kursanstieg wurde dadurch erklärt, dass nach dem Krieg die Selbstfinanzierung der Unternehmen stark gefördert worden war, so dass die Aktionäre mit VW ein substanzstarkes Unternehmen erworben hatten, das sich seit Kriegsende überwiegend aus eigenen Mitteln finanzieren konnte. VW verfügte nach der Währungsreform über die größte und modernste Automobilfabrik der Welt.324 Auch die Ausgabe der VW-Aktien am 5. April 1961 zum Kurs von 262,50 bis 350 D-Mark und der starke Kursanstieg wurden allgemein als Erfolg der Privatisierung verbucht und als wichtiger Beitrag zur Popularisierung der Aktie gewertet. Durch die hohe Zahl neuer VWBörse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Aktionäre hatte sich die Anzahl der bei inländischen Kreditinstituten unterhaltenen Depotkonten 1961 von 850.000 auf rund 2 Millionen erhöht, man sprach von einem VW-Effekt.325 Der Erlös aus der Privatisierung und der Gewinnansprüche auf die Anteile, die dem Land Niedersachsen und dem Bund verblieben waren, wurden als Grundstock einer neuen Stiftung übertragen, der heutigen ‚VolkswagenStiftung‘, deren Kapital 2019 ca. 3,2 Milliarden Euro betrug. Der Börsengang der VEBA AG

Eine weitere Emission von Volksaktien erfolgte mit der Teilprivatisierung der VEBA (Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG), die nach Kriegsende Eigentum des Bundes geworden war und 1964 die Eigentumsanteile des Bundes an der Hibernia AG mit 100 Prozent, an der PreussenElektra mit 83,64 Prozent und an der Preussag (nach deren Teilprivatisierung) mit 17,35 Prozent zusammenfasste.326 Durch die Emission sollten ein dringender Kapitalbedarf der Tochtergesellschaften von VEBA gedeckt sowie Mittel für einen möglichen Erwerb der Hugo Stinnes AG beschafft werden. Die Mittelzuführung eröffnete nach Ansicht des Bundesschatzministers „zugleich die Möglichkeit einer folgerichtigen und zielstrebigen Fortsetzung der sozialen Privatisierung“.327 Nachdem der Deutsche Bundestag am 7. April 1965 eine Teilprivatisierung beschlossen hatte, wurden insgesamt 528 Millionen D-Mark des Grundkapitals der VEBA für die Ausgabe von Volksaktien genutzt.328 Im Gegensatz zu den vorausgegangenen Börsengängen wurde bei der Emission der VEBA-Aktien kein Sozialrabatt für einkommensschwächere Anleger gewährt, wohl aber wurden die Aufträge der Zeichnungsberechtigten in der Reihenfolge ihrer Einkommenshöhe erfüllt, so dass die Kaufanträge der jeweils niedrigeren Einkommensgruppe vor denen der höheren berücksichtigt wurden. Wie bei den Privatisierungen zuvor erfolgte auch bei der VEBA die Emission auf der Basis einer entsprechenden Kapitalerhöhung, bei der der Bund auf sein Bezugsrecht verzichtete und die neuen Aktien von einem Bankenkonsortium übernommen wurden.329 Das Verkaufsangebot wurde bei einem Emissionskurs von 210 D-Mark pro Aktie in einem Umfang überzeichnet, sodass nur Ledige mit einem Jahreseinkommen bis 8.000 DMark und Eheleute bis 16.000 D-Mark bei der Zuteilung zum Zuge kamen. Die beiden anderen Einkommensgruppen, die berücksichtigt hätten werden können, gingen leer aus. Die Aufnahme der VEBA-Aktie in den Sekundärmarkt der Börse endete in diesem Fall allerdings rasch mit einer Enttäuschung für die Anleger, die zum Zuge gekommen waren. Zwar lag der erste Kurs der VEBA-Aktie mit 226 D-Mark noch über dem Emissionskurs von 210 D-Mark, sank dann aber bereits einige Tage später auf ein Niveau, bei dem kein Zeichnungsgewinn mehr erzielt werden konnte. Die weitere Kursentwicklung wurde für diejenigen, die wegen ihrer schmalen Einkommensbasis zum Zuge gekommen waren, letztlich sogar zum Desaster. Was zunächst als Börsenlektion für die „frischgebackenen VEBA-Volksaktionäre“ bezeichnet wurde, entwickelte sich bis zum Jahresende zu 100

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einem „Fiasko“. „Bis Anfang Januar 1966 sank die VEBA-Aktie auf ein Kursniveau, das 37 Punkte unter dem Einführungs- bzw. 52 Punkte unter dem Höchstkurs lag.“330 Der damalige Schatzminister Werner Dollinger erklärte in einem ‚Spiegel‘-Interview am 10. Januar 1966, die „Volksaktie sei wie jede andere Aktie ein Risiko-Papier und nur eine der Möglichkeiten zur Eigentumsbildung“.331 Dass diese durchaus richtige Aussage angesichts des zuvor über den Verteilungsmechanismus staatlicherseits signalisierten Sicherheitsniveaus und Gewinnpotenzials die Aktionäre beruhigen konnte, darf bezweifelt werden. Der Einfluss der Privatisierungen auf die Börsen

Im Gegensatz zu den Preussag- und VW-Emissionen, die für die ‚Volksaktionäre‘ insgesamt positiv verlaufen waren, weil sich die Aktienkurse im Anschluss an die Emissionen kräftig und lang nach oben entwickelten, ließen die beachtlichen Einbußen der VEBAAktionäre weitere Privatisierungs- und Emissionspläne der Regierung für mehrere Jahre obsolet werden. Auf der Unternehmensseite war als Ergebnis der Privatisierungen festzustellen, dass sich im Zuge der Ausgabe von Volksaktien die Struktur der Finanzierung der Aktiengesellschaften in Deutschland nicht substanziell verändert hatte. Das zeigt ein Blick auf die Relationen der Innenfinanzierung und externen Finanzierung durch Aktienemissionen als Anteil der langfristigen Finanzierungsmittel. Wie Tabelle 7 zeigt, ging der Anteil der Innenfinanzierung von 1960 bis 1963 von 66 Prozent auf 46 Prozent zurück. Was den kompensierenden Zuwachs bei den externen Mitteln betraf, so erfolgte dieser allerdings bei den langfristigen Fremdmitteln, während der Beitrag der Aktienemissionen sogar von 14 Prozent auf 4 Prozent abschmolz. Tabelle 7: Finanzierung der Unternehmen in Milliarden D-Mark und in Prozent der gesamten langfristigen Finanzierungsmittel 1960 bis 1963

1960 Mrd.

1961 % Mrd.

1962

1963

% Mrd.

% Mrd.

%

Innenfinanzierung

20,8

66 17,9

52 18,5

46 16,2

46

+ Aktienemissionen

4,4

14 3,9

11 2,1

6 1,3

4

= Eigenfinanzierung

25,2

80 21,8

63 18,6

52 17,5

50

+ Langfr. Fremdfinanzierung

6,2

20 12,8

37 17,3

48 17,4

50

= ∑ Langfr. Fremdfinanzierung

31,4

100 34,6

100 35,9

100 34,9

100

Quelle: Sachverständigenrat, Stabiles Geld, S. 104.

Sieht man von dem kurzfristigen Effekt der Emission der Preussag Aktien ab, so wurden auch die Börsenumsätze durch die breite Streuung von Aktien im Publikum nicht wesentlich gestärkt. In der folgenden Tabelle sind die Börsenumsätze deutscher Aktien an allen deutschen Börsen zusammengestellt. Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

101

Tabelle 8: Entwicklung der Börsenumsätze in Deutschland 1953 bis 1970

Jahr

Börsenumsatz in Mio. D-Mark

1953

329

1954

1.359

1955

3.002

1956

2.142

1957

2.063

1958

4.739

1959

10.520

1960

11.226

1961

9.085

1962

5.950

1963

5.539

1964

6.646

1965

4.525

1966

4.545

1967

7.639

1968

15.210

1969

19.543

1970

12.195

Privatisierungsereignis

Preussag VW

VEBA

Quelle: DAI-Factbook, Stand Oktober 2011, S. 06-1-1. Die Angaben in Euro sind mit 1,9558 in DMark umgerechnet.

Die Tabelle lässt erkennen, dass die positive Wirkung der Privatisierungen auf die Börsenumsätze im Zuge des ‚VEBA-Desasters‘ zunichte gemacht wurde. Einen signifikanten Aufschwung der Börsenumsätze konnte man erst zu Beginn der 1970er-Jahre und viel später Mitte der 1980er-Jahre beobachten. Auch die Anzahl an Aktiengesellschaften als Basis für eine mögliche Börsennotierung hatte sich seit Kriegsende und Währungsreform nur marginal verändert. 1952 waren 540 Gesellschaften börsennotiert, 1965 waren es 607, wobei nur 420 Aktiengesellschaften durchgehend an der Börse vertreten waren.332 Die Idee der Volksaktie, die darin bestand, das Aktiensparen auch für Bezieher niedrigerer Einkommen und letztlich für eine breite private Schicht attraktiv zu machen, wurde danach von der Politik bis auf weiteres aufgegeben. Aus dem Blickwinkel des PortfolioManagements stellte ein Aktien-Research Institut fest, dass die Volksaktie „grundsätzlich der falsche Weg“ sei: Aktienkultur werde nicht gefördert, indem unerfahrene Anleger in 102

Bernd Rudolph

riskante Anlagen gelockt würden. Stattdessen werde dadurch das langfristige Vertrauen in die Aktienanlage zerstört. Öffentlichkeitswirksame Börsengänge im Zuge von Privatisierungsprozessen seien dabei besonders gefährlich. Würden diese genutzt, um Aktien unter das Volk zu bringen, so würden die zwei wichtigsten Voraussetzungen für die Entstehung einer Aktienkultur zerstört: „Der Fokus auf einen langen Anlagehorizont und der Auf bau eines breit diversifizierten Portfolios.“333 Aktienanlagen galten bei den privaten Anlegern damals – wie vielfach noch heute – als hochrisikoreich, da im Laufe der Zeit immer wieder Ausbrüche der Kurse nach unten zu beobachten waren. Würden dagegen die Kursbewegungen im Kontext eines Portfolios in einer Langzeitperspektive betrachtet, so würden die Wirkungen der Kursrückschläge deutlich abgemildert erscheinen, und stattdessen würden die Chancen für eine insgesamt positive Entwicklung der Aktienanlage deutlich.334 Auch nach den durch die Privatisierungen angeregten Börsengängen gab es später – letztlich scheiternde – Bemühungen der Regierung, Aktien teilprivatisierter Bundesunternehmen breit gestreut zu platzieren, um die stark gesunkene Popularität der Aktie zu erhöhen.335

4. Finanzsystem, Aktienrechtsreform und Börsenhandel Finanzsystem und Einfluss der Großbanken auf die Börsen

Bereits in den 1970er-Jahren suchte man nach Erklärungen für drei besondere Eigenheiten des Finanzmarktes in Deutschland: • für die geringe Neigung der Unternehmen und selbst der Aktiengesellschaften, eine Börsennotiz anzustreben, • für die weitgehende Abstinenz der privaten Anleger von einer Anlage ihrer Mittel in Aktien • sowie für die ungewöhnlich geringe Handelstätigkeit an den Börsen. Als gemeinsamer Hintergrund der drei Charakteristika wurde damals eine spezifische Eigenheit der deutschen Unternehmenslandschaft angeführt, für die sich der Begriff ‚Deutschland AG‘ einbürgerte. Der Begriff sollte auf Besonderheiten hinweisen, insbesondere darauf, dass zwischen den Großbanken und den großen Aktiengesellschaften ausgeprägte finanzielle und personelle Querverbindungen und Überkreuzverflechtungen bestanden. Die Börsen spielten im Finanzsystem der ‚Deutschland AG‘ nur gelegentlich bei größeren Transaktionen eine Rolle. Grundsätzlich schützte das langfristig angelegte kapitalmäßige und personelle Beziehungsgeflecht die Gesellschaften vor externen Angriffen übernahmewilliger Unternehmen. Auch die relativ wenigen privaten Aktionäre galten als Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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langfristig orientierte Anleger. Hingegen waren für die Börsen die an einer hohen Liquidität der Finanztitel interessierten Anleger wichtig, die häufig handelten und zum Marktumfang und einer hoher Marktkapitalisierung beitrugen.336 In den 1970er-Jahren waren die Aktivitäten der Börsen in Deutschland also durch die besonderen Charakteristika des herrschenden Finanz- und Governance-Systems von eher nachgeordneter Bedeutung. 337338339340341342343

‚Deutschland AG‘ und ‚Rheinischer Kapitalismus‘ Ein besonderes Kennzeichen der Deutschland AG waren enge Verflechtungen zwischen den großen Industrieunternehmen, den Großbanken und den großen Versicherern, die zum Teil bereits im 19. Jahrhundert und insbesondere mit der Gründung und dem Wachstum der Großbanken entstanden waren.336 Die Verflechtungen wurden in den 1920er-Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1950er-Jahren weiter ausgebaut und durch steuerliche Vorschriften wie das Schachtelprivileg für Dividenden aus Beteiligungen von mehr als 25 Prozent begünstigt.337 Seit den 1950er-Jahren wurde der hohe Beteiligungsbesitz der Banken aus ordnungspolitischer Sicht zum Teil scharf kritisiert. Ihre Wurzeln hatte die Deutschland AG zudem in aktienrechtlichen Weichenstellungen des 19. Jahrhunderts. In Reaktion auf den Gründungsboom nach Aufhebung der Konzessionspflicht für Aktiengesellschaften durch die Aktienrechtsnovelle von 1870 und der nachfolgenden Krise hatte die Aktienrechtsreform von 1884 eine personelle Trennung von Aufsichtsrat und Vorstand durchgesetzt sowie das Erfordernis, dass die Banken zur Ausübung des Depot- bzw. Vollmachtstimmrechts auf der Hauptversammlung der Gesellschaften das Einverständnis ihrer Depotkunden einholen mussten. Diese Pflicht wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den Depotbanken überwiegend als Mitteilung an die Depotkunden vor Hauptversammlungsterminen umgesetzt, man werde, soweit man nicht andere Weisung erhalte, aufgrund der erteilten Ermächtigung das Stimmrecht im Sinne der Verwaltungsvorschläge ausüben. Diese Handhabung, von Kritikern als „Spekulation auf die Gleichgültigkeit und Uninteressiertheit der kleinen Einzelaktionäre“338 gewertet, wurde 1989 eingeschränkt und 2009 zur Erhöhung der Präsenzen in den Hauptversammlungen mit dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) flexibilisiert. Auf stärker gesellschaftspolitische Aspekte des Phänomens der Deutschland AG zielt der Begriff des ‚Rheinischen Kapitalismus‘. Er betont insbesondere die sozialpartnerschaftliche Ausrichtung der Unternehmenspolitik in Deutschland, die unter anderem in der starken betrieblichen und überbetrieblichen Mitbestimmung zum Ausdruck kam. Auch dieses Merkmal, das sich in der Ära Adenauer ausbildete und zum Teil ähnliche Attribute aufwies wie eine mit dem Begriff der ‚Sozialen Marktwirtschaft‘ bezeichnete Ordnung, trug zur Stabilität der Deutschland AG bei.339 Das System der ‚Deutschland AG‘ kontrastierte mit dem angelsächsischen Finanz- und Governance-System, das eine ausgesprochen starke Kapitalmarktorientierung der Unternehmen einhergehend mit der Zielsetzung einer Maximierung des ‚Shareholder Value‘ aufwies. In einem solchen System trennen sich Aktionäre, sofern sie mit der Unternehmensführung nicht einverstanden sind, über den Markt – also über die Börse oder den Markt für Mergers & Acquisitions – von ihrem Unternehmensanteil. Im Gegensatz dazu bringen Anleger in Deutschland ihre Unzufriedenheit mit der Unternehmensstrategie oder mit dem Management nicht durch

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Verkauf ihrer Anteile (sog. Exit-Strategie) zum Ausdruck, sondern versuchen, eine Änderung der Unternehmensstrategie über ihre Mitwirkung in der Hauptversammlung oder im Aufsichtsrat herbeizuführen (sogenannte Voice-Strategie).340 Die Gesellschaften in Deutschland wurden also typischerweise von Managern geführt, die im Sinne einer ‚Stakeholder‘-Orientierung die Unternehmensstrategie an den Interessen der Eigen- und Fremdkapitalgeber ausrichteten – insbesondere denen der ‚Hausbanken‘ – aber auch ihre eigenen Interessen und die der Arbeitnehmer (vermittelt über die Mitbestimmung) zur Geltung brachten. Da die Banken die Anlagegelder ihrer Kunden in Form von Krediten oder eigenen Beteiligungen an die Unternehmen weiterreichen, ergab sich auch zwischen den Kreditinstituten und ihren Kreditnehmern ein Interesse an langfristigen Beziehungen.341 Diese Netzwerke verschafften den Gesellschaften und ihrem Management große Stabilität, die teils auch durch kartellähnliche Absprachen abgesichert, im Lauf der Zeit aber zunehmend wegen ihrer Wettbewerbsfeindlichkeit kritisiert wurde. Die heute gängige Unterscheidung von Finanzsystemen in banken- und marktorientierte war in den 1970er-Jahren noch nicht etabliert, doch weist der bankorientierte Typus sehr viele Ähnlichkeiten mit dem als Deutschland AG beschriebenen System auf. In bankorientierten Finanzsystemen spielen Geschäftsbanken, nicht nur notwendigerweise Großbanken, eine zentrale Rolle in der Finanzintermediation. Sie prüfen beständig die Bonität ihrer Kreditnehmer und übernehmen selbst – auch über ihre Sicherungssysteme – weitgehend die Ausfallrisiken, wobei sie ihr gesamtes Ausfallrisiko durch eine geeignete Risikostreuung möglichst klein halten. In marktorientierten Finanzsystemen hingegen dominiert die Verbriefung von Risiken in Aktien und Anleihen, die bei einem breiten Anlegerkreis platziert werden, insbesondere bei Privatpersonen, über Wertpapierfonds und über Pensionsfonds.342 Die Rolle der Geschäftsbanken wird in einem durch Universalbanken geprägten Finanzmarkt weiter verstärkt, weil die großen Geschäftsbanken zugleich einen dominierenden Einfluss im Kreditgeschäft, im Emissionsgeschäft und im Wertpapierhandel einnehmen.

Kaum integriert in das System der Deutschland AG waren die Kleinaktionäre, die bei einer unbefriedigenden Entwicklung ihrer Anlagen resignierten und sich, vergleichbar dem Exit-Verhalten in einem marktorientierten Finanzsystem, vom Aktienmarkt zurückzogen. Seit Ende der 1950er-Jahre gaben Kleinanleger allerdings ihrem Ärger über unzureichende Informationen oder eine unbefriedigende Kursentwicklung ihrer Aktien auch dadurch Ausdruck, dass sie in der Hauptversammlung ihrer Gesellschaft das Management heftig kritisierten, ohne dass ihre wenigen Stimmrechte das zumeist fast einhellige Abstimmungsergebnis spürbar ändern konnten. Eine Kuriosität auf deutschen Hauptversammlungen war das Auftreten sogenannter Berufsopponenten, die „heute hier und morgen dort auf allen großen Hauptversammlungen“344 zu sehen waren, wie Hermann Josef Abs in einem Vortrag vor der Industrie- und Handelskammer zu Berlin am 18. Juli 1963 beklagte, wobei er von dieser Gruppe ausdrücklich die Aktionärsvereinigungen ausnahm.345 Aktivistische Aktionäre im heutigen Sinn oder Vertreter aktienorientierter

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Hedgefonds, die ihren besonderen Einfluss auf die Unternehmensstrategie geltend machen könnten, spielten noch keine Rolle. Vorarbeiten für eine Reform des Aktienrechts

Die gesellschaftsrechtliche Grundlage für Aktienfinanzierungen und die für emittierte Aktien organisierten Sekundärmärkte an den Börsen war das aus der Vorkriegszeit übernommene Aktiengesetz von 1937, das sich in den knapp drei Jahrzehnten seines Bestehens cum grano salis bewährt hatte. Die Veränderungen, die sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bei den Unternehmen vollzogen hatten, sollten allerdings auch ihren Niederschlag auf dem Gebiet des Aktienrechts finden. Um die Neigung zum Erwerb von Aktien zu verbessern, erschien es erforderlich, Aktienanlagen für das Publikum insgesamt attraktiver zu machen und zu diesem Zweck insbesondere die Rechte der Aktionäre zu stärken.346 Es setzten daher Reformüberlegungen ein, die Informationslage der Aktionäre und ihre Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Aktiengesellschaften zu verbessern sowie auch die Auskunftspflichten der Gesellschaften gegenüber ihren Eigentümern zu erweitern. Darüber hinaus brachte der Trend zur Konzentration in der Wirtschaft die Notwendigkeit mit sich, das Konzernrecht zum besseren Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger zu überarbeiten. Der Ruf nach einer Reform des Aktienrechts wurde nicht überall geteilt, und es gab auch keinen unmittelbar zwingenden äußeren Anlass dazu. Die deutsche Wirtschaft hatte sich auf die geltende Gesetzeslage und insbesondere auf die durch das Aktiengesetz von 1937 gestärkte Kompetenz des Vorstands eingestellt. In seinem Beitrag ‚50 Jahre Aktiengesetz 1965‘ blickte Ulrich Seibert 2015 wohlwollend-süffisant auf die Zeit vor der Aktienrechtsreform zurück: „Die Unternehmen hatten ihr Hausbankensystem, man finanzierte sich eher über Fremdkapital oder Thesaurierung als über die Frankfurter Börse oder gar den internationalen Kapitalmarkt. Der Aufsichtsrat galt vielfach als Ehrenamt für Honoratioren und als ein durchaus kompetentes und leitungserfahrenes ‚old boys‘ network‘. Besonders viel Zeit musste man nicht investieren, weshalb man sich auch mühelos mit zahlreichen Mandaten schmücken konnte, was in einem engen Beziehungsgeflecht durchaus seine Vorteile hatte. Die Haftung des Aufsichtsrats war von keiner größeren Bedeutung, es reichte wohl auch meist, auf der Fahrt zur Aufsichtsratssitzung im Fonds der Limousine die Akten durchzusehen, vornehmlich an den Stellen, an denen der Assistent Lesezeichen angebracht hatte. Man traf sich im Plenum normalerweise zweimal im Jahr und achtete darauf, bis zum Lunch die Tagesordnung abgearbeitet zu haben.“347 Die Reformüberlegungen betrafen auch Fragen der Vertretung der Aktionäre im Rahmen des Depot- oder Vollmachtstimmrechts der Banken in der Hauptversammlung und die möglichen Interessenkollisionen bei der Anlageberatung durch Universalbanken. Da nicht die Hauptversammlung, sondern Vorstand und Aufsichtsrat die Kompetenz zur 106

Bernd Rudolph

Feststellung des Jahresabschlusses besaßen, konnten die Verwaltungen auf der Basis der geltenden Bilanzierungsprinzipien praktisch ohne Einschränkungen darüber befinden, welcher Betrag an die Aktionäre ausgeschüttet wurde. Während die Bundesregierung entsprechende Kritikpunkte und Anregungen zunächst überging, weil auf gesellschaftsrechtlichem Gebiet die Gesetzgebung zur DMEröffnungsbilanz, die Entflechtung und die Wertpapierbereinigung ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen, wurden bereits seit Beginn der 1950er-Jahre von Seiten der Verbände und der Wissenschaft zunehmend Denkschriften und Änderungsvorschläge vorgelegt. Diese zielten insbesondere darauf ab, die Rechte der Hauptversammlung und die Informations- und Mitspracherechte der einzelnen Aktionäre zu stärken. Damit sollte die Aktionärsdemokratie belebt und die 1937 gestärkte Stellung des Vorstands wieder relativiert werden.348 Das Ende der ‚Deutschland AG‘ war mit diesen Reformvorhaben allerdings noch nicht eingeläutet. Das Bundesjustizministerium, das die Vorarbeiten zur Reform des Aktienrechts 1954 aufnahm, veröffentlichte 1958 den Referentenentwurf für ein neues Aktiengesetz. Am 16. Mai 1960 wurde dann der in einer ganzen Reihe von Punkten vom Referentenentwurf abweichende Regierungsentwurf vorgelegt. Die kleine Aktienrechtsreform

Ende 1959 ging der angestrebten großen Aktienrechtsreform allerdings mit dem Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung vom 23. Dezember 1959 noch eine sogenannte kleine Aktienrechtsreform voraus. Diese zog zur Erleichterung der 1959 angelaufenen Emission von Volksaktien aus dem vorgesehenen Gesamtgesetz drei Regelungskomplexe vor, nämlich • die Neugliederung der Gewinn- und Verlustrechnungen, • die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaften zum Zweck, sie an ihre Arbeitnehmer als Belegschaftsaktien auszugeben, und • die Ausgabe von Aktien aus der steuerfreien Auflösung offener Rücklagen im Zuge einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Dass damals in der Presse, wie Bernd Baehring anmerkt, seltener von Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (durch Umwandlung von offenen Rücklagen in Grundkapital) und häufiger von der Ausgabe von Gratisaktien349 gesprochen wurde, hatte mit anderen sprachlichen Wendungen im Finanzbereich dieser Zeit zu tun, die nicht zum tieferen Verständnis finanzwirtschaftlicher Vorgänge bei den Aktionären beitrugen. Sie förderten damals aber vielleicht sogar kurzfristig das gesteckte Ziel, breite Bevölkerungskreise zum Erwerb von Aktien zu ermuntern.350

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Die große Aktienrechtsreform

Am 25. Mai 1965 wurde das neue Aktiengesetz vom Bundestag ohne Gegenstimme gebilligt, am 11. September verkündet und zum 1. Januar 1966 in Kraft gesetzt. Mit dieser Reform wurde neben der Zielsetzung, die Stellung der Kleinaktionäre als wirtschaftliche Eigentümer ihrer Gesellschaft zu stärken, die Grundlage für ein Konzernrecht geschaffen. Die Aktionäre erhielten mehr Mitbestimmungsrechte und wurden besser und schneller informiert. Die Höchstzahl der Aufsichtsratsmandate in Aktiengesellschaften wurde auf zehn Mandate pro Person beschränkt (sogenannte Lex Abs).351 Kritiker des novellierten Gesetzes haben insbesondere das durch die Reform sanktionierte Prinzip der zwar „gläsernen“, aber für den Aktionär weiterhin „verschlossenen Taschen“ herausgestellt, weil die Verwaltung weiterhin den Jahresabschluss in eigener Kompetenz aufstellte und dadurch die Hauptversammlungskompetenz im Hinblick auf die Entscheidungen über die Gewinnverwendung der Gesellschaft nur unwesentlich gestärkt worden war.352 Als Neuregelung des Bankenstimmrechts auf den Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften wurden im Gegensatz zu den im Aktiengesetz von 1937 verankerten Stimmrechtsermächtigungen nun zeitlich begrenzte Stimmrechtsvollmachten zu den einzelnen Abstimmungspunkten der Tagesordnung erforderlich, zu denen die Bank den Aktionären ihre Vorschläge zu unterbreiten hatte.353 Entsprechend würdigte die Literatur zur großen Aktienrechtsreform einerseits, dass die durchgesetzten Publizitätsverbesserungen die mitgliedschaftsrechtliche Stellung der einzelnen Gesellschafter zwar gestärkt hätten, dass bei der Reform aber wichtige Fragen der Regulierung von Aktienemissionen und des Effektenhandels außer Betracht geblieben waren. „Das Aktienrecht war rein gesellschaftsrechtlich gedacht und kapitalmarktfern.“354

IV. Der steinige Weg zu Reformen am Beginn der 1970er-Jahre Die Zeit zwischen 1965 und 1975 ist durch die beiden ersten Wirtschaftskrisen im Nachkriegsdeutschland geprägt: Die erste Rezession ab Herbst 1966 bis zum Sommer 1967 sowie die Ölkrise von 1973 bis 1975. Letztere trug zum Zusammenbruch des bereits ‚wackelnden‘ Weltwährungssystems und maßgeblich zum Aufschwung des Devisenhandels an der Frankfurter Devisenbörse bei. Die erste Krise, deren Ursache unter anderem in der Abwehr von Inflationsgefahren durch die Geldpolitik der Bundesbank gesehen wurde, zeigte sich in der erstmals negativen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von -0,2 Prozent. Sie konnte rasch überwunden werden, zumal mit dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz 355 und der von Schiller ins Leben gerufenen Konzertierten Aktion356 neue wirtschaftspolitische Instrumente wie die keynesianisch geprägte Globalsteuerung der Wirtschaft zur Verfügung standen, die zu dieser Zeit offenbar wirksam eingesetzt werden konnten. Man benö108

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tigte nun aber auch neue Ideen, weil sich das Nachkriegswachstum nicht mehr quasi automatisch fortsetzte. Der Erfolg des neuen Instrumentariums zur Annäherung an ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht aus Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität, außenwirtschaftlichem Gleichgewicht und stetigem Wirtschaftswachstum wurde auch durch die geldpolitischen Entscheidungen der Bundesbank beeinflusst. Durch die zum 1. April 1967 aufgehobene staatliche Reglementierung der Bankzinsen, für deren Beibehaltung sich die Kreditwirtschaft intensiv eingesetzt hatte, nahm der Wettbewerb der Banken um Kunden, Kundeneinlagen und Kundenaufträge zu, das Bankgeschäft wurde zum Mengengeschäft.357 Der Staat trat abwechselnd am Rentenmarkt als Kapitalanleger, aber zunehmend auch als Kapitalschuldner auf. 1969 wurden die neuen Instrumente durch Gesetze zur Haushaltsreform ergänzt, die insbesondere die Einführung einer mittelfristigen Finanzplanung zum Inhalt hatten.358 Im Oktober 1970 legte eine Kommission unter Vorsitz des luxemburgischen Premierministers Pierre Werner den Plan für die stufenförmige Einführung einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion vor, der 1972 zum Europäischer Wechselkursverbund führte.

1. Vorschläge für eine Reform der Börsen und Widerstände Reformbedarf im Börsenhandel mit Aktien Tabelle 9: Kapitalmarktstruktur der Kapitalanlagen in der Bundesrepublik Deutschland 1960 bis 1988

Anteil der Anlagearten der privaten Haushalte in Prozent 1960

1970

1980

1988

Banken

56,0

55,6

53,2

47,9

Bausparkassen

6,6

8,0

7,4

5,2

Versicherungen

16,5

15,7

16,8

20,8

Festverzinsliche Wertpapiere

4,1

3,1

12,9

14,7

Aktien

7,2

5,0

2,2

2,6

Sonstige

9,8

6,6

7,5

8,8

Gesamt

100,0

100,0

100,0

100,0

Quelle: Paul, Investor Relations-Management.

An den Finanzmärkten zeigte sich, dass der Anteil der Sicht-, Termin und Spareinlagen bei den Banken am Gesamtbestand der Anlagen privater Haushalte zwar etwas rückläufig war, dass dieser Rückgang aber durch den steigenden Bestand an Versicherungen und den Kauf festverzinslicher Wertpapiere, nicht aber durch Investition in Aktien ausgegliBörse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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chen wurde. Dieser Befund hatte bereits in den 1960er-Jahren auch jenseits der Diskussion um die ‚Deutschland AG‘ immer wieder zu neuen Erklärungsversuchen für Schwachstellen des deutschen Aktienmarktes geführt und Reformüberlegungen angestoßen. Die offensichtlichen Schwächen des Aktienmarktes waren das Thema einer Besprechung am 22. Juni 1959 im Bundeswirtschaftsministerium, an der die Präsidenten der westdeutschen Wertpapierbörsen sowie eine ganze Reihe von Vertretern des Ministeriums teilnahmen. Dort erklärten die Börsenvertreter, dass das aktuelle Kursniveau am Aktienmarkt nicht als überhöht angesehen werden dürfe, vielmehr auf ein „echtes Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage am Wertpapiermarkt“ hinweise: Wenn es nicht gelänge, dieses Missverhältnis wenigstens zu mildern, so könne sich daraus à la longue die Gefahr entwickeln, dass die Börsen weitgehend funktionslos würden. Der börsenmäßige Umsatz an Aktien sei denkbar niedrig und die „zurzeit geplanten Emissionen junger Aktien seien viel zu gering, als dass eine spürbare Entlastung des Marktes davon erwartet werden könnte. Dabei müsse festgestellt werden, dass die hohe Nachfrage gegenwärtig im Wesentlichen nicht spekulativer Natur sein, sondern dass überwiegend echte Anlagekäufe an den Börsen getätigt würden“. Der „Mangel an Material“359 wurde insbesondere auf die im Vergleich zur Emission von Anleihen hohen Kosten sowie auf die steuerliche Behinderung der Auflösung der im Betriebsvermögen von Unternehmen festliegenden Aktienpakete zurückgeführt. Auch die Besprechung im Juni 1959 hatte zu keinen konkreten Konsequenzen geführt, bestätigte aber die Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums, dass die Verfassung der deutschen Börsen veraltet war.360 Sie entspreche insbesondere nicht dem Leitbild der sozialen Marktwirtschaft und den Bedürfnissen der durch die Privatisierungen nun breiteren Anlegerschicht in Deutschland. Ein wesentlicher negativer Faktor wurde in dem starken Bankeneinfluss gesehen, der verhindere, dass sich die Börsen so entfalten könnten, dass sie – wie in anderen Ländern – ihre Funktionen für die Anleger und die Finanzierung der Unternehmen in effizienter Weise erfüllen könnten. Zu erwägen sei die Einführung eines Börsenzwangs, der aber nur eingeführt werden solle, wenn dadurch eine bessere Funktionsfähigkeit der Börsen herbeigeführt würde. Da diesbezüglich bei den Börsenpräsidenten keine einheitliche Auffassung bestand, solle die Frage im Ministerium weiter geprüft werden. Anregungen für Veränderungen in den Usancen

Schwachstellen am Kapitalmarkt und im Börsenwesen waren nicht nur den Banken und im Wirtschaftsministerium bekannt, sie wurden auch in den Börsen selbst diskutiert, wie das Manuskript zu einem Vortrag von Professor Dr. Wolfgang Stützel, damals selbst Mitglied des Börsenrats der Frankfurter Wertpapierbörse, zeigt, den er vor seinen Ratskollegen am 28. Januar 1965 hielt. Das umfassende Referat zur Förderung des Aktiensparens sprach insbesondere jene Themen an, die von der Börse selbst oder den Banken am Aktien- und Rentenmarkt verbessert werden könnten, erwähnte aber auch notwendige 110

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rechtliche Anpassungen: „Was nottut, sind nicht geräuschvolle Einzelmaßnahmen, ad-hocMaßnahmen augenfällig großer kurzfristiger, aber gewöhnlich zweifelhafter langfristiger Effizienz. Was nottut, sind Ordnungen, dauerhafte Ordnungen, Verbesserungen der auf Dauer angelegten Ordnungen.“361 Stützel verwies auf besondere Missstände, Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten im Emissionsgeschäft, in der Geschäftsordnung der Börse und in den geschäftlichen Aktivitäten: • Von Stützel angezweifelt wurde die Zweckmäßigkeit sogenannter Sperrbonifikationen im Emissionsgeschäft, die – wie bei der Emission der Volksaktien – verhindern sollen, dass bei der Emission erworbene Wertpapiere innerhalb einer bestimmten Zeit wieder abgestoßen werden. Diese Praxis führe im Wesentlichen zu einem Nebeneinander hoher Börsenkurse und niedrigerer grauer Kurse. • Ein Missstand sei die fast routinemäßige Verwendung asymmetrischer Kündigungsklauseln in den Anleihebedingungen, wonach den Emittenten als Anleiheschuldnern ein Kündigungsrecht zustehe, das dem Anleger zumute, „als Anleihetitel Papiere zu kaufen, die eigentlich nur Kursverlustrisiken, keine Kursgewinnchancen versprechen.“ 362 Sobald der mögliche Fall einer Kurssteigerung aufgrund einer Marktzinssenkung zu erwarten sei, würde die Anleihe gekündigt. • Ärgerlich sei das in der regionalen Börsenstruktur begründete Risiko, dass für Wertpapiere gleichzeitig unterschiedliche Kurse aufträten, dass rasche Kurssprünge nach beiden Seiten vorkämen sowie ein starkes Nachgeben oder Anziehen von Kursen bei größeren Transaktionen zu verzeichnen sei. • Kritisiert wurde von Stützel die gerüchteweise kolportierte Praxis der Banken, bei Erledigung ihrer Börsenaufträge außer Provisionen auch aus ihrer Doppelrolle als Kommissionär der Kunden und Selbstinteressent Vorteile zu Lasten der Kunden zu ziehen. „Dies sei gewiss ein delikates Kapitel.“363 • Zu fordern sei schließlich die Zulassung nennwertloser Aktien: „Die Stückaktie ist klarer und durchsichtiger. Sie ist die Aktie ohne falschen Schein. Sie ist primitiver, einfacher, laienverständlicher.“364 Die Vorzüge der Stücknotiz von Aktien, die nicht in Prozent des Nennwertes, sondern in D-Mark pro Stück ausgedrückt wird, – für die Anleger wie für die Gesellschaften – waren bereits 1963 in einem längeren Beitrag Albert von Metzlers dargelegt worden.365 Stützel sprach in seinem Vortrag auch die Frage einer Veröffentlichung der Börsenumsätze an. Die Forderung nach einer Veröffentlichung der Umsätze der einzelnen Börsen hatte damals noch Tabucharakter, obwohl bereits Ludwig Erhard 1959 zur Transparenz in diesem Bereich aufgerufen hatte: „Sie wissen, ich bin kein Freund des Zwanges – auch nicht der Einführung eines Börsenzwanges. Aber ich bin immer ein Freund der Publizität. Je mehr Fakten man kennt, desto leichter ist es, Fehlschlüsse zu vermeiden. Wir sollten […] prüfen, ob es Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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nicht an der Zeit ist, auch bei uns künftig die Börsenumsätze zu veröffentlichen, wie das an ausländischen Börsen seit längerem üblich ist.“366 Wissenschaftler ebenso wie Politiker, Publizisten und auch Vertreter der Banken und Börsen hatten sich für eine Stärkung der Börsenpublizität ausgesprochen, wobei viele dieser Stimmen die Notwendigkeit einer besseren Information der im Zuge der Privatisierungen neu gewonnen Aktionäre im Auge hatten. Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen hatte dagegen im Januar 1961 argumentiert, dass die technische Durchführung einer Veröffentlichung der Börsenumsätze „auf fast unüberwindliche Schwierigkeiten“ stoße.367 In einem Schreiben vom Juli 1961 wurde dann mit Nachdruck der Einwand vorgebracht, dass die Erfassung aller Umsätze nur bei Einführung eines totalen Börsenzwangs zu erreichen sei. Die Börsenvorstände müssten davor warnen, „mit der Einführung eines Börsenzwangs irgendwelcher Prägung den Boden unserer freien Wirtschaftsordnung auf einem Gebiet zu verlassen, das gegen staatliche Eingriffe und Zwangsordnungen besonders empfindlich sei.“368 Reformvorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums

Anfang Juli 1966 legte das Bundeswirtschaftsministerium der Presse Pläne zur Verbesserung des Börsenwesens und insbesondere zur Stärkung der Institution Börse vor, die das Ziel verfolgten, im Interesse der Aktionäre die Publizität der börsennotierten Aktiengesellschaften und die Transparenz des Börsenhandels zu verbessern. Insbesondere sollten die vielen Kleinaktionäre, die durch die Teilprivatisierungen für eine Aktienanlage gewonnen worden waren, in Zukunft besser über das Börsengeschehen informiert werden. Hintergrund der Pläne, die vorab der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen übermittelt worden waren, war die gewandelte Sichtweise auf die Funktionen von Börsen, die – wie die Teilprivatisierungen gezeigt hatten – nun vermehrt auch die „Verfolgung gesellschafts- und sozialpolitischer Ziele“ umfassen sollten.369 Im Einzelnen forderten die Reformvorschläge u. a. • Konzentration des Wertpapierhandels an der Börse: Die Kreditinstitute sollten verpflichtet werden, alle kleineren Kundenaufträge in amtlich notierten Aktien über die an ihrer jeweils zuständigen Börse tätigen amtlichen Kursmakler zum Einheitskurs auszuführen, so dass Kauf- und Verkaufsorders von den Großbanken nicht mehr kompensiert, sondern bei den Kursmaklern konzentriert würden.370 Damit sollte der „Markt breiter, stabiler und Manipulationseinflüssen weniger zugänglich“ gemacht werden. Auch sollte durch den ‚Börsenzwang‘ ein stilles Zusammenkaufen oder Auflösen von Aktienpaketen erschwert werden. Keinen Beschränkungen sollten dagegen auch weiterhin die Eigengeschäfte der Kreditinstitute und der freien Makler sowie der Pakethandel unterliegen, sofern die beabsichtigten Transaktionen über fünf Prozent des Grundkapitals der Gesellschaft betrafen.

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• Verbesserte Umsatzpublizität der Börsen: Die Börsenumsätze in amtlich notierten Aktien sollten veröffentlicht werden, um dem Publikum ein Urteil zu ermöglichen, „ob die Börsenkurse echt seien, an welchen Börsen die Aufträge kursschonend abgewickelt werden könnten und ob sich besondere Entwicklungen (Auf käufe, Abgaben) anbahnten.“ • Zulassung von Börsenteilnehmern: Die Bestimmungen über die Zulassung von Personen zur Börse sollten nach verfassungsgerechten Grundsätzen neu festgelegt werden.371 • Verbesserte Publizität der Emittenten: Alle Aktiengesellschaften, deren Aktien an einer Börse amtlich notiert werden, sollten zur Veröffentlichung von Halbjahresberichten verpflichtet werden. • Stücknotierung der Aktien: Um eine den ausländischen Börsenplätzen vergleichbare Preisangabe für Aktien veröffentlichen zu können, sollten Aktiennotierungen in D-Mark je Stück eingeführt werden. Stückaktien könnten auch Aktien ,leichter‘ machen und dadurch breitere Anlegerkreise für eine Teilhabe am Aktienmarkt interessiert werden. Die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums enthielten noch weitere Anregungen für die Überarbeitung börsenrelevanter Bestimmungen und Usancen wie die Wiedereinführung des Terminhandels in Form des Optionsgeschäfts, eine Insider-Regelung, Anlageprobleme institutioneller Anleger, steuerliche Probleme der Aktie und die Börsenzulassungsbestimmungen für Wertpapiere.372 Ablehnung der Reformpläne durch Banken und Börsen

Obwohl die im Bundeswirtschaftsministerium detailreich ausgearbeitete Vorlage auf einer sehr kenntnisreichen Grundlage auf baute, reagierten die Börsen und die hinter ihnen stehenden Banken sowie die Presse auf die Pläne scharf ablehnend, wobei zwar die Notwendigkeit von Reformen betont, alle konkreten Vorschläge aber durchweg als schädlich und ungeeignet abgelehnt wurden. Insbesondere wurde kritisiert, dass mit dem Entwurf perfektionistische Regelungen vorgeschlagen würden, die weder theoretisch noch praktisch befriedigen könnten.373 Nach vielen Diskussionen wurde vom Bundeswirtschaftsministerium am 14. Dezember 1967 der Referentenentwurf eines ‚Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet des Börsenwesens‘ mit der Bitte um Stellungnahme an die Börsenaufsichtsbehörden der Länder übersandt, wobei von den fünf zunächst angestrebten Zielsetzungen der Reform nur drei angesprochen wurden, nämlich die Konzentration des Handels an den Börsen (§§ 1–10), die Umsatzpublizität der Börsen (§§ 11–18) und die Berichtspflichten der Gesellschaften (§ 19).374 Nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs erhielt die Diskussion um die Börsenreform teilweise hitzige Akzente. „Die zahlreichen zu diesem Komplex abgegebenen Stellungnahmen lassen unschwer erkennen, dass sich die Meinungen des Gesetzgebers und der Betroffenen hart im Raume stoßen.“375 Inhaltlich konnte man aus der Stellungnahme der Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen nicht erkennen, welche Reformvorschläge aus Sicht der Börsen besonders kritikwürdig waren, wenn der Entwurf als wirklichkeitsfremde und deshalb nicht diskussionsfähige Grundlage bezeichnet wurde, die notwendigerweise „zu so schweren Schädigungen des Kapitalmarktes beim anlagesuchenden und zur Anlage aufgeforderten Publikum, der Börse selbst und des gesamten deutschen Kreditgewerbes führen“ müsse, dass die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes einschließlich des Rentenmarktes ernstlich in Frage gestellt sei.376 Vermuten kann man allerdings, dass die Haltung der Börsenvertreter auf ihrem Selbstverständnis als kompetente Entscheidungsträger gründete, die sich aus einem Ministerium heraus nicht bevormunden lassen wollten. Daher sprach sich die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen „gegen jede gesetzliche Regelung der Materie aus, erklärte sich aber gleichzeitig bereit, in einem kleinen Kreis an praktikablen Vorschlägen mitzuarbeiten.“377 Die langwierige Suche nach Kompromissen

Am 14. März 1968 veranstaltete der damalige Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller ein Hearing, das zur Einsetzung eines wichtigen Ausschusses führte, der Börsensachverständigenkommission (BSK). Der Ausschuss sollte sich um die Klärung strittiger Fragen im Zusammenhang mit der Erreichung der Ziele der Börsenreform kümmern: Die Stärkung der Börsen, die organisatorische Öffnung der Börsen und die erhöhte Publizität der Börsen sowie der an ihr gehandelten Werte.378 Die bis heute bestehende Kommission, die ihre erste Sitzung am 15. Juni 1968 abhielt, schloss ihre Diskussion des Referentenentwurfs am 14. März 1969 mit der Veröffentlichung eines Ergebnisprotokolls ab: Sowohl Börsenbeteiligte als auch das Bundeswirtschaftsministerium zeigten sich von der unbürokratischen Art und Weise angetan, in der sich die Kommission unter Leitung von Kurt Forberg um elastische und wirklichkeitsnahe Vereinbarungen bemüht hatte.379 Einsetzung der Börsensachverständigenkommission (BSK) Die BSK wurde als unabhängiges Expertengremium eingesetzt, das das Bundesministerium der Finanzen in allen kapitalmarktrelevanten Fragen beraten sollte. Kurt Forberg wurde mit der konstituierenden Sitzung der Börsensachverständigenkommission am 15. Juli 1968 bis 1976 deren Vorsitzender. Die Kommission bestand anfänglich neben Prof. Dr. Kurt Forberg aus den Mitgliedern: Dr. Bernhard Benning, Mitglied des Direktoriums der Deutschen Bundesbank, Dr. Hans Feith, Vorstandmitglied der Deutschen Bank AG, RA Hanns Gierlichs, Vorstandsmitglied der Farbenfabriken Bayer AG, Dr. Erich Koch, Geschäftsführender Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre, Prof. Dr. Helmut Lipfert, Vorstandsmitglied der Westdeutschen Landesbank, Prof. Dr. Wolfgang Stützel, Leiter des Instituts für Geld- und Kreditwesen der Universität des Saarlandes. Wolfgang Stützel leitete eine Arbeitsgruppe der BSK, die sich ausschließlich mit dem Thema Insider-Informationen beschäftigte.380 Die für die Börsen bedeutendsten Empfehlungen aus der Anfangszeit

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der Kommissionsarbeit betrafen die Möglichkeiten der Umsatzkonzentration an der Börse bei Kommissionsgeschäften sowie die übrigen, im Referentenentwurf angesprochenen Themen.381

Nach längeren Verhandlungen hatte auch der Leiter der Abteilung ‚Geld und Kredit‘ im Bundeswirtschaftsministerium, Wilhelm Hankel, zugestimmt, vor einer gesetzlichen Regulierung den Einsatz freiwilliger Maßnahmen zu prüfen.382 Innerhalb eines Jahres wurde auf diese Weise ein Großteil der im Referentenentwurf vorgesehenen Börsengesetzänderungen durch Absprache aller Börsenbeteiligen auf freiwilliger Basis umgesetzt.383 Neben den Themen des Referentenentwurfs wurden von der BSK weitere Problembereiche hervorgehoben, die einer ausführlicheren Behandlung bedürften: Die InsiderProblematik, die Ausarbeitung von Vermögensbildungsmodellen, die Anlagevorschriften für institutionelle Anleger, die Mündelsicherheit sowie die steuerliche Diskriminierung der Aktie. Ein weiterer Vorschlag zur Börsenreform, der allerdings nicht in Gestalt gesetzgeberischer Maßnahmen angegangen wurde, betraf die Schaffung einer international konkurrenzfähigen Zentral- bzw. Leitbörse in der Bundesrepublik Deutschland.384 Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen lehnte solche Überlegungen mit der Begründung ab, dass bei einer Zentralbörse die Kundennähe verloren ginge und die regionalen Märkte vernachlässigt würden. Eine Leitbörse sei auch deshalb nicht notwendig, da die Arbitrage funktioniere, so dass die acht deutschen Börsenplätze insgesamt als eine Art Gesamtbörse angesehen werden könnten. Für den 5. Mai 1970 lud das Bundeswirtschaftsministerium die Börsenvertreter zu einem weiteren Hearing ein, um die ,letzte Phase‘ des Entwurfs des Änderungsgesetzes zum Börsengesetz einzuleiten. Die deutschen Wertpapierbörsen leiteten dem Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages im März 1971 ihre Stellungnahmen zur Novellierung des Börsengesetzes zu, begrüßten darin zwar die Zielsetzung der Novelle, meldeten aber immer noch gegen einzelne Bestimmungen wie die Abschaffung des Börsenausschusses oder die unterschiedliche Behandlung von Kammerbörsen und Vereinsbörsen hinsichtlich der Kompetenz zum Erlass einer Börsenordnung erhebliche Bedenken an. So würden beispielsweise durch die unterschiedliche Kompetenzzuordnung Kammerbörsen ohne sachlichen Grund als Börsen minderen Rechts qualifiziert.385 Weitere Vorschläge der Börsensachverständigenkommission und die bereits eingeleiteten freiwilligen Änderungen im Börsenwesen führten dazu, dass die Börsengesetznovelle schließlich im Februar 1973 in den Bundestag eingebracht werden konnte.386 Den zähen Fortgang der Beratungen zum Entwurf des Gesetzes illustriert ein von der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen angefertigtes Protokoll der Sitzung der Präsidenten, Vizepräsidenten und Geschäftsführer der deutschen Wertpapierbörsen am 30. März 1973 in Düsseldorf.387 Der Vorsitzende informierte in der Sitzung die AnwesenBörse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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den, dass der Bundeskanzler den von der vergangenen Bundesregierung beschlossenen Entwurf im Januar des Jahres dem Bundesrat erneut, und zwar in unverändertem Wortlaut zugleitet habe. Er stellte fest, dass somit die von den deutschen Börsen vorgebrachte Kritik an dem Entwurf unverändert fortgelte. Diese betreffe die im Regierungsentwurf vorgesehene Abschaffung des Börsenausschusses (eines Sachverständigenorgans der Börse), die zahlenmäßige Stärkung der Vertretung der Kursmakler gegenüber den freien Maklern im Börsenvorstand, die Regel, dass bei den Kammerbörsen (Berlin, Frankfurt und Hamburg) das Recht zum Erlass der Börsenordnung bei den öffentlich-rechtlichen Trägern liegen solle, während bei allen anderen Börsen dieses Recht uneingeschränkt beim Börsenvorstand verbleibe, die Einschränkung der Eigengeschäfte der Kursmakler sowie das Recht der Bundesregierung, bei erheblichem Marktungleichgewicht die Börsen ohne deren Möglichkeit zur Einflussnahme vorübergehend zu schließen.388

2. Umsetzung der Reformbemühungen in der Praxis

Etliche der im Reformplan des Bundeswirtschaftsministeriums enthaltenen Schwerpunkte führten im Lauf der Zeit auch ohne Gesetzesänderung zu signifikanten Änderungen in der Organisation des Börsenhandels und der Berichterstattung über das Börsengeschehen. Und unabhängig von den diskutierten Reformplänen gab es auch andere, positiv zu bewertende Neuerungen an den Börsen. So begrüßte der Vorsitzende des Börsenvorstands der Frankfurter Wertpapierbörse, Karl-Oskar Koenigs, zur Sitzung des Börsenvorstands am 30. Juni 1970 erstmals einen Vertreter eines emittierenden Industrieunternehmens im Börsenvorstand, Karl Gustaf Ratjen, Vorstandsmitglied der Metallgesellschaft AG.389 Erhöhte Publizitätsanforderungen an die Gesellschaften

Der Forderung nach einer Veröffentlichung von Zwischenberichten der Gesellschaften mit amtlich notierten Aktien wurde mit Hilfe eines im März 1969 erfolgten Aufrufs verschiedener Verbände und Arbeitsgemeinschaften entsprochen, auf freiwilliger Basis Zwischenberichte vorzulegen.390 Die verbesserte Publizität durch die Veröffentlichung von Zwischenberichten sollte „den Anlegern zuverlässige Anhaltspunkte zur Bewertung von Aktien liefern und so Insider-Vorteile abbauen helfen.“391 Der Aufruf legte sowohl im Hinblick auf den zeitlichen Abstand zwischen den Berichten als auch hinsichtlich Form und Inhalt gewisse Mindestanforderungen fest, die eingehalten werden sollten, um den Aktionären eine möglichst zutreffende Beurteilung ihrer Anlagen zu ermöglichen.392 Am 30. November 1970 wurden darüber hinaus die von den deutschen Wertpapierbörsen erarbeiteten ‚Regeln für die Beurteilung von Zwischenberichten börsennotierter Gesellschaften‘ veröffentlicht, die noch bestehende Unklarheiten über die inhaltliche 116

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Ausgestaltung der Zwischenberichte beseitigen sollten.393 Beyer-Fehling, der im Bundesministerium für Wirtschaft für Banken, Börsen und Investment zuständige Ministerialrat, machte allerdings darauf aufmerksam, dass sich ein Informationsvorsprung der Insider über die Zwischenberichterstattung nicht im ausreichenden Maße einholen lasse.394 Umfangreichere Veröffentlichungen der Wertpapierbörsen

Die börsentägliche Veröffentlichung der Börsenumsätze war schon zu Beginn der 1960erJahre von der Frankfurter Wertpapierbörse angestrebt worden, hatte sich aber gegen die Interessen der anderen Börsen nicht durchsetzen können. Die kleineren Börsen hatten das Ende des dezentralen Grundauf baus des deutschen Börsensystems befürchtet, falls ihre zum Teil sehr niedrigen Umsatzzahlen bekannt würden. Die ausführliche und zum Teil heftige Debatte um die Vor- und Nachteile einer Veröffentlichung der Wertpapierumsätze führte grundsätzliche und eher technische Argumente zusammen. Auf der grundsätzlichen Ebene wurde von der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen darauf hingewiesen, dass die Frage der Umsatzpublizität „über ihren engeren Wortlaut hinaus die Struktur des deutschen Wertpapierhandels und das gesamten Kapitalmarktes“ berühren würde.395 In technischer Hinsicht wurde auf verschiedene Schwierigkeiten der Datengewinnung aufmerksam gemacht, aber immer wieder auch darauf, dass eine umfassende Information über die Börsenumsätze im Prinzip einen Börsenzwang voraussetze, der mit den bekannten Nachteilen und Problemen behaftet sei. Schließlich einigten sich die Börsen als Folge der Diskussion um die Börsenreform auf eine monatlich zusammengefasste Veröffentlichung der börslichen Aktienumsätze an den acht deutschen Wertpapierbörsen ab September 1968 (und zwar rückwirkend bis 1960) durch die Deutsche Bundesbank.396 Darüber hinaus wurden ab Mai 1969 an den fünf großen Börsenplätzen Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München und – mit eigener Statistik – Stuttgart sogar die Einzelumsätze in 50 ausgewählten Aktien veröffentlicht, seit Dezember 1969 dann auch die Stückzahlen ebenso wie die Kurswerte.397 Die Umsätze in den übrigen Aktien sowie die Umsätze bei den Börsen, die keine regelmäßigen Umsatzveröffentlichungen vornahmen, konnten von der Presse und den Börsenmitgliedern abgefragt werden, so dass die Presse die Möglichkeit hatte, „das Publikum über auffällige Bewegungen eines jeden börsennotierten Wertpapiers zu informieren.“398 Seit 1969 veröffentlichte die Frankfurter Wertpapierbörse auch einen Aktienkursindex, der auf den am betreffenden Tag in allen amtlich notierten deutschen Aktien in Frankfurt abgeschlossenen Geschäften basierte (FWB-Gesamtindex). Da an der Frankfurter Wertpapierbörse die Makler ihre Börsengeschäfte über Datenstationen erfassen und elektronisch weiterverarbeiten konnten, waren zumindest in Frankfurt die ab Oktober 1969 mit Hilfe der EDV zusammengestellten Kurs- und Umsatzzahlen sehr bequem abruf- und bearbeitbar. Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Konzentration des Wertpapierhandels an der Börse

Der seit Herbst 1941 bestehende „Börsenzwang für Aktien, Kuxe und Kolonialanteile, die zum amtlichen Handel zugelassen waren“ hatte die Durchführung interner Kompensationsgeschäfte der Banken verhindert. Durch das Kapitalverkehrssteuergesetz wurde ab 1955 aber eine Kompensation wieder möglich, die allerdings mit einer relativ hohen Zusatzsteuer belegt war, die nicht auf den Auftraggeber abgewälzt werden durfte. 399 Da in einem neuen Gesetz zur Änderung verkehrssteuerrechtlicher Vorschriften von 1959 der Kompensationsparagraph nicht mehr aufgeführt war, wurde im Bundeswirtschaftsministerium die Frage aufgeworfen, ob nicht ein Börsenzwang ‚eingeführt‘ werden müsse, so dass alle Aufträge grundsätzlich über die Börsen geleitet und abgewickelt werden müssten.400 Hintergrund des Vorschlags eines Kompensationsverbots war die Aktienhausse von 1960: „Man machte die bankinterne Kompensation für diese Funktionsschwäche verantwortlich, da sie die Börse zur Spitzenausgleichsstelle degradiere. Ungefähr zu dieser Zeit tauchte auch häufiger das Wort ‚Börsenzwang‘ in fachspezifischen Diskussionen auf.“401 Schon Bellinger hatte es in seiner Dissertation von 1956 als problematisch herausgestellt, dass die Großbanken infolge der Nutzung der Kompensationsmöglichkeiten nun „selbst zur Börse“ wurden und die eigentliche Börse dabei nur noch dem Spitzenausgleich diene.402 Im Zuge der langwierigen Unterredungen und Veröffentlichungen zum Referentenentwurf, in denen beispielsweise vor einem „unerträglichen Eingriff in die geschäftliche Dispositionsfreiheit der Wertpapierbesitzer und der Wertpapierhändler“403 gewarnt wurde, änderten die Spitzenverbände der Banken schließlich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dahingehend, dass sich die Banken mit Wirkung vom 1. Juli 1968 an verpflichteten, sämtliche Kundenaufträge in zum amtlichen Handel zugelassenen Aktien über die Börse zu leiten, es sei denn, dass eine andere ausdrückliche Weisung des Kunden vorläge. Mit dieser Selbstverpflichtung wurde das Selbsteintrittsrecht der Kreditinstitute zwar nicht abgeschafft, ein möglicher Selbsteintritt aber an die Verpflichtung der Bank geknüpft, ein sogenanntes Deckungsgeschäft an der Börse über einen Makler abzuschließen, so dass in der Umsatzbetrachtung der Börsen alle Geschäfte erfasst wurden. Die im Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums beabsichtigte Konzentration der über die Banken geleiteten Aktienumsätze an der Börse wurde so ohne formalen Börsenzwang, also in gewisser Weise freiwillig, verwirklicht.404 Der auf diese Weise eingeführte ‚Börsenvorrang‘, wonach Kundenaufträge über zum Handel an einer inländischen Börse zugelassene Wertpapiere – ohne anderslautende Weisung des Kunden – über eine Börse auszuführen waren, wurde erst durch europäische Regeln 2007 mit dem Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz von 2004 abgeschafft, als alle Regelungen über die Ausführung von Kundenaufträgen im Wertpapierhandelsgesetz verankert wurden. Da der Börsenvorrang „zu einer häufig kritisierten monopolartigen Stellung und zu Marktanteilen der jeweiligen Heimatbörsen nahe 100 Prozent“405 geführt hatte,

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entsprach er nicht dem Wettbewerbsgedanken der europäischen Finanzmarktregulierung und entfiel daher im Zuge der Umsetzung von MiFID I in deutsches Recht. Amtlicher Handel und Handel im geregelten Freiverkehr In den Börsensälen der deutschen Börsen fand in der Nachkriegszeit sowohl amtlicher Handel als auch Handel von Wertpapieren im geregelten Freiverkehr statt. Im amtlichen Handel (später als amtlicher Markt bezeichnet) wurden Einheitskurse als Gesamtkurse oder Einzelkurse im fortlaufenden Handel ermittelt. In beiden Fällen wurden die Kurse von vereidigten Kursmaklern nach den Bestimmungen der vom Börsenvorstand beschlossenen Börsenordnung ermittelt. Die Notierungen (Kurse und Umsätze) wurden in einem Kursblatt veröffentlicht. Handel zu Einheitskursen Im Handel zu Einheitskursen wurden alle von den Banken als Kommissionäre aufgegebenen Kleinaufträge, bei Aktien Aufträge unter 50 Stück, sowie alle Aufträge ausgeführt, bei denen die Papiere nicht zum variablen Verkehr zugelassen waren. Zu den Kleinaufträgen zählten auch Spitzenbeträge aus dem variablen Handel. Man sprach nicht von einem Einheitsmarkt, sondern vom Kassamarkt, verstand mit dieser Begriffsbildung aber keinen Gegensatz zum Terminmarkt. Im Kassahandel wurden Kauf- und Verkaufsaufträge dem zuständigen Kursmakler aufgegeben, dessen Aufgabe es war, einen Gesamtkurs, der als Einheitskurs bezeichnet wurde, zu ermitteln und festzusetzen. Der Einheitskurs wurde einmal täglich vom Kursmakler nach dem sogenannten Meistausführungsprinzip berechnet, wobei jener Kurs ermittelt wurde, zu dem der Umsatz des Papiers bei gegebenem Angebot und gegebener Nachfrage ein Maximum erreichte (Meistausführungsprinzip). Diesem Prinzip entsprechend wurde der Kurs so gewählt, dass alle nicht limitierten Aufträge (Bestens-Aufträge), alle über dem Einheitskurs limitierten Kaufaufträge und alle unter ihm limitierten Verkaufsaufträge – sowie zumindest ein Teil der auf den neuen Einheitskurs limitierten Aufträge ausgeführt werden konnten. Nach der Feststellung des Börsenpreises brachte der Kursmakler die Käufer mit den Verkäufern dadurch zusammen, dass er die hinsichtlich des Nennbetrags oder der Stückelung am besten zueinander passenden Angebote miteinander verknüpfte. Durch die entsprechende Ausstellung und Versendung der sogenannten Schlussnoten machte er jedem Auftraggeber, also den Banken als Kommissionären, die Vertragsgegenseite bekannt, wodurch zwischen den Vertragsparteien der Kaufvertrag zustande kam.406 Damit war die Wertpapiertransaktion zwar abgeschlossen, aber noch nicht erfüllt. Die eigentliche Erfüllung erfolgte über die Kassenvereine als Wertpapiersammelbanken. Einheitskurse hatten den Vorteil, dass sie sich aus einer Vielzahl individueller Bewertungen ergaben, die an einem Börsenplatz über eine gewisse Zeit im Kursbuch des Maklers gesammelt wurden. Der für den Einheitskurs verantwortliche amtliche Kursmakler schätzte in seinem Auftragsbuch ab, ob sich der Kurs des aufgerufenen Papiers im Vergleich zum Kurs des Vortags erheblich verändern würde. Starke Kursbewegungen wurden durch Plus- oder Minuszeichen an der Maklertafel angekündigt. In diesem Fall konnte die Kursfeststellung mit Zustimmung des Börsenvorstands etwas hinausgeschoben werden, um den Händlern Gelegenheit zur Nachdisposition zu geben. Die angesprochenen Bankenvertreter und freien Makler konnten dann Rücksprache mit ihren Kundenberatern und Kunden halten oder Fühlung mit anderen Börsen-

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plätzen aufnehmen, „um Material ‚durchzuhandeln‘, wie es in der Börsensprache heißt, wenn jemand in Ausnutzung einer Kursdifferenz Zug um Zug kauft oder verkauft.“407 Handel zu fortlaufenden Kursen Im Handel zu fortlaufenden oder variablen Kursen wurde für die dafür zugelassenen Papiere ein Kurs nur dann notiert, wenn Mindestschlusseinheiten umgesetzt wurden, die bei Aktien in der Regel 50 Stück betrugen und bei Rentenwerten 3.000 D-Mark oder ein Vielfaches davon. Üblicherweise verlangte der Börsenvorstand, dass dazu eine Mitgliedsbank einen Antrag auf Zulassung des Titels zum variablen Handel stellte. Von dieser Bank wurde erwartet, dass sie sich für die eingehenden Aufträge als Gegenpartei bereithalten würde, d.h. in gewissem Umfang eine Market-Maker-Funktion ausüben würde. Zeitlich wurde der Handel zu fortlaufenden Kursen so organisiert, dass ein Gesamtkurs (Erster Kurs oder Eröffnungskurs) zu Beginn der Börsensitzung über die vorliegenden Aufträge ermittelt wurde. Die nachfolgend eintreffenden Orders führten zu individuellen Abschlüssen mit jeweils neu ermittelten Einzelkursen. Geregelter Freiverkehr Obwohl der geregelte Freiverkehr im Börsensaal stattfand und als börsliches Marktsegment galt, unterlag er weder der Börsenaufsicht, noch war der Börsenvorstand für ihn zuständig. Zuständig war ein ‚Ortsausschuss für Geschäfte in amtlich nicht notierten Werten‘, der auch festlegte, welche Werte in den geregelten Freiverkehr ‚einbezogen‘ (nicht zugelassen) wurden. 1. Titel, die an einer ‚Hauptbörse‘ oder an mehreren anderen Börsen zugelassen waren, 2. Titel, bei denen der Emittent die Zulassungsgebühren nicht – oder nicht noch einmal – zahlen mochte, und 3. Titel, die nicht den Mindestanforderungen genügten, weil z.B. das Emissionsvolumen zu klein oder bei festverzinslichen Papieren die Laufzeit zu kurz war (z.B. bei Kassenobligationen). Der außerbörsliche Verkehr (Telefonhandel) in börsengängigen Werten betraf hauptsächlich festverzinsliche Wertpapiere, die ein Vielfaches der Rentenumsätze an den Börsen betrugen. Besonders ins Gewicht fiel auch der Blockhandel (block trading) mit großen Kauf- und Verkaufsaufträgen zwischen den Banken und mit institutionellen Anlegern. Bedeutung erhielt der ungeregelte Freiverkehr auch dadurch, dass sich in diesem Rahmen der Handel in jungen Aktien und neuemittierten Anleihen solange abspielte, bis die effektiven Stück lieferbar waren und die betreffenden Papiere dann amtlich eingeführt werden konnten. Bis dahin wurde ‚per Erscheinen‘ gehandelt. Bei Aktien hatte auch der vor- und nachbörsliche Handel eine gewisse Bedeutung. An ihm beteiligen sich Banken, aber auch Freimakler und Kursmakler. Es war ein Telefonhandel nach Börsenusancen. In der Nachbörse wurden in der Regel die bei Börsenschluss noch verbliebende Positionen glattgestellt.

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Über verschiedene Regulierungen des Nebeneinanders von Börsenhandel und außerbörslichem Handel, über die in den nachfolgenden Kapiteln noch ausführlich berichtet wird, haben sich später insbesondere durch die Vorgaben der EU verschiedene alternative Handelssysteme herausgebildet. Deren tiefgreifende Fragmentierungswirkung wurde durch die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung, der modernen Informationstechnologien und der weitgehend gemeinsam geltenden Wertpapierhandelsregeln vermieden. Als Folge der 1968 erfolgten Änderung der Geschäftsbedingungen der Banken stiegen die Börsenumsatze in Aktien anschließend tatsächlich in einem Umfang, der „selbst von den Befürwortern der Reform nicht erwartet worden war“.408 Einführung der Stücknotierung für Aktien

Am 17. Oktober 1966 erfolgte erstmals für die Aktien von sechs großen deutschen Aktiengesellschaften eine Stücknotiz. Grundlage dafür war das im Mai 1965 vom Deutschen Bundestag geänderte Aktiengesetz.409 Der Mindestnennbetrag der Aktien wurde von 100 D-Mark auf 50 D-Mark je Stück herabgesetzt, was auch zur Angabe der Dividende in D-Mark pro Aktie führte. Die stücknotierten Aktien wurden in den amtlichen Kursblättern gesondert gezeigt, um sie von den noch üblichen Prozentnotierungen für Aktien deutlich unterscheiden zu können. Bis Ende 1969 waren dann die Aktien aller Gesellschaften von 100 D-Mark auf 50 D-Mark pro Aktie umgestellt und die Kurse und Dividenden in D-Mark angegeben. Die Börsengesetznovelle von 1975

Insgesamt hatten die Reformpläne des Wirtschaftsministeriums trotz der anfänglichen harschen Kritik nicht unwesentliche Änderungen und Verbesserungen im Börsenbereich bewirkt. Die Reformen waren aber überwiegend nicht über den Gesetzesweg durchgesetzt worden, sondern auf freiwilliger Basis erfolgt. So war der Vorschlag zur Wiedereinführung des Börsenterminhandels durch die am 1. Juli 1970 eingeführte Möglichkeit des Abschlusses von Optionsgeschäften an der Frankfurter Wertpapierbörse aufgegriffen worden; und gesetzliche Insider-Vorschriften waren mit den 1969 initiierten, 1970 veröffentlichten und seit 1974 immer wieder überarbeiteten Insider-Regeln durch eine freiwillige Lösung bis auf weiteres abgewehrt worden. Im Zeitraum von den Börsenreformplänen des Wirtschaftsministeriums von 1966 zur Börsengesetznovelle von 1975 vollzogen sich aber nicht nur komplexe Diskussionen und Entwicklungen in zahlreichen Problembereichen der Börsenorganisation und des Börsenhandels, sondern auch grundlegende Veränderungen des politischen und gesamtwirtschaftlichen Umfeldes und damit der ökonomischen Rahmenbedingungen für den Börsenhandel.410

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Die Börsengesetznovelle vom 28. April 1975 konnte sich, da viele Themen in der Zwischenzeit durch freiwillige Übereinkünfte der beteiligten Stellen mehr oder weniger aus dem Weg geräumt worden waren, auf speziellere Fragen konzentrieren, von denen allerdings bis dahin auch etliche von den Börsen scharf abgelehnt worden waren. Zu den wichtigen Themenkomplexen zählten:411 • die Ermächtigung der Bundesregierung zur Schließung der Devisenbörsen in besonderen Fällen, • der kritisierte Wegfall des im Börsengesetz vorgesehenen, faktisch aber überflüssigen Börsenausschusses, • die Neuregelung der Zulassung zum Börsenbesuch mit dem Recht zur Teilnahme am Handel, wonach die Voraussetzungen für die Zulassung im Börsengesetz verankert wurden, der Nachweis der Voraussetzungen aber in der Börsenordnung, • die Ersetzung des Ehrengerichts durch einen Ehrenausschuss, • die Stärkung der Stellung der Kursmakler, die im Rahmen der Novelle zum Börsengesetz von 1934 betraut worden waren, „die Kurse in eigener Verantwortung festzustellen“,412 • die Unterstellung aller Termingeschäfte in Aktien der Genehmigungskompetenz des Bundesfinanzministers, wobei Börsentermingeschäfte in anderen Wertpapieren oder in Waren durch Rechtsverordnung verboten, beschränkt oder von besonderen Bedingungen abhängig gemacht werden könnten.413 Die Änderungen des Börsengesetzes regten eine Ergänzung der Börsenvorstände um Vertreter der Investmentgesellschaften, der Emittenten und der Anleger an sowie Anpassungen der Börsen- und Gebührenordnungen. Die Novelle gab auch vor, dass für jede Börse ein Börsenvorstand als zentrales Leitungsorgan der Börse gebildet werden müsse, zu dessen wichtigsten Aufgaben es gehöre, eine Börsenordnung sowie eine Gebührenordnung zu erlassen. In Frankfurt erforderten die Änderungen im Börsengesetz eine Neuregelung der Wahl zum Börsenvorstand und Neufassungen der Börsenordnung und der Gebührenordnung.414 Für Börsen mit mindestens acht Kursmaklern wurde die Bildung einer Kursmaklerkammer gesetzlich verankert.415 Der Umfang der zulässigen Eigengeschäfte der Kursmakler wurde neu abgegrenzt und die Überwachung der Kursmakler den Kursmaklerkammern bzw. für den Fall, dass eine Kursmaklerkammer nicht bestand, dem Börsenvorstand übertragen. Das novellierte Börsengesetz trat am 4. Mai 1975 in Kraft, womit die Börsenreform zu einem vorläufigen Abschluss gekommen war. Vorläufig deshalb, weil über grundsätzliche Fragen wie über Einzelprojekte weiterhin diskutiert wurde.416 Während die durch das Wirtschaftsministerium angeregten Reformen noch überwiegend auf nationale Regeln und Usancen abzielten, galten in der Folgezeit die weiteren Reformbestrebungen zum Börsenrecht insbesondere der Aufnahme und Umsetzung der 122

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von der Europäischen Gemeinschaft ausgehenden Impulse. Diese verfolgten das Ziel, das Börsensystem und die Wertpapiermärkte zu einem einheitlichen europäischen Binnenmarkt zusammenzufügen.

3. Treiber und Hemmschuhe der Börsenentwicklung Hinweise auf mangelnde Effizienz des Kapitalmarktes

Rückblickend waren die ersten Jahrzehnte der Börsen nach dem Krieg etwas spöttisch als ‚Kreidezeit‘ bezeichnet worden: „Die Makler schreiben mit Kreide die Kurse auf schwarze Holztafeln neben die aufgetragenen weißen Namen der Aktien. Es ist die Zeit der für eine amtliche Notierung erforderlichen 3.000-D-Mark-Nennwert-Order. Kleinere Orders und auch nicht in 3.0000-D-Mark-Blocks aufgespaltene krumme Beträge werden einmal am Tag zum Einheitskurs abgerechnet – zur ,Kasse‘, wie es in Erinnerung an die Zeit der früheren Terminbörsen heißt, in der Nichttermingeschäfte Kassahandel genannt wurden. Und es ist die Zeit des Börsenlärms, der lauten Rufe von Maklern und Bankenhändlern.“417 Aus der ‚Kreidezeit‘-Phase der Börse ließ sich damals noch kein Hinweis auf die heutige ortsunabhängige elektronische Börsenlandschaft herleiten. Die Organisation der Institution Börse wie ihre Funktion als Handelsplattform erschienen aber auch damals schon manchen Börsenteilnehmern als nicht zukunftsfähig. Ein kritisches Urteil ergab sich insbesondere beim Vergleich mit den Börsensystemen der Nachbarländer und der USA. Ein amerikanischer Beobachter der deutschen Börsenlandschaft, James Baker, fasste beispielsweise 1970 seine wichtigsten Monita zusammen: • Deutschland fehle ein national integrierter Wertpapiermarkt wie er in den USA, England oder Frankreich bestehe. • Der Börsenhandel leide unter der Monopolisierung des Handels und des Managements der Wertpapierbörsen durch die Großbanken. • Es mangele zudem an verbindlichen Vorschriften für die gelisteten Gesellschaften, adäquate und akkurate Informationen bereitzustellen.418 Zentralbörse versus Regionalbörsensystem

Die im ersten Kritikpunkt von Baker angesprochene Regionalbörsenstruktur, die in den 1920er-Jahren noch als eine zur Überwindung von Informationsasymmetrien besonders vorteilhafte Struktur galt, wurde im Rahmen verschiedener Reformüberlegungen mit der Forderung nach einer Zentralbörse mehr und mehr in Frage gestellt.419 Der Umstand, dass eine grundlegende Reform des Börsengesetzes zwangsläufig die äußerst kontroverse Frage einer Zentralisierung der deutschen Börsen nicht außer Acht lassen konnte, führte dazu, dass statt einer umfassenden Reform nur versucht wurde, schrittweise eine Anpassung des Börsenwesens an die aktuellen Erfordernisse Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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zu erreichen. In der Zentralisierungsproblematik wurde daher zumindest bis Anfang der 1990er-Jahre kein nennenswerter Fortschritt erzielt. Danach entwickelten sich im Zuge der Automatisierung des Börsenhandels, wie in den folgenden Kapiteln dieses Buches beschrieben, eine starke Konzentration der Umsätze im Handelssystem Xetra der Frankfurter Wertpapierbörse sowie Spezialisierungen der Regionalbörsen auf Angebote, die besonders auf Privatanleger oder die mittelständische Wirtschaft zugeschnittenen waren. In den 1970er-Jahren wurde das Problem der infolge der Regionalbörsenstruktur fragmentierten Märkte dagegen wenig kritisch gesehen: „Das Fehlen einer Finanzzentrale wird heute viel weniger als noch vor einigen Jahren als Mangel empfunden. Man spricht mit einem gewissen Recht von der deutschen Börse als einem einheitlichen Gebilde, das sich in verschiedenen Räumen und an verschiedenen Orten befindet.“420 Die Kursbildung vollziehe sich aufgrund der Arbitrage zwischen den Börsenplätzen praktisch wie an einem einzigen Markt. Insofern könne die Zusammenlegung von Börsen kaum Vorteile erbringen, hingegen den Nachteil, dass die Umsätze aus Arbitragegeschäften wegfallen würden.421 Auch wenn man die Frankfurter Wertpapierbörse nicht als Zentralbörse bezeichnen konnte, so entfielen in den 1970er-Jahren doch ca. 45 Prozent der Gesamtumsätze aller Börsen auf die Frankfurter Wertpapierbörse. Bei den Umsätzen in inländischen Aktien waren es weniger, nämlich zwischen 37 und 40 Prozent und bei den ausländischen Aktien mehr, nämlich zwischen 59 und 67 Prozent. Frankfurt hatte eine sehr gute Position im Wettbewerb der deutschen Börsen untereinander, aber keine marktbeherrschende Stellung. Die Schwachstelle einer fehlenden Zentralbörse wurde zumindest im Rentenhandel bis zu einem gewissen Maße durch die spezielle Technik der Interventionen der Deutschen Bundesbank am Rentenmarkt der Börse relativiert. Die Bundesbank intervenierte bereits seit der ersten Bundesanleihe 1952 im Auftrag und für Rechnung der Emittenten öffentlicher Anleihen. In den 1960er-Jahren wurde die Kurspflege verstärkt, wuchs aber dann durch ihre Offenmarktgeschäfte beispielsweise im Sommer 1975 „schubartig in Größenordnungen hinein, die früher kaum vorstellbar gewesen wären.“422 Die Käufe und Verkäufe der Bundesbank auf alle acht deutschen Börsen verteilt. Diese Übung hätte zu störenden Kursabweichungen führen müssen, wenn nicht zugleich eine enge “Fühlungnahme der Bundesbankvertreter an allen deutschen Börsen mit der Kurspflegezentrale in der Dienststelle des Direktoriums der Bundesbank in Frankfurt“ zu weitgehend gleichartigen Kursen geführt hätte.423 Insoweit führte der Ausgleich von Angebot und Nachfrage am wichtigen Segment des Rentenmarktes mit öffentlichen Anleihen durch die Kurspflege und die Offenmarktgeschäfte der Bundesbank trotz eines dezentralen Börsensystems zu einer einheitlichen Preisfindung.

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Der Einfluss der Großbanken auf die Börsen

Die Börsen waren, wie bereits deutlich wurde, in ihren Gremien weitgehend durch die Großbanken und Privatbankiers geprägt.424 Dabei waren die Privatbankiers in Frankfurt seit dem 18. Jahrhundert die treibende Kraft des Börsengeschehens gewesen, insbesondere im Handel mit Staatsanleihen. Die Großbanken hatten hinsichtlich des Zugangs von Unternehmen zum Aktienmarkt quasi eine Monopolstellung bei der Emission neuer Aktien, beim Bezug junger Aktien aus Kapitalerhöhungen und bei der Kurspflege an der Börse. Welch starke Stellung die Banken insgesamt in ihrer Vermittlerrolle für die Unternehmen und die Anleger einnahmen, lässt sich anhand einiger Zahlen zu den Börsenbesuchern an der Frankfurter Wertpapierbörse von den 1950er- bis zu den 1970erJahren verdeutlichen. Da viele Kreditinstitute ihren Sitz in Frankfurt am Main gewählt oder dort zumindest Filialen erreichtet hatten, nahm die Anzahl der von den Banken gestellten Börsenbesucher seit 1955 ständig zu. Einen Eindruck von der Bedeutung der Bankengruppen für den Börsenhandel vermittelt auch eine vom Bundesministerium der Finanzen durchgeführte Sondererhebung über die durchschnittlichen Aktienumsätze der an der Börse zugelassenen Kreditinstitute der Jahre 1970 bis 1974 (jeweils im Monat Februar). Die Erhebung weist für die Umsätze in börsennotierten Aktien eine starke Dominanz der Großbanken, der Privatbankiers und der sonstigen Kreditbanken aus.

Tabelle 10: Kreditinstitute und Börsenbesucher an der FWB 1955 bis 1980

Börsenbesucher insgesamt

Insgesamt

Bankenvertreter

Kursmakler

Angestellte der Banken

Pressevertreter

1955

70

470

159

136

14

9

311

22

1960

72

778

187

154

16

17

543

27

1965

73

740

209

169

21

19

465

32

1970

91

1.142

283

237

21

25

793

30

1975

99

1.353

354

295

24

35

922

43

1980

92

1.552

338

279

26

33

1.139

43

Freie Makler

Anzahl Kreditinstitute

Weitere Börsenbesucher

Jahr

Selbständige Börsenbesucher

Quelle: Jahresberichte 1971 und 1981 der Frankfurter Wertpapierbörse, S. 48 und S. 65. Die Anzahl der Kursmakler und Freien Makler versteht sich inklusive der Makler für Devisen und Gold.

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

125

Tabelle 11: Umsätze in börsennotierten Aktien in Millionen D-Mark

Insgesamt

Über Wertpapierbörse ausgeführt

Im geregelten Bank-zu-BankFreiverkehr etc. Umsätze

Großbanken

1.299

662

293

344

Regional- und sonst. Kreditbanken

1.242

401

126

715

Privatbankiers

1.394

442

160

792

Sparkassensektor

222

165

14

43

Geno.-Sektor

145

125

9

11

Übrige Banken

7

1

0

6

Alle Banken

4.309

1.796

602

1.911

Quelle: Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Grundsatzfragen, S 464. Die Rubrik „im geregelten Freiverkehr“ enthält auch Kundengeschäfte aus Eigenbeständen, im Ausland oder auf andere Weise ausgeführte Umsätze.

Gremienliste der Frankfurter Wertpapierbörse im Jahr 1975425

Börsenvorstand

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Karl-Oskar Koenigs

Vorsitzender

Pers. haftender Gesellschafter

Bankhaus B. Metzler seel. Sohn & Co.

Dr. Hans Feith

Stellv. Vorsitzender

Mitglied des Vorstands

Deutsche Bank AG

Gerhard May

Stellv. Vorsitzender

Mitglied des Vorstands

Allgemeine Bankgesellschaft AG

Dr. Johannes Mühl

Stellv. Vorsitzender

Vorsitzender des Vorstands

Dt. Girozentrale – Dt. Kommunalbank

Karl Nowotny

Stellv. Vorsitzender

Mitglied des Vorstands

Effectenbank-Warburg AG

Bernd Rudolph

Börsenvorstand Dr. Wolfgang Röller

Stellv. Vorsitzender

Mitglied des Vorstands

Dresdner Bank AG

Dr. Raban Freih. v. Spiegel

Stellv. Vorsitzender

Mitglied des Vorstands

Commerzbank AG

Anton Ardini

Prokurist

Bayer. Hypotheken- und Wechsel-Bank

Johann Ph. Freiherr von Bethmann

Pers. haftender Gesellschafter

Bankhaus Gebrüder Bethmann

Ferdinand Graf von Galen

Geschäftsinhaber

Bankhaus Schröder, Münchmeyer, Hengst

Dr. Hans Georg Gottheiner

Geschäftsinhaber

Berliner Handels- und Frankfurter Bank

Joachim Grützner

Freier Makler

Michael Hauck

Pers. haftender Gesellschafter

Georg Hauck & Sohn Bankiers

Dr. Hans-Ludwig Hennemann

Mitglied des Vorstands

Bank für Gemeinwirtschaft

Dr. Wiegand Hennicke

Mitglied des Vorstands

Dt. Girozentrale – Dt. Kommunalbank

Lothar Knörr

Prokurist

Bankhaus Merck, Finck & Co.

Dr. Günther Letschert

Mitglied des Vorstands

Frankfurter Hypothekenbank

Horst Pulina

Freier Makler

Karl Gustaf Ratjen

Vorsitzender des Vorstands

Metallgesellschaft AG

Wolfgang Reuter

Geschäftsführer

Union-Investment-Gesellschaft mbH

Heinz Schwake

Kursmakler

Fritz Strunz

Mitglied des Vorstands

Prof. Dr. Wolfgang Stützel Manfred Weber

Deutsche Genossenschaftsbank Universität des Saarlandes

Kursmakler

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Zulassungsstelle Dr. Hans Feith, Vorsitzender Johann Philipp Freiherr von Bethmann, stellv. Vorsitzender Dr. Wolfgang Röller, stellv. Vorsitzender Weitere 22 Mitglieder, zum Teil Mitglieder des Börsenvorstands Geschäftsführung Dr. Herbert Schlicht, Syndikus Dr. Wolfgang Stoeck, Syndikus Günther Mangelsdorf, stellv. Syndikus Heinrich Rodrian, Reg.-Rat a.D., Leiter des Informationsdienstes Vorstand der Kursmaklerkammer Heinz Schwake, Vorsitzender Kurs Heusohn, stellv. Vorsitzender Manfred Weber, Schriftführer Günther Göhl, Kassenführer Hans Dittman Insider-Prüfungskommission bei der FWB Dr. Otto Rudolph Kissel, Vors. Präsident OLG Frankfurt am Main 9 stellv. Vorsitzende, ordentliche und stellvertretende Beisitzer Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen Am 1. Januar 1975 hat die FWB den Vorsitz übernommen Karl-Oskar Koenigs, Vorsitzender, Dr. Wolfgang Stoeck, Geschäftsführer, Dr. Herbert Schlicht, Geschäftsführer Internationale Börsenvereinigung Pedro Rodriguez Ponga, Präsident bis 31. 12. 1975 Aufsichtsbehörde Der Hessische Minister für Wirtschaft und Technik Staatskommissar Dr. h. c. Erich Vierhub

Die Gremienliste425 der Frankfurter Wertpapierbörse für 1975 macht die Dominanz der Großbanken deutlich, zeigt aber auch die starke Stellung der sonstigen Kreditbanken und Privatbankiers. Im Börsenvorstand vertreten waren darüber hinaus jeweils ein Vertreter des Sparkassen- und Genossenschaftsbereichs, jeweils zwei Kursmakler und freie

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Makler, ein Vertreter der emittierenden Unternehmen, ein Vertreter der Fondsindustrie sowie mit Prof. Stützel schließlich ein Vertreter der privaten Anleger. Ergebnisse der Studienkommission Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft

Die Dominanz der Großbanken im Emissionsgeschäft und Börsenhandel war auch Gegenstand kontroverser Diskussionen in einer Kommission, die im Anschluss an die Insolvenz des Bankhauses I. D. Herstatt in Köln einberufen worden war. Der durch Devisenspekulationen nach dem Zusammenbruch des Weltwährungssystems hervorgerufene Konkurs des Bankhauses im Juni 1974 zog eine ganze Reihe von Gesetzesänderungen wie beispielsweise im Kreditwesengesetz sowie Initiativen zur Stabilisierung der Banken wie z. B. die Gründung des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) durch die Präsidenten der G10-Notenbanken nach sich.426 Eine dieser Initiativen war die im November 1974 vom Bundesministerium der Finanzen unter Hans Apel eingesetzte Studienkommission ‚Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft‘, die sich mit der damals verbreiteten Kritik am Universalbanksystem und insbesondere dessen Interessenkonflikten sowie der Machtanhäufung der Großbanken auseinandersetzen sollte.427 Dazu wurde eine breite empirische Erhebung zum Anteilsbesitz der Banken, zur Ausübung des Depotstimmrechts bzw. Vollmachtstimmrechts, zur Wettbewerbssituation im Emissionsgeschäft und zur Möglichkeit des Bankeneinflusses über Aufsichtsratsmandate veranlasst. Darüber hinaus wurde Datenmaterial über den Börsenhandel in Aktien und Rentenwerten angefordert. Die in der Kommission untersuchten und kontrovers diskutierten Themen waren zumindest seit der Rekonzentration der Großbanken 1957–1958 immer wieder Gegenstand der öffentlichen Debatte gewesen und hatten zu Vorschlägen geführt, wie die Macht der Banken in geeigneter Weise eingegrenzt werden könnte. Der Bankwissenschaftler Hans-Egon Büschgen an der Universität zu Köln fasste später die damals populäre Kritik und die Veränderungsvorschläge auf Ebene der einzelnen Bank wie auf der des Bankensystems zusammen: „Zurückgeführt werden Machtpotenziale vor allem auf die Besonderheiten des deutschen Universalbankensystems, das zeitweilig ebenfalls systemveränderungswilliger Kritik unterliegt. Neue Dimensionen erhält der Gesamtkomplex Ende der sechziger Jahre durch die Politisierung dieser Diskussion und Vorschläge zur Verstaatlichung oder ‚Vergesellschaftung‘ des Bankensektors. Hiervon abgesehen verbergen sich hinter der generellen Bankensystemkritik aus Sicht der breiten Privatkundschaft durchaus Problempotentiale. Die einer Universalbank immanenten, nicht wegdiskutierbaren Interessenkonflikte können, ohne daß jeweils ‚Verschulden‘ nachzuweisen wäre, tendenziell dazu führen, daß eine Bank ihre Geschäftsaktivitäten im Einzelfall auch zu Lasten der einflußschwachen Kundschaft gestalten kann.“428 Die Studienkommission versuchte keine ‚Messung‘ der Interessenkonflikte oder des Machtmissbrauchs, sondern ließ Angaben zu Häufigkeiten und zur Stellung der Banken-

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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vertreter in den Aufsichtsräten und Angaben zu den Volumina an Anteilsbesitz der Banken bei Industrieunternehmen als Indikatoren einer ‚Möglichkeit des Machtmissbrauchs‘ zusammentragen. Die Hinweise wurden in den jeweils anschließenden Diskussionen von den Kommissionsmitgliedern bewertet. Dabei kam die aus Bankenvertretern und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzte Kommission in ihrer Kritik und Gegenkritik häufig zu keinem einhelligen Votum oder einer Empfehlung. Einig war man sich allerdings darin, dass für die nicht zufriedenstellende Verbreitung des Wertpapiersparens in Deutschland „auch die Begünstigung des Bausparens und des Versicherungssparens durch die staatliche Sparförderung, die langjährige Doppelbelastung der Dividendenerträge und die schwache Nachfrage der Emittenten nach Aktienkapital“ verantwortlich sei.429 Die Durchsicht der Diskussionspunkte, von denen hier nur einige für den Wertpapierbereich wichtige benannt werden können, belegt, dass auch das Wertpapiergeschäft der Banken durchaus kritisch gesehen wurde. • Kritisiert wurde, dass sich die deutschen Universalbanken zu wenig für das Wertpapiersparen in der Bevölkerung einsetzten, weniger zumindest als die für andere Länder typischen Spezialbanken. • Innerhalb Deutschlands zeigten die Zahlen, dass der Marktanteil der Kreditbanken am Börsenhandel mit Aktien mit knapp 84 Prozent bei Kundengeschäften und 96 Prozent im geregelten Freiverkehr oder aus Eigenbeständen weit über ihrem durchschnittlichen Anteil am Geschäftsvolumen aller Banken lag.430 • Zum Anteil von 84 Prozent bei Kundengeschäften trugen die Großbanken 37 Prozent, die Regional- und sonstigen Kreditbanken 22 Prozent und die Privatbankiers 25 Prozent bei. Dagegen stellte sich der Anteil des Sparkassensektors am Börsenhandel mit 9 Prozent und des Genossenschaftssektors mit 7 Prozent sehr bescheiden dar. • Der geringe Anteil des Sparkassen- und Genossenschaftssektors am Aktienhandel wurde darauf zurückgeführt, dass diese Institute erst spät den Zugang zum Wertpapiergeschäft gesucht hätten und den Eigenhandel mit Aktien allenfalls vereinzelt betreiben würden: „Der hohe Anteil der Kreditbanken am Handel mit Aktien hat nach Ansicht der Kommission in erster Linie historische Gründe. Die privaten Banken haben sich auf Grund der Struktur ihres Kundenkreises schon immer besonders um das Wertpapiergeschäft bemüht.“431 • Moniert wurde, dass die Banken ihren Wertpapierkunden Informationen vorenthielten, die sie aus dem Kreditgeschäft erlangt hätten, und sich dadurch Vorteile zu Lasten ihrer Kunden beschaffen könnten. Die 1972 auf Vorschlag der Börsensachverständigenkommission eingeführte und 1976 ergänzte freiwillige Insider-Regelung reichte nach Ansicht ihrer Kritiker keineswegs aus. Nach Auffassung der Gegenkritik hatte sich allerdings die freiwillige Insider-Regelung durchaus bewährt.432 • Hingewiesen wurde von der Kommission auf die enge Verbindung zwischen den Banken und ihren Investmentgesellschaften als Bankentöchter mit der Folge, dass in der Portfoliopolitik der Fonds Interessenkonflikte zum Nachteil der Investmentsparer 130

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nicht ausgeschlossen werden könnten, da die Fonds auch die Gegenseite für Käufe und Verkäufe der Muttergesellschaften darstellen könnten. • Schließlich ergäben sich für die Universalbanken Interessenkonflikte aus ihren umfangreichen Anteils- und Vollmachtstimmrechten sowie ihren Aufsichtsratsmandaten einerseits und der Wahrnehmung der Interessen ihrer Anlegerkunden andererseits. Die Neuregelung des Bankenstimmrechts durch das Aktiengesetz von 1965 hatte nämlich die öffentliche Kritik nicht ausräumen können – „gerade auch angesichts des stets wiederholten Arguments, daß die Vorstände der Aktienbanken als Publikumsgesellschaften durch das ihnen übertragene Depotstimmrecht aus den bei ihnen verwahrten Aktien der eigenen Bank in ihren eigenen Hauptversammlungen und durch das konforme, ‚Reziprozität‘ erwartende Verhalten anderer dort auftretender Banken, mit dem man ‚fest rechnen kann‘, sich sozusagen selbst entlasteten, daß also die aktienrechtlichen Vorschriften angesichts des passiven Verhaltens der Kleinaktionäre praktisch keine Restriktionen darstellten.“433 Im Hinblick auf die für den Kommissionsauftrag wichtige Frage der Anhäufung an Einflussmöglichkeiten und Macht wurde auch die „Kumulierung des Einflusses der Banken durch das Nebeneinander verschiedener geschäftlicher Tätigkeiten“ beleuchtet.434 Die Kommission stellte fest, dass die Einflussmöglichkeiten der Banken aus Anteilsbesitz, aus der Wahrnehmung der Vollmachtstimmrechte und der Ausübung ihrer Aufsichtsratsmandate einerseits sowie aus der Kreditgewährung und dem Emissionsgeschäft andererseits „in vergleichbaren Industrieländern der westlichen Welt nicht bestehen und auch nicht zulässig“ sein würden.435 Zusammenfassend stellte die Kommission fest, dass der Bankensektor aufgrund seiner finanziellen und personellen Verflechtungen mit der Wirtschaft (im Sinne der Deutschland AG) sowie wegen seiner universellen Geschäftstätigkeit über ein erhebliches Machtpotenzial verfüge, das zum Schaden Dritter und der Allgemeinheit missbraucht werden könne. Überlegungen zur Begrenzung des Anteilsbesitzes der Banken an Nichtbanken und der Einschränkung des Vollmachtstimmrechts würden daher in Zukunft an Bedeutung gewinnen.436 Vorschläge für ein Aktienamt

Das dritte, von James Baker angesprochene Manko der deutschen Börsenlandschaft beklagte den Mangel an verbindlichen Vorschriften für die gelisteten Gesellschaften, adäquate und akkurate Informationen bereitzustellen.437 Die mangelnde Transparenz in der Berichterstattung börsennotierter deutscher Aktiengesellschaften war ein verbreitet angemahnter Missstand. Man sah im Ausland die inhaltlichen Anforderungen an die Unternehmensberichterstattung in Deutschland als unzulänglich an, was beispielsweise dazu führte, dass den deutschen Aktiengesellschaften der Zugang zu den amerikanischen Börsen lange Zeit verwehrt blieb. Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Parallel und unabhängig von diesen inhaltlichen Diskussionspunkten wurden in der Presse und in der wissenschaftlichen Literatur in Deutschland Reformvorschläge diskutiert, die zwar vorwiegend gesellschaftsrechtlich verankert waren, durchaus aber auch Fragen der Börsenaufsicht berührten, weil man einem Aktienamt auch Aufgaben einer zentralen Börsenaufsichtsbehörde übertragen könnte.438 Überlegungen zur Schaffung eines Aktienamtes hatte es bereits 1893 im Anschluss an den Gründerkrach bzw. die nachfolgende Gründerkrise gegeben. Staatliche Kontrollämter sollten u. a. Bilanzschemata entwickeln und deren Ausfüllung in den Gesellschaften überwachen. Sie wären aber auch in der Lage, die jährlichen Geschäfts- und Lageberichte zu kontrollieren und sowie neue Abschluss- und Sonderprüfer zu bestellen. Auch in den 1960er-Jahren hatte es vereinzelte Stimmen gegeben, die ein Aktienamt in Erwägung gezogen hatten. Beispielsweise war die Etablierung eines solchen Amtes auch von Prof. Ernst Geßler, der der Studienkommission ‚Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft‘ vorgesessen hatte, in Erwägung gezogen worden. Geßler wollte die Kontrolle durch ein Aktienamt möglicherweise empfehlen, wenn die im neuen Aktiengesetz von 1965 vorgesehen Kontrollmechanismen nicht greifen würden. Sogar der Präsident der Frankfurter Wertpapierbörse, Albert von Metzler, wollte die Notwendigkeit einer Börsenaufsichtsbehörde in Gestalt eines nach dem Muster der amerikanischen SEC arbeitenden Aktienamtes nicht ausschließen. Unmittelbar nach der Übergabe des Amtes als Präsident der Frankfurter Wertpapierbörse am 31. Dezember 1967 an seinen Juniorpartner in der Bank, Karl-Oskar Koenigs, mahnte Albert von Metzler eine Verstärkung der Börsenaufsicht in Deutschland nach dem Muster der amerikanischen Security and Exchange Commission SEC in Form einiger „persönlicher Überlegungen“ an.439 Neben den Befürwortern gab es auch Stimmen, denen die Neuschaffung eines Aktienoder Wertpapieramtes wegen der damit vermutlich verbundenen hohen Personal- und Sachaufwendungen sowie der zu befürchtenden Bürokratisierungstendenzen überzogen schien. Sie sprachen sich für eine Erweiterung des Aufgabenbereichs des (damaligen) Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen aus: „Die Zusammenfassung von Bankenaufsicht und Kapitalmarktaufsicht in einer Behörde erscheint gerade in einem Universalbanksystem sinnvoll, in dem bei den meisten Kapitalanlagegeschäften Kreditinstitute vermittelnd tätig werden.”440

4. Bedeutungswandel der Frankfurter Devisenbörse

Die Krise ab 1970, die letztlich zum Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse von Bretton Woods führte, wurde durch die sogenannte erste Ölkrise der Verteuerung und Verknappung des Erdöls zumindest beschleunigt und führte zur „bis dahin längsten wirtschaftlichen Rezession der Nachkriegsgeschichte, wobei auch die Inflationsrate 1973 und 1974 auf bisher nicht erreichte Werte von teilweise mehr als 7 Prozent anstieg“.441 132

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Die Notwendigkeit einer Reform des internationalen Systems fester Wechselkurse hatte sich schon länger abgezeichnet. Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre hatten sich Auflösungserscheinungen im Festkurssystem der Weltwährungsordnung gezeigt, die im März 1973 mit der Auf hebung der Ankaufspflicht des Dollars und mit dem Übergang zu einem europäischen Floating das Ende des Systems von Bretton Woods besiegelten. Die sich nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems nun frei bildenden Wechselkurse erzeugten für die Bundesbank neuen geldpolitischen Handlungsspielraum.442 Auch der Börsenhandel und insbesondere der Devisenhandel bekamen wichtige Impulse. Die Banken nutzten die bis dahin in dieser Form praktisch unbekannten Wechselkursschwankungen zur Währungsspekulation. Im Juni 1974 führten solche Aktivitäten zur Pleite der Herstatt Bank in Köln und einer ausgeprägten Bankenkrise, die, wie bereits beschrieben, eine Fülle regulatorischer Maßnahmen nach sich gezogen hatte. Zur gleichen Zeit wurde deutlich, dass die hohen Wachstumsraten der Nachkriegswirtschaft ihrem Ende zugegangen waren und wie erwähnt insbesondere die Ende 1973 und Anfang 1974 dramatisch steigenden Ölpreise zu hohen Inflationsraten führten. Die öffentliche Hand war nicht wie in den Jahren zuvor entweder Daueranbieter an Kapital oder wechselweise Anbieter oder Nachfrager. Vielmehr benötigte die öffentliche Hand ab 1974 Jahr für Jahr Milliardenbeträge zur Finanzierung der Gemeinde- und Länderhaushalte und des Bundeshaushalts. „Die jährliche Neuverschuldung konnte nach dem Tiefpunkt der Rezession, d. h. seit 1976 nicht mehr nachhaltig reduziert werden. Sie nahm gegen Ende der siebziger Jahre sogar eher wieder zu.“443 Organisation des börsenmäßigen Devisenhandels

Bereits am 4. Mai 1953 waren an der Frankfurter Börse vier Handelsplätze für Devisen eröffnet worden, und zwar für US-Dollar, für Kanadische Dollar und Schweizer Franken sowie für Valuta der Europäischen Zahlungsunion. Auch an vier weiteren Börsenplätzen (Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München) begann wieder ein Devisenhandel. Zuvor hatte eine lebhafte Diskussion um die Frage der notwendigen oder optimalen Anzahl an Börsenplätzen stattgefunden. Deren geringe Zahl war ein Kompromiss zwischen den Befürwortern einer zentralen Devisenbörse am Sitz der Bundesbank und den Verfechtern eines dezentralen Systems mit eigenen Devisennotierungen an allen Börsenplätzen.444 Die besondere Aufgabe der Frankfurter Devisenbörse war es von Beginn an, amtliche An- und Verkaufskurse für eine ganze Reihe von Währungen zu ermitteln (1978 waren es 16), zu denen die Banken ihre Kundengeschäfte abwickeln würden. Im Gegensatz zur Praxis an den Wertpapierbörsen wurden dabei die amtlichen Kurse an allen fünf Börsen durch telefonische Konferenzschaltungen immer einheitlich und gleichzeitig festgestellt. Die Spitzen sowie limitierte, nicht ausführbare Kauf- und Verkaufs-Orders wurden von den übrigen Börsen, denen damit eine Sammel- und Ausgleichsfunktion zukam, nach Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Frankfurt übermittelt, wo täglich mit dem ‚Fixing‘ die amtlichen Kurse festgestellt und veröffentlicht wurden, die für alle Geschäfte verbindlich waren. Allerdings machte der börsliche Devisenhandel durchschnittlich weniger als ein Zwanzigstel der gesamten Umsätze am Devisenmarkt aus. Der Großteil der Umsätze wurde ‚Over the Counter‘ (OTC), in den 1960er- und 1970er-Jahren also über das Telefon, zwischen den Banken abgewickelt. Trotz ihres quasi unscheinbaren Umsatzanteils waren die Devisenbörsen – ebenso wie der Rentenhandel an der Börse – von erheblicher Bedeutung, da die amtlichen Devisenkurse für die Abschlüsse am Telefon und für die Bankenaufsicht, die Bundesbank und die Wirtschaftsprüfer maßgebend waren. Wenn daher die Devisenbörsen in quantitativer Hinsicht auch nicht annähernd den Schwerpunkt der Umsätze an den Devisenmärkten auf sich ziehen konnten, so wurde doch die Transparenz und Effizienz des Devisenmarktes insgesamt durch den amtlichen Devisenhandel an der Börse geprägt. Die amtlichen Devisenkurse dienten im Übrigen auch stets als Basis für die Nennung der Deports und Reports beim Abschluss von Devisentermingeschäften, für die überhaupt kein amtlicher Handel eingerichtet war.445 Aufschwung des Devisenhandels nach Freigabe der Wechselkurse

Ende der 1960er- und zu Beginn der 1970er-Jahre wurden die Devisenmärkte wegen der hohen Defizite in der amerikanischen Leistungsbilanz immer unruhiger. Im Festkurssystem von Bretton-Woods waren der Dollar an das Gold und die teilnehmenden Währungen an den Dollar gekoppelt. Da die Weltwirtschaft wuchs, wurden immer größere Menge Dollar benötigt, deren Deckung durch Gold in den USA aber immer schwieriger wurde. Daraus entstanden Deckungsdefizite, deren Bekanntwerden zu einem wachsenden Verlust des Vertrauens in den Dollar führten. Die Anleger gingen bereits 1970 davon aus, dass der Dollar ab- und die D-Mark bald aufwerten würde, so dass sie noch frühzeitig in die billige D-Mark investieren wollten, um von der Neufestsetzung der Paritäten, d. h. der erwarteten Aufwertung der D-Mark zu profitieren. Die dadurch in Gang gesetzte weltweite Währungskrise verschaffte dem Handel an den Devisenbörsen einen kräftigen Anstieg der Umsätze. Als Reaktion auf die Umsatzsteigerungen und eine Konzentration des Devisenhandels am Frankfurter Platz wurden beispielsweise an der Devisenbörse in Frankfurt die Zahl der Tischplätze „wesentlich erweitert sowie der Telefonzellen verdoppelt.“446 Zur Abwehr der zufließenden Auslandsgelder wurden die Devisenbörsen in Deutschland in der kommenden Zeit allerdings mehrfach geschlossen, so bereits Anfang Mai 1970 für mehrere Tage. Die Deutsche Bundesbank stellte ihre Interventionen an den Devisenmärkten vorübergehend ein, der Wechselkurs der D-Mark wurde in Abstimmung mit dem Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften freigegeben.

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Am 15. August 1971 setzte der Präsident der Vereinigten Staaten Richard Nixon überraschend die im System verankerte Umtauschpflicht in Gold aus, so dass die Zentralbanken ihre Dollar-Bestände nicht mehr in Gold eintauschen konnten. Der Dollar wurde abgewertet, womit allerdings der Druck auf den Dollar nicht beendet war. Am 19. Dezember 1971 wurde in Washington eine Einigung über die Neufestsetzung der Wechselkursrelationen erzielt, die allerdings auch nur vorübergehender Natur war.447 In Europa wurde 1972 auf der Grundlage des Werner-Plans ein Europäischer Wechselkursverbund vereinbart, wonach die Wechselkurse nur innerhalb eines vorgegeben Korridors schwanken sollten. Auch im Februar 1973 wurden weltweit wieder Devisenbörsen geschlossen, in Frankfurt am 12. und 13. Februar. Die Bundesbank intervenierte erneut, um die Kurse zu stabilisieren, indem sie Dollar auf kaufte. „Dieses gewohnte Spiel währte bis zum 1. März 1973, dem Tag, der die Finanzwelt für immer verändern sollte. Denn an diesem einen Donnerstag musste die Bundesbank 2,7 Milliarden Dollar umtauschen, also fast acht Milliarden D-Mark neu ausgeben. ‚Das war fast so viel wie die damalige Zunahme an Zentralbankgeld für ein ganzes Jahr‘ erinnerte sich Notenbanker Emminger schaudernd in seinen Memoiren. ‚Da zogen wir die Notbremse. Das war die Totenglocke für das Paritätensystem von Bretton Woods.‘ Die Bundesbank trat in einen Streik und weigerte sich, noch weitere Dollar aufzukaufen.“448 Die Währungsturbulenzen hatten also zum Zusammenbruch des Festkurssystems von Bretton Woods geführt und zum Übergang zu flexiblen Kursen zwischen den wichtigen Weltwährungen. Damit gewann die Bundesbank ihre geldpolitische Souveränität zurück mit der Folge, dass nach der definitiven Freigabe der D-Mark gegenüber dem Dollar am 19. März 1973 die Inflationsrate in Deutschland bis 1979 von über 7 Prozent bis auf 3 bis 4 Prozent zurückgeführt werden konnte. Nach der zeitweisen Beruhigung der Devisenmärkte führten unkoordinierte fiskalund geldpolitische Maßnahmen in den Ländern der Europäischen Gemeinschaften zu auseinanderfallenden Inflationsraten und einem Zerfall des Wechselkursverbundes. 1979 schufen die Notenbanken als Nachfolger des Wechselkursverbundes das Europäische Währungssystem mit stabilen, aber anpassungsfähigen Wechselkursen. Der weiteren Entwicklung vorausgreifend sei erwähnt, dass das tägliche Fixing in Frankfurt Ende 1998 schließlich mit dem Übergang von der D-Mark zum Euro eingestellt wurde.449 Erstens verschwanden damals neun der siebzehn in Frankfurt fixierten Währungen, zweitens hatte die Bundesbank seit längerem ihre Interventionen von der Börse auf die OTC-Märkte verlagert und drittens war die Bundesbank nach der Einführung des Euro gar nicht mehr autonom für eine Intervention im Währungsbereich zuständig. Als Ersatz für das amtliche Fixing bildeten sich Marktkurssysteme der Privatbanken, ein Referenzkurssystem der Sparkassen- und Genossenschaftsorganisation sowie das Referenzkurssystem der Europäischen Zentralbank. 450

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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V. Ausgangspositionen für die weitere Entwicklung der Börsen nach 1975 Mit Beginn der 1970er-Jahre gewannen nach und nach kapitalmarktrechtliche Bestimmungen an Bedeutung, die das Zusammenwachsen der europäischen Kapitalmärkte mit dem Ziel eines einheitlichen europäischen Kapitalmarktes befördern sollten. Beispielsweise sollte die Zulassung zum Handel bei einer Börse den Zugang zu allen Börsen in der Europäischen Gemeinschaft eröffnen.451 1972 legte die Kommission den Vorschlag einer Richtlinie und den Entwurf einer Empfehlung des Rates für den Börsenzulassungsprospekt vor. Nicht nur die Börsenregulierung musste sich an die neuen Rahmenbedingungen anpassen, auch die Börsen selbst mussten auf den wachsenden europäischen und internationalen Wettbewerb bzw. auf dessen erwartete Verschärfung reagieren.

1. Nachholbedarf an den Aktienmärkten

Dass vielfältige Verbesserungen am Aktienmarkt notwendig waren, illustriert die folgende Tabelle der Anzahl, des Nominalkapitals und des Kurswertes der börsennotierten Aktiengesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1951 und 1980. Die Anzahl der börsennotierten Gesellschaften ging von 1953 bis 1979 von 661 auf 458 zurück, wobei sich das Grundkapital von über 10 Milliarden D-Mark etwas mehr als vervierfachte und der Kurswert der Aktien etwas mehr als versiebenfachte.452 Die Gesamtzahl der Aktiengesellschaften nahm in dieser Zeit von ca. 2.600 bis 1980 auf 459 ab. Gleichzeitig stieg die Anzahl der GmbHs von 43.801 1962 auf 168.463 1977. Die Zahlen weisen darauf hin, dass die Aktie als Finanzierungsinstrument in den 1960er- und 1970er-Jahren als wenig attraktiv wahrgenommen wurde. Tabelle 12: Anzahl, Nominalkapital und Kurswert der börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften 1951 bis 1982

Stand am Jahresende

Börsennotierte Aktiengesellschaften

Grundkapital

Kurswert Stamm-Aktien

Neuemissionen Kurswert

Anzahl

Mio. DM

Mio. DM

Mio. DM

1

2

3

4

9.155

11.015

166

1951 1952

136

9.648

9.159

269

1953

661

10.254

10.626

277

1954

677

10.578

19.156

380

Bernd Rudolph

Stand am Jahresende

Börsennotierte Aktiengesellschaften

Grundkapital

Kurswert Stamm-Aktien

Neuemissionen Kurswert

Anzahl

Mio. DM

Mio. DM

Mio. DM

1

2

3

4

1956

686

12.855

23.331

1.950

1957

669

13.647

25.433

1.678

1958

657

14.257

40.271

1.213

1959

638

14.573

70.814

1.725

1960

628

16.387

98.566

2.793

1961

644

18.359

97.103

3.296

1962

643

19.064

75.724

2.196

1963

636

19.689

83.707

1.318

1964

631

20.685

88.903

2.243

1965

627

23.880

80.050

3.959

1966

614

25.425

70.823

2.713

1967

597

25.767

96.310

1.905

1968

589

26.917

112.560

3.144

1969

580

27.992

134.237

2.797

1970

550

29.698

106.548

3.592

1971

533

31.229

120.247

4.734

1972

505

32.755

139.315

4.129

1973

496

34.303

119.614

3.581

1974

479

36.729

101.583

3.525

1975

471

39.177

134.405

6.010

1976

469

40.551

125.959

6.081

1977

465

42.019

136.478

4.368

1978

459

43.075

151.892

5.550

1979

458

44.500

137.481

5.513

1980

459

45.592

140.491

6.948

1981

456

47.239

141.113

5.516

1982

450

48.827

163.867

5.921

Quelle: Deutsche Bundesbank, Geld- und Bankwesen, S. 306; Bierich, Renaissance, S. 78; DAI-Factbook Oktober 2011 (03–1) und Dezember 2012 (02–6).

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Die Deutsche Bundesbank ging in ihrem Monatsbericht 1984 in einem Aufsatz über die Entwicklungsmöglichkeiten des Aktienmarktes den möglichen Gründen für die bestehenden Defizite nach: „Für eine Reaktivierung der Aktie als Finanzierungsinstrument wäre die Beseitigung der steuerlichen Hemmnisse zwar wichtig, aber vielleicht nicht ausreichend. Steuerliche Entlastungen für Kapitalgesellschaften haben in der Vergangenheit fast ausschließlich das Interesse der Unternehmen an der Rechtsform der GmbH verstärkt, während Neu- bzw. Umgründungen in Aktiengesellschaften die Ausnahme bildeten. So ging nach der Körperschaftsteuerreform von 1977 die Zahl der deutschen Aktiengesellschaften, wie dies seit langer Zeit zu beobachten ist, weiter zurück, während die Zahl der GmbHs danach besonders kräftig wuchs. […] Als nachteilig scheint von vielen Unternehmen vor allem die Starrheit der Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft und der sie betreffenden gesetzlichen Regelungen empfunden zu werden. Sie lassen sich durchweg von dem Fall einer großen Publikumsgesellschaft leiten, in der die Anteilseigner des besonderen Schutzes durch den Staat bedürfen. Für die individuellen Erfordernisse kleinerer Unternehmen läßt das deutsche Aktiengesetz dagegen wenig Raum.“453

2. Insiderregeln zur Belebung der Aktienmärkte Impulse zur Bekämpfung des Insiderhandels

Im Gegensatz zu den gesetzlichen Insiderregelungen in den USA, die bereits seit dem Securities Exchange Act von 1934 galten, wurden Insiderprobleme in Deutschland offiziell bis Ende der 1960er-Jahre nicht einmal diskutiert, allenfalls am Rande erwähnt, wie selbst in den Plänen des Wirtschaftsministeriums zur Verbesserung des Börsenwesens von 1966. In einem Bericht der EWG-Kommission von 1966 (Segré-Bericht), der erstmals ein Konzept für eine Integration der nationalen Kapitalmärkte auf europäischer Ebene erarbeitet hatte, wurde dagegen gefordert, dass alle am Börsengeschäft Beteiligten gleichgestellt sein müssten und Einzelne oder Gruppen wegen ihrer besonderen Aufgaben und Informationen im Unternehmen nicht über Sondervorteile gegenüber den anderen Marktteilnehmern verfügen dürften.454 Der Bericht begründete die Notwendigkeit eines europäischen Kapitalmarkts, der seinerseits eines einheitlichen Rechtsrahmens bedürfe. Auf die Argumentation des Berichts verwiesen zahlreiche nachfolgende EU-Richtlinien und Verordnungen. Der Bericht schlug eine Reihe von Harmonisierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen vor, die eine wechselseitige Durchdringung der europäischen Kapitalmärkte ermöglichen sollten. Da es in Deutschland durchaus Verdachtsfälle für eine missbräuchliche Ausnutzung nicht öffentlich bekannter, kursrelevanter Informationen gegeben hatte, weil zum Beispiel im Vorfeld wichtiger Unternehmensnachrichten auffällige Bewegungen von Aktienkursen festgestellt wurden, entwickelte sich „eine lebhafte Diskussion darüber, ob man 138

Bernd Rudolph

das Problem über eine gesetzliche Regelung oder über eine freiwillige Absprache zwischen den Börsenbeteiligten lösen sollte. Wie auch bei den anderen kontrovers diskutierten Themenbereichen waren Banken- und Börsenvertreter einer wie auch immer gearteten Regelung gegenüber negativ eingestellt, während Sachverständige aus den Ministerien und der Wissenschaft sie grundsätzlich befürworteten und sich nur um die Art der Ausgestaltung stritten.“455 In der Wochenzeitung ‚Die Zeit‘ gab der Kolumnist Securius seiner Verwunderung Ausdruck, dass es große Teile des deutschen Sparerpublikums als selbstverständlich hinnähmen, dass „die Börsenabteilungen der Banken über Informationen verfügen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, und dass diese Informationen zuungunsten der Kundschaft ausgenutzt werden. Nur gute Kunden werden besser unterrichtet“.456 Der langjährige Vorsitzende des Arbeitskreises der Länder für Börsen- und Wertpapierfragen, Heinz Bremer, der den Arbeitskreis von Juli 1969 bis Januar 1975 in der Börsensachverständigenkommission vertreten hatte, wies in seiner Darstellung zur Arbeit dieses Gremiums darauf hin, man sei sich hier bereits in der Sitzung am 15. Juli 1969 einig gewesen, dass das Problem der missbräuchlichen Ausnutzung von Insider-Informationen einer Lösung bedürfe, wobei man „sich darüber im Klaren war, dass es keine Patentlösungen gibt.“457 Im Lauf der Zeit hat sich dann in der Tat bestätigt, dass es keine perfekte Lösung der Insiderproblematik gibt und auch nicht geben kann. Die Ausarbeitung von Insider-Regeln durch die Börsensachverständigenkommission und die Verabschiedung ihrer ‚Empfehlungen zur Lösung der sogenannten Insiderprobleme‘ am 13. November 1970 waren dennoch eine wichtige Maßnahme zur Vertrauensbildung zugunsten des Wertpapierhandels und des Börsenwesens. Die Regeln wurden bis 1988 überarbeitet. Ein 1971 seitens des Bundeswirtschaftsministeriums für den Fall der Ineffektivität der freiwilligen Insider-Richtlinien in Aussicht gestelltes gesetzliches Insiderhandelsverbot sollte allerdings erst später auf Initiative der Europäischen Gemeinschaft Eingang in das deutsche Recht finden.458 Ansatzpunkte der freiwilligen Insiderregeln

Nach ausführlichen Beratungen beschloss die Börsensachverständigenkommission am 13. November 1970 ihre Empfehlungen mit dem Ziel, im Rahmen einer „wegen der stärkeren moralischen Bindungskraft“ freiwilligen Lösung Regelungen zu schaffen, durch die das Ausnutzen oder die Weitergabe von Insider-Informationen zum Schutz des einzelnen Anlegers und Funktionsschutz der Börse überhaupt unterbunden werden sollte.459 Die von der Börsensachverständigenkommission vorgelegten freiwilligen Insider-Regeln bestanden aus den Insiderhandels-Richtlinien, den Händler- und Beraterregeln sowie aus einer im November 1971 verabschiedeten Verfahrensordnung, auf deren Grundlage die bei den Wertpapierbörsen zu bildenden Prüfungskommissionen tätig werden sollten.460 Die Empfehlungen richteten sich an die zuständigen Organe und Mitglieder der börsennotierten Aktiengesellschaften (Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

139

Angestellte als Insider) sowie an die Kreditinstitute, die als Händler oder gewerbliche Anlageberater in Bezug auf Aktien tätig waren. Den Insidern wurde die Abwicklung von Wertpapiergeschäften unter Verwendung von „vertraulichen Informationen“ verboten, soweit sie sich zu den Insider-Regeln ausdrücklich bekannt hatten. Für diejenigen, die sich den Regeln unterworfen hatten, sollte bei Verstößen eine Abführung des mit der Transaktion verbundenen Gewinns an die Gesellschaft erfolgen. Die zuständigen Organe der deutschen Wertpapierbörsen sollten dafür Sorge tragen, dass zunächst die bei ihnen bestehenden Zulassungsstellen eine Überwachung der Regeln sowie die Verfolgung von Verstößen übernehmen.461 Die ursprünglich den Zulassungsstellen zugedachten Aufgaben wurden aber bei der Frankfurter Wertpapierbörse aus börsenrechtlichen Gründen mit der Neufassung der Empfehlungen Ende 1971 einer speziellen Prüfungskommission übertragen. In der Anwendung der Insider-Regeln im Zuge der ersten Untersuchungsverfahren konnten rasch praktische Erfahrungen gesammelt werden, die zeigten, dass die Empfehlungen noch unvollständig und zu unflexibel waren, um alle wesentlichen Verstöße gegen die Zielsetzung der freiwilligen Regelung zu erfassen. So wurde beispielsweise darauf hingewiesen, dass der Kreis möglicher Insider zu eng gezogen sei. Nach Ansicht der Hanseatischen Wertpapierböse müssten auch Wirtschaftsprüfer und andere Sonderberater, die Druckereien von Geschäftsberichten, eventuell sogar Lieferanten von Investitionsausrüstungen beim Vertragsabschluss von den Emittenten zur Einhaltung der Insider-Regeln verpflichtet werden.462 Der Arbeitskreis für Insider-Fragen, in dem die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, die Spitzenverbände der Wirtschaft und Sachverständige vertreten waren, überprüfte die Insider-Regeln im Lichte der gesammelten Erfahrungen und legte eine ergänzte Fassung vor, die ab Mitte 1974 diskutiert wurde, wobei zwischenzeitlich sogar Überlegungen über die mögliche Einbringung der Regeln in die gerade in der Beratung befindliche Börsennovelle angestellt wurden.463 Die Insiderhandels-Richtlinien in der Fassung vom 14. November 1975 brachten insbesondere Änderungen im Hinblick auf den Personenkreis der Insider sowie die Definition von Insiderpapieren. Zu den Insidern zählten nun auch Großaktionäre mit mehr als 25-prozentigem Anteil an der Gesellschaft sowie Banken (deren Geschäftsleiter sowie im Börsenhandel oder in der Anlageberatung tätige Mitarbeiter), soweit sie im Rahmen des Konsortialgeschäfts Insider-Kenntnisse erlangten.464 Der Begriff der Insider-Papiere wurde auf Genussrechte, Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen, Optionsscheine und Bezugsrechte ausgedehnt. Darüber hinaus wurde die Verfahrensordnung mit dem Ergebnis überarbeitet, dass die Einleitung von Verfahren erleichtert und die Untersuchungsbefugnisse der Prüfungskommission erweitert wurden.465 Auch die verbesserten Insiderhandels-Richtlinien wurden im Schlussbericht der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität wegen ihres 140

Bernd Rudolph

„nach wie vor unvollkommenen Inhalts, aber auch wegen ihrer fehlenden Verbindlichkeit und der Anwendung durch Organe, die ohne Mitwirkung der vom Insiderhandel betroffenen Marktpartner zusammengesetzt werden“, als nicht geeignet bezeichnet, „den Gefahren des Insiderhandels wirksam entgegenzutreten.“466 So gab es trotz der Insider-Regeln auch 1978 noch zahlreiche Hinweise auf InsiderProbleme und Manipulationsmöglichkeiten, wie die Hinweise aus einem Spiegel-Artikel von 1978 zeigen. Einerseits wurde darin beklagt, dass die Insiderhandels-Richtlinien nur „Scheinlösungen und Ablenkungsmanöver seien, mit denen interessierte Kreise den Erlaß eines Gesetzes zu verhindern suchten.“467 Andererseits müssten Tatbestände wie die Kursmanipulation ebenfalls unter Strafe gestellt werden.468 So stand die Vermutung im Raum, dass Börseninformationsdienste, die für eigene Rechnung Wertpapiere angeschafft hatten, diese in ihren Publikationen bevorzugt empfahlen, dadurch eine kurzfristige Kurssteigerung hervorriefen und auf diesem Wege die vorher angeschafften Aktien mit Gewinn verkaufen konnten. „Oder der Börsenhändler der Bank ‚rollt‘ bei einer Kauforder den Auftraggeber, indem er vor ihm für eigene Rechnung kauft, so den Kurs anheizt und dann zum gestiegenen Preis an den Kunden weiterverkauft. Zwischen der Spekulation – rational und redlich – und üblen, im Zweifel kriminellen Manipulationen dehnt sich eine breite Grauzone.“469 Trotz der immer noch nicht befriedigenden Insider-Regulierung hatten die neuen Regeln das Vertrauen ausländischer Emittenten in den deutschen Sekundärmarkt soweit verbessert, dass 1979 immerhin 179 Auslandsaktien an den westdeutschen Börsen notiert wurden. Erst viel später, im Mai 1988, wurden nach einer Reihe von Verdachtsfällen die Insiderhandels-Richtlinien gemeinsam mit der Verfahrensordnung vom ‚Arbeitskreis für Insider-Fragen‘ in ergänzter und überarbeiteter Form vorgelegt, wobei insbesondere die Erfahrungen der Insider-Prüfungskommissionen berücksichtigt und den neueren technischen und organisatorischen Entwicklungen der Börsen Rechnung getragen wurde. Über die Änderungen des Textes der Insider-Regeln hinaus sind die Börsen damals noch übereingekommen, in ihren Kursblättern jene Gesellschaften negativ zu kennzeichnen, die die Insider-Regeln nicht anerkannt haben.470 In strafrechtlicher Hinsicht gab erst die EG-Insiderhandelsrichtlinie von 1989 den entscheidenden Druck zu einer gesetzlichen Regelung. Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie wurde im Wertpapierhandelsgesetz der Insiderhandel unter Strafe gestellt. Dabei zeigte sich wie zu Beginn der Ausarbeitung von Insiderregeln, dass das Insiderrecht eine „permanente Baustelle“ darstellt, „auf der an Gesetzesverschärfungen gearbeitet wird.“471

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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3. Erste Termingeschäfte und Weiterentwicklungen des Optionsmarktes an der Frankfurter Wertpapierbörse Vorschläge zur Wiederbelebung des Terminhandels

Im Zuge der Banken- und Weltwirtschaftskrise 1931 war der börsenmäßige Terminhandel untersagt worden. Die Notverordnungen des Reichspräsidenten und die Durchführungsverordnung der Reichsregierung, die beide am 25. Juli 1931 erlassen worden waren, befassten sich nur mit der Abwicklung der Termingeschäfte, die am Tage der Schließung der Börsen bestanden hatten, schrieben aber kein endgültiges Verbot des Terminhandels fest. Eine Novelle zum Börsengesetz vom März 1934 schaffte aber alle Termingeschäfte, auch die an den Produktenbörsen, ab. Bei Wiedereröffnung der Börsen nach dem Krieg wurde nur das Kassageschäft wiederbelebt. Deutschen Anlegern war es allerdings bereits ab Mai 1956 wieder erlaubt, im Ausland Wertpapier-Termingeschäfte abzuschließen. Davon wurde trotz der lange andauernden Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit des Termin- bzw. Differenzeinwandes gegenüber den die Geschäfte vermittelnden Banken durchaus Gebrauch gemacht. Die rechtlichen Probleme erwuchsen aus der immer noch bestehenden Gültigkeit des Differenzeinwands, den bereits von Oswald von Nell-Breuning kritisiert hatte: „Die gesetzliche Regelung des Termin- und Differenzeinwandes erscheint nicht nur ganz unnötig verzwickt und undurchsichtig, sondern auch wirtschaftspolitisch und moralpädagogisch wenig geglückt.“472 Der Differenzeinwand wurde durch die Feststellung der Termingeschäftsfähigkeit der Vertragspartner beseitigt, die bei Kaufleuten per se gegeben war, bei Nicht-Kaufleuten aber durch ausführliche Information über die Risiken der Geschäfte erst hergestellt werden musste (Termingeschäftsfähigkeit durch Informationen).473 Um die Wiedereinführung des Termingeschäfts in Wertpapieren auch an den deutschen Börsen vorzubereiten, setzte die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen bereits 1957 eine Kommission ein, die sich mit den Perspektiven und Problemen einer Wiederaufnahme des Terminhandels befassen sollte. Trotz der positiven Aussagen in diesem Bericht kam ein Start des Terminhandels damals noch nicht zustande.474 1964 wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Wertpapierbörsen erneut eine Studienkommission für Fragen des Terminhandels eingesetzt, deren Ende 1966 vorgelegter Bericht die rechtlichen, organisatorischen und technischen Vorbedingungen für eine Wiedereinführung des Terminhandels benennen sollte und als brauchbare Diskussionsgrundlage für eine Verwirklichung des Terminhandels angesehen wurde.475 Die Arbeitsgemeinschaft hatte bereits im Vorjahr ein Exposé erarbeiten lassen und die Börsenvorstände um Stellungnahme gebeten „inwieweit die maßgeblichen Kreditinstitute allgemein eine Wiederaufnahme des Terminhandels begrüßen würden.“476 Trotz allem gab es zunächst keine nennenswerten Fortschritte in der Frage und selbst der Sachverständigenausschuss ‚Bör142

Bernd Rudolph

senreform‘ setzte die Wiederaufnahme des Terminhandels 1966 zunächst ohne Erfolg auf die Tagesordnung. Offensichtlich waren es nicht allein rechtliche und technische Schwierigkeiten und der Mangel an geeigneten Finanzinstrumenten, weshalb die deutschen Börsen und Banken dem Terminhandel äußerst zurückhaltend begegneten. Vielmehr fehlte es auch an einer günstigen Nachfrageperspektive sowie für die Banken an Personal mit den für den Terminhandel notwendigen Kenntnissen und Erfahrungen. Die Skepsis wuchs im Laufe der Zeit sogar noch, als die Anregung auf kam, die mögliche Wiederaufnahme des Terminhandels mit einer grundlegenden Innovation zu verbinden. Die bedingten Termingeschäfte sollten nämlich nicht in der in den 1920er-Jahren in Deutschland üblichen Form der Prämien- oder Dont-Geschäfte,477 sondern in der neuen Form der in den USA üblichen Optionsgeschäfte eingeführt werden. Optionsgeschäfte wurden am amerikanischen Markt als Kaufoptionen (Calls) oder Verkaufsoptionen (Puts) ausgeführt. Bei dieser heute üblichen Konstruktion kann der Käufer einer Kaufoption vom Verkäufer, dem Stillhalter in Papieren, innerhalb der Optionsfrist die Lieferung der im Vertrag festgelegten Anzahl von Wertpapieren zu dem bei Vertragsabschluss vereinbarten Basispreis verlangen. Für dieses Recht zahlt der Käufer dem Verkäufer bereits bei Vertragsabschluss eine Prämie, den Optionspreis. Umgekehrt erwirbt der Käufer einer Verkaufsoption vom Verkäufer, dem Stillhalter in Geld, das Recht, ihm innerhalb der Optionsfrist die im Vertrag vereinbarten Wertpapiere zum Basispreis liefern zu können.478 Eine erste Bedeutung erhielten die neuen Optionen nicht an der Terminbörse, sondern in der Unternehmensfinanzierung. 1967 wurde von der Lufthansa AG die erste Optionsanleihe emittiert. Wandel- und Optionsanleihen, die nicht nur auf dem inländischen Kapitalmarkt, sondern auch auf den europäischen Märkten platziert wurden, entwickelten sich in den 1970er-Jahren zu beliebten Finanzierungsinstrumenten.479 Erst am 1. Juli 1970 wurde ein Markt für Abschlüsse von Termingeschäften auf 38 Aktien in der risikobegrenzenden Form des börsenmäßigen Optionsgeschäfts nach amerikanischem Vorbild an den deutschen Wertpapierbörsen eröffnet. Enttäuschende Entwicklung der Terminsparte der Börse

Die ersten Umsatzstatistiken ergaben befriedigende, z. T. sogar beachtliche Wachstumsraten. Nach anfänglicher Euphorie stellte man an den Wertpapierbörsen aber fest, dass sich ein durchschlagender Erfolg des Optionshandels nicht einstellen wollte. Die Umsätze blieben bescheiden, so dass der Umsatzanteil der Optionsgeschäfte in Frankfurt von 1970 bis 1981 nur durchschnittlich 1,35 Prozent der Aktienumsätze ausmachte. Die mangelnde Attraktivität des deutschen Optionshandels war vor allem auf den Individualcharakter der Optionskontrakte zurückzuführen. Für die Geschäftsabschlüsse waren die traditionellen Motive der Absicherung eines Grundgeschäfts maßgebend Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

143

und somit „die Verbindung zum Kassamarkt selbstverständlich“.480 Da aber weder die Fälligkeiten noch die Basispreise der Optionen standardisiert waren, konnten sich weder der Inhaber noch der Stillhalter einer Option während der Optionslaufzeit von seinem Engagement trennen, d. h. sein Optionsrecht verkaufen oder seine bedingte Lieferverpflichtung glattstellen.481 Die Frankfurter Wertpapierbörse schrieb in ihrem Jahresbericht 1973, dass von der gerade eingeführten Möglichkeit, Optionen vor Fälligkeit auf andere Marktteilnehmer zu übertragen, 1973 überhaupt kein Gebrauch gemacht worden sei. Erst ab 1975 gab es zumindest wegen der inzwischen vorgenommenen Standardisierung der Verfalltage geringe Umsätze am Sekundärmarkt.482 Dass in Deutschland nur die Grundlagen für den Abschluss börsenmäßiger Optionsgeschäfte, nicht aber die Voraussetzungen für einen liquiden Sekundärmarkt geschaffen worden waren, erwies sich als entscheidendes Handicap des deutschen Optionsmarktes gegenüber den angelsächsischen Börsen. Das galt insbesondere gegenüber der 1973 neu gegründeten Chicago Board Options Exchange (CBOE), an der der Handel in standardisierten Aktienoptionen mit wenigen feststehenden Fälligkeiten und Basispreisen ein Riesenerfolg geworden war. Dieser Erfolg hatte weltweit zu einer Reihe von Börsenneueröffnungen insbesondere in den USA, dann aber auch in England, den Niederlanden und in Frankreich geführt und zur Schaffung einer Fülle neuartiger Produkte Anlass gegeben, auf die man in Deutschland noch reagieren musste. Anpassung des Optionshandels in Frankfurt an internationale Entwicklungen

Ein Blick auf die Entwicklung der Terminmärkte in der zweiten Hälfte der 1970er- und zu Beginn der 1980er-Jahre zeigt, dass die deutschen Anleger, wie oben schon angedeutet, seit der erfolgreichen Eröffnung, dann aber eher schleppenden Entwicklung des Optionshandels neidisch auf die überaus erfolgreiche amerikanische Konkurrenz schauen mussten. Trotz der offensichtlichen Vorteile liquider Sekundärmärkte, die eine weitgehende Standardisierung der Abschlüsse zwingend voraussetzte, hatte die Frankfurter Börse wenig Neigung zu einer fälligen marktgerechten Anpassung ihres Marktmodells gezeigt. Ein in der Sitzung des Börsenvorstands am 26. Januar 1977 neu berufener Ausschuss für den Optionshandel befasste sich bei der Erarbeitung der Geschäftsbedingungen u. a. mit Fragen des Zeitpunkts des Handelsbeginns, mit Inhalt und Form der Aufträge und mit der Reihenfolge der Preisfeststellungen, nicht aber mit möglichen Erleichterungen im Handel mit bestehenden Optionen. Erst fünf Jahre nach der Eröffnung der Chicago Board Options Exchange (CBOE) wurden zum 1. April 1978 die bis dahin mit 240 möglichen Fälligkeiten fast unbegrenzten Möglichkeiten zaghaft – und damit allerdings auch ohne nennenswerten Erfolg – auf 36 Fälligkeitstermine pro Jahr (am 5., 15. und 25. jedes Monats) beschränkt. Dabei konnten die Basispreise auch weiterhin von den Vertragspartnern frei vereinbart werden.483 In 144

Bernd Rudolph

den nachfolgenden Jahren berichtet die Frankfurter Wertpapierbörse über keine Sekundärmarkttransaktionen. Die Anzahl der in den Optionshandel an der Frankfurter Wertpapierbörse einbezogenen deutschen Aktien war von Ende 1970 bis Ende 1984 von 40 auf 47 erhöht worden. Seit 1976 wurden auch ausländische Gesellschaften berücksichtigt. Zunächst waren es drei, bis Ende 1984 stieg ihre Zahl auf 13. Damit umfasste der Frankfurter Optionshandel Ende 1984 insgesamt 56 Gesellschaften mit 60 Aktien gegenüber 37 Gesellschaften mit 40 Aktien zu Beginn des Handels. Die Zunahme der Auslandswerte, bei denen es sich stets um bekannte Gesellschaften handelte, hatte dem Wachstum des Optionshandel insgesamt den stärksten Impuls verliehen. Im März 1979 wurden mit der Schaffung des Europäischen Währungssystems (EWS) sowie der Einführung der Europäischen Währungseinheit ECU die wirtschaftspolitischen Konturen der Gemeinschaft deutlich verändert. Das allmähliche Zusammenwachsen der Volkswirtschaften der Europäischen Union und die Bemühungen um vereinheitliche Regulierungen prägten die nachfolgenden Jahre. Auch der Optionshandel sollte in der Zukunft noch einschneidende erfolgsträchtige Veränderungen erfahren. Eine aussichtsreichere Ausgangsposition für die auch internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Börsen musste erst noch geschaffen werden.

Börse und Kapitalmarkt vom Wirtschaftswunder bis zum Ende der 1970er-Jahre

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Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002) Günter Franke

I. Industrielle Revolution der Börse – ein Überblick An der Frankfurter Wertpapierbörse fand in den Jahren 1985 bis 2000 eine digitale Revolution statt. Das Phänomen vollzog sich in Frankfurt wie an anderen Börsen über verschiedene Schritte der Elektronisierung, die in ihrer Reihenfolge zwar von Platz zu Platz variierten, stets jedoch eine sich verstärkende Dynamik und Wucht entwickelten. Sie werden wegen ihrer großen Ähnlichkeit bei allen Börsen im Folgenden ohne engen Bezug zur Frankfurter Wertpapierbörse skizziert. Der Transformation der Börse in Frankfurt vorausgegangen waren eine intensive Reformdiskussion auf europäischer Ebene und eine heftige Strukturdebatte in Deutschland. Nach deren Skizzierung werden die verschiedenen Modelle für eine Gestaltung des Börsenhandels mit den untrennbaren Interessenkonflikten vorgestellt und verglichen, so dass die sodann von 1980 bis zum Ende des 20. Jahrhunderts porträtierten Entwicklungen an der Frankfurter Börse besser verständlich werden.484 Um den fundamentalen Charakter der Änderungen zu verdeutlichen, wird zunächst der traditionelle Börsenhandel skizziert.

1. Ausgangssituation

Da die digitale Revolution an der Frankfurter Wertpapierbörse bereits ab 1985 einsetzte, war sie schon weitgehend vollzogen, als die weltweite, intensive Diskussion über die Digitalisierung von Unternehmen einsetzte. Die gewaltige Leistung, die die Mitarbeiter der Börse damals erbrachten, ebenso wie die weitreichenden Konsequenzen des Umbruchs im Börsensystem für Börsenhändler und Anleger485 lassen sich nur ermessen, wenn man sich vor Augen führt, wie das traditionelle System, das noch zu Beginn der 1980er-Jahre vorherrschte, funktionierte. Obgleich Computer 1980 längst ihren Siegeszug in Unternehmen, Behörden und Universitäten angetreten hatten, herrschte an den Börsen weltweit nach wie vor der traditionelle Parketthandel vor, der auch als ‚Präsenzhandel‘ bezeichnet wird. In Deutschland nahmen insbesondere Kreditinstitute Wertpapierorders von ihren Kunden entgegen und leiteten sie als Kommissionsgeschäft an eine Börse weiter. Die AnAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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nahme der Orders durch an der Börse tätige Mitarbeiter des Kreditinstituts erfolgte meist telefonisch, wonach die Orders dann schriftlich, elektronisch oder per Zuruf an den amtlichen Makler oder an einen Freiverkehrsmakler, der für den Handel des gewünschten Wertpapiers zuständig war, weitergegeben wurden. Die Kreditinstitute konnten eine (Kauf-)Order aber auch im eigenen Haus ausführen, indem sie diese mit einer passenden (Verkaufs-)Order zusammenbrachten und ausführten oder selbst als Gegenpartei (Verkäufer) eintraten. Ebenso konnten sie im außerbörslichen Handel einen geeigneten Handelspartner ausfindig machen und auf diese Weise die Order ausführen. Im amtlichen Börsenhandel liefen die Orders eines Papiers beim Kursmakler zusammen. Gemäß Börsengesetz wurde er amtlich bestellt und vereidigt. Er durfte in begrenztem Umfang mit eigenen Orders für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage sorgen. Als amtlichen Kurs stellte er den Kurs fest, bei dem die Stückzahl der gehandelten Aktien oder Anleihen maximiert wurde, und gab ihn per Ausruf bekannt. In der – kurzen – Öffnungszeit der Börse von 11.30 bis 13.30 Uhr, die bis Januar 1990 beibehalten wurde, stellte der Makler etwa zur Mitte der Handelszeit den sogenannten Einheitskurs fest, zu dem die Kundenorders abzurechnen waren. Darüber hinaus konnte er vorher und hinterher im variablen Handel bei Papieren mit größeren Handelsvolumina variable Kurse ermitteln und Orders ausführen, deren Auftraggeber dieser Art der Ausführung zugestimmt hatten. Der Kursmakler stand auf dem Parkett hinter einer Schranke oder in seinem Ring, umgeben von den umstehenden Händlern, der sogenannten Kulisse. Zu den Händlern gehörten die Bankenvertreter sowie die freien Makler. Sie gaben Gebote auf eigene Rechnung durch Zuruf ab und überboten sich nicht selten dabei gegenseitig. Dies erklärte das laute Geschrei an der Präsenzbörse. Eine Schranke oder ein Ring schirmte den Makler ab, damit die Umstehenden nicht in das Orderbuch (Skontro) sehen und sich dadurch einen Informationsvorteil verschaffen konnten. Nur der Makler selbst hatte Einsicht in sein Orderbuch. Ähnlich stellten die Freiverkehrsmakler im geregelten Freiverkehr die Kurse fest. Der Makler erhielt für seine Tätigkeit eine offiziell festgesetzte Courtage (in Prozent des umgesetzten finanziellen Volumens), das Kreditinstitut rechnete im Kommissionsgeschäft eine Provision ab. Diese Kosten wurden dem Anleger in Rechnung gestellt. Nach der Kursfeststellung stellte der Makler Schlussnoten über die ausgeführten Orders aus. Die Wertpapierlieferung erfolgte durch effektive Stücke, viel häufiger aber durch Umbuchung über einen Kassenverein, der als Wertpapiersammelbank die Wertpapiere auf bewahrte und verwaltete. Die finanziellen Transaktionen wickelten die involvierten Kreditinstitute ab. Die Abwicklung einzelner Aufgaben wurde zwar zunehmend vom Computer unterstützt, aber das Grundverständnis des Börsenhandels war ähnlich wie in den vorangegangenen Jahrzehnten.486 Für einen Anleger war schwer abschätzbar, ob er an einem anderen Handelsplatz einen günstigeren Kurs hätte erzielen können. Ebenso war oft unklar, 148

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wieviel Zeit bis zur Erfüllung der Order verstreichen würde. Je länger diese Zeitspanne ausfiel, desto größer war die Gefahr, dass eine unlimitierte Order zu einem ungünstigeren Kurs abgerechnet bzw. eine limitierte Order in einem Marktumfeld ausgeführt wurde, das einen günstigeren Kurs erlaubt hätte. Wurde ein Wertpapier, das ein institutioneller Anleger in größeren Stückzahlen handeln wollte, an mehreren Börsen notiert, dann konnte der Anleger die Order auf diese Börsen aufteilen und damit das an diesen Börsen vorhandene Kauf- bzw. Verkaufspotenzial nutzen, was ihm erlaubte, einen insgesamt günstigeren Kurs zu erzielen. Dieses Vorgehen war insbesondere von Vorteil, solange es keinen Informations- und Handelsverbund zwischen den Börsen, z. B. zwischen den Präsenzbörsen Frankfurt und Düsseldorf, gab. Dieser Verbund entwickelte sich erst ab Mitte der 1980er-Jahre mit den modernen Kommunikationsmedien. Die deutschen Börsen lebten in einem durch geringe Transparenz geschützten Umfeld und es existierte kein intensiver Wettbewerb zwischen ihnen. Das lag zum Teil auch daran, dass sie – wie in den vorausgehenden Kapiteln dargestellt – seit 1931 einer weitgehenden Regulierung unterworfen waren. Zudem wurden sie zum Teil von öffentlich-rechtlichen Organisationen wie den Industrie- und Handelskammern getragen. Die Bereitstellung eines Börsenhandels wurde als öffentlich-rechtliche Aufgabe für das Gemeinwohl wahrgenommen. Nach dem Börsengesetz sind Börsen auch heute noch teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Die an der Börse agierenden Bankmitarbeiter gehörten überwiegend zu lokalen Banken, die Kulisse und die Kursmakler waren ebenfalls am Ort der Börse ansässig. Man kannte sich, man vertraute sich in der Erwartung, dass jeder sich fair verhielt, man spürte die Stimmungen auf dem Parkett. Das menschliche Element spielte eine wichtige Rolle.

2. Elektronisierung des Börsenhandels

Welche Faktoren haben dieses beschauliche Umfeld revolutioniert? Haupttreiber der Revolution war die Elektronisierung des Börsenhandels, oder in heutigen Worten, die Digitalisierung, unterstützt von der Globalisierung der Wirtschaft und der Deregulierung. Abbildung 1 porträtiert wichtige Schritte der Elektronisierung des Börsenhandels, deren zeitlicher Ablauf von Börse zu Börse variierte. Im weitgehend wettbewerbsgeschützten Raum, in dem die traditionellen Parkettbörsen operierten, gab es kein elektronisches Informationssystem, das dem Anleger erlaubt hätte, die Kurse an verschiedenen Börsen zu vergleichen. Für ein und dasselbe Wertpapier wurden an verschiedenen Börsen oft unterschiedliche Kurse notiert. Damit bestand für besser informierte Händler ein Anreiz, von den Kursdifferenzen durch Arbitragetransaktionen zu profitieren. Den schnellsten Zugang zu den dafür notwendigen InforAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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mationen hatten die an der Börse tätigen Personen, die den vom Makler ausgerufenen Kurs hörten und sofort telefonisch weitergeben konnten. Die Börse selbst publizierte die Kursinformation mit Verzögerung. Auf der einen Seite verschaffte dieses System den an der Börse Tätigen ein Informationsprivileg, auf der anderen Seite benachteiligte es die Anleger, da sie bei einer Orderausführung mit ungünstigeren Kursen als andere Marktteilnehmer rechnen mussten. Die neuen elektronischen Möglichkeiten boten den Börsen einen Weg, dem Anlegerbedürfnis nach rascher Information durch Einführung elektronischer Informationssysteme nachzukommen, und auf diese Weise mehr Anleger zu gewinnen sowie mehr Transaktionen abzuwickeln. Die Frankfurter Börse startete 1987 das elektronische Kursinformationssystem KISS, ergänzt durch Fernseh-Live-Übertragungen aus dem Börsensaal. Der Zuwachs an Transparenz erlaubte es Anlegern und Händlern, rascher und mehr Arbitragetransaktionen auszuführen, wodurch die Arbitragegewinne schrumpften, da größere Kursdifferenzen seltener auftraten und schneller beseitigt wurden. Auch die Differenzen zwischen Börsenkursen und Kursen im außerbörslichen Handel (OTC-Handel) wurden infolge der zunehmenden Handelstransparenz geringer. Diese Tendenz wurde insbesondere dann begünstigt, wenn auch im OTC-Handel vereinbarte Kurse unmittelbar elektronisch veröffentlicht wurden, zum Beispiel durch Reuters oder Bloomberg.487 Die Preise im börslichen und im außerbörslichen Handel konvergierten rascher zum ‚Gleichgewichtskurs‘. Die Informationseffizienz des Marktes verbesserte sich, d. h. neue bewertungsrelevante Informationen spiegelten sich ohne große Verzögerung in den Marktkursen wider. An der Frankfurter Börse wurde im Jahr 1989 das elektronische Interbanken-Informationssystem IBIS eingeführt, das ab 1991 auch einen elektronischen Handel von Wertpapieren ermöglichte. Bereits 1990 war der voll elektronische Handel an der Deutschen Terminbörse gestartet worden. Ein ähnlich radikaler Umbruch im Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse begann 1997 mit dem Handelssystem Xetra. Ebenso wie die Veröffentlichung von Informationen über das Börsengeschehen konnte nun auch die Ordererteilung vom Anleger zur Bank und von der Bank zur Börse elektronisch abgewickelt werden, das elektronische Orderbuch war geschaffen. Eine elektronische Übermittlung von Orders per Computer in das Orderbuch des Maklers bot den unschätzbaren Vorteil, dass jede Bank, die zum Börsenhandel zugelassen war, unabhängig von ihrem Sitz Orders an einen Makler geben konnte. Der computergestützte Schreibtisch eines Bankangestellten ersetzte den Bankangestellten auf dem Börsenparkett. Damit war das Privileg der am Börsenplatz ansässigen Banken zur Weitergabe von Orders aufgehoben. Auch konnte die Börse mit einer größeren Zahl von Orders rechnen. An der Frankfurter Börse wurden 1992 mit dem Börsenhandelssystem BOSS-CUBE die elektronische Weitergabe von Orders in das Skontro und das elektronische Skontro eingeführt. Die anderen deutschen Börsenschlossen sich 1993 an. Dieses eröffnete die 150

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Computergestützter traditioneller Parketthandel

Mehr Transparenz, mehr Arbitragetransaktionen im Börsen- und OTC-Handel

elektronisches Informationssystem

Konzentration des Handels auf elektronisches System - Händler aus allen deutschen Regionen

nationales elektronisches Handelssystem

Parkett- und Kursmakler: nur noch Nebenrolle

Händler weltweit, Internat. Wettbewerb von Handelsplätzen: Margendruck

Anschluss ausländischer Handelsterminals

Mehr Anlegerschutz

Elektronische Handelsüberwachung

Eindämmung von Marktmissbrauch, einige Händler geben auf

Integrierte elektron. Order-Abwicklung

Senkung der Abwicklungskosten

Abbildung 1: Elektronisierung revolutioniert Börsen

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Möglichkeit, die ausführbaren Kauf- und Verkaufsorders elektronisch zu ermitteln und den Kurs elektronisch festzustellen. Die Makler wurden zur Feststellung nicht mehr benötigt und die vor Ort ansässige Kulisse durch eine national oder später international gestreute ergänzt. Die Elektronisierung des Börsenhandels hatte damit gravierende Auswirkungen auf die Stellung der amtlichen und freien Makler. Ihre Einkommensquellen wurden drastisch beschnitten. Ein weiterer Effekt der Elektronisierung zeigte sich im Wettbewerb unter den Börsen. Der Anleger konnte nun mit dem elektronischen Orderrouting seine Order an die Börse leiten, die die günstigsten Handelsbedingungen bot. Dies verschärfte den Wettbewerb unter den Börsen erheblich. Brauchte es dann noch mehrere Börsen, an denen dasselbe Papier gehandelt wird? Zwar konnte jede Börse ihr eigenes elektronisches Informations- und Handelssystem betreiben, dies war jedoch teuer. Auf der einen Seite sparte die Konzentration des Handels auf eine elektronische Börse nicht nur Kosten, sondern verbesserte auch die Liquidität des Handels. Damit wurde die so vergrößerte elektronische Börse insbesondere für größere Orders attraktiver, weil diese zu für den Auftraggeber günstigeren Kursen ausgeführt werden konnten. In der Tat kam es nun häufiger zu Börsenzusammenschlüssen.488 Auf der anderen Seite bestand die Gefahr, dass eine monopolistisch agierende elektronische Börse den Anlegern schlechten Service bietet und hohe Transaktionskosten berechnet. Einen gravierenden Einfluss übte die Elektronisierung auch auf den internationalen Handel von Wertpapieren und den internationalen Börsenwettbewerb aus. Elektronische Informationssysteme können oft ohne Einschränkung im In- und Ausland genutzt werden. Daher fördern elektronische Informationssysteme von Börsen gleich schnellen Informationszugang in- und ausländischer Marktteilnehmer. Mit dem Start von IBIS leistete die Frankfurter Börse bereits im Jahr 1989 einen wichtigen Beitrag zum internationalen Börsenwettbewerb. Wurde ein deutsches Wertpapier an einer deutschen und an einer ausländischen Börse gehandelt, so konnte der Anleger schon frühzeitig wählen, an welche Börse er seine Order per Telefon, Fernschreiber oder Computer leitete. Damit verschärfte sich der internationale Börsenwettbewerb. Bot die ausländische Börse einen Handel zu geringeren Transaktionskosten an, musste die inländische Börse nachziehen, wenn sie auf das Geschäft nicht verzichten wollte. Durch den internationalen Börsenhandel wurde auch der Wettbewerb zwischen nationalen Anlegerschutzvorschriften forciert. Für deren Verschärfung und Harmonisierung sorgten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ab Mitte der 1980er-Jahre zudem verschiedene europäische Direktiven. Noch stärker zog der internationale Börsenwettbewerb an, als die Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie der EU von 1993 die nationalen Aufsichtsbehörden zwang, die Aufstellung von Handelsterminals mit Anschluss an ausländische elektronische Börsen in der EU zu genehmigen. Jetzt konnte der Händler im Ausland genauso wie im Inland 152

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eine Order elektronisch dort platzieren, wo er mit den günstigsten Bedingungen rechnen konnte. Dies verschärfte den Margendruck auf die Börsen. Der internationale elektronische Handel erlaubte kapitalstarken Banken und Wertpapierfirmen aus dem Ausland, sich stärker in den deutschen Börsenhandel einzuschalten, wodurch sich das Gewicht der deutschen Banken und Wertpapierfirmen im Börsenhandel verringerte. Die Elektronisierung des Börsenhandels ging mit einer umfassenden und präzisen Aufzeichnung aller erteilten und aller ausgeführten Orders mitsamt den entsprechenden Abrechnungsmodalitäten einher. Auch die Bank oder die Wertpapierfirma, die die Order eines Anlegers weiterleitete, zeichnete die Anlegerdaten elektronisch auf. Damit ergaben sich neue, weitreichende Möglichkeiten der Handelsüberwachung. So konnte die Kursentwicklung eines Papiers auf Unregelmäßigkeiten hin untersucht werden. Zeigten sich solche, dann konnten die erteilten und die ausgeführten Orders auf missbräuchliches Verhalten, dessen Spielraum gesetzlich immer stärker eingeschränkt wurde, geprüft werden. Marktteilnehmer, die sich missbräuchlich verhielten, konnten identifiziert werden, da die Namen der Auftraggeber von Orders bekannt waren. Dies dünnte die Zahl der an einer Börse zugelassenen Händler aus. Die elektronische Handelsüberwachung konnte somit die Zusammensetzung des an einer Börse agierenden Händlerkreises gravierend verändern. Ebenso wurden die Möglichkeiten eines Kommissionärs (oft leitete die Bank eines Anlegers seine Order als Kommissionär an eine Börse weiter), an einem Kursschnitt zu Lasten des Anlegers zu verdienen, weitgehend eliminiert. Solange Ordereingang und Ausführung einer Order nicht mit einem elektronischen Zeitstempel dokumentiert wurden und es innerhalb eines kurzen Zeitfensters verschiedene Ausführungskurse an der Börse gab, hatte der Kommissionär einen dieser Kurse für die Abrechnung auswählen können, ohne dass der Anleger dies nachprüfen konnte. Eine erhebliche Effizienzverbesserung ermöglichte auch die elektronische Abwicklung von ausgeführten Orders über ein elektronisches Abwicklungssystem, an das die Börse die Daten der ausgeführten Orders elektronisch übermittelte. Dieses verbuchte dann die Lieferung der zu transferierenden Wertpapiere elektronisch und nahm auch die zugehörigen finanziellen Gutschriften und Lastschriften auf den Konten der Banken, Zentralbanken und Wertpapierfirmen vor. Bereits 1992 wurde an den deutschen Börsen die Abwicklung von ausgeführten Orders über das Börsenorderabwicklungssystem BÖGA automatisiert. Zusammenfassend verdeutlichen diese Ausführungen den enormen Einfluss, den die Elektronisierung auf den Börsenhandel genommen hat. Die Technik des Börsenhandels wurde revolutioniert. Dies hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Börsenakteure und zwang die Börsen zu gravierenden Strategiewechseln im Kampf um das Überleben.

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II. Reformimpulse: Anstöße aus dem Aus- und Inland 1. Wettbewerbsferne und zögerliche Liberalisierung in Deutschland

Die in den 1980er-Jahren einsetzende Diskussion um eine Reform des Börsenhandels wurde von der Intensivierung des Wettbewerbs zwischen den Börsen weltweit ebenso wie von den Reformvorstellungen der EG-Kommission getrieben. Schließlich ging auch von der Deutschen Bundesbank im Kontext der – allerdings zögerlich von ihr betriebenen – Liberalisierung des deutschen Kapitalmarktes ein Impuls aus. Solange ausländische Börsen auf deutsche Anleger und Industrieunternehmen nur wenig Anziehungskraft ausübten, gab es für Banken und Makler wenig Grund, das geruhsame, ertragreiche Börsengeschehen zu reformieren. Die Computerisierung wurde lediglich in einzelnen Teilbereichen genutzt, um Transaktionskosten zu senken. Diese wettbewerbsferne Einstellung wurde durch die deutsche Gesetzgebung und die Finanzaufsicht nachhaltig gefördert. Nach dem Zweiten Weltkrieg operierten die Banken, wie im vorherigen Kapitel dargestellt, ebenso wie die Versicherungsunternehmen in einem geschützten Umfeld. Die Bank deutscher Länder, später Deutsche Bundesbank, und das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen hatten ein starkes Interesse daran, Insolvenzen von Banken und Versicherungsunternehmen zu vermeiden. Ein probates Mittel dazu waren Wettbewerbsbeschränkungen, die die Profitabilität von Banken und Versicherungsunternehmen sichern sollten. Die Stabilität der Gesellschaften hatte Vorrang vor den Interessen der Bank- und Versicherungskunden.489 Die Deutsche Bundesbank sorgte sich darüber hinaus, dass Anleger komplizierte Finanzinstrumente nur schwer durchschauen könnten, weshalb sie sie durch ein Verbot solcher Instrumente vor Übervorteilung schützen wollte. Diese Sorge war nicht unberechtigt, wie auch heute noch zahlreiche Prozesse von Anlegern gegen Banken zeigen. Neben dieses einzelwirtschaftliche Argument traten gesamtwirtschaftliche. Die Bundesbank befürchtete, dass der unbeschränkte Handel von Finanzinstrumenten die Sicherung des Geldwertes erschweren könnte. Außerdem könnte er zu hohen Verlusten von Unternehmen führen und damit die Stabilität des Finanzsystems gefährden. Schließlich könnte unerwarteten Verhaltensänderungen handelnder Personen Vorschub geleistet werden und beispielsweise der Handel kurzfristiger Schuldtitel die Kurzfristorientierung der handelnden Personen fördern.490 Infolge der restriktiven Haltung der Bundesbank drohte der deutsche Finanzmarkt den Anschluss an die vielfältigen Innovationen auf anderen Finanzplätzen zu verpassen, wie sich immer deutlicher abzeichnete. Neben die aus der Beschränkung des Wettbewerbs resultierenden Risiken traten diejenigen einer finanztechnologischen Lücke. Die Bundesbank hob im April 1985 das Gentlemen’s Agreement auf, das die Emission von DM-Auslandsanleihen unter deutscher Konsortialführung sichergestellt hatte. Im gleichen Jahr 154

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ließ sie auch variabel verzinsliche Anleihen und DM-Zero Bonds zu. Doch erst im März 1994 stellte sie ihre Bedenken gegen Geldmarktfonds zurück, unter anderem auch getrieben durch die Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie der EG von 1993, die den europaweiten Vertrieb von in einem Mitgliedsland zugelassenen Geldmarktfonds erlaubte (Europapass). Die genannten Beschränkungen hatten den Handel solcher Papiere an den deutschen Börsen lange verhindert und auf diese Weise die Finanzplätze London und Luxemburg gestärkt. Wissen und Technologie von Finanzinnovationen entwickelten sich vor allem im angelsächsischen Bereich. In Deutschland wurde die Bedeutung dieser Instrumente erst in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre erkannt. Die Bundesbank war sich dieses Problems schon frühzeitig bewusst, scheute jedoch vor einer Liberalisierung zurück. „Bereits im Jahr 1985 hielt die Bundesbank in einem internen Papier fest, die privilegierten deutschen Banken würden durch die vorhandenen Regulierungen vor der ,Zugluft‘ des internationalen Wettbewerbs bewahrt. Die Bundesbank unterstütze damit ‚Monopolgewinne‘ im Bankgewerbe, bewährte neue Finanzinstrumente würden von Inländern nur an ausländischen Plätzen genutzt“.491 Das wettbewerbsferne Umfeld wurde auch durch den rechtlichen Rahmen, in dem die Börsen arbeiteten, gestützt. Bis zur Mitte der 1980er-Jahre war das rechtliche Umfeld des deutschen Börsenhandels durch das deutsche Börsenrecht und durch Selbstregulierungsmechanismen der beteiligten Akteure geprägt. Schieds- und Ehrengerichte sanktionierten problematisches Verhalten, weniger die staatlichen Gerichte. Zur Regulierung von Insidergeschäften gab es in Deutschland seit 1971 mit der Insiderhandels-Richtlinie einen Verhaltenskodex, dem sich eine börsennotierte Aktiengesellschaft freiwillig unterwerfen konnte. Wenn Manager, andere Mitarbeiter und Berater trotz des Kodex-Verdikts ihre Insiderinformationen im Aktienhandel nutzten, mussten sie den daraus erlangten Vorteil zurückgeben, wurden aber strafrechtlich nicht verfolgt. Auch die Rechtsvorschriften für die Zulassung zum Börsenhandel, die Prospekthaftung sowie die den Börsenhandel umgebende Transparenz waren im Vergleich zum angelsächsischen Recht wenig streng. Diese Mischung aus Selbstregulierung und schwacher gesetzlicher Regelung wurde insbesondere im angelsächsischen Ausland als wenig vertrauenswürdig empfunden. In den USA waren die Regelungen erheblich strenger. Dies begründete zunehmend eine Schwäche deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb um Kapitalanleger.492

2. Ein weiterer Akteur: Die Europäische Gemeinschaft

Bis zum Beginn der 1980er-Jahre waren die maßgeblichen Akteure bzw. Gestalter des deutschen Börsenwesens die deutschen Banken, die an der Börse tätigen Händler sowie der deutsche Gesetzgeber und, wie geschildert, indirekt auch die Deutsche Bundesbank. Nun meldete sich mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaft ein weiterer Akteur, der einen immer stärkeren Einfluss auf die europäischen Börsen nehmen sollte. Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Die Bedeutung der Europäischen Gemeinschaft war in den 1970er-Jahren infolge der Wirtschaftskrise geschrumpft. Die Mitgliedstaaten kehrten eher wieder zu einer national ausgerichteten Wirtschaftspolitik zurück. Herbert Giersch, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, prägte den Begriff ‚Eurosklerose‘. Wenn auch der Einfluss der Europäischen Kommission um 1980 eingeschränkt war, wuchs ungeachtet dessen gegen Ende der 1970er-Jahre das Bemühen der EG-Kommission um eine Weiterentwicklung der europäischen Wertpapiermärkte. Die Rede, die der EG-Kommissar Christopher Tugendhat am 25. Januar 1980 in Mailand hielt, verdeutlichte die Vorstellungen und Wünsche der Kommission, ohne aber vorerst Durchschlagskraft zu haben. Die Kommission sehe die Börsen als wichtige Motoren für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft an, insbesondere um die Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen zu verbessern. Daher arbeite sie an Vorschlägen, die darauf abzielten, einerseits Wertpapiere attraktiver zu gestalten und andererseits das Vertrauen der Anleger in die Börsen zu stärken. Dazu sollten betrügerische Manöver von Akteuren an den Börsen verhindert werden, insbesondere Insiderhandel und Preismanipulation. Um die Aktivitäten von Finanzmaklern zu disziplinieren, habe die Kommission bereits 1977 einen europäischen Verhaltenskodex entwickelt und den Mitgliedstaaten empfohlen, diesen komplett umzusetzen, anstatt einzelne Regeln à la carte herauszugreifen. Insbesondere der Insiderhandel bereite der Kommission Sorge, weshalb eine Richtlinie dazu in Vorbereitung sei. Tugendhat führte aus, der Kommission gehe es auch darum, die Gleichbehandlung aller Anleger zu gewährleisten. Dazu sollten Wertpapieraufträge so weit wie möglich an der Börse konzentriert werden. Es müsse das Vertrauen in Wertpapiere gestärkt und die Information der Anleger über die Emittenten verbessert werden. Schon im Jahr 1979 habe die Kommission eine Zulassungsrichtlinie sowie die 1980 verabschiedete Prospektrichtlinie auf den Weg gebracht. Eine weitere Richtlinie für die laufenden Informationspflichten der Emittenten sei in Vorbereitung.493 Tugendhat wies auch darauf hin, dass viele Börsen zu klein seien, um eine geeignete Plattform für die Finanzierungsbedürfnisse von Unternehmen zu schaffen. Daher sei eine wechselseitige Durchdringung der nationalen Wertpapiermärkte erforderlich. Ein Schritt dazu sei die Beseitigung nationaler Schranken für Emittenten: Ein Emittent solle ohne hohe Kosten über Cross-Listing Zugang zu allen europäischen Wertpapiermärkten haben, wozu die nationalen Informationsanforderungen an Emittenten koordiniert werden müssten. Empfohlen werde, die Rechtsform einer europäischen Kapitalgesellschaft zu schaffen. Die in Europa bestehenden Kapitalverkehrsbeschränkungen seien aufzuheben, dabei sei das europäische Währungssystem einzubeziehen. Ziel müsse es sein, ein fortschrittliches „Überbrückungssystem“ zwischen den nationalen Börsen aufzubauen, um einen integrierten europäischen Wertpapiermarkt zu schaffen. Tugendhat erwähnte zudem, dass eine starke Zentralbörse für Standardwerte wünschenswert sei, was einen Handel an Regionalbörsen nicht ausschließe. 156

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Auch wenn es der Kommissar nicht ausdrücklich ansprach, so beinhaltete die angestrebte Vision eines vereinheitlichten EG-Kapitalmarktes das Niederreißen bestehender Wettbewerbsschranken zwischen den europäischen Börsen. Insbesondere würden die Börsen in London und Paris sowie Amsterdam die übrigen europäischen Börsen unter erheblichen Wettbewerbsdruck setzen. Zusätzlichen Druck erzeugte ein im Frühjahr 1980 eingereichter Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments zur Schaffung einer europäischen Aktienbörse.494 Für den 13./14. November 1980 setzte die Kommission ein Kolloquium in Brüssel zu dem Thema „Schaffung einer europäischen Börse“ an, was die europäischen Börsen dazu veranlasste, ihren Standpunkt zu klären und untereinander abzustimmen.495 Sehr reserviert reagierte man in der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen auf die Vorschläge.496 In internen „Überlegungen“ zu dem geplanten Kolloquium stellte sie im September 1980 fest, dass die deutschen Börsen sämtlich zufriedenstellend funktionierten und bereits an die neuzeitliche Entwicklung angepasst seien. Die Verflechtung mit ausländischen Märkten zeige sich an der Frankfurter Wertpapierbörse, an der im Jahr 1979 bereits 179 Auslandsaktien notiert wurden. Damit rangiere sie in Europa auf Platz 2 hinter London. Zwar war auch aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft „eine wichtige Funktion der Börse – Direktaufnahme von Kapital – gegenwärtig weitgehend unterentwickelt“. Diesem Problem könne jedoch nur durch die Liberalisierung des Kapitalverkehrs und die Abschaffung bzw. Harmonisierung steuerlicher und sonstiger Hindernisse begegnet werden, nicht jedoch „durch technische Erweiterung der zwischenbörslichen Datenübermittlung“. Gegenüber dem Projekt eines europäischen Informationssystems IDIS (Interbourse Data Information System), das auf Initiative der Mailänder Börse in einer europäischen Fachherrengruppe zur Abwicklung des innereuropäischen Handels erörtert worden war, verhielt man sich reserviert.497 Ohnehin kämen in Deutschland nur festgestellte Kurse in Betracht und würden die Börseninformationen durch Nachrichtenagenturen wie Reuters und nicht durch die Börsen selbst bereitgestellt. Jeder institutionelle Anleger könne zudem bei den Börsen Daten kaufen. Die „Schaffung neuer elektronischer Informationszentren“ könnte ein „Ansatzpunkt für eine unerwünschte Computerisierung und Zentralisierung des Handels“ sein. 498 Der Brüsseler Vorschlag für einen einheitlichen europäischen Wertpapiermarkt gefährde auch die Regionalbörsen. Daher spreche sich die Arbeitsgemeinschaft für einen liberalen Wertpapierhandel, nicht jedoch für die Einführung eines Simultannetzwerks aus. Eine ähnlich reservierte Haltung gegenüber der Kommission zeigten auch die im ‚Committee of Stock Exchanges in the E. E. C.‘ vertretenen Europäischen Börsenpräsidenten in ihrer Sitzung vom 29. und 30. September 1980 in Frankfurt am Main. So sollte eine Einladung von Repräsentanten der Kommission zu den Sitzungen des Committee nur von Fall zu Fall in Betracht gezogen werden. Die EG-Vorschläge seien eine Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Herausforderung für die europäischen Aktienbörsen. Auch aus Sicht der europäischen Börsenpräsidenten seien die „Reform der steuerlichen Verhältnisse, eine Verbesserung des Sparwillens der Investoren und eine Liberalisierung der nationalen Kapitalmärkte“ „wichtiger als Diskussionen über eine neue Börsenstruktur“. „Allenfalls könnte man sich für eine verbesserte Kommunikation zwischen den Börsen einsetzen“.499 Auch das Interesse der Börsen an IDIS, einem integrierten Dateninformationssystem zwischen den Börsen, sei sehr „differenziert“. Die bei dieser Sitzung anwesenden Vertreter der EG-Kommission bedauerten Missverständnisse zum Projekt „Europabörse“, eine „Superbörse“ solle nicht errichtet werden. Sie machten deutlich, dass die EG-Kommission auf die eigene Initiative der Börsen setze.

3. Signale aus dem Ausland: Der Big Bang 1986

Ein Paukenschlag für die Börsen weltweit war der Big Bang am 27. Oktober 1986, der mehrere wesentliche organisatorische Änderungen der London Stock Exchange (LSE) quasi an einem Tag in Gang setzte.500 Bereits seit Beginn der 1980er-Jahre wurde das 1908 aus Anlegerschutzgründen eingeführte ‚single capacity‘-System in Frage gestellt, das durch eine strikte Trennung der Broker-Funktion im Auftrag der Wertpapierkundschaft und der Jobber-Funktion als Market Making für bestimmte Wertpapiere gekennzeichnet war. Bei der Einführung des Systems war noch der Großteil des Ordervolumens von privaten Anlegern ausgegangen, während im Laufe der Zeit ein immer größerer Anteil der Kundenaufträge von institutionellen Anlegern mit immer größeren Order-Volumina erteilt wurde. Die höheren Volumina erzwangen eine höhere Kapitalausstattung der Jobber als Marketmaker, weil sie immer größere Wertpapierbestände für mögliche Käufer vorhalten und beim Ankauf von Wertpapieren große Risiken übernehmen mussten, was zu einem drastischen Rückgang der Anzahl selbständiger Jobber geführt hatte. Die Funktionstrennung zwischen Jobbern und Brokern hatte sich in der Zwischenzeit auch für die Börse selbst als schädlich herausgestellt, weil sie im Vergleich zu anderen Börsen zu wenig Umsatz generierte, so dass aus den Erträgen zu wenig dringend benötigtes Kapital beispielsweise zur Elektronisierung des Handels gewonnen wurde. Die organisatorischen Änderungen hatten ihren Anstoß auch aus einem bereits 1979 von der britischen Kartellbehörde (Office of Fair Trading) angekündigten Verfahren gegen das Provisionen-Kartell und die damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen der Broker an der LSE erhalten. Verhandlungen zwischen der britischen Regierung unter Margret Thatcher und dem Börsenvorstand der LSE über die Deregulierung des Börsenhandels führten im Juli 1983 zu der Übereinkunft, die LSE unter der Voraussetzung von den Kartellvorschriften auszunehmen, dass bis Ende 1986 die festen Provisionssätze bei Wertpapierkäufen und -verkäufen abgeschafft würden. Die festen Provisionssätze für die 158

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Broker waren insbesondere dadurch ein Ärgernis geworden, dass sie an der New York Stock Exchange bereits 1975 abgeschafft worden waren, so dass die LSE große Umsatzvolumina verloren hatte. Am 27. Oktober 1986 startete der liberalisierte Handel an der LSE. Die festen Provisionssätze verschwanden ebenso wie die funktionale Trennung von Jobbern und Brokern, da die Börse erkannt hatte, dass die Freigabe der Provisionssätze nur unter einem ‚dual-capacity‘-System erfolgreich sein konnte. Innerhalb des ‚dual-capacity‘Systems konnten Broker- und Jobber-Firmen untereinander, aber auch mit in- und ausländischen Banken fusionieren, so dass die Kapitalausstattung für das Market Making verbessert werden konnte. Darüber hinaus konnten die Broker/Dealer nun auch untereinander handeln und so die gesamte Handelskapazität vergrößern. Geld- und Brief kurse für die Wertpapiere wurden in das elektronische System SEAQ (Stock Exchange Automated Quotation System) eingegeben, so dass Händler in aller Welt diese Informationen gleichzeitig erhielten, wobei die Abschlüsse nicht mehr auf dem Parkett, sondern weltweit per Telefon oder Computer ausgeführt wurden. Das Parkett der LSE war verwaist. Große ausländische Banken kauften zahlreiche englische Mitgliedsfirmen der LSE und verschafften sich dadurch eine wichtige Rolle im Handel, die britischen Mitgliedsfirmen wurden stark ausgedünnt. Das Handelsvolumen an der LSE verdoppelte sich in kurzer Zeit, die Transaktionskosten sanken deutlich. Die Transparenz des Handels nahm allerdings ab, da die Kurse, zu denen Abschlüsse getätigt wurden, über SEAQ nicht bekannt gegeben wurden. Solch radikale Effekte einer Börsenreform schreckten naturgemäß zahlreiche Börsenteilnehmer in Deutschland von einer Börsenreform ab, insbesondere solche, deren Ertragschancen deutlich beschnitten würden. Rolf-E. Breuer, Kapitalmarktvorstand der Deutschen Bank, äußerte im Jahr 1991:„Der Big bang, so wie die Engländer ihn versucht haben und wie er damals auch von uns bewundert wurde, stellt sich im Nachhinein als einer der größten Misserfolge in der Strukturierung von Kapitalmärkten heraus: Er hat zu einer bedenklichen Konzentration der Marktteilnehmer und der Marktkräfte geführt. Dies ist im Sinne der Vielfalt der Produktpalette kontraproduktiv und führte letztlich nicht zur Verbesserung der Position des Anlegers.“501 Mit dieser Stellungnahme sprach Breuer vermutlich vielen an deutschen Börsen zugelassenen Firmen aus der Seele; sie erstaunt jedoch, weil Breuer sich Jahre zuvor schon intensiv für ein elektronisches Handelssystem stark gemacht hatte, das dann 1990 an der Deutschen Terminbörse DTB gestartet wurde.

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4. Reformdiskussion in Deutschland Verschärfung des internationalen Wettbewerbs

Der Big Bang heizte die Reformdiskussion in Deutschland an und gab Reformansätzen einen neuen Impuls. Zu dieser Diskussion trug auch der massive Wandel des internationalen Finanzgeschäfts bei, der das Geschäftsmodell insbesondere der Großbanken veränderte. Die englische Regierung baute London seit den 1960er-Jahren zu einem internationalen Finanzplatz aus, indem sie ausländischen Banken steuerliche Vorteile bot und sie von der Mindestreserve freistellte. Im Jahr 1981 zogen die USA mit ihren International Banking Facilities nach, wenig später gefolgt von Japan. Mit der Internationalisierung ihres Geschäfts nahmen auch die Risiken der Banken zu. Die Ölpreiskrisen der 1970er-Jahre hatten in zahlreichen Ländern der Erde realwirtschaftliche Schocks ausgelöst. Infolge der hohen Ölpreise verfügten die ölproduzierenden Staaten plötzlich über hohe finanzielle Mittel, die sie nicht in ihren eigenen Ländern investierten, sondern an international tätige Großbanken weitergaben. Diese bauten ihr Kreditgeschäft erheblich aus. Insbesondere gaben sie souveränen Staaten hohe Kredite, die sich später als überaus riskant erwiesen. So brach 1982 die internationale Verschuldungskrise aus. Zahlreiche Staaten konnten ihre Schulden nicht mehr bedienen, sodass verschiedene Großbanken an den Rand des Ruins gerieten. Dennoch gab es kein dauerhaftes Zurück im internationalen Bankgeschäft. Deutsche Großbanken bauten ihr Kredit- und ihr Wertpapiergeschäft in London und New York auf. Dies zeigte sich unter anderem an den internationalen Aktiva deutscher Kreditinstitute, die von 133,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 1980 auf 494,8 Milliarden im Jahr 1990 und auf 887,1 Milliarden im Jahr 1995 anwuchsen. Ebenso wuchsen die internationalen Passiva der deutschen Kreditinstitute von 117,6 Milliarden (1980) über 149,8 Milliarden (1990) auf 859,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 1995 an. Der Provisionsüberschuss deutscher Kreditinstitute, der zu einem erheblichen Teil auf dem Wertpapiergeschäft beruhte, wuchs von 1,8 Milliarden DM im Jahr 1970 über 6,5 Milliarden DM im Jahr 1980, 18,0 Milliarden DM im Jahr 1990 auf 27,1 Milliarden DM im Jahr 1995 an.502 In London und New York trafen die deutschen Banken auf harten Wettbewerb ausländischer Banken. Gleichzeitig drängten diese nach Frankfurt. Um die Position Deutschlands als Finanzplatz zu verbessern, der das Rückgrat deutscher Banken bildete, war es notwendig, den Finanzplatz selbst zu modernisieren. Reformen waren unumgänglich, insbesondere auch im deutschen Börsenhandel. Der radikale Umbau des Londoner Börsenwesens nötigte auch Börsenakteure und Politiker in Deutschland, sich mit den Vor- und Nachteilen verschiedener Handelssysteme, mit den Erfordernissen und Folgen der ‚Computerisierung‘ und mit den zweckmäßigen Änderungen der gesetzlichen und institutionellen Rahmenbedingungen auseinan-

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derzusetzen. Dabei konnten diverse Interessenkonflikte zwischen den von Änderungen betroffenen Börsenakteuren nicht ignoriert werden.503 Auf einer Tagung 1987 präsentierten hochrangige Vertreter der deutschen Wirtschaft ihre Reformvorstellungen. Claus Köhler504, Mitglied des Direktoriums der Deutschen Bundesbank, mahnte die deutschen Börsen, wenigstens mit den großen internationalen Börsen Schritt zu halten, auch wenn sie diese nicht einholen könnten. Zwar seien 195 Aktien ausländischer Gesellschaften an der Frankfurter Börse handelbar, der Umsatz sei aber bescheiden. Auch das Emissionsvolumen am deutschen Aktienmarkt, das 1986 knapp 7 Milliarden US-Dollar erreichte, sei in den vergangenen beiden Jahren zwar gestiegen, jedoch bescheiden im Vergleich zu Frankreich mit 20 Milliarden US-Dollar und Großbritannien mit 13 Milliarden US-Dollar. Die kurze Öffnungszeit deutscher Börsen von 11.30 bis 13.30 Uhr sei im internationalen Handel nicht mehr zeitgemäß. Sie begünstige den außerbörslichen Handel, der jedoch ein bilateraler Handel sei. Die Frankfurter Börse müsse Anschluss an die großen internationalen Börsen in London, New York und Tokio gewinnen, während die Regionalbörsen ihre Position in regionalbörsenspezifischen Geschäften stärken müssten, insbesondere der Schaffung von Risikokapital für regionale mittlere Unternehmen. Wolfgang Röller505, Vorstandssprecher der Dresdner Bank, verglich den Computerhandel, so wie er an der NASDAQ (National Association of Security Dealers Automated Quotations) in den USA stattfand, mit dem nach wie vor in Deutschland verankerten Parketthandel. Er warnte vor den Gefahren des Computerhandels. So sei ein Geschäftsabschluss per Knopfdruck ein Schritt in die sprachlose Gesellschaft. Institutionelle Anleger legten Wert darauf, sich mit anderen über die Marktentwicklung zu unterhalten und nicht bloß anonym auf den Knopf zu drücken. Auch wecke die Computerbörse Zweifel an der Markttransparenz, die im deutschen System der amtlichen Kursfeststellung ein unbestrittener Vorteil sei. Zudem gebe es schwierige Fragen der Marktaufsicht bei Computerbörsen, so dass der Anlegerschutz gefährdet sei. Diese Nachteile wögen schwerer als die Vorteile des computerisierten Handels, die aus den schnelleren, weltweiten und zeitlich unbegrenzten Marktmöglichkeiten und der Vereinigung von Kommunikationsund Handelsfunktionen folgten. Unstrittig war die Computerunterstützung des Parketthandels an den verschiedenen Börsen.506 Dazu gehörten eine elektronische Weitergabe von Orders an die Kursmakler sowie eine elektronische Abwicklung der ausgeführten Orders. Auch eine Zusammenlegung der regionalen Kassenvereine, die die Wertpapierbuchungen abwickelten, wurde nicht in Frage gestellt. Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen

Als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen sprach sich Rüdiger von Rosen für einen elektronischen Informationsverbund zwischen alAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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len deutschen Börsen aus, um einen reibungslosen platzübergreifenden Handel für alle Händler zu ermöglichen.507 Gleichzeitig versuchte von Rosen, den Vorwurf zu entkräften, das deutsche Börsenwesen sei provinziell und innovationsfeindlich.508 Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, der nun die Aufgabe übertragen wurde, die Börsenreform in Deutschland voranzutreiben, war wie beschrieben bereits im November 1952 mit turnusmäßig wechselnder Federführung der acht Regionalbörsen gegründet worden.509 Als lose Vereinigung genügte die Arbeitsgemeinschaft jedoch den Interessen der acht Wertpapierbörsen zunehmend weniger. Im November 1985 schlugen daher die im Präsidium der Frankfurter Wertpapierbörse vertretenen Kreditinstitute ein Konzept zur Neustrukturierung der Arbeitsgemeinschaft vor. Mit Wirkung vom 1. Juli 1986 schlossen sich darauf hin die acht deutschen Wertpapierbörsen „zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland und der Leistungsfähigkeit der deutschen Börsen“ zu einer neuen, reformierten Arbeitsgemeinschaft zusammen.510 Als Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft wurden insbesondere herausgestellt: • die Interessenvertretung der deutschen Börsen gegenüber in- und ausländischen Stellen, die Behandlung überregionaler und internationaler Fragen des Börsenhandels sowie die überregionale Öffentlichkeitsarbeit der Börsen, • die Veröffentlichung der Börsen-Gesamtumsätze und die Ausarbeitung von Informationsschriften, • schließlich die Lösung überregionaler organisatorisch-technischer Probleme der deutschen Börsen, z. B. der Auf bau eines Informationsverbundes bzw. eines vernetzten Handelssystems. Innerhalb eines Jahres entwickelte die Arbeitsgemeinschaft eine einheitliche Stimme der Börsen gegenüber dem In- und Ausland, ab Februar 1987 eine monatliche Gesamtstatistik. Im April 1987 erschien ein erster gemeinsamer Jahresbericht. Die Arbeitsgemeinschaft hatte die schwierige Aufgabe, die deutschen Börsen zur Stärkung des ‚Finanzplatzes Deutschland‘ zu einem einheitlichen Börsenmarkt zusammenzubringen.511 Getrieben wurden die Bestrebungen insbesondere von den drei privaten Großbanken mit Sitz in Frankfurt. Sie nutzten für ihr Wertpapiergeschäft vor allem die Frankfurter Börse, die sie weiter stärken wollten. Dies schlug sich auch in der Zusammensetzung der Gremien der Arbeitsgemeinschaft nieder. In der Mitgliederversammlung waren die Stimmrechte der Börsen gemäß den Umsatzanteilen verteilt: Frankfurt verfügte über 50 Stimmrechte, Düsseldorf besaß 30, München sieben, Hamburg fünf, Berlin und Stuttgart je drei, Bremen und Hannover je ein Stimmrecht. Der einflussreiche Fachherrenbeirat der Arbeitsgemeinschaft setzte sich nur aus Bankenvertretern zusammen, davon drei aus Frankfurt, zwei aus Düsseldorf und drei von den übrigen sechs

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Börsen. In beiden Gremien waren Beschlüsse mit Dreiviertelmehrheit zu fassen, so dass ohne Frankfurt und Düsseldorf nichts lief. 512 Es überrascht wenig, dass die Arbeitsgemeinschaft vor allem die Frankfurter Börse stärkte, u. a. durch die Zusammenlegung der Börsenrechenzentren aus Frankfurt und Düsseldorf in Frankfurt und durch die Computerisierung über IBIS durch die Frankfurter Börse. Daher war es nur folgerichtig, dass sich später, bald nach der Gründung der Frankfurter Wertpapierbörse AG im Jahr 1990, die Arbeitsgemeinschaft auflöste. Mit der Neuformierung der Arbeitsgemeinschaft war das Startsignal gegeben, durch umfassende Reformen die deutschen Börsen zu effizienten und weltweit konkurrenzfähigen Institutionen des Kapitalmarktes zu entwickeln. Die Einigung auf ein Reformkonzept erwies sich indessen als schwierig, weil es zwischen den Akteuren massive Interessenkonflikte gab (s. Karikatur S. T8).513 Während die Vertreter der Großbanken sich einig waren, dass eine Reform des deutschen Börsenwesens notwendig war, um nicht immer mehr Geschäft an andere Börsen wie London zu verlieren, gingen die Vorstellungen um die ‚richtige‘ Reform weit auseinander. Rolf E. Breuer plädierte für eine vollcomputerisierte Börse. Im April 1987 lud er zu einem Treffen ein mit dem Ziel, die Pläne des von ihm geleiteten Arbeitsausschusses bei der Frankfurter Wertpapierbörse zum „Aufbau eines international wettbewerbsfähigen deutschen Wertpapier-Terminhandels in Optionen und Futures“ vorzustellen.514 Piet-Jochen Etzel von der Dresdner Bank konnte sich zwar mit einer computergestützten Börse anfreunden, nicht aber mit einer vollcomputerisierten.515 Auch hinsichtlich der ‚richtigen‘ Börsenzeit war man zerstritten. Die Privatbankiers durften in Frankfurt zwar die Börsenpräsidenten stellen, aber das Londoner Beispiel zeigte, dass sie bei einer weitgehenden Computerisierung durch Großbanken und große Wertpapierhäuser verdrängt würden. Die Regionalbörsen fürchteten, dass ihr Geschäft an die Computerbörse abwandern würde. Integrierte man diese in die Frankfurter Wertpapierbörse, so würde diese zum großen Gewinner zulasten der Regionalbörsen werden. Schließlich fürchteten die Makler um ihre Existenz in einer vollcomputerisierten Börse. Angesichts dieser massiven Interessenkonflikte war der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen eine kaum lösbare Reformaufgabe gestellt. In einem Memorandum, das am 18. September 1987 dem Bundeskanzleramt zuging, unterbreitete die Arbeitsgemeinschaft diverse Vorschläge für eine Börsenreform.516 Auch die vorherigen internen Arbeitspapiere sowie Unterlagen zu Beratungen der Arbeitsgemeinschaft spiegeln die Ausrichtung der Reformüberlegungen wider. Um die Einrichtung einer Terminbörse voranzutreiben, sollte der Termin- und Differenzeinwand neu geregelt werden. Grundsätzlich zog man eine öffentlich-rechtliche Börse vor, weil eine privatrechtliche Börse den Ruf nach einer staatlichen Börsenaufsicht verschärfen würde. In der Arbeitsgemeinschaft lautete die Devise: „So wenig Aufsicht wie möglich“.517 Man sah auch mit Blick Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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auf einen zukünftigen Computerhandel keine Veranlassung, die Autonomie der Börsen infrage zu stellen. Ein platzübergreifendes Skontro, also ein über alle deutschen Börsen gemeinsam geführtes Orderbuch, sei als Grundlage für die Kursfeststellung abzulehnen. Eine Einheitsbörse sei nicht erwünscht, stattdessen solle es einen Informationsverbund zwischen den acht deutschen Börsen geben. Die Folgen des Big Bang seien eine Warnung. Dadurch habe sich der Handel von der Börse zu den Handelsbüros verlagert, und es sei ein Erosionsprozess der Börsen verursacht worden. Märkte, die sich am schnellsten öffneten, verlören ihre Eigenständigkeit. Es fand sich ferner der Hinweis, die Börsenumsatzsteuer sei abzuschaffen und der Mindestnennwert von Aktien herunterzusetzen. Die Makleraufsicht müsse intensiviert werden, auch bezüglich ihrer außerbörslichen Geschäfte. Der Börsenvorstand solle auch die Aufsicht über die Freiverkehrsmakler ausüben. Das Memorandum listete unter den „flankierenden Maßnahmen“ die Beteiligung von Investment- und Versicherungsgesellschaften an Börsengeschäften, die Abschaffung des Nennwerts von Aktien, die Förderung des Aktiensparens und die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer auf. Auf die beiden zentralen Fragen, die von der ‚Computerisierung‘ beeinflusste Handelsstruktur sowie den zukünftigen Auf bau der deutschen Börsenorganisation, ging die Denkschrift allerdings nicht weiter ein. Das Bundesfinanzministerium kommentierte das Memorandum mit den Worten, es beschränke sich auf „allgemeine Ausführungen“. Auch seien die noch zu klärenden börsengesetzlichen Fragen außerordentlich komplex.518 Vor dem Hintergrund der auf Bewahrung der bestehenden Strukturen bedachten Börsengeschäftsführer betonte Rüdiger von Rosen in einem Vortrag beim Arbeitskreis der Länder für Börsen- und Wertpapierfragen Ende Oktober 1987, dass „Basis aller Reformen“ die klassische Parkettbörse sein müsse und zwar „unter Beachtung der Struktur des föderalen Börsenwesens“ und dass ein „echter Handelsverbund mit platzübergreifendem Skontro und bundeseinheitlichem Kassakurs“ verfrüht wäre.519 Der Fachherrenbeirat der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen diskutierte im August 1987 die computerisierte Gestaltung des außerbörslichen Handels unter Einschluss der acht Börsen.520 Sofern die Makler dabei eingebunden würden, sei ihr Eigengeschäft, also ihr Geschäft auf eigene Rechnung, in Frage zu stellen. Während der Börsenzeit solle kein Bildschirmhandel stattfinden, denn die Parkettbörse biete den Instituten einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Allerdings müsse der Parketthandel mit dem außerbörslichen Handel kombiniert werden. Kontroverse Vorschläge anderer Gremien

Erheblich radikalere Vorschläge als die Arbeitsgemeinschaft äußerte am 15. Oktober 1987 die beim Bundesministerium der Finanzen angesiedelte Börsensachverständigenkommission.521 Sie wies darauf hin, dass ein bundesweit organisierter Markt eine erheblich größere nationale und internationale Akzeptanz erwarten könne. Als Ergänzung des be164

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stehenden Systems schlug sie eine überregionale Börse (Bundesbörse) mit privater Trägerschaft vor, die einen platzübergreifenden, zeitungebundenen, ständigen Handel mit sofortigem Geschäftsabschluss ermögliche. Die Kommission verkannte nicht die gravierenden Wirkungen für die Regionalbörsen. Sie mahnte die elektronische Modernisierung des Parketthandels an, um die Transparenz und die Transaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen und die Transaktionskosten zu senken. Der Vorstand der Frankfurter Wertpapierbörse lehnte den Vorschlag einer Bundesbörse Ende Oktober einhellig ab.522 Sein Hauptaugenmerk galt der Weiterentwicklung der eigenen Kernbörse, für die man weiterhin auf das Parkett mit Auktionsprinzip und einen stärkeren Einsatz von Computern setzen wollte. Im Januar 1990 stellte die Börsensachverständigenkommission523 fest, dass der internationale Handel die Volatilität an den Börsen und damit den Hedging-Bedarf der Anleger und sonstigen Händler verstärke. Ziel der Börsen in Paris, London, Amsterdam und Zürich sei es, die Dienstleistungsqualität mit elektronischen Systemen zu verbessern. Begrüßt wurde die geplante Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, die 1988 (nach einem Kampf zwischen den Rechenzentren der Börsen in Düsseldorf und Frankfurt um das bessere System) erfolgte Verschmelzung beider Rechenzentren zur DWZ (Deutsche Wertpapierzentrale) sowie die im Dezember 1989 vollzogene Verschmelzung der sechs deutschen Kassenvereine zum Deutschen Kassenverein. Um Geschäfte von deutschen Kunden an ausländischen Börsen abwickeln zu können, war bereits 1970 der Deutsche Auslandskassenverein gegründet worden.524 Dieser fusionierte im Jahr 1996 mit dem Deutschen Kassenverein, ab 1997 firmierte dieses Unternehmen unter Deutsche Börse Clearing AG. Das seit 1989 zwischen den Banken bestehende Informationssystem zum außerbörslichen Handel IBIS solle, so die Börsensachverständigenkommission, zu einem neu zu schaffenden bundesweiten elektronischen Handelssystem EHS ohne Nachteile für Regionalbörsen ausgebaut werden. Es solle in die Frankfurter Börse integriert werden, um jederzeit den Aktienkursindex DAX berechnen zu können. Man beabsichtigte, mit moderner EDV und einem alle Plätze verbindenden elektronischen Orderrouting das Mengengeschäft an die Frankfurter Börse zu leiten und umsatzstarke Papiere (Aktien und Renten) nur noch in Frankfurt zu notieren. Das Maklerskontro solle maschinell geführt werden, damit könnten auch Ausführungsbestätigungen sofort an die Kreditinstitute weitergeleitet werden. Die Regionalbörsen, so das Konzept der Börsensachverständigenkommission, sollten sich auf regionale, ausländische und Spezialpapiere spezialisieren, deren Orders über ein bundesweites Orderroutingsystem dorthin geleitet werden sollten. An den Regionalbörsen solle auf dem Parkett gehandelt werden. Die Makler sollten sich entscheiden, ob sie in Zukunft als Wertpapierhandelsfirma oder als Kursmakler mit Notarfunktion tätig sein wollten. Im amtlichen Handel dürften die Kursmakler nur für den Spitzenausgleich von Angebot und Nachfrage sorgen, ansonsten jedoch nicht auf eigene Rechnung hanAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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deln. Da im fortlaufenden Handel die Maklerpositionen etwa 50 Prozent des Volumens erreichten, sollten die Makler auch am außerbörslichen Handel teilnehmen können. Welche Interessen sie dabei verfolgten, sei unklar. Der Handel werde durch die Maklercourtage insbesondere bei großen Orders belastet. Hier plante man eine Senkung, um mehr Orders an die Börse zurückzuholen. Ferner müsse die Zeit für den Börsenhandel in umsatzstarken Werten verlängert werden. Man stellte in der Börsensachverständigenkommission in Frage, ob die öffentlichrechtliche Organisation von Börsen den heutigen Managementerfordernissen noch gerecht würde, und riet zur Überführung in eine privatwirtschaftliche Rechtsform. Die Börsenaufsicht solle entsprechend dem Vorbild anderer Länder zentralisiert werden. Auch das Bundesministerium der Finanzen beteiligte sich an der Diskussion der Börsenreform. So bemängelte Ministerialdirigent Dr. Dieter Gamerdinger525 im Januar 1990, dass die Entwicklung der Börsen im Ausland dynamischer und spektakulärer sei als in Deutschland. Die Freizügigkeit des Kapitalverkehrs sei herzustellen, um die volle Integration des deutschen Finanzmarktes in den Weltfinanzmarkt zu erreichen. Die Genehmigungspflicht für die Emission deutscher Anleihen werde abgeschafft. Die dezentrale Börsenstruktur in Deutschland, die auch zu einer dezentralen Börsenaufsicht führe, stehe im Gegensatz zur Zentralisierung in anderen Ländern. Eine starke Zentralbörse sei wichtig. Nach neuem Recht dürften Kapitalanlagegesellschaften auch Aktienoptionen handeln und die Möglichkeiten flexibler Geldanlage in vorgegebenen Grenzen nutzen. Ebenfalls im Januar 1990 äußerte sich ‚Der Arbeitskreis der Länder für Börsen- und Wertpapierfragen‘.526 Der Plan der Frankfurter Wertpapierbörse, IBIS und eine Computerbörse in die Frankfurter Wertpapierbörse zu integrieren, wurde zwar vom Land Hessen befürwortet, die anderen Bundesländer waren jedoch dagegen. Einig war man sich jedoch darin, dass die Börsenzeit verlängert werden sollte und ein leistungsstarker Markt für Großorders in Standardwerten und für das Mengengeschäft notwendig sei. Dazu sei eine elektronische Lösung am besten geeignet. Zunächst könnten Parkett- und Computerbörse parallel arbeiten und miteinander konkurrieren, wobei beide elektronisch verknüpft werden sollten.

III. Börsenreform-Modelle im Widerstreit von Interessen 1. Interessen der Akteure

Um die Reformdiskussion und die dann tatsächlich umgesetzten Reformen zu verstehen, ist es zweckmäßig, die verschiedenen Modelle, die für die Gestaltung des Börsenhandels infrage kommen, und die damit verbundenen Interessenkonflikte zwischen den diversen Akteuren zu erörtern. 166

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Die Europäische Kommission wollte einen international wettbewerbsfähigen europäischen Kapitalmarkt auf bauen und gleichzeitig die Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Gemeinschaft sichern. Dies geschah sowohl im Interesse der europäischen Börsen als auch, um die Anlagemöglichkeiten für Privathaushalte wie auch die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen zu verbessern. Die deutsche Politik verfolgte ähnliche Interessen, jedoch stärker auf Deutschland gerichtet. Die Interessen der einzelnen Bundesländer kollidierten in der Frage einer Zentralisierung des Handels auf die Frankfurter Börse. Mit Ausnahme des Landes Hessen wollten sie naturgemäß die Existenz ihrer Regionalbörsen sichern. Unter den privaten Akteuren waren die Interessenkonflikte schärfer, wie bereits erläutert. Ob die Kreditinstitute an besseren Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen über die Börsen interessiert waren, sei dahingestellt. Denn die Fremdfinanzierung über die Börse konnte als Konkurrenz zur Kreditfinanzierung von Banken angesehen werden. Andererseits verdienten größere Kreditinstitute an der Emission von Wertpapieren und schließlich trug die Möglichkeit der Finanzierung über die Börse dazu bei, Bankschulden börsenfähiger Unternehmen, die den Kreditinstituten nicht mehr attraktiv erschienen, abzulösen. Solche Geschäfte waren kleineren Kreditinstituten zumeist versagt. Ebenso waren es vor allem die größeren Kreditinstitute, die einen direkten Zugang zur Börse hatten und dort sowohl für ihre Kunden als auch auf eigene Rechnung handelten. Dies war ein lukratives Geschäft. Abgesehen von einigen Frankfurter Privatbanken lohnte sich die Präsenz an der Börse für kleinere Institute kaum mehr. Die an der Börse aktiven Kreditinstitute waren bestrebt, ihre diesbezüglichen Einkünfte zu sichern. Dies konnte in einer Zeit des zunehmenden internationalen Wettbewerbs nur gelingen, wenn die deutschen Börsen ebenso attraktive Handelsbedingungen boten wie ausländische Börsen. Die Transaktionskosten des Handels mussten auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt, der Anlegerschutz angehoben werden. Dies hatte positive wie negative Effekte für die Erträge der an der Börse aktiven Kreditinstitute. Besonders gefährdet waren die Makler. Die Courtage der deutschen Kursmakler von 0,8 Promille war nur noch mit Mühe am Markt durchsetzbar. Institutionelle Händler zogen es vor, außerbörslich zu handeln und damit die im Börsenhandel anfallenden Gebühren zu vermeiden. Noch gefährlicher war jedoch die Elektronisierung des Handels. Mit dem Big Bang war der Präsenzhandel an der Londoner Börse weitgehend verschwunden. Makler waren damit überflüssig. Lediglich in illiquiden Wertpapieren war die Gefahr geringer, dass der Handel elektronisiert und der Parketthandel verdrängt würde. Gleichzeitig hatte der Big Bang gezeigt, dass große ausländische Institute die kleineren lokalen Händler verdrängten. Daher mussten sich die Makler wie auch die übrigen lokalen Händler um ihre Existenz sorgen. Eine Senkung der Transaktionskosten des Börsenhandels kam unmittelbar den Anlegern zugute. Ebenso begrüßten sie die Verschärfung des Anlegerschutzes. Denn ein ausAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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geprägter Anlegerschutz beschnitt mögliche Erträge der an der Börse aktiven Händler aus Insiderhandel, Kursschnitt und Frontrunning. Die zahlreichen Gestaltungsfragen, die eine Börsenreform aufwarf, werden im folgenden Abschnitt skizziert. Sie sind ebenso in der Gegenwart relevant.

2. Gestaltungsformen von Börsen und Interessenkonflikte Parkettbörse und elektronisierte Börse

Eine Börse kann als Parkettbörse (= Präsenzbörse) oder als elektronische Börse (mit unterschiedlichen Graden der Elektronisierung) konzipiert werden, sie kann nach dem Auktionsprinzip oder nach dem Marktmacherprinzip arbeiten. Sie kann bestimmten Gruppen von Akteuren an oder außerhalb der Börse mehr oder weniger Informationsprivilegien einräumen oder aber sie kann alle relevanten Informationen über das Handelsgeschehen ‚realtime‘, also unverzüglich, an die Öffentlichkeit geben. Diese drei Dimensionen der Gestaltung des Börsenhandels sind gemeinsam zu betrachten. Sie bestimmen, inwieweit den unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Börsenakteure Rechnung getragen wird. Im traditionellen Parketthandel, der als Ausgangsbasis der in den 1980er-Jahren eintretenden Änderungen einleitend oben beschrieben wurde, beansprucht jeder Schritt Arbeitskraft und verursacht dadurch substanzielle Transaktionskosten. Es liegt daher nahe, diese Schritte durch Elektronik zu automatisieren. Die elektronische Weitergabe einer Order an den Angestellten eines Kreditinstituts auf dem Parkett ist unproblematisch und reduziert auch die Gefahr von Übermittlungsfehlern. Ebenso ist die Rückinformation des Angestellten an sein Haus über eine ausgeführte Order per Computer leichter und mit weniger Fehlern zu bewerkstelligen. Auch die Elektronisierung der Abwicklung von Orders spart menschliche Arbeit und beschleunigt die Abwicklung. Andere Elektronisierungsschritte können indessen Konflikte auslösen, auf die später eingegangen wird. Auktionsprinzip und Marktmacherprinzip

Beim Handel nach dem Auktionsprinzip werden die an der Börse eingehenden Orders gesammelt und dann in einer Auktion zusammengeführt.527 Der Ausführungskurs wird so ermittelt, dass verschiedene Bedingungen für ein Marktgleichgewicht erfüllt werden: Alle unlimitierten Orders sind vollständig auszuführen, ebenso alle limitierten Kauforders sowie alle limitierten Verkaufsorders, deren Kurslimit nicht unter bzw. über dem Ausführungskurs liegt. Bei diesem Ausführungskurs wird die Stückzahl der umgesetzten Papiere maximiert. Der Makler kann den Ausführungskurs nur ermitteln, wenn limitierte Kauf- und Verkaufsorders vorliegen. Bei liquiden Wertpapieren, also Papieren mit einem hohen 168

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Handelsvolumen, gehen solche Orders relativ schnell in größerer Zahl ein, so dass der Makler häufig in einer Auktion einen variablen Kurs feststellt und die Orders ausführt. Bei weniger liquiden Wertpapieren stellt er indessen neben dem einmal am Tag festgestellten Einheitskurs nur sehr sporadisch einen variablen Kurs fest. Dementsprechend kann es länger dauern, bis eine Order ausgeführt wird. Diesen Nachteil vermeidet das Marktmacherprinzip, das vor allem an der NASDAQ in den USA und an der London Stock Exchange praktiziert wird. Kern des Marktmacherprinzips ist es, die jederzeitige Ausführbarkeit einer Order während der Börsenzeit zu gewährleisten. Dies erfordert bei Eingang einer Order die sofortige Sicherstellung einer Gegenpartei. Dazu bestellt die Börse Marktmacher. Wenn ein Anleger eine Kauforder erteilt, gewährleistet der Marktmacher eine rasche Erfüllung, indem er sich bereithält, die gewünschten Wertpapiere auf eigene Rechnung zum von ihm gestellten Brief kurs zu verkaufen, auch wenn er sie gar nicht besitzt. Umgekehrt muss er bei Eingang einer Verkaufsorder bereit sein, die Papiere auf eigene Rechnung zum von ihm gestellten Geldkurs zu kaufen. Wenn eine Order bei den gegebenen Geld- und Brief kursen ausgeführt werden kann, so kommt es zum Matching: Eine Kauforder wird zum Brief kurs, eine Verkaufsorder zum Geldkurs abgerechnet. Der Geld- bzw. der Brief kurs wird damit zum Ausführungskurs. Üblicherweise ist der Marktmacher verpflichtet, jederzeit Geld- und Brief kurse für eine bestimmte maximale Stückzahl von Papieren zu stellen. Für diese Verpflichtung räumt ihm die Börse Vergünstigungen bei den Transaktionskosten ein. Auch ist er der Einzige, der den Ordereingang kennt. Somit hat er einen Informationsvorsprung bezüglich der Marktlage des Papiers. Da er aber mit der Ausführung der Order ein Kursrisiko übernimmt, benötigt er als Anreiz eine Belohnung. Diese zeigt sich in der Differenz von höherem Brief- und niedrigerem Geldkurs, also in der Geld-Brief Spanne. Der Marktmacher übernimmt mit dem Handel einerseits das Risiko, dass sein Transaktionspartner besser über den Finanztitel informiert ist und er mit ihm zu einem fundamental nicht mehr gerechtfertigten Kurs handelt, und andererseits das Bestandshalterisiko. Wenn der Marktmacher eine Wertpapierposition übernimmt, so benötigt er im Allgemeinen eine Zeitspanne, bis er diese Position wieder glattstellen kann. In dieser Zeitspanne kann sich der Kurs zu seinen Ungunsten verändern, so dass er bei Glattstellung einen Verlust erleidet. Für die Übernahme beider Risiken verlangt der Marktmacher eine Vergütung, ebenso auch für die mit dem Handel verbundenen eigenen Transaktionskosten. Je größer diese Risiken und die Transaktionskosten sind, umso größer ist die Geld-Brief-Spanne.528 Nicht selten begrenzt eine Börse die Höhe der Geld-Brief-Spanne, um eine Übervorteilung der Anleger zu vermeiden. Eine implizite Schranke setzen auch der Wettbewerb anderer Marktmacher und der außerbörsliche Handel. Das Marktmacherprinzip bietet dem Anleger den Vorteil sofortiger Ausführung, sofern er eine unlimitierte Order gibt oder sofern das Kurslimit seiner Kauforder nicht unAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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ter dem Brief kurs bzw. das Kurslimit seiner Verkaufsorder nicht über dem Geldkurs des Marktmachers liegt. Übersteigt die georderte Stückzahl der Papiere die Stückzahl, für die der Makler eine Ausführung zugesagt hat, so wird nur die kleinere Stückzahl ausgeführt. Auktions- und Marktmacherprinzip können sowohl an einer Parkettbörse als auch an einer elektronischen Börse zum Einsatz kommen.529 An der Parkettbörse mit Auktionsprinzip errechnet ein Kursmakler anhand des Skontros den Ausführungskurs nach dem Meistausführungsprinzip, an der voll elektronischen Börse werden die Orders direkt in das elektronische Skontro geleitet und der Computer errechnet den Ausführungskurs, sofern genügend passende Kauf- und Verkaufsorders vorliegen. An der Parkettbörse mit Marktmacherprinzip stellt der Marktmacher Geld- und Briefkurse. Wenn eine Kauf- oder Verkaufsorder eingeht, die zum Brief- bzw. Geldkurs ausgeführt werden kann, dann führt der Marktmacher die Order sofort aus. Andernfalls stellt er sie in sein Orderbuch ein. Im elektronischen Handel mit Marktmacherprinzip stellt der Marktmacher seine Geld- und Brief kurse in das elektronische System ein. Geht eine Order ein, so prüft der Computer, ob sie bei dem Geld- bzw. Brief kurs ausgeführt werden kann. Wenn ja, dann errechnet der Computer den Ausführungskurs, die Order wird sofort ausgeführt. Ansonsten verbleibt die Order im Orderbuch. Informationsprivilegien

Ein Kreditinstitut, ein Makler, ein Marktmacher oder ein sonstiger Händler wird sich im Börsenhandel nur engagieren, wenn es ihm wirtschaftlichen Erfolg verspricht. Diesen kann ein Akteur erzielen, wenn er für seine Tätigkeit eine Provision/Courtage bekommt und/oder ihm Privilegien von der Börse eingeräumt werden, seien es besonders niedrige Gebühren oder Informationsprivilegien. Ein Informationsprivileg besteht dann, wenn ein Akteur eine Information schneller bekommt als andere. Hier geht es nicht um unternehmensbezogene Informationen, wie sie typischerweise im Insiderhandel (vgl. unten) genutzt werden können, sondern um Informationen, die sich auf das Handelsgeschehen an Börsen beziehen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Informationen, deren Ausnutzung als legitim betrachtet wird, und anderen, für die das nicht zutrifft. Wenn z. B. ein Händler eine Aktie an zwei verschiedenen Börsen handeln kann und erfährt, dass die Aktie an der einen Börse zu einem höheren Kurs gehandelt wird, dann kann er diese Information zu einer Arbitrage nutzen, d. h., er kauft die Aktie an der Börse, an der sie billiger ist, und verkauft sie gleichzeitig an der Börse, an der sie teurer ist. Solche Arbitragetransaktionen sind willkommen, da sie Preisunterschiede zwischen Börsen eindämmen. Ebenso können Börsen oder Nachrichtendienste Informationen über den Börsenhandel gegen Entgelt vermarkten und damit Informationen anderen Anlegern und Börsenhändlern zugänglich machen. Auch dies ist legitim, solange dadurch Informationsunterschiede abgebaut werden. Anders verhält es sich bei Informationen, die ein Akteur an der

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Börse nutzt, um sich zulasten anderer Händler oder Anleger zu bereichern. So kann er einen Informationsvorsprung für Frontrunning nutzen. ‚Frontrunning‘ bedeutet, dass ein vom Anleger beauftragtes Kreditinstitut eine Kaufoder Verkaufsorder nicht sofort an die Börse weiterleitet, sondern das georderte Wertpapier zuerst auf eigene Rechnung kauft oder verkauft und erst danach die Kundenorder weitergibt. Die Ausführung der Kundenorder erhöht oder senkt den Kurs nochmals. Die Kundenorder wird dadurch zu einem für den Kunden ungünstigeren Kurs abgerechnet. Das Kreditinstitut verkauft oder kauft sodann die zuvor auf eigene Rechnung gekauften bzw. verkauften Papiere zu einem erhöhten oder niedrigeren Kurs und erzielt so einen risikoarmen Gewinn zulasten seines Kunden und Dritter. Ebenso kann ein Bankmitarbeiter, der eine Kundenorder entgegennimmt, auf eigene Rechnung Frontrunning betreiben. Ein automatischer, sofortiger Ordertransfer schließt dieses Frontrunning aus und schützt insoweit den Kunden. Noch ausgeprägter sind die Möglichkeiten für Frontrunning, wenn eine größere Kundenorder eingeht, die in kleineren Tranchen sequenziell an den Makler weitergegeben wird. Dann ist mit sukzessiv steigenden bzw. fallenden Kursen zu rechnen, die die Gewinne aus dem Frontrunning erhöhen. Auch können sich Bankmitarbeiter und andere Händler vorab die Information über eine größere Anlegerorder zuspielen und damit gemeinsam agieren und sich Frontrunning-Gewinne zu Lasten des Kunden sichern. Der Makler hat einen Informationsvorsprung, wenn er allein das Orderbuch kennt. Wenn er z. B. sieht, dass die Kauforders die Verkaufsorders deutlich übersteigen, dann deutet dies auf einen vorübergehenden Kursanstieg hin. Der Makler kann dann selbst eine Verkaufsorder in das Orderbuch eingeben und zum erhöhten Kurs verkaufen. Auch gewinnt der Makler einen Informationsvorsprung, wenn ein Handelsteilnehmer ihm eine Order übermittelt mit der Bitte, diese interessewahrend auszuführen. Hierbei handelt es sich oft um eine größere Order. Würde die gesamte Order sofort ins Orderbuch eingestellt, so käme es zu einer starken Kursänderung. Interessewahrend heißt, dass der Makler diese Order in mehrere kleinere Orders aufteilen und diese sequenziell in das Orderbuch einstellen kann. Dadurch wird die Kursänderung geglättet. Aber ein allmählicher Kursanstieg oder Kursabfall ist voraussehbar. Diese Kurserwartung erlaubt es dem Makler, Frontrunning zu betreiben. Umgekehrt kann er eigene Bestände des Papiers, die er veräußern möchte, erst spät zum gestiegenen Kurs veräußern, wenn der Handelsteilnehmer interessewahrend kaufen möchte. Die angeführten Beispiele zeigen, dass der Abwicklungsprozess von Orders einigen Börsenteilnehmern einen Informationsvorsprung einräumen kann, den sie zu ihrem Vorteil nutzen können. Der automatische, elektronische Transfer einer Order an die Börse schränkt diese Informationsvorsprünge ein. Ebenso wird das Informationsprivileg des Maklers, das aus seiner privilegierten Einsicht in das Orderbuch resultiert, aufgeweicht, Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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wenn die Orderbuch-Einsicht auch anderen gewährt wird. Im elektronischen Handel, der ohne Makler abgewickelt wird, entfällt dieses Maklerprivileg. Ein Informationsvorteil des Parketts besteht auch für die auf dem Parkett präsenten Händler, die für eigene Rechnung Wertpapiere im raschen Rhythmus kaufen und verkaufen. Für sie ist es unerlässlich, die aktuelle Marktsituation und ihre Änderungen abzuschätzen, um dementsprechend ihre Orders zu platzieren. Akteure auf dem Parkett und Teilnehmer eines elektronischen Informationssystems genießen einen Informationsvorteil, der umso größer ist, je weniger und je langsamer Informationen über den Handel nach außen kommuniziert werden. So kann sich die Information auf Ausführungskurse beschränken, sie kann aber auch Handelsumsätze und Informationen über das Orderbuch einschließen. Je weniger Akteuren die Einsicht in das Orderbuch vorbehalten ist, desto wertvoller sind deren Informationspriviliegien. Jede Börse hat es in der Hand, durch ihre Informationspolitik den Informationsvorteil der Parkettangehörigen gegenüber Außenstehenden zu gestalten. Je größer der Vorteil ist, desto mehr profitieren die an der Börse vertretenen Kreditinstitute und Händler. Dieser Vorteil geht zu Lasten der übrigen Händler und Anleger. Solange Außenstehende ihre Interessen in der Geschäftsführung der Börse nicht zur Geltung bringen können und der Wettbewerb zu anderen Börsen wie auch zum außerbörslichen Handel schwach ist, können die an der Börse Tätigen versuchen, ihre Gewinne aus dem Informationsvorteil des Parketts zu ‚monopolisieren‘. Da Börsen häufig ihre Daten an professionelle Nachrichtendienste verkaufen, können sie die Kommunikationsgeschwindigkeit für verschiedene Dienste staffeln. Für höhere Gebühren können sie eine schnellere Information zusichern. Die Informationsprivilegien verschwinden, wenn das Handelsgeschehen ‚realtime‘, also unverzüglich, kommuniziert wird. Dies ist nur in einem voll elektronischen Handelssystem möglich. Kurse und Transaktionsvolumina werden dann sofort weltweit kommuniziert, auch die Einsicht in das Orderbuch kann vollständig ‚realtime‘ freigegeben werden. Dies ist für den Anleger einerseits ein Vorteil, weil er dann keine Handelsgewinne von Privilegierten zu seinen Lasten befürchten muss. Andererseits kann dadurch die Liquidität des Handels zum Nachteil des Anlegers leiden. Fairness und Transparenz des Handels

Der Anleger stellt sich die Frage, welches Handelssystem am ehesten einen fairen und transparenten Handel sichert. Besonders schwerwiegend wird die Fairness des Handels durch Frontrunning beeinträchtigt. Frontrunning galt lange Zeit nicht als illegitim oder Unrecht. Erst allmählich wurde es gesetzlich eingeschränkt (siehe Kapitel VI.2). Auch wenn dann die Handelsüberwachung der Börse bestrebt war, Fehlverhalten einzudämmen, so war es oft schwer nachzuweisen. Mit der elektronischen Aufzeichnung aller Handelstransaktionen wurde die Handelsüberwachung aber erleichtert. Seitdem gelingt 172

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es eher, missbräuchliches Verhalten aufzudecken und die Auftraggeber zur Rechenschaft zu ziehen. Auf diese Weise können Gewinne aus Frontrunning eingeschränkt werden. Sichert das Auktionsprinzip einen fairen und transparenten Handel? Ein Vorteil des amtlichen Handels auf dem deutschen Parkett mit Auktionsprinzip war die Kursfeststellung durch einen amtlichen Kursmakler. Für den Anleger, der nicht kurzfristig handelt, war es wichtig zu wissen, dass er zu einem fairen Kurs handeln kann. Wenn er seine Order nicht zum variablen Handel zuließ, wurde sie zum Einheitskurs abgerechnet, der einmal am Tag um die Mittagszeit festgestellt wurde. Zu dieser Auktion wurden alle zum Einheitskurs auszuführenden Orders und die nach der letzten variablen Notiz eingegangenen Orders zusammengeführt; so dass eine vergleichsweise große Markttiefe erreicht wurde. Der festgestellte Einheitskurs spiegelte die Marktlage zum Zeitpunkt der Kursfeststellung umso besser wider, je mehr sich der Makler mit eigenen Orders zurückhielt. Trotz geringer Transparenz des traditionellen Parketthandels war insoweit der Anlegerschutz effektiv. Die Limitierung des Kurses erlaubte dem Anleger zudem, die Ausführung seiner Order bei unerwünschten Kursentwicklungen zu verhindern. Um einen fairen Kurs zu gewährleisten, sollte der Makler auf eigene Rechnung nur geringe Differenzen zwischen Angebot und Nachfrage, sogenannte Spitzen, ausgleichen.530 Wie in Kapitel XI.1 beschrieben, wünschten insbesondere die deutschen Kreditinstitute, dass der Makler nur einen Spitzenausgleich vornahm, obgleich das Börsengesetz dies nicht vorschrieb. Wenn die Handelsaufsicht der Börse dies großzügig handhabte, konnte der Makler seinen Informationsvorteil aus der Orderbuch-Einsicht ergiebig zu seinem Vorteil nutzen und damit die Fairness des Handels beschädigen. Anderen Parkettangehörigen war an deutschen Börsen die Orderbuch-Einsicht durch physische Schranken zwischen ihnen und dem Makler verwehrt. Für den größeren Anleger, der die jeweilige Marktsituation nutzen wollte, bot sich die Ausführung seiner Order im variablen Handel an. Diese Ausführung konnte aber nur dann erfolgen, wenn es genügend passende Orders gab oder der Makler durch Handel auf eigene Rechnung die Gegenposition übernahm. Im ersten Fall war die Fairness des Handels eher als im zweiten gesichert. Wenn der Makler bei Eingang einer Order sogleich die Gegenposition auf eigene Rechnung übernahm, dann wurde das Auktionsprinzip durch das Marktmacherprinzip ersetzt. Wurde ein variabler Kurs nur sporadisch festgestellt, dann wurde es für größere Anleger schwieriger, wechselnde Marktsituationen effektiv zu nutzen. Der Schutz des Anlegers vor unfairem Handel war in weniger regulierten Marktsegmenten schwächer. Dies erlaubte den an der Börse tätigen Händlern, höhere Gewinne zu erzielen, und konnte sie daher zu mehr Handel motivieren, so dass die Liquidität des Handels zunahm. Eine erhöhte Liquidität kam wiederum allen Anlegern zugute.

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Den auf dem Parkett Tätigen bot das Parkett die Möglichkeit, sich mit anderen über die Marktlage auszutauschen. Damit konnten neue Informationen schneller kommuniziert werden. Das konnte zu einer schnelleren Kursanpassung führen und damit die Fairness des Handels verbessern. Es war indessen auch vorstellbar, dass ein Händler bewusst seine eigene Einschätzung falsch kommunizierte, um daraus einen Handelsvorteil zu erzielen. Aber die Erfahrung zeigt, dass Vertrauen zwischen den Parkettanwesenden ein wichtiges Element war. So bestand Konsens, dass man ehrlich miteinander umgehen und keine Fehlinformationen kommunizieren sollte. Daher verwundert es nicht, wenn in den 1980er- und 1990er-Jahren des letzten Jahrhunderts zahlreiche Experten für das Auktionsprinzip an der Präsenzbörse plädierten. Dies erklärt das ‚menschliche Element‘ des Parketts, das von vielen Beobachtern positiv hervorgehoben wurde. In diesem Sinn äußerte Michael Hauck, seit Anfang 1986 Präsident der Frankfurter Wertpapierbörse, im Juni 1989 in seiner Abschiedsrede531, dass er sich auch in Zukunft eine Börse nur als Auktionsbörse mit genügend Raum auf dem Parkett vorstellen könne. Dabei sollten amtliche und freie Makler mitwirken. Von ähnlichen Überlegungen getrieben plante der Chicago Board of Trade CBOT noch im Jahr 1995, 170 Millionen US-Dollar in den Ausbau seiner Parkettbörse zu investieren, als diese aus allen Nähten platzte. Unabhängig vom Handelssystem kann es zu Marktmanipulationen durch Börsenakteure oder Dritte kommen, indem sie falsche Gerüchte streuen. Dies verletzt alle Fairnessgebote und ist strafrechtlich verboten. Sichert das Marktmacherprinzip einen fairen Kurs und Transparenz des Handels? Dieses Prinzip ist auch heute noch weit verbreitet. Ist der Handel eines Papiers sehr liquide, dann kann der Marktmacher eine auf eigene Rechnung übernommene Position schnell wieder glattstellen. Daher ist er tendenziell bereit, eine geringe Geld-Brief-Spanne anzubieten. Gleichzeitig pendeln die in kurzen Zeitabständen beobachteten Ausführungskurse eng um den fairen Marktkurs. Wenn dieser etwa in der Mitte der Geld-Brief-Spanne liegt, dann muss der Anleger beim Kauf etwa die halbe Geld-Brief-Spanne zusätzlich zahlen bzw. beim Verkauf einen Kursabschlag in Höhe der halben Geld-Brief-Spanne in Kauf nehmen. Beim Auktionsprinzip entfällt die Geld-Brief-Spanne, an ihre Stelle kann eine Maklercourtage oder Transaktionsgebühr treten. Bei illiquiden Papieren erzeugt das Marktmacherprinzip eine relativ hohe Geld-BriefSpanne, weil der Marktmacher mit der voraussichtlich längeren Zeitspanne bis zur Glattstellung seiner Position ein hohes Risiko übernimmt. Hat der Marktmacher indessen bereits eine eigene Position im von ihm betreuten Papier, dann kann er seine Geld-BriefSpanne anpassen, um von dieser Position wieder herunter zu kommen. Bei einer longPosition besitzt der Marktmacher positive Bestände des Papiers, bei einer short-Position hat er diese Papiere leer verkauft, also verkauft, ohne sie zu besitzen. Bei einer hohen long- oder short-Position kann er sein damit bestehendes Risiko abbauen, indem er ent174

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sprechende Papiere verkauft oder kauft. Daher setzt er bei einer long-Position Brief- und Geldkurs niedriger, bei einer short-Position höher an. Damit ist seine Geld-Brief-Spanne im Vergleich zum fairen Marktpreis aufgrund seiner eigenen Position verzerrt. Die Transparenz des Handels wird auch beim Marktmacherprinzip durch die Geschwindigkeit bestimmt, mit der das Handelsgeschehen veröffentlicht wird. Wie beim Auktionsprinzip können Kurse und Handelsvolumina zeitlich verzögert oder ‚realtime‘ kommuniziert werden. Wenn über ein elektronisches System beides sofort veröffentlicht wird, verbessert dies die Transparenz des Handels. Der Nachteil für den Marktmacher besteht darin, dass andere Händler dann leichter abschätzen können, ob er eine hohe long- oder short-Position in dem von ihm betreuten Papier besitzt. Wenn die Händler dies abschätzen können, erteilen sie dem Marktmacher bei einer vermuteten hohen long (bzw. short) Position zu niedrigeren (bzw. höheren) Kursen limitierte Kauforders (bzw. Verkaufsorders). Damit hoffen sie, zulasten des Marktmachers zu profitieren. Eine rasche Kommunikation des Handelsgeschehens erleichtert den übrigen Marktteilnehmern somit, die Position des Marktmachers abzuschätzen und auszunutzen. Dies ist insbesondere bei großen Orders, also beim Blockhandel, ein Problem. Daher erlaubten manche Börsen, Transaktionen im Blockhandel erst mit erheblicher Verzögerung bekanntzugeben.532 Damit schützen sie den Marktmacher, der darauf mit einer kleineren Geld-Brief-Spanne reagieren kann. Dies beeinträchtigt jedoch die Transparenz des Handels. Auch sind die Kurse, zu denen der Marktmacher dann weitere Orders ausführt, durch seine eigene Position verzerrt, was die Fairness dieser Kurse infrage stellt. Es überrascht daher nicht, dass verschiedene Marktmacher, die in demselben Papier agieren, unterschiedliche Geld-Brief-Spannen stellen. Solange Anleger diese unterschiedlichen Spannen nicht sehen, laufen sie Gefahr, zu teuer zu kaufen und zu billig zu verkaufen. Die Gefahr kann durch ein elektronisches Smart Order Routing vermindert werden, um ‚best execution‘ zu sichern. In einem solchen System werden Orders automatisch dorthin geleitet, wo sie am günstigsten für den Anleger ausgeführt werden können. ‚Best execution‘ heißt indessen nicht, dass der beste verfügbare Ausführungskurs realisiert wird. Bei der Ermittlung von ‚best execution‘ werden neben dem Ausführungskurs auch die übrigen Transaktionskosten sowie die Geschwindigkeit der Ausführung berücksichtigt. Zudem ist ‚best execution‘ auf vordefinierte Börsen beschränkt. Im heutigen Handel existieren ordergetriebenes Auktionsprinzip und Marktmacherprinzip nebeneinander. Dies erstaunt nicht, da beide ihre jeweiligen Vorteile haben. Diese Vorteile fallen unterschiedlich aus, je nachdem ob der Handel anonym über eine elektronische Börse oder ‚face to face‘ über eine Präsenzbörse abgewickelt wird.

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3. Zentralbörse versus Regionalbörsen

Neben die beschriebenen Interessenkonflikte traten die Konflikte zwischen den Börsen und der Konflikt zwischen börslichem und außerbörslichem Handel. Abgesehen vom Land Hessen befürchteten alle anderen Bundesländer mit eigener Regionalbörse, dass mit der Computerisierung des Börsenhandels die Regionalbörsen immer mehr an Bedeutung verlieren könnten, sowohl zugunsten der als Schrittmacher agierenden Frankfurter Wertpapierbörse als auch des außerbörslichen Handels. Der Big Bang hatte ähnliche Entwicklungen in Großbritannien ausgelöst. In einem vollkommenen Markt gibt es nur einen Markt für ein Wertpapier. An diesem Markt werden alle Orders konzentriert, so dass eine möglichst große Markttiefe entsteht. Diese sorgt dafür, dass der errechnete Kurs ein ‚Gleichgewichtskurs‘ ist. Marktzersplitterung und Kursunterschiede zwischen verschiedenen Märkten sind ausgeschlossen. Eine große Markttiefe erlaubt auch die Abwicklung von großen Orders, ohne dass der Kurs sich substanziell ändert. Diese Gründe dürften die Europäische Kommission dazu bewogen haben, sich für eine Zentralbörse in Europa einzusetzen. Sie könnte den großen Börsen in London, New York und Tokio Konkurrenz bieten und große internationale Anleger anziehen.533 Damit würde sie auch großen Firmen eine wertpapierbasierte Finanzierung erleichtern, da die Anleger einen potenten Sekundärmarkt wie die Börse schätzen. Auf einem unvollkommenen Markt spielen indessen Transaktions- und Informationskosten eine Rolle, so dass eine Marktaufteilung ökonomisch sinnvoll sein kann. Eine Zentralbörse, die nicht im Wettbewerb steht, könnte versuchen, viel Geld zu verdienen, indem sie den Anlegern und anderen Händlern wenig Service bietet und hohe Transaktionskosten in Rechnung stellt. Wettbewerb von Börsen ist daher in einem unvollkommenen Markt wichtig. So können sich einzelne Börsen im Wettbewerb mit unterschiedlichen Serviceangeboten um unterschiedliche Gruppen von Anlegern und Händlern bemühen. Auch kann eine Börse nach dem Auktionsprinzip arbeiten, während eine andere nach dem Marktmacherprinzip arbeitet. Die Auktionsbörse zieht tendenziell Anleger an, für die eine rasche Orderausführung nicht so wichtig ist wie ein ‚fairer‘ Kurs, im Gegensatz zur Marktmacherbörse. Auch können die Börsen unterschiedliche Informationsprivilegien anbieten. RealtimeKurse sind wichtig für Händler, die Wertpapiere kurzfristig kaufen und verkaufen, während andere auch mit verzögerter Information leben können, solange ihre Order an den Börsenplatz geleitet wird, wo sie zu den günstigsten Bedingungen ausgeführt wird.534 Die in den 1980er-Jahren bestehenden Börsenbetreiber verspürten naturgemäß wenig Neigung, ihre Rolle zu Gunsten einer elektronisierten Zentralbörse aufzugeben. Ihnen drohte aus mehreren Gründen Gefahr durch die Elektronisierung des Handels. Erstens operiert ein weitgehend elektronisches Handelssystem im Wesentlichen mit fixen Kos176

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ten und mit sehr niedrigen Grenzkosten und kann daher geringe Transaktionsgebühren in Rechnung stellen. Zweitens können Anleger und Händler standortunabhängig Orders von ihren Schreibtischen aus erteilen, so dass der Standort der elektronischen Börse keine Rolle spielt. Dies senkt die Personalkosten von Anlegern und Händlern erheblich. Und drittens erhöht die Konzentration des Handels an einer elektronischen Börse die Liquidität des Handels und unterstützt damit auch die Ausführung größerer Orders zu günstigen Kursen. Diese Vorteile einer elektronischen Börse ziehen viele Händler an, zulasten anderer Handelsplätze einschließlich des außerbörslichen Handels. Es überrascht daher nicht, dass die Elektronik eine Zentralisierung des Handels begünstigte und die Existenz von Regionalbörsen gefährdete. Der Auf bau mehrerer parallel arbeitender, weitgehend elektronischer Handelssysteme lohnt sich kaum, wenn diese Handelssysteme nach ähnlichen Regeln und mit ähnlicher Technologie arbeiten und allen Anlegern und Händlern offenstehen. Daher liegt es nahe, dass sich solche Börsen zusammenschliessen, um substanziell fixe Kosten einzusparen. Solche Zusammenschlüsse fanden statt. Gleichzeitig wurden jedoch immer wieder private elektronische Handelssysteme errichtet. Dies erklärt sich damit, dass diese Netzwerke ihren Nutzern Vorteile bieten konnten, z. B. weil sie eine Internalisierung erlaubten und geringeren Transparenzanforderungen unterlagen. Internalisierung bedeutet, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Kreditinstitute und Wertpapierfirmen), das ein Handelssystem betreibt, Kundenaufträge selbst für eigene Rechnung ausführt. Es kann Kundenorders anziehen, hat perfekte Einsicht in ‚sein‘ Orderbuch und kann diesen Informationsvorteil als Marktmacher nutzen. Zudem entfallen die Transaktionsgebühren einer Börse. Erleichtert wurde die Einrichtung solcher Handelssysteme dadurch, dass die notwendige Elektronik zu moderaten Kosten gekauft werden konnte. Seit 2007 sind ausgeführte Transaktionen jedoch gemäß der EU-Direktive MiFID sofort bekanntzugeben.

4. Börslicher versus außerbörslicher Handel

Die bis Januar 1990 geltende kurze Öffnungszeit der Börse von zwei Stunden bezweckte eine zeitliche und örtliche Konzentration des Handels. Dadurch sollte der Ausgleich von Angebot und Nachfrage erleichtert und der Informationsgehalt der festgestellten Kurse verbessert werden. Diese ‚Philosophie‘ motivierte die Feststellung eines Einheitskurses. Dies bedeutete aber auch, dass ein Anleger, sei es eine Privatperson, eine Bank oder eine Kapitalanlagegesellschaft, oft warten musste, bis eine Order erfüllt werden konnte, und das selbst bei einer unlimitierten Order. Ein variabler Handel milderte dieses Problem nur innerhalb des zweistündigen Handelskorridors. Für Anleger aus anderen Zeitzonen war dies besonders störend. Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Daher prosperierte der außerbörsliche Handel, also ein Marktsegment außerhalb der Börse, das eine starke Konkurrenz zum Börsenhandel entfaltete. Der außerbörsliche Handel florierte besonders vor Öffnung der Börse um 11.30 Uhr und nach Schließung der Börse um 13.30 Uhr. Aber auch während der Öffnungszeiten der Börse konnten Kreditinstitute, Versicherungsgesellschaften und andere Anleger außerbörslich handeln. Verlässliche Umsatzzahlen für den außerbörslichen Handel vor 2007 liegen nicht vor. Es ist jedoch zu vermuten, dass insbesondere in Aktien großer Unternehmen dieser Handel erheblich größer als der börsliche war. Der Handel, der weitgehend telefonisch abgewickelt wurde, verknüpfte drei Vorteile: Erstens spielte der Standort der Börse keine Rolle. Zweitens entfielen die Gebühren der Börse einschließlich der Courtage der Makler und der Provision des Kommissionärs, sofern kein Kommissionär eingeschaltet wurde. Drittens ließen sich größere Orders eher marktschonend ausführen. Nachteil war allerdings, dass nur wenig verlässliche Informationen über die Angemessenheit eines Preises verfügbar waren. Es bestand die Gefahr, zu marktfernen ungünstigen Kursen zu handeln. Erst allmählich entstanden elektronische Informationssysteme, die aktuelle Kursinformationen lieferten und diese Gefahr einschränkten. Für die Börsen war der außerbörsliche Handel ein geschäftsschädigendes Ärgernis. Daher galt es, Geschäft vom außerbörslichen Handel abzuziehen. Dies geschah allmählich durch Verlängerung der Handelszeit ab Januar 1990, aber auch durch Senkung der Transaktionskosten des Börsenhandels. Für beides sollte sich die Elektronisierung des Börsenhandels als wichtiger Motor erweisen.

IV. Neuordnung der Marktsegmente Börsen dienen nicht nur Investoren zum Handel von Wertpapieren, sondern sie sollen auch die Finanzierung der Unternehmen, Finanzintermediäre und der öffentlichen Hand erleichtern. Im Idealfall sollen sie auch den kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) spielen in Europa eine wichtige Rolle für die Gesamtwirtschaft. Voraussetzung für ihr Gedeihen sind ausreichende Möglichkeiten der Finanzierung. Ist ein Unternehmen nicht börsennotiert, dann ist die Beschaffung von Eigenkapital schwierig, wenn dieses von neuen Gesellschaftern eingeworben werden soll. Ohne Börsennotiz ist auch die Schätzung des Wertes einer Aktie schwierig; der Anleger läuft Gefahr, die Aktie zu einem überhöhten Preis zu kaufen. Zudem werden kleinere Unternehmen im Vergleich zu großen im Allgemeinen schlechter bewertet. Das mag daran liegen, dass ihre Unternehmensgeschichte oft kürzer ist und daher weniger Transparenz besteht oder ihre Insolvenzgefahr höher ist, weil sie weniger Risikostreuung aufweisen. Insbesondere Wachstumsunternehmen sind oft junge Unternehmen, deren zukünftige Gewinne schwer abschätzbar sind. Der 178

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Mangel an Informationen über das Unternehmen erweist sich als eine hohe Hürde für eine Beteiligungsfinanzierung durch neue Gesellschafter. Außerdem sind Anleger eher bereit, Aktien zu kaufen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese rasch wieder zu veräußern. Auch dies ist ohne Börsenhandel schwierig. Daher kann eine Börsennotiz die Finanzierung eines Unternehmens erheblich erleichtern. Die börsengestützte Finanzierung von KMU erwies sich in Deutschland als schwierig, eine Problematik, die insbesondere in den 1980er- und 1990er-Jahren einen erheblichen Reformdruck erzeugte. Verschiedene regulatorische Anläufe und auch Bemühungen einzelner Börsen versuchten immer wieder, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Die grundlegende Schwierigkeit bestand – wie auch heute noch – darin, dass KMU nur wenige Aktien emittieren und damit ein liquider Handel dieser Aktien nur schwer darstellbar ist. Gleichzeitig war über die Unternehmen nur wenig öffentlich bekannt, so dass die Anleger mit Informationsproblemen zu kämpfen hatten. Gemildert werden konnte dieses Problem durch verschärfte Publizitätsanforderungen an die Unternehmen. Diese stützten den Börsenhandel nachhaltig, lösten indessen auch höhere Kosten für die Emittenten aus, denn die Unternehmen mussten dafür eine eigene Kompetenz auf bauen und zusätzliche Publikationen erstellen. Hier wurde der Konflikt zwischen Unternehmen und Anlegern offensichtlich. Für KMU lohnte es sich oft nicht, diese Kosten in Kauf zu nehmen. Das Zusammenspiel der Probleme erklärt, warum die Zahl der Börsengänge von Unternehmen in Deutschland gering war. Lediglich zu Ende der 1990er-Jahre stieg in Deutschland die Zahl der Börsengänge am Neuen Markt massiv an, um dann wieder auf ein niedriges Niveau abzusinken (siehe Kapitel X). Zu Anfang der 1980er-Jahre gab es in Deutschland nur wenige Erstemissionen von Aktien (Initial Public Offering IPO): 1980 drei, 1981 zwei, 1982 drei, 1983 elf, 1984 21 und 1985 zwölf IPOs.535 Diese Zahlen waren auch im internationalen Vergleich niedrig. So gab es z. B. in Großbritannien im Jahr 1984 193 IPOs. Eine Erstemission erfolgte über eine Zeichnung von Aktien außerhalb der Börse. Wie erwähnt, waren Anleger zu einer Zeichnung eher bereit, wenn sie die Möglichkeit hatten, die neu erworbenen Titel später an der Börse wieder zu veräußern. Daher wurde eine Erstemission häufig mit einem Antrag auf Zulassung zum Börsenhandel verbunden. Je strenger die Voraussetzungen für eine Zulassung waren, umso mehr Vertrauen wurde bei den Anlegern geschaffen. Die Börsenzulassung war daher eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme für Anleger. Bis 1987 fand der deutsche Börsenhandel im amtlichen Handel und im geregelten Freiverkehr statt. Daneben gab es den ungeregelten Freiverkehr. In diesem Segment brauchte der Emittent beim Antrag auf Zulassung an die Zulassungsstelle der Börse nicht mitzuwirken und er übernahm keine besonderen Verpflichtungen. Der Handel in diesem Segment war für den Emittenten besonders kostengünstig und wurde insbesondere von Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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kleinen Unternehmen bevorzugt, während die Aktien großer Unternehmen überwiegend im amtlichen Handel, die mittelgroßer Unternehmen im geregelten Freiverkehr und Rentenpapiere in beiden Segmenten gehandelt wurden. Die Voraussetzungen für die Zulassung eines Wertpapiers im geregelten Freiverkehr waren weniger streng als im amtlichen Handel. Dies ermöglichte KMU einen leichteren Zugang zur Börse, schwächte aber den Anlegerschutz. Daher empfahl die Börsensachverständigenkommission schon frühzeitig, nämlich im April 1983, zwischen dem amtlichen Handel und dem geregelten Freiverkehr ein neues Marktsegment einzurichten, dessen Anforderungen unter denen des amtlichen Handels, jedoch über denen des geregelten Freiverkehrs lagen.536 Auch in Ausführung verschiedener EG-Richtlinien wurde schließlich 1986 ein Börsenzulassungsgesetz verabschiedet, das den Zugang zum neu einzurichtenden geregelten Markt explizit regelte.537 Während im amtlichen Markt ein Zulassungsprospekt ausführliche Informationen über das Unternehmen verlangte, so mindestens die letzten drei Jahresabschlüsse, ausführliche Berichte über das Kapital, die Vermögens-, Ertragsund Finanzlage sowie Lagebericht und Ausblick, genügte im geregelten Markt ein kürzerer Zulassungsprospekt mit mindestens dem letzten veröffentlichten Jahresabschluss. Eine Zulassung im amtlichen Markt schrieb ein Mindest-Emissionsvolumen von 2,5 Millionen D-Mark und eine Mindeststreuung der Aktien im Markt vor, im geregelten Markt genügte ein Nennwert der Aktien von mind. 0,5 Millionen D-Mark. Auch musste nicht unbedingt ein Kreditinstitut den Antrag auf Börsenzulassung stellen, sondern dies konnte auch von einem anderen geeigneten Unternehmen mit Einverständnis der Börse übernommen werden. Die Zulassungsstelle der Börse erteilte die Zulassung nur, wenn alle Voraussetzungen erfüllt waren. Damit sollte der Weg für eine ‚Börse für den Mittelstand‘ geebnet werden. Zusätzlich verbesserte das Börsenzulassungsgesetz vom 16. Dezember 1986 den Anlegerschutz, indem es die Unternehmen in beiden Segmenten zur ad hoc-Publizität und die im amtlichen Markt notierten Unternehmen zu Zwischenberichten verpflichtete. Ad hocPublizität bedeutet, dass das Unternehmen voraussichtlich kursrelevante Informationen unverzüglich der Börse mitteilen muss, die diese Informationen dann an die Öffentlichkeit weitergibt, soweit nicht begründete Interessen des Unternehmens dagegenstehen. Zwar stieg im Jahr 1986 die Zahl der IPOs in Deutschland auf 27 an, pendelte sich dann aber in den folgenden Jahren um 20 herum ein. Ein durchschlagender Erfolg bei IPOs war dem geregelten Markt somit nicht beschieden. Er wuchs allerdings dennoch, weil zahlreiche Unternehmen es aufgrund der besseren Reputation vorzogen, aus dem geregelten Freiverkehr in den geregelten Markt zu wechseln. Ebenfalls wechselten zahlreiche Schuldner mit ihren Anleihen in den geregelten Markt. Der geregelte Freiverkehr wurde 1988 geschlossen. Erst etwa zehn Jahre später stieg die Zahl der IPOs mit Gründung des Neuen Marktes vorübergehend rasant an. 180

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V. Elektronisierung des Handels vor Xetra 1. Frühe Schrittmacher

Parallel zur Reformdiskussion schritt auch die Elektronisierung des Börsenhandels in den 1980er- und 1990er-Jahren weiter voran, getrieben vor allem von internationalen Vorbildern und von an der Börse vertretenen Kreditinstituten, weniger von den Maklern. Schrittmacher der Elektronisierung waren anfangs indessen nicht die deutschen Börsen. Auf Anregung der US-Börsenaufsichtsbehörde, United States Securities and Exchange Commission (SEC), entwickelte die National Association of Security Dealers ein elektronisches System für einen Zentralcomputer, in das Marktmacher Geld- und Brief kurse für Wertpapiere elektronisch eingeben und damit weltweit auf Bildschirmen sichtbar machen konnten. Im Jahr 1971 startete dieses außerbörsliche Quotierungssystem unter dem Namen NASDAQ (National Association of Securities Dealers Automated Quotations). Das System deckte etwa 2400 Aktien ab, angeschlossen waren ca. 700 Handelsfirmen, im Schnitt gab es 350.000 Anfragen für Geld- und Brief kurse pro Tag.538 Der Handelsabschluss erfolgte per Telefon, ein Börsensaal war überflüssig. Bereits 1976 schloss der Parketthandel der Cincinnati Stock Exchange, als die Umstellung auf den elektronischen Handel erfolgte, der 1980 auf die gesamte USA erweitert wurde. Die Cincinnati Stock Exchange wurde 1986 zum ersten voll elektronischen Handelsplatz in den Vereinigten Staaten, mit automatischer Orderausführung durch das Intermarket Trading System. 1977 führte die Toronto Stock Exchange das computerbasierte Handelssystem CATS (Computer Assisted Trading System) ein, stellte allerdings erst 1997 ausschließlich auf Computerhandel um. 1986 übernahm die Pariser Börse das kanadische Handelssystem. Schließlich setzte wie erwähnt der Big Bang in London im Jahr 1986 mit der Einführung von SEAQ auch in Europa neue Maßstäbe.

2. Die Bewährung des Frankfurter Parketthandels im Börsencrash 1989

Impulse für eine beschleunigte Elektronisierung des Börsenhandels lieferten auch die Erfahrungen in den Börsencrashs im Oktober 1987 und 1989, die die verschiedenen Börsensysteme auf eine Bewährungsprobe stellten. Am Schwarzen Montag, 19. Oktober 1987, wurde der Handel an der New York Stock Exchange zeitweilig wegen starker Kursänderungen ausgesetzt und auch die normalerweise gut funktionierende Arbitrage zwischen Kassa- und Terminhandel versagte zeitweise. In Deutschland gab es 1987 noch keinen nennenswerten Terminhandel an der Börse. Hier war der Börsencrash von Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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1989 ein Härtetest, in dem sich zeigte, ob die Börsen mit dem hektischen Geschehen zurechtkamen. Nachdem am Freitag, 13. Oktober 1989, der Dow Jones um 6,5 Prozent abgestürzt war, brach am darauffolgenden Montag auch der DAX um 12,8 Prozent ein. Die erste Notiz musste wegen der Überlastung der Frankfurter Börse bis 12.34 Uhr warten.539 An der Frankfurter Wertpapierbörse gingen eine Vielzahl kleiner Orders ein – davon sehr viele unlimitiert –, weswegen es zu erheblichen Verzögerungen bei der Kursfeststellung kam. Während normalerweise etwa 47.000 Datensätze verarbeitet wurden, waren es am Montag, 16. Oktober, 69.000, am 17. Oktober 84.000 und am 18. Oktober 63.000. Zeitweise kam es zu einem Annahmeschluss von Orders, um die vorliegenden Aufträge korrekt verarbeiten zu können. Zudem wurde die Börsenzeit am 16. Oktober um 1,25 Stunden, am 17. Oktober um 1,5 Stunden und noch am 18. Oktober um eine halbe Stunde verlängert. Im Crash zeigte sich deutlich der Nachteil einer weitgehend manuellen gegenüber einer elektronischen Orderverarbeitung, die viel schneller funktioniert hätte. Daher hoffte die Leitung der Frankfurter Börse, mit dem bereits geplanten elektronischen Handelssystem BOSS-CUBE540 die Arbeitsweise in Krisensituationen erheblich zu verbessern. Auch wurde diskutiert, ob in solchen hektischen Situationen die Kursnotiz ausgesetzt und statt eines amtlichen Kurses nur ein Taxkurs, ohne Ausführung von Orders, bekanntgegeben werden sollte.

3. KISS

Einen ersten Schritt in Richtung Digitalisierung unternahm die Frankfurter Börse bereits 1968, als sie Datenstationen für Makler einführte, die eine elektronische Weiterverarbeitung von Orders ermöglichten. Die Einführung des Kursinformations-Service Systems KISS541 am 16. September 1987, also etwa zwanzig Jahre später, bildete dann den Auftakt zu wichtigen Entwicklungsetappen ihrer Elektronisierung, wie im folgenden Kasten veranschaulicht. Meilensteine des elektronischen Börsenhandels 1980–2000 1987 Kursinformations-Service Systems KISS 1989 Integriertes Börsenhandels- und Informationssystem IBIS 1 1991 IBIS 2 1992 Börsen-Order-Servicesystem – Computerunterstütztes Börsenhandels- und Entscheidungssystem BOSS-CUBE 1992 Börsenorderabwicklungssystem BÖGA 1997 Elektronisches Handelssystem Xetra

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Die Kursmakler sollten den festgestellten Kurs unverzüglich in das elektronische System KISS eingeben, worauf die Kurseingabe des Maklers überprüft und gegebenenfalls korrigiert wurde. Bei stärkeren Kursabweichungen wurde die Börsenaufsicht eingeschaltet. Die in Frankfurt und später deutschlandweit angeschlossenen Händler und Institutionen konnten damit die Ausführungskurse aller an der Frankfurter Wertpapierbörse amtlich gehandelten Aktien auf dem Bildschirm sehen. Mit Jahresbeginn 1988 wurden auch die Kurse von Wandelanleihen, Optionsanleihen und Optionsscheinen in KISS erfasst, später auch die Kurse von variabel gehandelten Bundesanleihen. Die Transparenz wurde auch für Außenstehende deutlich verbessert, da die Ausführungskurse am folgenden Tag in ausgewählten Zeitungen publiziert wurden. Darüber hinaus begann eine tagesaktuelle Berichterstattung über das Fernsehen. Am 5. Oktober 1987 startete um 13 Uhr ein privater Fernsehsender mit der Ausstrahlung der ‚Tele-Börse‘ aus dem Frankfurter Börsensaal. Zwei Jahre später, am 2. Oktober 1989, nahmen auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten die Live-Berichterstattung in ihr Programm auf. Das Fernsehpublikum sollte durch Informationen über Kursentwicklungen, aber auch durch Kommentare und Hintergrundberichte zum Börsengeschehen für Aktienanlagen und später auch für andere Wertpapiere begeistert werden. Verwiesen wurde bei der Präsentation zunächst auf die KISS-Anzeige und später auf den DAX. KISS und ab Juli 1988 der DAX ergänzten nicht nur die Kursanzeigetafel im Frankfurter Börsensaal, sondern bildeten auch den grafischen Hintergrund für die Börsenberichterstattung. „Einen Geniestreich führte die Frankfurter Börse am 10.10.88. Sie nahm die berühmte Vollmatrixtafel in Betrieb, die seither den Tagesverlauf des DAX abbildet.“542 Vor der Kursfeststellung konnten die Makler elektronisch Geld- oder Brief kurse in das System einstellen ebenso wie Ankündigungen in Erwartung eines hohen Kursanstiegs oder -abfalls mit der Kennzeichnung ‚++‘ bzw. ‚--‘‚ um andere Händler einzuladen, weitere Orders einzugeben. Auch konnte ein Makler auf eine voraussichtliche Rationierung bei der Orderausführung hinweisen und damit versuchen, zusätzliche Orders einzuwerben, um Angebot und Nachfrage besser auszubalancieren. Zu einer Rationierung kam es dann, wenn zum festgestellten Kurs nicht alle unlimitierten Orders oder auch nicht alle zum festgestellten Kurs limitierten Orders ausgeführt werden konnten. Ebenso machte KISS auf Dividendenabschläge aufmerksam. Schließlich berechnete KISS im Minutentakt den deutschen Aktienkursindex DAX und im Halbstundentakt den deutschen Rentenmarktindex REX.

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Exkurs DAX und REX Am 1. Juli 1988 hob die Frankfurter Wertpapierbörse den DAX aus der Taufe. Aktienkursindizes hatte es in Deutschland zuvor schon gegeben, so beispielsweise den Index der Börsen-Zeitung, den seit 1961 berechneten Index der Frankfurter Allgemeine Zeitung und weitere Indizes verschiedener Banken und Presseorgane. Der DAX wurde dem populären Dow-Jones-Index der New York Stock Exchange, der auf den 30 größten, dort notierten Werten beruht, nachempfunden und zugleich mit dem seit 1959 veröffentlichten Index des Bankhauses Hardy & Co. sowie dem am 1. April 1981 erstmals berechneten Index der Börsen-Zeitung verknüpft, so dass sich die wertmäßige Entwicklung des DAX bis zu dem am 28. September 1959 gestarteten Hardy-Index zurückverfolgen lässt. Es wird berichtet, dass im zeitlichen Kontext des ‚Big Bang‘ „drei Herren auf dem Parkett in Frankfurt zusammenstanden: Michael Hauck, Vorsitzender des Börsenvorstands, sein Stellvertreter Manfred Zaß und Dr. Rüdiger von Rosen, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Wertpapierbörsen. Hauck hielt wenig von einem deutschen Aktienindex: ‘Es gibt überhaupt keine deutschen Aktienkurse – es gibt Frankfurter Kurse‘. Hätte er sich durchgesetzt, hieße der Index heute wohl FAX.“543 Der DAX544 errechnete sich als gewogenes Mittel der festgestellten Kurse der 30 größten deutschen an der Frankfurter Wertpapierbörse gelisteten Unternehmen. Das Gewicht eines Unternehmens richtete sich nach dem Marktwert der im Streubesitz befindlichen Aktien, die also nicht bei Großaktionären festlagen. Vierteljährlich legte die Frankfurter Wertpapierbörse fest, welche 30 Unternehmen im DAX berücksichtigt werden. Ebenso wurde jeweils das Gewicht der Aktien im Index-Portfolio festgelegt. Im Gegensatz zum Dow Jones, der ein Kursindex ist, war der DAX von Anfang an als Performance-Index konzipiert. Bei einem Kursindex werden die jeweils notierten Kurse der Aktien zu einem gewogenen Mittelwert zusammengefasst. Demnach sinkt der Kursindex, wenn eine Aktie erstmalig ex Dividende notiert wird. Denn infolge des Dividendenabschlags sinkt der Aktienkurs etwa um die Höhe der Dividende. Bei einem Performanceindex wird dies vermieden, weil die Dividendenzahlung einer Aktie unmittelbar wieder in den Kurs der Aktie hineingerechnet wird. Das Gewicht der Aktie wird also so angepasst, dass die Dividendenzahlung keinen Einfluss auf den Index hat. Der Anleger, der sich im DAX engagiert, braucht sich nicht um die Wiederanlage von Dividendenzahlungen zu kümmern.545 Aktienkursindizes gewannen mit der modernen Portfoliotheorie, deren Grundstein Harry Markowitz bereits 1952 gelegt hatte546, erheblich an Gewicht, auch wenn die Entwicklung solcher Indizes bereits seit langem von Händlern und sonstigen Anlegern genau verfolgt wurde. Am Ende der 1960er-Jahre entwickelte Eugene Fama die Theorie 184

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informationseffizienter Märkte und stellte damit Stock Picking wie auch Market Timing als Strategien der Geldanlage infrage.547 Zahlreiche empirische Studien zeigten danach, dass aktiv gemanagte Portfolios oft eine schlechtere Wertentwicklung aufwiesen als passiv gemanagte, die schematisch die Zusammensetzung eines Aktienkursindex nachbilden und damit in ihrem Wert einem Aktienkursindex folgen. Das passive Portfoliomanagement verursacht erheblich geringere Management-Kosten.548 Mit dem DAX legte die Frankfurter Wertpapierbörse auch den Grundstein für die ersten Index-Fonds und -Optionsscheine, insbesondere aber für den Handel deutscher ETFs, d. h. passiv gemanagter Exchange Traded Funds, die schematisch den DAX nachbilden. Der Handel in Wertpapieren, die den DAX im Kassa- oder auch im Terminhandel abbilden, entwickelte sich seitdem rasant und trug damit, wie auch heute noch, zum Erfolg der Börse in Frankfurt bei. Seit dem 11. Juni 1991 publizierte die Frankfurter Börse auch den deutschen Rentenmarkt-Index REX, dessen Konzept komplizierter war als das des DAX. Der REX bildete Kurse von Bundesanleihen und Bundesobligationen mit Restlaufzeiten von einem bis zehn Jahren ab. Der Kurs einer Anleihe ändert sich, wenn sich das Zinsniveau am Markt ändert, aber auch, weil die Restlaufzeit der Anleihe von Tag zu Tag kleiner wird, so dass die Einwirkung von Zinsänderungen auf den Wert der Anleihe abnimmt und schließlich am Tag der Rückzahlung gegen null geht. Wird die Anleihe zum Nennwert zurückgezahlt, so konvergiert ihr Kurs gegen den Nennwert. Neben diesem Restlaufzeiteffekt resultiert ein weiteres Problem daraus, dass die Zinscoupons von Anleihen unterschiedlich hoch sind und damit den Anleihekurs ‚verzerren‘. Der REX versuchte, diesen Couponeffekt und den Restlaufzeiteffekt auszublenden, also die Kursentwicklung eines Portfolios von Anleihen mit konstanten Restlaufzeiten und gleich hohen Coupons abzubilden. Die Entwicklung des REX wurde nur von Zinsänderungen getrieben. Im Jahr 1993 entwickelte der Arbeitskreis EUREX einen auf europäische Länder erweiterten Rentenmarktindex.549 Hierbei wurde für jedes Land ein Rentenmarktindex gemäß dem Konzept des REX errechnet. Diese Indizes wurden dann zum EUREX zusammengefasst. Dem REX und dem EUREX war kein Erfolg dahingehend beschieden, dass darauf Wertpapiere gehandelt worden wären. Vermutlich waren die dahinterstehenden Konzepte zu kompliziert, um in einer Geldanlage relativ einfach umgesetzt zu werden. Der DAX war und ist indessen sehr erfolgreich.

Auch wenn KISS als Echtzeitsystem konzipiert war, so bedeutete dies nicht, dass die festgestellten Kurse zeitgleich (,realtime‘) in das Informationssystem eingestellt wurden. Die Daten wurden vom Makler oder auch einem seiner Mitarbeiter eingegeben. Insbesondere wenn das Geschäft hektisch war, konnte sich die Eingabe verzögern. Auch konnte Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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der Makler selbst ein Interesse an einer verzögerten Eingabe haben, um seine eigene Wertpapier-Position vor Bekanntgabe auf bauen oder glattstellen zu können. KISS verbreitete zwar Informationen über den Handel an der Frankfurter Börse, jedoch waren die Regionalbörsen und vor allem auch der außerbörsliche Handel nicht einbezogen. Aufgrund der kurzen Börsenzeit von 11.30 bis 13.30 Uhr kam jedoch dem außerbörslichen Handel nach wie vor ein hoher Stellenwert zu. Dennoch war KISS ein Meilenstein auf dem Weg zur Handelstransparenz.

4. IBIS IBIS 1

Um den Optionshandel an der kurz vor der Inbetriebnahme stehenden Deutschen Terminbörse DTB550 zu stützen, führte die Frankfurter Wertpapierbörse Anfang Dezember 1989 das Interbanken-Informationssystem IBIS ein. Es beschränkte sich auf den Kassahandel in den Basiswerten der Optionen, die an der DTB gehandelt werden sollten. In IBIS 1 eingestellt werden konnten Geld- und Brief kurse sowie Orders, Ausführungskurse und Abschlussvolumina. Die Abschlüsse erfolgten jedoch weiter über Telefon, nicht im Börsenhandel. Daten über diese Abschlüsse konnten in das System eingegeben werden, auch, um so die Abwicklung der Geschäfte über die Deutsche Wertpapierzentrale und über die Landeszentralbank zu automatisieren.551 Erstmalig wurde in Deutschland ein ganztägiger Handel eingeführt, IBIS 1 startete um 8.30 Uhr und endete um 17 Uhr. Die reguläre Börsenzeit auf dem Parkett wurde im Januar 1990 auf 3 Stunden erweitert. Da die Teilnahme an IBIS 1 nur den Banken offenstand, waren die Makler ausgeschlossen. Die Kursmakler bauten daher kurz nach dem Start von IBIS 1 noch im Dezember 1989 ein separates Makler-Tele-Informationssystem (MATIS) auf, das ähnlich wie IBIS 1 funktionierte, aber mehr Papiere als IBIS 1 einschloss, so auch alle DAX-Werte. Ein knappes Jahr später versuchte der Bundesverband der Freien Makler ein eigenes elektronisches Informations- und zugleich Handelssystem mit einer sehr viel größeren Zahl von Aktien und Renten aufzubauen. Diese Bemühungen wurden allerdings auf Druck von Frankfurt gestoppt.552 Dass durch KISS und IBIS 1 die Markttransparenz verbessert wurde, lag daran, dass die Makler an der Börse gehalten waren, die festgestellten Ausführungskurse in KISS einzustellen. Auch wenn dies eventuell mit zeitlicher Verzögerung geschah, so wurde damit doch die Transparenz für die angeschlossenen Händler weltweit während der Börsenzeit substanziell verbessert: Die im Auktionssystem festgestellten ‚Gleichgewichtskurse‘ wurden elektronisch kommuniziert. Die Teilnahme an IBIS 1 war demgegenüber freiwillig. Banken konnten Geld- und Brief kurse und Orders einstellen, mussten es aber nicht. Auch waren sie nicht gezwun186

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gen, abgeschlossene Geschäfte zu melden. Sie konnten diese sofort oder mit Zeitverzögerung eingeben. Wenn es zu einem Abschluss zwischen zwei Banken kam, wurde der Abschlusskurs durch die jeweiligen Interessen beider Banken bestimmt, nicht aufgrund eines Pools gesammelter Kauf- und Verkaufsorders. Dieser Kurs war daher nicht unbedingt repräsentativ für die Marktlage. Auch konnte ein IBIS-Teilnehmer verzerrte Geldund Brief kurse oder Orders einstellen, um damit fragwürdige Erwartungsänderungen bei anderen Handelsteilnehmern auszulösen, die ihrerseits Kursänderungen induzieren konnten. Er lief nicht Gefahr, in Anspruch genommen zu werden, da die Abschlüsse per Telefon erfolgten. IBIS 1 verminderte also auf der einen Seite Informationsasymmetrien, konnte aber auch zur Manipulation von Kursen missbraucht werden. IBIS 2

Diese Gefahr wurde im April 1991 durch die Weiterentwicklung von IBIS 1 zu einem ganztägigen ‚Integrierten Börsenhandels- und Informationssystem‘ IBIS 2 vermindert. Erst nach mühsamen Verhandlungen wurden die Makler zu diesem System zugelassen.553 Ursprünglich war nur die Frankfurter Börse an IBIS 2 angeschlossen, dann wurden aber auch alle Regionalbörsen einbezogen. Damit konnten alle an einer deutschen Wertpapierbörse zugelassenen Makler und Bankenvertreter an diesem Handel teilnehmen. Makler konnten jedoch an IBIS 2 nur als normale Händler teilnehmen, ihre Rolle als Kursmakler war entfallen. Jeder Handelsteilnehmer (Kreditinstitut, Kursmakler, Freimakler) konnte in das System eine Order oder einen Geld- und Brief kurs für eine maximale Handelsmenge eingeben. Die Daten wurden in ein einheitliches Orderbuch eingestellt, in das die Teilnehmer Einsicht hatten. Jeder konnte ab April 1991 durch Knopfdruck eine oder mehrere Orders abräumen (‚Hit & Take‘) und somit auch größere Stückzahlen handeln. Dieser Abschluss wurde sofort in IBIS 2 bekanntgegeben. Darüber hinaus konnte jeder Teilnehmer ‚Realtime‘-Informationen zum Börsengeschehen abrufen. Mit der Börsengesetz-Novelle von 1989 war auch der elektronische Handel an Börsen zugelassen worden. Gemäß § 29 des Börsengesetzes wurde der elektronische Handel in den DAX-Werten und wichtigen Anleihen von Bund, Bahn und Post in IBIS 2 als Teil des amtlichen Handels anerkannt, denn die Daten des Handels wurden in einem Zentralrechner gespeichert und der Handel wurde von der Börse beaufsichtigt. Der Handelskurs war somit ein amtlich festgestellter Kurs. IBIS 2 war das erste deutsche elektronische System für den Kassahandel. Es wurde von der Deutschen Wertpapierzentrale, einer Tochter der Deutsche Börse AG, entwickelt und betrieben. Anfangs wurden in IBIS 2 nur die 14 DAX-Werte berücksichtigt, auf die Optionen an der Deutschen Terminbörse gehandelt werden sollten. Später wurden alle DAX-Werte einbezogen. Damit wurden diese Papiere parallel in IBIS 2 und auf dem ParAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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kett gehandelt. Der Anteil der in IBIS 2 getätigten Umsätze an den gesamten Umsätzen der deutschen Börsen stieg in den in IBIS handelbaren Aktien von 9,2 Prozent im Jahr 1991 auf 28,4 Prozent im Jahr 1994, bei den DAX Werten sogar von 11,7 Prozent im Jahr 1991 auf 34,1 Prozent im Jahr 1994.554 In IBIS 2 konnten auch bestimmte Rentenpapiere gehandelt werden. Dieser Handel erwies sich aber als wenig erfolgreich. Der IBIS-Anteil im Rentenhandel lag 1991 bei 4,2 Prozent, stieg dann 1993 auf 12,9 Prozent, fiel aber 1994 auf 5,5 Prozent zurück. Im Jahr 1993 gab es 224 Nutzer von IBIS 2, davon 118 außerhalb von Frankfurt, während im Ausland nur ein Terminal einer großen deutschen Bank verfügbar war.555

5. BOSS-CUBE

Über ein Jahr nach Inbetriebnahme von IBIS 2 wurde parallel dazu im November 1992 nach Überwindung vieler technischer und organisatorischer Probleme das Börsen-Order-Service-System – Computerunterstütztes Börsenhandels- und Entscheidungssystem BOSS-CUBE eingeführt. Damit baute die Frankfurter Börse die Elektronik massiv aus.556 BOSS-CUBE wurde im September 1993 auch an den Regionalbörsen eingeführt. Es erlaubte den Handelsteilnehmern ein elektronisches Orderrouting, also eine direkte elektronische Ordereingabe in das Skontro eines Kursmaklers oder Freimaklers. Jeder Teilnehmer konnte jederzeit seinen Orderbestand abfragen. Den skontroführenden Maklern standen die Order-Daten unverzüglich zur Verfügung. Gleichzeitig waren die Voraussetzungen geschaffen für ein elektronisches Skontro, das die Verarbeitung größerer Ordervolumina erleichterte.557 Alle Bearbeitungsschritte einer maschinell eingegebenen Order wurden elektronisch festgehalten. BOSS-CUBE unterstützte die Makler bei der Kursfeststellung, auch indem es ihnen erlaubte, die Order- und Kursentwicklung über die Zeit nachzuverfolgen. Die Makler waren gehalten, bei der Kursfeststellung die IBIS-Kurse zu berücksichtigen. Damit sollten Kursdifferenzen zwischen IBIS 2 und BOSS-CUBE eingeschränkt werden. Eine direkte elektronische Verbindung zum Transport von Informationen oder von Liquidität zwischen BOSS-CUBE und IBIS 2 war jedoch nicht vorhanden. Die von den Maklern in BOSS-CUBE durch einen Klick festgestellten Kurse wurden ‚realtime‘ über Kursanzeigetafeln im Frankfurter Börsensaal veröffentlicht. Das Fernsehen verbreitete die Kurse live weltweit. Die Daten der ausgeführten Orders wurden unverzüglich an die DWZ (Deutsche Wertpapierzentrale) weitergegeben. Diese informierte die Auftraggeber innerhalb von wenigen Minuten über die Ausführung ihrer Orders. Bei BOSS-CUBE führten die lokalen Makler an jeder der acht deutschen Börsen ihr eigenes Skontro im Gegensatz zu IBIS 2, das ein europaweit einheitliches und von allen Teilnehmern einsehbares Orderbuch nutzte. Nur der lokale Makler hatte Einsicht in 188

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‚sein‘ Skontro. Er kannte auch die Teilnehmer am lokalen Börsenhandel, während der Handel in IBIS 2 anonym war. BOSS-CUBE behielt daher viele Aspekte des traditionellen Parketthandels bei. Der Wettbewerb zwischen MATIS, IBIS 2 und BOSS-CUBE eröffnete Anlegern und Börsenhändlern die Möglichkeit, das Handelssystem mit den geringeren Transaktionskosten zu nutzen. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Transaktionskosten ist die in Rechnung gestellte Geld-Brief-Spanne. In einer empirischen Untersuchung fand Schmidt558, dass die Geld-Brief-Spannen im Makler-getriebenen Handelssystem MATIS bei Berücksichtigung der Maklercourtage um ein Drittel niedriger waren als in IBIS 2. Dazu merkte allerdings von Rosen, Sprecher des Vorstands der Frankfurter Wertpapierbörse AG, an, dass sich das Handelsvolumen eines Geschäfts in IBIS 2 meist auf 500 Stück oder ein Mehrfaches belief, während in MATIS sehr viel kleinere Stückzahlen gehandelt wurden.559 Daher sei unklar, ob die Spannen in MATIS wirklich kleiner seien. Die Wettbewerbsfähigkeit von IBIS zeige sich auch darin, dass sich sein Marktanteil von April bis Oktober 1991 von 7 Prozent auf über 15 Prozent mehr als verdoppelt habe. IBIS werde stärker von Teilnehmern der Regionalbörsen als von solchen der Frankfurter Börse genutzt. In einer anderen empirischen Untersuchung verglichen Schmidt, Oesterhelweg und Treske560 die Geld-Brief-Spannen von BOSS-CUBE und IBIS 2. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Spannen der deutschen Börsen in BOSS-CUBE kleiner waren als in IBIS 2, auch unter Berücksichtigung der Maklercourtage. Der Vorteil von BOSS-CUBE offenbarte sich besonders in umsatzschwachen Werten, umsatzstarke Werte wurden allerdings mehr in IBIS gehandelt. Auch zeigten sich bei zahlreichen Werten an den Regionalbörsen kleinere Spannen als an der Frankfurter Börse. Allerdings waren die Ordervolumina an der Frankfurter Börse meist höher. Die Untersuchungen zeigten, dass die verschiedenen elektronischen Systeme mit ihren jeweiligen Eigenschaften durchaus konkurrenzfähig waren. 561 Mit IBIS 2 war ein großer Schritt in Richtung eines voll-elektronischen Handelssystems getan. Bereits 1992 wurde die Abwicklung von ausgeführten Orders über das Börsenorderabwicklungssystem BÖGA automatisiert, indem die Daten an den Deutschen Kassenverein und die Banken elektronisch weitergegeben wurden. IBIS 2 stellte eine Abkehr vom Auktionsprinzip dar. Stellte ein Makler im Parketthandel einen Kurs fest, so geschah dies nach dem Auktionsprinzip. In IBIS 2 schloss ein Händler selbst durch Knopfdruck das Geschäft ab, indem er seine Order mit solchen, die bereits im Orderbuch standen, ‚matchte‘. Der dabei zustande gekommene Abschlusskurs spiegelte die aktuelle Marktlage eventuell nicht so gut wider wie ein nach dem Auktionsprinzip festgestellter Kurs. Der Vorteil bestand allerdings darin, dass ein Händler selbst durch Knopfdruck den Ausführungszeitpunkt bestimmte und nicht auf eine Auktion warten musste. Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Ebenso verbesserte IBIS 2 die Transparenz des Börsenhandels nachhaltig. Das System ermöglichte allen Handelsteilnehmern Einsicht in das Orderbuch, während diese auf dem Parkett allein dem Makler vorbehalten war. Auch wurden elektronisch abgeschlossene Transaktionen sofort publiziert. Handelsteilnehmer konnte die Einträge in IBIS 2 jederzeit einsehen, so dass insoweit Informationsvorsprünge zwischen den Handelsteilnehmern entfielen. Dies trug erheblich zur Fairness des Handels bei. Erst im Jahr 1997 wurde IBIS 2 durch das lange geplante Elektronische Handelssystem Xetra abgelöst.

VI. Änderungen des rechtlichen Umfeldes 1. Öffnung des deutschen Rechts

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Börsenhandel änderten sich in den 1980erund 1990er-Jahren grundlegend. Einige dieser Änderungen wurden von der EG-Kommission und dem europäischen Rat angestoßen, andere durch das weltweite Wachstum der Märkte für Finanzderivate. Somit war das deutsche Recht gehalten, sich gemäß internationalen Impulsen zu öffnen. Schließlich erforderte auch die Elektronisierung Rechtsänderungen. Wichtige Gesetzesänderungen in Deutschland 1980 bis 2000 1986 Deutsches Börsenzulassungsgesetz 1986 Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität [1987 Einheitliche Europäischen Akte] 1989 Börsengesetz-Novelle 1990 Erstes Finanzmarktförderungsgesetz 1994 Zweites Finanzmarktförderungsgesetz 1998 Drittes Finanzmarktförderungsgesetz 2002 Viertes Finanzmarktförderungsgesetz

Als besonders prägend erwies sich die Schaffung des europäischen Binnenmarktes, die 1987 mit der Einheitlichen Europäischen Akte beschlossen wurde. Ziel war die Schaffung eines ‚Raums ohne Binnengrenzen‘, der ab dem 1. Januar 1993 umzusetzen war. Ein solcher grenzfreier Raum erforderte es, auch die durch unterschiedliches nationales Kapitalmarktrecht gegebenen juristischen Schranken in der europäischen Gemeinschaft abzubauen. Die Harmonisierung dieses Rechts in Europa sollte den Anlegern den Zugang zu den Börsen in anderen europäischen Ländern erleichtern. Ebenso sollten die Unternehmen, die eine wertpapierbasierte Finanzierung anstrebten, ohne große Zusatzkosten ihre Präsenz auf den verschiedenen nationalen Kapitalmärkten ausbauen können. 190

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Zuvor waren bereits die europäischen Richtlinien verabschiedet worden, die 1986 in ein deutsches Börsenzulassungsgesetz (siehe Kapitel IV) mündeten. Das Gesetz stärkte wie erwähnt den Anlegerschutz und schuf den Geregelten Markt als neues Marktsegment für mittlere Unternehmen. Auf den Anlegerschutz im Einzelnen wird im folgenden Abschnitt eingegangen. Eine weitere Öffnung des deutschen Rechts wurde durch den weltweiten Vormarsch von Terminbörsen ausgelöst. Wie noch erörtert wird, waren in zahlreichen Ländern schon vor 1985 Terminbörsen erfolgreich gegründet worden, so dass auch für Deutschland eine Terminbörse geplant wurde. Dazu war es erforderlich, den im geltenden Recht verankerten Termin- oder Differenzeinwand für den Terminhandel auszuschalten. Das bestehende Recht (§§ 762, 764 BGB) erlaubte es nicht, aus einer Wette erworbene Ansprüche vor Gericht geltend zu machen. Da auch Termingeschäfte als Wetten galten, konnten Nicht-Kaufleute Termingeschäfte abschließen und später die Zahlung von Verlusten verweigern. Einem Kaufmann stand diese Möglichkeit nicht offen. Den Differenzeinwand konnte ein Anleger nach der Börsengesetz-Novelle von 1989 nicht mehr geltend machen, wenn er termingeschäftsfähig war. Dazu genügte es, wenn das Kreditinstitut, über das er ein Termingeschäft abwickelte, ihn ausführlich über die Risiken von Termingeschäften aufgeklärt hatte (Termingeschäftsfähigkeit kraft Information). Außerdem waren die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Börsenhandel auch elektronisch abgewickelt werden konnte. Deswegen erweiterte die Novelle von 1989 den Begriff ‚Börse‘ dahingehend, dass Börsenhandel auch elektronisch durchgeführt werden kann, so dass zum Börsenhandel auch Geschäfte gehörten, „die durch Übermittlung von Willenserklärungen durch elektronische Datenübertragung börsenmäßig zustande kommen.“562 Schließlich setzte die Novelle auch die EG-Richtlinie von 1987 über die gegenseitige Anerkennung des Börsenzulassungsprospekts um, so dass an einer deutschen Börse die Zulassung eines Unternehmens, das bereits an einer anderen europäischen Börse gelistet war, erleichtert wurde. Einen wichtigen Europäisierungsschritt vollzog das Erste Finanzmarktförderungsgesetz (1990), indem es entsprechend den europäischen Vorgaben den Kapitalanlagegesellschaften erlaubte, für das von ihnen verwaltete Wertpapier-Sondervermögen Wertpapiere zu erwerben, die an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft zum amtlichen Handel oder in einem anderen organisierten Markt zugelassen waren. Zudem erlaubte es den Kapitalanlagegesellschaften, Optionen auf Wertpapiere zur Absicherung vorhandener Wertpapierbestände zu handeln, zudem auch in begrenztem Umfang den Handel von Finanzterminkontrakten ohne Absicherungszweck. Beides kam dem Handel an der Deutschen Terminbörse zugute, der im Januar 1990 startete. Außerdem wurde der Börsenhandel in Deutschland durch die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer zum 1. Januar 1991 gefördert. Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Im Jahr 1998 wurde der deutsche Finanzmarkt parallel zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz mit weiteren Gesetzen modernisiert. So erlaubte das Stückaktiengesetz die Emission und den Handel von nennwertlosen Stückaktien. Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich bezweckte u. a., das Risikomanagement des Unternehmens und seine Kontrolle von außen zu intensivieren. Das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz ermöglichte es deutschen Unternehmen, die an ausländischen Börsenplätzen Kapital beschaffen wollten, ihren Konzernabschluss mit befreiender Wirkung nach international anerkannten Rechnungslegungsstandards zu erstellen. Schließlich wurde mit dem Euro-Einführungsgesetz die Grundlage für die Abschaffung diverser europäischer Währungen zugunsten des Euro gelegt. Ab Januar 1999 wurden die Aktien an den deutschen Börsen in Euro notiert, die Umrechnung erfolgte zum Kurs 1 Euro = 1,95583 D-Mark.

2. Der Durchbruch im Anlegerschutz

Ein funktionsfähiger (europäischer) Kapitalmarkt setzt voraus, dass auch Privathaushalte bereit sind, in Aktien zu investieren. Hierum war es nicht gut bestellt. Traditionell investierten in Kontinentaleuropa Privathaushalte nur geringe Anteile ihres Geldvermögens in Aktien. Anfang der 1990er-Jahre lag der Anteil der privaten Haushalte, die in Aktien investierten, in den USA bei 21 Prozent, in Großbritannien bei 16 Prozent und in Japan bei 9 Prozent. In Deutschland verringerte er sich von 1970 bis 1995 von über 10 auf 5,3 Prozent.563 Für viele Privatanleger war die Börse ein schwer durchschaubarer Markt, dementsprechend riskant erschien ihnen die Geldanlage in Aktien. Daher war es wichtig, das Vertrauen in die Börse durch mehr Anlegerschutz zu verstärken. Wie bereits im Kapitel zur Börsenentwicklung 1945 bis 1980 verdeutlicht, wurde in Deutschland lange die Auffassung vertreten, der Markt reguliere sich selbst am besten und könne mit einer Selbstregulierung auch flexibel auf neue Erfordernisse reagieren. Die Schwäche des Anlegerschutzes in Deutschland war indessen international bekannt und nötigte europäische Direktiven ebenso wie den deutschen Gesetzgeber, das deutsche Recht zu verschärfen. Das zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom Mai 1986 reformierte auch § 88 Börsengesetz alter Fassung, um einen umfassenden Schutz vor einer Manipulation von Börsenpreisen zu bieten.564 Die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen sollte gesichert werden. Das Anlegervertrauen in einen in rechtlich geordneter Weise zustande gekommenen Börsen- oder Marktpreis sollte gestärkt und geschützt werden. In der Praxis stellte sich dieses Gesetz als nahezu bedeutungslos heraus. Der geregelte Tatbestand erfasste nicht die vielfältigen Möglichkeiten der Kursmanipulation. Dem für die Strafverfolgung zuständigen Staatsanwalt fehlten oft 192

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der notwendige finanzwirtschaftliche Sachverstand und das notwendige Personal. Auch erwies sich der Nachweis einer Manipulation als äußerst schwierig, so dass letztlich häufig nichts geschah. Bis zum Beginn der 1990er-Jahre fehlten effektive strafrechtliche Sanktionen bei Verletzung des Anlegerschutzes in Deutschland weitgehend, ebenso auch ein Unrechtsbewusstsein, z. B. für Frontrunning und Insiderhandel. Es gab lediglich eine allgemeine Regulierung, wonach der Kaufmann im Sinne kaufmännischer Ehre handeln sollte. Der Ehrenausschuss der Börse befasste sich in der Regel mit problematischen Fällen. Wenn er zu dem Ergebnis kam, dass jemand gegen die kaufmännische Ehre verstoßen hatte, erteilte er einen Verweis mit einer Ermahnung. Sofern er solche Vorgänge bekannt machte, geschah dies anonym. Kursmakler führten vor der Einführung des elektronischen Orderbuchs lediglich handgeschriebene Formulare und Kladden, so dass es kaum revisionspflichtige Aufzeichnungen der Makler gab. Zu Beginn der 1990er-Jahre wurde die Aufsicht allmählich etwas intensiver. Auch bei KISS gab es keine Dokumentationspflicht. Es blieb offen, ob die Makler ihre Daten zeitnah in das System eingaben. Frontrunning

Das tatsächliche Ausmaß von Frontrunning, also von Eigengeschäften der Händler oder Makler in Kenntnis von Kundenaufträgen, ist nicht bekannt, da empirische Angaben fehlen. Solche Zahlen wurden früher nicht erhoben, da diese Praxis nicht straf bar war. Auch war oft nicht eindeutig feststellbar, ob sich ein an der Börse Tätiger einfach an eine eingehende Order ‚anhängte‘, oder ob er eine Order aus anderen Gründen gab. Insoweit erscheint es nicht gerechtfertigt, alle mit dem Börsenhandel befassten Personen in einen Topf zu werfen. Einige Banken hatten darüber hinaus schon frühzeitig angeordnet, so die DG Bank im Jahr 1976, eingehende Orders mit einem Zeitstempel zu markieren. Dies konnte allerdings nicht ausschließen, Zeitstempel verzögert anzubringen und vorher selbst eine Order einzugeben. Während des Prozesses der Orderbearbeitung bis zur Kursfeststellung gab es diverse Möglichkeiten, einer Kundenorder vorauszulaufen oder sich an eine Order ‚anzuhängen‘. Nicht selten wurde eine Order auch per Telefon avisiert, so dass bereits vor dem Ordereingang Frontrunning ermöglicht wurde. Nach Aussage eines Mitglieds der Handelsüberwachungsstelle war Frontrunning üblich. Mit dem damaligen Börsenhandel gut vertraute Personen weisen darauf hin, dass Makler und Händler erstaunlich wohlhabend wurden. Makler waren dabei in der stärksten Position für Frontrunning, da nur sie Einblick in das Orderbuch hatten.565 Insiderhandel

Wie bereits ausgeführt, setzten die Akteure am deutschen Finanzmarkt auf Selbstregulierung. Auch sei eine freiwillige Regulierung ein moralisches Gütesiegel. Dementsprechend wurden bereits 1971 in Deutschland auf Freiwilligkeit basierende InsiderhanAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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dels-Richtlinien verabschiedet566. Ihnen unterworfen war allerdings nur der, der diese Richtlinien ausdrücklich akzeptiert hatte. Wurde einer solchen Person Insiderhandel nachgewiesen, so hatte sie den daraus erzielten Gewinn an die betreffende Unternehmung abzuführen. Auch war der Kreis der Insider eng definiert. Er schloss nicht die Sekundärinsider ein, also solche Personen, die eine Insiderinformation ‚second hand‘ von einem anderen Insider erhalten hatten. Auch wissenschaftlich und rechtspolitisch war die Regulierung des Insiderhandels lange Zeit umstritten. Gemäß der Theorie informationseffizienter Märkte galt es dafür zu sorgen, dass neue Informationen sich schnellstmöglich in den notierten Aktienkursen niederschlagen. Insider-Informationen waren ex definitione am Markt nicht bekannt, so dass die Aktienkurse diese nicht widerspiegeln konnten. Daher wurde als Argument für den Insiderhandel angeführt, dass die Insider mit ihren eigenen Handelsaktivitäten dafür sorgen würden, dass der Kurs relativ schnell die Insiderinformationen widerspiegelt. Daher sollte Insiderhandel nicht verboten werden. Dieses Argument erledigte sich später weitgehend durch die ad hoc-Publizität, wonach Unternehmen verpflichtet waren, potenziell kursrelevante Informationen unverzüglich bekannt zu machen. Der Insiderhandel warf aber unter anderem die Frage auf, wer die Gewinne der Insider bezahlt. Wenn z. B. Vorstandsmitglieder eines Unternehmens eine schlechte Nachricht erhielten und dementsprechend ihre eigenen Aktienbestände zum alten, im Licht der Nachricht überhöhten Kurs verkauften, dann würden diese von Nicht-Insidern gekauft. Würde dann die schlechte Nachricht bekannt, erlitten die Käufer einen entsprechenden Kursverlust. Dies wurde als unfair empfunden. Daher wurde Insiderhandel schon frühzeitig in zahlreichen Ländern unter Strafe gestellt, so auch in den USA. Bekannt wurde zu Beginn der 1980er-Jahre ein Fall, in dem die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC eine Schweizer Großbank zwang, die Daten über einen Kunden herauszugeben, der vermutlich als Insider Aktien an einer amerikanischen Börse gehandelt hatte. Die Existenz von Insiderhandel wurde von Intimkennern des damaligen Börsenhandels nicht bestritten. Empirische Zahlen fehlten allerdings. Auch war es oft nicht einfach festzustellen, ob ein Handel die Merkmale von Insiderhandel erfüllte.567 Es fehlte zudem an griffigen Verfahrensregeln. 1978 schrieb ‚Der Spiegel‘ „Den Hauptmißstand sehen Kritiker mit Recht in den Verfahrensregeln.“ und zitierte aus der Neuen Juristischen Wochenzeitschrift, diese böten „geradezu alle Gewähr dafür, daß Verstöße nicht oder nicht hinreichend aufgeklärt werden“.568 Erst 1988 kam es zu einer Überarbeitung der deutschen Insiderhandels-Richtlinien, wobei allerdings nach wie vor eine gesetzliche Regelung abgelehnt wurde.569 Am 14. September 1988 traf sich der Ausschuss für Wertpapier- und Börsenfragen.570 Er diskutierte eine mögliche Vorbildfunktion des amerikanisch-schweizerischen Memorandums of Understanding und stellte fest, dass zahlreiche EU-Staaten Insiderhandel be194

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reits unter Strafe gestellt hätten und dass die Insiderhandels-Richtlinie der EG in Kürze verabschiedet würde. Der Ausschuss beschloss darauf hin, eine künftige gesetzliche Regelung nicht mehr abzulehnen. Etwas später, im April 1991, zeigte sich die isolierte Position Deutschlands deutlich. Die SEC untersagte den Handel aller an den DAX gekoppelten Investmentprodukte an den Börsen von New York und Chicago, weil die deutschen Börsenkontrollen unzureichend wären.571 Der internationale Druck und der internationale Wettbewerb der Börsen zwangen Deutschland zu einer gesetzlichen Regelung. Erstmalig wurde 1994 in Deutschland die bisher freiwillige Selbstregulierung des Insiderhandels durch ein Gesetz (siehe unten) abgelöst, auch in Umsetzung der Insiderhandels-Richtlinie der EG von 1989. Insiderhandel wurde unter Strafe gestellt. Um notwendige Nachprüfungen zu ermöglichen, wurden die Kreditinstitute verpflichtet, sämtliche Daten über jede an eine Börse weitergeleitete Order dem Bundesaufsichtsamt zu melden. Der Kreis der Insider wurde auf die Sekundärinsider erweitert, die Prüfung möglicher Insidervergehen war schärfer geregelt, die Straf bewehrung schreckte potenzielle Insider ab. Dennoch wurden von Zeit zu Zeit Insidervergehen festgestellt und geahndet. Effektive gesetzliche Massnahmen

Erst das zweite deutsche Finanzmarktförderungsgesetz von 1994, das ein separates Wertpapierhandelsgesetz schuf, brachte den Durchbruch zu einem effektiven Anlegerschutz. Jede Börse hatte zur Überwachung des Handels und zur Abwicklung von Börsengeschäften eine Handelsüberwachungsstelle einzurichten (§ 1b Börsengesetz). Dazu musste die Börse die Daten über den Börsenhandel und die Abwicklung lückenlos erfassen und Auswertungen sowie notwendige Ermittlungen durchführen. Auch war nach dem neu gefassten § 3 des Börsengesetzes ein Börsenrat einzurichten. Ihm gehörten neben den Kreditinstituten, Kapitalanlagegesellschaften, Maklern, freien Maklern und sonstigen zum Handel an der Börse zugelassenen Firmen auch die Anleger und Emittenten von Wertpapieren an. Dem Gremium oblag der Erlass der Börsenordnung, die Bestellung, Abberufung und Überwachung der Geschäftsführung sowie der Erlass der Bedingungen für die Geschäfte an der Börse. Die Vorlagen für den Börsenrat erarbeitete der Ständige Ausschuss, in dem auch fachkundige Mitarbeiter der Börse in zum Teil kontroversen Debatten mitwirkten. Der Börsenrat richtete sich häufig nach diesen Vorlagen. Den Wertpapierdienstleistungsunternehmen wurden besondere Sorgfaltspflichten im Umgang mit ihren Kunden auferlegt. Sie durften den Kunden keine Empfehlungen geben, die nicht mit den Interessen des Kunden übereinstimmen. Insbesondere durften sie ihnen nicht den Handel von Wertpapieren oder Derivaten empfehlen, um damit zum Vorteil ihrer Eigengeschäfte die Wertpapierpreise zu verändern. Auch durften sie keine Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Eigengeschäfte aufgrund der Kenntnis von Kundenaufträgen durchführen, soweit diese Eigengeschäfte Nachteile für die Kunden zur Folge haben könnten. Damit wurde Frontrunning explizit verboten. Die elektronische Erfassung aller Börsenorders und aller Börsenabschlüsse mit Zeitstempel erleichterte die Handelsüberwachung im Interesse der Anleger, wie sie vorher nur schwer möglich war. Auch Kursschnitte der Kommissionäre wurden damit weitgehend unterbunden. Bei dem bereits 1991 eingeführten elektronischen Handelssystem BOSS-CUBE gab es dennoch Fälle von Preismanipulationen, die allerdings schwer nachzuweisen waren. Zwar gab es bei BOSS-CUBE die elektronische Dokumentationspflicht und Preisfeststellung, aber der Makler steuerte seine Ordereingabe wie auch den Zeitpunkt der Kursfeststellung nach wie vor selbst. Wie bereits ausgeführt, wurde Insiderhandel unter Strafe gestellt. Das Gesetz über den Wertpapierhandel hat den deutschen Börsenhandel grundlegend zu Gunsten der Anleger reformiert und damit international salonfähig gemacht. In Richtung Anlegerschutz zielte auch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz von 1998. Es präzisierte die Haftung des Emittenten für fehlerhafte Zulassungsprospekte und Unternehmensberichte und bestimmte, dass ein Delisting von Wertpapieren (also die Beendigung des Handels eines Papiers an einer Börse) auf Antrag des Emittenten die Rechte der Anleger nicht beeinträchtigen dürfe.572 Zudem erleichterte das Gesetz den Börsenzugang für Emittenten. Zur Anregung des Wettbewerbs schrieb das Gesetz außerdem vor, dass eine Börse jeder anderen Börse die Einführung des von ihr betriebenen elektronischen Handelssystems auf deren Verlangen zu angemessenen Bedingungen zu gestatten hat. Der Vollständigkeit halber sei auf das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz hingewiesen, das 2002 verabschiedet wurde. Auch dieses Gesetz stärkte den Anlegerschutz und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes.

VII. Der Weg zur privaten Trägerschaft der Deutschen Börse 1. Rechtsform und Organisation der Frankfurter Wertpapierbörse in den 1980er-Jahren

Jenseits grundsätzlicher Reformdebatten und als Reaktion auf die steigenden geschäftlichen Anforderungen und zunehmend komplexeren Abläufe zeichnete sich in den 1980erJahren ab, dass die herkömmliche Organisation der Börse an ihre Grenzen stieß. Bis dahin wurde die Börse vom einflussreichen Börsenvorstand und einem Geschäftsführer geführt.573 Zahlreiche Ausschüsse befassten sich mit diversen Aspekten des Börsengeschehens und erarbeiteten Verbesserungsvorschläge für den Börsenvorstand. Die196

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ser bestand ebenso wie die Ausschüsse aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern, die vor allem aus großen Kreditinstituten kamen, wobei die Privatbankiers bis zum Beginn der 1990er-Jahre die Börsenpräsidenten stellten. Auf Karl-Oskar Koenigs, Mitinhaber des Bankhauses Metzler, Börsenpräsident seit 1968, folgte 1983 Ferdinand Graf von Galen, Mitinhaber des Bankhauses Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co., der das Amt nur für eine kürzere Zeit bis zur Pleite seiner Bank innehatte. Nachdem Karl-Oskar Koenigs von 1984 bis 1985 nochmals an der Spitze der Börse stand, löste ihn zu Beginn des Jahres 1986 Michael Hauck ab, 1989 gefolgt von Friedrich von Metzler. 574 Die Aufsicht über die Börse übte das Land Hessen aus. Infolge der zunehmenden Computerisierung, der Internationalisierung des Wertpapierhandels und des damit zunehmenden Wettbewerbs zwischen den Börsen wurde das Börsenmanagement immer anspruchsvoller. Nach dem Amtsantritt von Michael Hauck als Börsenpräsident zu Beginn des Jahres 1986 wurde die Organisation daher einer Überprüfung unterzogen. Gestützt auf eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger vom Juni 1986, die in Zusammenarbeit mit der Börsengeschäftsführung und dem Arbeitsausschuss der Börse entstanden war, wurde das Management im Jahr 1987 umstrukturiert.575 Um die Arbeitsfähigkeit des Börsenvorstands zu gewährleisten, wurden stellvertretende Vorstandsmitglieder ernannt und die Geschäftsführung der Börse auf zwei Geschäftsführer erweitert. Zusätzlich übernahm ein 1987 eingerichteter Ständiger Börsenausschuss die Aufgaben früherer Ausschüsse und Kommissionen und bereitete die Beschlüsse des Börsenvorstands vor. Im Ständigen Ausschuss waren die Großbanken, die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, kleinere Banken, die freien Makler und die Kursmakler vertreten, ebenso wirkten die beiden Geschäftsführer mit. Nur die im Börsenvorstand präsenten Banken waren auch im Ständigen Ausschuss vertreten.576 Es verblieben lediglich der Devisenhandels- und der Optionshandelsausschuss und die Baukommission. Schiedsgericht, Ehrenausschuss, Börsenaufsichts-Ausschuss und der Ausschuss zur Prüfung der Lieferbarkeit von Wertpapieren waren rechtlich vorgegeben. Der Ständige Ausschuss war auch für Maklerfragen zuständig, ihm oblag die Kontrolle der Makler im börslichen und im außerbörslichen Handel. Mit der neuen Struktur des Börsenmanagements erhielt die Geschäftsführung mehr Eigenverantwortung. Der Börsenvorstand sollte Grundsatzfragen bearbeiten, die Geschäftsführer das laufende Geschäft. Bemerkenswert hieran war, dass weder die Anleger noch die Emittenten von Wertpapieren zwingend in den Börsenorganen vertreten sein mussten.577 Damit konnten die unmittelbar im Börsenhandel aktiven Firmen ihren Einfluss nachdrücklich geltend machen. Allerdings kooptierten Börsenvorstände häufig weitere Personen zur Mitwirkung in den Vorstand, die auch die Interessen der Anleger und Emittenten zur Geltung brachten.578

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Trotz dieser Neuerungen schienen weitere Reformen in der inneren Organisation der Börsenverwaltung aus Sicht der Börsengeschäftsführung geboten, die im Dezember 1987 noch einmal auf die „wachsenden Anforderungen an die Frankfurter Wertpapierbörse als Marktorganisation“ verwies, erkennbar aus der „binnen fünf Jahren Verachtfachung des Umsatzvolumens“ und dem „Anstieg auf 275 Zulassungsverfahren“ gegenüber 200 im Vorjahr.579 Während der scheidende Börsenpräsident Hauck im Juni 1989 noch die weitere Verstärkung der Verwaltung „hinsichtlich Kompetenz und Personenzahl“ und die Beibehaltung einer „kollegialen“ Geschäftsführung der Börse empfahl, entschied der Börsenvorstand kurz darauf, die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse im Sinne einer Loslösung von der IHK prüfen zu lassen, die schließlich in die Gründung der Deutsche Börse AG als Trägergesellschaft mündete.580

2. Gründung der Deutsche Börse AG

Die Frankfurter Wertpapierbörse war bis zum Beginn der 1990er-Jahre eine Abteilung der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung und damit auch selbst öffentlich-rechtlicher Natur. Die Konzeption einer Börse als öffentlich-rechtliche Einrichtung wurde und wird von der Vorstellung getrieben, dass der Börsenhandel auch dem Gemeinwohl dienen soll, was durch solch eine Organisationsform, so die Befürworter, am ehesten zu erreichen sei. Eine erwerbswirtschaftliche Orientierung des Börsenträgers gefährde den Anlegerschutz oder die Bereitstellung von Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen und sei daher auszuschließen. So könne das öffentliche Gut ‚fairer und effektiver Wertpapier-Handel‘ effektiv geschützt werden. Ein Blick auf andere Weltbörsen zeigte allerdings ein völlig anderes Bild. Dort waren die Börsen überwiegend privatrechtliche Unternehmen. Ihre Errichtung bedurfte einer staatlichen Genehmigung, die Börsen unterlagen einer besonderen staatlichen Regulierung und Aufsicht, was sich durchaus mit der privatrechtlichen Struktur vertrug. So argumentierten Hopt und Baum, der privatrechtliche Charakter der Börsen werfe keine Schwierigkeiten hinsichtlich des Anlegerschutzes auf.581 Schon in den 1980er-Jahren sei der Anlegerschutz in den USA deutlich stärker ausgeprägt gewesen als in Deutschland. Daher sei die deutsche Rechtskonstruktion von Börsen als historisches Relikt zu verstehen. Auch rechtspolitische Überlegungen motivierten eine privatrechtliche Börsenorganisation. Börsen seien als Unternehmen zu verstehen, die im internationalen Wettbewerb stehen; sie seien marktorientierte Dienstleister, die dementsprechend auch ihr Dienstleistungsangebot an den jeweiligen Marktgegebenheiten ausrichten müssten.

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Marktorientierte vs. Öffentlich-rechtliche Börsen Marktorientierte Börsen beschaffen sich die erforderlichen finanziellen Mittel bei ihren Gläubigern und Gesellschaftern, die erwerbswirtschaftlich orientiert sind und dies auch von der Börse erwarten. Der Wettbewerb mit anderen Börsen kann Überkapazitäten im Börsenangebot auslösen, das dann bei marktwirtschaftlicher Orientierung zu einer Marktbereinigung führen kann, z.B. indem sich verschiedene Börsen zusammenschließen. Auch kann ein Zusammenschluss Kostensenkungen erlauben und die Markttiefe der gehandelten Wertpapiere verbessern. Wird eine Börse in privatrechtlicher Form, z.B. in der Form einer AG, geführt, dann kann sie ihre Aktien in einem IPO dem Publikum offerieren und sich selbst an einer Börse listen lassen. Der Aktienkurs der Börse signalisiert dann, inwieweit die Anleger das Geschäftsmodell der Börse, auch im Vergleich zu anderen gelisteten Börsen, als Erfolg versprechend betrachten. Eine erwerbswirtschaftlich orientierte Geschäftsführung ist von öffentlich-rechtlichen Unternehmen nicht zu erwarten.

Mit der Internationalisierung des Börsengeschäfts entstand ein weiterer Konflikt: Eine IHK ist ortsgebunden und kann daher möglicherweise nur ihren lokalen Mitgliedern Zugang zur Börse verschaffen. Demgegenüber ist eine Börse, insbesondere eine weltweit operierende elektronische Börse, ohne weltweite Mitglieder gehandicapt. Daher entwickelte Friedrich von Metzler, von Mitte 1989 bis 1993 Börsenpräsident bzw. Vorsitzender des Börsenvorstandes, konkrete Vorstellungen zur Neustrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Privatisierung wurde auf ungewöhnliche Art vorgenommen:582 Die Börse blieb als Anstalt des öffentlichen Rechts bestehen, jedoch wurde die Trägerschaft von der IHK auf die neue, privatrechtliche und erwerbswirtschaftlich orientierte Frankfurter Wertpapierbörse AG übertragen. Damit verbunden war ein unter rechtlichen, insbesondere arbeits-, vermögens- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten komplexer Transfer von der IHK auf die AG. Die private Trägerschaft der öffentlichrechtlichen Börse bestand ab Januar 1991. 583 Auch weiterhin, d. h. auch im Rahmen der neuen Lösung, galt für die Börse das Börsengesetz, unabhängig vom Träger. Die Verwaltungstätigkeit des Börsenvorstands blieb hoheitlicher Natur, er konnte weiterhin Verwaltungsakte erlassen. Auch die Satzungen der Börse galten unverändert. Damit wurde der Einfluss der Frankfurter Wertpapierbörse AG als privater Träger deutlich eingeschränkt.584 Die Zielsetzung der Entscheidungsträger der öffentlich-rechtlichen Anstalt wurde indessen komplexer, da auch die Ziele des privaten Trägers zu berücksichtigen waren. Im Juli 1990 wurde die Frankfurter Wertpapierbörse AG von sieben Banken, der Kursmaklerkammer und einem Vertreter der Freimakler gegründet und Anfang August 1990 ins Handelsregister eingetragen.585 Im November 1990 beschlossen die Gesellschafter eine Kapitalerhöhung, um sämtliche Börsenmitglieder als Aktionäre aufzunehmen. Die später gegründete Deutsche Börse AG (DBAG) erhielt sämtliche Anteile an der jungen Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Deutschen Terminbörse und am Deutschen Kassenverein und damit auch an der Deutschen Wertpapierzentrale. Diesem Schritt waren schwierige Verhandlungen mit den Regionalbörsen vorausgegangen, die um ihre Stellung angesichts einer starken Frankfurter Börse besorgt waren.586 Im November 1991 bot die Frankfurter Wertpapierbörse AG den sieben Regionalbörsen eine 10-prozentige Beteiligung an der geplanten Deutsche Börse AG an. Zusammen mit den Anteilen der Regionalbanken entfielen damit auf die Regionalbanken und Regionalbörsen fast 33 Prozent der Anteile. Nach Annahme dieses Angebots beschloss die Hauptversammlung der Frankfurter Wertpapierbörse AG am 11. Dezember 1992, die Frankfurter Wertpapierbörse AG in Deutsche Börse AG umzubenennen. Vorübergehend wurde von Metzler auch Aufsichtsratsvorsitzender der DBAG. Im Jahr 1993 übernahm Rolf-E. Breuer dieses Amt und wurde Präsident der öffentlichrechtlichen FWB, Werner Seifert wurde Vorsitzender des Vorstands der Deutsche Börse AG. Zu Beginn des Jahres 2001 veranstaltete die DBAG selbst einen IPO, ihre Aktie wurde erstmals im Februar 2001 in Frankfurt notiert.

VIII. Die Deutsche Terminbörse 1. Vorbilder

Wie im Kapitel zur Börsenentwicklung bis 1980 ausgeführt, wuchs das internationale Finanzgeschäft seit den 1960er-Jahren ebenso wie die damit einhergehenden Risiken erheblich. Der Risikozuwachs bei Finanzinstrumenten und Finanzintermediären stärkte naturgemäß den Bedarf, die Risiken wenigstens teilweise abzusichern. Dazu boten sich Termin- und Optionskontrakte an. Die Bewertung von Terminkontrakten, also außerbörslich gehandelten Forwards und börslich gehandelten Futures, war verhältnismäßig leicht und damit nutzerfreundlich. Dagegen war die Bewertung von Optionen schwierig. Den Durchbruch schafften Black und Scholes 1973 mit ihrer genialen Arbeit zur Optionsbewertung.587 Dieses auf strengen Prämissen beruhende Modell war relativ leicht anwendbar. Daher implementierten in den USA zahlreiche Optionshändler bereits im Jahr 1975 das Black-Scholes-Modell und passten es gemäß ihren Marktbeobachtungen an. Damit war es nun möglich, die Bewertung und das Hedging mit Optionen zu berechnen, was den Handel von Optionen nachhaltig begünstigte. Die Chicago Board Options Exchange CBOE startete den Handel von Finanz-Kaufoptionen (Calls) im Jahr 1973, von Finanzverkaufsoptionen (Puts) 1977. Ab dem Jahr 1975 gab sie die Transaktionspreise elektronisch bekannt, im selben Jahr eröffnete sie auch die Options Clearing Corporation, so dass Gegenpartei-Risiken weitgehend ausgeschaltet wurden. Die Zahl der in den USA jährlich gehandelten Futureskontrakte wuchs exponentiell im Zeitraum von 1954 bis 1983 von ca. 5 auf mehr als 140 Millionen Kontrakte.588 An der 200

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CBOE wuchs der jährliche Optionshandel bis 1999 auf etwa 160 Millionen Calls und etwa 90 Millionen Puts. Dieses enorme Wachstum rief weltweit andere Börsen auf den Plan. In Deutschland konnten Optionen auf Aktien seit 1970 gehandelt werden. Die zugrundeliegenden Optionskontrakte waren allerdings nicht standardisiert, die Glattstellung einer einmal eingegangenen Position war schwierig, weswegen der Optionshandel nicht erfolgreich verlief.589 Er verbesserte sich erst 1983 mit der Einführung standardisierter Optionskontrakte, die auch eine Glattstellung ermöglichten. Gut 95 Prozent des deutschen Optionsgeschäfts wurden in Frankfurt abgeschlossen.590 Anderweitig in Europa schritt die Entwicklung schneller voran. Bereits 1978 wurde in Amsterdam die European Options Exchange (EOE) für den Handel von Futures und Optionen gegründet. In London starteten die Bemühungen um eine Terminbörse in den 1970er-Jahren, 1982 nahm die London International Financial Futures Exchange (LIFFE) den Handel in Finanzderivaten auf. In Stockholm startete der börsenmäßige Optionshandel OM im Jahr 1985, ein Jahr danach die französische Terminbörse MATIF, 1987 die zweite französische Terminbörse MONEP, die sich auf den Handel von Derivaten auf Aktien und Indizes spezialisierte. Anfangs arbeiteten die europäischen Terminbörsen mit einem computerunterstützten Parketthandel. Dann wurde 1988 in der Schweiz die erste voll elektronische Terminbörse mit Clearing, die SOFFEX, eröffnet. Anfang der 1990er-Jahre gab es weltweit schon über 30 Terminbörsen.

2. Errichtung und Arbeitsweise der Deutschen Terminbörse

In Deutschland galten Finanzderivate noch in den 1980er-Jahren als fragwürdige Spekulationsinstrumente.591 Erst 1985 starteten die international tätigen deutschen Großbanken eine Initiative für eine deutsche Terminbörse. Am 30. Oktober 1987592 sprach sich der Börsenvorstand der FWB dafür aus, diese Börse nach hessischem Recht zu gestalten, Marktmacher mit Zwang zu verbindlicher Kursfeststellung seien unerwünscht, die Liquidität solle durch freiwillige Marktmacher gesichert werden. Ein wichtiger Promoter war Rolf-E. Breuer, Kapitalmarktvorstand der Deutschen Bank. Auf einer Sitzung des Ausschusses für Wertpapierhandelsfragen der FWB im November 1987 berichtete er über den Stand der Arbeiten.593 Über die Notwendigkeit einer deutschen Terminbörse bestehe in der Bundesrepublik Konsens bei allen maßgeblichen Stellen. Turbulenzen der jüngsten Zeit an den internationalen Finanzmärkten hätten erneut gezeigt, dass ein leistungsfähiger Terminmarkt unbedingt gebraucht werde. Eine solche Börse sei als Zentralbörse mit einem Marktmacher-System, vollkommener Computerisierung und zentralem Clearing zu konzipieren.

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Breuer argumentierte, das Geschäft auf dem Parkett sei zu teuer: Händler müssten um 11 Uhr die Bank verlassen, dann ihre Handelsaktivitäten in einem anderen Gebäude (der Börse) fortsetzen und um 15 Uhr wieder zurückgehen. Mit dem Computer werde die Präsenzbörse mehr und mehr ohne Menschen funktionieren, der Bildschirm trete vollständig an die Stelle des bisherigen Kommunikations- und Informationssystems, auch wenn das Auktionssystem vorläufig beibehalten werde.594 Im Jahr 1988 wurde die Deutsche Terminbörse (DTB) als gewinnorientiertes Unternehmen in der privaten Rechtsform einer GmbH gegründet. Die DTB GmbH war Träger der öffentlich-rechtlichen Deutschen Terminbörse, an der der Terminhandel abgewickelt wurde. Auf Einladung von Breuer übernahm Jörg Franke die Geschäftsführung der GmbH und baute sie ‚auf der grünen Wiese‘ auf. Anfangs war es schwierig, elektronisch versierte Mitarbeiter zu gewinnen. Die DTB kaufte frühzeitig das elektronische System der SOFFEX, das von der Schweizer Börse zusammen mit Arthur Andersen entwickelt worden war. In eineinhalb Jahren harter Arbeit adaptierten die außerordentlich engagierten Mitarbeiter der DTB zusammen mit Anwälten das System an deutsche Vorgaben. Es war ein Bravour-Stück, dass der Handel an der DTB bereits am 26. Januar 1990 starten konnte. Für alle danach errichteten europäischen Börsen avancierte die DTB zum Vorbild. Gesellschafter der DTB GmbH waren Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, die Deutsche Girozentrale, die DG Bank, die Bayerische Vereinsbank und die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank. Im Jahr 1993 übernahm die DBAG die DTB als Tochtergesellschaft. Fünf Jahre später schlossen sich die DTB und die SOFFEX zur Eurex (European Exchange) zusammen, deren Anteile zu gleichen Teilen von der DBAG und der Swiss Exchange gehalten wurden. 2012 übernahm die DBAG sämtliche Anteile an der Eurex. Die DTB setzte wie zuvor die SOFFEX nicht nur ein grundlegend neues Geschäftsmodell, sondern auch ein neues Handelsmodell um. Der Parketthandel wurde durch einen vollautomatisierten elektronischen Handel ersetzt. Ein zentraler Computer der DTB führte alle Orders zusammen und ‚matchte‘ sie nach einem klar definierten Regelsystem. Die Teilnehmer des Börsenhandels gaben die Orders in ihre Terminals von ihren jeweiligen Büros aus ein. Sie konnten sich jederzeit über das Börsengeschehen elektronisch informieren, da alle Transaktionen sofort bekanntgegeben wurden. Zudem erhielten die Händler einen partiellen Einblick in das Orderbuch an der Börse. Der Handel war jedoch anonym: Die Personen, mit denen man handelte, waren nicht erkennbar. Eine weitere Stärke des computerisierten Handels an der DTB bestand im elektronischen Clearing über ein eigenes Clearing-House. Erfüllungsrisiken waren damit weitgehend ausgeschaltet.595 Der automatische Abgleich von Angebot und Nachfrage der Orders erlaubte einen jederzeitigen Handel, denn der Zentralcomputer prüfte automatisch, ob eine Kauf- und eine Verkaufsorder zusammenpassten. Wenn ja, dann führte der Computer beide Orders zusammen, d. h. er ‚matchte‘ sie. Wenn z. B. ein Händler eine Option auf eine Aktie kaufen wollte und er im Orderbuch der Börse eine Verkaufsorder für diese Option 202

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sah, deren Kurslimit für ihn akzeptabel war, dann konnte er eine unlimitierte Kauforder (Marktorder) eingeben. Der Computer suchte dann unverzüglich die Verkaufsorder mit dem niedrigsten (und damit für den Käufer günstigsten) Kurslimit heraus und vollzog das Matching automatisch zu diesem Kurs. War die vom Käufer gewünschte Menge größer als die vom Verkäufer angebotene, so führte der Computer automatisch die noch nicht erfüllte Marktorder mit der nächstgünstigen Verkaufsorder im Orderbuch zu deren Kurslimit zusammen. Bei liquiden Wertpapieren sind zahlreiche Abschlüsse von Orders in kurzer Zeit zu erwarten. Bei illiquiden Papieren, zu denen insbesondere einige Optionen gehören, ist dies allerdings problematisch. Deswegen setzte die DTB für den Optionshandel Marktmacher ein, nicht aber für den Future-Handel. Die Marktmacher verpflichteten sich, auf einen ‚quote request‘, eine Kursanfrage eines Börsenteilnehmers für Verkauf oder Kauf, mit einem Geld- und einem Brief kurs zu antworten. Auf Anfrage eines Börsenteilnehmers erklärte sich also der Marktmacher bereit, auf eigene Rechnung eine maximale Menge zu einem Geldkurs zu kaufen oder zu einem höheren Brief kurs zu verkaufen. Um dieses Verfahren effektiv zu gestalten, limitierte die DTB die Höhe der Geld-Brief-Spanne. Die Marktmacher wurden für ihren Service mit Privilegien belohnt, insbesondere stellte ihnen die Börse geringere Gebühren in Rechnung. Offenbar war es für Händler attraktiv, diesen Marktmacher-Service anzubieten, auch weil die Börse ihre Zahl begrenzte. Von Zeit zu Zeit prüfte sie die Qualität der Services der Marktmacher. Wenn ein Marktmacher keine guten Service leistete, konnte er ermahnt oder durch einen anderen ersetzt werden. Damit waren Marktmachern Risiken aufgebürdet. Denn wenn sie ein Wertpapier kauften oder auch leer verkauften, übernahmen sie diese Position auf eigene Rechnung und trugen damit ein Kursrisiko. Wie bereits erläutert, wuchs die von ihnen gestellte Geld-BriefSpanne üblicherweise mit dem Transaktionsvolumen und mit dem Grad der Illiquidität des Wertpapiers, sprich: der voraussichtlichen Dauer bis zur Glattstellung der Position. Der Marktmacher konnte den Kurs gemäß seinen eigenen Handelswünschen in die von ihm gewünschte Richtung treiben und damit ‚verzerren‘. Der Kurs, zu dem er eine Order ausführte, spiegelte daher den ‚Gleichgewichtskurs‘ vermutlich weniger präzise wider als ein im Auktionsverfahren ermittelter Kurs. Allerdings wurde der Spielraum des Marktmachers durch die Konkurrenz anderer Marktmacher stark eingeschränkt.

3. Gehandelte Kontrakte

Am 26. Januar 1990 wurden erstmalig Optionen auf 14 liquide Aktien an der DTB gehandelt.596 Ab 23. November 1990 wurden auch Futures gehandelt, zuerst auf langfristige Bundesanleihen (BUND) und auf den DAX. Bereits am 16. August 1991 wurden Optionen auf den DAX und auf den BUND-Future gehandelt, am 24. Januar 1992 Optionen auf Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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den DAX Future. Am 4. Oktober 1991 startete der Handel von Futures auf mittelfristige Bundesobligationen (BOBL), am 15. Januar 1993 der Handel von Optionen auf diesen Future. Später kam der Handel von Futures auf den Dreimonats-Geldmarktsatz FIBOR. Ab dem 18. Dezember 1998 wurden nur noch Optionen auf Aktien, die im DAX enthalten sind, gehandelt. Im Jahr 1999 wurden alle Derivate auf Euro-Derivate umgestellt. Ein Future konnte ebenso wie eine Option unabhängig von der eigenen Position im betreffenden Wertpapier gekauft oder verkauft werden. Der temporäre Leerverkauf eines Wertpapiers, das der Verkäufer gar nicht hatte, war jedoch nicht einfach zu bewerkstelligen. Leichter war es, eine ähnliche Position über den Verkauf einer Option oder eines Futures darzustellen. Ebenso war es für einen Händler, der DAX-Optionen handelte und sich teilweise absichern wollte, einfacher, sich mit einem DAX-Future als mit einem DAX-ETF abzusichern. Ähnliches galt für Bundesanleihen. Dies erklärt den aktiven Handel von Futures. In der Kontraktgestaltung richtete sich die DTB nach den international üblichen Usancen.597 So wurden Futures auf Kassa-Instrumente gehandelt, außerdem Optionen auf Kassa-Instrumente, aber auch Optionen auf Futures. Die Optionen wurden standardisiert, indem nur vier Verfallstermine pro Jahr und auch nur eine begrenzte Zahl von Basiskursen eingeführt wurden. Dies ermöglichte es den Händlern damals (wie heute), ihre Positionen in einer Option durch weitere Käufe oder Verkäufe derselben Option anzupassen, oder auch glatt zu stellen. In der Tat wurden weitaus die meisten DAXOptionen vor Verfall glattgestellt.598 Die Händler konnten und können ebenso ihre Positionen in einem Future vor Verfall des Futures glattstellen oder bis zum Verfall stehen lassen. Bleibt ein Future auf eine Bundesanleihe bis zum Verfall stehen, dann kommt es zur physischen Lieferung. Der Future-Verkäufer liefert dann eine Anleihe, die er bereits hat oder die er kauft. Wäre nur eine bestimmte Bundesanleihe zur Lieferung zugelassen, so könnte es zu einem ‚market squeeze‘ kommen. Der Inhaber dieser Anleihe, der einen großen Bestand der Anleihe hält, kann versuchen, die Anleihe zu einem überhöhten Preis an die FutureVerkäufer abzugeben. Um dies zu vermeiden, wird dem Future-Verkäufer das Recht eingeräumt, bei Verfall aus verschiedenen vordefinierten Anleihen eine für die Lieferung auszuwählen. Dieses Recht wird als Cheapest-to-deliver-Option bezeichnet: Der Future-Verkäufer wird bei Verfall die Anleihe liefern, die für ihn den kleinsten Lieferverlust verursacht. Der Marktwert dieser Cheapest-to-deliver-Option wird dem FutureVerkäufer durch eine Senkung des Future-Kurses bei Verkauf des Futures in Rechnung gestellt.599 Von Beginn an besorgte die DTB das Clearing über ein eigenes Clearing House. Die Aufgabe eines Clearing House besteht darin, beim Kauf oder Verkauf eines Finanzderivats als vertragliche Gegenpartei aufzutreten und dafür einzustehen, dass die Verpflichtungen aus dem Finanzderivat jederzeit erfüllt werden. Daher muss das Clearing 204

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House dafür sorgen, dass jeder Händler seine Verpflichtungen aus seinen Futures- und Options-Positionen stets erfüllen kann. Zu diesem Zweck etablierte die DTB – wie andere Terminbörsen – ein Sicherheiten System (Margining-System). Ein Abschluss kam und kommt nur zustande, wenn eine Anfangssicherheit geleistet wurde. So muss der Käufer einer Option sofort den Optionspreis bezahlen, der Käufer oder Verkäufer von Futures muss eine finanzielle Sicherheit leisten. Der Verkäufer der Option muss den empfangenen Optionspreis als Sicherheit hinterlegen. Diese Sicherheiten sind später der tatsächlichen Kursentwicklung der zugrunde liegenden Wertpapiere anzupassen, wobei sich die Höhe der Sicherheit nach der Volatilität des Kurses des zugrunde liegenden Wertpapiers, also seinem Kursrisiko, richtet, sowie der Laufzeit des Futures bzw. der Option.600 Über ein elektronisches Management kann das Clearing House jederzeit die Existenz und Qualität von Sicherheiten prüfen und gegebenenfalls weitere Sicherheiten einfordern und damit als zwischengeschaltete Gegenpartei eine Garantie für die Abwicklung von Orders geben. Werden zusätzlich geforderte Sicherheiten nicht geleistet, so wird die Position des Derivatehändlers zwangsweise glattgestellt. Somit wird das Abwicklungsrisiko des Anlegers weitgehend eliminiert. Die Börse berücksichtigt bei ihren Sicherheitsanforderungen auch, dass sich das Ausfallrisiko eines Anlegers mit Positionen in mehreren Derivaten nicht additiv aus diesen Positionen ergibt. So können sich gegebenfalls die Werte aus einzelnen Derivaten gegenläufig entwickeln. Auch generieren Bundesanleihen, die der Anleger als Sicherheit hinterlegt hat, einen partiellen Wertausgleich zu verkauften Bund-Futures. Dann ist das Ausfallrisiko des Anlegers entsprechend geringer. Dies berücksichtigt die Börse, indem sie die geforderten Sicherheits-Anforderungen entsprechend reduziert. 601 Den beeindruckenden Erfolg der DTB zeigten die jährlichen Stückzahlen von gehandelten Options- und Future-Kontrakten bis zum Jahr 2016, dargestellt in den Abbildungen 2 bis 5. Seit September 1998 handelten die Mitglieder der DTB und der SOFFEX gemeinsam auf der Plattform der Eurex. Das erhöhte die Zahl der gehandelten Kontrakte erheblich. Bereits 1998 rangierte die DTB weltweit im Terminhandel auf Platz zwei nach dem Chicago Board of Trade, 1999 übernahm die Eurex Platz eins.602 Die Zahl der auf einzelne Aktien ebenso wie auf den DAX gehandelten Optionen stieg bis zur Finanzkrise rasch an, um danach deutlich abzufallen. Das galt abgeschwächt ebenfalls für die Zahl der DAX-Futures sowie auch für die Futures auf Bundesanleihen und Bundesobligationen. Demgegenüber hatte sich die Zahl der Optionen auf den Bund-Future ebenso wie auf den BOBL-Future von Anfang an bescheidener entwickelt und zeigte nach der Finanzkrise keinen klaren Trend. In den Abbildungen ist die unterschiedliche Skalierung der vertikalen Achse zu berücksichtigen. So stieg der Handel im Bund-Future auf das Doppelte des BOBL-Futures. Der Bund-Future wurde zum führenden Future auf länger laufende Staatsanleihen im Euroraum. Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Abbildungen 2 bis 5: Entwicklung des Handels mit Options- und Future-Kontrakten an der DTB, 1991–2016 Call

Put

Total

250

200

150

100

50

0 1991

1996

2001

2006

2011

2016

Abbildung 2: Zahl der aus der DTB gehandelten Kauf- und Verkaufsoptionen auf Aktien und Summe (Millionen Stück)

DAX-Futures

DAX-Optionen

120

100

80

60

40

20

0 1991

1996

2001

2006

2011

2016

Abbildung 3: Zahl der an der DTB gehandelten DAX-Futures und DAX-Optionen (Millionen Stück)

206

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Quelle: Deutsche Bundesbank, Kapitalmarktstatistik, Beiheft 2 zu den Monatsberichten, Abschnitt V. BUND-Futures

Optionen

400

350

300

250

200

150

100

50

0 1991

1996

2001

2006

2011

2016

Abbildung 4: Zahl der an der DTB gehandelten BUND-Futures und Optionen auf den Future (Millionen Stück) BOBL-Futures

Optionen

180

160

140

120

100

80

60

40

20

0 1991

1996

2001

2006

2011

2016

Abbildung 5: Zahl der an der DTB gehandelten BOBL-Futures und Optionen auf den Future (Millionen Stück)

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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4. Elektronischer versus Parketthandel

Zu den wichtigsten Vorteilen des elektronischen Handels gegenüber dem Parketthandel zählen die Kostenvorteile. Die Händler müssen nicht mehr persönlich auf dem Parkett anwesend sein, sondern können an ihrem normalen Arbeitsplatz die Orders elektronisch in ihre Terminals eingeben (‚remote trading‘). Gerade für Finanzintermediäre, deren Arbeitsplatz vom Parketthandel weit entfernt ist, entsteht ein enormer Kostenvorteil durch den elektronischen Handel, wie das folgende Zitat belegt „Firms that traded similar Bund volumes at Eurex and Liffe needed 60 peoples in London vs. only 10 for Eurex.“603 Das automatisierte Zusammenbringen von Orders durch einen zentralen Computer erspart auch den Makler. Die elektronische Börse kann daher den Händlern geringere Gebühren in Rechnung stellen. Zum Erfolg der DTB trug auch die Transparenz ihres Handels bei. Die sofortige Publizität aller Transaktionen wie auch der partielle Einblick ins Orderbuch beschnitten Informationsvorsprünge einzelner Händler und sorgten für gleiche Wettbewerbsbedingungen der Händler unabhängig von ihrem Domizil. Der Einblick ins Orderbuch war insbesondere dann wichtig, wenn nur wenige Transaktionen stattfanden. Allerdings wurde Frontrunning auch an der DTB beobachtet, insbesondere bei wenig liquiden Aktienoptionen. Die DTB bemühte sich, dieses Verhalten einzuschränken. ‚Remote Trading‘ stieß bei den Regionalbörsen auf wenig Begeisterung, weil es einen Handel an Regionalbörsen insoweit überflüssig machte. Daher versuchte die DTB frühzeitig, mit Terminals die Mitglieder der Regionalbörsen in den DTB-Handel einzubinden. Elektronik ist indessen an keine nationalen Grenzen gebunden. Daher lag es nahe, an die DTB angeschlossene Terminals nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland aufzustellen. Dagegen bezogen deutsche Großbanken Stellung, die befürchteten, dass ihre ausländischen Kunden dann selbst an der DTB handeln würden.604 DTBTerminals im Ausland setzten – außer in der Schweiz – allerdings eine Genehmigung der Aufsichtsbehörden des Gastlandes voraus. Naturgemäß versuchten die Börsen der Gastländer, diese Genehmigungen zu behindern. Als im Februar 1992 die DTB plante, Terminals in London aufzustellen, behauptete die englische Presse, die DTB manipuliere ihre Umsatzzahlen, worauf hin sich die britischen Aufsichtsbehörden weigerten, eine Genehmigung zu erteilen, und diese an die Klärung der Vorwürfe knüpften.605 Vermutlich bestand in London die Sorge, dass die DTB der LIFFE Umsatz wegnehmen könnte. Bereits 1993 erließ jedoch die EG die europäische Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, die 1996 in Kraft trat. Danach durften die Aufsichtsbehörden eines EG-Landes die Einrichtung von Terminals einer Börse eines anderen EG-Landes nicht behindern. Im Vorgriff darauf erlaubten die holländischen Aufsichtsbehörden bereits 1993, ein DTB-Terminal in Amsterdam aufzustellen, von dem aus Makler auf eigene Rechnung an der DTB handeln durften. 1994/95 wurden enge Kontakte zum französischen MATIF aufgebaut, der noch 208

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traditionell arbeitete. Beide Märkte sollten miteinander verbunden werden, so dass jeder Händler an der DTB auch am MATIF und umgekehrt elektronisch handeln konnte. Die kleineren französischen Händler weigerten sich jedoch, ihr Handelssystem zu elektronisieren. Im Ergebnis handelten größere französische Banken und Broker an der DTB.606 1994/95 gaben auch die britischen Aufsichtsbehörden ihren Widerstand auf, so dass ab 1995 Terminals in London aufgestellt wurden. Die für den Handel von Aktienoptionen zuständige amerikanische Aufsichtsbehörde SEC hat Terminals der DTB in den USA nie genehmigt. Sie hegte Misstrauen gegen den deutschen Anlegerschutz. Vielleicht wollte sie auch US-amerikanische Terminbörsen vor Wettbewerb schützen. Für den Handel von Futures auf Waren und Anleihen ist allerdings die CFTC (Commodity Futures Trading Commission) zuständig. Sie genehmigte 1997 den diesbezüglichen Handel und die Aufstellung der ersten DTB-Terminals in den USA.607 Die Internationalisierung des Handels an der DTB war einer der Schlüssel zu ihrem Erfolg. Schließlich standen im Jahr 1998 mehr Terminals im Ausland als in Deutschland, auch trug das Ausland mehr als die Hälfte zum Umsatz der DTB bei. Die Internationalisierung erforderte indessen auch, sich mit den unterschiedlichen Wirtschaftsgesetzen in den Ländern zu befassen, in denen Terminals standen. Denn die Kontrakterfüllung musste gesichert werden. Im Jahr 2000 startete die CBOT ihren elektronischen Handel mit einem angepassten DTB-Handelssystem unter dem Namen Alliance-CBOT-Eurex.608 Einen spektakulären Wettkampf lieferten sich die DTB und die LIFFE im Handel von Bund-Futures.609 In London war frühzeitig bekannt geworden, dass in Deutschland eine Terminbörse aufgebaut werden sollte. Daher bemühte sich die LIFFE bereits im Jahr 1987, das Einverständnis der Deutschen Bundesbank für den Handel von Bund-Futures an der LIFFE einzuholen.610 Dies gelang schließlich und so startete die LIFFE den Handel von Bund-Futures im September 1988. Auch die deutschen Banken handelten diesen Kontrakt im Wesentlichen über die LIFFE. Als die DTB den Handel im November 1990 aufnahm, musste sie anfangs mit bescheidenen Handelsvolumina kämpfen. Sie startete dann allerdings eine sehr intensive Werbekampagne in Deutschland und in London. Unter anderem bot sie den Banken in London die Aufstellung eines kostenlosen Terminals für ein Jahr an. Dies löste einen raschen Lernprozess bei den Banken aus. Wie bereits ausgeführt, merkten sie, dass die Personalkosten des Handels an der elektronischen Börse DTB nur einen Bruchteil derjenigen an der Parkettbörse LIFFE betrugen. Daher verlagerten immer mehr Banken ihren Bund-Future Handel an die DTB. Von 1993 auf 1994 verdoppelte sich die Zahl der an der DTB gehandelten Kontrakte, der entscheidende Durchbruch kam 1998. Der Anteil des Bund Future-Handels der DTB relativ zum Volumen an DTB und LIFFE verdoppelte sich rasch, ausgehend von etwa 40 Prozent; noch 1998 stellte die LIFFE den Bund-Future Handel ein. Damit war der Wettkampf zwischen elektronischer und Präsenzbörse entschieden. Auch die LIFFE stellte ihr System auf Elektronik um. Das DTB-Team hatte einen einAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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drucksvollen Erfolg errungen und damit neue Standards für den Börsenhandel gesetzt. Die Befürchtung, dass eine elektronische Börse seelenlos sei und daher nicht funktioniere, hatte sich nicht bewahrheitet. Ebenfalls spielte offenbar an der Parkettbörse das Vertrauen, das darauf beruhte, dass sich die Teilnehmer kannten, keine große Rolle. Der Handel an der elektronischen Börse war und ist anonym und erleichtert insoweit Fehlverhalten einzelner Marktteilnehmer. Das schien aber den Handel nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Auch zeigte sich, dass die Transparenz des Orderbuchs an der elektronischen Börse von den Marktteilnehmern besonders in Zeiten geringer Informationsintensität geschätzt wurde, also in Zeiten, in denen nur wenige Transaktionsdaten verfügbar waren.611

IX. Xetra 1. Schwächen des deutschen Kassamarktes

Während die DTB im Januar 1990 den voll elektronischen Handel von Terminkontrakten eingeführt hatte, war die Entwicklung im Kassamarkt noch nicht so weit fortgeschritten. Ab April 1991 konnten an das System angeschlossene gewerbliche Handelsteilnehmer, d. h. Kreditinstitute, Makler, Wertpapierfirmen, Aktien und Anleihen sowohl in IBIS 2 als auch in BOSS-CUBE handeln. Wer mehr auf den anonymen elektronischen Handel setzte, nutzte IBIS 2. Wer mehr dem nicht-anonymen Parketthandel vertraute, setzte auf BOSS-CUBE an einer der deutschen Börsen. Genügte damit der deutsche Börsenhandel den Anforderungen der Marktteilnehmer? Im November 1991 präsentierte Rolf-E. Breuer verschiedene Kritikpunkte zum deutschen Börsenhandel.612 Er monierte die zum Teil heftigen Kurssprünge an den Verfallstagen von Futures und Optionen und führte diese auf eine mangelhafte Transparenz von Kassa- und Terminmärkten zurück. Der Makler habe zwar einen Informationsvorteil, weil nur er die Orderlage am Kassamarkt kenne, er kenne jedoch nicht den maklerlosen Terminmarkt, so dass er absehbare, durch den Terminmarkt induzierte Kassakäufe und Kassaverkäufe nicht berücksichtigen könne. Daher komme es zu für Makler und Händler überraschenden Kursbewegungen. Eine wirkungsvolle Arbitrage zwischen Termin- und Kassamarkt sei nicht möglich. Auch sei die Arbitrage zwischen IBIS 2 und Parkettbörse nicht ausreichend. Diese Probleme führten nach Breuer dazu, dass Anleger bei größeren Transaktionen in den außerbörslichen Handel abwanderten, obgleich sie dort größere Abwicklungsrisiken tragen müssten. Der außerbörsliche Handel sei eine wichtigere Konkurrenz als die Börsen in London oder Paris. Die Lösung zahlreicher Probleme sah Breuer im Auf bau eines Elektronischen Handelssystems EHS, in das vor allem die großen Werte einbezogen werden sollten. Das 210

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EHS benötige keine Kursmakler, sondern Spezialisten, die jederzeit freiwillig für einen Markt sorgten. Die traditionelle Parkettbörse solle durch das EHS abgelöst werden.613 Es konnte nicht überraschen, dass sowohl die Makler als auch die Regionalbörsen dieses Handelssystem als Bedrohung für sich selbst wahrnahmen und es deswegen bekämpften. Wie bereits oben beschrieben, gelang es der Frankfurter Börse nur unter Schwierigkeiten, den Widerstand der Regionalbörsen zu überwinden, indem sie diesen einen Kapitalanteil an der DBAG einräumte. Obwohl dies bereits im November 1991 geschah, wurde IBIS 2 erst im November 1997 durch das neue Elektronische Handelssystem Xetra abgelöst.

2. Der Umbruch mit Xetra

Von 1995 bis 1998 verantworteten Michael Kuhn und Frank Gerstenschläger die Umsetzung des Xetra-Projekts an der Börse. Mit dem Xetra-Projekt wurden mehrere Ziele verfolgt. Neben einer voll elektronischen Börse mit hohem Komfort für die Händler sollten marktgerechte Ausführungspreise, geringe Transaktionskosten sowie Gleichberechtigung, Standortunabhängigkeit und Anonymität der Handelspartner, die Anleger eingeschlossen, erreicht werden. Dabei waren Systemstabilität und jederzeitige Systemverfügbarkeit zu sichern. Die Einführung von Xetra geschah über verschiedene Stufen (‚releases‘), die dazu dienten, das Handelssystem schrittweise im Markt einzuführen, das Produktangebot attraktiv zu gestalten und neuen rechtlichen Gegebenheiten anzupassen. Vorab wurde im Juni 1997 die neue grafische Benutzeroberfläche von Xetra noch auf Basis der IBIS-Funktionen veröffentlicht. Damit sollte den Nutzern die Gewöhnung an das neue System erleichtert werden, bevor im November 1997 die IBIS-Funktionen durch die neuen Xetra-Funktionen abgelöst wurden. Alle aktiven IBIS-Teilnehmer wechselten sofort zu Xetra.614 Wie in IBIS 2 erhielten die Handelsteilnehmer vollständige Einsicht in das Orderbuch, in dem alle noch nicht ausgeführten Orders verzeichnet waren. In IBIS 2 konnte ein Handelsteilnehmer eine im Orderbuch stehende Order durch Klick abräumen, also auf eigene Rechnung ausführen. Wollte er eine größere Stückzahl handeln, dann musste er nacheinander verschiedene Orders anklicken. In Xetra wurde dies erheblich vereinfacht. So konnte ein Handelsteilnehmer z. B. eine billigst-Kauforder mit einer gewählten Stückzahl eingeben. Xetra glich die Order dann automatisch mit der im Orderbuch stehenden Verkaufsorder aus (‚matching‘), die das niedrigste Kurslimit aufwies, und sicherte dem Käufer damit den günstigsten verfügbaren Kurs. Mit der Feststellung des Kurses war diese für alle Handelsteilnehmer sichtbar. Bei einer Kauforder mit einer größeren Stückzahl wurde automatisch zuerst die Verkaufsorder mit dem niedrigsten Kurslimit erfüllt,

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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danach die Verkaufsorder mit dem dann niedrigsten Kurs usw. Dies geschah blitzschnell. Bekanntgemacht wurde der letzte Kurs. Ab Oktober 1998 führte die Börse verschiedene neue Stufen des Xetra-Handels ein, die im nachfolgenden Kapitel von Gomber/Clapham eingehend beschrieben werden, ebenso wie der enorme Erfolg von Xetra. Eine nahe liegende Weiterentwicklung des elektronischen Handels vollzogen Kreditinstitute und Wertpapierfirmen um das Jahr 2000, als sie ihren Kunden selbst den Handel über elektronische Handelsplattformen ermöglichten (online brokerage). Die Kunden können seitdem von zuhause aus ihre Wertpapierorder selbst in ihren Computer eingeben und elektronisch an ihren Kommissionär (Kreditinstitut oder Wertpapierhandelsfirma) weiterleiten, bei dem ihr Wertpapierdepot geführt wird. Der Kommissionär prüft elektronisch, ob die Voraussetzungen für die Ausführung der Order erfüllt sind. Wenn ja, wird die Order sofort an den vom Kunden gewünschten Handelsplatz weitergeleitet. Auch werden alle Schritte von der Ordereingabe bis zur möglichen Ausführung elektronisch mit Zeitstempel dokumentiert. Der Kunde wurde somit autonom.

X. Der Neue Markt 1. Ausgangssituation

Wie bereits oben im Kontext der Neuordnung der Marktsegmente (vgl. Kapitel IV) erläutert wurde, war die Kapitalbeschaffung über einen Gang an die Börse (Initial Public Offering IPO) für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland in den 1980er-Jahren wie zuvor ein großes Problem. Auch das 1986 eingeführte Segment ‚Geregelter Markt‘ löste das Problem nicht. Zum Ende der 1980er- und zu Beginn der 1990er-Jahre stagnierte die Zahl der jährlichen IPOs in Deutschland bei rund 20 Börsengängen, was im internationalen Vergleich sehr wenig war. Lag deren Zahl in Deutschland auch 1995 noch bei 20, waren es in Großbritannien 184 und in den USA 846. Auch waren die in Deutschland an die Börse gehenden Unternehmen viel älter als in den USA und in Großbritannien.615 Beispielsweise ging die später zum Vorzeigeunternehmen avancierte SAP AG erst 1989 im Alter von 17 Jahren an die Börse. In den USA übernahm die NASDAQ als Technologiebörse 1982 eine Vorreiterrolle für die Börsennotiz junger Unternehmen mit ihrem Segment NASDAQ Small Cap Market. Ihre Hauptfunktion bestand darin, Firmen bereits in einem frühen Entwicklungsstadium eine Kapitalmarktfinanzierung zu ermöglichen. Die London Stock Exchange LSE schuf für kleinere Unternehmen 1980 den Unlisted Securities Market mit geringeren Qualitätsanforderungen, der schnell wuchs.616 1995 kreierte die LSE mit dem Alternative Investment Market ein ähnliches Segment. 1996 folgte die Pariser Börse mit dem Marché Nouveau. 212

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An der Frankfurter Wertpapierbörse wurde im Jahr 1996 die Planung eines Segments ‚Neuer Markt‘ intensiv vorangetrieben. Kernelement war die Schaffung einer neuen Unternehmensklasse mittelgroßer, innovativer Wachstumsunternehmen. Die Börse warb mit dem Slogan „Ideen suchen Kapital, Kapital sucht Idee“. Um den Erfolg zu sichern, wurden hohe Transparenz und Publizität angestrebt sowie eine überdurchschnittliche Liquidität des Marktes. Eine aktive Vermarktung und eine europäische Dimension des Neuen Marktes sollten Sichtbarkeit und Internationalität untermauern.617 Die geplante Gründung des Marktsegments Neuer Markt war auch getrieben von der Ende der 1990er-Jahre einsetzenden Euphorie um den Begriff der New Economy, der signalisierte, dass die industrielle Massenfertigung von Waren einer weitgehend auf die Verbreitung von Informationen gerichteten Produktion innovativer Dienstleistungen weichen werde. Mit der Umrüstung der Wirtschaft seien völlig neue Geschäftsmodelle verbunden, weil in Zukunft nicht mehr die Knappheit von Gütern deren Marktpreis bestimme, sondern dieser von den digitalen Verbreitungsmöglichkeiten abhänge. Die Informationstechnik, Multimedia-Unternehmen, Unternehmen der Biotechnologie und der Telekommunikation seien die Wachstums- und Ertragsbringer der kommenden Jahre. Trotz dieser Einschätzung war man sich in Frankfurt der Risiken eines solchen Neuen Marktes durchaus bewusst. Nicht nur könnten junge Unternehmen es vorziehen, an die NASDAQ zu gehen, sondern es bestünde auch die Gefahr, dass die jungen Unternehmen sich als noch nicht börsenfähig erwiesen. Daher könnten Finanzintermediäre zögern, als Emissionsbegleiter mitzuwirken. Darüber hinaus könnte es zu überhöhten Emissionspreisen und einem anschließenden starken Kursverfall kommen.

2. Rechtliche Regelung

Ein Besuch der mit der Planung befassten Personen, insbesondere Volker Potthoff und Rainer Riess, in den USA machte deutlich, dass es erheblicher Anstrengungen bedurfte, um dem Misstrauen in den USA gegenüber dem deutschen Börsenhandel entgegenzuwirken. Dies lag auch daran, dass die Regulierung des Börsenhandels in Deutschland lange Zeit schwächer als in den USA war. Daher wurden die Anforderungen an den Emissionsprospekt gegenüber dem Geregelten Markt erheblich verschärft: Am Neuen Markt sollte ein Unternehmen nur dann zugelassen werden, wenn es seit mindestens drei Jahren bestand, ausnahmsweise seit einem Jahr.618 Der Emissionsprospekt war in deutscher und englischer Sprache abzufassen. Er musste die wichtigsten Kennzahlen der letzten drei Geschäftsjahre nebst Erläuterung enthalten. Neben der vom Handelsgesetzbuch geforderten Rechnungslegung nach deutschem Recht musste auch eine Rechnungslegung entweder nach IAS (International Accounting Standards) oder nach US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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erstellt werden. Ebenfalls musste der Prospekt Ausführungen über die strategische Ausrichtung des Emittenten, insbesondere die Erschließung neuer Absatzmärkte, die Verwendung neuer Verfahren und das Angebot neuer Produkte oder Dienstleistungen für die nächsten Geschäftsjahre enthalten. In einem gesonderten Teil sollte der Prospekt auf die Risikofaktoren eingehen, die einen erheblichen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage des Emittenten haben könnten. Allerdings beschränkte sich die Prüfung der Zulassungsunterlagen im Wesentlichen auf formale Kriterien. Die Börse hatte strenge Zulassungsbedingungen erlassen, um Schnäppchenjägern den Börsengang zu erschweren. Der Neue Markt-Ausschuss der Börse konnte sich zwar auch die materielle Seite ansehen und gegebenenfalls ‚den wollen wir nicht‘ äußern, letztlich waren ihm jedoch die Hände gebunden. Nach Zulassung zum Neuen Markt sollte der Emittent Quartalsberichte veröffentlichen, die auch eine Kapitalflussrechnung enthielten. Ebenfalls hatte sich der Emittent zur ad hoc-Publizität zu verpflichten. Außerdem gab es eine Lock up-Periode von sechs Monaten: Die Gesellschafter des an die Börse gehenden Unternehmens durften ihre Aktien nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem IPO veräußern. Um die Liquidität des Handels zu fördern, mussten der voraussichtliche Kurswert der zuzulassenden Aktien mindestens 10 Millionen DM betragen und eine breite Streuung der Aktien im Publikum mit mindestens 15 Prozent gesichert sein. Eine wesentliche Neuerung am Neuen Markt war der Betreuer.619 Jeder Emittent hatte einen Betreuer zu benennen, der den gesamten Prozess begleitete und später als Liquiditätsspender für einen liquiden Handel sorgte. Der Betreuer sollte den Emittenten bereits bei der Emission begleiten ebenso wie bei späteren Kapitalerhöhungen, er sollte Unternehmensanalysen initiieren oder auch durchführen, er sollte bei der Erstellung von Zwischenberichten helfen und das Management von Investor Relations organisieren. Durch Stellen von Geld-Brief-Kursen auf Anfrage sollte der Betreuer die Liquidität des Marktes gewährleisten und auch eine Indikation für den Marktpreis liefern. Er sollte dem Emittenten regelmäßig über den Aktienhandel berichten. Am Neuen Markt wurde jede Aktie auf Xetra und auf dem Parkett gehandelt, wobei für Xetra mindestens zwei Designated Sponsors erforderlich waren, während auf dem Parkett der Skontroführer auch als Marktmacher fungierte. Die Preisfeststellung richtete sich nach den Vorschriften des amtlichen Handels.

3. Zum Erfolg des Neuen Marktes

War der Neue Markt, der am 10. März 1997 eröffnet und gut sechs Jahre später wieder geschlossen wurde, ein Erfolg? Da man den Erfolg an verschiedenen Kriterien messen kann, fallen die Ergebnisse unterschiedlich aus.620 Faktum ist, dass es mit dem Neuen 214

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Markt gelang, zahlreiche junge technologieorientierte Wachstumsunternehmen an die Börse zu bringen. So gab es in den Jahren 1997 elf, 1998 41, 1999 131, 2000 133, 2001 elf Börsengänge und 2002 einen, zusammen 328 IPOs am Neuen Markt, das entspricht 68 Prozent aller IPOs im Zeitraum 1997 bis 2002 in Deutschland.621 Mehr als ein Viertel der IPOs kam von ausländischen Unternehmen. Damit war es der DBAG gelungen, einen internationalen Neuen Markt zu schaffen. Insgesamt haben die IPOs am Neuen Markt den Unternehmen 24,2 Milliarden Euro an Eigenkapital gebracht. Das ist ein beachtliches Volumen. Die IPOs fanden vor allem in den Jahren 1999 und 2000 statt. Dies überrascht nicht, denn Firmen planen einen Börsengang insbesondere in einem ‚günstigen‘ Börsenumfeld, das vor allem an den Kursbewegungen der jeweils jüngeren Zeit festgemacht wird. Der NEMAX All Share, ein Performanceindex für die am Neuen Markt notierten Unternehmen, explodierte förmlich von einem Niveau von gut 500 am ersten Handelstag am 10. März 1997 auf etwa 8560 am 10. März 2000.622 Ein Unternehmen, das an die Börse gehen wollte, konnte daher kaum etwas Besseres machen als rasch einen IPO zu starten. Es war die Begeisterung der Anleger für die Unternehmen der New Economy, die immer mehr Anleger in den Neuen Markt trieb. Legten im Jahr 1997 etwa 3,9 Millionen Deutsche ihr Geld direkt in Aktien an, so stieg diese Zahl auf etwa 6,2 Millionen im Jahr 2000.623 Unterstützt wurde dies durch ein intensives Marketing der Emittenten und der begleitenden Emissionsbanken. Den Startschuss für ein intensives Marketing hatte kurz vor Eröffnung des Neuen Marktes die Deutsche Telekom mit ihrem IPO gegeben. Der frühere Börsenpräsident Michael Hauck urteilte in diesem Zusammenhang über das Marketing am Neuen Markt: „Banken und Börsengebäude wurden nächtelang in rosa Licht getaucht mit dem Logo der Telekom. Das Fernsehen und die Presse wurden mit einem riesigen Werbeetat als Werbeträger benutzt. Mit etwas Übertreibung ausgedrückt: Es fand eine gigantische öffentliche Kursmanipulation zu Gunsten des Emittenten statt“.624 Die Börse unterstützte das neue Marktsegment durch eigenes Marketing. Sie gründete dazu im Jahr 2000 die Neuer Markt.com AG625, die Finanzdaten auf bereiten und über Lizensierung und Verkauf weitergeben sollte. Bereits im Dezember 2001 wurde allerdings die Einstellung des operativen Geschäfts beschlossen mit der Begründung, dass die Neuer Markt.com AG das Ziel, ein führendes Finanzportal in Europa zu werden, bei weitem verfehlt habe.626 Die Nutzung von Online- und Offlineplattformen für Finanzdaten im Internet sei zusammengebrochen. Der Marktanteil der Plattform repräsentierte lediglich ein Prozent der Onlineauftritte der Wirtschaftspresse. Dazu trug vermutlich bei, dass bereits 2001 das Image des Neuen Marktes stark angeschlagen war. Die die Emissionen begleitenden Banken, zu denen vor allem weniger bekannte Banken zählten, verdienten viel Geld an den Emissionen. Sie nutzen die im Privatkundengeschäft aktiven Banken zum Vertrieb der Aktien. Die jungen Aktien wurden zeitweise Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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den Banken förmlich aus den Händen gerissen. Aus Frustration darüber, dass er die gewünschten Aktien bei der Zeichnung nicht bekam, ging so mancher Anleger zum Konzertzeichnen über: Wenn er z. B. 100 Aktien wünschte, orderte er vielleicht 500 Aktien, um schließlich 100 Aktien zu erhalten. Banken konnten die Zuteilung auch nutzen, um ihren besonders wichtigen Kunden junge Aktien zu verschaffen. Dieses Verhalten zog allerdings immer mehr Kritik auf sich. Daher gingen die Banken dazu über, ‚faire‘ Zuteilungsregeln zu entwickeln, die dann auch eingehalten wurden. Die Begeisterung der Anleger wurde auch durch die hohen Emissionsrenditen getrieben. Die Emissionsrendite eines Papiers errechnet sich aus dem Quotienten von erstem Kurs und Emissionskurs. Notiert z. B. ein Papier mit einem Emissionskurs von 100 an der Börse erstmalig zu 149, dann ergibt dies eine Emissionsrendite von 49 Prozent. Über die Jahre 1997 bis 2002 ergab sich für alle IPOs eine durchschnittliche Emissionsrendite von 48 Prozent. Im Jahr 1997 betrug sie 56, 1998 79, 1999 44, 2000 46, 2001 9,4 und 2002 (bei nur noch einem IPO) 2,4 Prozent. Bei diesen Zahlen handelt es sich (mit Ausnahme von 2002) um Durchschnittswerte, der Median627 war erheblich niedriger. Aber auch die schlechteste Emissionsrendite war 1997 und 1998 positiv, erst 1999 fiel sie mit -13 Prozent negativ aus, im Folgejahr betrug sie -28 Prozent und 2001 -21 Prozent.

4. Kurs-Hype und Kursverfall

Von der Eröffnung des Neuen Marktes an dauerte der Kurs-Hype genau drei Jahre. Am 10. März 2000 repräsentierten die 229 am Neuen Markt notierten Unternehmen einen Marktwert von 234 Milliarden Euro. Der Hype war nicht nur ein deutsches Phänomen, auch der NASDAQ-Index zeigte eine ähnliche Bewegung wie der NEMAX. Dies hat vermutlich die Anleger in falscher Sicherheit gewogen. Neben dem Marketing der Emittenten, der Börse und der Emissionsbanken spielten vermutlich auch Bewertungsprobleme eine Rolle. Die Bewertung junger Unternehmen ist besonders schwierig. Denn im Allgemeinen gibt es nur eine kurze Historie dieses Unternehmens, so dass mangels Erfahrung Zahlen für die kommenden Jahre schwer zu schätzen sind. Gerade im IT-Bereich gab es junge Unternehmen, die neue Geschäftsmodelle entwickelten. Ob sich aber ein Geschäftsmodell am Markt durchsetzen würde, war ungemein schwer abschätzbar. Nicht selten fuhren junge Unternehmen in ihren ersten Jahren nur Verluste ein, wie z. B. auch Amazon. Eine Bewertung auf Basis geschätzter Cashflows wurde zwar von den Wertpapier-Analysten versucht, musste aber mit vielen spekulativen Annahmen arbeiten. Dies führte zu wenig verlässlichen Bewertungsergebnissen. Diese erlaubten den Optimisten positive Phantasien, und es sind die Optimisten, die tendenziell an der Börse kaufen. Wenn diese fragwürdige Bewertungsmethoden nutzten, kam es leicht zu exorbitanten Wertsteigerungen. 216

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Abbildung 6: Entwicklung des Aktienindex Nemax All Share (oben) und des NASDAQ Composite Index (unten)

Quelle: Berkholz, M., Nemax Index – die Geschichte von Boom und Crash; in GeVestor, 09.Juni 2020; NASDAQ Composite https://www. macrotrends.net/1320/nasdaqhistorical-chart

Der NEMAX All Share erreichte am 10. März 2000 seinen Höchststand mit 8560, am letzten Handelstag, dem 5. Juni 2003, endete er bei 403. Das war ein Kurseinbruch von gut 95 Prozent. Dies wirft die Frage auf, ob die Kursbildung am Neuen Markt von ausgeprägter Irrationalität der Anleger geprägt war. Einen Anhaltspunkt für eine Antwort könnten die Emissionsrenditen liefern, ebenso die Renditen, die ein Anleger auf längere Frist erzielt hätte, wenn er die Aktien zu den Emissionskursen bzw. zu den ersten Börsenkursen erworben hätte:628 a) Die durchschnittliche Emissionsrendite von 48 Prozent könnte dahingehend interpretiert werden, dass die Emittenten bei den IPOs zu geringe Emissionserlöse erzielten (underpricing). Hohe Emissionsrenditen wurden indessen auch in den USA seit längerem erzielt und waren Gegenstand intensiver akademischer Diskussion. Zu einer hohen Emissionsrendite kann es kommen, wenn zwischen der Festlegung des Emissionskurses und der ersten Börsennotiz mehrere Tage liegen, in denen das allgemeine Kursniveau steigt. Dies ist gerade in Zeiten eines Kurs-Hype zu erwarten. Dann wäre der Effekt marktgetrieben und mit ökonomischer Theorie vereinbar. Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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Eine andere Erklärung könnte sein, dass die Emissionsbanken nach Schließung der Zeichnung mitteilen, dass die Emission vielfach überzeichnet worden ist. Dies deutet darauf hin, dass die Anleger, die bei der Zeichnung leer ausgingen, versuchen werden, sich möglichst rasch mit den neuen Aktien einzudecken. Das würde ebenfalls im Einklang mit der ökonomischen Theorie eine hohe Emissionsrendite signalisieren. Allerdings bleibt dann die Frage, ob bei Festlegung des Emissionskurses das Verhalten der Anleger richtig eingepreist wurde. Ein weiteres Argument könnte darauf beruhen, dass die Emissionsbanken im Wege des Underwriting den Absatz der neuen Aktien unterstützten. Allerdings war dies meist kein ‚hard underwriting‘ mit Garantie eines vereinbarten Emissionskurses. Mit dem Emittenten wurde die Preisvorstellung besprochen und ausgehandelt. Generell wurde ein Rücktrittsrecht oder eine Preisanpassung vereinbart, wenn die Nachfrage (aus welchen Gründen immer) nicht das Emissionsvolumen abdeckte. Um das damit verbundene Reputationsrisiko zu senken, lag es im Interesse der Emissionsbank, den Emissionskurs relativ niedrig anzusetzen. Auch konnte sie dann die jungen Aktien, die nicht gezeichnet wurden, leichter zu einem Kurs über dem Emissionskurs an der Börse veräußern. Schließlich konnten auch Informationsasymmetrien eine Rolle gespielt haben. Nach dem Phänomen ‚Fluch des Gewinners‘ (‚winner’s curse‘) gibt es gut und schlecht informierte Anleger. Die gut informierten Anleger können frühzeitig den Fundamentalwert der Aktie abschätzen, die schlecht informierten können dies nicht. Die gut informierten Anleger werden daher die Aktien nicht zeichnen, wenn der Emissionskurs über dem geschätzten Fundamentalwert liegt.629 Bei den schlecht informierten Anlegern gibt es Optimisten und Pessimisten. Die Optimisten werden mangels besserer Information die jungen Aktien zeichnen. Sie fühlen sich als Zeichnungsgewinner, erleben aber anschließend nicht selten ein Debakel, weil sie dann feststellen, dass die Börsennotiz unter dem Emissionskurs liegt.630 Für diese auf Informationsasymmetrie basierende These spricht auch die Beobachtung, dass die deutschen Banken in der DOT.COM Blase bis 2003 (so wird der Kurs-Hype mit anschließendem Kursverfall in den Märkten für junge, innovative Unternehmen bezeichnet) kaum Geld durch Aktien am Neuen Markt verloren haben. Sie hatten vermutlich den Fundamentalwert der Aktien besser abschätzen können und daher ihre Aktien relativ frühzeitig abgestoßen, während andere Anleger darauf sitzen geblieben waren. Allerdings wurden den Banken die jungen Aktien meist aus den Händen gerissen, so dass sie kaum Bestände hatten; vielleicht entstanden solche Bestände später wieder durch Kurspflege.631 Anhand ökonometrischer Untersuchungen kommt Lubig zu dem Schluss, dass die Emissionsrenditen am Neuen Markt besonders gut durch Informationsasymmetrien und durch Emission in den Zeiten, in denen der Marktindex stark stieg (‚hot issue‘Phasen), erklärt werden können.632

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b) Lubig untersuchte auch die Renditen, die ein Anleger erzielt hätte, wenn er die Aktien im Neuen Markt zu den Emissionskursen gekauft und sie dann zwölf oder 24 Monate im Bestand gehalten hätte. Die folgende Tabelle zeigt die Bestandshalterenditen in Prozent für zwölf Monate und für 24 Monate nach dem IPO für die verschiedenen Emissionsjahre. Dabei werden jeweils der Durchschnitt und der Median angegeben. Tabelle 1: Bestandshalterenditen eines Anlegers, der alle Aktien zum Emissionskurs kaufte und zwölf bzw. 24 Monate im Bestand hielt (in Prozent)

Emissionsjahr

1997

1998

1999

2000

2001

2002

1997– 2002

12 Monate Mittelwert

623

180

162

-49

-42

-54

86,8

12 Monate Median

166

84

70

-64

-45

-54

0,0

24 Monate Mittelwert

656

279

-38

-79

-77

-

5,3

24 Monate Median

166

98

-68

-87

-85

-

-75,4

Quelle: Tabelle zitiert nach Lubig, Underpricing, S. 116, 121.

Die Bestandshalterenditen bezeugen im Wesentlichen den Kurs-Hype bis zum Jahr 2000 und den anschließenden Kursverfall am Neuen Markt. Hätte ein Anleger alle Aktien jeweils für zwölf Monate gehalten, hätte er im Durchschnitt eine sehr eindrucksvolle Rendite von 87 Prozent erwirtschaftet. Bei 24 Monaten Bestandshaltedauer hätte er allerdings nur gut 5 Prozent erwirtschaftet, wenn man den IPO 2002 ausklammert. Der Median berücksichtigt nicht die teilweise extremen Renditen einzelner Wertpapiere. Für 12 Monate liegt er bei null Prozent, bei 24 Monaten bei -75 Prozent, so dass die Hälfte der Aktien eine Rendite über -75 Prozent und die andere Hälfte darunter zeigte. Für die USA errechneten Loughran und Ritter633, dass ein Investor 43,8 Prozent mehr Geld in IPO Aktien hätte investieren müssen, um über fünf Jahre Bestandshaltedauer dasselbe Endvermögen zu erzielen wie bei einem Investment in bereits notierte Aktien. Dies deutet darauf hin, dass die Emissionskurse (trotz überwiegend positiver Emissionsrenditen) häufig überhöht waren. Vor der Emission wurde die Braut durch diverse Aktivitäten des Emittenten und Marketing der Emissionsbanken häufig sehr aufgehübscht, ohne dass die Anleger dies richtig verstanden. Für deutsche IPOs im Zeitraum 1983 bis 1991 fand Sapusek ebenfalls überwiegend eine längerfristige Underperformance.634 c) Zusätzlich errechnete Lubig auch die Bestandshalterenditen, die ein Investor erzielt hätte, wenn er die Aktien nicht zum Emissionskurs, sondern jeweils zum ersten Börsenkurs gekauft hätte.635 Es überrascht nicht, dass die Renditen, bereinigt um die Emissionsrendite, deutlich niedriger ausfallen. So ergab sich über den gesamten Zeitraum eine Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

219

durchschnittliche Bestandshalterendite über zwölf Monate von 39,2 Prozent, der Median liegt jedoch bei -34,3 Prozent. Auf 24 Monate ergaben sich eine durchschnittliche Rendite von -30,5 Prozent und ein Median von -81,6 Prozent. Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu interpretieren. Sie werden sehr stark durch den anfänglichen Kurs-Hype und den anschließenden Kursverfall getrieben.

5. Die Emittenten

Die wilden Kursbewegungen am Neuen Markt verdeckten den Blick auf die Emittenten. Wie bereits ausgeführt, hatte die Deutsche Börse deutlich strengere Zulassungsbedingungen als im Geregelten Markt durchgesetzt. Auch mussten die Emittenten nach dem IPO schärfere Berichtspflichten erfüllen. Das alles konnte indessen nicht verhindern, dass zahlreiche Emittenten relativ bald in die Insolvenz gingen. Dies wirft die Frage nach den Ursachen auf. Hier waren verschiedene Effekte zu unterscheiden. Erstens ist bekannt, dass bei jungen Start-up-Unternehmen lediglich ein bis zwei von zehn Gesellschaften mittelfristig überleben. Da es sich am Neuen Markt um junge, innovative Unternehmen handelte, war von vornherein zu erwarten, dass eine nicht unerhebliche Zahl wieder ausscheiden würde, sei es durch Insolvenz, Übernahme oder Liquidation. Immer mehr Unternehmen verfehlten ihre Prognosen aus der Zeit vor dem Börsengang. Die erste Insolvenz wurde bereits im September 2000 angemeldet. Zahlreiche weitere folgten.636 Zweitens setzte der Kurs-Hype auch kriminelle Energie frei. So versuchten einige Emittenten, mit betrügerischen Methoden und Angaben Geld einzusammeln, ohne dass ein entsprechender Gegenwert für die Anleger entstand. Am 23. Februar 2001 wurde eine Firma wegen Verstoßes gegen das Regelwerk ausgeschlossen. Mehr und mehr Aktien stürzten ab und notierten im Penny-Bereich. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2001 belegt: „Kaum ein Unternehmen erfüllte alle vom jeweiligen Rechnungslegungssystem geforderten Angaben vollständig.“637 So wurden Quartalsabschlüsse oft verspätet eingereicht. Mehreren Unternehmen wurde betrügerisches Verhalten nachgewiesen, so auch betrügerische Bilanzierung nicht vorhandener Assets. Es folgten Strafprozesse mit teilweise erheblichen Strafen für die Unternehmensinhaber. Diese Betrugsfälle ruinierten das Ansehen des Neuen Marktes. Zudem kam es zu weiteren Insolvenzen: Im September 2007 waren 61 von 328 Unternehmen insolvent, also etwa 18,5 Prozent.638 Am 10. März 2002 stellte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Werner Seifert, in seiner ‚Geburtstagsrede‘ fest: „Die neue moralische Dimension liegt darin, dass Investoren und Arbeitnehmer dazu verführt wurden, Risiken zu akzeptieren, die sie nicht verstanden haben und die sie teilweise nicht wissentlich akzeptieren mussten. Gierige Manager und Geldgeber haben Risiko auf andere Leute abgewälzt, ohne deren informierte Zustimmung einzuholen, und 220

Günter Franke

sie haben damit deren bekannt erscheinende Risikoposition unterminiert. Venture Capitalists haben ‚high risk-start-ups‘ an die Märkte gebracht, ohne die Investoren über die damit verbundenen Risiken zu informieren. Dadurch ist ein moralisches Vakuum entstanden, das keine klare Linie zieht zwischen akzeptablem und unakzeptablem Risiko.“ 639 Für Seifert war es ein schwacher Trost, dass auch in London am Alternative Investment Market wie auch an der NASDAQ ähnliche Betrügereien aufgetreten waren. Weltweit bekannt wurden der Enron Skandal im Oktober 2001 sowie der WorldCom Skandal im Juli 2002 in den USA. Beide Firmen stürzten mit betrügerischen Methoden in die Insolvenz, die bekannte WP- und Beratungsfirma Arthur Anderson wurde wegen Beihilfe strafrechtlich verfolgt und aufgelöst. Die Börse versuchte, Unternehmen, die den Publizitätsanforderungen nicht genügten, mit strengeren Auflagen zu disziplinieren. Außerdem versuchte sie, Unternehmen zu ‚delisten‘, also von der Börse zu nehmen, deren Aktien im Penny-Bereich notierten oder die insolvent geworden waren. Dagegen klagten die Emittenten, überwiegend mit Erfolg. Das Delisting schädigte die Anleger, so dass es nur unter strengen Voraussetzungen möglich war. Die Börse beschloss darauf hin im September 2002, das Segment Neuer Markt ein Jahr später zu schließen. Soweit die verbliebenen Unternehmen an der Börse gelistet blieben, wechselten die meisten in den Amtlichen Handel, etwa halb so viele wechselten in den Geregelten Markt.640 Der NEMAX wurde durch den TecDax ersetzt. Über all diesen negativen Schlagzeilen darf indes nicht übersehen werden, dass sich einige Unternehmen, die bei Schließung des Neuen Marktes noch existierten, durchaus erfolgreich entwickelt haben. Hätte ein Anleger bei Schließung des Neuen Marktes die 50 verbliebenen Werte im NEMAX 50 gekauft, dann hätte dieses Portfolio den DAX geschlagen.641

XI. Verlierer der Elektronisierung: Makler und Regionalbörsen 1. Schicksal der Makler

Im traditionellen deutschen Parketthandel mit öffentlich-rechtlichem Charakter spielten die Kursmakler eine wichtige Rolle dafür, dass sich Vertrauen in die Kursfeststellung bilden konnte. Die amtlichen Kursmakler wurden vom jeweiligen Bundesland ausgewählt und vereidigt, sie übernahmen eine notarielle Funktion. In der Frankfurter Wertpapierbörse wies der Börsenvorstand in Absprache mit der Maklerkammer den Maklern die von ihnen zu betreuenden Papiere zu. Da die Einnahmen der Kursmakler aus der Courtage sehr unterschiedlich waren, gaben sie diese an die Maklerkammer ab, die sie dann unter den Maklern verteilte.

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

221

Um eine Verzerrung der Preisbildung durch andere Börsenmitglieder zu vermeiden, hatte allein der Kursmakler Einblick in ‚sein‘ Orderbuch. Dieses institutionelle Arrangement sollte Vertrauen schaffen. Einerseits war der Makler zur Neutralität, Unparteilichkeit und Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer verpflichtet, andererseits aber waren seine Eigengeschäfte unverzichtbar, um einen lebendigen und geordneten Marktverlauf zu gewährleisten. Er konnte sein Informationsprivileg aus der Einsicht in das Orderbuch nutzen, um aus seinen Eigengeschäften wenig riskanten Gewinn zu ziehen. Die Gewinne, die er erzielte, gingen zum Teil zu Lasten der ebenfalls an der Börse handelnden Kreditinstitute und freien Makler. Daher gab es mit diesen einen Interessenkonflikt. Die Kreditinstitute, die das Börsengeschehen dominierten, argumentierten, der Kursmakler dürfe nur einen Spitzenausgleich auf eigene Rechnung durchführen. Die Kursmakler hingegen argumentierten, das Börsengesetz sei großzügiger, da § 32 Abs. 2 Börsengesetz vom 28. April 1975 dem Kursmakler den Handel auf eigene Rechnung gestatte, soweit dies zur Ausführung der ihm erteilten Aufträge nötig sei. Die Kreditinstitute sahen die Interessenneutralität des Maklers auch wegen seiner anderen Engagements gefährdet. In den schon erwähnten Grundsatzüberlegungen zur Struktur der deutschen Börsen vom September 1989 argumentierte die Börsensachverständigenkommission642, die Makler (Kursmakler und freie Makler) nähmen im fortlaufenden Handel eine aktivere Rolle ein, so dass ihre Positionen in den Standardwerten nach Schätzungen auf über 50 Prozent aller Positionen kämen. Dieser Risikoanteil sowie ihre Teilnahme am außerbörslichen Handel gefährdeten ihre Interessenneutralität. Daher sei es wichtig, die Funktion der Makler wieder auf das gesetzlich normierte Maß zurückzuführen. Gleichzeitig solle der Markt liquide sein, wofür es eine starke Kulisse brauche, die vor allem aus freien Maklern bestehen solle. Für das von ihnen einzugehende hohe Risiko müssten sie eine entsprechende Rendite erwirtschaften. Umstritten war, ob die Kursmakler aus ihrer Aktivität tatsächlich übermäßig hohe Gewinne zogen (vgl. Kapitel VI.1). So meinte ein Vertreter einer Bank, der in der Handelsüberwachung der Börse tätig war, in den zwei Handelsstunden von 11.30 bis 13.30 Uhr verdienten die Kursmakler so viel Geld, dass sie ansonsten kaum noch arbeiten mussten. Die Kursmakler sahen dies natürlich anders. Eine empirische Untersuchung von Daten aus dem Jahr 1996643 kam zu einem anderen Ergebnis. Allerdings war das Wertpapierhandelsgesetz, das Frontrunning verbot, 1996 bereits in Kraft getreten. Alle Handelsdaten wurden elektronisch aufgezeichnet und der Handelsüberwachungsstelle vorgelegt. Freihube et al. untersuchten an 21 Tagen im Herbst 1996 elektronisch aufgezeichnete Daten des Handels von 15 Aktien in BOSSCUBE an der Frankfurter Börse. Sie fanden, dass die Makler in ihrem Handel auf eigene Rechnung in BOSS-CUBE im Durchschnitt nicht verdienten und gleichzeitig die Liquidität des Marktes über eine deutliche Verringerung der Geld-Brief-Spanne verbesserten. Der Anteil der Maklergeschäfte auf eigene Rechnung wurde in den Auktionen auf 20 222

Günter Franke

Prozent geschätzt, im fortlaufenden Handel sogar auf 40 Prozent. Da die Makler gleichzeitig in IBIS handelten, die Gewinne aus diesen Geschäften allerdings nicht bekannt sind, blieb die Frage offen, inwieweit die Makler insgesamt durch ihren Informationsvorsprung oder durch legitime Arbitragetransaktionen Geld verdienten. Der damalige Justitiar des Bundesverbandes der Kursmakler, Gerhard Commichau, beschreibt den Konflikt zwischen den Kreditinstituten und Maklern anschaulich644: Die die Börse beherrschenden Kräfte, insbesondere die Bankenvertreter, die auch in den Börsengremien die Mehrheit stellten, seien bestrebt gewesen, den Kursmaklern keinerlei weitere Eigenständigkeit zukommen zu lassen. Die deutschen Kursmakler seien stets vielfältigen Angriffen verschiedenster Marktbeteiligter ausgesetzt gewesen. Dies manifestierte sich auch in den Gremien der 1986 neu formierten Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, in denen die Makler keinerlei Mitspracherechte hatten. Im Jahr 1989 löste das Börsengesetz eine schärfere Überwachung der Makler aus, deren Bilanzen und laufenden Geschäfte nun geprüft werden mussten. Gefahr drohte den Kursmaklern auch von der Elektronisierung der Börsen.645 Wie erwähnt hatte der Big Bang in London dort bereits 1986 den Parketthandel beseitigt, die Jobber, die als Marktmacher ohne Orderbuch mit sichtbaren Geboten agierten, hatten ihren Job verloren. Die Kursmakler stellten sich der DTB jedoch nicht entgegen, obwohl ihren Wünschen einer institutionell verankerten Teilnahme am Terminhandel nicht entsprochen wurde. IBIS 1 wurde ohne Mitwirkung der Kursmakler eingeführt. Daher bauten die Makler zusammen mit Reuters wie erwähnt ihr eigenes Informationssystem MATIS auf. Auch in IBIS 2 war keine Mitwirkung der Regionalbörsen und damit der dort aktiven Makler vorgesehen. Erst nach mühsamen Verhandlungen gelang es den Regionalbörsen, ihren Mitgliedern Zugang zu verschaffen.646 Dadurch verlor MATIS seine Bedeutung und wurde eingestellt. Kursmakler gab es in dieser Funktion in IBIS 2 nicht mehr. Die größeren Banken stellten daher deren Rolle infrage und bezeichneten sie als „Heizer auf der ElektroLok“ oder als „Indianer in den Reservaten“ des deutschen Börsenwesens.647 Auch die freien Makler sahen sich zunehmendem Druck der Banken ausgesetzt. „Es liegt im Interesse der Kreditinstitute, die Makler abhängig und klein zu halten und auf das hergebrachte Tätigkeitsfeld zu beschränken“648, so der Bundesverband der Freien Makler. In Bankenkreisen würden immer neue Maßnahmen beraten, mit denen die Makler in Schranken verwiesen werden sollten, die Courtage solle weiter gekürzt werden. Außerdem gab es Streit zwischen den freien Maklern und den amtlichen Kursmaklern. Die freien Makler erkannten den Anspruch der amtlichen Makler, ihnen Courtage in Rechnung zu stellen, nicht an. Der courtagefreie Handel zwischen Kurs- und Freimaklern sei in Frankfurt lange Tradition.649 Da Makler im Terminhandel an der DTB und auch in IBIS 2 nicht mitwirkten, stellte sich die Frage nach ihrer Zukunft, dies umso mehr, als bereits seit Beginn der 1990erAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

223

Jahre an einem Elektronischen Handelssystem für Aktien und Renten gearbeitet wurde, das ebenfalls keine Kursmakler mehr kannte. Diese Planungen mündeten in Xetra, das ohne Kursmakler arbeitet. Lediglich in BOSS-CUBE, das im Jahr 2000 in XONTRO umbenannt wurde, gab es noch ein Skontro, das ein Skontroführer managte. Während einige Kursmakler sich zurückzogen, sahen andere ähnlich wie die freien Makler ihre Zukunft darin, aktiv am Handel auf eigene Rechnung teilzunehmen und Kundenorders im Kommissionsgeschäft an die Börse weiterzuleiten. Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz kam ihnen entgegen, indem es ihnen erlaubte, eine Kursmaklergesellschaft oder Wertpapierfirma in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft zu gründen. Bisher waren die Makler eingetragene Einzelkaufleute. Eine Wertpapierfirma/Kursmaklergesellschaft erlaubte mehreren Maklern, sich zu einer größeren Einheit zusammenzuschließen. Eine Kursmaklergesellschaft konnte als Kursmakler und als freier Makler tätig werden. Diese Firmen unterlagen allerdings auch der 1994 verabschiedeten KapitaladäquanzRichtlinie650, der zufolge die Kursmaklerfirmen ähnlich wie Wertpapierhandelsfirmen mindestens 130.000 ECU an Kapital vorzuhalten hatten. Hinzu kam das Kapitalerfordernis für die von ihnen übernommenen Wertpapier-Positionen. Im Ergebnis sollten deutsche Kursmakler ein Kapital von 1,35 Millionen DM ausweisen. Dies war eine erhebliche Hemmschwelle für die Zulassung neuer Kursmakler, die die die Gründung von Kursmaklergesellschaften förderte. Bereits im Januar 1991 verlangte der Deutsche Kassenverein für die Einrichtung eines Kontos von Wertpapier-Maklern/Wertpapierhandelsfirmen ein Eigenkapital von mindestens 6 Millionen DM.651 Im Dezember 1991 wurde beschlossen, Makler als Kontoinhaber bei der Deutschen Auslandskassenverein AG nur zuzulassen, wenn sie Kontoinhaber bei der Deutschen Kassenverein AG waren. Im Dezember 1991 wurde die Gründung eines Sicherungsfonds der freien Makler beschlossen, dessen Zweck die Absicherung der an der Börse zugelassenen Geschäftspartner war. Zusätzlich wurde zur Verdoppelung der Sicherheit eine Hermes-Bürgschaft über ein Jahresvolumen von 10 Millionen D-Mark eingeführt. Immerhin vermochten es die Makler, in der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie einen Ausnahmestatus zu erlangen. So galt der Europapass nicht für Kursmaklergesellschaften, weshalb im EG-Ausland zugelassene Kursmakler nicht an deutschen Börsen als Kursmakler tätig werden konnten. Anstatt die Rolle eines Marktmachers an der DTB zu übernehmen, ließen sich Kursmakler und freie Makler zu Maklerspezialisten weiterbilden.652 Deren Aufgabe ist es, den amtlichen Kurs festzustellen und gleichzeitig einen geordneten Marktverlauf sicherzustellen. Außerdem sind sie verpflichtet, im fortlaufenden Handel Geld- und Brief kurse zu stellen, so dass es nicht zu großen Kursveränderungen kommt. Da Maklerspezialisten an allen deutschen Börsen agierten, war über einen Informationsverbund der deutschen 224

Günter Franke

Börsen sicherzustellen, dass sich die an diesen Börsen notierten Kurse eines Wertpapiers anglichen. Daher waren die Geld- und Brief kurse ebenso wie die festgestellten Kurse und Wertpapierumsätze zu veröffentlichen. Maklerspezialisten waren und sind im Handel kleinerer Werte unerlässlich. Häufig werden auch die kleinen Orders von Privatanlegern über Maklerspezialisten abgewickelt. Da nur dann und wann Orders eingehen, könnte eine automatische Orderabwicklung zu abrupten Kursänderungen führen. Diese soll der Maklerspezialist verhindern. So überrascht es nicht, dass in BOSS-CUBE vor allem weniger liquide Werte gehandelt wurden, wohingegen Xetra in Deutschland im Handel liquider Werte mit Abstand dominierte. Ähnlich zu Maklerspezialisten sprangen und springen die ‚Designated Sponsors‘ in Xetra vor allem dann ein, wenn der Orderfluss stockt. Dies ist eher bei kleineren Werten der Fall. Diese Entwicklungen vermochten allerdings den Niedergang der Makler nicht zu verhindern. Hatte sich die Zahl der Kursmakler an der Frankfurter Börse von 21 im Jahr 1970 auf 42 im Jahr 1994 verdoppelt, so stieg die Zahl der freien Makler sogar von 25 auf 104.653 An allen deutschen Börsen zusammen gab es im Jahr 1994 106 Kursmakler und 181 freie Makler.654 Im Jahr 2019 gehörten dem Bundesverband der Wertpapierfirmen hingegen nur noch 14 Mitglieder an, die den Maklern zuzurechnen sind. Somit gehörten die Makler zu den großen Verlierern der Elektronisierung der Börsen, während die Maklerspezialisten, die vor allem im Handel kleinerer Werte aktiv wurden, an ihre Stelle traten.655

2. Der Kampf der Regionalbörsen

Die Idee einer EG-Zentralbörse war, wie oben ausgeführt, in den 1980er-Jahren auf die grundsätzliche Ablehnung der europäischen Börsen gestoßen und wurde nie verwirklicht. Dennoch verschoben sich nur wenig später die Gewichte zwischen den Börsen gravierend – ausgelöst durch die Elektronisierung. Wie gezeigt gerieten die deutschen Börsen in der Mitte der 1908er-Jahre international ins Hintertreffen, weshalb sie die reformierte Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen beauftragten, die überregionalen organisatorisch-technischen Fragen der deutschen Börsen zu klären. Infolge der starken Dominanz der Frankfurter Großbanken in der Arbeitsgemeinschaft forcierte diese jedoch letztlich die Erosion der Regionalbörsen. Die Elektronisierung warf die immer drängendere Frage einer gemeinsamen Vorgehensweise zwecks Einsparung von Kosten und Entwicklung effizienter Systeme auf. Die Regionalbörsen trieb indessen die Sorge um, durch die Elektronisierung in eine Nebenrolle des Handels gedrückt zu werden. In den Diskussionen um die zukünftiAufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

225

ge Börsenstruktur wurde allerdings durchaus die Auffassung vertreten, dass die Computerbörse keineswegs unvermeidlich zu Umsatzrückgängen bei den Regionalbörsen führen müsse.656 Für die zahlreichen Wertpapiergattungen, die nicht zu den an den Börsen international gehandelten Werten gehörten, bedürfe es weiterhin eines liquiden leistungsfähigen Marktes. Dabei sollten die Börsen in enger Beziehung zur Wirtschaft ihres regionalen Umfeldes stehen und zu deren Kapitalversorgung beitragen. Außerdem könnten ausländische Titel und auf fremde Währung lautende Werte eine größere Rolle spielen. Im Januar 1990 schlug die Börsensachverständigenkommission vor, dass die Regionalbörsen den Handel in Spezialwerten, die Frankfurter Börse hingegen den in umsatzstarken Papieren übernehmen solle. IBIS solle zu einem bundesweiten elektronischen Handelssystem, das in die Frankfurter Börse zu integrieren sei, ausgebaut werden, ohne Nachteil für die Regionalbörsen.657 Am 12. Juli 1991 schlossen die Geschäftsführer der deutschen Börsen einen Vertrag zur Integration von IBIS 2 in die Börsenordnungen der Regionalbörsen. Gleichzeitig wurde die Entwicklung der Deutschen Wertpapierzentrale DWZ vorangetrieben. Da die Frankfurter Wertpapierbörse in vielen Bereichen federführend war, strebten die Regionalbörsen eine Kapitalbeteiligung an der Deutsche Börse AG an, die sie auch erhielten. Das von der Frankfurter Börse über die Deutsche Wertpapierzentrale entwickelte Börsengeschäftsabwicklungssystem BÖGA und das Handelssystem BOSS-CUBE sollten auf Beschluss der Geschäftsführer der deutschen Börsen vom 6. Oktober 1992 für die Regionalbörsen übernommen werden. Dafür wurden Leistungen und Entgelte zwischen der Frankfurter Börse und den Regionalbörsen festgelegt, wobei die DWZ durch einen Lizenzvertrag mit der Frankfurter Börse in die Lage versetzt wurde, mit den Regionalbörsen Verträge für den Einsatz von BÖGA und BOSS-CUBE abschließen zu können. Dies trieb die technologische Zusammenarbeit zwischen den Börsen voran. Um den Informationsverbund zwischen den deutschen Börsen zu stärken, führten die Börsen Frankfurt, Düsseldorf, München und Berlin (mit ca. 90 Prozent Marktanteil) 658 am 1. Juli 1997 ein Dachskontro ein, durch das platzübergreifende Skontren für die Eröffnungsauktion, die Schlussauktion und die Auktion zur Ermittlung des Einheitskurses mit einem zentralen Skontroführer eingerichtet wurden.659 Diese Auktionen sicherten insoweit einheitliche Preise und damit eine ‚faire‘ Kursermittlung, ohne den fortlaufenden Handel zu zentralisieren. Insbesondere für die wenig liquiden Werte gab es kaum einen fortlaufenden Handel.

226

Günter Franke

Tabelle 2: Börsenumsätze 1980 bis 1993 in Aktien und in Renten (incl. IBIS) sowie jeweiliger Anteil der Frankfurter Wertpapierbörse.

Börsenumsatz Aktien in Deutschland (Milliarden DM)

Anteil FWB %

Börsenumsatz Renten in Deutschland (Milliarden DM)

Anteil FWB %

1980

32,9

43,4

50,3

50,0

1987

849

53,3

1185

76,4

1988

716

52,1

1641

78,5

1989

1377

54,0

1916

79,9

1990

1820

61,9

1841

69,7

1991

1358

66,1

2091

72,9

1992

1415

69,0

2186

69,0

1993

1986

71,2

4881

70,9

Quelle: ADBAG 1340337, internes Dokument, 9./10. September 1994. Ab 1987 steigen die Zahlen durch eine andere Messtechnik etwa im Verhältnis 3:1.660

Die tatsächliche Entwicklung der Handelsumsätze bestätigte nicht die Hoffnung einiger Regionalbörsen, dass die Elektronisierung den Handel kaum beeinträchtigen würde. Tabelle 2 zeigt den gesamten Umsatz deutscher Börsen in Aktien und Renten im Jahr 1980 und von 1987 bis 1993 sowie den jeweiligen Anteil der Frankfurter Wertpapierbörse. Der Zuwachs des Handels an der Frankfurter Börse fiel sehr deutlich aus. Während im Jahr 1980 der Anteil der Frankfurter Wertpapierbörse im Aktienbereich bei etwa 43 und im Rentenbereich bei etwa 50 Prozent lag, wuchs er bis zum Jahr 1993 auf ca. 71 Prozent im Aktien- und im Rentenbereich. Dieses Bild bestätigt auch Tabelle 3, die die Anteile des Handels an den einzelnen deutschen Börsen von 1987 bis 1994 wiedergibt. Während sich die einzelnen Regionalbörsen bis 1993 mit Ausnahme von Düsseldorf relativ stabil zeigten, verloren sie im Jahr 1994 mit Ausnahme der sehr kleinen Bremer Börse deutlich Marktanteile. Der Marktanteil von Düsseldorf sackte von 1987 bis 1994 von etwa 17 auf etwa neun Prozent ab. Damit war Düsseldorf besonders stark betroffen. Die dominante Position von Frankfurt wird auch in Tabelle 4 deutlich. Sie gibt per Ende 1992 die Zahl der an den einzelnen Börsen gelisteten Aktien, Renten und Optionsscheine an. Bei allen drei Kategorien nahm Frankfurt die führende Position ein. Auffällig war insbesondere der höhere Anteil ausländischer Wertpapiere in Frankfurt.

Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

227

Tabelle 3: Anteile der deutschen Börsenplätze an den Gesamtumsätzen (Aktien und Renten) aller deutschen Börsen (inklusive IBIS)*

Jahr

Frankfurt Düsseld.

München Hamburg Stuttgart

Berlin

Hannover Bremen

1987

66,9

17,1

5,1

4,6

2,5

2,4

0,8

0,6

1988

71,2

14,6

4,3

3,4

3,4

2,0

0,6

0,5

1989

66,1

18.6

6,1

4,2

3,0

1,9

0,6

0,5

1990

65,9

16,7

6,1

4,7

3,5

1,9

0,6

0,6

1991

70,4

13,4

5,4

3,8

3,7

1,6

1,0

0,7

1992

69,0

13,9

5,7

3,2

4,2

1,6

1,7

0,7

1993

71,0

10,8

5,3

3,0

4,1

3,4

1,7

0,7

1994 (1.10.)

75,7

9,1

4,6

2,3

3,6

2,8

1,0

0,9

* Angaben in Prozent, Zeilensumme 100 Prozent

Quelle: ADBAG 1340337, internes Dokument 9./10. September 1994.

Insges.

Bremen

Hannover

Berlin

Stuttgart

Hamburg

Mün-chen

Düsseldorf

Frankfurt

Tabelle 4: Anzahl der an deutschen Börsen gehandelten Wertpapiere, Stand Ende 1992*

Aktien insgesamt

875

518

544

482

275

416

167

119

1432

davon: inländische

496

354

318

296

191

337

156

112

790

ausländische

379

164

226

186

84

79

11

7

642

Festverzinsliche insgesamt

7177

4113

4009

3199

2156

1953

1318

891

18171

davon: inländische

5918

3798

3867

3046

2113

1870

1267

865

16809

Internationale Anleihen

1259

315

142

153

43

83

51

26

1362

Optionsscheine insgesamt

1106

612

471

376

190

211

36

24

1226

davon: inländische

911

585

463

364

188

207

34

23

1026

ausländische

195

27

8

12

2

4

2

1

200

Gesamtzahl

9158

5243

5024

4057

2621

2580

1521

1034

20829

* Eine Summierung der für alle Börsen angegebenen Werte zur Ermittlung des Bundeswertes ist nicht möglich, da ein Wertpapier an mehr als einer Börse notiert werden kann. Genussscheine zählen zu den Optionsscheinen.

Quelle: Wertpapier-Mitteilungen, übernommen aus Deutsche Börsen, Jahresbericht 1992.

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Günter Franke

Die Sorge in einzelnen Bundesländern verdeutlichte eine Anfrage der Fraktion der FDP/ DVP ‚Börsenplatz Stuttgart‘, Landtagsdrucksache 11/1852661 vom 7. Juni 1993. Darin hieß es: Mit der Einführung eines EHS (Elektronisches Handelssystem) sei das „Aus der Präsenzbörsen besiegelt, weil ein EHS so teuer kommen wird, dass sich die Teilnehmer darauf konzentrieren müssen, diese Kosten einzuspielen“. „Mittelgroße und erst recht kleinere Unternehmen gehen an der Zentralbörse unter“. Etwas später, am 12. November 1994, empfahl die Beratungsgesellschaft McKinsey, die Börsen in Stuttgart, Hannover, Hamburg und Bremen zu schließen. Mit der Einführung von Xetra im Jahr 1997 wurden die Regionalbörsen weiter geschwächt.662 Die Bremer Börse gab ihren Präsenzhandel im Jahr 2000 auf und wurde im Jahr 2007 aufgelöst. Der Präsenzhandel wurde in Hamburg Ende 2003, in Berlin 2006, in München 2009 und in Frankfurt Ende März 2012 eingestellt. Da der Handel in regionalen Werten für die Regionalbörsen keine große Rolle mehr spielte, mussten diese Börsen neue Strategien entwickeln, wenn sie überleben wollten. Einigen gelang dies recht gut, indem sie neue Marktsegmente auf bauten. So konnten sich Stuttgart, München und Hamburg wieder gut positionieren. Heute rangiert Stuttgart im internationalen ‚global-financial-centres-index‘663 auf Platz 49, nach Frankfurt auf Platz zehn und München auf Platz 43, vor Hamburg auf Platz 50. Der Index misst die Wettbewerbsfähigkeit eines globalen Finanzzentrums, die wesentlich auch vom Erfolg der örtlichen Börse abhängt. Als Beispiel einer Repositionierung dient die Börse Stuttgart.664 Zur Mitte der 1990erJahre gaben die Banken keinen Pfifferling mehr für die Stuttgarter Börse. Sie überließen die Geschäftspolitik der Börse daher den an der Börse tätigen Personen, insbesondere den Kursmaklern und Freimaklern. Zuvor hatte die Börse schon bei der bereits zitierten Landtagsdrucksache mitgewirkt, um die regionalen Politiker auf die Problemlage hinzuweisen. Als das Präsidium der Börse, das traditionell ein Mitglied der Deutschen Bank (sie war eng mit der Frankfurter Wertpapierbörse verbunden) innehatte, auf ein Vorstandsmitglied der Landesbank Baden-Württemberg überging, war der Frankfurter Einfluss in Stuttgart geschwächt. Das Landesinteresse gewann an Gewicht. Die Stuttgarter Makler entschlossen sich daher mit politischer Unterstützung, über ein besonders attraktives Angebot für kleinere Anleger ihre Stellung zu sichern. So führte die Stuttgarter Börse bereits 1995 ein Best Price System ein. Hierbei garantierte die Börse einen Preis für die Orderausführung, der mindestens so gut war wie in IBIS 2. Dies konnten die Stuttgarter Makler leisten, weil sie Zugang zu IBIS 2 hatten. Wenn sie also eine größere Position in BOSS-CUBE übernahmen, konnten sie diese rasch über IBIS 2 glattstellen. Dies ermöglichte ihnen, die Geld-Brief Spanne deutlich zu senken, während die Börse über feste Transaktionsgebühren ihre Einnahmen sicherte. Später wurde dieses Konzept mit dem Quality Liquidity Provider ausgebaut. Dieser Maklerspezialist verpflichtete sich, eine besonders enge Geld-Brief Spanne zu stellen und eine rasche Orderausführung zu Aufstieg zum globalen Wettbewerber (1980 bis 2002)

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sichern. 1997 wurde das Best Size System eingeführt, das auch die Eingabe von KleinstOrders über ein Stück erlaubte. Außerdem startete die Börse im Jahr 1999 den Handel von Derivaten. Mit ihrem Segment EUWAX hat die Börse Stuttgart eine erfolgreiche Plattform für den börslichen Handel von verbrieften Derivaten wie Optionsscheinen, Anlagezertifikaten und Aktienanleihen geschaffen. In diesem Segment erreichte die EUWAX innerhalb kurzer Zeit die dominierende Stellung in Europa. Kursmakler und Freimakler übernahmen später die Gesellschafterrechte an der privatisierten Börse, die Maklerspezialisten wurden Angestellte der Börse. Die Stuttgarter Börse ist ein Lehrbeispiel für einen erfolgreichen Strategiewechsel. Die Börse Stuttgart und die dort tätigen Makler und Wertpapierfirmen gehören nicht zu den Verlierern der Elektronisierung.

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Günter Franke

Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende) Peter Gomber / Benjamin Clapham

I. Börsengang Gruppe Deutsche Börse Die Governance-Strukturen von Börsen haben sich seit Mitte der 1990er-Jahre weltweit grundlegend verändert. Viele Börsenorganisationen, in der Regel hochprofitable Unternehmen mit enormen Skaleneffekten, gehörten traditionell ihren Mitgliedsunternehmen. Im Zuge der Transformation in profitorientierte Unternehmen im Eigentum von Investoren und der Separierung von Eigentümern und Mitgliedern, der sogenannten Demutualisierung665, eröffneten sich für die Börsenorganisationen grundlegend neue Möglichkeiten. Dabei kann eine solche Demutualisierung verschiedene Formen annehmen: von der Ausgabe von Aktien für die eigenen Mitgliedsunternehmen über Privatplatzierungen der Aktien bei ausgewählten Investorengruppen bis hin zum Börsengang und einem Listing (häufig auf dem eigenen Markt). Nach der ersten Demutualisierung einer Börsenorganisation, der Stockholm Stock Exchange im Jahr 1993, erfolgten weltweit eine Vielzahl ähnlicher Privatisierungen bzw. Umwandlungsprozesse, die eine Trennung der Mitglieder- von der Eigentümerfunktion bewirkten, zum Beispiel der Amsterdam Stock Exchange im Jahr 1997 sowie der London Stock Exchange und der Euronext im Jahr 2000. Die weiteren Demutualisierungsprozesse führten dann zu den Börsengängen der australischen Börse im Jahr 1998 sowie der großen europäischen Börsen London Stock Exchange, Euronext und Deutsche Börse AG im Jahr 2001.666 So eröffneten sich für die Börsenorganisationen neue Finanzierungsmöglichkeiten und der Zugang zu einer breiten, internationalen Gesellschafterbasis. Gerade angesichts der Herausforderungen aus der zunehmenden Internationalisierung und dem stärkeren Wettbewerb im Wertpapierhandel stellten Börsengänge wichtige Entwicklungsschritte dar, denn sie ermöglichten die Finanzierung der erforderlichen hohen Investitionen in wettbewerbsfähige, neue Handels-, Clearing- und Abwicklungssysteme. Eine Folge war auch, dass das Management von da an seine Entscheidungen in der Interaktion mit Aktionären und Analysten zu reflektieren und an den Bewegungen des Aktienkurses zu messen hatte. Die Demutualisierung bzw. die dann folgenden Börsengänge bildeten einerseits zwar die Basis für neue attraktive Investmentmöglichkeiten und waren häufig auch die notwendige Voraussetzung für Börsenallianzen und Zusammenschlüsse, andererseits aber führten die veränderte Governance und die damit verbundenen neuen strategischen Möglichkeiten Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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auch zu Interessenkonflikten. Oftmals behielten die Mitglieder zwar erhebliche Aktienanteile, jedoch verlagerten sich durch die Demutualisierung langfristig signifikante Eigentums- und Entscheidungsrechte auf neue Aktionäre wie Publikums- oder Hedge-Fonds, deren Interessen von denen der Börsenmitglieder zum Teil grundlegend divergierten. Die größere Unabhängigkeit der Börsen von ihren bisher als Eigentümer agierenden Mitgliedern ermöglichte es ihnen, neue Services bereitzustellen und neue Kundengruppen anzusprechen. Insbesondere das Angebot von Dienstleistungen für die Kunden ihrer ehemaligen Eigentümer führte zu neuen Konkurrenzsituationen. Doch gerade der Umstand, dass die Rollen von Eigentümern und Marktteilnehmern voneinander getrennt wurden, war für die Umsetzung weiterer Automatisierung und die Realisierung von Kosten- bzw. Prozesseffizienz im Wertpapierhandel entscheidend. Oftmals ermöglichte die Entkopplung beider Rollen erst die Durchsetzung neuer Konzepte und Technologien durch die Markplatzbetreiber – im Zweifel auch gegen die Interessen der eigenen Mitglieder. Allerdings stellten die Mitglieder keineswegs eine homogene Gruppe dar, sondern unterstützten je nach ihrer Rolle und ihrem Geschäftsmodell mehr oder weniger stark die Demutualisierung. Während international agierende Brokerhäuser einer Demutualisierung offener gegenüberstanden, waren die Widerstände bei lokal agierenden Häusern oder Marktplatzintermediären, wie Spezialisten oder Kursmaklern, die Gefahr liefen, durch Automatisierung und Disintermediation Geschäft zu verlieren, typischerweise deutlich ausgeprägter.667 Aus ökonomischer Sicht stellt sich zudem die Frage nach den Auswirkungen der Doppelrolle einer Börse, die einerseits als gelistetes und profitorientiertes Unternehmen den Interessen seiner Aktionäre verpflichtet ist, und andererseits als (selbst-)regulierende Organisation wesentliche Kapitalmarktfunktionen zum Beispiel in den Bereichen Listing, Handelsüberwachung oder Investorenschutz übernimmt. Diese Interessen müssen aber keinesfalls gegensätzlich sein. Vielmehr geht die gewinnorientierte Ausrichtung einer Börsenorganisation, die unabhängiger von den Interessen ihrer direkten Handelsteilnehmer ist, Hand in Hand mit der Ausrichtung an den Interessen der Investoren sowie der Markteffizienz bzw. -integrität.668 Gerade bei konkurrierenden Börsenorganisatoren ist die Reputation und die Fähigkeit, effiziente und integre Märkte zu organisieren, ein wichtiges Wettbewerbsargument und liegt damit im fundamentalen Eigeninteresse eines profitorientierten Marktplatzbetreibers. Abgesehen davon ist der Betrieb einer Wertpapierbörse regelmäßig an eine Zulassung bzw. Erlaubnis durch die jeweiligen nationalen Behörden gebunden, die in Deutschland durch § 4 des Börsengesetzes geregelt ist669 und geht gemäß § 3 dieses Gesetzes mit einer kontinuierlichen Aufsicht einher. Bei der Deutsche Börse AG gehen die Anfänge der Demutualisierung, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, bis in die Jahre 1990 bzw. 1991 zurück, als die Trägerschaft der Frankfurter Wertpapierbörse von der Industrie- und Handelskammer 1990 auf die Frankfurter Wertpapierbörse AG überging. Im Jahr 1992 wurde die Frankfurter Wertpapierbör232

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se AG dann in Deutsche Börse AG umbenannt. Zum Abschluss kam der Prozess schließlich mit dem Börsengang im Jahr 2001: Die Aktie der Deutsche Börse AG wurde am Tag der Erstnotierung, dem 5. Februar 2001, mit einem Emissionspreis von 335 Euro platziert und mit einem ersten Kurs von 362 Euro an der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt. Die Emission war 23-fach überzeichnet. Der Börsengang wurde von der Öffentlichkeit670 und von Investoren als klarer Erfolg in einem ansonsten schwierigen Börsenjahr671 bewertet. Aus einem Emissionsvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro672 flossen der Deutsche Börse AG etwa 980 Millionen Euro als Erlös zu. Auf Basis des Ausgabepreises und des maximalen Emissionsvolumens wurde die Deutsche Börse AG mit 3,4 Milliarden Euro bewertet. Am 1. Juni 2001 wurde ein Aktiensplit im Verhältnis 10:1 umgesetzt.673 Der Kurs konnte im ersten Jahr der Notierung bis zum Jahresende 2001 um 19 Prozent ansteigen und entwickelte sich in den Folgejahren sehr positiv (siehe Abbildung 1). Im Jahr des Börsengangs realisierte die Deutsche Börse AG einen Umsatzerlös von 760 Millionen Euro und ein Ergebnis vor Steuern und Zinsen von 278 Millionen Euro.674 Der Börsengang veränderte die Aktionärsstruktur der Deutsche Börse AG schon in den ersten zwei Jahren deutlich: Unmittelbar vor dem IPO bestanden die Aktionäre noch zu 100 Prozent aus strategischen Investoren, d. h. Banken, Brokern und Regionalbörsen, allesamt mit Sitz in Deutschland. Schon Ende 2002 betrug der Anteil dieser Altaktionäre nur noch 22 Prozent und es wurden 76 Prozent von institutionellen Investoren sowie zwei Prozent von Privatanlegern gehalten. Die geographische Verteilung in der Aktionärsstruktur änderte sich ebenso, denn während kurz vor dem Börsengang noch 100 Prozent der Anteilseigner ihren Sitz in Deutschland gehabt hatten, waren es zum Ende des Jahres 2002 nur noch 47 Prozent gegenüber 23 Prozent mit Sitz in Großbritannien, 22 Prozent in den USA und acht Prozent in anderen Ländern.675

Abbildung 1: Die Kursentwicklung der Aktie Deutsche Börse AG ab Erstnotierung am 5. Februar 2001 in Euro (tägliche Xetra Schlusskurse) Quelle: Deutsche Börse AG, Kursentwicklung Deutsche Börse AG.

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II. Elektronisierung des Börsenhandels Heute ist die Informationstechnologie im Finanzdienstleistungssektor allgegenwärtig und Begriffe wie FinTech und Digital Finance676 prägen die aktuelle Diskussion in der Finanzindustrie. Ein Startpunkt ihrer Elektronisierung liegt zweifelsohne bei den Börsen und Finanzmärkten. Dies ist mit der starken Nähe von Finanzmärkten zum neoklassischen Modell vollständiger Märkte, mit einer hohen Standardisierung der Produkte und der Transaktionen, einer hohen Markttransparenz, ihrer atomistischen Marktstruktur und ihrer sehr hohen Reaktionsgeschwindigkeit zu erklären. Darüber hinaus bringt die hohe Anzahl von Geschäften – bei geringen Transaktionskosten pro Einzeltransaktion – die notwendigen Erlöse hervor, um elektronische Handelssysteme und die damit verbundenen Prozesse der Marktdatenverteilung, der Handelsüberwachung und der Wertpapierabwicklung für die Betreiber der Systeme ökonomisch attraktiv und profitabel zu machen. Dabei hat die Elektronisierung einerseits viele Elemente des bis dahin vorherrschenden Parketthandels weitergeführt, beispielsweise die Berechnung von Marktpreisen anhand der Gesamtkursermittlung, andererseits jedoch den Handel aufgrund der neuen technologischen Möglichkeiten zum Beispiel des entfernten Marktzugangs grundlegend verändert. Offensichtlich ist die standortunabhängige Handelsanbindung der weltweit verteilten Marktteilnehmer, die die Notwendigkeit eines physischen Zusammentreffens an einem Platz erübrigt, ein wesentlicher Vorteil des elektronischen Handels gegenüber dem traditionellen Parketthandel. Weitere Vorteile677 des elektronischen Handels liegen in den deutlich geringeren Kosten für den Auf bau und den Betrieb des Marktplatzes678, den niedrigeren Transaktionskosten aufgrund von Skaleneffekten679, einer medienbruchfreien Transaktionskette (Straight Through Processing), einer hohen Markteffizienz durch schnellere Reflektion neuer Informationen in den Marktpreisen und einer höheren Informationsqualität, da die Informationen und Marktdaten nicht nur den Händlern, die direkt auf dem Parkett anwesend sind zur Verfügung stehen, sondern in Echtzeit weltweit verteilt werden können. Weiterhin kann die operative Fairness und die Vermeidung von Marktmanipulation im Vergleich zum Handel über direkte menschliche Interaktion verbessert werden, da eine exakte zeitliche Abfolge bzw. exakte Aufzeichnung und Nachvollziehbarkeit aller Aktionen mit Zeitstempeln auf Milli- bzw. heute sogar auf Mikrosekundenbasis möglich ist. In der Diskussion über die Vor- und Nachteile von elektronischem Handel versus Parketthandel ist jedoch zu beachten, dass eine Vielzahl von Abstufungen zwischen dem reinen Parketthandel und dem vollelektronischen Handel existieren. Hier unterscheidet zum Beispiel Schenk vier Evolutionsstufen der Automatisierung, abhängig von der Elektronisierung verschiedener Teilprozesse im Handel: den computerunterstützten Parketthandel, den computerunterstützen Handel, das Computerhandelssystem und 234

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das Computerbörsensystem. In der vierten und letzten Evolutionsstufe sind neben der Computerisierung der Preisbildungsmechanismen auch Clearing- und Settlementfunktionalitäten und die Handelsüberwachung in einer elektronischen Lösung integriert.680 Obwohl sich die Marktanteile deutlich in Richtung des elektronischen Handels verschoben haben, und trotz der Tatsache, dass fast alle neuen Marktplätze in den letzten Jahren als elektronische Handelssysteme aufgebaut wurden, bestehen auch weiterhin Parkett- und Computerhandel nebeneinander. Dies hängt einerseits mit den spezifischen Vorteilen des Parketthandels zusammen, die zum Beispiel in geringen Informationsasymmetrien bestehen, da der Handelspartner nicht anonym bleibt, was insbesondere in Handelsphasen mit hoher Informationsintensität, hoher Volatilität und hohem Handelsvolumen von Bedeutung ist. Andererseits erklärt sich die Koexistenz aus dem Wettbewerb zwischen den Börsen, da sich die Wettbewerber wechselseitig nicht das – immer noch – erlösgenerierende Modell des Parketthandels überlassen wollen. Als international der Erfolg erster Elektronisierungsschritte im Wertpapierhandel zum Beispiel in Gestalt der NASDAQ oder des SEAQ-Systems der London Stock Exchange sichtbar wurde681, erkannte man auch in Deutschland und insbesondere in Frankfurt die Vorteile des elektronischen Handels682 und entfaltete – trotz einer Vielzahl von Widerständen – entsprechende Aktivitäten. Nachdem, wie beschrieben, das System IBIS 1989 an den Start gegangen war und 1990 die DTB den Handel startete, nahm schließlich am 28. November 1997 das System Xetra683 den Betrieb mit 221 Teilnehmern aus sieben Ländern auf.684 Bereits im Juni 1997 wurde das Xetra-Front-End685 als grafische Handelsoberfläche für die Vorgänger-Systeme IBIS und IBIS-R eingeführt. Als das eigentliche Startdatum von Xetra gilt dennoch November 1997686, da erst dann die Einführung des Xetra-Backends687 und damit auch des neuen Xetra Marktmodells für den Wholesale-Handel, d. h. für den Handel der professionellen Marktteilnehmer, in 100 deutschen Aktien688 erfolgte. Mit Xetra wurde das bisherige System IBIS, ein sogenanntes Hit & Take-System, bei dem die Orderzusammenführung nicht elektronisch erfolgte, sondern durch die explizite Auswahl einer Offerte per Tastendruck, durch ein vollelektronisches Handelssystem, bei dem kompatible Orders automatisch zusammengeführt werden, abgelöst. Damit wurde zugleich eine neue Systemarchitektur eingeführt, die sich grundlegend von IBIS unterschied. IBIS war als Host-Anwendung unter Nutzung von IBM-3270-Terminals realisiert worden. Xetra hingegen basierte auf einer Client-Server-Architektur689 in einem von der Deutsche Börse AG betriebenen privaten Netzwerk mit einer offenen, frei programmierbaren Schnittstelle (Values API) für die Integration von Frontoder Backendanwendungen der Handelsteilnehmer. Auf die Dimensionen dieses sehr umfassenden Projektes weist Frank Gerstenschläger, von 1995 bis 1998 Direktor und Stellvertretender Projektleiter des Xetra-Projektes und später Mitglied des Vorstandes der Deutsche Börse AG, rückblickend hin. So sei schon „nach den ersten Konsultationen mit den potenziellen nationalen und internationalen Markteilnehmern und nach einigen Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Gremiensitzungen […] klar“ gewesen, „dass das Projekt weit über die Erstellung eines reinen elektronischen Handelssystems hinausgehen muss. Der Projektauftrag lautete vielmehr: ‚Design, Bau und sowohl technische als auch juristische Integration eines automatisierten Wertpapierbeschaffungsprozesses auf einer international dezentral zugänglichen stabilen Plattform‘. Diese Aufgabenstellung implizierte große Anforderungen an die Interoperabilität des neuen Prozesses mit existierenden und in der Entwicklung befindlichen Strukturen unter anderen bei den Handelsteilnehmern (Eigen- und Kundenhandel), anderen Börsen (DTB/Eurex), Besicherungssystemen (Clearing House), Abwicklungssystemen und Datenanbietern. Des Weiteren stellten sich aufgrund der Abdeckung des Gesamtprozesses neue juristische Fragen im öffentlichen und privaten Rechtsraum bzw. deren Abgrenzung: Wo hört die öffentlich-rechtliche Börse auf ? Diese neuen juristischen Konstruktionen hatten wiederum erhebliche Auswirkungen auf Systemdesign, Datenstruktur und Implementierung.“690 Das seitdem gültige Xetra Marktmodell nutzt das Konzept des offenen Limitorderbuchs in Verbindung mit Auktionen (siehe Exkurs ‚Das Xetra Marktmodell‘). Ebenso bereits im November 1997691 wurden die sogenannten Volatilitätsunterbrechungen eingeführt, über die extreme Preissprünge vermieden werden sollen, um so die Preiskontinuität und damit die Marktintegrität im vollelektronischen Handel sicherzustellen.692

Exkurs Das Xetra Marktmodell Im offenen Orderbuch von Xetra werden den Marktteilnehmern pro gehandeltem Wertpapier alle vorhandenen Orders, also die Transaktionswünsche der Marktteilnehmer, nach Preis-/ Zeitpriorität geordnet und – abhängig von der verwendeten technischen Schnittstelle – für gleiche Limite kumuliert oder einzeln angezeigt. Der jeweilige Marktteilnehmer, der die Order eingestellt hat, wird nicht angezeigt. Xetra unterscheidet drei Handelsphasen: die Vorhandelsphase, die Haupthandelsphase und die Nachhandelsphase. Weder in der Vor- noch in der Nachhandelsphase können Transaktionen abgeschlossen werden; das Orderbuch ist geschlossen. Die eigentliche Haupthandelsphase beginnt mit einer Auktion. Hier ist das Orderbuch teilweise geschlossen: In der Aufrufphase der Auktion wird den Marktteilnehmern als Vorhandelstransparenz der indikative Auktionspreis und das indikative Volumen sowie ein eventueller Überhang angezeigt. Falls keine Orderzusammenführung möglich ist, werden das beste Geld- und Briefgebot im Orderbuch gezeigt. Xetra bietet auch die Möglichkeit, das Orderbuch während der Auktionen zu öffnen, was zum Beispiel im Rentenhandel sowie von Partnerbörsen, die das System Xetra nutzten (zum Beispiel die Irish Stock Exchange), umgesetzt wurde. Nach der Aufrufphase wird der Auktionspreis auf 236

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Basis des Prinzips der Gesamtkursermittlung (auch Meistausführungsprinzip genannt) gebildet und alle Orders, die zu diesem Einheitskurs ausführbar sind, werden (bis auf einen eventuellen Überhang auf einer Marktseite) ausgeführt. Nach der Eröffnungsauktion erfolgt der fortlaufende Handel bis zur Mittagsauktion (untertägige Auktion) und danach wiederum der fortlaufende Handel, der mit der Aufrufphase der Schlussauktion beendet wird. Während Auktionen (‚Call Auctions‘) auf dem Prinzip der Gesamtkursermittlung beruhen, wird im fortlaufenden Handel (‚Continuous Trading‘) für jede neue Order überprüft, ob passende Orders auf der anderen Seite existieren und es erfolgt in diesem Fall eine Ausführung der Orders auf Basis der Preis-/ Zeitpriorität. Neue Orders, die aufgrund ihrer Limite nicht ausführbar sind, werden in das Orderbuch eingestellt. Nach einer erfolgten Transaktion wird den Marktteilnehmern als Nachhandelstransparenz der Transaktionszeitpunkt, der Preis sowie das gehandelte Volumen angezeigt. Analog zur Vorhandelstransparenz wird auch hier die Anonymität der Marktpartner der Transaktion gewahrt. Xetra stellt für die Spezifikation der Transaktionswünsche verschiedene Ordertypen bereit, die basierend auf den grundlegenden Ordertypen Limit Orders und Market Orders sukzessive erweitert wurden. Auch können Marktteilnehmer verschiedene Ausführungsauflagen spezifizieren, die eine ausschließlich sofortige oder eine ausschließlich vollständige Orderausführung sicherstellen. Dies erfolgt in Form von Fill-or-Kill (FOK) Orders, d. h. sofortige vollständige oder keine Ausführung, oder Immediateor-Cancel (IOC) Orders, d. h. sofortige Ausführung (wobei Teilausführung zugelassen wird) oder keine Ausführung. Alternativ können, was insbesondere für den Retailhandel relevant ist, Stop-Orders erteilt werden. Zusätzlich kann die zeitliche Gültigkeit einer Order begrenzt und die Ausführung von Orders auf Auktionen beschränkt werden. Zur Sicherung von Preiskontinuität und Marktintegrität im vollelektronischen Handel nutzt Xetra den Mechanismus der Volatilitätsunterbrechung. Eine Volatilitätsunterbrechung erfolgt, wenn die Preisabweichung zwischen dem potenziellen Ausführungspreis und dem letzten Preis (Referenzpreis) entweder innerhalb einer Auktion oder während des fortlaufenden Handels größer ist als ein vordefinierter Preiskorridor. Letztlich entspricht eine Volatilitätsunterbrechung dem Mechanismus einer Auktion, die jedoch im Gegensatz zu Eröffnungs-, Mittags- oder Schlussauktion nicht zeitgesteuert, sondern ereignisgesteuert ausgelöst wird, wobei das auslösende Ereignis eine solche Preisabweichung ist. Im fortlaufenden Handel stellt eine Volatilitätsunterbrechung also einen Wechsel in eine Auktion dar. In einer Eröffnungs- oder Schlussauktion erfolgt eine Volatilitätsunterbrechung durch die Verlängerung der Auf rufphase der Auktion.

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Aus der Sicht von Martin Reck, der die Entwicklung des Xetra Marktmodells von 1995 bis 1996 als ‚Head of Team Market Model Development‘ verantwortete, war das Konzept des offenen Orderbuches in Verbindung mit Auktionen eine wesentliche europäische Innovation, die Maßstäbe gesetzt habe, denn es habe „[…] wesentlich zur Demokratisierung des Handels beigetragen“. Es sei „ein europäischer Exportschlager geworden und heute weltweit Standard“ wobei es „Ende der 90er-Jahre den US-Marktstrukturen, die damals noch primär durch Parketthandel und Market Maker Konzepte geprägt waren, klar voraus“ gewesen sei.693 Einen wesentlichen Schritt in der weiteren Entwicklung des Xetra-Systems, stellten, nachdem im März 1998694 die Bedienbarkeit für die Händler verbessert worden war, vor allem die im Oktober 1998 eingeführten Neuerungen695 dar. Diese Xetra-Version brachte neben verschiedenen funktionalen Erweiterungen, wie der Mittagsauktion und dem Handel in Euro, insbesondere Neuerungen für den Rentenhandel und das Retailgeschäft im Rahmen von Xetra sowie die Einführung der Betreuerfunktionalität. Die Migration von Rentenpapieren von IBIS-R und damit die Einführung des elektronischen Rentenhandels auf Xetra war allerdings ein wenig erfolgreicher Schritt, da die Masse des Rentenhandels weiter außerbörslich erfolgte und bis heute noch erfolgt. Als sehr erfolgreich erwiesen sich jedoch die Erweiterungen für den Retailhandel696 und insbesondere die

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Abbildung 2: Entwicklung Xetra Orderbuchumsatz pro Jahr in Milliarden Euro (2018 inklusive Börse Frankfurt) Quelle: Geschäftsberichte Deutsche Börse AG

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Einführung der Rolle des Betreuers, die später in ‚Designated Sponsor‘ (siehe Exkurs ‚Designated Sponsors auf Xetra‘) umbenannt wurde. Beides trug entscheidend dazu bei, dass sich der Handel in allen Ordergrößen und für verschiedene Anlegergruppen und – unterstützt durch die Liquiditätsbereitstellung der Designated Sponsors – insbesondere der Handel in weniger liquiden Aktien (außerhalb der DAX-Werte, also der bereits sehr liquiden Instrumente) sehr schnell vom Parkett auf Xetra verlagerte. Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Orderbuchumsätze auf Xetra seit 2001.

Exkurs Designated Sponsors auf Xetra Betreuer bzw. ‚Designated Sponsors‘ sind Marktteilnehmer, die in einem hybriden Marktmodell Zusatzliquidität zur Verfügung stellen. Ein hybrides Marktmodell kombiniert die Vorteile des ordergetriebenen Marktmodells (jeder Investor kann mit eigenen Limit Orders zur Liquidität im offenen Orderbuch beitragen) mit den Vorteilen des quotegetriebenen Marktmodells (ein Intermediär sorgt immer für eine Handelsmöglichkeit für den Investor). Designated Sponsors stellen kontinuierlich oder auf Anfrage Quotes (verbindliche zweiseitige Geld- und Brief-Limite) in das Orderbuch ein. Diese Quotes der Designated Sponsors sind im offenen Orderbuch nicht von den sonstigen Limit Orders der anderen Marktteilnehmer zu unterscheiden. Auch im Ordermatching werden Designated Sponsor-Quotes und sonstige Limit Orders nach Preis-/ Zeitpriorität gleichbehandelt. Pro Wertpapier (heute: Aktien, Exchange Traded Funds und Exchange Traded Products; bei Einführung von ‚Release 3‘ auch für den Rentenhandel) sind mehrere konkurrierende Designated Sponsors zugelassen; ein Designated Sponsor kann für mehrere Wertpapiere Liquidität bereitstellen. Für die Zuordnung der Aktien zu diesen beiden Modellen nutzte die Deutsche Börse zunächst die Indexzugehörigkeit zum DAX 30. Während DAX 30-Werte dem rein ordergetriebenen Marktmodell (ohne Designated Sponsors) zugeordnet wurden, konnten andere Aktien nur fortlaufend gehandelt werden, wenn mindestens ein Designated Sponsor sich verpflichtete, Zusatzliquidität in diesem hybriden Marktmodell bereitzustellen. Ab 2002 wurde diese Zuordnung anhand einer objektiveren Messmethodik über das sogenannte Xetra-Liquiditätsmaß697 durchgeführt. Wenig liquide Wertpapiere ohne Designated Sponsors wurden auf Xetra in einer Auktion pro Tag gehandelt. Designated Sponsors können Quotes nur einstellen, wenn ein maximaler Spread und ein Mindestquotierungsvolumen eingehalten werden. Als weitere Mindestanforderungen haben Designated Sponsors an Auktionen teilzunehmen sowie im fortlaufenden Handel eine Mindestquotierungsdauer zu erfüllen. Werden die Mindestanforderungen698 erfüllt, Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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ist der Handel in der Rolle als Designated Sponsor frei von Transaktionsgebühren. Um einen weiteren Leistungsanreiz für die Häuser in der Designated Sponsor-Rolle zu bieten und es damit Emittenten zu ermöglichen, die Leistungen ihrer aktuellen oder potenziellen Designated Sponsors transparent und vergleichbar einzuschätzen, wird ein Rating (‚AA‘ bis ‚BD‘) quartalsweise veröffentlicht, das die durchschnittliche Quotierungsdauer, den durchschnittlichen Spread und den Umsatz eines Designated Sponsors einbezieht.699 Neben dem Handel ohne Transaktionsgebühren ist somit die Möglichkeit, zusätzliche Erlöse zu erzielen und Cross-Selling-Aktivitäten durch die Bereitstellung von Designated Sponsors-Dienstleistungen gegenüber Emittenten durchzuführen, ein wichtiger Anreiz für Wertpapierdienstleistungsunternehmen, diese Rolle als Liquiditätsspender zu übernehmen.

Von der Einführung des Handelssystems im November 1997, und der ersten, oben beschriebenen sehr weitreichenden Bearbeitung im Oktober 1998, gab es bis zur Überführung des Xetra-Handels auf die T7 Technologie im Juni 2017 insgesamt 16 Hauptentwicklungsschritte sowie mehrere kleinere Anpassungen (siehe Abbildung 3). Wichtige, grundlegende Veränderungen, die über mehrere Xetra Versionen hinweg implementiert wurden, betrafen insbesondere (i) die Überführung des Parketthandels auf Xetra, (ii) die Umsetzung zentraler europäischer und nationaler Regulierungen, (iii) Maßnahmen im Wettbewerb mit dem außerbörslichen Handel, der als Over the Counter (OTC)-Handel700 bezeichnet wird und (iv) die technische und funktionale Umsetzung der Anforderungen des algorithmischen Handels und des Hochfrequenzhandels. Den Startpunkt für (i) die Migration des Parketthandels701 an der Frankfurter Wertpapierbörse auf das Xetra System stellte das neu implementierte Marktmodell der fortlaufenden Auktion im April 2008702 dar, das in zwei Varianten, nämlich als ‚Fortlaufende Auktion mit Market Maker‘ und als ‚Fortlaufende Auktion mit Spezialist‘ umgesetzt wurde. Dieses bildete in wesentlichen Teilen den Handelsmechanismus des Parketthandels ab, bei dem der Skontroführer (bzw. später im neuen Modell der Spezialist) eine aktive Rolle in der Preisbildung und in der Bereitstellung von Liquidität einnimmt. Dieses Modell wurde zunächst im April 2008 für den Handel in strukturierten Produkten für das Joint Venture ‚Scoach‘ zwischen der Swiss Exchange und der Deutsche Börse AG implementiert, und die strukturierten Produkte wurden auf eine neue, gemeinsame Handelsplattform ‚Xetra Frankfurt 2‘ übertragen. Im Mai 2011 wurden der Skontroführerhandel eingestellt und die entsprechenden Wertpapiere auf das Modell ‚Fortlaufende Auktion mit Spezialist‘ auf die technische Plattform Xetra Frankfurt 2 (Handelsplatz: Börse Frankfurt) überführt.703 Wie erwähnt ergab sich auch aus (ii) regulatorischen Vorgaben für den Wertpapierhandel im Zusammenhang mit der MiFID I bzw. der MiFID II/MiFIR704 und des deutschen Hochfrequenzhandelsgesetzes705 die Notwendigkeit, das Xetra Handelssystem 240

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Abbildung 3: Zeitstrahl Xetra Releases Quelle: Eigene Übersicht.

anzupassen. Vorbereitend auf die Anfordernisse der MiFID I, die ab November 2007 angewendet werden musste, wurden bereits im Oktober 2007706 Erweiterungen eingeführt, zum Beispiel die Nachhandelstransparenz-Anforderungen an außerbörslich geschlossene und in Xetra eingegebene Geschäfte. Auf die Anforderungen des deutschen Hochfrequenzhandelsgesetzes wurde im Oktober 2013707 unter anderem mit der Schaffung einer Markierungsmöglichkeit der Order reagiert708, um der Kennzeichnungspflicht für algorithmisch generierte Orders709 oder Quotes durch die Marktteilnehmer zu entsprechen, was als ‚Algo Flagging‘ bezeichnet wurde. Vorgaben der MiFID II/MiFIR, wie die Notwendigkeit Orders von elektronischen Market Makern zu kennzeichnen und europaweit die Mindestpreisänderungen (Ticksizes) zu harmonisieren, wurden im November 2017710 für den Handelsplatz Börse Frankfurt711 und im Dezember 2017712 für den Handelsplatz Xetra umgesetzt. Aufgrund der hohen Bedeutung des außerbörslichen Wertpapierhandels versuchen Börsen weltweit immer wieder Funktionalitäten und Marktmodelle umzusetzen, die Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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eine Verschiebung von Marktanteilen zu den Börsen im (iii) Wettbewerb mit dem OTCHandel erreichen können. Ein erster Schritt in diese Richtung stellte bereits die im Oktober 1998713 geschaffene Eingabefunktionalität für außerbörslich vereinbarte Geschäfte im Hinblick auf die Wertpapierverrechnung und -abwicklung dar, die ähnlich der entsprechenden Funktionalität im System Xontro umgesetzt wurde. Im Mai 2000714 wurde versucht, den Handel in Optionsscheinen, der bisher primär außerbörslich oder im Parketthandel, zum Beispiel an der Börse Stuttgart, stattfand, auf Xetra zu bringen. In diesem Kontext versuchte die Deutsche Börse AG zudem, sowohl über die Einführung neuer Ordertypen wie zum Beispiel der Iceberg-Orders715, bei denen nur ein Teil des Gesamtvolumens im Orderbuch sichtbar ist, als auch über einen börslichen Blockhandel auf Xetra, den OTC-Handel anzugreifen. Dies wurde mit verschiedenen Marktmodellen realisiert, die ein Angebot für die Zusammenführung großer institutioneller Orders716 über ein separates geschlossenes Orderbuch vorsehen. Diese lassen sich in die Kategorie der sogenannten Crossing-Networks, die heute hauptsächlich als Dark Pools717 bezeichnet werden, einordnen. Ein erster Versuch in diese Richtung erfolgte mit der Implementierung des Marktmodells Xetra XXL718 im Oktober 2000.719 Im geschlossenen Orderbuch XXL-Orderbuch ausführbare Orders sollten zur Mitte der Geld-Brief-Spanne des parallel laufenden kontinuierlichen Handels im offenen Xetra-Hauptmarkt gegeneinander ausgeführt werden. Dieses Modell wurde mit den Ordertypen ‚Xetra Midpoint Order‘ im November 2008720 bzw. ‚Volume Discovery Order‘ im November 2015721 weiterentwickelt und angepasst. Keiner dieser Ansätze führte jedoch dazu, dass sich der OTC-Handel in einem nennenswerten Umfang auf die Xetra-Plattform verlagern ließ. Hintergrund waren die mangelnde Bereitschaft der direkten Xetra-Marktteilnehmer, dies ihren institutionellen Kunden anzubieten und so ihr eigenes OTC-Geschäft zu kannibalisieren, und die zunehmende Konkurrenz durch eine Vielzahl anderer europäischer Dark Pool-Angebote. Ein anderer Bereich des OTC-Handels, nämlich die Ausführung der bei einer Bank eingehenden Kundenorder gegen ihren eigenen Bestand (Internalisierung), wurde über das Marktmodell ‚Xetra Best Execution‘ (kurz: Xetra Best) im August 2002722 adressiert.723 Xetra Best724 ist eine dem Xetra-Orderbuch vorgelagerte Matchingfunktionalität, die für die teilnehmenden Banken (‚Best Executors‘) die Ausführung der eigenen Kundenorders, d. h. eine Internalisierung, oder der Kunden-Orders, die von anderen Häusern über das XetraNetzwerk zum Best Executor gelenkt werden, gegen den eigenen Handelsbestand des Best Executors im Xetra-System ermöglicht.725 Eine wesentliche Motivation für dieses Angebot waren die verschiedenen Internalisierungsprojekte, die von Banken, wie der Deutschen Bank, der Dresdner Bank und der Commerzbank, sowie von börslichen Wettbewerbern wie der NASDAQ Deutschland angekündigt bzw. umgesetzt wurden. Die FAZ bezeichnete dieses Projekt unmittelbar vor der Einführung daher treffend als „Vorwärts-Verteidigung“.726 Mit der zunehmenden Bedeutung der Handelsgeschwindigkeit und des (iv) algorithmischen Handels sowie des Hochfrequenzhandels727 wurden in verschiedenen Etap242

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pen728 Maßnahmen zur Erhöhung der Systemperformance und der Handelsgeschwindigkeit umgesetzt. Mit der Einführung zweier neuer Xetra-Zugangsschnittstellen der ‚Enhanced Broadcast Solution‘ und der ‚Enhanced Transaction Solution‘ wurde den Marktteilnehmern ab Juni 2009 die Möglichkeit gegeben, neben den bisherigen Schnittstellen einen sehr performanten Zugang zu Markdaten zu nutzen und ihr Ordermanagement mit hoher Geschwindigkeit durchzuführen. Im November 2011729 wurde das Xetra FIX Gateway, eine standardisierte Schnittstelle, die den technischen Zugang zum XetraHandelssystem erleichterte, eingeführt und im November 2012730 weiterentwickelt. Diese hohen und über das letzte Jahrzehnt kontinuierlich angestiegenen Anforderungen der Marktteilnehmer an höchste Geschwindigkeit führten schließlich zu einer grundlegenden Veränderung der Handelsarchitektur. So wurde am 3. Juli 2017 für den Börsenplatz Xetra die T7 Handelstechnologie eingeführt und damit die technische Plattform und Handelsarchitektur des Xetra-Handels und des Handels an der Eurex, die bereits vorher das T7-System einsetzte, vereinheitlicht. Dadurch sollen einerseits Synergien für die Marktteilnehmer, die beide Märkte nutzen, erzielt werden. Andererseits soll mit diesem technischen Quantensprung auch für den Handelsplatz Xetra langfristig eine hervorragende Positionierung im Wettbewerb um höchste Handelsgeschwindigkeiten unter den europäischen Marktplätzen erreicht werden.731 Auch der Handel an der Börse Frankfurt, der Stand Ende 2019 noch die Xetra-Technologie nutzte, soll auf T7 überführt werden, um die Migration vollständig abzuschließen und so die Abschaltung der XetraTechnologie zu ermöglichen. Dies ist mit der Überführung des Handelsmodells ‚Fortlaufende Auktion mit Spezialist‘ auf die T7-Handelstechnologie für 2020 geplant. Hierbei liegt eine zentrale Herausforderung in der Umsetzung der Handelbarkeit einer wesentlich höheren Anzahl an Wertpapieren, die an der Börse Frankfurt 2019 mehr als 1,6 Millionen Instrumente732 betrug, auf der T7-Infrastruktur. Martin Reck, Managing Director der Deutsche Börse AG und verantwortlich für das Migrationsprojekt, betonte im Juni 2019, dass mit dem Abschluss des Vorhabens 2020 ein weiterer wesentlicher Entwicklungsschritt für den Wertpapierhandel in Deutschland vollendet werde, der „Synergieeffekte für die Marktteilnehmer und den eigenen Börsenbetrieb erreichen und dabei gleichzeitig die Vorteile des Spezialistenmodells erhalten [werde], das insbesondere für wenig liquide Wertpapiere dem Investor eine jederzeitige Handelsmöglichkeit zu attraktiven Bedingungen“ gewährleiste.733 Seit der Jahrtausendwende bot die Deutsche Börse AG die eigene Handels- und Nachhandelsinfrastruktur auch anderen Börsen als Outsourcing-Lösung für den Betrieb ihrer Marktplätze an, was zum Beispiel auch die Datenverteilung und die Indexberechnung einschloss. Damit konnte die Deutsche Börse ihre technologische Kompetenz in der Realisierung und im Betrieb von Märkten anderen Börsen bereitstellen, Synergieeffekte im Betrieb der Märkte erreichen und zusätzliche Erlöse generieren. Dies konnte in verschiedenen Formen erfolgen, entweder als Betrieb der jeweiligen Börse auf dem gleichem Xetra Server wie die Frankfurter Märkte, über einen eigenen Xetra Server für die jeweilige Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Drittbörse oder in Form der Bereitstellung der Basis-Software für eine Weiterentwicklung durch den Kunden. So nutzt die Wiener Börse das Xetra System seit 1999, die Irish Stock Exchange734 nutzte die Technologie von 2000 bis 2019. Der Vertrag zur Überlassung der Xetra Software an die Shanghai Stock Exchange für die Realisierung des ‚Next-Generation Trading System‘ wurde im Jahr 2004 geschlossen. Weiterhin nutzen die Bulgarian Stock Exchange seit 2008, die Börse in Prag und die Malta Stock Exchange jeweils seit 2012, die Börse in Budapest sowie die Cayman Islands Stock Exchange das Xetra System jeweils seit 2013 und die kroatische Börse in Zagreb seit 2017. Auch der European Energy Exchange (EEX)735, der Eurex Repo736 und der Eurex Bonds737 (bis Ende 2017) dient bzw. diente die Xetra Technologie bzw. die Nachfolgetechnologie T7 für den Betrieb ihrer Märkte.738 Die Eurex Technologie bzw. das T7-Handelssystem wird im Derivatehandel von EEX und der französischen Energiebörse Powernext, deren alleiniger Anteilseigner seit November 2017 die EEX ist739, genutzt. Das T7-System stellt auch die Basis für das Handelssystem der Bombay Stock Exchange dar. Mit der vollständigen Ablösung von Xetra im Jahre 2020 durch das T7 System wird auch die Mehrheit der Partnerbörsen ebenfalls auf diese neue Infrastruktur migriert.

III. Integration von Wertschöpfungsketten Während der Wertpapierhandel tagtäglich Gegenstand intensiver öffentlicher Debatten ist, ausgelöst durch die aus wirtschaftlichen und politischen Nachrichten oder Unternehmensmeldungen resultierenden Marktbewegungen, nimmt die breite Öffentlichkeit nur wenig bis gar keine Notiz von den vielen verschiedenen Prozessen, die dem Handel nachgelagert sind. Obwohl die Nachhandelsprozesse, sowohl was die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter als auch die Erlöse betrifft, ähnlich relevant wie die Handelsprozesse sind, wird die Öffentlichkeit auf diese Aktivitäten in der Regel nur in Krisenzeiten740 oder bei einem Ausfall der technischen Infrastruktur aufmerksam. Es handelt es sich hierbei um eine hochspezialisierte Industrie, die höchsten Wert auf effiziente und kostengünstige Prozesse mit einer hohen Ausfallsicherheit legt. Trotzdem existieren hier aufgrund der Produktvielfalt und lokaler rechtlicher und steuerlicher Besonderheiten auch heute noch eine Vielzahl manueller Prozesse. Diese Nachhandelsprozesse lassen sich in die Teilprozesse bzw. Nachhandelsfunktionen741 Wertpapierabrechnung (Clearing), Wertpapierabwicklung (Settlement), Wertpapiermanagement (Custody), Wertpapierverwahrung (Safekeeping) und notarielle Dienstleistung (Notary) unterteilen. Clearing und Settlement sind nach jeder Wertpapiertransaktion erforderlich. Im Clearing werden die wechselseitigen Verpflichtungen der Transaktionspartner festgestellt, d. h., was der Käufer in Geld zu bezahlen und der Verkäufer in Wertpapieren zu liefern 244

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hat. Im Zentrum des Clearings steht die effiziente Handhabung der Risiken bei bereits abgeschlossenen, aber noch nicht erfüllten Wertpapiertransaktionen. Dabei kann ein sogenannter zentraler Kontrahent (Central Counterparty, CCP)742, in den Clearingprozess eingebunden sein. Clearing ist aber nicht von der Existenz eines CCP abhängig. Während Derivatemärkte aufgrund der hohen Risiken grundsätzlich CCPs nutzen, existieren weiterhin Marktstrukturen ohne CCP, zum Beispiel in verschiedenen weniger entwickelten Aktienmärkten oder auch bei anderen Assetklassen. In Deutschland existiert mit der Eurex Clearing ein CCP seit dem Start der Deutschen Terminbörse (DTB); im Aktienhandel an der Frankfurter Wertpapierbörse wurde er im Jahr 2003 eingeführt. Der zweite Prozessschritt, der nach jeder Wertpapiertransaktion erfolgt, ist das Settlement. Im Settlement erfolgt der rechtlich finale Austausch von Geld und Wertpapieren durch Käufer und Verkäufer bzw. deren Finanzintermediäre. Dabei verbuchen in der Regel die nationalen Zentralverwahrer, ‚Central Securities Depositories‘ (CSDs), die Wertpapierseite und die nationalen Zentralbanken die Geldseite der Transaktion. Während Clearing und Settlement für jede Wertpapiertransaktion erforderlich sind und durch diese ausgelöst werden, sind die weiteren Nachhandelsfunktionen transaktionsunabhängig und an die Existenz bzw. den Besitz von Wertpapieren gebunden. Zu den Custodyprozessen gehören zum Beispiel die sogenannten Corporate Actions, also die sich im Lebenszyklus eines Unternehmens ergebenden Änderungen wie Kapitalerhöhungen, Kapitalzusammenlegungen oder Mergers oder an den Wertpapierbesitz geknüpfte, regelmäßige Ereignisse wie Dividenden, Zinszahlungen oder Einladungen zu Hauptversammlungen. Während die Verwahrungsfunktionen (Safekeeping) sich im Wesentlichen auf die physische oder elektronische Verwahrung bzw. Speicherung von Wertpapierurkunden bzw. Datenbankeinträgen bei immateriellen Wertpapieren beziehen, bildet die Beurkundungsfunktion (Notary) die Schnittstelle zum Emittenten und stellt ähnlich der Rolle eines Notars bei einer Grundbucheintragung die rechtliche und technische Zulässigkeit einer Wertpapierbeurkundung und damit die Basis für Abwicklungsprozesse sicher. Bei all diesen Nachhandelsfunktionen spielt der jeweilige nationale Zentralverwahrer (CSD) eine wichtige Rolle. Zwar sind gerade im grenzüberschreitenden Wertpapiergeschäft verschiedene weitere Intermediäre, d. h. Korrespondenzbanken, Global Custodians, internationale Zentralverwahrer (ICSDs), in diese Nachhandelsfunktionen eingebunden bzw. bieten diese konkurrierend zu den CSDs an, aber gerade in der Abwicklung nationaler Transaktionen werden häufig alle Funktionen durch den jeweiligen nationalen Zentralverwahrer abgebildet bzw. angeboten. In Deutschland erfolgte die Entstehung eines solchen nationalen Zentralverwahrers erst durch den Zusammenschluss der einzelnen Kassenvereine, die an den verschiedenen Börsenplätzen ab 1949 wieder existierten. Im Jahr 1970 wurde der Deutsche Auslandskassenverein, dessen Aktionäre die einzelnen Kassenvereine waren und der die Abwicklung ausländischer Wertpapiere ermöglichte, gegründet. Die deutschen Kassenvereine (unter Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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anderem der Frankfurter Kassenverein als Aktiengesellschaft) wurden 1989 zur Deutsche Kassenverein AG als nationaler Zentralverwahrer fusioniert. Nachdem 1996 der Deutsche Auslandskassenverein auch mit dem Deutschen Kassenverein fusioniert wurde, wurde dieser im Jahr 1997 in Deutsche Börse Clearing AG743 umbenannt, die eines der beiden Vorgängerunternehmen der heutigen Clearstream International war.744 Im Jahr 2000 wurde die Clearstream International durch den Zusammenschluss von Deutsche Börse Clearing AG und Cedel International geformt, wobei sowohl die Deutsche Börse AG als auch Cedel International je 50 Prozent der Clearstream-Anteile hielten. Nachdem der Aufsichtsrat von Clearstream International der Cedel International im Dezember 2001 empfohlen hatte, exklusiv mit der Deutschen Börse über die Übernahme dieses 50-prozentigen Anteils zu verhandeln745, legte die Deutsche Börse AG den Aktionären der Cedel im Februar 2002 schließlich ein Angebot zur Übernahme ihrer Anteile vor, um damit zum Alleineigner von Clearstream International zu werden. Die Übernahme wurde im Juli 2002 abgeschlossen, wobei die bisherigen Eigner von Cedel 1,6 Milliarden Euro für ihre Aktien erhielten. Die Deutsche Börse AG finanzierte die Transaktion aus den Erlösen ihres Börsengangs im Jahr 2001, aus einer Privatplatzierung von neun Millionen neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung im Juni 2002 und durch ein Commercial-PaperProgramm.746 Zu den zentralen Aktivitäten von Clearstream gehören das Geschäft mit Eurobonds und internationalen Anleihen als internationaler Zentralverwahrer (ICSD), das grenzüberschreitende Geschäft mit Wertpapieren der jeweiligen nationalen Märkte und das Geschäft als deutscher und Luxemburger Zentralverwahrer (CSD). Mit dieser Übernahme vollzog die Deutsche Börse zum einen den entscheidenden Schritt zur vertikalen Integration, also der Integration über die verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette hinweg und damit der Kontrolle von Wertpapierhandel, -clearing und -abwicklung durch einen Konzern. Zum anderen stellte sie sich im Abwicklungsbereich als starker Konkurrent zu dem 1968 gegründeten und in Brüssel ansässigen Unternehmen Euroclear auf, die ebenso wie Clearstream auch als ICSD agiert und die nationalen Zentralverwahrer der Euronext-Märkte integriert. Euroclear, das im Jahr 2002 schließlich den britischen Abwickler CREST übernahm, ist jedoch im Gegensatz zu Clearstream nicht im vollständigen Eigentum einer Börsenorganisation, sondern basiert auf dem horizontalen Modell, also einer Integration auf einer Stufe der Wertschöpfungskette und damit der Trennung von Wertpapierhandel, -clearing und -abwicklung. In der Industrie und in der akademischen Literatur747 wurden und werden die Vor- und Nachteile dieser beiden Integrationsvarianten nach der vollständigen Clearstream-Integration und auch in den Folgejahren im Kontext der Übernahmeversuche der London Stock Exchange748 heftig diskutiert. Während die Befürworter des vertikalen Modells (oftmals gleichgesetzt mit dem Begriff ‚Silo‘749), das heute in Europa und weltweit viele Nachahmer gefunden hat, die hohe Prozesseffizienz und die daraus resultierenden Kostenvorteile dieses Modells in den Vordergrund stellen750, wird dieses von den Kritikern 246

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oftmals als wettbewerbsfeindlich751 und preistreibend752 dargestellt. Der rückblickende Kommentar von Werner Seifert, von April 1993 bis Mai 2005 der CEO der Deutsche Börse und verantwortlich für den erfolgreichen vollständigen Kauf der Clearstream im Jahr 2002, betont das revolutionäre Element dieser Transaktion: „Dann kam Clearstream, 2002 kaufte Deutsche Börse diese Clearing-Gesellschaft, die Wertpapiere verwahrt und Wertpapiertransaktionen abwickelt, und zwar gegen erheblichen Widerstand der restlichen Finanzwelt. Ein so dreistes Vorgehen hatte es in der Geschichte der Branche noch nicht gegeben!“753 Folgende wesentliche Meilensteine auf dem Weg von Clearstream zu einem der heute weltweit größten Abwicklungs- und Verwahrungsgesellschaften für nationale und internationale Wertpapiere lassen sich seit der Übernahme von Clearstream International im Februar 2002 identifizieren: Im Jahr 2002 wurde mit dem Abwicklungssystem CASCADE RTS (Real-Time Settlement) eine Lösung für den internationalen Handel in deutschen Wertpapieren entwickelt, um internationalen Teilnehmern einen Zugang zur Abwicklung inländischer Transaktionen mit deutschen Wertpapieren über das Clearstream-System zu ermöglichen.754 Es folgte 2004 mit der sogenannten Daytime-Bridge die Implementierung einer automatisierten Kommunikationsschnittstelle für die (taggleiche) Abwicklung von Transaktionen zwischen Clearstream und Euroclear.755 Wesentliche Schritte in der Unterstützung des Fondsgeschäftes erfolgten im Jahr 2005 mit dem Start von Vestima+, das auf bauend auf der im Jahr 2000 von Clearstream eingeführten Vestima-Handelslösung für Investmentfonds nun die automatisierte Auftragsweitergabe und damit die Ablösung der hierfür genutzten Standardmedien Telefon und Fax ermöglichte756, sowie im Jahr 2007 mit der Einführung der Central Facility for Funds (CFF), die die Effizienz der Nachhandelsprozesse bei Fonds erhöhen sollte.757 Über Vestima stellt Clearstream heute die grenzüberschreitende Abwicklung in ca. 200.000 Investmentfonds aus 49 Ländern sicher.758 Clearstream erweiterte sein Angebot im Fondsbereich im April 2018 durch die Übernahme von Swisscanto Funds Centre Ltd. – nun Clearstream Funds Centre Ltd. –759 und deckte seitdem auch das Management von Vertriebsverträgen und die Datenauf bereitung ab. Das Fondsgeschäft wurde als attraktiver Wachstumsmarkt für Clearstream angesehen, in dem das Unternehmen „[…] als Marktinfrastrukturanbieter […] dazu beitragen [könne], die Effizienz im Nachhandelsbereich weiter zu steigern und einen liquideren ETF-Markt zu ermöglichen“.760 Das Joint Venture Link Up Markets, das Clearstream 2008 mit weiteren sieben europäischen CSDs auf den Weg brachte, zielte darauf ab, über die Schaffung einer gemeinsamen technischen Plattform die Interoperabilität zwischen den Zentralverwahrern zu erhöhen, d. h. Schnittstellen zu reduzieren und so Hindernisse und Ineffizienzen in der grenzüberschreitenden Abwicklung zu beseitigen und damit letztlich Kosten zu reduzieren.761 Damit schuf es zugleich eine strategische Alternative zum Euroclear Ansatz, einen europäischen Zentralverwahrer über Akquisitionen zu realisieren. Während die inländischen Institutionen und die inländische Infrastruktur jeweils beibehalten wurden, sollte die zentrale PlattDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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form, deren einzige Kunden die Zentralverwahrer selbst sind, die grenzüberschreitenden Transaktionen abwickeln. Link Up Markets nahm den Betrieb im März 2009 auf762 und erleichterte den mitwirkenden Zentralverwahrern die Vorbereitung auf das zu diesem Zeitpunkt bereits intensiv diskutierte EZB Projekt TARGET2-Securities (CT2S). T2S als zentrale technische Plattform des Eurosystems für die Wertpapierabwicklung war eine der weitreichendsten Veränderungen der europäischen Nachhandelsinfrastruktur seit Jahrzehnten. Das Konzept der EZB, ein eigenes System für die Wertpapierabwicklung aufzubauen, erfuhr aus der Bankenwelt viele positive Stimmen. Trotzdem wurde auch zunächst Kritik laut, zum Beispiel von den beiden großen europäischen Zentralverwahrern Clearstream und Euroclear sowie aus den Reihen des Europaparlaments. Dabei wurde insbesondere auch die gleichzeitige Rolle der EZB als Marktakteur und als Aufsichtsorgan hinterfragt und daher eine explizite Kontrolle gefordert.763 Nachdem sich der EZB-Rat im Sommer 2008 nach mehreren Machbarkeitsstudien für die Realisierung des Projekts entschieden hatte, verpflichteten sich Clearstream schließlich wie nachfolgend nahezu alle weiteren relevanten europäischen Zentralverwahrer im Mai 2012764 verbindlich zur Teilnahme an T2S. Dieses verstand sich als ein freiwilliges Angebot des Eurosystems an die Zentralverwahrer zur Verlagerung ihrer Abwicklungsprozesse auf eine zentrale Plattform, nicht jedoch als neuer europäischer Zentralverwahrer. T2S sorgt für das integrierte Settlement von Wertpapieren und (Zentralbank-) Geld in Echtzeit, während die Wertpapierverwahrung, das Wertpapiermanagement und die jeweils damit verbundenen Dienstleistungen bei den nationalen Zentralverwahrern verbleiben. Von der Reduktion der Settlementsysteme und der Erzielung von Skaleneffekten erhoffte man zum einen Kostenvorteile für die Zentralverwahrer. Zum anderen sollte der Wettbewerb um die besten und günstigsten Wertpapierservices unter den Anbietern auch zu geringeren Gebühren für die Marktteilnehmer führen. Weitere Vorteile für die Marktteilnehmer sind einheitliche Schnittstellen, Nachrichtenformate und Abwicklungsprozesse, und es verringerte sich der Bedarf im Hinblick auf Liquidität und Sicherheiten. Darüber hinaus sollten die unterschiedliche Behandlung nationaler und grenzüberschreitender Geschäfte aufgehoben und gerade für grenzüberschreitende Wertpapiertransaktionen eine höhere Sicherheit und Effizienz in der Abwicklung und nicht zuletzt relevante Kostenreduktionen gewährleistet werden.765 Entwickelt und betrieben durch die vier Zentralbanken Deutsche Bundesbank, Banca d’Italia, Banque de France und Banco de España startete T2S im Juni 2015 zunächst mit vier Zentralverwahrern. Die Migration weiterer Zentralverwahrer erfolgte in fünf Wellen bis September 2017, wobei Clearstream die Migration des deutschen Marktes im Rahmen der vierten und größten Welle im Februar 2017 erfolgreich umsetzen konnte.766 „Die Infrastrukturlandschaft in der europäischen Wertpapierabwicklung“, so kommentiert Berthold Kracke (Vorsitzender des Vorstands der Clearstream Banking AG) rückblickend, wurde durch die neue Plattform „grundlegend verändert.“ Sie sei “ein großer Schritt auf dem 248

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Weg zu harmonisierten Märkten“, dem „ein Abbau der rechtlichen Hürden, die die grenzüberschreitende Wertpapierabwicklung noch immer erschweren“, folgen müsse.767 Neben der Einführung weiterer Dienstleistungen, die die Clearstream AG im Rahmen der T2S-Migration erbrachte, befasste sich das Unternehmen zunehmend mit der Evaluation und Nutzung innovativer Technologien für Wertpapierdienstleistungen, wie z. B. 2016 in Kooperation mit der Deutschen Bundesbank die Entwicklung eines funktionalen Prototyps für die Wertpapierabwicklung auf Basis der Blockchain-Technologie.768 Im Jahr 2018 hat die Deutsche Börse AG über eine Minderheitsbeteiligung und Partnerschaft mit HQLAx, ein FinTech für Liquiditäts- und Sicherheitenmanagementlösungen, einen blockchainbasierten innovativen Service für einen standardisierten Wertpapierleihemarkt konzipiert und umgesetzt.769 Nicht zuletzt für Lösungen in neuen digitalen Assetklassen, zur effizienten Handhabung komplexer Transaktionsketten und zur Vermeidung manueller Abstimmungserfordernisse zwischen den Marktteilnehmern wurde Projekten auf der Basis von Blockchain bzw. Distributed Ledger Technologie für die Zukunft hohe Bedeutung beigemessen.

Abbildung 4: Anteils- und Unternehmensbeziehungen der Clearstream innerhalb der Deutsche Börse AG Quelle: Clearstream: Shareholding Structure (2019), https://www.clearstream.com/clearstreamen/about-clearstream/company-governance/shareholding-structure.

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Heute ist Clearstream über ein direktes Investment der Deutsche Börse AG in die Clearstream Holding AG in den Konzern integriert (siehe Abbildung 4). Zwei Tochterunternehmen der Clearstream Holding AG bzw. der Clearstream International SA halten eine Banklizenz: die Clearstream Banking AG (CBF) mit Sitz in Frankfurt, die unter anderem als deutscher Zentralverwahrer agiert, und die Clearstream Banking SA (CBL) mit Sitz in Luxemburg, die als ICSD Nachhandelsdienstleistungen in Eurobonds für den internationalen Markt und Wertpapierservices für 58 nationale Märkte mit 2.500 Kunden in 110 Ländern anbietet.770 Zu den Tochterunternehmen gehört auch REGIS-TR SA, ein im Jahr 2010 gegründetes Gemeinschaftsunternehmen mit der spanischen Börse BME, das Services im Bereich regulatorischer Meldepflichten anbietet, und LuxCSD, der als Gemeinschaftsunternehmen von Clearstream und der Zentralbank von Luxemburg (BCL) 2011 neu eingeführte Zentralverwahrer von Luxemburg.771 Clearstream verwahrte im Mai 2019 Vermögenswerte in Höhe von 14 Billionen Euro772 und verarbeitet pro Jahr 170 Millionen Abwicklungstransaktionen773 sowohl für den börslichen als auch den außerbörslichen Bereich.

IV. Clearing und Risikomanagement 1. Clearing über einen zentralen Kontrahenten

Neben dem eigentlichen Handelsvorgang sind effiziente Nachhandelsprozesse eine Grundvoraussetzung für funktionierende und integre Finanzmärkte. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die als Clearing bezeichnete Wertpapierverrechnung, die direkt nach einer Handelsausführung erfolgt. Beim Clearing von Finanzinstrumenten werden die Forderungen und Verbindlichkeiten der beteiligten Marktteilnehmer zunächst festgestellt und verrechnet, und es wird sichergestellt, dass zur Absicherung der aus dieser Position resultierenden Verpflichtungen ausreichend Wertpapiere oder Bargeld zur Verfügung stehen. Erst danach erfolgt die tatsächliche Erfüllung der Lieferverpflichtung durch den wechselseitigen Austausch von Geld und Wertpapieren (‚Settlement‘). Den letzten Schritt in der Wertschöpfungskette stellt die Verwahrung der erworbenen Wertpapiere (‚Safekeeping‘) dar, die jedoch unabhängig von einzelnen Transaktionen erfolgt und stattdessen vom Besitz der Wertpapiere abhängt.774 Wie auch schon im vorherigen Kapitel erläutert, war die Deutsche Börse durch eine konsequent verfolgte vertikale Integration der gesamten Wertschöpfungskette im Wertpapierhandel bereits seit der vollständigen Übernahme von Clearstream im Jahr 2002 dazu übergegangen, sämtliche Dienstleistungen im Nachhandel anzubieten. Der Clearing-Prozess besteht im Wesentlichen aus zwei kritischen Funktionen: Erstens muss sichergestellt werden, dass die gesamte Transaktion von der Handelsausführung 250

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bis zur Erfüllung der Lieferverpflichtungen reibungslos abläuft. Zweitens muss das Kontrahentenrisiko zwischen den ursprünglichen Handelspartnern gemanagt werden.775 Das Clearing kann dabei entweder bilateral zwischen den beiden Handelspartnern erfolgen oder über einen zentralen Kontrahenten abgewickelt werden, der das aus einem Handelsgeschäft resultierende Kontrahentenrisiko übernimmt. Während zentrale Kontrahenten in Derivatemärkten aufgrund des höheren Risikos im Derivatehandel bereits im frühen 20. Jahrhundert weit verbreitet waren, wurden diese auf den weltweiten Kassamärkten erst Anfang der 2000er-Jahre nach und nach im Clearing eingeführt.776 Die regulatorischen Entwicklungen nach der Finanzkrise, insbesondere der Dodd-Frank Act in den USA und die Verordnung über die europäische Marktinfrastruktur (European Market Infrastructure Regulation, kurz EMIR777) trugen außerdem wesentlich dazu bei, dass das zentrale Clearing auch für außerbörsliche Geschäfte zunehmend an Bedeutung gewann.778 Beim Clearing von Handelsgeschäften in entwickelten Finanzmärkten sind hierbei im Wesentlichen zwei verschiedene Arten zu unterscheiden: Clearing über einen Zentralverwahrer (Central Securities Depository, CSD) und über einen zentralen Kontrahenten (Central Counterparty, CCP). Während beim Clearing über einen Zentralverwahrer der Fokus darauf liegt, die Lieferverpflichtungen von Wertpapieren und Bargeld zu überprüfen und zu erfüllen, stehen beim Clearing über einen zentralen Kontrahenten das Positions-, Sicherheiten-, und Risikomanagement im Vordergrund.779 Diese Funktion erfüllt der zentrale Kontrahent, indem er als juristische Person zwischen die Gegenparteien tritt und somit als Käufer für jeden Verkäufer bzw. als Verkäufer für jeden Käufer fungiert.780 Beide Arten des Clearings waren im Laufe der Entwicklung der Nachhandelsprozesse bei der Deutschen Börse anzutreffen. Bis zum Beginn der 2000er-Jahre erfolgte das Clearing zusammen mit dem Settlement von Handelsgeschäften über den Zentralverwahrer Deutsche Börse Clearing AG, dessen Funktion dann die neu gegründete Clearstream Banking AG übernahm. Mit der Einführung des zentralen Kontrahenten für den Aktienmarkt im März 2003 änderten sich die Clearing-Prozesse der Deutschen Börse grundlegend. Die Eurex Clearing AG trat von nun an im Aktienhandel auf Xetra sowie an der Frankfurter Wertpapierbörse automatisch als zentrale Gegenpartei für Käufer und Verkäufer ein.781 Bei den Regionalbörsen stieß dieses Format hingegen auf wenig Interesse. Bereits im Vorfeld hatten die anderen deutschen Börsenplätze angekündigt, sich nicht dem zentralen Kontrahenten der Deutschen Börse anzuschließen, sondern Wertpapierverrechnung und Settlement weiterhin über die Clearstream Banking AG abzuwickeln. Neben Bedenken, dass mit der Einführung des zentralen Kontrahenten eine Verteuerung der Wertpapiergeschäfte eintreten würde, zweifelten die Regionalbörsen für ihren vom Privathandel dominierten Handel, für den nahezu kein Ausfallrisiko bestünde, vor allem an dessen Nutzen.782 Im Derivatehandel erfolgte das Clearing über einen zentralen Kontrahenten bereits mit der Einführung des Terminmarkts im Rahmen der Deutschen Terminbörse (DTB), da ein zentraler Kontrahent aufgrund der höheren Risiken im Derivatebereich im Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Abbildung 5: Ein zentraler Kontrahent reduziert die Vernetzung und Abhängigkeiten der Handelsteilnehmer Quelle: Eigene Übersicht in Anlehnung an Deutsche Börse AG und Eurex Clearing AG (2014), S. 12.

Vergleich zum Aktienhandel von besonderer Relevanz ist. Auch bei der aus der DTB und der Schweizer Swiss Options and Financial Futures Exchange (SOFFEX) hervorgegangenen Eurex Exchange fand das Clearing daher von Beginn des Handels im September 1998 an über den zentralen Kontrahenten der Eurex Clearing AG statt.783 Diese Neuerung hin zum Clearing über einen zentralen Kontrahenten brachte für den deutschen Finanzmarkt und seine Akteure mehrere Vorteile mit sich. Im Zentrum stand und steht dabei noch heute die Reduzierung des Kontrahentenrisikos. Gleichzeitig bewirkt ein zentraler Kontrahent die Entflechtung der Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Handelsteilnehmern und führt so zu einer einfacheren und transparenteren Marktstruktur. Wie in Abbildung 5 dargestellt, ist im Fall des Ausfalls eines Teilnehmers allein der zentrale Kontrahent betroffen. In einem Markt ohne zentrales Clearing wirkt sich der Ausfall eines Teilnehmers hingegen auf eine nicht bekannte Anzahl von Marktteilnehmern aus, mit denen er Geschäfte abgeschlossen hat, die noch nicht final abgerechnet sind. Dies kann eine erhöhte Unsicherheit im Markt hervorrufen und ein Ansteckungsrisiko für andere Marktteilnehmer bergen, von dem im Extremfall ein Dominoeffekt mit dem Ausfall weiterer Handelsteilnehmer ausgehen kann.784 Durch die vorgehaltenen Sicherheiten und sein Risikomanagement kann der zentrale Kontrahent normalerweise den Ausfall eines Clearingmitglieds und die daraus resultierenden Verluste kompensieren. Allerdings kann auch der zentrale Kontrahent ein systemisches Risiko darstellen, wenn ein großer oder mehrere große Teilnehmer ausfallen, und der zentrale Kontrahent dadurch selbst in eine Schieflage gerät. Das von den zentralen Kontrahenten ausgehende Stabilitätsrisiko kann zudem insbesondere im außerbörslichen Bereich durch den wachsenden Wettbewerb der zentralen Kontrahenten untereinander verstärkt werden und diese dazu verleiten, die Höhe der geforderten Sicherheiten zu reduzieren, um attraktiver als ihre Wettbewerber zu sein.785 252

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Als weiteren Vorteil ermöglicht ein zentraler Kontrahent die Verrechnung sämtlicher Leistungs- und Lieferverbindlichkeiten aller Clearingmitglieder und all ihrer Transaktionen (sogenanntes multilateral Netting), worin ein erheblicher Effizienzgewinn besteht. Es muss nicht mehr jede einzelne Transaktion durch den Austausch von Geld und Wertpapieren abgerechnet werden, sondern jedes Clearingmitglied lediglich eine individuelle Verpflichtung an den zentralen Kontrahenten erfüllen. Diese Verpflichtung ergibt sich, unabhängig davon, mit welchen anderen Mitgliedern das jeweilige Clearingmitglied gehandelt hat, als Nettoposition nach Berücksichtigung der Transaktionen aller Clearingmitglieder. Diese multilaterale Art der Verrechnung bietet dabei ein weit höheres Aufrechnungspotenzial als die bilaterale Abrechnung der Clearingmitglieder untereinander, reduziert somit die offenen Positionen im Markt und verschlankt die notwendigen operativen Prozesse. In bedeutenden Wertpapiermärkten wie Xetra kann die multilaterale Verrechnung über einen zentralen Kontrahenten eine Aufrechnungseffizienz (‚Netting Efficiency‘) von über 90 Prozent erreichen.786 Da die Deutsche Börse Handel und Clearing aus einer Hand anbietet und das Clearinghaus somit direkt an das Handelssystem angeschlossen ist, kann das Clearing im Xetra-Handel und ebenso im börslichen Derivatehandel der Eurex nach dem sogenannten ‚Open-Offer-Prinzip‘ durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass die Eurex Clearing als zentraler Kontrahent automatisch bereits im Moment des Zustandekommens einer Handelsausführung als Gegenpartei für Käufer und Verkäufer einspringt und somit zu keinem Zeitpunkt ein bilaterales Vertragsverhältnis zwischen den beiden beteiligten Handelsteilnehmern vorliegt. Eine alternative Möglichkeit im Clearing ist das ‚Novation‘-Prinzip (Übertragungsprinzip), bei dem zunächst ein Vertrag zwischen Käufer und Verkäufer auf Basis einer Transaktion zustande kommt. Erst im zweiten Schritt wird der bilaterale Vertrag aufgelöst und durch zwei neue Vertragsverhältnisse zwischen den beiden Parteien und dem zentralen Kontrahenten ersetzt (siehe Abbildung 6). Das Novation-Prinzip wird typischerweise bei außerbörslichen Geschäften angewendet, die über einen zentralen Kontrahenten verrechnet werden, und kommt daher auch beim Clearing außerbörslicher Geschäfte über die Eurex Clearing zum Tragen. Ursache hierfür ist, dass bei außerbörslichen Geschäften die Transaktion zwischen Käufer und Verkäufer bereits vereinbart ist, bevor die Informationen über die Transaktion in die Systeme des zentralen Kontrahenten gelangen.787 Ein weiterer Vorteil, den die Abwicklung über einen zentralen Kontrahenten bietet, ist die Anonymität der Handelsteilnehmer. Im Xetra-Handel erhalten die Händler seit Einführung des zentralen Kontrahenten in der Nachhandelsabwicklung keine Information mehr, mit wem sie gehandelt haben. Vielmehr enthält das Informationsfeld zum Handelspartner in der Geschäftsbestätigung (‚Trade Confirmation‘) als Standardeintrag den zentralen Kontrahenten. Die Anonymität im Nachhandel ist für Händler vorteilhaft, da weniger Informationen, die auf zukünftige Handelsabsichten schließen lassen könnDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Abbildung 6: ‚Open-Offer‘ versus ‚Novation‘ als mögliche Varianten beim Clearing über einen zentralen Kontrahenten Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Laux, Clearing.

ten, in den Markt sickern. Dies trifft beispielsweise auf einen Handelsteilnehmer zu, der eine große Wertpapierposition auf- oder abbauen möchte und diese nach und nach auf mehrere kleinere Handelsaufträge verteilt in den Markt gibt. Nicht zuletzt stieg durch diese Anonymität im Nachhandel die Liquidität auf Xetra im Jahr nach der Einführung des zentralen Kontrahenten, über den gesamten Markt gemessen, um 27 Prozent an.788

2. Das Risikomanagement der Eurex Clearing

Während ein zentraler Kontrahent für die Akteure an den Finanzmärkten wesentliche Vorteile bietet, so stellt er doch zugleich einen systemrelevanten Knotenpunkt dar, der so robust ausgestaltet sein muss, dass er ‚keinesfalls‘ selbst ausfällt. Die Eurex Clearing wurde daher mit einem ausgeklügelten Risikomanagement ausgestattet. Die Basis bildet hierbei der sogenannte Margining Prozess, bei dem die Clearingmitglieder je nach Transaktion und den daraus resultierenden Risiken und unter Berücksichtigung der jeweiligen Produktgruppe sowie ihres eigenen Risikoprofils Sicherheiten bei der Eurex Clearing hinterlegen müssen. Zudem überwacht die Eurex Clearing die jeweiligen Risikopositionen im Verlauf des Tages und löst sogenannte Margin Calls aus, wenn sich die Risikoposition eines Clearingmitglieds beispielsweise durch starke Marktpreisänderungen oder ein zunehmendes Liquiditätsrisiko erhöht und somit höhere Sicherheiten erfordert. Clearingmitglieder müssen darauf hin innerhalb von 30 Minuten entweder ihre Risikoposition verringern oder zusätzliche Sicherheiten hinterlegen.789 Mit zunehmender Geschwindigkeit der Finanzmärkte und aufgrund der immer größeren Anzahl von durchgeführten Transaktionen pro Zeiteinheit passte die Eurex Clearing nach und nach auch ihr Risikomanagement an. Während zum Zeitpunkt der Finanzkrise 254

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2007/2008 die Neubewertung der Sicherheiten und offenen Positionen der Clearingmitglieder noch im Fünf-Minuten-Takt erfolgte790, verrechnete die Eurex Clearing ab Juni 2009 die offenen Positionen im Derivatehandel bereits in Echtzeit. Im März 2010 führte die Eurex Clearing zudem die ‚Enhanced Risk Solution‘ ein, mit der sie als erstes Clearinghaus weltweit die so ermittelten Risiko- und Margin-Daten auch den Clearingmitgliedern in Echtzeit zur Verfügung stellte.791 Mit dem neuen Risikomanagement ‚Eurex Clearing Prisma‘, das im Juni 2013 eingeführt wurde, verbesserte die Eurex Clearing ihr Risikomanagement erneut, indem fortan erstmals die kompletten Portfolios der Clearingmitglieder über alle angebotenen Märkte und Produkte hinweg betrachtet wurden. Neben der ganzheitlichen Risikobewertung brachte und bringt dies noch heute Vorteile für die Kunden mit sich, da die hinterlegten Sicherheiten auf verschiedenen Märkten und für verschiedene Produkte miteinander kombiniert, verrechnet und so effizienter genutzt werden können.792 Fällt ein Clearingmitglied tatsächlich einmal aus, folgt die Eurex Clearing wie die meisten anderen zentralen Kontrahenten einem mehrstufigen Prozess von Verteidigungslinien, um die ausgefallenen Positionen abzusichern. Dieses vordefinierte Prozedere wird auch als ‚Wasserfall‘ bezeichnet, da die jeweils nächste Verteidigungslinie erst zum Tragen kommt, nachdem die Vermögenswerte der vorherigen Stufe vollständig aufgebraucht wurden (siehe Abbildung 7). Hierbei werden immer zunächst die Sicherheiten des zahlungsunfähigen Clearingmitglieds und dessen Beitrag zum Ausfallfonds verwertet, um die offenen Positionen des betroffenen Mitglieds abzuwickeln und auf andere Clearingmitglieder zu übertragen. Erst wenn die hinterlegten finanziellen Mittel des ausgefallenen Clearingmitglieds nicht ausreichen, um alle Verluste aus der Glattstellung der offenen Positionen abzudecken, folgen eigene Mittel des zentralen Kontrahenten sowie Beiträge und Zahlungen der nicht ausgefallenen Clearingmitglieder. 793 Die Eurex Clearing würde in diesem Fall zunächst ihren eigenen Beitrag zum Ausfallfonds verwerten, der sich im März 2019 auf 200 Millionen Euro belief, bevor die hinterlegten Beiträge der anderen Clearingmitglieder anteilig verwertet werden würden.794 Sollten auch diese Mittel nicht ausreichen, kann die Eurex Clearing von jedem Mitglied zusätzliche Nachschüsse einfordern und stellt selbst zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung, bevor in einem letzten Schritt das Eigenkapital der Eurex Clearing aufgebraucht werden würde, um die verbleibenden Verluste zu decken.795 In der Geschichte der Eurex Clearing ist ein solcher Fall bisher allerdings noch nie eingetreten. Seit der Einführung des zentralen Kontrahenten im März 2003 mussten die Positionen von insgesamt drei ausgefallenen Clearingmitgliedern abgewickelt werden: Lehman Brothers (2008), MF Global (2011) und Maple Bank (2016). In allen Fällen waren die vom ausgefallenen Clearingmitglied hinterlegten Sicherheiten ausreichend, um sämtliche Verluste aus der Glattstellung der ausgefallenen Positionen abzudecken.796 Dennoch stellte die Deutsche Börse AG im Juni 2016 zugunsten der Eurex Clearing eine Patronatserklärung aus, um die Ausfallsicherheit des zentralen Kontrahenten weiter zu Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Abbildung 7: ‚Wasserfall‘ der Verteidigungslinien der Eurex Clearing Quelle: Eurex Clearing AG: Default Waterfall, https://www.eurexclearing.com/clearing-en/riskmanagement/default-waterfall, abgerufen am 19. Juni 2019.

erhöhen und auch in Extremsituationen sicherzustellen. In dieser Erklärung verpflichtete sich die Deutsche Börse, der Eurex Clearing bis zu einem Maximalbetrag von 600 Millionen Euro diejenigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, die benötigt werden, damit die Eurex Clearing ihre Verpflichtungen im Notfall erfüllen kann.797

3. Belastungstests und Ausbreitung des zentralen Kontrahenten

Einen ersten großen Test für den zentralen Kontrahenten der Eurex Clearing und dessen Risikomanagement stellte der Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers am 15. September 2008 auf dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise dar. Mit der Insolvenz der europäischen Tochter Lehman Brothers International (Europe) konnte erstmals ein bedeutender Handelspartner seine Verpflichtungen nicht erfüllen. Mit der Insolvenz erlosch zugleich die Lizenz von Lehman Brothers bei der Eurex Clearing. In der Folge musste das Clearinghaus der Deutschen Börse die Positionen von Lehman Brothers-Kunden auf andere Clearingteilnehmer übertragen und die Eigenhandelspositionen der Bank abwickeln. Innerhalb einer Woche gelang es der Eurex Clearing, 99,5 Prozent aller offenen Kundenpositionen von Lehman zu übertragen. Die hinterlegten Sicherheiten waren dabei jederzeit ausreichend, um das Marktrisiko noch offener Positionen abzudecken.798 Dies ist nicht zuletzt auch auf die laufende Neubewertung der Positionen jedes Clearingteilnehmers zurückzuführen, die es der Eurex Clearing auch während des Handelstages ermöglichte, neue Sicherheiten einzufordern, falls sich die Risikoposition eines Teilnehmers über eine kritische Schwelle hinaus verschlechtern soll256

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te. Dieses Verfahren sollte sich auch noch ein weiteres Mal bewähren: Am 24. Juni 2016, dem Handelstag nach dem überraschenden Ausgang des Brexit-Referendums, trug der zentrale Kontrahent der Eurex Clearing ebenfalls zum Funktionieren der Märkte bei, indem er dank der fortlaufenden Überprüfungen der Positionen der Teilnehmer schnell auf die sich ändernde Marktsituation reagieren konnte und somit keine großen ungedeckten Risikopositionen auf bauen musste. Alle im Tagesverlauf auftretenden Margin Calls wurden durch die Clearingteilnehmer erfüllt.799 Diese erfolgreich überstandenen Bewährungsproben für den zentralen Kontrahenten der Deutschen Börse bewiesen exemplarisch, dass zentrale Kontrahenten das systemische Risiko für alle Marktteilnehmer reduzieren und ein so organisiertes Clearing die Integrität und Stabilität von Finanzmärkten fördert. Zugleich hatte die Insolvenz von Lehman Brothers Marktteilnehmern und Regulatoren das grundsätzlich vorhandene Kontrahentenrisiko vor Augen geführt, denn insbesondere die unübersichtlichen Positionen und das damit verbundene Kontrahentenrisiko im außerbörslichen Derivatehandel wurden als eine Ursache bzw. ein Verstärker der Finanzkrise ausgemacht. Die EU und auch die USA strebten daher auf Basis der Vereinbarungen auf dem G20-Gipfel in Pittsburgh im September 2009 an, auch im Bereich des außerbörslichen Derivatehandels die Nutzung zentraler Kontrahenten vorzuschreiben.800 Diese Anforderung hatte die Eurex Clearing nach der Finanzkrise bereits antizipiert und ihr Angebot zum Clearing über einen zentralen Kontrahenten auf den außerbörslichen Handel ausgeweitet. Bereits ab Juli 2009 stand die Eurex auch für das Clearing von außerbörslich gehandelten Credit Default Swaps (CDS) als zentraler Kontrahent zur Verfügung und trug somit zur Steigerung der Integrität des Marktes bei.801 Ende Juni 2011 kündigte die Eurex Clearing an, das System des zentralen Kontrahenten und die damit verbundenen Vorteile für Handelsteilnehmer auch auf den Wertpapierleihemarkt auszuweiten, um dort die bestehenden Standards im Risikomanagement zu verbessern.802 Auch hier sollte der zentrale Kontrahent das systemische Risiko dieser vor allem bilateral vereinbarten Transaktionen verringern und durch einen effizienten Kapitaleinsatz sowie eine Vereinfachung der operativen Prozesse die Kosten für die Teilnehmer reduzieren. Dieser neue Service wurde schließlich ab November 2011 schrittweise für die europäischen Märkte der Leihe von Aktien, ETFs und festverzinslichen Wertpapieren eingeführt.803 Nach anfänglich niedrigen Volumina stieg das außerbörsliche Clearingvolumen nach der Einführung von EMIR rapide an und erreichte bei der Eurex Clearing 2014 bereits rund 100 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatte es noch bei lediglich zehn Milliarden Euro gelegen.804 In den folgenden Jahren erhöhte sich das außerbörsliche Clearingvolumen weiterhin deutlich von Jahr zu Jahr und lag 2017 erstmals über der Marke von einer Billion Euro. Im Geschäftsjahr 2018 gab es schließlich erneut einen sprunghaften Anstieg auf 14,7 Billionen Euro.805 Die verrechneten Volumina über alle Derivate, Wertpapiere und Rückkaufvereinbarungsgeschäfte hinweg betrugen im gleichen Jahr sogar durchDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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schnittlich 23,5 Billionen Euro pro Monat.806 Insgesamt verwaltete die Eurex Clearing im Rahmen ihres Risikomanagements im März 2019 Sicherheiten in Höhe von rund 48,7 Milliarden Euro von rund 200 Clearingmitgliedern, während sich die eigenen Finanzressourcen der Eurex Clearing inklusive des regulatorisch vorgeschriebenen Eigenkapitals auf mehr als zehn Milliarden Euro summierten.807 Trotz der Erfolge der Eurex Clearing und der Ausdehnung des zentralen Kontrahenten auf weitere Märkte beteiligten sich die Regionalbörsen auch nach dessen Einführung nicht am zentralen Kontrahenten der Deutschen Börse. Obwohl die von Kritikern befürchtete Kostensteigerung durch den zentralen Kontrahenten ausblieb und dieser – abgesehen von den Investitionen der Handelsteilnehmer in die notwendigen Systeme – sogar zu kleinen Preisvorteilen für die Nutzung von Xetra und der Frankfurter Wertpapierbörse im Vergleich zu den Regionalbörsen führte,808 bieten die Regionalbörsen auch heute noch kein Clearing über einen zentralen Kontrahenten an. Ein wesentliches Argument hierfür sind die Aufgabegeschäfte809 der Kursmakler, die mit einem zentralen Kontrahenten nicht möglich wären, gleichzeitig aber für die Liquiditätsbereitstellung auf den Regionalbörsen und das Geschäftsmodell der Kursmakler von hoher Bedeutung sind.810

V. Börsenkooperationen und Fusionsaktivitäten Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bietet die horizontale Integration von Börsenorganisationen zweifelsohne hohe Potenziale: Insbesondere die bei Börsenfusionen realisierbaren Skalen- und Verbundeffekte sowie die Möglichkeit der Konsolidierung zentraler Marktprozesse lassen weitreichende Synergien zu. So sind elektronische Märkte unabhängig von ihrer geografischen Lage. Sie sind sowohl bezüglich der Anzahl der Marktteilnehmer als auch bezüglich der handelbaren Produkte hoch skalierbar. Auch der Druck der Marktteilnehmer auf die Börsenorganisationen, über die Realisierung solcher Skaleneffekte Transaktionsgebühren zu reduzieren, führt zu Börsenkooperationen und Zusammenschlüssen. Weiterhin sind einheitliche Schnittstellen für die Finanzintermediäre, die verbesserte Möglichkeit zur internationalen Portfoliodiversifikation für Investoren und die höhere internationale Visibilität für Emittenten aus Sicht der Stakeholdergruppen wesentliche Vorteile einer Börsenfusion. Die Harmonisierung von Regelwerken und Aufsichtsstrukturen auf europäischer Ebene erleichtert die Bereitstellung länderübergreifender europäischer Handelssysteme. Die Veränderungen in den Governance-Strukturen der Börsen in Form der Demutualisierung811 und des sich häufig anschließenden Börsengangs auf dem eigenen Markt haben solche Transaktionen erleichtert und feindliche Übernahmen ermöglicht. Ungeachtet dessen sind Börsenkonsolidierungen sehr weitreichende Eingriffe, da sie nicht alleine die Börsenorganisationen selbst betreffen, sondern die Geschäftsmodelle aller direkten (Banken und Broker) sowie indirekten (in258

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stitutionelle und private Investoren) Marktteilnehmer beeinflussen können. Dies verdeutlichte das Pressestatement812 der London Investment Banking Association (heute: Association for Financial Markets in Europe) vom 3. Februar 2005 im Zusammenhang mit dem geplanten Zusammenschluss von London Stock Exchange (LSE) und Deutsche Börse AG: „There could well be very important changes in the machinery for trading, clearing and settling shares throughout Europe in the near future, as a result of proposals to merge with European Stock Exchanges. The turnover of Europe’s exchanges and post-trade infrastructure is modest by the standards of major industries such as chemicals, construction or banking. However, the role of securities markets in the European Union is all-pervasive. It directly effects many thousands of public companies; millions of personal investors; the pensions, insurance and savings of almost every household; and, last but emphatically not least, the financing of public sector activities”.

Aus (markt- und finanz-) politischer Sicht sind Börsenkonsolidierungen daher sehr gewagte Operationen: Häufig wird die Börse national (und in föderalen Systemen auch auf teilstaatlicher Ebene) als unverzichtbares Element und Herz des eigenen Finanzsystems gesehen, auf das man nicht verzichten kann bzw. will. Eine Börse ist kein Standardunternehmen – die Vielzahl von Partikularinteressen verschiedener Gruppen von (lokalen) Finanzmarktakteuren stellen hohe Hürden dar. Abhängig von der Relevanz und den Marktanteilen der sich zusammenschließenden Einheiten ergeben sich grundlegende wettbewerbsrechtliche Fragen. Nicht zuletzt seit dem Börsengang im Jahr 2001 und Dank der dadurch generierten finanziellen Mittel wurde die Deutsche Börse AG zu einem sehr aktiven Spieler im europäischen und internationalen Fusionspoker (siehe Abbildung 8). Hier stechen insbesondere die insgesamt drei – allesamt gescheiterten – Fusionsversuche mit der London Stock Exchange in den Jahren 2000, 2005 und 2016 hervor. Weitere europäische Fusionsversuche erfolgten im Jahr 2004 mit der Schweizer Börse SWX und im Jahr 2006 mit der länderübergreifenden europäischen Börse Euronext. Auf der transatlantischen Ebene er-

Abbildung 8: Wesentliche Fusionsaktivitäten Deutsche Börse AG im Überblick Quelle: Eigene Übersicht.

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folgte im Jahr 2007 die Übernahme der International Securities Exchange (ISE), während der Fusionsversuch mit der im Jahr 2006 entstandenen transatlantischen Börse NYSE Euronext 2012 scheiterte.

1. Der Kampf um die Kronjuwelen – Drei große Anläufe zur Fusion mit der LSE

Aufgrund der hohen Bedeutung des Finanzplatzes London galt die LSE als ‚Kronjuwel‘813 in den europäischen Fusions- und Übernahmebestrebungen. Werner Seifert führte 2006 aus, die LSE sei „für die Finanzwelt, was der Petersdom für die Katholiken ist“814 und begründete seine Übernahmepläne damit, dass „eine Übernahme der LSE […] der Deutsche Börse weiteres Wachstum und noch größere Gewinne“ ermöglicht habe. Man benötige „die LSE, um endlich die europäischen Kapitalmärkte zu einigen“.815 Am 3. Mai 2000 gaben die Deutsche Börse und die LSE bekannt, dass sie einen „Zusammenschluss unter Gleichen“ mit Umsetzung bis zum Herbst 2000 anstreben.816 Die neue gemeinsame Gesellschaft unter britischem Recht sollte ihren Sitz in London haben und unter dem Namen iX (International Exchanges) geführt werden. Um eine 50:50 Fusion zu erreichen, sollte aufgrund der deutlich höheren Bewertung der Deutsche Börse AG die damalige 50-Prozent-Beteiligung der Deutsche Börse AG an der Clearstream International in der Fusion außen vor bleiben. Zu diesem Zweck wurde beabsichtigt, die restlichen Geschäftsaktivitäten der Deutsche Börse AG in eine neue Gesellschaft (NewCo) einzubringen, die dann mit der LSE zu jeweils 50 Prozent zur iX fusionieren sollte. Gemäß dem britischen monistischen Corporate Governance Modell war geplant, Werner Seifert zum Chief Executive Officer des neuen Unternehmens zu ernennen und Don Cruickshank die Aufgabe des Chairman zu übertragen. Im Kern der Übereinkunft stand die Aufteilung der Märkte in einen Markt für umsatzstarke Werte von Großunternehmen (Blue Chip) unter britischem Recht in London und einen europäischen Wachstumsmarkt nach deutschem Recht in Frankfurt am Main. Zu diesem Zweck war geplant, eine Kooperation von iX mit der NASDAQ Europe Ltd. in Form eines 50:50 Joint-Ventures (mit Sitz in London unter britischem Recht) einzugehen, um einen länderübergreifenden europäischen Wachstumsmarkt auf Basis des Frankfurter Neuen Marktes und des britischen techMARK unter Nutzung des NASDAQ Markennamens aufzubauen. Für beide Märkte war Xetra als zugrundliegendes Handelssystem mit einem gemeinsamen Marktmodell und einem möglichst harmonisierten regulatorischen Ansatz vorgesehen. Es war geplant, den Euro als Währung für den Handel in allen europäischen Werten auf den gemeinsamen Märkten zu nutzen. Der neue Verbund, der immerhin über 50 Prozent des europäischen Aktienhandels auf sich hätte vereinigen können, sollte auch für andere europäische Börsenorganisationen offen sein. Daher wur-

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den vor der offiziellen Bekanntgabe der Fusionspläne hierzu bereits Gespräche mit den Börsen in Mailand und Madrid geführt. Als zentrale Vorteile der Fusion wurden Erlössynergien durch die Zusammenführung des Handels auf eine gemeinsame Plattform (Xetra) und durch das so mögliche höhere Handelsvolumen sowie Kostensynergien durch die Abschaltung der LSE-Handelstechnologie aufgeführt. Im Derivatehandel und -clearing sollten die Services von Eurex und Eurex Clearing aus Frankfurt heraus weitgehend unverändert dem Markt angeboten werden. Zwar sollte ein gemeinsamer zentraler Kontrahent das Clearing im Aktienhandel übernehmen, jedoch die Abwicklung über Clearstream und den britischen Anbieter CREST bis zu einer umfassenderen Lösung beibehalten werden.817 Nachdem am 23. Mai 2000 der Aufsichtsrat der Deutschen Börse der Fusion zugestimmt hatte, war vorgesehen, die Aktionäre beider Börsen am 14. September 2000 über den Zusammenschluss abstimmen zu lassen.818 Das Konzept fand zunächst die Zustimmung der großen Investmentbanken und institutionellen Anleger, die hierin einen Weg sahen, die Transaktionskosten im Handel zu senken. Es wurde jedoch sowohl in London als auch in Frankfurt intensiv diskutiert und kritisiert. In London kam die Kritik insbesondere von kleineren Häusern, die bisher nicht mit dem Xetra Handelssystem verbunden waren und höhere Kosten fürchteten. Darüber hinaus wurde in einer internen, aber durch die Financial Times öffentlich gewordenen Studie der Investmentbank Merrill Lynch bezweifelt819, ob die Integration der Handelssysteme und deren Anpassung an die regulatorischen Vorgaben in beiden Ländern erreicht werden könne und ob die geplanten Kostensynergien aufgrund der Komplexität und der hohen Betriebskosten realistisch und realisierbar seien. In Frankfurt wurde neben dem Plan, den Sitz des fusionierten Unternehmens nach London zu legen, insbesondere die Aufteilung der Märkte eingehend erörtert.820 Selbst wenn zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Fusionsabsichten der Neue Markt (noch) sehr erfolgreich war, sahen viele Kritiker in Frankfurt die Abwanderung des Blue-Chip Handels nach London als Bedrohung für den Finanzplatz Frankfurt an. Werner Seifert selbst gab später diesbezüglich seinen Kritikern recht: „Für iX hätten wir auch ein paar Kröten geschluckt. Wir hätten eine ganze Reihe von Kompromissen akzeptieren müssen, beispielsweise das gesamte Aktiengeschäft unter Londoner Regeln zu betreiben. Nur der Neue Markt sollte in Frankfurt bleiben. Wenn man bedenkt, wie flau sich die High-Tech-Aktien seitdem entwickelt haben, wäre das für die Finanzplatz-Chauvinisten am Main eine traurige Angelegenheit geworden.“821 Ein Problem war zudem die Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Bedeutung und Liquidität der Werte jenseits der Blue-Chips, die jeweils weiterhin an ihren Heimatbörsen unter ihrem jeweiligen nationalen regulatorischen Regime gehandelt werden sollten. 822 Das Scheitern der Pläne hatte jedoch andere Gründe: So legte am 25. August 2000 die OM Gruppen, Anbieter von Software für elektronische Handelssysteme und Betreiber der Stockholm Stock Exchange, ein feindliches Übernahmeangebot über 802 Millionen Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Pfund Sterling für die LSE vor.823 Sowohl die Deutsche Börse AG als auch die LSE verschoben darauf hin auf unbestimmte Zeit die für den 14. September geplanten Abstimmungen in den Hauptversammlungen, bevor die LSE am 12. September ihren Rückzug aus dem Projekt iX erklärte, um sich voll auf die Abwehr des Übernahmeangebots durch die OM Gruppen konzentrieren zu können. Im November 2000 stimmten schließlich nur 6,7 Prozent824 von den erforderlichen 75 Prozent der LSE-Aktionäre dem Angebot der OM Gruppen zu, sodass auch dieser Versuch scheiterte, sich die ‚Kronjuwelen‘ der europäischen Börsenlandschaft einzuverleiben. Die LSE blieb daher ein sehr attraktives Akquisitionsziel und galt weiterhin als der zentrale Baustein einer europäischen Börsenkonsolidierung. Auch in den Folgejahren arbeitete die Deutsche Börse unter Führung ihres Vorstandschefs Werner Seifert daher fortwährend an einer Fusion bzw. Übernahme. So verhandelte man 2003825 mit der LSE über eine Vereinbarung, derzufolge die LSE einen 20-prozentigen Anteil an der Eurex erhalten und im Gegenzug die Eurex Clearing das Clearinggeschäft auch für den Londoner Aktienhandel übernehmen sowie die Eurex ein Derivateangebot in London auf bauen sollte.826 Dieser Vorschlag wurde im November 2003 vom Management der LSE unter ihrem CEO Clara Furse abgelehnt. Ein weiterer Vorstoß wurde am 13. Dezember 2004 publik, als die Deutsche Börse bekanntgab, dass sie dem Management der LSE einen Übernahmevorschlag für ein Angebot von 530 Pence in bar je Aktie gemacht hatte. Das LSE-Management wies auch dieses Angebot, das die LSE mit 1,95 Milliarden Euro bewertete, zurück. In Reaktion hierauf nahm auch der Wettbewerber Euronext Kontakt mit dem LSE-Management auf, allerdings ohne ein konkretes Angebot oder einen konkreten Preis vorzulegen. Die Anmeldung einer möglichen Transaktion beim Bundeskartellamt erfolgte im Januar 2005. Ende 2004 und Anfang 2005 hatte sich bereits eine erste öffentliche Diskussion zu dem Angebot entfaltet, ausgehend insbesondere vom Hedgefonds TCI (The Children’s Investment Fund)827 und zwar in Person des TCI-Gründers und Mitinhabers Chris Hohn, aber auch seitens des Vorstandsmitglieds der Deutschen Bundesbank, Hans Reckers.828 Die von der Deutsche Börse AG am 27. Januar 2005 schließlich veröffentlichten Details ihres bedingten Übernahmevorschlages829, der an die Empfehlung der Übernahme durch das LSEManagement an seine Aktionäre geknüpft wurde, zeigten, dass viele Kritikpunkte an dem gescheiterten iX-Konzept aus dem Jahr 2000 aufgenommen worden waren. Er versuchte sehr viel stärker, die existierenden Marktstrukturen sowohl für London als auch für Frankfurt aufrechtzuerhalten. So sollten im Gegensatz zum iX-Ansatz die Märkte nicht zusammengelegt werden, sondern vielmehr sollte der Londoner Markt in seinem bisherigen regulatorischen Rahmen unter der Aufsicht der Financial Services Authority (FSA), der britischen Finanzmarktaufsichtsbehörde, und unter Beibehaltung der bestehenden Marktmodelle – sowohl für topliquide Werte als auch für Small Caps – und mit der Handelswährung Pfund Sterling weitergeführt werden. Dabei war es das Ziel, die 262

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international bedeutende Rolle des Finanzplatzes London im Listing und Handel nicht nur mit britischen Aktien, sondern auch für außereuropäische Aktien zu erhalten und zu stärken. Auch der Frankfurter Markt sollte als wichtigste Handels- und Listingplattform für deutsche Aktien unter der Aufsicht der hessischen Börsenaufsichtsbehörde unverändert fortbestehen. Ebenso war keine Festlegung auf eines der beiden Handelssysteme vorgesehen, sondern vielmehr geplant, den Marktteilnehmern in beiden Märkten Zugang zu einer einheitlichen Handelsinfrastruktur anzubieten, die die beiden existierenden Handelssysteme in einem neuen, gemeinsamen System verbinden würde. Dieses sollte von der Deutsche Börse Systems AG, der IT-Division der Gruppe Deutsche Börse, entwickelt werden.830 Auch die Clearing- und Abwicklungsprozesse sollten zunächst erhalten bleiben. Für jegliche Anpassungen in den Marktstrukturen wurden intensive Kundenkonsultationen angestrebt; ebenso war eine starke Rolle von Repräsentanten des Londoner Finanzplatzes in der Leitung des neuen Unternehmens vorgesehen – zum Beispiel sollten sieben von 14 Posten im Aufsichtsrat von Personen mit engen Bindungen in die City of London besetzt werden. Den Kunden der LSE wurden Gebührenreduktionen zwischen zehn und 50 Prozent im Handel, im Clearing und in der Bereitstellung von Marktdaten in Aussicht gestellt. Die Übernahme sollte geschätzte Kostensynergien von 75 Millionen Euro generieren, die zu zwei Dritteln durch Einsparungen in der IT, der Rest durch die Konsolidierung von doppelten Funktionseinheiten bedingt sein sollte, und Erlössynergien in Höhe von 25 Millionen Euro ab dem dritten Jahr nach Abschluss der Transaktion hervorbringen. Diesen Synergien standen einmalige Restrukturierungskosten von 100 Millionen Euro gegenüber. Als Sitz des Unternehmens nach der Fusion war Frankfurt vorgesehen, wobei die verantwortlichen Vorstände für Handel und Clearing in London ansässig sein sollten. Der Vorstandsvorsitzende sowie der Chief Financial Officer und der Chief Information Officer würden in Frankfurt bleiben. Die LSE selbst mit ihrem bedeutenden Markennamen ‚London Stock Exchange‘ sollte mit eigenem Board und mit Sitz in London im neuen Unternehmen erhalten bleiben. Die Namensgebung für das neue Unternehmen blieb vorerst offen und würde erst nach Abschluss der Transaktion erfolgen, doch sollte der neue Name die internationale Rolle des Unternehmens unterstreichen.831 Nach der Veröffentlichung des Übernahmevorschlages wurde die Kritik der Hedgefonds, neben TCI u. a. auch des Hedgefonds Atticus, die mittlerweile weitere Anteile an der Deutsche Börse AG akquiriert hatten, nicht nur lauter, sondern der Konflikt zunehmend öffentlich ausgetragen. Im Kern forderten die Hedgefonds, dass die Deutsche Börse ihre Barmittel nicht für den Kauf der aus ihrer Sicht mit diesem Angebot zu teuer bewerteten LSE, sondern für eine Ausschüttung an die Aktionäre über einen Aktienrückkauf verwenden solle. Gemäß ihren Forderungen sollten zudem in einer außerordentlichen Hauptversammlung die Aktionäre darüber abstimmen, obwohl dies anders als im britischen Modell nach deutschem Recht für diese Transaktion nicht erforderlich war. Das Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Management der LSE stellte sich nicht grundsätzlich gegen das Angebot, wollte an ihre Aktionäre eine Empfehlung aber erst zum Preis von 600 Pence pro Aktie aussprechen.832 Auch in Frankfurt blieben die Pläne nicht unkommentiert. So wurde insbesondere die vorgeschlagene Verlegung des Dienstsitzes der Vorstände für den Kassa- und für den Derivatehandel sowie für das Clearing nach London und eine damit verbundene mögliche Schwächung des Finanzplatzes Frankfurt hinterfragt.833 Auch stellten sich nun traditionelle Fonds wie Fidelity auf die Seite der Fusionskritiker.834 Am ersten Märzwochenende 2005 richteten die Hedgefonds mehrere Faxe mit ähnlichem Inhalt an die Deutsche Börse und forderten unter Androhung, dass man die Führung wichtiger Organe des Unternehmens abberufen werde, das Ende der LSEÜbernahmeaktivitäten. Damit konnte man sich bei der Deutsche Börse nicht mehr der Mehrheitsverhältnisse in der am 25. Mai anstehenden ordentlichen Hauptversammlung sicher sein. Der Vorstand der Deutsche Börse AG beugte sich am 6. März dem Druck der Hedgefonds, indem er das Angebot an die LSE zurückzog und über einen Aktienrückkauf Barmittel in signifikantem Umfang an die Aktionäre ausgezahlt wurden.835 Dabei behielt man sich weiterhin vor, der LSE erneut ein Übernahmeangebot zu unterbreiten, falls eine dritte Partei mit einem Gebot aktiv werden würde. Auch dieses Vorgehen führte jedoch nicht zu einer Entspannung der Lage. Vielmehr kauften die Hedgefonds weitere Anteile auf und forderten den Rücktritt des CEO Werner Seifert und des Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf-E. Breuer. Die Argumente der Hedgefonds richteten sich nun nicht mehr gegen die etwaigen negativen Effekte eines LSE-Kaufes auf den Unternehmenswert, sondern gegen die Unternehmensleistung und -führung insgesamt.836 Nach einem erfolglosen Treffen am 7. April lief die Diskussion zwischen Chris Hohn und Werner Seifert nun als öffentlicher Schlagabtausch ab, in dem primär die Frage nach der Geschäftsstrategie des Unternehmens und der Neubesetzung des Aufsichtsrats diskutiert wurde.837 Diese Auseinandersetzung erreichte am 14. April ihren Höhepunkt, als TCI in zwei Anträgen für die Hauptversammlung am 25. Mai forderte, dass Rolf-E. Breuer als Aufsichtsratsmitglied der Deutsche Börse AG abgewählt und dem Aufsichtsrat die Entlastung verweigert werden solle. Vor dem Hintergrund, dass sich neben TCI (acht Prozent der Anteile) weitere relevante Anteilseigner wie Fidelity (zehn Prozent), Atticus Capital LLC (sechs Prozent) und Merrill Lynch (vier Prozent) kritisch über das Unternehmen und dessen Akquisitionsaktivitäten geäußert hatten, zeichnete sich ab, dass es auf der Hauptversammlung zu einer engen Kampfabstimmung um die Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden und des CEO kommen würde. Schließlich gab die Deutsche Börse AG am 9. Mai 2005 nach einer Aufsichtsratssitzung den sofortigen Rücktritt von Werner Seifert und das Ende der Amtszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf-E. Breuer zum Jahresende bekannt. Finanzvorstand Mathias Hlubek wurde zum Interims-Chef ernannt.838 Chris Hohn zog darauf hin seinen Antrag für die Hauptversammlung auf Abberufung von Rolf-E. Breuer zurück. 264

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Die Tatsache, dass Werner Seifert auf diese Weise knapp vier Jahre nach dem Börsengang selbst an den Möglichkeiten gescheitert war, die dieser ihm und seinem Unternehmen 2001 durch die Generierung von signifikantem Akquisitionskapital für die europäische Börsenkonsolidierung und die Schaffung einer breiten internationalen Eigentümerstruktur eröffnet hatte, lässt sich also durchaus als Ironie der (Finanz- und Börsen-) Geschichte interpretieren. Die Ereignisse um die Absetzung von Werner Seifert und Rolf-E. Breuer im Kontext der gescheiterten Übernahme der LSE 2005 wurden nachfolgend gerne als ein Paradebeispiel für die Macht der Hedgefonds (‚Heuschrecken‘), die gegen die Interessen von Unternehmen und der anderen Stakeholder agieren, angeführt.839 Jedoch fand die Finanzaufsicht BaFin in ihrer Prüfung im Jahr 2005 keine ausreichenden Beweise für ein illegales koordiniertes Vorgehen (‚Acting in Concert‘) der opponierenden Hedge-Fonds, welches die Fonds bei einer gemeinsamen Kontrolle von mehr als 30 Prozent der Anteile zur Abgabe eines Übernahmeangebotes für die Deutsche Börse verpflichtet hätte.840 Das Gefecht um die LSE wurde freilich fortgesetzt und ging mit einem (letztlich wieder nicht erfolgreichen) Übernahmeangebot der australischen Macquarie Bank über nun 580 Pence je Aktie841 in eine von mehreren weiteren Runden. Rund zehn Jahre später, zu Beginn des Jahres 2016, zeigte sich, dass die Deutsche Börse AG erneut in den Kampf um die LSE eingriff. Nach einer Vielzahl von Gerüchten sahen sich ihr Management mit dem seit Juni 2015 agierenden Vorstandsvorsitzenden Carsten Kengeter und das Board der LSE veranlasst, mit einer Verlautbarung vom 23. Februar 2016 die Pläne eines möglichen Zusammenschlusses unter Gleichen unter einer neuen Holding zu veröffentlichen.842 In einer weiteren Mitteilung vom 16. März wurde die Vereinbarung für den Zusammenschluss einschließlich ihrer wesentlichen Rahmendaten bekanntgegeben: Über einen Aktientausch sollten die Aktionäre der Deutsche Börse AG bzw. die Aktionäre der LSE für jede Deutsche Börse- bzw. LSE-Aktie eine Aktie bzw. 0,4421 Aktien des neuen Unternehmens erhalten. Der Sitz der neuen Holdinggesellschaft (‚HLDCO123 plc‘) sollte in der britischen Finanzmetropole sein, mit Tochtergesellschaften jeweils in Frankfurt und London. Alle regulierten Einheiten, Börsen und Clearinghäuser des gemeinsamen Konzerns sollten in ihrem jeweiligen bisherigen regulatorischen Rahmen an ihrem jeweiligen Heimatstandort verbleiben. Carsten Kengeter war als CEO im gemeinsamen Board vorgesehen, während Donald Brydon, der bisherige Chairman der LSE, und Joachim Faber, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsche Börse AG, als Chairman bzw. stellvertretender Chairman im neuen, paritätisch aus Vertretern beider Unternehmen zu besetzenden Board agieren sollten. Der bisherige CEO der LSE, Xavier Rolet, bot für den Fall einer erfolgreichen Transaktion seinen Rücktritt an. Kommuniziertes Ziel des Zusammenschlusses war es, „sich gegenseitig in einer branchenprägenden Transaktion zu stärken und einen führenden europäischen Anbieter für globale Marktinfrastruktur“843 zu schaffen. Das Bild einer Liquiditätsbrücke zwischen den Börsen Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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wurde genutzt, um die positiven Effekte für die Marktteilnehmer bzw. Kunden aufzuzeigen. Des Weiteren sollten im Clearing positive Kapitalkosteneffekte über ein CrossMargining, also einen effizienten Einsatz von Sicherheiten, zwischen börsennotierten und OTC-Derivaten für die Marktteilnehmer realisiert werden. Den Aktionären wurden jährliche Kostensynergien von 450 Millionen Euro ab dem dritten Jahr nach Vollzug der Transaktion, insbesondere durch die Zusammenlegung von Technologie, Zentralfunktionen und Prozessen, in Aussicht gestellt, sowie Erlössynergien von über 250 Millionen Euro ab dem fünften Jahr, insbesondere über neue Produkte und Dienstleistungen durch ein erweitertes globales Netzwerk.844 Man ging davon aus, dass diesen Synergien einmalige Kosten von 600 Millionen Euro gegenüberstanden.845 Vor dem Hintergrund des bereits geplanten Brexit-Referendums der Regierung Cameron am 23. Juni 2016 wurde ein Referendumsausschuss eingesetzt, der die möglichen Konsequenzen des Brexit-Referendums analysieren sollte. Zwar wurde kommuniziert, dass der Zusammenschluss unabhängig vom Ergebnis des Referendums sei, jedoch stellte das Referendum selbst ein erhebliches Projektrisiko dar. Als wesentliches Argument für die Fusion wurde zum einen die künftige Bedeutung des neuen Unternehmens als aus Europa heraus global agierender Anbieter von Finanzmarktinfrastrukturdienstleistungen angeführt und hervorgehoben, dass dieser Schritt sogar notwendig sei, um die zukünftige Relevanz des Finanzplatzes Frankfurt bzw. der Deutsche Börse AG im globalen Börsenwettbewerb846 zu sichern. Zum anderen wurden die erheblichen Vorteile der Bündelung und Zusammenführung der sich ergänzenden Geschäftsportfolios, der Technikplattformen sowie des technischen Know-Hows in den Unternehmen und an den beiden Standorten betont.847 Die Kritik an dem Vorhaben aus Frankfurt richtete sich einerseits auf die wahrgenommene ungleiche relative Stärke der beiden Partner und andererseits – wie zu erwarten – erneut auf die Standortfrage. Dass es sich um einen Zusammenschluss unter Gleichen handele, wurde in Frage gestellt, da die Deutsche Börse der wesentlich stärkere Partner sei und das verhandelte Umtauschverhältnis diese Stärke nicht widerspiegele.848 Bezüglich der Standortfrage wurde der erklärtermaßen nicht zu verhandelnde Standpunkt der britischen Regierung, den Sitz in London zu verankern, hinterfragt und die Verlagerung nach London, insbesondere von Seiten der hessischen Politik, als eine Schwächung des Finanzplatzes Frankfurt angesehen. Man befürchtete im Hinblick auf die in Frankfurt verbleibenden rechtlichen Einheiten, dass die finanzielle Ausstattung langfristig nicht ausreichend und ihre strategische Rolle nicht gesichert sei.849 Das Standortthema gewann mit dem Brexit-Votum in der Diskussion erheblich an Bedeutung: Grundsätzlich wurde ein Zusammenschluss von der deutschen Finanzindustrie weiter positiv bewertet. Jedoch drehte sich das Meinungsbild zum Standort mit dem Brexit, und es wurde nun sowohl von der Finanzindustrie850 als auch von den Aufsichtsbehörden851 und der hessischen Landesregierung852 ein Sitz der Holding in der Eurozone bzw. in Deutschland gefordert. 266

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Dennoch erfuhr die Transaktion breite Zustimmung bei den Aktionären: Am 4. Juli votierte eine Mehrheit von über 99 Prozent der LSE Aktionäre für den Zusammenschluss.853 Von Juni bis August 2016 nahmen 89 Prozent der Aktionäre der Deutschen Börse das Angebot nach Ablauf der erweiterten Annahmefrist an und tauschten ihre Aktien in Aktien der neuen Holding.854 Bedingung für den Zusammenschluss war die Zustimmung einer Vielzahl von Behörden, unter anderem der Europäischen Kommission und des für die Börsenaufsicht zuständigen Hessischen Wirtschaftsministeriums, dessen Börsenaufsichtsbehörde gemäß § 6 Börsengesetz eine Fusion untersagen kann, wenn der künftige Träger nicht zuverlässig und geeignet ist oder, was in diesem Fall das relevantere Kriterium war, „die Durchführung und angemessene Fortentwicklung des Börsenbetriebs beeinträchtigt wird.“855 Letztlich musste Wiesbaden aber nicht mehr entscheiden, da der Zusammenschluss bereits vorher von der EU-Kommission im Rahmen ihres Fusionsprüfungsverfahrens untersagt wurde. Um den zunächst vorgebrachten Einwänden der Kommission zu begegnen, bot die LSE, sofern der Zusammenschluss zustande käme, den Verkauf der LCH.Clearnet SA an die Euronext an, doch schuf dies dem weiteren Prüfprozess zufolge nicht ausreichend Abhilfe. Vielmehr wurde darüber hinaus die Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der LSE an der italienischen MTS-Handelsplattform gefordert, da die LCH.Clearnet SA im Bond-Clearing abhängig von der Weiterleitung der Anleihetransaktionen durch die MTS-Plattform sei. Dieser Schritt wurde jedoch von der LSE abgelehnt, was oftmals als Vorwand der LSE, aus den Zusammenschlussbestrebungen aussteigen zu können, interpretiert wurde. Aufgrund eines befürchteten Monopols des neuen Unternehmens im Clearing von Anleihen wurde der Zusammenschluss am 29. März 2017 durch EUWettbewerbskommissarin Verstager untersagt.856 Nach dem Scheitern der Fusion verlagerte sich die Diskussion auf eine wichtige Personalie in diesem Kontext: Aufgrund eines angeblichen Verstoßes gegen das Insiderhandelsverbot und einer angeblichen Unterlassung einer Ad-hoc Mitteilung leitete die Staatsanwaltschaft Frankfurt ein Ermittlungsverfahren gegen Carsten Kengeter ein.857 Hintergrund war der Erwerb von Deutsche Börse-Aktien durch Kengeter im Zusammenhang mit einem Vorstandsvergütungsprogramm im Dezember 2015, etwa zwei Monate vor der Bekanntgabe der Fusion. Das Amtsgericht Frankfurt lehnte die mit der Staatsanwaltschaft verhandelte Einstellung der Ermittlungen gegen die Auflage einer Geldzahlung in Höhe von 500.000 Euro ab.858 Schließlich trat Kengeter mit Wirkung zum Jahresende 2017 als Vorstandsvorsitzender der Deutsche Börse AG zurück, worauf Theodor Weimer das Amt zum Jahresbeginn 2018 übernahm. Im Dezember 2018 gab die Deutsche Börse AG die Einstellung des Ermittlungsverfahrens des Landgerichts Frankfurt am Main gegen Carsten Kengeter und einen Bußgeldbeschluss gegen die Deutsche Börse AG als Nebenbeteiligte in Höhe von insgesamt 10,5 Millionen Euro bekannt.859 Kengeter zahlte eine Geldauflage in Höhe von 250.000 Euro an eine gemeinnützige EinDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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richtung und überwies 4,5 Millionen Euro, die er in Aktien der Deutsche Börse AG investiert hatte, an die Staatskasse.860 Damit wurde das Verfahren beendet.

2. Weitere europäische Fusionsversuche: SWX 2004, Euronext 2006

Neben den Bemühungen um die attraktivste Braut, die LSE, orientierte sich die Deutsche Börse als Werbender im europäischen Börsenhochzeitstanz auch in Richtung Zürich und Paris. So lud die Deutsche Börse AG im Sommer 2004 die schweizerische Börse SWX Swiss Exchange zu Gesprächen über eine Zusammenarbeit im Aktienhandel ein.861 Einerseits konnten die beiden Börsen über das sehr erfolgreiche gemeinsame Projekt Eurex und auch über die gemeinsame Beteiligung am Index-Anbieter STOXX auf eine lange und vertrauensvolle Zusammenarbeit auf bauen. Andererseits erwies sich ein Zusammengehen mit der SWX als schwierig, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die SWX keine gelistete AG war und somit eine Transaktion über den Kapitalmarkt nicht möglich gewesen wäre. Darüber hinaus war klar, dass die sehr viel kleinere SWX im neuen Unternehmen nur eine Rolle als Juniorpartner würde einnehmen können und damit ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit aufgeben müsste.862 Im Kern der vorgeschlagenen Vereinbarung wurde der SWX als Gegenleistung für den der Deutsche Börse AG zu gewährenden Zugang zum attraktiven Schweizer Aktienmarkt – führende europäische Unternehmen wie Nestle, Novartis, UBS oder Credit Suisse waren dort gelistet – ein Anteil von 20 Prozent am gemeinsamen Unternehmen angeboten. Trotz guter Fortschritte in den Verhandlungen und positiver Reaktionen der Marktteilnehmer und der Presse teilte die SWX der Deutsche Börse AG schließlich mit, dass man der Unabhängigkeit auch weiterhin den Vorzug geben werde.863 Reto Francioni, der zu diesem Zeitpunkt als Verwaltungsratspräsident der Schweizer Börse in die Verhandlungen mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Börse AG, Werner Seifert, involviert war, betonte nach dem Abbruch der Verhandlungen, dass im Falle einer Konsolidierung nicht nur die Unabhängigkeit des Schweizer Kapitalmarkts gewährleistet sein müsse, sondern dass die Bildung einer europäischen Börse, unabhängig von den Partnern, mit denen diese geformt würde, über London und nicht über Frankfurt erfolgen solle.864 Ein natürlicher Partner für die Deutsche Börse AG war bzw. ist auch die Euronext, die im Jahr 2000 durch die Fusion der Börsen von Amsterdam, Brüssel und Paris als Holding nach niederländischem Recht gegründet wurde. Diese erste länderübergreifende europäische Börse unternahm 2002 durch Fusion mit der portugiesischen Börse Bolsa de Valores de Lisboa e Porto (BVLP) und die Übernahme der Londoner Terminbörse London International Financial Futures and Options Exchange (LIFFE) weitere Wachstumsschritte.865 Bereits in den Jahren 2003 und 2004 fanden Gespräche zwischen Werner 268

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Seifert und Jean-François Théodore, dem Vorstandsvorsitzenden der Euronext, statt, um über einen Zusammenschluss der beiden Unternehmen eine europäische Konsolidierung zu erreichen. Diese scheiterten jedoch an Fragen unter anderem der Anteilsverteilung zwischen den Aktionären und der Führungsorganisation.866 Der Nachfolger von Werner Seifert als CEO der Deutsche Börse AG seit November 2005, Reto Francioni, unternahm im Jahr 2006 den nächsten Versuch, einen Zusammenschluss mit der Euronext zu erreichen. Nachdem im Markt bereits vielfältige Gerüchte kursierten, gab die Deutsche Börse AG am 15. März 2006 bekannt, dass sie konkrete Verhandlungen mit dem Management der Euronext aufnehmen wolle867 und präzisierte ihre Vorschläge im Mai 2006. Ziel des Zusammenschlusses sei die Schaffung einer europäischen Börsenorganisation über einen ‚Zusammenschluss unter Partnern‘.868 Es sollte eine neue Holdinggesellschaft mit rechtlichem Sitz in den Niederlanden (Amsterdam), ein neuer Unternehmensname und eine neue Markenstrategie geschaffen werden. Man gehe von Synergien im Wert von etwa 300 Millionen Euro aus, die durch die Integration und Harmonisierung von Handelsplattformen über IT-Kostensynergien in Höhe von 100 Millionen Euro, Kostensynergien in Nicht-IT-Bereichen in Höhe von 90 Millionen Euro und Erlössynergien in Höhe von 110 Millionen Euro erwartet wurden. Vorteile aus Effizienzgewinnen in Höhe von 60 Millionen Euro sollten an die Kunden weitergegeben werden.869 Alle Geschäftsbereiche inklusive der Clearstream sollten Teil des neuen Unternehmens werden, wobei aufgrund wettbewerbsrechtlicher Überlegungen die Auslagerung des Aktienclearings in eine separate Clearingorganisation erwogen wurde. Die Hauptverwaltung und die IT plante man in Frankfurt anzusiedeln, während der Aktienhandel aus Paris, der Derivatehandel aus London und Frankfurt, Clearstream aus Luxemburg und Information Services, d. h. das Datengeschäft, aus Amsterdam geführt werden sollten. Vorstand und Aufsichtsrat beabsichtigte man zu gleichen Teilen von Vertretern aus beiden Unternehmen zu besetzen, die Spitzenpositionen jedoch zu Gunsten der Deutsche Börse AG auszugestalten: Reto Francioni sollte nach einer Übergangsphase als CEO des neuen Unternehmens agieren. Die Deutsche Börse sollte den Vorsitzenden, Euronext den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats stellen.870 Zunächst schien das Projekt auf einem sehr guten Weg: Nicht nur die Euronext871 sondern auch die französische und die deutsche, unter anderem hessische Politik, nahmen den Vorstoß positiv auf. Ende März 2006 stimmte auch der Aufsichtsrat der Deutsche Börse AG detaillierten Verhandlungen zum Zusammenschluss zu872 und den jeweiligen Hauptversammlungen hätten am 23. bzw. 24. Mai die entsprechenden Entscheidungen vorgelegt werden können. Doch wurde das Störfeuer zunehmend stärker: In Paris meldeten sich zunehmend kritische Stimmen aus der Finanzwelt, aus deren Sicht die geplante Fusion, wie sich nicht zuletzt in der Standortfrage und der Führungsbesetzung zeige, kein Zusammenschluss gleichberechtigter Partner, sondern eher eine Übernahme durch die Deutsche Börse sei. Auch wurde die vertikale Struktur, das ‚Silo‘, der Deutsche Börse Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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AG kritisiert. Hinzu kam, dass parallel dazu sich nun auch die US-amerikanischen Börsen verstärkt in den europäischen Prozess der Börsenkonsolidierung einschalteten. Nicht nur hatte sich die NASDAQ im April 2006 mit 15 Prozent an der LSE beteiligt, sondern es wurde auch Ende April 2006 öffentlich, dass erste Gespräche zwischen dem CEO der New York Stock Exchange (NYSE), John Thain, und der Euronext-Führung unter Jean-François Théodore stattgefunden hatten.873 Diese gipfelten in einem konkreten Übernahmeangebot der NYSE für die Euronext über zehn Milliarden US-Dollar874 und dem Vorschlag, ein gemeinsames neues Unternehmen ‚NYSE Euronext‘ mit rechtlichem Eintrag in den USA, Sitz von Zentrale und Management in New York unter dem CEO Thain und einem für das Europageschäft verantwortlichen stellvertretenden CEO Théodore zu errichten.875 Aufsichtsrat und Management der Euronext favorisierten diese Lösung und am 23. Mai 2006 lehnten die Aktionäre der Euronext in der Hauptversammlung einen Zusammenschluss mit der Deutsche Börse AG ab. Trotz dieser Entwicklungen hielt das Frankfurter Unternehmen an seinem Ziel einer Fusion mit der Euronext fest und versuchte, der Euronext in einigen wichtigen Punkten mit einem verbesserten Angebot entgegenzukommen.876 Im neuen Vorschlag sollte als wesentliche Änderung erstens die zentrale Rolle Frankfurts als Hauptsitz eingeschränkt und über eine Verteilung der Zentralfunktionen auf Amsterdam, Frankfurt und Paris eine föderale Struktur realisiert werden. Zweitens wurde das NSC-System der Euronext unter Aufgabe von Xetra als gemeinsame Aktienhandelsplattform vorgeschlagen. Drittens sollte die Euronext nun den Vorsitzenden des Aufsichtsrats stellen. Der Vorschlag wurde unter anderem von der hessischen Landesregierung, den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat der Deutsche Börse AG und der deutschen Finanzindustrie als zu weitgehendes Zugeständnis kritisiert.877 Im Sommer und Herbst 2006 warben Reto Francioni und der Aufsichtsratsvorsitzende Kurt Viermetz weiter um die Zustimmung der Euronext-Aktionäre und der Finanzmarktakteure in Paris. Auch verhandelten sie, letztlich erfolglos, mit der Borsa Italiana über einen gemeinsamen Fusionsvorschlag an die Euronext.878 Ungeachtet dessen arbeiteten Euronext und NYSE weiter auf die Fusion hin und bereiteten eine außerordentliche Hauptversammlung der Euronext im Dezember 2006 mit dem Ziel der Zustimmung zur Übernahme durch die NYSE und zum Konzept ‚NYSE Euronext‘ vor. Im Zuge dessen bot man sogar der Deutsche Börse AG und der Borsa Italiana an, ihren Aktienhandel im ersten Schritt bei Euronext einzubringen, um dann das Fusionsprojekt mit der NYSE im zweiten Schritt mit einer umfassenden europäischen Aktienhandelsbörse zu vervollständigen. Für die Deutsche Börse AG war dies aufgrund der dadurch bedingten De-facto-Zerschlagung des eigenen Unternehmens jedoch keine Option. Nach weiteren Rückschlägen aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Vorbehalten der EU-Kommission und aufgrund des durch die Veränderungen der Aktienkurse relativ attraktiver gewordenen Angebotes der NYSE gab die Deutsche Börse AG am 15. November 2006 bekannt, dass sie den Zusammenschluss mit der Euronext nicht weiterverfolgen 270

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werde.879 Nachdem die Regulierer ihre Zustimmung gegeben hatten, genehmigten die Aktionäre von NYSE und Euronext im Dezember 2006 mit jeweils großer Mehrheit880 die Fusion beider Unternehmen zur ‚NYSE Euronext‘ Mit diesem transatlantischen Zusammenschluss war das Projekt einer europäischen Börsenkonsolidierung über die Euronext aus Sicht der Deutsche Börse AG gescheitert.

3. Transatlantische Konsolidierung: ISE 2007 und NYSE Euronext 2011

Nur wenig später gelang es der Deutsche Börse AG jedoch, an der transatlantischen Konsolidierung teilzuhaben. So verständigten sich die Eurex Frankfurt AG und die International Securities Exchange (ISE) in New York, die zu diesem Zeitpunkt weltweit größte Aktienoptionsbörse, am 30. April 2007 auf deren Übernahme881 durch die Eurex. Sowohl das Management und die Struktur als auch der regulatorische Status der ISE als durch die Securities and Exchange Commission regulierte US Optionsbörse sollten erhalten bleiben. Nach der Zustimmung der ISE-Aktionäre im Juli 2007 konnte die Transaktion mit einem Volumen von ca. 2,8 Milliarden US-Dollar in bar bis zum Jahresende 2007 abgeschlossen werden. Im März 2016 wurde die ISE unter Vorstandschef Kengeter für 1,1 Milliarden US-Dollar allerdings wieder an die NASDAQ verkauft882, was in der Presse mit dem ausbleibenden Erfolg und sinkenden Marktanteile der ISE begründet wurde.883 Der wesentlich größere transatlantische Schritt sollte über einen Zusammenschluss mit der NYSE Euronext und damit über die Bildung der nach Marktkapitalisierung, Umsatz und Gewinn weltweit größten Börsenorganisation erreicht werden. Am 9. Februar 2011 wurden die Gespräche bestätigt884 und am 15. Februar 2011 gaben die beiden Unternehmen bekannt885, dass sie eine Vereinbarung zu einem Zusammenschluss erzielt hätten. Dabei spielte neben dem Ziel, eine globale Handelsplattform für Derivate aufzubauen, auch der durch die EU-Richtlinie ‚Markets in Financial Instruments Directive‘ (MiFID)886 ausgelöste scharfe Wettbewerb im europäischen Aktienhandel eine wesentliche Rolle, der beträchtliche Marktanteile von den Aktienmärkten der Deutschen Börse und der Euronext Paris auf die neu entstandenen Multilateral Trading Facilities verlagert hatte. Die Vereinbarung887 sah die Gründung einer neuen niederländischen Holding, der Alpha Beta Netherlands Holding N. V. (im folgenden Holding N. V.), vor, in die die Deutsche Börse AG und die NYSE Euronext im Rahmen eines Aktientausches ihre Geschäfte einbringen sollten. Am Eigenkapital der Holding N. V. sollten Deutsche Börse bzw. NYSE Euronext Aktionäre etwa 60 Prozent bzw. 40 Prozent halten. Die Marktkapitalisierung der Deutschen Börse lag bei Ankündigung bei 11,4 Milliarden Euro, die der NYSE Euronext bei 6,7 Milliarden Euro. Für das neue Unternehmen waren jeweils ein Hauptsitz in New York und in Frankfurt sowie Listings der Aktie in New York, Paris und Frankfurt geplant. Während die NYSE Euronext den CEO hätte besetzen können (vorDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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gesehen war hierfür Duncan Niederauer), sollte die Deutsche Börse den Chairman bestimmen (vorgesehen war hierfür Reto Francioni). Die Leitungsgremien sollten aus dem Verwaltungsrat (neben dem CEO und dem Chairman 15 weitere Mitglieder, wovon neun von der Deutschen Börse und sechs von der NYSE Euronext bestimmt würden) und dem paritätisch aus beiden Unternehmen mit acht Vorständen besetzten Executive Committee bestehen. Die acht Vorstände sollten laut Vereinbarung auf die Standorte New York (CEO, Aktienmärkte, General Counsel), Paris (IT), Frankfurt (Derivate, Marktdaten, Finanzen) und Luxemburg (Abwicklung) verteilt werden. Über den Zusammenschluss sollten jährliche Kostensynergien in Höhe von ca. 300 Millionen Euro – in vollem Umfang zum Ende des dritten Jahres nach Transaktionsabschluss – über Einsparungen und Größenvorteile in der IT, im Clearing, im Betrieb der Märkte und in Zentralfunktionen realisiert werden und den Aktionären über ein höheres Gewinnwachstum zugutekommen. Darüber hinaus wurden Umsatzsynergien von mindestens 100 Millionen Euro unter anderem durch neue Vertriebsmöglichkeiten und Produkte erwartet. Die Umsetzungs- und Restrukturierungskosten wurden mit dem 1,5 bis zweifachen der Kostensynergien angesetzt.888 In diesem Kontext wurden insbesondere die Kostensynergien kritisiert, da diese aus Sicht der Arbeitnehmer, gerade auch aus den Erfahrungen aus der Fusion der NYSE mit der Euronext und deren Effekt auf die Arbeitsplätze in Paris, unweigerlich mit einem Abbau von Arbeitsplätzen verbunden waren.889 NASDAQ OMX und die Intercontinental Exchange versuchten im April 2011, den Zusammenschluss mit einem unaufgeforderten (feindlichen) Übernahmeangebot an die NYSE Euronext zu verhindern. Deren Board of Directors wies den Vorstoß jedoch ab.890 Im Juli 2011 stimmten die Aktionäre der NYSE Euronext dem Zusammenschluss mit über 96 Prozent zu.891 Die Aktionäre der Deutsche Börse AG nahmen das Tauschangebot des neuen Unternehmens, der Holding N. V., schließlich mit 95 Prozent, bei erforderlichen 75 Prozent, an.892 Wie auch bei den bisherigen Fusionsbemühungen wurde die Verteilung von Standorten und Führungspositionen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich und in den USA intensiv diskutiert. Der eigentliche Stolperstein lag jedoch, wie bald klar wurde, in der Vielzahl und der Bedeutung der erforderlichen Genehmigungen und Verfahren der involvierten Behörden auf beiden Seiten des Atlantiks. Zunächst wurde der Zusammenschluss durch die BaFin nach § 2c KWG (Beteiligungskontrollverfahren) und durch die luxemburgische Aufsichtsbehörde in ihrer Aufsichtsfunktion über Clearstream genehmigt. Auch die kartellrechtliche Prüfung durch das US-Justizministerium war positiv. Der Zusammenschluss wurde mit der Auflage genehmigt, den 31,5-prozentigen Anteil893, den die Deutsche Börse über ihre ISE-Beteiligung an der US-Aktienhandelsplattform Direct Edge Holdings hielt, zu verkaufen. Die größten Hürden stellten aber die notwendigen Genehmigungen der Europäischen Kommission (nach dem Fusionskontrollverfahren) und des für die Börsenaufsicht zuständigen Hessischen Wirtschaftsministeriums 272

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gemäß § 6 Börsengesetz dar. Doch – ähnlich wie einige Jahre später beim angestrebten Zusammenschluss mit der LSE – war aufgrund der letztlich negativen Entscheidung im Fusionskontrollverfahren keine finale Entscheidung aus Wiesbaden mehr erforderlich. Am 1. Februar 2012 wurde der Zusammenschluss nämlich durch die Europäische Kommission, – zuständig war die Generaldirektion für Wettbewerb unter dem Kommissar Joaquín Almunia – im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens untersagt894, weil durch das Zusammengehen der NYSE Euronext LIFFE und der Eurex mit einem gemeinsamen Marktanteil von über 90 Prozent eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung im europäischen börslichen Derivatehandel auftreten würde. Dieses Ergebnis beruhte allerdings darauf, dass die Kommission den europäischen statt den globalen Derivatemarkt als relevanten Markt und zudem den börslichen und nicht zusätzlich den außerbörslichen Derivatehandel betrachtete.895 Zur Abhilfe der fusionskontrollrechtlichen Bedenken empfahl die EU-Kommission den Verkauf entweder der zur NYSE Euronext gehörenden LIFFE oder der Eurex. Angesichts der zentralen Bedeutung der beiden Derivatemärkte für die Unternehmen sowie für die Logik des geplanten Zusammenschlusses stieß dieser Vorschlag auf Ablehnung. Die Deutsche Börse AG, die NYSE Euronext und auch die deutsche Finanzindustrie übten heftige Kritik an der Entscheidung der EU-Kommission. So rügte zum Beispiel Reto Francioni die „realitätsfremd verengte Marktvision“896 der Generaldirektion Wettbewerb, die nicht der globalen Natur des Derivatemarkts entspräche. Mit der wettbewerbsrechtlichen Ablehnung war eine wesentliche Voraussetzung des Umtauschangebotes der Holding N. V. an die Deutsche Börse-Aktionäre entfallen. Somit wurden die bereits umgetauschten Aktien in die ursprünglichen Aktien897 zurückgetauscht und das gemeinsame Vorhaben von Deutsche Börse AG und NYSE Euronext, den weltweit größten Börsenkonzern zu schmieden, war endgültig gescheitert. Für die Deutsche Börse bedeutete das Scheitern des transatlantischen Projektes eine Rückbesinnung auf das eigene organische Wachstum und auf die Konsolidierungspotenziale in Europa, was schließlich 2016 im dritten Versuch zur Übernahme der London Stock Exchange mündete. Die NYSE Euronext wurde bereits 2013, nur gut ein Jahr nach dem erfolglosen Projekt mit der Deutsche Börse AG, durch die Intercontinental Exchange (ICE) übernommen. Für die ICE war nur die Londoner Terminbörse LIFFE aus dem europäischen Portfolio der NYSE Euronext von Interesse. Daher wurden die europäischen Kassamärkte von der ICE abgespalten und so die Euronext – über einen Börsengang und den Verkauf der restlichen Aktien an eine Gruppe strategischer Investoren im Juni 2014 – zu ihren Wurzeln in Europa zurückgeführt.898 Vor dem Hintergrund zunehmender protektionistischer Abschottung und nationalistischer Strömungen in vielen modernen Gesellschaften werden Fusionen zwischen großen Börsen auch in der nahen Zukunft eher unwahrscheinlich, wie es z. B. 2019 der amtierende CEO der London Stock Exchange, David Schwimmer, zum Ausdruck brachte: „There have been some big, painful failures out there in the industry. I think especially in the Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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environment we are in today, with more market fragmentation as opposed to more cooperation across markets, and more nationalism. There will continue to be this nationalistic focus on exchanges in particular. It’s hard to think about doing big cross-border exchange-type transactions. It just feels challenging for the industry.”899 Ist die Bilanz, was die Bemühungen im politisch sensiblen Bereich der großen Börsenfusionen betrifft, wie gezeigt, zwiespältig, und wird dies auch in Zukunft – wie das Zitat von Schwimmer andeutet – schwierig bleiben, so konnte die Deutsche Börse AG auf dem Gebiet der Akquisitionen eine Reihe von Erfolgen vorweisen. So konnte sie eine Reihe von Unternehmenskäufen tätigen, die der Einbeziehung neuer Assetklassen bzw. Services und einer Stärkung des Portfolios der Gruppenunternehmen dienen. So kaufte die Deutsche Börse im Jahr 2015 die weltweit agierende Devisenhandelsplattform 360T mit Sitz in Frankfurt für 725 Millionen Euro. Das im Jahr 2000 von Carlo Kölzer gegründete Unternehmen wurde oftmals als das erfolgreichste deutsche Fintech bezeichnet.900 Im gleichen Jahr erwarb sie die vollständige Kontrolle über den Indexanbieter STOXX, indem sie die bisher von der SIX gehaltenen zweiten 50 Prozent übernahm.901 Schließlich erfolgte im Jahr 2019 die Übernahme von Axioma, einem Anbieter von Portfolio- und Risikomanagementlösungen, für 850 Millionen US-Dollar.902 Über die Zusammenführung des Indexgeschäftes der Deutsche Börse AG mit Axioma zu einem vollintegrierten führenden Buy-Side-Informationsanbieter sollen bis 2021 Synergien in Höhe von 30 Millionen erreicht werden.903

VI. Regulierung vor der Finanzkrise: Effizienz und Wettbewerb Für die Börsenorganisationen und den Wertpapierhandel in Europa war das wohl bedeutendste Regelwerk seit dem Jahr 2000 die ‚Markets in Financial Instruments Directive (MiFID)‘904, die in Deutschland als ‚Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente‘ oder Finanzmarktrichtlinie bezeichnet wird. Die Richtlinie (im Folgenden: MiFID I) trat am 30. April 2004 in Kraft und musste von der europäischen Finanzindustrie ab November 2007 angewendet werden.905 MiFID I kann als das Grundgesetz für den europäischen Wertpapierhandel bezeichnet werden, das Interaktionsbeziehungen zwischen Kunden, Intermediären und Märkten ab 2007 komplett neu regelte. Sie war Teil des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen (FSAP) der EU906 und wurde von allen Marktbeobachtern und der EU-Kommission selbst als das Herzstück dieses Aktionsplanes gesehen. Sie novellierte die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie aus dem Jahr 1993907 und versuchte auf regulatorischer Ebene, die Veränderungen von etwa 15 Jahren in Bezug auf neue Finanzinstrumente und Finanzdienstleistungen, neue Geschäftsmodelle und neue Technologien nachzuvollziehen und zu regeln. 274

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Europaweit wurde nach der Vorlage der Vorschläge durch die EU-Kommission im Jahr 2002 deutliche Skepsis an der tatsächlichen Durch- und Umsetzbarkeit so grundlegender Änderungen geäußert, wie der folgende Kommentar widerspiegelte: „Most of those who have heard of MiFID, the EU’s Markets in Financial Instruments Directive, fall into one of three groups, two of which harbour conspiracy theorists. The latter camps are located on either side of the English Channel. The group on the French shore believes MiFID is a British conspiracy to destroy Europe. The other, massed behind the white cliffs of Dover, fears it is a continental European conspiracy to destroy the City of London. The third, and by far the largest, group is of the ostrich persuasion – with their heads are buried in the sand. People in this group either can’t believe anything like MiFID could actually happen or think it is just another banana Directive – an obscure and remote piece of irrelevant regulation.”908 Letztlich handelte es sich jedoch weder um eine „Bananen-Direktive“ noch um ein „Stück irrelevanter Regulierung“, sondern um die grundlegendste Veränderung der Strukturen im Börsengeschäft und im Wertpapierhandel – sowohl was Deutschland als auch ganz Europa betraf. Die Kernziele der MiFID I waren Harmonisierung und Integration der europäischen Finanzmärkte, Anlegerschutz und Wettbewerb. Ihre Adressaten waren Wertpapierdienstleistungsunternehmen und geregelte Märkte (Börsen). Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte über das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz909, wodurch eine fast vollständige Überarbeitung der Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), des Börsengesetzes (BörsG) und Detailänderungen an weiteren deutschen Gesetzen erfolgte. Weitgehend parallel zur MiFID I wurde in den USA die sogenannte RegNMS (Regulation National Market System)910 im Jahr 2007 umgesetzt. Diese zielte auf eine Aktualisierung des Regelwerkes des National Market Systems ab. Es sollten, ebenso wie im Fall der MiFID I, der Wettbewerb zwischen den Handelsplätzen erhöht, veränderte Handelstechnologien und Geschäftsmodelle regulatorisch abgebildet und die Marktliquidität sichergestellt werden. Die Veränderungen, die die MiFID I als neues Grundgesetz für den Wertpapierhandel für Geschäftsmodelle, Prozesse und IT-Systeme mit sich brachte, waren weitreichend. Nachfolgend werden die wesentlichen Veränderungen für die Handelsprozesse herausgearbeitet. Sie beziehen sich (i) auf eine neue Klassifikation von Ausführungsmechanismen und Handelsplätzen, (ii) auf weitreichende neue Vorschriften zur Vorhandels- und Nachhandelstransparenz bei Aktien und (iii) auf neue Regelungen bezüglich der Ausführung von Kundenorders, der sogenannten Best Execution.

(i) Neue Klassifikation von Ausführungsmechanismen und Handelsplätzen

Die MiFID I beabsichtigte, Wettbewerb zwischen börslichen und außerbörslichen Handelsplätzen zu schaffen, indem funktional gleiche Sachverhalte im börslichen und auDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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ßerbörslichen Handel gleich reguliert wurden. Dabei stand die Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen börslichen und außerbörslichen Handelsplätzen im Vordergrund, was für einige Mitgliedstaaten der EU das Ende eines vorher existierenden Börsenzwangs, also einer Verpflichtung zur Orderausführung an der nationalen Hauptbörse, die durch die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie von 1993911 auf nationalstaatlicher Basis legitimiert wurde, bedeutete. Die Abschaffung des Börsenzwangs durch die MiFID I veränderte die Wettbewerbsposition der Börsen insbesondere in Frankreich, Italien und Spanien grundlegend. Im deutschen Markt waren Interbörsenwettbewerb und der Wettbewerb zwischen Banken und Börsen in der Orderausführung (die sogenannte Internalisierung) kein Novum, wurden aber durch die neue Regulierung auf eine komplett andere (europäische) Ebene gehoben. Zwar existierte in Deutschland bis zur Einführung der MiFID I kein Börsenzwang, aber durch den sogenannten Börsenvorrang ein Privileg der Börsen gegenüber alternativen Handelssystemen, wonach Wertpapieraufträge gemäß Börsengesetz über den Handel an einer Börse auszuführen waren, insoweit für den Einzelfall keine anderslautende Weisung erteilt worden war. MiFID I schaffte Börsenzwänge bzw. Börsenvorränge europaweit ab. Die Richtlinie klassifizierte zudem Ausführungsmechanismen in zwei große Gruppen: geregelte Märkte912 (also Börsen) und Systeme außerhalb der geregelten Märkte. Handelsplätze außerhalb der geregelten Märkte stellen sich entweder als multilaterale Handelssysteme, im folgenden MTFs (Multilateral Trading Facilities913) dar, die bis dahin als ‚börsenähnliche Strukturen‘ bzw. ‚alternative Handelssysteme‘ tituliert, und als ‚börsenähnliche Einrichtungen‘ im deutschen Börsengesetz erfasst wurden, oder als bilateraler Handel, unterteilt in die Kategorien systematische Internalisierung914 und sonstiger OTC-Handel. Der Betrieb eines MTFs stellte somit eine eigene Wertpapierdienstleistung gemäß § 2 WpHG dar. Folglich musste der Betreiber eines solchen Systems, soweit es sich nicht um eine Börse handelt, wobei der Freiverkehr einer Börse ebenso ein MTF darstellt, nun neben den Vorschriften für den Betrieb eines MTF-Systems auch alle anderen Vorschriften für Wertpapierdienstleistungsunternehmen erfüllen. Auch führte die Abschaffung der börsenähnlichen Einrichtung im Börsengesetz dazu, dass diese Systeme, nun als MTF, nicht mehr von der jeweiligen Börsenaufsichtsbehörde eines Bundeslandes, sondern einheitlich durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt wurden. MTFs konnten über die Nutzung verschiedener Wettbewerbsparameter, insbesondere leistungsfähige Technologie und niedrige Handelsgebühren bzw. intelligente Gebührenstrukturen, erfolgreich mit den etablierten Handelsplätzen konkurrieren und diesen relevante Marktanteile im Handel mit europäischen und deutschen Aktien abnehmen.915 Für Banken ergeben sich aus dem Geschäftsmodell der Internalisierung verschiedene ökonomische Vorteile916: Die Einsparung von Börsengebühren, Erträge aus der GeldBrief-Spanne (Spread) und die Möglichkeit, Orders aufgrund ihres Risikogehalts zu 276

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separieren und primär risikolose Orders gegen den eigenen Bestand auszuführen. Auf der anderen Seite generiert dieses Geschäftsmodell auch zusätzliche Kosten durch die Bereitstellung von Händlerkapazitäten und leistungsfähigen technischen Systemen bzw. Prozessen. Internalisierung war in Deutschland ein bekanntes Geschäftsmodell im vertikalen Wettbewerb. Sowohl die Großbanken, wie zum Beispiel die Deutsche Bank und die Commerzbank, als auch die Deutsche Börse AG selbst (mit Xetra Best917) haben bereits ab 2001 intensiv die Möglichkeiten der Internalisierung in Projekten analysiert bzw. umgesetzt. Die MIFID I betrachtete jedoch nicht jede Form der Ausführung von Orders gegen den eigenen Handelsbestand als systematische Internalisierung, sondern hierfür ist erforderlich, dass dieser Eigenhandel für Kunden regelmäßig und auf organisierte und systematische Weise erfolgt. Explizite quantitative Kriterien wurden hierfür jedoch in der MiFID I nicht spezifiziert, was aber dann später im Rahmen der MiFID II/MiFIR nachgeholt wurde. Einerseits wurde mit der MiFID I die Internalisierung in Deutschland durch den Wegfall des Börsenvorrangs und die Möglichkeit, die Zustimmung von Kunden zur Ausführung von Aufträgen außerhalb eines geregelten Marktes oder MTFs auch in allgemeiner Form einzuholen, erleichtert. Andererseits ergaben sich höhere regulatorische Anforderungen in Form einer grundsätzlichen Veröffentlichungspflicht verbindlicher Geld-Brief-Spannen (Quotes), des Erfordernisses der Zugänglichkeit dieser Quotes für Kunden sowie eine Historisierung dieser Daten für ein Jahr. Auch aufgrund der Möglichkeit, weiterhin OTC-Transaktionen durchführen zu können, verlor das Geschäftsmodell der Internalisierung mit Umsetzung der MiFID I, trotz der Möglichkeit dies europaweit umzusetzen, an Attraktivität und führte zu einem Marktanteil der systematischen Internalisierer von unter zwei Prozent.918 Kein deutsches Haus registrierte sich nach der MIFID I-Einführung als systematischer Internalisierer. Erst mit der Einführung der Handelspflicht der MiFID II/MiFIR hat sich dies grundlegend gewandelt. Der OTC-Handel wurde, trotz seiner erheblichen Bedeutung mit Marktanteilen von regelmäßig über 40 Prozent am gesamten europäischen Aktienhandel919, nicht explizit in der MiFID I definiert. Lediglich nannte die MiFID I den OTC-Handel in Erwägungsgrund 53 als vierte Form des Aktienhandels, die durch Geschäfte gekennzeichnet ist, die „ad hoc und unregelmäßig erfolgen, zwischen Gegenparteien im Großhandel ausgeführt werden und Teil einer Geschäftsbeziehung sind, die selbst wiederum von Geschäften charakterisiert wird, die über die standardmäßige Marktgröße hinausgehen, und […] die […] außerhalb der von der betreffenden Wertpapierfirma für ihr Geschäft als systematischer Internalisierer gewöhnlich verwendeten Systeme ausgeführt werden“. Es war und ist somit weiterhin möglich, eine Vielzahl von Transaktionen im außerbörslichen Handel sowohl in Deutschland als auch in Europa auszuführen. Die MiFID I beeinflusste das außerbörsliche Geschäft und die relativen Anteile des OTC-Handels am gesamten Handelsvolumen somit nur marginal.920 Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Die Vielfalt der Handelsplätze sollte zu Innovationen führen und dem Wettbewerb um besten Service und niedrigste Gebühren dienen, war bzw. ist aber natürlich mit einer Marktfragmentierung, also der Zersplitterung des Handels auf eine Vielzahl verschiedener Handelsplätze, verbunden. Um die möglichen Nachteile dieser Fragmentierung für die Effizienz des Preisbildungsprozesses zu minimieren, sah die MiFID I im Aktienhandel weitreichende Transparenzvorschriften vor, sowohl hinsichtlich der Vorhandelstransparenz, also für Orders und Quotes, als auch bezüglich der Nachhandelstransparenz, also bezüglich der abgeschlossenen Transaktionen.

(ii) Neue Vorschriften zur Vorhandels- und Nachhandelstransparenz bei Aktien

Die Anforderungen der MiFID I an die Vorhandels- und Nachhandelstransparenz galten nur für den Aktienhandel. Sie stellten für die Börsen keine grundsätzlichen Veränderungen dar, waren aber im Bereich der Internalisierung und des sonstigen OTC-Handels für Deutschland komplett neu. Im Bereich der Vorhandelstransparenz galten unterschiedliche Anforderungen für bilaterale und multilaterale Aktiengeschäfte: Geregelte Märkte und MTFs, also der multilaterale Handel, haben einheitlichen Transparenzanforderungen abhängig vom jeweiligen Handelsmodell zu entsprechen. Dabei unterscheidet die Regulierung vier Kategorien: Orderbuchhandelssysteme, (quotierungsgetriebene) Market-Maker-Handelssysteme, Handelssysteme basierend auf periodischen Auktionen und hybride Handelssysteme. Während Market-Maker-Systeme im deutschen Aktienhandel keine hohe Bedeutung besaßen, waren die anderen Kategorien für Deutschland sehr relevant: Das elektronische Handelssystem Xetra an der FWB fällt unter die Kategorie des Orderbuchhandelssystems.921 Die Eröffnungs-, Schluss- und laufenden Auktionen auf Xetra wiederum werden als Handelssystem basierend auf periodischen Auktionen922 klassifiziert und der Parketthandel an der Deutschen Börse lässt sich schließlich in die Kategorie der hybriden Systeme923 einordnen. Diese Anforderungen wurden von den deutschen Börsen bereits vor der Anwendbarkeit der MiFID I erfüllt. Sie sahen es als positiv an, dass der europäische Gesetzgeber den weitgehend nur noch in Deutschland relevanten Parketthandel als ein mögliches Marktmodell in die Regulierung einbezog. Die MiFID I sah maximale Transparenz nicht pauschal als zielführend an, sondern erlaubte abhängig von der Auftragsgröße, dem Handelsmodell oder dem Auftragstyp Ausnahmen von der Vorhandelstransparenz. Diese Ausnahmen sollten, insbesondere für große institutionelle Orders, einen negativen Markteinfluss vermeiden und ermöglichten damit die Nutzung geschlossener Orderbücher, also von Handelssystemen ohne Vorhandelstransparenz. Dies führte in Deutschland und europaweit zum verstärkten Auf kommen der sogenannten Dark Pools.924 278

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Für systematische Internalisierer ist die Vorhandelstransparenz durch die Quotierung verbindlicher Kauf- und Verkaufsangebote für liquide Aktien bzw. die Bereitstellung von Quotes auf Anfrage für sonstige Aktiengattungen zu erfüllen. Die Vorhandelstransparenzverpflichtung gilt jedoch nur für Aufträge bis zur Standardmarktgröße, die bei den meisten Aktien lediglich 7.500 Euro beträgt, was den Nutzen dieser Transparenz für den Markt als Ganzes und insbesondere für den institutionellen Bereich in Frage stellt.925 Im OTC-Bereich besteht keine Verpflichtung zur Vorhandelstransparenz. Jedoch haben Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die limitierte Kundenorders in Aktien von ihren Kunden erhalten und diese nicht unverzüglich ausführen können, solche Kundenaufträge durch die Weiterleitung an einen Markt mit einem Orderbuchhandelssystem öffentlich und damit zugänglich zu machen. Die Bestimmungen für die Nachhandelstransparenz gelten für geregelte Märkte, multilaterale Handelssysteme, systematische Internalisierer und für das sonstige OTC-Geschäft gleichermaßen. Sie verpflichten die Marktplätze sowie Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die außerhalb der Marktplätze handeln, Umfang, Preis und Zeitpunkt aller getätigten Aktiengeschäfte in Echtzeit, in jedem Fall innerhalb von drei Minuten nach der Transaktion zu veröffentlichen. Während solche Nachhandelstransparenzverpflichtungen bereits in anderen EU-Ländern, wie z. B. über das Regelwerk der London Stock Exchange, bestanden, waren sie für Deutschland eine Neuerung, die zu erheblichen Kosten und Umstellungen von Prozessen im Handel führte.926 Abgesehen von den Transparenzstandards für die Handelsplätze stellte die MiFID I unter dem Schlagwort ‚Best Execution‘ für ganz Europa weitreichende Anforderungen an die Orderausführung durch Intermediäre, die in der MiFID I als Wertpapierdienstleistungsunternehmen bezeichnet werden.

(iii) Neue Regelungen bezüglich der Ausführung von Kundenorders (Best Execution)

Wie erwähnt, führte die Abschaffung von Börsenzwang bzw. -vorrang durch die MiFID I zur Fragmentierung des europäischen Aktienhandels. Um in diesem Umfeld weiterhin einen hohen Investorenschutz sicherzustellen, gab die MiFID I mit den Regeln zur Best Execution, in deutschem Recht durch das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) umgesetzt, erstmals und europaweit einheitlich vor, wie Kundenorders auszuführen wären. Wertpapierdienstleistungsunternehmen hatten zukünftig eine sogenannte Best Execution Policy, also Grundsätze der Orderausführung, aufzustellen und anzuwenden. Ferner wurde festgelegt, dass, sofern der Kunde eine Weisung bezüglich des Handelsplatzes erteilt, der Intermediär dieser Folge zu leisten hat und in diesem Fall, von der Pflicht befreit ist, den bestmöglichen Handelsplatz zur Auftragsausführung auszuwählen. Die Best Execution Anforderungen gelten nicht nur für Aktien, sondern für alle in der MiDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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FID I erfassten Finanzinstrumente, also z. B. auch für festverzinsliche Wertpapiere oder strukturierte Produkte, und zwar gleichermaßen gegenüber Privatkunden wie gegenüber professionellen Kunden und nehmen lediglich geeignete Gegenparteien aus. Die Grundsätze der Auftragsausführung eines jeden Wertpapierdienstleistungsunternehmens sollen für verschiedene Instrumentengruppen diejenigen Handelsplätze auflisten, die eine Best Execution auf einer gleichbleibenden Basis ermöglichen. Kriterien sind nicht nur der erzielbare Preis, sondern auch Kosten, Schnelligkeit und Wahrscheinlichkeit der Ausführung. Für Privatanleger sollen der Preis des Finanzinstruments und sämtliche mit der Auftragsausführung verbundenen Kosten die wesentlichen Kriterien darstellen. So sinnvoll der Ansatz des europäischen Gesetzgebers auch ist, den Investorenschutz in einem fragmentierten Umfeld über das Konzept der Best Execution und deren verpflichtende Kommunikation in den Ausführungsgrundsätzen der Banken sicherzustellen, so erwies er sich in der realen Umsetzung doch als nur bedingt hilfreich. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, welche Investoren die Ausführungsgrundsätze überhaupt lesen oder gar als Entscheidungsgrundlage verwenden. Die Gruppe der Investoren, die den Wertpapierhandel und die Unterschiede in den Ausführungsplätzen versteht, wird ihren Auftrag tendenziell mit einer Weisung verknüpfen, weshalb für diese Gruppe Ausführungsgrundsätze irrelevant sind. Die andere Gruppe wird wahrscheinlich die Grundsätze verschiedener Anbieter nicht lesen oder gar vergleichen, um sich auf dieser Basis für eine bestimmte Bank oder einen Broker zu entscheiden. Zudem stellte sich heraus, dass Mitteilungen zum Orderrouting von den meisten Häusern in Deutschland nicht als Wettbewerbsinstrument im Werben um Kunden eingesetzt wurden, sondern lediglich die bisherigen Prozesse im Orderrouting wiedergaben. So kam ein Vergleich von 75 ausgewerteten Best Execution-Policies der 100 größten deutschen Kreditinstitute und der 15 größten Onlinebroker in Deutschland im dritten Quartal 2009 zu dem Ergebnis927, dass der Markteintritt der neuen MTFs Chi-X, Turquoise, BATS und die dadurch bedingten Veränderungen im europäischen Wettbewerb unter den Marktplätzen keinen Niederschlag928 in den Ausführungsgrundsätzen fanden. Den Kunden wurden primär inländische Ausführungsplätze bzw. bei ausschließlich im Ausland handelbaren Wertpapieren die jeweiligen Heimatbörsen angeboten. Auch wurden die Angaben zu den angebotenen Ausführungsplätzen häufig nur abstrakt formuliert (z. B. ‚inländischer Ausführungsplatz gemäß Bewertungsergebnis‘). Nur bei etwa jedem vierten Ausführungsgrundsatz waren konkrete Nennungen bzw. eine Rangfolge der Ausführungsplätze vorzufinden, was die wenig wettbewerbliche Behandlung des Themas unterstreicht. Während somit besonders im Retailgeschäft (bis heute) die Best Execution-Policies an der Schnittstelle zwischen Investor und Intermediär kaum eine Rolle spielen, gilt dies nicht für die Schnittstelle zwischen Intermediär und Handelsplatz: Die Frage, welcher Handelsplatz von welcher Bank bzw. welchem Broker in der Best Execution-Policy an welcher Stelle gelistet ist, hat seit der Umsetzung von MiFID I ei280

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nen ganz wesentlichen Einfluss auf die Marktanteile im europäischen und im deutschen Wettbewerb929 zwischen den Marktplätzen erlangt. Zur Frage, inwieweit die MiFID ihre Ziele erreicht hat, lässt sich feststellen, dass die Richtlinie über die Schaffung neuartiger Handelsplätze und des Wettbewerbs zwischen Börsen und MTFs die Handelskosten für die Investoren reduzieren und die Liquidität erhöhen konnte.930 Jedoch profitierten hiervon in erster Linie professionelle Marktteilnehmer, die Zugang zu diesen neuen Handelsplätzen besitzen, weil sie über intelligente Orderroutingsysteme verfügen. Der Investorenschutz jedoch wurde durch das Konzept der Best Execution nicht nennenswert verbessert, und auch die Forderung nach einheitlichen Transparenzregeln kann nur bezogen auf Börsen und MTFs als umgesetzt angesehen werden. Die systematischen Internalisierer und deren Transparenz über Quotes erwiesen sich letztlich als nicht relevant, während der nicht-transparente OTC-Handel nach MiFID I unverändert hohe Marktanteile halten konnte. Wenngleich von allen regulatorischen Initiativen vor der Finanzkrise die MiFID I die beherrschende Rolle spielte, waren für die Börsen und Marktinfrastrukturen in Deutschland zwischen 2000 und dem Beginn der Finanzkrise auch die Marktmissbrauchsrichtlinie (MAD I, in Kraft seit März 2003) und der European Code of Conduct (verabschiedet im November 2006) relevant. Die Marktmissbrauchsrichtlinie (Richtlinie 2003/6/EG über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation)931 zielte auf den Schutz der Märkte vor Insiderhandel und Marktmanipulation ab. Praktiken, die als missbräuchlich eingestuft werden, d. h. Insiderhandel und Marktmanipulation sollten unterbunden werden. Neben einer Stärkung der Marktintegrität sollte die europäische Harmonisierung dieser Vorschriften sowie die Verpflichtung der Börsen zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch erreicht werden. Die Umsetzung erfolgte in Deutschland über das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes932 im Oktober 2004. Im Frühjahr 2006 suchte die EU-Kommission ferner auf die europäischen Wertpapierabwickler einzuwirken. Kurz zuvor war die Deutsche Börse für ihre Dienstleistungen im Bereich Clearing und Settlement bereits scharfem Gegenwind von Teilnehmern und Aufsichtsbehörden begegnet. Die Kritik zielte auf die siloartigen Strukturen der Deutschen Börse und anderer europäischer Börsenbetreiber. Ihre Dominanz im Abwicklungsprozess auf nationaler Ebene und die gleichzeitig fragmentierte Anbieterlandschaft auf europäischer Ebene führten nach der Argumentation von Banken- und Finanzverbänden insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu Wettbewerbsverzerrungen, Kostenineffizienzen und Hindernissen für eine stärkere Integration der europäischen Kapitalmärkte.933 Die EU-Kommission erhöhte darauf hin den Druck auf die europäischen Wertpapierabwickler und forderte, die Kosten grenzüberschreitender Wertpapierabwicklungen zu senken und Marktineffizienzen zu beseitigen. Andernfalls, so der Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Charlie McCreevy, und WettbewerbskommissaDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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rin Neelie Kroes im Frühjahr 2006, wolle man wettbewerbsrechtliche Verfahren einleiten und gegebenenfalls den Markt für Clearing und Settlement per Richtlinie integrieren oder gar die Preise für Abrechnung und Abwicklung vorgeben.934 Die Deutsche Börse wie auch die anderen europäischen Börsenanbieter sahen sich hingegen als Opfer einer Kampagne einflussreicher (Investment-) Banken, die die Strukturen im Clearing- und Settlement auch deshalb auf brechen wollten, um von den unvermeidlichen Übernahmen und Börsengängen im Zuge einer europaweiten Neuordnung der Branche zu profitieren.935 Aufgrund des weiter zunehmenden Drucks durch den Binnenmarktkommissar, der die Branche aufforderte, bis zum Sommer 2006 Lösungen zu erarbeiten, vereinbarten die europäischen Börsen, Clearinghäuser und Zentralverwahrer, u. a. auch die Deutsche Börse, im November 2006 den European ‚Code of Conduct for Clearing and Settlement‘936, eine Selbstverpflichtung der Anbieter im Bereich des Aktienhandels. Im Interesse eines starken europäischen Kapitalmarkts sollte sie es Investoren ermöglichen, europäische Wertpapiere innerhalb eines konsistenten, schlüssigen und effizienten europäischen Rahmens zu handeln. Auf jeder Ebene der Wertschöpfungskette sollte den Marktteilnehmern eine Wahl des Nachhandelsdienstleistungsanbieters ermöglicht und damit das Konzept von grenzüberschreitenden Wertpapiertransaktionen innerhalb Europas obsolet werden. Die Umsetzung des Verhaltenskodex erfolgte in drei Phasen, beginnend mit der Einführung von Preistransparenz, gefolgt von Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs und der Interoperabilität und schließlich der Entflechtung von Dienstleistungen. Die Deutsche Börse setzte dies im Juni 2007 mit einem Richtlinienpapier über die Prinzipien und Bedingungen für die Einrichtung von Zugängen für bzw. Verbindungen zu anderen Marktinfrastrukturanbietern um.937 Durch diese und entsprechende Maßnahmen der anderen europäischen Marktplatzbetreiber konnte der Druck durch die EU-Kommission abgemildert und Zeit gewonnen werden. Nennenswerten Einfluss hatte der Code of Conduct darüber hinaus jedoch nicht. Dies betonte bereits vor der Umsetzung der damalige Finanzvorstand der Deutsche Börse AG, Mathias Hlubek: „Wir erwarten nicht, dass der Kodex signifikanten Einfluss auf unser Geschäftsmodell, auf die Kosten- oder Umsatzseite haben wird.“938

VII. Börsenwettbewerb 1. Innerdeutscher Börsenwettbewerb

Zu Beginn der 2000er-Jahre beschränkte sich der Börsenwettbewerb in Deutschland auf den Marktführer Deutsche Börse und die Regionalbörsen Berlin, Bremen, Düsseldorf, Hamburg-Hannover, München und Stuttgart. Insbesondere die fortschreitende Automatisierung des Handels, die enorme Investitionen in die IT-Infrastruktur voraussetzte und 282

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gleichzeitig große Skaleneffekte mit sich brachte, führte dazu, dass die Deutsche Börse ihre dominante Marktposition im Aktienhandel mit ihrer elektronischen Handelsplattform Xetra weiter ausbauen konnte. Während die Handelsumsätze auf Xetra in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends weitgehend stabil blieben und ab 2005 bis zur Finanzkrise rapide anstiegen, hatten die Regionalbörsen, die jeweils nur einen Bruchteil der Handelsumsätze der Deutschen Börse aufwiesen, mit teilweise drastisch sinkenden Handelsumsätzen zu kämpfen. Besonders deutlich war der Einbruch der Handelsumsätze der Düsseldorfer Börse im Jahr 2008. Bis dahin hatten die Düsseldorfer im Vergleich zu den anderen Regionalbörsen noch relevante Umsatzvolumina vorzuweisen. Dies änderte sich jedoch im Herbst 2007, als die Deutsche Börse den sogenannten ‚Xetra-Vertrag‘ mit der Börse Düsseldorf kündigte, der es Handelsteilnehmern der Düsseldorfer Börse ermöglicht hatte, auf der elektronischen Plattform Xetra zu handeln, wobei deren Handelsumsätze Düsseldorf zugerechnet wurden.939 Zudem hatten sich die in Düsseldorf ansässige Deutsche Industriebank (IKB) sowie die WestLB 2007 mit US-Immobilienpapieren verspekuliert, was sich in den Folgejahren zusätzlich negativ auf den Finanzplatz Düsseldorf auswirkte.940 Um dem Trend der rückläufigen Handelsumsätze entgegenzuwirken, verfolgten die Regionalbörsen im Wesentlichen zwei Strategien: Auf der einen Seite versuchten sie, sich mit einem Fokus auf Privatanleger zu positionieren. Auf der anderen Seite spezialisierten sich einige der deutschen Regionalbörsen zum Teil erfolgreich auf bestimmte Nischen und insbesondere auf weniger liquide Anlageprodukte. Vor allem institutionelle Marktteilnehmer bevorzugten jedoch den elektronischen Handel im liquiden Xetra-Orderbuch. Dies resultierte auch aus der zunehmend automatisierten Abwicklung von Handelsaufträgen über entsprechende Systeme und Algorithmen auf Seiten der Marktteilnehmer selbst. Die Regionalbörsen, die den Handel weiter maklergestützt über Xontro durchführten, versuchten daher ihre Dienstleistungen stärker auf den Privatanleger auszurichten. Ein Weg dahin führte über die Ausweitung ihrer Handelszeiten, damit Anleger bereits am Morgen und auch noch am Abend und somit außerhalb der üblichen Arbeitszeiten handeln konnten. Während der Handel auf Xetra noch heute um 9.00 Uhr eröffnet und um 17.30 Uhr endet, schlossen die Regionalbörsen und auch der Parketthandel der Frankfurter Wertpapierbörse bereits zu Beginn der 2000er-Jahre erst um 20.00 Uhr. Um sich Wettbewerbsvorteile beim Handel für Privatanleger zu verschaffen, zog die Börse Berlin im April 2008 die Handelseröffnung bereits auf 8.30 Uhr vor. Die Deutsche Börse lehnte zu diesem Zeitpunkt einen früheren Start des Handels auf dem Frankfurter Parkett aufgrund einer zu geringen Nachfrage ab. Vor allem große Banken hatten im Vorfeld Einwände geäußert, da durch den früheren Handelsstart zwar steigende Kosten, jedoch keine zusätzlichen Kundenaufträge zu erwarten seien.941 In einer zweiten Welle im Frühjahr 2011 wurden die Handelszeiten der Regionalbörsen erneut verlängert. So dehnte die Börse Stuttgart ihre Handelszeiten ab dem 1. April 2011 auf zwölf Stunden aus und eröffnete den Handel damit eine Stunde früher als bisher Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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bereits um 8.00 Uhr. Damit sollte Anlegern die Möglichkeit gegeben werden, bereits am frühen Morgen und vor allem vor Arbeitsbeginn auf internationale Ereignisse reagieren und entsprechende Handelsaufträge abgeben zu können. Auch Berlin (Dezember 2010) und München (Februar 2011) hatten zuvor schon die Handelseröffnung um 30 Minuten bzw. eine Stunde auf 8.00 Uhr nach vorne verlegt.942 Aufgrund des Wettbewerbsdrucks, den die frühere Handelseröffnung der Regionalbörsen ausübte, folgte die Deutsche Börse den Regionalbörsen und passte die Handelszeiten für den Spezialistenhandel an der Frankfurter Wertpapierbörse ab dem 1. Juni 2011 ebenfalls auf 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr an. Die Kernhandelszeit des elektronischen Handels auf Xetra blieb jedoch unverändert, da hier der Fokus auf institutionellen Händlern liegt und sich die Handelszeiten an denen der anderen großen europäischen Handelsplätze orientieren.943 Im März 2013 erweiterte die Börse Stuttgart die Handelszeiten für inländische und ausländische Aktien, Genussscheine und Exchange Traded Products erneut und bietet seither einen Handel bis 22.00 Uhr an, um sich noch stärker als Privatanlegerbörse zu positionieren und von den anderen Regionalbörsen abzuheben.944 Mit deutlicher Verzögerung folgte die Frankfurter Wertpapierbörse im Juni 2018 den Stuttgarter Handelszeiten und weitete die Handelszeiten für den Spezialistenhandel mit Zertifikaten und Optionsscheinen ebenfalls erstmals bis 22.00 Uhr aus.945 Neben dem Fokus auf Privatanleger versuchten die Regionalbörsen zudem, sich abseits der liquiden inländischen Aktien, bei denen die Deutsche Börse mit Xetra bis heute unangefochtener Spitzenreiter der deutschen Börsenplätze ist, als relevante Handelsplätze für spezielle Produkte zu etablieren. So spezialisierte sich die Börse Stuttgart auf den Handel von verbrieften Derivaten wie Zertifikaten und Optionsscheinen. Mit dem 1999 gegründeten Handelssegment Euwax (European Warrant Exchange) wurde die Börse Stuttgart der europaweite Marktführer für den Handel in dieser Anlageklasse. Ebenso entwickelte sie sich zum führenden deutschen Handelsplatz für Unternehmensanleihen, während sich der Aktienhandel im Laufe der Zeit auf nur noch ein Fünftel der Handelsumsätze reduzierte.946 An der Börse Berlin wiederum wurden weiterhin vor allem Aktien gehandelt. Jedoch lag der Fokus hier nicht auf liquiden Aktien wie jenen der DAX- und MDAX-Unternehmen, sondern es wurden vor allem internationale Aktien sowie deutsche Werte aus der zweiten und dritten Reihe gehandelt. Die Börse Hamburg-Hannover hingegen legte ihren Schwerpunkt auf Investmentfonds. Hamburg startete als erster Börsenplatz in Deutschland den Handel mit Investmentfonds bereits im Jahr 2002.947 Die Börse München bietet im Gegensatz dazu auch heute noch den Handel in einem breiten Spektrum von Wertpapieren an und startete im Januar 2015 zudem mit Gettex ein neues OnlineHandelssystem, das sich explizit an Privatanleger richtet und bei dem keine Courtage und Börsenentgelte für den Anleger anfallen.948 Auch die Börse Düsseldorf zielt durch eine Courtagebefreiung für alle Aktien- und Anleihegeschäfte seit Oktober 2017 darauf 284

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ab, für Privatanleger besonders attraktiv zu sein. Zudem versucht die Börse Düsseldorf mit ihrem Angebot ‚Quality Trading‘ im Wettbewerb zu bestehen, das Anlegern bis zu festgelegten Maximalbeträgen eine Vollausführung ihres Handelsauftrags zu Preisen innerhalb der aktuellen Geld-Brief-Spanne des Referenzmarkts (Xetra im Fall von deutschen Aktien) garantiert.949 Trotz dieser Bemühungen blieb das Wettbewerbsumfeld für die Regionalbörsen schwierig, sodass einige Börsenbetreiber auch auf Umstrukturierungen und Synergieeffekte aus Fusionen unter den Regionalbörsen setzten. So fusionierte im März 2003 die Berliner Börse mit der Bremer Börse zur öffentlich-rechtlichen Wertpapierbörse BerlinBremen. Das neue Börsengebilde hielt allerdings nicht lange und wurde im Juni 2007 wieder aufgelöst. Während die Börse Berlin weiterhin existiert, schloss die Bremer Börse vollständig und überführte ihr Vermögen in die gemeinnützige Stiftung ‚Stiftung Bremer Wertpapierbörse‘.950 Eine weitere Konsolidierung der Regionalbörsen erfolgte 2017 mit dem Kauf der Börse Düsseldorf durch die BÖAG Börsen AG, die zuvor bereits die Börsen in Hamburg und Hannover betrieb. Auch hier sollten Synergieeffekte und Kosteneinsparungen dem Börsenbetreiber helfen, sich in dem für die Regionalbörsen schwierigen Marktumfeld zu behaupten.951 Als zusätzlicher Wettbewerber für die deutschen Regionalbörsen ging im Mai 2001 das elektronische Handelssystem Tradegate mit Sitz in Berlin an den Markt, das zunächst als außerbörslicher Handelsplatz auftrat. Tradegate war und ist noch heute wie die Regionalbörsen auf Privatanleger ausgerichtet und wirbt mit einer sofortigen elektronischen Ausführung der Handelsaufträge und der Bereitstellung von aktuellen Kursinformationen. Im Zuge der Anwendung der MiFID I erhielt Tradegate am 1. November 2007 den Status eines multilateralen Handelssystems. Nachdem das Geschäft von Tradegate zuvor bereits erfolgreich verlief und kontinuierlich gewachsen war, erhielt es mit den strukturellen Veränderungen in den Jahren 2009 und 2010 noch einmal einen deutlichen Schub. Zunächst erteilte die Börsenaufsichtsbehörde des Landes Berlin im Mai 2009 die Börsengenehmigung für die zukünftig unter dem Namen Tradegate Exchange operierende Wertpapierbörse, die zum Jahresbeginn 2010 den Börsenbetrieb als geregelter Markt im Sinne der MiFID I aufnahm.952 Gleichzeitig erwarb die Deutsche Börse AG mit Wirkung zum 8. Januar 2010 75 Prozent plus einen Anteil an der Betreiberfirma der Tradegate Exchange. Die übrigen Anteile verblieben bei der Tradegate AG Wertpapierhandelsbank, dem ursprünglichen Betreiber und Gründer von Tradegate.953 An diesem beteiligte sich die Deutsche Börse wiederum mit fünf Prozent und stockte diesen Anteil in den nächsten Jahren auf die zuvor vereinbarten maximal 20 Prozent auf.954 Schon in der ersten Woche als geregelter Markt konnte die Tradegate Exchange ihre Handelsumsätze gegenüber dem Vormonat signifikant erhöhen und vermeldete fortan in den nächsten Jahren jeweils neue Rekordumsätze. Bereits im April 2011 übernahm die Tradegate Exchange mit 42 Prozent Marktanteil im Vergleich zu den deutschen Parkettbörsen die Marktführerschaft Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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im börslichen Privatanlegerhandel.955 Den Titel der wichtigsten Privatanlegerbörse für Aktien in Deutschland konnte der jüngste deutsche Börsenplatz auch in den Folgejahren verteidigen und erreichte im Geschäftsjahr 2018 erstmals ein Handelsvolumen von über 100 Milliarden Euro. Gleichzeitig wurde die Tradegate Exchange damit nach der XetraPlattform der Frankfurter Wertpapierbörse der größte Handelsplatz in Deutschland.956

2. Europaweiter Wettbewerb ab 2007 und Fragmentierung des Wertpapierhandels

Die bis 2007 unangefochtene Dominanz der Deutschen Börse und ihres elektronischen Handelsplatzes Xetra im deutschen Aktienhandel mit Marktanteilen von über 90 Prozent veränderte sich grundlegend, als die europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID I im November 2007 zur Anwendung gelangte. Während die Deutsche Börse in den vorherigen Jahren nahezu eine Monopolstellung im Handel mit deutschen Aktien innehatte und der innerdeutsche Wettbewerb mit den Regionalbörsen von untergeordneter Bedeutung war, nahm der Wettbewerb im Aktienhandel durch das Auf kommen neuer europäischer Handelsplattformen deutlich zu. Die neuen europäischen Konkurrenten setzten auf elektronische Handelssysteme mit niedrigen Latenzzeiten957, die den Marktteilnehmern eine möglichst kurzfristige Umsetzung ihrer Handelsaufträge und schnelle Kursinformationen ermöglichten, und boten mit den sogenannten ‚Maker-Taker-Gebühren‘, die für liquiditätsspendende Handelsaufträge Gebührenerstattungen vorsehen, innovative und die Wettbewerber herausfordernde Gebührenstrukturen an, um Handelsaufträge anzuziehen und somit Liquidität auf die Plattformen zu bringen.958 Auch die Deutsche Börse führte auf Xetra, wenn auch erst im Oktober 2016, ein Rabattmodell für liquiditätsbereitstellende Aufträge großer Handelsteilnehmer ein, was eine Erhöhung der Liquidität auf Xetra gegenüber den alternativen Handelsplätzen und somit eine Verbesserung der Wettbewerbsposition nach sich zog.959 In Vorwegnahme der neuen, ab November 2007 anzuwendenden Rahmenbedingungen der MiFID I startete im März 2007 unter dem Namen Chi-X Europe das erste der drei bedeutendsten multilateralen Handelssysteme (‚Multilateral Trading Facilities‘, MTFs) in Europa. Gegründet wurde der neue Handelsplatz von Instinet, einer Tochtergesellschaft der japanischen Investmentbank Nomura. Die ersten handelbaren Aktien waren die DAX-Werte sowie die Aktien des holländischen AEX-Index. In den darauffolgenden Monaten folgten zunächst die Werte weiterer führender europäischer Aktienindizes, bevor das Angebot zügig auf die meisten europäischen Aktien mit hoher und mittlerer Marktkapitalisierung ausgedehnt wurde.960 Im August 2008 nahm mit Turquoise, das von einem Konsortium mehrerer Investmentbanken gegründet worden war, die zweite länderübergreifende europäische Handelsplattform ihren Betrieb in Konkurrenz zu den etablierten Börsen in Europa auf. Als drittes multilaterales Handelssystem folgte BATS 286

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Europe, das zum US-Börsenbetreiber BATS Global Markets gehörte, mit Handelsstart im Oktober 2008. Zu Beginn konnten hier lediglich die Aktien von zehn großen britischen Unternehmen gehandelt werden.961 Auch Turquoise und BATS Europe weiteten ihr Angebot jedoch schnell auf die Aktien aller größeren europäischen Märkte aus. Die drei Handelsplattformen sind noch heute alle in London beheimatet, allerdings gibt es vor dem Hintergrund des Brexits Überlegungen und erste konkrete Umsetzungsschritte, die Systeme nach Amsterdam zu verlagern, um den Handel weiterhin innerhalb der Europäischen Union zu betreiben.962 Neben diesen drei bedeutendsten Handelsplattformen startete in den folgenden Jahren eine Vielzahl weiterer multilateraler Handelssysteme. So gab es 2013 mehr als 150 weitere bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registrierte multilaterale Handelssysteme, die im Gegensatz zu den ersten drei länderübergreifenden europäischen Handelsplätzen jedoch nur sehr geringe Marktanteile von meist weniger als einem Prozent erreichten. Die Riege der Anteilseigner des ersten multilateralen Handelssystems Chi-X wurde 2008 um ein Konsortium aus globalen Finanzinstitutionen erweitert, darunter BNP Paribas, Citigroup, Credit Suisse, Goldman Sachs, Merrill Lynch, Morgan Stanley, Société Générale und UBS.963 Einige dieser Institute waren auch am Konkurrenten Turquoise beteiligt. Nachdem die Banken im Zuge der Finanzkrise unter Druck geraten waren und die Handelsplattformen in der Anfangsphase noch Verluste erwirtschafteten, übernahm die Londoner Börse im Dezember 2009 die Mehrheit an Turquoise.964 Ebenso kaufte BATS 2011 den Konkurrenten Chi-X, betrieb die Märkte beider Handelssysteme (BXE (ursprünglich BATS) und CXE, ursprünglich Chi-X), jedoch separat weiter.965 Das in diesem Zuge in BATS Chi-X Europe umfirmierte Unternehmen erhielt im Mai 2013 von der Financial Conduct Authority (FCA), der zuständigen britischen Aufsichtsbehörde, den Status eines regulierten Markts.966 Anders als unter der Lizenz eines multilateralen Handelssystems konnte BATS Chi-X Europe somit auch Börsengänge durchführen und trat seitdem neben dem Handel im Sekundärmarkt nun auch im Primärmarkt als zusätzlicher Wettbewerber zu den etablierten Börsen auf. Da Unternehmen jedoch in der Regel in ihrem jeweiligen Heimatland an die Börse gehen, stellte dieser Schritt eher eine Bedrohung für die London Stock Exchange als für die Deutsche Börse dar. Im März 2017 wurde BATS Global Markets vom Betreiber der Chicago Board Options Exchange (CBOE) übernommen, worauf hin sich der europäische Ableger im Oktober desselben Jahres in Cboe Europe Equities umbenannte und die Handelsplattformen unverändert weiterbetrieb.967 Nachdem die neuen länderübergreifenden Wettbewerber ihr Angebot auf die meisten europäischen Aktien ausgedehnt hatten, begann ihr Marktanteil Ende 2008 zu steigen und bereits ab dem zweiten Quartal 2009 erreichten die drei führenden multilateralen Handelssysteme zusammen einen Marktanteil von über 20 Prozent im Handel von DAXWerten in offenen Orderbüchern (siehe Abbildung 9). Insbesondere die zuerst gestartete Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Handelsplattform Chi-X wies hohe Wachstumsraten auf und konnte ihren Marktanteil rasch ausbauen. Gleichzeitig fiel der Marktanteil von Xetra im Handel von DAX-Werten deutlich. Betrug dieser im zweiten Quartal 2008 wie in den Vorjahren noch über 90 Prozent, sank er im zweiten Quartal 2009 analog zu den Zuwächsen der multilateralen Handelsplätze auf unter 80 Prozent und ging dann bis 2010 auf rund 70 Prozent zurück. In den Folgejahren verlangsamte sich der Verlust von Marktanteilen der Deutschen Börse an die europäischen Wettbewerber und stabilisierte sich bei knapp über 60 Prozent. Lediglich Ende 2016 wurde die Marke von 60 kurzzeitig knapp unterschritten. Ab dem Jahr 2017 konnte die Deutsche Börse wieder Boden gegenüber den alternativen Handelsplätzen gut machen und erreichte im Geschäftsjahr 2018 bei den Aktien aus dem DAX-Index wieder einen Marktanteil von über 70 Prozent, was unter anderem auf das neue Handelssystem T7 und gesunkene implizite Transaktionskosten bei der Deutschen Börse zurückzuführen war. Zwar konnten nach der Einführung der MiFID I alle nationalen Börsen ihre Marktführerschaft im jeweiligen Heimatmarkt behaupten, dennoch entwickelte sich Cboe Europe Equities mit den Handelsplätzen BXE und CXE, die in allen europäischen Märkten relevante Handelsvolumina im Kassamarkt vorweisen können, zum größten Aktienhandelsplatz Europas.968

100%

75%

50%

25%

0% Q2/2008

Q2/2009

Q2/2010

Xetra

Q2/2011

CXE (Chi-X)

Q2/2012

Q2/2013

Q2/2014

Turqouise

Q2/2015

Q2/2016

BXE (BATS)

Q2/2017

Q2/2018

MTFs zusammen

Abbildung 9: Marktanteile der Deutschen Börse und relevanter alternativer Handelsplätze im Handel von DAX-Aktien in offenen Orderbüchern seit 2007 Quelle: Fidessa, Fragulator.

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Die alternativen Handelsplätze, die nach der Einführung der MiFID I entstanden, führten insbesondere durch den Erfolg von Chi-X, BATS und Turquoise zu dem von den Regulatoren gewünschten verstärkten Wettbewerb zwischen den Börsenbetreibern. Dieser zog in den Jahren nach der Einführung der MiFID I wesentliche Verbesserungen für den Wertpapierhandel nach sich. So sanken die Transaktionsgebühren im Aktienhandel deutlich, die Handelsplatzbetreiber erweiterten ihre Systeme um innovative Marktmodelle und boten eine immer schnellere Handelsausführung an.969 Ebenso entwickelten sich durch die komplexer werdende Marktlandschaft und die zunehmende Geschwindigkeit des Wertpapierhandels neue Geschäftsmodelle für die Börsenbetreiber. Darunter fällt noch heute neben der Bereitstellung unterschiedlich schneller Zugänge für international operierende Marktteilnehmer vor allem der Vertrieb von (Echtzeit-) Handelsdaten, die Anleger benötigen, um in Gegenwart mehrerer relevanter Handelsplätze präzise Handelsentscheidungen auf Basis aller verfügbaren Informationen treffen zu können. Das Datengeschäft ist inzwischen für einen wesentlichen Umsatzanteil der Deutschen Börse verantwortlich und bildet ein eigenes Berichtssegment.970 Der zunehmende Wettbewerb führte jedoch auch zu einer Fragmentierung des Wertpapierhandels. Diese entsteht, wenn das identische Wertpapier an zwei oder mehr Handelsplätzen gehandelt werden kann, die nicht direkt miteinander verbunden sind, sodass eine Order auf dem einem Handelsplatz nicht mit der auf einem anderen Handelsplatz interagieren kann. Durch diese Aufspaltung der Liquidität eines Wertpapiers auf mehrere Handelsplätze kann es länger dauern, bis Käufer und Verkäufer zueinander finden. Auch wird die Preis-/Zeitpriorität, die auf einem konsolidierten Handelsplatz, zu dem alle Handelsaufträge gesendet werden, immer gewährleistet ist, im fragmentierten Marktumfeld aufgrund der fehlenden Verbindung zwischen den Märkten regelmäßig verletzt.971 Ein beträchtlicher Zweig der Finanzmarktforschung widmet sich daher insbesondere nach der Einführung der MiFID I der Frage, inwieweit die Fragmentierung des Wertpapierhandels vorteilhaft oder nachteilig für die Qualität und Effizienz des Wertpapierhandels ist (siehe Exkurs ‚Die Folgen der Marktfragmentierung für den Wertpapierhandel‘).

Exkurs Die Folgen der Marktfragmentierung für den Wertpapierhandel Frühe akademische Forschungsarbeiten zur Fragmentierung von Wertpapiermärkten sprechen sich mehrheitlich für eine Konsolidierung und damit gegen eine Fragmentierung des Wertpapierhandels aus, da letztere das Handelsinteresse und die damit verbundenen Aufträge auf verschiedene Märkte aufteilen und somit die jeweils vorhandene Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Liquidität verringern würde.972 Gleichzeitig steigen die Such- und Informationskosten von Anlegern mit der Anzahl der Märkte, auf denen ein Wertpapier gehandelt werden kann.973 Die meisten neueren Studien hingegen, die die Entwicklung der europäischen Finanzmärkte nach der Einführung der MiFID I empirisch untersuchen, kommen zu dem Schluss, dass die Fragmentierung des Wertpapierhandels positive Auswirkungen auf die Finanzmärkte hat.974 Neben den durch den verstärkten Wettbewerb zwischen den Börsenbetreibern sinkenden expliziten Handelsgebühren steigt mit der Fragmentierung des Wertpapierhandels – unter anderem durch neue Handelstechnologien wie dem algorithmischen Handel – auch die Liquidität auf den Märkten, sodass ebenso die impliziten Transaktionskosten fallen, die durch die Geld-Brief-Spanne hervorgerufen werden. Dies gilt insbesondere für die liquiden Aktien großer Unternehmen.975Auch auf das vorhandene Volumen im Orderbuch wirkt sich eine Fragmentierung des Handels positiv aus, allerdings ist die Verbesserung auf tieferen Orderbuchstufen weniger deutlich, sodass größere Handelsaufträge davon weniger profitieren.976 Die Unterschiede in den Ergebnissen der Studien liegen dabei maßgeblich im technologischen Fortschritt begründet. Vor der Elektronisierung der Wertpapiermärkte standen den Effizienzgewinnen durch den Wettbewerb zwischen den Börsenbetreibern und den dadurch sinkenden Handelsgebühren Effizienzverluste durch erhöhte Suchkosten von Anlegern aufgrund der Zersplitterung des Liquiditätsangebots gegenüber. Durch die Möglichkeit, die Handelsdaten aller Märkte in Echtzeit und somit das Liquiditätsangebot digital zusammenzuführen, werden die Nachteile einer Fragmentierung des Wertpapierhandels durch elektronische Märkte und neue automatisierte Lösungen ausgeglichen. Insbesondere Anleger, die Technologien wie das sogenannte Smart Order Routing einsetzen, bei dem Algorithmen automatisiert Liquidität am Markt auf Basis von Daten verschiedener Handelsplätze suchen, um eine bestmögliche Ausführung zu erreichen, können so von der Fragmentierung des Wertpapierhandels profitieren.977

Für die Deutsche Börse bedeutete diese Phase des neuen europäischen Wettbewerbs zunächst einen herben Einschnitt, da sie mit deutlichen Marktanteilsverlusten im Kassahandel konfrontiert wurde. Gleichzeitig stieg jedoch die absolute Höhe des insgesamt in deutschen Aktien gehandelten Volumens. Dadurch blieben die Handelsumsätze der Deutschen Börse weitgehend stabil und stiegen je nach Volatilität der Finanzmärkte in den folgenden Jahren teilweise sogar deutlich an.978 Ebenso nutzte die Deutsche Börse in den Jahren nach der Einführung der MiFID I auch sukzessive die neuen Geschäftsmöglichkeiten, die sich durch die veränderte Marktlandschaft und den daraus resultierenden Bedürfnissen der Marktteilnehmer ergaben, und generierte neues Wachstum mit Angeboten aus dem Bereich Marktdaten sowie einer Ausweitung des Produkt- und Dienstleistungsangebots.979 290

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3. Einführung Xetra Best und Systematische Internalisierer

Neben der Handelsmöglichkeit auf Xetra boten viele Wertpapierhandelshäuser ihren Kunden auch an, Aufträge bilateral gegen den eigenen Bestand und somit außerhalb der Börse auszuführen, um die beim Börsenhandel entstehenden Kosten einzusparen. Um diese außerbörslichen Handelsvolumina aus der bilateralen Ausführung von Kundenaufträgen in das Xetra-System zurückzugewinnen, führte die Deutsche Börse im September 2002 mit Xetra Best Execution (kurz Xetra BEST) einen neuen Service ein, der es Intermediären erlaubte, passende Handelsaufträge ihrer Kunden intern gegen ihren eigenen Bestand auszuführen, ohne die Kosten für Entwicklung und Betrieb eigener Systeme tragen zu müssen. Zudem ermöglichte dieser Service teilnehmenden Banken und Wertpapierhandelshäusern, ihren Kunden eine neutral überwachte Best Execution anzubieten und Handelsaufträge intern zu verrechnen, ohne dabei auf die Ausführung in einem regulierten Markt zu verzichten.980 Xetra BEST integrierte somit das Orderbuch und Komponenten des Market Making in einer technischen Infrastruktur. Gleichzeitig richtete sich dieser neue Service an Privatanleger, da er einen technisch garantierten Preisvorteil gegenüber dem offenen Xetra-Orderbuch sowie die sofortige Ausführung von ihren Handelsaufträgen gewährleistete. Die Funktionalitäten für diesen neuen Service waren bereits im August 2002 mit Xetra Release 7 umgesetzt worden.981 Im Detail ermöglichte Xetra BEST zugelassenen Handelsteilnehmern, den sogenannten ‚Best Executors‘, relative Quotes982 einzugeben, die eine relative Preisverbesserung zur jeweils aktuellen Orderbuchsituation darstellten. So konnte ein Best Executor festlegen, Handelsaufträge seiner Kunden zu einem Preis, der jeweils mindestens einen Cent983 besser als der aktuelle Preis im Xetra-Orderbuch sein musste, bis zu einer bestimmten Auftragsgröße automatisch über das Xetra-System gegen seinen eigenen Bestand auszuführen. Dieser neue Service unterstützte dadurch die sofortige Ausführung der Handelsaufträge von Privatanlegern zu einem besseren Preis als dem, der bei der Ausführung im Xetra-Orderbuch entstanden wäre. Xetra BEST kam insofern nur für sofort ausführbare Orders in Frage, die durch den neuen Ausführungsmechanismus sodann auf eine passende Order der Bank des jeweiligen Anlegers trafen. Xetra BEST-Orders, die nicht sofort ausgeführt werden konnten, wurden unmittelbar ins Xetra-Orderbuch geleitet.984 Xetra BEST war im Vorfeld der Einführung unter den Marktteilnehmern und Händlern jedoch äußerst umstritten. So befürchteten mehrere Händler, dass das neue Handelsmodell zu einem Entzug von Liquidität auf Xetra und dem Frankfurter Parkett führen und somit in höheren Geld-Brief-Spannen resultieren könnte. Auch für Privatanleger, die von dem neuen Service profitieren sollten, könnten jegliche Einsparungen durch die Preisverbesserung bei Xetra BEST schnell durch mögliche höhere Geld-Brief-Spannen auf Xetra zunichtegemacht werden.985 Der große Erfolg von Xetra BEST blieb jedoch aus, sodass es auch keine negativen Effekte dieses Handelsmodells auf die Liquidität von Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Xetra und dem Parketthandel gab. Allerdings war Xetra BEST von der Deutschen Börse auch nur zurückhaltend beworben worden. Die Deutsche Börse musste darauf hin mehrere außerplanmäßige Abschreibungen auf die Xetra BEST-Software in den Jahren 2003 und 2004 vornehmen.986 Mit dem Inkrafttreten der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID I und der darin enthaltenen Best Execution-Anforderungen987 positionierte die Deutsche Börse das Handelsmodell Xetra BEST erneut als einfache Lösung, Kundenaufträge regulierungskonform zum besten verfügbaren Preis auszuführen.988 Nicht zuletzt durch die wenig konkrete Ausgestaltung der Best Execution-Anforderungen in der Regulierung erhielt Xetra BEST jedoch weiterhin keinen relevanten Zuspruch. Die hohen Volumina der außerbörslichen Internalisierung durch Wertpapierhandelshäuser, die bereits die Deutsche Börse zur Einführung von Xetra BEST veranlasst hatten, blieben auch den Regulatoren nicht verborgen, die in der MiFID I mit dem systematischen Internalisierer neben geregelten Märkten und multilateralen Handelssystemen989 eine weitere Handelsform einführten, damit diese bilateralen, bisher außerbörslichen Handelsmöglichkeiten zumindest eine gewisse Vorhandelstransparenz erfüllen mussten. Systematische Internalisierer waren gemäß MiFID I (und sind auch noch nach MiFID II) dazu verpflichtet, verbindliche Kursofferten für liquide Aktien bis zu einem Volumen der standardmäßigen Marktgröße regelmäßig und kontinuierlich während der üblichen Handelszeiten zu veröffentlichen. Systematische Internalisierer traten daher nach Einführung der MiFID I neben den multilateralen Handelssystemen als weitere Wettbewerber der Deutschen Börse im Aktienhandel auf. Anders als multilaterale Handelssysteme, die ähnlich wie geregelte Märkte ausgestaltet sind, bieten systematische Internalisierer bilaterale Handelsmöglichkeiten gegen den eigenen Bestand an. Damit definierte der Regulator eine neue Handelsform, die das zuvor im Rahmen des außerbörslichen Handels bilateral von Wertpapierhandelsfirmen internalisierte Volumen aufnehmen sollte. Wie beschrieben, blieb das Interesse an systematischen Internalisierern bis zur Einführung der MiFID II jedoch gering. Insgesamt waren bis 2017 jeweils nur zwischen zwölf und 14 Wertpapierhandelsfirmen als systematische Internalisierer registriert und auch das Handelsvolumen in den DAXWerten war mit unter zwei Prozent des gesamten Handelsvolumens (inklusive des außerbörslichen Volumens) sehr gering.990 Ursächlich hierfür war, dass Wertpapierfirmen die bilaterale Internalisierung weiter außerbörslich über sogenannte Broker Crossing Networks durchführten. Aufgrund von Schlupflöchern in der Regulierung konnten diese Netzwerke betrieben werden, ohne sich als systematischer Internalisierer zu registrieren und ohne die damit verbundenen Pflichten zur Vorhandelstransparenz zu erfüllen.991 Die Bedeutung von systematischen Internalisierern für den europäischen Aktienhandel stieg jedoch deutlich mit der durch die MiFID II/MiFIR eingeführten Handelspflicht für Aktien, die zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind. Der Handel mit diesen Aktien muss gemäß MiFIR Artikel 23 auf geregelten Märkten, multilateralen 292

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Handelssystemen oder systematischen Internalisierern erfolgen, sodass der außerbörsliche Handel massiv eingeschränkt wurde.992 Gleichzeitig wurden mit dieser Regulierung die Broker Crossing Networks, die zum außerbörslichen Handel zählten, verboten.993 Im Zusammenhang mit diesen Vorgaben stieg die Anzahl der systematischen Internalisierer deutlich an. Im August 2018 waren bereits über 100 Wertpapierfirmen als systematische Internalisierer registriert.994 In der aktuellen Wertpapierhandelslandschaft stellen systematische Internalisierer somit relevante Marktakteure dar und konkurrieren um die vorhandenen Handelsaufträge.

4. Entwicklung des Primärmarkts in Deutschland

Neben dem Wettbewerb um Marktanteile und Volumina im Aktienhandel (dem sogenannten Sekundärmarkt) konkurrieren die deutschen und europäischen Börsen auch um die Börsengänge von Unternehmen (dem sogenannten Primärmarkt). Wenngleich die Börsengänge größerer Unternehmen regelmäßig eine hohe mediale Aufmerksamkeit erhalten, so finden doch nur wenige solcher großen Börsengänge statt, sodass aus Sicht der Börsen gerade auch kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) bei der reinen Anzahl der Börsengänge eine hohe Bedeutung zukommt. Dies gilt auch mit Blick auf deren Wachstumspotenzial, insofern ein Börsengang die Perspektive bietet, dass diese Unternehmen sich vergrößern und an Attraktivität gewinnen, wodurch wiederum das Handelsvolumen im Sekundärmarkt und damit die Umsätze der Börsenbetreiber zunehmen. Aus diesem Grund gingen die meisten deutschen Börsenplätze dazu über, spezielle Marktsegmente für KMU anzubieten, die geringere Anforderungen an Unternehmen für eine Börsennotierung stellen, als dies in den Standard- oder Premiumsegmenten der Fall ist. Durch die geringeren Zulassungspflichten und die dadurch reduzierten Kosten soll ein Börsengang auch für KMU attraktiv werden. So richtete die Börse München im Jahr 2005 mit m:access ein spezielles Marktsegment für Startups sowie KMU ein, die mit einem Börsengang erstmals den Schritt an die Börse wagen.995 Ebenso bot die Deutsche Börse von Oktober 2005 bis März 2017 den sogenannten ‚Entry Standard‘ als spezielles Marktsegment für Aktien und Unternehmensanleihen von KMU an. Aufgrund mehrerer Insolvenzen, die insbesondere die Mittelstandsanleihen betrafen, geriet der Entry Standard mit seinen vermeintlich zu geringen Anforderungen jedoch zunehmend in Verruf.996 Die Deutsche Börse führte daher am 1. März 2017 mit Scale ein neues Marktsegment für KMU ein, das den Entry Standard ablöste. Scale stellt zwar weiterhin vereinfachte, aber klar definierte Anforderungen an Unternehmen in diesem Segment. Dazu zählen Mindestgrößen hinsichtlich definierter Unternehmenskennzahlen wie zum Beispiel ein Mindestumsatz von zehn Millionen Euro und ein positiver Jahresüberschuss.997 Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Die Zielgruppe von Scale stellen somit Unternehmen mit erprobten Geschäftsmodellen dar, die sich bereits bei Investoren bewährt haben. Zum Start notierten 46 Aktien und Unternehmensanleihen im Segment Scale.998 Zusätzlich startete die Deutsche Börse 2015 das sogenannte Venture Network, das junge aufstrebende Unternehmen in vorbörslichen Finanzierungsrunden und auf dem Weg zur Börsennotierung unterstützen soll.999 In den ersten drei Jahren konnten insgesamt sechs Börsengänge aus dem Venture Network heraus realisiert werden.1000 Im Dezember 2018 waren über 170 Unternehmen sowie mehr als 340 Investoren Teil des Deutsche Börse Venture Network, das seit seinem Start in 81 Finanzierungsrunden über zwei Milliarden Euro für die beteiligten Startups akquirierte.1001 Trotz dieser Initiativen stagnierte die Zahl der Börsengänge bei der Deutschen Börse seit der Finanzkrise auf einem niedrigen Niveau von lediglich vier bis zwölf Unternehmen, die pro Jahr den Schritt an die Börse wagten.1002 Lediglich im Jahr 2018 war eine leichte Steigerung auf insgesamt 17 Börsengänge zu verzeichnen. Abbildung 10 zeigt die Entwicklung der Zahl der Börsengänge bei der Deutschen Börse in den letzten zwei Jahrzehnten. Selbst mit der leichten Steigerung 2018 war man bei der Deutschen Börse noch weit von jener Zahl an Börsengängen entfernt, wie sie vor dem Platzen der New Economy Blase zu verzeichnen war. 160 145 134

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1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Abbildung 10: Entwicklung der Zahl der IPOs bei der Deutschen Börse von 1997 bis 2018 Quelle: Deutsche Börse AG, Primärmarktstatistik.

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VIII. Dark Pools und OTC-Handel 1. Aufkommender Wettbewerb durch den anonymen Handel in Dark Pools

Neben dem Wettbewerb mit alternativen Handelsplätzen, die wie Xetra den Handel von Wertpapieren in offenen Orderbücher durchführen, und mit systematischen Internalisierern, die ebenfalls eine gewisse Vorhandelstransparenz gewährleisten müssen, stand und steht die Deutsche Börse auch mit Handelsformen ohne Vorhandelstransparenz im Wettbewerb. Hierzu zählen neben dem außerbörslichen Handel auch die sogenannten Dark Pools, die einen Handel ‚im Dunkeln‘ ohne Vorhandelstransparenz erlauben. Zusammen mit der Fragmentierung des Handels in offenen Orderbüchern nahm die Zahl der Dark Pools nach der Einführung der MiFID I im Jahr 2007 deutlich zu und führte so ebenfalls zu einer Fragmentierung des Handels ohne Vorhandelstransparenz.1003 Gleichzeitig stiegen auch die in Dark Pools gehandelten Volumina. Die Vielzahl von Handelsmöglichkeiten sowohl mit als auch ohne Vorhandelstransparenz bestand jedoch vor allem für liquide Aktien mit großer Marktkapitalisierung.1004 Die fehlende Vorhandelstransparenz in Dark Pools bedeutet, dass auf diesen Handelsplattformen keine Informationen über Preislimits und Volumina der eingestellten Handelsaufträge sichtbar sind. Zumeist ist ebenfalls nicht erkenntlich, ob es überhaupt Handelsaufträge und damit Liquidität auf der Plattform gibt. Zudem haben Dark Pools in der Regel keine eigene Preisfindung, sondern führen Handelsaufträge zur aktuellen Mitte der Geld-Brief-Spanne eines Referenzmarkts (z. B. Xetra für Deutsche Aktien) aus. Dadurch bieten Dark Pools Investoren potenziell bessere Ausführungsbedingungen als die transparenten Märkte, da keine impliziten Transaktionskosten in Form der Geld-Brief-Spanne anfallen. Zudem erlaubt die Anonymität in Dark Pools Investoren, ihre Handelsabsichten zu verbergen und so anders als in offenen elektronischen Orderbüchern auch großvolumige Aufträge über diese Plattformen kosteneffizient abzuwickeln. Insbesondere die Ausführung großer Handelsaufträge war die ursprüngliche Intention bei der Einführung von Dark Pools, um so die hohen Kosten einer solchen Transaktion durch die negativen Preisauswirkungen, die in offenen Orderbüchern unweigerlich auftreten, zu vermeiden.1005 Allerdings ist die Ausführung eines Auftrags in einem Dark Pool aufgrund der mangelnden Liquidität nicht garantiert und Anleger müssen gegebenenfalls warten, bis eine passende Gegenpartei ebenfalls einen Handelsauftrag in den Dark Pool einstellt. Grundsätzlich lassen sich bis zur Einführung der MiFID II im Jahr 2018 in Europa zwei verschiedene Arten von Dark Pools abgrenzen. Diese unterschieden sich im Wesentlichen durch ihre Governance-Struktur und die Begründung, weshalb auf die für Handelsplätze vorgeschriebene Vorhandelstransparenz verzichtet werden kann. Zum einen gab es die regulierten Dark Pools, die noch heute von geregelten Märkten wie der Deutschen Börse oder multilateralen Handelssystemen betrieben werden. Diese HanDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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delsplätze nutzen im Wesentlichen die in der MiFID I (und auch noch in der MiFID II) definierte Ausnahme von der Pflicht zur Vorhandelstransparenz, wenn die Ausführung zum Referenzpreis eines anderen Markts erfolgt, der wiederum die Transparenzvorgaben erfüllt. Zum anderen gab es bis Ende 2017 in Europa die außerbörslichen Dark Pools, die oft als Broker Crossing Networks bezeichnet und von Banken und anderen Wertpapierfirmen betrieben wurden. Anders als bei regulierten Dark Pools wurden hier Kundenaufträge nicht nur gegeneinander, sondern auch gegen Handelsaufträge des Betreibers ausgeführt. Diese Plattformen stellten rechtlich gesehen daher keine Handelsplätze dar, sondern wurden dem außerbörslichen Handel zugeordnet, der keiner Pflicht zur Vorhandelstransparenz unterliegt.1006 Ein erstes Angebot der Deutschen Börse im Bereich des anonymen Handels in einem geschlossenen Orderbuch stellte das Blockhandelssegment Xetra XXL dar, das die Deutsche Börse im März 2001 startete, um dem außerbörslichen Handel, in dem vor allem Geschäfte mit großen Volumina bilateral abgeschlossen wurden, ein eigenes Angebot entgegenzusetzen.1007 In diesem Vorläufer eines Dark Pools konnten Teilnehmer sehr große Handelsaufträge in den DAX- und MDAX-Werten börsenbasiert abwickeln. Die Mindestabschlussgröße lag bei den DAX-Werten allerdings zwischen drei und sieben Millionen Euro, bei den MDAX-Werten galten Schwellenwerte zwischen einer halben und einer Million Euro. Der Handel fand in drei Auktionen pro Tag statt und es bestand anders als im regulären Xetra-Handel eine Volumen-/Zeitpriorität1008, um Anreize für große Volumina zu schaffen und Teilausführungen dieser Blockaufträge zu vermeiden.1009 Wie auch in den späteren Dark Pools hatte das geschlossene Xetra XXL-Orderbuch keine eigene Preisfindung, sondern der Ausführungspreis ergab sich aus der Mitte der aktuellen Geld-Brief-Spanne im regulären Xetra-Handel. Die Akzeptanz des neuen Marktmodells für den börslichen Blockhandel war unter den Börsenteilnehmern jedoch gering. Kurz nach dem Handelsstart war lediglich die Hälfte der Xetra-Teilnehmer an das neue Xetra XXL-System angeschlossen und in den ersten Wochen nach dessen Einführung wurde kein einziges Geschäft darüber abgewickelt.1010 Der ausbleibende Erfolg, außerbörsliche Geschäfte auf dieses System der Deutschen Börse zu bringen, lässt sich maßgeblich mit fehlenden Anreizen für die Marktteilnehmer begründen, ihren institutionellen Kunden diesen Service anzubieten. Da die Handelsintermediäre selbst im außerbörslichen Handel tätig waren und Geschäfte vermittelten, hätte eine Übertragung dieser Geschäfte auf börsliche Systeme wie Xetra XXL ihr eigenes, margenstarkes OTC-Geschäft kannibalisiert. In den nächsten Jahren wurden deshalb keine weiteren Versuche unternommen, großvolumige Aufträge aus dem außerbörslichen Handel in die Systeme der Deutschen Börse zu bringen. Dies änderte sich jedoch mit der Einführung der MiFID I und der darin enthaltenen Möglichkeit zum Handel auf alternativen Handelsplätzen. Während die neue Regulierung bereits zu einem stärkeren Wettbewerb im Handel in offenen Orderbüchern ge296

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führt hatte, nahmen auch die Diskussionen und die Überlegungen zum Start neuer Handelsplattformen mit geschlossenen Orderbüchern wieder Fahrt auf. Im Gegensatz zu anderen großen europäischen Börsenbetreibern plante die Deutsche Börse im Sommer 2008 zunächst nicht, einen eigenen Dark Pool einzuführen. Aufgrund ihres Neutralitätsanspruchs sollte es insbesondere kein Dark Pool-Angebot geben, das eine Zusammenarbeit mit Investmentbanken vorsah. Zudem verwies Rainer Riess, Managing Director für den Kassamarkt, darauf, dass es (zum damaligen Zeitpunkt) keinen funktionierenden Dark Pool mit relevanten Volumina in Europa gebe.1011 Dies änderte sich jedoch bald. Bereits am 24. November 2008 führte die Deutsche Börse mit Xetra Midpoint ihren eigenen Dark Pool ein, vor allem, um den erstarkenden Wettbewerbern nicht das Feld in diesem Handelsbereich zu überlassen. Wie bei den meisten regulierten Dark Pools wurden Handelsaufträge zur Mitte der aktuellen Geld-Brief-Spanne (Midpoint) auf Xetra ausführt. Das Angebot richtete sich vor allem an institutionelle Investoren, die über Xetra Midpoint zwar außerhalb des offenen Orderbuchs Xetra, aber dennoch auf einem regulierten Markt große Handelsaufträge marktneutral handeln konnten. Um zu vermeiden, dass auch kleine Handelsaufträge privater Investoren vom transparenten Xetra-Handel in den neuen Dark Pool abwanderten und so möglicherweise eine Verschlechterung der Qualität des Xetra-Handels hervorriefen, mussten Xetra Midpoint-Aufträge eine Mindestgröße von 10.000 Euro aufweisen. Bei den DAX-Werten lag die Schwelle mit 25.000 Euro sogar noch etwas höher.1012 Sechs Monate nach der Einführung von Xetra Midpoint zog die Deutsche Börse eine positive Bilanz des neuen Dark Pool-Angebots. Die Handelsaktivität in diesem geschlossenen Orderbuch war kontinuierlich gestiegen und durchschnittlich wurden rund 12.000 Aufträge pro Tag eingestellt, was Xetra Midpoint nach Angaben der Deutschen Börse zum erfolgreichsten regulierten Dark Pool in Europa machte.1013 Im Vergleich zum transparenten Handel im regulären Xetra-Orderbuch waren diese Zahlen aber gering und der scheinbare Erfolg von Xetra Midpoint somit zweifelhaft. Im Juni 2009 wurde Xetra Midpoint daher nochmals überarbeitet. Eine optionale Mindestausführungsstückzahl, die Handelsteilnehmer individuell spezifizieren konnten, sollte Xetra Midpoint fortan noch attraktiver für großvolumige Aufträge machen. Gleichzeitig wurden die Mindestgrößen von 10.000 Euro und 25.000 Euro abgeschafft, um auch mittels Handelsalgorithmen arbeitende Marktteilnehmer, die in der Regel kleinere Auftragsgrößen handeln, für das Angebot zu gewinnen und somit eine neue Kundengruppe zu erschließen.1014 Dennoch konnte Xetra Midpoint auch in den nächsten Jahren keine nennenswerten Marktanteile erreichen. Die Deutsche Börse ging darauf hin im Juli 2013 eine Kooperation mit Liquidnet ein, einem globalen institutionellen Handelsnetzwerk. Liquidnet war in der Zwischenzeit mit seinem europäischen Dark Pool zu einem der führenden Handelsplätze für großvolumige Wertpapieraufträge aufgestiegen. Mit dem neuen Block Trade-Modell schuf die Deutsche Börse auf Xetra Midpoint eine Verbindung zu Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Liquidnet, über die die mehr als 240 Xetra-Teilnehmer mit über 700 großen Vermögensverwaltern aus dem Liquidnet-Netzwerk direkt handeln und so große Aufträge effizient und marktneutral ausführen konnten.1015 Die beiden Partner wollten durch die höhere Liquidität, die durch die Verbindung beider Plattformen entstand, die Ausführungswahrscheinlichkeit von Handelsaufträgen erhöhen sowie gleichzeitig die Transaktionskosten im institutionellen Blockhandel reduzieren, um dadurch die Attraktivität ihres Angebots zu steigern und weitere Marktanteile zu gewinnen. Doch Xetra Midpoint geriet durch die Partnerschaft mit Liquidnet, die eine Interaktion von großen Handelsaufträgen auf Xetra Midpoint mit bestehenden Aufträgen bei Liquidnet ermöglichte, stark in die Kritik. Insbesondere die Großbanken und Xetra MidpointTeilnehmer Morgan Stanley und Credit Suisse äußerten Bedenken zu der Verbindung der beiden Liquiditätspools, da sie fürchteten, dass Teilnehmer von Liquidnet die Handelsaufträge auf Xetra Midpoint einsehen konnten, ohne aber zwingend gegen diese handeln zu müssen.1016 Die Anonymität der an Xetra Midpoint gesandten Handelsaufträge wäre somit nicht mehr vollständig gewährleistet gewesen, sodass Informationen zu einem großen Handelsauftrag durchsickern und somit zu schlechteren Ausführungspreisen führen konnten. Die beiden Großbanken zogen sich darauf hin aus Xetra Midpoint zurück und sendeten keine Handelsaufträge mehr an den Dark Pool der Deutschen Börse. Um den Bedenken der Marktteilnehmer entgegenzutreten, legte die Deutsche Börse darauf hin eine Mindestgröße von 100.000 Euro fest, die ein Handelsauftrag in Xetra Midpoint haben musste, bevor er für Händler auf Liquidnet verfügbar wurde. Der Marktanteil von Xetra Midpoint, der im Juli 2013 bereits lediglich bei 0,11 Prozent des gesamten Handelsvolumens inklusive außerbörslicher Volumen lag, fiel dennoch durch die Bedenken der SellSide1017 und den Rückzug der beiden Großbanken auf nur noch 0,01 Prozent im August 2013, was einem Handelsumsatz von gerade einmal fünf Millionen Euro entsprach.1018 Im Sommer 2017 schloss die Deutsche Börse ihren Dark Pool schließlich wieder. Xetra Midpoint wurde auch aufgrund der anhaltend niedrigen Handelsvolumina nicht im neuen Handelssystem T7 implementiert, welches das Xetra-System im Xetra-Handel ab Juli 2017 ablöste. Gleichzeitig verringerten die Volume Discovery Order, ein im November 2015 eingeführter Service zum marktschonenden Handel großer Handelsaufträge innerhalb des Xetra-Orderbuchs, und die absehbare Volumenbeschränkung des Dark Pool Handels durch MiFID II das Potenzial von Xetra Midpoint zusätzlich.1019 Die Volume Discovery Order, die noch heute im Xetra-Handel verfügbar ist, ermöglicht ebenfalls eine Ausführung großer Handelsaufträge zur Mitte der aktuellen Geld-Brief-Spanne auf Xetra, ist aber Teil des regulären Xetra-Handels. Dieser neue Ordertyp basiert auf der sogenannten Eisberg-Order (Iceberg Order) und ermöglicht durch ein zweites Preislimit, den nicht sichtbaren Teil eines solchen Handelsauftrags gegen das nicht sichtbare Volumen einer anderen Volume Discovery Order zum aktuellen Mittelkurs und somit marktneutral auszuführen.1020 298

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2. Reaktionen auf den zunehmenden Handel in Dark Pools

Die Marktanteile der europäischen Dark Pools waren zwar in den ersten Jahren nach dem Inkrafttreten der MiFID I zunächst nicht nennenswert, stiegen jedoch von Jahr zu Jahr kontinuierlich auf durchschnittlich rund vier Prozent bei den DAX-Werten im Jahr 2017 an. Insbesondere bei weniger liquiden deutschen Aktien sowie anderen europäischen Indizes lagen die Marktanteile des Dark Pool-Handels teilweise noch deutlich höher und erreichten bei einigen Aktien auch niedrige zweistellige Werte.1021 Die Entwicklung hin zu höheren Handelsvolumina in Dark Pools wurde allerdings zumindest indirekt auch durch die etablierten Börsenbetreiber unterstützt. Durch den zunehmenden algorithmischen Handel, dem die Deutsche Börse wie viele andere Anbieter insbesondere in den Anfängen dieser neuen Handelstechnik Rabatte und andere Privilegien einräumte, sanken die durchschnittlichen Ausführungsgrößen in den offenen Orderbüchern von Jahr zu Jahr, was die Handelbarkeit großer Aufträge, z. B. von institutionellen Investoren, deutlich erschwerte. Außerdem reagierten Handelsteilnehmer mit der Nutzung von Dark Pools auf die verstärkt auftretenden Hochfrequenzhändler, die bei Transaktionen über offene Orderbücher blitzschnell auf größere, kursbeeinflussende Handelsaufträge schließen können, auch wenn diese in kleinere Aufträge aufgeteilt und an mehrere Märkte geschickt werden. Durch diese Entwicklung erhöhten sich für institutionelle Investoren die Anreize, große Aufträge vermehrt in Dark Pools oder außerbörslich zu handeln, was wiederum die Reduzierung der durchschnittlichen Handelsgrößen auf den Börsenplätzen noch verstärkte. Öffentlichkeit und Aufsichtsbehörden sahen den zunehmenden Handel in den intransparenten Dark Pools durchaus kritisch. Neben der Intransparenz dieser Handelsform wurde vor allem auch von Börsenbetreibern zudem häufig angemerkt, dass Dark Pools aufgrund der Ausführung zum Referenzpreis keinen Beitrag zur Preisfindung leisten und bei steigenden Dark Pool-Volumina der Preisbildungsprozess, der weiterhin auf den transparenten Börsensystemen abläuft, geschwächt wird. Frankfurts Börsenchef Reto Francioni schmähte Dark Pools und andere alternative Handelsplätze in Interviews daher auch als „Parasiten“, die von den Kursdaten der etablierten Börsen lebten und die Kosten für solide Preisbildung und Handelsüberwachung einsparen würden.1022 Auch Andreas Schmidt, Vorstand der Börse München, warnte 2011 insbesondere vor einem Erstarken der außerbörslichen Dark Pools und den Folgen, die eine Zunahme des Handels außerhalb der regulierten Märkte mit sich bringen könnte: „Je weniger Umsatz an den regulierten Märkten gemacht wird, desto anfälliger werden dort die Handelspreise für Manipulationen von außen“.1023 Auch in der Finanzmarktforschung wurden die Auswirkungen des Dark Pools Handels auf die Effizienz und die Qualität des Wertpapierhandels aus theoretischer und empirischer Perspektive intensiv untersucht (siehe Exkurs ‚Die Auswirkungen von Dark Pools auf den Wertpapierhandel‘). Die Ergebnisse dieser Studien, die einen gewissen Anteil des Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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gesamten Handelsvolumens in Dark Pools noch als vorteilhaft ansehen, größere Anteile jedoch als schädlich für die Finanzmärkte einstufen, inspirierten die Europäische Kommission bei der Überarbeitung der Finanzmarktrichtlinie MiFID I, die mit MiFIR Artikel 5 den ‚Double Volume Cap‘ (DVC)-Mechanismus für Dark Pools einführte, der ab dem 1. Januar 2018 angewendet wurde. Damit sollte der Dark Pool-Handel in den europäischen Finanzmärkten auf ein unschädliches Niveau begrenzt werden. Der DVC-Mechanismus besteht dabei aus zwei aktienspezifischen Grenzwerten, die bei Überschreitung entweder den Handel einer Aktie auf einem bestimmten Dark Pool – wenn dieser einen Marktanteil von vier Prozent in der betreffenden Aktie basierend auf den Daten der vorherigen zwölf Monate überschreitet – oder den Handel einer Aktie in allen Dark Pools in der EU für sechs Monate aussetzen, sofern alle Dark Pools in der EU zusammen einen Marktanteil von acht Prozent beim Handel dieser Aktie überschreiten.1024 Gleichzeitig wurden die von der bisherigen Regulierung nicht erfassten außerbörslichen Dark Pools in Form von Broker Crossing Networks durch die ebenfalls in MiFIR festgelegte Handelspflicht für Aktien in Kombination mit den Erwägungsgründen 6 und 11 verboten. Die Anwendung des DVC-Mechanismus startete aufgrund einer mangelnder Datenverfügbarkeit auf Seiten der ESMA anders als geplant erst im März 2018, führte aber gleich bei der ersten Anwendung zur Aussetzung des gesamten Dark Pool Handels in der EU für über 700 Aktien und zur Aussetzung einzelner Dark Pools für rund 20 Aktien.1025 Unter den ersten Aktien, die vom DVC-Mechanismus betroffen waren, befanden sich 43 deutsche Aktien. Neben den Aktien zahlreicher kleinerer Unternehmen waren auch die Aktien von Evonik, Stada, Covestro und der Deutschen Börse vom Handel auf sämtlichen europäischen Dark Pools ausgenommen.1026 Trotz der Einführung der Volumenbeschränkung für Dark Pools blieb deren Marktanteil im Handel von DAX-Werten auch 2018 unverändert bei rund vier Prozent. Allerdings überschritten im gesamten Jahr 2018 auch nur die DAX-Werte Deutsche Börse und Covestro die Volumengrenze von acht Prozent für den Handel in Dark Pools, sodass der Handel dieser Aktien in allen europäischen Dark Pools ausgesetzt wurde. Die Volumengrenze von vier Prozent in einem einzelnen Dark Pool wurde 2018 nur von zwei kleineren deutschen Titeln überschritten.1027

Exkurs Die Auswirkungen von Dark Pools auf den Wertpapierhandel Mehrere theoretische Studien zeigen, dass sogenannte informierte Händler ihre Handelsaufträge, von denen eine Preisbeeinflussung ausgehen kann, aufgrund der sofortigen Ausführungsmöglichkeit eher zu den transparenten Börsen schicken. Für den unin300

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formierten Handel hingegen sind Dark Pools attraktiver, da eine sofortige Ausführung weniger relevant ist, jedoch Transaktionskosten eingespart werden können. Dies führt dazu, dass die Preisfindung durch ein gewisses Handelsvolumen in Dark Pools, anders als befürchtet, sogar verbessert werden kann, da sich die kursrelevanten Aufträge auf die Börse konzentrieren. Gleichzeitig kann in diesem Fall jedoch die Liquidität zurückgehen, da die Handelsteilnehmer das zunehmende Risiko, gegen preisbeeinflussende Aufträge zu handeln, in breiteren Geld-Brief-Spannen einpreisen.1028 Auch andere theoretische Arbeiten zeigen, dass sich die Liquidität in den offenen Orderbüchern der Börsen durch das Auf kommen von Dark Pools verschlechtert und diese insgesamt negativ für die Gesamtwohlfahrt sind.1029 Empirische Arbeiten hingegen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während einige einen positiven Zusammenhang zwischen der Liquidität auf den geregelten Märkten und dem Auf kommen von Dark Pools dokumentieren1030, kommen andere zum gegenteiligen Ergebnis, insbesondere was das ausführbare Volumen im transparenten börslichen Handel angeht.1031 Die divergierenden Ergebnisse der Forschungsarbeiten zu den Auswirkungen des Dark Pool Handels auf die Qualität der Wertpapiermärkte sind nicht zuletzt auch auf die unterschiedlichen Marktanteile von Dark Pools in den jeweils untersuchten Märkten zurückzuführen. In einer vielfach beachteten Studie zeigen die Finanzmarktforscher Comerton-Forde und Putniņš, dass der Handel in Dark Pools bis zu einem gewissen Niveau vorteilhaft für die Preisfindung und Liquidität in Wertpapiermärkten ist, sich darüber hinaus jedoch negativ auswirkt. Für eine typische Aktie liegt laut ihren Ergebnissen dieser maximale Marktanteil von Dark Pools, der noch als positiv angesehen werden kann, bei rund zehn Prozent.1032

3. Der außerbörsliche Handel und die Einführung der Handelspflicht für Aktien

Während der durch die europäische Finanzmarktrichtlinie MiFID I angestrebte Wettbewerb zwischen den verschiedenen Handelsplätzen tatsächlich eintrat und zu sinkenden Transaktionskosten auch im deutschen Aktienhandel führte, bewegte sich der außerbörsliche Handel, anders als von den Regulatoren erwartet, weiterhin auf einem hohen Niveau. Der außerbörsliche Handel war in der MiFID I zwar nicht explizit definiert, aber eine Definition dieser Handelsform erfolgte zumindest indirekt durch Erwägungsgrund 53. Demnach mussten Handelsgeschäfte „ad hoc und unregelmäßig erfolgen, zwischen Gegenparteien im Großhandel ausgeführt werden und Teil einer Geschäftsbeziehung [sein], die selbst wiederum von Geschäften charakterisiert [ist], die über die standardmäßige Marktgröße hinausgehen“1033, damit sie außerbörslich und ohne jegliche Vorhandelstransparenz durchgeführt werden durften. Tatsächlich wurden aber mitnichten nur große Aufträge außerbörslich gehandelt. Wie eine Untersuchung1034 für den Zeitraum Januar 2008 bis Juni 2013 aufzeigte, waren mehr Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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als sechs von zehn außerbörslichen Transaktionen in den liquiden Aktien des europäischen EURO STOXX 50 Index kleiner als die in der Regulierung definierte standardmäßige Marktgröße. 58 Prozent der außerbörslichen Transaktionen wiesen sogar ein kleineres Volumen als die Privatanlegergröße von 7.500 Euro auf. Zudem hätten nach den Ergebnissen der Untersuchung 92 Prozent der außerbörslichen Transaktionen ohne Preisauswirkung und somit ohne zusätzliche Kosten einer Marktverwerfung in den transparenten Orderbüchern des jeweiligen Primärmarkts (Xetra für deutsche Aktien) ausgeführt werden können. Die Ergebnisse dieser Studie lassen daher darauf schließen, dass die strukturellen Unterschiede zwischen dem börslichen und dem außerbörslichen Handel in den Jahren nach der Einführung der MiFID I überschätzt wurden. Obwohl die in der MiFID I definierten Eigenschaften des außerbörslichen Handels nur auf einen Bruchteil der Transaktionen zutrafen, bewegte sich der außerbörsliche Handel nach Einführung dieser Regulierung im November 2007 dennoch weiterhin auf einem recht stabilen Niveau von rund 40 Prozent im DAX-Handel (siehe Abbildung 11). Rund um die Jahreshauptversammlungen der DAX-Unternehmen, die mehrheitlich im zweiten Quartal stattfinden, stieg der außerbörsliche Anteil regelmäßig zu Lasten des börslichen Handels auf rund 60 Prozent an. Dieser wiederkehrende temporäre Anstieg

100%

75%

50%

25%

0% Q2/2008

Q2/2009

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Q2/2011

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börslicher Handel (offene Orderbücher)

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außerbörslicher Handel

Q2/2015

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Dark Pools

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Systematische Internalisierer

Abbildung 11: Marktanteile im DAX aufgeteilt nach börslichem Handel in offenen Orderbüchern, außerbörslichem Handel, Dark Pools und systematischen Internalisierern seit 2007 Quelle: Fidessa, Fragulator.

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des außerbörslichen Handels war auf große bilaterale Geschäfte rund um die Dividendenstichtage zurückzuführen. Der hohe Anteil des außerbörslichen Handels änderte sich erst mit dem Inkrafttreten der überarbeiteten europäischen Finanzmarktgesetzgebung MiFID II/MiFIR am 3. Januar 2018. Zwar wurde der außerbörsliche Handel auch in der MiFID II weiterhin nicht explizit definiert, jedoch hatte diese Regulierung – wie in Erwägungsgrund 4 dargestellt – das Ziel, die Transparenz der Finanzmärkte zu stärken und somit den außerbörslichen Handel zu verringern.1035 Mit MiFIR wurde daher eine Handelspflicht für Aktien auf einem Handelsplatz oder über die Systeme eines systematischen Internalisierers eingeführt, um den Anteil des intransparenten außerbörslichen Handels zu reduzieren. Zwar blieb der Marktanteil des börslichen Handels trotz der Handelspflicht nahezu auf dem vorherigen Niveau von 60 Prozent, jedoch gewannen insbesondere die systematischen Internalisierer, die durch ihre anzuzeigenden Kursofferten bis zur standardmäßigen Marktgröße ebenfalls eine gewisse Vorhandelstransparenz aufweisen, relevante Marktanteile hinzu. Während in den Jahren 2008 bis 2017 im Durchschnitt weniger als zwei Prozent des Handelsvolumens in DAX-Werten über systematische Internalisierer gehandelt wurden, stieg deren Anteil ab 2018 sprunghaft auf knapp 20 Prozent an. Die Zunahme des Handels über systematische Internalisierer aufgrund der Einführung von MiFID II/MiFIR kam für die meisten Marktteilnehmer nicht überraschend. Bereits im Vorfeld hatten Marktteilnehmer und vor allem Börsenbetreiber argumentiert, dass aufgrund von Vorteilen der systematischen Internalisierer gegenüber den Handelsplätzen mit offenen Orderbüchern vor allem erstere und weniger die für die Preisfindung wichtigen Börsen von der Handelspflicht profitieren werden.1036

IX. Die Finanzkrise Die globale Finanzkrise 2007/2008 bedeutete für Finanzmärkte, Banken und Börsenbetreiber auf der ganzen Welt eine tiefe Zäsur. Sie rief nicht nur den schwersten Konjunktureinbruch seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre hervor, sondern führte Marktteilnehmern, Regulierern und Aufsichtsbehörden auch vor Augen, wie komplex und verzweigt die Verbindungen zwischen den Finanzinstituten weltweit waren und wie Intransparenzen im Finanzsystem aufgrund fehlender Regulierung die Unsicherheit im Markt noch verstärken und zu einem Vertrauensverlust führen können. Letzteres galt nicht nur für das Vertrauen von Kunden in Banken, sondern auch für das Verhältnis von Banken und anderen Finanzinstituten untereinander. Die Finanzkrise, die als Immobilienkrise in den USA im Jahr 2007 begann, führte in den Folgejahren in fast allen Ländern der Welt zur Rezession oder einem deutlich abgeDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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schwächten Wirtschaftswachstum. Insbesondere der Vertrauensverlust in die weltweiten Finanzsysteme resultierte in Störungen an den Interbanken- und Kreditmärkten, die sich wiederum in der Folge auf die Realwirtschaft auswirkten.1037 Regierungen auf der ganzen Welt schnürten darauf hin Rettungspakete für Banken und Unternehmen, während die Zentralbanken die Märkte mit massiven Liquiditätshilfen stützten. Die Liquiditätsengpässe, die sich im Verlauf des Jahres 2008 immer weiter verschärften, erreichten mit der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 ihren Höhepunkt, worauf hin der weltweite Interbankenhandel faktisch zum Erliegen kam und von den Zentralbanken durch die Bereitstellung immer neuer Refinanzierungsmöglichkeiten aufgefangen werden musste. Da sich nach dem Ausbleiben staatlicher Hilfen für Lehman Brothers niemand mehr auf die Doktrin des ‚Toobig-to-fail‘ und den damit einhergehenden ‚Insolvenzschutz‘ (großer) Finanzinstitute verlassen mochte, stellten Kreditinstitute ab diesem Zeitpunkt anderen Finanzinstituten selbst kurzfristige Mittel nur noch gegen eine spezifische Absicherung zur Verfügung.1038 Verstärkt wurde diese Entwicklung dadurch, dass große Unsicherheit im Hinblick auf das jeweilige Kontrahentenrisiko herrschte. Vor allem die Derivatepositionen einzelner Banken waren völlig unklar, da solche Kontrakte in der Regel außerbörslich und vollkommen intransparent für andere abgeschlossen wurden. Dies galt insbesondere für Kreditderivate in Form von Credit Default Swaps (CDS), die zu diesem Zeitpunkt aufgrund des erhöhten Ausfallrisikos im Markt mit besonderem Risiko behaftet waren. Um Derivategeschäfte transparenter zu gestalten und systemische Risiken aus der unübersichtlichen Verquickung einer Vielzahl von Finanzinstitutionen durch offene Derivatepositionen zu verringern, beschloss die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) auf ihrem Gipfel in Pittsburgh im September 2009, bis 2012 weitreichende regulatorische Reformen im Derivatehandels umzusetzen. Diese sollten dazu führen, dass standardisierte Derivatekontrakte zukünftig an Börsen gehandelt und über zentrale Kontrahenten abgewickelt werden müssen. Zudem sollten Transaktionsregister eingeführt werden, an die außerbörsliche Derivatetransaktionen gemeldet werden müssen.1039 Diese Transparenzinitiativen und die Verringerung des außerbörslichen Derivatehandels sollten so einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität der internationalen Finanzmärkte leisten. Die Deutsche Börse schloss zu Beginn der Finanzkrise das Geschäftsjahr 2007 zunächst mit einem neuen Rekordergebnis ab. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten gingen mit einer deutlich erhöhten Handelsaktivität einher, was sich positiv auf die Umsätze und das Ergebnis der Deutschen Börse auswirkte. Allgemein verdienen Börsen bei hoher Volatilität gut, da diese eine gesteigerte Handelsaktivität der Marktteilnehmer hervorruft. Der Handelsumsatz auf Xetra nahm somit 2007 um 53 Prozent gegenüber 2006 auf 2,4 Billionen Euro zu, was maßgeblich auf die deutlich volatilere zweite Jahreshälfte 2007 zurückging. Auch der Aktienindex DAX konnte das Jahr mit 8.067 Punkten noch nahe an seinem damaligen Allzeithoch von 8.106 Punkten, die am 16. Juli 2007 erreicht wurden, ab304

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schließen.1040 Trotz der sich inzwischen herauskristallisierenden tiefgreifenden Finanzkrise stellte der Vorstandsvorsitzende Reto Francioni bei der Jahreshauptversammlung 2007 der Deutschen Börse auch für das Jahr 2008 erneut ein Rekordergebnis in Aussicht.1041 Während sich 2008 die US-Immobilienkrise zu einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ausweitete und Finanzinstitute weltweit herbe Verluste erlitten, erreichte die Deutsche Börse aufgrund der im Zuge der Krise gestiegenen Handelsaktivität insbesondere im Derivatebereich für das Geschäftsjahr 2008 ein neues Rekordergebnis. Allerdings blieb auch die Deutsche Börse von der großen Unsicherheit an den Finanzmärkten nicht verschont, die für die Börsen nicht absehbare zukünftige Handelsvolumina bedeutete. Der Aktienkurs der Deutschen Börse fiel daher im Hauptjahr der Krise von 135,75 Euro am 28. Dezember 2007 auf nur noch 50,80 Euro am 30. Dezember 2008. Mit dem drastischen Rückgang von 63 Prozent schnitt die Deutsche Börse damit nur unwesentlich besser als der weltweite Branchenindex notierter Börsen ab.1042 Auch der Leitindex DAX, der im Krisenjahr 2008 sein 20-jähriges Bestehen feierte, büßte auf Jahressicht rund 40 Prozent seines Werts ein und ging am 30. Dezember 2008 mit 4.810 Punkten aus dem Handel. Abgesehen vom Kursrutsch nach dem Platzen der New Economy Blase, als der DAX 2002 auf Jahressicht um 44 Prozent gefallen war, war der Kursrückgang 2008 der stärkste Rückgang am deutschen Aktienmarkt seit dem Zweiten Weltkrieg. Mitte Oktober 2008 notierte der DAX zeitweise sogar nur bei 4.014 Punkten. Zu den größten Verlierern unter den führenden deutschen börsennotierten Unternehmen im Jahr 2008 gehörten zyklische Werte wie Infineon (-88 Prozent) und Bankaktien wie die der Commerzbank (-75 Prozent), der Deutschen Postbank (-74 Prozent) und der Deutschen Bank (-69 Prozent). Insbesondere der Kurs von Infineon hatte im Laufe des Jahres so stark gelitten, dass die Aktie am Jahresende nur noch bei 96 Cent notierte und so der erste ‚Penny Stock‘ im DAX wurde.1043 Dennoch konnte die Deutsche Börse auch im Krisenjahr 2008 positive Resultate und Entwicklungen vermelden. So hatte sich die Einführung und Praxis eines zentralen Kontrahenten im Aktienhandel bewährt, insofern es gelungen war, das Kontrahentenrisiko zu minimieren und den Ausfall von Lehman Brothers auf dem Höhepunkt der Finanzkrise mit den bereitgestellten Sicherheiten des Clearingmitglieds abzuwickeln. Gleichzeitig hatten die Systeme der Deutschen Börse auch während des zeitweise enormen Anstiegs des Handelsvolumens im Verlauf der Finanzkrise stabil gearbeitet und einen verlässlichen Handel in diesen unsicheren Zeiten gewährleistet. Einen Höchststand erreichten die Handelsvolumina im Oktober 2008, als das Xetra-System aufgrund der Marktturbulenzen mehrmals weit über eine Million Handelsausführungen pro Tag verarbeiten musste.1044 Es bewährte sich zudem, dass die Deutsche Börse für die Folgejahre der Finanzkrise mit ihrer breiten Produktpalette und ihren Angeboten entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern bereits gut aufgestellt war. Andere Börsenanbieter mussten diese Angebote neben dem reinen Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Handelsgeschäft erst auf bauen, wie Reto Francioni im Brief an die Aktionäre nach dem schwierigen Geschäftsjahr 2009 betonte, das von deutlichen Rückgängen der Handelsvolumina geprägt gewesen war.1045 Mit einer gewissen Verzögerung – vor allem im Vergleich zu den teilweise notleidenden Banken – hatten sich die negativen Auswirkungen der Finanzkrise auch bei der Deutschen Börse im Geschäftsjahr 2009 niedergeschlagen. Insbesondere der Kassamarkt, dessen Handelsumsatz sich im Vergleich zu 2008 auf nur noch eine Billion Euro mehr als halbierte, wirkte sich auf Umsatz und Ergebnis der Deutschen Börse aus.1046 Da sich diese Entwicklung durch die Verwerfungen und Vertrauensverluste der internationalen Finanzmärkte aufgrund der Finanzkrise frühzeitig abzeichnete, legte die Deutsche Börse für die Geschäftsjahre 2008 bis 2010 ein umfassendes Restrukturierungsprogramm auf, um ab dem Jahr 2010 Kosten in Höhe von jährlich 100 Millionen Euro einzusparen. Aufgrund des schwierigen Marktumfelds wurde das Programm 2009 sogar noch einmal um weitere Maßnahmen zur Kosteneinsparung in Höhe von 70 Millionen Euro verschärft.1047 Unter anderem strich die Deutsche Börse mehrere hundert Stellen und verlagerte rund 250 Stellen aus dem Bereich der Informationstechnik von Frankfurt und Luxemburg in den neuen kostengünstigeren Standort Prag.1048 Ein weiterer Baustein dieser Sparprogramme war die Verlegung der Konzernzentrale von Frankfurt ins benachbarte Eschborn. Durch den geringeren Gewerbesteuerhebesatz in Eschborn sollte mit dem Umzug die Gewerbesteuerbelastung der Deutschen Börse signifikant reduziert werden. Am 13. November 2008 erfolgte die Grundsteinlegung für die nach den zeitgenössisch strengen ökologischen Standards erbaute neue Konzernzentrale.1049 Schon Mitte 2008 zog die Hälfte der in Frankfurt-Hausen beschäftigten Mitarbeiter in ein Interimsgebäude in Eschborn, wodurch die Deutsche Börse bereits im nachfolgenden Halbjahr und somit vor Fertigstellung des neuen Bürohochhauses 17 Millionen Euro Gewerbesteuer einsparen konnte.1050 Mit dem kompletten Umzug schließlich reduzierte der Konzern seine jährliche Gewerbesteuerlast um etwa 60 Millionen Euro.1051 Die Eröffnung der neuen Konzernzentrale ‚The Cube‘, die 90 Meter hoch ist und aus zwei L-förmigen Türmen besteht, die über mehrere Brücken miteinander verbunden sind, erfolgte schließlich am 4. November 2010.1052 Nahezu zeitgleich mit dem Beginn der Finanzkrise brachte die Deutsche Börse über die Deutsche Börse Commodities GmbH zusammen mit einem Konsortium aus fünf Banken und einem Lieferanten von Edelmetallen1053 im Dezember 2007 Xetra-Gold auf den Markt. Auch aufgrund der durch die Finanzkrise hervorgerufenen Unsicherheiten an den Finanzmärkten und der gestiegenen Bedeutung von Gold als Hedging-Möglichkeit stieß dieses neue Angebot in den darauffolgenden Monaten auf großes Interesse der Anleger. Zudem erfolgte die Quotierung von Xetra-Gold in Euro pro Gramm und nicht wie bis dato überwiegend in US-Dollar pro Unze, was durch den Wegfall des Währungsrisikos ebenfalls neue Käuferschichten erschloss. Mit Xetra-Gold können Marktteilnehmer Gold 306

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Abbildung 12: Entwicklung der Lagerbestände des physisch hinterlegten Xetra-Golds in den Tresoren von Clearstream in Frankfurt am Main Quelle: Geschäftsberichte der Deutsche Börse AG, Jahresabschlüsse der Deutsche Börse Commodities GmbH.

in Form einer physisch gedeckten Schuldverschreibung über das Handelssystem Xetra handeln. Anders als bei Zertifikaten auf den Goldpreis, die lediglich einen Zahlungsanspruch verbriefen, ist Xetra-Gold rechtlich gesehen eine Inhaberschuldverschreibung, die einen Lieferanspruch auf Gold verbrieft und durch Gold in physischer Form gedeckt ist, welches in den Tresoren von Clearstream in Frankfurt am Main verwahrt wird.1054 Somit entspricht der Kauf von Xetra-Gold einer physischen Investition in Gold, bei der eine Einheit Xetra-Gold ein Gramm Gold verbrieft. Neben dem Verkauf von Xetra-Gold über Xetra können sich Anleger das Gold auch jederzeit physisch ausliefern lassen. Bisher wurden insgesamt fünf Tonnen Gold in über 1.000 Lieferungen physisch ausgeliefert.1055 Die Goldmengen der einzelnen Lieferungen unterschieden sich dabei erheblich: Während die kleinste jemals ausgelieferte Menge lediglich 10 Gramm betrug und somit die Auslieferungskosten in keinem ökonomisch sinnvollen Verhältnis zum Gegenwert des Goldes standen, belief sich die größte ausgelieferte Menge auf 213 Kilogramm.1056 Die Nachfrage nach Xetra-Gold stieg gleich zum Handelsstart auch aufgrund der Marktverwerfungen der Finanzkrise und des Rufs von Gold als ‚sicherer Hafen‘ in Krisenzeiten stark an. So war Xetra-Gold in den Jahren nach seiner Einführung stets das erfolgreichste bei der Deutschen Börse gehandelte Gut (Exchange Traded Commodity) und generierte mehrfach über ein Drittel des gesamten Handelsumsatzes in diesem Segment auf Xetra.1057 Durch den Erfolg von Xetra-Gold betrugen die Goldbestände bei Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Clearstream bereits 2010 rund 50 Tonnen (siehe Abbildung 12). Dieses Niveau wurde in den nächsten Jahren in etwa stabil gehalten, bis 2016 vor dem Hintergrund des Referendums über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union (Brexit-Referendum), der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank und der zunehmenden Unsicherheit im Kapitalmarktumfeld durch abflauendes Wirtschaftswachstum sowie internationale politische Spannungen die hinterlegten Goldbestände sprunghaft auf über 100 Tonnen im Wert von über vier Milliarden Euro zum Jahresschlusskurs anstiegen.1058 Der rasante Anstieg des Goldbestands setzte sich auch im folgenden Jahr fort und erreichte 2018 schließlich einen neuen Rekordwert von über 180 Tonnen, was zum damaligen Goldpreis einem Gegenwert von rund 6,5 Milliarden Euro entsprach.1059

X. Algorithmischer Handel und Hochfrequenzhandel 1. Die Entwicklung des algorithmischen Handels bei der Deutschen Börse

Durch die Elektronisierung des Börsenhandels1060 und die damit einhergehende zunehmende elektronische Anbindung der Marktteilnehmer an die Börse entwickelten sich ab den 2000er-Jahren sowohl auf der Sell-Side als auch kurz danach auf der Buy-Side1061 elektronische Systeme, die die manuell ausgeführten Handelsprozesse teilweise ablösten. Es entstanden neue Handelstechnologien, die Handelsaufträge ohne menschliche Intervention automatisiert generieren und durchführen. Dieser sogenannte algorithmische Handel sowie insbesondere der Hochfrequenzhandel (siehe Exkurs ‚Der algorithmische Handel und der Hochfrequenzhandel‘) machen heute einen großen Anteil des Handelsvolumens auf Xetra und anderen europäischen Handelsplattformen aus.1062

Exkurs Der algorithmische Handel und der Hochfrequenzhandel Generell ist der algorithmische Handel als eine Technologie für institutionelle Marktteilnehmer anzusehen, die es ermöglicht, Marktparameter und andere Informationen in Echtzeit zu beobachten und darauf basierend automatisiert zu handeln. Bei der Programmierung und Parametrisierung der Algorithmen wird dabei bereits im Vorfeld festgelegt, wie und auf Basis welcher Informationen die Algorithmen Handelsentscheidungen treffen und wie sie auf eventuelle Marktveränderungen wie beispielsweise starke Kursschwankungen, das Eintreffen eines großen Handelsauftrags oder neue Unternehmensnachrichten reagieren. Der Hochfrequenzhandel nimmt als Teilmenge des algo308

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rithmischen Handels eine Sonderrolle ein, da Hochfrequenzhändler in extrem hoher Geschwindigkeit auf diese Marktveränderungen reagieren und Handelsentscheidungen innerhalb von Millisekunden treffen und im Markt umsetzen.1063 Auch wenn der Begriff des Hochfrequenzhandels erst im Jahr 2006 eingeführt und die Technologie ab diesem Zeitpunkt zunehmend von professionellen Marktteilnehmern implementiert wurde, so war der Hochfrequenzhandel keine völlig neue Erfindung. Seit Finanzmärkte und Börsen existieren, stellt die Geschwindigkeit, in der Handelsteilnehmer Informationen erhalten, auswerten und basierend darauf Handelsentscheidungen treffen, einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Folglich gab es bereits in der Vergangenheit immer wieder Innovationen und neue Systeme, die einzelne Marktteilnehmer nutzten, um Informationen schneller als der Rest des Markts zu erhalten und dadurch gewinnversprechende Wertpapiertransaktionen durchführen zu können.1064 Ein historisches Beispiel für die schnelle Übermittlung von Finanznachrichten ist das System von Paul Julius Reuter, dem Gründer des Vorläufers der Nachrichtenagentur Thomson Reuters. Dieser begann im Jahr 1850 die große Lücke in der Telegraphenlinie Paris-Berlin zwischen Brüssel und Aachen mit zunächst 45 Brieftauben zu überbrücken, um wichtige Börsennachrichten zu übermitteln. Dadurch trafen die Nachrichten etwa sechs Stunden früher als mit der sonst üblichen Nachrichtenübermittlung durch Kuriere in Zügen ein und konnten von Händlern, die Zugang zu diesen Informationen hatten, für Handelsentscheidungen genutzt werden.1065 Auch damals hatten demnach Marktteilnehmer, die nicht auf diesen schnellen Nachrichtenkanal zugreifen konnten, einen Geschwindigkeitsnachteil gegenüber anderen Händlern. Anders als algorithmische Händler, die keinen Hochf requenzhandel betreiben, handeln Hochf requenzhändler nicht im Auftrag von Kunden, sondern auf eigene Rechnung. Zudem zeichnet sich das Handelsverhalten von Hochf requenzhändlern durch eine sehr große Anzahl von Handelsaufträgen aus, die durch Löschung und Wiedereinstellung sehr schnell neuen Marktsituationen angepasst werden. Durch die vielen Löschungen von Handelsaufträgen haben Hochf requenzhändler daher ein sehr hohes Auftrags-zu-Ausführungs-Verhältnis.1066 Weiterhin halten Hochf requenzhändler Positionen typischerweise nur über einen sehr kurzen Zeitraum und haben keine signifikanten Positionen über Nacht. Durch die kurze Haltedauer generieren Hochf requenzhändler nur kleine Profite pro Transaktion, die sich durch die Vielzahl von Transaktionen pro Tag jedoch auf signifikante Beträge summieren. Um ihr Geschäftsmodell zu verfolgen, benötigen Hochf requenzhändler eine Inf rastruktur mit sehr niedrigen Latenzzeiten, d. h. kurzen Reaktionszeiten der Handelssysteme auf die Handelsaufträge dieser Händler. Daher nutzen Hochf requenzhändler sogenannte CoLocation-Services der Börsen, die es Handelsteilnehmern erlauben, ihre Handelsinf rastruktur in unmittelbarer Nähe zu den Handelssystemen und Datenverarbeitungsdiensten der Börsen zu platzieren. Somit kann die Latenzzeit, die bei der Übertragung Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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von Daten aus der geografischen Distanz zwischen dem Ort der Ordereingabe und dem Handelssystem der Börse resultiert, minimiert und die Reaktionsgeschwindigkeit der Hochf requenzhändler weiter gesteigert werden. Zudem sind Hochf requenzhändler vor allem in liquiden Werten aktiv, da nur hier ausreichend Kauf- und Verkaufsaufträge anderer Teilnehmer eintreffen, sodass Hochf requenzhändler eingegangene Positionen schnell wieder auflösen können und somit keinem Kursrisiko durch das ‚längere‘ Halten einer Aktie ausgesetzt sind.1067 Während algorithmische Händler maßgeblich große Kundenaufträge automatisiert in kleinen Volumina marktschonend abwickeln und dazu ebenfalls automatisiert die Aufträge je nach Liquiditätslage an verschiedene Handelsplätze senden, treten Hochfrequenzhändler wie erwähnt als Eigenhändler auf und führen Transaktionen auf eigene Rechnung aus. Die Strategien, die Hochfrequenzhändler dabei nutzen, sind jedoch nicht neu. Vielmehr ist der Hochfrequenzhandel selbst lediglich eine Technologie, jedoch keine eigenständige Handelsstrategie. Hochfrequenzhändler verfolgen – wie andere Händler auch – ganz unterschiedliche Strategien, wobei das Market Making1068 sowie Arbitragestrategien im Hochfrequenzhandel vorherrschen, die für die Wertpapiermärkte grundsätzlich positiv sind. So erhöht das kompetitive Market Making der Hochfrequenzhändler die Liquidität der Märkte durch eine Reduzierung der Geld-Brief-Spanne, da diese Händler durch ihren Geschwindigkeitsvorteil schneller auf Veränderungen reagieren und so ihre Risiken besser managen können als traditionelle Market Maker. Die schnelle Ausnutzung von Preisdifferenzen auf verschiedenen Handelsplätzen durch Hochfrequenzhändler führt zudem zu effizienteren Märkten und gleichzeitig zu einer impliziten Koordination der Märkte, sodass Investoren nicht zwingend vor jedem Handelsauftrag alle verfügbaren Märkte für eine Aktie konsultieren müssen, was vor allem in den zunehmend fragmentierten Wertpapiermärkten in Europa vorteilhaft ist.1069 Allerdings gibt es auch Hochfrequenzhandelsstrategien, die negative Auswirkungen auf andere Marktteilnehmer und somit die Qualität des Finanzmarkts insgesamt haben. Eine berüchtigte Strategie dieser Art ist das sogenannte ‚Sniping‘. Hochfrequenzhändler versuchen dabei, durch die Nutzung der schnellstmöglichen Verbindungen und der neuesten Technologie unmittelbar auf eine sich verändernde Informationslage zu reagieren und führen veraltete Handelsaufträge im Orderbuch zu ihren Gunsten aus, bevor andere Marktteilnehmer, die an der Spitze des Orderbuchs häufig selbst Hochfrequenzhändler sind und eine Market-Making-Strategie verfolgen, ihre im Buch befindlichen Handelsaufträge aktualisieren können. Dieses Risiko müssen Market Maker einpreisen und setzen daher die Geld-Brief-Spanne weiter, als sie es ohne diese opportunistischen Hochfrequenzhändler müssten, was wiederum die Transaktionskosten aller Marktteilnehmer – wenngleich auf einem sehr niedrigen Niveau – erhöht. Dies zeigt auch eine empirische Studie auf Basis amerikanischer Daten. Wenn Niederschläge die besonders schnelle Mikrowellenverbindung zwischen Chicago und New York stören, verbessert sich die Liquidi310

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tät am New Yorker Kassamarkt. Grund hierfür ist, dass der Geschwindigkeitsvorteil dieser opportunistischen Hochfrequenzhändler wegfällt, sie somit kein ‚Sniping‘ auf Basis neuer Informationen des Chicagoer Terminmarkts betreiben können und Market Maker ein deutlich geringeres Risiko haben, dass ihre im Markt stehenden Kursofferten ausgeführt werden, bevor sie diese an die aktuelle Marktlage anpassen konnten.1070 Das damit einhergehende Wettrüsten der Hochfrequenzhändler, immer die neueste Technologie und schnellstmögliche Verbindung einsetzen zu müssen, verursachte immense Investitionen, die dazu führten, dass im Laufe der Zeit einzelne Hochfrequenzhändler aus dem Markt ausschieden und das gesamte Hochfrequenzhandelsvolumen in Deutschland inzwischen auf einige wenige Handelshäuser entfällt. Auf der anderen Seite riefen diese enormen wiederkehrenden Investitionskosten zur Steigerung der Geschwindigkeit um immer kleinere Bruchteile von Millisekunden auch deutliche Kritik in der Öffentlichkeit, aber auch von Ökonomen hervor. Dieser Wettlauf sei weder wohlfahrtssteigernd noch würde er zu einer Steigerung der Stabilität oder Qualität der Finanzmärkte beitragen.1071 Als Alternative zum kontinuierlichen Handel wurden daher kurze, aufeinanderfolgende Auktionen, sogenannte ‚Batch Auctions‘, diskutiert, die den Wert kleinster Geschwindigkeitsvorteile reduzieren und daher den Wettlauf um immer schnellere Handelstechnologie beenden würden. Diese Form des Marktdesigns setzte sich jedoch nicht durch und auch bei der Deutschen Börse gab es zunächst keine Bestrebungen, einen solchen Mechanismus einzuführen, nicht zuletzt auch, da die Börsenbetreiber von den hohen Handelsvolumina der Hochfrequenzhändler profitieren.

Die Deutsche Börse setzte früh auf den Trend des algorithmischen Handels und richtete sowohl die Handelssysteme als auch die angebotenen Dienstleistungen auf diese neue Händlergruppe aus. Aufgrund des hohen Handelsvolumens sowie der Nachfrage nach Marktdaten in Echtzeit und sogenannten Co-Location-Services stellten die algorithmischen Händler eine vielversprechende Kundengruppe für die Börsenbetreiber dar. Bereits im Frühjahr 2004 führte die Deutsche Börse im Rahmen einer Testphase das ‚Automated Trading Program‘ (ATP) ein, das Handelsteilnehmern für automatisch generierte Handelsaufträge Volumenrabatte gewährte und so zusätzliche Anreize für den Anstieg des algorithmischen Handels auf Xetra schuf.1072 Gleichzeitig erlaubte das Programm, die von Handelsalgorithmen erstellten Handelsaufträge zu identifizieren und so den Anteil des algorithmischen Handels auf Xetra zu messen. Aufgrund des positiven Effekts des durch die ATP-Initiative generierten Handelsvolumens auf die Liquidität im XetraHandel verstetigte die Deutsche Börse im Januar 2005 die Rabatte für algorithmische Händler. Im Jahresdurchschnitt desselben Jahres betrug der Anteil des algorithmischen Handels – beziehungsweise der Anteil der als computergeneriert gekennzeichneten Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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ATP-Transaktionen – bereits 24 Prozent des Gesamthandelsvolumens auf Xetra und verteilte sich auf 19 Handelsteilnehmer.1073 Der Anstieg des algorithmischen Handels setzte sich auch in den Folgejahren rasant fort. Bereits 2006 gingen rund 34 Prozent des gesamten Handelsvolumens auf Xetra auf algorithmische Händler und Hochf requenzhändler zurück, die sich am Automated Trading Program beteiligten.1074 Durch die sehr große Anzahl von Handelsaufträgen einiger weniger Hochf requenzhändler entfielen 2008 über 50 Prozent des gesamten Xetra-Handelsvolumens auf die zehn größten Handelsteilnehmer. Der gesamte algorithmische Handel erreichte gleichzeitig einen neuen Höchststand von 43 Prozent des gehandelten Volumens auf Xetra (im Vorjahr 39 Prozent).1075 Mit der Weiterentwicklung von Xetra im Juni 2009 (Release 10), wurde eine neue Hochgeschwindigkeitsschnittstelle, die sogenannte Enhanced Transaction Solution1076, eingeführt, über die Aufträge noch schneller und flexibler eingegeben werden konnten. Zugleich trat im November ein neues Entgeltmodell für den Xetra-Handel über diese neue Schnittstelle in Kraft, welches die Handels- und Clearingentgelte signifikant reduzierte und somit den Handel auf Xetra für Hochfrequenzhändler noch attraktiver machte. Allerdings wurde das seit 2004 geltende Rabattmodell für algorithmische Händler im Rahmen der ATP-Initiative durch dieses neue Entgeltmodell abgelöst.1077 Da die Markierung algorithmischer Handelsaufträge durch die Marktteilnehmer nun wegfiel, stellte die Deutsche Börse die Berichterstattung zum Anteil des algorithmischen Handels auf Xetra ein. Für das Jahr 2013 schätzte eine Studie der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA allein den Anteil des Hochfrequenzhandels am XetraHandelsvolumen je nach Messgröße auf 21 bis 35 Prozent. Gemessen anhand der Anzahl der Handelsaufträge hatten Hochfrequenzhändler auf Xetra zu diesem Zeitpunkt sogar einen Marktanteil von bis zu 63 Prozent.1078 Ebenfalls bot die Deutsche Börse bereits ab September 2006 Co-Location-Services für die Systeme algorithmischer Händler an. Bis Dezember 2006 entschieden sich 15 Teilnehmer1079 der Deutschen Börse für dieses neue Angebot und profitierten so von Latenzzeiten von knapp über 20 Millisekunden, die ab April 2007 bereits auf unter zehn Millisekunden sanken.1080 Durch permanente Verbesserungen des Handelssystems erreichte Xetra 2008 durchschnittliche Ausführungszeiten von sieben Millisekunden für einen Handelsauftrag algorithmischer Händler mit Co-Location-Zugang. In der Spitze wurden sogar drei Millisekunden erzielt, was Xetra zu diesem Zeitpunkt zu einem der schnellsten Handelssysteme der Welt machte.1081 Der Co-Location-Service der Deutschen Börse wurde von den Marktteilnehmern sehr gut angenommen, und so konnte Ende 2009 erstmals die Marke von 100 Teilnehmern überschritten werden, die ihre Rechner mit den Handelsalgorithmen in unmittelbarer Nähe zu den Handelssystemen der Deutschen Börse aufstellten (siehe Abbildung 13).1082 Während die Systeme kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert wurden, reduzierten sich die Ausführungszeiten eines Handelsauftrags 312

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Abbildung 13: Anzahl der Händler mit Co-Location-Services-Zugängen zu den Handelssystemen der Deutschen Börse Quelle: Geschäftsberichte Deutsche Börse AG

im Kassamarkt noch einmal deutlich mit der Einführung des neuen Handelssystems T7 im Juli 2017.1083 Im Durchschnitt konnte die Laufzeit eines Handelsauftrags im neuen Handelssystem T7 auf rund eine Millisekunde gesenkt werden.1084 Neben der Minimierung der Handelsgeschwindigkeit über die Co-Location-Zugänge der Deutschen Börse ist für Hochfrequenzhändler zudem auch eine schnelle Anbindung an die alternativen Handelsplätze notwendig, um deren Kursdaten in Echtzeit in die Handelsentscheidungen einfließen zu lassen. Dies gilt insbesondere für Hochfrequenzhändler, die Arbitragestrategien verfolgen und daher Handelsaufträge an mehrere Märkte senden müssen. Wie bereits erwähnt1085, befinden sich mit Chi-X, BATS und Turquoise die drei größten multilateralen Handelssysteme in London. Dies gilt auch für viele Dark Pools. Eine schnelle Verbindung von Frankfurt nach London ist daher für diese Händlergruppe essenziell, um ihr Geschäftsmodell verfolgen und Handelsvolumen bei der Deutschen Börse generieren zu können. Die Deutsche Börse investierte daher bereits 2008 intensiv in ihr Telekommunikationsnetzwerk, das die wichtigen Finanzzentren weltweit miteinander verbindet, um einen schnellen Zugang für algorithmische Händler zu fördern.1086 Ein Jahr später konnte durch eine neue ‚Ultra Low Latency‘-Verbindung die Handelszeit zwischen London und Frankfurt bereits auf weniger als fünf Millisekunden reduziert werden.1087 Durch weitere Investitionen in die Netzwerkverbindung zwischen London und der Handelssysteme in Frankfurt am Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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Main sank die aus der geografischen Distanz entstehende Latenz im April 2011 auf ein Minimum von 4,33 Millisekunden.1088 2. Reaktionen der Öffentlichkeit und des Gesetzgebers auf den Hochfrequenzhandel

In den Fokus der Öffentlichkeit rückten der algorithmische und insbesondere der Hochfrequenzhandel erstmals durch den sogenannten ‚Flash Crash‘ in den USA am 6. Mai 2010 (siehe Exkurs ‚Der Flash-Crash am 6. Mai 2010‘). An diesem Tag fiel der Dow Jones Industrial Average Index innerhalb weniger Minuten um knapp 1.000 Punkte, was einem zeitweisen Verlust von neun Prozent entsprach, nur um ebenfalls innerhalb weniger Minuten einen großen Teil der Verluste wieder auszugleichen. Durch seine vollautomatisierten Handelsentscheidungen und die sehr kurzen Haltefristen von wenigen Minuten oder gar Sekunden wurde in der Öffentlichkeit darauf hin der Hochfrequenzhandel als eine der Hauptursachen für den Flash Crash ausgemacht.1089 Der abschließende Untersuchungsbericht der US-Börsenaufsichten entlastete den Hochfrequenzhandel jedoch und stufte diese Handelstechnologie als nicht ursächlich für die starken Kursverwerfungen ein.1090 Auch die Forschung, nicht zuletzt die große Mehrheit der empirischen Untersuchungen, stellte maßgeblich positive Auswirkungen des Hochfrequenzhandels auf die Finanzmärkte fest (siehe Exkurs ‚Wissenschaftliche Untersuchungen des algorithmischen Handels und des Hochfrequenzhandels‘). Insbesondere belegen die Analysen, dass der Hochfrequenzhandel zusätzliche Liquidität bereitstellt und so zu geringeren Geld-Brief-Spannen und niedrigeren Transaktionskosten beiträgt, was auch auf Basis von Handelsdaten der Deutschen Börse gezeigt werden konnte.1091 Dennoch wurde der Hochfrequenzhandel von einer breiten Öffentlichkeit vor allem in Deutschland weiterhin kritisch gesehen und eine Regulierung des schnellen Börsenhandels und der beteiligten Händler gefordert.1092

Exkurs Der Flash-Crash am 6. Mai 2010 Am Nachmittag des 6. Mai 2010 fielen die Leitindizes der US-amerikanischen Aktienmärkte innerhalb weniger Minuten um fast sechs Prozent (S&P 500) bzw. mehr als neun Prozent (Dow Jones Industrial Average Index), erholten sich aber zum Großteil fast ebenso schnell wieder. Der temporäre Rückgang der Marktkapitalisierung der großen US-Aktienindizes durch den Flash-Crash betrug rund eine Billion US-Dollar.1093 Laut dem gemeinsamen Abschlussbericht der US-Börsenaufsichten Securities and Exchange Commission (SEC) und Commodity Futures Trading Commission (CFTC) wurde der Flash Crash von einem großen Investmentfonds ausgelöst, der zur Absicherung einer 314

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bestehenden Aktienposition 75.000 sogenannte E-Mini Kontrakte im Wert von 4,1 Milliarden US-Dollar automatisiert verkaufte. Der E-Mini ist ein Terminkontrakt, der die Entwicklung des US-amerikanischen Aktienindex S&P 500 widerspiegelt. Der Verkaufsalgorithmus wurde dabei ohne die Berücksichtigung einer Zeit- und Preiskomponente programmiert und orientierte sich lediglich am in der vorherigen Minute gehandelten Volumen, sodass die immense Position von 4,1 Milliarden US-Dollar in nur 20 Minuten in den Markt gebracht wurde. Dies führte zusammen mit dem Auslösen von bestehenden Stop-Loss-Handelsaufträgen, die zur Absicherung gegen Kursverluste dienen und bei Unterschreitung einer definierten Preisgrenze ausgelöst werden, zu den starken Kursverwerfungen.1094 Weitere Untersuchungen zeigten zudem, dass Hochfrequenzhändler ihr Handelsverhalten während des Preisverfalls am 6. Mai 2010 im Vergleich zu normalen Handelstagen nicht signifikant veränderten. Zu Beginn des Flash Crashs glichen Hochfrequenzhändler, die häufig Market-Making-Strategien verfolgen, das plötzlich auftretende Ungleichgewicht zwischen Kauf- und Verkaufsaufträgen sogar noch aus. Allerdings weiteten sie, anders als klassische Market Maker, ihre Positionen nicht so weit aus, dass sie den Verkaufsdruck hätten absorbieren können.1095

Exkurs Wissenschaftliche Untersuchungen des algorithmischen Handels und des Hochfrequenzhandels In der Wissenschaft beschäftigten sich eine Vielzahl von Studien mit den Auswirkungen des Hochfrequenzhandels auf die Wertpapiermärkte. Im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung in der öffentlichen Debatte zeigt die große Mehrheit der Untersuchungen jedoch positive Entwicklungen durch das Auf kommen des algorithmischen Handels und des Hochfrequenzhandels auf. Von diesen Entwicklungen profitieren auch Marktteilnehmer, die nicht über ähnlich hohe Handelsgeschwindigkeiten verfügen. So lässt sich aus den Ergebnissen dieser Studien ableiten, dass der algorithmische Handel sowie der Hochfrequenzhandel positive Effekte auf die Liquidität, Preisfindung und Volatilität haben, die wesentliche Parameter für die Beurteilung der Effizienz und Qualität von Wertpapiermärkten darstellen.1096 Insbesondere dokumentieren Analysen regelmäßig, dass der algorithmische Handel zu einer Reduktion der Geld-Brief-Spanne führt und somit alle Handelsteilnehmer von niedrigeren impliziten Transaktionskosten profitieren.1097 Dies zeigen auch die Finanzmarktforscher Hendershott und Riordan, die das Verhalten von algorithmischen Händlern auf Basis von Daten der ATP-Initiative der Deutschen Börse aus dem Jahr 2008 untersuchten. Die Ergebnisse dokumentieren, dass algorithmische Händler Liquidität in Anspruch nehmen, wenn die Geld-Brief-Spanne klein ist, aber zusätzliche Liquidität Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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bereitstellen, wenn die Geld-Brief-Spanne groß und der Markt dadurch in diesem Moment weniger liquide ist. Zudem stellen sie fest, dass algorithmische Händler auf Xetra schneller auf Ereignisse und Nachrichten reagieren als andere Handelsteilnehmer.1098 Auch speziell für die Gruppe der Hochfrequenzhändler ergibt die Mehrheit der empirischen Analysen, dass diese den Finanzmärkten zusätzliche Liquidität bereitstellt und so zu geringeren Geld-Brief-Spannen und niedrigeren Transaktionskosten beiträgt.1099 Ebenso konnte für Handelsdaten der Deutschen Börse gezeigt werden, dass der Hochfrequenzhandel zur Erneuerungskraft des Orderbuchs beiträgt und die Geld-Brief-Spanne durch neue, liquiditätsspendende Aufträge dieser Händler nach einem großen, sofort ausführbaren Handelsauftrag innerhalb weniger Sekunden wieder auf ihr ursprüngliches Niveau zurückgeht.1100 Was die Liquidität auf tieferen Orderbuchebenen angeht, die für größere Handelsaufträge von Interesse sind, kommen die Analysen zu unterschiedlichen Ergebnissen, ob diese durch den Hochfrequenzhandel ebenfalls zunimmt1101 oder unverändert bleibt.1102 Der positive Effekt des Hochfrequenzhandels auf die Liquidität von Wertpapiermärkten ist dabei vor allem auf die Beobachtung zurückzuführen, dass die meisten Hochfrequenzhändler Market-Making-Strategien verfolgen1103 und überwiegend passive Handelsaufträge an die Märkte schicken, die nicht sofort ausführbar sind, und somit anderen Handelsteilnehmern Liquidität in Form von Angeboten zur Auftragsausführung bereitstellen.1104 Auch für andere Dimensionen der Marktqualität zeigen Studien, dass sich der Hochfrequenzhandel positiv auf die Finanzmärkte auswirkt. So tragen die Transaktionen von Hochfrequenzhändlern zu einer verbesserten Preisfindung und Preiseffizienz bei.1105 Allerdings zeigen einige Ergebnisse auch, dass Hochfrequenzhändler zu einer höheren Volatilität von Aktienkursen beitragen können, insbesondere, wenn die Unsicherheit im Markt hoch ist.1106

Aufgrund des öffentlichen Drucks und der potenziellen Gefahren, die vom Hochfrequenzhandel ausgehen, verabschiedete der Deutsche Bundestag am 7. Mai 2013 das deutsche Hochfrequenzhandelsgesetz (Gesetz zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel), das am 15. Mai 2013 in Kraft trat.1107 Neben Organisationspflichten für Hochfrequenzhändler, die nun eine Banklizenz benötigen und die Programmcodes der Algorithmen dokumentieren und auf Anfrage den Aufsichtsbehörden vorlegen müssen, gibt das Gesetz auch den deutschen Börsenbetreibern Maßgaben zur Erhöhung der Stabilität der Märkte vor, wenn auf diesen Hochfrequenzhändler aktiv sind. Entsprechend dieser Vorgaben führte die Deutsche Börse zusätzliche Entgelte für die exzessive Systemnutzung ein, wenn ein Handelsteilnehmer ein extrem hohes Verhältnis zwischen der Anzahl abgegebener Handelsaufträge und tatsächlich ausgeführter Transaktionen aufweist. Ebenfalls wurde ab diesem Zeitpunkt eine Markierung der Handelsaufträge von algorithmischen Händlern vorgenommen.1108 Die Vorgabe zur Einfüh316

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rung geeigneter Vorkehrungen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Preisfindung auch bei erheblichen Kursschwankungen erfüllte die Deutsche Börse bereits mit der Volatilitätsunterbrechung auf Xetra. Diese wurde bereits zum Start von Xetra im November 1997 eingeführt.1109 Eine empirische Untersuchung der Auswirkungen des deutschen Hochfrequenzhandelsgesetzes auf die Marktqualität der DAX-Werte im Xetra-Handel ergab, dass die aus der Regulierung resultierenden Hürden und Einschränkungen für den Hochfrequenzhandel zu einem Anstieg der Geld-Brief-Spanne führten.1110 Durch die Reduzierung der Liquidität durch das Hochfrequenzhandelsgesetz erhöhten sich somit die Transaktionskosten für alle Marktteilnehmer in den DAX-Werten. Die Regulierung des Hochfrequenzhandels wurde dennoch ähnlich dem deutschen Hochfrequenzhandelsgesetz auch in die MiFID II aufgenommen und so europaweit gültig.1111

XI. Regulierung nach der Finanzkrise: Stabilität und Integrität Nach der Finanzkrise wurde eine Vielzahl von Initiativen geplant und umgesetzt, die zu einem sichereren, stabileren und transparenteren Finanzsystem beitragen sollten. Neben Maßnahmen zur Stabilisierung des Bankensektors betrafen zahlreiche regulatorische Maßnahmen nach der Finanzkrise auch die Finanzmarktinfrastrukturen und alle Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette des Wertpapierhandels. Dies wurde in Europa im Rahmen von vier Regulierungswerken, die jeweils verschiedene Assetklassen und Stufen der Wertschöpfungskette betreffen (siehe Abbildung 14), umgesetzt. Erstens kam es zur Neufassung und Überarbeitung der Finanzmarktrichtlinie1112 (Markets in Financial Instruments Directive – MiFID II), die zusammen mit der hiermit verbundenen Finanzmarktverordnung1113 (Markets in Financial Instruments Regulation – MiFIR) alle Assetklassen und speziell Börsen, Handel und Marktmikrostrukturen betrifft und den Anlegerschutz und die Markttransparenz in Europa stärken soll. Zweitens wurden die Marktmissbrauchsrichtlinie1114 (Market Abuse Directive, MAD II) und die Marktmissbrauchsverordnung1115 (Market Abuse Regulation, MAR) erlassen. Sie sollen einer Stärkung der Marktintegrität und des Anlegervertrauens auf den europäischen Finanzmärkten dienen, indem rechtswidrige Verhalten an den Finanzmärkten, insbesondere Insiderhandel, die rechtswidrige Offenlegung von internen Informationen und Marktmanipulation verboten und sanktioniert werden. Drittens gilt die European Market Infrastructure Regulation1116 (EMIR) den OTC-Derivaten und sieht für standardisierte Produkte das Clearing über zentrale Kontrahenten vor sowie bei nicht-standardisierten OTC-Derivaten die Einforderung zusätzlicher Sicherheiten und ordnet schließlich erweiterte Meldepflichten über Datensammelstellen, die sogenannten Trade Repositories, an. Viertens bildet die Verordnung über Wertpapierzentralverwahrer1117 (Central Securities Depositories Regulation, CSDR) erstmals einen europaweit einheitlichen regulaDie Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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torischen Rahmen für eine sichere und effiziente Wertpapierabwicklung, für die europäische Harmonisierung von Settlementfristen und für eine einheitliche Zulassung und Überwachung von Zentralverwahrern. Darüber hinaus wurden im Nachgang zur Finanzkrise auch die europäischen Aufsichtsstrukturen neu geregelt und neue Behörden geschaffen: die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority, ESMA), die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA) und die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority, EIOPA), die alle zum 1. Januar 2011 errichtet wurden und ihre Arbeit aufnahmen. Die wichtigste Behörde aus Sicht der deutschen und europäischen Börsen bzw. Marktinfrastrukturen ist die ESMA. Diese vier Regulierungswerke hatten auch für die deutschen Börsen, Wertpapiermärkte und Marktinfrastrukturen weitreichende Folgen. Vom 3. Januar 2018 an, etwa zehn Jahre nachdem die MiFID I ab November 2007 verpflichtend wurde, ist die neue Richtlinie Markets in Financial Instruments Directive – (MiFID II) und die begleitende Finanzmarktverordnung Markets in Financial Instruments Regulation (MiFIR) in Europa und in Deutschland anzuwenden. Die beiden Regelwerke wurden am 12. Juni 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffent-

Handel OTCDerivate

EMIR

Alle Assetklassen

MiFID II / MiFIR

MAD II / MAR

Clearing

EMIR

Sicherheiten / Sicherheitenmanagement

EMIR

Abwicklung

CSDR

Abbildung 14: Zentrale Regulierungsinitiativen nach der Finanzkrise und deren Einordnung in die Wertschöpfungskette des Wertpapierhandels Quelle: Eigene Übersicht.

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licht und traten am 3. Juli 2014 in Kraft. Sie bilden nach ihrer Umsetzung den neuen Rechtsrahmen für Wertpapierfirmen, geregelte Märkte, Datenbereitstellungsdienste und Drittlandfirmen. Während der Fokus der MiFID I auf der Förderung des Wettbewerbs und der Senkung von Transaktionskosten lag, versucht die MiFID II/MiFIR die Rolle transparenter und öffentlicher Marktplätze wieder zu stärken und den OTCHandel einzudämmen.1118 In ihrer Analyse1119 zu den Auswirkungen und zur Zielerreichung der MiFID I betonte die Europäische Kommission die Erfolge der MiFID I im Hinblick auf die Schaffung eines funktionierenden europäischen Wettbewerbs zwischen den etablierten Börsen und den neu geschaffenen MTFs. Dadurch konnten explizite und implizite Transaktionskosten reduziert und die Integration des europäischen Finanzmarktes gestärkt werden. Weiterhin stellte sie heraus, dass sich die Möglichkeiten für Wertpapierfirmen, Dienstleistungen in ganz Europa zu erbringen, verbessert hätten. Die Verbreiterung des Angebots von Wertpapierdienstleistungen für den Anleger sah sie als positiven Effekt der MiFID I an. Zugleich listete die Kommission in ihrer Analyse aber auch verschiedene nicht erreichte Ziele und Problemfelder auf, die weitere regulatorische Maßnahmen erforderten. Zum einen habe die Finanzkrise notwendige Adjustierungen und Schwächen der bisherigen Regulierung, insbesondere im Hinblick auf die Transparenz des Handels außerhalb von Aktienprodukten und im Bereich des OTC-Handels, gerade im Kontext von OTC-Derivaten, aufgedeckt. Zum anderen führe der Wettbewerb und die damit einhergehende Fragmentierung aufgrund der Vielzahl von neuen Marktplätzen zu einer höheren Komplexität und zu Suchkosten für die Investoren. Auch seien die Kostenvorteile, die über den Wettbewerb erzielt werden konnten, nicht immer beim Endinvestor in Form von niedrigeren Gebühren angekommen. Darüber hinaus habe die MiFID I die Innovationen und Entwicklungen der letzten zehn Jahre bei Finanzprodukten, Marktstrukturen und Technologien nicht antizipieren können, so dass diese regulatorisch erstmals erfasst und geregelt werden müssten. Neben diesen Neuentwicklungen sollten mit der MiFID II / MiFIR aber auch alle bereits von der MiFID I in Artikel 65 definierten Überprüfungserfordernisse (zum Beispiel die Wirksamkeit des Regimes der systematischen Internalisierung) abgedeckt werden. Die Transparenzziele der MiFID II/MiFIR1120 sollen zum einen mit der Einführung einer neuen Kategorie von Handelsplätzen, den sogenannten organisierten Handelssystemen (Organised Trading Facility-OTF1121), erreicht werden. Diese zusätzliche Kategorie, die für den Handel von Nichteigenkapitalinstrumenten eingeführt wurde, soll die europäischen Märkte transparenter und effizient machen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die verschiedenen Märkte, die multilateralen Handel anbieten, gewährleisten. Neben der Tatsache, dass OTFs nicht für den Handel mit Eigenkapitalinstrumenten (und damit insbesondere nicht für Aktien) nutzbar sind, liegt der wesentliche Unterschied zu geregelten Märkten und MTFs in der Tatsache, dass Betreiber von OTFs Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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eine höhere Flexibilität bei der Entscheidung über die Einstellung oder die Rücknahme eines Auftrags in bzw. aus dem Handelssystem sowie bei der Entscheidung über die Auftragszusammenführung zu einem bestimmten Zeitpunkt haben. Zum anderen soll eine erhöhte Transparenz über die Ausweitung der nach der MiFID I nur für Aktien geltenden Transparenzvorschriften auf weitere Eigenkapitalinstrumente (Aktienzertifikate, börsengehandelte Fonds, Zertifikate und andere vergleichbare Finanzinstrumente) und auf Nichteigenkapitalinstrumente (Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate) erreicht werden. Auch werden die Meldevorschriften gegenüber der MiFID I deutlich ausgedehnt und eine Konsolidierung von Nachhandelsdaten angestrebt. Was die Meldevorschriften betrifft, müssen Wertpapierfirmen Geschäfte mit Finanzinstrumenten, unabhängig davon, ob das Geschäft an einem Handelsplatz oder im OTC-Handel abgeschlossen wurde, schnellstmöglich bzw. bis spätestens zum Ende des nächsten Arbeitstags an die zuständige Behörde (BaFin in Deutschland) melden. Während das Meldewesen (Transaction Reporting) nach MiFID I 23 Felder umfasste, sind es nun 65 Datenfelder. Dabei fordert die MiFIR, dass Wertpapierfirmen neben allgemeinen Informationen (Finanzinstrument, Kurs, Handelsvolumen und Abschlusszeitpunkt) auch Informationen zum Kunden, für den die Wertpapierfirma den Auftrag ausgeführt hat, sowie zu den Personen und Computeralgorithmen, die für die Ausführung verantwortlich sind, melden. Diese Meldung an die zuständigen Behörden können die Wertpapierfirmen selbst über einen neu in der MiFID II eingeführten genehmigten Meldemechanismus (Approved Reporting Mechanism, ARM) oder über den Handelsplatz des Geschäfts durchführen. Auch die Meldepflichten bezüglich Warenderivaten oder Emissionszertifikaten bzw. zugehörigen Derivaten sowie bezüglich der Referenzdaten wurden deutlich ausgeweitet bzw. erstmalig eingeführt. Die Deutsche Börse agiert als ARM und bietet den Marktteilnehmern dementsprechend die Weiterleitung der MiFID II/MiFIR-Meldungen an die jeweilige nationale Aufsichtsbehörde als Service an.1122 Was das Ziel einer Konsolidierung von Nachhandelsdaten betrifft, führte die MiFID II als neue Adressaten die Datenbereitstellungsdienste ein. Dabei handelt es sich – neben den oben bereits erwähnten ARM – um genehmigte Veröffentlichungssysteme (Approved Publication Arrangement, APA), die Handelsdaten im Namen von Wertpapierfirmen veröffentlichen. Auch die Deutsche Börse führt seit ihrer Autorisierung als APA die Veröffentlichung von Handelsdaten durch.1123 Die Bereitsteller konsolidierter Datenträger (Consolidated Tape Provider, CTP) sammeln die Transaktionsdaten bei den Handelsplätzen (Geregelte Märkte, MTFs und OTFs) sowie bei den APAs (für den OTC-Handel und den Handel über systematische Internalisierer) ein und konsolidieren diese Kursund Handelsvolumendaten pro Finanzinstrument in einem zentralen Live-Datenstrom. Dabei setzt die MiFID II auf eine Umsetzung über marktliche Konzepte, d. h. verschiedene Anbieter sollen im Wettbewerb innovative Lösungen zur Datenversorgung bereit320

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stellen. Bis heute hat dieser Ansatz aufgrund der hohen regulatorischen Anforderungen und der beschränkten Erlösaussichten jedoch weder in Deutschland noch in Europa insgesamt zur Bereitschaft einer Institution geführt, sich als CTP zu lizenzieren und als solcher tätig zu werden. Darüber hinaus dient eine Handelsverpflichtung für Aktien und Derivate sowie eine Clearingpflicht für Derivate, die auf geregelten Märkten gehandelt werden, der Stärkung des Handels auf transparenten und öffentlichen Marktplätzen sowie der Eindämmung des außerbörslichen Handels: Im Aktienhandel wurden Wertpapierfirmen verpflichtet, einen geregelten Markt, ein MTF oder einen systematischen Internalisierer bzw. einen vergleichbaren Markt aus einem Nicht-EU Land Drittstaatenmarkt zu nutzen. Damit soll der OTC-Handel reduziert werden, der nach der MiFID I weiter hohe Marktanteile aufwies und wo insbesondere auch eine Vielzahl von kleinen Transaktionen unterhalb der Standardmarktgrößen abgewickelt wurde.1124 Ausnahmen von dieser Handelsverpflichtung und damit die Möglichkeit, weiter den OTC-Handel zu nutzen, existieren nur für nicht-systematische, ad-hoc erfolgende, unregelmäßig und selten stattfindende Transaktionen sowie für Transaktionen zwischen geeigneten bzw. professionellen Gegenparteien, die nicht zur Preisfindung beitragen. Im Derivatehandel sind nach EMIR definierte finanzielle und große nicht-finanzielle Gegenparteien verpflichtet, OTC-Derivate, die der Clearingpflicht gemäß EMIR unterliegen und eine hinreichende Liquidität aufweisen, auf Handelsplätzen (geregelten Märkte, MTFs, OTFs oder vergleichbaren Drittstaatenmärkte) zu handeln. Dabei legt die ESMA die Derivateklassen fest, die der Handelspflicht unterliegen. Die EMIR führte zwar eine Clearingpflicht für standardisierte OTC-Derivate ein, erfasst damit jedoch nicht die börsengehandelten Derivate. Daher sieht die MiFIR auch eine Clearingverpflichtung für börsengehandelte Derivate vor und vermeidet so Ungleichbehandlungen von OTC- und börsengehandelten Derivaten. Betreiber von geregelten Märkten müssen daher alle Derivatetransaktionen auf dem geregelten Markt einem Clearing über einen zentralen Kontrahenten zuführen. Weiterhin definierte die MiFIR ein Recht auf diskriminierungsfreien Zugang von Handelsplätzen zu zentralen Kontrahenten und vice versa. Um den Entwicklungen und Innovationen im Bereich von Handelstechnologien und Marktmodellen gerecht zu werden, regelte die MiFID II/MiFIR auch den algorithmischen Handel bzw. den Hochfrequenzhandel1125 und führte Obergrenzen für den Handel in Dark Pools1126 ein. Aufgrund der hohen und stark angestiegenen Bedeutung1127 des algorithmischen Handels bzw. des Hochfrequenzhandels1128 adressiert die MiFID II diese Handelstechnologien erstmals in einem europaweiten Regelwerk. Viele dieser Regulierungsinhalte wurden für Deutschland bereits durch die Einführung des Hochfrequenzhandelsgesetzes1129 ab Mai 2013 wirksam. Die MiFID II-Regulierung des algorithmischen Handels und Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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des Hochfrequenzhandels steht auf vier wesentlichen Pfeilern, erstens einer Definition der beiden Handelstechnologien, zweitens der Einbeziehung von Hochfrequenzhändlern unter den Anwendungsbereich der MiFID II, drittens, indem sie Anforderungen an die Wertpapierfirmen, die algorithmischen Handel bzw. Hochfrequenzhandel betreiben und viertens, an Handelsplätze, die algorithmischen Handel oder Hochfrequenzhandel ermöglichen, festlegt. So werden Börsen bzw. geregelte Märkte unter anderem verpflichtet, über entsprechende Systeme und Prozesse eine Störung des Handels durch algorithmische Handelssysteme zu vermeiden bzw. im Falle von Störungen Gegenmaßnahmen vorzusehen. Weiterhin müssen Börsen eine Begrenzung des Verhältnisses von unausgeführten Aufträgen zu Transaktionen (‚Order-to-trade Ratio‘) der Handelsteilnehmer vorsehen, Mindestgrößen für kleinste Preissprünge festsetzen und die Identifikation von durch algorithmische Systeme generierten Aufträgen über einen sogenannten Algo-Flag von ihren Handelsteilnehmern verlangen. Auch sollen die angebotenen Co-LocationServices diskriminierungsfrei, fair und transparent sein. Schließlich fordert die MiFID II ein sogenanntes ‚Research Unbundling‘ und verbietet damit die Bündelung von Handelsausführungen und Researchdienstleistungen. Wertpapierfirmen, die Anlageberatung oder Portfoliomanagement anbieten, dürfen keine Gebühren, Provisionen oder sonstige hiermit verbundene monetäre oder nicht-monetäre Vorteile von Dritten, insbesondere von Emittenten oder Produktanbietern, annehmen oder einbehalten. Preis-, Ausführungs- und Analysedienstleistungen sollen von Wertpapierfirmen separat angeboten und abgerechnet werden. Dadurch sollen Interessenkonflikte reduziert und gleichzeitig der Anlegerschutz, die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit für die Endkunden erhöht werden. Börsen betrifft diese fundamentale Neuregelung insofern, als eine mögliche Reduzierung von Research zu negativen Liquiditätseffekten bei vorher schon wenig liquiden Wertpapieren führen kann. So könnte sich verringertes Research – denn Broker können das Research für diese Unternehmen nicht mehr durch die Bündelung von Dienstleistungen quersubventionieren – in höheren Transaktionskosten für Anleger und höheren Kapitalkosten für Emittenten äußern und würde letztlich die Attraktivität dieser Werte für ein Börsenlisting und für einen Börsenhandel weiter verringern. Neben diesen spezifischen Aspekten soll die MiFID II aber auch die Ermessensspielräume für Mitgliedstaaten durch ein einheitliches Regelwerk einschränken und die Harmonisierung der Finanzmarktregulierung in Europa stärken. Aus diesem Grund teilte man die Neufassung der MiFID I in zwei Regelwerke auf. Zum einen die Verordnung (MiFIR), die hauptsächlich die Themen Markttransparenz, Handelsverpflichtungen, Meldeverpflichtungen und den diskriminierungsfreien Zugang zu Clearinghäusern beinhaltet. Diese Aspekte weisen die höchsten Harmonisierungserfordernisse auf und galten nach Inkrafttreten der Richtlinie unmittelbar in allen Mitgliedstaaten ohne nationale Umsetzung. Zum anderen die Richtlinie (MiFID II), die einen gewissen nationalen Um322

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setzungsspielraum belässt und die Anforderungen an Handelsplätze und Datendienstleister, die Organisationspflichten und Wohlverhaltensregeln für Wertpapierfirmen und die Rechte der zuständigen Behörden abdeckt. Die MiFID II/MiFIR wurden durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (2. FiMaNoG)1130 im Juni 2017 in deutsches Recht übertragen. In der deutschen Finanzindustrie stieß das Regelwerk nicht zuletzt wegen der sehr hohen Umsetzungskosten, die auf eine Milliarde Euro geschätzt werden, und der laufenden Kosten der Compliance auf starke Kritik. Auf der Bankenseite sahen viele Marktteilnehmer Probleme insbesondere in den neuen Vorgaben für die Anlageberatung, insbesondere in der durch die MiFID II auferlegten Pflicht, jedes Telefongespräch aufzuzeichnen.1131 Für die Börsen in Deutschland ist die MiFID II/MiFIR sowohl Umsetzungslast als auch Chance. Die Umsetzungserfordernisse betrafen insbesondere die neuen Regeln zum Hochfrequenzhandel, zum Meldewesen und zum Best Execution Reporting. Aufgrund des bereits seit 2013 in Deutschland existierenden Hochfrequenzhandelsgesetzes waren allerdings viele der MiFID II-Anforderungen in diesem Aspekt bereits Teil des deutschen Rechtes. Neu sind die Anforderungen im Hinblick auf das verpflichtende Market Making, die den Börsen den Abschluss von Verträgen mit Market Makern auferlegen. Die neuen Anforderungen in den Bereichen Meldewesen und Best Execution Reporting hingegen bieten den Börsen die Möglichkeit zum Auf bau und Angebot neuer Services. Hier hat die Deutsche Börse sich zum einen als ARM und als APA registriert und mit dem Angebot Regulatory Reporting Hub eine Plattform umgesetzt1132, die es den Marktteilnehmern ermöglicht, ihre regulatorischen Melde- und Transparenzpflichten im Hinblick auf MiFID II /MiFIR und andere Regulierungsvorgaben zu erfüllen, indem sie geprüfte Berichte an die Aufsichtsbehörden liefert und die von den Regulatoren geforderten Datensätze bereitstellt. Für die Börsen stellt die grundsätzliche Positionierung der MiFID II hin zu zentralen Marktplätzen eine Chance dar, Marktanteile aus dem außerbörslichen OTC-Handel wieder auf öffentliche und transparente Marktplätze zu verlagern. Von Bedeutung sind dafür sowohl die Handelsverpflichtung (Art. 23 MiFIR) und die hiermit verbundene Anforderung an die Marktteilnehmer, für den Handel mit Aktien einen geregelten Markt, ein MTF oder einen systematischen Internalisierer bzw. einen vergleichbaren Drittstaatenmarkt zu nutzen, als auch die Einführung von Obergrenzen (Double Volume Caps1133) für den Handel in Dark Pools (Art. 5 MiFIR). Tatsächlich haben sich diese Hoffnungen jedoch nicht materialisieren können. Vielmehr wirkte sich die MiFID II/ MiFIR in Bezug auf Marktanteile im Aktienhandel lediglich in einer deutlichen Volumenverschiebung vom OTC-Handel hin zu den systematischen Internalisierern aus und führte dazu, dass neue Marktmodelle, die sogenannten periodischen Auktionen (Frequent Batch Auctions1134) auf kamen, die es ermöglichen, die Double Volume Caps zu umgehen. Gleichzeitig sind die Marktanteile der offenen Orderbücher von Börsen und Die Börse im Zeitalter der Digitalisierung (seit der Jahrtausendwende)

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MTFs bei knapp über 40 Prozent1135 im kontinuierlichen Handel weitgehend konstant geblieben und zeigten nicht den erhofften positiven Effekt.1136 Dieses Ergebnis veranlasste die im europäischen Börsendachverband Federation of European Securities Exchanges (FESE) organisierten Börsen, darunter auch die Deutsche Börse und die Börse Stuttgart, dazu, in einem Memorandum im Mai 2019 auf eine stärkere Betonung transparenter und effizienter Preisbildungsmechanismen und gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen den Börsen und systematischen Internalisierern in künftigen Regulierungsvorhaben zu dringen.1137 Was die Aktualisierung und umfassende Neuordnung der ‚alten‘ Marktmissbrauchsrichtlinie (MAD I) aus dem Jahr 2003 durch die MAD (Market Abuse Directive – MAD II) und die erstmalige Einführung einer Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR) betrifft, so zielte der europäische Gesetzgeber auf eine weitere Stärkung der Integrität der Finanzmärkte über ein einheitliches europäisches Regelwerk sowie auf eine Verbesserung des Anlegervertrauens und des Investorenschutzes. Grundsätzlich adressieren die MAD II bzw. MAR die gleichen Fragstellungen wie die MAD I, aber der Umfang der Vorgaben zu den verschiedenen Themenbereichen und die Schärfe in der Auslegung und Sanktionierung wurden oftmals deutlich erhöht. Die Verordnung regelt nun den Tatbestand der Marktmanipulation. Sie erweitert die nach MAD I bestehenden Insiderhandelsverbote und verbietet nicht nur die Marktmanipulation an sich, sondern auch bereits den Versuch. Darüber hinaus wird erstmals definiert, welche Strategien von Hochfrequenzhändlern marktmissbräuchlich sind. Insgesamt werden die aufgeführten Marktmissbrauchstatbestände und die Liste der betroffenen Finanzinstrumente erheblich erweitert. Der Anwendungsbereich bezieht nun auch Warenkassa- und Warenderivatemärkte mit ein sowie Instrumente, die nur auf MTFs, OTFs oder OTC gehandelt werden. Die Richtlinie dient zugleich der Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit Markmanipulation und Insiderhandel in Europa, enthält Mindestvorschriften für strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen und die Einordnung von schwerwiegenden Fällen als Straftaten und damit nicht nur als Ordnungswidrigkeiten. Sanktionen sollen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so sollen bei Straftaten im Kontext von Marktmissbrauch natürliche und auch juristische Personen verantwortlich gemacht werden können. Die Marktmissbrauchsverordnung ist am 3. Juli 2016 europaweit in Kraft getreten. Die Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie erfolgte in Deutschland durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz.1138 Die Verordnung EMIR (European Market Infrastructure Regulation) war insbesondere eine Reaktion auf die Schwachstellen im Bereich von außerbörslich gehandelten Derivaten, die in der globalen Finanzmarktkrise und speziell im direkten Umfeld der

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Lehman-Pleite zu Tage getreten waren, während sich der Handel in Aktien und in börsengehandelten Derivaten als robust erwiesen hatte. Nachdem, wie erwähnt1139 im Herbst 2009 bereits die G20 eine entsprechende Absichtserklärung verabschiedet hatten, veröffentlichte die EU-Kommission im September 2010 einen ersten Regulierungsvorschlag zur Umsetzung dieser Anforderungen, der nach intensiver Diskussion und Marktkonsultation schließlich in die Verordnung EMIR (European Market Infrastructure Regulation) einmündete und am 16. August 2012 in Kraft trat. Im Kern soll diese Verordnung zu höherer Stabilität und Sicherheit der Derivatemärkte beitragen. Dazu werden höhere Transparenz- und Integritätsanforderungen im Derivatehandel, insbesondere bei OTC-Derivaten, die Nutzung eines zentralen Kontrahenten (CCP) beim Clearing standardisierter OTC-Derivatekontrakte sowie höhere Kapital- und Risikomanagementanforderungen für bilateral abgeschlossene OTC-Derivategeschäfte umgesetzt. Weiterhin etablierte die EMIR sogenannte Transaktionsregister (Trade Repositories), an die alle Derivategeschäfte zwecks Auswertung durch die Aufsichtsbehörden zu melden sind, und formulierte europaweit gültige Zulassungs- und Kapitalanforderungen sowie Organisationspflichten für zentrale Kontrahenten. In Deutschland wurde die Verordnung durch das EMIR-Ausführungsgesetz1140 im Februar 2013 umgesetzt, aufgrund dessen von Februar 2014 an alle Derivategeschäfte von Marktteilnehmern bzw. zentralen Gegenparteien an ein Transaktionsregister zu melden sind. Wie auch im Bereich des Meldewesens nach MiFID II/MiFIR bietet die Deutsche Börse ihren Kunden Dienstleistungen für die Erfüllung der Meldeverpflichtungen nach EMIR an: Zum einen über Regis-TR, ein Joint Venture der Deutsche Börse Tochter Clearstream mit dem spanischen Zentralverwahrer Iberclear (BME), und eines der ersten für EMIR-Reporting lizenzierten Transaktionsregisters (Zulassung im November 2013), sowie über den oben bereits erwähnten Regulatory Reporting Hub. Wie auch andere zentrale Kontrahenten in Europa erhielt Eurex Clearing im ersten Halbjahr 2014 die Zulassung als EMIR-konforme zentrale Gegenpartei.1141 Mitte 2016 wurde – startend mit bestimmten Zins- und Kreditderivaten – die Pflicht zum Clearing von bilateral abgeschlossenen Geschäften über eine zentrale Gegenpartei eingeführt. Wenngleich das London Clearing House (LCH) im Bereich des OTC-Derivateclearings eine beherrschende Stelle innehat, gewinnt die Eurex Clearing vor dem Hintergrund der Brexit-Diskussion an Boden. So kann sie auf die möglichen Probleme des außerhalb der EU gelegenen Sitzes eines Clearinghauses mit systemischer Bedeutung für die Finanzstabilität verweisen und Geschäft auf sich verlagern. Bis März 2019 hatte sie ihren Marktanteil im Clearing von Euro Zinsderivaten bereits von nahe Null auf elf Prozent gesteigert.1142 Dies bezweckte auch das im Januar 2018 aufgelegte Partnerschaftsprogramm1143, das Partnerbanken einen beträchtlichen Teil des wirtschaftlichen Erfolgs der Eurex Clearing AG zunächst im Clearing von Zinsswaps, und später auch im Repo

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und FX Segment, zukommen lässt und die aktivsten Marktteilnehmer darüber hinaus an der Governance der Eurex Clearing AG beteiligt. Die Verordnung über Wertpapierzentralverwahrer CSDR (Central Securities Depositories Regulation) schließlich setzte einen neuen regulatorischen Rahmen für die Wertpapierabwicklung in der EU. Sie definierte erstmals für Europa einen einheitlichen Rechtsrahmen für Zentralverwahrer und harmonisierte die Vorgaben für deren Zulassung und Überwachung ebenso wie die Wertpapierabwicklungsprozesse. Dafür gibt sie einen einheitlichen Abwicklungszyklus für Europa mit einer Settlementfrist von zwei Tagen nach dem jeweiligen Handelstag, T+2, vor. Schließlich soll die Verordnung zu höherer Sicherheit, Transparenz und Konsistenz im europäischen Wertpapiersettlement beitragen, indem Vorgaben zur regelmäßigen Abstimmung, zur Kontentrennung und zum Reporting an die Aufsichtsbehörden spezifiziert werden. Nach einem ersten Legislativvorschlag durch die EU-Kommission vom März 2012 wurde die CSDR am 28. August 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat am 17. September 2014 in Kraft, wobei verschiedene Anwendungszeitpunkte für unterschiedliche Regulierungsinhalte definiert sind. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz.1144 Obwohl der CSDR in Deutschland wesentlich geringere Aufmerksamkeit als zum Beispiel der MiFID II/ MiFIR oder der EMIR geschenkt wurde, stellen die regulatorischen Vorgaben der CSDR Clearstream vor große Aufgaben, die mit einem beträchtlichen Aufwand umgesetzt werden müssen. Mit der Clearstream Banking AG, der Clearstream Banking SA und mit LuxCSD SA1145 sind gleich drei Wertpapierzentralverwahrer der Deutsche Börse Gruppe angesprochen. Betroffen sind jeweils eine Vielzahl von Geschäftsprozessen, technischen Implementierungsprojekten, Geschäftsbereichen und nicht zuletzt ist auch die Beantragung der entsprechenden neuen CSD-Lizenzen für die drei Zentralverwahrer erforderlich. Dieser Zulassungsprozess dauerte zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buchs noch an.1146

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Anhang

I. Übersicht über die Vorsitzenden des Vorstandes der Frankfurter Wertpapierbörse / Deutsche Börse AG Präsidenten der Frankfurter Wertpapierbörse*

1910–1921 1922–1923 1924–1925 1926–1932 April 1933 Mai 1933 1933–1945 1945–1947 1948–1950 1951–1955 1956–1958 1959–1960 1961–1967 1968–1981 1982–1983 1983–1986 1986–1989 1989–1993

Ernst Ladenburg Adolph Neustadt Theodor H. Schlesinger Oscar Franklin Oppenheimer Karl Ernst Sippel (kommissarisch) Karl Ernst Sippel Moritz Freiherr v. Bethmann Peter Bartmann Peter Bartmann Hans Heinrich Hauck Hans Heinrich Hauck Hans Heinrich Hauck Albert von Metzler Karl Oskar Koenigs Ferdinand Graf v. Galen Karl Oskar Koenigs Michael Hauck Friedrich von Metzler

Vorsitzende des Börsenrats** der öffentlich-rechtlichen Frankfurter Wertpapierbörse seit 1993

1993–2002 2002 – Januar 2017 Januar 2017 – Juni 2017 Juni 2017 – Januar 2020 Januar 2020 – März 2020 seit Juli 2020

Rolf-E. Breuer*** Lutz Raettig Lars Hille Michael Rüdiger Michael Klaus Matthias Zieschang

Übersicht über die Vorsitzenden des Vorstandes der Frankfurter Wertpapierbörse / Deutsche Börse AG

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Vorsitzende des Vorstands Deutsche Börse AG

1993–2005 2005–2015 2015–2017 seit 2018

Werner Seifert Reto Francioni Carsten Kengeter Theodor Weimer

* Vgl. für den Zeitraum bis 1985 die Übersicht in HWA 3/2743. ** Um den Anforderungen des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes zu entsprechen, wurde 1995 die Leitungsstruktur der Börse geändert: Das Management wurde professionellen Börsengeschäftsführern übertragen. Die Geschäftsführung benötigt seitdem für alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung die Zustimmung des Börsenrats. Der Börsenrat ist insbesondere für die Bestellung, Abberufung und Überwachung der Geschäftsführer zuständig. *** Bis 1995 Präsident der öffentlich-rechtlichen Frankfurter Wertpapierbörse.

II. Abkürzungsverzeichnis ADBAG a. D. ADIG

Archiv Deutsche Börse AG außer Dienst Allgemeine Deutsche Investment GmbH AG Aktiengesellschaft APA Approved Publication Arrangement API Application Programming Interface ARM Approved Reporting Mechanism ATP Automatic Trading Program BaKred Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen BArch Bundesarchiv Koblenz BCL Banque Centrale de Luxembourg BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BIP Bruttoinlandsprodukt BME Bolsas y Mercados Españoles BOBL Bundesobligation BörsG Börsengesetz BOSS-CUBE Börsen-Order-Service-System Computer unterstütztes Börsenhandelsund -Entscheidungssystem BSK Börsensachverständigenkommission BUND Bundesanleihen BVLP Bolsa de Valores de Lisboa e Porto CASCADE Central Application for Settlement Clearing and Depositary Expansion CATS Computer Assisted Trading System

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Anhang

CBOE CBOT CCP CDS CEO CFTC

Chicago Board Options Exchange Chicago Board of Trade Central Counterparty Credit Default Swap Chief Executive Officer Commodity Futures Trading Commission CSD Central Security Depository CSDR Central Securities Depository Regulation CTP Consolidated Tape Provider DAX Deutscher Aktienindex DBAG Deutsche Börse AG DeDi-Bank Deutsche Bank und DiscontoGesellschaft Deka Deutsche Kapitalanlagegesellschaft DIT Deutscher Investment Trust DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DM, D-Mark Deutsche Mark DSW Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DTB Deutsche Terminbörse DVC Double Volume Cap DVP Deutsche Volkspartei DWZ Deutsche Wertpapierzentrale EBA European Banking Authority ECU European Currency Unit

EDV EEX EG EHS EMIR ERP ESMA ETF EU Euratom Eurex EUREX EWA EWG EWS EZB EZU FAZ FDP FESE FIBOR FiMaNoG FSAP FWB G10 HHStAW HWA IAS IBF IBIS ICE ICSD IDIS IHK IOS IPO ISE IT KISS KMU

Elektronische Datenverarbeitung European Energy Exchange Europäische Gemeinschaft Elektronisches Handelssystem European Market Infrastructure Regulation European Recovery Program European Securities and Markets Authority Exchange Traded Funds Europäische Union Europäische Atomgemeinschaft European Exchange Europäischer Rentenmarkt-Index Europäisches Währungsabkommen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäisches Währungssystem Europäische Zentralbank Europäische Zahlungsunion Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Federation of European Security Exchanges Frankfurt Interbank Offered Rate Finanzmarktnovellierungsgesetz Financial Services Action Plan Frankfurter Wertpapierbörse Group of Ten Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Hessisches Wirtschaftsarchiv International Accounting Standards Institut für Bank- und Finanzgeschichte Interbanken-Informationssystem Intercontinental Exchange International Central Security Depository Interbourse Data Information System Industrie- und Handelskammer Investor Overseas Services Ltd. Initial Public Offering International Securities Exchange Informationstechnologie Kursinformationssystem kleine und mittlere Unternehmen

KWG LCH LIFFE LLC LSE ltd. MAD MAR MATIF MATIS MDAX MiFID MiFIR MONEP MTF MTS NASDAQ NEMAX NS NSDAP NYSE o. J. o. O. o. V. OEEC OECD OLG OTC OTF Preussag RA RegNMS REX RGBl. RTS

Kreditwesengesetz London Clearing House London International Financial Futures and Options Exchange Limited Liability Company London Stock Exchange Limited Market Abuse Directive Market Abuse Regulation Marché à terme international de France Makler-Tele-Informationssystem Mid-Cap-DAX Markets in Financial Instruments Directive Markets in Financial Instruments Regulation Marché des Options Négociables de Paris multilateral trading facility Mercato Telematico dei Titoli di Stato National Association of Security Dealers Automated Quotation Neuer Markt Aktien-Index Nationalsozialismus/nationalsozialistisch Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei New York Stock Exchange ohne Jahresangabe ohne Ortsangabe ohne Verfasserangabe Organisation for European Economic Co-operation Organisation for Economic Cooperation and Development Oberlandesgericht Over the Counter Organised Trading Facility Preußischen Bergwerks- und Hütten AG Rechtsanwalt Regulation National Market System Deutscher Rentenmarkt-Index Reichsgesetzblatt Real-Time Settlement

Abkürzungsverzeichnis

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SAP SdK SEAQ SEC SOFFEX SWX TARGET

Systeme, Anwendungen und Produkte in der Datenverarbeitung Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e. V. Stock Exchange Automated Quotation System Security and Exchange Commission Swiss Options and Financial Futures Exchange SWX Swiss Exchange Trans-European Automated RealTime Gross-Settlement Express Transfer

TCI UK UNO USA VEBA VTG VW WpHG ZKMA

The Children’s Investment Fund United Kingdom United Nations Organization United States of America Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH Volkswagen Wertpapierhandelsgesetz Zentraler Kapitalmarktausschuss

III. Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Unveröffentlichte Quellen Archiv Deutsche Börse AG (ADBAG) Bundesarchiv Koblenz (BA) B 102 Bundesministerium für Wirtschaft B 126 Bundesministerium der Finanzen Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW) 474 Jüdische Rechtsanwälte in Frankfurt a. M. (1926–1944) 507 Wirtschaftsministerium Hessisches Wirtschaftsarchiv, Darmstadt (HWA) Abt. 3 Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main Abt. 115 Deutsche Börse AG Abt. 1100 Materialsammlungen: Sammlung von Artur Fischer Privatarchiv Rüdiger von Rosen

2. Veröffentlichte Quellen und Literatur Abelshauser, Werner, Deutsche Wirtschaftsgeschichte von 1945 bis zur Gegenwart. München 2004. Abelshauser, Werner, Hilfe und Selbsthilfe. Zur Funktion des Marshallplans beim westdeutschen Wiederauf bau, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 37 (1989), S. 85–113. Abs, Hermann J., Entscheidungen 1949–1953. Die Entstehung des Londoner Schuldenabkommens. Mainz 1991. Abs, Hermann J., Hauptversammlungen gestern und heute, in: Bankhistorisches Archiv 6 (1980), S. 42–47. 330

Anhang

Achterberg, Erich, Der Bankplatz Frankfurt am Main. Eine Chronik. Berlin u. a. 1955. Achterberg, Erich, Die Frankfurter Börse, ein historischer Rückblick, in: Frankfurter Wertpapierbörse, Festschrift. Achterberg, Erich, Fünf Jahrzehnte Frankfurter Wertpapierbörse. Frankfurt am Main 1962. Achterberg, Erich / Lanz, Karl (Hrsg.), Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen. Frankfurt am Main 1967. Aggarwal, Reena, Demutualization and Corporate Governance of Stock Exchanges, in: Journal of Applied Corporate Finance 15 (2002), S.105–113. Ahrens, Ralf, Die Rezentralisierung der Großbanken 1957/58, in: Lindenlaub/Burhop/Scholtyseck, Schlüsselereignisse. S. 349–361. Ahrens, Ralf / Gehlen, Boris / Reckendrees, Alfred (Hrsg.), Die ‚Deutschland AG‘. Historische Annäherung an den bundesdeutschen Kapitalismus. Essen 2013. Alexander, Volbert / Bohl, Martin T., Das Finanzsystem in Deutschland, in: Von Hagen/von Stein, Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 447–470. Andreas, Kurt, Deutsche Banken und Börsen im internationalen Wertpapierverkehr, in: Frankfurter Wertpapierbörse, Jahresbericht 1973, S. 27–37. Andreas, Kurt, Die Interventionen der Deutschen Bundesbank am Rentenmarkt, in: Frankfurter Wertpapierbörse, Jahresbericht 1980, S. 31–36. Andres, Christian / Betzer, André / van den Bongard, Inga, Das Ende der Deutschland AG, in: Kredit und Kapital 44 (2011), S. 185–216. Apel, Otto, Der neue Börsensaal, in: Deutsche Börse (Hrsg.), Ansprachen. Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen (Hrsg.), Finanzmarkttheorie und Börsenstruktur. Frankfurt am Main 1992. Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen (Hrsg.), Jahresberichte, 1986–1991. Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen (Hrsg.), Insider-Regeln. Erläuterungen und Verfahrensordnung, Stand Juli 1976. Köln 1976. Arbeitsgruppe Optionsgeschäft (Hrsg.), Leitfaden für das börsenmäßige Optionsgeschäft. Frankfurt am Main 51983. Arbeitskreis für Insider-Fragen (Hrsg.), Neufassung der Insider-Regeln, in: Die Aktiengesellschaft 33 (1988), S. 293–301. Arbeitskreis Gesellschaftsrecht (Wiedemann, Herbert/Hueck, Götz), Verbot des Insiderhandelns. Rechtspolitische Überlegungen und Vorschlag eines Gesetzes gegen unlautere Börsengeschäfte in Wertpapieren. Heidelberg 1976. Augustin, Patrick / Subrahmanyam, Marti G., Informed Options Trading Before Corporate Events, in: Annual Review of Financial Economics, 12 (2020), S. 327–355. Baehring, Bernd, Börsen-Zeiten. Frankfurt in vier Jahrhunderten zwischen Antwerpen, Wien, New York und Berlin, hrsg. v. Vorstand der Frankfurter Wertpapierböse aus Anlass des 400jährigen Jubiläums am 9. September 1985. Frankfurt am Main 1985. Bähr, Johannes, Die Errichtung von Investmentgesellschaften und die Einführung des persönlichen Kleinkredits 1956/59, in: Lindenlaub/Burhop/Scholtyseck (Hrsg.), Schlüsselereignisse, S. 362–374. Bähr, Johannes, Unternehmens- und Kapitalmarktrecht im „Dritten Reich“. Die Aktienrechtsreform und das Anleihestockgesetz, in: Bähr/Banken, Wirtschaftssteuerung, S. 35–69. Bähr, Johannes / Banken, Ralf (Hrsg.), Wirtschaftssteuerung durch Recht im Nationalsozialismus. Studien zur Entwicklung des Wirtschaftsrechts im Interventionsstaat im „Dritten Reich“. Frankfurt am Main 2006. Baker, James C., The German Stock Market. Its operations, problems, and prospects. New York/Washington/London 1970.

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Wolf, Herbert, Von der Währungsreform bis zum Großbankengesetz (1948–1952), in: Pohl, H., Kreditwirtschaft, S. 59–110. Wormser, Otto, Die Frankfurter Börse. Ihre Besonderheiten und ihre Bedeutung. Ein Beitrag zur Frage der Börsenkonzentration. Tübingen 1919. Wörner, Birgit, Frankfurter Bankiers, Kaufleute und Industrielle. Werte, Lebensstil und Lebenspraxis 1870 bis 1930. Frankfurt am Main 2011. Yang, Jing / Tapking, Jens, Horizontal and Vertical Integration and Securities Trading and Settlement, https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=576025. Young, Patrick L. (Hrsg.), An intangible commodity – Defining the Future of Derivatives, Kent, 2004. Zänsdorf, Kurt, Verfassung und Organisation der deutschen Börsen im Lichte der rechtsgeschichtlichen Entwicklung. Würzburg-Aumühle 1937. Zeitgeschichte in Hessen – Daten-Fakten-Hintergründe. Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen bgis, Wiedereröffnung des deutschen Wertpapier-Börsenhandels in Frankfurt, 14. September 1945, www.bgis-hessen.de. Zeitler, Franz-Christoph, Der Beitrag des bayerischen Finanzdienstleistungsgewerbes zum Wandel der bayerischen Wirtschaftsstruktur nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Pohl, H., Geschichte des Finanzplatzes München, S. 185–268. Zhang, Frank, High-Frequency Trading, Stock Volatility, and Price Discovery. New Haven, Connecticut 2010. Zhang, Sarah / Riordan, Ryan, Technology and market quality: The case of high frequency trading, in: Proceedings of the 19th European Conference on Information Systems (ECIS), Helsinki, Finland 2011. Zhu, Haoxiang, Do Dark Pools Harm Price Discovery?, in: Review of Financial Studies 27 (2014), S. 747–789. Ziegler, Dieter, Die Dresdner Bank und die deutschen Juden, (unter Mitarbeit von Maren Janetzko, Ingo Köhler und Jörg Osterloh). München 2006. Zimmermann, Nicolai M., Die veröffentlichen Bilanzen der Commerzbank. Eine Bilanzanalyse unter Einbeziehung der Bilanzdaten von Deutscher Bank und Dresdner Bank. Berlin 2005. Zschaler, Frank, Erzwungene Reorientierung im Zeichen der deutschen Teilung (1945–1990), in: Pohl, H., Geschichte des Finanzplatzes Berlin, S. 215–252.

IV. Anmerkungen 1 2 3

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Hauck, Frankfurter Allerlei, S. 130 https://www.deutsche-boerse.com/dbg-de/investor-relations/auf-einen-blick/ziele-und-ausblick/ gesamtaussage-des-vorstands, 15. Juni 2020. Zur Geschichte der Frankfurter Börse siehe bislang vor allem Holtfrerich, Finanzplatz Frankfurt; Jakob, Frankfurter Börse; Wormser, Frankfurter Börse; Achterberg, Fünf Jahrzehnte. Die Arbeiten behandeln die 1930er- und 1940er-Jahre nicht oder nur in Ansätzen. Diese sind aber in den allgemeineren Darstellungen ausführlicher untersucht, die sich zwar auf die Berliner Börse konzentrieren, aber immer wieder auch die Frankfurter Börse in den Blick nehmen. Henning, Börsenkrisen; Beer, Funktionswandel; Hof, Kurswechsel. Das vergleichsweise geringe Interesse an der Frankfurter Börse vor dem Zweiten Weltkrieg ist vornehmlich auf die äußerst lückenhafte Quellenlage zurückzuführen. Im Bestand 115 (Deutsche Börse AG) des Hessischen Wirtschaftsarchiv finden sich nur einige Fragmente, die nicht für eine umfassende Untersuchung hinreichen, wohl aber einige Schlaglichter auf die Frankfurter Börsenentwicklung in den 1930er- und 1940er-Jahren ermöglichen. Holtfrerich, Finanzplatz Frankfurt, S. 79 f., 111 f. Zum Wettbewerb und zur Hierarchie der Börsen vgl. Lehmann-Hasemeyer/Burhop, Geografie. Vgl. mit weiteren Literaturverweisen Gehlen, Händler.

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Siehe hierzu zusammenfassend La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, What works. Mit weiteren Verweisen, Gehlen, Zielkonflikte; vgl. auch Burhop, Regulierung; für einen Vergleich zwischen der Londoner und Berliner Börse Buchner, Spielregeln. Wormser, Börse, S. 73–76. Lehmann-Hasemeyer/Burhop, Geografie. Vgl. exemplarisch Börsen-Ordnung für die Börse in Frankfurt am Main vom 3. Oktober 1919, S. 4–8, HWA 115/5129. Zänsdorf, Verfassung, S. 97 ff. Wormser, Börse, S. 76–81; Achterberg, Bankplatz Frankfurt, S. 36. Beer, Funktionswandel, S. 186 ff. Im Detail Kiehling, Börse. Beer, Funktionswandel, S. 188, 338–341. Selgert, Börsenzulassungsstellen. Vgl. Henning, Börsenkrisen, S. 226–246. Beer, Funktionswandel, S. 189–192. Gehlen, Zielkonflikte. Vgl. z. B. Fiedler, Business Scandals. ‚Frankfurter Börse in neuer Gestalt‘, in: Kölnische Zeitung, 4. Juni 1933. Banken, Devisenrecht, S. 125–146. Ausführlich zum Vorstehenden Beer, Funktionswandel, S. 225–280. Beer, Funktionswandel, S. 290 f. Bähr, Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, S. 57–66; Spoerer, Scheingewinne, S. 82–89. Banken, Hitlers Steuerstaat, S. 283 f. Beer, Funktionswandel, S. 291 f. Hof, Kurswechsel, S. 113 f. Vgl. den Beitrag von Bernd Rudolph in diesem Band. Siehe umfassend Stremmel, Kammern, S. 92–145; für Frankfurt vor allem Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 200–217. Vgl. Henning, Börsenkrisen, S. 274 ff. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 201. Vgl. zur Familiengeschichte der Bankiersfamilie Hauck Wörner, Bankiers, u. a. S. 31–34. Beer, Funktionswandel, S. 286–289. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 208. Hauck, Frankfurter Allerlei, S. 23 ff. ‚Umschaltung an der Frankfurter Börse‘, in: Frankfurter Zeitung, 4. April 1933; die Angaben bei Börsen-Vorstand an Finanzamt Börse, 9. August 1933, stimmen mit den in der Frankfurter Zeitung genannten Zahlen nur tendenziell überein. Nach diesem Schreiben schieden 18 namentlich genannte (jüdische) Makler als Händler rückwirkend aus und zwölf neue Kursmakler wurden ab dem 3. April 1933 geführt. Von diesen schieden zum 30. Juni 1933 fünf aus, ehe zum 1. August 1933 zwei Kursmakler hinzukamen. Damit wäre die Zahl der Kursmakler per saldo um 9 verringert worden und nicht um sieben, wie die Angaben der Frankfurter Zeitung nahelegen. Die in Abbildung 2 zusammengetragenen Daten deuten ebenfalls auf eine Verringerung von neun Kursmaklern hin. ‚Frankfurter Effektenbörse‘, in: Frankfurter Zeitung, 9. April 1933. Vgl. ‚Frankfurter Börse in neuer Gestalt‘, in: Kölnische Zeitung, 4. Juni 1933. ‚Ein Vertrag zwischen vereidigten und freien Maklern an der Frankfurter Börse‘, in: Frankfurter Zeitung, 7. Juli 1928. Beer, Funktionswandel, S. 213 ff.

Anmerkungen

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Zur Einbindung von Hauck & Sohn siehe Verwaltung des Makler-Fonds an Bender, 27. Juni 1933, HWA 115/5086. Maklerfonds-Satzungen [o. D.], HWA 115–5086. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 208; Achterberg, Fünf Jahrzehnte, S. 22 f. ‚Frankfurter Börse in neuer Gestalt‘, in: Kölnische Zeitung, 4. Juni 1933. Gall u. a., Deutsche Bank, S. 336. ‚Umschaltung an der Frankfurter Börse‘, in: Frankfurter Zeitung, 4. April 1933. Schniewind war nach Stationen bei der Mitteldeutschen Kreditbank und der Direktion der DiscontoGesellschaft 1925 ins Preußische Handelsministerium eingetreten und 1927 zum Ministerialrat ernannt worden. Er fungierte seit 15. März 1933 als Staatskommissar bei der Berliner Börse und war seit 1935 Ministerialdirektor im Reichs- und Preußischen Wirtschaftsministerium. 1937 wurde er ins Direktorium der Reichsbank berufen, trat Ende 1938 offiziell aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Er war auf Bitten der Altinhaber von 1939 bis 1945 persönlich haftender Gesellschafter bei der ‚arisierten‘ Münchner Privatbank Seiler & Co., vorm. Auf häuser & Co. und leitete nach dem Zweiten Weltkrieg die Kreditanstalt für Wiederauf bau. Lehmann, Schniewind. Aktenvermerk, 16. Februar 1934, HWA 115/5003. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 208; ‚Frankfurter Effektenbörse‘, in: Frankfurter Zeitung, 9. April 1933. Börsenvorstand an die an der Frankfurter Börse tätigen Kursmakler, Juli 1935, HWA 115/5097. Hof, Kurswechsel, S. 122 ff. Aktenvermerk (Trumpler), 27. September 1935, HWA 115/5079. Exemplarisch: Engel/Gehlen, Stockbroker’s praises. Leistungen des Makler-Fonds (o. D.), HWA 115/5086. Verwaltung des Makler-Fonds an Lüer, 27. Januar 1938; Anlage 1 zum Schreiben vom 15. Januar 1937; Verwaltung des Makler-Fonds an Lüer, 6. Januar 1936, HWA 115/5086. Eberle an die Mitglieder der Verwaltung des Maklerfonds, 26. November 1936, HWA 115/5086. Verwaltung des Makler-Fonds an Lüer, 8. Januar 1936, HWA 115/5086. Vermerk, 1. August 1951, HWA 115/5086. Wie valide diese Einschätzung ist, ist nicht zu rekonstruieren. Zweifel sind aber angebracht, da ein (offenbar früherer) Vermerk in derselben Akte die Gründung des Fonds auf 1927 (statt auf 1931) datierte und die Quellenlage bereits damals keine verlässlichen Auskünfte zuließ. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 199 (siehe hier Biographie Trumpler), 208. ‚Die Frankfurter Börse im Jahre 1937‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1938, S. 115 f. ‚Vorstandswahlen an der Frankfurter Börse‘, Frankfurter Zeitung, 12. Mai 1933. Frankfurter Börse an IHK Hannover, 15. Mai 1935, HWA 115/5071. § 4, Börsen-Ordnung für die Börse in Frankfurt am Main, 15. Dezember 1934, S. 2, HWA 115/5129. Fritz Pook wird bei diesen Berechnungen nicht als Privatbankier, der er später war, gewertet, da er vermutlich als Kursmakler und nicht als Inhabervertreter von Gebr. Sulzbach im Börsenvorstand saß. Dies ist anhand der Quellen nicht zweifelsfrei zu klären, aber da die Börsenordnung nach 1933 die Anzahl von Bankiers strikt auf elf begrenzte, und die übrigen Bankiers eindeutig als Vertreter ihrer Institute zu erkennen sind, scheint die Annahme plausibel, Pook sei in anderer Funktion im Börsenvorstand vertreten gewesen. ‚Bank- und Börsenabteilung‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 542; Frankfurter Börsen-Handbuch 1941/42, S. 8; [o. V.], Fritz Pook [1969], S. 1126; [o. V.], Fritz Pook, [1970], S. 151. Köhler, ‚Arisierung‘, S. 353–356. Schiedsgericht der Frankfurter Wertpapierbörse (1935), HWA 115/5002. Bethmann an Börsenvorstand, 18. Oktober 1933, HWA 115/5002.

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Zu Sippels Karriere bei der Deutschen Bank siehe Schmidt, Männer, S. 128; Gall u. a., Deutsche Bank, S. 265, 336 f., 340, 342, 409 f. Schilling an Sippell, 16. Oktober 1933, HWA 115/5002. Die Frankfurter Zeitung führte Eberle 1933 noch als Vertreter von Ernst Wertheimer & Co., eine interne Aufstellung der Börsenorgane 1935 als Vertreter der Mitteldeutschen Creditbank, Niederlassung der Commerzbank. Vgl. ‚Vorstandswahlen an der Frankfurter Börse‘, in: Frankfurter Zeitung, 12. Mai 1933; Schiedsgericht der Frankfurter Wertpapierbörse [o. D.] (1935), HWA 115/5002. Das Bankhaus Ernst Wertheimer & Co. wurde 1938 durch Inhaberwechsel ‚arisiert‘ und von Franz M. Cüppers als Cüppers & Co. weitergeführt. Köhler, ‚Arisierung‘, S. 586. Vgl. Geschäftsbericht der Deutschen Bank 1940, S. 28. Zu Frowein siehe Gall u. a., Deutsche Bank, S. 392, 432 f. Ziegler, Dresdner Bank, S. 218. Deutsch war zunächst bei der Bank für Handel und Industrie in Berlin tätig gewesen und hatte seit 1917 ihre Filiale in Frankfurt a. M. geleitet. Die Fusionen mit Nationalbank 1922 und der Dresdner Bank 1932 änderten an seiner Position in Frankfurt nichts. Vgl. Münzel, Elite Frankfurts, S. 44; ders., Die jüdischen Mitglieder, S. 227, erwähnt, dass Deutsch 1937 aus dem Aufsichtsrat der Degussa ausschied. ‚Börsenvorstand‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 427; vgl. auch die Angaben bei Weihe, Personalpolitik, S. 66. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 202. Vgl. Achterberg, Bankplatz, S. 105 f.; Jakob, Börse, S. 384. ‚Börsenvorstand‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 427; zu den Kreditgenossenschaften im Nationalsozialismus vgl. ten Haaf, Kreditgenossenschaften. Aktennotiz betr. ‚Sperrkonto‘, 17. Juni 1948, HWA 115/5086; zu Grunelius Köhler, ‚Arisierung‘, S. 312. Niederschrift über die Sitzung des Börsenvorstandes, 8. März 1934, S. 3, HWA 115/5002. Köhler, ‚Arisierung‘, S. 96; Ulrich, Aufstieg und Fall, S. 312, 331. Carl Lüer berichtete 1939, dass die Zahl von Banken und Filialen von 182 auf 119 zurückgegangen war. Vgl. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 208; Köhler führt in seinen Übersichten 46 Bankhäuser in Frankfurt am Main auf, die ‚arisiert‘ wurden. Köhler, ‚Arisierung‘, S. 585–593. Rebentisch, Schwere Zeiten, S. 208. Köhler, ‚Arisierung‘, S. 297, 589–593. Maierhof, Selbsthilfe, S. 182. Köhler, ‚Arisierung‘, S. 77 f., 311–315; Kirchholtes, Jüdische Privatbanken, S. 72 f. Balbaschewski, Archiv Hauck & Auf häuser, S. 50 f.; Hauck, Kompost, S. 41 ff. Lehmann-Hasemeyer/Burhop, Geografie, S. 23 f. Gehlen, Zielkonflikte, S. 71. Hans Trumpler, ‚Die Frankfurter Wertpapierbörse und das Problem der Provinzbörsen‘, in: RheinMainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 12 f. Vgl. Hof, Kurswechsel, S. 118–121. Akten-Notizen (Trumpler), 18. und 19. September 1933, HWA 115/5003. Trumpler an Lüer, 9. Oktober 1933, HWA 115/5003; Syndikus (Trumpler) an die Börse für die Stadt Essen, 8. Dezember 1933, HWA 115/5003; für eine Kurzversion der Denkschrift vgl. Hans Trumpler, ‚Die Frankfurter Wertpapierbörse und das Problem der Provinzbörsen‘‚, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 12 f.

Anmerkungen

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Akten-Notiz (Trumpler) über die Versammlung der Börsenvorstände der deutschen Wertpapier-Provinzbörsen, 11. Oktober 1933, S. 3 f., 9 f., 14, HWA 115/5003; siehe auch das offizielle Protokoll: Tagung der deutschen Länder- und Provinzbörsen am 11. Oktober 1933, HWA 115/5003. Niederschrift über die Sitzung der Provinzbörsen in Kassel, 15. Februar 1934, S. 1, HWA 115/5003. Hans Trumpler, ‚Die Frankfurter Wertpapierbörse und das Problem der Provinzbörsen‘, in: RheinMainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 12 f.; die Einschätzung bei Hof, Kurswechsel, S. 344, das Reichswirtschaftsministerium habe sich nicht von den Frankfurter Eingaben beeindrucken lassen, erscheint daher wohl korrekturbedürftig. Protokoll der 2. Tagung der Vorstände der deutschen Wertpapierbörsen am 15. Februar 1934, HWA 115/5003. So Lehmann-Hasemeyer/Burhop, Geografie, S. 24, 28. Aktennotiz, 5. Januar 1935, HWA 115/5071; ‚Rhein-Mainische Börse‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 823. Hof, Kurswechsel, S. 143. Lehmann-Hasemeyer/Burhop, Geographie, S. 29. Frankfurter Börse an Ungewitter, 29. Mai 1935, HWA 115/5079. ‚Rhein-Mainische Börse‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1933/34, S. 823. Vgl. Gustav Eberle, ‚Reform und Ausbau der Frankfurter Wertpapierbörse‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung. Zeitschrift des Rhein-Mainischen Industrie- und Handelstages 1935, S. 368 f. Aktennotiz (Trumpler), 19. März 1935, HWA 115/5071. Frankfurter Börse an Walther Fröder, Schriftleitung Frankfurter Generalanzeiger, 24. Juni 1935, HWA 115/5071. Aktennotiz, 5. Januar 1935, HWA 115/5071. Lehmann-Hasemeyer/Burhop, Geografie, S. 31, 33 f. Bethmann an Sperl, 25. Juni 1935, HWA 115/5071. Notizen für Herrn Ministerialrat Sperl [o. D.] ( Januar 1936), HWA 115/5071. Niederschrift über die gemeinsame Sitzung des Börsenvorstandes und der Zulassungsstelle, 10. Februar 1936, HWA 115/5071 [Zitate S. 2, 3]. Sitzung des Börsenvorstandes, 19. Juni 1934, HWA 115/5002. Hof, Kurswechsel, S. 114 f. Beer, Funktionswandel, S. 110. Hof, Kurswechsel, S. 243–247. Ebd., S. 235 f.; Banken, Hitlers Steuerstaat, S. 283 f. Die Frankfurter Wertpapierbörse im Jahre 1934, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1935, S. 39 ff. Beer, Funktionswandel, S. 315 f.; Hof, Kurswechsel, S. 234–243. ‚Die Frankfurter Börse in den Monaten Januar-Februar 1936‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1936, S. 181 f. Hof, Kurswechsel, S. 248 ff. Kopper, Schacht, S. 326–329. Zimmermann, Bilanzen der Commerzbank, S. 101, 178. ‚Die Frankfurter Börse im Jahre 1937‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1938, S. 115 f., Hof, Kurswechsel, S. 276–279. Exemplarisch hierfür ‚Die Frankfurter Wertpapierbörse im Jahre 1934‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1935, S. 39 ff. ‚Die Frankfurter Wertpapierbörse im Jahre 1935‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1936, S. 29 ff. [Zitate S. 29, 30.]

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129 Moritz Freiherr von Bethmann, ‚Die Aufgaben der Börse‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1937, S. 349 f. 130 Exemplarisch ‚Die Verantwortung der Börse‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1936, S. 177 f. Der NS-Staat hatte die Industrie- und Handelskammern 1935 in Wirtschaftskammern umgewandelt. 131 ‚Die Frankfurter Börse im Jahre 1937‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1938, S. 115 f. 132 Aktenvermerk über die Zusammenkunft der Vorstände der deutschen Wertpapierbörsen, 28. November 1936, HWA 115/5071; Hof, Kurswechsel, S. 268–276. 133 Freiherr von Bethmann, ‚Die Aufgaben der Börse‘, in: Rhein-Mainische Wirtschaftszeitung 1937, S. 349 f. 134 Hof, Kurswechsel, S. 410–416. 135 Reichswirtschaftsminister an Präsidenten der Bayerischen Börse, 17. Februar 1943, HWA 115/5097; Beer, Funktionswandel, S. 317. 136 Reichswirtschaftsminister an die Börsenpräsidenten, 9. Februar 1943, HWA 115/5112. 137 Bethmann an Martini, 13. Februar 1943; Börsenvorstand an die einberufenen Mitglieder des Börsenvorstands, 24. Februar 1943, HWA 115/5112. 138 Bekanntmachung des Berliner Börsenpräsidenten, 18. August 1944, HWA 115/5112. 139 Achterberg, Fünf Jahrzehnte, S. 28. 140 Reichswirtschaftsminister an die Börsenpräsidenten, 17. März 1943; Börsenvorstand an die einberufenen Mitglieder des Börsenvorstands, 24. Februar 1943, HWA 115/5112. 141 Bericht über die Börsenabteilung Fragment, [o. D.] (1944), HWA 115/5072; Achterberg, Fünf Jahrzehnte, S. 32. 142 Die folgende Darstellung folgt an einigen Stellen den kompakteren, zeitlich zugleich ausgedehnteren Abhandlungen des Verfassers über die Entwicklung der deutschen Börsen nach 1945: Rudolph, Effekten- und Wertpapierbörsen, sowie Rudolph, Entwicklung. 143 Vgl. Abelshauser, Deutsche Wirtschaftsgeschichte, S. 69. Zur unterschiedlichen Einschätzung der Bedeutung der Demontagen vgl. Benz, Wirtschaftsentwicklung, S. 2 und Benz, Infrastruktur, sowie Henning, Deutschland, S. 186–193, und Buchheim, Errichtung, S. 92–99. Zur Bewertung der Ausgangslage sowie der Folgewirkungen vgl. Ritschl, Fluch. 144 Zum speziellen Einfluss des Nationalsozialismus auf die Berliner Börse vgl. ausführlich James, Strukturwandel, S. 202–209. 145 Vgl. Fischer, Finanzinstitute, S. 149. 146 [vgl. S. 27] 147 Heinz Brestel, ‚Als alle Deutschen nur 40 DM in der Tasche hatten‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Juni 1988; vgl. Beckers, Kapitalmarktpolitik, S. 78 f. 148 Fischer, Finanzinstitute, S. 151. 149 Die Frankfurter Börse hatte ihren Handel bereits am 23. März 1945 eingestellt. 150 Zu den Einzelheiten und den Folgewirkungen der Dezentralisierung im Finanzwesen vgl. Ahrens, Rezentralisierung, S. 352 f.; Pohl, Konzentration, S. 433–460 sowie Horstmann, Alliierten. 151 Zur Dezentralisierungspolitik der Alliierten vgl. ausführlich Holtfrerich Deutsche Bank, S. 469– 486. Holtfrerich weist auch auf den Vorschlag von Joseph Dodge, dem Berater von General Clay, vom 23. Oktober 1945 hin, den Banken das Wertpapiergeschäft zu verbieten. 152 Schulte, Regulierung, S. 87. 153 Strathus, Kapitalmarkt, S. 8; vgl. auch Beckers, Kapitalmarktpolitik, S. 92. 154 Merkel, Kapitalmarktpolitik, S. 66 f.; vgl. zur Bekämpfung des ‚anonymen Kapitals‘ durch die Nationalsozialisten ab 1933 auch die Hinweise in Schmalenbach, Beteiligungsfinanzierung, S. 130. 155 Vgl. Schwark, Börsengesetz, S. 37. 156 Vgl. Naumann, Schutzvereinigung. Die DSW zählte Ende 2020 ca. 30.000 Mitglieder. Am 1. Dezember 1959 erfolgte in Frankfurt noch die Gründung der SdK Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e. V., Anmerkungen

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die ebenfalls die Interessen der Kleinanleger bündeln wollte, um ihnen gegenüber den Großanlegern und den Verwaltungen mehr Gewicht zu verschaffen. Die SdK wurde 2004 in Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger umbenannt und zählte Ende 2020 ca. 7.000 Mitglieder. Vgl. Lehmann-Hasemeyer/Streb, Berlin Stock Exchange. Rodrian, Börse, S. 555. Heer, Hundert Jahre, S. 565. Die Frankfurter Getreide- und Produktenbörse ist heute Mitglied des Vereins Südwestdeutscher Warenbörsen. Brief des Börsensyndikus, Rechtsanwalt Starck, an den Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer vom 25. Mai 1946, HWA 3/1895. [o. V.], Schreiben an die Reichsbankhauptstelle Frankfurt am Main vom 21. März 1946, HHStA 507/8554c. Vermerk über die Besprechung der Vertreter der IHK mit Vertretern des Börsenvorstands am 29. Juni 1951, HWA 3/2743. Vermerk über die Besprechung der Vertreter der IHK mit Vertretern des Börsenvorstands am 17. November 1951, HWA 3/2743. Bremer, Grundzüge, S. 18. Vgl. Plumpe, Kriegsende, S. 262. Die Bank deutsche Länder wurde am 1. März 1948 als zentrale Notenbank der westlichen Zonen in Frankfurt am Main gegründet. Vgl. ‚Aus dem Keller zu neuem Glanz‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. August 1985, S. B19. Grußwort Bartmann, in: Deutsche Börse, Ansprachen. Vgl. Frankfurter Wertpapierbörse, Chronologie, S. 8. Jakob, Frankfurter Börse, S. 385. Vgl. die Liste der Vorsitzenden des Börsenvorstands seit 1910, HWA 3/2743, sowie den Kurzlebenslauf von Peter Bartmann in Plumpe, Kriegsende, S. 266. Vgl. Hauck, Hahn. Vermerk für Herrn Dr. Beyer und Herrn Kappler vom 6. Januar 1950 betr. Börsensaal, HWA 3/1895. Bericht der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main über das Jahr 1951/52, S. 117. Frankfurter Wertpapierbörse, Hundert Jahre Börsengebäude 1879–1979, in: Jahresbericht 1979, S. 48– 51, hier S. 51. Wandflächen und die Galerievorderwand waren mit Holz vertäfelt. Vgl. Baehring, Börsen-Zeiten, S. 208–209, mit einem Foto des Börsensaals nach der Eröffnung am 9. Februar 1957. Zum Neubau des Börsensaals vgl. auch Apel, Börsensaal. Bericht der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main über das Jahr 1956/57, S. 94. Vgl. Beckers, Kapitalmarktpolitik, S. 76. Ebd., S. 76 f., FN 74. Strathus verweist auf die Berichte der Deutschen Effekten- und Wechselbank über die Frankfurter Börse an die Militärregierung. Die Umsätze im außerbörslichen Bereich sind in der Tabelle von Strathus nicht für alle Monate verfügbar, so dass hier auf den durchgehenden Vergleich der Umsätze im börslichen und außerbörslichen Bereich auf Jahresbasis verzichtet wird. Für 1950 gibt Strathus die außerbörslichen Gesamtumsätze in Aktien und Renten mit 270.170 Reichsmark an, während die Börsenumsätze insgesamt 152.587 Reichsmark betrugen. Einer Aufteilung der Umsätze im Bericht der IHK Frankfurt über das Jahr 1950/51 kann man entnehmen, dass davon die außerbörslichen Umsätze im Aktienbereich mit 86.305 Reichsmark die Börsenumsätze von 71.170 Reichsmark gut übertroffen haben. Die außerbörslichen Umsätze im Rentenhandel waren mit 183.241 Reichsmark sogar mehr als doppelt so hoch wie die Börsenumsätze in Höhe von 81.436 Reichsmark. Vgl. den Bericht der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main über das Jahr 1950/51, S. 71. Dort werden allerdings

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dieselben numerischen Angaben wie bei Strathus als DM-Beträge aufgeführt. Vgl. Strathus, Kapitalmarkt, S. 130–131 und IHK Frankfurt, Jahresbericht 1950/51. Alle Banken und Versicherungen in der sowjetischen Besatzungszone waren am 23. Juli 1945 verstaatlicht worden. Vgl. Beckers, Kapitalmarktpolitik, S. 77. Seit 1999 operierten die Wertpapierbörsen Hamburg und Hannover unter dem Dach der BÖAG Börsen AG. Seit dem 1. Januar 2017 war auch die Börse Düsseldorf in der Trägerschaft der BÖAG. Rheinisch-Westfälische Börse (Hrsg.), Rheinisch-Westfälische Börse. Vgl. Lehmann-Hasemeyer/Burhop, Geografie, S. 28; Schwark, Börsengesetz, verweist auf die Novelle zum Börsengesetz von 1934. Bremer Wertpapierbörse (Hrsg.), Börsenwesen. In der Französischen Zone entstanden 1946 in Mainz und Freiburg i. Br. zwei sogenannte Sprechbörsen als inoffizielle Börsenversammlungen (mit halbamtlichem Charakter), die aber 1949 wieder aufgegeben wurden. Zeitler, Beitrag, S. 190–191; Ruppel, 150 Jahre, S. 45. Vgl. Börse Berlin, Börse, S. 4. Zschaler, Reorientierung. Protokoll der Sitzung der Börsenvorstände in Hamburg, 29. Oktober 1946,, S. 4, HHStA 507/13286. Vgl. Zschaler, Reorientierung, S. 230. Berliner Wertpapierbörse, Berliner Börse, S. 79. Die Börse Berlin wurde 2019 von der Tradegate Exchange übernommen, einer auf Privatanleger spezialisierten Wertpapierbörse, an der die Deutsche Börse AG mit fast 60 Prozent beteiligt ist. ‚Das Hemd ausziehen‘, in: Der Spiegel, 20/1949, S. 21. Vgl. Strathus, Kapitalmarkt, S. 13 Bank deutscher Länder, Monatsberichte, April 1949, S. 7. ‚Das Hemd ausziehen‘, in: Der Spiegel, 20/1949. Niederschrift vom 25. Mai 1949 über die Börsentagung in Düsseldorf am 12. Mai 1949 im Haus des Landtages, S. 6, HHStA 507/13286. Niederschrift vom 25. Mai 1949, S. 8, HHStA 507/13286. Die zusammengefasste Diskussion macht auch die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Börsen deutlich, die aus der individuellen Erlaubnis zur Eröffnung eines amtlichen Handels resultierten. Vermerk Starck vom 26. September 1949 betr. Wertpapierbörse, Besprechung in Berlin, HWA 3/1895. Bericht der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main über das Geschäftsjahr 1950/51, S. 70. Ruppel, 150 Jahre, S. 47. Zschaler, Reorientierung, S. 217. Beckers, Kapitalmarktpolitik, diskutiert die in den Besatzungszonen zum Teil unterschiedlichen Handhabungen der Wertpapierbereinigung. Bei der späteren Wertpapierbereinigung stellte sich heraus, dass bei einigen Aktiengesellschaften Aktien bis zum Doppelten des Grundkapitals in Umlauf gebracht worden waren, da neben den berechtigten Ansprüchen auch gestohlene Stücke aus den Reichsbanktresoren im Umlauf waren. Vgl. Zeitgeschichte in Hessen – Daten-Fakten-Hintergründe. Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen bgis, Wiedereröffnung des deutschen Wertpapier-Börsenhandels in Frankfurt, 14. September 1945, www.bgis-hessen.de. Aus dem Protokoll der Sitzung der Börsenvorstände am 29. Oktober 1946 geht hervor, dass sich die Börsen darauf verständigt hatten, dass Wertpapiere nur noch mit einem dem Beschluss der deutschen Börsenvorstände vom 29. Oktober 1946 entsprechenden Affidavit-Stempel lieferbar seien. Vgl. Protokoll der Sitzung der Börsenvorstände in Hamburg am 29. Oktober 1946, S. 7, HHStA 507/13286. Vgl. zu weiteren Details vgl. Bruns, Einführung, S. 89 f. Vgl. Rittmann, Geldgeschichte, S. 291. Anmerkungen

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Zu Einzelheiten vgl. Bruns, Einführung, S. 90 ff. Opitz/Goetze, Wertpapierbereinigung, S. 1815. Zur Entwicklung der Kassenvereine /Wertpapiersammelbanken vgl. Delorme, Geschichte. Hans Heinrich Hauck war von 1951 bis 1960 auch Vorsitzender des Börsenvorstands der Frankfurter Wertpapierbörse. Zu den Einzelheiten des Ablaufs der Vorbereitung und Durchführung der Währungsreform vgl. Möller, Währungsreform, und zur Errichtung der Bank deutscher Länder als Voraussetzung der Währungsreform Buchheim, Errichtung. Buchheim, Währungsreform, S. 217. Ebd. Zur Entwicklung der Überlegungen zum Umgang mit den verschiedenen Forderungs- und Verbindlichkeitsarten beim Währungsschnitt und die endgültigen Regelungen vgl. Buchheim, Währungsreform, S. 198–217. Zur großen Fülle von Einzelregelungen im Papiergeld- und Münzbereich, zu den Bedingungen der Umstellung von Forderungen und Verbindlichkeiten vgl. Rittmann, Geldgeschichte, S. 343–360. Gesetz über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform vom 24. Juni 1948. Eine Tilgung der Ausgleichsforderungen war zunächst nicht vorgesehen. Das Tilgungsgesetz vom 14. Juni 1956 verpflichtete die Schuldner aber dann doch, die mit 3 bis 4 ½ Prozent ausgestatteten Ausgleichsforderungen innerhalb von 37 Jahren mit 1 Prozent jährlich zuzüglich ersparter Zinsen zu tilgen. Vgl. Protokoll der 75. Kabinettssitzung am 19. August 1959, Top 6. http://www.bundesarchiv. de/cocoon/barch/0/k/k1959k/kap1_2/kap2_30/index.html. Vgl. zu den Regelungen im Gesetz über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 Deutsche Bundesbank, Lastenausgleich. Vgl. Scholtyseck, Schuldenabkommen. Häuser, Rolle, S. 98. Vgl. Stehle/Wulff/Richter, Rendite, S. 19, geben eine Schätzung des Kursverfalls auf durchschnittlich 7,39 Prozent an. Ebd., S. 20. Vgl. ebenda zu möglichen Erklärungsversuchen zu dieser Kursreaktion. BGBl., Jahrgang 1952, Teil I, S. 804. Strathus, Kapitalmarkt, S. 12. Ein Jahr später wurde der Geltungsbereich des DM-Bilanzgesetzes auch auf ‚Groß-Berlin (West)‘ ausgedehnt. Eine Auswirkung der 1948 von der Militärregierung wieder eingeführten Börsenumsatzsteuer auf die Kursentwicklung der Aktien lässt sich aus dem Kursverlauf nicht erkennen. 1922 war die Börsenumsatzsteuer, die ursprünglich durch die fiskalische Belastung von Urkunden des Börsenverkehrs motiviert war, mit der Gesellschaft- und Wertpapiersteuer in einem Kapitalverkehrssteuergesetz zusammengefasst worden. Diese Steuer wurde ab September 1944 nicht mehr erhoben, 1948 von der Militärregierung wieder eingeführt und erst durch das Erste Finanzmarktförderungsgesetz vom 22. Februar 1990 zum 1. Januar 1991 wieder abgeschafft. Bis dahin hatte sie insbesondere den Handel in kurzlaufenden Titeln belastet, weil bei Abschluss jedes Wertpapiergeschäftes eine Steuer in Höhe von einem Promille fällig wurde. Vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/ DE/Glossareintraege/B/016_Boersenumsatzsteuer.html?view=renderHelp, sowie Deutsche Bundesbank, Geldmarkt, S. 52. Vgl. Stehle/Wulff/Richter, Rendite, S. 24. Die Autoren weisen darauf hin, dass sich die Zahlen auf den Stand zum 31. Dezember 1951 beziehen, bis zu dem ca. 88 Prozent der Aktiengesellschaften ihr Kapital auf D-Mark umgestellt hatten. Hauck, Grußwort.

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228 Zu den Zielen, der Organisation und der wirtschaftlichen Bedeutung des Marshallplans (European Recovery Program ERP) vgl. Hardach, Marshall-Plan. 229 Vgl. Buchheim, Währungsreform, S. 189 und 222, sowie Abelshauser, Hilfe; Borchardt/Buchheim, Wirkung, und Ritschl, Währungsreform. Zum Konzept der Sozialen Marktwirtschaft und deren Bedeutung für die Wirtschaftsentwicklung vgl. Müller-Armack, Wirtschaftslenkung, sowie Abelshauser, Wirtschaftsgeschichte, S. 87–105. Zur Frage der Kontinuität sozioökonomischer Strukturen seit der Weimarer Zeit, dem ‚Dritten Reich‘ und der Bundesrepublik vgl. Ritschl, Fluch, sowie Spoerer, Reich. 230 Vgl. u. a. Eichengreen/Ritschl, Growth. 231 Häuser, Kreditinstitute, S. 32. 232 So die pointierte These von Hankel, Kapitalmarkt, S. 118. 233 Der Wissenschaftliche Beirat bei der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, Kapitalmangel, S. 86. 234 Vgl. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium, Kapitalmarktpolitik, S. 3 f. 235 Wolf, Währungsreform, S. 109. 236 Bank deutscher Länder, Monatsbericht Juli 1949, S. 6 f.; vgl. auch Institut für Kapitalmarktforschung, Chronik, S. 183. 237 Vgl. Häuser, Kapitalmarkt, Sp. 1069; Bub, Privates Sparen, S. 76 sowie Irmler, Währungsreform, S. 16 ff. 238 Vgl. Dannemann, Struktur, S. 51 f. Röhl, Entwicklung, S. 36, bezeichnet die Zeit von 1949 bis Ende 1952 daher als Periode der staatlich kontrollierten Emissionsbedingungen. Das Kapitalverkehrsgesetz wurde am 2. September 1949 mit Wirkung vom 7. September 1949 bis zum 30. Juni 1952 erlassen und durch Gesetz vom 15. Dezember 1952 mit Wirkung vom 17. Dezember 1952 verlängert. Es trat am 31. Dezember 1953 außer Kraft. 239 Schlesinger, Geldpolitik, S. 580 f. 240 Vgl. Dannemann, Struktur, S. 52. 241 Vgl. Oberbeckmann, Wohnungsbaufinanzierung, S. 412, sowie Schulz, Wiederauf bau. Die vom Bund emittierten Titel nannte man Sozialpfandbriefe, wenn ihr Gegenwert in erster Linie zum Wohnungsbau für Flüchtlinge, Heimatvertriebene und Umsiedler aus dem Osten bestimmt war. Heute verwendet man den Begriff ‚Social Bond‘ nicht für die Finanzierung eines sozial ausgerichteten Wohnungsbaus, sondern von Projekten, die bestimmten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen, insbesondere den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung der UNO. 242 Vgl. Möller, Währungsreform, S. 477. Hans Möller lehrte nach Stationen in der Verwaltung für Wirtschaft und der Bank deutscher Länder von 1954 an als ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt am Main und ab 1958 als Ordinarius an der Universität München. Das ‚Konklave‘ war eine in der Kaserne Rothwesten bei Fulda in Klausur tagende Expertenkommission unter der Leitung von Ludwig Erhard, die die von den Alliierten in Deutschland geplante Währungsreform vorbereiten sollte. 243 Hax, Möglichkeiten, S. 120. Hax weist darauf hin, dass nach Auffassung der Bank deutscher Länder der Restposten von 9,97 Milliarden im Wesentlichen aus 7c- und 7d-Geldern (Förderung des Wohnungsbaues und des Schiffsbaus), Sonderabschreibungen, Gewinnen und Steuerrückstellungen zusammensetzt. 244 Der Wissenschaftliche Beirat bei der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, Kapitalmarktpolitik, S. 43. 245 Hellwig, Unternehmensfinanzierung, S. 29. 246 Vgl. Morawietz, Rentabilität, S. 95. 247 Schmalenbach, Aktiengesellschaft, S. 3; vgl. hierzu auch Bornemann/Linnhoff, Währungsreform, S. 105 ff. 248 Dem ausgesprochen dirigistischen ‚Ersten‘ Kapitalmarktförderungsgesetz folgte kein ‚Zweites‘. 249 Vgl. Dannemann, Struktur, S. 52 f. Anmerkungen

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250 Vgl. Dieter Rehbein, Nochmals zur Lex „Sozialpfandbriefe“, in: Börsen-Zeitung v. 8. 1. 1992, S. 5. 251 Vgl. Morawietz, Rentabilität, S. 94; Holtfrerich, Deutsche Bank, S. 573 f., weist auf entsprechende Vermerke in den Geschäftsberichten der Deutsche Bank-Gruppe hin. 252 Vgl. Abs, Entscheidungen. Zu den moralischen Fragen des Abkommens vgl. Scholtyseck, Schuldenabkommen. Galofré-Vilà et al., Consequences, haben bei einer Abschätzung der ökonomischen Effekte des Londoner Schuldenabkommens festgestellt, dass der Schuldenschnitt im Haushalt des Bundes einen erheblichen Freiraum für zusätzliche Ausgaben mit positiven Effekten für das Wachstum geschaffen hatte. 253 Bericht der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main über das Jahr 1954/55, S. 84. 254 Vgl. Wolf, Großbankengesetz, S. 146. 255 Zu den Gründen für die neu festgesetzten Konsortialquoten und zu den Erweiterungen und Veränderungen des Konsortiums im Zeitablauf vgl. insbesondere Reiter, Bundesanleihekonsortium, S. 139–157. Die Kritik am Bundesanleihekonsortium setzte insbesondere an der kartellähnlichen Struktur an, die für die Mitglieder zu quasi risikofreien Erträgen führte. Vgl. ‚Der stille Bürgerkrieg‘, in: Der Spiegel, 18/1977, S. 150–164, hier S. 163. Das Konsortium, das auch für alle Sondervermögen des Bundes zuständig war, ersetzte 1989 das reine Konsortialverfahren durch ein gemischtes Konsortialund Tenderverfahren, das 1998 schließlich von einem reinen Auktionsverfahren abgelöst wurde. Im selben Jahr wurde das Bundesanleihekonsortium durch die ‚Bietergruppe Bundesemissionen‘ ersetzt, einer Gruppe von Banken, die derzeit von der Finanzagentur als Teilnehmer für die Auktionen von Bundeswertpapieren zugelassen sind. Vgl. Bundesministerium der Finanzen, Kreditaufnahmebericht, S. 9 f., sowie für die derzeitige Regelung: https://www.deutsche-finanzagentur.de/de/institutionelleinvestoren/primaermarkt/bietergruppe/. Die Finanzagentur (Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH) wurde im September 2000 gegründet. Ihr Firmensitz wurde 2001 nach Frankfurt am Main verlegt. 256 Vgl. Andreas, Interventionen, S. 31, der in der Kurspflegepolitik der Deutschen Bundesbank den wichtigsten Grund für den Bewertungswandel im Lauf der 1960er-Jahre sieht. 257 Der Bundesminister für Wirtschaft, Schreiben an die Vorstände und an die Zulassungsstellen der Wertpapierbörsen sowie an die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen vom 24. Oktober 1953 [Abschrift], HHStA 507/12786. 258 Der Bundesminister für Wirtschaft, Schreiben an die Vorstände und an die Zulassungsstellen der Wertpapierbörsen sowie an die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen vom 8. November 1955, HHStA 507/12786. 259 Ebd., Die Bekanntmachung betreffend die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel vom 4. Juli 1910 (RGBl. S. 917) sieht in § 4 Abs. 4 bei Nichterfüllung der bei der Zulassung von Wertpapieren übernommen Verpflichtungen die Möglichkeit des Ausschlusses der Wertpapiere vom Börsenhandel vor. 260 Als stellvertretender Vorsitzender wiedergewählt wurde auf der Sitzung des Börsenvorstands vom 4. Januar 1961 Ernst Matthiensen, von 1957 bis 1965 Mitglied des Vorstands der Dresdner Bank, dem Herr v. Metzler besonderen Dank dafür aussprach, dass er während der Krankheit des Vorsitzenden die Führung der Frankfurter Wertpapierbörse übernommen hatte. Niederschrift über die Sitzung des Börsenvorstands am 4. Januar 1961, HHStA 507/13123. In einem Vermerk vom 3. November 1960 des für die FWB zuständigen Regierungsdirektors Wahl im Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr vom 12. April 1966 zur Vorbereitung einer Besprechung mit Herrn Bankdirektor Matthiensen von der Dresdner Bank über Börsenfragen wird festgestellt, dass es bisher Übung war, dass „der Vorsitzende des Börsenvorstands kein Angehöriger der Großbanken ist, sondern ein Privatbankier“. HHStA 507/12757, S. 2. 261 Vgl. Gericke, Börsenzulassung, S. 135.

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262 Vgl. die Tabelle über die Anzahl, das Nominalkapital und den Kurswert der börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften Tabelle 11 in Abschnitt V.1 dieses Kapitels. 263 Ernst, Veränderungen, S. 281. 264 Pohl, Lombardkasse, S. 59 f. 265 Degner/Flöge, Arbeitsgemeinschaft, S. 7. 266 Montangesellschaften befassen sich mit der Förderung, Auf bereitung und Weiterverarbeitung von Bodenschätzen, beispielsweise von Kohle. 267 1) Jungscheine beinhalten die Verpflichtung des Emittenten einer Anleihe, nach deren Erscheinen der Wertpapiersammelbank genau bezeichnete Stücke zu liefern, so dass bereits vor der faktischen Ausgabe der Stücke ein Handel stattfinden kann. Vgl. Gerke, Börsenlexikon, S. 451. 268 Vgl. die Niederschrift über die Börsentagung in Frankfurt am Main am 28. März 1952, Privatarchiv Rüdiger von Rosen. 269 Vgl. Protokoll zur Sitzung der Arbeitsgemeinschaft vom 28. Oktober 1953, S. 5, Privatarchiv Rüdiger von Rosen. 270 Vgl. von Rosen, Arbeitsgemeinschaft, S. 2, und Degner/Flöge, Arbeitsgemeinschaft, S. 11–13. Das Deutsche Aktieninstitut hat heute seinen Sitz in Frankfurt am Main sowie Büros in Brüssel und Berlin. 271 Vgl. Degner/Flöge, Arbeitsgemeinschaft, S. 9, sowie Der Spiegel, ‚Die Rheinisch-Westfälische Börse‘ [Kasten zum Interview mit Kurt Forberg] in: Der Spiegel, 27/1959, S. 25. 272 Vgl. Niederschrift über die Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen am 29. Oktober 1953 im Sitzungszimmer des Verbandes des Berliner Bankgewerbes zu Berlin, S. 6; Kopie der Niederschrift im Privatarchiv Rüdiger von Rosen. 273 Vgl. von Rosen, Die Arbeitsgemeinschaft, S. 2, und Degner/Flöge, Arbeitsgemeinschaft, S. 11 ff. 274 Vgl. die Ausführungen zur Neuformierung der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen in Abschnitt II.4 des nachfolgenden Kapitels von Günter Franke. 275 Nach 1945 waren die drei Großbanken in 30 Teilinstitute aufgeteilt und 1951 zu neun Teilbanken (jede der drei Großbanken in eine Nord-, eine West- und eine Südbank) zusammengelegt worden. Vgl. zu den Motiven und zur Durchführung der Dezentralisierung und Rezentralisierung Ahrens, Rezentralisierung. 276 Achterberg, Börse, S. 3. 277 Im Ersten und Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes von 2016 und 2017 wurde die Arbeitsteilung dahingehend geändert, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin insbesondere die Pflichten und Verbote der Unternehmen und Marktteilnehmer an den Wertpapiermärkten überwacht, während die Börsenaufsichtsbehörden der Bundesländer die Ordnungsmäßigkeit des Handels an den Börsen kontrollieren. 278 Die Kreditinstitute erhöhten die Zahl ihrer Zweigstellen von 12.974 im Jahre 1957 auf 38.181 Ende 1978. Büschgen, Problemfelder, S. 398. 279 Nützenadel, Staat, S. 445–459, sowie Engels, Börsen, S. 22. Zu den grundlegenden ökonomischen Funktionen von Finanzsystemen und möglichen Effizienzvorteilen bank- oder kapitalmarktorientierter Finanzsysteme vgl. Fischer/Rudolph, Grundformen, sowie die Spezifika des Finanzsystems in Deutschland Alexander/Bohl, Finanzsystem. 280 Nach Metz, Expansion, S. 75, lag in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland die durchschnittliche Wachstumsrate der realen Pro-Kopf-Produktion bei 4,9 Prozent, während im westeuropäischen Durchschnitt nur 3,8 Prozent erreicht wurden. 281 Emminger, Geld- und Währungspolitik, S. 498. 282 Vgl. Mella, DAX, S. 45. Der Verlust wurde am folgenden Tag allerdings durch einen ausgeprägten Kursanstieg mehr als kompensiert. 283 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Expansion, S. 100, sowie Volkswirtschaftliche Studiengruppe der Amsterdam-Rotterdam Bank N. V., Kapitalmärkte, S. 53. Anmerkungen

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284 Häuser, Geldmarktabhängigkeit, S. 311; vgl. Ritschl, Kapitalismus, S. 44, zur historischen Entwicklung des deutschen bankorientierten Finanzsystems. 285 Vgl. zur Entwicklung des Investmentsparens in Deutschland Bracker, Investmentsparen, S. 89–98. 286 Vgl. Bähr, Errichtung, S. 365. 287 Eine breite Analyse sowie empirische Ergebnisse zu den Folgen der Interessenkonflikte zwischen den Muttergesellschaften, den Fondstöchtern und den Fondsinhabern findet man bei König, Anlegerschutz. Die zusätzlichen Transaktionen kamen in der Regel nicht den Börsenumsätzen zugute, weil sie innerhalb des Konzerns ausgeglichen wurden. 288 Vgl. Vermerk ‚Zwischenbericht über die bisherige Tätigkeit der Arbeitsgruppe Wertpapierbörsen‘ 20. Juni 1961. HHStA 507/13119. 289 Vgl. ‚Investment-Sparen, Aktionär auf Raten‘, in: Der Spiegel 24/1960, S. 21 f. 290 Entwurf des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge auf ausländische Investmentanteile vom 28.07.1969 (Auslandsinvestmentgesetz), Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Drucksache V/3494 v. 13. November 1968, S. 14. 291 Zu den Aktivitäten von Cornfeld vor und nach dem Zusammenbruch der Investment Firma IOS vgl. ‚Cornfeld-Comeback: Morgen wieder Chef‘, in: Der Spiegel 37/1970, S. 116–119. 292 Mit der irreführenden Bezeichnung Börsenumsatzsteuer kann möglicherweise auch eine Übersicht über das Börsenumsatzsteuerauf kommen in 1953 erklärt werden, in der dem Land Hessen vor Nordrhein-Westfalen und Bayern das höchste Auf kommen zugeschrieben wird. Dazu vermerkt die Industrie- und Handelskammer Frankfurt in ihrem Bericht über das Geschäftsjahr 1952/53, S. 76, dass man aus der Verteilung erkenne, dass „sich der Hauptmarkt von Wertpapieren nicht an der Heimatbörse zu befinden braucht“. So werde „insbesondere ein sehr erheblicher Teil der Umsätze an Montanwerten am Frankfurter Platz abgewickelt“. Das Stichwort ‚Börsenumsatzsteuer‘ im Enzyklopädischen Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen schließt übrigens mit einer auch damals schon gängigen Kritik an dem Instrument einer Börsenumsatzsteuer: „Das Börsenumsatzsteuerauf kommen in der Bundesrepublik belief sich in den Jahren 1965 und 1966 je auf etwas weniger als 40 Mill. DM. Es steht in keinem Verhältnis zu der durch die Steuererhebung verursachten Arbeit. Dennoch sind bisher alle Bemühungen, die Steuer in Wegfall zu bringen, an dem Widerstand der Steuergläubiger (der Länder) gescheitert.“ [o. V.], Börsenumsatzsteuer, S. 266 293 Hauslage, Kapitalmarktausschuß, S. 121; vgl. auch von Rosen, Kapitalmarktausschuß, sowie von Rosen, Macht. 294 Der Zentrale Kreditausschuss wurde gemäß § 5 des Mantelvertrags zwischen den Spitzenverbänden, den Wirtschafts- und Fachgruppen der Kreditinstitute am 22. Dezember 1936 zur Festsetzung der Zins- und Provisionssätze sowie zur Regelung des Wettbewerbs im Kreditwesen begründet. Der 1953 neu gebildete Zentrale Kreditausschuss (ZKA), dem die Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft angehören, erteilte bankbetriebliche und rechtliche Empfehlungen und koordinierte insbesondere die Stellungnahmen der Kreditwirtschaft zu den Kommissionsvorschlägen der EG im Zuge der Bankrechtsharmonisierung. 295 Von Rosen, Kapitalmarktausschuß, S. 33. 296 Von Rosen, Macht, S. 181. 297 Vgl. Bank deutscher Länder, Monatsbericht Januar 1957, S. 18–20. 298 Siehe den Diskussionsbeitrag von Abs, Verhandlungen, S. 272. Darauf, dass nicht nur der Anteil der Banken am Wertpapierabsatz, sondern auch der der Kapitalsammelstellen insgesamt ständig zunahm, machen verschiedene Autoren aufmerksam. Vgl. Stein, Strukturwandlungen, S. 163. 299 Vgl. EWG-Kommission, Auf bau. 300 Vgl. Hoppmann, Entwicklungen, S. 4. 301 Vgl. Pressemitteilung der Deutschen Bundesbank vom 27. Dezember 1958, Text entnommen aus: Deutsche Bundesbank, DM wird frei konvertierbar, S. 3. 364

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‚Europäische Zahlungsunion: Saldo mortale‘, in: Der Spiegel 18/1954, S. 5 ff. Deutsche Bundesbank, DM wird frei konvertierbar, S. 3. Vgl. Hauck, Ansprache. Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1964, S. 58 f.; vgl. auch Emminger, Geld- und Währungspolitik, S. 512. Keßler, Auslands-Kassenverein. Vgl. Andreas, Banken, S. 30, sowie Franke, Notenbank, S. 286. Die Bundesbank öffnete erst mit der sogenannten Restliberalisierung vom 1. Mai 1985 den Markt für DM-Auslandsanleihen ganz. Von da an durften auch ausländische Banken, die mit einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft in Deutschland vertreten waren, die Konsortialführung übernehmen. Vgl. Reimnitz, Entwicklungen, S. 15. Andreas, Banken, S. 30. Vgl. Franke, Notenbank, S. 286; Franke, Finanzmarktregulierung, S. 72 f.; von Rosen, Selbstkontrolle. Reiter, Bundesanleihekonsortium, S. 412. Schwedes, Bund, S. 155–187, beschreibt ausführlich die unterschiedlichen Ziele sowie die unterschiedliche Herkunft der Mittel bei einer Kurspflege, einer Kursstützung und den Offenmarktgeschäften der Bundesbank mit Bundesanleihen. Die drei Interventionstypen lassen sich in der Praxis nicht sauber voneinander unterscheiden und sind für Außenstehende kaum zu erkennen, zumal die Interventionsinstanz immer die Bundesbank ist. Schreiben Deutsche Bundesbank an den Vorstand der Frankfurter Wertpapierbörse vom 5. November 1973, S. 2, HHStA 507/8554c. Ebd. Ludwig Erhard, ‚Wohlstand für Alle‘, Rede am 9. Februar 1957, S. 252, Archiv der Ludwig Erhard Stiftung, https://www.ludwig-erhard.de/stichworte/schicksalsjahr-fuer-erhards-marktwirtschaft/. Kleinheyer, Aktien, S. 2. Gerald Braunberger, ‚Der Erfolg ließ auf sich warten‘, in: faz.net, 24. März 2009; vgl. auch ‚Volksaktien: Erhards Wahlschlager‘, in: Der Spiegel, 18/1957, S. 12–13. Kleinheyer, Aktien, S. 2. ‚Der neue Ast‘, in: Der Spiegel, 45/1957, S. 15. Geleitet wurde das Ministerium von Hermann Lindrath und nachfolgend Hans Wilhelmi. 1961 wurde das Ministerium in Bundeschatzministerium umbenannt, dem bis zu seiner Auflösung 1969 nacheinander Hans Lenz, Werner Dollinger und Kurt Schmücker vorstanden. Vgl. Der Bundesschatzminister, Schreiben an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages, Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode, Drucksache IV/2861, S. 4. https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Preussag-Vom-Staatskonzern-zum-Privateigentum, preussag100.html. ‚Volks-Kesselwagen‘, in: Der Spiegel, 39/1960, S. 26. Zu weiteren Details vgl. ‚Volksaktien. Geflüsterter Kurs‘, in: Der Spiegel, 18/1965, S. 36 f. Der niedrigste Zuteilungskurs lag bei 262,50 DM. Kresse, Corporate Finance, S. 22 ff. Der Bundesschatzminister, Schreiben an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages, Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode, Drucksache IV/2861, S. 4. Vgl. das Schaubild des Konzernauf baus der VEBA, ebd., S. 9. Ebd., S. 1. Im selben Jahr übernahm die VEBA 95 Prozent des Grundkapitals der Stinnes AG. Bei einer späteren Teilprivatisierung der VEBA wurden am 16. Januar 1984, als das Niveau der Aktienkurse das von 1961 gerade wieder erreicht hatte, noch einmal für 4,4 Millionen VEBA Aktien über ein Bankenkonsortium zum Kauf angeboten. Später erfolgten noch die Teilprivatisierungen der VIAG und IVG, die ebenfalls zur Aktienausgabe mit einer Bevorzugung der Kleinanleger genutzt wurden. Anmerkungen

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330 Schulte, Regulierung, S. 124. 331 ‚Auch die Volksaktie ist ein Risiko-Papier‘, in: Der Spiegel, 3/1966, S. 20 f. 332 Henning, Unternehmensfinanzierung, S. 99. Vgl. allerdings die etwas abweichenden Zahlen in der Tabelle in Kapitel 5, die bis 1982 fortgeführt ist und zeigt, dass in den nachfolgenden Jahren von 1965 bis 1982 keineswegs eine Erholung, sondern sogar ein weiterer Rückgang der börsennotierten Gesellschaften zu verzeichnen war. 333 Kleinheyer, Aktien, S. 1. 334 Vgl. die Renditedreiecke des Deutschen Aktieninstituts für den DAX und den EURO STOXX, die zeigen, dass auf längere Sicht die Risiken aus einer breit gestreuten Aktienanlage vergleichweise moderat ausfallen. 335 In den 1990er-Jahren wurde die Idee der Volksaktie mit den Aktienemissionen der Deutschen Telekom AG (T-Aktie) 1996, 1999 und 2000 sowie der Deutsche Post AG 2000 noch einmal belebt, wobei der dramatische Kursverfall der T-Aktie nach 2000 zu vielen Klagen und einer nachhaltigen Schädigung der Idee der Volksaktie geführt hat. 336 Vgl. Fischer/Rudolph, Finanzintermediäre, S. 371–446, sowie die Beiträge in Krahnen/Schmidt, Financial System. 337 Großbanken waren die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Commerzbank. Kopper, Versicherungskonzerne, zeigt auf, dass die Allianz und die Münchner Rückversicherung als Versicherungsgesellschaften zu den einflussreichen Akteuren der Deutschland AG zu rechnen waren. 338 Zu den wesentlichen Charakteristika und unterschiedlichen Aspekten der Deutschland AG vgl. die Beiträge im Sammelband von Ahrens/Gehlen/Reckendrees, Deutschland AG. 339 Vgl. ‚Depotstimmrecht: Neue Nahrung‘, in: Der Spiegel, 42/1958, S. 28–32, hier S. 29. 340 Zur Entwicklung und den Besonderheiten des Rheinischen Kapitalismus vgl. Sattler, Rheinischer Kapitalismus. 341 Zur näheren Charakterisierung des deutschen Finanzsystems vgl. Edwards/Fischer, Banks; Fohlin, Capitalism sowie Schmidt, Entwicklung, und die dort genannte Literatur. 342 Vgl. Pfundt/von Rosen, Kapitalmarkt, S. 5. Andres /Betzer/van den Bongard, Ende, zeigen, dass sich die traditionellen Strukturen der Deutschland AG ab der Jahrtausendwende bis 2006 aufzulösen beginnen, wobei das Steuerfreiheitgesetz von 2002 als wichtiger Treiber identifiziert wird. 343 Zu den Charakteristika bank- und marktorientierter Finanzsysteme vgl. Franke, Kreditgeschäft, S. 253–257. 344 Abs, Hauptversammlungen, S. 43. 345 Ebd.; vgl. auch Schanetzky, Charme. 346 Winden, Aktienrechtsreform, S. 43. 347 Seibert, 50 Jahre, S. 227. Prof. Dr. Ulrich Seibert war bis 2020 Leiter des Referats für Gesellschaftsrecht, Unternehmensverfassung und Corporate Governance im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz BMJV. 348 Zu den in diesem Zusammenhang viel beachteten Vorschlägen zählten beispielsweise die Denkschrift zur Reform des Aktienrechts der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz von 1952, die vom Deutschen Industrie- und Handelstag im Juni 1954 veröffentlichen Überlegungen zur Reform des Aktienrechts, die Untersuchungen einer Studienkommission des Deutschen Juristentages 1955 und 1957 zur Reform des Unternehmensrechts, die Vorschläge zur Aktienrechtsreform eines Arbeitskreises im Institut der Wirtschaftsprüfer 1956 und die Denkschrift zur Reform des Aktienrechts des Bundesverbandes des privaten Bankgewerbes von 1958. Eine Übersicht über die Reformliteratur findet man in: Kutzenberger, Mitbestimmung, S. 31. 349 Baehring, Börsen-Zeiten, S. 211, bemerkt, dass die Bezeichnung als Gratisaktien „die Phantasie der Anleger natürlich viel mehr anheizte als die sachlich zutreffende und sozialpsychologisch unanstößigere Bezeichnung

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Zusatzaktien oder Wertberichtigungsaktien“. Vgl. zur Regelung in den USA, zur Kritik an dieser Bezeichnung und zu den Folgerungen für das Aktienrecht in Deutschland Kübler, Aktie. Vgl. Baehring, Börsen-Zeiten, S. 212. Hermann Josef Abs, dem bis zu 30 Aufsichtsratsmandate, davon 20 als Vorsitzender, zugeschrieben wurden, war in den 1960er-Jahren eine Schlüsselfigur der deutschen Wirtschaft und der einflussreichste Bankier in Deutschland.. Stützel, Wolfgang, ‚Verschlossene, aber gläserne Taschen – Eine Zwischenbilanz der Aktienrechtsreform‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. August 1962. Vgl. detailliert Opitz, Bankenstimmrecht, S. 144. Seibert, 50 Jahre, S. 228; vgl. Kübler, Transparenz, S. 85; zur rückblickenden Bewertung der Großen Aktienrechtsreform vgl. auch Claussen, Aktiengesetz; Merkt, Entwicklung, S. 112; Koch, Grundlagen. Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft von 1967. Vgl. Abelshauser, Wirtschaftsgeschichte, S. 371. Die Konzertierte Aktion war eine informelle Gesprächsrunde zur Besprechung und Abstimmung wirtschaftspolitischer Strategien. Sie setzte sich aus Vertretern der Regierung, der Unternehmerverbände, der Gewerkschaften, der Bundesbank und des bereits im August 1963 durch Gesetz gebildeten Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zusammen. Vgl. Burghof, Auslaufen, S. 468, sowie Paul, Auf hebung, S. 377–379. Das 1932 eingeführte und 1934 in das Kreditwesengesetz eingefügte Zinsabkommen hatte die Haben- und Sollzinsen der Banken nach oben begrenzt. Die Zinsverordnung des Bundeswirtschaftsministeriums vom 5. Februar 1965 hatte sich inhaltlich eng an das Zinsabkommen angelehnt. Vgl. Bundesministerium der Finanzen, 50 Jahre, 1969. Vermerk vom 23. Juni 1959 betr. Besprechung am 22. Juni 1959 im Bundesministerium für Wirtschaft über Fragen des Börsenwesens mit den Präsidenten der westdeutschen Wertpapierbösen, S. 2, HHStA 507/12796. Vgl. Hermann Beyer-Fehling, ‚Unsere Börsen sind veraltet‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. Dezember 1967. Oberregierungsrat Beyer-Fehling war Leiter des Privatbanken- und Börsenreferats im Bundeswirtschaftsministerium. Vgl. auch Heinz Brestel, ‚Die Börsenreform ist überfällig‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Juli 1966. Beide Quellen zitiert nach Lüthje, Funktionsfähigkeit, S. 37, Fußnote 1. Stützel, Wolfgang, Förderung des Effektensparens, Manuskript eines Vortrags auf der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse vom 28. Januar 1965, hier S. 2, BArch, B 126/124497. Ebd., S. 10. Ebd., S. 23. Auf diese Praxis hatte 1962 bereits ‚Der Spiegel‘ aufmerksam gemacht und es als Unglück bezeichnet, dass „die Großbanken an der Börse handeln dürfen“. Durch „das Übergewicht der Großen an der Börse [komme es] nicht immer zu einer echten Kursbildung“. ‚Baisse. Das Menetekel‘, in: Der Spiegel, 24/1962, S. 22–29, hier S. 24. Ebd., S. 33, sowie Jahr/Stützel, Aktien. Albert von Metzler, Aktien mit Stücknotiz, Sonderdruck aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Mai 1963, BArch, B 102/84331. Albert von Metzler war von 1961 bis 1967 Präsident der Frankfurter Wertpapierbörse. Von Metzler war auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen. Vgl. Holtfrerich, von Metzler, S. 276. Börsen-Zeitung, Jahresschluss-Ausgabe 250/1959, zitiert aus einem Aktenvermerk II/B 4-186-01 vom 20. Juni 1961 betreffend die Veröffentlichung der Börsenumsätze, Börsenzwang. Hier: Zwischenbericht über die bisherige Tätigkeit der Arbeitsgruppe Wertpapierbörsen. S. 5, HHStA 507/13119.

Anmerkungen

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367 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, Schreiben an Herrn Bankdirektor Schneide, Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Januar 1961, S. 3, HHStA 507/13119. 368 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, Schreiben an Herrn Bankdirektor Gottfried Schneider, Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 1961, S. 2 und 6 als Reaktion auf eine Umfrage des Wirtschaftsministeriums der Landes Nordrhein-Westfalen betreffend die Veröffentlichung der Börsenumsätze, HHStA 507/13119. 369 Vgl. Bremer, Börsensachverständigenkommission, S. XXI, sowie Schulte, Regulierung, S. 133. 370 Vgl. die Übersicht über die anderen vorgeschlagenen Ausprägungen des Börsenzwangs Hanssen, Aktienkursverlauf, S. 40–48. Während in den 1920er-Jahren die Zweigstellen der Großbanken ihre Aufträge noch selbst an die jeweils regional zuständige Börse weiterreichten, wurde es mit der wachsenden Kundschaft der Großbanken interessant, die Orders konzernweit intern zu kompensieren, um dabei für beide Orders die Courtage berechnen zu können, obwohl kein Makler in das Geschäft eingeschaltet war. Nur die nicht ausgleichbaren Angebots- oder Nachfragespitzen erreichten die Börse. 371 Die Frage der Zulassung der Börsenteilnehmer wurde als weniger dringlich angesehen, bis die Rechtsprechung die geltende Zulassungspraxis für den Börsenbesuch für unzulässig erklärte. Vgl. Schulte, Regulierung, S. 136. 372 Die Liste ist entnommen dem Stichwort Börsenreform, in: Müssig/Löffelholz, Bank-Lexikon, Spalte 452. 373 Bremer, Börsenreform, S. 141. Von einem ad-hoc-Ausschuss Börsenreform des Bundesverbandes des privaten Bankgewerbes und der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen wurden dem Ministerium im Juni und Dezember 1967 zwei Gegenvorschläge eingereicht. 374 Die Notierung in Stück war zwischenzeitlich in einer eigenen Verordnung geregelt worden, zur Frage der Börsenzulassung lag bereit der Entwurf einer eigenen Verordnung vor. 375 Lipfert, Börsenreform, S. 130. 376 Zitat der Stellungnahme vom 17. Januar 1968 übernommen aus Schulte, Regulierung, S. 139. 377 Schmidt, Börsenreform, S. 318. 378 Beyer-Fehling, Wertpapierbörse, S. 728. 379 Vgl. Bremer, Zwischenbilanz. 380 Vgl. Bremer, Die Börsensachverständigenkommission. 381 Vgl. Schwark, Börsengesetz, S. 38. 382 Prof. Dr. Wilhelm Hankel war u. a. Mitarbeiter der Bank deutscher Länder, verschiedener Bundesministerien, Chefökonom der Kreditanstalt für Wiederauf bau (KfW) und ab 1967 Ministerialdirektor im Bundeswirtschaftsministerium unter Prof. Dr. Karl Schiller. Von 1972 bis 1974 war Hankel Präsident der Hessischen Landesbank. 383 Vgl. Schulte, Regulierung, S. 140–141. Zu den Aufgaben der Kommission vgl. Hankel, Kapitalmarktpolitik, Sp. 1082 sowie Merkt, Entwicklung, S. 114–121. 384 Vgl. Degner, Zentralbörse, S. 773. 385 Vgl. Frankfurter Wertpapierbörse, Jahresbericht 1971, S. 34. 386 Ein weiterer Grund für die extreme Verzögerung war die vorgezogene Bundestagswahl, nachdem Bundeskanzler Willy Brandt am 20. September 1972 die Vertrauensfrage gestellt hatte. 387 Prof. Dr. Johannes Zahn war 1946 in das Bankhaus C. G. Trinkaus in Düsseldorf eingetreten, wurde bereits 1947 Mitinhaber und bis 1971 persönlich haftender Gesellschafter der Bank. Als Trinkaus und Burkhardt & Co. in Essen Anfang 1972 fusionierten, übernahm er den Vorsitz im Verwaltungsrat. Von 1967 bis 1977 war Zahn Präsident der Rheinisch-Westfälischen Börse in Düsseldorf. 388 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, Niederschrift über die Sitzung der Präsidenten, Vizepräsidenten und Geschäftsführer der deutschen Wertpapierbörsen am 30. März 1973 in Düsseldorf, HHStA 507/8554 c. 368

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389 Protokoll der Sitzung des Börsenvorstands vom 30. Juni 1970, S. 1, HHStA, 507/8552. Als zum Schmunzeln anregender nachgeordneter Tagesordnungspunkt der zitierten Sitzung wurde protokolliert, dass Michael Hauck darauf hingewiesen habe, „dass viele Herren während der heißen Tage ohne Jacke und ohne Krawatte zur Börse kommen. Dieses Auftreten sei dem Ansehen der Frankfurter Börse abträglich“. Die Anwesenden beschlossen damals, den Banken und der Maklerkammer solle nahegelegt werden, darauf hinzuwirken, dass „die Herren im Parkett in angemessener Bekleidung erscheinen“. 390 Zu diesen Institutionen gehörten der Arbeitskreis zur Förderung der Aktie, die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Bundesverband deutscher Banken und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband. Der Arbeitskreis zur Förderung der Aktie hatte bereits 1953 Anregungen für den Auf bau und den Inhalt der Geschäftsberichte von Gesellschaften mit amtlicher Notierung ihrer Aktien erarbeitet und Anfang 1964 Empfehlungen an Aktiengesellschaften gerichtet, deren Aktien an der Börse amtlich notiert oder im geregelten Freiverkehr gehandelt wurden. Den Gesellschaften war darin damals schon nahegelegt worden, Zwischenberichte zu veröffentlichen. 391 Schmidt, Börsenreform, S. 320. Schmidt weist darauf hin, dass trotz dieser Regelung der AnlegerSchutz vor Insidertransaktionen noch sehr unvollkommen sei. 392 Vgl. Oppermann/Degner, Börsen- und Wertpapiergeschäfte, S. 53. 393 Vgl. Bremer, Börsensachverständigenkommission, S. 73–79. 394 Beyer-Fehling, Wertpapierbörse, S. 729. 395 Entwurf eines Begleitschreibens der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbösen zur Beantwortung eines Fragebogens vom 2. Juni 1961. 396 Vgl. Merkt, Entwicklung, S. 115, mit der Angabe von Quellen zur Kritik an der Umsatzpublizität. 397 Die Umsatzlisten verzeichneten für die vier erstgenannten Börsenplätze 40 identische, im Übrigen weitere regional bedeutsame Werte. Die Stuttgarter Börse veröffentliche ihre eigene Umsatzstatistik. Vgl. Oppermann/Degner, Börsen- und Wertpapiergeschäfte, S. 53. 398 Forberg, Kompromiß, S. 311. 399 Hintner, Wertpapierbörsen, S. 39, hatte in seinem Lehrbuch von 1960 angeprangert, dass durch Selbsteintritt ausgeführte Kompensationsgeschäfte eine marktgerechte Kursbildung an der Börse illusorisch machen könnten. 400 Vermerk des Hessischen Wirtschaftsministeriums vom 10. Juni 1959 betreffend die Sitzung der Staatskommissare der westdeutschen Wertpapierbörsen am 2. Juni 1959 im Bundeswirtschaftsministerium in Bonn, HHStA 507/12757. Die Untersuchung der in der Sitzung aufgeworfenen Frage, ob nicht der Börsenzwang überhaupt weiterhin bestehe, wurde abgelehnt. Dagegen wurde darüber diskutiert, ob die Verordnung von 1941 „nationalsozialistisches Gedankengut enthält oder nur aus wirtschaftlichen Erwägungen erlassen worden sei“. 401 Schulte, Regulierung, S. 146. 402 Bellinger, Faktoren, S. 44. Knut Bellinger war in den 1960er-Jahren ein bekannter Unternehmer und Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Köln. Vgl. zur Rolle der Banken an der Börse und zum Börsenzwang auch Bodura, Frage, S. 169. 403 Zitiert nach Schulte, Regulierung, S. 147. 404 Durch den begrenzt freiwilligen Börsenzwang wurde der sonstige außerbörsliche Handel amtlich notierter oder in den geregelten Freiverkehr einbezogener Papiere nicht eingeschränkt. Vgl. Schmidt, Vorteile, S. 112. 405 Gomber/Nassauer, Neuordnung, S. 4. Vgl. dort auch die Erläuterungen zur Zielsetzung der Förderung des Wettbewerbs unter den prinzipiell gleichartig regulierten Handelsplattformen und zum ‚Best Execution‘-Prinzip unter MiFID I und MiFid II/MiFR. 406 Vgl. Rodrian, Börse, S. 247. 407 Richebächer, Börse, S. 24. Anmerkungen

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408 Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 30. 409 Die zur Anpassung an die Praxis in anderen Ländern notwendige Verordnung über die Feststellung des Börsenpreises von Wertpapieren wurde erst am 17. April 1967 erlassen. 410 Übersichtlich auch Koenigs, Verfassung, S. 12. 411 Schwark, Börsengesetz, S. 36 ff. 412 Ebd., S. 35. 413 Vgl. Bremer, Grundlinien, S. 29–34. 414 Beide Ordnungen wurden vom Hessischen Minister für Wirtschaft und Technik genehmigt und traten am 1. November 1975 bzw. am 1. Januar 1976 in Kraft. Vgl. Frankfurter Wertpapierbörse, Jahresbericht 1975, S. 22. 415 1970 war der Bundesverband der Kursmakler an den deutschen Wertpapierbörsen gegründet worden, der in den folgenden Jahrzehnten Vorschläge zur Weiterentwicklung der Börsen machte. Zum 25-jährigen Bestehen des Verbandes wurde 1995 vom damaligen Justiziar des Verbandes Gerhard Commichau eine Festschrift herausgegeben, die auf die Anfänge der Kursmakler seit dem Börsengesetz von 1896 verweist, aber auch auf die ersten Bestellungen von Kursmaklern an der Frankfurter Wertpapierbörse durch einen Erlass des Hessischen Finanzministeriums vom 26. Juli 1948. Siehe Commichau, Bundesverband. Der Bundesverband der Kursmakler ist im September 2003 im Bundesverband der Wertpapierfirmen (bwf ) aufgegangen. 416 Schacht, Kapitalmarktaufsicht, S. 291 ff. 417 Thöns, Jahrhunderte, S. 40, bezieht sich auf die Ausgestaltung des Saals der Hamburger Börse. Die Frankfurter Börse unternahm 1968 einen ersten Schritt zu einer elektronischen Börse durch Einführung einer Datenstation für Makler, die eine elektronische Weiterverarbeitung von Orders ermöglicht. Vgl. weiterführend die Ausführungen in Abschnitt V.3 des nachfolgenden Kapitels von Günter Franke. 418 Baker, German Stock Market, S. 130. 419 Vgl. Schmidt, Vorteile, S. 364 ff., der mit ausführlicher Begründung und mit Blick auf die Börsenlandschaft in Europa dafür plädierte, dass „mehrere Marktorganisatoren in Konkurrenz miteinander verschiedene Handelsverfahren für unterschiedliche oder auch für die gleichen Werte“ anbieten, hier S. 365. 420 Engels, Börsen, S. 21; zu den Vorteilen steigender Skalenerträge bei Zentralbörsen einerseits und den Vorteilen einer Börsenkonkurrenz vgl. Bindseil, Verfügungsrechte, S. 67–71. 421 Die Aussage von Flöge, Effektenbörsen, S. 197, bezieht sich auf den damaligen Stand der Informationsund Nachrichtentechnik der Börse. Vgl. zum Einsatz der Offenmarktgeschäfte bei Berücksichtigung von Arbitrageüberlegungen durch die Bundesbank Schwedes, Bund, S. 173–187. 422 Andreas, Interventionen, S. 32. 423 Ebd., S. 36. Die Tabelle findet sich ebd., S. 33. 424 Unterlagen für eine Besprechung mit Herrn Bankdirektor Matthiesen, Dresdner Bank, über Börsenfragen vom 3. November 1960, in Düsseldorf, HHStA 507/12757. 425 Jahresbericht der Frankfurter Wertpapierbörse 1975. 426 Vgl. die Übersicht über die verschiedenen Maßnahmen und Initiativen bei Rudolph, Bankrott. 427 Vgl. die politische Einordnung der Kommissionsarbeit und deren Ergebnissen aus damaliger Sicht ‚Bank: Geht zu weit‘, in: Der Spiegel, 6/1979, S. 104 ff. Hans Apel war von 1974 bis 1978 Bundesminister der Finanzen und von 1978 bis 1982 Bundesminister der Verteidigung. 428 Büschgen, Deutsche Bank, S. 645. 429 Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Grundsatzfragen, S. 49. Zu einer Übersicht über die Arbeit der Studienkommission vgl. auch Krümmel, German Universal Banking. Zur Stellung und besonderen Bedeutung von Alfred Herrhausen, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, für die Kommissionsarbeit vgl. Sattler, Stabilisierung, sowie Nützenadel, Staat, S. 475–477, sowie Sattler, Herrhausen, S. 363–381. 370

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Vgl. Tabelle 11, S. XXX. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Grundsatzfragen, S. 152 f. Ebd., S. 336 f. Büschgen, Deutsche Bank, S. 650. So die Überschrift des Kapitels A.III, S. 163–179. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Grundsatzfragen, S. 163. Ebd., S. 179. Baker, Stock Market, S. 130. Für einen umfassenden Überblick über den Stand der Diskussion und die Literaturmeinungen vgl. Richter, Sicherung. Die 1934 gegründete Securities and Exchange Commission SEC beaufsichtigt in den USA beispielweise den gesamten Wertpapiermarkt einschließlich der Börsen und Investmentgesellschaften. Vgl. zu den möglichen Aufgaben eines Aktienamtes auch ebd., S. 251. Albert von Metzler wollte offenbar eine solche Stellungnahme nicht in seiner Eigenschaft als Börsenpräsident abgeben. Vgl. Holtfrerich, von Metzler, S. 277. Schacht, Kapitalmarktaufsicht, S. 295. Metz, Expansion, S. 76. Zur Gründung, Entwicklung und zum Scheitern des Bretton-Woods-Systems Belke/Bernoth/Fichtner, Zukunft. Häuser, Rolle, S. 103. Schwilling, Faktoren, S. 259. Der Deport (Kursabschlag) oder Report (Kursabschlag) hängen im Wesentlichen von der Zinsdifferenz zwischen den Währungen ab. Vgl. zu den hier verkürzt dargestellten technischen Besonderheiten und Funktionen der Devisenbörsen Dicken, Funktion, S. 29 ff. Frankfurter Wertpapierbörse, Jahresbericht 1971, S. 29. Ebd., S. 25, 27. Herrmann, Deutschland, S. 149. ‚Börsenrat beschließt Ende des Devisenfixings‘, in: Der Tagesspiegel, 8. Dezember 1998. Vgl. Beike/Schlütz, Finanznachrichten, S. 294 ff., sowie Europäische Zentralbank, Rahmen. Vgl. Merkt, Entwicklungen, S. 124 f., mit dem Hinweis, dass dieses Ziel später aufgegeben wurde. Setzt man den Kurs- bzw. Marktwert der Aktien ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, so erkennt man, dass das Wachstum der Kurswerte mit der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts nicht Schritt halten konnte. Betrug das Verhältnis von Kurswert zu BIP 1955 noch 13 Prozent und 1965 sogar 17 Prozent, so sank es bis 1975 auf 12 Prozent und bis 1980 sogar auf 9 Prozent 1980. Quelle der BIP-Zahlen: Statistisches Bundesamt. Statista, August 2019, mit Hinweisen auf die Vergleichbarkeit der Daten vor und nach der Wiedervereinigung. Deutsche Bundesbank, Aktienmarkt, S. 15. Zur unbefriedigenden Emissionstätigkeit und der Notwendigkeit einer Verbesserung des Anlegerschutzes vgl. Ehrhardt/Hielscher, Emissionstätigkeit. Vgl. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft-Kommission, Auf bau. Vgl. Schulte, Regulierung, S. 176, der auf verschiedene konkrete Beispiele verweist, sowie S. 177 mit Verweis auf entsprechende Literaturstellen. Securius, ‚Auskünfte unter der Hand‘, in: Die Zeit 44/1968. Der Journalist Kurt Wendt veröffentlichte von 1956 bis 1986 in ‚Die Zeit‘ unter dem Pseudonym Securius eine populäre wöchentliche Kolumne ‚Gespräch am Bankschalter‘. Bremer, Börsensachverständigenkommission, S. 23. Merkt, Entwicklung, S. 118 f. Auch aus ökonomischer Perspektive gelten strenge Insiderregeln unter mehreren Perspektiven als unverzichtbar. Vgl. Rudolph, Theorie.

Anmerkungen

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459 Die ‚Empfehlungen zur Lösung der sogenannten Insiderprobleme‘ in der Fassung vom 13. November 1970 sind abgedruckt in Bremer, Börsensachverständigenkommission, S. 104–112. Dort findet man auch die Um- und Neubesetzungen in der Kommission bis 1975. 460 Reuter, Aktienmarkt, S. 214. Vgl. auch Börsensachverständigenkommission, Empfehlungen. Die Erläuterungen und Auslegungsgrundsätze zu den Empfehlungen sind im Jahresbericht 1971 der Frankfurter Wertpapierbörse, S. 30–34, notiert. 461 Bremer, Insider-Regeln. 462 Securius, ‚Ein Volk von Mitwissern‘, in: Die Zeit, 33/1971. 463 Degner, Börsennovelle. 464 Die Insiderhandels-Richtlinien sowie die Händler- und Beraterregeln und die Verfahrensordnung in der Fassung vom 14. November 1975 findet man in Bremer, Die Börsensachverständigenkommission, S. 112–125. 465 Vgl. Arbeitsgemeinschaft, Insider-Regeln, sowie erläuternd Bremer, Neufassung. 1976 hatte auch der Arbeitskreis Gesellschaftsrecht einen ausformulierten Entwurf für ein deutsches Insider-Gesetz mit einem strikten Insiderhandels-Verbot vorgelegt. Vgl. Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot. 466 Bundesministerium der Justiz, Schlussbericht, S. 98. 467 ‚Falsches Spiel‘, in: Der Spiegel, 45/1978, hier S. 98. 468 Vgl. Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot. 469 ‚Falsches Spiel‘, in: Der Spiegel, 45/1978, S. 100. 470 Vgl. hierzu die Dokumentation des Arbeitskreises für Insider-Fragen. Seit Juli 2016 sind die Insidervorschriften in der europäischen Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation) niedergelegt, die die relevanten Teile des Wertpapierhandelsgesetzes von 1994 ersetzen, das ein gesetzliches Insiderhandelsverbot enthielt. Vgl. zum aktuellen Stand der in der Zwischenzeit äußerst differenzierten Regelungen Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, S. 322 ff. sowie Poelzig, Kapitalmarktrecht, S. 172 ff. Überlegungen für ein deutsches Insider-Gesetz findet man bei Hopt, Überlegungen. 471 Schröder, Handbuch, S. 44. 472 Von Nell-Breuning, Börsenmoral, S. 208. 473 Im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) durch das Finanzmarktrichtlinienumsetzungsgesetz von 2007 ist der Differenzeinwand ganz entfallen. Zur Entstehung des Differenzeinwandes und seiner Entwicklung vgl. Samtleben, Börsentermingeschäfte, S. 488 f. 474 Vgl. Bremer, Grundzüge, S. 117. 475 Bremer, Grundzüge, S. 117. Die Kommission setzte sich zunächst für die Wiedereinführung des Ultimo-Handels ein (Erfüllung der Termingeschäfte am Monatsende), bereitete aber später den Optionshandel ähnlich, wie er 1970 eingeführt wurde, vor. Vgl. Schmidt, Entstehung, S. 415, Fußnote 4. 476 Bericht der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen über das zweite Halbjahr 1965, HHStA 507/12796; Schreiben der Arbeitsgemeinschaft an die Wertpapierbörsen 356/65 vom 29. Dezember 1965, S. 5. Der Brief ist gezeichnet von v. Metzler und Dr. Bruns. 477 Bei den in den 1920er-Jahren in Berlin gepflegten Prämiengeschäften wurde die Prämie nicht zu Beginn vereinnahmt, sondern erst als ‚Reuegeld‘ (Dont-Geschäft) am Erklärungstag fällig, wenn nämlich der Käufer des Vor- oder Nachprämiengeschäfts erklärte, dass er die im Vertrag bezeichneten Wertpapiere nicht abnehmen oder liefern wollte. Zur Ausgestaltung der bis 1931 in Deutschland üblichen Termingeschäfte im Vergleich zu den neuen Optionsgeschäften vgl. Sommerfeld, Börsenverkehr, S. 41–45, sowie Henning, Börsentermingeschäfte. 478 Sein Recht wird der Käufer immer ausüben, wenn die Option im Geld ist, so dass er mit der Ausübung einen positiven Kassenzufluss (wegen der vorausbezahlten Prämie aber nicht unbedingt einen Gewinn) verzeichnen kann. 479 Kjer, Optionsanleihen. 372

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Stein, Optionshandel, S. 41. Imo, Börsentermin- und Börsenoptionsgeschäfte, Bd. 1, S. 89. Frankfurter Wertpapierbörse, Jahresbericht 1973, S. 16; Stein, Optionshandel, S. 40. Erst die weitgehende Standardisierung der Optionsgeschäfte durch den im April 1983 veröffentlichten neuen Leitfaden für das börsenmäßige Optionsgeschäft bewirkte einen spürbaren Umsatzerfolg. Die Basispreise wurden normiert und die möglichen Fälligkeiten der Optionen auf nur noch vier Tage des Jahres reduziert. Die Basispreise mussten je nach der Höhe des Kurses des Basispapiers durch 2,5, durch 5 oder durch 10 DM teilbar sein. Vgl. Arbeitsgruppe Optionsgeschäft, Leitfaden. Der Leser, der sich in den allgemeinen Börsenfragen auskennt, mag das Kapitel III.2 überspringen. Zur Effizienz der Elektronisierung in den verschiedenen Phasen einer Börsentransaktion vgl. Bortenlänger, Börsenwettbewerb, S. 59–109.- Börtenlänger, Börsenautomatisierung? Zu den Anlegern zählen institutionelle Anleger wie Banken, Versicherungen und Kapitalanlage-Gesellschaften, ebenso andere Unternehmen und Privatanleger. Zur Historie siehe Meier, Boten. Die Transparenz im OTC-Handel wurde allerdings erst maßgeblich durch MiFID im Jahr 2007 verbessert. Vgl. zur Übersicht über Börsenfusionen auf Länderebene und grenzüberschreitenden Fusionen Europäische Zentralbank, Veränderungen, S. 67–74. So wurden Banken und Versicherungsunternehmen im 1957 verabschiedeten Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen explizit durch § 102 ausgenommen. Um den Preiswettbewerb zwischen Banken zu beschränken, setzten sich die Kreditinstitute für eine erneute Zinsregulierung ein. So wurde 1961 in das KWG § 23 eingefügt, wonach der Bundeswirtschaftsminister im Benehmen mit der Bundesbank die Zinssätze regeln konnte. Da die Zinsverordnung häufig umgangen wurde, lief sie 1967 aus und wurde von den Bankenverbänden durch Zinsempfehlungen ersetzt. Siehe G. Franke, Notenbank. Ebd., S. 292, zum Vorherigen vgl. auch ebd., S. 287. Siehe G. Franke, Finanzmarktregulierung, S. 83. ,Towards a European securities market’, Rede von Christopher Tugendhat vor der Association for the Development of Studies in the Banking and Stock Exchange Business in Mailand am 25. Januar 1980, http://aei.pitt.edu/12719/; deutsche Übersetzung in ADBAG 10102909; vgl. die Übersicht der bis 1989 verabschiedeten Richtlinien zum Wertpapiermarkt in Rudolph, Effekten- und Wertpapierbörsen, S. 357. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:JOC_1980_085_R_0001_01&from =FR. ‚Keine neue EG-Börsen-Institution‘, in: Börsen-Zeitung, 14. November 1980. Der tatsächliche Titel des Symposiums lautete ‚Towards a European Stock Exchange‘. Zum Tagungsprogramm vgl. ADBAG 10102909. Überlegungen zum Kolloquium am 13./14. November 1980 in Brüssel, 12. September 1980, ADBAG 10102909. Der vorläufige Schlussbericht dieser Arbeitsgruppe war im September 1979 vorgelegt worden. Ebd. Vgl. zu diesem und den nachfolgenden Zitaten Vermerk ‚Gründung einer europäischen Aktienbörse‘, 6. Oktober 1980; vgl. auch ebd. Protokoll der Sitzung des Committee of Stock Exchanges in the E. E.C am 29./30. September 1980 in Frankfurt, ADBAG 10102909. Das Kommitee der Börsenpräsidenten schloss die wichtigen europäischen Börsen ein. Dennoch war das Sekretariat in Brüssel nur mit einer halben Sekretärinnenstelle besetzt. Das lag auch daran, dass bereits die Fédération Internationale des Bourses de Valeurs Mobilières existierte.

Anmerkungen

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500 Vgl. Tonks/Webb, Big Bang; Weichert, big bang; Schenk, Big Bang; Thomas, London Stock Exchange; ,Big Bang, What is the Big Bang’, in: Investopedia, Updated June 25, 2019, https://www. investopedia. com/terms/b/bigbang. 501 Breuer, Stand, S. 23. 502 Siehe Franke, Notenbank, Tabelle 1, S. 262. 503 In Kapitel III werden Vor- und Nachteile verschiedener Handelssysteme sowie damit verbundene Interessenkonflikte erörtert. 504 Köhler, Freizügigkeit. 505 Röller, Börse. 506 Meinz, Börsengeschäftsabwicklung. 507 von Rosen, Arbeitsgemeinschaft. 508 ‚Ziel des freien Geld- und Kapitalverkehrs‘, in: Börsen-Zeitung, 25. Juni 1987. 509 Siehe S. 83 ff.; vgl. auch Berliner Wertpapierbörse, Börse, S. 19. 510 Das Statut der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen vom 21. April 1986 ist abgedruckt in: Delorme/Hofmann, Handbuch, S. 645–649. 511 von Rosen, Arbeitsgemeinschaft; Röller, Neuorganisation; vgl. Ernst, Gernot (Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft), Neue Form der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen. Pressekonferenz zum Thema ‚Neue Arbeitsgemeinschaft‘ am 2. Juli 1986 um 17.30 Uhr in der IHK Frankfurt, HWA 1100/357. 512 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, Jahresbericht, 1986, S. 36. 513 ‚Krieg der Systeme‘, in: Manager Magazin 4/1988, S. 214–225. 514 An das Finanzministerium zusammen mit der Einladung Breuers übersandte Arbeitsunterlage ‚Aufbau eines international wettbewerbsfähigen deutschen Wertpapierhandels in Optionen und Financial Futures‘, 16. April 1987,BArch B 126/124497. 515 ‚Krieg der Systeme‘, in: Manager Magazin 4/1988, S. 214–225. 516 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen, Memorandum zur Reform des Börsenwesens in der Bundesrepublik Deutschland, 18. September 1987,BArch B 126/124497; vgl. Vortrag Rüdiger von Rosen im Arbeitskreis der Länder für Börsen- und Wertpapierfragen am 28./29. Oktober 1987 in Hannover, ADBAG 1010404. 517 Vermerk über ein Gespräch betreffend Börsengesetzreform am 9. September 1987, ADBAG 1260026. 518 Bundesministerium der Finanzen an Bundeskanzleramt, 12. Oktober 1987,BArch B 126/124497. 519 Vortrag Rüdiger von Rosen im Arbeitskreis der Länder für Börsen- und Wertpapierfragen am 28./29. Oktober 1987 in Hannover, ADBAG 1010404. Siehe auch Auszug aus dem Protokoll des Fachherrenbeirats vom 11. August 1987, ADBAG 00013853; vgl. hier auch auszugsweise Protokolle der Sitzungen vom 11. Juni, 9. Juli und 9. September 1987. 520 Die in diesem Abschnitt folgenden Ausführungen beruhen auf Quellen in ADBAG 00013853. Hier Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Fachherrenbeirats vom 11. August 1987. 521 Anlage 1 zu Top 1 der Sitzung der Börsensachverständigenkommission vom 15. Oktober 1987, ADBAG 00013853. 522 Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Präsidiums des Börsenvorstands der Frankfurter Wertpapierbörse, 30. Oktober 1987; siehe auch ebd. Niederschrift über die Sitzung des Vorstandes der Frankfurter Wertpapierbörse, 17. Dezember 1987, ADBAG 1010404. 523 Papier der Börsensachverständigenkommission: ‚Die Deutschen Börsen – Strukturen für die 90 erJahre mit besonderem Blick auf EG ´93‘ vom 24. Januar 1990, ADBAG 00013853. 524 Die Deutsche Börse Clearing AG wurde im Jahr 2000 mit der Cedel International in der DeutscheBörse-Tochter Clearstream zusammengeschlossen. 525 ‚Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen des Finanzplatzes Bundesrepublik Deutschland mit Vorschlägen für ein vertieftes Arbeitsprogramm‘,Januar 1990, ADBAG 00013853. 374

Anhang

526 Arbeitskreis der Länder für Börsen- und Wertpapierfragen, Ergebnisprotokoll 51. Sitzung (Fortsetzung), 23./24. Januar 1990, ADBAG 00013853. 527 Der Parketthandel an den deutschen Börsen wurde nach dem Auktionsprinzip ausgeführt. 528 Zur Schätzung der Bestandteile der Geld-Brief-Spanne siehe Schmidt/Treske, Spreads. 529 Zum Vergleich der gesamten Transaktionskosten im Auktions- und im Matchingsystem und zur Rolle des Marktmachers siehe Freihube/Krahnen/Theissen, Market Structure. 530 Er könnte sonst bei Vorliegen größerer Kauforders eine eigene unlimitierte Verkaufsorder in das Orderbuch eingeben, deren Ausführung zu einem höheren Kurs gesichert ist. 531 Vermerk über die Sitzung des Präsidiums der Frankfurter Wertpapierbörse, 29. Juni 1989, ADBAG 1260020. 532 Seit 2007 mit MiFID in der EU einheitlich reguliert. 533 Bereits im März 1973 fusionierten alle Börsen im Vereinigten Königreich und der Republik Irland zu einer einzigen Organisation, der ‚Stock Exchange‘. Vgl. Schmidt, Vorteile, S. 43. 534 Vgl. Schmidt, der sich nachdrücklich gegen eine europäische Zentralbörse aussprach. Ebd. Zu den Ausprägungen der Organisation des Wertpapierhandels im Wettbewerb und der Funktionsfähigkeit des mehrschichtigen Börsenwettbewerbs vgl. Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 7–56 sowie S. 147–173. 535 Giersch/Schmidt, Märkte, Schaubild 13. 536 Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Vorschläge.; vgl. auch Schulte, Regulierung, S. 208. 537 Rudolph, Effekten- und Wertpapierbörsen, S. 335. 538 Schmidt, Entstehung. 539 Vermerk Verlängerung der Börsenzeit, ADBAG 00013849. 540 Siehe Kapitel V.5. 541 Fischer, Artur/Schröder, Bartho, Börsenprodukte, 16. Oktober 1990, HWA 1100/356–358. 542 Mella, DAX, S. 11. 543 Mella, DAX, S. 4. Das Kürzel DAX geht auf Manfred Zaß zurück und signalisierte, dass auf diesen Index ein Terminkontrakt geschaffen werden sollte. Für Transparenz und Indexpflege war der Arbeitskreis Aktienindizes zuständig, in dem Heinz-Jürgen Schäfer seit dessen Gründung den Vorsitz innehatte. Vgl. Mella, DAX, S. 10. 544 Der DAX wurde insbesondere von Frank Mella, Mitarbeiter der Börsenzeitung, Artur Fischer, Mitarbeiter der Frankfurter Börse, und Manfred Zaß (Deutsche Girozentrale – Deutsche Kommunalbank) gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen entwickelt und implementiert. 545 Zu weiteren Konstruktionsmerkmalen des DAX vgl. Janßen/Rudolph, DAX, S. 8–33. 546 Harry Markowitz hatte gezeigt, dass die Risikostreuung eines Portfolios entscheidend ist für seine Wertentwicklung. Markowitz, Portfolio Selection. 547 Burton Malkiel propagierte dann die Random Walk-Hypothese, also die These, dass Aktienkursänderungen einem Zufallsprozess gehorchen. Malkiel, Random Walk. 548 Seither fragen immer mehr Anleger passiv gemanagte Portfolios nach. Der Fondsdatenspezialist Morningstar erwartet, dass das Volumen passiver Fonds schon im Jahr 2024 größer sein könnte als das der aktiv gemanagten. Bislang machen ETFs etwa ein Drittel des aktiv gemanagten Volumens aus. https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/etf-guenstige-anlage-oder-systemrisiko-mit-dreibuchstaben/21124402.html. 549 Vgl. ADBAG 12604654. 550 Siehe Kapitel VIII. 551 Rudolph, Effekten- und Wertpapierbörsen, S. 350. 552 Schmidt, Entstehung, S. 421. 553 Commichau, Bundesverband, S. 37. Anmerkungen

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554 Jahresbericht der Deutschen Börsen 1994, S. 107; siehe auch Schenk, Informationstechnologie, S. 154. 555 Gespräch des Verfassers mit Frank Gerstenschläger am 15. Februar 2019. 556 Artur Fischer, ‚Wertpapierbörse als Dienstleistungsunternehmen‘, in: Börsen Zeitung, 30. August 1990; Vortrag Artur Fischer, ‚Die Börse auf dem Weg zum Service-Unternehmen‘, 29. November 1990, Internes Dokument, HWA, 1100/356–358; vgl. ‚Startschuss fällt Mitte nächsten Jahres – Schritt in ein einheitliches Börsensystem‘, in: Handelsblatt, 30. November 1990; siehe auch das Produktvideo der FWB unter https://photos.app.goo.gl/2JZTxR84nfAZyPWb9. 557 ADBAG 00013853, hier G. A. Schibbe, Die Zukunft des Mengengeschäfts im Computerhandel unter besonderer Berücksichtigung des Handels mit Blue Chips. 558 Schmidt, Rolle. 559 Rosen, Diskussion. 560 Schmidt, Börsen. 561 In einem Vortrag vom 2. Februar 1993 verglich Reto Francioni, der spätere Vorsitzende des Vorstands der Deutsche Börse AG, IBIS 2 und BOSS-CUBE. Aufgrund empirischer Erhebungen kam er zu dem Schluss, dass die Kursmakler für ihre eigenen Geschäfte durchaus Kurse nutzten, die außerhalb der Geld-Brief Spanne in IBIS lagen. Auch stellte er fest, dass die durchschnittliche Kursänderung in IBIS kleiner war. Er folgerte daraus, dass die Engagements der Kursmakler den Markt nicht konsistent stabilisierten. Francioni, Reto, German Cash and Derivatives Markets: Advantages and Possibilities of Screen Based Trading, ADBAG 000118158; vgl. hingegen die Untersuchung von Transaktionsdaten in BOSS-CUBE im Jahr 1996 durch Freihube et al. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Eigengeschäfte der Makler die Volatilität der Aktienkurse senken. Freihube et al., Performance. 562 BGBl., Jahrgang 1989, Teil I, Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 11. Juli 1989, Absatz 7. 563 Hopt/Baum, Börsenrechtsreform. 564 Schömann, Straf barkeit, Kap. 2. 565 Ein geflügeltes Wort in Banken war: „Sie wollen eine Gehaltserhöhung? Verdienen Sie Ihr Geld gefälligst an der Börse“. 566 Siehe Kapitel IV.2 im vorausgehenden Kapitel von Bernd Rudolph; vgl. ders., Effekten- und Wertpapierbörsen, S. 317 f. 567 Siehe auch eine neue Studie von Augustin/Subrahmanyam, Trading. 568 ‚Falsches Spiel‘, in: Der Spiegel, 45/1978. 569 ‚Deutsche Börsen gegen Insider-Gesetzgebung‘, in: Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe, 17. Oktober 1987. 570 Niederschrift über die Sitzung des Ausschusses für Wertpapier- und Börsenfragen am 14. September 1988, ADBAG 1010349. 571 Hopt, Überlegungen. 572 Siehe Pötzsch, Finanzmarktförderungsgesetz. 573 Hauck an von Ribbentrop, 4. Februar 1987, ADBAG 1260026. 574 Hauck, Kompost, S. 254 ff. 575 Vorschläge des Arbeitsausschusses zur Strukturverbesserung der Frankfurter Wertpapierbörse, 21. August 1986, ADBAG 1260026. 576 Frankfurter Wertpapierbörse, Handbuch. 577 Das Börsengesetz von 1975 erlaubte in § 3, Abs. 2, in den Börsenvorstand auch Vertreter der Anleger und der Emittenten von Wertpapieren aufzunehmen, zwingend war dies aber nicht. 578 So wirkte Prof. Dr. Wolfgang Stützel, gefolgt von anderen Professoren, lange Zeit bis zu seinem Tod im Jahr 1987 im Vorstand der Frankfurter Wertpapierbörse mit. 579 Vermerk an Herrn Hauck, 17. Dezember 1987, ADBAG 1260020. 580 Vermerk über die Sitzung des Präsidiums der Frankfurter Wertpapierbörse, 29. Juni 1989, ADBAG 1260020. 376

Anhang

581 Hopt/Baum, Börsenrechtsreform. 582 Vermerk Waldeck, Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, interne Erörterungen am 2. und 27. November 1989, ADBAG 1010342. 583 Rudolph, Effekten- und Wertpapierbörsen, S. 354. 584 Siehe Siekmann, Corporate Governance. 585 Gruppe Deutsche Börse – Unternehmensgeschichte https://www.deutsche-boerse.com/dbg-de/unternehmen/gruppe-deutsche-boerse/unternehmensgeschichte. 586 Siehe die detaillierte Beschreibung von Schmidt, Entstehung, S. 425 f. 587 Black/Scholes, Pricing. 588 Carlton, Futures, Fig. 4 589 Siehe das Kapitel V.3 von Rudolph in diesem Buch, S. XXX. 590 Hauck, Optionen. 591 Franke, J., It all began. 592 Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Präsidiums des Börsenvorstands der Frankfurter Wertpapierbörse, 30. Oktober 1987, ADBAG 1010404. 593 Niederschrift über die Sitzung des Ausschusses für Wertpapier- und Börsenfragen am 11. November 1987, ADBAG 1010349. 594 ‚Big Bang in Frankfurt‘, in: Wirtschaftswoche, 17. Februar 1989. 595 Siehe Franke, G., Errichtung, S. 49. 596 Franke, J., Terminbörse. 597 Siehe Franke, G., Derivate, Kap. III 1. 598 Siehe Deutsche Bundesbank, Kapitalmarktstatistik, Beiheft 2 zu den Monatsberichten, bis Januar 2017. 599 Da die Bundesanleihen, die für eine Lieferung in Betracht kommen, sich nach der Höhe des Coupons und ihrer Restlaufzeit unterscheiden, muss der Preis, den der Future-Verkäufer für die Lieferung einer Anleihe erhält, für diese beiden Eigenschaften korrigiert werden. Dazu wird ein künstlicher Preis der lieferbaren Anleihe berechnet, ausgehend von einer Verfallrendite von sechs Prozent. Da die tatsächlichen Verfallrenditen der lieferbaren Anleihen unterschiedlich sind, macht es einen Unterschied, welche Anleihe geliefert wird. Daher ist bei Verkauf des Futures der Marktwert der Cheapest-to-deliver-Option im Allgemeinen positiv. Siehe Franke, G., Derivate, Kap. III 1,2.5 c) für ein detalliertes Beispiel. Vielleicht macht gerade diese Komplexität den Future für die Händler interessant. Diese Option beeinträchtigt indessen die Transparenz der Futures und macht seine Nutzung für Laien schwierig. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Dieses Bewertungsproblem könnte eine Börse umgehen, indem sie für jede lieferbare Anleihe den Korrekturfaktor nach dem Marktwert der gewählten Bundesanleihe berechnen würde. 600 Börsenvorstandssitzungen 8/90 bis 3/92, hier 1. Februar 1991, ADBAG 11968. Die Geschäftsführung der Börse legte fest, dass die anhand der letzten 250 Tage berechnete Volatilität der zugrundeliegenden Aktie Grundlage für das Margining-System der Aktienoptionen war. 601 Siehe Franke, G., Derivate, Kap. III 1.2.1 und 3.2.1, sowie Rudolph/Schäfer, Finanzmarktinstrumente, S. 68. 602 Schmidt, Entstehung, S. 428 f. 603 Jörg Franke, ‚Turning the Exchange World Upside down‘, in: Derivatives Strategy, 3/1999. 604 Schmidt, Entstehung, S. 429. 605 Börsenvorstandssitzung, Februar 1991, ADBAG 11968. 606 Gespräch des Verfassers mit Jörg Franke am 5. Dezember 2018. 607 Franke, J., It all began. 608 Ebd. 609 Bessler/Book/Preuß, Handel. 610 Kynaston, Market, Kapitel 5. Anmerkungen

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Franke, G./Hess, Information diffusion. Breuer, Stand. Breuer, Stand. Der Übergang von IBIS zu Xetra war kompliziert, weil es zwar ein technisches IBIS-Handelssystem für alle deutschen Börsen gab, juristisch aber eines pro Börse. Daher wurde auch der Umsatz doppelt gezählt (Kauf + Verkauf ), um Börsenumsätze pro Ort zu ermitteln. Jede Börse hatte eine IBIS-Lizenz, das System wurde aber zentral betrieben. Mit der Einführung von Xetra verzichteten die FWB und die Düsseldorfer Börse auf IBIS, es wurde an diesen beiden Börsen ‚abgeschaltet‘. Die anderen Börsen entschieden sich, nicht in Xetra zu investieren. Daher hatten deren Börsenteilnehmer keinen Zugang zu Xetra. Die anderen sechs Börsen hätten IBIS noch weiter betreiben können, taten es aber nicht. In der Praxis ergab dies aber kein Problem, alle wichtigen Aktienhändler waren über Düsseldorf und/ oder Frankfurt angebunden, viele Unternehmen hatten Mehrfachmitgliedschaften an allen acht Börsen. Das größte Problem der Umstellung auf Xetra war die entfallende Doppelzählung der Umsätze, denn Xetra zählt den Umsatz nach internationalem Standard nur einfach. Potthoff/Stuhlfauth, Markt. Siehe Giersch/Schmidt, Märkte, Kap. 4. Präsentation ‚Der Neue Markt der Deutschen Börse‘, ADBAG 8818. Potthoff/Stuhlfauth, Markt. Neuer Markt Francioni, Präsentation: Der Neue Markt der Deutschen Börse, ADBAG 8818. Die folgenden Befunde zum Neuen Markt stammen überwiegend aus der Analyse von Lubig, Underpricing. Ebd., S. 47. ‚Nemax Index – die Geschichte von Boom und Crash‘, in: GeVestor, https://www.gevestor.de/details/nemax-index-die-geschichte-von-boom-und-crash-715021.html. ‚Bis zu 8.500 Prozent: Es gibt Überlebende des Dotcom-Desasters, die Anlegern Mega-Gewinne bescherten‘, in: Finanzen.net, 21. Januar 2017, https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/neuermarkt-bis-zu-8-500-prozent-es-gibt-ueberlebende-des-dotcom-desasters-die-anlegern-mega-gewinnebescherten-5249227. Hauck, Frankfurter Allerlei, S. 77. Satzung der Neuer Markt.com AG, ADBAG 00029054. Beschluss des Aufsichtsrats, 21. Dezember 2001, ADBAG 00030412. Beim Median liegen ebenso viele Beobachtungswerte darüber wie darunter. Siehe auch Gerke/Fleischer, Performance. Vgl. Rock, Issues. Siehe auch Kiss/Stehle, Underpricing. Weil die schlecht informierten Anleger diese Gefahr kennen, versuchen sie sich dagegen zu schützen, indem sie nur bei relativ niedrigen Emissionskursen die jungen Aktien zeichnen. Insoweit verhalten sich die schlecht informierten Anleger rational. Dieses Bankverhalten steht im Gegensatz zur späteren Finanzkrise 2008, in der zahlreiche Banken viel Geld verloren haben. Vgl. Franke/Krahnen, Finanzmärkte. Lubig, Underpricing, S. 277. Loughran/Ritter, Issue Puzzle. Sapusek, Benchmark. Lubig, Underpricing, S. 118, 122. ‚Neuer Markt: Die Chronik einer Kapitalvernichtung‘, in: Manager Magazin, 1. Juni 2003. Zitat nach Rüdiger von Rosen aus dem Vorwort zur Studie von Glaum/Street, Rechnungslegung, S. 5; siehe auch Ballwieser, Rechnungslegung. Die Entwicklung der Zahl der Insolvenzen am Neuen Markt zeigt Tabelle 3 in der empirischen Untersuchung von Bessler/Schneck, Securities, S. 373.

Anhang

639 Zitiert nach ‚Neuer Markt. Die Chronik einer Kapitalvernichtung‘, in: Manager Magazin, 1. Juni 2003. 640 Bessler/Schneck, Securities. 641 ‚Bis zu 8.500 Prozent: Es gibt Überlebende des Dotcom-Desasters, die Anlegern Mega-Gewinne bescherten‘, in: Finanzen.net, 21. Januar 2017, https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/neuermarkt-bis-zu-8-500-prozent-es-gibt-ueberlebende-des-dotcom-desasters-die-anlegern-mega-gewinnebescherten-5249227 und ‚Neuer Markt – es klopft im Sarg‘, in: Capital, 04/2019; vgl. Bessler/Schneck, Securities. 642 Die deutschen Börsen (Grundsatzüberlegungen der Börsensachverständigenkommission) 24. Januar 1990, ADBAG 00013853, siehe auch ebd., 12. September 1989. 643 Freihube et al., Performance. 644 Commichau, Bundesverband, S. 14, 16. 645 ‚Hauptfeind Computer‘, in: Wirtschaftswoche 49/1990, S. 104. 646 Commichau, Bundesverband, S. 34, 37. 647 Ebd., S. 44. 648 ‚Die Freimakler wollen sich nicht unterdrücken lassen‘, in: Handelsblatt, 30. August 1988. 649 ‚Freimakler: Keine Courtage an Makler‘, in: Börsen-Zeitung, 19. November 1988. 650 Commichau, Bundesverband, S. 49 f. 651 Deutscher Kassenverein, 23. Januar 1991, ADBAG 0013846. 652 Commichau, Bundesverband, S. 54 ff. 653 Beilage zum Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen 1987, Tabelle ‚Kreditinstitute und Börsenbesucher‘. 654 Jahresbericht der Deutschen Börsen 1994, S. 104. 655 Nach Schätzung von Elberskirch, Maklerhandel, wurden im Jahr 2010 etwa 30 Prozent der Orders von privaten Anlegern über Maklerspezialisten abgewickelt. 656 Vermerk zur künftigen Börsenstruktur, 18. August 1989, ADBAG 00013853. 657 Vorschlag der Börsensachverständigenkommission, 24. Januar 1990, ADBAG 23850. 658 Vermerk künftige Börsenstruktur, 18. August 1989. Vorbereitendes Material für die Sitzung des Ausschusses für Wertpapierbörsenfragen, ADBAG 23850. 659 Es konnte sein, dass sich vor Eröffnung der Börsen Orders kreuzten, d. h. dass die Kurslimits von Kauforders über denjenigen von Verkaufsorders lagen. Eine Auktion sicherte auch in diesen Fällen eine ,faire‘ Kursfeststellung. 660 „Als Börsenumsätze wurden bis einschließlich 1986 die Umsätze von Wertpapieren erfasst, die an den Börsen des Bundesgebietes unter Mitwirkung von Kursmaklern und Freimaklern in Einheits- und variabler Notierung zu Stande gekommen sind. Ab Januar 1987 werden die Börsenumsätze von der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen […] nach einer erweiterten Definition veröffentlicht. Bei allen Geschäften wird sowohl die Kaufals auch die Verkaufsseite gezählt. Außerdem werden seitdem der Handel unter Maklern mitgezählt und der Platz überschreitende Effektenverkehr sowie die unter Banken abgeschlossenen Direktgeschäfte, die in den Börsenrechner eingegeben werden, erfasst, Renten jedoch erst ab 1988. Die Börsenumsätze umfassen auch die Umsätze im IBIS Handel.“ Quelle: Deutsche Bundesbank, Kapitalmarktstatistik, Beiheft 2, Januar 2002, S. 68. 661 Landtagsdrucksache 11/1852 vom 7. Juni 1993, ADBAG 1340337. 662 Schmidt, Regional, hier S. 117. 663 https://www.longfinance.net/programmes/financial-centre-futures/global-financial-centres-index/. 664 Siehe Weber, Aufschwung. 665 Steil, Changes. 666 Aggarwal, Demutualization. 667 Steil, Changes. 668 Ebd. 669 Deutscher Bundestag, Börsengesetz. Anmerkungen

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‚Erster Kurs weit über Ausgabepreis‘, in: Spiegel, 5. Februar 2001. ‚Börsengänge waren 2001 wenig erfolgreich‘, in: faz.net, 15. Dezember 2001. Deutsches Aktieninstitut, Factbook. Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2001, S. 8. Ebd., S. 2. Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2002, S. 37. Gomber et al., Digital Finance. Massimb/Phelps, Electronic Trading. Bessler/Book/Preuß, Elektronischer Handel. Gomber/Riess/Budimir, Market Model Convergence. Schenk, Informationstechnologie, S. 83–90. Schmidt, Entstehung. In den weiteren Erläuterungen dieses Kapitels wird die Elektronisierung des Börsenhandels anhand der Entwicklung des Xetra Systems erläutert. Das Eurex System nahm eine weitgehend ähnliche Entwicklung mit ähnlichen Themenschwerpunkten und wird daher nicht zusätzlich separat behandelt. Zu den Anfängen des Eurex Systems im Kontext der DTB siehe das vorausgehende Kapitel von Günter Franke. Xetra wurde in zahlreichen Entwicklungsstufen umgesetzt bzw. erweitert. Diese Erweiterungen wurden jeweils als ‚Release‘ bezeichnet. Im Folgenden werden die Releasenummern, die die beschriebenen Erweiterungen umsetzten, jeweils in der Fußnote angegeben. Deutsche Börse AG, 420 Jahre. Xetra Release 1. Xetra Release 2. Deutsche Börse AG, Funktionale Beschreibung Xetra Release 3 (1998), http://www.xetra.com/blob/ 1207780/13ed05f59c7571d8e4f723b205334bec/data/Funktionale-Beschreibung-Xetra-Release-3.pdf. Martin Reck, ‚Deutschlands größter Handelsplatz feiert Jubiläum‘ in: Börsen-Zeitung, 29. November 2017, S. B8. Eine Client-Server Architektur verteilt die Aufgaben innerhalb eines Netzwerkes, wobei der Server Dienste bereitstellt, die von den Clients abgerufen werden können. Bei Xetra stellt das Backend bei der Börse den zentralen Server dar und führt die Marktplatzfunktionen, zum Beispiel die Orderzusammenführung, Preisbildung und Marktdatenverteilung, aus. Die Installationen bei den Marktteilnehmern agieren als Clients und bestehen wiederum aus einem oder mehreren lokalen Servern der Markteilnehmer und den Händlerarbeitsplatzrechnern. Hintergrundgespräch vom 6. Juni 2019. Xetra Release 2. Gomber et al., Circuit Breakers. Hintergrundgespräch vom 3. Juni 2019. Xetra Release 2.1 als sogenanntes Front-End Release. Xetra Release 3. Die Zulassung kleinerer Handelsaufträge machte Xetra auch für Retailbanken bzw. Retailanleger attraktiv. Während zur Einführung von Xetra nur Ordergrößen mit einem Volumen von 100 Stück für den fortlaufenden Handel eingegeben werden konnten, wurden ab Oktober 1998 nun alle Ordergrößen handelbar. Gomber/Schweickert, Market Impact. Deutsche Börse AG, Designated Sponsor Guide, https://www.deutsche-boerse-cash-market.com/ resource/blob/239002/cb096d8ea14e2164b2d1b9d88bbe559f/data/designated-sponsor-guide.pdf. Ebd. Gomber et al., Light.

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701 Martin Reck, ‚Deutschlands größter Handelsplatz feiert Jubiläum‘, in: Börsen-Zeitung, 29. November 2017, S. B8. 702 Xetra Release 9. 703 Deutsche Börse AG, Xetra-Rundschreiben 063/11. Migration des Präsenzhandels zum 23. Mai 2011 (2011), https://www.deutsche-boerse-cash-market.com/resource/blob/221708/9f4a173fdb95ac8f08d3 4f98c1a777f5/data/063_11d.pdf. 704 Siehe auch Kapitel VI. und XI. 705 Siehe auch Kapitel X. 706 Xetra Release 8.1. 707 Xetra Release 14. 708 Deutsche Börse AG, Xetra-Rundschreiben 099/13. Änderung der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse bezüglich der Kennzeichnung von Algorithmen sowie Order/TransaktionsVerhältnis (2013) https://www.xetra.com/resource/blob/203114/e252bfd21d264ea02a4b541e51c2b1fd/ data/099_13d.pdf. 709 Haferkorn, High-Frequency Trading. 710 Xetra Release 17. 711 Deutsche Börse AG, Xetra Release 17.0 Functional Description (2017), http://financedocbox.com/ Stocks/72054596-Xetra-release-functional-description-deutsche-borse-ag.html. 712 T7 Release 7 (siehe unten zu T7). 713 Xetra Release 3. 714 Xetra Release 4. 715 Schlag/Mönch/Schurba, Eisberge. 716 Gomber/Kirchner, Blockhandel. 717 Siehe Kapitel VIII. 718 Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2001, S. 8. 719 Xetra Release 5. 720 Xetra Release 9.1. 721 Xetra Release 16. 722 Xetra Release 7. 723 Martin Reck, ‚Deutschlands größter Handelsplatz feiert Jubiläum‘, in: Börsen-Zeitung, 29. November 2017, S. B8. 724 Gomber/Maurer, Xetra Best. 725 Köndgen, Internalisierter Wertpapierhandel. 726 ‚Xetra-Best dient der ‚Vorwärts-Verteidigung‘‘, in: faz.net, 30. August 2002. 727 Siehe auch Kapitel X. 728 Unter anderem in Xetra Release 8 im April 2007, in Xetra Release 10 im Juni 2009 sowie in Xetra Release 11 im Juni 2010. 729 Xetra Release 12. 730 Xetra Release 13. 731 Martin Reck, ,Deutschlands größter Handelsplatz feiert Jubiläum‘, in: Börsen-Zeitung, 29. November 2017, S. B8. 732 Deutsche Börse AG, Instrumente/Statistiken, https://www.deutsche-boerse-cash-market.com/dbcm-de/instrumente-statistiken. 733 Hintergrundgespräch vom 3. Juni 2019. 734 Seit April 2018 trägt die ehemalige Irish Stock Exchange nun den Namen Euronext Dublin. 735 Der Terminmarkt der EEX startete im März 2001 mit zwei Futures auf Grund- und Spitzenlasten für Strom. Im Oktober 2001 wurde die Fusion der EEX mit der Strombörse in Leipzig LPX (Leipzig Po-

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wer Exchange) bekanntgeben. 2020 war die EEX mit mehr als 250 Handelsteilnehmern die führende europäische Energiebörse. Die Eurex Repo GmbH wurde im März 2001gegründet und stellte den vollautomatisierten Handel von OTC-Repo-Geschäften an der Eurex bereit. Der Handel begann im Juli 2001 mit in Euro notierten Repos auf deutsche Staatsanleihen, Jumbo-Pfandbriefen und sogenannten Special-Repos. Die Eurex Bonds GmbH wurde im Jahr 2000 gegründet. Sie war eine gemeinsame Initiative der Eurex Frankfurt AG und führender Finanzinstitute für den außerbörslichen elektronischen Handel und das Clearing von im wesentlichen Staatsanleihen, Jumbo-Pfandbriefen und Unternehmensanleihen. Eurex Bonds hat den Geschäftsbetrieb zum 31. Dezember 2017 eingestellt. ‚Deutsche Börse und Wiener Börse verlängern Vertrag über Handelstechnologie‘, Deutsche Börse Group Pressemitteilung, 23. Februar 2016. ‚EEX wird 100%-iger Anteilseigner von Powernext‘, Pressemitteilung European Energy Exchange AG, 16. November 2017. Siehe Kapitel IX. zur Finanzkrise. Deutsche Börse AG, The European Post-Trade Market. Ein CCP stellt sich bei einer Wertpapiertransaktion zwischen beide Vertragsparteien, wird also zum Verkäufer für den Käufer und zum Käufer für den Verkäufer, wodurch bilaterale Ausfallrisiken ausgeschaltet werden (siehe Kapitel IV). Deutsche Börse AG, 1585–2010. Siehe das vorausgehende Kapitel von Günter Franke. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2001, S. 9. Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2001, S. 116. Yang/Tapking, Horizontal and Vertical Integration; Schaper, Managing, siehe auch Kapitel V. Siehe Kapitel V. ,Das Silo der Börse bleibt‘, in: Börsen-Zeitung, 5. November 2005. Schaper, Managing. ‚Ausland greift Modell der Deutschen Börse heftig an‘, in: Börsen-Zeitung, 21. Februar 2006. ‚Das Silo der Börse bleibt‘, in: Börsen-Zeitung, 5. November 2005. Seifert/Voth, Invasion, S. 70. Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2002, S. 76 f. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2004, S. 10. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2005, S. 2. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2007, S. 24. Deutsche Börse Group, Clearstream Snapshot, https://www.clearstream.com/resource/blob/131335 0/87ec3ef1b180e45a6b3638b469172697/clearstreamsnapshot-data.pdf: ‚Clearstream übernimmt Swisscanto Funds Centre Ltd. von der Zürcher Kantonalbank‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilung, 23. April 2018. Interview mit Berthold Kracke, Vorsitzender des Vorstands der Clearstream Banking AG, 17. Juni 2019. Chlistalla/Gomber/Schaper, The Future. ‚Link Up Markets goes live through Clearstream Services‘, in: IT Nation, 10. April 2009. ‚EZB gerät in die Defensive‘, in: Handelsblatt, 23. Oktober 2006. ‚Eurosystem unterzeichnet T2S-Rahmenvertrag mit ersten Zentralverwahrern‘, Europäische Zentralbank, Pressemitteilung 8. Mai 2012. Metzger, TARGET2-Securities. ‚Fünf Zentralverwahrer migrieren mit SWIFT in der vierten Welle zu Target2-Securities‘, in: IT Finanzmagazin, 9. Februar 2017. Hintergrundgespräch vom 17. Juni 2019.

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768 ‚Gemeinsamer Blockchain-Prototyp von Deutscher Bundesbank und Deutscher Börse‘, Deutsche Bundesbank, Pressenotiz, 28. November 2016. 769 ‚Gruppe Deutsche Börse weitet Partnerschaft mit HQLAx durch Minderheitsbeteiligung aus‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilung, 28. August 2018. 770 Clearstream: About Clearstream (2019), https://www.clearstream.com/clearstream-en/about-clearstream. 771 ‚Banque Centrale du Luxembourg und Clearstream: LuxCSD: ein neuer Zentralverwahrer für Luxemburg‘, Banque Centrale du Luxembourg, Communiqués, 19. Mai 2010. 772 ‚Clearstream führt neue Services zum Fondsvertrieb ein‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilung, 8. Mai 2019. 773 Deutsche Börse Group, Clearstream Snapshot, https://www.clearstream.com/resource/blob/131335 0/87ec3ef1b180e45a6b3638b469172697/clearstreamsnapshot-data.pdf : 774 Loader, Clearing, S. 1 f. 775 Laux, Clearing, S. 123. 776 Pirrong, Organization. 777 Eine detaillierte Diskussion der EMIR findet sich in Kapitel XI. 778 Kaya, OTC Derivatives Markets. 779 Federation of European Securities Exchanges (FESE): Functional Definition of a Central Counterparty Clearing House (CCP) (2004), https://www.esma.europa.eu/file/5752/down-load?token=1Icjakov. 780 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, EMIR. 781 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2003, S. 38 f. 782 ‚Stuttgarter Börse gegen neues Handelssystem‘, in: Handelsblatt, 10. Juli 2002. 783 Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2001. 784 Mohr/Zenglein /Prepin, Eurex Clearing AG. 785 Krahnen/Pelizzon, Margins. 786 Laux, Clearing, S. 131–134. 787 Ebd., S. 127 f. 788 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2003, S. 39. 789 Eurex Clearing AG, ,Spotlight on: CCP Risk Management’, https://www.eurexchange.com/resource/blob/147064/61ed370248af171852f76074a2616b2b/spotlight_on_ccp_risk_management-data.pdf, abgerufen am 6. März 2019. 790 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. 30. 791 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2010, S. U3. 792 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2013, S. 24. 793 Gregory, Central Counterparties, S. 141 f. 794 ,Eurex Clearing AG: Risk Management in the Clearing Business. Lines of Defense’,https://www.eurexclearing.com/resource/blob/56098/9e90d73a14f7e478e35a40ed4533f324/data/lines-of-defense.pdf, abgerufen am 11. März 2019. 795 Eurex Clearing AG, Spotlight.Vgl. Anmerkung 125. 796 Deutsche Börse AG, Finanzbericht 2017, S. 109. 797 Deutsche Börse AG, Letter of Comfort (Patronatserklärung) in favour of Eurex Clearing AG issued by Deutsche Börse AG (2016), https://www.eurexclearing.com/resource/blob/238374/22f27ee2c010d c4346ef30190c8a612e/data/letter-of-comfort-eurex-clearing.pdf. 798 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. 30. 799 Mohr/Zenglein/Prepin, Eurex Clearing AG. 800 Financial Stability Board, OTC Derivatives. 801 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2009, S. 14. 802 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2011, S. U5. Anmerkungen

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Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2011, S. 114. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2014, S. 22. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2018, S. 58. Ebd., S. 4. Eurex Clearing AG, Risk Management. Kundisch/Henneberger/Holtmann, Börsenwettbewerb. Aufgabegeschäfte erlauben es Kursmaklern, die Gegenpartei eines Handelsgeschäfts nicht sofort festzulegen, wodurch die Kursmakler eine Art Leerposition eingehen, bis sie entweder eine passende Gegenpartei finden oder das Handelsgeschäft selbst eingehen. Aufgabegeschäfte dienen somit der Unterstützung von Kursmaklern bei der Liquiditätsbereitstellung. Börse Stuttgart, Börsenordnung. Siehe Kapitel I. London Investment Banking Association, Press Release, 3. Februar 2005, https://www.businesswire. com/news/home/20050203005608/en/European-Trading-Associations-Publish-Statement-of-Principles-to-Be-Applied-to-Consolidation-of-Stock-Exchanges-and-Central-Market-Infrastructure, abgerufen am 13. März 2020. ,The Bloody Battle for the Crown Jewel of European Stock Markets (2005)’, Wharton School, University of Pennsylvania, http://knowledge.wharton.upenn.edu/article/the-bloody-battle-for-the-crownjewel-of-european-stock-markets/. Seifert/Voth, Invasion, S. 89. Ebd., S. 61. ,Market merger: Full Statement’, in: BBC News, 3. Mai 2000. Ebd. ‚Börsenfusion – Eine Chronologie‘, in: Manager Magazin, 12. September 2000. ,Merrill Lynch on back foot over report attacking exchange merger’, in: The Telegraph, 8. September 2000. ‚Das Scheitern der Börsenfusion Frankfurt – London‘, Deutschlandfunk, 3. Mai 2000. Seifert/Voth, Invasion, S. 80. ‚Das Scheitern der Börsenfusion Frankfurt – London‘, Deutschlandfunk, 3. Mai 2000. ,Will the Viking raid sink the iX merger?‘, in: The Telegraph, 27. August 2000. ,OM Gruppen mit Übernahme von LSE gescheitert‘, in: n-tv.de. Seifert/Voth, Invasion. ,Proposed pre-conditional cash offer by Deutsche Börse for the London Stock Exchange Plc’, Deutsche Börse Group, Pressemitteilung, 27. Januar 2005. ,Investor threatens German LSE bid’, in: BBC News, 16. Januar 2005. ,Wachsende Bedenken gegen Börsenübernahme‘, in: Welt am Sonntag, 23. Januar 2005. Deutsche Börse AG, Cash Offer. Vgl. Anmerkung 162. Seifert/Voth, Invasion. Deutsche Börse AG, Cash Offer, vgl. Anmerkung 162. Seifert/Voth, Invasion. ,Kampf um Londons Börse spitzt sich zu: Schaden für Frankfurt befürchtet‘, in: Börsen-Zeitung, 10. Februar 2005. ,Fidelity gegen Seiferts Plan‘, in: Börsen-Zeitung, 25. Februar 2005. ,Deutsche Börse zieht Gebot für LSE zurück. Seifert beugt sich dem Druck seiner Anteilseigner‘, in: Börsen-Zeitung 8. März 2005. Seifert/Voth, Invasion. Ebd. ,Seifert und Breuer werfen das Handtuch‘, in: Börsen-Zeitung, 10. Mai 2005.

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Seifert/Voth, Invasion. ,Kein ‚Acting in Concert‘ bei der Deutschen Börse‘, in: Börsen-Zeitung, 20. Oktober 2005. ,Macquarie goes hostile in LSE fight‘, in: The Guardian, 16. Dezember 2005. Deutsche Börse AG, Finanzbericht 2016, S. 24 f. Ebd., S. 10. ‚EmpfohlenerZusammenschlussvonLondonStockExchangeundDeutscheBörseAG‘,14.Dezember 2016, http://docplayer.org/34000420-Empfohlener-zusammenschluss-von-london-stock-exchangegroup-plc-und-deutsche-boerse-ag.html. ,Börse und LSE versprechen Synergien von 450 Mill. Euro‘, in: Börsen-Zeitung, 17. März 2016. ‚Deutsche-Börse-Chef warnt vor Scheitern der Fusion‘, in: Börsen-Zeitung, 6. Mai 2016. Hauke Stars, ‚Börsenfusion wird die Innovationskraft hebeln‘, in: Börsen-Zeitung, 13. Mai 2016. ‚FDP und SPD nehmen die Börsenfusion aufs Korn‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Dezember 2016. Ebd. ‚Finanzbranche für die Börsenfusion‘, in: Börsen-Zeitung, 27. April 2016. ‚BaFin-Chef gegen London als Sitz der Börsenholding‘, in: Börsen-Zeitung, 29. Juni 2016. ‚Hessen verlangt Börsensitz für Frankfurt‘, in: Börsen-Zeitung, 4. Februar 2017. ,LSE shareholders vote in favor of Deutsche Boerse deal‘, in: CNBC, 4. Juli 2016. Deutsche Börse AG, Finanzbericht 2016, S. 24. Deutscher Bundestag, Börsengesetz. ,Clearing wird Fusion zum Verhängnis‘, in: Börsen-Zeitung, 30. März 2017. Deutsche Börse AG, Finanzbericht 2017, S. 10. ,Insiderhandelsaffäre kostet Carsten Kengeter 4,75 Mill. Euro‘, in: Börsen-Zeitung, 3. Januar 2019. ‚Gericht stellt Verfahren ein‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilungen, 21. Dezember 2018. ,Insiderhandelsaffäre kostet Carsten Kengeter 4,75 Mill. Euro‘, in: Börsen-Zeitung, 3. Januar 2019. Seifert/Voth, Invasion. ‚Spekulation um Börsenfusion‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Juli 2004. Seifert/Voth, Invasion. ‚Reto Francioni: Ein Alleingang ist für uns kein Ziel‘, in: Handelszeitung, 28. September 2004. Euronext N. V.: A new kind of exchange business, Corporate Brochure. https://www.euronext.com/ en/we-are-euronext, abgerufen am 28. Februar 2019. Seifert/Voth, Invasion. ‚Deutsche Börse AG: Abschluss des Kartellverfahrens durch die UK Competition Commission/ Deutsche Börse will Verhandlungen mit Euronext aufnehmen‘, 15. März 2006, https://www. dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boerse-abschluss-des-kartellverfahrens-durch-die-competition-commissiondeutsche-boerse-will-verhandlungen-mit-euronext-aufnehmen/?newsID=58054&searchString=Euronext, abgerufen am 8. April 2019. ‚Deutsche Börse AG: Deutsche Börse detailliert Vorschläge für einen möglichen Zusammenschluss mit Euronext‘, 19. Mai 2006. https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boerse-deutscheboerse-detailliert-vorschlaege-fuer-einen-moeglichen-zusammenschluss-mit-euronext/?newsID=601 73&searchString=Euronext, abgerufen am 8. April 2019. ‚Deutsche Börse AG: Deutsche Börse veröffentlicht wirtschaftliche Einzelheiten für möglichen Zusammenschluss mit Euronext‘, 23. Mai 2006, https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutscheboerse-deutsche-boerse-veroeffentlicht-wirtschaftliche-einzelheiten-fuer-moeglichen-zusammenschluss-mit-euronext/?newsID=60247&searchString=Euronext, abgerufen am 8. April 2019. Vgl. Anmerkung 204. ‚Euronext signalisiert Gesprächsbereitschaft – Chance auf Börsenachse Frankfurt-Paris steigt‘, in: Börsen-Zeitung, 15. März 2006. Anmerkungen

385

872 ‚Deutsche Börse AG: Deutsche Börse-Aufsichtsrat unterstützt Verhandlungen mit Euronext‘, 30. März 2006, https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boerse-deutsche-boerseaufsichtsrat-unterstuetzt-verhandlungen-mit-euronext/?newsID=58616&searchString=Euronext, abgerufen am 8. April 2019. 873 ‚Nyse und Euronext führen Gespräche‘, in: Börsen-Zeitung, 27. April 2006. 874 Dies entsprach ca. acht Milliarden Euro mit einem Baranteil von 2,4 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu betrug das Angebot der Deutsche Börse AG 8,6 Milliarden Euro mit einem jedoch niedrigeren Baranteil von ca. 870 Millionen Euro. 875 ,Börsen-Zeitung, Kampf um Euronext geht in die letzte Runde: Nyse bietet rund 10 Mrd. Dollar‘, in: Börsen-Zeitung, 23. Mai 2006. 876 ‚Deutsche Börse AG: Börse veröffentlicht modifizierten Vorschlag für einen Zusammenschluss mit Euronext‘, 19. Juni 2006, https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boerse-agdeutscheboerse-veroeffentlicht-modifizierten-vorschlag-fuer-einen-zusammenschluss-mit-euronext/?newsID =61003&searchString=Euronext, abgerufen am 8. April 2019. 877 ‚Rien ne va plus‘, in: Börsen-Zeitung, 21. Juni 2006. 878 ‚Deutsche Börse ohne Partner‘, in: Börsen-Zeitung, 9. November 2006. 879 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2006, S. 5. 880 ‚Überwältigende Mehrheit für Börsenfusion‘, in: Börsen-Zeitung, 20. Dezember 2006. 881 ‚Deutsche Börse AG: Deutsche Börse AG Tochter Eurex und ISE schaffen größten transatlantischen Marktplatz für Derivate‘, 30. April 2007, https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boersetochter-eurex-und-ise-schaffen-groessten-transatlantischen-marktplatz-fuer-derivate/?newsID=75328 &searchString=ISE, abgerufen am 8. April 2019. 882 Deutsche Börse AG, Halbjahresfinanzbericht Quartal 2/2016, S. 6. 883 ‚Deutsche Börse beendet Geschäft, das nie aufging‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. März 2016. 884 ‚Deutsche Börse AG, Deutsche Börse AG and NYSE Euronext bestätigen fortgeschrittene Gespräche über Zusammenschluss‘, 9. Februar 2011, https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boerse-deutsche-boerse-and-nyse-euronext-bestaetigen-fortgeschrittene-gespraeche-ueber-zusammenschl uss/?newsID=658873&searchString=NYSE, abgerufen am 8. April 2019. 885 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2011, S. 137. 886 Siehe Kapitel VI. 887 ‚Deutsche Börse AG: Deutsche Börse AG und NYSE Euronext vereinbaren Zusammenschluss zur weltweit führenden Börsenorganisation‘, 15. Februar 2011, https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boerse-deutsche-boerse-und-nyse-euronext-vereinbaren-zusammenschluss-zur-weltweit-fuehrenden-boersenorganisation/?newsID=659583&searchString=NYSE, abgerufen am 8. April 2019. 888 Ebd. 889 ‚Risiken für Frankfurt‘, in: Börsen-Zeitung, 15. September 2011. 890 ‚Deutsche Börse AG: Board of Directors der NYSE Euronext weist Vorschlag von NASDAQ/ICE zurück‘, 10. April 2011, https://www.dgap.de/dgap/News/adhoc/deutsche-boerse-board-directorsder-nyse-euronext-weist-vorschlag-von-nasdaqice-zurueck/?newsID=667483&searchString=NYSE, abgerufen am 8. April 2019. 891 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2011, S. 137. 892 Ebd. 893 ‚US-Justizministerium genehmigt Börsenfusion‘, in: Börsen-Zeitung, 23. Dezember 2011. 894 ‚Deutsche Börse AG: Europäische Kommission untersagt geplanten Unternehmenszusammenschluss zwischen Deutsche Börse und NYSE Euronext‘, 1. Februar 2012, https://www.dgap.de/dgap/News/ adhoc/deutsche-boerse-europaeische-kommission-untersagt-geplanten-unternehmenszusammen386

Anhang

895 896 897 898 899 900 901 902 903 904 905

906 907 908 909 910 911 912

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915 916 917 918 919 920

schluss-zwischen-deutsche-boerse-und-nyse-euronext/?newsID=702749&searchString=NYSE, abgerufen am 8. April 2019. ‚Die Börsenfusion steht auf Messers Schneide‘, in: Börsen-Zeitung, 9. Dezember 2011. ‚EU-Kommission untersagt Börsenfusion: ‚Realitätsfremd verengte Marktvision‘‘, in: Börsen-Zeitung, 2. Februar 2012. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2011, S. 249. ‚Euronext soll am 20. Juni an die Börse‘, in: Börsen-Zeitung, 11. Juni 2014. ‚LSEG chief rules out cross-border mergers‘, in: The Trade, 5. Juni 2019. ‚Deutsche Börse kauft 360T‘, in: Finance Magazin, 27. Juli 2015. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2015, S. 16. ‚Deutsche Börse schafft führenden Anbieter im Index- und Portfolio- und Risikoanalysebereich‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilung, 9. April 2019. ‚Deutsche Börse übernimmt Axioma‘, in: n-tv.de 9. April 2019. Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MiFID. MiFID I und deren Auswirkungen auf die europäischen bzw. deutschen Marktstrukturen sowie auf die Wettbewerbslandschaft der europäischen bzw. deutschen Börsen werden in diesem Kapitel beschrieben. Nach der Finanzkrise und den grundlegenden Veränderungen bei Handelstechnologie und Marktmodellen wurde MiFID I überarbeitet. Bei der Überarbeitung wurden die neuen Regulierungsinhalte über eine Richtlinie (im Folgenden: MiFID II) und in einer Verordnung (im Folgenden: MiFIR) abgedeckt. MiFID II/MiFIR mussten von der europäischen Finanzindustrie ab Januar 2018 angewendet werden. Die Inhalte und Auswirkungen der MiFID II/MiFIR finden sich in Kapitel XI. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Umsetzung des Finanzmarktrahmens. Rat der Europäischen Gemeinschaften, Wertpapierdienstleistungsrichtlinie. ,There’s no hiding from Mifid‘, in: Euromoney, 1. September 2005. Deutscher Bundestag, Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente. Securities and Exchange Commission, Regulation NMS. Rat der Europäischen Gemeinschaften, Wertpapierdienstleistungsrichtlinie. Die MiFID (Artikel 4 (1) 14) definiert einen geregelten Markt als „… ein von einem Marktbetreiber betriebenes und/oder verwaltetes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach seinen nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt oder das Zusammenführen fördert, die zu einem Vertrag in Bezug auf Finanzinstrumente führt, die gemäß den Regeln und/oder den Systemen des Marktes zum Handel zugelassen wurden, sowie eine Zulassung erhalten hat und ordnungsgemäß und gemäß den Bestimmungen des Titels III funktioniert“. Nach MiFID (Artikel 4 (1) 15) handelt es sich bei einem multilateralen Handelssystem um „… ein von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betriebenes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß den Bestimmungen des Titels II führt“. Ein systematischer Internalisierer ist nach MiFID (Artikel 4 (1) 7) „… eine Wertpapierfirma, die in organisierter und systematischer Weise häufig regelmäßig Handel für eigene Rechnung durch Ausführung von Kundenaufträgen außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF treibt“. Siehe Kapitel VII. Gomber/Maurer, Xetra Best. Siehe Kapitel II. und Kapitel VII. Fidessa, Fragulator. Ebd. Gomber/Pierron, MiFID.

Anmerkungen

387

921 Vorhandelstransparenzanforderung: Veröffentlichung der aggregierten Anzahl von Orders und der aggregierten Anzahl handelbarer Stücke für mindestens die fünf besten Geld- und Brief kurse. 922 Vorhandelstransparenzanforderung: Veröffentlichung des indikativen Auktionspreises und des indikativen Auktionsvolumens. 923 Vorhandelstransparenzanforderung: Angemessene Informationen hinsichtlich des Orderniveaus oder der Kursofferten und des Handelsinteresses. 924 Siehe Kapitel VIII. 925 Gomber/Pierron, MiFID. 926 Gomber et al., Umsetzung der MiFID in Deutschland. 927 Gomber/Pujol/Wranik, Best Execution. 928 Die Orderausführung über diese neuen MTFs war in keiner der untersuchten Policies vorgesehen. 929 Siehe Kapitel VII. 930 Gomber/Jäger, MiFID. 931 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, Richtlinie 2003/6/EG. 932 Deutscher Bundestag, Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes. 933 ‚Banken attackieren Abwickler‘, in: Financial Times Deutschland, 20. Februar 2006; ‚Londoner City drängt auf paneuropäische Wertpapiersysteme‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. März 2006. 934 ‚EU-Kommission will Preise notfalls vorgeben‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. März 2006. 935 ‚Deutsche Börse sieht sich als Opfer einer Kampagne‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. März 2006. 936 Federation of European Securities Exchanges et al., Code of Conduct. 937 Clearstream International S. A., Access and Interoperability Guideline, 28. Juni 2007, https://www. clearstream.com/resource/blob/1318830/e73b154b7a69d84c4c07f305222c574b/accessandinteroperabilityguideline-data.pdf, abgerufen am 14. März 2019. 938 ‚Börsen geloben Fairness‘, in: Handelsblatt, 8. November 2006. 939 ‚Deutsche Börse kündigt Vertrag‘, in: n-tv.de, 24. Oktober 2007. 940 ‚Die Börse in Düsseldorf: Glanz, Elend, Hoffnung‘, in: Westdeutsche Zeitung, 18. Mai 2018. 941 ‚Es bleibt beim Parketthandel von 9 bis 20 Uhr‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. April 2008. 942 ‚Stuttgart macht früher auf‘, in: n-tv.de, 14. März 2011. 943 ‚Handel bald bis 20.00 Uhr‘, in: Handelsblatt, 24. März 2011. 944 ‚Börse Stuttgart will bis 22 Uhr handeln‘, in: Börsen-Zeitung, 7. September 2012. 945 ‚Zertifikate von 8 bis 22 Uhr über die Börse Frankfurt handeln‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilungen, 25. Juni 2018. 946 ‚Diese Regionalbörsen machen Frankfurt Konkurrenz‘, in: Welt, 3. September 2011. 947 Börsen Hamburg-Hannover: Fondshandel Hamburg (2019), https://www.boersenag.de/Fonds-Invest/Fondshandel_Hamburg, abgerufen am 15. März 2019. 948 ‚Bayerische Börse weitet Handel deutlich aus‘, in: Merkur, 22. Januar 2015. 949 Börse Düsseldorf, Quality Trading (2019), https://www.boerse-duesseldorf.de/qualitytrading/index, abgerufen am 15. März 2019. 950 ‚Die Bremer Börse wird aufgelöst‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Juli 2007. 951 ‚Börsenfusion – was sich für Anleger nun ändert‘, in: Hamburger Abendblatt, 24. März 2017. 952 Berliner Effektengesellschaft AG: Vom Börsenmakler zum Kapitalmarktdienstleister (2019), https:// www.effektengesellschaft.de/u/historie.htm, abgerufen am 4. April 2019. 953 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2009, S. 81. 954 ‚Deutsche Börse erhöht Anteil an Tradegate‘, Deutsche Börse Cash Market, Pressemitteilungen, 21. Dezember 2016. 955 ‚Tradegate Exchange mit neuem Rekordergebnis‘, Deutsche Börse Cash Market, Pressemitteilungen, 7. April 2011. 388

Anhang

956 ‚Tradegate Exchange: Handelsumsätze erreichen mit 106 Mrd. Euro neuen Rekordstand‘, Deutsche Börse Cash Market, Pressemitteilungen, 9. Januar 2019. 957 Latenz im Wertpapierhandel ist als die Zeit definiert, die ab dem Erteilen eines Handelsauftrags durch einen Händler vergeht, bis dieser vom Handelssystem eine Rückmeldung über den Status seines Auftrags erhält, d. h. ob der Auftrag ausgeführt oder ins Orderbuch eingestellt wurde. 958 Riordan/Storkenmaier/Wagener, Multilateral Trading Facilities. 959 Clapham et al., Liquidity Provider Incentives. 960 Gresse, Market Fragmentation, S. 3 f. 961 Ebd., S. 4. 962 ‚Cboe Europe gains approval for Dutch trading venue‘, in: The Trade, 11. März 2019. 963 ,Instinet’s Chi-X Global to challenge exchanges‘, Reuters, 8. Februar 2008. 964 ‚LSE buys Turquoise share trading platform‘, in: Financial Times, 21. Dezember 2009. 965 Gresse, Market Fragmentation, S. 4. 966 ‚BATS Chi-X Europe becomes registered exchange‘, in: The Trade, 9. Mai 2013. 967 ‚CBOE and Bats Europe undergo rebrand‘, in: The Trade, 17. Oktober 2017. 968 Cboe Global Markets Inc.: Cboe Europe Equities (2019), https://markets.cboe.com/europe/equities/ overview/, abgerufen am 18. März 2019. 969 Gomber/Pierron, MiFID. 970 Deutsche Börse AG, Finanzbericht 2017, S. 43. 971 Stoll, Market Fragmentation. 972 Mendelson, Consolidation. 973 Chowdhry/Nanda, Multimarket Trading. 974 Gomber et al., Competition. 975 Gresse, Effects. 976 Degryse/Jong/van Kervel, Impact. 977 Ebd. 978 Fidessa, Fragulator. 979 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2011, S. 13–16. 980 Xetra-Rundschreiben 016/2002: Neuer Handels-Service Xetra Best Execution (2002), https://www. xetra.com/xetra-de/newsroom/rundschreiben/xetra-rundschreiben/Neuer-Handels-Service-XetraBest-Execution-221300, abgerufen am 16. März 2019. 981 Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2002, S. 11. 982 Siehe Kapitel II. 983 Die Mindestpreisverbesserung wurde 2007 auf 0,1 Cent reduziert. 984 Gomber/Maurer, Xetra Best. 985 ‚Nur zwei Gewinner‘, in: Manager Magazin, 17. Juni 2002. 986 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2003, S. 169 und Geschäftsbericht 2004, S. 182. 987 Siehe Kapitel VI. 988 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2007, S. 15. 989 Eine ausführliche Definition dieser regulatorischen Begriffe findet sich in Kapitel VI. 990 European Securities and Markets Authority, ESMA Registers; Fidessa, Fragulator. 991 Gomber/Pierron, MiFID. 992 Zu den Auswirkungen der Handelspflicht für Aktien auf den außerbörslichen Handel siehe auch Kapitel VIII. und XI. 993 Detaillierte Ausführungen zu Broker Crossing Networks und deren Verbot in Europa finden sich in den Kapiteln VIII. und XI; Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MiFIR. 994 European Securities and Markets Authority, ESMA Registers.

Anmerkungen

389

995 Services für Unternehmen (2019), https://www.boerse-muenchen.de/services-fuer-unternehmen, abgerufen am 15. März 2019. 996 ‚Deutsche Börse beerdigt den Entry Standard‘, in: Finance, 21. November 2016. 997 ‚Scale. Eigenkapitalfinanzierung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)‘, https://www.deutsche-boerse-cash-market.com/dbcm-de/primary-market/marktstruktur/segmente/scale, abgerufen am 18. Juni 2019. 998 ‚Neues KMU-Segment Scale gestartet‘, Deutsche Börse Group Pressemitteilungen, 1. März 2017 abgerufen am 19. Juni 2019. 999 ‚Das Deutsche Börse Venture Network unterstützt Wachstum‘, https://www.venture-network.com/ dbvn-de/ueber-uns, abgerufen am 19. Juni 2019. 1000 ‚Börsengang von home24 ist das sechste IPO in drei Jahren Deutsche Börse Venture Network‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilungen, 14. Juni 2018. 1001 ‚Das Deutsche Börse Venture Network unterstützt Wachstum‘, https://www.venture-network.com/ dbvn-de/ueber-uns, abgerufen am 19. Juni 2019. 1002 ‚Primärmarktstatistik – Neue Unternehmen (2019)‘, https://www.deutsche-boerse-cash-market.com/ dbcm-de/instrumente-statistiken/statistiken/primaermarktstatistiken, abgerufen am 18. Juni 2019. 1003 Degryse/Jong/van Kervel, Impact. 1004 Gomber/Pierron, MiFID. 1005 Gomber/Gvozdevskiy, Dark Trading. 1006 Ebd. 1007 Gruppe Deutsche Börse, Geschäftsbericht 2001, S. 8. 1008 Anders als bei der Ausführungsregel gemäß Preis-/Zeitpriorität werden bei der Volumen-/Zeitpriorität jene Handelsaufträge zuerst ausgeführt, die das höchste Volumen aufweisen. Bei identischem Volumen hat der ältere Auftrag Vorrang. 1009 Gomber/Kirchner, Blockhandel. 1010 Schäffner, Blocktransaktionen, S. 34 f. 1011 ‚Deutsche Börse plant aus Neutralitätsgründen kein Dark-Pool-Angebot‘, in: wallstreet-online, 5. August 2008. 1012 ‚Neue Xetra-Funktionalität minimiert Handelskosten‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilungen, 21. November 2008. 1013 ‚Xetra MidPoint ist Europas erfolgreiche regulierte Plattform für diskreten Handel‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilungen, 4. Juni 2009. 1014 Ebd. 1015 ,Deutsche Börse und Liquidnet kündigen Zusammenarbeit für effizienteren Blockhandel in deutschen Aktien an‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilungen, 18. Juli 2013. 1016 Best Execution: Sellside Rallies to Challenge Deutsche Börse – Liquidnet Tie-Up (2013), https://www. bestexecution.net/deutsche-borse-liquidnet-tie-up-creates-waves-source-financial-news/, abgerufen am 27. März 2019. 1017 Der Begriff Sell-Side beschreibt jene institutionellen Teilnehmer an den Finanzmärkten, die als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer auftreten (z. B. Handelsbanken und Investmentbanken). Sie bieten ihre Dienstleistungen der sogenannten Buy-Side an. Hierzu zählen institutionelle Marktakteure, die als Kunden für Finanzprodukte auftreten (z. B. Investmentfonds und Pensionskassen). 1018 ‚Deutsche Boerse confirms dark pool closure‘, in: The Trade, 8. Februar 2017. 1019 Ebd. 1020 ‚Xetra Release 16.0 bringt innovative Matching-Funktionen‘, Deutsche Börse Group, Pressemitteilungen, 30. November 2015. 1021 Fidessa, Fragulator. 1022 ‚Wie der Börsenhandel über Schattenmärkte Anlegern schadet‘, in: WirtschaftsWoche, 27. März 2018. 390

Anhang

1023 ‚Wilde neue Börsenwelt – Die Darkrooms der Finanzmärkte‘, in: Süddeutsche Zeitung, 12. Februar 2011. 1024 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MiFIR. 1025 European Securities and Markets Authority, MiFID II. 1026 European Securities and Markets Authority (ESMA), MiFID II: ESMA publishes double volume cap data (2018), https://www.esma.europa.eu/press-news/esma-news/mifid-ii-esma-publishes-doublevolume-cap-data. Zuletzt geprüft am 28. März 2019. 1027 Fidessa, Fragulator. 1028 Zhu, Dark Pools. 1029 Buti/Rindi/Werner, Dark Pool. 1030 Brugler, Light. 1031 Degryse/Jong/van Kervel, Impact. 1032 Comerton-Forde/Putniņš, Dark Trading. 1033 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MiFID. 1034 Gomber et al., State of Play. 1035 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MiFID II. 1036 Gomber et al., MiFIR Trading Obligation. 1037 Ivashina/Scharfstein, Bank Lending. 1038 Rudolph, Finanzkrise. 1039 G20, Leaders‘ Statement. 1040 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2007, S. 15, S. 75. 1041 ‚Der Profiteur der Finanzkrise‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. Februar 2008. 1042 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. 15. 1043 ‚Das tiefrote Aktienjahr 2008‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31. Dezember 2008. 1044 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. 13. 1045 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2009, S. 6 f. 1046 Ebd., S. 79. 1047 Ebd., S. 102. 1048 ‚Deutsche Börse streicht 100 Stellen‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. März 2010. 1049 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. U4. 1050 ‚Börse spart mit Umzug 17 Millionen an Steuern‘, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. Mai 2009. 1051 ‚Deutsche Börse flieht aus Frankfurt‘, in: Spiegel, 4. November 2010. 1052 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2010, S. U4. 1053 Neben der Deutsche Börse AG sind die Commerzbank AG, Deutsche Bank AG, DZ Bank AG, B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA, die Schweizer Bank Vontobel sowie die Umicore AG & Co. KG, eine Konzerntochter der Umicore SA., die weltweit mehrere Goldraffinerien betreibt und Goldbarren herstellt, beteiligt. 1054 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2007, S. U4. 1055 Deutsche Börse Commodities GmbH: Goldbestand. https://www.xetra-gold.com/produkt/bestand/, abgerufen am 21. März 2019. 1056 Gespräch mit Dr. Michael König, Managing Director bei der Deutsche Börse Commodities GmbH, am 8. Oktober 2019. 1057 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2010, S. 104 und Geschäftsbericht 2018, S. 66. 1058 Deutsche Börse AG, Finanzbericht 2016, S. 49 f. 1059 Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2018, S. 66. 1060 Siehe Kapitel II. 1061 Der Begriff Buy-Side beschreibt jene institutionellen Teilnehmer an den Finanzmärkten, die als Kunden für Finanzprodukte auftreten (z. B. Investmentfonds und Pensionskassen). Im Gegensatz dazu Anmerkungen

391

1062 1063 1064 1065 1066 1067 1068 1069 1070 1071 1072 1073 1074 1075 1076 1077 1078 1079 1080 1081 1082 1083 1084 1085 1086 1087 1088 1089 1090 1091 1092 1093 1094 1095 1096 1097 1098 1099 1100 1101 1102 1103 1104 1105 1106 392

stehen die Unternehmen der sogenannten Sell-Side, die in Finanzmärkten als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer agieren (z. B. Handelsbanken und Investmentbanken). European Securities and Markets Authority, High-Frequency Trading. Gomber et al., High-Frequency Trading. Eholzer/Roth, Role. ‚Es begann mit 45 Tauben‘, in: Welt, 15. Mai 2007; ,Nachrichtenpionier und Taubenkurier‘, in: Deutschlandfunk, 21. Juli 2016. Haferkorn, High-Frequency Trading. Gomber et al., High-Frequency Trading. Menkveld, High Frequency Trading. Haferkorn, High-Frequency Trading. Shkilko/Sokolov, Cloud. Budish/Cramton/Shim, High-Frequency Trading. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2004, S. 24 f. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2005, S. 16. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2006, S. 20. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. 91. Siehe Kapitel II. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2009, S. 80. European Securities and Markets Authority, High-Frequency Trading. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2006, S. 5. Ebd., S. 20 f. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. 24. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2009, S. 9. Siehe Kapitel II. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2017, S. 11. Siehe Kapitel VII. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2008, S. U3. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2009, S. 9. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2011, S. U5. Gomber et al., High-Frequency Trading. U. S. Commodity Futures Trading Commission/U. S. Securities & Exchange Commission, Findings. Hendershott/Riordan, Algorithmic Trading; Clapham/Haferkorn/Zimmermann, Speed. ‚Der unregulierte Wertpapierhandel gehört verboten‘, in: WirtschaftsWoche, 16. Januar 2013. Cliff/Northrop, Financial Markets. U. S. Commodity Futures Trading Commission/U. S. Securities & Exchange Commission, Findings. Kirilenko et al., Flash Crash. O’Hara, Market Microstructure. Hendershott/Jones/Menkveld, Algorithmic Trading. Hendershott/Riordan, Algorithmic Trading. Carrion, Money; Zhang/Riordan, Technology. Clapham et al., Speed. Hasbrouck/Saar, Low-latency Trading. Haferkorn/Zimmermann, German High-Frequency Trading Act. Menkveld, High Frequency Trading. Hagströmer/Nordén, Diversity. Brogaard/Hendershott/Riordan, High-Frequency Trading. Zhang, High-Frequency Trading.

Anhang

1107 Deutscher Bundestag, Hochfrequenzhandelsgesetz. 1108 ‚HFT-Gesetz: Informationen zu Order/Transaktions-Verhältnis, Entgelt für die exzessive Systemnutzung und Kennzeichnung von Handelsalgorithmen‘, https://www.xetra.com/resource/blob/213958 /14d8c2b942610d1431e1327d1eb04197/data/Sp_04_13d.pdf, abgerufen am 16. März 2019. 1109 Siehe Kapitel II. 1110 Haferkorn/Zimmermann, German High-Frequency Trading Act. 1111 Siehe nachfolgendes Kapitel XI. 1112 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MiFID II. 1113 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MiFIR. 1114 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MAD. 1115 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, MAR. 1116 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, EMIR. 1117 Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, CSD-R. 1118 Gomber/Nassauer, Neuordnung. 1119 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie. 1120 Nachfolgend werden die Regulierungsinhalte, die die höchste Relevanz für den Handel und die Börsen besitzen, beschrieben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die MiFID II/MiFIR sehr viel breiter aufgestellt ist und eine Vielzahl von weiteren Regelungen und Anforderungen zur Verbesserung des Anlegerschutzes, zur Anlageberatung, zum Angebot komplexer Finanzprodukte und zur Vermeidung von Interessenkonflikten abdeckt. 1121 Nach MiFID II (Artikel 4 (1) 23) handelt es sich bei einem organisierten Handelssystem um „… ein multilaterales System, bei dem es sich nicht um einen geregelten Markt oder ein MTF handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß Titel II dieser Richtlinie führt“. 1122 Groß et al., Regulatory Reporting Solutions. 1123 Ebd. 1124 Gomber/Pierron, MiFID. 1125 Siehe Kapitel X. 1126 Siehe Kapitel VIII. 1127 European Securities and Markets Authority, High-Frequency Trading. 1128 Gomber et al., High-Frequency Trading. 1129 Deutscher Bundestag, Hochfrequenzhandelsgesetz. 1130 Deutscher Bundestag, Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften. 1131 ‚Banken stochern im Mifid-Nebel‘, in: Börsen-Zeitung, 19. Oktober 2017. 1132 Groß et al., Regulatory Reporting Solutions. 1133 Siehe Kapitel VIII. 1134 Budish/Cramton/Shim, High-Frequency Trading. 1135 Federation of European Securities Exchanges, FESE Blueprint. 1136 Siehe auch die Kapitel VII und VIII. 1137 Federation of European Securities Exchanges, FESE Blueprint. 1138 Deutscher Bundestag, Erstes Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften. 1139 Siehe Kapitel IX. 1140 Deutscher Bundestag, Ausführungsgesetz zur Verordnung (EU) Nr. 648/2012. 1141 ‚Clearing-Haus der Eurex erhält Emir-Zulassung‘, in: Börsen-Zeitung, 11. April 2014. 1142 ‚Im Interview: Erik Tim Müller‘, in: Börsen-Zeitung, 5. März 2019. 1143 ‚Eurex Clearing weitet Partnerschaftsprogramm auf Repo und FX aus‘, Eurex, News, 25. Oktober 2018. Anmerkungen

393

1144 Deutscher Bundestag, Erstes Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften. 1145 ‚Clearstream – auf neue CSDR-Herausforderungen vorbereitet‘, https://www.deutsche-boerse. com/dbg-de/unternehmen/insights/Clearstream-auf-neue-CSDR-Herausforderungen-vorbereitet-161560. 1146 ‚Zentralverwahrer: Clearstream wartet auf Lizenz‘, in: Börsen-Zeitung, 3. Mai 2019.

V. Bildnachweis Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main 1, 3, 5, 6, 11, 13, 14, 15, 18, 20, 21, 22, 24, 25 Hessisches Wirtschaftsarchiv 2, 4, 7a, 7b, 8, 9, 10, Bankhaus Metzler 12 Handelsblatt GmbH 19 Harald Joppen 16 Hauck & Auf häuser 17 Dpa picture Alliance 23 Ullstein Bild 26, 28 Deutsche Börse AG 27a, 27b, 29

VI. Verzeichnis der Personen und Institutionen 360T 274 A. Merzbach GmbH 41 Abs, Hermann Josef 92, 105, 367 Achterberg, Erich 85 Adam Opel AG 29 Adenauer, Konrad 97, 104 ADIG 87 Allianz 370 Almunia, Joaquín 273 Amazon 216 Amsterdam Stock Exchange 231 Anglo American Corporation of South Africa 94 Apel, Hans 129, 370 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen 83 f., 112, 114 f., 117, 140, 142, 157, 161–164, 223, 225, 363, 367 ff., 374 f., 379 Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kassenvereine 70 394

Anhang

Arbeitskreis der Länder für Börsen- und Wertpapierfragen 139, 164, 166 Arbeitskreis zur Förderung der Aktie 84, 369 Arthur Anderson 221 Association for the Development of Studies in the Banking and Stock Exchange Business 373 Atticus Capital LLC 263 f. Auf häuser & Co. 354 Auth, Walther 56 Avieny, Wilhelm 40 Axioma 274 B. Metzler seel. Sohn & Co. 39, 41, 391 Baehring, Bernd 107 BaFin s. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Baker, James 123, 131 Banca d’Italia 248

Banco de Espana 248 Bank deutscher Länder 61, 63, 66, 71, 75, 80 f., 91, 154, 360 f., 368 Bank für Handel und Industrie 355 Bank für Internationalen Zahlungsausgleich 93 Bankhaus A. Merzbach 34 Bankhaus Hauck & Söhne 41 f. Bankhaus Metzler s. B. Metzler seel. Sohn & Co., 11, 19, 41, 197 Bankhaus Rothschild 11, 19 Banque de France 248 Bartmann, Peter 62 f., 67, 82 Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision) 129 Bass & Herz 41 BATS Europe 286 f., 289, 313 BATS Global Markets 287

Bayerische Börse 45, 65 f., 284, 293, 299 Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 202 Bayerische Vereinsbank 202 Bellinger, Knut 118, 369 Bethmann, Moritz Freiherr von 34, 38, 41, 44, 54 Beyer-Fehling, Hermann 117, 367 Bloomberg 150 Blum, Adolf 34 BNP Paribas 287 BÖAG Börsen AG 285, 359 Bolsa de Valores de Lisboa e Porto 268 Bolsas y Mercados Españoles (BME) 250, 325 Bombay Stock Exchange 244 Borsa Italiana 270 Börse Berlin 21 f., 31, 42, 45, 47 f., 56, 58, 60, 65 ff., 283 ff., 352, 354, 357, 359 Börse Düsseldorf 45, 63, 283 ff., 359, 378 Börse für den deutschen Osten, Breslau 45 Börse München s. Bayerische Börse Börse Stuttgart 45, 229 f., 242, 283 f., 324, 369 Börsensachverständigenkommission 114 f., 139, 165 f., 226 Börsen-Zeitung 86, 184 Brandt, Willy 368 Bremer Wertpapierbörse 65 Bremer, Heinz 139 Breuer, Rolf-E. 159, 163, 200 ff., 210, 264 f. Brüning, Heinrich 25 Bruns, Georg 372 Brydon, Donald 265 Bulgarian Stock Exchange 244 Bundesanleihekonsortium 81, 362 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) 265, 272, 276, 320, 363

Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen 86, 132, 154, 195 Bundesfinanzministerium s. Bundesministerium der Finanzen Bundesjustizministerium s. Bundesministerium der Justiz Bundesministerium der Finanzen 63, 76 f., 114, 125, 129, 164, 166 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) 107, 366 Bundesministerium für den wirtschaftlichen Besitz des Bundes 97 Bundesverband der Deutschen Industrie 369 Bundesverband der Kursmakler 223, 370 Bundesverband der Wertpapierfirmen 225, 370 Bundesverband des privaten Bankgewerbes 366, 368 Bundesverband deutscher Banken 83, 369 Bundesverfassungsgericht 86 Bundeswirtschaftsministerium 75, 77, 110, 112–116, 118, 139, 367 f. Büschgen, Hans-Egon 129 C. G. Trinkaus, ab 1972 Trinkaus & Burkhardt 368 Cahn & Co. 34, 41 Cameron, David 266 Cayman Islands Stock Exchange 244 Cboe Europe Equities 287 f. Cedel International 246, 374 Chicago Board of Trade (CBOT) 174, 205 Chicago Board Options Exchange (CBOE) 144, 200 f., 287 Chi-X 280, 286–289, 313 Cincinnati Stock Exchange 181 Citigroup 287 Cl. Harlacher 38, 41

Clearstream 17, 246 ff., 250, 261, 269, 272, 307 f., 325 f., 374 Clearstream Banking AG (CBF) 248–251, 326 Clearstream Banking SA (CBL) 250, 326 Clearstream Funds Centre Ltd. 247 Clearstream Holding AG 250 Clearstream International SA 246 f., 250 Commerz- und Privatbank AG, ab 1940 Commerzbank AG 29 f., 34., 38 f., 58, 202, 242, 277, 305, 355, 366, 391 Commerzbank s. Commerz- und Privatbank AG Commichau, Gerhard 223, 370 Committee of Stock Exchanges in the E.E.C. 157, 373 Commodity Futures Trading Commission (CFTC) 209, 314 Cornfeld, Bernard 89, 364 Covestro 300 Credit Suisse (Schweizerische Kreditanstalt) 62, 268, 287, 298 Creditanstalt-Bankverein 97 CREST 246, 261 Cruickshank, Don 260 Cüppers & Co. 355 Darmstädter und NationalBank 24 DeDi-Bank 30 Degussa s. Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt Deka 88 Der Spiegel 66, 194, 367 Deuss, Hanns 39 Deutsch, Ludwig 38 f. Deutsche Bank 31, 34 f., 39, 44, 58, 114, 159, 201 f., 229, 242, 277, 305, 355, 362, 366, 370, 391 Deutsche Bank und DiscontoGesellschaft 30, 44

Verzeichnis der Personen und Institutionen

395

Deutsche Börse Clearing AG 165, 246, 374 Deutsche Börse Commodities GmbH 306 Deutsche Bundesbank 76, 85, 90 f., 95, 114, 117, 124, 134, 138, 154 f., 161, 209, 248 f., 262, 362, 367, 373 Deutsche Effecten- und Wechselbank 41, 62 Deutsche Effecten- und Wechsel-Beteiligungsgesellschaft (DEWB) 62 Deutsche Girozentrale 202 Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt Degussa 80, 354 Deutsche Industriebank (IKB) 283 Deutsche Post AG 366 Deutsche Postbank 305 Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) 60, 357 Deutsche Telekom AG 215, 366 Deutsche Terminbörse DTB 16, 150, 159, 186 f., 191, 200, 202–205, 208 ff., 223 f., 235 f., 245, 251 f., 380 Deutsche Wertpapierzentrale (DWZ) 165, 186 ff., 200, 226 Deutsche Zentral-Genossenschaftskasse 40 Deutscher Auslandskassenverein 165, 224, 245 f. Deutscher Bundestag 88, 100, 115, 121, 316 Deutscher Industrie- und Handelstag 63, 366 Deutscher Investment Trust (DIT) 88 Deutscher Kassenverein 70, 165, 189, 200, 224, 246 Deutscher Sparkassen- und Giroverband 368 Deutsches Aktieninstitut 84, 363, 366 DG Bank 193, 202, 391

396

Anhang

Direct Edge Holdings 272 Disconto-Gesellschaft 39, 354 Dollinger, Werner 101, 365 Dortmund-Hörder Hüttenunion 94 Dresdner Bank 29, 30, 38 f., 58, 161, 163, 202, 242, 355, 362, 366 DTB s. Deutsche Terminbörse GmbH DWS 88 DZ Bank AG s. DG Bank Eberle, Gustav 30, 38 ff., 44, 355 Effectenbank-Warburg 62 EG-Kommission s. Europäische Kommission Enron 221 Erhard, Ludwig 12, 63, 71, 77, 82, 91, 97, 111, 361 Ernst Wertheimer & Co. 39, 355 Ernst, Friedrich 39 Etzel, Piet-Jochen 163 EU-Kommission s. Europäische Kommission Eurex (European Exchange) 17, 202, 205, 208, 236, 243 f., 252 f., 257, 261 f., 268, 271, 273, 380, 382 Eurex Bonds GmbH 244, 382 Eurex Clearing AG 17, 245, 251–258, 261 f., 325 f. Eurex Frankfurt AG 271, 382 Eurex Repo GmbH 244, 382 Euroclear 246 ff. Euronext 231, 246, 259 f., 262, 267–273 Europäische Atomgemeinschaft 85 Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung - European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) 318

Europäische Bankenaufsichtsbehörde – European Banking Authority (EBA) 318 Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) 71, 86 Europäische Kommission (EUKommission, EG-Kommission) 16, 138, 154–158, 167, 176, 190, 267, 270, 272–275, 281 f., 300, 319, 325 f., 364 Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde European Securities and Markets Authority (ESMA) 287, 300, 312, 318, 321 Europäische Zentralbank 135, 308 Europäisches Parlament 157 European Energy Exchange (EEX) 244, 381 f. European Options Exchange (EOE) 201 European Warrant Exchange 284 Evonik 300 EWG-Kommission 138 Fa. Franz Straus Sohn 34 Faber, Joachim 265 Fachgruppe Privatbanken 41 Fama, Eugene 184 Fédération internationale des Bourses de Valeurs Mobilières 373 Federation of European Securities Exchanges (FESE) 324 Feibel, Moritz 34, 41 Feith, Hans 114, 128 Fidelity 264 Financial Conduct Authority (FCA) 287 Financial Services Authority (FSA) 262 Financial Times 261 Forberg, Kurt 63, 67, 84, 114 Francioni, Reto 268 ff., 272 f., 299, 305 f., 376

Franke, Jörg 202 Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) 184, 242 Frankfurter Bank 30, 40, 83 Frankfurter Kassenverein AG 70, 246 Frankfurter Zeitung 353, 355 Frowein, Robert 39 Furse, Clara 262 Galen, Ferdinand Graf von 97 Gamerdinger, Dieter 166 Gebr. Bethmann 11, 19, 38 Gebr. Sulzbach 38, 354 Georg Hauck & Sohn 29, 31, 354 Gerstenschläger, Frank 18, 211, 235 Geßler, Ernst 132 Gierlichs, Hanns 114 Giersch, Herbert 156 Goldman Sachs 287 Goldschmidt, Jakob 24 Grunelius & Co. 38, 41 Grunelius, Max von 38, 40 f. Hahn, Albert Ludwig 62 Hankel, Wilhelm 115, 368 Hanseatische Börse Hamburg 45, 65 Hardy & Co. 184 Harlacher, Clemens 30, 38, 41 Hartmann, Alfred 63 Hauck, Alexander 38, 42 Hauck, Anna 29 Hauck, Hans Heinrich 30, 40, 56, 63, 70, 82, 360 Hauck, Michael 9, 12, 174, 184, 197 f., 215, 369 Hauck, Otto 29, 34, 38, 42 Hax, Karl 77 Hessisches Finanzministerium 374 Hessisches Wirtschaftsarchiv 18, 352 Hessisches Wirtschaftsministerium 267, 272 f., 369 Hibernia AG 100 Hitler, Adolf 52 Hlubek, Mathias 264, 282

Hohn, Chris 262, 264 HQLAx 249 Hugo Stinnes AG 100, 365 I. D. Herstatt 129, 133 Iberclear 325 Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main 60 f., 198, 364 Industrie- und Handelskammer Köln 369 Industrie- und Handelskammer zu Berlin 105 Infineon 305 Institut für Bank- und Finanzgeschichte 12 Institut für Weltwirtschaft 156 Intercontinental Exchange (ICE) 272 f. International Securities Exchange (ISE) 260, 271 f. Investor Overseas Services Ltd. IOS 88 f., 364 Irish Stock Exchange 236, 381 IVG 365 J. Dreyfus & Co. 41 J. Ph. Keßler 39, 41 f. Jacob S. H. Stern 41 Kählitz, Walther 40 Katzenellenbogen, Albert 34, 39 Kengeter, Carsten 265, 267, 271 Kirchholtes, Heinrich 38 Kleinherne, Josef 38 Koch, Erich 114 Koch, Lauteren & Co. 38, 41 Koenigs, Karl-Oskar 116, 132, 197 Köhler, Claus 161 Kolb, Walter 63 Kölzer, Carlo 274 Kracke, Berthold 18, 248 Kreditanstalt für Wiederaufbau 74, 354, 368 Kroes, Neelie 282 Kuhn, Michael 211 L. A. Hahn 62 Landesbank Baden-Württemberg 229

LCH. Clearnet SA 267 Lehman Brothers 255 ff., 304 f., 325 Lehman Brothers International (Europe) 256 Leipzig Power Exchange (LPX) 381 Lenz, Hans 318 Lincoln Menny Oppenheimer 34, 41 Lindrath, Hermann 365 Lipfert, Helmut 114 Lombardkasse 83 London Clearing House (LCH) 325 London International Financial Futures Exchange, ab 1993 London International Financial Futures and Options Exchange (LIFFE) 201, 208 f., 268, 273 London Investment Banking Association, ab 2009 Association for Financial Markets in Europe 259 London Stock Exchange 158 f., 169, 212, 231, 235, 246, 259–265, 267 f., 270, 273, 279, 287 Lüer, Carl 29 f., 41, 355 Lufthansa AG 143 LuxCSD SA 250, 326 Macquarie Bank 265 Malta Stock Exchange 244 Maple Bank 255 Markowitz, Harry 184, 375 MATIF (Marché à terme internationale de France) 201, 208 f. Matthiensen, Ernst 362 Mayer, Rudolf 34 McCreevy, Charlie 281 McKinsey 229 Melber, Adolf 39 f., 42, 56 Melber, Walter 39 Mella, Frank 86, 375 Merrill Lynch 261, 264, 287

Verzeichnis der Personen und Institutionen

397

Merzbach, Leopold 34, 41 Metallgesellschaft AG 116 Metzler, Albert von 39, 56, 82, 111, 132, 367, 371 f. Metzler, Friedrich von 197, 199 f. Metzler, Moritz von 39 MF Global 255 Mitteldeutsche Creditbank 38, 355 Möller, Hans 77, 361 MONEP 201 Morgan Stanley 287, 298 Müller-Armack, Alfred 74 Münchner Handelsverein 65 Münchner Rückversicherung 366 NASDAQ 161, 169, 181, 212 f., 216, 221, 235, 260, 270 f. NASDAQ Deutschland 242 NASDAQ Europe Ltd. 260 NASDAQ OMX 272 Nassauische Landesbank 40 Nell-Breuning, Oswald von 142 Nestle 268 Neuer Markt.com AG 215 Neumark, Fritz 30 Neuroth, Fritz 40 New York Stock Exchange 159, 181, 184, 270 ff. Niederauer, Duncan 272 Niedersächsische Börse zu Hannover 45 Nixon, Richard 135 Nomura 286 Novartis 268 NSDAP 26, 28 f., 32, 39 ff. NYSE Euronext 260, 271 ff. OEEC (Organisation of European Economic Cooperation) 93 Oettinger, Emil 34, 41 Office of Fair Trading 158 OM Gruppen 261 f. Oppenheimer, Oskar Franklin 34, 41 Österreichische Länderbank 97

398

Anhang

Österreichischen Donaukraftwerke 94 Petrofina 94 Pook, Ernst 30, 38, 40 Pook, Fritz 38, 56, 354 Potthoff, Volker 18, 213 Powernext 244 PreussenElektra 100 Preußische Bergwerks- und Hütten AG (Preussag) 97–102 Preußische Staatsbank (Seehandlung) 39 Preußisches Ministerium für Handel und Industrie, ab 1932 Preußisches Ministerium für Wirtschaft und Arbeit 31, 43 f., 354 Ratjen, Karl Gustaf 116 Rau, Siegmund 34 Rebentisch, Dieter 34 Reck, Martin 18, 238, 243 Reckers, Hans 262 REGIS-TR SA 250, 325 Reichsbank 19, 26 f., 48, 51, 53, 68 f., 354, 359 Reichsfinanzministerium 26, 53 Reichswirtschaftsministerium 28, 47, 56, 356 Reinhardt, Friedrich 54 Reuter, Paul Julius 309 Reuters 150, 157, 223 Rheinisch-Westfälische Börse zu Düsseldorf 45, 62 f., 65, 67, 84, 89 f., 226 f., 282–285, 368 Rhein-Main-Donau AG 80 Rhein-Mainische Börse Frankfurt 45 f. Riess, Rainer 18, 213, 297 Roland Berger 197 Rolet, Xavier 265 Rosen, Rüdiger von 18, 85, 161 f., 164, 184, 189 Rosenberger, Leo 34 Rosenberger, Siegfried 33 Rothschild, Eduard 34, 39 Sächsische Börse Leipzig 45

Sämann, Bernhard 56 SAP AG 212 Schäffer, Fritz 97 Schalfejew, Eduard 44 Schiller, Karl 108, 114, 368 Schilling, Hermann 39 Schlesinger, Helmut 76 Schlesinger, Theodor H. 34 Schluchsee-Werke AG 80 Schmalenbach, Eugen 78 Schmidt, Andreas 299 Schmücker, Kurt 365 Schniewind, Otto 31, 44–47, 354 Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co. 197 Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre, ab 2004 Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) 114, 357 Schwarz, Franz Josef 30, 40 Schweizerische Kreditanstalt s. auch Credit Suisse 62 Schwimmer, David 273 f. Securities and Exchange Commission (SEC) 132, 181, 194 f., 209, 271, 314, 371 Seibert, Ulrich 106, 366 Seifert, Werner 200, 220 f., 247, 260 ff., 264 f., 268 f. Seiler & Co. 354 Shanghai Stock Exchange 244 Sippell, Karl Ernst 30, 39, 43 f. SIX Group AG 274 Société Générale 287 Sperl, Friedrich 47 f. Stada 300 Stiftung Bremer Wertpapierbörse 285 Stockholm Stock Exchange 231, 261 STOXX 268, 274, 302, 366 Strasburger & Co. 34, 41 Strasburger, Paul 34 Straus & Co. 41 Strobel, Rudolf 30

Stützel, Wolfgang 110, 111, 114, 129, 376 Swiss Exchange, auch SWX Swiss Exchange 202, 240, 259, 268 Swiss Options and Financial Futures Exchange (SOFFEX) 201 f., 205, 252 Swisscanto Funds Centre Ltd. 247 TCI The Children’s Investment Fund 262 ff. Thain, John 270 Thatcher, Margret 158 Théodore, Jean-François 269 f. Thomson Reuters 309 Toronto Stock Exchange 181 Tradegate AG Wertpapierhandelsbank 285 Tradegate Exchange 285 f., 359 Trumpler, Hans 34, 43 f.

Tugendhat, Christopher 156 TUI AG 98 Turquoise 280, 286 f., 289, 313 UBS 268, 287 Umicore AG & Co. KG 391 Umicore SA. 391 Ungewitter, Arthur 46 Veit, Otto 63 Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG (VEBA) 98, 100 f., 365 Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH (VTG) 98 VIAG 365 Viermetz, Kurt 270 VolkswagenStiftung 100 Volkswagenwerk GmbH, ab 1960 Volkswagenwerk Aktiengesellschaft 97, 99 Vontobel 391

Weimer, Theodor 18, 267 Wendt, Kurt 371 Werner, Pierre 109, 135 Westdeutsche Landesbank, WestLB 114, 283 Wiener Börse 244 Wilhelmi, Hans 98, 365 Wissenschaftlicher Beirat bei der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, ab Frühjahr 1950 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium 75 WorldCom 221 Zahn, Johannes 368 Zaß, Manfred 184, 375 Zentraler Kapitalmarktausschuss 91 Zinn, Georg-August 63

Verzeichnis der Personen und Institutionen

399

Tafelteil

1. Ernst Ladenburg, Vorsitzender des Börsenvorstandes von 1910 bis 1921.

2. Das 1879 eingeweihte Gebäude der Frankfurter Wertpapierbörse in einer Aufnahme um 1925. T1

3. Moritz Freiherr v. Bethmann, Mitglied bzw. Vorsitzender des Börsenvorstands von 1933 bis 1945.

5. Peter Bartmann, Präsident der Frankfurter Wertpapierbörse von 1945 bis 1950.

4. Durch einen Luftangriff im März 1944 wird auch die 43 Meter hohe Kuppel über dem Börsensaal schwer beschädigt. Börsenversammlungen können fortan nur noch in den Kellerräumen abgehalten werden.

T2

6. Nach Jahren des Provisoriums wird am 3. April 1951 der neue Börsensaal eingeweiht, 1954 der Wiederaufbau des ursprünglichen großen Börsensaals beschlossen.

7a und 7b. Kursmakler der

7a

Frankfurter Wertpapierbörse nehmen hinter der Maklerschranke die Orders entgegen, tragen sie in ihr Skontrobuch ein und errechnen daraus die Schlusskurse, die sie auf einer Schiefertafel notieren. (Aufnahme um 1954)

7b

T3

8. Ansicht des großen Börsensaals während der Wiederaufbauphase 1955/56.

9. Ludwig Erhard (am Rednerpult) hält bei der Einweihungsfeier des wiederaufgebauten großen Börsensaals am 9. Februar 1957 die Festrede mit dem Thema „Wohlstand für alle“. T4

10. Die Aufträge zum Kauf- und Verkauf von Wertpapieren gelangen über Fernschreiber in die Börse (hier Fernschreiber der Dresdner Bank AG) und werden hier den Börsenhändlern übergeben. (Aufnahme Oktober 1957)

11. Hans Heinrich Hauck, Börsenpräsident 1951 bis 1960,

12. Albert von Metzler,

mit dem langjährigen Syndikus der Frankfurter Wertpapierbörse,

Börsenpräsident 1961 bis 1967.

Prof. Dr. Georg Bruns.

T5

13. Blick auf das Börsenparkett zu Anfang der 1960er-Jahre. 15. Unter der Leitung von Michael Hauck sucht 1971 der Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit ein breiteres Publikum über die Funktionsweise von Börsen aufzuklären.

14. Blick auf den Börsensaal und die Steuerungsanlage der neuen Kursanzeigetafel im Jahr 1963. Eine neue Kursanzeigeanlage wird Ende der 1960er-Jahre in Betrieb genommen. Nun geben die Makler ihre Geschäftsvorfälle unmittelbar in eine elektronische Datenverarbeitungsanlage ein. Seit 1970 können sich Mitgliedsfirmen mit dem zentralen Börsencomputer über Fernschreiber verbinden. T6

16. Karl-Oskar Königs, Vorsitzender des Börsenvorstands

17. Michael Hauck, Präsident der Frankfur-

1968-1981 sowie 1983-1986 dankt dem Präsidenten der

ter Wertpapierbörse von 1986 bis 1989.

Deutschen Bundesbank Karl Otto Pöhl für das Grußwort zum Festakt aus Anlass 400-jährigen Bestehens der Frankfurter Wertpapierbörse in der Paulskirche im August 1985.

18. Während der Amtszeit von Michael Hauck als Börsenpräsident wird die Skulptur „Bulle und Bär“ von Reinhard Dachlauer auf dem Börsenplatz aufgestellt. T7

19. Die Karikatur von Peter Bensch im Handelsblatt 1988 versinnbildlicht die Schwierigkeiten einer Harmonisierung der deutschen Börsen, vorangetrieben von Rüdiger von Rosen, dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen.

20. Seit Oktober 1988 bildet die elektronische Vollmatrixtafel im Börsensaal den Tagesverlauf des DAX ab, ein beliebtes Hintergrundmotiv der Fernsehberichterstattung aus der Börse. T8

21. Friedrich von Metzler, Börsenpräsident von 1989 bis 1993.

22. Der Börsensaal in einer Aufnahme von 1989, dem Jahr, in dem das elektronische Handelssystem IBIS eingeführt wird, mit dem Wertpapiere per Computer gehandelt werden können.

23. Die Neue Börse in Frankfurt-Hausen. (Aufnahme Februar 2001) T9

24. Einzug der Mobiltelefone in das Handelsgeschehen im Börsensaal. (Aufnahme Anfang 1992)

25. Werner Seifert, Der erste Vorsit-

26. Dr. Reto Francioni, Vorsitzender

zende des Vorstands der Deutsche

des Vorstands der Deutsche Börse AG

Börse AG, 1993 bis 2005.

von 2005 bis 2015.

T 10

27a

27b

27a. „The Cube“, die 2010 fertiggestellte Firmenzentrale der Börse in Eschborn. b. Innenansicht der Zentrale.

28. Carsten Kengeter, Vorsitzender des Vorstands der Deutsche

29. Theodor Weimer, Vorsitzen-

Börse AG 2015 bis 2017.

der des Vorstands der Deutsche Börse AG seit 2018. T 11

Die deutsche Börsenlandschaft ist seit Jahrzehnten Schauplatz von tiefgreifenden Veränderungen, Strukturbrüchen und innovativen Anpassungen der Handelsmodelle. In deren Verlauf hat sich die Frankfurter Wertpapierbörse zu einer international führenden Plattform für den Wertpapierhandel als Teil eines hocheffizienten Dienstleistungsunternehmens entwickelt: der Deutsche Börse AG. Die Autoren, ausgewiesene Experten ihres Fachs, zeigen in dieser breit angelegten historischen Studie zur Entwicklung der Frankfurter Wertpapierbörse, welche Herausforderungen die Börse bewältigen musste – von

ISBN 978-3-515-13077-6

9 783515 130776

der Zwischenkriegszeit über den Neubeginn nach 1945 bis hin zur stürmischen Kapitalmarktentwicklung seit den 1980er-Jahren und zum Auftakt des digitalen 21. Jahrhunderts. Boris Gehlen, Bernd Rudolph, Günter Franke, Benjamin Clapham und Peter Gomber behandeln die Bedeutung des politischen und regulatorischen Umfelds der Finanzmärkte, des nationalen und internationalen Wettbewerbs sowie der technischen Entwicklungen für den Strukturwandel und die Geschäftspolitik. Auf diese Weise ermöglichen sie eine ebenso umfassende wie differenzierte Sicht auch auf die heutige Rolle und Bedeutung der Börse.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag